) ',t 1 ' ' w;j. *'M/ ^^^^^^^^H^i M ^ ' ; ' U:^ ' ^' - ^ ^i^i , ' (! ^'' !^' ^ ^< ^:^; ! > :' T' ^ ^^^^^^^^^^^^S| h j ;>>''- j ■': H ;:;. ; Gruiidzüge der Zoologie. GRU^^DZÜGE DER ZOOLOG IE. ZUM WISSENSCHAFTLICHEN GEBRAUCHE VON m- CAEL CLAUS, O. O PROFESSOR DER ZOOLOGIE UND VERGL. ANATOMIE ; VORSTAND DES ZOOLOGISCHEN VERGL. ANATOMISCHEN INSTITUTS AN DER UNIVERSITÄT WIEN. DIRECTOR DER ZOOLOGISCHEN STATION IN TRIEBT, VIERTE DURCHAUS UMGEARBEITETE UND VERBESSERTE AUFLAGE. ERSTER BAND. MARBURG. N. G. ELWERT'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG. 1880. Alle Rechte vorbehalten! Die Verlagsbuchhandlung. 7 ^ Inhaltsverzeicliniss . Allgemeiner Theil. Seite Organische und anorganische Natur- körper 1 Thier und Pflanze 6 Die Organisation und Entwicklung des Thieres 12 Individuum. Organ. Stock ... 12 Zelle und Zellengewebe . . . . 15 Zellen und Zellenaggregate . . . 17 Die Gewebe der Bindesubstanz . . 18 Muskelgewebe 21 Nervengewebe 22 Grössenzunahme und fortschreitende Organisirung, Arbeitstheilung und Vervollkommnung .... 24 Correlation u. Verbindung der Organe 26 Die zusammengesetzten Organe nach Bau und Verrichtung ... 28 Verdauungsapparat 28 Speicheldrüsen, Leber, Pancreas . 30 Herz imd Kreislauf 31 Lymphgefässe 31 Athmungsorgane 31 Kiemen, Kiementracheen ... 32 Athembewegungen 33 Wärmeproduction 34 Harnorgane 35 Animale Organe 36 Skeletbildungen 36 Nervensystem 37 Sinnesorgane 38 Psychisches Leben und Instinct . . 42 Seite Fortpflanzungsorgane .... 43 Urzeugung 43 Monogene Fortpflanzung ... 44 Geschlechtliche Fortpflanzung . . 45 Parthenogenese 47 Entwicklung 49 Furchung 50 Keimblätterlehre 53 Gastraeatheorie 54 Directe Entwicklung und Metamorphose 59 Generationswechsel , Polymorphismus und Heterogonie . . . .61 Geschichtlicher Ueberblick ... 65 Linnes System 69 Die Typen Cm-iers 72 Gegenwärtige Eintheilung ... 75 Bedeutung des Systemes ... 80 Definition der Art 81 Varietät und Rasse 82 Die An.sichten von Lamarck u. Geoftroy Saint-Hilaire 85 Die Descendenzlehre. gestützt auf das Princip der natürlichen Auswahl (Darwinismus) 87 Einwürfe gegen die Selectionstheone 93 Wahrscheinlichkeitsbeweis zu Gunsten der Descendenzlehre aus den Er- gebnissen der Morphologie . .103 Beweismittel des Dimorphismus und Polymorphismus .... 105 Mimicry 108 VI Inhaltsverzeichniss. Seite Eudimentäre Organe . . . .109 Beweismittel der Entwicklungsge - schichte 110 Wahrscheinlichkeitsbeweis gestützt auf die Erscheinungen der geographi- schen Verbreitung . . . .113 Die grossen Verbreitungsgebiete der Thiere 115 Weitere Beweisgründe der geographi- schen Verbreitung .... 118 Verbreitung der Süsswasserbewohner 123 Die Eigenthüralichkeiten der Insel - bevölkerung 125 Wahrscheinlichkeitsbeweis aus den Er- gebnissen der' Palaeontologie . 129 Seite Unvollständigkeit der geologischen Urkunde 133 Uebergangsformen zwischen verwand- ten Arten 136 Verhältniss fossiler Formen zu jetzt- lebenden Arten 139 Nachweis progressiver Vervollkomm- nung 147 Zurückweisung einer VervoUkomm - nungstendenz als Erklärungs - princip 149 Zurückweisung einer sprungweise fort- schreitenden Entwicklung . .151 Unvollständigkeit der Erklärung . 152 Specieller Theil. I. Protozoa 154 Schizomyceten .... 155 Myxomyceten . . . .157 Flagellaten 158 Noctilucen 161 Catallakten 163 Labyrinthuleen . . . .163 Gregarinen 163 1. Rhizopoda 166 Foraminifera 167 Heliozoa 173 Radiolaria 175 2. Infusoria 180 Suctoria 195 Holotricha 195 Heterotricha 197 Hypotricha 198 Peritricha 199 Dicyemidae 201 n. Coelenterata 202 A. Porifera-Spongiariae . 208 B. Cnidaria-Coelenterata s.str. 222 1. Anthozoa 224 2. Hydromedusae . . . 243 Hydroidea 248 Siphonophorae .... 266 Acalephae 274 3. Ctenophorae . ... 294 rn. 1. IV. 2. Echinodermata .... 305 Crinoidea 327 Tesselata 333 Articulata 334 Cystidea 335 Blastoidea 336 Asteroidea 337 Stelieridea 340 Ophiuridea 343 Echinoidea 348 Regularia 353 Clypeastroidea .... 358 Spatangoidea 361 Holothurioidea .... 367 Pedata 372 Apoda 374 Vermes 375 Plathelminthes .... 381 Cestodes 381 Trematodes 394 Turbellaria 405 Nemertini 414 Nemathelminthes . . . 420 Nematodes 421 Acanthocephali .... 439 Rotatoria 441 Gephyrei 449 Annelides 455 Hirudinei 458 Inhaltsverzeichniss. vn Seite Chaetopodes . . 465 Oligochaeta . 473 Polychaeta . . . . . 485 6. Enteropneusta . . 506 3 4 V. Arthropoda . 509 1. Crustacea . 515 a. Entomostraca . 520 5 Phyllopoda . . . . . 520 Ostracoda . 536 Copepoda . 543 Cirripedia . 561 b. Malacostraca . . 571 Leptostraca . 573 Arthrostraca . . 576 Amphipoda . 578 Isopoda . 588 Thoracostraca . . 600 Cumacea . 605 Stomatopoda . 607 Podophthalmata . 611 c. Gigantostraca . 638 2. Arachnoidea . 642 Linguatulida . . 645 Acarina .... . (347 Tardigrada . 656 Araneida .... . 657 Phalangida . 666 Pedipalpi . . 668 Seite Scorpionida 669 Pseudoscorpionida . . . 673 Solifuga 674 Onychophora .... 675 Myriopoda 676 Chilognatha 679 Chilopoda 682 Hexapoda = Insecta . . 683 Orthoptera 719 Thysanura 722 Orthoptera genuina . . 723 Orthoptera pseudoneuroptera 729 Neuroptera 735 Planipennia .... 736 Trichoptera . . . .738 Strepsiptera 739 Rhychota 741 Aptera 742 Phythophthires . . . .745 Cicadaria = Homoptera . 749 Heuiiptera 752 Diptera 756 Brachycera 759 Nemocera 766 Aphaniptera .... 768 Lepidoptera .... 768 Coleoptera 780 Hymenoptera .... 803 Allgemeiner Theil. Organische nnd anorganische Natnrkörper. In der Welt, welche sich unsern Sinnen offenbart, macht man die erste und allgemeinste Unterscheidung in organische , lebende und in anorganische, leblose Körper. Die erstem,, die Thiere und Pflanzen , erscheinep in Zuständen der Bewegung, sie erhalteti sich unter mannichfachen Veränderungen ihrer gesammten Erscheinung und ihrer Theile, unter stetemWechsel der sie zusammen- setzenden Stoffe. Die anorganischen ICörper dagegen befinden sich in einem Zustande beharrlicher Ruhe , zwar nicht nothwendig starr und unveränderlich, aber ohne jene Selbständigkeit der Bewegung , tvelche sich im Stofftvechsel ofenhart. Dort erkennen wir eine Organisation, eine Zusammensetzung aus ungleichartigen Theilen (Organen) , in denen die Stoffe in flüssigeV und gelöster Form wirksam sind , hier beobachten wir eine mehr gleichartige , wenn auch nach Lage und Verbindungsweise der Moleküle nicht immer homogene (Blätter- durchgänge der Krystalle) Masse , deren Theile so lange in ruhendem Gleich- gewichte ihrer Kräfte beharren , als die Einheit des Ganzen ungestört bleibt. Mit anderen Worten, im Krystalle befindet sich die Materie im stabilen Gleich- gewicht, während sich durch das organische Wesen ein Strom von Materie ergiesst (Bauwerk— Fabrik). Zwar sind auch die Eigenschaften und Veränderungen der lebenden Körper den chemisch- physikalischen Gesetzen der Materie streng unterworfen, und man weist diese Abhängigkeit mit dem Fortsehritte der Wissenschaft immer eingehender und schärfer nach, allein es müssen doch mindestens eigen- thümliche, ihrer Natur nach unbekannte, materielle Anordnungen und besondere in ihrem Wesen unerklärte Bedingungen für den Organismus zugestanden werden. Diese Bedingungen , welche man als vitale bezeichnen kann, ohne desshalb ihre Abhängigkeit von materiellen Vorgängen in Frage zu stellen, unterscheiden eben den Organismus von jedem todten Körper und beziehen Claus, Zoologie. 4. Auflage. 1 2 Organische und anorganische Naturkörper. sich 1) auf die Art der Entstehung ; 2) auf die Art der Erhaltung ; 3) auf die Form und Struktur des Organismus. Die Entstehung lebender Körper kann nicht durch physikalisch-chemische Agentien aus einer bestimmten chemischen Mischung unter bestinmiten Be- dingungen der Wärme, des Druckes, der Electricität etc. veranlasst werden, sie setzt vielmehr erfahrungsmässig die Existenz gleichartiger oder mindestens sehr ähnlicher Wesen voraus, aus denen sie auf dem Wege der elterlichen Zeugung erfolgt. Eine selbständige, elternlose Zeugung {geiwratio anquivoca, Urzeugung) liegt zwar nicht im Bereich der Unmöglichkeit, scheint aber bei dem Stande unserer Erfahrungen selbst für die einfachsten und niedersten Lebensformen als gegenwärtig wirksam in Abrede gestellt werden zu müssen, wenngleich in der jüngsten Zeit einzelne Forscher (Pouch et) durch Resultate bemerkenswerther aber zweideutiger Versuche zu der entgegengesetzten Ansicht geführt worden sind. Die Existenz der geiieratio aequivoca würde unserm Streben der physikalisch-chemischen Erklärung einen sehr wichtigen Dienst leisten , sie erscheint sogar als riothivendiges Postulat, um das erste Auftreten der Organismen zu erklären. Das zweite und wichtigste Merkmal des Organismus, an welches sich die Erhaltung alles Lebens knüpft, ist der -beständige Verbrauch- und Ersatz der den Leib zusaimuensetzenden Mateiie, der Stoffwechsel. Jede Wachsthums- erscheinung setzt Aufnahme und Veränderung materieller Bestandtheile voraus; jede Bewegung, Absonderung und Lebensäusseröng berulit auf Umsatz von Stoffen, auf Zerstörung und Neubildung chemischer Verbindungen. An die wechselnde Zerstörung und Erneuerung der, Stoffverbindungen knüpfen sich Nahrungsaufnahme und Ausscheidung als nothwendige/, Eigenschaften des Lebendigen, Vornehmlich sind es die (wegen ihres Vorkommens im Organismus so genannten) organischen Substanzen , die ternären und quaternären zusammen- gesetzten Kohlen Stoff -yevbinduu^^ (jene aus Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff, diese ausser den drei Stoffen noch aus Stickstoff gebildet), und unter den letztern wiederum die Eiweisshörper (Schwefel, Phosphor), welche im Stoffwechsel ^inen Umsatz erleiden und entweder (Thier) unter dem Einflüsse der Oxydation in Substanzen einfacherer Zusammensetzung gespalten oder (Pflanze) erst durch Substitution aus einfachem und in let5;ter Instanz anor- ganischen Substanzen aufgebaut werdön. Wie aber die allgemeinen Grund- eigenschaften (Elasticität, Schwere, Porosität) des Organismus mit denen der anorganischen Körper so durchaus übereinstimmen, dass es möglich wurde, eine allgemeine Theorie von der Constitution der Materie auszubilden, so finden sich auch sämmtliche der Qualität nach unterschiedenen, chemisch nicht weiter zerlegbaren Grundstoffe oder Elemente der organischen Materie in der anorganischen Natur wieder. Ein dem Organismus eigenthümliches Element, ein Lebensstoff', existirt eben so wenig als eine ausserhalb der natürlichen und materiellen Vorgänge wirksame Lehenshraft. Auch mit Rücksicht auf die Gesetze der Atomgruppirung hat man irrthümlich organische und anorganische Stoffe in scharfem Gegensatz aufgcfasst und mit noch grösserm Unrecht jene weit zusammengesetzteren Kohlenstoffverbindungen lediglich als Producte des Aufhebung des Stoffwechsels. Organisation. 3 Organismus betrachtet. Nun aber hat es sich längst gezeigt, dass beide nicht nur auf dieselben Gesetze der Atomlagerung und Constitution zurückzuführen sind, sondern dass auch die ersteren in nicht geringer Zahl (Harnstoff, Weingeist, Essig, Zucker) künstlich aus ihren Elementen durch Synthese hergestellt werden können. Diese Thatsachen weisen auf die Wahrscheinlichkeit der synthetischen Gewinnung aller organischen Verbindungen und selbst der Eiweisskörper hin und gestatten den Schluss, dass bei der Entstehung organischer Substanzen die- selbe Grundkraft wirksam ist, welche für die Bildung der anorganischen Körper massgebend ist. hnmerhin wird man auf die Eigenschaften der Stoffver- bindungen, auf die complicirte molekulare Anordnung der lebendigen Materie — nicht aber auf eine mystische Lebenskraft — die dem Organismus eigenthüm- lichen Funktionen : Stoffwechsel , Bewegung und Wachsthum, zurückzuführen haben. Aber freilich kann diese wichtige Eigenschaft des Lebendigen, der Stoffwechsel, unter gewissen Bedingungen, ohne dass der Organismus die Fähigkeit des Lebens einbüsst , zeitweilig unterdrückt und aufgehoben werden. Durch Entziehung von Wasser oder auch Wärme wird es für eine Reihe niederer Organismen und deren Keime möglich, den Lebensprocess Monate und Jahre lang zu unterbrechen und dann durch Zufuhr von Wasser beziehungs- weise Wärme die scheinbar leblosen, lebensfähig gebliebenen Körper wieder ins Leben zurückzurufen (Eier von Apns, Ostracoden , Anguillula tritici, Eolifcrcn — FrösQhe, Wasserinsekteri, Pflanzensamen). Sodann spricht sich die Eigenthümlichkeit des lebenden Körpers in seiner gesammten Form und in der Zusammenfügung seiiler Theile — Organisation — aus. Die Gestalt des anorganischen Individuums, des Krystalles, ist von geraden unter bestimmten Winkeln zusammen tretenden Linien (Kanten, Ecken) und ebenen, selten sphärischen, mathematisch bestimmbaren Flächen umgrenzt und in dieser Form unveränderlich , die des Organismus ^) dagegen in Folge des festweichen Aggregatszustandes minder scharf bestimmbar und innerhalb ge- wisser Grenzen veränderlich. Das Leben Jmsiiert sich eben als eine zusammen- hängende Reihe ^\:andelbarer Zustände auch in der gesammten Erscheinung ;- den Bewegungen des Stoffes geht Wachet^wm und Formveränderung parallel. Es beginnt der Organismus — wi« man im Allgemeinen behaupten darf — als einfache Zelle und entwickelt sich von dieser Anlage im Eie oder Keime unter allmählig fortschreitenden Differenzirungen und Umgestaltungen seiner Theile bis zu einem bestimmten Höhepunkt mit der Fähigkeit der Fortpflanzung , um zuletzt mit dem Untergange als lebendiger Körper in seine Elementartheile zu zerfallen. Daher besitzt auch die Masse des organischen Leibes eine mehr oder minder fest-flüssige quellungsfähige Beschaffenheit, welche sowohl für die chemischen Umsetzungen der Stoffverbindungen {corpora non agunt nisi soluta), als für die Umgestaltungen der gesammten Form nothwendig ei-scheint , sie ist 1) Die Thatsache, dass es eine Menge von festen Absonderungsproducren im Organismus gibt (Schalen, Gehäuse), dereu^ Form sich mathematisch bestimmen lässt, hebt natürlich diesen Unterschied nicht auf. 9 Begriff der Zelle. nicht homogen und gleichartig, sondern aus festen, fest-weichen und flüssigen Theilen gebildet, welche sich als Zusammen fügungen eigenthümlich gestalteter Elemente darstellen. — Der Krystall zeigt zwar bei einer Zusammensetzung seiner Moleküle aus gleichartigen Atomgruppen eine nach den Richtungen des Raumes ungleiche Lagerung derselben (Blätterdurchgänge) und demgemäss eine ungleichmässige Struktur, besitzt aber keine verschiedenartigen einander untergeordneten Einheiten, welche wie die Organe des lebendigen Körpers als Wertzeuge verschiedener Leistungen erscheinen. Die Organe, erweisen sich wiederum ihrem feinern Baue nach aus verschiedenen Theilen , Geweben (oder Organen niederer Ordnung) gebildet, welchen als letzte Einheit die Zelle zu Grunde liegt. Diese aber steht ihren Eigenschaften nach in direktem Gegensatz zum Krystall und vereinigt in sich bereits die Eigenschaften des lebendigen Organismus. Dieselbe ^) ist ein Klümpchen einer iveichflüssigen ehveisshaltigen Substanz (Protoplasma), in der Hegel mit eingeschlossener fester oder bläschenförmiger Diffcrenzirung , dem Kern, häufig mit einer peripherischen strukturlosen Membran. In dieser organischen Grundform, aus welcher sich alle Gewebe und Organe des Thieres und der Pflanze aufbauen, liegen bereits alle Charaktere des Organismus ausgesprochen , die Zelle ist daher in gewissem Sinne die erste Form des Organismus und selbst der einfachste Organismus. Während ihr Ursprung bereits auf vorhandene gleichartige Zellen hinweist, wird ihre Er- haltung durch den Stoffwechsel ermöglicht. Die Zelle hat ihre Ernährung und Ausscheidung, ihr Wachsthum, ihre Bewegung, Form Veränderung und Fortpflanzung. Unter Betheiligung des Zellkernes erzeugt sie durch Theilung oder endogene Bildung von Tochterzellen neue Einheiten ihrer Art und liefert das sich organisirende Material zum Aufbau der Gewebe , zur Bildung , Ver- grösserung und Veränderung des Leibes. Mit Recht erkennt man daher in der Zelle die besondere Form des Lebens und das Leben in der ThäiigJceit der Zelle. ." Man wird diese Auffassung von der Bedeutung der Zelle als G^terium der Organisation und als einfachste Grundform des Lebens nicht etwa durch die Thatsache bekämpfen können , dass der Kern in vielen Fällen fehlt (Pilz- zellen, Furchungskugeln , Psorospermienbildende Gregarinen) und dass es homogene, unter den stärksten Vergrösserungen strukturlos erscheinende Körper gibt (E. Ha eck el 's Moneren), welche ihren Lebensäusserungen nach 1) Nach Schwann und dessen Anhänger bestand die Zelle 1) aus einer Zell- membran; 2) einem mehr oder minder flüssigen granulirtem Inhalt; 3) einem Kern (nucleiis); 4) einem oder mehreren Kernkörpern [micleoli). Nachdem man die Eigen- schaften der Sarcode von Rhizopoden und Infusorien und die Beschaffenheit des protoplasmatischen Inhalts jugendlicher Zellengewebe von Thieren und Pflanzen näher kennen gelernt hatte, wurde dem Schwann'schen Zellenschema gegenüber insbesondere diirch die Untersuchungen von Leydig, MaxSchultze, Brücke etc. der Beweis geliefert, dass die Zellmembran kein wesentliches Attribut der Zelle, sondern ein nur secundärer Charakter sei. Vergl. besonders Max Schultze, Ueber Muskelkörperchen und das was man eine Zelle zu nennen habe. Müllers Archiv 1861, ferner E. Brücke, Elementarorganismen, Sitzungsberichte der Wiener Academie 1861 u. 1862. Zelle als Criterium der Organisation. 5 unzweifelhaft Organismen sind , obwohl sie nichts von Organisation besitzen. Manche der einfachsten Organismen sind so klein (Mikrococcus), dass es schwer hält , dieselben in einzelnen Fällen von molekularen Niederschlägen zu unter- scheiden, zumal sie nur Molekularbewegung zeigen. Ebenso wenig wie die Zellmembran ist der Zellkern ein noth wendiger Charakter der Zelle (Brücke). Wie es membranlose Zellen mit Kern gibt , so gibt es auch kernlose Plasma- klümpchen, die E. Hä ekel Cytoden nennt und als Vorstufe der kernhaltigen Zellen betrachtet. Es ist somit das lebendige Protoplasma mit seiner nicht näher bekannten molekularen Anordnung das ausschliesslich bestimmende Criterium der Zelle. Liegt nun auch in den erörterten Eigenschaften dem Begriffe nach ein wesentlicher Gegensatz des Lebendigen zu den anorganischen Körpern ausge- sprochen , so wird man doch bei der Beurtheilung des Verhältnisses zwischen Organismen und Anorganen nicht aus dem Auge zu verlieren haben , dass es bei den kleinsten und einfachsten Körpern, welche sich durch ihre Fortpflanzung auf dem Wege der Theilung und durch den Stoffverbrauch als Organismen erweisen, mittelst der stärksten Vergrösserungen unmöglich ist, eine Organisation zu entdecken und dass bei zahlreichen niederen Lebewesen durch Entziehung von Wärme und Wasser Stoffwechsel und Lebensthätigkeit unbeschadet der Lebensfähigkeit völlig unterdrückt werden können. Um so mehr werden wir der Hypothese volle Berechtigung zugestehen, dass die einfachsten Lebewesen zu irgend einer Zeit aus Anorganen , in welchen dieselben chemischen Elemente als in den Organismen vorkommen, sich hervorbildeten. Wir würden sogar, da eine fundamentale Verschiedenheit des Stoffes und der Kräfte im Krystall und im organischen Wesen nicht nachgewiesen wurde , im ersten Auftreten lebender Wesen im Grunde (mit Du Bois Reymond) nur die Lösung eines schwierigen mechanischen Problems erkennen können , wenn nicht der Keim von Empfindung und Bewusstsein, von seelischen Vorgängen, die wir uns als ausschliessliches Resultat von Bewegungserscheinungen der Materie nicht vorzustellen vermögen, schon den einfachsten und primitivsten Organismen zugehörig gedacht werden müsse. Immerhin aber werden wir nicht vergessen dürfen , dass wir über die natürlichen Bedingungen und physikalischen Kräfte, welche zur Bildung der ersten und einfachsten Lebewesen führten , im Grunde nichts wissen. Tbier und Pflanze. Thier und Pflanze^). Die Unterscheidung der lebendigen Körper in Thiere und Pflanzen beruht auf einer Reihe unserm Geiste frühzeitig eingeprägter Vorstellungen. Bei dem Thiere beobachten wir freie Bewegungen und selbständige aus Innern Zuständen entspringende Handlungen, welche Bewusstsein und Empfindung wahrscheinlich machen; bei der meist im Erdboden befestigten Pflanze vermissen wir die Lokomotion und selbständige auf Empfindung hinweisende Thätigkeiten. Daher schreiben wir dem Thiere willkürliche Bewegung und Empfindung , sowie als Sitz derselben eine Seele zu, »Plantae vivunt, animalia vivunt et sentiunt«. Indessen sind diese Begriffe nur einem verhältnissmässig engen Kreise von Geschöpfen, den höchsten Thieren und Pflanzen unserer Umgebung entlehnt. Mit dem Fortschritte unserer Erfahrungen drängt sich uns die Ueberzeugung auf, dass der herkömmliche Begriff von Thier und Pflanze in der Wissenschaft einer Erweiterung bedarf. Denn wenn wir auch nicht in Verlegenheit gerathen, ein Wirbelthier von einer phanerogamen Pflanze zu unterscheiden , sq reichen wir doch mit demselben auf dem Gebiete des einfachein und niedern Lebens nicht mehr aus. Es gibt zahlreiche niedere Thiere ohne freie Ortsveränderung und ohne deutliche Zeichen von Empfindung und Bewusstsein , dagegen Pflanzen und pflanzliche Zustände mit freier Bewegung und Irritabilität. Man wird daher die Eigenschaften von Thieren und Pflanzen näher zu vergleichen und hierbei die Frage zu erörtern haben, ob überhaupt 6in durchgreifendes Unterscheidungsmerkmal beider Organisationsformen besteht, eine scharfe Grenze beider Naturreiche anzunehmen ist oder nicht. 1) In der gesammten Gestalt und Organisation scheint für Thiere und Pflanzen ein wesentlicher Gegensatz zu bestehen. Das Thier besitzt bei einer gedrungenen äussern Form eine Menge innerer Organe von compendiösem Baue, während die Pflanze ihre ernährenden und ausscheidenden Organe als äussere Anhänge von bedeutendem Flächenumfange ausbreitet. Dort herrscht eine innere , hier eine äussere Entfaltung der endosmotisch wirksamen Flächen ^ vor. Das Thier hat eine Mundöflnung zur Einfuhr fester und flüssiger Nahrungsstofle , welche im Innern eines mit mannichtachen Drüsen (Speichel- drüsen , Leber , Pankreas etc.) in Verbindung stehenden Darmes verarbeitet, ^ verdaut und resorbirt werden. Die unbrauchbaren festen Ueberreste der Nahrung treten als Kothballen aus der Afteröffnung aus. Die sticlvstoffhaltigen Zersetzungsprodukte werden durch besondere Harnorgane, Nieren, meist in flüssiger Form ausgeschieden. Zur Bewegung und Girculation der resorbirten Ernährungsflüssigkeit (Blut) ist ein pulsirendes Pumpwerk (Herz) und ein ]) Vergl. C. üe genbau r, de aniraalium plantarumque regni terminis et diffe- rentiis. Lipsiae ISöO. — C. Claus, über die Grenze des thierischen und pflanzlichen Lebens. Leipzig 1863. — F. Haeckel, generelle Morphologie. Berlin 18öö. Bd. I. pag. 198—238. Vereinfacbung der thierischen Organisation. 7 System von Blutgefässen vorhanden, während die Respiration bei den luft- lebenden Thieren durch Lungen, bei den Wasserbewohnern meist durch Kiemen vermittelt wird. Das Thier hat endlich innere Fortpflanzungsorgane, sowie zur Auslösung der Empfindung ein Nervensystem und Sinnesorgane. Bei der Pflanze hingegen zeigt der vegetative Apparat eine weit einfachere Ge- staltung. Die Wurzeln saugen flüssige Nahrungsstoffe auf, während die Blätter als respiratorische Organe Gase aufnehmen und austreten lassen. Die compllcirten Organsysteme des Thieres fehlen, und ein mehr gleichartiges Parenchym von Zellen und Röhren, in denen sich die Säfte bewegen, setzt den Körper der Pflanze zusammen. Auch liegen die Fortpflanzungsorgane peripherisch , und es fehlen Nerven und Sinne. Indessen sind die hervorgehobenen Unterschiede keineswegs durchgreifend, sondern nur für die höheren Thiere und höheren Pflanzen gültig, da sie mit der Vereinfachung der Organisation allmählig verschwinden. Schon unter den Wirbelthieren, mehr noch bei den Weichthieren und Gliederthieren reducirt sich das System der Blut-Gefässe und Respirationsorgane. Die Lungen oder Kiemen können als gesonderte Organe fehlen und durch die gesammte äussere Körperfläche ersetzt sein. Die Gefässe vereinfachen sich und fallen sammt dem Herzen vollständig hinweg , das Blut bewegt sich dann in mehr unregel- mässigen Strömungen in den Räumen der Leibeshöhle und in den wandungs- losen Lücken der Organe. Ebenso vereinfachen sich die Organe des Ver- dauungssystemes ; Speicheldrüsen und Leber verschwinden als drüsige Anhänge des Darmes, dieser wird ein blind geschlossener, verästelter oder einfacher Schlauch (Trematoden) oder ein centraler Hohlraum , dessen Wandung mit der Leibeswand verbunden ist (Goelenteraten). Auch kann die Mundöfinung fehlen (Gestoden) und die Aufnahme flüssiger Nahrungsstoffe ähnlich wie bei den Pflanzen endosmolisch durch die äussere Körperfläche erfolgen. Endlich werden Nerven- und«S1nnesorgane bei zahlreichen niedern Thieren vermisst. Bei solchen Reductionen des Innern Baues erscheint es begreiflich, dass sich auch in der äussern Erscheinung und in der Art des Wachsthums die ein- ^ fachern und niedern Thiere (Siphonophoren, Gestoden) oft in hohem Grade den Pflanzen annähren , mit denen sie in früherer Zeit namentlich dann ver- ' wechselt wurden, wenn sie zugleich der freien Ortsveränderung entbehren (Pflanzenthiere, Polypen, Hydroiden). In solchen Fällen bietet aber auch für Thiere die Feststellung des Individualitätsbegriffes ähnliche Schwierigkeiten •wie im Pflanzenreich. 2) Zivischen thierischen und pflanzlichen Geweben besteht ebenfalls im Allgemeinen ein wichtiger Unterschied. Während in den pflanzlichen Geweben die Zellen ihre ursprüngliche Form und Selbständigkeit bewahren, erleiden dieselben in den thierischen auf Kosten ihrer Selbstständigkeit die mannich- fachsten Veränderungen. Daher erscheinen die pflanzlichen Gewebe als gleich- artige Zellencomplexe mit wohl erhaltenen scharf umschriebenen Zellen , die thierischen als höchst verschiedenartige Bildungen , in denen die Zellen selten als^charf umschriebene Einheiten nachweisbar bleiben. Der Grund für dieses ungftiche Verhalten der Gewebe scheint in dem verschiedenen Baue der Zelle selbst gesucht werden zu müssen, indem die Pflanzenzellc im Umkreis ihres 8 Unterschied thierischer und pflanzlicher Gewebe. Primordialschlauches (der verdichteten Grenzschicht des Protoplasmas) von einer sehr starken dicken Haut, der Cellulosekapsel , umgeben wird, während die thierische Zelle eine sehr zarte stickstoffhaltige Membran oder statt der- selben nur eine zähere Grenzschicht ihres zähflüssigen Inhalts besitzt. Indessen gibt es auch Pflanzenzellen mit einfachem nackten Primordialschlauch (Pri- mordialzellen) und andererseits thierische Gewebe, welche durch Umkapselung der selbstständig gebliebenen Zellen den pflanzlichen ähnlich sind (Chorda dorsalis , Knorpel). Man wird auch nicht , wie dies von mehreren Forschern geschehen ist, die Vielzelligkeit als nothwendiges Merkmal des thierischen Lebens betrachten können. Allerdings gibt es zahlreiche einzellige Algen und Pilze, aber auch zahlreiche thierische Organismen, welche auf die Form der einfachen Zelle zurückzuführen sind. Man vermag überhaupt nicht einzusehen, wesshalb kein einzelliges Thier existiren könne, zumal die Zelle der Ausgangs- punkt auch für den thierischen Körper ist (Protozoen). 3) Am wenigsten kann in der Fortpflanzung ein Griterium gefunden werden. Bei den Pflanzen ist zwar die ungeschlechtliche Vermehrung durch Sporen und Wachsthumsprodukte vorherrschend, allein auch im Kreise der niederen und einfach gebauten Thiere erscheint dieselbe Art der Vermehrung weit verbreitet. Die geschlechtliche Fortpflanzung aber beruht im Wesentlichen bei Thieren und Pflanzen auf den gleichen Vorgängen , auf der Vermischung männlicher {SamenJcörper) und weiblicher ZeugungsstofTe {Eizellen), deren Form in beiden Reichen eine grosse Analogie und bei niederen Pflanzen sogar eine grosse Uebereinstimmung mit manchen Thieren zeigen kann, jedenfalls überall auf die Zelle zurückzuführen ist. Der Bau und die Lage der Geschlechts- organe im Innern des Körpers oder als äussere Anhänge bietet um so weniger einen Anhaltspunkt zur Unterscheidung von Thier und Pflanze, als in dieser Hinsicht in beiden Reichen die grössten Verschiedenheiten möglich sind. 4) Die chemischen Bestandtheile und Vorgänge des Stoffwechsels sind bei Thieren und Pflanzen im Allgemeinen sehr verschieden. Früher glaubte man auch in der chemischen Construction des thierischen und pflanzlichen Leibes einen wesentlichen Gegensatz zu erkennen , da die Pflanze vorzugsweise aus ternären Verbindungen, das Thier vorwiegend aus quaternären stickstoffhaltigen Verbindungen besteht , und man schrieb mit Recht für jene dem Kohlenstoff, für dieses dem Stickstoff eine vorwiegende Bedeutung zu. Indessen sind auch für den thierischen Körper die ternären Verbindungen , die Fette und Kohlen- hydrate , keineswegs bedeutungslos , während andererseits die quaternären Proteine in den thätigen , in Neubildung begriffenen Theilen der Pflanze eine grosse Rolle spielen. Das Frotoplasma , der Inhalt der lebenden Pflanzenzelle, ist stickstoffreich und von eiweissartiger Beschaffenheit, den mikrochemischen Reaktionen nach mit der Sarcode, der contraktilen Substanz niederer Thiere übereinstimmend. Zudem werden die als Fibrin , Albumin und Casein unter- schiedenen Modifikationen der Eiweisskörper auch in Pflanzentheilen wieder- gefunden. Auch gelingt es nicht Stoffe namhaft zu machen, welche aus- schliesslich der Pflanze oder dem Thiere angehören und in denselben überall nachweisbar sein müssten. Das Chlorophyll (Blattgrün) kommt auch' bei niederen Thieren vor (Stentor, Hydra, Bonellia), fehlt dagegen den Pilzen. Die Gegensatz von Stoffwechsel und Assimilation. 9 Cellulose, eine der äusseren Membran der Pflanzenzelle eigenthümliche stick- stofflose Substanz, wurde in dem Mantel von Weichthieren (Ascidien) nach- gewiesen. Das Cholestearin und einige die Nerv«nsubstanz charakterisirende Stoffe sind auch in Pflanzentheilen (Leguminosen) aufgefunden worden. Von weit grösserem Werthe ist der Unterschied in der Ernährung und im Stoffwechsel. Die Pflanze nimmt neben bestimmten Salzen (Phosphorsaure und schwefelsaure Alkalien und Erden) besonders Wasser, Kohlensäure und Amtnoniak auf und baut aus diesen binären anorganischen Substanzen die organischen Verbindungen höherer Stufe auf. Das Thier bedarf ausser der Aufnahme von Wasser und Salzen einer organischen Nahrung, vor allem der Kohlenstoff- Verbindungen (Fette) und der stickstoffhaltigen Eiweisskörper, welche im Kreislauf des Stoffwechsels wieder zu Wasser , Kohlensäure und zu Stickstoff-haltigen Spaltungsprodukten (Amiden und Säuren) , Kreatin , Leucin, Harnstoff etc., Harnsäure, Hippursäure etc. zerfallen. Die Pflanze scheidet, indem sie durch die Thätigkeit chlorophyllhaltiger Zellen unter Einwirkung des Lichtes aus Kohlensäure, Ammoniak und Wasser organische Substanzen bildet {Assimilation), Sauerstoff aus, den wiederum das Thier zur Unterhaltung des Stoffwechsels durch seine Respirationsorgane aufnimmt. Die Richtung des Stoffwechsels und der Respiration ist daher in beiden Reichen eine zwar sich gegenseitig bedingende , aber genau entgegengesetzte. Das Thierleben beruht auf Analyse zusammengesetzter Verbindungen und ist im Grossen und Ganzen ein Oxydationsprocess , durch welchen Spannkräfte in lebendige verwandelt werden (Bewegung, Erzeugung von Wärme, Licht). Die Lebensthätigkeit der Pflanze dagegen basirt, soweit sie sich auf Assimilation bezieht, auf Synthese und ist im Grossen und Ganzen ein Reductionsprocess , unter dessen Einfluss Wärme und Licht gebunden und lebendige Kräfte in Spannkräfte übergeführt werden. Jedoch zeigt sich auch dieser Unterschied nicht für alle Fälle als Criterium verwendbar. Neuerdings ist die Aufmerksamkeit der Naturforscher insbesondere durch Hook er und Darwin ^) auf die merkwürdigen übrigens schon im vorigen Jahrhundert beobachteten (Ellis) Ernährungs- und Ver- dauungsvorgänge bei einer Reihe von Pflanzen gelenkt worden , welche nach Art der Thiere kleine Organismen , besonders Insekten fangen , das organische Material derselben nach einem thierischer Verdauung ähnlichen chemischen Processe durch die drüsenreiche Oberfläche aufsaugen (Blätter des Sonnen- thaues, Drosera rotundifolia und der Fliegenfalle, Dionaea muscipula). Viele Schmarotzerpflanzen und sämmtliche Pilze haben aber überhaupt nicht das Ver- mögen der Assimilation, sondern saugen organische Säfte auf und zeigen eine dem Thiere entsprechende Respiration, indem sie Sauerstoff aufnehmen und Kohlensäure ausscheiden. Durch Saussure's Untersuchungen wurde sogar festgestellt, dass die Auf- nahme von Sauerstoff in bestimmten Intervallen für alle Pflanzen nothwendig ist, dass an den nicht grünen, des Ghlorophylles entbehrenden Pflanzentheilen 1) Vergl. besonders Ch. Darwin, Insectivorous Planta. London 1875, Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen I und II, sowie die Abhandlungen von F. Kurz und Munk über das Dionaeablatt. Müllers Archiv 1876. 10 Bewegung und Empfindung als Criterium. und bei mangelndem Sonnenlicht, also zur Nachtzeit auch an den grünen Theilen eine dem Thiere analoge Einathmung von Sauerstoff und Ausathmung von Kohlensäure stattfindet. Im Pflanzenkörper besteht neben dem sehr ausgedehnten Desoxydationsprocess ganz regelmässig eine dem thierischen Stoffwechsel analoge Oxydation, durch welche ein Theil der assimilirten Substanzen wieder zerstört wird. Das Wachsthum der Pflanze ist ohne Sauerstoffverbiauch und Kohlen- säureerzeugung unmöglich. Je energischer dasselbe vorschreitet, um so mehr Sauerstoff wird aufgenommen , wie in der That die keimenden Samen , die sich rasch entfaltenden Blatt- und Blüthenknospen in kurzer Zeit eine grosse Menge von Sauerstoff verbrauchen und Kohlensäure ausscheiden. Hiermit im Zu- sammenhange sind die Bewegungen des Protoplasmas an die Einathmung von Sauerstoff geknüpft. Auch die Erzeugung von Wärme (Keimung) und selbst von Lichterscheinungen {Ayaricus olearius) tritt bei lebhaftem Sauerstoff- verbrauch ein. Endlich gibt es Organismen (Hefezellen — Bacterien) , welche zwar Stickstoff, aber nicht Kohlensäure assimiliren, den nothvvendigen Kohlen- stoff vielmehr fertigen Kohlenhydraten entziehn (Pasteur, Gohn). 5) Die wiUJcürliche Bewegung und Empfindung gilt dem Begriffe nach als der Hauptcharakter des thierischen Lebens. In früherer Zeit hielt man das Vermögen der freien Orts Veränderung für eine nothwendige Eigenschaft des Thieres und betrachtete desshalb die festsitzenden Polypenstöcke als Pflanzen, bis der von Peyssonnell geführte Nachweis von der thierischen Natur der Polypen durch den Einfluss bedeutender Naturforscher im vorigen Jahrhundert allgemeine Anerkennung erlangte. Dass es auch Pflanzen und pflanzliche Ent- wicklungszustände mit freier Ortsveränderung gibt , wurde erst weit später mit der Entdeckung beweglicher Algensporen bekannt , so dass man nun auf Merk- male, aus welchen die Willkür der Bewegung gefolgert werden konnte, zur Unterscheidung der thierischen und pflanzlichen Beweglichkeit sein Augenmerk richten musste. Als solches galt längere Zeit gegenüber den gleichförmigen, mit starrem Körper ausgeführten Bewegungen der Pflanze die Gontraktilität der Bewegung. Anstatt der Muskeln, welche bei niedern Thieren als besondere Gewebe hinwegfallen, bildet hier eine ungeformte eiweisshaltige Substanz, Sarcode, die contraktile Griindsubstanz des Leibes. Allein der als Protoplasma bekannte zähflüssige Inhalt der Pflanzenzelle besitzt ebenfalls die Fähigkeit der Gontraktilität und ist in den wesentlichsten Eigenschaften mit der Sarkode ') gleich. Beide zeigen die gleichen chemischen Reaktionen und stimmen in dem häufigen Auftreten von Wimpern, Vacuolen und Körnchenströmungen überein. Auch pulsirende Räume, contraktile Vacuolen, sind nicht ausschliessliches Attribut der Sarcode, sondern können ebenso in dem Protoplasma der Pflanzen- zelle vorkommen {Gonium, Chlamydomonas , Chaetophora). Während die Gontraktilität des Protoplasma's allerdings in der Regel durch die Gellulose- membran gehemmt wird, tritt sie an den nackten Schwärmzellen der Volvocinen, 1) Vergl. W. Schulze, das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen. Leipzig. 1863. — W. Kühne, Untersuchungen über das Protoplasma und die Gon- traktilität. Leipzig. 1864. Irritabilität. Sinnespflanzen. 11 Euglenen und Saprolegnien , vollends an den amöbenartigen Entwicklungs- formen der Schleimpilze, Myxomyceten, in gleicher Intensität mit der Sarkode der Infusorien und Rhizopoden auf. Bei den gleichartigen Bewegungserscheinungen niederer Thiere und Pflanzen suchen wir vergebens nach einem Griterium der Willkür, deren Deutung dem subjectiven Ermessen des Beobachters unterworfen bleibt. Das Vermögen der als Function der Materie unbegreiflichen Empfindung, welches überall da, wo es sich um willkürliche Bewegung handelt, vorausgesetzt werden muss, ist keineswegs bei allen thierischen Organismen mit Sicherheit nachzuweisen^ Viele niedere Thiere entbehren des Nervensystems und der Sinnesorgane und zeigen auf Reize geringe und nicht gerade intensivere Be- wegungen als vegetabilische Organismen. Die Irritabilität aber erscheint auch auf dem Gebiete höherer Pflanzen weit verbreitet. Die Sinnpilanzen bewegen ihre Blätter auf mechanische Reize der Berührung [Mimosen) oder beugen wie der Sonnenthau {Drosera) kleine mit Kölbchen endigende Stilchen der Blatt- fläche, Polypenarmen vergleichbar. Die Fliegenfalle (Dionaea) schlägt die beiden Blatthälften klappenartig zusammen, wenn dieselben von Insekten berührt werden. Die Staubfäden der Gentaureen verkürzen sich auf mechanische und elektrische Reize in ihrer ganzen Länge und nach ähnlichen Gesetzen als die Muskeln der höhern Thiere. Viele Blüthen öffnen und schliessen sich unter dem Einflüsse des Lichtes zu gewissen Tageszeiten. Demnach erscheint die Irritabilität ebenso wie die ContraJctilität als Eigenschaft auch der pflanzlichen Gewebe und des Protoplasmas der Pflanzen- zelle, und es ist nicht zu bestimmen, ob Willhür und Empfindung , die wir an diesen Erscheinungen der Pflanze ausschliessen , bei den ähnlichen Reizungs- und Bewegungsphänomenen niederer Thiere mit im Spiele sind. Wir finden daher in keinem der besprochenen Merkmale thierischen und pflanzlichen Lebens ein durchgreifendes Griterium und sind nicht im Stande, das Vorhandensein einer scharfen Grenze beider Reiche nachzuweisen. Thiere und Pflanzen entwickeln sich von dem gemeinsamen Ausgangspunkt der con- traktilen Substanz ^) allerdings nach verschiedenen Richtungen, die bei dem Beginne ihrer Entfaltung noch mannichfach in einander übergreifen und erst mit der vollkommenem Organisation in ihrem vollen Gegensätze deutlich werden. In diesem Sinne wird man, ohne eine scharfe Grenze zwischen beiden Organisationsreihen statuiren zu wollen, den Begriff des Thieres durch die Zusammenfassung der jene Richtung bezeichnenden Merkmale umschreiben können. Man wird demnach das Thier zu definiren haben : als den frei und will- kürlich beweglichen, mit Empfindung begabten Organismus, der seine Organe im Innern des Leibes durch innere Flächenentfaltung entwickelt, einer organischen Nahrung bedarf, Sauerstoff einathmet, unter dem Einflüsse der Oxydations- 1) Die Aufstellung eines Zwischenreiches für die einfachsten Lebensformen ist weder wissenschaftlich gerechtfertigt, noch aus praktischen Rücksichten erforderlich. Im Gegen- theil würde die Annahme eines Protistenreiches die Schwierigkeit der Grenzbestimmung nur verdoppeln. 12 Die Organisation und Entwicklung Vorgänge im Stoffwechsel Spannkräfte in lebendige Kräfte umsetzt und Kohlen- säure nebst stickstoffhaltigen Zersetzungsprodukten ausscheidet. Die Wissenschaft, welche die Thiere zum Gegenstand hat und dieselben in ihren Form- und Lebenserscheinungen sowie in ihren Beziehungen zu einander und zur Aussenwelt zu erforschen sucht, ist die Zoologie. Die Organisation nnd Entwicklung des TMeres im Allgemeinen. Der zur Feststellung des Begriffes -»Thiere vorausgeschickte Vergleich von Thier und Pflanze hat bereits auf die grosse Mannichfaltigkeit und auf zahlreiche Abstufungen der thierischen Organisation hingewiesen. Wie sich aus der Ei- zelle in allmähliger Differenzirung der complicirte Organismus aufbaut und oft auch während des freien Lebens Zustände durchläuft, welche in aufsteigender Reihe zu einer immer höhern Entfaltung der Theile und zu vollkommenem Leistungen der Organe führen, so offenbart sich auf dem grossen Gebiete der thierischen Lebensformen ein ähnliches Gesetz der allmählig fortschreitenden Entwicklung, des Aufsteigens vom Einfachen zum Mannichfaltigen sowohl in der Form des Leibes und in der Zusammensetzung seiner Theile als in der Voll- kommenheit der Lebenserscheinungen. Allerdings leiten sich die Abstufungen der thierischen Organisation nicht wie die des sich entwickelnden Individuums in einer einzigen continuirlichen Reihe auseinander ab, sondern die Parallele der Entwicklungsstufen des Thier- reichs als Gesammtheit und der verschiedenen Zustände der einzelnen Lebens- form w-eicht in so fern auseinander, als wir gegenüber der einfachen Ent- wicklungsreihe des hidividuums eine Anzahl zwar hier und da mehrfach in einander übergreifender aber doch in ihrer höhern Entfaltung wesentlich ver- schiedener Kreise der thierischen Organisation unterscheiden und als höchste Abtheilungen des Systemes betrachten. Individuum. Organ. Stock. In der Regel tritt der thierische Organismus als eine nach Form (morpho- logisch) und Lebensthätigkeiten (physiologisch) bestimmt begrenzte und un- theilbare Einheit, als »vollkommenes Individuum<^ auf. Abgeschnittene Glieder oder losgelöste Theile ergänzen sich nicht zu neuen Thieren, wir können meist nicht einmal Stücke des Leibes entfernen, ohne das Leben des Organismus zu geföhrden , denn nur als Gomplex sämmtlicher Theile des Leibes erhält sich Organ, Individuum, Stock als Verhältnissbegriffe. 13 derselbe in voller Lebensenergie. Nicht ganz ohne Beziehung auf die Eigen- schaft der Untheilbarkeit des Individuums, vornehmlich aber mit Rücksicht auf die sich ergänzenden und gegenseitig bedingenden Leistungen der einzelnen Theile des Körpers , redet man von Organen und versteht unter Organ jeden Körpertheil, welcher als eine der höhern Einheit des Organismus untergeordnete Einheit eine bestimmte Form und innere Gestaltung zeigt , sowie eine dieser entsprechende Function ausübt, somit eins jener zahlreichen Werkzeuge ist, auf deren ineinandergreifender Arbeit das Leben des Individuums beruht. Freilich gibt es unter den einfiichern Thieren gar Viele, welche sich dem herkömmlichen Begriff von Individuum nicht recht unterordnen lassen; die- selben haben zwar eine bestimmte, der Entwicklung nach als individuell zu bezeichnende Form und repräsentiren somit morphologisch die Individualität, sind aber in grosser Zahl auf gemeinsamen Leibe vereint, gewissermassen zu einem Thierstock verbunden und verhalten sich physiologisch zu diesem wie Organe zu einem Organismus. Dieselben erscheinen demnach als unvollkommene oder morphologische Individuen, welche für sich gesondert meist nicht fort- bestehen können, namentlich dann aber stets als Einzelwesen zu Grunde gehen, wenn sie untereinander nach Form und Leistungen differiren, sich bei ver- schiedenartiger Gestaltung ihres Baues in die Arbeiten theilen, welche der Er- haltung der Gesammtheit erforderlich sind. Solche polymorphe ^) Thierstöcke gewinnen ganz das Aussehen und die Eigenschaften eines Individuums, während sie morphologisch Vereinigungen von Individuen sind, die sich physiologisch wie Organe verhalten. Nicht jedes Organ findet sich im Thierkörper in nur einfacher Zahl vor, häufig wiederholen sich gleichartige Organe in bestimmter, indessen verschie- dener Zahl, je nachdem der Organismus eine radiäre oder bilateral symmetrische und gegliederte Gestaltung zeigt. Bei den radiär gebauten Thieren sind wir im Stande zwei einander gegenüberliegende Puncte des Körpers , gewissermassen als Pole, durch eine Hauptaxe zu verbinden und den Körper durch mehrfache (2, 4, 6 etc., 5, 7, 9 etc.) Schnittebenen in congruente, beziehungsweise spiegel- bildlich gleiche Hälften zu zerlegen. Die einfach vorhandenen Organe fallen in die von der Hauptaxe durchsetzte Mitte des Leibes, während sich die übrigen Organe mehr peripherisch gelagert, nach der Zahl der Hauptstrahlen wieder- holen (2strahlig, Gstrahlig, 5strahlig etc.). Lagerungsstörungen einzelner Organe können freilich die streng radiäre Bauart beeinträchtigen ^). Somit liegen im Umkreis der gemeinsamen Körperachse übereinstimmende Gruppen gleichartiger Organe einander gegenüber, so dass man im Stande ist, den Körper in mehrere gleichartige Gegenstücke oder Antimeren (E. Haeckel) abzutheilen. Bei der bila- teralen symmetrischen Architectonik, die wir als einen speciellen Fall aus der radiären abzuleiten vermögen, ist durch die Längsachse nur eine Ebene, Median- ebene, denkbar, mit der Eigenschaft , den Körper in zwei spiegelbildlich gleiche 1) Vergl. R. Leuckart, lieber den Polymorphismus der Individuen oder die Er- scheinung der Arbeitstheilung in der Natur. Giessen. 1851. 2) Vergl. die betreffenden Erörterungen in den Abschnitten über Coelenteraten, Rippenquallen und Echinodermen. 14 Organe verschiedener Ordnung. (rechte und linke) Hälften oder Antimeren zu zerlegen. Wir unterscheiden an dem bilateralen Körper ein Vorn und Hinten, ein Rechts und Links, eine Rücken- und Bauchseite. Die unpaaren in nur einfacher Zahl auftretenden Organe fallen in die Medianebene, zu deren Seiten in beiden Körperhälften die paarigen Organe einander gegenüber lagern. Indessen können sich auch in der Längs- richtung die Organgruppen sowie gleichartige Theile derselben Organe wieder- holen. Der Körper gewinnt dann eine Gliederung und zerfällt in einzelne hinter einander gelegene Abschnitte, Segmente oder Metameren, in denen sich die Organisation mehr oder minder gleichartig wiederholt {Anneliden). Sind die hinter einander folgenden Theilstücke einander nach Bau und Leistung voll- kommen gleich werthig , so repräsentiren sie eine untergeordnete Individualität, ein Individuum niederer Ordnung, das durch Trennung von dem Verbände zur Selbstständigkeit gelangen und längere oder kürzere Zeit lebendig bleiben kann (Cesfoden). Bei höherer Organisirung freilich erscheinen die Segmente in einem viel festern Verbände und in gegenseitiger Abhängigkeit, büssen dafür aber auch die volle Homonomität ein. In demselben Maasse als die Metameren eine ungleiche Gestaltung gewinnen und mit dieser eine verschiedenartige Bedeutung lür das Leben des gegliederten Organismus verbinden , verlieren sie an Selbst- ständigkeit und büssen den Werth der Individualität ein. Ganz analog der Segmentirung des höheren Thieres erscheint die Metamerenbildung an polymorphen Thierstöcken , die an sich den Eindruck der Individualität wiederholen. Hier folgen am Stamme hinter einander gleichartige Gruppen verschiedener Individuen, Gruppen, welche einzeln für sich (morpho- logisch) die Bedingungen der Existenz erfüllen und somit von dem gesammten Thierstocke getrennt als Thierstöckchen niederer Ordnung zu leben vermögen {Diphycs, Eudoxia — Monophyes, Diplophysa), die freilich wiederum mit dem Individuum der Meduse eine grosse Aehnlichkeit auch morphologisch dar- bieten. Auch für die Organe gilt die Unterscheidung höherer und niederer Ordnung. Es gibt Organe, welche sich auf die Zelle, beziehungsweise auf einen Complex gleichartiger Zellen (einfache Organe) zurückführen lassen und solche, an deren Bildung verschiedenartige Zellencomplexe und Zellengewebe (zusammengesetzte Organe) betheiligt sind, welche sich häufig zugleich in verschiedene, nach Bau und Leistung ungleichwerthige Abschnitte gliedern. Für die zusammengesetzten Organe höherer Ordnung fungiren die einzelnen Abschnitte und für diese wiederum die Zellenaggregate und die Gomplexe von Zellenderivaten als unter- geordnete Organe, für welche schliesslich die Zelle und das derselben ent- sprechende Territorium als das letzte einfachste Organ dasteht. Andererseits fasst man Organe verschiedener Ordnung, welche mit Rücksicht auf ihre Haupt- funktion in näherer Beziehung stehen, als Organsystenie (Gefässsystem, Nerven- system) und Organapparate (Verdauungsapparat) zusammen, ohne dass es möglich ist , diese Begriffe von dem des zusammengesetzten Organes scharf zu trennen. Zelle und Zellengewebe. 15 Zelle und Zellengewebe ^). Unter Geweben versteht man die Organtheile, in sofern sie eine bestimmte mit Hülfe des Mikroskopes erkennbare, auf die Zelle und deren Derivate zurück- zuführende Struktur besitzen. Dieselben haben physiologisch eine der besondern Struktur entsprechende Funktion, welche die Gesammtfunktion des Organes bestimmt, und können daher auch als Organe niederer Ordnung betrachtet werden. Die letzte Einheit oder das Elementarorgan, aus welchem sich die Gewebe aufbauen, ist die Zelle, für die wir bereits hervorgehoben haben, dass weder die Membran noch auch der Kern den Werth entscheidender und den Begriff bestimmender Merkmale haben. Das Wesentliche der Zelle liegt in dem Protoplasma mit seiner besondern molekularen Anordnung und den Funktionen der selbständigen Bewegung, des Stoffwechsels, der Fortpflanzung. Das was man Kern oder Nucleus der Zelle nennt, ist entweder eine feste solide Einlagerung des Protoplasmas oder ein mehr flüssiges mit festerer Hülle begrenztes Gebilde, welches wiederum meist ein oder mehrere solide Körperchen (Nucleoias) umschliesst. Eine wichtige und sehr allgemeine Eigenschaft des Protoplasmas ist die Contraktilität. Die lebendige Masse zeigt im Zusammen- hang mit dem StofTwechsel Bewegungserscheinungen, welche sich nicht nur in Verschiebungen und Wanderungen fester Partikelchen und Körnchen ihres zäh- flüssigen Inhalts, sondern in Formveränderungen der gesammten Zelle äussern. Ist freilich durch Verdichtung der peripherischen Grenzschicht des Protoplasmas, beziehungsweise einer hellen ausgeschiedenen Zone desselben eine helle Zell- membran entstanden, mit andern Worten, hat die Zelle Bläschenform gewonnen, so werden die Veränderungen der Formumrisse beschränkt sein müssen, im andern Falle aber geben sich die Verschiebungen der Theile in einem langsamen oder raschern Formenwechsel der peripherischen Grenzen kund. Die Zelle zeigt dann sog. amöboide Bewegungen, sie sendet Fortsätze aus, zieht dieselben wieder ein und vermag mittelst solcher Verschiebungen der Protoplasmatheile sogar ihre Lage zu ändern. Es sind vornehmlich jugendliche noch indifferente Zellen, welche in dieser membranlosen Form mit der Fähigkeit der Gestaltveränderung auftreten, im weitern Verlaufe ihrer Entwicklung bilden sie in der Regel eine Zellmembran, die somit nicht, wie man früher glaubte, eine nothwendige Eigen- schaft der Zelle an sich, sondern nur ein Merkmal der weiter fortgeschrittenen Ausbildung, der aus dem Zustand der Indifferenz hervorgetretenen Zelle ist. Wir haben bereits oben darauf hingewiesen , dass in dem Leben der Zelle die Grundeigenschaften des Organismus zum Ausdruck kommen. Die Zelle leitet ihren Ursprung, soweit unsere Erfahrungen reichen, von andern Zellen ab; 1) Th. Schwann, Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin. 1839. A. Kölliker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 5. Auflage. Leipzig. 1867. Fr. Leydig, Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Thiere. Frankfurt a. M. 1857. S. Stricker, Handbuch der Lehre von den Geweben des Menschen und der Thiere etc. Leipzig. 1871. Ranvier, Traite technique d'histologie. Paris. 1875. 16 Vorgänge bei der Zelltheilung. eine freie Zellenbildung , im Sinne Schwann's und Schleiden's, bezeichnet durch vorausgegangene Entstehung von Kernen (Gytoblasten) in einer bildungs- fähigen organischen Materie, ist nicht nachgewiesen. Beschränken wir jedoch die bildungsfähige Substanz auf das Plasma der Zelle oder das verschmolzene Plasma zahlreicher Zellen (Plasmodien), so haben wir eine freie Zellbildung an- zuerkennen (z. B. Sporenbildung der Myxomyceten) , wenngleich dieselbe von der Neubildung innerhalb der Mutterzelle nicht scharf abzugrenzen und als eine Modifikation der sog. endogenen Zellen-Erzeugung zu betrachten ist. Diese aber gestattet eine Zurückführung auf die so sehr verbreitete Vermehrung der Zellen durch Theilung. Nachdem die Zelle im Zusammenhang mit der Auf- nahme und Verarbeitung von Nährstoffen bis zu einer gewissen Grösse heran- gewachsen ist, sondert sich das Protoplasma — meist nach voraus eingetretener Kerntheilung — in zwei nahezu gleiche Portionen , von denen jede einen Kern aufnimmt. Die Kerntheilung ^) vollzieht sich , wie man neuerdings für zahl- reiche Fälle nachweisen konnte, unter eigenthümlichen Differenzirungen und Neubildungen. Die Substanz des sich spindelförmig ausziehenden Kerns (Kernspindel) gewinnt ein längsstreifiges Faser-Gefüge mit einer aequatorialen Zone körniger Granulationen (Kernplatte, Verdichtungszone), deren Theilchen allmählig nach den Polen der Kernspindel auseinanderweichen, und hier von einem hellen im Protoplasma hervortretenden Flüssigkeitscentrum umschlossen zu werden. Aus diesen beiderlei Gebilden gestalten sich die neuen Kerne an den Polen der alten nunmehr handeiförmig gestalteten Kernspindel, deren fasrige Querbrücke während der bereits in der Aequatorialebene eingetreten und rasch fortschreitenden Abschnürung des Protoplasmas verschwindet. Die Theilung ist vollendet, wenn die aus den Endabschnitten der Kernspindel mit umgebenden Safthof hervorgegangenen jungen Kerne nach Resorption der ver- bindenden Faserreste ihre definitive Grösse erlangt haben. Sind die Theilungsprodukte ungleich, so dass man die kleine Portion als ein abgelöstes Wachsthumsprodukt der grössern betrachten kann, so nennt man die Fortpflanzungsform Sprossung. Bei der endogenen Zellvermehrung endlich handelt es sich um Neubildung von Tochterzellen innerhalb der Mutter- zelle. Das Protoplasma theilt sich nicht auf dem Wege fortschreitender Ein- schnürung und Abtrennung in 2 oder mehrere Portionen , sondern differenzirt sich im Umkreis von neugebildeten Kernen, neben denen der ursprüngliche Zellenkern fortbestehen kann, in Protoplasmaballen. Die Eizelle, welche wir als Ausgangspunkt für die Entwicklung des Organismus zu betrachten haben , erzeugt auf verschiedenem Wege der Zellen- vermehrung das Material von Zellen, welches zur Bildung der Gewebe Ver- wendung findet. Gruppen von ursprünglich indifferenten und gleichgestalteten Zellen sondern sich und nehmen eine veränderte Gestaltung an; die zugehörigen Elemente erleiden eine unter einander ungleichartige Differenzirung und erzeugen aus sich und ihren Derivaten eine bestimmte Form von Zellengewebe, welches eine der Besonderheit seiner Struktur entsprechende Funktion übernimmt. 1) Vergl. besonders 0. Bütschll, Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge der Eizelle, die Zelltheilung und die Conjugation der Infusorien. Frankfurt. 1876. Zellen und Zellaggregate. 17 Mit der Sonderung und Umbildung der Zellengruppen zu differenten Geweben bereitet sich zugleich die Arbeitstheilung der Organe vor, die man ebenso wie die sie zusammensetzenden Gewebe nach der allgemeinsten Unterscheidung der Funktionen des thierischen Organismus in vejetative und animale eintheilen kann. Die erstem beziehen sich auf die Ernährung und Erhaltung des Körpers, die animalen dagegen dienen zur Bewegung und Empfindung, zu den dem Thiere ausschliesslich (im Gegensatz zur Pflanze) eigenthümlichen Arbeiten. Die vegetativen Gewebe wird man zweckmässig in 2 Gruppen 1) in Zellen und Zellaggregate (Epitelien) und 2) in Gewebe der Bindesubstanz sondern und die animalen in Muskel- und Nervengewebe unterscheiden. Freilich handelt es sich mehr um eine die Uebersicht der Gewebsformen erleichternde sowie zur Beurtheilung der Verwandtschaft brauchbare Eintheilung, die nicht auf absolut scharfe Abgrenzung ihrer Gruppen Anspruch machen kann. .1. Zellen und Zellaggregate. Die Zellen sind als solche erhalten und treten entweder in flüssigen Medien frei und isolirt oder als neben einander gelagerte flächenhaft ausgebreitete Aggregate auf. Zu den erstem gehören die Zellen des Blutes, des Ghylus und der Lymphe. Sowohl das in der Regel farblose Blut der Wirbellosen als das mit seltenen Ausnahmen rothe Blut der Wirbelthiere besteht aus einem flüssigen eiweissreichen (Gerinnung, Faserstoff, Serum) Plasma und zahlreichen in demselben suspendirten Blutkörperchen. Diese sind bei den Wirbellosen unregelmässige oft spindelförmige Zellen mit derFähigkeit amöboider Bewegungen. Bei den Wirbelthieren finden wir im Plasma rothe Blutkörperchen (entdeckt von Swammerdam beim Frosch) in so grosser Zahl und dichter Häufung vertheilt, dass das Blut für das unbewaffnete Auge das Aussehn einer homogenen rothen Flüssigkeit gewinnt. Es sind dünne Scheibchen von ovalen, nahezu elliptischen oder kreisförmigen (Säugethiere , Petromyzon) Umrissen, im erstem Falle kernhaltig, im letztern kernlos (Entuicklungszustände aus- genommen). Dieselben enthalten den Blutfarbstoff, das Haenioglohin, welches beim Austausch der Athemgase eine grosse Rolle spielt und gehen wahr- scheinlich aus den farblosen Blutkörperchen hervor, die im normalen Blute stets in viel geringerer Menge auftreten. Die weissen Blutkörperchen sind echte Zellen von überaus veränderlicher Form mit amöboiden Bewegungen (Aus- wanderung in die Gewebe, Neubildungen etc.) und stammen aus den Lymph- drüsen, in denen sie als Lymph-Ghyluskörperchen ihre Entstehung nehmen, um mit dem Lymphstrom in das Blut zu gelangen. Aus Zellaggregaten bestehen die sogenannten Epiielün- oder Epitelial- gewebe, welche in einfacher oder mehrfacher Schichtung ihrer Zellenlagen die äussere sowohl als die innere Fläche des Körpers, sowie die Binnenräume der letztern überkleiden. Nach der verschiedenen Form der Zellen unterscheidet man Cylinder-, Flimmer- und Pflasterepitelien. Im erstem Falle sind die Zellen durch Vergrösserang der Längsachse cylindrisch, im zweiten Falle tragen sie auf der freien'Fläche schwingende Wimpern oder Flimmerhaare, deren Substanz mit dem lebenden Protoplasma der Zelle in Continuität steht. Bei den Pflaster- epitelien handelt es sich um flache abgeplattete Zellen, die, wenn sie in mehreren Schichten auftreten, in den tiefern mehr und mehr der rundlichen Zellenform Claus, Zoologie. 4. Auflage. 2 18 Cuticularbildungen. Drüsen. weichen. Während die untern Lagen ihren weichflüssigen Charakter bewahren und in lebhafter Zelltheilung und Wucherung begriffen sind , zeigen die obern eine festere Beschaffenheit, verhornen allmählig und stossen sich als Schüppchen oder zusammenhängende Plättchen ab (Epidermis), um durch die Neubildungen der untern Lagen ersetzt zu werden. Auch gibt es Zellenlagen, deren freie Oberfläche sich durch eine besonders starke Verdickung der Zellmembran aus- zeichnet. Die zur Membranbildung verwendete erhärtete Protoplasma - schiebt erscheint an der freien Fläche zu einem dicken Saume verstärkt, der bei ungleichmässiger Absonderung senkrechte Streifen als Ausdruck feiner Porenkanäle gewinnen kann (Dünndarmepilei, Epidermiszellen von Fetromyson). Fliessen die verdickten Säume zu einer continuirlichen Lage zusammen, so erhalten wir die sog. Gutlcularmembranen, die, obwohl ihrer Entstehung nach homogen oder geschichtet, doch mancherlei Sculpturverhält- nisse zeigen können. Sehr häufig bleiben an denselben die den einzelnen ^llen entsprechenden Bezirke als polygonale Felder' umschrieben, und neben den sehr feinen Porenkanälchen treten grössere durch eingeschobene Fortsätze der Zellen erzeugte Porengänge auf. Diese führen wiederum allmählig zu dem Auftreten mannichfacher Cuticularanhänge über, die sich als Haare, Borsten, Schuppen etc. auf Porengängen erheben und als Matrix je ihre besondere Zelle oder deren Ausläufer umschliessen. Cuticularmembranen können eine sehr bedeutende Dicke und durch Aufnahme von Kalksalzen einen hohen Grad von Festigkeit und Härte erlangen (Ghitinpanzer der Krebse), so dass sie als Skelet- gewebe Verwerthung finden, wie sie überhaupt eine scharfe Abgrenzung von gewissen Geweben der Bindesubstanz nicht gestatten. Erscheinen die Cuticularbildungen als feste Absonderungsprodukte, welche zu stützenden und formbestimmenden Gewebstheilen im Organismus verwendet werden, so gibt es wiederum zahlreiche aus Zellen hervortretende flüssige Ab- sonderungen , welche sich auf den Werth von formlosen, aber in chemischer Beziehung oft bedeutungsvollen Sekreten beschränken. Hiermit wird das Epitelium zum Drüsengewebe. Im einfachsten Falle ist die Drüse aus einer einzigen Zelle gebildet, welche durch den freien Thcil ihrer Membran oder durch eine Oeffnung Stoffe austreten lässt. Gehen zahlreiche Zellen in die Bildung der Drüse ein, so gruppiren sich dieselben im einfachsten Falle um einen cen- tralen das Secret aufnehmenden Raum; die Drüse erscheint dann in Form eines Blindschlauches, der gewissermassen als Einsenkung der Epitelien in die tiefern Gewebe entstanden ist und sowohl an Epitelien der Innern als der äussern Körperfläche gebildet wird. Grössere und complicirtere Drüsen von sehr ver- schiedener Gestalt sind aus jener Grundform auf dern Wege fortgesetzter, gleich- massiger oder ungleichmässiger Ausstülpung abzuleiten. Dieselben sind wohl allgemein durch Umgestaltung des gemeinsamen Abschnitts zum Ausführungs- gang charakterisirt , wenngleich eine ähnliche Arbeitstheilung auch schon an einfachen Drüsenschläuchen, ja sogar an der einzelligen Drüse auftreten kann. 2. Die Geivehe der Bindesuhstans. Man begreift in dieser eine grosse Zahl sehr verschiedenartiger Gewebe, die morphologisch in dem Vorhandensein einer mehr oder minder mächtigen zwischen den Zellen (Bindegewebskörperchen) abgelageiten Intercellidanubüidim übereinstimmen und grossenlheils zur Ver- Gewebe der Bindesubstanz. 19 bindung und Umhüllung anderer Gewebstheile , zur Stütze und Skeletbildung verwendet werden. Die Intercellalarsubstanz nimmt ihre Entstehung von Zellen aus, durch Abscheidung peripherischer Theile des Protoplasmas, ist also genetisch von der Zellmembran und deren Differenzirungen , wie wir sie in den Verdickungsschichten und Guticularbildungen antreffen, nicht scharf abzu- grenzen. In der Regel gelangt sie in der ganzen Peripherie der Zelle zur Ab- sonderung und erscheint im Einzelnen morphologisch und chemisch überaus verschieden. Bleibt die intercellulare Grundsubstanz auf ein Minimum beschränkt, so erhalten wir die zellige oder die grossblasige Bindesubstanz , die namentlich bei Mollusken und Gliederthieren, minder verbreitet bei Wirbelthieren [Chorda dorsalis) auftritt und sich nicht scharf vom Knorpelgewebe abgrenzen lässt. Offenbar steht sie der embryonalen Form des Bindegewebes, welche aus dicht- gedrängten noch indifferenten Embryonalzellen hervorgeht, am nächsten. Als Schleim- oder Gallertgewehe bezeichnet man Formen von Binde- substanz, welche sich durch die hyaline, gallertige Beschaffenheit der Grund- substanz bei einem überaus verschiedenen Verhalten der Zellen charakterisiren. Häufig entsenden diese zarte Fortsätze, selbst verzweigte Ausläufer, die mit ein- ander anastomosiren und Netze darstellen. Daneben aber können sich auch Theile der Zwischensubstanz in Bündel von Fasern differenziren (Wharton'sche Sülze des Nabelstranges). Solche Gewebsformen treffen wir bei wirbellosen Thieren, z. B. bei den Heteropoden und Medusen an, deren Gallertscheibe freilich bei Reduktion oder völligem Ausfall der Zellen überführt in eine homogene weiche oder erhärtete Gewebslage , welche ihrer Entstehung nach als einseitige Ausscheidung von Zellen, von Guticularbildungen, nicht scharf zu trennen ist (Mantel der Schwimmglocken von Siphonophoren). Aehnlich verhält es sich wahrscheinlich mit dem sog. Sekretgewebe (Kowalevski) der jugendlichen Rippenquallen, in welches freilich Zellen einwandern, um dann als Binde- gewebskörperchen zu fungiren. (Ebenso die Gallerte der Schirmquallen, sowie der Echinodermenlarven). Eine bei Wirbelthieren sehr verbreitete Form der Bindesubstanz ist das sog. fibrilläre Bindegeivehe mit vorwiegend spindelförmigen oder auch ver- ästelten Zellen und einer festern ganz oder theilweise in Faserzüge zerfallenden Zwischensubstanz, welche die Eigenschaft besitzt, beim Kochen Leim zu geben. Wird das Protoplasma der Zellen grossentheils oder vollständig zur Faserbildung verbraucht, so entstehen Fasergewebe mit eingelagerten Kernen an Stelle der ursprünglichen Zellen. Sehr häufig zeigen die Fasern eine wellig gebogene Form und sind in nahezu gleicher Richtung ziemlich parallel geordnet (Bänder, Sehnen). In andern Fällen freilich kreuzen sie sich winklig in verschiedenen Richtungen des Raumes (Lederhaut) oder sie zeigen eine netzförmige Anordnung (Mesenterium). Während die gewöhnlichen Fibrillen und Bündel von Fibrillen, nach deren mehr oder minder dichten Gruppirung wir straffere und lockere Formen von fibrillären Bindegewebe erhalten, bei Behandlung mit Säuren und Alkalien aufquellen, erscheint eine zweite Form von Fasern jenen Reagentien gegenüber resistent. Diese elastischen Fasern, wie sie wegen der Beschaffen- heit der vornehmlich aus ihnen gebildeten elastischen Gewebe genannt werden, zeigen eine Neigung zur Verästelung und zur Bildung von Fasemetzen und 20 Knorpel und Knochen. erlangen oft eine bedeutende Stärke (Nackenband, Arterienwand). Auch können dieselben verbreitert und zai durchlöcherten Häuten und Platten verbunden sein (gefensterte Membran). Eine andere Gewebsform der Bindesubstanz ist der Knorpel, characterisirt durch die meist rundliche Form der Zellen und die feste Ghondrin-haltige Zvvischensubstanz, welche die Rigidität des Gewebes bestimmt. Ist dieselbe nur sehr spärlich vorhanden, so ergeben sich Uebergänge zu dem zelligen Binde- gewebe. Nach ihrer besondern Beschaffenheit unterscheidet man llyalin- knorpel und Faserhwrpel (beziehungsweise Netzknorpel mit elastischen Faser- netzen), welcher wiederum Uebergänge zu dem fibrillären Bindegewebe gestattet. Die Zellen lagern in meist rundlichen Höhlen der Intercellularsubstanz , von welcher sich verschieden starke, die erstem umlagernden Partieen kapsolartig sondern. Diese sogenannten Knorpelkapseln betrachtete man früher ai> der Gellulosekapsel der Pflanzenzelle ähnliche Membranen der Knorpelzellen , eine Auffassung, die im Hinblick auf die Entstehung der Kapseln als Sonderungen aus dem Protoplasma keineswegs schlechthin zurückzuweisen ist. Indessen stehen die Kapseln in näherer Beziehung zu der schon vorher auf demselben Wege erzeugten Intercellularsubstanz, welche sie häufig durch Verschmelzung verstärken. Häufig findet man in den Knorpelhöhlen verschiedene von beson- dern Kapseln umgebene Generationen von Zellen in einander eingeschachtelt. In solchen Fällen sind die ausgeschiedenen Kapseln von der Intercellular- substanz getrennt geblieben und keine Verschmelzung mit derselben eingegangen. Uebrigens gibt es auch Knorpel mit spindelförmigen, zuweilen in zahlreiche Fortsätze ausstrahlenden Zellen. Auch können in der Zwischensubstanz Kalk- krümel in spärlicher oder dichter Häufung abgelagert werden; es entsteht auf diese Weise bald mehr vorübergehend bald persistirend der sog. incrustirte Knorpel oder Knorpelknochen. Bei der Rigidität des Knorpels erscheint es begreiflich , dass wir denselben als Slützgewebe zur Skelelbildung verwendet sehen, minder häufig bei Wirbellosen (Gephalopoden, Sabella, Coelenteraten), sehr allgemein bei Vertebraten, deren Skelet stets Knorpeltheile enthält, bei Fischen sogar ausschliesslich von denselben gebildet sein kann (Knorpelfische). Einen noch höheren Grad von Rigidität zeigt das Knochengewebe, dessen Intercellularsubstanz durch Aufnahme kohlensaurer und phosphorsaurer Kalksalze zu einer harten Masse erstarrt ist, während die Zellen (sog. Knochen- körperchen) mit ihren zahlreichen feinen Ausläufern untereinander anasto- mosiren. Die Zellen füllen natürlich entsprechende Höhlungen der festen Grundsubstanz aus, welche noch von zahlreichen engen Ganälen durchsetzt wird. Diese Ganäle führen die ernährenden Blutgefässe, deren Verlauf und Verzweigungen sie genau wiederholen und stehen in Beziehung zu einer regel- mässig concentrischen Schichtung und Lamellenbildung der Substanz. Sie beginnen an der Oberfläche und münden in grössere Räume (Markräume) aus, welche bei den Röhrenknochen die Achse einnehmen, bei den spongiösen Knochen aber in grosser Zahl und dichter Häufung auftreten. In einem zweiten wesentlich verschiedenen Knochengewebe werden nicht die gesammten Zellen, sondern nur ihre zahlreichen sehr langen und parallel gerichteten Ausläufer in die Zwischensubstanz mit eingeschlossen, die somit von Muskelgewebe. 21 einer grossen Zahl feiner Röhrchen durchsetzt ist. Die Zellen selbst bleiben ausserhalb der ausgeschiedenen und durch Aufnahme von Kalksalzen erstar- renden Zwischensubstanz, die somit einseitig abgelagert wird und ihrer Ent- stehung nach an die ebenfalls Zellenfortsätze in sich aufnehmenden harten Guticularbildungen der Krebse und Insekten erinnern. Dieses von feinen parallelen Röhrchen durchsetzte Knochengewebe tritt bei den Knochenfischen und ganz allgemein als »Dentin« oder »Zahnbein« an den Zahnbildungen auf. Rücksichtlich seiner Genese wird der Knochen durch weiches Bindegewebe oder durch Knorpel vorbereitet. Im erstem Falle entwickelt er sich durch Umbildung der Bindegewebszellen und durch Erstarrung der Zwischensubstanz. Häufiger ist die Präformirung durch Knorpel, die für einen grossen Theil des Skeletes der Vertebraten Geltung hat. Früher legte man auf diesen Gegensatz der Entstehung grossen Weith und unterschied dieselbe als secundäre und primäre Knochenbildung, während in Wahrheit eine grosse Uebereinstimmung besteht. Denn auch im letztern Falle tritt im Zusammenhang mit einer voraus- gegangenen Kalkinkrustirung und partiellen Zerstörung oder Einschmelzung des Knorpels vom Mark aus eine weiche bindegewebige Neubildung (osteogene Substanz) auf, deren Zellen (Osteoblasten) sich in Knochenkörperchen um- gestalten, während die Zwischensubstanz zum Grundgewebe wird. Dazu kommt, dass auch die knorplig präformirten Knochen ein Dicken wachsthum vom Perioste aus besitzen , bei Avelchem also ein bereits vorhandenes Bindegewebe direkt in Knochensubstanz übergeführt wird. 3. Muskelgcivehe. Dem Protoplasma der thätigen Zelle an sich schreiben wir die Eigenschaft der Gontractilität zu, beobachten aber, dass sich schon im Innern der protoplasmatischen Leibessubstanz an Sarcodethierchen eine streifen- artige Anordnung der Theilchen geltend macht, an welche die Gontractions- fähigkeit anknüpft (Muskelstreifen der Infusorien). Durch eine ähnliche DifTeren- zirung des Protoplasmas bilden gewisse Zellen und Zellencomplexe das Ver- mögen der Gontractilität in höhern vollkommenem Grade aus und erzeugen die sog. Muskelgewebe, welche ausschliesslich zur Bewegung dienen. Dieselben ziehen sich in den Momenten ihrer Activität zusammen, sie ändern das im Ruhezustand gegebene Verhältniss ihrer Längs- und Quer -Dimension der Art, dass sie die erstere verkürzen, während sie gleichzeitig breiter werden. Bei zahlreichen Goelenteraten sind es die in der Tiefe gelegenen Piasmatheile von Epitelien , welche sich zu zarten Muskelfasern oder Fasernetzen ausbilden, während die aufliegenden Zellenkörper , die Erzeuger jener (Myoblasten ^) , noch andere Funktionen vermittlen und in der Regel noch Wimperhaare tragen. Man unterscheidet zwei morphologisch und physiologisch differente Formen von Muskelgeweben , die glatten Muskeln oder contraktilen Faserzellen und die quergestreifte Muskelsubstanz. Im erstem Falle beobachten wir spindelförmige platte oder bandförmig gestreckte Zellen und Lagen solcher Zellen , welche auf den einwirkenden , in 1) Die fälschlich sogenannten »Neuromuskelzellen« , deren Beziehung zur Ent- stehung von Ganglienzellen nicht erweisbar ist. ^ Glatte und quergestreifte Muskelfaser. der Regel von Nerven veranlassten Reiz langsam reagiren, allmählig in den Zustand der Gontraction eintreten und in diesem länger beharren. Die con- tractile Substanz erscheint meist homogen, indessen nicht selten auch längs- streifig und entspricht entweder nur einem Theil des Protoplasma's (Nematoden) oder dem gesammten Inhalt der Faserzelle. Die glatten Muskeln haben die grösste Verbreitung auf dem Gebiete der wirbellosen Thiere , werden aber auch bei den Vertebraten zur Bildung der Wandungen zahlreicher Organe (Gefässe, Ausführungsgänge der Drüsen , Darm wand) verwendet. Der quergestreifte Muskel besteht aus Zellen, häufiger aus zusammen- gesetzten vielkernigen sog. Primitivbündeln und charakterisirt sich durch die Umwandlung des Protoplasma's oder eines Theiles desselben in eine quergestreifte Substanz mit eigenthümlichen das Licht doppelt brechenden Elementen (Sarcous Clements) und einer zweiten jene verbindende einfach brechende Zwischen- substanz. Physiologisch charakterisirt sich derselbe durch eine im Momente der Reizung eintretende sehr energische und bedeutende Zusammenziehung, welche dieses Muskelgewebe vornehmlich zur Ausführung kräftiger Bewegungs- leistungen (Muskulatur des Vertebratenskelets) tauglich erscheinen lässt. Im einfachsten Falle sind die quergestreiften Fibrillen in der Tiefe von Myoblasten erzeugt, die ein zusammenhängendes flächenhaftes Epitel über der zarten Faser- schicht bilden (Meduse., und Siphonophoren). Bei höheren Thieren entstehen sie als Umbildung einer reichern Menge von Protoplasma uud betreffen fast den ganzen Inhalt der Zelle. Seltener bleiben dann aber die Zellen einkernig und in der Art vereinzelt, dass der ganze Muskel aus einer einzigen Zelle besteht (Augenmuskeln der Daphnie). Zuweilen bilden sich die Zellen unter Ver- mehrung ihrer Kerne zu langgestreckten Schläuchen, Primitivbündeln, um, an deren Peripherie eine Membran als Sarcolemma zur Differenzirung kommt. Häufiger freilich entstehen die Primitivbündel durch Verschmelzung zahlreicher in Reihen gestellter Zellen. Entweder lagern die Kerne dem Sarcolemma an, häufig in einer peripherischen feinkörnigen Protoplasmaschicht, oder sie sind reihen- weise in der Achse des Schlauches zwischen feinkörnigen nicht contractilen Protoplasmatheilen angeordnet. Durch Zusammenlagerung zahlreicher Primitiv- bündel und Verpackung derselben mittelst Bindesubstanz entstehen die feinern und gröbern Muskelbündel , deren Faserung dem Verlaufe der Primitivbündel entspricht (Muskeln der Vertebraten). Endlich kommt es vor, dass sowohl die einfachen Zellen als die aus ihnen entstandenen mehrkernigen Gebilde Ver- ästelungen bilden (Herz der Vertebraten , Darm der Arthropoden etc.). 4. Nervengewebe. In der Regel tritt mit der Muskulatur das Nerven- gewebe zugleich auf, welches jener die Reizimpulse ertheilt, aber in erster Linie als Sitz der Empfindung und des Willens erscheint. Mit Rücksicht auf diese Hauptfunction erscheint es wahrscheinlich, dass in der phylogenetischen Entwicklung der Gewebe die nervösen Elemente nicht im Zusammenhang mit den Muskeln, sondern mit den im Ectoderm sich differenzirenden Sinneszellen der Haut gesondert haben, mit den Muskeln aber, die ihre selbständige Reiz- barkeit besassen , erst secundär in Verbindung traten. Nervengewebe. Ganglienzellen. Nervenfasern. 23 Das Nervengewebe enthält zweierlei verschiedene Formeleniente , Nerven- zellen oder Ganglienzellen und Nervenfasern , die beide auch eine bestimmte chemische Beschaffenheit und molekulare Anordnung besitzen. Die Ganglienzellen gelten als Heerde der Nervenerregung und finden sich vornehmlich in den Centralorganen , welche als Gehirn , Rückenmark oder schlechthin Ganglien bezeichnet werden. Sie besitzen meist einen feinkörnigen granulären hihalt mit grossem Kern und Kernkörperchen und laufen in mehrere Fortsätze (unipolare, bipolare, multipolare Ganglienzellen) aus, welche als Wurzeln der Nervenfasern erscheinen. Häufig liegen die Ganglienzellen in bindegewebigen Scheiden eingebettet, welche sich über ihre Fortsätze und somit auch über die Nervenfasern ausdehnen, sehr allgemein aber werden Complexe derselben in bindegewebige Hüllen eingeschlossen. Die Nervenfasern, welche den in der Zelle erzeugten Reiz fortleiten, von den Centralorganen auf die peripherischen Organe übertragen (motorische u. Drüsen- nerven) oder umgekehrt von der Peripherie des Körpers nach den Centralorganen hinführen (sensible Fasern), sind Ausläufer der Ganglienzellen und wie diese häufig von einer kernhaltigen Hülle {Schivann'&z\\Q Scheide) umschlossen. In grosser Zahl neben einander gelagert, erzeugen sie die kleinern und grössern Nerven. Dem feinern Verhalten der Nervensubstanz nach haben wir wiederum zwei Formen von Nerven zu unterscheiden, die sog. markhaltigen (doppelt contourirten) und die marklosen oder Achsencylinder. Die erstem zeichnen sich dadurch aus , dass beim Absterben des Nerven in Folge eines Gerinnungs- processes eine stark lichtbrechende fettreiche Substanz als peripherische Schicht zur Erscheinung tritt und scheidenähnlich als »Markscheide« die centrale Faser, den sog. Achsencylinder umgibt. Jene verliert sich in der Nähe der Ganglien- zelle, in deren Protoplasma ausschliesslich die zuweilen fibrilläre Substanz des Achsencylinders eintritt. Sie besitzen stets eine Scliwann"sche Scheide (Cere- brospinalnerven der meisten Vertebraten). In der zweiten Form , in der marklosen Nervenfaser, fehlt das Nervenmark, wir haben es nur mit einem nackten oder von einer Scheide umlagerten Achsencylinder zu thun, der den gleichen Zusammenhang mit der Ganglienzelle zeigt (Sympathicus, Nerven der Cyclostomen , Wirbellose). Nicht selten finden wir aber, namentlich an den Sinnesnerven , die Achsencylinder in sehr feine Nerven- fibrillen aufgelöst und gewissermassen in ihre Elemente zerlegt. Endlich treten sehr häufig die Nerven wirbelloser Thiere als feinstreifige Fibrillencomplexe auf, an denen wir bei dem Mangel von Nervenscheiden nicht im Stande sind die Grenzen der einzelnen Achsencylinder oder Nervenfasern zu erkennen. Die peripherischen am Ende der Sinnesnerven auftretenden Differenzirungen ergeben sich theils aus Umgestaltungen von Nervenfasern in Verbindung mit accessorischen Gebilden , welche aus Bindesubstanz (Tastorgane) oder aus Epitelzellen und cuticularen Abscheidungen hervoYgegSingen sind {Endapparate), theils aus der Einschiebung von Ganglienzellen zwischen Endapparate und Nervenfasern. 24 Grösseuzunahme und fortschreitende Organisirung. Grössenzunahme und fortschreitende Organisirung, Arbeitstheilung und Vervollkommnung. Bei den niedersten Organismen finden wir weder Zellgewebe , noch aus diesen zusammengesetzte Organe. Der gesammte Organismus entspricht dem Inhalt einer einzigen Zelle, sein Leibessubstrat ist Protoplasma, seine Haut die Zellmembran, häufig sogar noch ohne OelTnung zur Einfuhr fester Körper, lediglich zur endosmotischen Ernährung befähigt. In solchen Fällen , wie z. B. bei den Gregarinen und parasitischen Opalinen, genügt die äussere Leibes- wand wie die Membran der Zelle , zur Aufnahme der Nahrungsstoffe und zur Entfernung der Ausscheidungsprodukte , somit zur Vermittlung der vegetativen Verrichtungen. Als Leibesparenchym fungirt das Protoplasma (Sarcode) ; in demselben vollziehn sich die vegetativen wie animalen Lebensthätigkeiten. Ohne in Organe und Gewebe differenzirt zu sein besorgt das Protoplasma mit denselben Theilen, welche die aufgenommenen Stoffe assimiliren und Aus- scheidungsprodukte erzeugen , zugleich die Bewegung und falls wir hier schon von Anfängen der Empfindung reden können , auch die Empfindung. Wir beobachten somit eine bestimmte Beziehung zwischen den Funktionen der peripherischen Fläche und der von der Oberfläche umschlossenen Masse, an deren Theilen sich die Processe des vegetativen und animalen Lebens voll- ziehn, während die erstere beide Reihen von Vorgängen vermittelt. Diese Beziehung setzt ein bestimmtes Verhältniss zwischen der Grösse der Oberfläche zur Grösse der Masse voraus, welches aber mit dem fortschreitenden Wachs- thum geändert wird. Da nämlich die Zunahme an Volum im Gubus , die der Oberfläche nur im Quadrat steigt , so wird das Verhältniss zum Nachtheil der letztern ein anderes, oder was dasselbe sagt, mit zunehmender Grösse wird die Oberfläche eine relativ kleinere werden. Schliesslich wird dieselbe nicht mehr ausreichen , um die vegetativen Processe einzuleiten und desshalb , talls das Leben fortbestehen soll , durch Neubildung von Fläche vergrössert werden müssen. Dies gilt aber nicht nur für die einfachen Zellen ähnlichen Organismen, welche sich wie die Zelle ernähren, sondern für die Zelle selbst, die bekanntlich eine innerhalb bestimmter Grenzen fixirte Grösse einhält. Daher wird der Organismus mit zunehmender Masse nicht nur eine Theilung des Protoplasma in mehrere, in zahlreiche Zelleinheiten erfahren, sondern diese werden auch eine derartige Gruppirung erlangen , dass sie sich nicht nur an der äussern Ober- fläche, sondern auch an einer zweiten auf dem Wege der Einstülpung oder Aushöhlung gebildeten Innern Fläche als regelmässige Lagen anordnen. Mit dem Auftreten eines Innern Raumes ergibt sich zugleich eine Arbeitstheilung der Function. Die äussere Fläche beschränkt sich auf die Vermittlung der animalen Functionen und einer bestimmten , vornehmlich die Respiration und Ausscheidung betreffenden Reihe vegetativer Vorgänge, während die innere Fläche (verdauende Cavität) zur Nahrungsaufnahme und Verdauung dient. Hiermit ist nicht nur die Nothwendigkeit einer mit fortschreitender Grössen- zunahme auftretenden Organisation bewiesen, sondern auch zugleich das Wesen derselben charakterisirt. Die zahlreichen Zellen, welche aus dem Inhalt des Arbeitstheilung und Vervollkommnung. 25 ursprünglich einfachen Organismus hervorgegangen und anfangs untereinander gleichartig eine peripherische Lage einzunehmen bestrebt waren (Keimblase, Blustosphaera) mussten sich im Zusammenhang mit dem Bedürfnisse des wachsenden Organismus zur Begrenzung beider Flächen in eine äussere und eine innere Lage sondern , die an der Stelle des Körpers , an welcher sich die innere Cavität nach aussen öffnet , an der »Mundöffnung« zusammentreten. Aeussere und innere Zellenlage werden aber, im Zusammenhang mit der ver- schiedenen Function beider Flächen, eine verschiedene Gestaltung der Zellen erlangen müssen. Die Zellen der äusseren Lage, welche vornehmlich die animalen Functionen vermitteln, erscheinen blass, eiweissreich , cylindrisch und besitzen oft Wimpern, die der Innern verdauenden Cavität haben eine mehr rundliche Gestalt und dunkelkörnige Beschaffenheit, können freilich auch Wimperhaare zur Fortbewegung des Inhalts gewinnen. In der That erkennen wir die aus physiologischen Gesichtspunkten als notliwendig abgeleitete ein- fachste Form eines zellig differenzirten Organismus in der zweischichtigen Thierform wieder , welche fast in allen Kreisen des Thierreichs als junge frei lebende Larve (sogenannte Gastrula) wiederkehrt und im Goelenteratenkreise dem ausgebildeten fortpflanzungsfähigen Formzustand nahe steht. Die mit der w^eitern Grössenzunahme fortschreitende Gomplikation der Organisirung ergibt sich theils aus einer weitern durch sekundäre Einstülpungen erzeugten Fiächen- vergrösserung, theils aus dem Auftreten neuer zwischen beiden Zellenschichten gelagerten, intermediären Geweben. Die secundären Flächeneinstülpungen übernehmen besondere Leistungen und gestalten sich zu Drüsen um , während die von einer oder von beiden Zellenschichten aus entstandenen intermediären Gewebe in erster Linie den Körper stützen und somit das Skelet erzeugen, dann aber auch die Bewegungslähigkeit des Organismus steigern und als »Muskeln« zu dem äussern (Hautmuskulatur) und auch zu dem Innern Zellen- blatt (Darmmuskulatur) in nähere Beziehung treten. Ein zwischen äusserem und innerem Zellenstralum der Leibeswand primär vorhandener oder durch secundäre Spaltung der intermediären Gewebsschicht secundär gebildeter Raum wird zur Leibeshöhle, in welcher durch Umbildungen intermediärer Zellen- gruppen das Blut, beziehungsweise das Blutgefässsystem hervorgeht. Mit dem Auftreten von Muskeln verbindet sich in der Regel die Differenzirung eines Nervensystems durch Neubildungen des äussern Blattes. Endlich erheben sich symmetrische Auswüchse des Leibes und gestalten sich theils zu bestimmten aus dem Bedürfniss der Flächenvermehrung abzuleitenden Organen der Er- nährung (Kiemen) , theils zu Organen der Nahrungszufuhr und Bewegung um (Fangarme, Tentakeln, Extremitäten). Die zunehmende Mannichfaltigkeit der Organisation beruht demnach neben der Vergrösserung der vegetativen Flächen und neben der Differenzirung der animalen Organe auf einer fortschreitenden Arheitstheilang , insofern sich die verschiedenen für den Lebensprocess erforderlichen Leistungen schärfer und bestimmter auf einzelne Tlieile des Ganzen, auf Organe mit besonderen Functionen, concentriren. Indem die letztern aber ausschliesslich zu bestimmten Arbeiten verwendet werden, können sie durch ihre besondere Einrichtung diese in reicherem Masse und vollendeterem Grade zur Ausführung bringen 26 Correlation und Verbindung der Organe. und unter der Voraussetzung des geordneten Ineinandergreifens der Arbeiten sämnitlicher Organe dem Organismus Vortheile zuführen, welche ihn zu einer höhern und volliiommenern Lebensstufe befähigen. Mit der Mann ich faltigkeit der Organisation steigt daher im Allgemeinen die Höhe und Vollkommenheit der Lebensstufe, wenn gleich in dieser Hinsicht die liesondere Form und An- ordnung der Organe, wie sie in den bestimmten Thierkreisen (Typen) zum Ausdruck kommt, sowie die durch dieselbe beschränkten Lebensbedingungen als compensatorische Factoren in die Wagschale fallen. Auf diese Weise scheint der Weg bezeichnet zu sein , welcher zum Verständniss der zwischen Grösse , Organisation und Lebensstufe bestehenden Wechselbeziehungen führt. Correlation und Verbinriori, wie viel Gattungen von Thieren existiren müssten und zeigte nach allgemeinen Principien, wesshalb die Thiere diese oder jene Theile haben müssten. Wenn ein bedeutender zeitgenössischer Philosoph , der von Irrthümern dieser Art weit entfernt ist , dieser Missbräuche der a prioristischen Methode gedenkt , so kann er das Misstrauen der Naturforscher gegen die An- nahme sogenannter a priori Wahrheiten wohl in Anschlag bringen«. Nach Aristoteles hat das Alterthum nur einen namhaften zoologischen Schriftsteller in Plinius dem Aeltern aufzuweisen, welcher im ersten Jahr- hundert n. Chr. lebte und bekanntlich als Flottencapitain bei dem grossen Aus- bruch des Vesuvs (79) seinen Tod fand. Die Naturgeschichte von Plinius, in 1) John Tyndall, Religion und Wissenschaft. Rede vor der britisch Association zu Bell'ast gehalten. Autorisirte üebersetzung. Hamburg. 1874. 68 Die Naturforscher des löten und 17ten Jahrhunderts. 37 Büchern uns überkommen, behandelt die ganze Natur von den Gestirnen an bis Z'i den Thieren, Pflanzen und Mineralien, ist aber kein selbstständiges Werk von wissenschaftlichem Werth, sondern mehr eine aus vorhandenen Quellen zusammengetragene nicht immer zuverlässige Gompilation. Plinius schöpfte aus Aristoteles in reichem Masse , verstand ihn aber oft falsch und nahm auch hier und da alte von Aristoteles zurückgewiesene Fabeln als Thatsachen wieder auf. Ohne ein eigenes System zu haben , unterschied er die Thiere nach dem Aufenthalte in Landthiere (Terrestria), Wassertliiere (Aquatilia) und Flugthiere (Volatilia), eine Eintheilung, die bis auf Gessner die herrschende blieb. Mit dem Verfalle der Wissenschaften gerieth auch die Naturgeschichte auf lange Zeit in Vergessenheit. Der unter dem Autoritätsglauben gefesselte mensch- liche Geist fand im Mittelalter kein Bedürfniss zu selbständiger Naturbetrachtung. Aber in den Mauern christlicher Klöster fanden die Schriften des Aristoteles und Plinius ein Asyl, welches die im Heidenthum begründeten Keime der Wissenschaft vor dem Untergange schützte. Während im Laufe des Mittelalters zuerst der spanische Bischof Isidor von Sevilla (im 7. Jahrh.) und später Albertus Magnus (im 13, Jahrh.) Bearbeitungen der Thiergeschichte (ersterer noch nach dem Vorbilde von Plinius) lieferten, traten im 16. Jahrhundert mit dem Wiederaufblühen der Wissenschaft die Werke des Aristoteles wieder in den Vordergrund , aber es regte sich auch das Streben nach selbstständiger Beobachtung und Forschung. Werke, wie die von C. Gessner, Aldrovandus, Wotton zeugten von dem neu erwachen- den Leben unserer Wissenschaft, deren Inhalt nach der Entdeckung neuer Welt- theile immer mehr bereichert wurde. Dann im nachfolgenden Jahrhundert, in welchem Harvey den Kreislauf des Blutes, Keppler den Umlauf der Planeten entdeckte und Newtons Gravitationsgesetz der Physik eine neue Bahn vor- zeichnete, trat auch die Zoologie in eine ihrer fruchtbarsten Epochen ein. M. Aurelio Severino schrieb seine Zootomia democritaea (1645), in welcher er eine Reihe anatomischer Darstellungen verschiedener Thiere gab, mehr zum Nutzen und zur Förderung der menschlichen Anatomie und der Physiologie. Swammerdam in Leyden zergliederte mit bewunderungswürdigem Fleisse den Leib der Insekten und Weichthiere und beschrieb die Metamorphose der Frösche, Malpighi in Bologna und Leeuwenhoek in Delft benutzten die Erfindung des Mikroskopes zur Untersuchung der Gewebe und der kleinsten Organismen (Infusionsthierchen). Letzterer entdeckte die Blutkörperchen und sah zuerst die Querstreifen der Muskulatur. Auch wurden von einem Studenten Hamm die Samenkörperchen entdeckt und wegen ihrer Bewegung als »Samen- Ihierchen« bezeichnet. Der Italiener Red i bekämpfte die elternlose Entstehung von Thieren aus faulenden Stoffen, wies die Entstehung der Maden aus Fliegen- eiern nach und schloss sich dem berühmten Ausspruch Harvey's »Omne vivum ex ovo« an. Im 18. Jahrhundert gewann vornehmlich die Kenntniss von der Lebensgeschichte der Thiere eine ausserordentliche Bereicherung. Forscher wie Reaumur, Rösel von Rosenhof, De Geer, Bonnet, J. Chr. Schaeffer, Ledermüller etc. lernten die Verwandlungen und die Lebensgeschichte der Insekten und einheimischen Wasserthiere kennen, während zugleich durch Expeditionen in fremde Länder aussereuropäische Thierformen Linne. 69 in reicher Fülle bekannt geworden waren. In Folge dieser ausgedehnten Beob- achtungen und eines immer mehr wachsenden Eifers, das Merkwürdige aus fremden Welttheilen zu sammeln, war das Material unserer Wissenschaft in so bedeutendem Masse angewachsen, dass bei dem Mangel einer präcisen Unter- scheidung , Benennung und Anordnung die Gefahr der Verwirrung nahe lag, und der Ueberblick fast unmöglich wurde. Unter solchen Umständen musste das Auftreten eines Systematikers wie Carl Linne (1707 — 1778) für die fernere Entwicklung der Zoologie von grosser Bedeutung werden. Zwar hatten schon vorher die systematischen Bestrebungen in Ray, der mit Recht als Vorgänger Linne 's an erster Stelle genannt wird, eine gewisse Grundlage , indessen keine durchgreifende methodische Gestaltung gewonnen. John Ray führte zuerst den Artbegriff ^) ein und berücksichtigte anatomische Charaktere als Grundlage der Classification. In seiner 1G93 er- schienenen Schrift, »Synopsis der Säugethiere und Reptilien«, sei i Messt er sich an Aristoteles Eintheilung in Blutführende und Blutlose an. Bezüglich der erstem legte er den Grund zu den Definitionen der 4 ersten Linneischen Classen , die Blutlosen sondert er in grössere (Gephalopoden, Crustaceen und Testaceen) und in kleinere (Insecten). Ohne sich gerade weitgreifender Forschungen und hervorragender Ent- deckungen rühmen zu können, wurde Linne durch die scharfe Sichtung und strenge Gliederung des Vorhandenen, durch die Einführung einer neuen Methode sicherer Unterscheidung, Benennung und Anordnung, Begründer einer neuen Richtung und in gewissem Sinne Reformator der Wissenschaft. Indem er für die Gruppen verschiedenen Umfanges in den Begriffen der Art, Gattung, Ordnung, Classe eine Reihe von Kategorieen aufstellte, gcw^ann er die Mittel, um ein System von scharfer Gliederung mit präciser Abstufung seiner Fächer zu schaffen. Andererseits führte er mit dem Principe der binären Nomenklatur eine feste und sichere Bezeichnung ein. Jedes Thier erhielt zwei aus der lateinischen Sprache entlehnte Namen, den voranzustellenden Gattungsnamen und den Speciesnamen, welche die Zugehörigkeit der fraglichen Form zu einer bestimmten Gattung und Art bezeichneten. In dieser Weise begründete Linne nicht nur eine klare Sichtung und Ordnung des Bekannten , sondern schuf zur übersichtlichen Orientirung ein systematisches Fach werk, in welchem sich spätere Entdeckungen leicht an sicherem Orte eintragen Hessen. Das Hauptw'erk Linnes »systetna naturae«, w'elches in dreizehn Auflagen mannichfache Veränderungen erfuhr, umfasst das Mineral-, Pflanzen- und Thier- reich und ist seiner Behandlung nach am besten einem ausführlichen Cataloge zu vergleichen, in welchem der Inhalt der Natur wie der einer Bibliothek unter Angabe der bemerkenswerthesten Kennzeichen in bestimmter Ordnung ein- registrirt wurde. Jede Thier- und Pflanzenart erhielt nach ihren Eigenschaften einen bestimmten Platz und wurde in dem Fache der Gattung mit dem Species- namen eingetragen. Auf den Namen folgte die in kurzer lateinischer Diagnose 1) »Welche Formen nämlich der Species nach verschieden sind, behalten diese ihre specifische Natur beständig, und es entsteht die eine nicht aus dem Samen einer andern oder umgekehrt«. 70 Linne's systpma naturae. ausgedrückte Legitiniaüon, dieser schlössen sich die Synonyma der Autoren und Angaben über Lebensweise, Aufenthaltsort, Vaterland und besondere Kenn- zeichen an. Wie Linne auf dem Gebiete der Botanik das künstliche, auf die Merk- male der Blüthen begründete Pflanzensystem schuf, so war auch seine Glassi- fikation der Thiere eine künstliche zu nennen , weil sie nicht auf der Unter- scheidung natürlicher Gruppen beruhte, sondern meist vereinzelte Merkmale dos innern und äussern Baues als Charaktere benutzte. Bereits vor Linne hatte der Engländer Ray mit grossem Scharfblick die Mängel der Aristotelischen Unterscheidungen aufgedeckt, ohne dieselben jedoch zu beseitigen und durch neue, richtigere Begriffe zu ersetzen. Linne brachte diese schon von Ray angedeuteten Verbesserungen in seiner Eintheilung zur Durchführung, in- dem er nach der Bildung des Herzens , der Beschaffenheit des Blutes , nach der Art der Fortpflanzung und Respiration sechs Thierclassen aufstellte. 1) Säuycthiere, Mammalia. Mit rothem warmen Blute, mit einem aus zwei Vorkammern und zwei Herzkammern zusammengesetzten Herzen, lebendig gebärend. Als Ordnungen unterschied er: 1) Primates (mit den vier Gattungen Homo, Simia, Lemur, Vespertilio), 2) Britta, 3) Ferae, 4) Glires, 5) Pecora, 6) Belluae, 7) Cete. 2) Vögel, Aves. Mit rothem warmen Blute, mit einem aus zwei Vorkammern und zwei Herzkammern zusammengesetzten Herzen , Eier-legend. Acci- pitres, Picae, Anseres, Grallae, Gallinae, Passeres. 3) Amphibien, Ampliihia. Mit rothem kalten Blute, mit einem aus einfacher Vor- und Herzkammer gebildeten Herzen, durch Lungen athmend. ReptiUa {Testudo, Draco, Lacerta, Rana), Serpentes. 4) Fische, Pisces. Mit rothem kalten Blute, mit einem aus einfacher Vor- und Herzkammer gebildeten Herzen , durch Kiemen athmend. Apodes, Jagulares, Thoracici, Abdominales, Branchiostegi, Chondropterygii. 5) Insecten , Insecta. Mit weissem Blute und einfachem Herzen, mit ge- gliederten Fühlern. Coleoptera, Hemiptera, Lepidoptera, Neuroptera, Hymenoptera, Diptera, Aptera. 6) Würmer , Vermes. Mit weissem Blute und einfachem Herzen , mit un- gegliederten Fühlfäden. Mollusca , Intestina , Testacea , Zoophyta, In- fusoria. Linne's Einfluss betrifft vorzugsweise die descriptive Zoologie, für welche erst jetzt eine Uebersicht des Formengebietes und eine strenge Methode der Behandlung gewonnen war. Die systematische Anordnung entsprach freilich keineswegs überall der natürlichen Verwandtschaft, da einseitige, meist der äussern Form entlehnte Merkmale besonders zur Unterscheidung der Unter- abtheilungen verwendet wurden. Es bedurfte einer genauem und besseren Kenntniss von dem innern Baue, um durch Vereinigung einer grösseren R.eihe äusserlicher und anatomischer Charaktere einem auf natürliche Verwandtschaft gegründeten Systeme den Weg zu bahnen. Während die Nachfolger Linne's die trockene und einseitig zoographische Behandlung weiter ausbildeten und das gegliederte Fachwerk des Systems Georg Cuvier. 71 irrthünilich als das Naturgebäude ansahen, begründete Cuvier durch Ver- schmelzung der vergleichenden Anatomie mit der Zoologie ein natürliches System. Georg Cuvier, geboren zuMömpelgard 1769 und erzogen auf der Karls- akademie zu Stuttgart, später Professor der vergleichenden Anatomie am Pflanzengarten zu Paris, veröffentlichte seine umfassenden Forschungen in zahl- reichen Schriften, insbesondere in den -»Legons d'anatomie comparec^ (1805). In diesem Werke unterschied er noch neun Thierclassen : Mammalia, Aves, Reptilia, Pisces als Vertebrata; Mollusca, Grustacea, Insecta, Vermes, Zoophyta als Evertebrata (Lamarck). Erst 1812 stellte er in seiner berühmt gewordenen Abhandlung ^) über die Eintheilung derThiere nach ihrer Organisation eine neue wesentlich veränderte Classifikation auf, welche seit Aristoteles den bedeutendsten Fortschritt der Wissenschaft bezeichnete, indem sie den Anstoss zu einem natürlichem System gab. Cuvier betrachtete nicht, wie dies bisher von den meisten Zootomen geschehen war, die anatomischen Funde und Thatsachen an sich als Endzweck der Untersuchungen , sondern stellte vergleichende Betrachtungen an, die ihn zu allgemeinen Sätzen hinführten. Indem er die Eigenthümlichkeiten in den Einrichtungen der Organe auf das Leben und die Einheit des Organismus bezog, erkannte er die gegenseitige Abhängigkeit der einzelnen Organe und ihrer Be- sonderheiten und entwickelte in richtiger Würdigung der schon von Aristoteles erörterten »Correlation« der Theile sein Princip der nothwendigen Existenz- bedingungen, ohne welche das Thier nicht leben kann {principe des conditions d'existence ou causes finales). »Der Organismus bildet ein einiges und ge- schlossenes Ganze , in welchem einzelne Theile nicht abändern können , ohne an allen übrigen Theilen Aenderungen erscheinen zu lassen«. Indem er aber die Organisation der zahlreichen verschiedenen Thiere verglich , fand er, dass die bedeutungsvollen Organe die constanteren sind, die weniger wichtigen in ihrer Form und Ausbildung am meisten abändern, auch nicht überall auftreten. So wurde er zu dem für die Systematik verwertheten Satz von der Unterordnung der Merkmale {principe de la Subordination des characteres) geleitet. Ohne von der vorgefassten Idee der Einheit aller thierischen Organisation beherrscht zu sein , gelangte er vornehmlich unter Berücksichtigung der Verschiedenheiten des Nervensystems und der nicht überall constanten gegenseitigen Lagerung der wichtigeren Organsysteme zu der Ueberzeugung, dass es im Thierreich vier Hauptzweige {Emhranchejnents) gebe, gewissermassen »allgemeine Baupläne, nach denen die zugehörigen Thiere modellirt zu sein scheinen und deren ein- zelne Unterabtheilungen, wie sie auch bezeichnet werden mögen, nur leichte auf die Entwicklung oder das Hinzutreten einiger Theile gegründete Modifikationen sind, in denen aber an der Wesenheit des Planes nichts geändert ist«. Diese vier Kreise (f^wöraMCÄemen^^ Cuvier, T^/^^en Blainville) mit ihren Classen und Ordnungen sind folgende: 1) Sur un nouveau rapprochement a etablir entre les classes qixi composent le regne animal. Ann. des Museum d'hist. nat. Tom. XIX. 1812. 72 Die Typen Cuvier's. I. Kreis. Animaux vertebres, Wirbelthiere. (Blutthiere des Aristoteles). Gehirn und Rückenmark sind eingeschlossen in eine knöcherne Skeletsäule, Wirbelsäule, welche sich aus Schädel und Wirbeln zusammensetzt. Zur Seite der medianen Wirbelsäule heften sich die Rippen und höchstens vier Gliedmassen an. Alle besitzen rothes Blut , ein muskulöses Herz, einen Mund mit horizontalem Ober- und Unterkiefer und die vollständige Zahl von Sinnesorganen. „, . „ .... ( Bimanes, Quadrumanes, Garnivores, Marsupiaux, Gl. 1. Mammiteres. „ ^j i- r>uj td • i ni - \ Rongeurs, Edentes, Pachydermes, Rummants, Getaces. p, 5, p. I Rapaces, Passeraux, Grimpeurs, Gallinaces, Echassiers, * I Palmipedes. Gl. 3. Reptiles. | Gheloniens, Sauriens, Ophidiens, Batraciens. [p . i Acanthopterygiens , Abdominaux, 1 t i-t i Subbranchiens , Apodes, Lophobran- Gl. 4. Poissons. prement dits. / ^^^^^ piectognathes. f • Sturioniens, Selaciens, Gyclostomes. \ rygiens. ( *' IL Kreis. Aniüiaux mollusques, Weichthiere. Thiere ohne lokomotives Skelet, von weicher contraktiler Körperbedeckung, in welcher sich häufig feste Schalen als Gehäuse einlagern. Das Nervensystem setzt sich aus mehreren durch Fäden verbundenen Ganglienmassen zusammen, deren wichtigste (Gehirn) über dem Oesophagus liegen. Man unterscheidet Gesichts- und Gehörorgane. Ein Girculationssystem und besondere Respirations- organe sind vorhanden. Gl. 1. Cephalopodes. ( Pulmones, Nudibranches , Inferobranches , Tecti- Gl. 2. Pteropodes. j branches , Heteropodes , Pectinibranches , Tubulibran- Gl. 3. Gast^ropodes. ' ches, Scutibranches , Gyclobranches. Gl. 4. Acephales. j Testaces, Tuniciens. Gl. 5. Brachiopodes. Gl. 6. Cirrhopodes. III. Kreis. Animaux articules, Gliederthiere. Das Nervensystem besteht aus zwei langen in Ganglien anschwellenden Fäden , Ganglienknoten. Der erste Ganalienknoten liegt als Gehirn über dem Oesophagus , die übrigen an der Bauchfläche. Die Körperbedeckung ist bald weich, bald hart und zerfallt durch Querfalten in eine Anzahl Ringe, von welchen die Muskeln umschlossen werden. Häufig trägt der Rumpf an seinen Seiten Gliedmassenpaare. Sind Kiefer in der Umgebung des Mundes vorhanden, so stehen sie seitlich. Die Typen Cuvier's. 73 Cl. 1. Annelides. | Tubicoles , Dorsibranches , Abranches. -. , . , ( Decapodes, Stomapodes, Amphipodes, I jyiaiacostracBs { ^ i> i t i Cl 2 Crustac^s. ' Laemodipodes, Isopodes. Entomostra- | Branchipodes , Poecilopodes , Trilo- ces. ( bites. Cl. 3. Arachnides. J Pulmon6es, Tracheennes. l Myriapodes, Thysanoures, Parasites, Suceurs, Co- Cl. 4. Insectes. \ leopteres, Orthopteres, Hemipteres, Neuropteres, Hy- ' menopteres, Lepidopteres , Rhipipteres, Dipteres. IV. Kreis. Animaux rayonnes, Eadiärthiere. Die Organe liegen nicht symmetrisch bilateral, sondern wiederholen sich in radiärer Vertheilung im Umkreis der Centralachse. Weder Nervensystem noch Sinnesorgane sieht man deutlich geschieden. Einige zeigen Spuren einer Blutcirculation. Ihre Respirationsorgane liegen immer an der Oberfläche des Leibes. Cl. 1. Echinodermes. Pedicelles, Apodes. Cl. 2. Vers intesti- j Nematoides, Parenchymateux. Cl. 3. Acalephes. | Simples, Hydrostatiques. Cl. 4. Polypes. | Charnus, Gelafineux, ä Polypiers. Cl. 5. Infusoires. j Rotiferes, Homogenes. Den Anschauungen Cuvier's, der wie keiner seiner Zeitgenossen das anatomische und zoologische Detail übersah , standen allerdings lange Zeit die Lehren bedeutender Männer (der sog. naturphilosophischen Schule) gegenüber. In Frankreich vor allem vertrat Etienne Geoffroy St. Hilaire die bereits vonBuffon ausgesprochene Idee vom Urplane des thierischen Baues, nach welcher eine unterbrochene, durch continuirliche Uebergänge vermittelte Stufen- folge der Thiere existiren sollte. Ueberzeugt, dass die Natur stets mit denselben Materialien arbeite, stellte er die Theorie der Analogien auf, nach welcher sich dieselben Theile, wenn auch nach ihrer Form und nach dem Grade ihrer Aus- bildung verschieden, bei allen Thieren finden sollten und glaubte weiter in seiner Theorie der Verbindungen (principe des connexions) ausführen zu können, dass die gleichen Theile auch überall in gleicher gegenseitiger Lage auftreten. Als dritten Hauptsatz verwerthete er das Princip vom Gleichgewicht der Organe, indem jede Vergrösserung des einen Organs mit einer Verminderung eines andern verbunden sein sollte. Dieser Grundsatz führte in der That zu einer fruchtbaren Betrachtungsweise und zur wissenschaftlichen Begründung der Teratologie. Die Verallgemeinerungen waren aber zu übereilt , indem sie über die Wirbelthiere hinaus nicht mit den Thatsachen stimmten und beispielsweise zu der Ansicht, die Insecten seien auf den Rücken gedrehte Wirbelthiere, sowie zu vielen anderen gewagten Auffassungen führen mussten. In Deutschland 74 Vermehrung der Typeiizahl. Vcrändeniiig des Typusbegriffs. traten Männer wie Göthe und die Naturphilosophen Oken und Schelling für die Einheit der thierischen Organisation in die Schranken, ohne freilich stets den Thatsachen in strenger und umfassender Weise Rechnung zu tragen. Schliesslich ging aus diesem Kampfe, der in Frankreich sogar mit Heftig- keit und Erbitterung geführt worden war, die Auffassung Guvier's siegreich hervor , und die Principien seines Systems fanden zuletzt um so ungetheilteren Beifall, als sie durch die Resultate der entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten G. E. V. Baer's bestätigt wurden. Allerdings wurden durch die späteren Forschungen mancherlei Mängel und Irrthümer seiner Eintheilung aufgedeckt und im Einzelnen vieles verändert, allein die Grundanschauung von der Existenz von Typen als allgemeinsten und höchsten Gruppen des Systems erhielt sich und wurde gar bald durch die Resultate der sich ausbildenden Wissenschaft von der Entwicklungsgeschichte der Thiere unterstützt. Die wesentlichsten der nothwendig gewordenen Modifikationen des Guvier'schen Systemes beziehen sich unstreitig auf die Vermehrung der Typen- zahl. Während man schon seit längerer Zeit die Infusorien von den Radialen trennte, und als Protozoen den übrigen vier Bauplänen zur Seite stellte, hat man neuerdings durch Trennung der Radialen in Coelenteralen und Echino- dermen, sowie der Ärticidalen in Arthropoden und Vermes die Zahl der Thier- kreise auf 7 erhöht, von denen jedoch der Kreis der Mollusken wieder in drei Kreise aufgelöst werden muss. In neuester Zeit hat aber die Gu vi er 'sehe Auffassung auch darin eine Modifikation erfahren, dass die Vorstellung von der scharf gesonderten Isolirung, dem ohne Uebergänge begrenzten Abschlüsse eines jeden Bauplanes aufgegeben werden musste. Es haben sich bei eingehenderem Studium durch Ver- bindungsglieder Verknüpfungen verschiedener Typen nach mehrfachen Rich- tungen hin nachweisen lassen , welche den scharfen Gegensatz der Thierkreise besonders für die ersten Anfänge und tiefsten Stufen ihrer Gestaltung aufgehoben haben. Aber eben so wenig wie die Uebergangsformen zwischen Thier und Pflanze die Unterscheidung der beiden allgemeinsten Begriffe im Reiche des Organischen aufzuheben im Stande ist, wird durch solche Verbindungsglieder der Begriff von Thierkreisen oder Typen als höchste Abtheilungen des Systems widerlegt, sondern nur ein ähnlicher oder gemeinsamer Ausgangspunkt für die Ausbildung verschiedener Formreihen wahrscheinlich gemacht. Und dem entspricht die mit dem Fortschritt der Entwicklungslehre bekannt gewordene Thatsache, dass innerhalb verschiedener Typen nahe übereinstim- mende Larvenzustände und ähnliche Gewebsschichten (Keimblätter) der Em- bryonalanlage auftreten , die auf einen genetischen Zusammenhang hinweisen. Ebenso ist durch die Ergebnisse anatomischer und embryologischer Ver- gleichung mit hohem Grade von Wahi-scheinlichkeit festgestellt worden , dass die Typen keineswegs vollkommen coordinirt gegenüber stehen, sondern in näherer oder entfernterer Beziehung zu einander stehen, dass insbesondere die höhern Thierkreise genetisch von den Würmern aus abzuleiten sind, die freilich selbst wieder höchst ungleichartige Thiergruppen in sich einschliessen und später gewiss in mehrere Typen aufzulösen sein werden. Unsere gegenwärtige Eintheihing. 75 Wir halten es unter solchen Verhältnissen dem augenblicklichen Stande der Wissenschaft für angemessen , anstatt der üblichen sieben , neun Typen als höchste Abtheilungen zu unterscheiden und in folgender Weise zu characterisiren. 1. Protozoa. Von geringer Grösse, mit Differenzirungen innerhalb der Sarcode, ohne zellig gesonderte Organe , mit vorwiegend ungeschlechtlicher Fortpflanzung. 2. Coelenterata. Radiärthiere nach der Grundzahl 2, 4 oder 6 gegliedert, mit bindegewebigem oft gallertigem Mesoderm und centralem für Verdauung und Circulation gemein- samen Leibesraum (Gastrovascularraum). 3. Echinodermata. Radiärthiere von vorherrschend fünfslrahligem Baue, mit verkalktem oft stacheltragenden Hautskelet, mit gesondertem Darm und Gefässsystem , mit Nervensystem und Ambulacralfüsschen. 4. Yermes. Bilateralthiere mit ungegliedertem, geringeltem oder gleichartig (homonom) segmentirtem Körper, ohne gegliederte Segmentanhänge (Gliedmassen), mit paarigem als Wassergefässsystem benannten Excretionscanälen. Der Embryo entwickelt sich in der Regel ohne voraus angelegten Pnmitivstrcifen. 5. Arthropoda. Bilateralthiere mit heteronom segmentirtem Körper und gegliederten Segmentanhängen (Gliedmassen), mit Gehirn und Bauchganglienkette. Am Körper des Embryos beziehungsweise der Larve bildet sich ein bauchständiger Primitivstreifen aus. 6. Molluscoidea. Bilateralthiere ohne Gliederung , mit bewimpertem Tentakelkranz oder spiralig aufgerollten Mundsegeln, entweder Polypen-ähnlich und mit fester zelliger Schalenkapsel oder muschelähnlich mit vorderer und hinterer Schalen- klappe, mit einem oder mehreren durch einen Schlundring verbundenen Ganglien. 7. Mollusca. Bilateralthiere mit weichem ungegliederten Körper, ohne lokomotives Skelct, meist von einer einfachen oder zweiklappigcn Kalkschale, dem Absonderungs- produkt einer Hautduplicatur (Mantel) , bedeckt, mit Gehirn , Fussganglion und Mantelganglion. 8. Tunicata. Bilateralthiere ohne Gliederung, von sackförmiger oder tonncnförmiger Leibesgestalt, mit weiter, von zwei Oeffnungen durchbrochener Mantelhöhle und einfachem Nervenknoten , mit Herz und Kiemen. 9. Vertebrata. Gegliederte Bilateralthiere mit einem Innern knorpligen oder knöchernen und gegliederten Skelet (Wirbelsäule), welches durch dorsale Ausläufer 76 Eintheilung des Thierreichs. (obere Wirbelbogen) eine Höhle zur Aufnahme des Rückenmarks und Gehirnes, durch ventrale Ausläufer (Rippen) eine Höhle zur Aufnahme vegetativer Organe umschliesst, mit höchstens zwei Extremitätenpaaren. Am Embryo (beziehungs- weise am Larvenleib) tritt ein rückenständiger Primitivstreifen auf. Uebersicht der wichtigsten Gruppen. I. Protozoa. 1. Bhizopoda. 1. Bhizopoda s. str. = Foraminifera (Rotalia). 2. liadiolaria (Acanthometra). 2. Infusoria. 1. Flagellata (Dinobryon). 2. Holotricha (Paramaecium). 3. Ueterotriclia (Stentor). 4. Hypotricha (Stylonychia). 5. Feritricha (Vorticella). 6. Suctoria (Acineta). II. Coelenterata. 1. Spongiae = Poriferi. 1. Myxospovgiae (Halisarca). 2. Fibrospongiae (Spongia). 3. Hyalospongiae (Euplectella). 4. Calcispongiae (Sycon). 2. Cnidariae. 1. Polyponiedusae. 1. Hydroidae (Tubularia). 2. Siphotwphorae (Physophora). 2. Acalephae. 1. Ccdycozoa (Lucernaria). 2. Lohopliorae (Gharybdaea). 3. Discomedusae (Aurelia). 3. Atithozoa. 1. Octactiniae (Alcyonium). 2. Folyactiniae (Madrepora). 4. Clenophora (Beroe). III- Echinodermata. 1. Crinoidea. L Brachiata (Comatula). 2. Blastoidea (Eleutherocrinus). 3. Cystidea (Sphaeronites). 2. Asteroidea. 1. Aster idea (Asteracanthion). 2. Ophiuridca (Ophioderma). 3. Euryalidea (Astrophyton). Eintheilung des Thierreichs. 77 3. Echinoidea. 1. Regularia (Gidaris). 2. Clypeastridea (Glypeaster), 3. Spatangidea (Spatangus). 4. Holothyroidea. 1. Pedata (Holothuria), 2. Apoda (Synapta). IV. Vermes. 1. Flathelminthes. 1. Cestodes (Taenia). 2. Trematodes (Distomum). 3. Turhellaria (Planaria). 4. Ncmertini (Nemertes). 2. Nemathelmiüthes. 1. Äcantlwcephali (Echinorhynchus). 2. Nematodes (Ascaris). {Chaetognaihi, Sagitta). 3. Rotiferi (Rotifer). 4. Annelides. 1. Hirudivea. 1. Rhynchohdellea (Piscicola). 2. Gnathohdellea (Hirudo). 2. Chaetopoda. 1. Oligogaeta (Lumbricus). 2. Polychaeta (Nereis). 3. Gephyrei. 1. Inermes (Sipunculus). 2. Chaeiiferi (Echiurus). {Enteropneusta, Balanoglossus). V. A.rthropoda. 1. Crustacea. 1. Entomostraca. 1. Copepoda (Gyclops). 2. Phyllopoda (Apus). 3. Ostracoda (Gypris). 4. Cirripedia (Lepas). 2. Malacostraca. 1. Ärthrostraca (Gammarus). 2. Thoracostraca (Astacus). {Trilohita (Asaphus). Poecilopoda (Limulus). Merosiomata (Ptery- gotus). 2. Arachnoidea. 1. Linguutiilida (Pentastomum). 2, Acarina (Sarcoptes). {Tardigrada, Macrohiotus und Pygnogonum). 'S Eintlieilung des Thierrei'clis. 3. Araneida (Epeira). 4. Fedipalpi (Phrynus). 5. Solijugac (Galeodes). 6. Arthrogastres. 1. Thalangida (Phalangium). 2. Scorpionidea (Scorpio). 3 Pseudoscorpionidea (Chelifer). 3. Myriapoda. 1. Chilipoda (Lithobius). 2. Chilognatha (Julus). {Onychophori, Feripatus). 4. Hexapoda == Insecta. 1. Thysanura (Lepisma). 2. Orihoptera (Gryllus). 3. Fseudoneuroptera (Termes). 4. Neuroptera (Hemerobius). 5. Rhynchota (Aphis). 6. Diptera (Musca). 7. Lepidoptcra (Papilio). 8. Coleoptera (Carabus). 9. Hymenoptera (Apis). VI. Mollxiscoidea. 1. Bryozoa. 1. Stelmatopoda (Crisia). 2. Lophopoda (Alcyonella). 2. Brachiopoda. 1. Ecardines (Lingula). 2. Testicardities (Terebratula). VII. Mollusca. 1. Lamellibranchiata. 1. Asip)homae (Ostrea). 2. Siphoniata (Gardium). 2. Scaphopoda {Bentalmm). 3. Gastropoda. 1. Ftcropoda (Clio). 2. Tlatypoda. 1. Opisthohraiicliia (Aeolidia). 2. Prosohranchia (Murex). 3. Ueteropoda (Pterotrachea). 4. Pldcophora (Chiton). 4. Gephalopoda. 1. Tetrahranchiata (Nautilus). %. Dihranchiata (Sepia). Eintheilung des Thierreichs. 79 VIII. Tunicata- 1. Tethyodea. 1. Copelatae (Appendicularia). 2. Compositae (Botryllus). 3. SimpUccs (Glavellina). 2. Thaliacea {SaJpa). IX. Vertebrata. 1. Pisces. 1. Lepfocardii = Acrania (Amphioxus). 2. Cydostomi. 1. Myxinoidea (Myxine). 2. Fetromyzontes (Petroniy/.on). 3. Flagiostomi (Squalus). 4. Ganoidei (Lepidosteus). 5. Teleostei (Esox). 6. Bipnoi (Lepidosiren). 2. Ampliibia. 1. Urodela (Triton). 2. Änura (Rana). 3. Gymnophiona (Goecilia). 3. Beptilia. 1. Plagiotremata. 1. Saurii (Lacerta). {Dinosaurii, Iguanodon). 2. Ophidii (Coluber). 2. Hydrosauria. 1. Encdiosauria (Ichthyosaurus). 2. Loricata (Grocodilus). 3. Chelonii (Testudo). 4. Aves. 1. Ratitae. 1. Struthionides (Struthio). 2. Apierygii (Apteryx). 3. Dinornithides (Dinornis). 4. Palapterygii (Palapteryx). 2. Carinatae. 1. Gallinacei (Gallus). 2. Columbides (Golumbae). 3. Grallatores (Grus). 4. Naiatores (Sterna). 5. Passeres (Fringilla). 6. Scansores (Picus). 7. Psittacides (Psittacus). 8. Rapaces (Falco). 80 Eintheilung des Thierreichs. 5. Mammalia. 1. Aplacentalia. 1. Monotremata (Ornithorhynchus). 2. Marsupialia Macropoda (Halmaturus). 3. » Bhizophaga (Phascolomys). 4. » Carpophaga (Phascolarctes). 5. » Entomophaga (Perameles). 6. » Creophaga (Dasyurus). 7. » Pedimana (Didelphys). 2. Placentalia. 1. Edentata (Myrmecophaga). 2. Artiodadyla (Sus). 3. Perissodactyla (Equus). 4. Sirenia (Manatus). 5. Proboscidca (Elephais). 6. Lamnunyia (Hyrax). 7. Rodentia (Lepus). 8. Carmvora (Felis). 9. Pinnipedia (Phoca). 10. Cetacea (Balaena). 11. Insectivora (Talpa). 12. Chiroptera (Vespertilio). 13. Prosiniiae (LemurJ. 14. Primates (Pithecus). Bedeutung des Systemes. Ueber den Werth des Systemes ist man nicht überall und zu allen Zeiten gleicher Ansicht gewesen. Während im vorigen Jahrhundert der französische Zoolog Buffon, welcher in eleganter Sprache und geistreicher Darstellung die Naturgeschichte der Säugethiere und Vögel bearbeitete , ein abgesagter Feind aller Theorie, das System für eine reine Erfindung des menschlichen Geistes hielt, glaubt in neuerer Zeit L. Agassiz allen Abtheilungen des Systemes eine reale Bedeutung zuschreiben zu können. Er erklärt das natürliche, auf die Verwandtschaft der Organisation begründete System für eine Ueberselzung der Gedanken des Schöpfers in die menschliche Sprache, durch dessen Erforschung wir unbewusst Ausleger seiner Ideen würden. Offenbar aber können wir nicht diejenige Anordnung eine menschliche Erfindung nennen, welche als Ausdruck tür die Verwandtschaftsstufen der Organismen aus den in der Natur begründeten Beziehungen der Organisation Definition der Art. 81 abgeleitet ist. Und ebenso verkehrt ist es , den subjektiven Antheil unserer Geistesthätigkeit hinwegleugnen zu wollen, da sich in dem System stets ein Verhältniss von Thatsachen des Naturlebens zu unserer Auffassung und zum Stande der wissenschaftlichen Erkenntniss ausspricht. In diesem Sinne nennt Göthe treffend natürliches System einen sich widei-sprechenden Ausdruck. Das Reale, welches die Natur dem Forscher zur Aufstellung von Systemen zu Gebote stellt, sind die Einzelformen als Objekte der Beobachtung. Alle systematischen Begriffe von der Art an bis zum Thierhreis beruhen auf Zu- sammenfassung von Gleichem und Aehnlichem und sind Abstractionen des menschlichen Geistes. Definition der Art. Die grosse Mehrzahl der Forscher stimmte allerdings bis in die neueste Zeit darin überein, auch die Art oder Species als selbstständig geschaffene und unveränderliche Einheit mit gleichen in der Fortpflanzung sicli erhaltenden Eigenschaften anzusehen. Man war bis in die neueste Zeit von dem Grund- gedanken der L in ne 'sehen Speciesdefmition »Tot numeramus species quot ab initio creavit infmitum ens« im Wesentlichen befriedigt. Auch stand diese Anschauung mit einem auf dem Gebiete der Geologie herrschenden Dogma im Gausalnexus, nach welchem die aufeinander folgenden Perioden der Erdbildung durchaus abgeschlossene, jedesmal von Neuem geschaffene Faunen und Floren bergen und durch gewaltige, die gesammte organische Schöpfung vernichtende Katastrophen begrenzt sein sollten. Keine Lebensform, glaubte man, könnte sich über die Zeit einer vernichtenden Erdkatastrophe hinaus von der frühern in die nachfolgende Periode hinein erhalten haben, jede Tliier- und Pflanzenart sei mit bestimmten Merkmalen durch einen besonderen Schöpfungsakt ins Leben getreten und erhalte sich mit diesen Eigenschaften unveränderlich bis zu ihrem Untergange. Diese Vorstellung war durch die Verschiedenheit der fossilen Ueberreste der Wirbelthiere sowohl (Guvier) als Mollusken (Lamarck) von den jetzt lebenden Thieren bekräftigt worden. Da sich nun die von einander abslammenden Thiere und Pflanzen durch zahlreiche grössere und kleinere Abweichungen unterscheiden, so wird der Art- begriff neben der Zugehörigkeit in den gleichen Generationskreis nicht durch die absolute Identität, sondern nur durch die Uebereinstimmung in den wesent- lichsten Eigenschaften defmirt werden können. Die Art oder Species ist dem- nach im engen Anschluss an die Guvier 'sehe Definition der Inbegriff aller Lebensformen, welche die wesentlichsten Eigenschaften gemeinsam haben , von einander abstammen und sich zur Erzeugung fruchtbarer Nachkommen kreuzen lassen. Indessen lassen sich dieser Begriffsbestimmung, welcher die Voraussetzung zu Grunde liegt , dass sich das Wesentliche der Eigenschaften durch alle Zeiten in der Fortpflanzung unveränderlich enthalten müsse , keineswegs alle That- sachen des Naturlebens befriedigend unterordnen, und es weisen schon die Claus, Zoologie. 4. Auflage. {j 82 Varietät und Rasse. grossen Schwierigkeiten, welche der Artbestimmung in der Praxis entgegentreten und zwischen Art und Varietät keine scharfe Grenze ziehen lassen , auf das Unzureichende des Begriffes hin. Varietät und Easse. Die zu ein und derselben Art gehörigen Individuen sind untereinander nicht in allen Theilen und Eigenschaften gleich, sondern zeigen ganz allgemein, wenn man es so ausdrücken darf, nach dem Gesetze der individuellen Variation, mannichfache Abänderungen, die bei genauer Betrachtung zur Unterscheidung der Einzelformen hinreichen. Es treten auch im Kreise derselben Art Gom- binationen veränderter Merkmale auf und veranlassen bedeutendere Abweichun- gen, Varietäten, welche sich auf die Nachkommen vererben können. Man nennt die grösseren, mit der Fortpflanzung sich erhaltenden Variationen con- stante Varietäten oder Abarten, Rassen, und unterscheidet natürliche oder geographisch begründete Rassen und Culturrassen. Die ersteren finden sich im freien Naturleben, meist auf bestimmte Locali- täten beschränkt, sie sind, wie man annimmt, in Folge klimatischer Bedingungen unter dem Einfluss einer abweichenden Lebensweise und Ernährung im Laufe der Zeiten entstanden. Die Culturrassen verdanken dagegen ihren Ursprung der Zucht und Cultur des Menschen und betreffen ausschliesslich die Hausthiere. Leider ist freilich der Ursprung der meisten Natur- und Gultur-Rassen in ein tiefes Dunkel gehüllt, welches die Wissenschaft schwerlich jemals voll- kommen zu lichten im Stande sein wird. Was aber schwer in die Wagschale fällt, ist der Umstand, dass es für einige als Abarten geltende Varietäten sehr zweifelhaft erscheint, ob sie als Abänderungen aus einer einzigen Art hervor- gegangen sind, oder von mehreren Arten abstammen. Für die zahlreichen Varietäten des Schweines und Rindes , ferner für die R.assen des Hundes und der Katze ist die Herkunft von verschiedenen Arten ziemlich sicher erwiesen (Rütimeyer, Darwin). Es können aber Varietäten , die mit mehr oder minder grosser Sicherheit auf die gleiche Abstammung von derselben Art zurückgeführt werden, unter einander sehr auffallend verschieden sein und in wichtigeren Merkmalen ab- weichen, als verschiedene Arten im freien Naturleben. Beispielsweise erscheinen die Gulturrassen der Taube, deren gemeinsame Abstammung von der Felsentaube (Golumba livia) von Darwin sehr wahrscheinlich gemacht worden ist , einer so bedeutenden Abänderung fähig, dass ihre als Purzeltauben, Pfautauben, Kröpfer, Eulen tauben etc. bekannten Varietäten von dem Ornithologen ohne Kenntniss ihres Ursprungs für echte Arten gehalten und sogar unter verschiedene Gattungen vertheilt werden müssten. Auch im freien Naturleben sind sehr häufig Varietäten der Qualität ihrer Merkmale nach von Arten nicht zu unterscheiden. Das Wesentliche der Gharactere pflegt man in der Gonstanz ihres Vorkommens zu finden und die Varietät daran zu erkennen , dass die sie auszeichnenden Merkmale variabeler sind als bei der Species. Gelingt es weit auseinander stehende Formen durch ßastarde zwischen nahe verwandten Thierarten. 83 eine Reihe continuirlich sich abstufender Zwischenformen zu verbinden, so hält man sie für extreme Varietäten derselben Art, während dieselben bei mangelnden Zwischengliedern, auch wenn die sie trennenden Unterschiede geringer, nur gehörig constant sind, als Arten gelten. Man begreift unter solchen Umständen, wie anstatt eines objectiven Kriteriums der augenblickliche Stand der Erfahrung, das subjective Ermessen und der natürliche Takt der Beobachter über Art ^ und Varietät entscheidet und dass die Meinungen der verschiedenen Forscher in der Praxis weit auseinandergehen. Dies Verhältniss haben Darwin und Hooker in eingehender Weise vortrefflich erörtert. Als Beispiel ist von Nägel i ^) angeführt worden, dass von den in Deutschland wachsenden Hieracien über 300 Arten zu unterscheiden sind, Fries führt sie als 106, Koch als 52 Arten auf, während Andere kaum mehr als 20 anerkennen. Nägel i behauptet sogar: »Es gibt kein Genus von mehr als 4 Species, über dessen Arten alle Botaniker einig wären , und es Hessen sich viele Beispiele aufführen, wo seitLinne die nämlichen Arten wiederholt getrennt und zusammengezogen wurden«. Wir werden daher zur Bestimmung des Wesentlichen an den Eigenschaften, wenn es gilt Arten von Varietäten zu sondern, auf den wichtigsten Character des Artbegriffes zurückge^\^esen , der freilich in der Praxis fast niemals berück- sichtigt ^vird, auf die gemeinsame Abstammung und die FähiyJceit der frucht- baren Kreuzung. Doch stellen sich auch von dieser Seite der Begrenzung des Artbegriffes unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass auch Thiere verschiedener Arten sich mit einander paaren und Nachkommen, Bastarde, erzeugen, z. B. Pferd und Esel, Wolf und Hund, Fuchs und Hund. Selbst entfernter stehende Arten, welche man zu verschiedenen Gattungen stellt, vermischen sich gelegent- lich zur Erzeugung einer Nachkommenschaft , wie solche Fälle von Ziegenbock und Schaf, Ziege und Steinbock zur Beobachtung gekommen sind. Allein die Bastarde erweisen sich in der Regel unfruchtbar, sie bilden Zwischenstufen mit gestörtem Generationssystem ohne Aussicht auf Fortbestand, und auch im Falle der Zeugungsfähigkeit , die man häufiger an weiblichen Bastarden beobachtet hat, schlagen sie in die väterliche oder mütterliche Art zurück. Indessen gibt es für die Sterilität der Bastarde Ausnahmsfalle , welche als wichtige Beweise gegen die Abgeschlossenheit der Art zu sprechen scheinen. Man kennt ein Beispiel von vier Generationen der Bastarde von Hund und Wöllin. Is. G. St. Hilaire erhielt die Bastarde zwischen Schakal und Hund durch drei, Flourens durch vier Generationen. Nach den in Frankreich in grossem Massstabe angestellten Züchtungsversuchen zwischen Hasen und Kaninchen scheint es, als wenn die zuerst von Koux in Angouleme für den 1) Die Aufstellung des Begriffes der Subspecies oder Unterart, zu welchem die Systematik gedrängt worden ist, steht in vollständigem Widerspruch zu dem Art-hegriS der Schule und ist das sprechendste Zeugniss, dass die Systematiker selbst das Relative in der Unterscheidung von Art und Varietät anerkennen. 2) C. Nägeli, Entstehung und Begriff der Naturhistorischen Art. München. 1865, 6* 84 Fruchtbarkeit von Bastardformen. Handel gezüchteten Hasenkaninchen (Lievres-lapins) vollständig fruchtbar sind. Auch sind Halbblut-Bastarde von Kaninchen und Hasen gezüchtet worden und haben sich durch viele Generationen auf dem Wege reiner Inzucht fruchtbar fortgepflanzt. Vollkommen fruchtbar scheinen die Bastarde von Phasianus colchicus und Ph. torquatus, femer von (Jervidus vaginalis und C. Beevesi zu sein, ebenso die Bastardgänse von Anser cinereus und An. cygnoides, welche in ganzen Heerden des Nutzens halber in Indien gehalten werden. Auch die Bastarde vom Ziegenbock und Schaf, in Chili wegen des Felles gezüchtet, sollen dort unter sich vollkommen fruchtbar sein. Ebenso haben sorgfältige Ver- suche über Bastardirung von Pflanzen, insbesondere die Beobachtungen von W. Herbert zu dem Ergebniss geführt, dass manche Bastarde unter sich so vollkommen fruchtbar wie die reinen Stammarten sind. Selbst im freien Natur- leben beobachtet man Mischungsformen verschiedener Arten , die nicht selten für selbstständige Arten gehalten und als solche beschrieben wurden (Tetrao mediiis, Bastard vom Auerhahn und Birkhuhn. Abramidopsis Leuckartii, Blic- copsis abramorutilus u. a. sind nach v. Siebold Bastarde). Selbst im freien Naturleben vermag die Sterilität der Bastarde nicht als Gesetz zu gelten , da zahlreiche Arten wild lebender Pflanzen als Bastard-Arten erkannt worden sind (Kölreuter, Gärtner, Nägeli — Cirsium, Cyüsus, Rubiis). Um so weniger erscheint es für die der menschlichen Gultur unterworfenen Thiere zweifelhaft, dass nach allmähliger Gewöhnung und Umänderung aus ursprünglich ver- schiedenen Arten persistente Zwischenformen durch Kreuzung erzielt werden können. Schon Pallas sprach in diesem Sinne die Ansicht aus, dass nahe verwandte Arten, welche sich anfangs nicht mit einander paaren oder nur -un fruchtbare Bastarde liefern, nach lange fortgesetzter Domesticirung fruchtbare Nachkommen zeugen. Und in der That ist es bereits für einige unserer Haus- thiere wahrscheinlich gemacht , dass sie in vorhistorischer Zeit auf dem Wege unbewusster Züchtung als die Abkömmlinge verschiedener Arten ihren Ursprung genommen haben. Insbesondere versuchte Rütimeyer diesen Weg der Ent- stehung für das Rind (Bos taurus) nachzuweisen , welches er als neuen Stamm durch die Kreuzung von mindestens zwei Stammformen (Bos primigenius, brachyceros) herleitet. Auch für das Hausschwein, die Hauskatze, die zahl- reichen Hunderassen kann die Abstammung von mehreren wildlebenden Stamm- arten als gesichert gelten. Bei alledem wird man den erörterten Ausnahmsfällen gegenüber auf die stets vollkommene Fruchtbarkeit der Blendlinge, d. h. der durch Kreuzung ver- schiedener Rassen gleicher Art erzeugten Nachkommen, ein grosses Gewicht legen; doch gibt es auch hiervon einige Ausnahmen. Abgesehen von den Fällen, in welchen die Begattung verschiedener Rassen schon aus mechanischen Gründen unmöglich ist , scheinen sich nach den Beobachtungen zuverlässiger Thierzüchter gewisse Rassen nur schwierig zu kreuzen , ja sogar einzelne durch Zuchtwahl vom gemeinsamen Stamme hervorgegangene Formen überhaupt nicht mehr fruchtbar zu begatten. Die von Europa aus in Paraguay eingeführte Hauskatze hat sich dort nach Rengger im Lauf der Zeit wesentlich verändert und eine entschiedene Abneigung gegen die Europäische Stammform gewonnen. Das europäische Meerschwein paart sich nicht mehr mit der brasilianischen Die Ansichten von Lamarck und Geoffroy Saint-Hilaire. 85 Form, von der es wahrscheinlich abstammt. Das Porto-Santo-Kaninchen, welches im 15. Jahrhundert von Europa aus auf Porto-Santo bei Madeira über- tragen wurde, hat sich in dem Grade verändert , dass seine Kreuzung mit den Europäischen Kaninchen-Rassen nicht mehr gelingt. Wir können daher auch in Bezug auf Zeugung und Fortpflanzung be- haupten, dass wohl ein bedeutender Unterschied, aber keine absolute Grenzlinie zwischen Art und Varietät besteht. Die Ansichten von Lamarck und Geoffroy Saint-Hilaire. Bei der offenbaren Schwierigkeit, den Artbegriff scharf zu defmiren, waren schon am Anfange dieses Jahrhunderts angesehene und ausgezeichnete Natur- forscher, einerseits durch die fast ununterbrochene Stufenreihe der Formen, andererseits durch die Resultate der sog. künstlichen Züchtung zur Bekämpfung der herrschenden Ansicht von der Unabänderlichkeit der Arten veranlasst. Lamarck stellte bereits im Jahre 1809 in seiner Philosophie zoologique die Lehre von der Abstammung der Arten von einander auf, indem er die all- mähligen Veränderungen zum kleinen Theil von den wechselnden Lebens- bedingungen, grossentheils aber von dem Gebrauche und Nichtgebrauche der Organe ableitete. Die Art und Weise seiner Erklärungsversuche stützte sich freilich nicht auf eine streng ausgebildete und tiefer durchdachte Theorie, sondern mehr auf eine zum Theil recht grobe Anschauungsform, die in einzelnen Fällen geradezu lächerlich erschien, in andern wohl möglich sein, niemals aber bewiesen werden konnte. So sollte z. B. die lange Zunge der Spechte und Ameisenfresser durch die Gewohnheit dieser Thiere entstanden sein, die Nahrung aus engen und tiefen Spalten und Oeffnungen hervorzuholen. Der Hals der Giraffe verdankte seine Länge dem beständigen Hinaufrecken nach dem Laube höherer Bäume. Die Schwimmhäute zwischen den Zehen bildeten sich in Folge der Schwimmbewegungen zahlreicher zum Wasserleben gezwungener Thiere. Neben der Anpassung legte Lamarck das grösste Gewicht zur Er- klärung seiner Abstammungslehre auf die Vererbung, auf welche er die Aehn- lichkeitsabstufungen der einzelnen Gruppen zurückführte. Das Auftreten der einfachsten Organismen erklärte er auf dem Wege der Urzeugung und nahm an, dass anfangs nur die allereinfachsten und niedrigsten Thiere und Pflanzen existirten. Geoffroy Saint-Hilaire sprach als Verfechter der Idee von dem ein- heitlichen Organisationsplane aller Thiere vor seinem Gegner G u vier die Ueber- zeugung aus, dass die Arten nicht von Anfang an in unveränderter Weise existirt hätten. Obwohl im Wesentlichen mit der Lehre Lamarck 's von der Ent- stehung und Transmutation der Arten in Uebereinstimmung , schrieb er der eigenen Thätigkeit des Organismus für die Umbildung einen geringern Einfluss zu und glaubte die Umbildungen durch die direkte Wirkung der Veränderungen der Aussenwelt (monde ambiant) erklären zu können. So sollten in Folge der Verminderung des Kohlensäure - Gehaltes in der Atmosphäre aus Eidechsen Vögel entstanden sein, indem, wie er sich dachte, der durch den grössern 86 Lyell und Forbcs. Sauerstoffgehalt gesteigerte Athmungsprocess eine höhere Bluttemperatur und energischere Muskel- und Nerventhätigkeit bewirkt habe, und die Schuppen zu Federn geworden seien. Endlich wird Göthe in gewissem Sinne als Anhänger und Mitbegründer der Transmutationslehre betrachtet, jedoch mit Unrecht, da man nicht sagen kann, dass er je die Vorstellung einer factischen Umwandlung der Arten gehabt und verkündigt hat. Durch seine ganze Art, die Dinge der Umgebung zu betrachten, war er zu einer geistreichen Verknüpfung des nebeneinander be- stehenden Mannichfaltigen gedrängt, welches sich seinem geistigen Auge nicht nur in zweckmässiger Harmonie, sondern in »unaufhaltsam fortschreitender Umbildung« darstellte. Während derselbe in seinen naturwissenschaftlichen Arbeiten (die Metamorphose der Pflanzen, Wirbeltheorie des Schädels, über den Zwischenkiefer des Menschen) von dem Gedanken erfüllt war, in der Mannich- faltigkeit der Erscheinungen die Einheit der Grundlage nachzuweisen , sprach er sich an zahlreichen ') Stellen seiner übrigen Schriften und Werke in mehr allegorischer Auffassung für eine unaufhaltsame Umbildung und für die Einheit des Lebendigen aus; doch blieben seine eben so schönen als bedeutenden Aussprüche mehr geistreiche Apercus, es fehlte ihnen das Fundament einer ausgebildeten auf Thatsachen gestützten Theorie. Auf die Ansichten dieser Forscher musste dann später die durch Hoff- mann in Deutschland, sowie besonders durch die Engländer Lyell undForbes herbeigeführte Umgestaltung der geologischen Grundanschauungen zurückzu- führen. Anstatt durch die Guvier'sche Lehre von grossen Erdrevolutionen und aussergewöhnlichen, alles Leben vernichtenden Katastrophen, suchte Lyell (Principles of Geology) die geologischen Veränderungen aus den noch heute ununterbrochen und allmählig wirkenden Kräften mit Benutzung sehr be- deutender Zeiträume zu erklären. Indem die Geologen mit Lyell die Hypothese von zeitweise erfolgten Störungen des gesetzmässigen Naturverlaufes aufgaben, mussten sie auch die Continuität des Lebendigen für die aufeinander folgenden Perioden der Erdbildung annehmen und die grossen Veränderungen der orga- nischen Welt auf kleine und langsam, aber während grosser Zeiträume ununter- 1) Von den bezüglichen Stellen, welche in der generellen Morphologie von R Haeckel in grösserer Zahl zusammengestellt sind, mögen hier nur folgende an- gezogen werden. Alle Glieder bilden sich aus nach ew'gen Gesetzen, Und die seltenste Form bewahrt im Geheimen das Urbild. Also bestimmt die Gestalt die Lebensweise des Thieres Und die Weise zu leben, sie wirkt auf alle Gestalten Mächtig zurück. So zeiget sich fest die geordnete Bildung, Welche zum Wechsel sich neigt durch äusserlich wirkende Wesen. Aus der »Metamorphose der Thiere«. Eine innere und ursprüngliche Gemeinschaft liegt aller Organisation zu Grunde; die Verschiedenheit der Gestalten dagegen entspringt aus den nothwendigen Beziehungs- verhältnissen zur Aussenwelt, und man darf daher eine ursprüngliche, gleichzeitige Ver- schiedenheit und eine unaufhaltsame Umbildung mit Recht annehmen, um die ebenso Constanten ale abweichen4en Erscheinungen begreifen zu können. Die Descendeuzlehre, gestützt auf das Princip der natürlichen Auswahl. 87 brochen wirkende Einflüsse zurückzuführen suchen. Die Veränderlichkeit der Art , die Entstehung neuer Arten aus älteren Stammformen im Laufe unend- licher Zeiträume wird demnach seit Lyell als nothwendiges Postulat von der Geologie in Anspruch genommen , um auf natürlichem Wege ohne die Voraus- setzung wiederholter Schöpfungsacte die Verschiedenheiten der Thiere und Pflanzen für die aufeinander folsrenden Perioden zu erklären. Die Descendenzlehre , gestützt auf das Princip der natürlichen Auswahl. (Darwinismus). Indessen bedurfte es einer besser begründeten und durch ein festeres Fundament gestützten Theorie, um der bereits durch Lamarck und Geoffroy Saint-Hilaire vertretenen aber unbeachtet gebliebenen Transmutations- hypothese grösseren Nachdruck zu verleihen, und es ist das Verdienst des grossen englischen Naturforschers Gh. Darwin, mit Benutzung eines um- fassenden wissenschaftlichen Materiales für die Entstehung und Umwandlung der Arten eine Lehre begründet zu haben , welche in engem Anschlüsse an die Ansichten Lamarck's und Geoffroy's und im Einklang mit den^von Lyell aufgestellten Voraussetzungen sowohl durch die Einfachheit des rrincips als durch die objectiv geistvolle und überzeugende Durchführung, trotz der Wider- sprüche mannichfaltiger Gegner , schon jetzt zu fast allgemeiner Anerkennung gelangt ist. Darwin *) geht in seinem Versuche, die Descendenz- und Trans- mutationshypothese zu begründen, von dem Gesetze der Erblichkeit aus, nach welchem sich die Charaktere der Eltern auf die Nachkommen übertragen. Neben der Erblichkeit besteht aber eine durch die besondern Ernährungsver- hältnisse bedingte Anpassung, eine beschränkte Variabilität der Formgestaltung, ohne welche die Individuen gleicher Abstammung identisch sein müssten. Mit der Vererbung des Gleichartigen verknüpft sich die individuelle Variation in den Eigenschaften der Nachkommen, und es entstehen auf diesem Wege Ab- änderungen, auf welche von Neuem das Gesetz der Vererbung Anwendung findet. Vornehmlich sind die Culturpflanzen und Hausthiere, deren Einzel- wesen weit mehr variiren, als die im freien Naturzustande lebenden Geschöpfe, zu Abänderungen geneigt, und CulturfäkiQ'keit ist im Grunde nichts anderes, als die Fähigkeit , veränderten Bedingungen der Ernährung und Lebensweise den Organismus unterzuordnen und anzupassen. Es beruht die Jcünstliche Züchtung, durch welche es dem Menschen gelingt, mittelst zweckmässiger Äus- i<;aÄ^ bestimmte, seinen Bedürfnissen entsprechende Eigenschaften der Thiere und Pflanzen zu erzielen , auf der Wechselwirkung von Vererbung und indi- 1) Ch. Darwin, On the origin of species by means of natural selection. London. 1859, übersetzt von Bronn. Stuttgart. 1860. Dasselbe bereits in sechster englischer .Auflage erschienen, welche in der fünften AufFage der deutschen Ausgabe von V. Carus übersetzt ist. Stuttgart. 1872; ferner Ch. Darwin, das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication , übersetzt von V. Carus. Bd. I und II. 2. Auflage, Stuttgart. 1873. 88 Princip der natürlichen Züchtung. vlduellen Variation, beziehungsweise Anpassung, und es ist sehr wahrscheinlich, dass auf diesem Wege die zahlreichen Hausthierrassen in früheren Zeiten grossen- theils unbewusst vom Menschen geschaffen sind, wie heutzutage mit Absicht neue Abarten in immer grösserer Zahl gezüchtet werden. Aber auch im Natur- leben wirken ähnliche Vorgänge, um Abänderungen und Varietäten ins Leben zu rufen. Es gibt auch eine natürliche Züchtung, welche durch den Kampf der Organismen um die Existenz ins Leben gerufen, bei der Kreuzung eine natürliche Auswahl veranlasst. Alle Thiere und Pflanzen stehen, wie bereits Decandolle und Lyell mit Scharfsinn erörtert haben, in gegenseitiger Mit- bewerbung und ringen unter einander und mit den äussern Lebensbedingungen um ihre Erhaltung. Die Pflanze kämpft mit grösserm oder geringerm Glück gegen die Verhältnisse des Klimas, der Jahreszeit und des Bodens , sie entzieht durch überreiches Wachsthum anderen Pflanzen die Möglichkeit des Fort- bestehens. Die Thiere stellen den Pflanzen nach und leben in gegenseitigem Vernichtungskriege; die Fleischfresser nähren sich grossentheils von den Pflanzen- fressern. Dabei sind alle bestrebt , sich in starkem Verhältnisse zu vermehren. Jeder Organismus erzeugt weit mehr Abkömmlinge als überhaupt bestehen können. Bei einer bestimmten Grösse der Fruchtbarkeit muss jede Art einer entsprechenden Grösse der Zerstörung ausgesetzt sein , denn fiele die letztere aus, so \vfirde sich die Zahl ihrer Individuen in geometrischer Progression so ausserordentlich vermehren, dass keine Gegend das Erzeugniss ernähren könnte Fiele umgekehrt der durch die Fruchtbarkeit , Grösse , besondere Organisation, Färbung etc. gegebene Schutz hinweg , so müsste die Art bald von der Erde verschwinden. Unter den verwickelten Lebensbedingungen und gegenseitigen Beziehungen ringen selbst die entferntesten Glieder (wie der Klee und die Mäuse) umis Dasein , aber der heftigste Kampf betrifll die Einzelwesen derselben Art, welche die gleiche Nahrung suchen und gleichen Gefahren ausgesetzt sind. In diesem Kampfe werden nothwondig diejenigen Individuen, welche durch ihre besonderen Eigenschaften am günstigsten gestellt sind, am meisten Aussicht haben, zu überdauern und ihres Gleichen zu erzeugen, also auch die der Art nützlichen Abänderungen fortzupflanzen und in den Nachkommen zu erhalten, beziehungsweise zu vergrössem. Wie die künstliche Züchtung eine durch die Vortheile des Menschen bestimmte , absichtliche Auswahl trifft , um allmählig merkliche Abänderungen zu schaffen, so führt die natürliche Züchtung in Folge des Kampfes um die Existenz zu einer natürlichen Auswahl, welche die der Thierart vortheilhaften Abänderungen ins Leben ruft. Da aber der Kampf ums Dasein zwischen den nächststehenden Lebensformen um so heftiger sein muss , je mehr sie sich gleichen , so werden die am meisten divergirenden die gtösste Aussicht haben, fortzubestehen und Nachkommen zu erzeugen, daher ist die Divergenz des Gharacters und das Erlöschen der Mittelformen noth- wendige Folge. So werden durch Gombinirung nützlicher Eigenschaften und durch Häufung ursprünglich sehr kleiner vererbter Eigenthümlichkeiten immer weiter auseinander weichende Varietäten entstehen, was Darwin an freilich erdachten Beispielen nachzuweisen sucht; es erklärt sich aber nun, wesshalb alles an den Organismen zweckmässig eingerichtet ist, um scheinbar die Existenz auf die beste Weise sicher zu stellen. Die grosse Reihe von Erscheinungen, Zweckmässigkeit als Nothwendigkeit. 89 welche man bisher nur teleologisch umschreiben konnte, wird somit auf Causal- verhältnisse, an/ nothivendvj wirkende Ursachen zurückgeführt und in ihrem natürlichen Zusammenhange verständlich gemacht. Diese Lehre von der natürlichen Züchtung {Seleciionstheorie) stützt sich einerseits auf die Wechselwirkung von Vererbung und Anpassung , andererseits auf den überall in der Natur nachweisbaren Kampf ums Dasein, und erscheint als das Fundament der Darwin 'sehen Theorie. In ihrem Grundgedanken eine Anwendung der Populationslehre von Malthus auf das Thier- und Pflanzen- reich, \vurde sie gleichzeitig mit Darwin auch von Wallace ^) entwickelt, von Darwin aber in der umfassendsten wissenschaftlichen Begründung durch- geführt. Freilich müssen wir eingestehn, dass die Züchtungslehre Darvvin's, obwohl auf biologische Vorgänge und offenbar wirksame Gesetze des Natur- lebens gestützt , doch weit davon entfernt ist , die letzten Ui-sachen und den physikalischen Zusammenhang für die Erscheinungen der Anpassung und Ver- erbung aufzudecken, da sie nicht die Gründe nachzuweisen vermag, wesshalb diese oder jene Variation als nothwendig bestimmte Folge veränderter Lebens- und Emährungsbedingungen auftreten muss und wie sich die mannichfachen und wunderbaren Erscheinungen der Vererbung als Functionen der organischen Materie ergeben. Offenbar ist es eine starke Uehertreibung ^), wenn begeisterte Anhänger die Theorie Darwin's Newton's Gravitationstheorie als ebenbürtig an die Seite setzen, weil »dieselbe auf ein einziges Grundgesetz, eine einzig wirkende Ursache, nämlich auf die Wechselwirkung der Anpassung und Vererbung« gestützt sei. Sie übersehen aber ganz und gar , dass es sich hier nur um den Nachweis eines mechanisch causalen Zusammenhangs zwischen biologischen Erscheinungsreihen, nicht im entferntesten aber um eine physikalische Evklärnng handelt. Mögen wir immerhin berechtigt sein, die Erscheinungen der Anpassung auf Vorgänge der Ernährung und des Stoffumsatzes zu beziehn, die Erblichkeit eine »physiologische Funktion« des Organismus zu nennen , so muss uns doch klar sein , dass wir zur Zeit diesen Erscheinungen gegenüberstehn , wie der Wilde dem Linienschiffe. Während uns die mannichfachen Thatsachen der Vererbung ^) vollkommen räthselhaft bleiben , sind wir wenigstens für gewisse Veränderungen der Organe zuweilen im Stande, uns in allgemeiner Umschrei- bung physikalische Gründe aus den veränderten Bedingungen des Stoffwechsels zu Recht zu legen ; nur selten vermögen wir — wie im Falle der Wirkung des Gebrauchs und Nichtgebrauchs — in mehr direkter Weise die vermehrte oder verminderte Ernährung, also eine chemisch-physikalische Ursache, für die Ver- grösserung oder Verkümmerung der Organe einzusehn. Man hat Dar w in mit Unrecht vorgeworfen, dass er in seinem Erklärungs- versuche für das Auftreten von Varietäten dem Zufall eine bedeutende Rolle 1) Vergl. auch A. B. Wallace, Beiträge zur Theorie der natürlichen Zuchtwahl. Autorisirte deutsche Ausgabe von A. B. Meyer. Erlangen. 1870. 2) Vergl. E. Haeckel, Natürliche Schöpfungsgeschichte. 4. Auflage. Berlin. 1873. pag. 23, 25 etc. 3) Ebenso ist es ein Missbrauch mit dem Begriff des Wortes »Gesetz« , wenn man die zahlreichen theil weise sich widersprechenden und beschränkenden Erscheinungen der Vererbung als eben so viele Vererbungs- »Gesetze« darstellt. 90 Entstehung neuer Arten aus Varietäten. einräume, das ganze Gewicht auf die Wechsel Verkettungen der Organismen im Kampfe ums Dasein lege, dagegen den direkten Einfluss physikalischer Wirkung auf Formabweichungen unterschätze. Dieser Vorwurf scheint mir jedoch aus einer unzureichenden Würdigung des ganzen Principes zu entspringen. Darwin sagt selbst, dass der öfter von ihm gebrauchte Ausdruck Zufall — für das Auf- treten irgend welch' kleiner Abänderung — eine ganz incorrekte Ausdrucks- weise sei , nur geeignet , unsere gänzliche Unwissenheit über die physikalische Ursache jeder besondern Abweichung zu bekunden. Wenn Darwin aller- dings durch eine Reihe von Betrachtungen zu dem Schlüsse kommt, den Lebens- bedingungen, wie Klima, Nahrung etc. für sich allein einen nur geringen directen Einfluss auf Veränderlichkeit zuzuschreiben, da z. B. dieselben Varietäten unter den verschiedensten Lebensbedingungen entstanden seien und verschiedene Varietäten unter gleichen Bedingungen auftreten, auch die zusammengesetzte Anpassung von Organismus an Organismus unmöglich durch solche Einflüsse hervorgebracht sein können, so erkennt er doch den primären Ardass zu ge- ringen Abweichungen der Structur in der veränderten Beschaffenheit der Nahrungs- und Lehenshedingungen ; aber erst die natürliche Zuclitwahl häuft und verstärkt jene Abweichungen in dem Masse, dass sie für uns wahrnehmbar werden und eine in die Augen fallende Variation bewirken. Gerade auf der nnigen Verknüpfung direkter physikalischer Einwirkung mit dem Erfolge der natürlichen Zuchtwahl beruht die ganze Stärke der Darwin 'sehen Beweis- fühi'ung. Die Entstehung von Varietäten und Rassen, die sich mittelst der natür- lichen Züchtung in ungezwungener Weise erklärt, ist aber nur der erste Schritt in den Vorgängen der stetigen Umbildung der Organismen. Wie langsam und allmählig auch der Process der Zuchtwahl wirken mag , so bleibt doch keine Grenze für den Umfang und die Grösse der Veränderungen , für die endlose Verknüpfung der gegenseitigen Anpassungen der Lebewesen, wenn man für die Wirksamkeit der natürlichen Zuchtwahl sehr lange Zeiträume in Anschlag bringt. Mit Hülfe dieses neuen Faktors der bedeutenden Zeitdauer , welche nach den Thatsachen der Geologie nicht von der Hand gewiesen werden kann und in unbegrenztem Masse zur Verfügung steht, fällt die Kluft zwischen Varietäten und Arten hinweg. Indem die ersteren im Laufe der Zeit immer mehr auseinanderweichen — und je mehr sie das thun und in ihrer Organisation differenzirt werden, um so besser werden sie geeignet sein, verschiedene Stellen im Haushalte der Natur auszufüllen , um so mehr an Zahl zuzunehmen — so gewinnen sie schliesslich die Bedeutung von Arten, welche sich im freien Natur- leben nicht mehr kreuzen oder wenigstens nur ausnahmsweise noch Nach- kommen erzeugen. Bie Varietät ist daher nach Darwin beginnende Art. Varietät und Art sind durch continuirliche Abstufungen verbunden und nicht absolut von einander getrennt, sondern nur relativ durch die Grösse der Unterschiede in den morphologischen (Formcharakteren) und physiologischen (Kreuzungsfähigkeit) Eigenschaften verschieden. Dieser Schluss Darwins, welcher die Resultate der natürlichen Züchtung von der Varietät auf die Art ausdehnt, findet von Seiten der Gegner, welche meistens in Vorurtheilen befangen , den herkömmlichen Begriffen die Fortschrcitpndc Divergenz der Arten. 91 Erscheinungen des Naturlebens unterordnen, eine hartnäckige und oft erbitterte Bekämpfung. Wenn dieselben auch die Thatsachen der Variabilität nicht läugnen können und selbst den Einfluss der natürlichen Zuchtwahl auf Bildung von natürlichen Rassen zugestehen , so bleiben sie doch dem Glauben an eine absolute Scheidewand zwischen Art und Abart treu. In der That sind wir jedoch nicht im Stande, eine solche Grenzlinie zu ziehen. Weder die Qualität der unterscheidenden Merkmale noch die Resultate der Kreuzung liefern uns entscheidende Kriterien für Art und Abart. Die Thatsache aber, dass wir keine befriedigende Definition für den Artbegriff ableiten können , eben weil wir Art und Varietät nicht scharf von einander abzugrenzen vermögen , fallt für die Zulässigkeit der Darwin'schen Schlussfolgerung um so schwerer in die Wag- schale, als weder die Variabilität der Organismen und der Kampf um das Dasein, noch die sehr lange Zeitdauer für die Existenz des Lebendigen bestritten werden können. Die Variabilität der Formen ist ein feststehendes Factum, ebenso der Kampf ums Dasein. Gibt man aber bei diesen beiden Factoren die Wirksamkeit der natürlichen Züchtung zu, so wird man zunächst die Varietäten- und Rassenbildung zu verstehen vermögen , obwohl die directe Beobachtung nicht einmal diese zu erweisen im Stande ist. Denkt man sich nun aber den- selben Process, welcher zur Entstehung von Varietäten führt, in einer immer grössern Zahl von Generationen fortgesetzt und während um vieles grösserer Zeiträume wirksam — und man wird in der Verwendung enormer Zeiträume um so weniger durch eine Grenze gebunden sein , als solche die Geologie zur Erklärung ihrer Erscheinungen fordert — so werden sich die Abw^eichungen immer höher und zu dem Werthe von Artverschiedenheiten steigern. In noch grössern Zeiträumen werden sich die Arten bei gleichzeitigem Erlöschen der Zwischenglieder und Aussterben mancher altern unter den neuen Verhältnissen des Kampfes um das Dasein nicht mehr entsprechend aus- gerüsteten Arten so weit von einander entfernen, dass wir sie zu verschiedenen Gattungen stellen und nach dem Masse ihrer Verschiedenheiten in Familien gruppiren. Die grössern und tiefer greifenden Gegensätze der Organisation, wie sie in den stufenweise höhern Kategorien des Systemes zum Ausdruck kommen, werden ihrem Ursprung nach in entsprechend ältere Zeiten zurück- reichen. Demgemäss dürften auch die verschiedenen Stammformen der Glassen eines Typus schliesslich auf denselben Ausgangspunkt zurückführen. Da aber auch die verschiedenen Typen durch mannichfaltige vornehmlich die ein- fachem Glieder verbindenden Uebergangsformen mehr oder minder eng ver- knüpft sind, so wird sich die Zahl der ursprünglichen Grundformen ausser- ordentlicli reduciren, und da w-ahrscheinlich bei dem Zusammenhang zwischen Thier- und Pflanzenreich die ungeformte contractile Substanz, Sarcode und Protoplasma , der Ausgangspunkt alles organischen Lebens gewesen sein mag, sind auch die Stammformen, welche zu den Gegensätzen der Typen innerhalb des Thierreiches geführt haben , genetisch unter einander in näherem oder entfernterem Masse verbunden. Dann aber hat die Art die Bedeutung einer selbständig geschaffenen und unveränderlichen Einheit verloren und erscheint in dem grossen Entwick- lungsgesetz als ein vorübergehender auf kürzere oder längere Zeitperioden 92 Veränderter Begriff der Art und des nützlichen Systems. beschränkter und veränderlicher Formenkreis, als Inbegriff der Zetigungs- hrcise, welche bestimmten Existenzbedingungen entsprechen und unter diesen eine gewisse Con stanz der wesentlichen Merkmale bewahren. Die verschiedenen Kategorien des Systems bezeichnen den näheren oder entfernteren Grad der Blutsverwandtschaft und das System ist der Ausdruck der genealogischen auf Abstammung gegründeten Verwandtschaft. Dasselbe muss aber als eine lückenhafte und unvollständige Stammtafel erscheinen, da die ausgestorbenen Urahnen der Organismen unserer jetzigen Periode aus der geologischen Ur- kunde nur sehr unvollkommen zu erschliessen sind, unzählige Zwischenglieder fehlen, und vollends aus den ältesten Zeiten keine Spuren organischer Ueber- reste erhalten sind. Nur die letzten Glieder des unendlich umfassenden und verästelten Stammbaumes stehen uns in ausreichender Zahl zur Verfügung, nur die äussersten Spitzen der Zweige sind vollständig erhalten, während von den zahllosen auf das mannichfaltigste ramificirten Zweigen und Aestchen nur hier und da ein Knotenpunkt erkannt wird. Daher erscheint es bei dem gegen- wärtigen Stande unserer Erfahrungen ganz unmöglich, eine hinreichend sichere Vorstellung von diesem natürlichen Stammbaum der Organismen zu gewinnen, und wenn wir auch in E. Haeckels genealogischen Versuchen die Umsicht und Kühnheit der Speculationen bewundern, so müssen wir doch zugestehn, dass zur Zeit im Einzelnen einer Unzahl von Möglichkeiten freier Spielraum bleibt , und das subjective Ermessen anstatt des objectiven Thatbestandes zu sehr in den Vordergrund tritt. Wir werden uns daher vorläufig mit einer un- vollständig erkannten mehr oder minder künstlichen Anordnung begnügen, obwohl wir im Stande sind, den Begriff des natürlichen Systemes theoretisch festzustellen. Wenn wir die Beweisgründe der Darwin 'sehen Selectionstheorie und der auf dieselbe gegründeten Transmutationstheorie einer Kritik unterziehen, so kommen wir sehr bald zu der Ueberzeugung, dass eine directe Beweisführung zur Zeit und vielleicht überhaupt für die Forschung unmöglich ist, da sich die Lehre auf Voraussetzungen stützt, welche der Controle der directen Beobachtung entzogen sind. Während nämlich für die Umwandlungen der Formen unter natürlichen Lebensbedingungen Zeiträume gefordert werden , die auch nicht annähernd menschlicher Beobachtung zur Verfügung stehen , sind anderseits die bestimmten und sehr complicirten Wechselwirkungen , welche im Natur- leben die Lebensformen im §inne der natürlichen Züchtung zu verändern be- streben, nur im Allgemeinen abzuleiten, im Einzelnen aber so gut als unbekannt. Auch entziehen sich die in der freien Natur lebenden unter dem Einflüsse der natürlichen Züchtung stehenden Thiere und Pflanzen dem Experiment des Menschen vollständig, und die verhältnissmässig wenigen Formen, welche der Mensch früher oder später in seine volle Gewalt gebracht hat , sind durch die künstliche Zuchtwahl verändert und umgestaltet. Die Wirkung der natürlichen Züchtung im Sinne Darwin 's ist daher überhaupt nicht direct zu beweisen, sondern selbst für die Entstehung von Varietäten nur an erdachten Beispielen zu beleuchten und wahrscheinlich zu machen. Immerhin geben uns die Resultate der künstlichen Züchtung, die zahlreichen und bedeutenden Um- Einwürfe gegen die Selectionstheorie. 93 gestaltungen ^), durch welche die Culturerzeugnisse in so mannichfacher Weise den Bedürfnissen des Menschen angepasst \\'urden , um so werthvollere Hin- weisungen , als es sich ja auch hier um natürliche , das heisst aus der Natur des Organismus zu erklärende Anpassungen der Form an die veränderten Lebensbedingungen handelt. Einwürfe gegen die Selectionstheorie. Man hat gegen die Anwendharlceit des Principes der natürlichen Zucht- wahl, auf dem in letzter histanz die von Darwin gegebene Begründung der Transmutationslehre beruht, eine grosse Zahl von Einwürfen erhoben, von denen die wichtigsten besprochen und auf ihren Werth geprüft werden sollen. Man hat mit Recht gefragt, weshalb wir nun nicht die unzähligen Ueber- gänge, welche nach der Selectionstheorie zwischen Varietäten und Arten existirt haben , in der Natur aufzufinden im Stande sind und den Einwurf er- hoben, dass unter den erörterten Voraussetzungen statt der mehr oder minder wohl begrenzten Arten ein buntes Chaos von Formen zu erwarten sei. Dem ist jedoch folgendes zu entgegnen. Da die natürliche Zuchtwahl ausserordent- lich langsam und 7iur dann wirkt, wenn voriheilhafte Abänderungen auftreten von den Abänderungen aber stets die divergentesten Glieder für den Kampf ums Dasein am günstigsten ausgerüstet sind, so werden die zahlreichen kleinen Zwischenstufen längst verschwunden sein , wenn im Laufe der Zeit eine als solche erkennbare Varietät zur Entwicklung gelangt ist. Natürliche Zucht- wahl geht stets mit Vernichtung der Zwischenformen Hand in Hand und bringt durch den Vervollkommnungsprocess nicht nur gewöhnlich die Stamm- form, sondern sicher in allen Fällen die allmähligen Uebergänge der Reihe nach, zum Erlöschen. Nun sollte man wenigstens Reste von näliern oder ent- fernteren Mittelgliedern in den Ablagerungen der Erdrinde eingebettet finden, und diese sind auch in der Tliat, wie wir später zeigen werden, für eine Reihe von Formen bekannt geworden. Däss wir nur selten grössere und zusammen- hängende Reihen continuirlich aufeinanderfolgender Abänderungen in um- fassenderem Massstabe nachzuweisen im Stande sind, erklärt sich aus der grossen Unvollständigkeit der geologischen Urkunde. Man sollte ferner überall da, wo auf zusammenhängenden Ländergebieten in verschiedenen Breiten und Höhen, unter abweichenden geographischen Verhältnissen der Boden- beschaf^'enheit und des Klimas verwandte Varietäten oder stellvertretende Arten, welche von gemeinsamer Stammform ausgegangen sind, nebeneinander leben, in den Grenzbezirken die Existenz von Mittelformen erwarten. In Wirk- lickeit aber sind geographische Varietäten und vicariirende Arten ^) gewöhnlich 1) Vergl. Darwin, Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. ü ebersetzt von V. Carus. I. u. II. Band. 2. Aufl. Stuttgart. 1872, 2) Ein merkwürdiges Beispiel von Uebergangaformen lebender Arten hat jüngst H. W. Bates mitgetheilt. >Eine Allgemeine Aehnlichkeit der Species mit denen von Guayana ist einer der Hauptzüge in der Zoologie des Amazonenthaies; aber in den 94 Bedeutung der Isolation. so vertheilt, dass sie an den Grenzen ihrer Verbreitungsbezirke seltener werden und zuletzt ohne Zwischenformen ganz verschwinden, zuweilen kommen jedoch in den schmalen Grenzdistricten Zwischenvarietäten in beschränkter Individuen- zahl vor. Wir müssen jedoch berücksichtigen, dass viele jetzt zusammen- hängende Gegenden in früheren Perioden , wie manche Continente noch zur Tertiärzeit , als Inselgruppen von einander gesondert waren , andere Gebiete durch schwer zu überschreitende Schranken hoher Gebirge und breiter Ströme in Regionen getheilt sind, in welchen der Verkehr für zahlreiche Organismen sehr gehemmt, die Ein- und Auswanderung schwer beweglicher Formen voll- kommen abgeschnitten sein kann. Isolirung aber muss in hohem Grad die Entwicklung vicariirender Abänderungen und stellvertretender Arten in den getrennten Gebieten begünstigen, da die verschiedenen Lebensbedingungen die Verhältnisse der Concurrenz im Kampfe ums Dasein verändern , hingegen die Entstehung geographischer Mittelformen ganz unmöglich machen. In der That stimmt hiermit die bekannte Thatsache, dass isolirte Gebiete, wie beson- ders Inseln, reich an sog. endemischen Arten sind. So bedeutend immerhin der Einfluss sein mag, den die räumliche Isolirung auf Entstehung von Varietäten und Arten ausübt , so erscheint dieselbe doch keineswegs, wie neuerdings M. Wagner') in seiner Migrationslehre darzuthun glaubte , als nothwendige Bedingung für den Erfolg der Zuchtwahl. Da sich die ersten unmerklich kleinen Abänderungen , welche den Anfang zur Ent- stehung einer Varietät bilden , im Kampfe mit einer Ueherzahl von unver- änderten Individuen befinden , mit denen sie zusammenleben und in unbe- schränkter Kreuzung verkehren , demgemäss also nichts vorhanden sei, was dem für den Thierzüchter so wesentlichen Principe der Isolirung entspreche, so würden schon sehr früh die besondern Eigenschaften wieder verschwinden müssen, bevor sie sich zur Ausbildung einer bestimmt ausgeprägten Varietät hätten häufen und steigern können. Nur die Migration mit nachfolgender Niederungen findet sich eine grosse Zahl localer Varietäten, und viele von ihnen sind so verändert, dass sie für besondere Species gelten können, was sie nach der angenom- menen Definition von Art auch wirklich sind. In dem etwas trocknen District von Obydos haben die Formen grössere Aehnlichkeit mit ihren guayanischen Urbildern behalten«. Wir scheinen hier einen Blick in die Bildung neuer Species werfen zu können. Von den Varietäten und nahe verwandten Species der dem tropischen America eigenthümlichen Faltorgattung Heliconius ist H. Melpoviene in Guayana, Venezuela etc. sehr verbreitet und schmückt die sandigen Gänge in den Wäldern von Obydos, während ihre Stelle in feuchten Wäldern des Amazonenthaies von H. Thelxiope vertreten wird. Nun kommen aber an zwei Stellen von Walddistricten , welche zwischen den trocknen und feuchten Gebieten die Mitte halten , bastardähnliche Uebergangsformen in einer vollständigen Kette von Abstufungen vor, so dass es schwer hält, dieselben nach Varietäten zu sondern. Da sich jedoch beide Arten nicht paaren, wohl aber an ver- schiedenen andern Oertlichkeiten mit einander in Berührung kommen, wo die Ueber- gangsformen fehlen, so scheint der Schluss berechtigt, dass beide Species ursprünglich dieselbe Species waren und H. Thelxiope von Melpomene abzuleiten ist. Vergl. H. W. Bat es, der Naturforscher am Amazonenstrom. Leipzig. 1866. 1) Moritz Wagner, Die Darwin'sche Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen. Leipzig. 1868. Unzulänglichkeit der Migrationslehre. 95 Colonisirung, die Auswanderung von Thieren und Pflanzen in räumlich getrennte , durch schwierig zu übersteigende Schranken gesonderte Gegenden und Ländergebiete schaffe die zur Varietätenbildung nothwendige Isolation und wirke um so sicherer, als in den neuen Bezirken die Nahrungs- und Con- currenz-Bedingungen die individuellen Abänderungen begünstigten. Die ersten veränderten Abkömmlinge solcher eingewanderter Golonisten bildeten dann das Stammpaar einer neuen Species und ihre Heimath wurde zum Mittel- punkte des Verbreitungsbezirks der neuen Art. Dem ist jedoch mit Recht entgegnet worden, dass auch durch die Wan- derung eines einzigen Paares über schwer zu passirende Schranken eine ab- solute Abschliessung gegen die Stammart keineswegs zu Stande komme, da ja unter den Nachkommen dieses Paares nur wenige die Anfänge zu neuen nützlichen Eigenschaften besitzen , die meisten aber nüt der Stammform noch völlig übereinstimmen werden. Bei den ausgewanderten Golonisten tritt der die Variation begünstigende Einfluss veränderter Lebensbedingungen erst in den Tochter- und Enkelgenerationen zur Geltung, auch hier würden anfangs eine Ueberzahl von nicht abgeänderten mit der Stammart genau überein- stimmenden Individuen dieselbe vermeintliche Schwierigkeit bieten. Für den Erfolg der Jcünsilichen Züchtung erscheint allerdings die Son- derung der Individuen unumgängliche Bedingung, indessen ist der einfache Schluss von der künstlichen auf die natürliche Zuchtwahl um so weniger zu- treffend , als dort die für die Auswahl massgebenden Eigenschaften von der Neigung und dem Nutzen des Menschen bestimmt werden und keineswegs dem Thiere selbst Vortheil bringen. Wenn aber vortheilhafte Eigenschaften auch in noch so geringem Grade zur Erscheinung treten , so bieten sie wahr- scheinlich schon durch den Nutzen, den sie der Erhaltung der Lebensform gewähren , einen gewissen Ersatz für die bei der unbeschränkten Kreuzung fehlende Isolation. Durch die Nützlichkeit der vorhandenen Eigenschaft wird die Kreuzung mit den Individuen der Ueberzahl, wenn auch nicht gleich beseitigt, so doch beschränkt und die Eigenschaft über eine immer grössere Zahl von Formen ausgebreitet und verstärkt. Indem die abgeänderten Indi- viduen in steter Zunahme begriffen sind, erfahren die unveränderten und minder vortheilhaft ausgerüsteten Formen eine fortschreitende Verminderung, bis sie schliesslich vollständig verschwinden. Immerhin werden wir zugeben, dass eine nur an einem oder wenigen Individuen plötzlich auftretende und bedeutende Abänderung — etwa dem Falle des Niata-Rindes und Ancona- Schafes analog — im Naturleben nur ausnahmsweise , vielleicht niemals eine Varietät zu erzeugen im Stande ist. Auch eine andere, die Unzulänglichkeit der Wagner'schen Auffassung beleuchtende Betrachtung weist daraufhin, dass die kleinen und nützlichen Abänderungen , wenn sie im Laufe von Generationen der natürlichen Zucht- wahl einen wirksamen Erfolg verleihen sollen, sogleich an zahlreichen Indi- viduen hervortreten. Nach Wagner 's Migrationslehre, welche nur dem Räume nach getrennte Varietäten und Arten in's Auge fasst, würde schwer ein- zusehen sein, wie neue Varietäten und Arten in zeitlicher Aufeinanderfolge auf demselben Ramngebiete während allmähliger geographischer und klimatischer 96 Abänderungen auf demselben Kaumgebiete. Veränderungen aus alten Arten hervorgehen könnten. Gerade ausgedehnte und zusammenhängende Gebiete sind für die rasche Erzeugung von Abänderungen und für die Entstehung verbreiteter und zu einer langen Dauer befähigten Arten wegen der Mannichfaltigkeit der Lebensbedingungen besonders günstig, wie Darwin treffend erörtert hat. Auch treffen wir recht oft in den ver- schiedenen Schichten ein und derselben Ablagerung an der gleichen Oertlich- keit zusammengehörige Varietäten, ja selbst Reihen von Abänderungen an. Wenn wir uns auch über die besondern Vorgänge, welche im einzelnen Falle die auftretende kleine Variation irgend eines Organes veranlasst haben, in voller Unkenntniss befinden und desshalb dem Worte Zufall einen häufigen Gebrauch einräumen, so werden wir doch als Ursache der noch so kleinen Variation die Wirkung bestimmter wenn auch nicht bekannter physikalischer Bedingungen der Ernährung im weitesten Sinne des Wortes anzuerkennen haben. Für die letztern aber sind von grosser Bedeutung die besondem tellurischen und klimatischen Bedingungen, welche im Laufe der Zeiten nach- weisbar einen langsamen aber mannichfachen Wechsel erfahren und mit dem- selben insbesondere die Goncurrenzbedingungen der Organismen im Kampfe ums Dasein wesentlich verändert haben. Während der Perioden eines lang- samen aber von bedeutenden Resultaten begleiteten Wechsels der Temperatur, der Bodengestaltung und des Klimas werden die nämlichen Ursachen gleich- zeitig und mit ähnlicher Intensität auf zahlreiche Individuen gleicher Art ein- gewirkt und hierdurch den primären Anstoss zu kleinen 'Variationen gegeben haben, durch welche zahlreiche Individuen in gleicher Richtung, wenn auch anfangs in sehr geringem Grade, abgeändert wurden. Nachher erst, nachdem durch den primären Anlass physikalischer Ursachen zahlreiche Lebensformen von der gleichen Variations-Tendenz ergriffen waren, wirkte die natürliche Züchtung für die Erhaltung und Steigerung bestimmter und nützlicher Modificationen erfolgreich ein. Neuerdings hat sich M. Wagner ^), nachdem ihm klar geworden war, dass das »Migrationsgesetz« die Negation des Principes der natürlichen Zucht- 1) M. Wagner, >Ueber den Einfluss der geographischen Isolirung und Colonien- bildung auf die morphologischen Veränderungen der Organisment. Sitzungsberichte der K. Akademie zu München. 1870. W. spricht in dieser zweiten Schrift als tiefe Ueberzeugung aus, dass die >natür- liche Züchtung« neuer Arten etc. in dem von Darwin aufgefassten Sinne ein Irrthum ist. Uebrigens gibt W. seiner Migrationslehre eine Gestalt, die im Grunde einer Auf- hebung gleich zu erachten ist, wenn er nunmehr die für die Separation massgebenden Schranken zu so minimalen herabdrückt, dass sie als Hemmniss der Ausbreitung nur noch in der Idee Bedeutung behalten. Hält er doch die Buchten und Tiefen ein und desselben Süsswasscrsees als topographische Ux'sache für die periodische Bildung einer getrennten Colonie für ausreichend und glaubt er mit dieser Annahme unbegreiflicher Weise z. B. das Auftreten der 19 Varietäten von Yalvata multiformis in den verschiedenen Schichten der ganz localen Süsswasserablagerung von Steinheim erklären zu können. Vergeblich suchen wir in W's, Theorie ein die natürliche Züchtung ersetzendes Erklärungs- princip und müssen es als eine durchaus willkürliche in der Luft schwebende Vor- stellung erklären , wenn W. den persönlichen Eigenschaften des Colonisteupaares sowie den individuellen Merkmalen ihrer unmittelbaren Ahnen den primären und massgebenden Zurückweisung des Einwurfes Mivart's. 97 wähl in sich schliesse, vollständig von dem Darwinismus losgesagt, ohne in- dessen die unhaltbare Lehre von der Artentstehung durch Separation und Golonienbildung durch irgend einen neuen Gesichtspunkt zu stützen und an Stelle der natürlichen Zuchtwahl ein anderes die Transmutation erklärendes Princip zu setzen. Ein von mehreren Seiten erhobener, vornehmlich vonMivart *) erörterter Einwand betrifft die Unzulänglichkeit der natürlichen Zuchtwahl 7aiv Erklärung der ersten Anfangsstufen der Abänderungen , da diese in vielen Fällen noch keinen Nutzen gebracht haben können. Die Uebereinstimmung, welche zahl- reiche Thiere in ihrer Färbung mit der Farbe des Aufenthaltsorts zeigen, die Aehnlichkeit vieler Insecten mit Gegenständen der Umgebung , wie z. B. mit Blättern, dürren Zweigen, Blüthen, Vogelexcrementen etc. wird mittelst der Selectionstheorie in der That nur unter der Voraussetzung erklärt werden, dass die in Frage stehende Eigenschaft bereits von vornherein bei ihrem ersten Auftreten einen ziemlich hohen Grad der Uebereinstimmung, eine gewisse rohe Aehnlichkeit mit äussern Naturobjekten dargeboten hat. Wenn wir bei Gultur- rassen, deren wildlebende Stammform, wie z. B. das Kaninchen, durch eine bestimmte offenbar nützliche Färbung sich auszeichnet, eine ganz ausserordent- liche Variabilität der Farben des Pelzes beobachten, so werden wir wohl zu dem Schlüsse berechtigt sein, dass die Färbung des Pelzes auch bei dem wilden Kaninchen oder einer frühern Stammform desselben ursprünglich mehrfach variirte und dass sich dann aber graue Farbentöne, weil sie als Schutzmittel den grössten Vortheil brachten, vorzugsweise erhielten und im Laufe der Generationen fixirt, zu der constanten Färbung führten. Indessen werden in gar vielen Fällen schon geringe Abänderungen Schutz und Nutzen gewähren. Gewiss hebt Darwin mit vollem Recht hervor, dass bei Insecten, welche von Vögeln und andern Feinden mit scharf ausgebildetem Sehvermögen verfolgt werden, jede Abstufung der Aehnlichkeit, welche die Gefahr der leichten Ent- deckung verringert , die Erhaltung und Fortpflanzung begünstigt und bemerkt z. B. rücksichtlich des merkwürdigen Ceroxylus laceratus, welches nach Wallace einem mit kriechendem Moos oder Jungermannien überwachsenen Stabe gleicht, dass dieses Insect wahrscheinlich in den Unregelmässigkeiten seiner Oberfläche und in der Färbung derselben mehrfach abgeändert habe, bis diese letztere mehr oder weniger grün geworden sei. In ähnlicher Weise sucht Darwin 2) eine Reihe anderer Beispiele, welche von Mivart als Belege Einfluss für die Formgestaltung der neuen Art zuschreibt, während er den besondern physischen und lokalen Bedingungen des neuen Wohnorts einen nur secundären die Richtung der Abänderung bestimmenden Werth beilegt. Ueber die sich aufdrängende Frage, durch welche Verhältnisse .die minimalen Individualitäts-Eigenthümlichkeiten, die ja überdies bei Männchen und Weibchen verschieden sind, im Laufe der Generationen zu Artcharakteren gesteigert werden, geht er durch Analogien-Schlüsse spielend hinweg. Wie wenig diese einseitige, vom Darwinismus emancipirte Migrationslehre zu leisten vermag, ersehen wir auch aus Weismann's Schrift: »Ueber den Einfluss der Isolirung auf die Artbildung. Leipzig. 1872«. 1) Mivart, On the genesis of species. London. 1871. 2) Darwin 1. c. 5te Auflage, pag. 248—269. Claus, Zoologie, i. Auflage. J 98 Einwürfe Nägeli's. angeführt waren , dass die natürliche Züchtung die Anfänge der abgeänderten Charaktere nicht zu erklären vemiöge (die Barten der Wale, die unsymmetrische Gestalt der Pleuronectiden, die Lage beider Augen auf gleicher Seite, der Greif- schwanz bei Affen , die Pedicellarien der Echinodermen , die Avicularien der Bryozoen u. m. a.) zu entkräften. Andere Gegner haben bestritten, dass überhaupt merkliche Veränderungen im Laufe der Zeit hervortreten und haben sich auf die Uebereinstimmung be- rufen, welche die Mumien des Ibis und anderer Thiere aus der Zeit der ägypti- schen Denkmäler mit den gegenwärtig an gleicher Oertlichkeit lebenden Arten zeigen. Dieselben Hessen jedoch die positiven Erfahrungen, die uns über geographische Abarten und über mannichfache der Zeit nach aufeinander folgende Abänderungen vieler Thiere und Pflanzen vorliegen , ganz unberück- sichtigt und übersahen ausserdem, dass der Darwinismus gar nicht die bestän- dige Variation der Arten behauptet , sondern neben den relativ kurzen Zeit- räumen der Variabilität Perioden der Constanz von sehr langer Zeitdauer voraussetzt. Dass manche Arten in einem noch dazu relativ sehr kurzem Zeitraum absolut die frühern geblieben sind, beweist noch nicht, dass andere Arten an andern Oertlichkeiten in derselben Zeit Varietäten gebildet und sich mehr oder minder verändert haben. Diese Gegner würden besser gethan haben , auf die vielen Thierarten zu verweisen , welche seit dem Beginne der Eiszeit trotz des eingetretenen klimatischen Wechsels unverändert geblieben sind, oder auf die grossen Uebereinstimmungen , welche jetzt lebende Arten und Gattungen mit solchen aus der Tertiärformation oder gar aus der Kreide- zeit zeigen. Indessen vermag auch die Thatsache, dass sich in weit grössern Zeiträumen selbst unter veränderten Bedingungen des Klima's und der Lebens- weise viele Thiere und Pflanzen ihre frühern Charaktere im Wesentlichen erhalten haben, nicht etwa die Veränderlichkeit der Art überhaupt zu wider- legen. Ganz anderer Art sind die Einwürfe, welche Bronn, Broca und beson- ders Nägel i ^) gegen das Nützlichkeitsprincip der natural selection vorgebracht haben. Dieselben legen ein grosses Gewicht darauf, dass manche Charaktere für ihre Besitzer überhaupt keinen Nutzen gewähren und desshalb nicht von der Zuchtwahl erzeugt oder überhaupt nur beeinflusst sein können. Darwin bemerkt dagegen mit Recht, dass wir über die Bedeutung und den Nutzen vieler Eigenschaften nur unzureichend oder gar nicht unterrichtet sind, dass das, was in der That jetzt keinen Vortheil gewährt, doch in früherer Zeit und unter andern Verhältnissen nützlich gewesen sein kann und weist besonders auf die Correlation der Organe und ihrer Abänderungen hin. Immerhin aber wird zugestanden , dass sowohl unbedeutende individuelle als tiefer greifende und bedeutende Varietäten ohne Beziehung auf irgend welchen Nutzen, bewirkt durch besondere physikalische Ursachen, an zahlreichen Individuen auftreten und zu Modifikationen Anlass geben können. Von Darwin selbst vernehmen wir neuerdings diese wichtige Concession in den Worten: »früher unterschätzte ich die Häufigkeit und Bedeutung der als Folgen spontaner Variabilität auf- 1) C. Nägeli, Entstehung und Begriff der naturhistorischen Art. Miiachen. 1865. Zurückweisung derselben. 99 tretenden Modificationen«. Selbstverständlich wird damit die Wirkung der natürlichen Zuclitwahl nicht im geringsten alterirt, zumal es unmöglich ist, die unzähligen Natureinrichtungen, welche auf zweckmässiger Anpassung beruhen, auf anderem Wege zu erklären. Dagegen finden wir in jener Voraussetzung ein Mittel , um die Anfänge auftretender Veränderungen ohne Beziehung auf Nützlichkeit begreiflich zu machen und vermögen dem Nützlichkeitsprincip eine auch aus andern Gründen nothwendig erscheinende Beschränkung zu geben. Vollkommen berechtigt erscheint die Frage Nägel i 's, ob es überhaupt denkbar sei, dass die ganze complicirte Organisation der höchsten Pflanze und des höchsten Thieres bloss durch nützliche Anpassung sich nach und nach aus dem Unvollkommenen herausgebildet habe, dass das mikroskopische einzellige Pflänzchen bloss durch den Kampf ums Dasein nach unzähligen Generationen zu einer Phanerogamen-Pflanze , oder um von Thieren zu reden, dass die Amöbe zu einem Polypen, die Planula zu einem Wirbelthiere geworden sei. Dagegen möchte eine andere Betrachtung Nägeli's keine vollkommen zu- treffende sein. Wenn dieser Forscher bemerkt, dass die beiden Momente, in denen sich die hohe Organisation kund thut, die mannichfaltigste morpho- logische Gliederung und die am weitesten durchgeführte Theilung der Arbeit, in der Pflanze von einander unabhängig seien, während sie im Thier- reiche in der Regel zusammen fielen, so möchte dieser scheinbare Gegensatz in unserer zur Zeit noch unzureichenden Kenntniss von den Functionen zahlreicher morphologischer Besonderheiten der Pflanze seine Erklärung finden. Auch bei Thieren kann die gleiche Function von morphologisch verschiedenen Organen besorgt werden, und dasselbe Organ kann physiologisch mehrere Verrichtungen vollziehn. Desshalb wird man aber doch nur in Ausnahmsfällen und vor- nehmlich bei Organen, welche in Folge des Nichtgebrauchs eine Reduction er- fahren haben, von Organen ausschliesslich morphologischen Werthes reden können und den Grund für die Existenz derselben in dem Vererbungsgesetze zu suchen haben. Schon mit Bezug auf die vermeintliche Nutzlosigkeit ver- schiedener Körpertheile hebt Darwin treffend hervor, dass selbst bei den höhern und am besten bekannten Thieren viele Gebilde existiren , welche so hoch entwickelt sind , dass Niemand an ihrer Bedeutung zweifelt, obwohl die- selbe überhaupt noch gar nicht oder erst ganz neuerdings ermittelt wurde. Bezüglich der Pflanzen verweist er auf die merkwürdigen Structureigenthüm- lichkeiten der Orchideen -Blüthen, deren Verschiedenheiten noch vor wenig Jahren für rein morphologische Merkmale gehalten wurden. Durch die ein- gehenden Untersuchungen Darwins ^) ist nunmehr jedoch der Nachweis geführt worden, dass jene Besonderheiten für die Befruchtung durch Insektenhülfe von der' grössten Bedeutung und wahrscheinlich durch natürliche Zuchtwahl er- langt worden sind. Ebenso weiss man jetzt, dass die verschiedene Länge der Staubfaden und Pistille, sowie deren Anordnung bei dimorphen und trimorphen Pflanzen von wesentlichem Nutzen sind. Sodann ist es nicht richtig, wenn 1) Ch. Darwin, Ueber die Einriclitungen zur Befruchtung britischer und aus- ländischer Orchideen durch Insecten etc., übersetzt von Bronn, Stuttgart. 1862. 7» 100 Einwürfe Nägeli's. Nägeli als Consequenz der Darwirr sehen Lehre die Annahme ableitet, dass indifferente Merkmale variabel, die nützlichen dagegen constant sein müssten. Auch indifferente Eigenthümlichkeiten können durch die Vererbung im Laufe zahlloser Generationen so sehr befestigt sein , dass sie nahezu als absolut con- stant gelten dürfen , wie dies gerade für diejenigen Merkmale zutrifft , welche die systematischen Kategorieen höherer Ordnung bestimmen. Andererseits brauchen nützliche ') Eigenschaften durcliaus nicht bereits die äusserste Grenze des Nutzens, den sie dein Organismus gewähren, erreicht zu haben; dieselben dürften vielmehr zumal unter veränderten Lebensbedingungen noch weit nütz- licher werden können. Wenn daher Nägeli auf die Stellungsverhältnisse und die Zusammenordnung der Zellen und Organe hinweist, die als rein morpho- logische Eigenthümlichkeiten am leichtesten abändern müssten , in der Thai aber sowohl in der Natur als in der Gultur die constantesten und zähcsten Merkmale sind, wenn er weiter hervorhebt, dass bei einer Pflanze, die gegen- überstehende Blätter und vierzählige Blüthenkreise hat, es eher gelingen würde, alle möglichen die Function betreffenden Abänderungen an den Blättern als eine spiralige Anordnung derselben hervorzubringen, so werden wir diesen Thatsachen aus den beiden oben bemerkten Gründen die von Nägeli ver- meinte Bedeutung nicht beizulegen im Stande sein. Einerseits wäre es sehr voreilig, von diesen sog. »morphologischen Charakteren«, welche uns jetzt nutzlos und daher im Kampfe um das Dasein gleichgültig zu sein scheinen, eine absolute Werthlosigkeit auch für die Zeiten ihres Auftretens zu behaupten, andererseits würden wir im Allgemeinen zu bedeutende Anforderungen an die Grösse und Gewalt der Variabilität stellen, wenn wir von derselben Ab- änderungen tief befestigter und durch Vererbung zahlloser Generationen con- stant gewordener Merkmale, welche die Ordnung, Classe oder gar den Typus bestimmen , anders als ausnahmsweise und in ganz abnormen Fällen erwarten wollten. Die Kreuzstellung der Blätter in eine Spiralstellung zu verwandeln, würde eine ähnliche Forderung sein, als etwa den fünfstrahl igen Scestei'n in eine bilaterale oder vierstrahlige Form umzugestalten und tief greifende typisch gewordene Verhältnisse der Architektonik in die Beweglichkeit der Variabilitäts- erscheinungen eintreten zu sehn. 1) Desshalb können auch zwei andere Gründe Nägeli's gegen das Nützlichkeits- princip nicht zutreffend genannt werden. Der erste Grund ist der, dass unter der Vor- aussetzung des Nützlichkeitsprincips die veränderte Art in die frühern Verhältnisse zurückversetzt, in die ursprüngliche Form zurückfallen müsse, was factisch nicht geschieht; der andere, dass verwandte Arten unter die nämlichen, äussern Verhältnisse gebracht, in die nämliche Art übergehen müssten, da es eben für einen gewissen Kreis morpho- logischer und physiologischer Ausbildung und für einen Complex fremder Einflüsse nur eine nützlichste Form geben könne. Uns scheint weder die eine noch die andere Folgerung nothwendig. ßücksichtlich des ersten Grundes sieht mau nicht ein, wesshalb nicht eine andere aus der neuen hervorgehende Variation besser als die ursprüngliche den alten Verhältnissen entsprechen sollte, da jeder Organismus unter den bestehenden Verhältnissen als einer Vervollkommnung fähig gedacht werden kann, im andern Falle aber wird man zugestehen müssen, dass eine Anpassung nach verschiedenen Richtungen gleich vortheilhafte Abänderungen zu erzeugen vermag. Unzulänglichkeit der Ixatural-Selection als ausschliessliches Erklärungsprincip. 101 Von weit grösserer Bedeutung ist ein Moment der Nägel i 'sehen Betrach- tung, welches in der That die Unzulänglichkeit der Natural-Selection als aus- schliessliches Erklärungsprincip darzuthun geeignet erscheint, nämlich die als Gonsequenz des Darwinismus abzuleitende Beschaffenheit der ursprünglichen Lebewesen. Im Anfange konnte es nur wenige Arten einfacher aus Proto- plasma und Sarcode bestehender Organismen von einzelligen Protophyten und Protozoen geben. Bei der Beschränktheit der Goncurrenz, bei der Gleichmässig- keit der äussern Bedingungen, auf der ganzen Erdoberfläche fehlte es an Hebeln, welche die Entstehung nützlicher Abänderungen bedingen mussten. Jedenfalls wird hiermit eine sehr dunkle und offenbar die schwierigste Frage der ganzen Descendenzlehre berührt, auf welche eine nur sehr unvollständige Antwort gegeben werden kann. Wenn wir auch keineswegs mit Nägeli darin einver- standen sein können , dass die Nützlichkeitslehre überhaupt nicht zu erklären vermöge , warum zusammengesetztere und höher organisirte Wesen sich ent- wickelten, so müssen wir, die grosse Uebereinstimmung und Einförmigkeit der ursprünglichen einfachen Lobewesen zugestanden, immerhin den Mangel aus- reichender und geeigneter Hebel zugestehn , um die Möglichkeit für die Ent- wicklung der grossen Mannichfaltigkeit höher organisirter Wesen einzusehn. Mit Rücksicht auf den erstem Punkt bemerkt Darwin vollkommen zutreffend, dass schon die beständige Thätigkeit der natürlichen Zuchtwahl die Neigung zur progressiven Entwicklung bei organischen Wesen zu erklären vermöge, denn die beste Definition, welche jemals von einem hohen Massstabe der Organisation gegeben wurde, ist die, dass dies der Grad sei, bis zu welchem Theile specialisirt oder verschiedenartig geworden sind. Und die natürliche Zuchtwahl strebt diesem Ziele zu, insofern hierdurch die Theile in den Stand gesetzt werden, ihre Function wirksamer zu verrichten. Dagegen setzt die Wirkung der natürlichen Zuchtwahl , als deren Folge eine mit Arbeitstheilung verbundene Special isirung der Organisation als für die Erhaltung vortheilhaft keineswegs ausgeschlossen ist, eine bereits vorhandene Mannichfaltigkeit im Bau und in der Lebensweise der Organismen voraus, wie sie die ausschliessliche Existenz von wenigen und sehr einfach gestalteten Arten wenn auch unendlich zahlreichen Lebewesen unter gleichförmigen äussern Nalurbedingungen nicht zu bieten vermag. Hier bleibt freilich dem subjectiven Ermessen und der individuellen Anschauung ein grosser Spielraum, und es wird lediglich zur Gluuboissache, der natürlichen Zuchtwahl einen grösseren oder beschränkteren Einfluss einzuräumen. Aus diesem sowie aus einem früher dargelegten Grunde möchten wir um so mehr die Unzulänglichkeit der natürlichen Zuchtwahl und der auf dieselbe gegründeten Nützlichkeitstheorie als ausschliessliches Erklärungsprincip aner- kennen, als es mit ihrer Hülfe unmöglich ist, die Nothwendigkeit der bestimmten in den zahllosen mannichfaltigen Abstufungen der Organisation und Besonder- heiten des Systems ausgesprochenen Richtung des grossen Entwicklungsgesetzes zu verstehen. Daher erscheinen die von Seiten ausgezeichneter Forscher an- gestrengten Versuche begreiflich , die offenbar vorhandene grosse Lücke durch ein anderes Erklärungsprincip' auszufüllen, nur wird es leider bei näherer Be- trachtung sogleich ersichtlich, dass alle bisherigen Versuche der Art einer wahren und positiven Grundlage ermangeln und weiter nichts als Umschreibungen 102 Nägeli's Vervollkommnungstheorie. unerklärter Verhältnisse enthalten. Oben an steht die von Nägeli aufgestellte Vervollkommnuncistheorie , welche die Annahme fordert, dass die individuellen Veränderungen nicht unbestimmt, nicht nach allen Seiten gleichmässig, sondern vorzugsweise und »mit bestimmter Orientirung« nach einer zusammengesetzteren vollkommeneren Organisation zielen, dass der Abänderungsprocess wie nach einem bestimmten Entwicklungsplane , wenn auch ohne übernatürliche Einwir- kung , so doch durch eine dem Organismus immanente Tendenz der Vervoll- kommnung geleitet werde. Neben der natürlichen Züchtung, welche gewisser- massen als Gorrektiv thätig sei und die Ausbildung der physiologischen Eigen- thümlichkeiten erkläre, müsse ein Vervollkommnungsprincip vorausgesetzt werden, welches die Gestaltung der morphologischen Charaktere beeinflusse. Man sieht jedoch alsbald ein, dass Nägeli bei vollkommen scharfer und richtiger Erkenntniss der vorhandenen Lücke , anstatt einer diese letztere be- seitigenden Erklärung nichts als eine Phrase einführt, deren Aufnahme mit der Vorstellung verknüpft ist, als sei mit derselben etwas einer Erklärung Aehnliches gewonnen. In der That aber ist der Ausdruck Vervollkommnungstendenz und Vervollkommnungstheorie nichts anders als die Uebertragung der in früherer Zeit so üblichen und missbrauchten Phrase des Bildungstriebes oder nisus for- mativus von der individuellen Entwicklungsgeschichte auf die Phylogenie. Gleiches gilt von dem Principe der »bestimmt gerichteten Variation« oder der Entwicklung aus »inneren Ursachen« , wie wir sie in den Schriften von Askenasy^) und A. Braun ^) ausgesprochen finden, von Forschern, welche über die Berechtigung der Descendenzlehre ebenso übereinstimmen , als sie mit Darwin die Form Verwandtschaft der Arten auf gemeinsame Abstammung zurückführen. Für einige Naturforscher liegt die Hauptschwierigkeit in der Vorstellung, welche für Varietät und Art eine unübersteigliche Kluft voraussetzt. Dieselben erkennen theilweise die Wirkung der natürlichen Zuchtwahl an, gestehen sogar zu, dass der Darwinismus in den klimatischen Varietäten thatsächlich erwiesen sei, berufen sich aber stets auf den Artbegriff und die durch denselben bezeich- neten Grenzen der Formbeständigkeit, welche niemals überschritten würden, so weit die Beobachtung reiche. Wenn wir uns indessen an die bereits früher erörterten Schwierigkeiten für die Bestimmung des Artbegriffes erinnern und aus der faktischen Unmöglichkeit, zwischen Art und Varietät eine scharfe Grenz- linie zu ziehen, die richtige und noth wendige Schlussfolgerung ziehen, so wird dieser Einwand die vermeintliche Bedeutung verlieren. Der durch direkte Beobachtung des Uebergangs einer lebenden Art in eine zweite zu führende Beweis ist ja schon durch die Selectionstheorie selbst ausgeschlossen, so dass die Argumentation, welche aus der mangelnden direkten Beobachtung der Um- wandlung diese überhaupt widerlegt zu haben glaubt, keiner weitern Zurück- weisung bedarf^). Die empirische Begründung für die Zulässigkeit derSchluss- 1) Askenasy, Beiträge zur Kritik der Darwin'schen Lehre. Leipzig. 1872. 2) A. Braun, lieber die Bedeutung der Entwicklung in der Naturgeschichte. Berlin. 1872. 3) Geht man freilich, wie z. B. Wigand, den zahlreichen Ergebnissen der neuern Forschung zum Trotz, von dem BegriflFe der vollkommen selbständigen und unveränderlichen Wahrscheiniichkeitsbeweis aus der Morphologie. 103 folgemng von der Varietät auf die Art liegt vielmehr in dem thatsächlichen Verhältniss zwischen Arten und Varieiäten, wie unter Andern Nägeli treffend erörtert hat. »Die Racen, die auf künstlichem Wege erzogen wurden, verhalten sich ähnlich wie wirkliche Arten , sie haben einen analogen Formenkreis und eine analoge Gonstanz; sie zeigen bei der Bastardbildung ebenfalls eine ver- minderte Fruchtbarkeit und ihre Bastarde sind wie diejenigen der Arten eigen- thümliche Formen, die sonst auf keine andere Weise entstehen können. ■ Ebenso wenig lassen sich die in der Natur vorkommenden Racen von den Arten streng und scharf unterscheiden. Das einzige absolute Merkmal für die Species , die Unveränderlichkeit , wird selbst von denen , die sie in der Theorie annehmen, in der Praxis preisgegeben, indem sie von Mittel formen, von dem Uebergange der einen Species in die andere, von ihrem Ausarten, von ächten oder typischen und von abweichenden Formen einer Art, von bessern und schlechtem Arten sprechen. Diese Ausdrucksweisen sind allerdings der Wirklichkeit vollkommen angemessen , allein sie passen nur zu der Theorie der Veränderlichkeit. Der bisherigen Systematik wairzelte der Begriff der Species in dem Gebiete des Glaubens; er war unzugänglich der wissenschaftlichen Erkenntniss und der Prüfung durch Thatsachen ; er w^ar der Spielball des individuellen Gutfmdens, des Taktes, der Willkühr. Der künftigen Systematik wird er eine wissenschaft- liche Kategorie sein, für die es bestimmte in der Natur zu beobachtende, durch das Experiment zu prüfende Merkmale gibt«. Hier liegt aber der Gardinai- punkt für Jede Transmutationstheorie. Mögen wir uns die Art und Weise, wie die Umbildung erfolgt ist, noch so verschieden denken , mögen wir der natür- lichen Züchtung einen massgebenden Einfluss oder nur die Bedeutung eines Gorrektivs zugestehn , oder auch ihre Wirkung überhaupt bestreiten und all- gemeine Phrasen, wie Umbildung aus Innern Ursachen, plötzlicher oder sprung- weiser Umprägung der Formen an Stelle einer Erklärung setzen, aus alten Arten müssen sich neue gestalten, wenn wir der Descendenz oder Transmutations- lehre überhaupt Berechtigung zugestehen wollen. Wahrscheinlichkeitsbeweis zu Gunsten der Descendenzlehre aus den Ergebnissen der Morphologie. Nennen wir die Transmutation der Art, weil wir sie nicht durch unmittel- bare Beobachtung beweisen können, auch nur eine Hypothese, so besitzen wir für den Werth derselben einen Prüfstein in den Thatsachen und Erscheinungen des Naturlebens. Je besser und befriedigender sich dieselben nach der zu Grunde gelegten Hypothese erklären lassen , um so grösser wird die wissen- Species aus und definirt man demgemäss die Species als den Formenkreis, welcher eine gemeinsame von andern Species verschiedene Abstammung hat, so hat man allerdings ein Bollwerk gegen den Darwinismus, nur dass dasselbe nicht auf den Thatsachen des Naturlebens beruht , sondern eine denselben widersprechende Glaubensäusserung ist. Mit jenem ersten Satze seines gegen Darwin gerichteten Buches überhebt uns der Autor im Grunde schon der weitern Mühe, auf den weitern Inhalt einzugehn. 104 Beweismittel des Systems. schaftliche Berechtigung derselben sein , um so mehr werden wir zu ihrer An- nahme gedrängt werden. Auf diesem Wege lässt sich zunächst darthun, dass die gesammte Wissen- schaft der Morphologie ein langer und eingehender Wahrscheinlichkeitsbeweis für die Richtigkeit der Transmutationslehre ist. Die auf Uebereinstirnmung in wichtigen oder geringfügigen Merkmalen gegründeten Aehnlichkeitsabstufungen der Arten , welche man schon längst metaphorisch mit dem Ausdruck » Ver- wandtschuft«, bezeichnete, haben wie bereits dargelegt wurde zur Aufstellung der systematischen Kategorien geführt, von denen die höchste, Kreis oder Typus , die Gleichheit in den allgemeinsten auf Organisation und Entwicklung bezüglichen Eigenschaften erfordert. Die Uebereinstimmung zahlreicher und mannichfaltiger Thiere in dem allgemeinen Plane der Organisation , wie z. B. der Fische, Reptilien, Vögel und Säugethiere in dem Besitze einer festen die Axe des Körpers durchsetzenden Säule, zu welcher die Gentraltheile des Nerven- systems rückenständig, die Organe der Ernährung und Fortpflanzung bauch- ständig liegen, erklärt sich sehr gut nach der Selections- und Descendenztheorie aus der Abstammung aller Wirbelthiere von einer gemeinsamen die Charaktere des Typus besitzenden Stammform, während die Vorstellung von einem Plane des Schöpfers auf eine Erklärung überhaupt Verzicht leistet. In gleicher Weise gewinnen wir ein Verständniss für die Gemeinsamkeit der Charaktere, durch welche sich die übrigen Gruppen und Untergruppen von der Classe an bis zur Gattung auszeichnen und sehen die Ursache ein, wesshalb wir im Stande sind, eine Subordination aller organischen Wesen in Abtheilungen unter Abtheilungen auszuführen, da die von einem Urahnen abstammenden und abgeänderten Nachkommen bei der fortschreitenden Divergenz der Charaktere und der be- ständigen Unterdrückung der minder divergenten und minder verbesserten Formen in Gruppen und Untergruppen zerfallen müssen. Wie sich aber die Bedingungen der Classification aus der gemeinsamen Abstammung ableiten lassen, so erklären sich auch die Schwierigkeiten derselben aus der Annahme, dass die Charaktere enger Verwandtschaft von gemeinsamen Ahnen vererbt sind, dass die Nähe der Blutverwandtschaft und nicht ein unhehannter Schöpf angs- plan das unsichtbare Band ist, ivelches die Organismen in verschiedenen Stufen der Aehüichkeit verkettet«. Die Systematiker der alten Schule, welche das Ideal eines Systemes in der scharfen Umgrenzung aller Gruppen erkannten, pflegten darüber bittere Klage zu führen, dass sie so oft mit paradoxen Zwischen- formen und unbegreiflichen Uebergangsstufen von der Natur »vexirt« würden Dagegen erscheinen nach der Descendenzlehre die Mängel einer scharf geglie- derten Glassificirung durchaus verständlich. Unsere Theorie fordert sogar die Existenz von Uebergangsfoimen zwischen den Gruppen näherer und entfernterer Verwandtschaft und erklärt aus dem Erlöschen zahlreicher nicht genügend aus- gerüsteter Typen im Laufe der Zeit, dass gleichwerthige Gruppen einen so sehr verschiedenen Umfang haben und oft nur durch ganz vereinzelte Formen repräsentirt sein können , dass wir zuweilen gezwungen sind , für eine einzige noch lebende Art [Amphioxus lanccolutas) oder Gattung {Limulus) eine Gruppe vom Werthe einer Ordnung oder Classe aufzustellen. Beweismittel des Dimorphismus und Polymorphismus. 105 In ähnlicher Weise, wie mit den systematischen Charakteren, die auf nähere oder entferntere Verwandtschaft hinweisen , verhält es sich nun über- haupt mit all' den unzähligen Thatsachen, welche die vergleichende Anatomie (die Wissenschaft, welche als ein Theil der Morphologie die Verschiedenheiten der Organsysteme bis ins Einzelne auf Modifikationen desselben Gesetzes zurück- zuführen strebt und die Abstufungen der natürlichen Gruppen begründet) zu Tage gefördert hat Betrachten wir beispielsweise die Bildung der Extremitäten oder den Bau des Gehirnes bei den Wirbelthieren, so finden wir trotz der grossen, zuweilen reihenweise sich abstufenden Verschiedenheiten eine gemein- same Grundform, die aber in den Besonderheiten ihrer Theile, entsprechend den jedesmaligen Leistungen und Anforderungen der Lebensweise, in den ein- zelnen Abtheilungen auf das Mannich faltigste modificirt und in geringerm oder höherm Masse differenzirt erscheint. Der Flosse der Wale, dem Flügel des Vogels, dem Vorderbeine des Vierfüssler und dem Arme des Menschen liegen nachweisbar dieselben Knochenstücke zu Grunde, dort verkürzt und verbreitert in unbeweglichem Zusammenhang, hier verlängert und nach Massgabe der Ver- wendung in verschiedener Art gegliedert, bald in vollkommener Ausbildung aller Theile , bald in dieser oder jener Weise vereinfacht und theihveise oder völlig verkümmert. Beweismittel des Dimorphismus und Polymorphismus. Als wichtiges Zeugniss für die umfassende Wirksamkeit der Anpassung und für den grossen Erfolg , welchen dieselbe im Laufe der Zeit zu erreichen vermag, sind die Erscheinungen des Dimorphismus und Polymorphismus inner- halb der Formenreihe der gleichen Species hervorzuheben, hn engern Kreis der Arbeiten und Verrichtungen, welche die einzelne Thierart im Naturhaushalt ausführt, verhalten sich keineswegs sämmtliche Individuen untereinander gleich. Vielmehr verrichten häufig einzelne Individuen besondere der Arterhaltung förderliche Leistungen in hervorragendem Ma'^se und zeigen dem entsprechend eigenthümliche Abweichungen in Gestalt und Organisation. Sehr allgemein treten derartige Fornmnterscliiede im Zusammenhange mit der Arbeitstheilung, welche die Funktionen der ursprünglich hermaphroditisch angelegten Geschlechts- organe betroffen hat, bei den getrennt geschlechtlichen Thieren auf. Männchen und Weibchen weichon nicht nur darin ab, dass diese Eier, jene Samen ei-zeugen, sondern zeigen im Zusammenhang in den verschiedenen Leistungen , welche an Eier- oder Samenproduction anknüpfen, noch mannichfache sog. secundäre Geschlechtscharaktere, deren Existenz mit Hülfe der natürlichen Zuchtwahl eine überaus ansprechende Erklärung findet. Wir können daher in gewissem Sinne von einer geschlechtlichen Zuchtwahl reden, durch welche zum Vortheil der Arterhaltung die beiden Geschlcchtsformen im Laufe der Zeit allmählig, sowohl in Besonderheiten der Organisation und Gestalt, als in den Lebensgewohnheiten von einander entfernt wurden. Da das männliche Geschlecht ziemlich all- gemein behufs der Begattung und Befruchtung mehr active Leistungen zu be- sorgen hat , finden wir begreiflich , dass die Männchen den noch geschlechtlich 106 Secundäre Sexualcharaktere. indifferenten Jugendformen gegenüber viel bedeutender umgestaltet sind als die Weibchen, welche das Material zur Bildung und Ernährung der Jungen eiTieugen und die Brutpflege übernehmen. In dem Kampfe zwischen den Männchen um den Besitz der Weibchen werden die am meisten durch die Organisation (Stärke, besonders Waffen zum Festhalten, Stimniproduktion, Schönheit) bevorzugten Individuen siegreich sein, von den Weibchen aber werden im Allgemeinen die- jenigen ihre Aufgabe am besten erfüllen, welche die für das Gedeihen der Nach- kommenschaft besonders günstigen Eigenschaften besitzen. Indessen können auch auf mehr passivem Wege Verschiedenheiten in der Zeitdauer der Ent- wicklung, in der Art des Wachsthums und der Formgestaltung etc. unter den besondern Lebensverhältnissen der Art Nutzen bringen. Die secundären Sexualcharaläere können sich zuweilen in dem Masse steigern, dass sie zu wesentlichen und tiefgreifenden Modifikationen des Organismus, zu einem wahren Dimorphismus des Geschlechtes führen (Darmlose Männchen der Rotiferen^ Zwörgmännchen von BoncUia, Trichosomuni crassicauda). Besonders interessant und bedeutungsvoll ist die Thatsache , dass gerade bei Parasiten der Dimorphismus des Geschlechtes das höchste Extrem erreicht, offenbar im Zusammenhang mit der schmarotzenden Lebensweise und der durch dieselben bedingten, auf beide Geschlechter verschieden einwirkenden Züchtung. Bei vielen parasitischen Krebsen {Siphonostomen) werden solche Extreme von unförmig grossen, der Sinnes- und Bewegungsoi gane , ja der Gliederung des Leibes verlustig gegangenen Weibchen mit winzig kleinen Zwergmännchen fast continuirlich durch zahlreiche Zwischenstufen vermittelt, und es liegen die Beziehungen geradezu auf der Hand , welche als Ursache des Sexualdimorphis- mus gewirkt haben. Der Einfluss günstiger Ernährungsbedingungen, wie sie durch den Parasitismus herbeigeführt werden, setzt die Nothwendigkeit der raschen und häufigen Ortsveränderung herab, erhöht im weiblichen Geschlecht die Produktivität an Zeugungsmaterial und gestaltet die Körperform selbst in der Weise um, dass die Fähigkeit der Locomotion in verschiedenen Stufen herabsinkt und die Organe der Bewegung bis zum völligen Schwunde ver- kümmern. Der gesammte Körper gewinnt durch die enorm vergrösserten mit Eiern erfüllten Ovarien eine plumpe unförmige Gestalt, bildet Auswüchse und Fortsätze, in welche die Ovarien ein wuchern, oder wird unsymmetrisch sack- förmig aufgetrieben , verliert die Gliederung und hiermit die Verschiebbarkeit der Segmente und erfährt eine Rückbildung der Gliedmassen; der schlanke biegsame Hinterleib, welcher beim freien Umherschwimmen die Ortsbewegung wesentlich unterstützt, reducirt sich mehr und mehr zu einem kurzen un- gegliederten Stummel ; das Aussehn solcher Parasiten wird ein so fremdartiges, dass es begreiflich wird, wie man früher eine dieser abnormen Formengruppe, die Lernacen, zu den Eingeweidewürmern, beziehungsweise zu den Mollusken stellen konnte. Aber auch in die Gestaltung des männlichen Thieres greift der Parasitismus, wenngleich nach einer andern Richtung '), mächtig ein. Je mehr das weibliche Geschlechtsthier hinter dem Typus seiner wohlgebauten freilebenden Verwandten 1) Vergl. C. Claus, Die freilebenden Copepoden. 1863. pag. 7 und 8. Sexualdimorphismus der Schmarotzerkrebse. 107 zurückbleibt, um so weiter entfernen sich beide Geschlechter morphologisch von einander, da auch beim Männchen der Einfluss veränderter Lebensbedingungen auf die Form und Organisation umgestaltend einwirkt. Im männlichen Geschlecht setzt jedoch die günstigere und reichere Ernährung keineswegs so unmittelbar das Bedürfniss der Ortsbewegung und die Ausbildung der Bewegungsorgane herab, denn dem Männchen bleibt nach wie vor die Aufgabe activer Geschlechts- thätigkeiten und vor allem die Aufsuchung des Weibchens zur Begattung. Selbst bei einer reducirten und schwerfälligen Locomotion führt hier der Parasitismus weder zur völligen Aufhebung der Gliederung, noch zu jenem unförmigen oder unsymmetrischen Wachsthum, wie wir ein solches bei zahlreichen weiblichen Schmarotzerkrebsen beobachten. Die Quantität der zu producirenden Zeugungs- stoffe, welche im Geschlechtsleben des Weibchens zur Arterhaltung grossen Vortheil bringt und desshalb die Entstehung des unförmig, grossen, plumpen Leibes begünstigen musste, tritt für die Sexualthätigkeit des Männchens um so mehr in den Hintergrund, als eine minimale Menge von Sperma zur Befruchtung bedeutender Quantitäten von Eimaterial ausreicht, hi diesem Zusammenhange kann die extreme Stufe des Parasitismus im männliclien Geschlecht auch bei beschränkter mehr kriechender Locomotion nicht zu einer ungegliederten bizarren Form des mächtig vergrösserten Leibes führen , sondern erzeugt umgekehrt die symmetrisch gebaute Zwerggestalt des Pygmäenmännchens. Diese aber wird selbst durch zahlreiche Zwischenstufen vermittelt. So finden wir unter den Lernaeopoden die Männchen von Achtheres der Grösse nach relativ wenig reducirt, während die echten Zwergmännchen von Lernaeopoda, Anchorella auch der Chondracanihiden winzige Parasiten gleich an dem Hinterleibsende des im Verhältniss riesengrossen Weibchens anhaften. Die Bereitung einer beträchtlichen Menge von Sperma, die eine bedeutende Körpergrösse voraus- setzt , würde hier als eine nutzlose Verschwendung von Material und Zeit im Leben der Art erscheinen und müsste schon durch den Regulator der natür- lichen Züchtung beseitigt werden. Neben dem Dimorphismus der Gesclilechtsthiere tritt in sehr verschiedenen Thiergruppen, am schärfsten ausgeprägt bei den Jnsecten , welche in grossen Gesellschaften , sogenannten Thierstaaten zusammenleben, eine dritte, zuweilen selbst wieder in mehrere differente Formenreihen gesonderte Individuengruppe auf, welche sich bei verkümmerten Geschlechtsorganen nicht fortzupflanzen vermag, dagegen in dem gemeinsamen Stocke die Arbeiten der Nahrungs- beschaffung, Vertheidigung und Brutpflege übernimmt und diesen Thätigkeiten angepasste Besonderheit in Körperbau und Organisation zur Erscheinung bringt. Diese »sterilen Individuen« sind in den Hymenopterenstöcken verkümmerte Weibchen, die sich wiederum bei den Ameisen in Arbeiter und Soldaten gliedern, in den Stöcken der Termiten dagegen durch Reduction der Geschlechtsorgane aus Weibchen und Männchen hervorgegangen. Uebrigens kommen sterile Individuen auch bei Thierarten (Fischen) vor, welche nicht in sog. Thierstaaten zusammenleben und sind in früherer Zeit auch für besondere Arten gehalten und als solche beschrieben worden. Am mannichfaltigsten aber erscheint der Polymorphismus an den zu Thierstöckcn vereinigten Hydroiden, den Siphono- phoren, ausgebildet. 108 Beweismittel der sog. Mimicry. Unter den gleichen Gesichtspunkt Nvürden die zahlreichen Fälle von Dimor- phismus und Pülymorphismus innerhalb des männlichen oder weiblichen Geschlechts derselben Art zu subsummiren sein. Dimorphe Weibchen wurden beispielweise bei Insekten beobachtet , z. B. bei malayischen Papilioniden (P. Memnon, Famnon, Onncnns), bei einigen Hydroporus und Dytiscitsaxien^ sowie bei der Neuroptcroi^-aMnn^ Neurotemi s. In der Regel bietet hier die eine weibliche Form eine nähere Beziehung in Gestalt und Farbe zu dem männlichen Thiere, dessen Eigenthümlichkeit sie angenommen hat. In andern Fällen freilich haben die Verschiedenheiten mehr Beziehung zu Klima und Jahreszeit (Saisondimorphi.>jnms der Schmetterlinge) und betreffen auch die männlichen Thiere, oder sie stehen im Zusammenhang mit der verschiedenen Form der Fortpflanzung (Parthenogenese) und führen zu den Erscheinungen der Iletero- gonic {Ühermcs, Fhylloxcra , Aphis). Viel seltener treten zwei verschiedene Formen von Männchen mit ungleicher Gestaltung der zur Begattung bezüglichen secundären Sexualcharaktere auf, wie die durch Fritz Müller bekannt gewor- denen »Riecher« und »Packer« einer Scheerenassel [Tanais diibius). Endlich kommen auch bereits im Larvenlebcn Fälle von Dimorphismus vor, wie z. B. bei Schmetterlingsraupen und Puppen, zum Beweise, dass in allen Zuständen des Lebens die Anpassung verändernd und umgestaltend auf den Organismus einwirkt. Beweismittel der sog. Mimicry. Eine andere Reihe von Erscheinungen , welche wahrscheinlich auch' auf nützliche Anpassung zurückzuführen ist, betrifft die sog. Nachäffung oder Mimicry. Dieselbe beruht darauf, dass gewisse Thierformen andere sehr ver- breitete und durch irgend welche Eigenthümlichkeiten vortheilhaft geschützte Arten in Form und Färbung zum Verwechseln ähnlich sehen, als wenn sie die- selben copirt hätten. Es schliessen sich die Fälle von Mimicry, die vornehmlich durch Bates und Wallace bekannt geworden sind, an die so verbreitete und bereits oben erwähnte schützende Aehnlichkeit, das heisst Uebereinstim- mung vieler Thiere in Färbung und Körperform mit Gegenständen der äussern Umgebung, unmittelbar an. So z. B. wiederholen unter den Schmetterlingen gewisse Leptaliden bestimmte Arten der Gattung Hcliconiiis , welche durch einen gelben unangenehm riechenden Saft vor der Nachstellung von Vögeln und Eidechsen geschützt zu sein scheinen , in der äussern Erscheinung und in der Art des Fluges und theilen mit den nachgeahmten Arten Aufenthalt und Standort. Die vollständige Parallele finden wir in den Tropen der alten Welt, wo die Danaidcn und Acraeiden von Papilioniden copirt werden {Dunais niavins, Fapilio hippocoon — Danais echeria, Papilio ccnea — Acraea gea, Faiwpuca hirce). Sehr häufig sind ferner Fälle von Mimicry zwischen Insekten verschiedener Ordnungen. Schmetterlinge wiederholen die Form von Hyme- nopteren , welche durch den Besitz des Stachels geschützt sind {Sesia homhyli- formis - Bond)Hs hortorum etc.) , ebenso gleichen gewisse Bockkäfer , Bienen und Wespenarten {Charis melipona, Odontocera odyneroides), die Orthopteren- Beweismittel der rudimentären Organe. 109 gattung Condylodera triconäyloiäes von den Philippinen einer Cieindelagattung {Tricondyla). Zahlreiche Dipteren zeigen Form und Färbung von stechenden Sphegiden und Wespen. Auch bei Wirbelthieren (Schlangen und Vögeln) sind einzelne Beispiele von Mimicry bekannt geworden. Beweismittel der rudimentären Organe. Auch das so verbreitete Vorkommen rudimentärer Organe, welches der Schöpfungslehre räthselhaft bleibt , erklärt sich nach der Selectionstheorie in befriedigender Weise aus dem Nichtgebrauch. Durch Anpassung an besondere Lebensbedingungen sind die früher arbeitenden Organe ganz allmählich oder auch wohl plötzlich ausser Function gesetzt und in Folge der mangelnden Uebung im Laufe der Generationen immer schwächer geworden bis zur totalen Verkümmerung und Rückbildung (Parasiten). Dass die rudimentären Organe im Haushalte des Organismus überhaupt nutzlos ^) wären, lässt sich durchaus nicht für alle Fälle behaupten, im Gegentheil haben dieselben oft eine andere wenn auch schwierig nachweisbare Nebenfunction (der primären Function gegenüber) für den Organismus gewonnen. So treffen wir z. B. bei einigen Schlangen (Riesenschlangen) zu den Seiten des Afters kleine mit je einer Klaue versehene Hervorragungen, AfterJdauen, an. Dieselben entsprechen abortiv gewordenen Extremitätenstummeln und dienen nicht etwa wie die Hinterbeine zur Unterstützung der Locomotion , son- dern sind wenigstens im männlichen Geschlecht Hülfswerkzeuge der Begattung. Die Blindschleichen besitzen trotz des Mangels von Vorderbeinen ein rudimen- täres Schultergerüst und Brustbein vielleicht im Zusammenhang mit dem Schutz- bedürfniss des Herzens oder eines Nutzens bei der Respiration. Wenn wir sehen, dass sich im Foetus vieler Wiederkäuer obere Schneidezähne entwickeln , die jedoch niemals zum Durchbruch gelangen, dass die Embiyonen der Bartenwale in ihrem Kiefer Zahnrudimente besitzen, die sie bald verlieren und nie zum Zerkleinern der Nahrung gebrauchen , so liegt es weit näher , diesen Gebilden eine Bedeutung für das Wachsthum der Kiefer zuzuschreiben, als sie für durch- 1) Oft erscheinen uns auf den ersten Blick Organstummel unnütz, während wir bei näherer Betrachtung ihren Nutzen einsehen oder wenigstens wahrscheinlich machen können, wie bei den Afterklauen der Riesenschlangen, dem Brustbeinrudiment der Blind- schleiche, den Zahnrudimenten im Embryonalleben der Wiederkäuer und Wale. In andern Fällen sehen wir den Nutzen rudimentärer Theile nicht ein, wie z. B. bei dem unter der Haut verborgenen Augenrudiment der Höhlenbewohner und sind Ue&shalb geneigt, das Vorhandensein derselben schlechthin für unzweckmässig zu erklären, ver- gessen dann aber ganz, abgesehen von der Un Vollkommenheit unserer Einsicht in die verwickelten Verhältnisse der Organbeziehungen, dass in der natürlichen Züchtung neben der Anpassung auch die Vererbung eine Rolle spielt und die völlige Beseitigung gewisser Charaktere sehr schwierig, unter Umständen vielleicht unmöglich macht. Wir müssen daher in solchen Fällen folgerichtig in der Thatsache der Rückbildung und Verküumierung die Zweckmässigkeit erkennen und düi-fen nicht etwa in dem Vorhandensein des Restes eine Unzweckmässigkeit suchen, selbst wenn derselbe in seltenen Ausnahmsfällen (Pro- cessus vermiformis) dem Organismus geradezu verderblich werden könnte {Dysteleologie!) 110 Beweismittel der Entwicklungsgeschichte. aus nutzlos zu halten. Die Flügelrudimente des Pinguins werden als Ruder verwendet, die der Strausse zur Unterstützung des Laufes und wohl als Waffen zur Vertheidigung , die Flügelstummel des Kiwis dagegen scheinen uns be- deutungslos. In anderen Fällen sind wir nicht im Stande, irgend welche Function und Bedeutung im rudimentären Organe nachzuweisen. So z. B. sehen wir den Nutzen nicht ein , welchen von der Haut bedeckte Augenrudimente unter- irdisch lebenden Thieren gewähren, da sie niemals sehen können, wenngleich hier wie in andern ähnlichen Fällen die Anschauung nahe liegt , dass die Er- haltung des wenn auch noch so sehr reducirten Organes unter veränderten Lebensverhältnissen für neue Anpassungen bedeutungsvoll werden kann. Gleiches gilt von den Zitzen der männlichen Brust, von den Muskeln des menschlichen Ohres u. a. m. Uebrigens wird man, da der Nutzen der Eigen- schaften von dem Princip der natürlichen Züchtung gefordert wird, diesen schon in der Reduction des nicht gebrauchten Organs erkennen und auf die Erschei- nmujen der Vererbung, des conservativen Faktors der natürlichen Züchtung als Hindcrniss für die i'öZ%6; Beseitigung des Ueberrestes hinzuweisen berechtigt sein. Beweismittel der Entwicklungsgeschichte. Auch die Resultate der EntwicJduufjsgeschichte d. h. der individuellen Entwicklung vom Ei bis zur ausgebildeten Form, in welcher die moderne Forschung schon seit Jahrzehnten den Schlüssel zum Verständniss der Systematik und vergleichenden Anatomie zu suchen gewohnt ist, stimmen durchaus zu den Voraussetzungen und Schlüssen der Darwin 'sehen Selections- und Bescendenz- lehre. Schon die Thatsache, dass die zu einem Typus gehörigen Thiere in der Regel sehr ähnliche, aus derselben Anlage hervorgegangene Embryonen haben, und dass der Verlauf der Entwicklungsvorgänge überhaupt — von einigen bemerkenswerthen Ausnahmen abgesehen — eine um so grössere Ueberein- stimmung zeigt, je näher die systematische Verwandtschaft der ausgebildeten Formen ist, unterstützt die Annahme gemeinsamer Abstammung und die Vor- aussetzungen verschiedener Abstufungen der Blutsverwandtschaft in hohem Grade. Sind in der That die engern und weitern Kreise, welche systematischen Gruppen entsprechen, genetisch auf nähere und entferntere Grundformen zu beziehen , so wird auch die Geschichte der individuellen Entwicklung um so mehr gemeinsame Züge enthalten, je näher sich die Formen der Abstammung nach stehen. Freilich gibt es einzelne bemerkenswerthe Ausnahmen von diesem im Allgemeinen gültigen Gesetze , aber auch diese werden bei näherer Betrachtung zu mächtigen Stützen der Darwin'schen Lehre. Wir haben nicht selten die Thatsache zu constatiren, dass die nächsten Verwandten in ihrer individuellen Entwicklung einen differenten Gang nehmen, indem sich die einen mittelst Metamorphose oder gar Generationswechsel , die andern in directer Gontinuität ohne provisorische Larvenstadien ausbilden und beiden Entwicklungsweisen nicht unbeträchtliche Abweichungen der Embryonal- bildung parallel gchn(Verschiedene Quallengattungen. — Distomeen, Polystomeen. Anpassung der Larvenformen. 111 — Süsswasserkrebse, Marine Decapoden etc.)- Indessen haben wir schon früher solche Abweichungen zu erklären versucht und die directe Entwicklung als secundäre, aus der Metamorphose hervorgegangene Form abgeleitet. Andererseits finden wir oft, dass bedeutender abweichende und unter sehr verschiedenen Existenzbedingungen stehende Thiere in ihrer postembryonalen Entwicklung bis zu einer h'ühern oder spätem Zeit ausserordentlich überein- stimmen (Frei lebende Copepoden, Schmarotzerkrebse, Cirripedien). Diese können aber wiederum, wofür dasselbe Beispiel Geltung hat, in der Bildungsweise des Fötus innerhalb der Eihüllen differiren, indem bei den einen der Embryonalleib in allseitiger Begrenzung, bei den andern von einseitig angelegtem Primitiv- streifen aus seine Entstehung nimmt. Auch diese Fälle aber erklären sich aus den im Einzelnen abzuleitenden Ei-scheinungen der Anpassung , die nicht nur in dem Stadium der geschlechtsreifen Form , sondern in jeder Entwicklungs- periode des Lebens ihren Einfluss ausübt und Veränderungen bewirkt, die sich in correspondirenden Altersstufen vererben. Die Erscheinungen der Metamorphose liefern zahlreiche Belege für die Thatsache, dass die Anpassungen der Jugendformen an ihre Lebensbedingungen ebenso vollkommen als die des reifen Thieres sind; durch dieselben wird es sehr wohl verständlich , wesshalb zuweilen Larven mancher zu verschiedenen Ordnungen gehörigen Insecten unter einander eine grosse Aehnlichkeit haben, die Larven von hisecten derselben Ordnung dagegen einander unähnlich sein können. Wenn sich im Allgemeinen in der Entwicklung des Individuums ein Fortschritt von einfacherer und niederer zu complicirterer, durch fortgesetzte Arbeitstheilung vollkommenerer Organisation ausspricht — und wir werden zu diesem Vervollkommnungsgesetz der individuellen Entwicklung in dem grossen Gesetz fortschreitender Vervollkommnung für die Entwicklung der Gruppen eine Parallele kennen lernen — so kann doch in besondern Fällen der Entwicklungs- gang zu mannichfachen Rückschritten führen, sodass wir das reife Thier für tiefer stehend und niederer organisirt erklären als die Larve. Auch diese als ^regressive MetamorphoseGesetz der circumpolaren Vertheilung des Lebens in Zonen« die Unterscheidung von 8 Gebieten vorgeschlagen. 1. Arctisches Reich. 2. Nördlich gemässigtes Reich. 3. Amerikanisch- tropisches Reich. 4. Indo-afrikanisch tropisches Reich. 5. Süd-amerikanisch tropisches Reich. 6. Afrikanisch gemässigtes Reich. 7. Antarktisches Reich. 8. Australisches Reich. 116 Die sechs geographischen Regionen nach Wallace. Bezüglich des relativen Reichthums der einzelnen Regionen und ihrer Ein- theilung in Unterregionen hat Wallace die nachfolgenden Tabellen gegeben. Relativer Reichthum der sechs Regionen. Wirbelthiere. Faniilien. Eigen- thüm- liche Familien. Säugethiere. Eigen-! Pro- bat- thüml. cent- tun- Gat- ver- tun- hält- gen. niss. Vögel. lEigen-^ Pro- Gat- thüuil.l cent- Gat- I ver- tun- häit- gen. niss. tun- gen. Palaearktische Aethiopische Indische (Orientalische) Australische Neotropische Nearktische 136 3 100 35 35 174 57 174 22 140 90 64 294 179 164 12 118 55 46 340 165 141 30 72 44 61 298 189 168 44 130 103 79 683 576 122 12 74 24 32 169 52 33 60 48 64 86 31 Tabelle der Regionen und Subregionen. Regionen. Subregionen. Bemerkungen, I. Palaearktische. II. Aethiopische. III. Orientalische. IV. Australische. V. Neotropische. VI. Nearktische. 1. Nord-Europa. 2. Mittel-Meer. 3. Sibirien. 4. Manschurei (Japan) 1. Ost- Afrika. 2. West-Afrika. 3. Süd-Afrika. 4. Äladagascar. 1. Hindostan (Gen - tral-Indien). 2. Ceylon. 3. Indo-China (Hima- laya). 4. Indo-Malayische. 1. Austro-Malayische. 2. Australien. 3. Polynesien. 4. Neu-Seeland. 1. Chile (südl. gemäs- sigt-amerikanische) 2. Brasilien. 3. Mexico (tropisches Nordamerika). 4. Antillen. 1. Galifornien. 2. Felsengebirge. 3. Alleghany (östlich vereinigte Staaten). 4. Ganada. Uebergang zur äthiopischen. Uebergang zur nearktischen. Uebergang zur orientalischen. Uebergang zur paläarktischen. Uebergang zur äthiopischen. Uebergang zur paläarktischen. Uebergang zur australischen. Uebergang zur orientalischen. Uebergang zur neotropischen. Uebergang zur australischen. Uebergang zur nearktischen. Uebergang zur neotropischen. Uebergang zur paläarktischen. Vertheilung der Meeresbewohner. 117 Die Schranken der unterschiedenen Regionen stellen sich als ausgedehnte Meere, hohe Gebirgsketten oder Sandwüsten von grosser Ausdehnung dar und sind selbstverständlich keineswegs für alle organische Erzeugnisse Barrieren vom Werthe absoluter Grenzen , sondern gestatten für diese oder jene Gruppen Uebergänge aus dem einen Gebiete in das andere. Die Hindernisse der Aus- und Einwanderung erscheinen zwar hier und da für die Jetztzeit unübersteiglich, waren aber gewiss in der Vorzeit unter andern Verhältnissen der Vertheilung von Wasser und Land von der Gegenwart verschieden und für manche Lebens- formen leichter zu überschreiten. Wenn man schon seit langer Zeit für ziemlich abgeschlossene Verbreitungsbezirke den Ausdruck Schöpfungscentra gebraucht hat — wofür man freilich passender mit Rütimeyer die Bezeichnung Ver- breitungscentra anwenden sollte — so liegt die Vorstellung von dem endemischen Auftreten bestimmter typischer Artengruppen und der allmähligen Ausbreitung ') derselben bis zu den Grenzen des betreffenden Gebietes zu Grunde, eine Vor- stellung, welche sehr wohl mit der Lehre von der Entstehung der Arten durch all mahl ige Abänderung harmonirt. Auch für die Vertheilung der ]Meeresbewohner wiederholen sich die näm- lichen Gesetze. Ein Theil der Barrieren für Landthiere, wie die grosse insel- reiche See, kann hier eine Ausbreitung unterstützen , während umgekehrt aus- gedehnte Gebiete von Festland, welche die Ausbreitung der Landthiere begün- stigen, unübersteigliche Schranken herstellen. Indessen besuchen eine grosse Zahl von Seethieren nur flaches Wasser an den Küsten und werden daher oft mit den Landthieren ihrer Verbreitung nach zusammenfiillen, hingegen an ent- gegengesetzten Küsten ausgedehnter Gontinente sehr verschieden sich verhalten. Beispielsweise differiren die Meeresthiere der Ost- und Westküste von Süd- und Gentralamerika so bedeutend, dass von einer Reihe von Fischen abgesehn, welche nach Günther an den entgegengesetzten Seiten des Isthmus von Panama vor- kommen, nur wenige Thierformcn gemeinsam sind. Ebenso treffen wir in dem östlichen Insclgebiete des stillen Meeres eine von der Westküste Südamerikas ganz abweichende marine Thierwelt. Schreiten wir aber von den östlichen hiseln des stillen Meeres weiter westlich, bis wir nach Umwanderung einer Halbkugel zu den Küsten Afrikas gelangen , so stehen sich in diesem umfang- reichen Gebiete die Faunen niclit mehr scharf gesondert gegenüber. Viele Fisch- arten reichen vom stillen bis zum indischen Meere, zahlreiche Weichthiere der Südseeinseln gehören auch der Ostküste Afrikas unter fast genau entgegen- gesetzten Meridianen an. Hier sind aber auch die Schranken der Verbreitung nicht unübersteiglich, indem zahlreiche Inseln und Küsten den wandernden Meeresbewohnern Ruheplätze bieten. Rücksichtlich des besondern Aufenthalts der Seebewohner unterscheidet man Lüoralthiere, welche an den Küsten wenn auch unter ungleichen Verhältnissen in verschiedener bathymetrischer Aus- breitung am Boden leben, von pelagischen an der Oberfläche schwimmenden Seethieren. Aber auch in bedeutenden Tiefen und am Meeresgrunde existirt ein reiches und mannichfaltiges Thierleben, von dem man erst in neuester Zeit 1) Vergleiche die treffliche Abhandlung von Rütimeyer, Ueber die Herkunft unserer Thierwelt. Basel und Genf. 1867. 118 Weitere Beweisgründe der geographischen Verbreitung. vorzüglich durch die von Nordamerika , Scandinavien und England ausgegan- genen Expeditionen zur Tiefseeforschung nähere Kenntniss gewonnen hat. Anstatt des a priori vermutheten Mangels jeglichen Thierlebens finden selbst in den bedeutendsten Tiefen zahlreiche niedere Thiere der verschiedensten Gruppen die Bedingungen ihrer Existenz. Es sind ausser den niedersten Sarcodethieren aus der Foramini ferengruppe (Globigerinen- schlämm) vernehmlich Kiesel - schwämme , einzelne Korallenthiere , sodann Echinodermen und ürustaceen ') gefunden worden, letztere zum Theil aus niedern Typen aber in gigantischen und häufig blinden Repräsentanten. Auch ist es von ausserordentlichem Interesse, dass die Tietseebewohner an alte in mesozoischen Formationen vertretene Typen insbesondere der Kreide anschliessen zum Beweise der Gontinuität des Leben- digen in den aufeinander folgenden geologischen Formationen bis zur Gegenwart. Weitere Beweisgründe der geographischen Verbreitung. Indessen giebt es eine Reihe von Thier- und Pflanzenarten, welche als Kosmopoliten auf allen Welttheilen vorkommen und andere, die durch scheinbar unübersteigliche Schranken getrennt, verschiedenen Provinzen angehören und an den entferntesten Punkten angetroffen werden. Diese Fälle erklären sich theilweise mit Hülfe der ausserordentlich mannich faltigen, die Verbreitung leicht beweglicher Formen überaus begünstigenden Transportmittel und aus den geographischen und klimatischen Veränderungen, aus den Verschiebungen von Wasser und Land , welche sich nachweisbar in der jüngsten geologischen und auch in älteren Zeiten ereignet haben. Das Vorkommen gleicher Thier- und Pflanzenarten auf hohen Bergen, welche durch weite Tiefländer gesondert sind, die Uebereinstimmung der Bewohner des hohen Nordens mit denen der Schnee- regionen der Alpen und Pyrenäen, die Aehnlichkeit beziehungsweise Gleichheit von Pflanzenarten in Labrador und auf den weissen Bergen in den vereinigten Staaten einerseits und den höchsten Bergen Europa's andererseits scheint auf den ersten Blick die alte Anschauung zu unterstützen, dass die nämlichen Arten unabhängig von einander an mehreren Orten geschaffen worden sein, während die Selections- und Transmutationslehre die Vorstellung in sich einschliesst, dass jede Art nur an einer einzigen Stätte entstanden sein kann und dass die Indi- viduen derselben, auch wenn sie noch so weit getrennt leben, von der ursprüng- lichen Oertlichkeit durch Wanderung sich zerstreut haben müssen. Indessen findet jene Thatsache eine ausreichende Erklärung aus den klimatischen Zu- ständen einer sehr neuen geologischen Periode, in welcher über Nordamerika und Centraleuropa ein arktisches Klima herrschte (Eiszeit) und Gletscher von gewaltiger Ausdehnung die Thäler der Hochgebirge erfüllten. In dieser Periode wird eine einförmige arktische Flora und Fauna Mitteleuropa bis in den Süden der Alpen und Pyrenäen bedeckt haben, die, weil von der gleichen Polar- bevölkerung aus eingewandert, in Nordamerika im Wesentlichen dieselbe gewesen 1) Vergl. besonders Wyville Thomson, The depths of the sea. An accoiit ot the general results of the dredgings cruises of the Procupine and Lightning during the suiuniers 1868, 1869 und 1870. London 1873, sowie ferner die Resultate der Challenger- Expedition von 1874—1876. P'olgen der Eiszeit für die Ausbreitung gleicher Tliierarten. 1 19 sein musste (Rennthier, Eisfuchs, Vielfrass, Alpenhase etc.). Nachdem die Eiszeit ihren Höhepunkt erreicht hatte, zogen sicli mit Zunahme der mittleren Tem- peratur die arktischen Bewohner auf die Gebirge und allmählig immer höher bis auf die höchsten Spitzen derselben zurück , während in die tiefer liegenden Regionen eine aus dem Süden kommende Bevölkerung nachrückte. Auf diese Weise erklären sich aber auch in Folge der Isolation die Abänderungen, welche die alpinen Bewolmer der einzelnen getrennten Gebirgsketten untereinander und von den arktischen Formen auszeichnen, zumal da die besondern Beziehungen der alten Alpenarten, welche schon vor der Eiszeit die Gebirge bewohnten und dann in die Ebene herabrückten, einen Einfluss ausüben mussten. Daher treffen ivir neben vielen identischen Arten mancherlei Varietäten, zweifelhafte und stellvertretende Arten an. Nun aber bezieht sich die Uebereinstimmung auch auf viele subarktische und einige Formen der nördlich-gemilssigten Zone (an den niederen Bergabhängen und in den Ebenen Nordamerikas und Europas), die sich nur unter der Voraussetzung erklärt, dass vor Anfang der Eiszeit auch die Lebewelt der subarktischen und nördlich gemässigten Zone rund um den Pol herum die gleiche w'ar. Da aber gewichtige Gründe mit Bestimmtheit darauf hinweisen, dass vor der Eiszeit während der Jüngern Pliocänperiode, deren Bewohner der Art nach theilweise mit denen der Jetztwelt übereinstimmten, das Klima weit wärmer als gegenwärtig war, so erscheint es in der That nicht unmöglich, dass zu dieser Periode subarktische und nördlich gemässigte Formen viel liöher nach Norden reichten und in dem zusammenhängenden Lande unter dem Polarkreise , welches sich von Westeuropa an bis Ostamerika ausdehnte, zusammentrafen. Wahrscheinlich aber haben in der noch Avärmeren altern Pliocänzeit ^) eine grosse Zahl derselben Thier- und Pflanzenarten die zusammen- hängenden Länder des hohen Nordens bewohnt und sind dann mit dem Sinken der Wärme allmählig in der alten und neuen Welt südwärts gewandert. Auf diese Weise erklärt sich die Verwandtschaft zwischen der jetzigen Thier- und Pflanzenbevölkerung Europas und Nordamerikas, welche so bedeutend ist, dass wir in jeder grossen Classe Formen antreßen, über deren Natur als geographische Rassen oder Arten gestritten wird, ebenso erklärt sich die noch nähere und engere Verwandtschaft der Organismen, welche in der Jüngern Tertiärzeit beide Welttheile bevölkerten. Hinsichtlich derselben bemerkt Rütimeyer über die pliocäne Thierwelt von Niobrara, dass die in den Sandsteinschichten begrabenen Ueberreste von Eiephanten, Tapiren und Pferdearten kaum von den altweltlichen verschieden und dass die Schweine nach ihrem Gebiss zu urtheilen Abkömmlinge miocäner Paläochoeriden sind. Auch die Wiederkäuer, wie Hirsche, Schafe, Auerochsen finden sich in gleichen Gattungen und theilweise in denselben Arten wie in den gleich werth igen Schichten Europas. Nun aber sind auch manche Genera von exquisit altweltlichem Gepräge über den Isthmus von Panama, selbst weit herab nach Südamerika vorgedrungen und daselbst erst kurz vor dem Auflrcten des Menschen erloschen, w^ie die zwei Mammutharten der Gordilleren 1) In der noch älteren Mincänzcit herrschte auf Grönland und Spitzbergen , die damals noch zusammenhingen, ein Klima, wie etwa zur Zeit in Norditalien, was au? den interessanten paläontologischen Funden der Nordpolexpeditionen hervorgeht. 120 Bevölkerung Amerikas. und die südamerikanischen Pferde. Sogar eine Antilopenart und zwei horn- tragende Wiederkäuer {Leptotherium) fanden iiiren Weg bis Brasilien. Heut- zutage sind noch zwei Tapirarten , im Gebiss selbst für G u v i e r 's Auge kaum von den indischen unterscheidbar, zwei Arten von Schweinen, welche den Charakter ihrer Stammform im Milchgebiss noch erkennbar an sich tragen, und eine Anzahl von Hirschen nebst den Lamas, einem erst in Amerika geborenen und spätem Sprössling der eocänen Anoplotherien , -»lebende Ucherreste dieser alten und auf so langem Wege nicht ohne reichliche Verluste an ihren der- maligen Wohnort gelangten Colonie des Ostens«. Auch dürfte man kaum bezweifeln , dass ein guter Theil der Raubthiere, welche im Diluvium von Süd- amerika altweltliche Stammverwandtschaft bewahren, auf demselben Wege dahin gelangten. Die Beutelratten liegen bereits in den eocänen Schichten Europa's begraben und der eocäne Caenopithecus von Egerkingen weist auf die heutigea amerikanischen Affen hin. Ebenso zeigen die altern [nii ordnen) 'Rq?Xq der Nebrasca eine grosse Uebereinstimmung mit tertiären Säugethieren Europas. Dort lebten die Palaeotherien fort , die in Europa nicht über die eocäne Zeit hinausreichten, ferner die dreihufigen Pferde {Anchitherium) ^ von denen die spätem einhufigen Pferde mit Afterzehen (Hipparion) und die jetztlebenden Einhufer ohne Afterzehe abzuleiten sind. Bis in die ältere Tertiärzeit lässt sich der geschichtliche Zusammenhang der die alte Welt und einen grossen Theil Amerikas bevölkernden Säugethiere zurückverfolgen, so dass Rütimeyer die älteste tertiäre Fauna Europas als die Mutterlauge einer heutzutage auf den Tropengürtel beider Welten, allein am entschiedensten in dem massiven Afrika vertretenen echt continentalen Thiergesellschaft betrachtet. Dagegen hat nun freilich neuerdingsMarsh ') das umgekehrte Verhältniss wahrscheinlich gemacht, dass Amerika für die Säugethierfauna gewissermassen der ältere Welttheil ist. Nicht nur, dass hier die paläozoischen Formationen, die wir in Europa von nur geringer Ausdehnung kennen, fast durchaus den Boden zwischen dem Alleghanie- gebirge und dem Mississippi bilden , Amerika war auch längst ein weit aus- gedehnter Gontinent , als Europa sich noch in Form einer vielgetheilten Insel- gruppe darstellte, und auch Afrika und Asien vielfach zertheilt waren. Speciell für die Formationen der Tertiärzeit, deren Abgrenzung von der Kreide in Amerika kaum durchführbar ist, neigt sich Marsh der Ansicht zu, dass die Thierwelt der als Eocän, Miocän und Pliocän unterschiedenen Schichtengruppen etwas älter seien, als die entsprechenden der östlichen Gontinente. Südamerika besitzt aber neben eigenthümlichen Typen von Nagern, zu denen sich die meisten Edentaten gesellen, auch Galtungen von Säugethieren und Vögeln, welche wie die oben genannten Struthioniden und wie die wenigen auch in Südafrika und Südasien auftretenden Edentatengattungen {Orgcteropus, Manis) auf eine einstmalige gemeinsame Golonisirung zugleich von einem süd- lichen Ausgangscentrum , auf einen verschwundenen südlichen Gontinent hin- weisen , von welchem das australische Festland ein Ueberrest zu sein scheint. Von diesem würden möglicherweise die Beulelthiere Australiens und des süd- 1) 0. C. Marsh, Introduction und Succession of Vertebrate life in America. An Address. 1877. Edentaten zur Diluvialzeit in Südamerika. 121 westlichen Malayischen Inselgebietes , die Ameisenfresser und Sehuppenthiere, die Faulthiere und Giärtelthiere, die ausgestorbenen Riesenvögel von Madagascar und Neuseeland und die Struthioniden , auch die Maki's von Madagascar abzu- leiten sein. Auch liegt die Annahme nahe, dass die von dem Ausgangscentrum der nördlichen Halbkugel stammenden Einwanderer, als sie den Boden Süd- amerikas betraten , diesen schon mit den Vertretern einer südwestlichen Thier- welt reichlich besetzt fanden. Wie sich aus den diluvialen Thierresten ergibt, welche in den Knochenhöhlen Brasiliens und dem Alluvium der Pampas gesam- melt worden sind, machen die Edentaten- Arten fast die Hälfte der grossen Diluvialthiere Südamerikas aus und mochten somit im Stande gewesen sein, den später von Norden her eingewanderten Säugethieren so ziemlich das Gleich- gewicht zu halten. Begreiflicherweise rückten auch Glieder der antarktischen Fauna nach Norden empor, und »wie wir noch heute die fremdartige Form des FauUhiers, des Gürtelthiers und des Ameisenfressers in Guatemala und Mexico mitten in einer Thiergesellschatt antreffen, die guten Theils aus noch jetzt in Europa vertretenen Geschlechtern besteht, so finden wir auch schon in. der Diluvialzeit riesige Faulthiere und Gürtelthiere bis weit hinauf nach Norden ver- breitet. Megalomjx Jeffcrsoni und Mylodon Harlemi, bis nach Kentucky und Missouri vorgeschobene Posten südamerikanischen Ursprungs, sind in dem Lande der Bisonten und Hirsche eine gleich fremdartige Erscheinung, wie die Masto- donten in den Anden und Neugranada und Bolivia. Mischung und Durch- dringurig zweier vollkommen stammverschiedener Säugethiergriqypcn fast auf der ganzen ungeheueren Erstreckung heider Hälften des neuen Conlinents bildet überhaupt den hervorstechendsten Charakterzug seiner Thierwelt, und es ist bezeichnend, dass jede Gruppe an Reichthum der Vertretung und an Originalität ihrer Erscheinung in gleichem Masse zunimmt, als wir uns ihrem Ausgangspunkte nähern«. Erwägt man, dass die südliche Wanderung in den vorgeschichtlichen Zeit- perioden auch für die Meeresbewohner Geltung gehabt hat , so wird das Vor- kommen verwandter Arten an der Ost- und Westküste des gemässigtem Theils von Nordamerika, in dem Mittelländischen und Japanesischen Meere (vornehmlich Grustaceen und Fische) verständlich, für das die alte Schöpfungslehre keine Er- klärung zu geben vermag. Das Auftreten gleicher oder sehr nahe stehender Arten in gemässigten Tiefländern und entsprechenden Gebirgshöhen entgegengesetzter Hemisphären erklärt sich aus der durch eine Menge geologischer Thatsachen gestützten An- nahme, dass zur Eizeit, für deren lange Dauer sichere Beweise vorliegen, die Gletscher eine ungeheuere Ausdehnung ^j über die verschiedensten Theile der Erde auf beiden Halbkugeln gewonnen hatten, und die Temperatur über die ganze Oberfläche wenigstens der nördlichen oder südlichen Halbkugel bedeutend 1) Groll hat zu zeigen versucht, dass das eisige Klima vornehmlich eine Folge der zunehmenden Excentricitilt der Erdbahn und der durch dieselbe influirten oceanischen Strömungen sei, dass aber sobald die nördliche Hemisph.äre in eine Kälteperiode ein- getreten, die Temperatur der südlichen erhöht sei und umgekehrt; er glaubt, dass die letzte grosse Eiszeit ungefähr vor 2 10,000 Jahren eintrat und etwa 160,000 Jahre währte. 122 Wechsel der Eiszeit in beiden Halbkugeln. gesunken war. Am Anfange dieser langen Zeitperiode, als die Kälte langsam zunahm, werden sich die tropischen Thiere und Pflanzen nach dem Aequator zurückgezogen, ihnen die subtropischen und die der gemässigten Gegenden, diesen endlich die arktischen gefolgt sein. Wenn wir Groll 's Schluss, dass zur Zeit der Kältezunahme der nördlichen Halbkugel die südliche Hemisphäre wärmer wurde und umgekehrt , als richtig betrachten , so werden während des langsamen Herabwanderns vieler Thiere und Pflanzen der nördlichen Halbkugel die Bewohner der heissen Tiefländer sich nach den tropischen und halbtropischen Gegenden der Avärmern südlichen Hemisphäre zurückgezogen haben. Da be- kanntlich manche tropische Bewohner einen merklichen Grad von Kälte aus- halten können, mochten manche Thiere und Pflanzen, in die geschütztesten Thäler zurückgezogen, auch so der Zerstörung entgangen und in spätem Generationen mehr und mehr den besondern Temperaturbedingungen ange- passt worden sein. Auch die Bewohner der gemässigten Regionen traten, dem Aequator nahe gerückt, in neue Verhältnisse der Existenzbedingungen ein und überschritten zur Zeit der grössten Wärmeabnahme in ihren kräftigsten und herrschendsten Formen auf Hochländern (Gordillcren und Gebirgsketten im Nordwesten des Himalaya's), theilweise vielleicht auch in Tiefländern (wie in Indien) den Aequator. Als nun mit Ausgang der Eiszeit die Temperatur all- mählig wieder zunahm, stiegen die gemässigten Formen aus den tiefer gelegenen Gegenden theils vertical auf Gebirgshöhen empor, theils wanderten sie nord- wärts mehr und mehr in ihre frühere Heimath zurück. Ebenso kehrten die Formen, welche den Aequator überschritten hatten, mit einzelnen Ausnahmen wiederum zurück, erlitten aber theilweise wie jene unter den veränderten Gon- currenzbedingungen geringe oder tiefgreifendere Modifikationen. Nach Dar win wird nun »im regelmässigen Verlaufe der Ereignisse die südliche Hemisphäre einer intensiven Glacialzeit unterworfen worden sein, während die nördliche Hemisphäre wärmer wurde; dann müssten umgekehrt die südlichen temperirten Formen in die äquatorialen Tiefländer eingewandert sein. Die nordischen Formen, welche vorher auf den Gebirgen zurückgelassen worden waren, werden nun herabgestiegen sein und sich mit den südlichen Formen vermischt haben. Diese letztern konnten, als die Wärme zurückkehrte, nach ihrer frühern Heimath zurückgekehrt sein, dabei jedoch einige wenige Formen auf den Bergen zurück- gelassen und einige der nordischen temperirten Formen, welche von ihren Bergen herabgestiegen waren, mit sich nach Süden geführt haben. Wir müssen daher einige Species in den nördlichen und südlichen temperirten Zonen und auf den Bergen der dazwischen liegenden tropischen Gegenden identisch finden. Die eine lange Zeit hindurch auf diesen Bergen oder in entgegengesetzten Hemi- sphären zurückgelassenen Arten werden aber mit vielen neuen Formen zu con- curriren gehabt haben und etwas verschiedenen physikalischen Bedingungen ausgesetzt gewesen sein; sie werden daher der Modifikation in hohem Grade zugänglich gewesen sein und demnach jetzt im Allgemeinen als Varietäten oder als stellvertretende Arten erscheinen. Auch haben wir uns daran zu erinnern, dass in beiden Hemisphären schon fiiiher Glacialperioden eingetreten waren; denn diese werden in Uebereinstimmung mit denselben hier erörterten Grund- sätzen erklären, woher es kommt, dass so viele völlig distinkte Arten dieselben Verbreitung der Süsswasserbewohner. 123 weit von einander getrennten Gebiete bewohnen und zu Gattungen gehören, welche jetzt nicht mehr in den dazwischen liegenden tropischen Gegenden ge- funden werden. So vermag man aus den erörterten Folgen der grossen klima- tischen Veränderungen, welche sich in ganz allmähligem Verlaufe während der sog. Eiszeit zugetragen haben, einigermassen zu erklären, dass auf hohen Gebirgen des tropischen Amerika's eine Reihe von Pflanzenarten aus Europäischen Gattungen vorkommen, dass nach Hook er das Feuerland circa 40— öOBlüthen- pflanzen mit Ländertheilen auf der entgegengesetzten Hemisphäre von Nord- amerika und Europa gemeinsam hat, dass viele Pflanzen des Himalaya und der vereinzelten Bergketten der Indischen Halbinsel auf den Höhen Geylon's und den vulkanischen Kegeln Java's sich wechselseitig vertreten und Europäische Formen wiederholen, dass in Neuholland eine Anzahl Europäischer Pflanzen- gattungen , sogar in einzelnen identischen Arten auftreten und südaustralische Formen auf Berghöhen vonBoi-neo wachsen und überMalacca, Indien bis nach Japan reichen, dass auf den Abyssinischen Gebirgen Europäische Pflanzenformen und einige stellvertretende Pflanzenarten vom Cap der guten Hoffnung gefunden werden, dass nach Hook er mehrere auf den Camer oon Bergen am Golfe von Guinea wachsende Pflanzen denen der Abyssinischen Gebirge und mit solchen des gemässigten Europas nahe verwandt sind. Aber schon vor der Eiszeit müssen sich viele Thicr- und Pflanzenformen über sehr entfernte Punkte der südlichen Halbkugel verbreitet haben, unterstützt theils durch gelegentliche Transportmittel, theils durch die besonderen, von den jetzigen abweichenden Verhältnisse der Vertheilung von Wasser und Land, theils durch frühere Glacial- perioden ; nur so wird man das Vorkommen ganz verschiedener ^) Arten süd- licher Gattungen an entlegenen Punkten, die ähnliche Gestaltung des Pflanzen- lebens an den Südküsten von Amerika, Neuholland und Neuseeland zu begründen vermögen. Verbreitung der Süsswasserbewoliner. Gegen die Theorie gemeinsamer Abstammung mit nachfolgender Ab- änderung durch natürliche Zuchtwahl scheint auf den ersten Blick die Ver- breitungsweise der Süsswasserbewohner zu sprechen. Während wir nämlich mit Rücksicht auf die Schranken des trocknen Landes erwarten sollten , dass die einzelnen Landseen und Stromgebiete eine besondere und eigenthümliche Bevölkerung besässen, finden wir im Gegen theil eine ausserordentliche Ver- breitung zahlreicher Süsswasserarten und beobachten, dass verwandte Formen in den Gewässern der gesammten Oberfläche vorherrschen. Sogar dieselben Arten können auf weit von einander entfernten Gontinenten vorkommen , wie nach Günther der Süss wasserfisch Galaxias attemiatus Tasmanien, Neusee- land, den Falklandsinseln und Südamerika angehört, ein Fall, der wiederum auf ein einstmaliges antarktisches Ausgangscentrum hinweist. Die Phyllopoden- gattungen Estheria und Limnadia finden sich in allen Wclttheilen vertreten. 1) In dem Grade abweichend, dass die Zeit von Beginn der Eiszeit zur Stärke der Abänderung nicht wohl ausgereicht haben kann. 124 Grosse Verbreitung identischer oder nahe verwandter Süsswasserbewohnev. Gleiches gilt von zahlreichen SüsswassermoUusken. Indessen kann man die Verbreitung- von Süsswasserbewohnern theils dem Einflüsse der Niveau Verän- derungen und Höhenwechsel während der gegenwärtigen Periode zuschreiben, theils aus der Wirkung ausserordentlicher Transportmittel erklären. Zu den letztern gehören weite Ueberschwemmungen und Fluthen, Wirbelwinde, welche Fische und Pflanzen und deren Keime von einem Flussgebiet in das andere übertrugen. Mit dieser Erklärungsweise steht im Einklang, dass auf entgegen- gesetzten Seiten von Gebirgsketten, welche schon seit früher Zeit die Wasser- scheide gebildet haben, verschiedene Fische angetroffen werden. Auch die passive Ueberführung von Süsswasserschnecken , Eiern, Pflanzensamen durch flugfähige Wasserkäfer und wandernde Sumpfvögel scheint für die Verbreitung der Süsswasserbevölkerung von grossem Einfluss gewesen zu sein. Endlich können auch vom Meere aus Seethiere in verschiedene Flussgebiete eingetreten sein und sich allmählig an das Leben im süssen Wasser gewöhnt haben. In der That sind wir im Stande, eine Anzahl Süsswasserbewohner von Seethieren abzuleiten, die langsam und allmählig an das Leben zuerst im Brackwasser und dann im süssen Wasser gewöhnt und später theilweise oder vollständig vom Meere separirt wurden. Nach Valenciennes gibt es kaum eine Fisch- gruppe, welche vollkommen auf das Leben in Flüssen und Landseen beschränkt wäre, in vielen Fällen treten sogar die nächsten Verwandten — und gleiches beobachten wir bei zehnfüssigen Krebsen — im Meere und im süssen Wasser auf, in andern Fällen leben dieselben Fische im Meere und in Flüssen {Mugi- loideen, Fleuronectiden, Salmoniden etc.). Von besonderm Interesse aber sind eine Reihe ausgezeichneter Beispiele, welche das Schicksal und die Verän- derungen von Fischen und Krebsen in allmählig oder plötzlich vom Meere abgesperrten und zu Binnenseen umgestalteten Gewässern beleuchten. Von Loven wurden diese für die Thiere des Wenern- und Wetternsees, welche mit denen des Eismeeres eine grosse Uebereinstimmung zeigen, von Malm- green für die des Ladogasees erörtert. Die italienischen Landseen enthalten eine Anzahl von Fisch- und Grustaceenarten , welche den Character von See- thieren des Mittelmeeres, beziehungsweise der Nordsee an sich tragen {Bleunhts vulgaris, Atherina lacustris, Telphusa fluviatdls, Falacmon lacustris = varians, Sphaeroma fossarmn der Pontinischen Sümpfe), so dass der Schluss einer vor- maligen Verbindung mit dem Meere und einer spätem durch Hebung bewirkten Absperrung überaus nahe liegt. Auch in Griechenland, auf der Insel Gypern, in Syrien und Egypten leben in süssen Wassern vereinzelte Grustaceentypen des Meeres {Telphusa fluciatilis, Orchcstia cavimana, Gammarus marinus var. Veneris) und in Brasilien finden wir eine noch grössere Zahl von marinen Grustaceengattungen als Süsswasserbewohner ^) wieder. 1) Nach Martens finden sich dort die Süsswasserkrabben (gewissermassen die altweltlichen Telphusen wiederholend: Trichodactylus quadratus, Sijlviocarcinus panoplus, DUocarcinus multidentatus ; die Süsswasseranomure Aeglcalaevis. Als Makruren werden — abgesehn von den mit dem Hummer so nahe verwandten Astaciden — angeführt* J'alaevion Jamaicensix, spinimanm, forceps, sodann von Asseln Cymothoe Hcnseli. Die Eigenthümliclikeiten der luselbevölkerung. i±j Die Eigentliüniliclikeiten der Inselbevölkerung. Eine andere Reilie von Thatsachen, welche der Theorie gemeinsamer Abstammung mancherlei Schwierigkeiten bieten, jedoch ebenfalls unter einigen Voraussetzungen grossentheils mit derselben im besten Einklang stehen, beti-ifil die Eigenthümlichkeiten der Inselbevölkerung und ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung der nächstliegenden Festländer. Ihrer Entstehung nach haben wir die Inseln entweder als die höchstgelegenen aus dem Meere allmählig oder plötzlich emporgetretenen Gipfel unterseeischer Ländergebiete aufzufassen, an deren Aufbau die Korallen wesentlich betheiligt sein können, oder als Bruch- stücke von Continenten zu betrachten, die erst in Folge säculärer Senkung durch das üborfluthende Meer getrennt wurden. Im letztern Falle werden meistens die nächstgelegenen Continente eine nachweisbare Beziehung bieten, doch ist zuweilen wahrscheinlich, wie bei Madagascar und den Seychellen, dass Inseln einem andern als dem benachbarten und zwar einem längst zerrissenen und geschwundenen Festlande angehörten. Ebenso wenig scheinen die Canari- schen Inseln und die Azoren, denen Landsäuger und Reptilien fehlen, während unter den Insekten flügellose Formen vorwiegen, dem Afrikanischen Gontinent verbunden gewesen zu sein. Nun ist es eine durchgreifende Erscheinung, dass die Inseln eine relativ nur geringe Zahl von Arten enthalten, unter diesen aber oft, wenigstens für bestimmte Gruppen, unverhältnissmässig viele endemische Formen aufzuweisen haben. Nach Darwin erklärt sich diese Thatsache un- gezwungen, insofern Arten, welche in ein neues mehr oder minder isolirtes Gebiet eintreten oder auf einen bestimmten Bezirk abgeschlossen werden, unter den veränderten Bedingungen der Goncurrenz vornehmlich dann Modificationen erfahren müssen, wenn sie nicht durch fortwährendes Nachrücken unver- änderter Einwanderer mit dem Mutterlande in Gontinuität erhalten werden. Zudem werden auf Inseln , welche aus dem Meere emporgetreten sind , nur schwimmende und fliegende oder sonst durch passive Wanderung mittelst der mannichfachen Transportmittel übertragene Formen gefunden werden können, während im andern Falle der Inselbildung zahlreiche Arten der Festlands- bevölkerung zu Grunde gegangen sein müssen. Unter den 26 Landvögeln der Galopagosinseln sind beispielsweise 21 oder gar 23 eigenthümliche Arten, da- gegen gehören von 11 Seevögeln, welche leicht hierher gelangen, nur 2 dieser Inselgruppe ausschliesslich an. Die Vögelfauna der Insel Bermuda, welche gelegentlich von Nordamerikanischen Vögeln besucht wird, zeigt aber nicht eine einzige ihr eigenthümliche Art. Aehnlich verhält es sich mit den Vögeln von Madeira, die theils Afrikanischen theils Europäischen Arten entsprechen, während die Fauna der Landschnecken (nicht aber der Seeschnecken) und Käfer auf dieser Insel eine ganz eigenthümliche ist. Manchen Inseln fehlen gewisse Glassen von Thieren, wie z.B. den Galopagosinseln und Neuseeland die Säugethiere, deren Stelle hier durch die Riesenvögel, dort durch Reptilien ver- treten wird. Ueberhaupt vermisst man auf zahlreichen von dem Gontinent entfernter gelegenen Inseln eigentliche Landsäugethiere, obw-ohl kein Grund vorliegt, die Existenzfähigkeit wenigstens kleinerer Arten in Zweifel zu ziehen, 126 Verwandtschaft der Inselbewohner mit denen des benachbarten Festlandes. dagegen finden sich fast auf jeder Insel fliegende Säugethiere und zwar häufig in ganz besonderen Species. Für die Fledermäuse aber wird die Wanderung durch das Flugvermögen ausserordentlich begünstigt, während die Landsäuge- thiere nicht über weile Meeresstrecken hinüberzukommen vermögen. Merk- würdig ist der allgemeine Mangel von Fröschen , Kröten und Molchen auf fast allen oceanischen Inseln, obwohl eingeführte Batrachier auf einigen derselben so gut fortkonmien, dass sie bald zur Plage werden. Indessen erklärt sich diese Thatsache einigermassen aus der Schwierigkeit, welche der Transport des in Meereswasser rasch absterbenden Laiches bietet. Am wichtigsten erscheint die Verwandtschaft der Inselbewohner mit denen des nächstliegenden Festlandes. Für die Fauna der ausgedehnten australischen Inselwelt wurde von Wallace gezeigt, dass sie durchaus keinen selbstständigen Charakter trage, vielmehr auf den grossen asiatischen Gontinent, sowie zum Theil auf Australien zurückzuführen sei. Von dem erstem sind Sumatra, Borneo, Java nebst Bali östlich von Java nur durch ein seichtes Meer geschieden, in gleicher Weise Neuguinea nebst den benachbarten Inseln von Australien. Dagegen trennt eine weit tiefere Einsenkung des Meeresbodens die beiderseitigen Inselgebiete und zwar in der Weise, dass Gelebes und Lombok der südlichen Gruppe zugehören, während noch die Philippinen auf den asiatischen Gontinent zu beziehen sind. Als losgelöste vielfach zerrissene Endtheile zweier einander genäherter Gontinente werden sie völlig verschiedene Faunen bergen, deren Abgrenzung mit der Trennung der beiden ehemaligen Festländer zusammen- fallen muss. In der That trifft nun dieses in überraschender Weise zu. »Wenn wir die Fauna der nördlichen Inselgruppen betrachten, so finden wir einen überzeugenden Beweis, dass diese grossen Inseln einst dem grossen Gontinent angehört haben müssen und erst in einer sehr jungen geologischen Epoche von ihm getrennt sein können. Der Elephant und Tapir von Sumatra und Borneo, das Nashorn von Sumatra und die ähnliche javanische Art, das wilde Rind von Borneo und die javanische Form, die man so lange für eigenthümlich hielt, von allen weiss man jetzt, dass sie da oder dort auf dem Festland von Südasien vorkommen. Es ist unmöglich, dass einst diese grossen Thiere die Meerengen überschritten , welche jetzt diese Länder trennen und ihre Anwesenheit beweist klar , dass als die Arten entstanden , eine Landverbindung existirt haben muss. Eine beträchtliche Anzahl der kleinen Säuger sind allen Inseln und dem Fest- lande gemeinsam; aber die grossen physikalischen Veränderungen, die vor sich gegangen sein müssen seit der Ablösung und vor dem Untersinken so grosser Strecken haben den Untergang einiger auf verschiedenen Inseln herbeigeführt, und in einigen Fällen scheint Zeit genug zu Artumwandlungen gewesen zu sein. Vögel und Insekten bestätigen diese Ansicht ; denn jede Familie und fast jede Gattung dieser Gmppen, welche man auf einigen Inseln findet, gehören auch dem asiatischen Festlande an, und in einer grössern Anzahl von Fällen sind die Arten völlig gleich«. »Die Philippinen stimmen in vieler Hinsicht mit Asien und seinen Inseln überein, bieten aber einige Abweichungen, welche anzuzeigen scheinen, dass sie in einer frühern Periode abgetrennt wurden und seitdem einer Reihe von Umwälzungen in ihren physikalischen Verhältnissen unter- worfen waren«. (Wallace). Bevölkerung des ostindischen Inselgebiets, Asiens und Australiens. 127 Wenden wir uns nun zu dem übrigen Theil des Archipels, so finden wir, dass alle Inseln östlich von Gelebes und Lombok zumeist eine ebenso aufTRÜende Aehnlichkeit mit Australien und Neuguinea zeigen als die westlichen zu Asien. Es ist bekannt, dass die Naturerzeugnisse Australiens ') von denen Asiens mehr abweichen als die der vier altern Erdtheile von einander. Wirklich steht Australien für sich. Es hat keine Affen, Katzen, Wölfe, Bären oder Hyänen; keine Hirsche oder Antilopen, Schaf oder Rind; weder Elephant noch Pferd, Eichhörnchen oder Kaninchen : kurz nichts von jenen Familientypen der Vier- füsser, die man in jedem andern Theile der Erde findet. Statt dieser besitzt es nur Beutler, Kängurus und Opossums und das Schnabelthier. Auch seine Vogel weit ist fast ganz eigen thümlich. Es besitzt weder Spechte noch Fasanen, Familien die überall sonst vorkommen. Statt derselben hat es die erdhügel- bauenden Fusshühner, die Honigsauger, Kakadus und pinselzungigen Lories, die sonst nirgends leben. Alle diese auffallenden Eigenthümlichkeiten finden sich auchauf den Inseln, welche die südmalayische Abtheilung des Archipels bilden«. »Der grosse Gegensatz zwischen den beiden Abtheilungen des Archipels tritt nirgends so plötzlich in die Augen, als wenn man von der Insel Bali nach Lombok übersetzt, wo die beiden Regionen sich am engsten berühren. In Bali haben wir Bartvögel , Fruchtdrosseln und Spechte ; in Lombok sieht man diese nicht mehr, aber eine Menge von Kakadus, Honigsaugern und Fusshühnern, die ihrerseits wieder in Bali und allen westlichem Inseln unbekannt«. »Reisen wir von Java oder Borneo nach Gelebes oder den Molukken, so ist der Unter- schied noch auffallender. Dort sind die Waldungen reich an Affen , Katzen, Hirschen, Zibethkatzen und Ottern, und man begegnet zahlreichen Formen von 1) Für die Pflanzen und Schmetterlinge trifft die Abgrenzung weniger zu, da die Flora von Neuseeland mit der von Südamerika eine grosse Verwandtschaft zeigt und die Schmetterlinge von Australien und Polynesien so sehr den Character der indischen Falter tragen, dass sie zu der Continental-asiatischen Falterfauna bezogen werden müssen. Auch manche Vögel und Fledermäuäe sind mit denen Ostindiens verwandt. Man erkennt hier deutlich den Einfluss des Flugvermögens als Transportmittel zur Ueberwindung der durch Meerengen gesetzten Schranken. Dagegen sind die eigentlichen Landthiere und schwerfälligen Echsen sowie die Schlangen und Schnecken grossentheils eigenthümliche Formen des Landes, wenn auch mehr oder minder auf die Nachbarschaft ausgebreitet. Die Monotremen gehören aus- schliesslich Tasmanien und der gegenüberliegenden Festlandsküste an. Dagegen erscheint Neuseeland von Australien abgeschlossen und mit einer ganz eigenthümlichen Fauna versehn, die sich bei dem Mangel echt einheimischer Säugethiere, Schlangen und Schild- kröten vornehmlich durch die flügellosen Vögel vom Kiwi bis zu den Moas von Riesen- grösse auszeichnet. Indess ist das Gebiet der flugunfähigen Vögel ein viel grösseres, die Casuare (Casuarius) breiten sich von den Molukken über die polynesischen Inseln nach Neu-Guinea, Neubritanien und dem Nordrand von Australien und die Emu's {Dromaius) selbst bis nach Tasmanien aiis. Andererseits haben Afrika und Südamerika ihre Straussen- gattung. Bezüglich der Vertheilung der Säugethiere Australiens, die mit Ausnahme von 2 möglicherweise einheimischen Nagethiergattungen {Hydromis, Hapolotis) Beutelthiere sind, so erstrecken sich dieselben durch den malayischen Archipel bis nach Gelebes; um- gekehrt gehen Säugethiere des asiatischen Continents über die Sundainseln bis zu den Molukken; auch Rütimeyer leitet die Säugethierbevölkerung der Inseln zwischen Australien und Asien von beiden Continenten ab. 128 Bevölkerung des ostindischen Inselgebiets, Asiens und Australiens Eichhörnchen. Hier — keines dieser Thiere , aber der Kuskus mit dem Greif- schvvanz ist fast das einzige Landsäugethier, ausgenommen die wilden Schweine, die auf allen diesen hiseln vorkommen und — wahrscheinlich in neuerer Zeit eingeführte — Hirsche auf Gelebes und den Molukken«. Unzweifelhaft müssen wir aus diesen Thatsachen den Schluss ziehen, dass die östlich von Java und Borneo gelegenen Inseln im Wesentlichen einen Theil eines frühern australischen oder pacifisclien Gontinents bilden , obschon einige von ihnen vielleicht nie mit ihm im wirklichen Zusammenhange gestanden. Dieser Gontinent muss schon zertrümmert worden sein , nicht nur ehe die westlichen Inseln sich von Asien trennten, sondern wahrscheinlich schon bevor die Südostspitze von Asien aus dem Ocean aufgetaucht war. Denn man weiss , dass ein grosser Theil von Borneo und Java einer ganz jungen geologischen Formation angehört, während diese grosse Verschiedenheit der Arten, in vielen Fällen auch der Gattungen, von den Erzeugnissen der östlichen malayischen Inseln und Australiens , sowie die grosse Tiefe der See, welche sie jetzt trennt, auf eine verhältnissmässig lange Periode der Isolirung schliessen lässt«. (Vergl. Wallace 1. c). »Bezüglich des Verhältnisses der Inseln unter einander ist es interessant zu bemerken , wie ein seichtes Meer immer auf eine neuere Land Verbindung deutet. Die Aru-Inseln, Mysol und Waigiu sowie auch Jolaie stimmen mit Neuguinea in ihren Säugethier- und Vögelarten überein und wir finden , dass sie alle mit Neuguinea durch ein seichtes Meer verbunden sind. In der That bezeichnet die Hundert-Faden-Linie von Neuguinea genau die Verbreitung der wahren Paradiesvögel«. Ein anderes Beispiel in kleinerm Massstabe bieten die Thiere und Pflanzen der Galopagosinseln , welche obwohl einige hundert Meilen vom Festlande ent- fernt, einen durchaus amerikanischen Gharacter tragen, obwohl die geologische Besdiaflfenheit, das Klima und die allgemeinen Lebensbedingungen ganz andere sind. Das vollständig analoge Gegenstück finden wir in den Gap Verdischen Inseln, deren Bevölkerung wiederum ein durchaus afrikanisches Gepräge trägt, ohne jedoch die gleichen Arten zu enthalten. In kleinenn Massstabe wieder- holt sich zuweilen dieselbe Erscheinung auf den einzelnen Inseln derselben Gruppe, deren Bewohner eine grosse Uebereinstimmung zeigen, jedoch distincte nahe verwandte Arten bilden. Auch hat man in einzelnen Fällen eine Be- ziehung nachgewiesen zwischen der Tiefe des Meeres, welches Inseln von ein- ander und vom Festlande trennt und dem Verwandtschaftsgrade der ent- sprechenden Bevölkerungen. Alle diese Verhältnisse erklären sich sehr wohl aus der Annahme stattgefundener Golonisation mit nachfolgender Anpassung und Abänderung. Die Bevölkerung der Inseln , welche vor geraumen Zeiten unter einander und mit dem Festlande zusammenhingen oder durch Hebung aus dem Ocean emportauchten, ist in beiden Fällen auf die des Festlandes zurückzuführen, entweder in Folge der ursprünglichen Gontinuität oder nach- träglicher durch mannichfache Transportmittel unterstützte Einwanderung; sie musste dann mit der Zeit eine um so grössere Zahl eigenthümlicher Abänderungen und Arten bilden, je vollständiger die Isolirung und je länger die Dauer der- selben war. Wahrscheinlichkeitsbeweis aus den Ergebnissen der Paläontologie. 129 Wahrsclieinliclikeitsbeweis aus den Ergebnissen der Paläontologie. Eine dritte grosse Reihe von Thatsachen, durch welche die Lehre von der langsamen Umgestaltung der Arten, die allmählige Entwicklung der Gattungen, Familien, Ordnungen etc. bestätigt wird, ergibt sich aus den Resultaten der geologischen und paläontologi sehen Forsehmig. Zahlreiche und mächtige Gesteinsschichten, welche im Laufe der Zeit in bestimmter Reihenfolge nach einander aus dem Wasser abgelagert wurden, bilden im Vereine mit gewaltigen aus dem feuerflüssigen Erdinnern hervorgedrungenen Eruptivmassen, den sog. vulkanischen und plutonischen Gesteinen, die feste Rinde unserer Erde. Die erstem oder die sedimentären Ablagerungen, sowohl in ihrer ursprünglich meist horizontalen Schichtung als in dem petrographischen Zustand ihrerGesteine durch die Eruptivgesteine mannichfach verändert , enthalten eine Menge von begrabenen zu Stein gewordenen Ueberresten einer vormals lebenden Thier- und Pflanzenbevölkerung , die geschichtlichen Dokumente emes reichen Lebens in den frühern Perioden der Erdentwicklung. Obwohl uns diese sog. Petrefacten mit einer sein- bedeutenden Zahl und grossen Formenmannichfaltigkeit vor- weltlicher Organismen bekannt gemacht, so bilden sie doch nur einen sehr kleinen Bruchtheil der ungeheueren Menge von Lebewesen, welche zu allen Zeiten die Erde bevölkert haben, hnmerhin reichen dieselben zur Erkenntniss aus, dass zu den Zeiten, in welchen die einzelnen Ablagerungen entstanden sind, eine verschiedene Thier- und Pflanzenwelt existirte, die sich von der gegenwärtigen Fauna und Flora um so mehr entfernt, je tiefer die betreffenden Gesteine in der Schichtenfolge liegen, je weiter wir mit andern Worten in der Geschichte der Erde zurückgehn. Untereinander zeigen die Versteinerungen verschiedener Ablagerungen eine um so grössere Verwandtschaft, je näher die- selben in der Aufeinanderfolge der Schichten aneinander grenzen. Jede sedi- mentäre Bildung eines bestimmten Alters hat im Allgemeinen ihre besondern am häufigsten auftretenjlen Gharakterversteinerungen (sog. Leitmuscheln), aus denen man unter Berücksichtigung der Schichten-Folge und des petrographischen Charakters der Gesteine mit einer gewissen Sicherheit auf die Stelle zurück- schliessen kann, welche die zugehörige Schicht in dem geologischen Systeme einnimmt. Zweifelsohne sind die Petrefacten neben der Aufeinanderfolge der Schichten das wichtigste Hülfsmittel zur Bestimmung des relativen geologischen Alters der abgelagerten Bildungen, jedenfalls weit wichtiger, als die Beschaffenheit der Gesteine an und für sich. Wenn allerdings auch in früherer Zeit die Ansicht massgebend war, dass die Gesteine derselben Zeitperiode stets die gleiche, die zu verschiedenen Zeiten abgesetzten dagegen eine verschiedene Beschaflenheit darbieten müssten, so hat man doch neuerdings diese Vorstellung als eine irrige aufgegeben. Die geschichteten oder sedimentären Ablagerungen entstanden zu jeder Zeit unter ähnlichen Bedingungen wie gegenwärtig durch Absatz von thonigem Schlamm, von fein zerriebenem oder gröbermSand, von kleineren oder grösseren Geschieben und Gerollen , durch chemische Niederschläge von kohlensaurem und schwefelsaurem Kalk und Talk, von Kieselhydrat und Eisen- Claus, Zoologie. 4. Auflage. 9 130 Die geologischen Formationen.. oxydhydrat, durch Anhäufung fester Thierreste und Pflanzentheile. Zu festen Gesteinen wie Thon- und Kalksehiefer, Kalkstein, Sandstein, Dolomit und Gon- glommeraten mancherlei Art wurden sie erst im Laufe der Zeit durch Wirkung verschiedener Ursachen, durch den gewaltigen mechanischen Druck aufliegender Massen, durch erhöhte Temperatur, durch innere chemische Vorgänge u. s. w. umgestaltet. Wenn auch in vielen Fällen der besondere Zustand der Gesteine Anhalts- punkte zur Orientirung über das relative Alter bieten mag , so steht es doch fest, dass gleichzeitige Sedimente einen ganz abweichenden petrographischen Charakter zeigen können , während andererseits Ablagerungen aus sehr ver- schiedenen Perioden gleiche oder kaum zu unterscheidende Felsarten gebildet haben. Indessen wurde auch namentlich in früherer Zeit der Werth der Petre- facten für die Altersbestimmung bedeutend überschätzt. Mögen immerhin bei der grössern Gleichförmigkeit von Temperatur und Klima in früheren Zeiten Thier- und Pflanzenarten eine weit allgemeinere Verbreitung gehabt haben als in der Gegenwart, so konnten doch unmöglich sämmtliche Formen über die ganze Erde hin gleichmässig verbreitet gewesen sein. Die Bewohner hoher Gebirge mussten von denen des Tieflands, die Bevölkerung der Küsten von der pelaglschen der hohen See, endlich die der einzelnen vom Meere umgrenzten Ländergebiete untereinander verschieden sein. Die alte Vorstellung, dass gleichzeitige Ablagerungen überall die gleichen Versteinerungen enthalten müssten , konnte sich daher nur so lange aufrecht erhalten, als die geologischen Untersuchungen auf kleine Länderdistrikte be- schränkt blieben. Ebenso wenig vermochte die an jene Vorstellung sich eng anschliessende Anschauung Geltung zu bewahren, dass die einzelnen durch be- stimmte Schichtenfolgen charakterisirten geologischen Abschnitte scharf und ohne Uebergänge abzugrenzen sein. Weder petrographisch noch paläontologisch sind die einzelnen Formationen ^), wie man die Schichtencomplexe eines bestimmten 1) Zur Uebersicht der geologischen Perioden und ihrer wichtigsten Formationen mag die beifolgende Tabelle dienen. Qtiartärzeit. (Diluvial- und Alluvial- formationen). Tertiärzeit. (Kaenozoische For- mationen). Secundärzeit. (Mesozoische For- mationen). Recente Periode (Alluvium, Marine und Süsswasserbildungen). Fost Fliocäne oder Diluvial- Periode (Erratische Blöcke, Eis- zeit, Löss). Plioeän Periode (Subappeninenformation , Knochensand von Eppelsheim etc.). >, Miocän Periode (Molasse. Tegel bei Wien. Braunkohlen in I Norddeutschland). V Eocän Periode (Flysch, Numraulitenformation, Pariserbecken). i Mastrichter Schichten. Weisse Kreide. Oberer Grünsand. Gault. Unterer Grün- sand. Wealden. ( Purbeck - Schichten. Portland - Stein. Kimmeridge Thon. Koral-Rag. Oxford Thon. Great-Oolits. Unter Oolith. Lias. Weisser, Brauner, Schwarzer Jura). Keuper, Muschelkalk (Oberer Muschel- Trias Periode. \ kalk, Gyps und Anhydrit, Wellenkalk. Bunter Sandstein). Jura Periode. \ Schwierigkeit einer scharfen Abgrenzung der Formationen und ihrer üeberreste. 131 Verbreitungsgebietes aus einer bestimmten Zeitperiode benennt, in der Weise geschieden, dass die Hypothese plötzlich erfolgter gewaltsamer Umwälzungen, allgemeiner die gesammte Lebewelt vernichtender Katastrophen heutzutage noch Bedeutung haben könnte. Man wird vielmehr mit Sicherheit behaupten dürfen, dass sowohl das Aussterben alter als das Auftreten neuer Arten keines- wegs mit einem Male und gleichzeitig an allen Enden der Erdoberfläche erfolgte, da gar manche Arten aus einer in die andere Formation hineinreichen, und eine Menge Organismen aus der Tertiärzeit gegenwärtig nur wenig verändert oder gar in identischen Arten fortleben. Wie aber die Zeit, welche man die recente nennt, in ihren Anfängen schwer zu bestimmen und weder nach dem Charakter der Ablagerungen , noch nach dem Inhalt der Bevölkerung scharf von der diluvialen, der sog. Vorwelt zu überweisenden Zeit abzugrenzen ist, so ver- hält es sich auch mit den engern und weitern Zeitperioden vorweltlicher Ent^ Wicklung, welche ähnlich den Abschnitten menschlicher Geschichte zwar auf grosse und bedeutende Ereignisse gegründet, aber doch in unmittelbarer Con- tinuität stehn. Dass dieselben aber nicht plötzliche über die ganze Erdober- fläche ausgedehnte Umwälzungen waren , sondern in lokaler Beschränkung ') einen langsamen und allmähligen Verlauf nahmen , dass die vergangene Erd- geschichte auf einem steten Entwicklungsprocess beruht, in welchem sich die j^ -p ■■ ] \ 'Sechstem , Rothliegendes. — Unterer ( New-red-Sandstone-Permformation. I Steinkohlenformation Englands, Deutsch- lands und Nordamerikas. Kulmformation. V V Kohlenkalkstein). mationen). j Devonische Periode (Spiriferenschiefer , Cypridinenschiefer, Stryngeocephalenkalk etc. — Old-red-Sandstone). Silurische . . . (Ludlow-Wenlock-Caradoc-Schichten etc.) Camhrische . . . (Azoische Schiefer etc.) Thonschieferforniation. , Laurenzische Formation. Archaeische ZeU. ^ Glimmerschieferformation. Aeltere Gneissformation. Nach Professor Ramsay fassen die Formationsgruppen in England eine Mächtigkeit von 72,584 Fuss also beinahe 13'« Englische Meilen und zwar die Formationen der Palaeozoische Zeit 57,154' 1 Secundärzeit 13,190- • 72,584'. Tertiärzeit 2,240' ) 1) »Jede sedimentäre Formation erstreckte sich schon bei ihrer Ablagerung nur über ein räumlich beschränktes Gebiet, beschränkt einerseits durch die Ausdehnung des Meeres- oder Süsswasserbeckens und andererseits durch die ungleichen Ablagerungs- bedingungen innerhalb derselben. Zu derselben Zeit erfolgten an anderen Orten ganz andere, mindestens etwas verschieden gereihte Ablagerungen, d. h. Formationen von gleichem Alter aber von abweichender Zusammensetzung (Parallelbildungen). So sind gleichzeitig Meeres-, Süsswasser- und Sumpft'ormationen aus verschiedenen Gesteinen und mit verschiedenen Petrefakten abgelagert worden, während die Landflächen frei blieben«. Vergl. B. Cotta, die Geologie der Gegenwart. 9* 132 Locale ßeschränkung der Ablagerungen. zahlreichen in der Gegenwart zu beobachtenden Vorgänge durch ihre auf lange Zeiträume ausgedehnte Wiiksamkeit zu einem gewaltigen Gosaminteffekt für die Umgestaltung der Erdoberfläche summirten, hat Lyell durch geologische Gründe in überzeugender Weise dargethan. Die Ursache für die ungleichmässige Entwicklung der Schichten und für die Begrenzung der Formationen haben wir vornehmlich in Unterbrechungen der Ablagerungen zu suchen, die wenn räumlich auch noch so ausgedehnt, doch nur eine lokale Bedeutung hatten. Wäre es möglich gewesen, dass irgend ein Meeresbecken während des gesammten Zeitraums der Sedimentärbildungen gleichmässig fortbestanden und nach Massgabe besonders günstiger Verhältnisse in stetiger Continuität neue Ablagerungen gebildet hätte, so würden wir in demselben eine fortschreitende und durch keine Lücke unterbrochene Reihe von Schichten finden müssen, die wir nach Formationen abzugrenzen nicht im Stande sein würden. Das ideale Becken würde nur eine einzige Formation ein- schliessen, in welcher wir zu allen andern Formationen der Erdoberfläche Parallelbildungen fänden. In Wirklichkeit aber erscheint überall diese ideal gedachte zusanmienhängendc Schichtenfolge durch zahlreiche oft grosse Lücken unterbrochen, welche den oft so bedeutenden petrographischen und paläonto- logischen Unterschied angrenzender Ablagerungen bedingen und Zeiträumen der Ruhe, resp. der wieder zerstörten Sedinientär-Thätigkeitcn entsprechen. Diese Unterbrechungen der lokalen Ablagerungen aber erklären sich aus den stetigen Niveauveränderungen, welche die Erdoberfläche in Folge der Reaktion des feuerflüssigen Erdinhalts gegen die feste Rinde, durch platonische und vul- kanische Thätigkeit , zu jeder Zeit erfahren hat. Wie wir in der Gegenwart beobachten, dass weite Länderstrecken in allmählig fortschreitender Senkung (Westküste Grönlands, Koralleninseln), andere in langsamer saeculärer Hebung (Westküste Südamerikas, Schweden) begrifTen sind, dass durch unterirdische Thätigkeit Küstengebiete plötzlich vom Meere verschlungen werden und durch plötzliche Hebung Inseln aus dem Meere emportauchen, so waren auch in den frühern Perioden Senkungen und Hebungen vielleicht ununterbrochen thätig, um einen allmähligen, seltener (und dann mehr lokal beschränkten) plötzlichen Wechsel von Land und Meer zu bewirken. Meeresbecken wurden in Folge langsamer Aufwärtsbewegung trocken gelegt und stiegen zuerst als Inselgebiete, später als zusammenhängendes Festland empor, dessen verschiedene Ablagerun- gen mit ihren Einschlüssen von Seebewohnern auf die einstige Meeresbedeckung zurückweisen. Umgekehrt versanken grosse Gebiete vom Festland unter das Meer, vielleicht ihre höchsten Gebirgsspitzen als Inseln zurücklassend, und wurden zur Stätte neuer Schichtenbildung. Für die erstem Ländergebiete traten Unter- brechungen der Ablagerungen ein, für die letztern war nach längerer oder kürzerer Ruhezeit der Anfang zur Entstehung einer neuen Formation bezeichnet. Da aber Hebungen und Senkungen, wenn sie auch Gebiete von grosser Aus- dehnung betrafen, doch immer eine lokale Beschränkung besitzen mussten, so traten Anfänge und Unterbrechungen der Formationen gleichen Alters nicht überall gleichzeitig ein, auf dem einen Gebiete dauerten die Ablagerungen noch geraume Zeit fort, während sie auf dem andern schon längst aufgehört hatten, daher müssen denn auch die obern und untern Grenzen gleichwerthiger ünvollständigkeit der geologischen Urkunde. 133 Formationen nach den verschiedenen Localitäten eine grosse Ungleichförmig- keit darbieten. So erklärt es sich auch, dass die übereinander liegenden For- mationen durch ungleich mächtige Schichtenreihen vertreten sind, die übrigens selten vollständig, durch Ablagerungen aus andern Gegenden zu ergänzen sind. Die gesammte Folge der bis jetzt bekannten Formationen reicht indessen nicht zur Herstellung einer vollständigen und ununterbrochenen Skala der Sedimentär- bildungen aus. Es bleiben noch immer mehrfache und grosse Lücken, deren Ergänzung in späterer Zeit von dem Fortschritt der Wissenschaft vielleicht erst nach Bekanntwerden von Formationen, die gegenwärtig von dem Meere be- deckt sind, zu erwarten ist. UnVollständigkeit der geologischen Urkunde. Nach den bisherigen Erörterungen kann sowohl die Gontinuität des Leben- digen als die nahe Verwandtschaft der Organismen in den aufeinander folgenden Zeiträumen der Erdentwicklung theils aus geologischen theils aus paläonto- logischen Gründen als erwiesen gelten. Indessen verlangt die Darwin 'sehe Lehre , nach welcher das natürliche System als genealogische Stammtafel er- scheint, mehr als diesen Nachweis. Dieselbe fordert vielmehr das Vorhanden- sein unzähliger Uebergangsformen , sowohl zwischen den Arten der gegen- wärtigen Lebcwelt und denen der Jüngern Ablagerungen , als zwischen den Arten der einzelnen Formationen in der Reihenfolge ihres Alters, sodann den Nachweis von Verbindungsgliedern zwischen den verschiedenen systematischen Gruppen der heutigen Thier- und Pflanzenwelt, deren Aufstellung und Begren- zung nach Darwin ja nur durch das Erlöschen umfassender Artcomplexe im Laufe der Erdgeschichte zu erklären ist. Diesen Anforderungen vermag freilich die Paläontologie nur in unvollkommener Weise zu entsprechen, da die zahl- reichen und fein abgestuften Varietätenreihen, welche nach der Selectionstheorie existirt haben müssen, für die bei weitem grössere Zahl von Formen in der geologischen Urkunde fehlen. Dieser Mangel, den Darwin selbst als Einwurf gegen seine Theorie anerkennt, verliert indessen seine Bedeutung, \venn wir die Bedingungen näher erwägen, unter denen überhaupt organische Ueberreste im Schlamme abgesetzt und als Versteinerungen der Nachwelt erhalten werden, wenn wir die Gründe kennen lernen, welche die ausserordentliche Ünvollstän- digkeit der geologischen Berichte beweisen und uns ausserdem klar machen, dass die Uebergänge selbst zum Theil als Arten beschrieben sein müssen. Zunächst w-erden wir nur von denjenigen Thieren und Pflanzen Ueber- reste in den Ablagerungen erwarten können, welche ein festes Skelet, harte Stützen und Träger von Weichtheilen besitzen, da ausschliesslich die Hartgebilde des Körpers, wie Knochen und Zähne der Vertebraten, Kalk- und Kieselgehäuse von Mollusken und Rhizopoden , Schalen und Stacheln der Echinodermen , das Ghitinskelet der Arthropoden etc. der raschen Verwesung Widerstand leisten und zu allmähüger Petriücation gelangen. Von zahllosen und besonders niedern Organismen (Niedere Wirbelthiere, Nacktschnecken, Würmer, Quallen, hi- fusorien), welche festerer Skelettheile entbehren, werden wir daher kaum jemals 134 Bedingungen zur Petrification von Landthierüberresten. in dem geologischen Berichte ausreichende Kunde erhalten. Aber auch unter den versteinerungsfähigen Organismen gibt es grosse Glassen , welche nur aus- nahmsweise und durch Zufall Spuren ihrer Existenz hinterlassen haben, und das sind gerade diejenigen Formenreihen, die wir in der Gegenwart am eingehendsten in allen ihren Beziehungen verfolgen können, die Bewohner des Festlandes. Nur dann können von Landbewohnern versteinerte Ueberreste zurückbleiben, wenn ihre Leichen bei grossen Fluthen oder Ueberschwemmungen oder zufällig durch diese oder jene Veranlassung vom Wasser ergriffen und hier oder dort angeschwemmt von erhärtenden Schlammtheilen umgeben werden. Auf diese Weise erklärt sich nicht nur die relative Armuth fossiler Säugethiere , sondern auch der Umstand , dass von vielen derselben und leider gerade den ältesten (die Beutler in dem Stonesfielder Schiefer etc.) fast nichts als der Unterkiefer erhalten ist, der sich nicht nur während der J'äulniss des Leichnams sehr leicht loslöst, sondern auch durch seine Schwere dem Antriebe des Wassers am meisten Widerstand leistet und zuerst zu Boden sinkt. Obwohl es aus diesen und andern Resten erwiesen ist, dass Säugethiere schon zur Jurazeit existirten, so sind es doch erst die eocänen Säugethiere, welche einen klaren Einblick in die Gestaltung und Organisation gestatten. Auch hat man für viele Arten und Artengruppen nur ein einziges oder doch nur wenige Exemplare aufgefunden, obwohl dieselben selbstverständlich in sehr grosser Zahl und Verbreitung existirt haben. Sodann ist aus der Primär- und Secundärzeit nicht eine einzige Knochen- höhle und Süsswasserablagerung bekannt geworden. Günstiger musste sich die Erhaltung für Süsswasserbewohner , am günstigsten für die Seebevölkerung gestalten, da die marinen Ablagerungen den local beschränkten und vereinzelten Süsswasserbildungen gegenüber eine ungleich bedeutende Ausdehnung haben. Nun aber finden keineswegs zu jeder Zeit über die gesammte Ausdehnung des Meeresbodens hin so reichliche Niederschläge statt, dass die zu Boden sinkenden Organismen rasch von Schlammtheilen umschlossen und vor dem Zerfall bewahrt werden. Auch konnten sich überall da, wo Senkungs- und Hebungs- perioden in kürzerer Zeit aufeinander folgten, unmöglich Ablagerungen von längerem Bestände bilden , da die dünnen Schichten, welche sich während der Senkung niederschlugen, bei der spätem Hebung durch die Wirkung der Brandung grossentheils abgespühlt oder ganz zerstört werden mussten. Auf seichtem stetbleibendem Meeresgrunde oder in weiten und seichten Meeren, welche in allmähliger Hebung begriffen sind, werden wohl Ablagerungen von grosser Ausdehnung, aber nicht von bedeutender Mächtigkeit entstehen können, selbst wenn die Niederschläge vor der Zerstörung durch die Wogen gesichert sind. Die Bildung von mächtigen Formationen scheint im Allgemeinen vor- nehmlich unter zwei Bedingungen stattgefunden zu haben , entweder in einer sehr grossen Tiefe des Meeres, zumal unterstützt durch die Wirkung des Windes und der Wellen, gleichviel ob der Boden in langsamer Hebung oder Senkung begriffen ist, — dann aber werden die Schichten meist verhältnissmässig arm an Versteinerungen bleiben, weil bei der relativen Armuth des Thier- und Pflanzenlebens in bedeutenden Tiefen nur Bewohner der Tiefsee zur Verfügung stehen — oder auf seichtem, der Entwicklung eines reichen und mannichfaltifjen Lebens (jünstiDie Existenz von Formenreihen«, sagt Neumayr^), »innerhalb deren jede jüngere Form von der nächst altern nach gewisser Richtung um ein geringes abweicht , bis durch die Summirung dieser kleinen Abweichungen eine grosse Differenz von der ursprünglichen Art hervorgebracht ist, die Existenz solcher Formenreihen führt mit zwingender Nothwendigkeit zur Annahme eines geneti- schen Zusammenhangs«, und weiter: »Eine rationelle Classification der Am- moneen ist nur dann möglich, wenn man die bisher halb unbewusst angewendete Methode der Gruppirung der Arten nach ihrer Abstammung als erstes Grund- princip der ganzen systematischen Behandlung aufstellt und consequent darnach verfährt. Allerdings sind die Schwierigkeiten, Avelche die Lückenhaftigkeit 1) Vergl. Quenstedt, Handbuch der Pefcrefactenkunde. Zweite Aufl. Tübingen. 18(37. 2) Neuniayr, Die Fauna der Schichten mit Aspidoceras Acanthicum. Wien. 1873. pag. 144. l38 Brachiopoden. Valvata multiformis. unserer Kenntnisse diesem Verfahren entgegensetzt, bedeutende, allein sie scheinen mir nicht unüberwindlich ; die bequeme und scheinbar präcise Schei- dung der Gattungen nach scharfen Diagnosen fallt weg und die Sippen ver- schwimmen an ihren Berührungspunkten, allein dieser Nachtheil ist nur ein scheinbarer, denn wo die Uebergänge in der Natur vorhanden sind, kann sich auch die Systematik auf die Dauer nicht über dieselben hinwegsetzen«. Würtem berger hat nun den interessanten Nachweis zu geben versucht, dass die Veränderungen der Ammoneen zuerst an der letzten Windung auf- treten und nachher immer weiter auf die innern Windungen sich ausdehnen, so dass gewissermassen die Schale mit einem altern Formtypus beginnt und dann jene Veränderungen in derselben Weise nach einander aufnimmt , wie dieselben bei der geologischen Entwicklung in langen Zeiträumen aufeinander folgen. Ebenso wie die Ammoniten haben auch die Belemniten durch ihre zahlreichen Formübergänge zur Aufstellung einer grossen Reihe nicht scharf getrennter Arten Veranlassung gegeben. Unter den Brachiopoden , die in der Vorwelt unendlich mannichfaltiger als in der Gegenwart entwickelt waren, ist es vorzugsweise die Gattung Tere- bratula, deren Arten eine ausserordentliche Verbreitung besassen. T. biplicata reicht mit kleinen nicht scharf zu sondernden Varietäten aus dem braunen Jura bis in die Tertiärzeit. Auch sind für die Devonbrachiopoden neuerdings von Kaiser zusammenhängende Formenreihen aufgestellt worden. Von vor welt- lichen Lamellibranchiaten lassen sich einige Pectenarten aus der Trias bis zum Jura verfolgen. Von Gastropoden stehen beispielweise viele Arten der Gattung Turritella einander so nahe, dass eine sichere Abgrenzung unmöglich ist. Die Gattungen Turbo und Trochns gehen durch Reihen vermittelnder Arten in einander über. Die in dem Steinheimer Süsswasserkalksande massenhaft an- gehäufte Valvata multiformis variirt in so zahlreichen und bedeutenden Ab- änderungen von ganz flach zusammengedrückten bis kreiseiförmig ausgezogenen Gehäusen, dass man ohne die vorhandenen Verbindimgsglieder mehrere Arten unterscheiden würde. Auch ist wahrscheinlich, dass nicht sämmtliche Varietäten bunt durch einander liegen, sondern auf verschiedene ') Zonen der Ablagerung vertheilt sind, indem die flachen als planorbiformis zu bezeichnenden Formen in den ältesten Schichten beginnen und durch allmählige Zwischenglieder der höhern Schichten in die kreiseiförmige als T. troc/iiformis zu benennende Ab- änderung übergehn. Ein noch besseres Beispiel für den allmähligen Umbildungs- process, welchen eine Art durch zahllose unmerkliche Abstufungen hindurch im Laufe vieler Jahrtausende erleiden kann, liefern uns die Faludinen aus den tertiären Ablagerungen von Slavonien. Dieselben ändern allmählig durch eine Reihe von Schichten hindurch in der Weise ab, dass sie starke Kanten und 1) Vergl. Hilgendorf, Ueber Planorbis multiformis im Steinheimer Süsswasser- kalk. Monatsberichte der ßerl. Academie. 1866. Allerdings wurde von Sandberger das Auftreten der verschiedeneu Varietäten in ganz bestimmten Niveau's bestritten und behauptet, tUiss in jener vermeintlichen Reihe zugleich verschiedene Arten veimengt, die Varietäten aber in derselben tiefen Schichtenlage enthalten, also gleichzeitig neben ein- ander bestanden hätten. Hilgendorf hat diese Auffassung jedoch zurückgewiesen und das gemeinsame Vorkommen in losem Sand als secundäres betrachtet. Verhältuiss fossiler Formen zu jetztlebenden Arten. 139 Kiele auf der Oberfläche bekommen und in einer vollständig continuirlichen Reihenfolge allmählig die Charaktere anzunehmen, die man für bedeutend genug hält, um sie als Merkmale für die Gattung Tulotoma zu verwerthen (Neumayr). Verhältuiss fossiler Formen zu jetztlebenden Arten. Von besonderer Bedeutung erscheint die Feststellung des Verhältnisses zwischen den Thieren und Pflanzen der Gegenwart und denen der jüngsten und Jüngern Ablagerungen. Neben den zahlreichen Resten von identischen oder nur wenig abgeänderten Arten werden wir im Diluvium und in den ver- schiedenen Formationen der Tertiärzeit für zahlreiche jetzt lebende Arten die unmittelbar vorausgehenden Stammformen finden müssen. Zugleich aber werden die faunistischen Gharakterzüge, die wir gegenwärtig für die lebende Thierwelt der verschiedenen Continente und geographischen Provinzen beobachten, durch die in den jüngsten Schichten begrabenen Ueberreste ihrer Stammeltern vorbereitet erscheinen. Und in der That entspricht die Aufeinanderfolge von nahestehenden Arten und Gattungen eigenthümlicher für bestimmte Ländergebiete noch jetzt charakteristischer Thiergruppen in den diluvialen und tertiären Ablagerungen der gleichen Oertlichkeiten , die nahe Beziehung ausgestorbener Thierformen zu den auf demselben Continente noch jetzt lebenden Thieren durchaus den Anforderungen, welche die Lehre gemeinsamer Abstammung mit fortschreiten- der Abänderung stellt. Zahlreiche fossile Säugethiere aus dem Diluvium und den jüngsten (pliocänen) Tertiärformationen Südamerikas gehören den noch jetzt in diesem Welttheil verbreiteten Typen aus der Ordnung der Edentaten an. Faulthiere und Armadille von Riesengrösse {Megatherium, Megalomjx, Glyptodon, Toxodon etc.) bewohnten ehemals denselben Continent, dessen lebende Säugethierwelt durch die Faulthiere , Gürtelthiere und Ameisenfresser ihren so specifischen Charakter erhält. Neben jenen Riesenformen sind aber in den Knochenhöhlen Brasiliens auch kleine , ebenfalls ausgestorbene Arten bekannt geworden, die den jetzt lebenden theilweise so nahe stehen, dass sie als deren Stammformen gelten könnten. Dieses Gesetz, »der Saccession gleicher Typen<. an denselben Oertlichkeiten, findet auch auf die Säugethiere Neu- hollands Anwendung , deren Knochenhöhlen zahlreiche mit den jetztlebenden Beutlern dieses Continents nahe verwandte Arten enthalten. Dasselbe gilt ferner für die Riesen vögel Neuseelands und, wie Owen und andere zeigten, auch für die Säugethiere der alten Welt , die freilich durch die circumpolare Brücke mit der Nordamerikanischen in Continuität standen, und von der auf diesem Wege zur Tertiärzeit altweltliche Typen selbst bis nach Nordamerika gelangen konnten. In ähnlicher Weise haben wir das Vorkommen central- amerikanischer Typen (Z)i(7e//?/i?/s) in den altern und mittlem Tertiärformationen Europas zu erklären. Für die Thierwelt dieses Alters war freilich noch viel weniger als für die der späteren Tertiärzeit die Unterscheidung von Thier- provinzen durchführbar. 140 Verhältniss der Tiefseefauna zu fossilen Resten. Merkwürdigerweise tritt die Annäherung vorweltlicher Arten an die der Jetztwelt bei den tiefer stehenden und einfacheren Organismen weit früher auf als bei den Thieren höherer Organisation. Schon m der Kreide kommen nach Ehrenberg Rhizopodcn vor, welche von lebenden Arten (Globigerinaschlamm) nicht abzugrenzen sind. Auch haben die Tiefseeforschungen ') das interessante Resultat ergeben, dass gewisse Spongien, Korallen und Echinodermen, sowie selbst Mollusken, welche lebend die Tiefe der See bewohnen, bereits zur Kreide- zeit existirt haben (Garpenter). Unter den Weichthieren treten eine grössere Zahl lebender Arten in der ältesten Tertiärzeit auf, deren Säugethierfauna freilich einen von der gegenwärtigen noch ganz verschiedenen Charakter trägt. Die Mollusken der Jüngern Tertiärzeit stimmen schon in der Mehrzahl ihrer Arten mit den jetztlebenden überein, während die Insekten jener Formationen noch recht bedeutend abweichen. Dagegen sind die Säugethiere selbst in den postpliocänen (diluvialen) Ab- lagerungen zum Theil den Arten und sogar den Gattungen nach verschieden, obwohl sich eine Reihe von Formen über die Eiszeit hinaus in unsere gegen- wärtige Epoche hinein erhalten haben. Gerade aus diesem Grunde aber und wegen der relativen Vollständigkeit der tertiären Ueberreste erscheint es von besonderem Interesse, die recente Säugethierfauna durch die pleistocenen Formen bis in die älteste Tertiärzeit zurück zu verfolgen. Unter allen Thieren wird es am ersten für die Säugethiere gelingen, den Verbindungsfaden heutiger und fossiler Formen nachzuspüren und die Stammformen einer Reihe von Arten sowie das genetische Verhältniss einzelner Familien und selbst Ordnungen wahrscheinlich zu machen. Dieser Voraussetzung entsprechend sind auch neuerdings von verschiedenen Forschern eine Reihe solcher Versuche gemacht worden, unter denen in erster Linie neben Rütimeyer's undKowalevsky's Untersuchungen die umfassende Arbeit von Gaudry^) hervorzuheben sein dürfte. Rütimeyer unternahm es zuerst, die Grundlinien zu einer paläonto- logischen Entwicklungsgeschichte für die Uufthicre und vornehmlic'.i die Wiechr- häaer^) zu entwerfen und ist, gestützt auf sehr detaillirte geologische und 1) In der Tiefe des Oceans, in welcher trotz des grossen Luftdruckes, des be- schränkten Lichtes und Gusgehaltes des Wassers, die Bedingungen für die Entwicklung des Thierlebens ungleich günstiger sind, als man früher glaubte, finden wir Typen früherer und selbst der ältesten geologischen Formationen erhalten {Bhizocrimis Lofo- tensis — Apiocriniten ; Pleitrotomaria, Siphonia, Micrasfer, Fomocaris — Trilobitcn?) 2) Albert Gaudry, Les enchainements du nionde animal dans les temps geolo- giques Manuniferes tertiaires. Paris. 1878. Vergleiche auch Marsh und Wallace. 1) Rütimeyer, Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes etc. Schweizer Denkschriften. XXII. 1867. R. hat sehr richtig in dem Milchgebiss ein für den Nach- weis der Blutsverwandtschaft ausserordentlich wichtiges Besitzthum erkannt und dem- selben einen ganz ähnlichen Werth zur Beurtheilung der Abstammung beilegen können, den wir oben bereits für die Entwicklung durch Metamorphose den Larvenstadien als Recapitulationen des Entwicklungsganges der Art eingeräumt hatten. Das Milchgebiss erscheint in der That gewissermassen als vererbtes Familieneigenthum , das definitive Gebiss dagegen als erworbenes Besitzthum eines engorn, besondern Ernährungsbedin- gungen angepassten Kreises. Das Milchgebiss wiederholt die Einrichtungen alter Stamm- formen. Beispielsweise entspricht das von Dicotyles dem definitiven Gebisse der Palaeontologische Entwirkhmg der Hufthiere. 141 anatomische (Milchgebiss) Vergleichimgcn 7.11 Resultaten gelangt, welche es nicht bezweifeln lassen, dass ganze Reihen heutiger Säugethierspecies unter sich und mit fossilen in collateraler oder direkter Blutsverwandtschaft stehen. So haben denn auch die jüngsten umfassenden Arbeiten W. Kowalevsky's ^) Rüti- meyer's Versuch im Princip durchaus bestätigt und auf Grund sorgfältiger und eingehender Beobachtungen die Aufstellung einer natürlichen genetisch begründeten Classifikation der Hufthiere möglich gemacht. Die älteste Tertiärfauna Eiu'opas, wie wir sie aus den Resten des Eocäns kennen, findet, wenn gleich durch ganz andere Säugethiergattungen vertreten, ihre nächste Parallele in der gegenwärtigen Bevölkerung des tropischen Afrikas-), greift indessen mehrfach nach Asien und Amerika über und scheint die Wurzel- formen für die heutzutage über den Tropengürtel der alten und neuen Welt, vornehmlich aber Afrikas ausgebreitete Thierwelt zu enthalten. Sodann ergibt die eingehende Prüfung der miocänen oder mitteltertiären Bevölkerung , die zwar in Europa schärfer von der eocänen abgegrenzt erscheint, in Nordamerika dagegen durch Zwischenformen mit der altern verbunden ist, dass die miocänen Arten ihrem Ursprung nach auf die eocänen zurückzuführen sind. Hier finden wir in den Ablagerungen der Nebraska die in Europa bisher vermissten Ueber- gangsglieder der altweltlich eocänen Anoplotherien und Falucochanrichn zu den specifisch amerikanischen Wiederkäuern und Schweinen und erkennen in dem übrigens auch in Europa mehrfach gefundenen dreihufigen Avchitherhtm das Verbindungsglied zwiscl^.en dem alteocänen Orohippus (bei dem auch die kleine Zehe neben den drei andern den Boden berührenden Zehen als grosse Afterzehe ausgebildet war) und dem zu den pliocänen Pferden führenden Hipparion. Nach Marsh wird durch die zahlreichen Funde in Amerika die Genealogie der Gattung Equus ausserordentlich vollständig, indem sich zwischen dieser und Urohippiis nicht weniger als 30 auf eine Reihe von Gattungen^) vcrtheilte Arten einschalten lassen. Neben den Veränderungen in der Fuss- bildung nimmt die Umgestaltung im Gebiss einen hervorragenden Platz ein. Die ältesten Formen des Eocän zeigen die einfachsten Schmelzfalten der Back- zähne, während die Anchitherien schon Complikationen gewinnen, an welche das Milchgebiss des Hipparion erinnert. Dies bleibende Gebiss jüngerer mio- cäner und plioäner Pferde wiederholt sich endlich im Milchgebiss der recenten Pälaeochaeriden, das Milchgebiss unseres Pferdes steht dem bleibenden Gebiss des fossilen Pfei'des näher als sein Ersatzgebiss , das vom fossilen Pferde ähnelt dem definitiven Gebiss von Hipparion, dessen Milchgebiss wieder auf Ancliitherinm zurückweist. 1) Waldemar Kowalevsky, Monographie der Gattung Anthracotherium Cuv. und Versuch einer natürlichen Classifikation der fossilen Hufthiere. I. Theil. Cassel. Th. Fischer. 1873, 2) welches in einer verhültnissmässig neuen Periode durch ein breites, Malta und Sicilien umschliessendes Plateau sowie durch eine Brücke von Festland an der Meerenge von Gibraltar mit Europa verbunden war. 3) Urohippus, Myohippns , Anthitherium , Pliohippus, Hipparion, Eqin(s. Ver- gleiche die Arbeiten von Hensel, Rütimeyer, Kowalevsky sowie Marsh, Notice of new Equine Mammales from the tertiary formation (American Journal of sciences and arts vol. VII. 1874). 142 Paarzeher (Artiodactylen) — Unpaarzeher (Perissodactylen). Formen, deren Backzähne bezüglich der Schmelzfalten die grösste Specialisirung zeigen, der Zahl nach aber mit der Stammart verglichen (Wolfszahn im Milch- gebiss) vermindert sind. Aehnliche Abänderungen, welche zu immer grösserer Specialisirung führten, haben auch die Wiederkäuer im Laufe der Tertiärzeit durchlaufen. Wahrscheinlich sind die meisten ihrer Typen ihrem Ursprung nach auf plumpe Hufthiere zurückzuführen, welche mit vier Zähnen auch Schneidezähne im Zwischenkiefer und Eckzähne besassen, den Boden berührten und dann eine Spaltung des Fusses bei vorwiegender Entfaltung der zwei Mittelzehen unter Rückbildung der Seitenzehe erfuhren , sowie die Besonderheiten des Gebisses zur Ausbildung brachten. Solche wahrscheinlich auch in der Magenbildung vereinfachten noch nicht wiederkäuenden Paarhufer oder Artiodactylen (Ano- plothericn) müssen sich schliesslich zu Stammformen zurückverfolgen lassen, von welchen auch die Siiiden (Falaeocheridoi) und Rhinoceriden abzuleiten sind. Neben den Paarhufern aber waren schon zur alten Tertiärzeit die Un- paarzehigen Hufthiere oder Perissidactylen (Palaeotherlcn) , auf welche die Pferde zurückzuführen sind, gesondert, und man hat wohl auf die jungem Formationen der mesozoischen Periode zurückzugreifen, um den gemeinsamen Ausgang für beide Hufthiergruppen zu finden. Aber leider stossen wir hier auf eine unverhältnissmässig grosse Lücke, da auch in den Kreideschichten Amerikas, welches so reich an tertiären Säugethierresten ist, bislang keine solchen gefunden wurden. Bei den noch unbekannten ältesten Hufthieren wird ursprünglich die Fussbildung einen indifferenten Charakter (Vorderfuss des Tapir) gehabt haben, aus welchem sich dann die tetradaktyle vielleicht bereits im Beginn der Reduktion begriffene Fussform mit einem Hauptpfeiler von der Fussform mit zwei gleichmässig starken Gentralstützen schärfer mid bestimmter sonderte. Schon im untern Eocän sonderten sich nun aber die Paridigitaten (Artiodactylen) in Gattungen mit Höckerzähnen {Bunodonta) und solche mit halbmondförmigen Zähnen [Selenodonten) , deren Extremitäten noch überaus ähnlich gestaltet waren. Die Zwischenformen reichen nicht über die obere Grenze des Eocäns hinaus. Nun trat aber als für die Bewegung, Ernährung und Erhaltung nützlich eine fortschreitende Reduktion der Zehen ein. Unter den Bunodonten traten die Suiden an Stelle der weniger reducirten alten Palaeochaeriden. Die ächon-im Untermiocän der Auvergne lebenden Seleno- dontengattungen mit reducirten Zehen verdrängen allmählig die alten Anthra- cotherien, Hyapotamen und Anisodonten und gestalten sich zu den gegen- wärtig in reicher Blüthe entfalteten Wiederkäuern. Unter diesen aber werden die älteren hornlosen Formen mit vollständigem Gebiss durch Geweihträger und Hohlhörner mit specifischem Wiederkäuergebiss ohne Eckzähne und obere Schneidezähne ersetzt, indem neben den mit allen Zahnarten versehenen Moschusthieron zuerst Hirsche und später Antilopen und Rinder erschienen. Unter den Rindern, deren Ursprung wahrscheinlich auf Antilopen zurückführt, sind die Büffel die ältesten. Die asiatische Gruppe derselben scheint in dem miocänen Hemibos oder Probuhalus sivalensis der sivalischen Hügel Indiens, mit welchem der lange Zeit für eine Antilope gehaltene Anoa von Gelebes ganz Palaeontologische Geschichte der Wiederkäuer. 143 nahe verwandt ist , ihre Stammform gehabt zu haben. Der spätere pliocäne Bubalus paläwdicus mit rinderartig verkürztem Hinterhaupte weicht von der stark gehörnten Varietät des continental-asiatischen Büffels, dem Arni, nur wenig durch die stärkern Hörner ab, ohne desshalb durch grössere Unter- schiede , als sie die verschiedenen Individuen des heutigen asiatischen Büffels unter einander zeigen, von denselben getrennt zu sein. Für die Ableitung der beiden afrikanischen Büffel {B. hrachyccros und caffer) fehlen bislang noch die Verbindungsglieder, die wir wahrscheinlich in noch unbekannten fossilen Formen Afrikas zu suchen haben. Für die beiden jetzt lebenden Auerochsen, dem Bison americanus und enropaeus ist wahrscheinlich der über beide Continente (über Amerika in den beiden als B. latifrons und antiquus unterschiedenen Abänderungen) verbreitete diluviale Bison priscus, welcher eine merk^vürdige Mischung der Charaktere zeigt, die gemeinsame Stammform gewesen. Die Rinder im engern Sinne führt Rütimeyer auf eine AVurzelform zurück, welche im pliocänen Terrain Italiens als »Bas etruscus« fossil gefunden wird. Mit dem primitiven Schädelbau dieser fossilen Rinderart stimmt ein noch lebendes Rind, der Banting ') {Bos sondaicus) sowohl in seiner Jugend als im envach- senen Alter des weibhchen Geschlechtes überein. Wir finden an dem Schädel dieses Thieres in den verschiedenen Altersstufen beiderlei Geschlechts eine solche Fülle von Modalitäten , dass wir den Banting gewissermassen als eine Quelle künftiger Species signalisiren dürfen (Rütimeyer). Zweigformen desselben, die bereits stabil geworden in weit engern Formgrenzen sich bewegen, scheinen der auf dem indischen Continent verbreitete , vom Gayal specifisch nicht zu trennende Gaur {Bos Gaurus) und der den Gebirgsregionen Gentral- asiens angehörige Yak {Bos grunnies) zu sein. Eine noch direktere Beziehung ergibt sich zwischen Banting und dem Indischen Buckelochsen, dem Zebu {Bos indicus) , der in Asien und Afrika als Hausthier eine weite Verbreitung erhalten hat und noch in höherem Grade als das europäische Rind variirt. Wahrscheinlich aber ist fremder Beimischung, Kreuzung mit dem indischen Büffel etc., die seit allen Zeiten in reichlichem Masse stattfand, ein Antheil an der grossen Variabilität beizulegen. Die schlechthin als europäische Rinder zu bezeichnenden Taurinen endlich stehen ihrer Schädelform nach als die äussersten Endglieder der Reihe da, obwohl sie allerdings schon in der pliocänen 1) Rütimeyer urtheilt über die Schädelform dieses auf Java, Borneo etc. lebenden Rindes: »Wenn irgendwo die strenge anatomische Beobachtung eines noch heute vor unseren Augen lebenden Säugethiers die Ueberzeugung tief einprägen nmss, dass Mittel- forraen zwischen verschiedenen, sei es lebenden, sei es fossilen Species existiren, so geschieht dies am Banting, wo wir vom jungen weiblichen Thiere bis zum erwachsenen männlichen, ja selbst an einem Individuum in dem kurzen Zeitraum weniger Jahre alle Modifikationen des Schädels sich Schritt für Schritt verwirklichen sehen, welche die Familie der Büffel vom miocänen Hemibos bis zum heutigen Bubalus caffer oder die Familie der Rinder von dem pliocänen Bos etruscus bis zum heutigen Taurus in langer Reihenfolge geologischer Perioden durchgemacht hat. Würden wir die verschiedenen Alters- und Geschlechtsstufen des Banting an verschiedenen Wohnorten lebend oder in verschiedenen geologischen Terrains fossil antreffen, so würde jeder Anatom sich berechtigt glauben, daraus verschiedene Species zu bildenc. 144 Tillotherien Dinoceraten Brontotherien, Zeit und noch da-zu auf asiatischem Boden einen Repräsentanten haben {Bos nonuUicus). Die Parallelform zu demselben tritt in Europa erst im Diluvium als Bos primigcmus {frontosiis) auf und ist zugleich mit Bos brachyceros, deren wilde Form freilich noch nicht nachgewiesen wurde, als Staramart der vielen in Europa verbreiteten Rinderrassen anzusehen. Neuerdings hat man freilich noch ein kurzköpfiges Rind [Bos hrachyce- phalus) als einen dritten jenen beiden Typen gleichwerthig unterschieden und die Ansicht aufgestellt, dass dasselbe seiner Entstehung nach vom Bison abzu- leiten sei; Rütimeyer hat jedoch gezeigt, dass es sich bei den bezüglichen Rinderrassen lediglich um den Beginn derselben Schädelmodifikation (Mops- bildung) handelt, welche für das Niata-Rmd der südamerikanischen Pampas den höchsten Grad erreicht und bei so vielen dem Einfluss des Menschen aus- gesetzten Hausthieren (Hund, Schwein, Schaf, Ziege) wiederkehrt. Für die meisten Säugethierordnungen , wie für die Nager, Fledermäuse, Proboscideen , Walthiere etc. lassen sich freilich zur Zeit die Wurzeln ihres Urspungs nicht näher zurückverfolgen, während für einzelne Ordnungen, wie HalbalTen, Carnivoren, Hufthiere und Nager in Resten ausgestorbener Typen merkwürdige Zwischenglieder entdeckt worden sind. Für diese erscheinen wiederum die Tertiärformationen Nordamerikas von hervorragender Bedeutung. Hier lebten im Eocän (Wyoming) die TUlodontoi^) mit der Gattung Tülo- therium, welche einen breiten bärähnlichen Schädel, zwei breite Schneidezähne wie ein Nager und Backzähne nach Art der Palaeotherien besass, während die fünfzehigen Füsse mit starken Klauen bewaffnet waren. Ebenso vereinigten sich im Skeletbau Eigenthümlichkeiten von Carnivoren und Hufthieren. Die Dinoceraten {Diiioccras laticcps, mirahilc) waren gewaltige Hufthiere mit fünfzehigen Füssen und sechs Hörnern auf dem Kopf, ohne Schneidezälme im Zwichenkiefer, mit gewaltigen hauerartigen Eckzähnen im Oberkiefer und sechs Backzähnen. Ein dritter Typus der Bronioiheriden ^) trug (luergestellte Hörner vor den Augen und erreichte Elephantengrösse. Ausser den genannten sind aber noch eine Reihe anderer Säugethiergruppen , deren Ueberreste in weit jüngere Schichten reichen, aus der Lebe weit völlig geschwunden, unter ihnen die südamericanischen Megathcriden {Mylodon, Mesjatheriiim) aus der Ordnung der Edentaten, sowie die Toxodonten, deren Schädel und Gebiss mit Hufthieren, Nagern und Edentaten Beziehungen bietet. Indessen sind auch viele andere Typen , insbesondere von Hufthieren , welche zur Tertiärzeit in beiden Erd- hemisphären lebten, in America ausgestorben, während sie sich im Osten bis zur Gegenwart erhalten haben. Elephanten und Mastodonten, Rhinoceriden und Equiden reichen dort zwar in die Diluvialzeit, aber nicht in die recente Periode hinein. Von Perissodactylen blieb in Amerika ausschliesslich die Gruppe der Tapire erhalten, die auch in der östlichen Erdhälfte in ostindischen Arten fortlebt. 1) Vergl 0. C. Marsh, Principal Characters of the Tillodontia. Anier. Journal of Sciences and Arts vol. XI. 1876. Derselbe, Principal Characters of the Dinocerata. Ebendaselljst. 1876. 2) Derselbe, Principal characters of the Brontotheridae. Ebendaselbst. 1876. Ausgestorbene Thiergruppeu der Vorzeit. 145 Uebrigens hat auch das paläarktische Gebiet ausgestorbene Zwischen- gruppeii von Säugethieren aufzuweisen , von denen uns tertiäre Reste über- kommen sind. In den Phosphoriten von Quercy ') in Südfrankreich finden sich Schädelreste von Halbaffen (Adapis), deren Bezahnung das Gebiss von alten Hufthieren undLemuren xevh'mdci (Packyleniuroi), sodass die Frage auf- geworfen werden konnte, ob nicht die Halbaffen mit mehreren eocänen Huf- thieren (Dickhäutern) einen gemeinsamen Ursprung gehabt haben. An den gleichen Oertlichkeiten aber treten auch merkwürdige sehr wohl erhaltene Knochenreste eigenthümlicher Garnivoren, der Hyaenodonte» , auf, über deren Natur als Beutelthiere man längere Zeit im Zweifel war, bis Fi 1 hol aus den Ersatzzähnen des bleibenden Gebisses die Natur als placentale Garnivoren wahrscheinlich machte. Die grosse Uebereinstimnmng aber der Backzähne dieser Uyueuodonten mit denen fleischfressender Marsupialien, sowie die geringe Grösse der Schädelhöhle und somit die relativ geringe Ausbildung des Gehirns dürften die aus zahlreichen andern Gründen wahrscheinlich gemachte An- sicht unterstützen, dass sich die placentalen Säugethiere aus Beutelthieren während der mesozoischen Zeit entwickelt haben. In den ältesten Schichten des Eocän erscheinen freilich in beiden Erd- hälften die höhern placentalen Säugethiere schon in reicher Gestaltung und in ausgeprägten Gegensätzen {Artiodactylen , Ferissodactylen) , indessen ist kein Grund vorhanden, die unermessliche Periode bis herab zu dem Keuper, in welchem bislang die ältesten Säugethierreste als Zähne und Knochen von Insekten-fressenden Beutelthieren gefunden wurden, als die Zeit zu betrachten, in welcher sich diese höhere Entwicklung des Säugethierorganismus vollzogen hat, aus der bislang freilich nur höchst spärliche Reste (Jura, England) von Beutlern bekannt wurden. Noch auf zahlreichen anderen Gebieten hat uns die Paläontologie mit Verbindungsgliedern von Thiergruppeu, selbst von Ordnungen und Glassen bekannt gemacht. Die ältesten Insektenreste aus der Steinkohlenformation verknüpfen Merkmale der Orthopteren und Neuropteren. Die ebenfalls sehr alten vornehmlich im Silur verbreiteten und später erloschenen Trilobiten scheinen mit den gigantischen Mcrostomen {Pleryyotus) und X.iphosuren^ von denen sich die Gattung Limulus bis in die Gegenwart lebend erhalten, in naher Verwandtschaft gestanden zu haben, während von den Merostomen aus als Seitenzweig die Scorponidengruppe sich entwickelt haben dürfte. Die Lahyrin- thodonten, die ältesten schon in der Steinkohlen formation auftretenden Lurche zeigen mehrfache Charaktere der Fische (Knochenschilder der Brust etc.) und besassen ein knorpliges Skelet. Zahlreiche fossile Sauriergruppen begründen Ordnungen und Unterordnungen (Halosaurier, Dinosaurier, Pterodactylier, The- codonten), aus denen sich kein einziger Repräsentant in die Gegenwart erhalten hat, andere wiederum liefern Verbindungsglieder zu recenten Ordnungen, wie neuerdings eine solche Beziehung der »pythonomorphen« (der Gattung Mosa- 1) Vergl. H. Filhol, Reclierches sur les Phosphorites du Quercy, Etiide des fossiles qu'on y rencontre et specialement des Mammiferes. Ann. sciences geoliques vol. VII. 1876. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 10 146 Theriodonten. Saiirnrae (Archaeoptoryx). saurus verwandten) Echsen aus der Kreide Amerikas im Schädel- und Kiefer- bildungbau zu den Schlangen nachgewiesen wurde. Nach Owens Unter- suchungen über die fossilen Reptilien des Gaplandes lebten dort einst Reptilien {Theriodonten), welche in Gebiss- und Fussgestaltung sich auffallend fleisch- fressenden Säugethieren näherten. Die Zähne derselben, wenn auch einwurzelig, sind als Schneide-, Eck- und Backzähne zu unterscheiden und geben zu Betrach- tungen Anlass, nach denen möglicherweis^e das Gebiss der ältesten bislang be- kannten Beutelthiere (Keuper) aus einem Theriodonten-ähnlichenReptiliengebiss abzuleiten ist. Selbst für die streng abgeschlossene , in dem Körperbau ein- förmige Classe der Vögel wurde vor zwei Decennien freilich nur in einem einzigen unvollständigen Abdruck des Sohlenhoferschiefers eine Uebergangsform zu den Reptilien {Archaeopteryx JitliograpMca) entdeckt, welche von dem Vogeltypus abweichende Einrichtungen der Flugwerkzeuge besass, vornehmlich statt des kurzen mit senkrechter Knochenplatte abschliessenden Vogelschwanzes einen langen aus zahlreichen (20) Wirbeln zusammengesetzten Reptilschwanz mit zweizeilig angeordneten Steuerfedern trug und sich sowohl in der Gliederung der Wirbelsäule als in dem Bau des Beckens den langschwänzigen Flugeidechsen annäherte. Dieser merkwürdige Ueberrest aus dem obern Jura, dessen eigen- thümliche Combination von Charakteren zu der Frage Veranlassung geben konnte, ob man ein Reptil mit Vogelfedern — wie in der That A. Wagner glaubte {Grypliosaurus) — oder einen Vogel mit Reptilschwanz vor sich habe, macht uns mit einer erloschenen Uebergangsgruppe von Sauropsiden bekannt, die zur mittleren Secundärzeit vielleicht in grosser Artenzahl lebte. Der Fund eines zweiten vollständigem Exemplares von Archaeopteryx hat uns mit dem Gebiss dieser Thiere bekannt gemacht, welches spitze in den Kiefern eingekeilte Zähne trug. Inzwischen aber wurden amerikanische Vogeltypen aus der Kreide entdeckt, welche unter einander und von den Saururen [Archaeopteryx) viel weiter als jetzt lebende Vogel irgend welcher Ordnung divergiren. Dieselben von Marsh ^) als Odontornithes bezeicli^iet und als Subclasse unterschieden, besassen Zähne in den schnabelartig verlängerten Kiefern. Die einen (Ordnung Ichthyornithes) hatten biconcave Wirbel, eine Crista sterni und wohl ent- wickelte Schwingen {Ichthyornis) , die andern {Odontolcae) mit Zähnen in Gruben und normalen Wirbeln, ohne Brustbeinkiel und mit rudimentären Schwingen, waren flugunfahig (Hespcrornis, Lestornis). Möglicherweise wird es später noch gelingen , durch Entdeckungen neuer Typen die Verbindung mit den Dinosauriern (Comjisognathus) herzustellen, deren Becken- und Fuss- bildung nähere Beziehungen zu den gleichen Körpertheilen der Vögel bieten. 1) 0. C. Marsh, On a new subclass of fossil Birds (Odontornitheft) Americal Journal of science and arts vol. V. 1873. Derselbe, On the Odontornithes or birds with Teeth. Ebendas. vol. X. 1875. Nachweis progressiver Vervollkommnung. 147 Nachweis progressiver Vervollkommnung. Vergleichen wir, von den ältesten Formationen an aufsteigend, die Thier- und Pflanzenbevölkerungen der zahlreichen aufeinanderfolgenden Perioden der Erdbildung, so wird mit der allmähligen Annäherung an die Fauna und Flora der Jetztwelt im Ganzen und Grossen ein stetiger Fortschritt vom Niedern zum Höheren offenbar. Die ältesten Formationen der sog. archäischen Zeit, deren Gesteine sich freilich grossentheils in metamorphischem Zustande befinden, ihrer ungeheuren Mächtigkeit nach aber unermessliche Zeiträume zu ihrer Entstehung nothwendig gehabt haben, führen — von dem zweifelhaften Eozoon canadense in den untersten laurentischen Schichten abgesehen — keine ver- steinerten Ueberreste. Immerhin aber weist schon das Vorkommen bituminöser Gneise in den alten Formationen auf die damalige Existenz organischer Stoffe hin. Die gesammte und gewiss reichhaltige Organismen weit der ältesten und altern Perioden ging unter, ohne deutlichere Spuren als die Graphitlager der krystal- linischen Schiefer zurückzulassen. In den ältesten und sehr umfangreichen Schichtengruppen der palaeozoischen Zeit , die als Cambrische, Silurische und Devonische Formationen (Uebergangsgebirge oder Grauwackenformation) unter- schieden werden, finden sich aus der Pflanzenwelt noch auschliesslich Grypto- gamen, besonders Tange, die unter dem Meere mächtige und formenreiche Waldungen bildeten. Zahlreiche Seethiere aus sehr verschiedenen Gruppen, Zoophyten, V^eichthiere (namentlich Brachiopodeu), Krebse (Larvenähnliche Hymenocaris, Trüohiten) und Fische, letztere mit höchst eigenthümlichen, einer tiefen Organisationsstufe entsprechenden gepanzerten Formen (Cephalaspiden) belebten die warmen Meere der Primärzeit. Erst in der Steinkohle treten die ältesten Reste von Landbewohnern, Amphibien {Apatheon, Ärchcgosaunts) mit Chorda und Knorpelskelet, ferner Insekten und Spinnen auf, in den Formationen der Dyas erscheinen dann Reptilien in grossen eidechsenartigen Formen (Pro- terosaurus), während noch immer die Fische, aber ausschliesslich Knorpelfische und Ganoiden mit Chorda dorsalis und unter den Pflanzen die Geföss- cryptogamen (Baumfarrn, Lepidodendren, Calamiten, Sigillarien, Stigmarien) dominiren. In der Secundärzeit , welche die Formationen des Trias, des Jurasystems und der Kreide umfasst, erlangen von Wirbelthieren die Eidechsen und in der Pflanzenwelt die bereits schon zur Steinkohlenzeit vereinzelt auftretenden Nadel- hölzer und Cycadeen eine solche vorwiegende Bedeutung, dass man nach ihnen wohl die ganze Periode als das Zeitalter der Saurier und Gymnospermen genannt hat. unter den ersteren sind die colossalen auf das Land angewiesenen Dinosaurier, die Flugeidechsen oder Pterodactylier und die Seedrachen oder Halosaurier mit den bekanntesten Gattungen Ichthyosaurus und Plcsiosaurus der Secundärzeit ganz eigenthümlich. Auch Säugethiere finden sich schon, freilich mehr vereinzelt, sowohl in den obersten Schichten des Trias als im Jura und zwar ausschliesslich der niedersten Organisationsstufe der Beutler 148 Annäherung der tertiären Flora und Fauna an die Jetztwelt. angehörig. Blüthenpflanzen erscheinen zuerst in der Kreide, die auch die ältesten Reste entschiedener Knochenfische einschliesst. Aber erst in der Tertiärzeit erlangen die Blüthenpflanzen und die Säugethiere, unter denen auch die höchste Ordnung der Affen ihre Repräsentanten findet, eine so vorwiegende Entfaltung, dass man diesen Zeitraum als den der Laubwälder und Säugethiere bezeichnen kann. In den obern Tertiärablagerungen steigert sich dann die Annäherung an die Gegenwart für Thiere und Pflanzen stufenweise. Während zahlreiche niedere Thiere und Pflanzen nicht nur der Gattung, sondern auch der Art nach mit lebenden identisch sind, gewinnen auch die Arten und Gattungen der höhern Thiere eine grössere Aehnlichkeit mit denen der Gegenwart. Mit dem Uebergang in die diluviale und recente Zeit nehmen unter den Blüthen- pflanzen die höheren Typen an Zahl und Verbreitung zu , und wir werden in allen Ordnungen der Säugethiere mit Formen bekannt , welche in ihrem Bau nach bestimmten Richtungen immer eingehender specialisirt und desshalb voll- kommener erscheinen. Im Diluvium finden wir erst unzweifelhafte Spuren für das Dasein des Menschen , dessen Geschichte und Culturentwicklung nur den letzten Abschnitt des relativ so kleinen recenten Zeitraums ausfüllt. So unvollständig auch die geologische Urkunde sein mag, so genügt doch das von ihr gebotene Material zum Nachweise einer fortschreitenden Entwick- lung von einfacheren und niederen zu complicirteren und höheren Organisations- stufen, zur Bestätigung des Gesetzes fortschreitender Vervollkommnung ') auch für die Aufeinanderfolge der Gruppen. Freilich vermögen wir nicht den ganzen Verlauf des Fortschritts zu übersehen, da die Organismenwelt der ältesten und umfassendsten Zeitperioden fast vollständig aus der Urkunde verschwunden ist, sondern sind darauf beschränkt, die letzten Glieder der Entwicklungsreihe zum Nachweise der Vervollkommnung zu verwerthen. 1) Offenbar hat die Begriffsbestimmung der Vervollkommnung mit mancherlei Schwierigkeiten zu kämpfen, da wir keinen absoluten Massstab für die Beurtheilung der Vollkommenheitsstufen haben. Die einen Organisraengruppen desselben Typus und derselben Classe nehmen in dieser, die anderen in jener Richtung eine höhere Stellung ein, wie die Knochenfische in dem Erhärtungsgrade des Skelets, die meisten Knorpel- fische in der Ausbildung der gesammten Organisation. Organismen aus verschiedenen Classen (wie etwa Papagei und Maus) sind nur äusserst schwer, solche aus verschiedenen Typen (wie Tintenfisch und Honigbiene) oft gar nicht nach der Höhe ihrer ( rganisations- stufe zu vergleichen. Immerhin wird es möglich sein, das Verhältniss der weitern und engern Typen zu einander im Grossen und Ganzen nach deui Massstabe der Differenzirung zu beurtheilen und darnach die Höhe der Organisation zu bestimmen. Auch für die nahestehenden Glieder derselben Gruppe ist der Grad der Specialisirung und Arbeits- theilung für die Stufe der VoUkoumienheit entscheidend. Zurückweisung einer Vervollkommnungsteiulenz als Erkliirungsprinoip. 149 Zurückweisung einer VervoUkommnungstendenz als Erklärungsprincip. Wenn wir aber nach den erörterten Thatsachen und Erscheinungen des Naturlebens die Transniutations- und Descendenzhypothese nicht mehr von der Hand zu weisen im Stande sind, sondern für wohlbegründet und gesichert halten, so muss insbesondere zur Erklärung des Weges, auf welchem sich die Umwandlung der Arten vollzieht, Darwin 's Selectionstheorie der höchste Werth und der höchste Grad von Wahrscheinlichkeit zuerkannt w^erden. Allerdings bekämpfen noch jetzt Naturforscher, welche die mystische Annahme von selbstständigen Einzelschöpfungen längst verbannt und den grossen Um- wandlungsprocess der Thier- und Pflanzenwelt als durch die Gontinuität des Lebendigen hindurch vollzogen betrachten, das Darwin'sche Princip der natürlichen Züchtung und die auf die Summirung unzählig kleiner während grosser Zeiträume hindurch wirksamer Einflüsse gestützte, ganz all mahl ig er- folgte Umbildung der Arten , vermögen aber keine andere Erklärung an die Stelle der verworfenen zu setzen. Gerade die Selectionstheorie liefert den besten Theil des Fundamentes , auf welchem sich die Transniutations- und Descendenzlehre aufbaut. Wie so viele andere der betrachteten Erscheinungen des Naturlebens, so steht vor Allem das Gesetz fortschreitender Vervollkomm- nung im besten Einklang mit der Selection stheone. Auch die natürliche Zucht- wahl , welche durch Erhaltung und Verstärkung vortheilhafter Eigenschaften wirksam ist, wird im Grossen und Ganzen einer fortschreitenden Differenzirung und Gliederung der Organe (Arbeitstheilung), da dieselbe dem Organismus im Kampfe um die Existenz besondern Nutzen gewährt, also der Vervollkommnung entgegenstreben. Man wird die Fortbildung zu höheren Typen wenigstens bis zu einem bestimmten Grade schon aus dem Nützlichkeitsprincip der natür- lichen Züchtung abzuleiten im Stande sein, ohne mit Nägeli zu der dunkeln Vorstellung einer unerklärbaren Vervollkommnungs^e»r?c»^ des Organismus seine Zuflucht nehmen zu müssen. Vielmehr wird gerade nicht selten ein Beharren auf gleicher Stufe, ja selbst ein Rückschritt zu vereinfachter Organi- sation (rudimentäre Organe, regressive Metamorphose) als den besondern Lebens- und Goncurrenzbedingungen entsprechend, oder im erstem Falle der Mangel nützlicher Abänderungen als Hinderniss der Fortbildung gedacht werden können. Daher ist es kein Widerspruch zu dem Vervollkommnungsbestreben der natürlichen Zuchtwahl, wenn wir eine Anzahl von Rhizopoden, Molluscen und Grustaceen wie die Gattungen Lingula, Nautilus, Limulus von sehr alten Formationen an durch alle geologischen Zeitepochen hindurch bis in die Gegenwart fast unverändert erhalten finden. Ebenso wenig wird man den Einwurf erheben können , dass unter jener Voraussetzung die niedern Typen längst unterdrückt und erloschen sein müssten, während doch factisch in allen Glassen niedere und höhere Gattungen vorkommen und die am tiefsten stehenden Organismen in ganz ausserordentlichem Formenreichthum verbreitet sind. Gerade die grosse Mannichfaltigkeit der Organisationsabstufungen bedingt und unterhält die möglichst reiche Entfaltung des Lebens, in welchem alle 150 Einwurf des Mangels neuentstandener rccenter Arten. Glieder, niedere und hohe, ihren eigenthümliclien Ernährungs- und Lebens- bedingungen am besten angepasst, einen besondern Platz relativ vollkommen auszufüllen und im gewissen Sinn zu behaupten vermögen. Selbst die ein- fachsten Gebilde nehmen im Haushalte der Natur eine Stellung ein , welche durch keine anderen Organismen zu ersetzen ist und für die Existenz zahlloser höherer Stufen als Bedingung erscheint. Einige Forscher, welche zwar den genetischen Zusammenhang der ganzen Schöpfung und die Mitwirkung der alten Arten bei der Bildung von neuen Arten zugestehn, haben die allmählige und durch unmerkliche Abstufungen erfolgte Umwandlung der Arten vor- nehmlich desshalb zurückweisen wollen, weil wahrscheinlich seit der diluvialen Periode — und sie berufen sich vornehmlich auf die Identität der von der diluvialen Alpenflora abstammenden Pflanzenwelt der Hochgebirge mit der Islands und Grönlands — sicher aber seit Beginn der menschlichen Geschichte keine einzige neue Art entstanden sei. Dieser Einwurf lässt jedoch nicht nur die in der That verschiedene höhere Thierwelt des Diluviums und der Jetzt- zeit ausser Acht, sondern verlangt von der natürlichen Züchtung während der ganz kurzen Zeitperiode von ein Paar Jahrtausenden Erfolge, wie sie nach Darwin's Lehre erst in ungleich grösserenZeitperioden hervortreten können. Dass seit Beginn menschlicher Geschichte überhaupt keine Veränlerungen wenigstens bis zur Bildung merklicher Varietäten stattgefunden hätten, wird wohl schon mit Rücksicht auf die Umgestaltungen der Hausthiere und Cultur- pflanzen Niemand im Ernste behaupten wollen. Auch kann ebensowenig die von derselben Seite (0. Heer ^) vorgebrachte Behauptung, dass die Zeit des Verharrens der Arten in bestimmter Form eine ungleich grössere als die Zeit der Ausprägung zu einer neuen gewesen sein müsse, gegen die allmählige Umwandlung und zu Gunsten einer in ihren Bedingungen ganz dunkeln »plötzlichen Umprägung« benutzt werden. Darwin's Lehre behauptet ja gar nicht, was ihr 0. H e e r unterschiebt, eine ununterbrochene, immer gleich- 1) 0. Heer, Die tertiäre Flora der Schweiz, sowie Die Urwelt der Schweiz. Zürich 1865. p. 601. Wer dem Einwand eine Bedeutung zollt, dass seit Beginn der menschlichen Geschichte keine neuen Arten entstanden und die Säugethiermumien Acgyptens die jetzt lebenden Arten ganz unverändert reprilsentiren , dem mag mit Fawzett die Frage vorgelegt werden, »ob sich der Montblanc und die übrigen Alpen- gipfel, weil sie seit 3000 Jahren genau dieselbe Höhe wie gegenwärtig einnehmen, nie- mals früher langsam gehoben haben , vxnd ob desshalb auch die Höhe anderer Gebirge in andern Weltgegenden seit jener Zeit keine Veränderung erfahren haben können«. Bei vielen und ausgezeichneten Forschern hat offenbar die Beschränktheit des Zeitbegriffes Anstoss an Darwin's Lehre gegeben. Dies gilt auch für die Entstehungs- weise der Trielje bei Insecten, über die z. B. Heer sagt: >dass die Triebe nicht an- gelernt, sondern angeboren, vom Schöpfer in sie gelegt sind, zeigt am besten die That- sache ihrer Un Veränderlichkeit«. Aber wahrlich, heisst das nicht mit dem Worte Thatsache Spiel treiben, und noch dazu auf einer Seite, die so gern und mit Stolz die Exaclheit ihrer Methode gegen die Descendenzlehre vorschützt? Woher weiss nian denn so bestiu)mt, dass die Triebe nicht fortbildungsfUhig sind? Dass H. zu diesem Glauben gelangt, beweisst nur die geringe Neigung, sehr grosse und weit über das Diluvium hinausgehende Zeiträume zu verwerthen. Zurückweisung einer sprung^'eise fortschreitenden Entwicklung. 151 massig fortgehende Umwandlung der Arten, sondern genau mit Heer über- einstimmend, dass die Zeiträume, in welchen die Arten unverändert bleiben, unverliältnissmässig gross zu denen sind, in welchen sie durch den natürlichen Züchtungsprocess zu Varietäten und neue Arten umgestaltet werden. Nichts kann nach Darwin erreicht werden, bevor nicht vortheilhafte Abänderungen vorkommen, die freilich nur in allmähliger Steigerung den sehr langsamen Process der Umbildung einleiten, »der blosse Verlauf der Zeit an und für sich thut nichts für und nichts gegen die natürliche Zuchtwahl«. »Obwohl jede Art zahlreiche Uebergangsstufen durchlaufen haben muss, so ist es wahr- scheinlich, dass die Zeilräume, während deren eine jede der Modification unterlag, zwar bedeutend und nach Jahren gemessen lang, aber mit den Perioden verglichen, in denen sie unverändert geblieben, kurz gewesen sind«. Zurückweisung einer sprungweise fortschreitenden Entwicklung. Obwohl wir die mannichfachen und grossen Schwierigkeiten nicht unter- schätzen, mit denen die Durchführung der Selectionstheorie zu kämpfen hat, so dürfen wir uns doch um so mehr berechtigt halten, in dem langsamen und allmähligen Umbildungsprocess der natürlichen Zuchtwahl die einzige gut gestützte Erklärung des Artenwechsels zu erkennen, als zur Widerlegung der- selben keine Thatsache geltend gemacht werden kann. Freilich gestehen wir gern zu, dass auch die natural selection nicht ausreicht, um für sich allein die grosse Reihe von Umgestaltungen, welche die organische Welt in progressiver Entwicklung von den ersten dunkeln Anfängen gleichartiger und niederer Lebew'esen bis zu der unendlichen und gesetzmässigen Mannichfaltigkeit so hoch entwickelter Organisationstypen erfahren hat, vollkommen zu erklären. Jedenfalls aber wirkte sie stets als wesentlicher Factor, gestützt auf Vorgänge des Naturlebens, deren Wirkung wir im Kleinen und in zeitlicher Beschränkung zu verfolgen vermögen. Die auf dieselbe gegründete Theorie ist nichts anderes als eine Amvemlung des grossen Gesetzes von der Summirung verschwindend Jdeiner aber während grosser Zeiträume fortgesetzt ivirJcsamer Eivflüsse zu einem hedeutenden und gewaltigen Gesammteffclä. Sie enthält gewissermassen die Verwerthung des Differentials in der Biologie und rechnet mit verschwin- dend kleinen Abänderungen, welche in stetiger Aufeinanderfolge sich wieder- holend , in Verbindung mit andern Faktoren eine endliche und bedeutende Wirkung resultiren lassen. Immerhin bleibt daneben die Möglichkeit, ja Wahr- scheinlichkeit, dass auch noch auf anderem W^ege, vielleicht in mehr direkter Weise und rascherm Verlaufe vornehmlich auf dem Gebiete der niedern Organismen neue Arten aus andern hervorgegangen sind, hi einzelnen Fällen mögen durch Bastardirung Zwischenformen mit ungestörtem Generations- system und dauerndem Fortbestande aufgetreten sein. Möglicherweise hat auch ein Entwicklungsprocess an der Entstehung der Arten Antheil, zu welchem die erst neuerdings bekannt gewordenen Fälle von Heterogonie eine Parallele bieten. Dagegen sind wir nicht im Stande, für so sprungweise bewirkte 152 UnVollständigkeit der Erklärung. Umgestaltungen, wie sie Kölliker^) auf Grund des Generationswechsels an- nimmt, Wahrscheinlichkeitsgründe von irgend erheblicher Bedeutung beizu- bringen. Natura non facit saltum. Wir vermögen für diese Art des plötzlichen Ueberganges abweichender Gestaltungstypen um so weniger ein Verständniss zu gewinnen, als sich dieselbe auf die Voraussetzung eines »Entwicklungsplanes« oder »Vervollkonminungsprincipes etc. der Organismen« stützt. Dazu kommt, dass wir für die Entstehungsweise des Generationswechsels sowohl wie der Heterogenie kaum eine andere Erklärung finden, als die allmählige und langsam erfolgte vort heilhafte Anpassung der Organisation an bedeutend abweichende Lebensbedingungen, nur das Endziel würde plötzlich und in scheinbarem Sprunge die Auflösung des verschiedene Generationen in gesetzlicher Folge umfassenden Formencomplexes in bedeutend differente, verschiedenen Er- nährungs- und Lebensverhältnissen entsprechende Arten oder Gattungen sein. Es ist eine grosse Illusion zu glauben, mit Hülfe des Generationswechsels und der Heterogenie zu einer die natural selection auch nur entfernt ersetzenden Erklärung zu gelangen ; diese Formen der Entwicklung bedürfen ja selbst der Erklärung und finden dieselbe in der That bis zu einem bestimmten Grade in dem Princip der Summirung verschwindend kleiner Abänderungen mit Hülfe der Zuchtwahl. UnVollständigkeit der Erklärung. Wenn wir aber auch, der mannichfachen Schwierigkeiten eingedenk, die Selectionstheorie zur Erklärung der grossen Metamorphose , die sich in der organischen Natur während des Verlaufs unendlich grosser Zeitperioden voll- zogen hat, nicht vollsständig ausreichend erachten, so werden wir sie doch zur Erklärung zahlreicher Umformungen und Anpassungen, als eine wohl und sicher begründete Lehre anzuerkennen haben. Wir werden alsdann um so weniger vergessen dürfen, dass uns durch die Selections- und Transmutations- theorie doch nur ein kleiner Theil der Räthsel des organischen Lebens 1) Kolli ker, Ueber die Darwin'sche Schöpfungstheoiie. Leipzig. 1864. Sicher ist die Vorstellung ungleich besser begründet, den Generationswechsel ähnlich wie die Ent- wicklung mittelst Metamorphose als Recapitulation eines langsamen und allmähligen Entwicklungsprocesses der Arten aufzufassen, als denselben auf eine plötzliche und sprungweise erfolgte, im Plane der Entwicklung gelegene Fortbildung zurückzuführen und uns nach Analogie desselben die plötzliche Erzeugung weit höher organisirter Arten zu denken. Eher würden wir die plötalich und sprungweise erfolgte Rückbildung niederer Tyi)en nach dein Vorgange des Genei-ationswechsels für möglich halten können , indem die Amme zum Geschlechtsthier wird, anstatt der Keime Eier und Samenfäden producirt und die Continuität mit der höhern Generation aufgibt. Nicht glücklicher scheint der- selbe Autor in seiner zweiten Schrift »Morphologie und Entwicklungsgeschichte des Pennatulidenstammes nebst allgemeinen Betrachtungen zur Descendenzlehre. Frankfurt. 1872« gewesen zu sein. Was derselbe an die Stelle des Selectionsprincipes zu setzen sich bemüht, ist nicht im entferntesten einer Theorie auch nur ähnlich, da allgemeine Analogien des selbst einer Erklärung bedürftigen Generationswechsels sowie der Hetero- gonie nichts beweisen, geschweige denn erklären. tJnvollstäiidigkeit der Erklärung. 153 befriedigend gelöst wird. Gelingt es auch, an die Stelle der früheren Vor- stellung von wiederholten Sonderschöpfungen den natürlichen Entwicklungs- process zu stellen, so bleibt doch das erste Auftreten der niedersten Organismen zu erklären, für das wir bis jetzt nichts anderes als die thatsächlich so schlecht gestützte Hypothese der Urzeugung haben, es bleibt vor Allem der bestimmte Weg zu erklären, den die sich complicirter gliedernde und höher entwickelnde Organisation durch alle Stufen des natürlichen Systems hindurch genonmien hat. Neben so vielen wunderbaren Erscheinungen der Organismen weit , wie unter andern auch der Herkunft des Menschen ') während der Diluvial- oder Jüngern Tertiärzeit , stehen wir hier vor einem Räthsel , dessen Lösung zu- künftiger Forschung vorbehalten bleibt. 1) Der Mensch befindet sich nicht etwa in der Lage, für sich das Vorrecht eines Ausnahmefalles geltend machen und sein Auftreten als das Resultat eines besondern Schöpfungsaktes betrachten zu können. Seitdem die Naturwissenschaft die Erforschung der Urgeschichte des Menschen in die Hand genommen hat, ist der alten Tradition über den Ursprung des Menschen und die Zeit seiner Existenz jeder Boden entzogen. Mit den Hülfsmitteln und der Methode, wie sie uns Geologie, Paläontologie und Anatomie darbieten, ist mit aller Sicherheit nachgewiesen worden, dass der Mensch schon zur alten Diluvialzeit mit dem Elephanten, Mammuth, Rhinoceros und Flusspferd im süd- lichen und westlichen Europa zusammen lebte. Ueber seine pi-imitiven, möglicherweise in der Tertiärzeit aufzusuchenden Urahnen ist uns jedoch bislang kein irgendwie zu- verlässiger Aufschluss zu Theil geworden. 10* Specieller Theil. I. Typus. Protozoa, Urthiere. Organismen von geringer Grösse mit Sarcodeleib, ohne zeUig gesonderte Organe und Getvebe, mit voriviegend ungeschlechtlicher Fortpflanzung. Man vereinigt als Protozoen nach dem Vorgange von Siebolds die kleinsten, an der Grenze des thierischen Lebens stehenden Organismen , welche eine nur geringe histologische Differenzirung ihrer Leibessubstanz zeigen und complicirter aus Zellgeweben zusammengesetzter Organe entbehren. In erster Linie erscheint die übereinstimmende Beschaffenheit der Leibes- substanz von grosser Bedeutung. Ueberall treffen wir die ungeformte con- traktile Substanz , in der es noch nicht zur Sonderung nervöser , als Ganglien- zellen und Nervenfasern sich darstellenden Elemente, wohl aber zuweilen zur Differenzirung muskelartiger Streifen und Fasern gekommen ist. Die Sarcode, wie die contraktile Substanz zuerst von Dujardin bezeichnet wurde, ist das einfachste Substrat thierischen Lebens, freilich von dem beweglichen Inhalt der lebenden Pflanzenzelle, dem Protoplasma, so wenig scharf unterschieden , dass man mit Max Schultze auch die contraktile Substanz thierischer Organismen, vornehmlich mit Rücksicht auf den morphologischen Werth als Zellinhalt, schlechthin Protoplasma nennt. Immerhin ergeben sich durch abweichende Differenzirungen im Innern des Sarcodeleibes , durch Unterschiede der äussern Begrenzung, der Bewegung und Ernährungsart eine Reihe von Modifikationen des Körperbaues, welche zur Aufstellung einer Anzahl von Gruppen Veran- lassung geben. Im einfachsten Falle ist der gesammte Körper ein Sarcodeklümpchen, dessen Contraktilität durch keinerlei äussere feste Umhüllungen, Panzer oder Gehäuse gebunden ist, welches bald in leichtem Flusse Fortsätze ausschickt und bereits gebildete wieder einzieht {Amoeben), bald bei zäherer Gonsistenz der Theile eine Anzahl haarförmiger Strahlen und Fäden von der Peripherie ent- sendet. Kernartige Gebilde können noch vollkommen fehlen {Moneren) oder Schizomyceten. 155 in einfacher selten mehrfacher Zahl auftreten. Die Ernährung geschieht durch Eindrücken fremder Körper und allraähliges Umfliessen derselben an jeder beliebigen Körperstelle. Wie man sich in früherer Zeit ausdrückte, ist der Organismus befähigt, an jeder Stelle eine Mundöffnung zu bilden. In andern Fällen scheidet die in zarte , Wurzelfasern vergleichbare Aus- läufer {Pseudopodien) ausstrahlende Leibesmasse, Kalk- oder Kieselnadeln, Gittergehäuse oder durchlöcherte Kalkschalen aus (Rhizoj)ode)i) und umschliesst im hinern mehrfache Differenzirungen, wie gefärbte Zellen und die sogenannte Gentralkapsel (liadiolarien). In reichern! Masse ditferenzirt sich die Leibessubstanz bei den meist frei lebenden, vornehmlich das süsse Wasser bewohnenden Infusorien. Hier sehen wir den Leib von einer äussern Haut umgrenzt, welche durch den Besitz von schwingenden Wimpern, Haaren, Borsten etc. dem Thiere die Möglichkeit einer raschen, durch Gontraktionen der Leibessubstanz unterstützten Lokomotion gewährt. Selten, wie bei den parasitischen Opalinen, werden Flüssigkeiten endosmotisch durch die Haut aufgenommen oder durch die Oeffnungen von Saugröhren eingesogen {Äcineien), in der Regel findet sich an einer bestimmten Körperstelle eine Mundöffnung, durch welche feste Nahrimgskörper in das Innere des Leibes eintreten, und an einer andern Stelle eine Afteröffnung zum Austritt der Verdauungsüberreste. In der Leibessubstanz treffen wir eine pulsirende Vacuole und eigenthümliche als Nuclei und Nucleoli bekannte Körper an. Ausser den Rhisopoden nebst Radiolarien und den Infusorien, welche wir für Protozoen zu halten berechtigt sind, gibt es aber eine Menge niederer Organismen, welche zwar früher hauptsächlich wegen der Fähigkeit der freien Ortsveränderung mit den Infusorien vereinigt wurden und für Thiere galten, nach den Ergebnissen neuerer Untersuchungen jedoch gar manche Beziehungen zu niederen Pflanzen , insbesondere den Pilzen und Algen haben. Es sind das vor Allem die Schizomyceten , Myxoniycetcn und Flagellaten. \. Die Schi.zomyceten ^) (Bacterien) sind sehr kleine, kuglige, stäbchen- förmige , mitunter gedrehte Körper , welche sich in verwesenden Substanzen, insbesondere an der Oberfläche faulender Flüssigkeiten finden und hier die Entstehung schleimiger Häute veranlassen. Ihrer Form nach stehen sie den Hefepilzen am nächsten, mit denen sie auch in den Bedingungen ihres Er- nährungsprocesses (Ammoniak und Kohlenstoff-haltige organische Verbindungen zu verbrauchen) übereinstimmen. Aehnlich wie diese erregen und unterhalten sie durch Entziehung von Sauerstoff oder Anziehung desselben aus der Luft (Reductions- oder Oxydationsfermente) den Gährungs- beziehungsweise Ver- wesungsprocess organischer Substanzen, unterscheiden sich jedoch von denselben wesentlich durch die Formentwicklung, indem sie sich durch Theilung in swei 1) F. Cohn, Ueber Organismen der Pockenlymphe. Virchow's Archiv. 1872. Derselbe, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Heft 2 u. 3. 1872 und 1875. Unter- suchungen über Bacterien. 1, 2 und 3 (Eidam, Bacterium termo). Oestel, Experimentelle Untersuchungen über Diphterie. Deutsches Archiv für klinische Medicin. 1871. Vergl. ferner die Arbeiten von Eberth und Kleb«. 156 Bacterien. Hälften vermehren, während die Hefepilze {Saccharomyces , Hormiscium) Aus- stülpungen bilden und als Sporen zur Abschnürung bringen. Auch ist bislang der bei den Hefepilzen aufgefundene FruktifikationspYocess (Bildung von Asei mit 2 oder 3 Sporen) für die Schizomyceten nicht nachgewiesen worden. Am besten reihen sie sich den allerdings grössern Chlorophyll-führenden Ph/co- chromaceen (Ghroococcaceen , Oscillarien, Nostocaceen) an und repräsentiren ge Wissermassen die Chlorophyll-freie Parallelgruppe zu denselben. Sie besitzen einen stickstoffhaltigen in der Regel farblosen meist mit glänzenden Kügelchen und Körnchen versehenen Inhalt und (Cohn) eine Membran, die der Cellulose oder einem andern Kohlenhydrat nahe steht. Bei manchen Formen ist dieselbe zart und gestattet dem flexilen Protoplasma Biegungen und Streckungen , bei andern formbeständigen Bacterien ist sie starr. Die Quertheilung erfolgt, nach- dem sich die Zellen in die Länge gestreckt, durch Einschnürung des Protoplasma und durch Ausscheidung einer queren Scheidewand. Bald trennen- sich die Tochterzellen sofort, bald bleiben sie vereinigt und erzeugen durch neue Theilung Fäden (Fadenbakterien). Bald werden die Zellgenerationen durch eine gallertige Zvvischensubstanz verbunden und erzeugen so unregelmässig geformte Gallert- massen {Zoogloea), bald bleiben sie frei und in Schwärmen zerstreut. Auch in Form eines pulverigen Niederschlages können sie sich am Boden absetzen , so- bald die Nährstoffe in einer Flüssigkeit erschöpft sind. Die meisten besitzen einen beweglichen und einen unbeweglichen Zustand; im ersteren rotiren sie um die Längsachse , können sich aber auch beugen und strecken, niemals aber schlängeln. Die Beweglichkeit scheint an die Gegenwart von Sauerstoff gebunden zu sein. Die Abgrenzung der Bacterien in Gattungen und Arten ist um so weniger durchführbar, als eine geschlechtliche Fortpflanzung vermisst wird , man wird sich begnügen müssen , in mehr künstlicher Weise Formspecies und physiologische Arten oder Abarten aufzustellen , ohne ihre Selbstständigkeit stets bew^eisen zu können. F. Cohn unterscheidet 4 Gruppen als Kugelbakterien mit Micrococcas (ilfo««5, J///co^en«c/), Stäbchenbakterien mit Bacterium, Fadenbakterien mit Bacillus und Vibrio, Schraubenbakterien mit Spirillum und Spirochaete. Die Kugelbakterien sind die kleinsten Formen und zeigen nur Molekular- bewegung; sie erregen verschiedene Zersetzungen , aber nicht Fäulniss. Man kann sie nach der verschiedenen Formentwicklung in chromogene (der Pigmente), zymogene (der Fermente) und pathogene Arten (der Gontagien) sondern. Die ersteren treten in gefärbten Gallertmassen auf und vegetiren in Zoogloeaform, z. B. M. prodigiosiis Ehrbg. auf Kartoffeln etc. Zu den zymogenen gehört M. Urea, Harnferment, zu den pathogenen 31. vacci)iae, Pockenbakterie, M. septicas der Pyämie, M. diphlericus der Diphteritis. Die Stäbchenbakterien bilden keine Ketten oder Fäden und zeigen namentlich bei hinreichender Nahrung und Anwesenheit von Sauerstoff' spontane Be- wegungen. Hierher gehört das in allen thierischen und pflanzlichen Aufgüssen verbreitete Bacterium Termo Ehr., welches in ähnlicher Weise das nothwendige Ferment der Fäulniss ist, wie Hefe das der Alkoholgährung ; ferner B. Lineula Ehrbg. von bedeutender Grösse in Brunnenwasser und stehendem Wasser auch Myxomyceten. 157 ohne Fäulnissprodukte, ebenso wie jenes mit Zoogloeagallert. Als Ferment der Milchsäure gilt nach Hoffmann eine andere Bacterienform. Von den Fadenbakterien veranlasst die bewegliche Bacillus ( Vibrio) snb- tilis Ehr. die Buttersäuregährung , findet sich aber auch in Infusionen zugleich mit B. termo. Sehr nahe verwandt und kaum unterscheidbar, aber unbeweglich ist die Milzbrandbakteridie Bacillus Anthracis. Durch formbeständige Wellen- biegungen des Fadens charakterisiren sich Vibrio rugula und serpcns ; diese führen endlich zu den Schraubenformen, von denen Spirochaete eine flexile und lange aber enggewundene , Spirillum eine starre kurze und weitläufige Schraube darstellt. Spirochaefu plicatilis. SpirUlam tenue, undula, volatans, letztere mit Geissein an beiden Enden. Hierher gehört wohl auch 3Ii/coderma aceti, die sog. Essigmutter. Eine Unzahl kurzer, stabförmiger, kaum \iooo mm. breiter und oft beweglicher Kör- perchen, die sich in der Quere theilen und oft in Ketten vereinigt bleiben, sind durch eine homogene Gallerte zur Bildung einer schleimigen Haut an der Ober- fläche der Essigmischung zusammengehalten und vermitteln, wie Paste ur zeigte, die Oxydation des verdünnten Alkohols zur Elssigsäure. 2. Die Myxomyceten ^) oder Schleimpilze bilden im Zustand ihres reifen Fruchtkörpers (Sporangien) runde oder längliche oft gestilte und lebhaft gefärbte Blasen von Erbsengrösse, selten cylindrische oder platte napfförmige Schläuche, deren Innenraum von zahlreichen Sporen (oft zwischen einem eigenthümlichen Geflechte von Fasern (dem sog. Gapillitium) ertüllt ist {Fhysarum, Trichia, Didymium, Stemonites etc.). Der Fruchtkörper des bekanntesten Schleimpilzes, der sog. Lohblüthe {Aethalium septicum)^ ist ein polsterförmiger Kuchen von bedeutender Flächenentfaltung und stellt im Wesentlichen ein Geflecht schlauch- förmiger, von kalkiger (gelber, später blasser oder zimmetfarbiger) Rinde um- gebener Physarum-Sporangien dar. Die Sporen keimen bei Zutritt von Feuchtig- keit, indem das Protoplasma anschwillt, die Membran zum Platzen bringt und langsam awöT/en-ähnlich aus der Oeffnung hervorkriecht. Der ausgeschlüpfte Inhalt mit seinem Zellkerne streckt sich unter Aus- und Einziehn spitzer Fort- sätze, treibt am vordem Ende eine lange schwingende Gilie und bewegt sich schwimmend oder kriechend als Schwärmer umher. Nachdem sich die Schwärmer durch mehrfach fortgesetzte Zweitheilung fortgepflanzt , ihre peitschenförmigen Cilien verloren und eine ausschliesslich kriechende Bewegung angenommen haben , verschmelzen sie unter Verlust ihrer Kerne zu grössern beweglichen Protoplasmakörpern, den sog. Flasmodien, welche von schleimartiger Gonsistenz zur Bezeichnung »Schleimpilze« Veranlassung gaben. An diesen beweglichen, netzförmig verzweigten oder dünnen mehr vereinzelten Strängen, die meist im Innern faulender Pflanzen leben, unterscheidet man eine festere Parietalschicht und eine weichflüssigere Grundsubstanz, in der theils stabile theils abwechselnd wieder verschwindende Vacuolen auftreten und zahlreiche Körner (zum Theil aus kohlensaurem Kalk gebildet) zerstreut liegen. Die Bewegung der Masse ist 1) A. de Bary, Die Mycetozoen. 2. Aufl. Leipzig 1864, sowie dessen Morphologie und Physiologie der Flechten, Pilze und Myxomyceten. Leipzig. 1866. Cienkowski, Zur Entwicklungsgeschichte der Myxomyceten. Pringsheim's Jahrbücher etc. III. 158 Flagellaten. ein allmälig strömendes Fortrücken der Substanz, verbunden mit Ausstrecken und Wiedereinziehn von Pseudopodien und mannich faltigen Verschmelzungen der vorgestreckten Aeste. Feste Körper, wie Stärkekörner, Pflanzenreste etc. werden ähnlich wie bei den Rhizopoden umflossen und in das Innere als Nahrungsmittel aufgenommen, die grösseren auch wieder vor der Sporangien- bildung ausgestossen. Bei der Sporangienbildung formt sich das Plasmodium zuweilen unter Theilung in mehrere Stücke, in andern Fällen unter Zusammen- fliessen zahlreicher Plasmodien , die Zellschicht wird trocken , es beginnt die Sonderung des Sporenplasmas und die Entwicklung des Gapillitiums. In der Hauptmasse des Plasmas treten Zellkerne in rasch wachsender Zahl auf, dann sondern sich rundliche Portionen der Substanz um die einzelnen Kerne und erhalten eine äussere Membran. Ausserdem kommen in dem Entwicklungscyclus der Myxomyceten, aber nicht als noth wendige Glieder, Ruhezustände vor, in welche die Schwärmer (Mikrocysten) und Plasmodien (derbwandige Cysten und Sclerotien) übergehn können, fi^ills Austiocknung die normale Forlbildung hindert. 3. Die Flagellaten *). Infusorien-ähnliche Organismen, deren Bewegungs- organe von einem oder mehreren peitschenförmigen Wimpern , selten zugleich von einer accessorischen Wimperreihe gebildet werden. Dieselben haben einen Ruhezustand und schliessen sich sowohl ihrer Entwicklung nach als in ihrer Ernährungsweise niedern Pilzen und Algen an. Gerade die Flagellaten sind die interessantesten Zwischenglieder von Thieren und Pflanzen, indem sie eine Reihe von pflanzlichen Merkmalen mit Charakteren von Rhizopoden und Infusorien vereinigen. In der That nehmen denn auch einzelne Forscher den grössten Theil der Flagellaten unter den Infusorien auf. Was Anlass gab, die Flagellaten für Thiere zu halten, ist die vollkommene Contraktilität des Körpers, in der sie freilich die Schwärmzustände der Myxomyceten nicht übertreffen, sodann die Contraktilität der Geissein , die scheinbar zweckmässige und will- kürliche Bewegung, das Vorkommen contraJctiler Vacuolen und wie für einzelne Fälle constatirt ist, die Aufnahme körperlicher Elemente durch eine am Grunde der Geissei gelegene Oeffnung in das Innere des Körpers. Indessen sind diese Erscheinungen keineswegs Kriterien thierischer Natur, wie oben bereits dar- gelegt wurde. Immerhin wird man nach dem neusten Standpunkt unserer Kenntniss der Infusorien, deren Bau der in früheren Decennien herrschenden Auffassung gegenüber ungleich vereinfacht und der Zelle genähert erscheint, auf die Art der Ernährung und des Stoffwechsels einen grössern Werth zu 1) Ehrenberg, Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. 1838. F. Cohn, \Jeher Stephanosphaera pluvialis. Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie. Bd. IV. Derselbe, Naturgeschichte des Protococcus pluvialis. Nova acta vol. XXII. Derselbe, Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der mikroskopischen Algen und Filze. Nova acta vol. XXIV. 1854 und XXVI. 1856. Derselbe, Die Entwicklungsgeschichte der Gattung Volvox. Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 3. Heft 1875. Perty, Zur Kenntniss kleinster Lebensformen etc. Bern. 1852. Claparede und Lachmann, Etudes sur les Infusoires et les Rhizopodes. Geneve. 1858. 1861. Carter, Annais and Magazin of natural history. 1858. Vol. I et II und 1859. N. Pringsheim, Ueber die Paarung von Schwärmsporen. Berlin. 1869. Volvocinen. Astasiaeen. 159 legen haben, um auf Grund dieser Eigenschaften gewisse Formenreihen der Flagellaten als den Infusorien näher stehend unter die Protozoen autzunehmen. Doch ist diese Trennung nach dem gegenwärtigen Stand der Erfahrungen nicht ausführbar. Uebersieht man die Flagellaten von mehr pflanzlichen Charakter, so wird man zunächst einen Theil der Monaden als Schwärmezustände niederer Pilze sondern können. Für eine Anzahl sog. Monaden ist indessen der Ent- wicklungsgang noch nicht bekannt geworden , so z. B. für die parasitischen im menschlichen Körper beobachteten Cercomonas urinarhis, intestinalis, Tricho- monas vaginalis u. a. Als den Algen {Frofococcaceen) sehr nahe verwandt wird man die Volvo- cinen betrachten dürfen, obwohl für viele derselben der Besitz contraktiler Vacuolen unzweifelhaft ist. Was die Volvocinen als Colonieen einzelliger durch gemeinsame Gallerte vereinigter Algen charakterisirt , ist die Art der Entwick- lung , der Wechsel von ruhenden und schwärmenden Zuständen , der Besitz einer Cellulosekapsel im Ruhezustand, die Ausscheidung von Sauerstoff und der Reichthum an Chlorophyll sowie an pflanzlichen roth oder braun gefärbten Oelen. Während des freien Umherschwärmens besitzen sie die Fähigkeit der Fortpflanzung, indem sich einzelne Zellen in gesetzmässiger Weise theilen und zu Tochtercolonien innerhalb der Muttercolonie Averden. Auch eine geschlecht- liche Fortpflanzung wurde nachgewiesen. Einige der Mutterzellen vergrössern sich und zerfallen in zahlreiche den Samenkörpern entsprechende Mikrogonidien, andere wachsen zu grossen Eizellen aus , welche von den erstem befruchtet werden, sich dann mit einer Kapsel umgeben und als grosse sternförmige Zellen zu Boden sinken. Auch während des Ruhezustandes pflanzen sie sich durch Theilung innerhalb der Cellulosekapsel fort, während zugleich ein Farben- w^echsel eintritt. Von den bekanntesten Volvocinen ist zu nennen: Volvox glohator, Gonium pectorale, Stephanophaera pluvialis , Endorina elegans. Die Astasiaeen sind überaus contraktile einzellige Flagellaten, welche sich in ihren Lebenserscheinungen den Volvocinen anschliessen , jedoch feste Nahrungskörper aufnehmen. Die bekannteste Gattung ist Euglena, nach Stein mit Mundöffnung und Schlundröhre. Der Kern soll sich unter gewissen Bedin- gungen theilen und in 7—10 Ballen zerfallen, welche sich bald in eiartige Körper (?) theilen, bald eine geisseiförmige Wimper erhalten. Eiujlena viridis. E. sanguinolenta. Eine andere Gattung, ebenfalls mit einer Mundötfnung, ist Astasia Ehrbg. A. trichophora Ehrbg. mit abgerundetem Hinterende und sehr langer Geissei am schief abgestutzten Vorderende. In geringer Entfernung von der Geisseibasis liegt der ^Mund vielleicht mit Schlundröhre , daneben die con- traktile Vacuole. Hier schliessen sich an Anisoncma Duj. mit grosser und kleiner Geissei am Vorderende , A. sulcatum Duj. Als Cylicomastiges (Kelchgeissler) werden von Bütschli ^) die von Clark beschriebenen Gattungen balpingoeca und Codosiga zusammengefasst und zwar auf Grund eines ansehnlichen die Basis der Geissei umgebenden Kragens, welcher dem Kragen an den Entodermzellen der Spongien entspricht (daher 1) 0. Bütschli, Beiträge zur Kenntniss der Flagellaten etc. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. XXX. 160 Monaden. Clark die Spongien als nächste Verwandte der Flagellaten betrachtete). Codosiga Botrytis Ehrbg. Coloniebildend, mittelst einer Nahrungsvacuole feste Körper aufnehmend, mit Kern und contraktiler Vacuole. Salpingoeca Clarhii Bütsch. Mit Gehäuse. Eine andere Gruppe der Flagellaten, die man wohl auch als Gilioflagellaten sondert, zeichnet sich ausser den Geissein durch den Besitz einer Wimperreihe aus, welche den harten Hautpanzer in einer Furche bekleidet. Die hierher gehörigen Fericlinien, zum Theil von absonderlicher Gestalt mit grossen horn- förmigen Fortsätzen der Schale, schliessen sich, soweit ihre Entwicklung bekannt geworden ist, am nächsten den Euglenen an. In einer Einsenkung liegt der Mund, zuweilen mit einer Art Speiseröhre, an deren Ende die Nahrungstheilchen in eine Vacuole gerathen. Ausser den beweglichen und gepanzerten Formen gibt es auch solche ohne Locomotionsorgane und Schale, ferner encystirte Zustände, in deren Innerm eine Menge kleiner Jugend formen ihren Ursprung nehmen sollen. Ceratium cornutiini. Peridiniuni pulvisculus , sanguineum. Die Monaden ^) sens. str. sind einzellige , Chlorophyll freie We^en , deren Schwärmsporen meistens in Amöben-zustand übergehn und dann, nach auf- genommener Nahrung, in einen durch den Besitz einer derben Zellmembran charakterisirten Ruhestand eintreten. Eine Anzahl derselben (Monas, Pseudo- spora, Colpodella), die sog. Zoosporeen, sind bewimperte Schwärmer ganz vom Aussehn der Myxomycetenschwärmer, welche mit Ausnahme von Colpodella zu kriechenden, spitze Pseudopodien treibenden Amöben auswachsen. Man könnte dieselben auch schlechthin als kleine Plasmodien betrachten, zumal da bei Monas amyli mehrere Schwärmer zur Bildung der Amöbe zusammenfliessen. Dann nehmen sie — bei Colpodella ohne zuvor in Amöbenzustand einzutreten — Kugel- form an, während ihre Oberfläche eine Membran bildet, und zerfallen innerhalb der Cyste durch Theilung des Protoplasmas in eine Anzahl von Segmenten, welche ausschlüpfen und als Schwärmer den Entwicklungsgang wiederholen. Colpodella pugnax auf Chlamydomonas. Psendospora volcocis. Die zweite Gruppe von Monaden, die sog. Tetraplasten {VampyreUa, Nticlearia) entbehren des Schwärmzustandes, dagegen erzeugt das Protoplasma des encystirten Ruhestadiums durch Zwei- oder Viertheilung ebensoviel Actino- phrys-artige Amoeben, welche theils wie Colpodella aus Algenzellen (Spirogyren, Oedogonien, Diatomaceen etc.) ihre Nahrung aussaugen , theils fremde Körper umfliessen. In Nahrungsweise und Bewegungsart schliessen sich die Monaden den Rhizopoden, aber auch niedern Pilzformen wie Chytridium an, in dem gesammten Entwicklungscyclus stimmen sie am meisten mit einzelligen Algen und Pilzen überein, obwohl die Analogie zum Entwicklungsvorgange mancher Iw^wäon&u. AmpUilcptus , nicht von der Hand zu weisen ist. Cienkowski, Lieberkühn u. a. sind der Meinung, dass die Monaden Thiere sind, die durch Zoosporen bildende Zellen den Uebergang in das Pflanzenreich vemitteln. Eine etwas abweichende Entwicklung und Cystenbildung zeigt die Cienkowski'sche 1) L. Cienkowski, Beitrage zur Kenntniss der Monaden. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. I. 1865. Derselbe, Ueber Pahnellaceen und einige Flagellaten. Ebendas. Tom. VI. 1870. Noctilucen. 161 Spumdla vulgaris (iermo Ehrbg. ?), welche feste Nahrung aufnimmt (mit Hülfe der Nahrnngsvacuole) und an einem Faden festsitzt, ebenso die Chromulina ncbiilosa Gnk. und oclirdcca Ehrbg. Neuerdings sind von E. HaeckoP) die Gattungen Monas (als Proto- motias) und Vawjn/rcUa desshalb, weil sie des Kernes (Cytoblastes) entbehren, von den andern Monadengattungen getrennt und mit mehreren ebenfalls kern- losen rhizopodenähnliehen Formen, wie Vrotogenes, Protomyxa, Myxastrum, Myxodictyon als Moneren zusammengestellt werden. Indessen kann der Mangel des Kernes nicht die Bedeutung erreichen, welche die Uebereinstimmung in der Ernährungs- und Entwicklungsweise mit den übrigen Monadengattungen für das Urtheil über natürliche Verwandtschaft besitzt, und wir halten desshalb die Moneren als systematische Gruppe unhaltbar; allerdings erinnert die bei Protomyxa aurantiaca beobachtete Fortpflanzungsweise auffallend an die Ent- wicklungsgeschichte der Monaden und auch die Fortpflanzung von Myxastrum steht zu derselben in naher Beziehung, dennoch aber möchte die Ueber- einstimmung dieser grossen Haeckel'schen Formen mit dem Sarkodekörper der Rhizopoden für die Zusammenstellung derselben mit den Rhizopoden sprechen. Endlich gibt es Monaden-ähnliche Organismen , welche in Gallerthaufen versenkt zusammenleben und schild- oder schlauchförmige Golonieen bilden. Phal ansteriuni Gnk., Ph. consociatum Fr., Ph. intestinum Gnk. 4. Den Fiagellaten wird man die Noctilucen ^) anschliessen können, eine Gruppe kleiner leuchtender Meeresthiere, deren pfirsichförmigor von fester Haut umgrenzter Körper einen tentakelförmigen Anhang trägt. An der Basis desselben findet sich eine tief rinnenförmige Einbuchtung mit der durch den Besitz eines zahnartigen unbeweglichen Vorsprungs und einer an eine flügel- artige Lippe angehefteten schwingenden Geissei ausgezeichneten Oeffnung. Der Weichkörper besteht aus einer unregelmässig gestalteten Masse contraktiler Substanz, welche einen glashellen Körper {Nucleus) umschliesst und in der Peripherie zwischen hyaliner Flüssigkeit zahlreiche Sarkodestränge und ana- stomosirende Sarkodefäden mit Körnchenströmung nach der Innensaite der Haut entsendet, wo dieselben durch feine Netze verbunden sind. Die con- traktile Substanz erstreckt sich auch in den Anhang hinein und nimmt hier ein quergestreiftes Ansehn an. Die Nahrung, aus Diatomaceen bestehend, gelangt durch die Mundöffnung in den centralen Sarcodeleib und auch, von einer grossen Menge contraktiler Substanz umschlossen, in die peripherischen Stränge. Darm und Afteröffnung , welche Huxley beschrieb, scheinen zu fehlen, die Entleerung der verbrauchten Reste erfolgt durch die Mundöffnung, Die 1) E. Ha ecket, Monographie der Moneren. Jenaische Zeitschrift. Bd. IV. 2) Siiriray, Description du Noctiluca miliaris. Guerin, Magazin de Zoologie. 1836. A. de Quatrefages, Observations sur les Noctiluques. Annales de sciences naturelles. B. Ser. Tom. 14. W. Busch, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte einiger wirbellosen Thiere. 1851. Huxley, On the structure of noctiluca miliaris. Quat. Journ. of Microsc. Sciences. Vol. HI. Woodham Webb, On the Noctiluca miliaris. Ebendas. 1855. Brightwell, On Self-Division in Noctiluca. Ebendas. 1857. L. Cien- kowski, Ueber Noctiluca miliaris. Arch. für mikrosk. Anatomie. 1871 und 1872. Claus, Zoologie. 4. Auflage. H 162 Noctilucen. Bedeutung eines dreikantigen der Haut angelagerten Stabes, dessen verdicktes Ende zwei kleine höckerförmige Hautvorsprünge veranlasst, ist nicht klar. Mehrfach wurde die Regeneration der Haut — nach Austritt des gesammten Sarcodeleibes mit dem stabförmigen Körper — beobachtet. Selbst ein kleiner Theil des Protoplasmas einer verstümmelten Noctiluce kann sich zu einem Thiere vervollkommnen. Die Fortpflanzung erfolgt durch Theilung (Brightwell) hauptsächlich im Winter und Frühjahr, wie es scheint unter Betheiligung des Nucleusartigen Körpers. Eine zweite Vermehrungsart geschieht durch innere Keime (Zoosporen). Durch Einziehn oder Abstreifen der Geissei gestaltet sich die Noctiluca in eine glatte Kugel um , in welcher das Staborgan verschwindet. Solche gewissermassen eingekapselte Noctilucen erzeugen nach Cienkowski Zoosporen. Nach dem Schwunde des Nucleus zerfiUlt der Sarcodeinhalt in 2 bis 4 nicht scharf von einander gesonderte Klumpen, denen entsprechend sich die Blasenwand in ebensoviel flügeiförmige Ausstülpungen hervortreibt. Diese bilden zahlreiche Hügel und warzenförmige Erhebungen, die Anlagen der Zoosporen, welche sich tiefer von der Blasenwand abschnüren, während der Noctilucenkörper die Gestalt einer Scheibe gewinnt. Die Hügel und Warzen entstehen also auf Kosten des protoplasmatischen Inhalts der Scheibe , der sich mit der Zoosporenbildung mehr und mehr erschöpft. Die- selben schnüren sich endlich von der Blase ab und werden als kleine Schwärmer mit Nucleus, Stab und cylindrischem Anhang frei — um wahrscheinlich unter noch nicht näher beobachteten Umgestaltungen in die Noctilucenform überzugehn. Auch Gonjugationsvorgänge fmden nach Cienkowski sowohl zwischen normal gebauten als eingekapselten Formen statt. Stets legen sich die beiden Individuen mit den dem Nucleus am nächsten liegenden Theilen zusammen und verschmelzen nach Resorption der Berührungswand und Ver- einigung der Protoplasmamasse nebst Nuclei zu einem Gesammtkörper. Es ist kaum zweifelhaft, dass durch die Gopulation wohl im Zusammenhange mit der beschleunigten Ernährung die Zoosporenbildung begünstigt wird. Auch wird man in derselben wie in der Gopulation der Diatomaceen- und der Volvocinen- zoosporen einen mit der geschlechtlichen Fortpflanzung verwandten Vorgang zu erkennen haben. Die Noctilucen verdanken ihren Namen dem Leuchtvermögen, welches sie allerdings mit zahlreichen höher organisirten Seethieren, insbesondere den zarten hyalinen Quallen , Pyrosomen etc. , theilen. Das Licht geht von der peripheri- schen Protoplasmaschicht aus. Unter geeigneten Bedingungen steigen sie aus der Tiefe an die Oberfläche des Meeres in so ungeheurer Menge empor, dass die Meeroberfläche auf weite Strecken hin eine schleimige Beschaffenheit und einen röthlichen Schein gewinnt, nach Sonnenuntergang aber und vornehmlich schön am Abend bei bedecktem Himmel, die prachtvolle Erscheinung des Meerleuchtens bietet. Die in der Nordsee und im atlantischen Ocean verbreitete bekannteste Art ist N. miliaris. Eine mit Noctiluca verwandte, aber eine besondere Flagellatengruppe begründende Form ist der von R. Hertwig^) in Messina entdeckte und genau 1) Richard Hertwig, Ueber Leptodiscus medusoides. Jenenser naturw. Zeitschr. Tom. XI. 1877. Catallakten. Labyrinthuleen. Gregarineen. 163 beschriebene Leptodiscus mcdusoides. Körper scheibenförmig, von circa 1 Mm. im Durchmesser, im Ruhezustand m'glasförmig gewölbt , medusenähnlich sich fortbewegend. Die liyaline Grundsubstanz, in der sich das Protoplasmanetz mit dem Kern ausbreitet, wird von einer Membran umhüllt, die nur an zwei Punkten unterbrochen ist , an der Basis der Geissei und an der zum Mund führenden Einbuchtung. Der etwas excentrisch gelagerte Kern ist eiförmig und besteht aus einem grössern feinkörnigen und einem kleinen homogenen Abschnitt. Beide Bestandtheile sind durch eine Trennungslinie jedoch nicht membranös geschieden, ganz wie bei Spirocliona unter den hifusorien. Der Mund (Gytostom) ist eine sackförmige Einstülpung, die excentrisch an der Oberfläche der convexen Seite beginnt und an ihrem Ende mit einem flachen Strang homogener Plasmafasern in Verbindung steht. Wahrscheinlich liegt erst am Grund der Einstülpung die wahre Mundöffnung. Die Geissei lagert gleich- falls dorsal wärts, gehört aber der andern Scheibenhälfte an, ist in beständig schlängelnder Bewegung und hat wie die Wimper der Noctiluca auf die Fort- bewegung kaum einen Einfluss. 5. Als Catallakten'^) bezeichnet man die von E. Haeckel entdeckten marinen Flimmerkugeln, welche aus einer Anzahl birnförmiger mit ihren spitzen Enden im Mittelpunkte der Kugel vereinigter Wimperzellen bestehn. Nach Auflösung der Kugel schwimmen die Zellen Infusorien-ähnlich frei umher, fallen dann unter Einziehn der Wimpern zu Boden, um in Form von Amöben umher- zukriechen. Später kapseln sie sich ein, zerfallen durch fortgesetzte Zwei- theilung in ein Aggegrat von Zellen , die wiederum Flimmerhaare gewinnen und die Kapsel durchbrechend als neue Generationen von Wimperkugeln um- herschwimmen. Magosphaera plamda E. Haeck. , Norwegische Küste. 6. Die Labyrinthuleen {Lahyrintliuleae) wurden von Gienkowski^) an Pfählen (Hafen von Odessa) entdeckt und sind Haufen von gekernten Zellen, welche sich durch Theilung vermehren und einen gewissen Grad von Gon- traktilität besitzen. Merkwürdigerweise scheiden sie eine faserige Substanz aus, die zu einem Netze von verästelten Fäden erhärtet. Auf diesem Gerüste gleiten sie wie auf einer Fadenbahn wandernd umher , vereinigen sich von Neuem in Haufen und treten in einen Gystenzustand ein, indem jede Zelle eine harte Hülle erhält , während zugleich alle von einer Rindensubstanz umschlossen werden. Aus jeder Cyste gehn nach längerer Ruhe vier Zellen hervor , die sich wahr- scheinlich wieder in junge Labyrinthuleen verwandeln. Der einseitigen Aus- scheidung und Entwicklung nach scheinen sie mit manchen Palmellaceen am nächsten verwandt {Anthophysa). Labyrinthida vitellina, macrocystis Cnk. 7. Die Greyarinen {Gregarmae ^) ) zind zellähnliche Organismen mit Kern und nackter Haut, welche im Darm und in innem Organen niederer Thiere 1) E. Haeckel, Studien über Moneren und andere Protisten. Leipzig. 1870. 2) L. Cienkowski, Ueber den Bau und die Entwicklung der Labyrinthuleen. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. IIL 1867. 3) Hammerschmidt, Oken's Isis. 1838. A. Frantzius, Observationes quaedam de Gregarinis. Wratislav. 1846. F. Stein, üeber die Natur der Gregarinen. Müllers 11* 164 Gregarinen. parasitisch leben. Der Leib der Gregarinen, welche eine Zeit lang irrthümlich für unentwickelte Eingeweidewürmer gehalten wurden, ist im Allgemeinen wurmförmig gestreckt, aber von sehr einfacher Organisation. Eine zarte, von keinerlei Oeffnungen durchbrochene Hülle bildet die Umgrenzung einer körnigen, zähflüssigen, schwach contraktilen Grundmassc, in welcher ein rundlicher oder ovaler heller Körper, der Kern, eingebettet liegt, hidessen kann Hülle so- wohl als Kern fehlen, was für die Psorospermien bildenden Formen Geltung hat. Die unbestreitbare Aehnlichkeit vieler Gregarinen mit einer einfachen Zelle wird jedoch durch weitere Differenzirungen gestört, indem sich häufig das Vorderende von der Hauptmasse des Leibes, in welcher der Kern liegt, durch eine quere Scheidewand absetzt. Der vordere Körpertheil gewinnt auf diese Art das Aussehen eines Kopfes, zumal sich an ihm hier und da in Form von Widerhaken und Fortsätzen Einrichtungen zum Anheften ausbilden. Mund, Darm und After fehlen, die Ernährung geschieht ensdosmotisch durch die äussere Wandung, während die Bewegung auf ein langsames Fortgleiten des sich schw'ach contrahirenden Körpers beschränkt ist. Schon Lieberkühn hat unterhalb der Guticula mehrerer Gregarinen eine streifige Schicht unterschieden, die einer Muskellage zu vergleichen sein dürfte, und neuerdings hat E. van Beneden eine Lage transversaler Muskelfasern bei der riesigen Gregarine des Hummers nachgewiesen. Der jüngste Bearbeiter der Gregarinen endlicli, Aime Schneider unterscheidet zwischen Guticula und Muskelschicht noch eine amorphe Lage. In der Jugend leben die Gregarinen stets als Einzelwesen, im ausgewachsenen Zustand trifft man sie häufig in zweifacher oder mehrfacher Zahl aneinandergeheftet an. Diese Zustände der Verbindung gehen der Fort- pflanzung voraus und leiten eine Art Gonjugation ein. Die beiden mit der Längsachse hinter einander liegenden hidividuen contrahiren sich, umgeben sich mit einer gemeinsamen Gyste und zerfallen nach einem dem Furchungs- , processe ähnlichen Vorgang in einen Haufen kleiner sporenähnlicher Ballen, welche zu spindelförmigen Körperchen {Pseudonavicellen) werden. Die in der Umgebung der copulirten hidividuen, häufig auch im Umkreis eines einfachen hidividuums ausgeschiedene Gyste wird 7.m- FseadonuoiccUency^te, durch deren Platzen die spindelförmigen Körper nach aussen gelangen. Auch kommt es zuweilen vor, dass jedes der copulirten Individuen vor der Sporenbildung seine eigne Kammer erzeugt, so dass die Cyste zweikainmrig erscheint (Pseudo- conjugation). Nach A i. S ch n e i d er verläuft der Process der Pseudonavicellen- bildung bei Stylorhynchus ohlonyatus in der Art, dass die Sporen an der Ober-^ fläche der sich klüftenden Masse sprossen und zuerst zu kleinen beweglichen Archiv. 1848. Kölliker, Ueber die Gattung Gregarina. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. 1848. A. Schmidt, Abhandl. d. Senkenb. Ges. Bd. I. 1854. N. Lieberkühn, Evolution des Gregarines. Mein, cour d. l'Acad. de Belg. 1855. Derselbe, Beitrag zur Kenntniss der Gregarinen. Archiv für Anat. und Physiologie. 1865. Th. Eimer, Ueber die ei- oder kugelförmigen Psorospermien der Wirbelthiere. Würzburg. 1870. Ed. van Beneden, Recherches sur l'evolution des Gregarines. Bulletin de l'Acad. roy. de Belgiques. 2. Ser. XXXI. 1871. R Lankester, Remarks on the structure of the Gregarinae etc. Quaterl. Journ. mikr.Soc. 1872. Aime Schneider, Contributions ä l'histoire desGregarines iles invertebres de Paris et de Koseoff. Archives de Zool. exjierim. Tom. IV. 1875. Actinocephalus Gregarina. 165 Stäbchen werden. Dann soll jedes Stäbchen mit dem Verlust der Bewegung wieder die Kugellbrm annehmen und endlich eine feste Hülle erhalten. Nach Ausbildung der Sporen umgibt sich der zurückbleibende centrale Inhaltsrest mit einer besondorn Hülle , um durch nachträgliches Wachsthum die Cyste zu sprengen und die Ausstreuung der Sporen zu bewirken, während sich für Gregarina {Clejisidrina) und Gamocystis besondere Sporodukte bilden sollen. Zuweilen scheinen die Sporen in mehrfacher Form aufzutreten, auch als Makro- und Mikrosporen unterschieden werden zu können. Jede Pseudo- navicelle erzeugt aus ihrem Inhalte ein amöbenartig bewegliches Körperchen, wie man schon nach Lieberkühn 's Beobachtungen an Psorospermien des Hechtes zu folgern berechtigt war, obwohl dieser Vorgang nach Schneider nicht für alle Gregarinen Geltung hat. Dieser Körper gestaltet sich jedoch nicht direct in eine kleine Gregarine um, sondern erzeugt, wie E. v. Beneden gezeigt hat, zwei Gregarinen. Unter Verlust der frühern Beweglichkeit treibt derselbe zwei Fortsätze, von denen der grössere und beweglichere sich abschnürt, der kleinere den Best des Mutterkörpers in sich aufnimmt. Beide werden zu fadenförmigen jungen Gregarinen (Pseudofilarien) und erzeugen erst später den Kern. In denjenigen Fällen freilich {Monocystis, Gonosiwra etc.) , in welchen die Sporen sichelförmige Körperchen mit Kern bilden, sollen die amöboiden Zustände ausfallen. Eine grosse Aehnlichkeit mit den Pseudonavicellencysten haben die schon längst als Psorospermien bekannten Gebilde aus der Leber der Kaninchen im Darmschleim und Epithelzellen, aus den Kiemen der Fische und aus den Muskeln mancher Säugethiere etc., ohne dass man über deren Natur vollständig ins Klare gekommen wäre. Ebenso verhält es sich mit den Mischer'schen oder Bainey 'sehen Schläuchen aus den Muskeln z.B. des Schweines, nicht minder erinnern die parasitischen Schläuche von verschiedenen Asseln und Krebsen, welche von Gienkowski ah Amoebiflin))! parasiticnm zu den Pilzen gerechnet werden, durch ihre Fortptlanzungsart an die Gregarinen und deren Cysten. Die wichtigsten Gattungen der Gregarinen sind: Stylorliyuchiis Stein. Körper mit flachei^cheidewand, mit schnabelartigem Fortsatz am Vorderende. Im Jugendzustand fixirt. Die Pseudonavicellencysten werden durch die centrale PseudoCyste gesprengt. Psendonavicellen zu langen Ketten vereint. Leben im Darm der Heteromeren. St. longicoUis Stein, in Blaps. Gregarina L. Duf. {Clepsidrinu Hanmiersch.) Körper mit flacher Scheidewand und warzenförmig einspringendem Knopf am Vorderende. Im Jugendzustand fixirt. (t^. blattarum V. Sieb. Gr. polymorpha Hammersch., im Mehlwurm. Porospora Sehn. Körper sehr langgestreckt, mit Scheidewand, solitär. P. gigantea Ed. v. Ben., im Darm des Hummers. Actinocej)halus Si. Körper mit Scheidewand und langem rüsselförmigen Fortsatz, dessen Ende sich zu einem Hakenkranz verbreitert. A. stclUformis Sehn., inCarabus. Bezüglich der übrigen neuerdings unterschiedenen Gattungen Echinocephalus , Pileocephalus , Dafoiiria, Urospora, Gonospora etc. vergl. Aime Schneider. Als Protozoen iin engern Sinne unterscheiden wir die beiden Glassen der Uhisopoden und Infusorien. 166 I. Classe. Rhizopoda, Wurzelfüsser. I. Classe. Rhizopoda'), Wurzelfüsser. Protozoen ohne äussere JJmhiilluwjshaut, deren Sarcodeparenchym Körnchenbewegungen zeigt und Fortsätze ausstreckt, zmveilen mit pulsirender Vacuole, in der Regel mit ausgeschiedenem KalJcgchäuse oder Kieselgerüst. Die Leibessubstanz dieser Thiere , deren Gehäuse schon seit langer Zeit vor Kenntniss des lebenden Körpers als Foraminiferen oder Folythalamien bezeichnet wurden, ist die Sarcode in freier, durch keine Umgrenzungshaut gebundener Form. Das körnchenreiche auch Pigmenthaltige Parenchym, in rascher oder langsamer Contraktion begriffen, enthält mit Flüssigkeit gefüllte Räume, Vacuolen, und sendet breite und leicht fliessende Fortsätze oder feine haarförmige Fäden zähflüssiger Natur , Pseudopodien , aus , welche sowohl zur Fortbewegung als zur Nahrungsaufnahme dienen. An den zähflüssigen oft zu Netzen vereinigten Pseudopodien werden oft langsame, aber regelmässige Körnchen- Wanderungen von der Basis nach der Spitze und umgekehrt bemerk- lich, Bewegungen, deren Ursache in der Gontraktilität der umgebenden Sarcode- theilchen zu suchen ist. Daneben aber ziehen sich auch kleine knotenförmige Verdickungen der Substanz wellenförmig an den Fäden aufwärts (sogenannte Contra ctions wellen). Uebrigens finden sich zwischen den extremen Pseudo- podienformen alle möglichen Zwischenstufen, so dass auf dieselben kein scharfer zur Eintheilung verwerthbarer Gegensatz bezeichnet wird. Kernartige Gebilde treten besonders bei den Süsswasserformen sehr häufig auf, aber auch bei den marinen Foraminiferen sowohl als Radiolarien sind in neuerer Zeit Kerne in einfacher oder vielfacher Zahl im Protoplasma nachgewiesen worden. Selten finden sich ein oder mehrere contraktile Vacuolen, z. B. bei Difflugia, Actino- phrys, Arcella, Formen, welche durch diese Differenzirungen den Infusorien näher treten, indessen durch den Charakter der Vacuole sjigtematisch als ein- heitliche Gruppe nicht begrenzt werden können. In nur wenigen Fällen , wie bei den Amoehen, bei Protogenes, Protomyxa, Myxastruni, Actinophrys bleibt die Leibesmasse nackt, ohne feste Einlagerungen oder Umkapselungen. Meistens 1) D'Orbigny, A. , Tableau methodique de la classe des Cephalopodes. Annales des Sciences naturelles. 1826. Du.jardin, Observations sur les Rhizopodes. Coniptes rendus. 1835. Ehrenberg, lieber noch jetzt zahlreich lebende Thierarten der Kreide- bildung und den Organismus der Polythalamien. Abhandl. der Akad. zu Berlin. 1839. Max S. Schnitze, üeber den Organismus der Polythalamien. Leipzig. 1854. Derselbe, lieber das Protojjlasma der Rhizopoden und Pflanzenzellen. Leipzig. 1863. Kölliker, Icones histologicae. I. Leipzig. 1865. Reichert, lieber die eontraktile Substanz und ihre Bewegungserscheinungen etc. Monatshefte der Berliner Academie. 1865 und Schriften der K. Academie zu Berlin. 1866. E. Haeckel, lieber den Sarcodekörper der Rhizo- poden. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. 1865. Derselbe, Monographie der Moneren. Jenaischc Zeitschrift. Bd. IV. 1870. R. Hertwig, Zur Histologie der Radiolarien Leipzig. 1875. Derselbe, Bemerkungen zur Organisation und systematischen Stellung der Foraminiferen. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. X, sowie Studien über Rhizopoden. Tom. XL 1. Ordnung. Foraminifera. 167 scheidet die Substanz feste Kalk- und Kieselgebilde ab, entweder als feine Nadein und hohle Stacheln, welche vom Gentrum aus in gesetzmässiger Zahl und Anordnung nach der Peripherie gerichtet sind oder gegitterte, oft Spitzen und Stacheln tragende Behälter {Radiolarien), oder endlich einfache und ge- kammerte Schalen mit fein durchlöcherter Wandung {Foratniniferen) und mit grösseren OeffnungLn. Durch diese letzteren und die zahlreichen Poren der kleinen Gehäuse, welche früher wegen iher Aehnlichkeit mit Nuutüns etc. von D'Orbigny für Ccphulopoden gehalten wurden, treten die zarten Fäden der Sarcode nach aussen hervor; in ihrer Form, Grösse und Zahl ununterbrochen wechselnd, laufen sie theils zu. feineren Fäden aus, theils fliessen sie zu zarten Netzen und Geweben zusammen. Durch langsam kriechende Bewegungen auf festen Gegenständen vermitteln diese als Pseudopodien bekannten Ausläufer die Locomotion , während sie andererseits dadurch , dass sie kleine pflanzliche Organismen wie Bacülurien umfliessen und völlig in sich einschliessen , zur Aufnahme der Nahrungsstoffe dienen. Bei den Gehäuse tragenden Formen erfolgt dieser Vorgang der Aufnahme und Verdauung von Nahrungsstotfen ausserhalb der Schale in den peripherischen Fäden und Sarcodenetzen , indem jede Stelle der Oberfläche in gewissem Sinne vorübergehend als Mund und ebenso wiederum durch den Austritt des aufgenommenen Körpers als After fungiren kann. Die Rhizopoden leben vorwiegend im Meere und tragen durch die An- häufung ihrer Gehäuse nicht unmerklich zur Bildung des Meeressandes und zur Ablagerung selbst mächtiger Schichten bei , wie auch eine Unzahl fossiler Formen aus verschiedenen Formationen bekannt geworden sind. Wir unterscheiden als Ordnungen die Foranüniferen , Heliosoen und Radiolarien. 1. Ordnung: Foraminifera^), Foraminiferen. Rhizopoden ohne Centralhapsel , deren Gehäuse vorwiegend aus Kalk bestehen und von einer grossen Ocffnimg oder von sahireichen feinen Poren zum Austritt der Pseudopodien durchbrochen sind. Die Schale , die freilich auch fehlen kann , besteht in der Regel aus einer an organische Stoße gebundenen Kalkablagerung und ist entweder eine ein- 1) Williamson, On the recent Foraminifei-a of Great Britain. London. Ray Society. 1858. W. B. Carpenter, Introduction to the study of the Foraminifera. London. Ray Society. 1862. Reuss, Entwurf einer systematischen Zusammenstellung der Foraminiferen. Sitzungsber. der Akademie der Wissenschaften in Wien. 1861. St. Wright, On the Reproductive Elements of the Rhizopoda. Ann. of nat. history. 1861. Parker und Jones, On the noraenclature of the Foraminifera. Annais and Mag. of nat. hist. 1858 — 1865. M. Schnitze, Ueber Polytrema miniaceum. Archiv für Natur- geschichte. XXIX. Parker und Jones, On some Foraminifera from the North Atlantic and Arctic Oceans etc. PhiL Transactions roy. Soc. 1866. Brady, The foi'aminifera of tidal rivers. Ann. and mag. of nat. hist. Tom. VI. 1871. R. Hertwig und Lesser, Ueber Rhizopoden und denselben nahe stehende Organismen. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. X. Supplementheft. Fr. E. Schulze, Rhizopodenstudien. I— VI. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. X— XIII. R. Hertwig 1. c. 168 Weichkörper und Schalenbildung. fache, gewöhnlich mit einer grossen Oeffnung versehene Kammer {Monothala- mien) oder aus zahlreichen, durch Einschnürungen erzeugten, nach bestimmten Richtungen aneinander gereihten Kammern zusammengesetzt, deren Uäurae durch feinere Gänge und grössere Oeffnungen der Scheidewände untereinander communiciren {Pohjthalamien). Wichtiger als die systematisch nicht verwend- bare Sonderung der Schale in Kammern ist die Textur und feinere Struktur .der Schale , die entweder porzellanartig opak oder glasartig hyalin erscheint oder auch aus feinen durch organischen Kitt verbundenen Sandpartikelchen oder Spongiennadeln gebildet sein kann. Neben einer grössern Oeffnung, aus welcher der Sarkodeinhalt hervortritt , finden sich häufig zahlreiche feine oder gröbere Poren an der Oberfläche ebenfalls zum Hervortreten von Sarcodetaden, zuweilen aber {Nummulinen) ist die Schalensubstanz von einem complicirten System verzweigter Gänge durchsetzt. Auch die von den einzelnen Kammern umschlossenen Theile des lebendigen Sarcodeleibes stehen durch Ausläufer und Brücken , welche durch die Gänge und grössern Oeffnungen der Septa hin- durchtreten, in unmittelbarem Zusammenhang. Die Beschaffenheit der Leibessubstanz, die Art der Bewegung und Er- nährung schliesst sich eng an die als charakterisch geschilderten Verhältnisse der Rhizopoden an. Der Weichkörper besteht aus indifferenter Sarcode und um- schliesst sehr häufig Fiüssigkeitssammlungen in Form von Vacuolen, seltener wie bei den Süsswasserformen contraktile Vacuolen. Die vom Weichkörper aus- tretenden Pseudopodien zeigen überaus wechselnde Verhältnisse, die alle Ueber- gänge von grossen lappigen Fortsätzen zu zarten netzartig verbundenen Ausläufern oder feinen isolirt bleibenden Strahlen darbieten. Desshalb erscheint die Einthei- lung der altern Autoren nach Vorhandensein oder Mangel pulsirender Vacuolen (Joh. Müller) ebensowenig wie die nach der Beschaffenheit der Pseudopodien (Garpen ter, Lobosa-Eetkularia) scharf durchführbar. Bei den Süsswasser- rhizopoden sind schon seit lange Kerne im Innern der Sarcode nachgewiesen worden, und glaubte man auch auf diese den marinen Foraminiferen gegen- über einen grössern Werth zu legen. Neuerdings ist aber auch dieser ver- meintliche Unterschied — wie zu erwarten war — gefallen. Schon M. Schnitze hatte in Gromlen Kerne nachgewiesen und R. Hertwig zeigt nun, dass bei jungen Milioliden und Rotalinen ein Zellkern , mit dem nachfolgenden Wachs- thum aber eine grössere Zahl derselben auftreten. Ebenso hat F r. E. S c h ulze für Entosolenia und Folystomella als Regel einen grössern Zellkern constatirt und R. Hertwig einen solchen mehr differencirten Kern auch bei der mit einem Alveolenwerk versehenen Glohigerina echinoides {Hastigerina Murrapi W. Thoms) aufgefunden. Ueber die Fortpflanzung sind unsere Kenntnisse bislang unzureichend geblieben. Doch ist es nunmehr kaum zAveifelhaft, dass der Zellkern bei der Fortpflanzung eine Rolle spielt und eine Vermehrung desselben vorausgeht. Gonjugationen und Encystirung (Bildung von Ruhestadien) sind besonders bei Süsswasserformen häufig beobachtet. Für marine Foraminiferen beobachtete St. Wright eine Vermehrung bei Spirilüna vivipara und Max Schnitze bei Miliola und liutalina. Die erstere Gattung erzeugt einkanujierige, die letzlere dreikammerige Junge, welche lebendig geboren werden (nach den Fortpflanzung der Foraminiferen. 169 Untersuchungen Wr iglit's aus Eiern im Innern der Kammern entstehen sollten). Nach Pourtales sollen Glohujcriucn die Nachkommen von Orhnlinen sein, da sehr häufig die Schalen der letzteren eine Globigerina, mit zarten Nadeln an der hineiiseile befestigt, einschliessen. Auch Krohn hat eine ähnliche Beobachtung gemaclit, und M. Schnitze glaubt zu der Deutung berechtigt zu sein, dass OrbuUna nichts anderes als die letzte frei gewordene Kammer von GlohUjcrina sei. Garpenter dagegen vermochte die Auffassung von Pour- tales nicht zu theilen und hält OrbuUna als selbständige Gattung aufreclit. Auch fand Sem per bei einer Nummtdine {vieWa'ichl OvhiioWlcs'i) , dass sich der Inhalt der grossen Randkannuern in ein einkanmiriges Thier verwandelt, um welches sich erst nach dem Austreten neue Kammern in unregelmässiger Spirale anlegen sollen. Trotz der geringen Grösse beanspruchen die Schalen unserer einfachen Organismen eine nicht geringe Bedeutung, indem sie theils im Meeressande in ungeheurer Menge angehäuft liegen (M. Schnitze berechnete ihre Zahl für die Unze Meeressand vom molo di Gaeta auf etwa 1 V2 Millionen), theils in ver- schiedenen Formationen, namentlich in der Kreide und in Tertiärbildungen fossil gefunden werden und ein wesentliches Material zu dem Aufbau der Gesteine geliefert haben. Schon in sehr alten Gesteinen der laurentischen Formation Ganada's tief unterhalb des Silurischen Systems kommen Bildungen vor, die für fossile Foraminiferen gehalten werden und in diesem Falle die ältesten bis jetzt bekannten Reste von Organismen sein würden. Diese als Eosoon canadeuse ^) beschriebenen Differenzirungen sind auch in Deutschland und Schottland gefunden worden, haben jedoch wahrscheinlich mit Organismen nichts zu thun. Kieselige Steinkerne von Polythalamien finden sich sehr zahl- reich in den Silurischen und Devonischen Formationen. Die auffallendsten, durch ihre colossale Grösse vor allen hervorragenden Formen sind die Nuin- muliten in der mächtigen Formation dos Nummulitenkalkes. Ein Grobkalk des Pariser Beckens , welcher als vortrefflicher Baustein benutzt wird , enthält die Trilocidina trigomda {MüioUdenkalk). Wenige Formen leben im süssen Wasser, mehr schon im Brakwasser, an das sich zahlreiche marine Foraminiferen gewöhnt haben. Die meisten Foraminiferen sind marin und bewegen sich kriechend auf dem Meeresgrunde. Indessen werden Globigerinen , Orbulinen und Pulvulinen an der Meeresoberfläche flottirend angetroffen. Auch in sehr bedeutenden Tiefen ist der Meeresboden von einer reichen Rhizopodenfauna bedeckt (Thompson, Garpenter), namentlich von sehr kleinen Formen ver- schiedener Gattungen und insbesondere von Globigerinen. Diese bedingen durch Anhäufung ihrer Schalenreste eine fortdauernde Bildung von Ab- lagerungen, welche eine autfallende Uebereinstimmung mit den altern Kreide- bildungen zeigen. Längere Zeit erregte die nach Grundproben aus der Tiefsee 1) Garpenter, On the structure and affinities of Eozoon canadense. Proced. roy. Soc. 1864. Gegen die Deutung des Eozoon als Reste eines Organismus ist von uiehr- tacher Seit. protei- fonnis Ehrbg. D. acropodia llertw. Less. Manche Arten leben im Brakwasser. 4. Farn. Plagiophryidae. Körper mit spitzen fadenförmigen selbst verästelten Pseudojiodien, mit strukturloser Schale. Plagiophrijs Clap. Lachm. Schale membranartig, wenig biegsam. Kern einfach, contraktile Vacuolen fehlen. PL sacciformis Hertw. Less. Lecythium Hertw. Less. Schale dünn, unbiegsam. Kern einfach. L. hyalinum Hertw. Less. Trinema Dug. Schale fest, nach dem aboralen Pole bauchig erweitert, mit seit- licher Oeifnung. Kern mit Kernkörper und 3 pulsirenden Vacuolen. Tr. acinus l)uj. 5. Fam. Euglyphidae. Sarcodeleib mit spitzen fadenförmigen Pseudojwdien, welche sich verästeln könnnen und fein sculpturirter wie aus hexagonalen Platten ge- bildeter Schale, mit Nueleus und pulsirenden Vacuolen. Eughjpha Duj. Schale flaschenförmig, mit terminaler Oeifnung. E. alveolataDw]. E. (jlohosa Cart. Nahe verwandt ist Cyphoderia Schlumb. G. margaritacea Schlumb. <>. Fam. Pleurophryidae. Sarcodeleib mit spitzen fadenförmigen Pseudopodien, mit ovaler aus Kieselstöckchen zusammengesetzter Schale. Vleurophvys Clap. Lach. PI. sphaerica Clap. Lach. 7. Fam. Diplophryidae. Leib beschalt, mit spitzen fadenförmigen Pseudopodien, mit Kern und kontraktilen Vacuolen. Schale an beiden Enden geöffnet. D. Archer i Bark. Amphitrema Arch. i2. Unterordnung. Reticularia. Vornehmlich marino Rhizopoden mit feinstrahligen , Netze bildenden Pseudopodien und Körnchenströmung, selten nackt {Licberlcülmia) oder mit nur einkammriger Schale (Groinia), meist eine vielkammrige Kalkschale darstellend. Pulsirende Vacuolen fehlen. 1. Imperfonxta. Die Schale entbehrt der feinen Poren , besitzt dagegen an einer Stelle eine grössere einfache oder siebförmige Oeffnung , aus welcher die Pseudopodien hervortreten. L Fam. Gromidae '). Körper mit häutiger chitinartiger Schale. Gromia oviformis Duj. LieherJcühnia Wageneri Clap. Lachm. , Süsswasserform. Körper von einer ganz zarten kaum als Membran nachweisbaren Hülle umgeben, die nur an einer Stelle, da wo die Pseudopodien austreten, unterbrochen ist. Es schliessen sich hier einige ganz hüllenlose Formen an, die mit den Amoebinen nicht direkt vereinigt werden können. Protoyenes primordialis E. Haeck. Sollten die von E. Haeckel als Protomyxa aurari- tiaca und Myxastrum radialis beschriebenen Formen hierhei'gehören, so würde eine an die Monaden anschliessende Vermehrungsweise für die einfachsten Rhizopoden nach- gewiesen sein. Vielleicht könnte man auch das Colonie bildende, an die zusammen- gesetzten Radiolcirien erinnernde Myxudictyoii nodale Haeckel's zu den suhalenlosen Foraminiferen stellen. 1) Vergl. W. Archer, Resume of Rerent Contributions to our Knoledge of fresh- mater Rhizopoda P. I— IV. Quaterl. Journ. of mikrosk. Science. 1876 und 1877. Perforata. 2. Ordnung Heliozoa. 173 2. Farn. Miliolidae. Schale porzellanartig, ein- oder vielkamraerig. Cornuspira M. Seil. Schale flach scheibenförmig , nach Art von Planorbis gewunden , mit grosser OeflFnung am Ende der Wandung. C. planoihis. Milinla M. Seh. (Miliolites Lam.). Schale insofern von Cornuspira abweichend, als jede Windung der Spirale an den zwei entgegengesetzten Enden mehr oder minder ausgezogen und durch eine Einschnürung mit nachfolgender Erweiterung abgetheilt ist. So liegen um eine kuglige Mittelkammer symmetrisch geordnete Seitenkanunern , von denen die letzte am grössten ist und mit einer Oeffnung endet. D'Orbigny unterschied nach der besondern Anordnung der Kammern Uniloculina , Biloculina, TrilocuUna, Quinqueloculiua, Spiroloculina etc. M. cyclostoma M. Seh. Einzelne Brak wasserformen mit dünnerer Schale ja sogar Chitin- artigen Umkleidung, wie Quinqueloculina fuaca. Andere hierher gehörige Gattungen sind: Ntibeailaria , Verlehralina, Peneroplis, Spirulina, Orbiculina, Alveolina, Orbitolites etc. 3. Fam. Lituolidae. Mit Gehäusen, die durch Verkittung fremder Partikelchen mittelst eines organischen Cementes gebildet sind. Trochammina incerfa (Spirillina arenacea Williamson.) Carp. Tr. inflata Brady. Brackwasserform mit Chitinschale. Andere Gattungen sind: Litiiola, Valvulina, sowie die grossen Sandforaminiferen Par- keria Carp, , Loftusia Carp. , Batellina Carp. Einzelne Formen enthalten zugleich Schwammnadeln, wie Sqiiamulina scopulina und varians Gart. 2. Perforata. Die meist kalkige Schale wird von zahlreichen feinen Poren zum Durchtritt der Pseudopodien durchsetzt und enthält liäufig ein ver- wickeltes System enger Ganäle. Pulsirende Vacuolen fehlen stets. 1. Fam. Lagenidae. Gehäuse hartschalig gerippt, mit einer grössern von go^äh- neltem Lippenrande umgebenen Oeffnung. Lagena Williamson. Flaschenförmig mit terminaler Oeffnung. L. vulgaris. Nodosaria D'Orb. Die langgestreckte Schale besteht aus einer Reihe von Segmenten , welche durch Einschnürungen getrennt in linearer Anordnung folgen, ümfasst zusammenhängende Reihen sehr verschiedener als Gattungen gesonderter Endglieder, von denen Cristellaria spiralig aufgerollte Kammern besitzt. N. hispida. (Dentalina, Vaginula, Dimorphina, Lingtilina, Frondicularia, Polymorphina etc.) 2. Faiü. Gllobigerinidae. Mit hyalinen von groben Poren durchsetzten Schalen, mit einfach schlitzförmiger Oeffnung. Einkammerige Formen sind: Orbulina d'Orb., Spirillina Ehrbg. , Ooeolites Lam. Die vielkammrigen werden in 3 Unterfamilien vertheilt. 1. Subf. Globigerinae mit den Gattungen Globigerina d'Orb., Pullenia Park et Jon., Spliaeroidina d'Orb., Carpentcria Gray, letztere mit Kieselnadeln, welche von Carp enter auf Einlagerungen des Sarcodekörpers bezogen werden. 2. Subf, Textularinae mit Textularia d'Orb. , Bulimina d'Orb., Cassidulina u. a. 3. Subf. Rotalinae mit Planorbulina Williamson, Botalia d'Orb,, Calcarina, Patellina, Polytrema u. a. 3. Fam. Nummulinidae. Die grössten und complicirtesten Foraminiferen mit sehr fester Schale und Zwischenskelet, in dem sich ein Caflalsystem verzweigt. Amphislegina d'Orb., OpercuUna d'Oi-b., Polystomella Lam., Nummulina d'Orb. u. a. G. S.Ordnung, Heliozoa^), Soniienthiercheri. Mhüopoden des süssen Wassers, häufig mit pidsirenden Vacuolen, mit einem, seltener mehreren Kernen, zuweilen mit radiärem KieselsJcelet. Offenbar stehen die Heliozoen in naher Beziehung zu den Monothalamien des süssen Wassere und insbesondere zu manchen skeletlosen Formen dieser 1) A. Kölliker, Ueber Actinophrys soL Zeitschr. für wiss. Zool, Tom. I. 1S18. Focke, Ueber schalenlose Radiolaricn des süssen Wassers. Ebendas. Tom. XVlil. 18G8. J74 Organismus der Heliozoen. Rhizopodengruppe, von denen die nackten Actinophryiden niclit scharf zu scheiden sind. Andererseits erinnern die Skeletausscheidungen, die aus radiär angeordneten Kieselstacheln oder Gittergehüusen bestehen, so sehr an die der marinen Radiolarien, dass man die Heliozoen geradezu als Süsswasserradiolarien bezeichnet hat. hidessen fehlen die dort vorhandenen Complikationen in der Differenzirung der Sarkode, und man neigt nach dem Vorgange R. Hertwig's neuerdings zu der Auffassung hin , dass die Kieselausscheidungen des Skelets nur den Werth von analogen Anpassungen beanspruchen können. Die Leibes- substanz entsendet meist von allen Seiten feine Pseudopodienstrahlen , welche auch Anastomosen bilden können und eine wenn auch träge langsame Körnchen- strömung zeigen. Ziemlich allgemein beobachtet man centrale Differenzirungen, die vielleicht Beziehungen zu der Centralkapsel der Radiolarien bieten. Bei Actinosphaerium Eichhornii findet sich eine centrale zahlreiche Kerne ein- schliessende Marksubstanz und eine peripherische Vacuolen - reiche blasige Rindenschicht , welche die Pseudopodien entsendet. Diese aber differenziren sich in eine körnchenreiche Aussenschicht und in einen zähen hyalinen Achsen- faden, welcher bis in die Markmasse hinein zu verfolgen ist und hier spitz endet (Stützen). hl einigen Fällen wie bei Acanthocystis ist das Vorkommen eines radiären, aus zarten Nadeln gebildeten Kieselskelets unzweifelhaft, in andern Fällen sind Gitterkugeln ausgeschieden {Clathrulina, Astrodisculus). Bezüglich der Fortpflanzung wurde die Verschmelzung von zwei oder mehreren hidividuen bei Actbmphrys beobachtet. Umgekehrt kommt Theilung nicht selten vor, zuweilen bei Actinosphaerium unter Gystenbildung, die an die Fortpflanzung der Monaden erinnert. In diesem Falle zieht der Leib die Strahlen zurück und scheidet eine scharf conturirte Hülle aus, in welcher sich die Körper- substanz unter Verlust der alveolären Beschaffenheit gegen das Gentrum ver- dichtet und eine centrale Kugel bildet, die bald in zwei und später in zahlreiche Kugeln zerfällt; dann verschwindet die Hülle mit sammt der peripherischen Schicht und jede Kugel bildet eine fein gefaltete Membran, die später unter dem Einfluss einer beträchtlichen Anschwellung des Inhalts platzt, während die aus- schlüpfende Substanz blasig wird , eine contraktile Vacuole zeigt und Pseudo- podienstrahlen entsendet. Nach Ant. Schneider sollen dieGysten beider Kugeln aus Kieselsubstanz bestehn , die weiche Innenmasse aber eine Anzahl Kerne enthalten , welche später wieder verschwinden. Nur ein grosser solider Kern mit Kernkörperchen ist in jeder Kugel , aus der später nach Zerfall der Gysten- Grenacher, Bemerkungen über Acanthocystis viridis. Ebendas. Tom. XIX. 1868. Der- selbe, üeber Actinophrys sol. Verh. der phys. med. Gesellsch. Würzburg. N. F. Tom. I. 1869. Cienkowski, Ueber Clathrulina. Archiv für mikr. Anat. Tom. III. 1867. Der- selbe, üeber Schwärmerbildung bei Radiolarien. Ebendas. Tom. VII. 1871. R. Greeff, Ueber Radiolarien und Radiolarienartige Rhizopoden des süssen Wassers. Arch. für mikr, Anat. Tom. V. 1869 und Tom. XI. 1875. Ant. Schneider, ZurKenntniss der Radiolarien. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXI. 1871. R. Hertwig und Lesser, Ueber Rhizopoden und denselben nahe stehende Organismen. Ebendas. Tom. X. Supplementband. 1874, ferner Archer 1. c. Fr. E. Schulze, Rhizopodenstudien. I — VI. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. X— XIII. 1874—1877. 3. Ordnung. Radiolaria. . 175 wand ein kleines vielkeiniges Actlnospliaerium hervortritt. Bei Clathridina wurde von Cienkowski ein Vermehrungsakt durch bewegliche Schwärm- zustände nachgewiesen. Zunäclist theilt sich der Sarkodeleib in zwei oder vier Stücke, welche die Kugelform annehmen und innerhalb des Gittergehäuses encystiren. Nach Ablauf einer gewissen Ruhezeit schlüpft der hihalt der Cyste als eiförmiger mit Nucleus versehener Körper aus dem Gitterwerk hervor und schwärmt eine Zeit langsam in grossen Halbkreisen umher. Später nach Ver- lust der Schwärmbeweguiig nimmt derselbe Kugelform an, sendet Pseudopodien aas und scheidet einen Stil zum Festsetzen und ein zartes Gittergehäuse ab. Auch bei andern Heliozoen treten Schwärmer mit zwei Geissein, Nucleus und mehreren Vacuolen auf. 1. Fam. Actinophryidae, Sonnenthierchen. Mit pulsirender Vacuole, Centralbläschen oder einer centralen zahlreiche Kerne einschliessenden Masse, ohne Kieselskelet. Actinophrys Ehrbg. Körijer kuglig, nackt, mit oberflächlicher pulsirender Vacuole, mit centralem Kern. A. sol Ehrbg. Actinosphaerium Stein. Körper kuglig, nackt, mit einer kernhaltige Zellen ein- schliessenden Centralsubstanz und vacuolenreicher blasiger Rindenschicht, welche die Pseudopodien entsendet. A. Eichhormi Ehrbg. 2. Fam. Acanthocystidae. Mit Kieselstacheln und Nadeln. Auch Plättchen und Körnchen kommen vor. Acanthocyfitis Cart. Skelet vorwiegend aus Stacheln, welche mit einem Basal- plättchen versehen sind. In der homogenen Centralsubstanz liegt ein Kern, in der Rindenschicht mehrere pulsirende Vacuolen. A. t^pinifera Greeif. A. turfacea Cart. Heterophrys marina R. Hertw. Less. Eaphidiophrys Arch. Skelet aus tangential gestellten leicht gekrümmten Nadeln gebildet. Rh. elegans Arch. Hyalolampe Greeif. Skelet aus mehreren Lagen locker vereinter, isolirbarer Kiesel- kugeln gebildet. Vacuolen nicht contraktil. H. fenestrata GreefF. Pinacocystis Hertw. Lo.ss. Skelet aus kapselartig zusammengefügten Täfelchen gebildet. P. ruhicunda Hertw. Less., marin. •3. Fam. Clathrulinidae. Körper gestilt. Mit einkammriger gegitterter Kiesel- schale. Clathridina Cienk. Ol. elegans. Astrodisculus Greeff. Hedriocystis Hertw. Less. 3. Ordnung. Radiolaria ^) , Radiolarien. Marine Rhizopoden mit complicirter differencirtem Sarcodeleib, mit Centralkapsel und radiärem Kieselskelet, meist mit gelben Zellen in der extra- liapsiilären Sarcode. Der Sarcodeleib enthält eine häutige Kapsel, Centralkapsel, in welcher eine schleimige feinkörnige Substanz als der centrale Theil der Sarcode {in- trakapsuläre Sarkode) mit Bläschen und Körnchen, ferner Fetttropfen und Oel- kugeln , Eiweisskugeln , seltener Krystalle und Concretionen eingebettet liegen. 1) Th. Huxley, Zoolog. Notes and Observations. 185L Job. Müller, üeber die Thalassicollen , Polycystinen und Acanthometren. Abh. der Berl. Academie. 1858. E.Haeckel, Die Radiolarien. Eine Monographie. Berlin. 1862. Ant. Schneider, Archiv für Anatomie. 1858, ferner: Zur Kenntniss des Baues der Radiolarien. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1867. Wallich, Observations on the ThalassicoUidae. Ann. and Mag. nat. bist. 18G9. R. Hertwig, Zur Histologie der Radiolarien. Leipzig. 187C. 176 , Organismus der Radiolarien. Von besonderer Bedeutung- ist das Auftreten eines grössern Kernes oder zahlreicher kleinerer Kerne im intrakapsulären Weichkörper, dessen Werth für das Leben und die Erhaltung des Organismus schon längst bekannt war. Ein grösserer hoch differcnzirter Kern tritt nach R. Hertwig bei den Thalassicollen und überhaupt bei den Golliden auf und ist identisch mit den dem früher als Binnen- bläschen bezeichneten Gebilde. -Bei den Collozoen und zahlreichen andern Radiolarien {Acanthometrideu , Cyrtiden etc.) finden sich hingegen zahlreiche homogene Kerne vor, während kein Aequivalent des Binnenbläschens nach- weisbar ist. In der die Kapsel umgebenden Sarcode, welche nach allen Seiten in einfache oder verzweigte und anastomosirende Pseudopodien mit Körnchen- bewegung ausstralilt, finden sich gewöhnlich zahlreiche gelbe Zellen, zuweilen auch Pigmenthaufen und in einzelnen Fällen wasserhelle dünne Blasen, Alveolen, letztere meist als peripherische Zone zwischen den ausstrahlenden Pseudopodien eingelagert. Bei manchen Formen ist die Neigung der Pseudopodien zur Anastomosenbildung sehr gross, bei andern gering. Alle Radiolarien besitzen eine Gallertschicht in unmittelbarer Umgebung der Centralkapsel. Die Porosität der meist dünnen Kapselwand, sowie die durch dieselbe vermitteile Wechsel- wirkung der äussern und innern Sarcode, war bereits Schneider und Hae ekel bekannt, welch' letzterer sogar an lebenden Acanthometren die radiären Körnchenstreifen innerhalb der Kapselwand nach den von der Kapselwand aus- strahlenden Pseudopodien verfolgte , ohne freilich das Durchtreten von Form- elementen zuzugestehn. Viele Radiolarien sind colonienbildend und aus zahlreichen Einzelkörpern zusammengesetzt. Bei diesen herrschen die Alveolen in dem gemeinsamen Mutterboden vor , welcher nicht wie bei den rnonozoischen Radiolarien eine einfache Centralkapsel , sondern zahlreiche Kugeln {Nester) in sich birgt. Mur wenige Arten bleiben nackt und ohne teste Einlagerungen , in der Regel steht der Weichkörper mit einem Kieselskelet in Verbindung , welches entweder ganz ausserhalb der Centralkapsel liegt (EdoUthia), oder zum Theil in das Innere derselben hineinragt {Entolithiu). Im einfachsten Falle besteht das Skelet aus kleinen vereinzelten, einfachen oder gezackten Kieselnadeln (spicula)^ die zu- weilen um die Peripherie des Mutterbodens ein feines Schwammwerk zusammen- setzen, z. B. Fhysemaiium ; auf einer höhern Stufe treten stärkere hohle Kiesel- stacheln auf, welche vom Mittelpunkte des Körpers in gesetzmässiger Zahl und Anordnung nach der Peripherie ausstrahlen, z.B. Äcanthometra; zu diesen kann sich ein feines peripherisches Nadelgerüst hinzugesellen, z. B. Änlacantha; in andern Fällen finden sich einfache oder zusammengesetzte Gitternetze und durchbrochene Gehäuse von äusserst mannichfacher Gestalt (Helm, Vogelbauer, Schale etc.) abgelagert , auf deren Peripherie sich wieder Spitzen und Nadeln, selbst äussere concentrische Schalen ähnlicher Form erheben können, z. B Polycystinen. Ueber die Fortpflanzung ist leider bislang nur weniges bekannt geworden. Job. Müller entdeckte »infusorienartige Körper« im Innern einer Centralkapsel einer Acanthometra , ohne jedoch die Weiterentwicklung derselben verfolgen zu können, erst Cienkowski zeigte, dass diese Körper im Innern der Centralkapsel entstehen. Ha ecket wies die Vermehrung durch Theilung bei Bau der Radiolarien. 177 den Polycyttarien nach. Hier führt die Einschnürung und Theilung der Genlral- kapsel zur Bildung von Nestern, und es lösen sich einzelne Nester als selbständige Golonien ab. Auch durch künstliche Theilung kommt eine Vermehrung zu Stande {Collozonm). Wie nunmehr sicher feststeht, bilden sich sowohl bei den Collozoen als Tlialassicollen im Innern der Gentralkapsel Keime , aus denen Schwärmer mit einfacher Geissol und grossem homogenen Kern hervorgehn. Von Bedeutung für diese Art der Fortpflanzung sind die von R. Hertwig in der intrakapsulären Sarkode der Collozoen nachgewiesenen homogenen Kerne (Haeckels wasserhelle Bläschen) , deren Zahl sich vor der Schwärmerbildung durcli Theilung beträchtlich vermehrt und die Grössenzunahme der Gentral- kapsel zur Folge hat. Im Umkreis der in spärlichem Protoplasma dicht neben einander lagernden Kerne entwickeln sich eigenthümliche wetzsteinförmige Krystalle und Fettkörnchen (wahrscheinlich auf Kosten der Oelkugeln), so dass die Gentralkapseln undurchsichtig werden. Die Alveolen der Gallerte ver- schwinden , die gelben Zellen zerfallen in kleine gelbe und farblose Körnchen und die Golonien sinken zu Boden. Sind somit die Bestandtheile der Golonie zum Aufbau der Schwärmer aufgebraucht und die extracapsulären Pseudo- podien eingezogen, so platzen die Gentralkapseln und entleeren ihren aus zahl- losen Schwärmern bestehenden Inhalt. Der Schwärmer stellt einen ovalen vorn etwas zugespitzten Körper dar, mit langer Geissei und einem wetzsteinförmigen Grystall nebst Fettkörnchen. Der vordere homogene Theil des Körpers wird fast ganz von dem einfachen Kern gebildet. Es gibt aber noch eine zweite Schwärmerform ohne wetzsteinförmige Krystalle. Der Bildung dieser geht die Entstehung von Kernhaufen voraus, die sich im Umkreis der Oelkugel zu polyedrischen Körpern abplatten. Nun treten in jedem Theilstück Fettkörnchen auf, wahrscheinlich auf Kosten der schwindenden Oelkugel. Aus jedem der- selben wird ein Schwärmer von bohnenförmiger Gestalt mit grossem Kern, zahlreichen Fettkörnchen und einer langen Geissei. Aber diese Schwärmer treten in doppelter Form als Makro- und Mikrosporen auf. Möglicherweise handelt es sich also um Bildung von geschlechtlichen zu einer Gonjugation bestimmten Keimzellen. Auch üollozoen und Sphaerozoen verhalten sich in gleicher Weise. Es löst sich auch hier der Organismus in eine ganze Brut schwärmender Zellen auf, deren jede auf freilich noch unbekanntem Wege zu einer neuen Polycyttarie sich entwickelt. Bei den üoUidtn, welche wie Thalas- slcolla ein Binnenbläschen, d. h. nach R. Hertwig einen grossen hochdifferen- zirten Kern und oft auch in der Umgebung desselben noch zahlreiche kleine homogene Kerne im Innern der Gentralkapsel haben, sind ebenfalls schon durch Schneider Schwärmer bekannt geworden, deren Bildungsweise und Beziehung zu dem Binnenbläschen noch einer genauem empirisch zu bestätigenden Auf- klärung harrt. Wahrscheinlich stehen die beiden von Hertwig einander gegenüber gestellten Typen der Radiolarien keineswegs in so scharfem Gegen- satz, da das Binnenbläschen als hochdifferenzirter Kern nur eine Fortbildung des ursprünglich in Einzahl vorhandenen homogenen Kerns der Thalassicollen zu sein scheint, daneben aber je nach Umständen aus seiner Kernsubstanz (Binnenkörper) die kleinen einfachen Kerne der Gentralkapsel zu erzeugen im Claus, Zoologie. 4. Auflage. l'J 178 Thalassicüllca. Polycystinea. Stande ist , welche sich bei der Bildung von Schwärmern wie die Kerne der Polycyttarien, Acanthometren etc. verhalten dürften. Nach den neuesten Untersuchungen R. Hertwig's ^) gibt es ausser dem seither ausschliesslich bekannten Typus der Centralkapsel mit gleichmässig an allen Theilen der Oberfläche von Poren durchsetzten Membran noch zwei andere Typen, von denen der eine, für die Gystiden und Acanthodesmiden zutreffend, sich dadurch charakterisirt, dass die Poren der Kapselmembran auf ein begrenztes Feld beschränkt sind , der andere durch eine doppelte Membran der Central- kapsel ausgezeichnet ist, die ausser einer Hauptöffnung an einer warzenförmig vorspringenden Stelle der äussern Membran noch zwei Nebenöffnungen am gegenüberstehenden Pole besitzt. Dieser Typus trifft für alle Formen zu, deren Skelet aus hohlen Nadeln und Stacheln besteht {Aulacantha , Aulosphaera, Coelodendrum). Auch kommen wie bei den Heliozoen Axenfäden, bei einzelnen Disciden eine »Sarcodegeissel« und endlich contraktile Gallertcilien vor. Die Radiolarien sind vornehmlich Meeresbewohner und schwimmen an der Oberfläche der See, vermögen aber auch in die tiefern Wasserschichten zu sinken. Sie sind pelagische Thiere , bevölkern aber nicht, wie Ehrenberg glaubte, die bedeutendsten Tiefen des Meeres. Fossile Radiolarienreste sind durch Ehrenberg in grosser Zahl bekannt geworden, z. B. aus dem Kreidemergel und Polierschiefer von einzelnen Küstenpunkten des Mittelmeeres {CaUaniseUa in Sicilien, Zante und Äegina in Griechenland), besonders aus Gesteinen von Barbados und den Nicobaren, wo die Radiolarien weitausgedehnte Felsbildungen veranlasst haben. Ebenso haben sich Proben von Meeressand, die aus sehr bedeutenden Tiefen stammten, reich an Radiolariengehäusen erwiesen. 1, Unterordnung. ThalassicoUea (GoUiden E. Haeck.). Einzelthiere, deren Skelet fehlt oder aus einzelnen zusammenhangslosen rings um die Gentralkapsel zerstreuten Spicula oder aus einem lockern Geflecht unregelmässig verbundener Nadeln und Stäbe besteht. Niemals setzt sich das Skelet in die Gentralkapsel fort, 1. Farn. ThalassicoUidae. Ohne Skelet. Thalassicolla Huxley. Centralkapsel kuglig, mit Binnenblase und äusserm Alveolenmantel. Th. pelagica Haeck., nucleata Huxley. Thalassolampe E. Haeck. Mutterboden ohne Alveolenzellen. Myxobiachia E. Haeck. Sarcodekörper in armartige Fortsätze verlängert, mit zahlreichen Alveolen in der Umgebung der Centralkapsel. M. rhopalum E. Haeck. 2. Farn. Thalassophaeridae. Das Skelet besteht aus mehreren einzelnen unver- bundenen Spicula, welche die Centralkapsel in tangentialer Richtung umgeben. Phy- sematium Mülleri Schneider. Thalassosphaera morum E. Haeck. 3. Fam. Anlacanthidae. Die Stücke des Skelets umgeben theils in tangentialei', theils in radialer Lagerung die Centralkapsel. Aulacantha scolymantha E. Haeck. 4. Fam. Acanthodesmidae. Skelet ein Geflecht unregelmässig verbundener Nadeln. Acanthodesmia , Placiacantha, Lithocircus etc. 2. Unterordnung. Polycystinea. Das Skelet bildet eine sehr vergchieden gestaltete Gitterschale, die häufig durch longitudinale oder quere Einschnürungen 1) Sitzungsberichte der Jen. Gesellschaft für Medicin und Naturw. Mai. 1878, Acanthometrae. 179 in mehrere Glieder zerfällt und eine Längsachse mit Apicalpol und Basalpol besitzt {(Ji/rtiden Haeck.). Oft sind mehrere sphäroide Schalen eingeschachtelt und durch radiale Stäbe verbunden {Ethmosphaeriden Haeck.), oder es tragen starke radiale Hohlstacheln ein System tangentialer Netzbalken anstatt des Gittergehäuses (Aidosphaerida). 1. Fam. Cyrtidae. Gittergehänse mit Längsachse, Scheitelpol und Mündungspol. Die Centralkapsel ist im obern Theile der Schale eingeschlossen und gegen den unteren in mehrere Lappen gesp.alten. Die zahlreichen Gattungen , nach den Unterfarailien der Monocyrtiden , Zygocyrtiden , Dicyrtiden, Stichocyrtiden , Polycyrtiden gruppirt, bilden — die Zygocyrtiden ausgeschlossen — Ehrenbergs Folycystina solitaria. Litharach- nium. Mit gabelförmiger Gitterschale und radialen Rippen ohne Gliederung. L. tento- rium E. Haeck. Lithocampe. Gittorschale mehrgliederig , ohne Gipfelstachel , mit ein- facher aber nicht übergitterter Basalmündung. L. australis Ehrbg. Eiicyrtidhim. Die mehrgliedrige Gitterschale ohne Anhänge an den Seiten und an der nicht übergitterten Mündung, aber mit einfachem Gipfelstachel. E. galea E. Haeck. 2. Fam. Ethmosphaeridae. Skelet aus einer oder mehreren kugligen und durch Radialstäbe verbundenen Gittorschale gebildet, von denen die innerste die schwebend getragene Centralkapsel umschliesst. Beide Pole verhalten sich, wenn überhaupt eine Centralaxe angedeutet ist, völlig gleich. Etlimoiiphaera, Heliosphaera, Arachnosphaera etc. 3. Farn. Aulosphaeridae. Skelet aus radialen Stacheln und tangentialen zu einem System von Netzbalken verbundenen Röhren gebildet, mit schwebender kugliger Centi'al- kapsel. Aulosphaera elegantissima E. Haeck. 3. Unterordnung. Acanthometrae. Das Skelet besteht aus radialen nach bestimmten Gesetzen angeordneten Stacheln , welche die Centralkapsel durch- bohren und in deren Innern sich vereinigen , häufig auch noch durch Fortsätze eine äussere Gitterschale bilden. Durch diese letzten Bildungen wird es un- möglich, zwischen Äcanthometren und Fohjcystincn eine scharfe Grenze zu ziehn, wie je auch eine Anzahl von Familien {Biseiden, Sponyuriden, Oninia- tiden) zu den Polycystinen (P. composita Ehren b er g) bezogen wurde. L Fam. Acanthometridae. Ohne Gitterschale. Die extrakapsulären gelben Zellen fehlen. Die zahlreichen Gattungen vertheilen sich auf die Unterfamilien der Acantho- stauriden, Astrolithiden , Litholophiden , Acanthochiasmiden. Äcanthometra Mülleri, compressa etc. Xiphacantha , Astrolithium, Litholophus , Acanthochiastna u. a. Hier schliessen sich die Familien der Coelodendriden, Qladococciden und Diplo- coniden an. 2. Fam. Ommatidae. Das Skelet wie bei den Ethmosphaeriden, aber die Central- kapsel von radialen Stäben durchbohrt, welche von der innern Gitterschale aus centri- petal verlaufen. Die zahlreichen Gattungen vertheilen sich auf die Unterfamilien der Dorataspiden, Haliommatiden und Actinommatiden. Dorataspis E. Haeck. Skelet aus zwanzig radialen Stacheln zusammengesetzt, welche gitterförmige und verästelte Quei'fortsätze bilden und sich untereinander zu einer durch bleibende Nähte in zwanzig Stücke getrennten extrakapsulären Gitterschale verbinden. Diese Gattung verbindet die Poly- cystinen mit den Acanthometriden. D. costata E. Haeck. Haliommaüdium J. Müll. Skelet wie bei Dorataspis , jedoch ist die Schale ohne Nähte vollkommen geschlossen. H. Mülleri E. Haeck. Haliomma, Tetrapyle u. a. 3. Fam. Sponguridae. Skelet ganz oder theilweise schwammig, aus einem ge- häuften Aggregat lockerer Fächer oder unvollkommener Kauimern gebildet, Central- kapsel von dem schwammigen Skelete durchzogen. Die zahlreichen Gattungen vertheilen sich auf die Unterfamilien der Spongosphaeriden, Spongodisciden und Spongocycliden. 12* 180 II. Classe. Infusoria. 4. Farn. Biscida. Das Skelet stellt eine flache oder linsenförmige Scheibe dar, aus zwei durchlöcherten Platten gebildet, zwischen denen mehrere concentrische Ringe oder die Windungen eines Spiralbalkens verlaufen. Die letztern werden dvirch radiale Balken geschnitten, so dass regelmässige cyclisch oder spiralig geordnete Reihen von Kammern entstehen, welche zum Theil die scheibenförmige Centralkapsel durchsetzen. Die zahlreichen Gattungen vertheilen sich auf die Unterfamilien der Coccodisciden, Trematodisciden , Discospiriden. TAthocyclia ocellus Ehrbg. , Trematodiscus orbiculatus E. Haeck. , Hymeniastrum , Stylodictya, Discospira u. a. G. Hier schliesst sich die Familie der Litheliden an. 4. Unterordnung. Polycyttaria , Meerqualstern. Pvadiolarien mit zahl- reichen Centralkapseln , sog. Nestern , oft von ansehnlicher Grösse , bald ohne Skelet (6'o/Zo^oe«) » bald mit spärlichem Netzwerk von l>iaide\n (Sphaero^oen), bald mit Gitterkugeln in der Umgebung der Centralkapseln {Collosphacrideii). Die Haut der Centralkapsel sehr zart und biegsam. Die Meerqualstern erscheinen als Gallertklumpen von kugliger, stabförmiger oder kranzförmiger Gestalt. 1. Farn. Sphaerozoidae. Skelet fehlt [Collozoum) oder besteht aus einzelnen zu- sammenhangslosen um die Centralkapsel zerstreuten Spicula {Sphaerozoum). Collozoum inerme E. Haeck. Sphaerozoum spinulosum und punetatum Joh. Müller. 2. Farn. Collosphaeridae. Skelet aus einfachen Gitterkugeln gebildet, von denen jede eine Centralkapsel umgibt. Collosphaera Uuxleyi, Siphonosphaera tuhulosa Joh. Müller. II. Classe. Infusoria'), Infusorien, Infusionsthierchen. Protozoen von hestimmterer Form^ meist mit einer äusseren, von Cilien, Borsten, Griffeln üherkleideten Körjjerhaut, mit Mund- und Afteröffmwg, mit pulsirender Vacuole und einem oder mehreren Kernen (Nuclei) nebst Ersatz- kern (Nucleolus). Die Infusorien wurden gegen Ende des 17. Jahrhunderts von A. von Leeuwenhoek, welcher sich zur Untersuchung kleinerer Organismen des Vergrösserungsglases bediente, in einem Gefässe mit stehendem Wasser entdeckt. 1) 0. Fr. Müller, Animalcula infusoria. 1786. Ehrenberg, Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Berlin. 1838. Dujardin, histoire naturelle des Infusoires. Paris. 1841. Fr. Stein, Die Infusionsthierchen auf ihre Entwicklung untersucht. Leipzig. 1854. N. Lieberkühn, Beiträge zur Anatomie der Infusorien. Müller 's Archiv. 1856. Lachmann, Ueber die Organisation der Infusorien, insbesondere der Vorticellinen. Müller's Archiv. 1856. Fr. Stein, Der Organismus der Infusionsthiere. Leipzig. I. Abth. 1859. II. Abth. 1867. Balbiani, Note sur rexistfjnce d'une generation sexuelle chez les Infusoires. Journ. de la Phys. Tom. I. Derselbe, Etudes sur la reproduction des Protozoaires. Journ. de la Phys. Tom. III. Derselbe, Recherches sur les phenomenes sexuels des Infusoires. Ebendas. Tom. IV. 1861. Derselbe, Observations sur le Didinium nasutum Stein Archives de zooL exp. Tom. II, 1873. Claparede und Lachmann, Etudes sur les infusoires et les rhizopodes. 2 vol. Geneve. 1858 — 1861. W. Engelmann, Zur Naturgeschichte der Infusorien. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. 1862. Derselbe, Lieber Entwicklung und Fortpflanzung der Infusorien. Morphol. Jahrb. Tom. I. 1875. F. Cohn, Neue Infusorien und Seeaquarien. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. Bd. XVI. 1866. Schwalbe, Ueber die contraktilen Behälter der Infusorien. Ebendas. Historisches. 181 Ihr Name kam aber weit später im Laufe des vorigen Jahrhunderts durch Leder müller und Wrisberg in Gebrauch, ursprünglich zur Bezeichnung aller kleinen, nur mit Hülfe des Mikroskopes erkennbaren Thierchen, welche in Aufgüssen und stehenden Flüssigkeiten leben. In späterer Zeit erwarb sich dann ein grosses Verdienst um die Kenntniss der Infusorien der dänische Natur- forscher 0. Fr. Müller, welcher sowohl ihre Gonjugation als Fortpflanzung durch Theilung und Sprossung beobachtete und die erste systematische Bear- beitung ausführte. Freilich fasste auch 0. Fr. Müller unter seinen Infusorien ein viel grösseres Gebiet von Formen zusammen, als wir heut zu Tage, indem er alle rückenmarklosen, der gegliederten Bewegungsorgane entbehrenden Wasserthierchen von mikroskopischer Grösse, die Anguilluliden, Rotiferen, Ger- carien und zahlreiche Pflanzen, in diese Thiergruppe stellte. Erst mit Ehren- berg's umfassenden und classischen Untersuchungen beginnt für die Kenntniss der Infusorien eine neue Epoche. Das Hauptwerk dieses Forschers »Die Infusionsihicrchen als vollkommene Organismen«, ein Muster von Arbeitskraft und Flelss, deckte einen kaum geahnten Reichthum von Organismen auf, welche in allen Einzelnheiten ihres Baues unter der stärksten Vergrösserung beobachtet und abgebildet wurden. Noch jetzt sind eine nicht geringe Zahl der Ehr enberg'schen Abbildungen mustergültig und kaum von andern späteren Darstellungen übertroffen, allein die Deutung der beobachteten Verhältnisse hat durch die Untersuchungen zahlreicher jüngerer Forscher wesentliche Berichti- gungen und Umgestaltungen erfahren. Auch Ehrenberg fasste das Gebiet der Infusorien in viel zu grosser Ausdehnung fast im Sinne und Umfange 0. Fr. Müll er 's auf und zog nicht nur die einfachsten und niedersten Pflanzen, wie Monadinen, Diatomaceen, Desmidiaceen, Volcocinen etc. als Folygastrica anentera heran, sondern auch die viel höher und complicirter organisirten liotiferen, die wir jetzt zu den Würmern oder Arthropoden stellen. Indem er die Organisation dieser letzteren zur Basis seiner Deutungen wählte , wurde er bei dem Principe , überall eine gleich vollendete Organisation nachzuweisen, durch unglückliche Analogien im Einzelnen zu zahlreichen Irrthümern verleitet. Ehren berg schrieb den Infusorien Mund und After, Magen und Darm, Hoden, Samenblase und Ovarien, Nieren, Sinnesorgane und ein Gefässsystem zu, ohne A. Wrzesnio wski, Ein Beitrag zur Anatomie der Infusorien. Archiv für mikrosk. Anatomie. Bd. V. 1869. Derselbe, Ueber Infusorien aus der Umgebung von Warschau. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. XX. 1870. Derselbe, Beiträge zur Natur- geschichte der Infusorien. Ebendas. Tom. XXIX. 1877. R. Greeff, Untersuchung über den Bau und die Naturgeschichte der Vorticellinen. Archiv für Naturgesch. 1870 — 1871. E. Haeckel, Zur Morphologie der Infusorien. Jen. Zeitschrift. Tom. VII. 1873. R. Hertwig, Beiträge zur Kenntniss der Acineten. Morphol. Jahrb. Tom. I. 1875. Derselbe, Ueber den Bau und die Entwicklung von Spirochona gemmipara. Jen. Zeitschr. Tom. XI. H. Simroth, Zur Kenntniss des Bewegungsapparates der Infusorien. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XII. 1875. 0. Bütschli, Ueber die Gonjugation der Infusorien. Aus den »Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge der Eizelle, die Zelltheilung und die Gonjugation der Infusorien«. Frankfurt. 1876. Derselbe, Ueber die Entstehung des Schwärmsprösslings der Podophrya quadripartita. Naumburg. 1876. Derselbe, Ueber den Dendrocometes paradoxus etc. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. Tom. XXVIII. 1877. 182 Cilien und Saugröhrchen als Hautbekleidung, für die Natur dieser Organe zuverlässige Beweise geben zu können. Gar bald machte sich denn auch ein Rückschlag in der Auffassung des Infusorienbaues geltend, indem sowohl der Entdecker der Sarcode des Rhizopodenleibes, Dujardin, als v. Siebold und Kölliker, letztere mit Rücksicht auf den sog. Nucleus und Niicleolus, für den Körper der Infusorien die Structur der ein- fachen Zelle behaupteten. Durch die späteren umfassenden Arbeiten von Stein, Glaparede, Lachmann und Balbiani sind wir allerdings von dem Vorhandensein mannigfaltiger Differenzirungen überzeugt worden, die sich aber sämmtlich auf Sonderungen innerhalb des Organismus einer Zelle zurück- führen lassen, so dass nunmehr die von Siebold zuerst versuchte Auffassung histologisch durchgeführt und bewiesen erscheint. Dazu kommt die von 0. Bütschli dargelegte Uebereinstimmung in der Fortpflanzung. Die äussere Körperumgrenzung stellt meist eine glashelle zarte Membran, eine Cuticula, dar, deren Oberfläche mit schwingenden und beweglichen Anhängen mancherlei Art in regelmässiger Anordnung bekleidet wird. In- dessen kann dieselbe auch durch eine zähere Grenzschicht der Sarcode ver- treten sein. Die Wimpern sitzen indessen der Cuticula nur scheinbar auf und gehören überall der Leibessubstanz selbst an (Kölliker). Auch Stein kam durch die Beobachtung einer förmlichen Häutung bei den Opercularien zu der Ueberzeugung, dass die Cilien Fortsätze des contractilen Aussenparenchyms sind. Je nach der verschiedenen Stärke der äussern Hülle , die zuweilen überhaupt nicht als gesonderte Membran nachweisbar ist, sowie nach dem verschiedenen Verhalten des peripherischen Parenchyms erhallen wir metabolische, form- beständige und gepanzerte Formen, von denen die ersteren mannichfache Form- veränderungen ihres Körpers, Verlängerungen und Zusammenziehungen bis zur Kugelform zeigen. Die häufigsten der lokomotiven Cuticularanhänge sind zarte Wimpern und Cilien , die oft in dichten Reihen die gesammte Oberfläche bedecken und derselben das Ansehen einer zarten Streifung verleihen. Gewöhnlich werden die Wimpern in der Nähe des Mundes stärker und gruppiren sich hier zu einem Saume grösserer Haare, zu einer adoralen Wimperzone, welche beim Schwimmen eine Strudelung erregt und die zur Nalirung dienenden Stoffe in die Mund- öffnung hinleitet. Eine noch höhere Entfaltung erlangen die Strudelorgane bei festsitzenden Infusorien, z. B. Glockenthierchen , deren Oberfläche einer gleich- massigen Bewimperung entbehrt und bald ganz nackt ist, bald ein zartes äusseres Gehäuse zum Schutze abscheidet. Hier sitzen ein oder mehrere spiralig geordnete Züge ansehnlicher Cilien am Rande einer deckelartig erhobenen ein- stülpbaren Klappe, auf welche nach dem Munde zu ein unterer Wimpersaum folgt. Bei den frei schwimmenden Infusorien kommen oft zu den zarten Cilien und Wimperzonen noch dickere Haare und steife Borsten , spitze Griffel und gekrümmte Haken hinzu , die gewissermassen als Gliedmassen zum Kriechen und Anklammern , Rudern , Schwimmen und Tasten verwendet werden und wie es scheint vom Willen des Thieres abhängig sind. Viele Formen entbehren der freien Bewegung und sind am hintern Ende oder auf besonderen Stielen an fremden Gegenständen festgeheftet, vermögen sich aber zeitweise zu lösen und frei umherzuschwärmen. Exoplasma. Endoplasma. 183 Bei den parasitisch lebenden festsitzenden Infusorien (Acinetinen) erheben sich an der Oberfläche gestilte Saugröhrchen von überaus grosser Gontractilität, welche nicht immer eine als Fortsetzung der Guticula zu deutende Hülle (mit Faltungen bei den Bewegungen) zu besitzen scheinen, sondern zuweilen durch Struktur und Beweglichkeit an die Pseudopodien der Rhizopoden erinnern. In der That sind neuerdings durch R. Hertwig an Podophrya förmliche Greif- pseudopodien neben den Saugröhrchen entdeckt worden. Die Art und Weise der Hautbekleidung und der Anordnung der Wimpern und Borsten an der Oberfläche ist systematisch von grosser Bedeutung und von Stein sehr glücklich zur Bezeichnung und Gharakterisirung der natürlichen Abtheilungen als Uolotricha, Heterotricha, Hypotricha und Peritricha benutzt worden. Bei den ei-steren wird der Körper gleichmässig von Wimpern bedeckt, welche in Längsreihen angeordnet, kürzer als der Körper sind. Zuweilen finden sich zwar in der Nähe des Mundes längere Wimpern, niemals aber eine wahre adorale Wimperzone. Die heterotrichen Infusorien charakterisiren sich eben- falls durch eine gleichmässige, in Längsreihen angeordnete feine Bewimperung, besitzen aber eine adorale Zone von Borsten oder griffeiförmigen Wimpern. Die hypotrichen Formen sind dagegen nur partiell bewimpert. Ihre Rücken- seite ist nackt, die Bauchseite dagegen, auf der sie sich bewegen, bewimpert oder mit zerstreuten, aber bestimmt angeordneten Borsten und Griffeln besetzt. Die peritrichen Infusorien endlich besitzen einen drehrunden, grösstentheils nackten Leib, an welchem meist langhaarige oder borstenförmige Wimpern eine Spiralzone zur Mundöffnung oder einen queren ringförmigen Gürtel zu- sammensetzen. Dazu kommen noch • als fünfte Gruppe die parasitischen Acinetinen mit ihren geknöpften Saugstilchen und tentakelförmigen Saugröhren. Die Nahrungsaufnahme erfolgt selten auf endosmotischem Wege durch die gesammte Körperbedeckung, wie z. B. bei den parasitischen Opalinen. Saugend ernähren sich die Acineten, welche beim Mangel einer Mundötfnung keine festen Körper in sich aufnehmen können , dagegen mittelst ihrer contractilen Haft- stilchen und Saugröhren fremde Organismen festhalten und aussaugen. Bei weitem die meisten Infusorien besitzen eine Mundöffnung {Cytostom) , meist in der Nähe des vordem Poles , und eine zweite als After fungirende Oeffnung, welche während des Austrittes der Faeces an einer bestimmten Körperstelle als Schlitz erkennbar wird. Das von der Haut umgrenzte Körperparenchym zerfällt in eine körnige zähflüssige Rindenschicht, Exoplasma, und in das flüssigere hellere Endoplasma (nach Gl aparede. Lachmann und Greeff Ghymusgefüllter Leibesraum), in welches von der Mundöffnung aus häufig eine zarte , seltener durch feste Stäbchen {Ckilodon, Nassula) gestützte Speiseröhre hineinragt. Auf diesem Wege gelangen die Nahrungsstoffe, im Schlünde zu Speiseballen zusammen- gedrängt, in das Innenparenchym , um unter dem Einflüsse der Gontractilität des Leibes* in langsamen Rotationen umherbewegt, verdaut und endlich in ihren festen unbrauchbaren Ueberresten durch die Afteröffnung ausgeworfen zu werden. Ein von besonderen Wandungen umschlossener Darmcanal existirt ebensowenig, wie die zahlreichen Magen, welche Ehrenberg durch die Nahrungs- ballen getäuscht, seinen ^Infusoria polygastrica« zuschrieb. Da wo ein Darm- 184 Muskelstreifen. Contractile Vacuole. canal beschrieben worden ist , bat man es mit eigentbümlicben Strängen und Trabekeln des Innenparenchyms zu thun , welche in ihren Lücken helle , mit Flüssigkeit erfüllte Räume umschliessen. Das festere zähflüssige Aussenparenchym , das übrigens ohne Grenze in das Innenparenchym übergeht, haben wir vorzugsweise als die bewegende und empfindende Grundlage des Leibes anzusehen, in welcher auch zuweilen muskel- ähnliche Streifen auftreten, die man geradezu Muskeln nennen kann. Streifen wurden schon von Ehrenberg bei vielen ringsum mit Wimpern bekleideten Infusorien beobachtet und als Muskeln gedeutet, welche die über ihnen stehenden Wimperreihen in Bewegung setzen sollten. Bestimmter haben 0. Schmidt und Lieb erkühn gewisse Körperstreifen der Stentoren u. a. Infusorien für contractile Muskelfasern erklärt , in deren Richtung die Körpercontractionen erfolgen. Insbesondere wurde von 0. Schmidt hervorgehoben, dass diese den Muskelfasern analogen Streifen aus einer homogenen hellen Grundsubstanz bestehen, in welche viele winzig kleine Körnchen und Pigmente eingebettet liegen. Neuerdings wies KöUiker sogar eine Querstreifung an den Sarcode- streifen nach, die auch Stein bestätigen zu können glaubte. Den eingehenden Untersuchungen des letzgenannten Forschers haben wir manche Detailangaben über den Verlauf der Streifenzüge und über die Verbreitung ihres Vorkommens bei den Infusorien zu verdanken. Sehen wir von dem Stilmuskel der Vorticellen ab, der schon vonLeydig in dieser Weise aufgefasst wurde , so kommen Muskelstreifen vornehmlich bei den Holotrichen und Heterotrichen, dann aber auch an der Bauchfläche weniger Hypotrichen {C/ilamydodonten , Ervili'men) und selbst bei einigen Peritrichen vor. Bei vielen Arten wie bei Frorodon verlaufen sie in gerader Richlung durch die Länge des Körpers; bei den Stentoren, die zur nähern Untersuchung der Streifen vorzüglich geeignet sind , verbreitern sich dieselben nach dem er- weiterten Körperende zu, während sie an dem entgegengesetzten Ende sich zuspitzen und theilweise unter einander verschmelzen. Hier kommt aber, wie bei Clitnacostotnum, noch ein zweites System von Streifen hinzu, welche als Peristomst reifen in ihrem Verlaufe dem Peristom folgen und gegen den Mund hin convergiren. In schiefer Richtung zu der Körperachse verlaufen die Muskel- streifen bei Spirostomum, indem sie einen Theil einer weitausgezogenen links- gewundenen Spirale beschreiben. Stein hat sowohl hier als bei den Stentoren die dunkeln Körnchen-reichen erhabenen Streifen für Muskeln ausgegeben, während nach früheren Beobachtungen Lieb erkühn 's die hellen bandartigen Zwischenstreifen jener die contractilen Fasern sind. Diese neuerdings von Greeff und W. Engelmann vertheidigte Auffassung scheint die richtige zu sein, wie neuerdings auch Simroth dargethan hat. Was demgemäss Kölliker und Stein für quergestreifte Muskelsubstanz gehalten , wird als fein gefaltete Cuticula gedeutet. Auch für die Streifen der Vorticellinen ( V. microstoma), welche den Eindruck einer Querringelung machen, glaubte Stein die deutliche Anordnung einer ganz flachen Spirale erkannt zu haben. Indessen handelt es sich hier wahrscheinlich nur um Guticularstreifen, während dagegen, wie Greeff mit Recht hervorhebt, Längsmuskeln im hintern Körpertheile der Vorticellinen auftreten. Dieselben hat bereits Ehrenberg als Bündel kurzer Fasern Nucleus und Nucleolus. 185 beschrieben, die dann Lach mann als trichterförmige Faserschicht präcisirte. Neuerdings hat W. Engel mann auch in dem Stilmuskel die fibrilläre Struclur nachgewiesen, welche sich in jene Muskelfasern des Körpers fortsetzt, die im Wesentlichen mit den zwischen den körnigen Längsstreifen der Heterotrichen auftretenden, bei Stentor isolirbaren Fibrillen auch in der Doppelbrechung übereinstimmen (Engelmann, Wrzesniowski). Selten wird das Aussen- parenchym der Sitz kleiner stäbchenförmiger Körper, z. B. Faramcwcien, Bur- saria leucas, Nassula, welche von Stein für Tastkörperchen gehalten wurden, obwohl sie bei Zusatz concentrirter Essigsäure als lange Fäden hervorschiessen. Mit grösserem Rechte stellt man dieselben, mit 0. Schmidt, AUman, Glaparede und Lachmann, Kölliker u. a., den Nesselorganen der Tur- bellarien an die Seite. Als eine weitere Differenzirung der Rindenschicht erweisen sich die coti- tradilen Vacuolen, Bildungen, welche in einfacher oder mehrfacher Zahl an ganz bestimmten Stellen des Körpers auftreten. Es sind helle , mit Flüssigkeit gefüllte, meist runde Räume, die sich rhythmisch zusammenziehen und ver- schwinden, allmälig aber wieder sichtbar werden und zur ursprünglichen Grösse anwachsen. Eine besondere Wandung kann für dieselben gewiss nicht in Anspruch genommen werden, zumal da z. B. Trachelius lamella, Bursaria cordifortnis nach v. Siebolds Entdeckung, welche von Stein für zahlreiche andere Fälle bestätigt wurde, bei der Systole mehrere kleine peripherische Räume rosettenförmig zum Vorschein kommen , die bei der Diastole wieder zu dem contractilen Behälter zusammenfliessen (wie bei Anioeha terricola). Wahr- scheinlich ist eine besondere Beschaffenheit der den Behälter umgrenzenden Sarcodeschicht für die bestimmte Lokalisirung desselben massgebend und die Zusammenziehung der scheinbaren Blase durch die Gontraktion des umgebenden Parenchyms bedingt. Nicht selten stehen die pulsirenden Vacuolen mit einer oder mehreren getässartigen Lacunen in Verbindung, welche während der Contraction der Vacuole deutlich anschwellen. So findet sich ein schlauch- förmiger Canal bei Spirostomum Ophryd'ium, kürzere Ausläufer kommen bei anderen Vorticellinen vor. Strahlig angeordnet sind die Ausläufer bei Para- maecium Aurelia. Die canalartigen Ausläufer der contractilen Blase haben eine doppelte Bedeutung, indem sie entweder zuführende oder abführende Canäle darstellen. Ueber die Funktion der pulsirenden Räume herrscht keineswegs volle Klarheit. Während dieselben von Glaparede und Lachmann für Analoga von Gefässen mit Ernährungsflüssigkeit ausgegeben werden, entsprechen sie nach Stein dem Wassergefässsystem der Rotiferen, Turbellarieti und sind Excretionsorgane, welche die Producte des Stoffwechsels nach aussen befördern. Die letztere, vielleicht natürlichere Auffassung wird vornehmlich durch die Thatsache unterstützt, dass die contractilen Vacuolen durch eine feine Oeö'nung (heller Fleck) der Oberfläche ausmünden. Zenker will sogar aus der Oeffnung der Vacuole Körnchen haben austreten sehen , womit die Natur als Excretions- organ nahezu bewiesen wäre. Auch die als Nudel und Nudeoli unterschiedenen Gebilde finden ihre Lage im Exoplasma des Infusorienleibes, dem Endoplasma zugekehrt. Der Nudeus, in früherer Zeit dem Kerne der einfachen Zelle verglichen, ist ein ein- 186 Ungescblechtliche Fortpflanzung. facher oder mehrfacher Protoplasmakörper von sehr verschiedener Form und bestimmter Lage. In einzelnen Fällen rund oder oval, in andern Fällen lang- gestreckt , hufeisenförmig oder bandförmig ausgezogen und in eine Reihe von Abschnitten eingeschnürt, enthält derselbe eine feinkörnige zähe, von einer zarten Membran umgrenzte Substanz, welche nach der irrthümlichen Ansicht von St ein und Balbiani Eier oder Keimkugeln aus sich erzeugen sollte. Der JSucleolus, der übrigens noch nicht bei allen Infusorien nachgewiesen worden ist, wechselt ebenfalls nach Form, Lage und Zahl bei den einzelnen Arten mannigfach. Stets ist derselbe weit kleiner als der Nucleus, in der Regel länglich und glänzend und dem Nucleus dicht angelagert oder gar in eine Gavität desselben eingesenkt. Mehrere Infusorienforscher haben den Nucleolus für die Samendrüse ausgegeben und die Ansicht vertreten , dass derselbe unter bestimmten Bedingungen an- schwelle, einen granulirten Inhalt gewinne und aus demselben längliche spindel- förmige Fäden, die männlichen, den Samenfäden entsprechenden Zeugungsstoffe hervorbringe. In der That zeigt der Nucleolus unter bestimmten Bedingungen solche Veränderungen, welche den Veränderungen des Zellenkernes vor der Zell- theilung entsprechen, während sich die Deutung der in dem Nucleolus und auch in dem Nacleus beobachteten Gebilde als Spermatozoiden als unrichtig heraus- gestellt hat. Joh. Müller, welcher zuerst lockenförmig gekräuselte Fäden im vergrösserten Nucleus von Faramaecium Aurelia beobachtete und von ähnlichen Funden L a c h m a n n 's und Glaparede's {Nucleus von Chilodon cucullus), sowie von der Beobachtung Lieberkühn 's über das Vorkommen von Fäden im Nucleolus von Golpoda Kenntnisse hatte, äusserte sich sehr zurückhaltend über ihre Natur; dagegen w^ar es zuerst Balbiani, welcher den Nucleolus von Faramaecium bursaria mit Rücksicht auf seinen Inhalt als Samenkapsel betrachtete, und Stein schloss sich dieser Ansicht von der Bedeutung des Nucleolus als des zur Entwicklung von Spermatozoen bestimmten Organes auf Grund seiner eingehenden Untersuchungen an. Indessen schon das gelegent- liche Vorkommen von parasitischen Vibrioniden in Infusorien musste a priori gegen diese Deutung sprechen , zumal Balbiani selbst sowohl die im Nucleus von F. Aurelia beobachteten Fäden als die später zu erwähnenden Bäusche lockenförmig gekräuselter Fäden , welche ebenfalls im Innern von F. Aurelia auftreten, für Vibrioniden ausgab. Dazu kam noch , dass es niemals gelungen war, im Nucleolus eine zellige Structur nachzuweisen , die doch bei der Be- deutung der Samenfäden als kleine einstrahlige Wimperzellen für den Beweis als Hoden unerlässlich ist. Um zum richtigen Verständniss der Natur des Nucleus und des Nucleolus sowie der beide Gebilde betreffenden Veränderungen zu gelangen , musste die Entdeckung der eigenthümlichen den Kern der Zelle betreffenden Vorgänge bei der Zelltheilung vorausgehn, und es ist das wesent- liche Verdienst Bütschli's, an der Hand jener Entdeckungen die merkwür- digen so vielfach verkannten Erscheinungen zuerst riclitig beurtheilt und ver- standen zu haben. Die Fortpflanzung der Infusorien erfolgt zum grossen Theile auf un- geschlechtlichem Wege durch Theilung. Bleiben die neu erzeugten Organismen untereinander und mit dem Mutterthier in Verbindung , so entstehen Golonien von Infusorien, z. B. die Stöckchen von Eplstylis und Carchesium. Am häufigsten Fortpflanzung nach vorausgegangener Conjugation. 187 ist die Theilung eine Quertheilung (rechtwinklig zur Längsachse) , wie bei den Oxytr ichinen, Stentoren etc. und erfolgt nach ganz bestimmten Gesetzen unter Neubildung der Wimpern nach vorausgegangener Verschmelzung und Theilung der Nuclei. Minder häufig geschieht die Theilung in der Längsachse , wie bei den Vorticellinen , Tricliodinen und Ophrydinen. Oft geht der ungeschlechtlichen Fortpflanzung eine Einkapselung voraus, welche für die Erhaltung der Infusorien bei Eintrocknung in Folge von Ver- dunstung des umgebenden Wassers von grosser Bedeutung ist. Das Thier contrahirt seinen Körper zu einer kugligen Masse, zieht Wimpern und Cilien ein und scheidet eine anfangs weiche , dann erhärtende Cyste aus , in welcher der lebendige Inhalt , gewissermassen als Keim , auch in feuchter Luft über- dauert. In der Regel wird die Encystirung von nachfolgender Theilung begleitet. Der Inhalt zerfällt in eine Anzahl von Theilstücken , welche zu je einem Indi- viduum werden und beim Platzen der Cyste ins Freie gelangen. Umgekehrt kann der Theilung eine Encystirung folgen , wie bei dem losgelösten und um- herschwimmenden zweiten Individuum der Vorticella nebulifera. Daneben aber erzeugen manche Infusorien wie die Acinetinen Schwärmsprösslinge, welche die Wandung des Mutterthieres durchbrechen, umherschwärmen und sich dann als kleine Acinetinen festsetzen. Auch manche Vorticellinen , wie bei Epistylis plicatilis zuerst von Lachmann und Glapared e beobachtet wurde, bilden unter Betheiligung von Theilstücken des Nucleus Schwärmer , die nach Stein nur nach vorausgegangener Conjugation zweier Individuen unter Vor- gängen entstehen sollten, welche von diesem Forscher auf geschlechtliche Fortpflanzung bezogen werden. Während man längere Zeit mit Stein ^) annahm, dass die Acineünen- schwärmer aus der Substanz des Nucleus ausschliesslich hervorgingen, hat W. Engelmann zuerst für eine Anzahl Acineten gezeigt , dass sich auch das Protoplasma des Mutterthieres an der Bildung des Schwärmers wesentlich betheiligt, und neuerdings haben R. Hertwig und Bütschli diesen für die Auffassung der Infusorien als Zellen wichtige Entstehungsweise für Fodophrya gemmipara ausser Zweifel gestellt. Bütschli aber gelang es, die genaueren Vorgänge der Schwärmerbildung darzuthun, indem er zeigte, dass in den selbst- ständig angelegten protoplasmatischen Keim des Schwärmers ein kolbiger Fortsatz des in seiner Struktur veränderten , von feinsten Fäden durchsetzten Nucleus hineinwächst und dann sich abtrennt, bis endlich der mit mehreren Wimperreifen umgürtete Schwärmer den Mutterkörper durchbricht. Was nun die geschlechtliche Fortpflanzung anbetrifft , so haben die als irrthümlich erwiesenen Darstellungen Balbiani's und Stein's immerhin noch ein historisches Interesse und mögen daher kurz erwähnt werden. Nach Balbiani wird dieselbe durch eine Conjugation zweier Individuen eingeleitet. Diese legen sich zur Zeit der geschlechtlichen Reife mit ihren Mundflächen fest aneinander und verwachsen sogar zum Theil unter Resorption bestimmter 1) Stein hatte selbst schon früher ähnliche Beobachtungen an Aeinetenarten und Fodophrya fixa gemacht, ohne jedoch die Bedeutung derselben mit Rücksicht auf jenen Gegensatz zu würdigen. 188 Ansichten Balbiani's und Stein's. Körpertheile. Während dieses früher allgemein für Längstheilung gehaltenen Conjugationsaktes, der mehrere Tage dauert, erleiden die Nuclei und Nucleoli beträchtliche Veränderungen. Vor der Trennung der conjugirten Individuen sollen die aus den Nucleolis hervorgegangenen Samenballen gegenseitig aus- getauscht werden, wahrscheinlich durch Oeflfnungen besonderer Geschlechts- wege, die neben der Mundöffnung nach aussen führen. Der Austausch wurde allerdings von Balbiani in keinem Falle direkt beobachtet, sondern nur aus dem Umstände erschlossen, dass die Samendrüsen bald nach der Begattung voll- ständig schwinden. Aus dem vergrösserten Ovarium entstehen durch Theil- stücke eine grössere oder geringere Anzahl Eier, welche in einer nicht näher bekannten Weise befruchtet und abgelegt werden. Lid essen war auch die Eierlage von Balbiani nicht direkt beobachtet worden. Derselben sollte dann der Schwund des Ovariums folgen , während nicht nur an die Stelle der geschwundenen Nucleoli, sondern auch der Nuclei Neubildungen und zwar als feinkörnige, mit bläschenförmigen Kernen versehene Körper auftreten sollten, durch welche die einfache Zellnatur der beiderlei Geschlechtsorgane bewiesen würde. Auch Stein, welcher den Ansichten Balbiani's in wesentlichen Stücken widerspricht, hielt die seitlichen Vereinigungen {Sy^pgie»), in denen er früher Längstheilungen zu erkennen glaubte, für Conjugation zum Zwecke geschlecht- licher Entwicklung , keineswegs jedoch für eine gegenseitige Begattung. Die- selbe habe vielmehr gleich der Gopulation niederer Pflanzen die Aufgabe, die bis dahin unthätigen Fortpflanzungsorgane zur völligen Entwicklung und Reife ihrer Produkte zu führen. Erst nach erfolgter Trennung der copulirten hidi- viduen soll die völlige Reife der Samenfäden eintreten ; es sollen sich auch die beiden Individuen gesondert, jedes durch Eintritt der in ihm erzeugten Samen- fäden in den eigenen Nucleus befruchten. Wenn dann nach erfolgter Trennung die Ovarien vergrössert und befruchtet sind, sondern sich aus ihnen Keini- Tiugeln, welche wiederum durch Abschnürung und Theilung die Embryotml- hugeln erzeugen. Erst diese bringen durch Abgliederung unter Betheiligung des Kernes der Kugel die Embryonen hervor. Gegenüber der von Balbiani behaupteten Eierlage, lässt Stein die Embryonen meist im Innern des Mutter- thieres sich entwickeln und lebendig geboren werden. Dieselben enthalten einen Kern und eine pulsirende Vacuole und tragen auf ihrer Oberfläche AVimpern und zuweilen geknöpfte Saugröhrchen. In dieser Weise ausgestattet, treten sie durch die Geburtsöffnung aus dem mütterlichen Körper aus, schwärmen eine Zeitlang freischwimmend umher, setzen sich fest, verlieren die Wimpern und werden zu kleinen AcinetenoxW^Qn Organismen, welche sich wiederum durch Schwärmsprösslinge ungeschlechtlich vermehren können. Nach Stein sind demnach die kleinen Acineten ') Entwicklungszustände auch 1) Schon früher wurden von Stein u. a. die Acineten als Entwicklungszustände zu den Vorticellen gezogen, ohne dass es freilich gelungen wäre, die Umwandlung der encystirten Vorticellinen zu Acineten und das Auswachsen der Acineten-Schwärm- sprösslinge in Vorticellinen nachzuweisen. Seitdem durch die Beobachtungen Claparedes, Lachmann's u. a. festgestellt wurde, dass die Schwärmsprösslinge der Acinetinen wiederum zu Acinetinen werden, fiel die Acinetinentheorie in der ursprünglichen Fassung. Formen der Conjugation. 189 der frei schwimmenden Infusorien und überhaupt nicht selbständige Lebens- formen, hidessen sind die acinetenartigen Embryonen, wie dies zuerst B a 1 b i a n i für die Paramaecien , StylGhychia mytilus und Urostyla grandis behauptete, nichts anders, als von aussen eingedrungene parasitische Lifusorien, Ent- wicklungszustände der Acinetengattung Sphaerophrya. Mets chnikow hat für Paramaecium Aiirelia direct nachgewiesen, dass die für Embryonen ge- haltenen Schwärmer bald nach ihrem Austritt in andere Paramaecien ein- dringen und zu den als Sphaerophrya beschriebenen acinetenartigen Parasiten werden, welche den Inhalt der Vorticellen und Stylonychien aussaugen und während des Ernährungsprocesses sich durch dichotomische Theilung ver- mehren. Die nähern Verhältnisse der geschlechtlichen Fortpflanzung , wie sie in Stein's umfangreichen Publicationen beschrieben worden sind, bedürfen, da sich eine völlig veränderte Deutung Bahn gebrochen hat, keiner eingehenden Darstellung. Bezüglich der Conjugation verdient jedoch hervorgehoben zu werden , dass diese in überaus mannigfachen Lagen zur Affsführung kommt. Während die Paramaecien , Euploieen, Stentoren, Spirostomeen ihre Bauch- flächen einander zuwenden , conjugiren sich die Infusorien mit endständiger Mundötfnung an ihren vordem Körperenden, also terminal unter dem Anschein der Quertheilung {Enchelys, Halteria, Coleps etc.). Viele mit plattem Körper und seitlichem Mund, wie die Oxytrichinen, Aspidiscinen, Chilodonten, gehen eine laterale Gopulation ein, bei der die Mundöffnung frei bleibt. Auch bei den Vorticellinen, Ophrydinen und Trichodinen kommt eine laterale Gopulation vor , zuweilen zwischen ungleich grossen Individuen , die den Anschein der Knospenbildung bietet (knospenförmige Conjugation). Die Acinetinen con- jugiren sich mit den verschiedensten Punkten ihrer Oberfläche. Die Con- jugation selbst besteht nicht, wie Balbiani glaubte, in einer blossen Anein- anderlagerung zweier Individuen und Verbindung derselben durch einen Kleb- stoff, sondern in einer wahren Verschmelzung unter Vorgängen der Resorption und Neubildung. Falls die Verschmelzung nicht zu weit vorschreitet, trennen sich die Individuen wieder, da aber, wo (bei den Oxytrichinen) eine wahre Fusion der Körper zu Stande kommt, werden im -»Rahmen der Syzygie« zwei neue Individuen angelegt. Es bilden sich dann in jedem freien Schenkel unter Resorption der alten Bewimperung die Griffel und adorale Wimperzone eines neuen Individuums, welches sich auf Kosten der Substanz der Syzygie ver- grössert und schliesslich selbständig wird. Waren die Individuen in der ganzen Länge verwachsen (2. Form der Conjugation bei den Oxytrichinen , die nach Engelmann nicht mit geschlechtlicher Fortpflanzung in Beziehung steht), so erhält sich das Peristom des linken Individuums , und die Neubildung erfolgt in etwas abweichender Weise. Endlich gibt es Copulationsformen bei den Stylonychien und Vorticellen, bei denen die vollständig verschmolzenen Thiere niemals wieder zur Lösung kommen. Die Vorticellinen, deren Conjugation zuerst von Claparede und Lach- mann bei Vorticella microstoma, auch Epistylis hrevipes und Carchesium polypinum beobachtet worden war, beginnen in der Mitte der sich berührenden Seitenwandung zu verwachsen. Wenn die Verschmelzung bis zum hintern 190 Bedeutung der Conjugation. Ende fortgerückt ist, so bildet sich um dieses in ähnlicher Weise, \vie bei dem einfachen Thiere, welches sich zur Lösung anschickt, ein hinterer Wimper- kranz, mittelst dessen sich die inzwischen auch nach vorn verwachsenen Körper von ihren beiden Stilen trennen, um das hintere Ende beständig vorankehrend wie ein einfaches Thier im Wasser umherzuschwimmen. Weit häufiger aber ist für die VorticcUinen . Ophrydinen {Vaginicola, Lagenophrys) und Tricho- dinen eine andere Copulationsweise , welche bisher für Knospung gehalten wurde. Bei dieser Form sucht ein kleineres durch schnell nacheinander wieder- holte Theilungsakte entstandenes Individuum {Mikrogonidie) ein grösseres auf, setzt sich an dieses mit seinem hintern Ende an und fliesst mehr und mehr mit der Substanz des Trägers zusammen. Hier wie in vielen andern Fällen beschränken sich aber die Fortpflanzungsvorgänge auf Umgestaltung und gegenseitige Einwirkung der Substanz des Plasmaleibes und der Nuclei, ein Verhältniss, welches im vollkommenen Widerspruch zu der (auf die Bedeutung des Nucleolus als Zoospermienbildner gegründeten) Theorie der geschlecht- lichen Fortpflanzutig stand und demgemäss von vornherein diese Theorie als höchst bedenklich erscheinen lassen musste. Denn bei der Gopulation der Vorticellen wiederholten offenbar die kleinen und grossen Individuen das Ver- hältniss von Mikrogonidien und Makrogonidien, indem der gesammte Organis- mus die Rolle einer männlichen und weiblichen Sexualzelle spielte. Dazu Team, dass es in keinem einzigen Falle gelungen tvar, das iveitere Schicksal der schtcärmenden Embryonen, ihre Metamorphose und Umbildung zur ver- meintlich elterlichen Form zu verfolgen. Der Nachweis dieser Metamorphose musste aber zum Beweise für die Natur der Schwärmer als Sprösslinge ver- langt werden, und auch dann, wenn derselbe gegeben, würde die Auffassung von der geschlechtlichen Erzeugung der Embryonen mehr durch den voraus- gegangenen Gonjugationsprocess als auf Grund der sehr unwahrscheinlichen Befruchtung des Nucleus durch die fadenförmigen Produkte des Nucleolus gestützt worden sein. Und dies war der Grund, wesshalb einzelne Forscher wie Lieberkühn und Claus ^) schon seit Jahren, bevor die Aufklärung des Sachverhaltes durch Bütschli's Untersuchungen vorlag, sich gegen Balbiani's und Stein 's Deutung des Nucleolus als Hoden entscliieden aussprachen. Wollten wir bei dem vorliegenden Stande der Erfahrungen die Vorstellung einer geschlechtlichen Fortpflanzung der Infusorien aufrecht erhalten, so musste dieselbe ausschliesslich auf den Copidationsakt zweier Individuen nach Analogie der Conjugation niederer Pflanzen begründet werden , zumal sowohl manche Stäbchengebilde der Nucleoli als Vibrioniden, Avie die schwärmenden Embryonen der Paramaecien etc. als parasitische Acineten erkannt waren. Unklar aber blieb die Beurtheilung der regelmässigen Veränderungen , die im Zusammen- hange mit der Conjugation der Nucleus und Nucleolus erfahren sollten; diese 1) Wenn Bütschli dein Verf. der Grundzüge vorhält, derselbe habe die Lehre von Balbiani und Stein in der 3ten Auflage des Lehrbuchs (1874) verworfen, ohne Bütschli's Arbeit (Einiges über Infusorien. 1873) zu gedenken, so übersieht er, dass schon in der 2ten Auflage (1871) genau dieselbe Begründung gegen jene Lehre zu lesen ist. (Vergl. pag. 129;. Veränderungen nach eingetretener Conjugation. 191 in das gehörige Licht gestellt zu haben , ist das Verdienst der neuesten um- fassenden Studien Bütschli's über die Conjugation der Infusorien, durch welche erst der Beweis geführt wurde, dass der Nucleus ebenso wie der Nucleolus der Infusorien den Werth eines Zellkernes besitzt und dass die nach der Conjugation sich an denselben vollziehenden Umgestaltungen — soweit sie nicht von parasitischen Vibrioniden und eingedrungenen Acinetenschwärmern bedingt sind — die jüngst entdeckten den Theilungsprocess der Zelle ein- leitenden Veränderungen echter Zellkerne wiederholen. Unzweifelhaft wird durch den Conjugationsact zweier Individuen eine Form der Fortpflanzung ein- geleitet, und es ist der Nachweis interessant, dass schon von Leeuwe nhoek Ende des 17. Jahrhunderts die Vorgänge der Conjugation beobachtet und im Sinne einer Art Begattung gedeutet wurden. Als man später die so verbreitete Theilung der Infusorien erkannte, siegte die Ansicht, welche jene Zustände der Vereinigung für Theilung ausgab, immerhin hielten einzelne Beobachter wie O. Fr. Müller das Vorkommen der Conjugation aufrecht. Auch unter den Jüngern Infusorienforschern von Ehrenberg an blieb jene Auffassung die herrschende, bis Balbiani die Längstheilungszustände der Paramaecien zuerst auf Conjugationsvorgänge zurückführte und durch die bestätigenden und erweiternden Untersuchungen von W. Engelmann und Stein die all- gemeine Verbreitung der Conjugation zur Geltung gelangte. Wahrscheinlich besteht ein cyclischer Wechsel zwischen Conjugation und Theilungsvorgängen, der Art, dass im Leben der Art der Eintritt der Conjugation eine Epoche ab- schliesst, in welcher die Vermehrung ausschliesslich durch Theilung zu Stande kam (Balbiani, Büt seh li). In der That zeichnen sich die zur Conjugation schreitenden Individuen meist durch auffallende Kleinheit aus, um nach der Trennung zu beträchtlicher Grösse heranzuwachsen und dann die Vermehrung durch Theilung zu beginnen. Bezüglich der Veränderungen, welche an dem Nucleus nach dem Eintritt der Conjugation zu beobachten sind, hat zuerst Balbiani gezeigt, dass sich bei den Oxytrichinen der doppelte (durch einen zarten Verbindungsstrang zu- sammengehaltene) Nucleus in jedem Individuum zu einem einzigen zusammen- zieht, wie sich auch die langgestreckten oder rosenkranzförmigen Nuclei anderer Infusorien zu einem rundlichen Körper concentriren. Bütschli weist nun nach, dass fast allgemein die Substanz des Nucleus vor seiner weitern Theilung eine feinfasrige Struktur gewinnt, in ähnlicher Weise wie die Substanz echter Zellkerne bei der Theilung feinfasrig wird (wie auch bei der Bildung des Schwärmers von Podophrya der sich abschnürende Nucleus eine verworren feinfasrige Struktur darbietet). Aehnlich ändert sich jeder Nucleolus bei den Oxytrichinen und Para- maecien, wie Balbiani entdeckte, indem er sich zunächst wie bei der gewöhnlichen Vermehrung durch Quertheilung vergrössert, ein streifiges Aus- sehn gewinnt und dann nahezu gleichzeitig mit dem Nucleus theilt. Im Besondern aber zeigt das Verhalten der sich somit als Kerne erweisenden Nuclei und Nucleoli während und nach der Conjugation zahlreiche, nach den Gattungen und Arten wechselnde Eigenthümlichkeiten, aus denen hervorgeht, 192 Bütschli's Beobachtungen an Puramaecium und Stylouychia. dass dem Nucleus die Bedeutung als primärer oder HanptJccrn, dem Nucleolus die als Ersat^Jcern zukommt. Bei Puramaecium Bursaria, deren Copulationsdauer auf 24 — 28 Stunden geschätzt wird, verändert sich nach Bütschli der Nucleus nur in soweit, als seine Substanz nach Verlust früherer Einschlüsse eine mehr gleich- massige feinkörnige BeschatTenheit gewinnt, nach aufgehobener Gonjugation jedoch keine Klüftung (beziehungsweise Ei- oder Keimkugelbildung) erfährt. Bedeutungsvoller sind die Umgestaltungen des Nucleolus, der unter Aus- bildung einer zarten Faserung der Substanz in vier (bei P. Aurelia und putrinum in acht) ovale Nucleoluskapseln zerfallt. Die aus der Gonjugation hervorgehenden hidividuen enthalten ausser dem kaum veränderten Nucleus vier feingestreifte gleich grosse Nucleoluskapseln ; von diesen aber verlieren zwei ihre längliche Gestalt und werden zu lichten runden Körpern , während die beiden andern unter merklicher Verkleinerung homogen und dunkel werden und endlich verschwinden. Dagegen wachsen die lichten Körper bedeutend bis zu zwei Drittel der Grösse des Nucleus, dessen Ausselm sie annehmen. Später verdichtet und verkleinert sich auch einer dieser Nucleus-ähnlichen Körper und wird etwa 10 bis 12 Tage nach aufgehobener Gonjugation zu einem gewöhnlichen Nucleolus. Dann sind noch der alte unveränderte und der neugebildete Nucleus vorhanden , die später jedoch wahrscheinlich ver- schmelzen (wenn nicht vielleicht doch der alte Nucleus aufgelöst wird), sodass das normale Verhalten wieder hergestellt ist. Bei P. Änrelia und putriimm theilt sich der Nucleolus nach der Gonjugation in vier , dann (bei P. Aurelia erst nach Aufhebung der Syzygie) in acht streifige Kapseln, während der Nucleus nach vorausgegangener Verzweigung in eine bedeutende Zahl von Bruchstücken zerfällt, wie bereits früher Balbiani beschrieben hat. Nach Trennung der Individuen werden vier Nucleoluskapseln zu kleinen sich rück- bildenden Kugeln, die vier andern dagegen werden gleichmässig körnig und dann zu vier grossen lichten Kugeln (die vermeintlichen Eier Balbiani's und Kolli ker 's), in denen bei Wassereinwirkung eine centrale Vacuole auftritt. Zw'ci derselben gewinnen eine länglich-spindelförmige Gestalt und längsstreifige Beschaffenheit und werden zu Nucleoli. Nunmehr theilen sich die Individuen, so dass jeder der Theilsprösslinge einen Nucleolus, einen der lichten nunmehr zum Nucleus gewordenen Körper, zwei der rückgebildeten Theilstücke des Nucleolus und die Bruchstücke des alten Nucleus enthält. Ob die letztern mit dem neugebildeten Nucleus verschmelzen oder ausgestossen werden, wurde nicht sicher festgestellt. Unter den von Bütschli verfolgten Gopulationsvorgängen anderer In- fusorien verdienen die der Stylonychien besonders hervorgehoben zu werden. Bei St. mytilus bestehen nach der Gonjugation — und es wurde hier diejenige Gonjugationsform ins Auge gefasst, bei welcher die beiden in gleicher Stellung zusammentretenden Thiere mit den vordem Partieen des entgegengesetzten Seitenrandes verschmelzen — die ersten Veränderungen der beiden durch einen zarten Strang verbundenen Kerne darin, dass die Substanz derselben eine längsfasrig körnige Struktur annimmt. Die Nuclei gewinnen gleichzeitig eine gestrecklere Form, schnüren sich in der Mitte ein und theilen sich, so Veränderungen des Nuclens und Nucleolus in Folge der Conjugation. 193 dass nunmehr vier Nucleusstücke vorhanden sind. Die Niideoli vergrössern sich auf Kosten der Dichtigkeit ihrer Masse und vertausclien ihr früher homogenes Aussehn mit einem schwach granulirten, unter deuthcher Abhebung einer Hülle. Alsdann nimmt ihre Substanz die feinfasrige Struktur an, die Körper werden zu hellen feinstreifigen Kugeln , die sich ganz nach Art der Kernspindel zu theilen scheinen. So entstehen Syzygien mit vierkapseligen Indi- viduen. Gegen Ende der Conjugation aber zeigen die vier Kapseln, welche meist in einer Reihe hinter einander liegen, eine merkwürdige Verschiedenheit. Die zweithinterste wird lichter und feingranulirt , zwei andere verdichten sich zu kleinen dunkeln Kugeln, nur die vorderste bleibt anfangs unverändert , nimmt später jedoch auch eine dunkelkörnige Beschaffenheit an. Nun verdichten sich auch die vier Nucleusstücke und werden zu homogenen Kugeln. Nach Aufliebung der Conjugation folgt die Ausstossung der letztern (der vermeint- lichen Eier Balbiani's). Von den Nucleoluskapscln wird wahrscheinlich die vorderste mit ausgestossen , der grosse lichte Körper ist zum Nucleus ge- worden , während die beiden kleinen Kapseln die Nucleoli des nunmehr mit einem Mund versehenen hidividuum repräsentiren. Aus diesen im Einzelnen vielfach variirenden auch bei den Vorticellinen ähnlich sich wiederholenden Vorgängen ergibt sich , dass die Conjugation zur Regeneration des Zellkernes in (Nucleus) nothwendiger Beziehung steht, dass der Nucleolus die Bedeutung eines Ersatzkernes besitzt , aus dessen Substanz sich die Regeneration vollzieht, dass endlieh die Theile des alten Nucleus ähnlich wie die sog. Richtungskörperchen des Eies ausgestossen werden. Dem Befruchtungsvorgang am nächsten steht offenbar die sog. knospen- förmige Conjugation der Vorticellinen, bei der ein kleines nach wiederholter Theilung entstandenes hidividuum sich loslöst, frei umherschwärmt, sich dann an ein grösseres ansetzt und mit demselben verschmilzt. Bei Carches'iuin polypimun bilden sich nach Balbiani und Bütschli aus dem Nucleolus des kleinen hidividuums zwei Kernspindeln (Samenkapseln Balbiani's), während der Nucleus beider hidividuen in Bruchstücke zerfällt , die ausgestossen werden. Aus jenen entstehen dann eine grosse Zahl kugliger Körper (vermeintliche Eier), deren Zahl in Folge wiederholter Theilung der hidividuen immer kleiner wird, während dagegen ihre Grösse bedeutend zunimmt. Scliliesslich nehmen die nur noch in einfacher Zahl vorhandenen Körper die Beschaffenheit des Nucleus an, und es wird neben ihnen ein Nucleolus nachweisbar, über dessen Entstehung jedoch nichts sicheres ermittelt wurde. Auch das Schicksal der sich in Folge wiederholter Theilung mehr und mehr vermindernden Nucleus- bruchstücke ist unbekannt. Selten kommt auch bei Vorticellen eine Conjugation gleichgrosser hidividuen vor ( Vortkella hehulifera). Wahrscheinlich folgt auch hier eine vollkommene Verschmelzung beider hidividuen , wie sie von W. Engel mann auch an Stylonychien beobachtet worden ist. Erst nach den wichtigen Beobachtungen Bütschli's, durch welche die irrthümliche Auffassung des Nucleus als Ovarium endgültig beseitigt wurde, war es möglich, dem Organismus des Infusoriutns der Zellenlehre geyovüher die richtige Beutung su gehen. War man in neuerer Zeit von der Gestaltung des Claus, Zoologie. 4. Auflage. 13 194 Lebensweise der Infusorien. jugendlichen Infusorienkörpers (Schwärmsprössling) ausgehend, zu der Ansicht gelangt, dass der hifasorienleib auf eine complicirt difi'erenzirte Zelle zurück- zuführen sei , so musste andererseits die Vorstellung von der Bedeutung des Nucleus als Fortpflanzungsorgan der befriedigenden Lösung ein unüberwind- liches Hinderniss bereiten. Vollkommen richtig war der schon seit Decennien ^) zur Deutung der Infusorien verwerthete Gesichtspunkt gewesen, der es ermöglichte, die mannich- DilTerenzirungen des Protoplasma als mit Leben der Zelle vereinbar zu er- klären. Dass wir ein peripherisches Parenchym von einem centralen flüssigen unterscheiden, widerspricht dem Begriffe der Zelle ebensowenig als die Wimper- bekleidung der Membran und der Besitz einfacher Oeffnungen. Die Bildungen, welche man als Schlund und Afterdarm bezeichnet, lassen sich den im Innern mancher Zellen ausgeschiedenen Röhren und Ausführungsgängen vergleichen (einzellige Hautdrüsen von Insekten). Die contractile Blase mit ihren Ver- zweigungen findet in der contractilen Vacuole, die als Attribut der einfachen Zelle auftritt, ihr Analogon. Auch die complicirte Struktur des Aussen- parenchyms, welches stäbchenförmige Körper enthält und eine der Muskel- substanz ähnliche Struktur darbieten kann , widerstrebt nicht dem Begriffe der einfachen Zelle, denn die Angelorgane der Turbellarien und Goelenteraten, mit denen man jene Körper zu vergleichen hat, nehmen ebenfalls in der Zelle ihren Ursprung, und in der jungen Muskelfaser höherer Thiere ist die Peripherie des Protoplasma's bereits echte Muskelsubstanz, während die centrale Partie noch unverändertes Protoplasma darstellt. »Der Infusorienleih bietet dem- nach ei)ien Complcx von Differen^inwgen, die tvir einzeln als Attrihiite echter Zellen auftreten sehn.« Das seither — auch durch die ausführlichen mit dieser Deutung übereinstimmenden Erörterungen Ha eck eis — nicht überwundene Hinderniss lag in dem mangelnden Nachweis von der wahren Natur des Nucleus und Nucleolus als Kern und Ersatzkern. Die Lebensweise der Infusorien ist ausserordentlich verschieden. Die meisten ernähren sich selbstständig, indem sie fremde Körper durch Strudelung nach der Mundöffnung hinleiten und oft grosse Körper selbst höher organisirter Thiere verschlingen. Einige wie Amphileptus wählen sich festsitzende In- fusorien, vornehmlich Epistylis plicatilis und Carchesium polypinum zur Beute; dieselben würgen ein solches Thier bis zur Ursprungsstelle am Stil in ihr Inneres und scheiden dann gewissermassen auf dem Stile aufgestülpt eine Kapsel aus, in welcher sie nicht selten während der Verdauung in zwei bald ausschwärmende Individuen zerfallen. Einige haben einen Saugnapf-ähnlichen Haftapparat und klettern an der Oberfläche fremder Thiere umher (jTncÄo^^iHa pedicidus) oder sind Schmarotzer, z. B. in der Harnblase der Tritonen. Andere wie die mundlosen Opalinen kommen im Darmkanal oder ebenfalls in der Harnblase verschiedener Thiere vor. Die Acinetinen saugen den Leibesinhalt von Infusorien durch ihre sehr beweglichen oft rasch vorstreckbaren Saug- röhrchen ein und siedeln sich parasitisch an der Körperbedeckung kleiner 1) Vergl. C. Claus, lieber die Grenze des thierischen und pflanzlichen Lebens. Leipzig. 1863. pag. 9, ferner Max Schultze, Die Gattung Cornuspira. Troschels Archiv. 18G0 und E. Haeckel, Zur Morphologie der Infusorien. Leipzig. 1873. Suctoria. Holotricha. 195 Wasserthiore, auch auf Vorticellinonstöckchen an. Einzelne Arten wie Sphac- rophrya dringen auch in das hinere anderer hifusorien ein, ernähren sich auf Kosten ihrer Leibessubstanz, um nachher selbst oder in ihren durch Knospung erzeugten Sprösslingen wieder auszuschwärmen. Dieser zumal in Syzygien vorkommende Parasitismus gab Anlass zu der Lehre St ei n's von der geschlecht- lichen Fortpflanzung mittelst schwärmender Embryonen. Metschnikoff und Bütschli konnten jedoch an Paramaecien und Stylonychien, W. Engel- mann an Vorticellinen nachweisen, dass die vermeintlichen Keimkugeln von aussen eingedrungene Acinetinen sind, welche sich dann vermehren und wieder ausschwärmen. Die hifusorien leben vornehmlich im süssen Wasser, welches sie oft in erstaunlicher Menge vornehmlich mit bestimmten kosmopolitischen Arten er- füllen. Aber auch im Meere sind sie in correspondirenden bislang noch nicht so genau untersuchten Formen anzutreffen. Ihr plötzliches oft massenhaftes Auftreten in scheinbar abgeschlossenen Wassermengen , welches man früher durch die Annahme der Urzeugung erklärte, wird durch die Verbreitung ein- gekapselter Keime in feuchter Luft und durch die rasche Vermehrung auf dem Wege der Theilung leicht verständlich, hnmerhin stehen der fortgesetzten Vermehrung mancherlei Hindernisse, vor Allem der Eintritt einer im Organis- mus des sich vermehrenden Individuum begründeten Erschöpfung entgegen, und man darf nicht etwa eine auf einzelne Fälle der Beobachtung basirte Berechnung, die ungeheuere Zahlen ergeben würde, als Massstab der wahren Vermehrung betrachten. In Wirklichkeit werden die zwischen den Theilungen liegenden Zeitintervalle immer grösser, bis zuletzt völliger Stillstand eintritt, auf den dann wahrscheinlich der Conjugationsakt folgt. 1. Unterordnung. Suctoria '). Körper im erwachsenen Zustand wimpern- los, mit tentakelartigen selten verästelten Saugröhrchen, welche meist zurück- gezogen werden können. Wie R. Hertwig gezeigt hat, besitzen manche Acinetinen {Fodophrya) neben den Saugröhrchen noch Greiffäden von der Struktur der Pseudopodien. Leben parasitisch von andern Infusorien. 1. Fani. Acinetidao. Die Conjugation wurde schon von Clapiiiede und Lach- mann beobachtet, während erst in neuester Zeit die genaueren Vorgänge der Schwärmer- bildung durch R. Hertwig und Bütschli erforscht wurde. Porfo/j/trya Ehrbg. Körper gestielt mit Büscheln von geknöpften Tentakeln. P. cydopum, qiiadnpartita Clap. Lachm., letztere auf Epistilis plicatilis. P. gemmipara R. Hertw. , marin. Sphaerophrya Clap. Lachm. Körper ungestielt freischwimmend, in andere Infusorien ein- dringend. 2Vi'c7^o/^7tr^a Clap. Lachm. Körper stiellos festsitzend. Tr. cpistylidis Clap. Lachm. Acineta Ehrbg. Körper gestielt in einem Gehäuse. A. mystacina, patula, cuctdlus u. a. Solenophrya Clap. Lachm. Dendrosoma Ehrbg. Verästeiter Acinetenstock. Dendrometes St. Saugröhren verästelt, nicht contraktil, und Ophryodendron Clap. Lachm. Die Saugröhren entspringen auf langem retraktilen Stamm. 2. Unterordnung. Holotricha. Der Körper ist über die ganze Ober- fläche dicht mit feinhaarigen Wimpern bedeckt , die stets kürzer sind als der 1) Vergl. ausser den Arbeiten von Stein, Claparede und Lach mann, R. Hertwig, Bütschli u. A. : Julien Fraipont, Recherches sur les Acinetiniens de la cote d'Ostende. Brux alles. 1878. 13* 196 Opalinidae. Trachelidae. Enohelyidae. Paramaecidae. Körper und in Längsreilion zu stehen scheinen. Adorale Wimperzonen fehlen, wohl aber können einzelne längere Wimpern oder Klappen in der Nähe der Mundöffnung stehen. 1. Fam. Opalinidae '). Mund- und Afterloso parasitische Infusorien, mit zahl- reichen bläschenförmigen Kernen unter der Oberfläche. Opalina uncinata M. Seh. und reeurva Clap. Mit Klammei-haken. Bewohner von Planarien. 0. lincala M. Seh. und proUfera Clap. Bewohner von Naideen , letztere Proglotiten-ähnlich Glieder abstossend. 0. ranarum. Mit lichten Blasen anstatt der contraktilen Vacuole und kernartigen Gebilden, im Mastdarm von Bana temporaria. W. Engelmann zeigte, dass im Darm der Kaulquappen Cysten mit jungen Opalinen vorkommen und dass letztere aus den Cysten befreit, an Grösse zunehmen und anstatt des ursprünglich einfachen Nucleus durch Theilung desselben zahlreiche Kerne erhalten. G. Zeller liefert nun den Nachweis, wie jene Cysten aus den Opalinen entstehen und in die Kaulquappen gelangen. Durch fortgesetzte theils in schräger theils in querer Richtung ausgeführte Theilung zerfallen die Opalinen des Frosches gegen Ausgang des Winters in sehr kleine Individuen, welche sich encystiren. Die Cysten werden dann im Frühjahr mit Schlammtheilen von den ausgeschlüpften Froschlarven aufgenommen, in deren Darm die encystirte Jugendform an Stelle der mehrfachen Kerne einen Kern gewinnt. Nachher schlüpfen die jungen Opalinen aus und bilden sich allmählig zu den grossen Formen aus. 2. Fam. Trachelidae. Mit metabolischem Körper , der sich in einen halsartigen AVjschnitt verlängert, mit bauchständigem Mund ohne längere Wimpern. Amphileptus Ehrbg. Mund rechts neben der concaven Bauchkante des halsartigen Vorderendes, ohne Schlund. A. fascicola Ehrbg. l'rachelius Ehrbg. Mund etwas hinter der Halsbasis mit fast halbkugligem innen fein längsgestreiften Schlund. Innenparenchym von Sarcode- strängen durchsetzt. Tr. ovum Ehrbg , Dileptus Duj., D. margaritifer , anser, gigas. Loxodes Ehrbg. Loxophgllum Duj. 3. Fam. Enohelyidae. Mit endständigera Mund und sehr verschiedener Consistenz der Cuticularsubstanz. Prorodon Ehrbg. Körper oval, lang bewimpert, mit borstenförmig bezahntem Schlund. P. teres Ehrbg. Holophrya Ehrbg. Der kuglig ovale Körper lang bewimpert, ohne Schlund. Hier schliessen sich die Gattungen Actinobolus St., IJrotricha Clap. Lachm., Perispira St., Plagiopogon St. an. üoleps Ehrbg. Mit gepanzertem Körper und kurzem längsfaltigen Schlund. C. hirtus Ehrbg. Enchelys 0. Fr. Müll. Der ovale Körper mit spitzem schräg abgestutzten Mundende, kurz bewimpert, ohne Schlund. E. farcimen fJhrbg. Enclielyodon Clap. Lachm. Mit bezahntem Schlund. Lncrymaria Ehrbg. Der metabolische Körper am Endtheil des Halses, der köpfchenartig abge- schnürt ist, mit längern über den Mund hinausragenden Wimpern. L. olor Ehrbg. Phialina vermicularis Ehrbg. Traclielocerca sagitta Ehrbg. Trachelophyllum pusillum Clap. Lachm. 4. Fam. Paramaecidae. Mit bauchständigem Mund und längern Wimpern in einem Peristomausschnitt. Paramaecium 0. Fr. Müll. Mit stark vertieftem Peristom, schrägelliptischer Mundöffnung und kurz bewimpertem Schlund, mit 2 contractilen Vacuolen. P. Bursana Focke. Körper gedrungen mit sehr breit beginnendem Peristom, mit Trichocysten und Chlorophyll. After am Hinterende. P. Aiirelia 0. Fr. Müll. Körper gestreckt, Peristom lang und eng. After in der Mitte des Körpers. P. putrinum Clap. Lachm., dem P. Bursaria ähnlich, aber ohne Chlorophyllkörner und meist ohne Trichocysten. Colpoda 0. Fr. Müll. Mund in einer Vertiefung, am unteren Rande desselben ein Büschel längerer Wimpern. C. cucullus Ehrbg. Nassula Ehrbg. Körper 2) Vergl. Th. W. Engel mann, Entwicklung von Opalina ranarum innerhalb des Darrakanals von Rana esculenta. MorphoL Jahrb. Tom. I. Ernst Zeller, Untersuchung über die Fortpflanzung und die Entwicklung der in unsem Batrachiern schmarotzenden Opaliuen. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXIX. 1877. Heterotricha. 197 metabolisch mit bezahntem fischreusenförmigen Schlund. N. elegans Ehrbg. Hier scbliesst sich Cyrtostonium St. an. C. leucas Ehrbg. Ferner Ftychostomum St., Conchophtirus St., Isotricha St. 5. . am. Cinetochilidae St. Mit buuchstilndigem rechtsgelegeuen Mund und un- dulircnden Hautklappen, die entweder im Innern des Schlundes liegen oder äusserlich in der Nähe des Mundes stehen. Leucophrys Ehrbg. Mit häutiger Platte im Schlünde. L. patulaEhihg. Hier schliessen ^\c\i Panophrys Duj. und Colpidiian St. nii. Ophryoglena Ehrbg. Körper oval mit Tastkörperchen , Mund von 2 zitternden Hautfalten eingefasst 0. acumiiiaia Ehrbg. Glaucoma Ehrbg. Zwei augenlidartige zitternde Klappen fassen den elliptischen Mund ein. Gl. scintillans Ehrbg. Cinetochilum Perty. Mit nur einer solchen Klappe und 2 langen Borsten am Hinterende. C vtargaritaceum Perty. Tri- dioda Ehrbg. Mit undulirender Membran vor der Mundöffnung. 'T. piira Ehrbg., pyri- fonnis p]hrbg. Hier schliessen sich Pleurochilidiuni St. und Plaglopyla St. an. Pleuro- nema Duj. Mit rinnenförmigem Peristom am rechten Seitenrande, welches hinter der Körpermitte zu einem den Mund enthaltenden Ausschnitt führt. Im Peristom ist eine breite undulirende Membran befestigt, welche entfaltet weit über den rechten Körper- rand hinausragt, am freien Innenrande des Peristoms ist noch eine zweite undulirende Membran. P. natmis Clap. Lachm. Cydidium 0. Fr. Müll. In der Peristomfurche, welche bis zur Mitte des Körpers reicht, liegt nur eine undulirende Membran. C. glau- coma Ehrbg. Lembadion hullinmn Perty. 3. Unterordnung. Heterotricha. Der Körper ist auf seiner ganzen Ober- fläche dicht mit feinhaarigen Wimpern belileidet. Daneben zieht sich eine adorale Reihe längerer stärkerer querstehender, in rechtsgewundener Spirale, in gerader oder schräger Längszone angeordneter Wimpern zu dem mehr oder minder weit nach rückwärts auf der Bauchseite gelegenen Mund hinab, der stets am Grunde eines entwickelten Peristoms liegt. Atter meist am hintern Körperende. 1. Farn. Barsaridae St. Die adoralen Wimpern bilden eine gerade oder schräge, nicht spiralig gewundene Längslinie und umsäumen nur den linken Seitenrand des Peristoms, das nur ausnahmsweise den linken Rand der Bauchseite einnimmt. Sie setzen sich in den meist sehr entwickelten Schlund hinein fort. Der ovale, formbeständige Körper meist stark comprimirt. Plagiotoma Duj. Peristom ohne Ausschnitt, bloss aus einer am linken Seitenrande herabziehenden adoralen Wimperzone gebildet. PL lum- brici Duj. Balantidium Clap. Lachm. Peristom in das vordere Körperende auslaufend, sjjaltförmig , nach vorn erweitert, mit rudimentärem Schlund oder ohne Schlund. B. entozoum Clap. Lachm. B. coli Malmst , im Dickdarm und Blinddarm des Schweines und des Menschen. B. duodenl St., im Darmkanal des Wasserfrosches. Hier schliessen sich die Gattungen Metopus Clap. Lachm. und Nyctotherus Leidy an, deren Peristom- anfang in einiger Entfernung vom Körperende liegt. Bursaria 0. Fr. Müll. Peristom in das vordere Körperende auslaufend, weit, taschenförmig, mit einem queren vorderen und spaltförmigen seitlichen Eingang, mit sehr entwickeltem Schlünde. B. truncatella 0. F. Müll. 2. Fam. Stentoridae. Der metabolische Körper langgestreckt, nach vorn zu trichterförmig erweitert, am hintern Ende fixirbar oder beständig im Grunde einer ab- gesonderten Hülse festsitzend. Der ganze Rand des terminalen Peristoms , welches das vordere Körperende einnimmt, mit rechts gewundener adoraler Wimperspirale besetzt- Mund an der tiefsten Stelle des Peristomfeldes. After nahe hinter dem Peristom, links- seitig gelegen. Stentor Ü. Fr. Müll. Peristom flach, mit ringsum gleichförmigem, nur auf^er Bauchseite eingebogenem Rande, in der linken Hälfte taschenförmig vertieft. Mund excentrisch. St. pohjmorphus 0. F. Müll., coerulcus Ehrbg., igneus Ehrbg., niger Ehrbg., multiformis Ehrbg. Freia Clap. Lachm. Peristom in 2 lange ohrförmige Fort- 198 Hypotricha. Sätze ausgezogen, tief trichterförmig ausgehöhlt, ioi Grunde einer Hülse festsitzend, marin. F. elegans, ampulla Clap. Lachm. 3. Fani. Spirostomidae. Der meist plattgedrückte, selten drehrunde Körper mit linksseitigem ventralen Peristomausschnitt, der am vordem Ende beginnt und an seinem hintern Winkel zum Munde führt. Die adoralen Wimpern nehmen den Aussenrand des Peristoms ein und beschreiben eine rechts gewundene Spirale. Der After liegt am hintern Körperende. CUmacostomum St. Körper breit, plattgedrückt, vorn abgestutzt mit kurzem harfenförmigen Peristom. G. virens St., patiila Duj. Spirostomum Ehrbg. Körper sehr gestreckt, walzenförmig oder etwas abgeplattet, vorn abgerundet, mit langem rinnenförmigen Peristom. S. teres Clap. Lachm., ambiguimi Ehrbg. Hier schliessen sich Blepharisma Perty und Condylostonia Tfuj. an, deren Peristom eine undulirende Membran besitzt. 4. Unterordnung. Hypotricha. Bilaterale Infusorien mit convexer nackter Rückenfläche und flacher Bauchftäche, welche feinhaarige und borsten-, griffel- und hakenförmige Wimpern trägt. Der vom vordem Körperende weit ent- fernte Mund liegt ebenso wie die Afteröffnung auf der Bauchseite. 1. Fam. Chlamydodontidae. Mit gepanzertem oder wenigstens formbeständigem Körper, dessen Bauchfläche ganz oder theilweise mit dichtstehenden feinhaarigen AVim- pern besetzt ist, Schlund flschreusenförmig , mit stäbchenförmigen Zähnen bewaffnet Fhascolodon St. Körper fast di-ehrund, mit schmaler nach vorn sehnig gegen den Rücken aufsteigender Bauchfläche. P. vorticella St. Chilodon Ehrbg. Körper plattgedrückt mit ebener Bauchfläche, die ganz bewimpert ist. Ch. cuculhis Ehrbg. Opisthodon niemeccensis St. Clüamydodon Ehrbg. Die ebene Bauchfläche nur in dem Mittelfelde bewimpert. C. Mnemosyne Ehrbg. Hier schliessen sich die Ervüiinen Duj. an , mit beweglichem Griffel am Hinter- ende und glattem starren Schlund. Ervilia monostyla Ehrbg., Trochilia palustris St., Huxleya crassa Clap. Lachm. Auch die zu einer eignen Familie erhobene Gattung Peridromus mit Peristom und ohne fischreusenförmigen Schlund. 2. Fam. Aspidiscidae. Der gepanzerte schildförmige Körper am rechten Rand der Bauchseite wulstförmig verdickt, längs des linken Randes ein weit nach hinten reichender adoralcr Wimperbogen, 7 zerstreut stehende griffeiförmige Bauchwiinpern und 5 oder 10 — 12 griffeiförmige Afterwimpern. Aspidisca Ehrbg. A. lynceus Erhbg. A. costata Duj. 3. Fam. Enplotidae. Der gepanzerte Körper mit weitem offenen Peristom- ausschnitt an der linken Bauchhälfte, welcher sich meist über den ganzen Vorderrand des Körpers bis zum rechten Seitenrande hin ausbreitet, mit wenigen aber starken griffei- förmigen Wimpern. Euplotes Ehrbg. Bauchfläche mit einem erhabenen Mittelfelde, mit Bauch- und Afterwimpern wnd 4 isolirten Randwimpern. E. Charon 0. Fr. Müll., patdla 0. Fr. Müll. StyJoplotes St. {Schizopus Clap. Lachm.) hat eine ausgehöhlte Bauchfläche und 5 Randwinipern. St. appendiculatus Ehrbg. Uronychia St. Ohne eigent- liche Bauchwimpern, dagegen mit sehr genäherten giüftelförmigen After- und Riind- wimpern. {Campylopus Clap. Lachm.). U. transfuga Müll. 4. Fam. Oxytrichinidae. Im vordem Theile der linken Bauchseite ein offener, nach hinten am meisten vertiefter und zugespitzter Peristomausschnitt, dessen Aussen- rand von einer adoralen Wiinperreihe eingefasst wird, die sich vorn bis zum rechten Seitenrande fortsetzt. Bauchseite jederseits mit einer continuirlichen Randwimperreihe und mit griffet-, haken- oder borstenförmigen Wimpern. Stylonychia Ehrbg. Mit 5 gritfelförmigen in 2 Längsreihen stehenden Bauchwimpern und 8 ringförmig gruppirten Stirnwimpern , ohne seitliche borstenförmige Bauchwimpem. St. mytihis, pitstnlata, histrlo Ehrbg. Ovychodromus St. Mit 3 bis 4 Längsreihen von Bauchwimpern und 3 Längsreihen von Stimwirapern, ohne seitliche borstenförmige Bauchwimpern. O. grandis St. Peritricha. 199 Pleitrotricha St. Mit griffeiförmigen Wimpern und seitlichen borstenförmigen Bauch- wimpern. P. lanceolata Ehrbg. Kerona Ehbg. Körper nierenförmig mit 6 schrägen Reihen kurzborstiger Bauchwimpern, ohne After- und Stirnwimpern. K. pohjporum Ehrbg. Hier schliesst sich Sllcliotricha an, deren Körper halsartig verlängert ist und eine einzige schräge Längsreihe von kurzborstigen Bauchwimpern trägt. Urolcptus Ehrbg. Körper metabolisch mit 2 Längsreihen dicht stehender kurzborstiger Bauchwimpern und 3 griffeiförmigen Stirnwimpern, ohne Afterwimpern. U. inusculus Ehrbg. Bei der Gattung Psilotricha St. ist der Körper gepanzert, die Bauchwimpern sehr langborstig und Stirn- wimpern fehlen. P. aciiminata St. Hier schliessen sich Gastrostyla Engelm. und Epi- clintes St. mit sehr langem schwanzförmigen Hinterleib an. Oxytricha Ehrbg. Körper metabolisch, mit After- und Stirnwimpern und 2 medianen Längsreihen von borsten- förmigen Bauchwimpern. 0. gihha F. Fr. Müll., 0. pellinonlUa Ehrbg. u. a. Die Gattung Urostißa Ehrbg. unterscheidet sich vornehmlich durch den Besitz von 5 oder mehr Lilngsreihen von Bauchwimpern. U. grandis Ehrbg. 5. Unterordnung. Peritricha ^). Körper drehrund nackt, nur ausnahms- weise mit totalem Wimperkleide, mit oder ohne queren halbringförmigen Wimperbogen oder hintern Wimpergürtel, mit adoraler Spiralzone von meist langhaarigen oder borstenförmigen Wimpern. Viele wie insbesondere die Vorticellinen pflanzen sich durch Längstheilung fort, die nach Einziehung der Wimper.spirale an dem verbreiterten Körper allmählig eintritt. Die Knospen- bildung, schon Spallanzani bekannt, ist bei den Stockbildenden Formen auf Gonjugation zurückzuführen, bei Vorticellen entstehen jedoch die als Mikro- gonidien fungirenden Individuen zuvor als kleine Knospen (W. Engel mann). x4.uch hier wurde von W. Engel mann das Eindringen von parasitischen Acinetinen nachgewiesen. L Farn. Halteriidae. Körper nackt, kuglig, mit Peristom am vordem Körper- pole und adoraler Wimperspirale. Diese bildet entweder zugleich das einzige Locomotions- organ {Strombidhim) , oder es kommt in der Aequatorialgegend noch ein Kranz langer und feiner borstenförmiger Wimpern hinzu {Halteria Duj.) , mittelst deren sich die Thiere plötzlich weithin fortschnellen. Halteria volvox Olap. Lachm. , grandinella Diij., Slromhidiinn turho Clap. Lachm., acimiinatum, urceolare St., in der Ostsee. 2. Fam. Tintinnidae. Der glockenförmige Körper steckt in einer Gallerthülse, mit der er durch die Wimperbewegung der hervorragenden Vorderhälfte frei umher- schwärmt. Diese besitzt ein vorderes ausgehöhltes Peristom, dessen Boden eine gewölbe- artig vorspringende Kuppe bildet, während der Vorderrand desselben die seh-r langen und kräftigen bis in den Schlund sich erstreckenden adoralen Wimpern trägt. Tintinnus Schrank. Mit nacktem Körper. T. inquilinus 0. Fr. Müll., Ostsee. T. fluviatilis St. 'rintinnopsis St. Körper mit zarter längsreihiger Bewimperung, mit zwei concentrischen Reihen von Peristomwimpern. T. beroidea St. Zu den von E. Haeckel beobachteten Tintinnoideen mit gitterförmiger Kieselhülle gehören die marinen Dictyocysta cassis E.Haeck., Codonella galea E.Haeck. Die von Claparedeund Lachmann beschriebenen Tintinnusähnlichen Formen bedürfen noch einer genauem Untersuchung. 3. Fam. Trichodinidae (Urceolaridae) St. Ohne ein- und ausstülpbares Wirbel- organ, mit persistentem hintern Wimperkranz und eigenthümlicheni Haftapparat am hintern Körperende, mit horizontaler adoraler Wimpersi^irale. Nach Everts sollen aus den Keimkugeln der encystirten Vorticella nehulifera Trichodinen (Tr. grandinella) her- vorgehn, die sich dann später zu Vorticellinen umgestalteten. Trichodina Ehrbg. Körper nackt mit homartigem, von einer quergestreiften Membran eingefasstem , mit Zähnen bewaffnetem Ring als Haftapparat. 1\ pcdiculus Ehrbg. Ureeolaria St. Hornring ohne Zähne. U. mitra. Tricliodinopsis St. Die Seitenwandungen des Körpers sind bis in 1) Vergl. vornehmlich W. Engelmann und Bütschli 1. c. 200 Vorticellidae. Ophryoscolecidae. einiger Entfernung von dem hintern Wimperkranze mit kurzen und zarten Wimpern dicht bekleidet, mit festem Schlundrohr. T. paradoxa Clap. Lachm., im Darmkunal und Lunge von Ci/clostoma clegans. Hier schliessen sich die Gyrocoriden {Gyrocoris St.) und Cyclodinen St. mit drehrundem, nacktem, von 1 oder 2 transversalen Wimperreifen Leib, Urocentnim Ehbg., Didinium St., Mesodinium St. an, die der adoralen Wimper- spirale entbehren. 4. Farn. Vorticellidae. Der zusammenschnellbare Körper mit linksgewundener adoraler Wimperspirale, welche die deckelartige, ein- und ausstülpbare Wimperscheibe umläuft, mit zeitweiligem beim Ablösen auftretenden hintern Wimperkranz. Mund und After liegen in gemeinsamer Höhlung im Grunde des Vestibulums. Vorticella Ehrbg. Einzelthiere mit Stielmuskel. V. microsioma, campanula, nebulifern Ehrbg. Carchesium Ehrbg. Thierstöckchen mit Stielmuskel für jeden Zweig. C. polypinum Ehrbg. u. a. Zoothamnium p]hbg. Thierctöckchen mit Stielmuskel, der sich durch den ganzen Stock vei'zweigt. Z. arbnscula Ehbg. , Z. 2)(i)'o,sita St. u. a. TJpistylis Ehbg. Thierstöckchen mit starren Stielen ohne Stielmuskcl. E. plicatilis Ehbg. u. a. Nahe verwandt ist die Gattung Opercularia St. Gerda Clap. Lachm. Stiellos, fest.sitzend , ohne Wulst am Hinterende. G. plans. Scyphidia Lachm. Ohne Stiel mit einem ringförmigen Wulste festsitzend, S. limacina, S. pJiysavum Lachm. Ästylozoon Eng. Mit 2 Schnellboisten am Hinterende. Durch eine Gallerthülse charakterisiren sich die Ophrydiinen. Ophry- dium EhrVig. Die Thiere sitzen in einer kugligen Gallerthülle. 0. versatile Ehrbg. Cothurvia Ehrbg. Mit dem hintern Ende in einem Gehäuse steckend, welches durch einen kurzen quer eingeschnürten Stiel angeheftet ist. C. imherhis Ehrbg., C. astaci St, Vaginicohi Ehrbg. Gehäuse ohne oder mit kurzem glatten Stiel angeheftet. V. crystal- lina Ehrbg. Lagenophrys ampuUa Ehrbg. vermehrt sich durch diagonale Theilung. Hier schliesst sich die von Stein zu einer besondern Familie erhobene Gattung Spirochona St. an mit rechtsgewundener adoraler Wimperspirale und starrem, vorn in ein spiral- trichterförraiges nicht contraktiles Peristom erweitertem Körper, ohne Wirbelorgan, S. yemmipara St. 5. Farn. Ophryoscolecidae. Körper nackt, am Vorderende mit einem umstülpbaren Wirbelorgan. Leben im Pansen der Wiederkäuer. Ophryoscolex St. Mit querem halb- ringförmigen Wimperbogen in der Körpermitte. 0. inennis, FurlcinjeiSt. — Entodinium St, Der plattgedrückte Körper entbehrt des Wimperbogens. E. caiidatum, hnrsa St. u. a. Den Protozoen als Organismen ohne zellig gesonderte Organe, deren Differenzirungcn im Protoplasma des einheitlichen Zellenleibes erfolgt .sind, stehen als hihalt aller übrigen Typen die Thiere mit zellig gesonderten Organen gegen- über, für welche neuerdings Haeckel die Bezeichnung » Mci^a^oe// « eingeführt hat. Wenn auch der Gegensatz beider Begriffe, von denen schon die Auf- stellung des erstem nothwendig die des letztern antithetisch involvirle , eine hohe Bedeutung besitzt, so steht derselbe doch um so weniger unvermittelt da, als nach der Descondenzlehre aus den einzelligen Organismen die Metazoen entstanden sein müs.sen. Als Ausgangspunkt einer genetischen Verknüpfung haben wir uns wohl weniger den höchst differenzirten Organismus der In- fusorien {Cii taten) zu denken , die man so gern in nähere Beziehung zu den Strudelwürmern {lihahdocoelen) brachte, ja sogar eine Zeitlang als » Urivürmer«. {Archelmlnthes E. Haeckel) betrachtete, »aus denen sich die übrigen Thier- stämme direkt oder indirekt entwickelt« hätten, sondern mit weit grösserm Rechte die Zellenaggregate der einlacher differenzirten Flagellaten, zu denen in der That auch der Organismus der Poriferen mancherlei Beziehungen bietet. Dazu kommt, dass auch die Zellen der Flagellatenstöckchen durch Metazoeii, Dicyemiden. 201 wiederholte Theilung aus einer ursprünglich einheitlichen Zelle ihren Ur- sprung nehmen, somit einen Vorgang durchlaufen, welcher mit der für die Metazoen so charakteristischen Eifurchung verglichen werden kann. Neuerdings hat Ed. van Beneden ^) zwischen Protozoen und 31etasoen eine Verbindungsgruppe als Mesozoen einzuschieben versucht und zwar zur Aufnahme der Dicyemiden, eigenthümlicher wurmförmiger gestreckter Para- siten , welche an den Venen-Anhängen der Cephalopoden leben und seither für bewimperte den Opalinen verwandte Infusorien , beziehungsweise für Ent- wicklungsphasen von Würmern gehalten wurden. Die Dicyemiden sind cylin- drische oder spindelförmig gestreckte Körper, welche aus einer Schicht von platten Flimmerzellen im Umkreis einer einzigen colossalen Achsenzelle bestehen. Die letztere erstreckt sich von dem schwach verbreiterten zur Anheftung dienenden Kopfende, an welchem die Zellen eine bestimmte Form und An- ordnung zeigen (Polzellen), bis zum Hinterende und erzeugt endogen zweierlei Formen von Embryonen, wurmförmige und infusorienähnliche. Beide finden sich jedoch nicht nebeneinander, sondern werden in verschiedenen Individuen (Nematogenen, Rhombigenen) erzeugt. Die Keime, welche sich zu infusorienför- migen Embryonen entwickeln, nehmen ihren Ursprung als kernhaltige Zellen im Protoplasma der grossen Achsenzelle, deren Kern keine Veränderungen erleidet. Die Zelle erfährt durch wiederholte Theilung eine Art Furchung und gestaltet sich zu einem bilateral symmetrischen Embryo, dessen Leib aus wimpern- tragenden Zellen , zwei dorsalen in Zellen erzeugten lichtbrechenden Körpern und einem von diesen bedeckten als »Urne« bezeichneten Gebilde besteht, welches innerhalb einer Kapsel vier mit zahlreichen Kernen erfüllte Körner- ballen enthält. Wahrscheinlich vermittlen diese bewimperten Embryonen die Uebertragung und Verbreitung der Dicyemen auf andere Cephalopoden. Die wurmförmigen Embryonen entstehen in dem Protoplasmanetze der Achsenzelle aus Keimzellen, welche eine Art inäqualer Furchung durchlaufen, indem schon im Stadium der Viertheilung eine grössere Zelle bemerkbar wird, welche später von den kleinern Zellen umwachsen, die Anlage der grossen Achsenzelle darstellt. Die Stelle, an welcher dieselbe an der Aussentläche zu Tage trat, entspricht dem spätem Kopfende und ist als eine Art Urmund aufgefasst worden , der im Zusammenhang mit dem Parasitismus obliterirte. Indessen scheint diese Deutung der höchst merkwürdigen Dicyemen gewissermassen als rückgebildete Gastraeaden mit einer einfachen Entodermzelle durchaus ebenso hypothetisch, als die Aufstellung eines Mesozoentypus auf Grund des Dicyemiden- organismus willkürlich und unhaltbar. Von den als höchste Abtheilungen oder Typen zu sondernden Metazoen- gruppen nimmt offenbar die einfachste und tiefste Stellung die der Poriferen und Spongien ein , die wir jedoch vorläufig noch am zweckmässigsten mit den Coelenteraten vereinigen. 1) Ed. van Ben e den, Reclierches sur les Dicyemides, sui-vivants actuels d'un embranchement des Mesozoaires. Bulletin de l'Acad. roy. de Belgique. IL Ser. Tom. 41. No. 6 und 42. No. 7. Bruxelles. 1876. 202 II. Typus. Coelenterata. II. Typus. Coelenterata, Coelenteraten. (Zoopliyta, Pflanzenthiere). Thiere mit sellig differenzirten Organen^ von radiärem Körperhau, mit cen- tralem Verdauungsraum und peripheriscJiem Ganalsystem. Der Ausbildung differenter , aus Zellen zusammengesetzter Gewebe und Organe, deren Mangel für die Protozoen so charakteristisch ist, begegnen wir zuerst bei den Spongien oder Poriferen, einer formenreichen Gruppe vorwiegend mariner Organismen , über deren Natur und Stellung bis in die neueste Zeit viel gestritten wurde. Unter den Jüngern Forschern war es vornehmlich R. Leuckart, welcher die bereits von Gu vier vertretene Ansicht von der nahen Verwandtschaft der Spongien und Polypen auf Grund der inzwischen näher bekannt gewordenen Organisationsverhältnisse zur Geltung zu bringen suchte. Freilich zeigen die Polypen wie die übrigen mit ihnen näher oder ent- fernter verwandten Zoophyten (Medusen, Siphonophoren , Rippenquallen) eine weiter vorgeschrittene DifTerenzirung der Gewebe, indem neben den äussern und Innern Zellschichten und Cuticularbildungen mannichfache Skeletformen von gallertiger Consistenz oder horniger und kalkiger Beschaffenheit aus dem Gewebe der Bindesubstanz , glatte und quergestreifte Muskeln , selbst Nerven und Sinnesorgane (Medusen und Rippenquallen) auftreten. Ueberall aber beobachten wir eine innere verdauende Körperhöhiung , die mit einem einfacher oder complicirter gestalteten peripherischen Ganalsystem in Verbin- dung steht. Wir vermissen noch die Sonderung von Leibeshöhle , Darmcanal und Blutgefässen, die Arbeitstheilung der Innern Flächen in Verdauungs- und Kreislaufsorgane. Die vegetativen Verrichtungen knüpfen sich vielmehr im Wesentlichen an die conlinuirlich zusammenhängende Fläche eines Innern Körperraumes, welcher sowohl die Verdauung, d. h. die Herstellung einer er- nährenden Flüssigkeit, als die Girculation derselben im Körper besorgt und desshalb mit Recht für die Polypen und Quallen als Gastrovascularvdimn. be- zeichnet wurde. Diese Einrichtung der Körperhöhlung — der Mangel eines ab- geschlossenen mit eigenen Wandungen versehenen Darmcanals und Gefilss- systems — , die im Wesentlichen auch für die Spongien Geltung hat , war es gerade, durch welche R. Leuckart ^) die Sonderung der Gu vier 'sehen Strahl- thiere in die Kreise der Echinodermen und Coelenteraten begründete und die Aufstellung eines besonderen Typus der Coelenteraten stützte. Gelangt man mit Leuckart durch die Parallele des Canalsystems der Spongien und des Gastrovascularapparates der Polypen zu der Vorstellung, dass auch die Spongien Coelenteraten sind und die einfachste und am tiefsten stehende Organisations- form dieses Typus repräsentiren, so weist doch ein näherer Vergleich auf höchst 1) R. Leuckart, Ueber die »Moqihologie und Veiwandtschaftsverhältnisse niederer Thiere«. Braunschweis- 1848. Körperbau der Coelenteraten. 203 wesentliche morphologische und physiologische Unterschiede der innem Ganal- systeme beider Gruppen hin, die uns in Verbindung mit anderen wesentlichen Abweichungen berechtigen, die Poriferen sämmtlichen Coelenteraten im engern Sinne oder Cnidarien als Abtheilung mindestens vom Werthe eines Subtypus gegenüber zu stellen. Der gesammte Körperbau der Coelenteraten wird im Allgemeinen mit Recht ein radiärer genannt, obwohl bei den meisten Spongien die strahlige Anordnung der Theile weniger hervortritt, auch durch Unregelmässigkeiten des Wachsthums vielfach gestört ist, und andererseits bei den Siphonophoren und Rippenquallen Uebergänge zur bilateralen Symmetrie unverkennbar sind. In der Regel liegt bei den Cnidarien der Numerus 4 oder 6 für die Wieder- holung der gleichartigen Organe im Umkreis der Leibesachse zu Grunde, und es sind von jedem Punkte derselben ebensoviele Radien nach der Peripherie zu ziehn , deren Theilungsebenen den Körper in congruente Hälften zerlegen. Reducirt sich die Anzahl der Theilungsebenen bei vier vorhandenen Radien auf zwei, in rechtwinkliger Kreuzung durch die Achse hindurchgehenden aber un- gleichen Ebenen {zweistrahlige Bippenquallen), so bedarf es nur einer ungleich- massigen Entwicklung der in eine dieser Ebenen fallenden gleichartigen Körper- theile , um die andere zweite Ebene als Theilungsebene auszuschliessen. Die erstere wird zur 3Iedianehene , indem sie den Körper in eine rechte und linke, nun nicht mehr congruente, sondern spiegelbildlich gleiche Hälfte zerlegt. Aus dem siveistraJdig radiären Körper ist ein seitlich symmetrischer geworden {Larven und Schivimmglochen der Siphonophoren, Siphonophorenstamm). Die Gestaltungsformen , denen wir im Kreise der Coelenteraten begegnen, sind die des Por//ere«-hidividuums , des Polypen, der Scheibenqualle oder Meduse und der Rippenqualle. Jenes erscheint in seiner einfachsten, die wesentlichsten Eigenthümlichkeiten des Spongienbaues repräsentirenden Grund- form als cylindrischer, festsitzender Hohlschlauch mit grösserer Ausströmungs- öffnung {Osculum) am freien Pole. Die contractile von einem Nadelgerüst gestützte Wandung wird von zahlreichen, kleinen Einströmungslöchern durch- brochen, welche Wasser und Nahrungsstoffe in den Innern bewimperten, einer verdauenden Cavität entbehrenden Centralraum einführen. Sowohl durch Verschmelzung ursprünglich gesonderter Individuen als durch Neubildung auf dem Wege der Knospung und Sprossung, sowie durch Ausbildung einführender und ableitender Nebenräume der verdauenden Cavität entstehen sehr mannich- fach gestaltete mit einem complicirten Canalsystem ausgestattete Spongienstöcke, deren Natur als polyzoische Organismen meist durch die Anwesenheit mehrerer oder zahlreicherer Oscula erkennbar wird. Der Fohjp stellt einen cylindrischen oder keulenförmigen Hohlschlauch dar, welcher ebenfalls am hintern Pole seiner Längsachse angeheftet ist und an dem entgegengesetzten freien Pole am Ende einer flachen oder conischen Erhebung, dem Mundkegel, eine grössere Oeffnung, die Mundöffnung, besitzt. Der Mundkegel ist von einem oder mehreren Kreisen von Fangarmen umgeben und führt entweder in eine einfache cylindrischc Leibeshöhle {Hydroidpolypen) oder mittelst eines kurzen Mundrohres (eingestülpter Mundkegel) in einen com- plicirteren mit peripherischen Taschen versehenen Leibesraum {Anlhosoen), 204 Polyp. Scheibenqualle. Kippenqualle. mit welchen ein System feiner verzweigter Ganäle der Körper wand in Gom- munikation steht. Uebrigens kann sich der Polyp bei Mangel der Fangarme zu einer noch einfachem sog. 2}olypoiden Form reduciren, welche lediglich einen mit Mund versehenen Hohlschlauch darstellt. Durch Knospung und Sprossung entstehen aus dem Polypen polyzoische, aus zahlreichen innig verbundenen Individuen zu- sammengesetzte Poly[)enstöcke. Die frei schwimmende ScheAhenqualle ist eine Scheibe oder Glocke von gallertiger bis knorpliger Gonsistenz, an deren concaver Unterfläche ein cen- traler Stiel mit endständiger Mundöflfnung herabhängt. Häufig setzt sich dieser Mund- oder Magenstiel in der Umgebung des Mundes in mehrere um- fangreiche Fangarme fort, während von dem Scheibenrande eine grössere oder geringere Anzahl fadenförmiger Fangfäden, Randtentakeln entspringt. Der Gentralraum des Leibes, in welchen der hohle Mundstiel einfi^ihrt, ist die Magenhöhle, von der aus peripherische Taschen, einfache oder ramificirte Radialcanäle nach dem Scheibenrande verlaufen und hier in der Regel durch ein Ringgefäss verbunden werden. Diese Ganäle führen wie die peripherischen Taschen der Anthozoen die Ernährungsflüssigkeit und repräsentiren eine Art Ernährungs- oder Gefässsystem. Die mit circulären Muskelfasern bekleidete Unterfläche des glockenförmigen Körpers besorgt durch abwechselnde Ver- engerung und Erweiterung ihres concaven Raumes die Locomotion der Qualle, in- dem der Rückstoss des Wassers in entgegengesetzter Richtung forttreibend wirkt. Auch bei den Scheibenquallen kommen mehr oder minder reducirte Formen als sog. »Medusoiden« vor, welche der Randtentakeln und des Magen- stiels entbehren. Dieselben werden sowohl an Medusen wie an Polypenstöcken durch Knospen erzeugt. Meduse und Polyp lassen sich trotz so bedeutender Abweichungen in Gestalt und Lebensweise als nahestehende Modificationen leicht auf einander zurückführen und aus derselben Grundform ableiten, die wir uns als einen walzenförmigen , an der Oberfläche bewimperten Hohlkörper mit einfacher Gastralhöhle , mit Mundkegel und Tcntakelknospen (im einfachsten Falle zwei gegenüberstehenden) zu denken haben. Setzt sich dieselbe am geschlossenen Pole fest, so wird aus derselben nach Fortbildung der Tentakelknospen ein Polyp ; bewahrt dieselbe die freischwimmende Locomotion bei Verkürzung der Hauptachse unter Einkrümmung der zwischen Tentakelknospen und Mund- kegel gelegenen Fläche (Mundscheibe) und Umbildung derselben zu der mus- kulösen untern Schirmfläche (Subumbrella) , so entsteht die Medusen- oder Quallenform, deren Randfäden den Tentakeln des Polypen entsprechen, während die Mundarme als Fortsätze des Mundkegels oder Mundstiels entstehen, und der ursprünglich einfache weite Gastralraum durch Obliteration radiärer Felder eine centrale Magencavität und peripherische Gefässcanäle ausbildet. Für die Itippenqualle erscheint als Grundform die mit acht Meridianen von Platten (Rippen) besetzte Kugel, welche durch die Schwingungen ihrer als kleine Ruder wirkenden Platten im Wasser bewegt wird. Auch bei den Rippenquallen liegt die Mundöffnung an dem einen Pole der Leibesachse und führt durch ein enges , aber langgestrecktes , am hintern Ende verschliessbares Die Gewebslagen der Coelenteraten. 205 sogenanntes Magenrohr in den centralen Leibesraum, den Trichter. Von diesem erstrecken sich zwei Gefasse längs des Magenrohrs, sowie in zweistrahlig sym- metrischer Vertheilung einfache oder verästelte Ganäle nach den Rippen , um dieselben als Rippengefässe in ganzer Länge zu begleiten. Auch die R.ippen- qualle lässt sich neben den allerdings einander näher stehenden Formen des Polypen und der Scheibenqiialle von dem indifferenten Ausgangspunkt eines kugligen oder walzenförmigen Körpers zurückführen, dessen eingestülpter Mund- kegel die Anlage des Magenrohres nebst der Magengefässe liefern würde. Nach den erörterten Gestaltungsverhältnissen ergeben sich für die mor- phologische und physiologische Ausbildung der Innern Flächen mehrfache, eine höhere Entwicklung anbahnende Abstufungen. Bei den Spongien sind die -zahlreichen Hautporen die Mundöffnungen, welche in das innere Ganalsystem und die Gentralhöhle des Leibes führen; ob wir aber die letztere auch physiologisch als verdauende, einen Nahrungssaft bereitende Magenhöhle aufzufassen berechtigt sind, erscheint mehr als zweifel- haft. Höchst wahrscheinlich haben wir dieselbe als eine der verdauenden Cavität zwar entsprechende, diese jedoch nur vorbereitende Fläche zu betrachten, an welcher kleine eingestrudelte Nahrungstheile mit den angrenzenden Amoeben- Zellen in Berührung treten , um von diesen direkt incorporirt zu werden, Mag auch die grosse als Osculum bezeichnete Auswurfsöffnung unter Umkehrung der Strömungsrichtung gelegentlich fremden Körpern den Eintritt in den Central- raum gestatten, immerhin bleibt ein wesentlicher Unterschied in den Ernährungs- einrichtungen der Spongien und der wahren Coelenteraten. Bei den Cnidarien , den wahren Coelenteraten , fungirt dagegen die cen- trale Leibeshöhle als unzweifelhafte verdauende Cavität, welche eine freilich mit Seewasser gemischte verdünnte Ernährungsflüssigkeit bereitet, die als Nahrungssaft oder Blut in die peripherischen Räume und gefässartigen Canäle gelangt und vornehmlich durch Wimpereinrichtungen in diesen inneren Flächen bewegt und umher geführt wird. Das Körperparenchym besteht bei den Spongien vornehmlich aus dicht aneinander gelagerten amoebenähnlichen Zellen und Geisselzellen , die durch ein Gerüst von ein- oder mehrarmigen Kalk- und Kieselnadeln oder von Horn- fasern gestützt , eine so grosse Selbständigkeit bewahren , dass man eine Zeit- lang die Spongien als Aggregate von Amoeben betrachten konnte. Auch ist der Nachweis gelungen , dass die Zellen in mehreren Schichten angeordnet liegen , von denen die Innern als Bekleidung der Hohlräume Geissein trägt und dem Entoderm entspricht, die zweite derselben aufliegende Schicht {Mesoderm) eine mehr bindegewebige Beschaffenheit gewinnt und in sich die Hartgebilde des Skelets erzeugt. Endlich wurde auch ein äusserer Belag von grossen Pflasterzellen entdeckt und als Ectoäerm gedeutet. In wie weit jedoch diese Zellenstraten den gleich bezeichneten Schichten der Cnidarien homolog sind, bleibt noch nachzuweisen. Bei diesen, welche den Coelenteraten im ursprünglichen und engern Sinne entsprechen, unterscheidet man als Ectoderm eine epiteliale häufig bewimperte Oberhaut und als Entoderm eine die Gastralräume bekleidende ebenfalls bewimperte Schicht von höhern Cylinderzellen , welche zur Verdauung und 206 Nesselzellen. Muskeln. Nervensystem. Nahrungsaufnahme in näherer Beziehung sieht. Zwisclien beiden lagert das skeletogcno Gewebe, im einfachsten Falle eine dünne aber feste »Stützlamelle« auf dem Wege der Ausscheidung, ähnlich einer Cuticularmembran erzeugt. Ueberaus mannigfach gestaltet sich aber das wohl auch als Mesoderm bezeich- nete Stützgewebe bei den grössern und höher organisirten Goelenteraten. Bei den einen gewinnt es eine bedeutende Dicke und geschichtete Struktur und erzeugt in sich kalkige oder hornige Skeletablagerungen von höchst verschiedener Form (Anthozoen), bei den andern nimmt dasselbe zellige Elemente auf, die ihm den Charakter einer ausgeprägten Bindesubstanz verleihen , während die Grundmasse eine gallertige oder knorplige Beschaffenheit erhält (Schirmquallen). Selbst Muskeln und Nervenelemente können aus dem Ecloderm in das meso- dermale Skeletgewebe eintreten und ebenso wie entodermale Gefassausläufer der Gastralhöhle vollkommen in dasselbe eingebettet werden (Scheibenquallen und Rippenquallen). Von besonderm Werthe — den Geweben der Spongien gegenüber — er- scheint das Auftreten von Nesselzellen (Cnidoblasten) im Ectoderm aller wahren Goelenteraten. Dieselben enthalten kleine Kapseln, gefüllt mit einer Flüssigkeit und einem spitzen , spiralig aufgerollten Faden , welcher unter ge- wissen mechanischen Bedingungen, z. B. unter dem Einflüsse des Druckes bei der Berührung plötzlich nach Sprengung der Kapsel hervorschnellt und ent- weder in den Gegenstand der Berührung mit einem Theile des flüssigen hihaltes eindringt, oder an demselben nur innig klebt und haftet. An manchen Körper- theilen, ganz besonders an den zum Fangen der Beute dienenden Tentakeln und Fangfäden häufen sich diese kleinen mikroskopischen Waffen in reichem Maasse an, oft in eigenthümlicher Anordnung zu Batterien von Nesselorganen {Nesselhiöpfe) vereinigt. Indessen werden diese Nessel- oder ÄfigdorgSLue auch von Zellen des Entoderms erzeugt. Bei den grössern und höher organisirten Goelenteraten bildet das Ecto- derm höchst verschiedene Gewebselemente aus, welche zum Theil von der Oberfläche in die Tiefe herabrücken und eine Schichtung der äussern Zellen- lage veranlassen. Sehr verbreitet sind becherförmige Schleimdrüsen, die in ähnlicher Form auch im Entoderm vorkommen. Ferner treten zunächst als Ausläufer an der Basis von Ectodermzellen (Hyoblasten) Muskelfasern auf, welche man im Zusammenhang mit jenen in vorschneller Generalisirung als Netiromusliel- zellen betrachten konnte. In andern Fällen bilden die Muskeln eine besondere von der Oberfläche herabgerückte tiefere Lage von Faserzellen. Quergestreifte Muskelfasern finden sich in weiter Verbreitung als Muskelbelag der Umbrella. Endlich sind auch die Elemente eines Nervensystems wenngleich bislang nur an den Acalephen und Rippenquallen nachgewiesen worden. Fritz Müller beobachtete am Scheibenrande kleiner Medusen aus der Hydroidengruppe einen das Ringgefäss begleitenden Strang, welcher an der Basis der Tentakeln und zwischen denselben Anschwellungen bilden und von diesen zarte und scharf begrenzte Fäden entsenden sollte. Dieser Strang gilt insbesondere nach den histologischen Untersuchungen E. Haeckels mit um so grösserer Wahrschein- lichkeit als Nervenring, als demselben die als Sinnesorgane zu deutenden Rand- körperchen angefügt sind. Neuerdings haben die Untersuchungen von Claus, Fortpflanzung und Entwicklung. 207 Eimer, 0. und R. Hertwig die Existenz eines Nervensystems auch bei den grossen Acalephen ausser Zweifel gestellt. Bei den Rippenquallen scheint das Nervencentrum als ein einfaches muthmassliches Ganglion an dem aboralen Körperpole zu liegen. Als Sinnesorgane sind die Randkörper der Scheibenquallen und ein frei vorragendes Bläschen am Ganglion der Rippenquallen erkannt. Die ersteren sind entweder einfache, auch mit lichtbrechenden Körpern versehene Pigment- flecken [Augen) oder Bläschen mit einem oder mehreren glänzenden Concrementen {Gehörbläschen), an welchen Nervenfibrillen in eigenthümlichen Stäbchen- oder Härchenzellen endigen. Das Gehörbläschen der Ctenophoren dagegen ist mit einem zitternden, durch zarte Fäden befestigten Häufchen von glänzenden Con- crementen {Otolithen) gefüllt. Eine mit eigenthümlichen Sinneszellen bekleidete Grube oberhalb des Randkörpers der Schirmquallen ist wahrscheinlich als Richgrube zu deuten. Zum Tasten und Fühlen mögen neben der oberflächlichen Bekleidung des Nervenrings insbesondere die Tentakeln und Fangarme dienen. Bei der im Ganzen gleichartigen Beschafrenheit der Gewebe erscheint die ungesclilechtliche Fortpflanzung durch Knospung und Theilung sehr verbreitet. Bleiben die auf diesem Wege erzeugten Einzelformcn untereinander vereinigt, so entstehen die bei den Spongien und Polypen so verbreiteten Thierstöcke, welche bei fortgesetzter Vermehrung ihrer Individuen im Laufe der Zeit einen sehr bedeutenden Umfang erreichen können. Ueberall aber tritt auch die geschlechtliche Fort[)flanzung hinzu, indem in den Geweben des Leibes, meist in der Umgebung des Gastrovascularraumes, an ganz bestimmten Stellen des Leibes Eier oder Samenfäden gebildet werden. Sehr häufig treffen die Eier erst ausserhalb ihres Entstehungsortes mit den Samenfäden zusammen , sei es schon in dem Leibesraum , sei es ausserhalb des mütterlichen Körpers in dem See Wasser. Nicht selten nehmen die beiderlei Zeugungsstoffe in dem Körper des nämlichen Individuums ihre Entstehung, wie z. B. bei den Spongien, vielen Anthozoen und den hermaphroditischen Rippenquallen. Dagegen gilt für die Anthozoenstöcke im Allgemeinen die monöcische Vertheilung der Geschlechter als Regel, indem die Individuen des gleichen Stockes theils männlich, theils weiblich sind. Diöcisch sind z. B. Veretillum, Diphyes, Äpolemia. Die Entwicklung der Coelenteraten beruht grossentheils auf einer mehr oder minder complicirten Metamorphose , indem die aus dem Eie schlüpfenden Jugendformen von dem Geschlechtsthiere in Gestalt und Bau des Leibes ab- weichen und als Larven allmählig sich umgestaltende Zustände mit provisorischen Organen und Verrichtungen durchlaufen. Die meisten verlassen das Ei in Gestalt einer flimmernden Larve , deren Körper aus einer äussern {Ektoderm) und Innern Zellschicht [Entoderm) besteht, erhalten Mund beziehungsweise Osculum und Leibesraum, sowie Organe zum Nahrungserwerb, bald unter den Bedingungen einer freien Locomotion, bald erst nach ihrer Anheftung an festen Gegenständen des Meeres. Gewinnen die von dem Geschlechtsthiere ver- schiedenen Jugendzustände zugleich die Fähigkeit der Sprossung und Knospung, so kommen interessante Formen des Generationswechsels ^) zur Erscheinung. 1) J. Steenstrup, Ueber den Generationswechsel oder die Fortpflanzung und Entwicklung durch abwechselnde Generationen. Kopenhagen. 1842. 208 I. Subtypus. Spongiariae, Spongien. Die Brut der Acalephen (Ephyraquallen oder Acraspeden) stellt bewim- perte Larven dar, welche sich später festsetzen, in kleine Polypen umgestalten und durch eine Anzahl von Theilstücken ihres Leibes eine Reihe kleiner Quallen die jugendlichen Zustände der spätem Geschlechtsthiere, hervorbringen. Bei den Hydroidquallen wächst die anfangs freibewegliche Larve durch Knospung und Sprossung in einen kleinen Polypenstock aus, dessen Individuen vorzugsweise die Aufgabe zufällt, Nahrungsstoffe zu erwerben und zu ver- arbeiten. Später knospen dann an diesen Stöckchen der Hydioidpolypen, bald am gemeinsamen Stamme, bald an verschiedenen Theilen einzelner Individuen die Geschlechtsthiere als medusoide Anhänge oder als kleine frei werdende Medusen hervor. Indem aber oft die ungeschlechtlich erzeugten Individuen der Jugend- generation mit einander vereinigt bleiben und sich in die Arbeiten des gemein- samen Thierstockes theilen, auch verschiedene, den besonderen Leistungen ent- sprechende Einrichtungen in ihrem Baue zeigen, kommt es zu einer zweiten mit dem Generationswechsel nicht selten verbundenen Erscheinung, zum Polymorphismus^). Die jjohjmorphcn Thierstöcke, z. B. die Siphon ophoren, sind aus verschiedenen Individuengruppen zusammengesetzt, von denen die einen diese, die anderen jene besonderen Verrichtungen übernommen haben. Als Folge dieser Arbeitstheilung aber erhält nothwendig der gesammte Thier- stock den Charakter eines einheitlichen Organismus, während die Individuen physiologisch zu der Bedeutung von Organen herabsinken; auch die Generation der Geschlechtsthiere bleibt dann meist auf der Stufe inedusonkr Gemmen zurück , die nur hier und da zur selbständigen Isolirung kommen und morpho- logisch die Form der Meduse erlangen. Fast alle Coelenteraten sind Meertliiere, und nur wenige, wie unter den Spongien die Spongillen und unter den Hydroidpolypen die Gattungen Hydra und Cordylophora, gehören dem Süsswasser an. I. Subtypus. Spongiariae'). Porifera. Spongien, Scliwänime. Schlauchförmige, verästelte oder massige Körper meist von schwammiger Consistens , aus Aggregaten memhranloser , amocbenartitjcr Zellen gebildet, in der Regel mit einem aus Hornfäden oder Kiesel- und KalJcgehilden bestehenden, festen Gerüste, mit einem innern Ganalsystem, zahlreichen llautporen und einer oder mehreren Austviirf soff nun gen {Oscula). Die Spongien, deren Stellung bis in die jüngste Zeit zweifelhaft war, müssen gegenwärtig, nachdem durch eine Reihe eingehender Untersuchungen 1) Vergl. R. Leuckart, üeber den Polymorphismus der Individuen. Giessen. 1851. 2) G. D. Nardo, System der Schwämme. 1833 und 1834. Grant, Observations and Experiments on the struct. and funct, of Sponges. Edinb. phil. Journal. 1825 — 1827. Bowerbank, On the Anatomy and Physiologie of the Spongiadae. Philos. Transact. 1858 und 1862, ferner A Monograph of the Brit. Spongiadae. Ray Soc. London, vol. I Körperbau und Gcwehebildung. 209 Über den Bau, die Gewebe nnd die Fortpflan/Aing Licht verbreitet ist, mit R. Leuckart und E. Haeckel als Coelenteraten betra'chtet werden, obwohl sie von den Polypen und Quallen, den Coelenteraten im engern Sinne, in vielen Stücken nicht unwesentlich abweichen. Dieselben bestehen aus einem contractilen Gewebe, welches meist auf einem festen, aus Fäden und Nadeln zusammen- gesetzten Gerüst in der Art ausgebreitet ist, dass an der äusseren Peripherie grössere und kleinere Oeffnungen, im Innern der Masse ein System von engern und weitern Ganälen entsteht, in welchen eine continuirliche zur Ernährung nothwendige Wasserströmung unterhalten wird. DieSpongicn sind die niedersten unter den thierischen Organismen, welche eine Zusammensetzung aus Zelien- complexen nachweisen lassen, bei denen es bereits zur Sonderung differenter Zellen und Gewebe gekommen ist. AmoebenartigeParonchymzellen, zusammen- hängende Sarcodemassen, netzförmige Sarcodehäute, Geisseizeilen, Plattenzellen, Eier und Samenfäden, endlich geformte Zellausscheidungen treten als Theile des Spongienkörpers auf. Das contractile Parenchym aber besteht aus körnchen- reichen beweglichen Zellen, welche nach Art der Amoeben, ohne eine feste äussere Membran zu besitzen, Fortsätze ausstrecken und wieder einziehen, auch fremde Gegenstände durch Umfliessen in sich aufnehmen können. Indessen wurde von 0. Schm id t auch das Vorkommen contractiler Fasern nachgewiesen. Das feste Gerüst oder Skelet, welch&s wir nur bei den weichen und un- regelmässig geformten Myxospongien oder ILdisarcuien vermissen , Avird ent- weder aus Hornfasern oder Kiesel- und Kalknadeln gebildet. Die Hornfasern und II. 1864 und 1866. Lieberkübn, Beiträge zur Eutwickluiigsgescbichte der Spon- gillen. MüUer's Archiv. 1856. Zur Anatomie der Spongien. Ebendaselbst. 1857. 1859. Die Bewegungserscheinungen bei den Schwämmen. Ebendaselbst. 1863. Beiträge zur Anatomie der Kalkspongien. Ebendaselbst. 1865. Ueber das contraktile Gewebe der- selben. Ebendaselbst. 1867. Carter, On the ultimate Structure of Spongilla. Ann. and Mag of nat. bist. 1857. und zahlr. andere Abhandl. ebendas. 1847 — 1878. 0. Schmidt, Die Spongien des adriatischen Meeres. Leipzig. 1862. Derselbe, Suppleuient dieses Werkes, I. II. III. Leipzig. 1864. 1866. 1868. Derselbe, Grundziige einer Spongienfauna des adriatischen Meeres. Leipzig. 1870. E. Haeckel, Die Kalkschwämme. 3 Bde. Berlin. 1872. W. Marschall, Untersuchungen über Hexactinelliden. Zeitschr. für wiss. Zool. Supplb. XXV. 1875. und Tom. XXVIL 1876. Fr. E. Schulze, Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Spongien. Zeitschr. für wiss. Zool. Supplb. XXV. 1875 (Sycandra raphanus). Tom. XXVIII. 1877 (Halisarca) Tom. XXIX. 1877 (Chondro- sidae). Tom. XXX 1878 (Aplysinen). T. Smith, Ventriculiten der Kreideformation. Ann. and Mag. of nat. liist. vol. XX. 1847. Zittel, Ueber üoelopti/chium. Ein Beitrag zur Kenntniss der Organisation fossiler Spongien. Abhandl. der K. Bayer. Akad. der Wiss. IL Gl. Tom. XII. 1876. Derselbe, Studien über fossile Spongien. Ebend. Tom. XIII. 1877 und 1878. sowie die zahlreichen Aufsätze über fossile Spongien von Carter und W. J. Sollas. Ueber Entwicklung der Spongien vergl. besonders Fr. E. Schulze 1. c. E. Metschnikoff, Zur Entwicklungsgeschichte der Kalkschwämme. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXIV. 1874. Carter, Development of the marine Sponges. Ann. and Mag. nat. bist. vol. XIV. 1874. 0. Schmidt, Zur Orientirung über die Entwicklung der Spongien. Ebendas. Tom. XXV. Supplb. 1875. Derselbe, Nochmals die Gcistrula der Kalkschwämme. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XII. 1876. Derselbe, Das Larvenstadium von Ascetta primordialis und Ascetta clathrus. Ebendas. Tom. XIV. 1877. Barrois, Memoire sur l'embryologie de quelques eponges de la Manche. Ann. des scienc. nat. 6 Ser. Zool Tom. III. 1876. Clan.s, Zoologie. 4. Auflage. 14 210 Skelet, Osculum und Canalsystem. erscheinen fast ausnahmslos als Netze und Geflechte von sehr verschiedener Dicke und zeigen meist eine streifige , auf Schichtung hinweisende Struktur. Sie entstehen wahrscheinlich, wie zuerst 0. Schmidt aussprach, als erhärtete Sarcodetheile im Parenchym. Die Kalknadeln sind einfache, beziehungsweise drei- und vierarmige Spicula und nehmen ebenfalls als Ausscheidungsproducte im Innern von Zellen ihren Ursprung. Die Kieselgebilde, welche eine ganz ähnliche Entstehung nehmen, bieten die grösste Formenfülle und erscheinen theils als zusammenhängende Gerüste von Kieselfasern , theils als freie Kiesel- körper, meist mit einfachem oder verästeltem Gentralfaden (und Gentralkanale). Als solche treten sie in Form von Nadeln, Spindeln, Walzen, Haken, Ankern, Rädern und Kreuzen auf und entstehen in kernhaltigen Zellen wahrscheinlich durch Umlagerung einer organischen Erhärtung (Gentralfaden). Die isolirt entstandenen Kieselnadeln können eine sehr bedeutende Länge erreichen und auch von geschichteten Häuten , von Hornsubstanz oder selbst Kieselsubstanz {Euplectella) umschlossen und untereinander verbunden sein. Wichtig für das Verständniss der Skeletnadeln und ihrer Formen wird vielleicht die von Harting gemachte Entdeckung von der künstlichen Darstellung specifisch geformter Kalkkörper werden. Die Anordnung des beweglichen Parenchyms auf dem festen Gerüst ist nun stets eine solche, dass ein einfacher oder complicirt verzweigter mit Wimper- einrichtungen versehener Leibesraum entsteht, in welchen zahlreiche Poren der äusseren oft als Hautschicht abgegrenzten Parenchymlage einführen , während eine oder mehrere grosse Oeffnungen (Oscula) als Auswurfsöffnungen fimgiren. Um die sehr mannichfachen Abweichungen, welche sowohl die äussere Form- gestaltung als die Entwicklung des Innern Canalsystemes darbietet, morphologisch begründen und als Modifikationen einer einheitlichen Organisationsreilie daizu- legen, wird man zu einer vergleichenden Untersuchung des Baus, der Entwick- lungs- und Wachsthumsvorgänge der einfachem und complicirtern Spongien- formen verwiesen. Als Ausgangspunkt nehmen wir den aus der festgesetzten Larve hervor- gegangenen jungen Spongienkörper , welcher nach Bildung eines bewimperten Gastralraum's nebst Auswurfsöffnung oder Osculum einen einfachen Hohl- schlauch repräsentirt, dessen Wand zur Einfuhr kleiner im Wasser suspendiiter Nahrungskörper von Poren durchbrochen ist. An demselben unterscheiden wir das aus hohen Geisselzellen gebildete Entoderm und eine skelet ogene Zellen- schicht, welche ihrer Structur nach an Bindegewebe erinnert und äusserlich noch von einem Plattenepitel umkleidet wird. Die Gylinderzellen des Ento- derms besitzen am freien Ende im Umkreis der Geissei eine zarte hyaline Randmembran, welche als Fortsetzung des hyalinen Plasma's entstanden, wie ein Hohlcylinder vorsteht und den protoplasmatischen Kragen ^) gewisser Flagellaten (Gylicomastiges) wiederholt. Die mächtige Schicht , in welcher die Skeletnadeln erzeugt werden, besteht aus einer hyalinen Grundsubstanz mit eingebetteten unregelmässig verästelten, beziehungsweise spindelförmigen amö- boiden Zellen und kann wie die Gallertsubstanz des Acalephen als Mesoderm 1) Der Gninrl, wesshalb Clark die Sponf?ien als nächste Verwandte der Flagellaten deutete und für grosse Flagellatencolonien erklärte. Haliphysenia. Pbysemarien. 211 betrachtet werden, während das äussere (auch bei den Asconen, Leucosolenia) leicht nachweisbare Plattenepitel als Ectoderm aufzufassen ist. Die für den Spongienkörper so charakteristischen Poren oder Einströmungs- öffnungen sind im Grunde nichts alsParenchymlücken, können sich schliessen, verschwinden und durch neugebildete, welche durch Auseinanderweichen der Zellen entstehen, ersetzt werden. An einzelnen Formen {Halvphysemen) wurden bislang die Hautporen der dünnen Wand überhaupt nicht beobachtet und eine Geisseispirale am Osculum dargestellt , welche das Wasser mit den Nahrungskörpern in den Gastralraum einführen soll. E. HaeckeP) hat dieselben daher als Fhysemarien von den Spongien getrennt und im Anschluss an seine naturphilosophischen Speculationen als uralte Gastraeaden betrachten zu können geglaubt. Indessen dürfte auf den mangelnden Nachweis von Poren desshalb kein allzu grosses Gewicht zu legen sein, weil man oft auch bei andern lebenden Spongien vergebens nach Poren sucht, die sich eben geschlossen haben. AVahrecheinlich handelt es sich bei einzelnen Physemarien um jugendliche Formen von Kieselschwämmen (Stelletta), während andere wohl die einfachstee Spongienformen mit von aussen aufgenommenen Sandkörnern, Skeletnadeln und Hartgebilden repräsentiren möchten. In diesem Sinne hatte schon Bowerbank seine zwei Haliphysema- arten (H Tumanoiviczii und ranmlosa) als die kleinsten selbständigen Spongien beschrieben. Unter den Kalkschwämmen wird die einfache mit Hautporen versehene Spongie mit endständigem Osculum durch die Olijnthusfovm und durch die stockbildende aus zahlreichen Hohlcylindern zusammengesetzte Leucosolenia {GrcuHia) repräsentirt, deren Bau bereits von Lieberkühn in trefflicher Weise eingehend dargestellt wurde. Complicirter gestaltet sich der Leibesraum bei den Syconiden, deren Gentralhöhle sich in peripherische, oft kegelförmig her- vorragende, innen von Geisseizellen ausgekleidete Nebenräume oder Geissei- kammern ausbildet, in welche die Einströmungsöffnungen einmünden. Indem aber die Zellen des gemeinsamen Gentralraums keine Geisseizellen, sondern ectodermale Plattenzellen sind, ist der wohl durch Einstülpmig (Invagination) entstandene Theil der Innern Fläche ein ausführender Raum geworden, während die peripherischen radialen Hohlkegel zur Zufuhr und Verdauung der Nahrung dienen, auch bereits blindsackförmige Ausstülpungen bilden und untereinander bis auf dreiseitige Zwischencanäle verwachsen können. Bei anderen Syconen besitzt die Leibeswand aber noch regelmässig neben den Wimperhöhlen un- bewimperte Ganäle {Syconella, Kölliker), deren Entstehung durch partielle Verschmelzung der bei den Syconen meist frei hervorragenden Kegel zu erklären ist. In andern Fällen {Leuconidtn) gestalten sich die radialen Wimpercanäle zu unregelmässigen, nach der Peripherie verästelten Parietalcanälen, in welche die Poren der Wandung einführen. Complicirter gestalten sich die Spongienformen durch Stockbildung, indem die ursprünglich einfache aus einer einzigen Vv^imperlarve hervorgegangene ]) E. Haeckel, Die Physeiuarien {Haliplti/sema und GastrophysLina), Gastraeaden der Gegenwart. Jeuenser naturw. Zeitschiift. Tom. XL 1877. 14* 212 Complicationen dos Baues durch Stockbildung. Spongie auf dem Wege der Knospung, Sprossung und unvollständigen Theilung einen polyzoischen Schwammkörper erzeugt, oder, indem mehrere ursprünglich gesonderte , aus je einer Larve entstandene Formen durch Verschmelzung zu einem zusammenhängenden Schwammcomplexe verwachsen. Beiderlei Wachs- thumsvorgänge wiederholen sich in ganz ähnlicher Weise und in denselben Modifikationen bei den Polypenstöcken. Wie die fächerförmigen Netze der sog. Fächerkorallen [Rhipidogorgia fl(xhellum) durch vielfache Verwachsung von Aesten unter Anastomosirung ihrer Gastrovascularräume entstehen, so bilden sich auch hier aus verästelten Spongien netzförmige und selbst knäuelförmig verschmolzene Stöcke durch Goncrescenz. Hier gewinnt das Ganalsystem, an welchem sich die für die Einzelschwämme hervorgehobenen Abweichungen wiederholen, eine grössere Gomplication , theils durch Anastomosenbildung, theils dadurch, dass unregelmässige Lücken und verschlungene Gänge zwischen den verwachsenen Stockästen hinzutreten und Räume bilden , welche in die wimpernden Ganäle einführen. Die Oscula der stockbildenden Schwämme entsprechen entweder ihrer Zahl nach genau den in die Bildung des Schwammcomplexes eingegangenen Individuen (Leticosolenia) oder sind theilweise rückgebildet, auch gruppenweise verschmolzen {Tarrus^orm) und dann stets in geringerer Zahl vorhanden. In andern Fällen münden sämmtliche Gentralhöhlen der durch laterale Knospung entstandenen und im Jugendzustand mit besondern Osculis versehenen Individuen nach erlangter Reife in eine einzige Ausströmungsröhre mit gemein- samen Osculum ein. Aus der Leucosoleniaform entwickelt sich durch all- mählige ZAvischenglieder der Tarrusform schliesslich die sogenannte Nardoa. Andererseits kann auch die ursprünglich vorhandene Ausströmungsöffnung bei solitären Spongien durch Obliteration völlig verloren gehn, ebenso können Spon- gienstöcke ihre sämmtlichen Oscula einbüssen (Äuloplegmaiorm). Auch sollen sich nach E. Haeckel die aufeinanderfolgenden, jenen künstlichen Gattungen {Olyiithus, Leucosolenia, Tarrus , Nardoa) entsprechenden Formzustände der- selben Spongie sämmtlich durch die Produktion reifer Sporen (Eier) als tort- pflanzungsfähig erweisen. In ähnlicher Weise soll bei dem Norwegischen Kalkschwamm Sycometra compressa derselbe Schwammstock nicht weniger als acht reife, verschiedenen Gattungen entsprechende Formen tragen, wodurch im Grunde doch nur bewiesen sein würde, dass die früher als Gattungscharaktere verwendeten Merkmale ihrer Bedeutung nach auf Wachsthums- und Ent- wicklungsmodalitäten zu beschränken sind, dass also die Gattungsnamen keine systematische Kategorien, sondern nur Formzustände des sich entwickelnden und verändernden Organismus bezeichnen. Die obigen Erörterungen beziehen sich ausschliesslich auf die Kalkspongicn, in deren Bau wir in erster Linie durch L i eb e r kühn 's, später durch E. Haeckel 's Untersuchungen eine befriedigende morphologische Einsicht gewonnen haben. Unter ganz ähnlichen Gesichtspunkten mögen sich die Gestaltungsabweichungen der übrigen Hörn- und Kieselspongien sowie der Halisarcinen erklären lassen. Auch unter ihnen treffen wir monozoische Formen, zuweilen von bedeutender Grösse, viel häufiger jedoch polyzoische Schwammcomplexe mit zahlreichen Osculis an, deren Ganalsystem eine sehr complicirte Entwicklung zeigt. Bau der Spongilla und der Chondrosiden. 213 Unter den Kieselspongien war zuerst am genausten durch Lieberkühn 's Forschungen die Gattung Spongilla bekannt geworden. An diesem polyzoi- schen Schwammcomplexe hebt sich eine contraktiie Hautschicht ab und lässt an nur einer oder an mehrern Stellen dünnwandige Gylinder mit je einer Ausströmungsöffnung hindurchbrechen. Die wandelbaren Poren der Haut führen die Wasserströmung in einen unregelmässigen, von Gewebs- balken durchsetzten Raum und von da in das complicirte System innerer Ganäle und Lücken , welche schliesslich in die Hohlräume der Schornstein- ähnlichen Ausströmungsröhren leiten. In dem Lückensystem aber erscheinen die Wimpervorrichtungen nur hier und da als Wimperschlänche lokalisirt, welche mit dem Geisselepitel ausgekleidet sind. Bei den Spongillen erreichen die Bewegungserscheinungen den höchsten Grad der Ausbildung. Sowohl die äussere Haut als die Parenchymbalken verändern ihre Form ; Hautporen werden geschlossen, andere neugebildet, die Schornsteine eingezogen und neue hervor- gestreckt, selbst die Wimperapparate verändern ihre Lage, und die Nadeln, sofern sie nur von contractiler Substanz getragen und nicht durch Hornsubstanz fixirt sind, werden in ihrer gegenseitigen Stellung verschoben. Auf diese Weise kommt nicht nur eine mehr oder minder auffallende Veränderung der Gesammt- form, sondern sogar eine Art Ortsveränderung zu Stande, indem der ursprüng- liche Befestigungsort unter langsamen Bewegungen der gewissermassen ab- fliessenden Masse verlassen und mit einem neuen vertauscht wird. Theilungen und Verschmelzungen sind ebenfalls häufige Erscheinungen des Schwamm- körpers , wie auch abgeschnittene Stücke fortwachsen oder auch mit andern verschmelzen. Kommen die Schwämme bei weiterer Ausdehnung mit einander in Berührung, so verschwindet ihre Grenzhaut, die Nadeln kreuzen sich, die Innern Ganäle vereinigen sich. Das Wachsthum aber beruht auf der Propagation und Neubildung von Schwammzellen und ihrer Produkte. Neuerdings aber sind durch die Beobachtungen von Kölliker, 0. Schmidt und besonders Fr.*E. Schulze die Chondrosiden und Aplysiniden, sowie die skeletlosen Halisarcinen auf ihren feinern Bau erforscht worden. Bei den erstem hebt sich eine meist pigmentirte, feste, lederartige Rinde von dem hellen speckig glän- zenden Mark ab. Von den zahlreichen Eingangsporen sind gewöhnlich nur einzelne weit geöffnet, die meisten eng oder ganz geschlossen. Von den Poren aus durchziehen die feinsten Eingangscanälchen zunächst die Rindenschicht und münden in weitere mehr der Oberfläche parallel verlaufende Ganäle, weiche zu sternförmigen Systemen radiär zusammenlaufen. Jedes derselben entsendet nach abwärts einen Hauptcanal, welcher sich wieder an der Grenze von Rinde und Mark in zahlreiche Zweige auflöst, deren verästelte Endcanäle in die meist birnförmigen Geisseikammern der Marksubstanz ausmünden. Aus diesen entspringen wieder abführende Ganälchen, welche sich mit denen der be- nachbarten Geisseikammern zu einem baumförmigen Systeme von Abflussröhren vereinigen, dessen gemeinsamer Endcanal in dem Osculum ausmündet. Die Grundsubstanz entspricht dem bindegewebigen Mesoderm, mit zahlreichen ein- gelagerten spindelförmigen Zellen , in der Rinde zugleich von einem dichten Faserwerk und Pigmentzellen durchsetzt. Das zu- und abführende Ganalsystem wird von Plattenzellen ausgekleidet, die freilich an der Oberfläche nicht als 214 Fortpflanzung durch Gemmulae. äusserer Ectodermüberzug nachgewiesen werden konnten, während die Geissei- kammern von den entodermalen Geisselzellen gebildet werden. Aehnlich verhält sich unter den Hornschwämmen das zuführende und ab- führende Ganalsystem mit den eingeschobenen Geisseikammern bei der Gattung Aplysina, an welcher die drei Gewebsschichten, und unter ihnen auch das ecto- dermale Plattenepitel als Bekleidung der gesammten Oberfläche in ähnlicher Weise nachgewiesen wurde. Im Mesoderm sind aber auch lange spindel- förmige Faserzellen, besonders in der Rinde des Schwammes überaus verbreitet, welche die Eigenschaft der Contractilität besitzen und als Muskelfasern (wenn auch ohne Verbindung mit Nervenelementen) das Ganalsystem und die Oscula verengern können. Ferner lagern in demselben, besonders dicht in der Rinde, unregelmässig rundliche oder knollige Körper von intensiv schwefelgelber Farbe und starkem Lichtbrechungs vermögen, welche wahrscheinlich Reservematerial zur Ernährung enthalten. Die Fortpflanzung erfolgt vornehmlich auf ungeschlechtlicliein Wege durch Theilung und Erzeugung von Keimkörpern, Gemmulae, aber auch durch Bildung von Eiern und Samenkapseln. Die Gemmulae oder Keimchen sind bei den Spongillen Haufen von Schwammzellen, welche sich mit einer festen, aus Kiesel- gebilden {Amphidisceii) zusammengesetzten Schale umgeben und encystirten Protozoen vergleichbar, in einem längern Zustande der Ruhe und Unthätigkeit verharren. Nach einiger Zeit, bei den Süsswasserspongillen unserer Gegenden nach Ablauf der kalten sterilen Jahreszeit , kriecht der Inhalt aus der Oeffnung der Kapsel hervor, umfliesst gewöhnlich die letztere und differenzirt sich mit fortschreitendem Wachsthum in amoebenartige Zellen und in alle wesentlichen Theile eines neuen kleinen Schwammkörpers. Auch bei den Meeresschwämmen ist die Vermehrung durch Gemmulae verbreitet. Dieselben entstehen unter gewissen Bedingungen als kleine von einer Haut umschlossene Kügelchen, deren Inhalt im Wesentlichen aus Schwammzellen und Nadeln gebildet ist und nach längerer oder kürzerer Zeit der Ruhe nach Zerreissen der Haut austritt. Die geschlechtliche Fortpflanzung wurde von Lieberkühn zuerst bei den Spongillen mit Sicherheit festgestellt, neuerdings aber fast in sämmtlichen Spongiengruppen nachgewiesen. Meist scheinen die Schwämme getrennten Geschlechts, beziehungsweise als Stöcke diöcisch zu sein. Die Samenkörper sind stecknadelförmig und liegen in kleinen ursprünglich aus Zellen hervor- gegangenen Kapseln. Ebenso wie die Samenkapseln entsprechen auch die Eier veränderten Zellen des Parenchyms und zwar nach E. Haeckel Geissel- zellen des Entoderms, während es wahrscheinlicher ist, dass sie aus Zellen der- selben Gewebslage (Mesoderm) , in welcher die Nadeln und Skeletgebilde ent- stehen, ihren Ursprung nehmen. Die Eier sind nackte, amoebenartig bewegliche Zehen und gelangen in das Ganalsystem, während sie bei den lebendig gebärenden Syconen im Mesoderm verweilen und hier ihre Embryonalentwicklung x durch- laufen. Erst später fallen die bewimperten Embryonen oder Larven in das Ganalsystem , schwärmen aus und setzen sich fest , um sich in einen jungen Spongienkörper umzubilden. Die Embryonalentwicklung ist am genausten für die Syconen unter den Kalkschwämmen durch Fr. E. Schulze und Barrois bekannt geworden, in- Geschlechtliche Fortpflanzung und Embryonalentwicklung. 215 dessen auch bei Halisarca und einigen Kieselschwännnen von Carter, 0. Schmidt und jenen Beobachtern näher verfolgt worden. Das Ei theilt sicli zunächst in zwei gleichgrosse Kugeln, die in regelmässiger Furchung in vier, dann in acht in einer Ebene liegende Farchungskugeln zerfallen. Der einem Topfkuchen ähnliche Furchungskörper wird bei der näclisten Theilung quer nahe der Aequatorialebene durchschnitten , sodass jede Kugel in eine kleinere apicale und in eine grössere basale Zelle zerfällt. Der im Gentrum zurück- bleibende Raum repräsentirt die Furchungshöhle und stellt sich innerhalb des basalen Zellenkreises merklich geräumiger dar, wie auch die basale Oeffnung desselben viel grösser als die des Scheitelpoles ist. Auf diese Weise erhält der Embryo die Form eines flachen linsenförmigen Doppelkegels, an welchem durch Theilung der Furchungszellen zwei neue der Aequatorialfurche anliegende Zellenringe von je IG Zellen auftreten, so dass derselbe jetzt einer einschichtigen Zellenblase vergleichbar wird, welche nach Schluss der Apicalöffnung nur noch an der Basis offen ist. An derselben erscheinen die acht grossen Zellen der abgeflachten Basis dunkelkörnig und weichen , nachdem die hellen Zellkugeln unter fortgesetzter Vermehrung zu einer grossen Zahl von cylindrischen Geissei- zellen umgestaltet worden sind, in die Furchungshöhle zurück, um in ihren Derivaten einen ansehnlichen Haufen dunkelkörniger Zellen zu bilden. (Ver- meintliches Gastrula-stadium). Nunmehr treten an den hellen Gylinderzellen Geissein auf, und wir erhalten den schon von Lieberkühn beschriebenen aus- schwärmenden Embiyo mit den am hintern Körperende vorgedrängten dunkel- körnigen Kugelzellen. An dieser geissellosen Körperhälfte setzt sich dann der Embryo fest, um unter noch nicht klar gestellten V'^orgängen zu einem jungen Schwammkörper zu werden. In anderen Fällen wie bei Ascetta primordialis, Halisarca und verschiedenen Kieselschwämmen folgt direkt auf den Furchungs- process die Bildung einer einschichtigen Flimmerlarve, an deren hinterm Pol erst die dunkeln Körnerzellen entstehen und als Wanderzellen in die Furchungs- höhle eintreten (0. Schmidt). Diese grossen Körnerzellen werden von 0. Schmidt als Entodermzellen betrachtet, welche zur Gastralbekleidung des Spongienkörpers wurden, während sich die hellen cylindrischen Geissei- zellen in die skeletbildende bindegewebs-ähnliche (Mesoderm-) Schicht um- gestalten sollten , das ectodermale Plattenepitel aber erst später nachträglich entstanden sein könnte. Dagegen betrachtet E. Metschnikoff ^) und gewiss mit Recht gerade die Körnerzellen als Aequivalent der hyalinen skeletogenen Gewebsschicht und lässt die äussern Geisseizellen der Larve mit Fr. E. Schulze und Barrois in das ectodermale Plattenepitel der Spongie übergehn. Unklar aber bleibt dann bei der Zweischichtigkeit der Larve die Entstehungs- weise des Entoderms , wie überhaupt auch die Bildung der Gastralhöhle und des Osculums noch im Dunkeln schwebt, da sich Ha ecke Ts schematische Erklärungs weise mittelst der Gastraea als irrthümlich herausgestellt hat. 1) Dass diese Annahme eine durchaus irrthümliche ist, haben die neuesten noch nicht veröffentlichten Untersuchungen Metschnikoff s festgestellt. M. verfolgte die Entstehung des Ectoderms bei A. primordialis , A. blanca und Halisarca Dujardinii direkt aus dem Ectoderm der flimmernden Larve. Dagegen soll bei Sycandra und Leucandra die flimmernde Larvenhälfte durch Einstülpung zum Entoderm werden. 216 Vorkommen und Bedeutung der Spongien. Die Frage, ob die Spongien als Einzelwesen oder Thierstöcke aufzufassen sind, findet gegenwärtig ihre Erledigung in einem ganz anderen Sinne als früher, wo einzelne Forscher die amoebenartige Schwamrnzelle als das Individuum desSpongienkörpers betrachten konnten. Trotz der relativ grossen Selbständigkeit der Spongienzelle wird mit dem Nachweise der verschiedenartigen Elementar- theile des Schwammkörpers, seiner gesammten Lebensvorgänge und Fortpflan- zung die Beantwortung der Frage nur insofern eine Meinungsverschiedenheit gestatten, als es sich darum handelt, in der Spongie mit einheitlichem Ganal- system und einfacher Auswurfsöffnung monozoische, in denen mit zahlreichen Auswurfsöffnungen polyzoische Organismen zu erkennen. 0. Schmidt hat sich zuerst mit Recht für diese Unterscheidung ausgesprochen, welche wesent- lich durch die Analogie der Polypen und Polypenstöcke, zu denen die Spongien so nahe Beziehungen darbieten, gestützt wird. Mit Ausnahme der Gattung Spongillu gehören die Spongien dem Meere an, wie dieselben unter sehr verschiedenen Verhältnissen und in weiter Verbreitung angetroffen werden. In geringen Tiefen leben die Hornschwämme sowie die Halisarcinen und Ghalineen, in sehr bedeutender Tiefe die Hexactinelliden. Auch finden sich in verschiedenen Formationen, namentlich in der Kreide, petreficirte Ueberreste von Spongien erhalten, die von den meisten gegenwärtig lebenden sehr verschieden sind. Dagegen stimmen die Glasschwämme der Tiefsee so sehr mit Formen der Vorwelt , dass dieselben als unmittelbare Fortsetzung der letztern erscheinen. CJebrigens reichen viele der Hauptgruppen bis in das palaeolitliische Zeitalter zurück , in welchem vornehmlich Lithistiden und Hexactinelliden schon in den ältesten silurischen Schichten angetroffen werden. Daher liefert die Palaeontologie für die Beurtheilung der phylogenetischen Ent- wicklung keinerlei Anhaltspunkte. Die Bedeutung der Spongien für den Haushalt der Natur und die Bedürf- nisse des Menschen dürfte nicht sehr hoch anzuschlagen sein. Merkwürdig er- scheinen die bohrenden Schwämme ( Vioa, Thoassa), welche sich vielleicht mit Hülfe ihrer Kieselnadeln in Molluskengehäusen, Kalksteinen und Korallen Röhren und Ganäle eingraben. Eine besondere Wichtigkeit für den Menschen haben die als Bade- und Waschschwämrae bekannten weich elastischen Hornschwämme {Eusponyia), deren Auffischung aus dem Grunde des Meeres zahlreiche Schiffe, namentlich im Mittelmeere (Sinyrna, Greta) , beschäftigt. Wegen ihres Jodgehaltes werden die gerösteten Abfälle von Spongien auch medicinisch als Kropfniittel verwendet. Nicht selten findet man das Spongien- gewebe von Parasiten (Oscillatorien und Algenfäden) durchsetzt, die um so leichter zu Täuschungen Veranlassung geben können , als gelegentlich Algen wie Cladophora sponyio)norpha als Spongien beschrieben worden sind. Auch gibt es Spongien bewohnende Hydroidpolypen (Stejjhanoscyphus). Die ältere Eintheilung nach der Beschaffenheit des Skeletes in Horn- schwämme, Kieselschwämme, Kalkschwämme ist in neuerer Zeit vornehmlich in Folge der Untersuchmigen 0. Schmidt 's verändert worden. Immerhin bleibt die systematische Detail-Gruppirung eine provisorische, da bislang nicht einmal zur Gharakterisirung der Familien und Gattungen ein ausreichend sicheres Prinzip aufgestellt werden konnte. Ist doch der Nachweis geführt worden, Fibrospongiae. 217 dass die als systematischen Charaktere verwertheten Merkmale einer grössern oder geringern Wandelbarkeit unterliegen, wie die gesammle Form, Beschaffen- heit der Oscula , Individualitätsgestaltung etc. Am constantesten zeigen sich die Nadelformen und Gewebe des Skelets , die somit für die Gharakterisirung der Gattungen, ebenso wie die Beschaffenheit des Ganalsystems in erster Linie in Betracht zu ziehen sind. 1. Ordnung. Fibrospong-iae, Faserschwämme. Ein Skelet fehlt entweder noch ganz, und der Leib ist, was für die Schleimschwämme gilt, ausschliesslich aus contraktilem Parenchym gebildet oder es sind bereits hornige Erhärtungen als Sponginfasern , ferner zugleich oder auch ohne Hornfasern verschieden ge- staltete Kieselkörper vorhanden ; in andern Fällen werden Kieselspicula durch verkieselte Umhüllungsschichten zu Kieselnetzen verbunden. 1. Unterordnung. Myxospongia , Gallertschwämme. Weiche fleischige Schwämme ohne jegliches Skelet, mit hyalinem gallertigen oft von Fasersträngen durchsetzten Mesoderm. Die ziemlich hohen Ectodermelemente sind leicht nachweisbar und sind Geisselzellen. 1. Fam. Halisarcidae '), Gallertschwämme. Weiche Schwammmassen ohne jegliches Skelet. Halisarca Duj. H. lobularis 0. S. , von dunkelvioletter Farbe, Steine krusten- artig überziehend, Sebenico. H. Diijardinii Johnst. bildet weisse üeberzüge auf Lanii- narien der Nordsee. Die Gattung Sarcomella von gallertiger Consistenz enthält jedoch einfache Nadeln. 2. Unterordnung. Ceraospongia, Hornschwämme. Meist verästelte oder massige, zuweilen rindenähnlicheSpongien mit einem Hornfasergerüst, in welchem auch Kieselkörper und Sandkörper als fremde Einschlüsse auftreten. 1. Farn. Spongidae, Hornschwämme. Polyzoische Spongien, deren Skelet aus elastischen Hornfasern besteht, die zuweilen fremde Einschlüsse enthalten, niemals aber Kieselnadeln erzeugen. Spongelia Nardo. Von sehr lockerm Gefüge der schwachen, röhrigen, fremde Ein- schlüsse bergenden Hornfasern. S. elegans Nardo, farblos {Spongia tupha). S. fistularis, paüescens 0. S., violett, Adria. Cacospongia 0. S. Die meist soliden Fasern zeigen eine grössere Festigkeit. C. molUor, scalaris, cavernosa 0. S. , Adria. Euspongia 0. S. Mit sehr elastischem gleichmässig starken Fasergerüst, meist als Wasch- und Badeschwämme verwendbar. E. adriatica 0. S., eqiiina 0. S. , Pferde- schwamm von Laibform, zimocca 0. S. , im griechischen Archipel, molissima 0. S., Levantinerschwamni von Becherform. Filifera Lbkn. {Filiferldae) {Hircinia Nardo und Sarcotragus 0. S.j. Mit dem Gerüste der starken Hornfasern hängen äusserst feine geknöpfte Hornfäden zusammen. F. {Hircinia) hirsuta, flavescens 0. S., fasciculata {Spongia fasciculata Esp.). F. (Sarco- tragus) aus sehr dichtem fast unzerreissbarem Gewebe und schwarzer lederartiger Haut, spinulosa 0. S., Adria. 2. Fam. Aplysinidae. Hornschwämme mit röhrenförmigen eine weiche Achse umschliessenden Hornfasern, ohne selbständige Kieselbildungen. 1) 0. Schmidt, Spongien des adriatischen Meeres. 18G2. KöUiker, Icones histeologicae. Leipzig. 18G4. Carter, Ann. and Mag. of nat. bist. 1873 und 1874. Fr. E. Schulze L c. 218 Halichondriae. Aplysina 0. S. Mit unregelmässigem Netze von Hornfasem, welche eine weite Markhöhle umschliessen und in feinen Spitzen endigen. A. aerophoba Nardo. An der Oberfläche mit einem Netzwerk erhabener Leisten, schwefelgelb, von weich elastischer Consistenz, erfahrt nach Entfernung aus dem Wasser einen Farbenwechsel und wird dunkelblau. A. carnosa 0. S., beide in der Adria. Bei Aplysilla Fr. E. S. ist der Schwammköri^er krustenartig, oline die hohen Schornsteine der Oscula. A. sulfurea Fr. E. S., Adria. Verongia Bowb. Die Höhlungen der zu Netzen verbundenen Fasern sehr eng. F. fistularis Bwb. Hierher gehören ferner Darwinella Fr. Müll., Dendrospongia Hyatt. und Janthella Gray. 3. Unterordnung. Halichondriae. Sehr verschieden gestaltete Spongien mit vorwiegend einaxigen Nadeln, einfachen Kieselspicula, welche durch zarte oder festere Plasma-Umlagerungen verbunden, beziehungsweise netzförmig an- geordnet oder in Spongienfasern eingeschlossen liegen. 1. Farn. Chondrosidae (Gummineae) , Lederschwämme. Runde oder lappige Spongienmassen von kautschukartiger Consistenz, auf frischen Schnitten ein speckartiges Aussehn der Marksubstanz gewährend. Das Rindengewebe ist nussbraun oder schwärzlich pigmentirt und von lederartiger Beschaffenheit, die innere Masse einer milchfarbenen Pulpa ähnlich. Die Struktur der Gewebe wird durch das Vorkommen feiner verfilzter Fasern in der Rinde charakterisirt. Zuweilen treten bestimmt geformte Kieselgebilde auf. Eine scharfe Abgrenzung von den Halisarciden ist nicht möglich. Chondrosia Nardo. Ohne dem Schwämme eigenthümliche Kieselkörper, daher von den Halisarcinen kaum zu trennen. C. reniformis Nardo (ecaudata 0. S.), gliricauda 0. S., Adria. Chondrilla 0. S. Schwammkörper minder compakt, mit Einlagerungen von Kieselsternen. C. nucula 0. S. Osculina 0. S. Mit sehr zahlreichen von Papillen um- stellten Oscuiis und einfachen Kieselsternen. 0. polystomella 0. S , Küste von Algier. 2. Farn. Chalinidae. Vom Habitus der Spongien, mit Hornfasern, in denen ein- fache Kieselnadeln von Spindelform liegen. Hierher gehören die von 0. Schmidt auf- gestellten Gattungen Pseudochalina 0. S. Gewebe wie bei Euspongia mit ganz leicht verkieselten Centralfäden. Chalina O.S., vom Habitus der Euspoig in. Ch.nitens, oculata {Halichondria oculata Johnst.), limbata, Britisches Meer, digitata 0. S. , Quarnero. Cacoehalina 0. S., vom Habitus der Cacospongia, Rothes Meer. Chalinula 0. S., vom Habitus der Reniera, mit einfacher Nadelreihe. C. renieroides 0. S., Algier. Siphono- chalina cnriacea 0. S., Algier. Cribroclialina 0. S., Rhizochalina 0. S., Pachychalina und Balsamo-CiivelWs Lieberliihnia {Esperia calyx Nardo), Becherschwamm des Mittel meeres). 3. Farn. Renieridae. Spongien mit lockerem Netze, durch welches die kui-zen Nadeln verbunden werden. Reniera Nardo. Incrustirende Formen von geringer Con- sistenz, ans ziemlich regelmässigem Netzwerk, zu welchem die Kieselnadeln vereinigt sind, theil weise Brakwasserschwämme. R. porosa 0. S. Bei Amphorina 0. S. liegen die Nadeln unregelmässig durcheinander. A. genetrix 0. S., Grönland. Fellina 0. S. Die unregelmässig gruppirten Nadeln werden nur durch eine vollständig entwickelte Oberhaut zusammengehalten. P. bibula 0. S., Kattegat. Eumastia 0. S., Foliolina 0. S. u. a. G. Hier schliessen sich die Spongillen des süssen Wassers an mit der Gattung Spon- gilla Lam. und mehreren als S. lacustris, Jluviatilis etc. von Lieberkühn unter- schiedenen Arten. 4. Fam. Suberitidae. Schwämme von massiger Form mit geknöpften Kiesel- nadeln, die in der Regel als netzartige Züge angeordnet sind. Suberites Nardo. S. domuncula Nardo, Adria, Mittelmeer. S. tuberculosus 0. S., Florida. Papillina 0. S., Oscula auf den Spitzen papillenförmiger Fortsätze. Radiella 0. S. , Tethya Lam. , T. Lyncureum Johnst. Hier schliessen sich die Bohrschwämme an. Vioa Nardo. V. typica, an Austerschalen. Lithospongiae. Hyalospongiae. 219 5. Fam. Desmacidonidae. Aestige und massige Schwämme mit überaus wandel- baren Kieselkörpern, die bald in lockerm bald in festem Zusammenhang vereinigt sind. Desmacella 0. S. Enthält ausser gestreckten Nadeln nur Bogen- und Spangennadeln. D. pumilio 0. S., Florida. Desrnacidon Bwk. Mit dreizähnigen symmetrischen Doppel- haken. U. caducum 0. S. , Algier. Esperia Nardo. Mit eigen thümlichen Kieselkörpern von Hakenform, E. massa 0. S., Adria. Myxilla 0. S. 6. Fam. Chalinopsidae. Derbere strauchförmige Schwämme mit oder ohne Faser- gewebe, ohne die Bogen und Haken der Desmacidoniden, Axinella 0. S. Mit festerer Axe von longitudinalem Netzwerk, welches lange Kieselnadeln umschliesst. Im äussern Parenchym fehlen die Hornfasern. ji. cinnamonea, faveolaria {Grantia cinnamonea, faveolaria Nardo), intensiv schwefelgelb gefärbt, verrucosa, cannabina {Spongia verrucosa, cannabina Esp.), poh/poides 0. S. , Adria. RaspaiUa Nardo. Dunkel gefärbte biegsame Schwämme, welche sich auf einer dünnen Kruste als Basis in Form schlanker un ver- zweigter oder dichotomischer Ruthen federkieldick erheben. U. typica Nardo, stelligera 0. S., Quarnero. Raspaigella entbehrt der deutlichen Hornfasern ganz und schliesst an Beniera an. Clathria 0. S. Von Grund aus verzweigt , ein dichtes Netzwerk bildend. Die Nadeln theils vollständig in der Hornsubstanz eingeschlossen, theils mit den spitzen Enden in die unregelmässigen Maschenräume hineinragend. C. coralloides {Spongia clathrus Esp. = Grantia coralloides Nardo), oroides, pelligera 0. S. Hier schliessen sich die Gattungen Acantliella, Dictyonella, Chalinopsis 0. S. an. 4. Unterordnung. Lithospongiae, Steinschwämme. Kieselschwämme von derber fester Consistenz , mit vierstrahligen sehr verschieden gestalteten Kieselgebilden {Tctracünelliden). Bald sind es wurmförmige Kieselkörper, welche Platten und Scheiben zusammensetzen, bald kuglige, ankerförmige und vierstralilige Hartgebilde, welche sich auch zu Netzen verbinden und ein festes Skelet herstellen. 1. Fam. Geodiidae. ßindenschwämme mit Ankernadeln und mit Kieselgebilden in der Rinde. Caminus 0. S. Die spröde Rinde besteht fast nur aus Kieselkugeln, das Parenchym aus einfachen Kieselnadeln. C. vulcani 0. S., Sebenico. Geodia Lam. Höckrigc, von unregelmässigen Canälen durchsetzte Rindenschwämme, in deren Rinde ausser Kiesel- kugeln verschieden geformte Nadeln liegen. G.placenta, gigas, tuherosa 0. S., Quarnero. Pyxitis 0. S. 2. Fam. Ancorinidae. Rindenschwämme, deren Rindenschicht ohne Sternchen und Kugeln von frei hervorragenden Ankernadeln durchsetzt wird. Aiicorina 0. S. A. cerebrum, verrucosa 0. S., Quarnero. Steletta 0. S., Pachastrella 0. S. u. a. G. 3. Fam. Lithistidae , Steinschwämme. Scheinbar regellose Gewirre von zusam- menhängenden Kieselfäden und Kieselnetzen, zugleich mit Ankernadeln. Scheinen die nächsten Verwandten der fossilen Kreidespongien ( Vermiculaten) zu sein und leben in bedeutender Tiefe. Leiodermatium 0. S. entbehrt isolirter Kieselkörper. L. ramosum 0. F. , Florida. Corallistes 0. S. enthält zugleich Szähnige Anker. C. typus 0. S. Lyidium 0. S. 5. Unterordnung. Hyalospongiae ^), Glasschwämme. Spongien mit einem festen oft hyalinen Gitterwerk von Kieselnadeln, die den sechsslrahligen Typus zur vollen Ausprägung bringen {Hexactinelliden) und durch geschichtete Kiesel- substanz verkittet sein können. 1. Fam. Hexactinellidae, Glasschwämme. Mit zusammenhängenden Kieselgerüsten und geschichteten, sechsstrahlige Kieselkörper verkittenden Fasernetzen von Kieselsubstanz, 1) Vergl. Marshall 1. c, ferner Max Schnitze, Die Hyalonemen. Bonn. 1860, C. Claus, üeber Euplectella aspergillum, Marburg. 1869. 220 Calcisponcriae. häufig mit isolirten Nadeln und Büscheln von Kieselhaaren zur Befestigung. Leben grossen theils in bedeutenden Tiefen und sind den fossilen Venti iculitiden verwandt. Sclerothamnus Marsh. Das gesammte Gitterwerk des verästelten Spongienkörpers ist von einem zusammenhängenden System von Canälen durchzogen. Sc. Clausa Marsh. Dactylocalyx Bbk. Netzwerk unregelmässig aus cylindrischen Fasern gebildet. D. pu- micea Stutchb., Barbados. AphrocaUifites Gray. A. Boccagei P. Wr., Farrea Bwk. etc. Euplectella Owen. Das zierliche Netzwerk der cylindrischen Wand steht mit einem Schopf von Kieselhaaren in Verbindung, welche mit zahlreichen Wider- häkchen besetzt, mit einem Ankerknopfe endigen und fremde Gegenstände umschlingen. Am freien Ende des Cylinders liegt die Auswurfsöffnung , von siebförmig gegitterter Platte bedeckt. Zahlreiche mannichfaltig gestaltete Kieselsterne liegen zwischen dem Balkennetze. E. aspergillum Ow. , Philippinen. Im Leibesraume des Glasschwanimes leben Aega spongiphila und ein kleiner Palaemon. {E. cuciimer Ow. , speciosa G., cor- bicula Valenc. Hier schliessen sich HoUenia {Pheronema) Carpenteri von den Faroer- Inseln an. Polyzoische Glasschwämnie sind Hyalotliauma Ludekiugi Herkl. Marsh, und Eurete Scliultzei Semper, von den Philippinen (mit Aega hirsuta). Durch die letztere Form wird der Uebergang zu der merkwürdigen Gattung Hyaloncma gebildet. H. Sie- holdii Gray, Japan. H. boreale Loven, Nordmeer. 2. Ordnung. Calcispongiae, Kalkschwämme. Meist farblose, selten roth- gefärbte Spongien und Spongienstöcke , deren Skelet aus Kalknadeln besteht. Entweder sind dieselben einfache Nadeln (die zuerst entstandenen der Jugend- form) oder dreiarmige oder vierarmige Kreuznadeln. Sehr häufig aber treten zwei oder alle drei Nadelformen in derselben Spongie auf. Die Variabilität ist überaus mannichfaltig. hidividuen und Stöcke treffen wir innerhalb der gleichen Art ; ebenso wechselt die Beschaffenheit der Oscula. Am constantesten ist die Beschaffenheit des Ganalsystems und der Nadelformen. Nach der erstem werden die drei Familien zu charakterisiren sein, hmerhalb derselben aber sind in erster Linie die Nadelformen zur Gharaklerisirung der Gattungen von E. Ha e ekel sogar ausschliesslich verwendet und nach den sieben möglichen Gombinationen je 7, also im Ganzen 21 Gattungen (sog. natürliche !!) Gattungen unterschieden , deren Namen mit entsprechenden Endungen — yssa (einfach), etta (dreistrahlig) , illa (vierstrahlig) , ortis (einfach und dreistrahlig) , ulmis (einfach und vierstrahlig) , altis (dreistrahlig und vierstrahlig) , andra (einfach, dreistrahlig und vierstrahlig) gebildet worden sind. Freilich werden auch hier alle Zwischenformen als connexive Varietäten beschrieben. Früher hatte E. Haeckel eine grosse Zahl von Gattungen nach Indivi- dualität oder Stockbildung, nach der besondern Beschaffenheit der Mündungen, beziehungsweise nach der Abwesenheit der letztern aufgestellt und behauptet, dass ein und derselbe Schwamm allen diesen verschiedenen Gattungen zu- gehören könne, an demselben Stock z. B. die reifen Formen von acht ver- schiedenen Gattungen trage {Sycometra conqyressa). Diese vermeintlichen Gattungen Averden nunmehr von Haeckel als Kategorieen eines künstlichen Systems den natürlichen auf die Nadelform gegründeten Gattungen gegenüber- gestellt (! !). Wie schematisch construirt die Ansichten Haeckel's über den Stamm- baum der Kalkschwämme sich darstellen , mag man daraus entnehmen, dass in der Entwicklungsgeschichte des jungen Schwammes zuerst die ein- strahligen Nadeln auftreten — während H. einen mit Dreistrahlern versehenen Asconidae. Lonconidae. Sj^conidae. 221 Ohjntlms als Stammform voraussetzt. Einen geringern Werth hat man wohl auf den Umstand zu legen, dass die ältesten fossilen Kalkschwämme, die Fharetronen aus dem Devon , schon wie die Leuconen ein complicirtes Canal- system zeigen sollen, da es nicht ausreichend bewiesen zu sein scheint, dass die Pharetronen Kalkschwämme sind. 1. Farn. Asconidae (Leucosolenidae, Asconen), Kalkschwämme mit einfachen Poren- gängen der Wandung. GrantiaLhkn. {Leucosolenia Bhk.) Wird nach der Gestaltung der Kalknadeln oder Spicula von E. Haeckel in die 7 Gattungen Ascijssa, Ascetta, Ascilla, Ascortis, Asculmis, Ascaltis, Ascandra eingetheilt. Gr. {Asc)/ssa) troglodytes E. Piaeck., lebt an Stöcken der orangerothen Astroides calycularis (blaue Grotte der Insel Capri) und ist in solitärer nacktmündiger Form (O/j/«?/*«'*) und in Form verzweigter Stöckchen beobachtet worden. Gr. pulchra 0. S. {Ascetta primordialis E. Haeck.), bald weiss, bald roth und gelb, von der Adria bis nach Australien verbreitet, wurde als die Stiimm- form der ganzen Gruppe betrachtet (! !). Gr. clathrus 0. S., Adria; tritt in Stöcken von Tarrus und Auloplegma-Form (ohne Osculum) auf. Gr. botryoides Lbkn. {Ascandra complicata E. Haeck.), Helgoland, in Olynthus, Soleniscus und Tarrusform beobachtet, mit Gr. Lieberkühnii 0. S. aus dem Mittelnieer und der Adria nahe verwandt. 2. Fam. Leaconidae (Grantiidae, Leuconen), Kalkschwämme mit dicker Wandung, welche von verästelten Canälen durchsetzt wird. LeuconiaGrt. Wird von E. Haeckel nach der Gestaltung der Kalknadeln in die 7 Gattungen Leucyssa, Lencetta, Leucilla, Leucortis, Leucuhnis, Leucaltis , Leucandra eingetheilt. L. (Lencetta) primigenia E. Haeck. Ueberaus polymorph. Mittelmeer bis Australien. L. (Leucaltis) puniila Bbk. lieber beide Hemisphaeren verbreitet, bislang nur in solitären Formen mit nacktem oder rüsselförmigein Osculum oder ohne Osculum beobachtet. L. (Grantia) solida ( >. S. In solitären Formen mit meist nacktem oder geschlossenem Osculum und Stöcken von zwei selten mehr als vier Individuen, Adria. Ij. (Leucandra) Gossei Bbk. Mit glatter Dermalfläche unter sehr wechselnder äusserer Gestaltung, bald in solitärer Form mit nacktem oder rüsselförmigem Osculum , bald als Stock mit wenigen Individuen , mit mehreren oder einer einzigen nackten oder rüsselförmigen Mündung oder ganz ohne Osculum. L. (Ijeucuhnis) echinus E. Haeck. Mit kolossalen Stabnadeln der Haut, welche wie Stacheln hervorstehen in Individuen von kugliger Form mit nacktem Osculum (etwa 4—6 Mm. im Durchmesser), bei Bergen beobachtet. 3. Fam. Syconidae (Syconen). Meist solitäre Kalkschwämme mit dicker Magen- wand, welche von geraden Radialröhren durchsetzt wird. Die letztern setzen sich an der Oberfläche meist in kegelförmigen Erhebungen der Wandung fort. Sycon Risso. Wird von E. Haeckel nach der Form der Kalknadeln in die sieben Gattungen Sycyssa, Syeetta, Sycilla, Sycortis, Syculmis, Sycaltis, Sycandra eingetheilt. S. (Sycetta) primitiva E. Haeck. Individuen mit vollständig frei vorstehenden Radialkegeln und nacktem Oscuhtra Australien. S. (Sycetta) stauridia E. Haeck. Radialkegel völlig verwachsen, ohne Zwischencanäle , in Stockform mit nackten Oscula der Individuen, Rothes Meer. S. (Sycortis) quadrangulata 0. S. Individuen mit nacktem, rüsselförmigem, bekränztem Osculum, oder ohne solches, Adria, Atl. Ocean. S. (Sycandra) capillosa 0. S. (Ute capillosa). Solitäre Spongien von ansehnlicher Grösse, mit prismatischen Radialtuben und engen dreiseitig prismatischen Zwischencanälen, ohne Distalkegel, Adria. S. (Sycandra) ciliata 0. Fabr. (Spongia ciliata). Individuen und Stöcke von überaus variabeler Ge- staltung, mit cylindrischen Radialtuben und schlanken nur an der Basis verwachsenen Kegeln, Helgoland, Nordatl. Ocean. S. (Sycandra) raphanus 0. S. Einzelformen und Stöcke mit nackten, bekränzten oder rüsselförmigen Oscula. Radialtuben meistens sechs- seitig in ganzer Länge bis zu dem niedrigen Distalkegel verwachsen, mit engen drei- seitigen Zwischencanälen, Adria. 222 II. Subtypus. Cnidaria. II. Siabtypus. Cnidaria = Coelenterata s. str. Üoelenteraten mit consistenteren Zdhieivehen, mit Mund und verdauender Centralhöhle, mit Cnidohlasten oder JSessehellen im Ectoderm. Die Polypen und Quallen weichen in Bau und Gewebebildung so wesentlich von den Poriferen ab, dass es gerechtfertigt erscheint, dieselben als einheitliche Gruppe jenen gegenüber zusammenzufassen. Da das Vorkommen der mikros- kopischen Nesselkapseln in Zellen der Oberhaut (Cnidohlasten) ein durch- greifendes Unterscheidungsmerkmal von den Spongien begründet, deren Gewebe in keinem bekannten Falle Nesselkapseln erzeugen, so wird man nicht un- passend die Bezeichnung Cnidaria verwenden können. Im Gegensatz zu den Poriferen fehlen die zur Einführung des Wassers und der Nahrungsstoffe dienenden Hautporen , und an Stelle der spongiösen Beschaffenheit besitzt das Parenchym eine grössere Gonsistenz, welche durch das Auftreten cuticularer Stützlamelien, beziehungsweise fester bindegewebiger Mesodermlagen zwischen Oberhaut und Gastralbekleidung wesentlich verstärkt wird. Auch können cuticulare Ausscheidungen an der Oberfläche als äussere Skeletbildungen hinzutreten , während im Mesoderm Ablagerungen von Kalk- körpern, beziehungsweise chitinige und hornige Erhärtungen äusserst mannich- fache innere Skeletbildungen hervorgehn lassen. Zur Aufnahme der Nahrung, sowie in der Regel auch zur Ausführung der Excretionsproducte , dient die Mundöffnung, zur Verdauung der aufgenommenen Nahrungsstoffe die Wandung der gastralen Cavität, an welcher bereits verdauende Flüssigkeiten ausgeschieden werden. Dem entsprechend finden sich im Entoderm Drüsenzellen verbreitet, die übrigens auch im Ectoderm keineswegs vermisst werden. Die auf dem Wege der Verdauung gewonnene, freilich überaus wasserreiche Nahrungs- flüssigkeit wird in den peripherischen Theilen der Gastralcavität vornehmlich durch die Geisselzellen des Entoderms umherbewegt, welche ebenso die Resorption und Verarbeitung der Eiweisskörper vermitteln. Da wo Zellennetze im raesodermalen Zwischengewebe entstanden sind, erscheinen diese für die Ernährung und insbesondere für die Fortleitung der Nahrungssäfte von grosser Bedeutung (Schirmquallen, Anthozoen). Bei grössern Cnidarien treten im Mesoderm häufig enterocoele Gänge und Zellenstränge als saftführende Neben- räume der Gastralhöhle hinzu {AntJio^oen, Aculephen). Muskeln und Nerven sind bei den höhern Formen als Gewebselemente gesondert, und finden sich Muskeln allgemein verbreitet. Beide sind Erzeugnisse von Ectodermzellen, können jedoch in Folge secundärer Wachsthumsvorgänge in das Mesodermgewebe hineinrücken. Die Muskeln entstehen im einfachsten Falle als langgestreckte glatte Fasern an der Basis von Ectodermzellen, welche dann epitelartig eine tiefere Lage von Muskelfibrillen bedecken (Myoblasten — Muskelepitel). Dieses zuerst bei Hydra (Kleinen berg) beobachtete Verhältniss von Ectodermzellen und Muskel- fibrillen gab zu der Vorstellung der Neuromuskelzelle Anlass, die gewisser- niassen Muskel und Nervenzelle im Status nascens vereinigt enthalten solle. Die Tli^tsache jedoch, dass von jener Form des Muskelepitels bis zu der spindel- Eintheilung der Cnidarien. 223 formigen Muskelzelle alle möglichen Uebergänge auftreten und dass neben jenen Epitelien besondere Ganglienzellen und Nervenfibrillen auftreten (Medusen), dass ferner auch Entodermzellen an ihrer Basis Muskelfibrillen erzeugen können {Slphonophore)i), hat die Lehre von der Neuromuskelzelle, wenn nicht widerlegt, so doch im höchsten Grade erschüttert (Claus, Korotneff, O.undR.Hertwig). Auch die Elemente der Sinnesorgane, als welche schon längst mit Recht die Randkörper der Medusen (Augen und Randbläschen) gedeutet waren, sind auf Differenzirungen von Ectodermzellen zurückgeführt worden. An Stelle der als Organe der Nahrungseinfuhr zurücktretenden Wimpereinrichtungen bilden sich sehr allgemein Auswüchse in der Umgebung der Mundöffnung zu Greiforganen von überaus variabeler Form aus (Tentakeln , Senkfäden). Zur Respiration dient die gesammte Körper-Oberfläche, w-ährend Zellgruppen der Innern Gastral- bekleidung wiederum besondere Ausscheidungen und unter diesen die Harn- absonderung (Anhäufung von Goncrementen und krystallinischen Goncretionen in Entodermzellen bei Acalephen, Siphonophoren und Polypen) besorgen. Die Geschlechtsorgane sind allgemein noch auf Keimepitelien beschränkt, welche entweder oberhalb der Mesodermschicht im Ectoderm oder unterhalb derselben, ofl aber auch in dem bindegewebigen Mesoderm selbst, vom Entoderm überkleidet, an bestimmten Stellen des Körpers auftreten und Auftreibungen mancherlei Art, beuteiförmige Hervorragungen (Anthozoen), einfache oder krausenartig gefaltete Bänder (Acalephen) 'entstehen lassen. Die Frage über die Entstehung der Geschlechtsstoffe konnte bislang nicht für alle Goelenteraten übereinstimmend beantwortet werden. Wahrscheinlich sind die Keimepitelien meist Producte des Ectoderms (Hydra), seltener des Entoderms und in einzelnen Fällen wie bei Hydractinia für das männliche Geschlecht auf das Ectoderm , für das weibliche auf das Entoderm zurückzuführen. Ebenso mannichfach gestaltet sich die meist durch inaequale Furchung eingeleitete Embryonalentwicklung, welche auf höchst verschiedene Weise zur Entstehung zweischichtiger Larven führt. Man wird den Inhalt der Cnidarien am besten mit R. Leuckart in die Classen der 1. Anthozoen, 2. Hydromedusen und 3. Gtenophoren sondern. Wenn auch einige Gründe dafür sprechen, mit Huxley Anthozoen und Gteno- phoren als Actvnozoe)} zusammenzuziehn , so erscheint doch der Organismus der zweistrahligen Rippenqualle nach Bau und Gewebsbildung von dem der Korallenpolypen und Actinien so verschieden, dass der gemeinsame Charakter des Magenrohrs (der eingestülpte Mundkegel der Hydromeduse) , auf den sich im Wesentlichen der Gegensatz der Hydromedusen oder Hydrosoen und der Äctinozoen im Sinne Huxley 's reducirt, zur Begründung des engern Verbandes ausreicht, zumal da die Scheidewände der Anthozoen den Verwachsungsfeldern der Acalephe entsprechen, die ebenfalls {Ckaryhdea, Luccrnuria) als septen- ähnliche Lamellen auttreten können. Wenn auch die Polypenform der Hydra- medusengruppe dem Anthozoenpolyp an Grösse und Complikation des Baues nachsteht, so erhebt sich doch die zu jener gehörige Geschlechtsform, die Meduse oder Scheibenquaile, zu um so höherer Organisation und Lebensstufe, so dass es wohl begründet ist, die Betrachtung der Goelenteraten mit Aen Anthozoen zu beginnen. 224 I. Classe. Anthozoa, Korallenpolypen. I. Classe. AiithozoaO = Actinozoa, Korallenpolypeii. Tolypen mit Mugenrohr und Meseii terialf alten , mit innern Geschlechts- organen {ohne mediisoide Generation)^ häufig Stöcke bildend, welche durch Kalkahlagcrungen die Korallen erzeugen. Die hierb ergehörigen Polypen unterscheiden sich von den Polypen und polypoiden Formen, welche wir im Kreise der llydromedusen antreffen, nicht nur in der Regel durch eine viel bedeutendere Grösse , sondern auch durch die complicirtere Bildung des Gastrovascularraumes. Derselbe ist nicht etwa eine einfache Aushöhlung des Leibes, sondern zerfällt durch zahlreiche radiale Scheidewände, Mesenterialfalten , in ein System von senkrechten interseptalen Taschen. Diese communiciren untereinander am Grunde der Leibeshöhle und stehen meist mit einem Systeme saftführender in den Wandungen des Körpers verzweigter Gänge in Verbindung. In ihrem obern Abschnitt schliessen sich die Taschen zu canalartigen in die Tentakelhöhlungen einführenden Räume, indem die Ränder der Meseiilcrialfalten mit der Wandung des vom Munde herabhängenden Mund- oder Magenrohres, sowie mit der Mundscheibe ver- wachsen. Doch kann in jedem Septum unterhalb der Mundlippen eine rund- liche Oeffnung bleiben, durch welche die benachbarten Interseptalräume com- municiren. Das Mund- oder Magonrohr ist seiner Bedeutung nach Speiseröhre und besitzt am hintern Ende, da wo die peripherischen Taschen in den Gentral- raum ausmünden, eine verschliessbare Oeffnung, durch welche sein Inhalt mit dem der verdauenden Gaslrovuscularhöhle in Gommunication steht. Die vor- dere zuweilen lippenarlig umwulstete Oeffnung des Mundrohres im Gentium der Mundscheibe fungirt zugleich als Auswurfsöffnung und lässt unverdaute Speisereste, ferner die Excrete gewisser Drüsenzellen, sowie die Geschlechts- 1) Vergl. ausser Peyssonnel, Reaumur, Spalanzani, Lauiarcketc. Pallas, Elenchus Zoophytoruno. 1766. Esper, Die Pflanzenthiere. 1788 — 1806. Rapp, lieber Polypen im Allgemeinen und Actinien im Besonderen. Ehrenberg, Beiträge zur physiologischen Kenntniss der Corallenthiere im Allgemeinen und besonders des rothen Meeres, desgl. über die Natur und Bildung der Corallenbänke. Abh. der Berl. Academie. 1832. Ch. Darwin, The Structure and Distribution of Coralreefs. London. 1842. 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Heider, Sagartia troglodytes Gosse etc. Sitzungsb. der K Akad. der Wissens. Wien. 1877. Schichten der Leibeswand. 225 Produkte aus dem Körper austreten. In einzelnen Fällen wie bei Cerianthus konuiit auch am hintern Körperpole eine Ocff'nung vor, während zahlreiche Actinien an der Spitze ihrer Tentakeln Oeffnungen besitzen. Der Polypcnleib besteht aus einer äussern Zellenbekleidung {Ectoderm, zuweilen mit abgesonderter Guticula(Zc«an^Ä7(.9) oder selbst verkalkter Epithecal- schicht), aus einer Innern die Gastralräume auskleidenden Zellenschicht {Ento- dcrin) und aus dem zwischengelagerten Bindegewebe von sehr verschiedener Dicke und Beschaffenheit {Mesoderm). Das Mesoderm erscheint seltener als Gallert- gewebe, häufig als feste von spindel- und sternförmigen Zellen durchsetzte oder homogene {Alcyoniden , Gorgoniden) Bindesubstanz, die sich jedoch auch zu fibrillärem Bindegewebe umgestalten kann und zum Sitz der Kalkablagerungen wird. Auch Muskelfasern treten im Mesoderm auf oder liegen demselben an. Das erstere Verhältniss ist wahrscheinlich ein secundäres, indem die von Meso- derm eingeschlossenen Muskeln erst während der Bildung desselben als Ecto- dermprodukte aufgenommen wurden. Meist zerfällt die Muskulatur in eine äussere Schicht von longitudinalem Faserverlauf und in eine tiefere die Innen- seite des Mesoderm's bekleidende Lage von Ringfasern, deren Entstehung möglicherweise auf das Entoderm zurückzuführen ist. (Vergl. Siphonophoren). Dazu kommen noch besondere Längsmuskelzüge an einer Seitenfläche ') jeder Scheidewand. Bei den Octactinien finden sich diese Septalmuskeln in der einen Körperhälfte an der linken, in der andern an der rechten Seite der vierSepten, so dass der Leib durch eine intermediär gelegte Sagittalebene in zwei symmetrische Hälften zerlegt wird. Bei den Hexactinien folgt jedoch die symmetrische An- ordnung einem andern Gesetze. Hier tragen die paarweise gruppirten Scheide- wände an den einander zugekehrten Flächen ihre Längsmuskulatur mit Aus- nahme von zwei gegenüberstehenden Septenpaaren erster Ordnung, deren Längsmuskeln an den abgewendeten Flächen liegen. Die Sagittalebene wird also auch hier zwischen zwei Septenpaare fallen und intermediär den Raum von zwei gegenüberstehenden Gastro vasculartaschen treffen, zu welchen wohl die beiden primären (vordem und hintern) Tentakeln gehören. Bei der von Lacaze-Duthiers genau untersuchten Edelkoralle sind die Zellen des Ectodemis klein und erzeugen wie überall Nesselkapseln. Dagegen erweisen sich die Zellen des die Leibeshöhle und deren Ganal- system auskleidenden Entoderms als grosse Flimmerzellen mit grobkörnigen, theilweise fettigem Inhalt. Bei den grössern Actinien erscheint das Ectoderm geschichtet und besteht aus Flimmerzellen, aus Gnidoblasten, welche sehr langge- streckte Nesselkapseln bilden, und aus hohen schlauchförmigen Drüsenzellen mit schleimigem Sekret. Dazu kommen an der Basalfläche oder Fussscheibe hohe stabförmige Drüsenzellen, welche eine Art Klebstoff zum Festhaften des Polypen absondern. Die Entodermbekleidung besteht aus grossen bewimperten Gylinder- zellen, zwischen denen an manchen Stellen, wie vornehmlich an den sog. 1) Vergl. A. Schneider und Rötteken, lieber den Bau der Actinien und Korallen. Sitzungsberichte der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. März 1871, sowie Mosely 1. c. und Heider 1. c. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 15 Geschlechtsorgane. Entwicklung. MesenterialfilamentPii Gnidoblasten und Drüsenzellen in reicher Menge auftreten. Letzteren verdanken die an den freien Septalränden als knäuelartig gewundene Bänder oder Fäden entspringenden Filamente die Funktion als Verdauungs- organe. Ein Nervensystem ist nicht sicher nachgewiesen worden, doch machen gewisse Erscheinungen das Vorhandensein eines solchen nicht unwahrscheinlich. Dahin gehört das Vorkommen von Randpapillen bei manchen Actinien, welche als Sinnesorgane, neuerdings sogar irrthümlich als Augen gedeutet werden konnten , sodann die Erscheinung der Fortleitung des lichterregenden Reizes an den Leuchtorganen der Pennatulidon, welche zu leuchten beginnen, auch wenn der Reiz den Stamm des Stockes trifft. Daher ist es möglich, dass die von KöUiker als Nerven in Anspruch genommenen Fasergruppen in der That diese Bedeutung haben. Auch glaubt neuerdings Duncan spindel- förmige Ganglienzellen und Plexusartige Nervenfasern in der Fussscheibe der Actinien, ferner Korotne ff Ganglienzellen und Nervenfibrillen im Mesoderm derselben entdeckt zu haben, indessen fehlt diesen Deutungen jegliche Sicherheit. Die Geschlechtsstoffe entstehen an den Rändern oder Seitenflächen der Mesenterial falten in bandförmigen oder krausenartig gefalteten Verdickungen. Bei Corullium hängen den Scheidewänden der Leibeshöhle gestilte Kapseln an, welche die Geschlechtsstoffe einschliessen und im Zustand der Reife durch Dehiscenz austreten lassen. Häufig sind die Geschlechter getrennt, indessen werden eben so oft hermaphroditische hidividuen angetroffen , in denen sich Ovarien und Hoden sogar an demselben Mesenterium neben einander ausbilden kann. Nicht selten kommt es vor, dass zu bestimmten Zeiten nur die männliche oder die weibliche Reife eintritt. Bei stockbildenden Polypen herrscht bald die Vereinigung männlicher und weiblicher Thiere auf demselben Stock , bald wie bei den Alcyonarien die Trennung derselben auf verschiedene Stöcke vor. Die Befruchtung erfolgt stets innerhalb des mütterlichen Körpers, in der Regel sogar im Ovarium. Ebenso wird die Entwicklung der Embryonen und Larven bis zu einem frühern oder spätem Stadium {Actinien) im Mutter- körper durchlaufen. Die Furchung, die übrigens nur bei einzelnen Formen und nicht selir eingehend verfolgt wurde, scheint meist als äquale oder in- äquale den ganzen Dotter zu betreffen. Bei Cerianthus und Actinia wurde die Bildung einer Gastrula durch Invagination beobachtet. Bei der radiären Architektonik des Polypenkörpers hat man lange Zeit einen entsprechenden radiären Entwicklungsmodus annehmen zu können ge- glaubt, obwohl sowohl für die Octactinien als Hexactinien {Poly actinien) von mehrfacher Seite auf die symmetrische Vertheilung der Strahlen hingewiesen worden war {Cerianthus, Antipathes, Fennatididen). Bei den Octactinien werden die aus den befruchteten Eiern hervorgehenden Larven lebendig geboren und besitzen im hinern ihres aus bewimperten Ectoderm und Entoderm zu- sammengesetzten Körpers einen Leibesraum, welcher an dem bei der Bewegung nach hinten gerichteten Pole mittelst Mundöffnung zum Durchbruch gelangt. In solcher Gestalt setzen sich die Larven nach längerm Umherschwärmen mit dem geschlossenen Pole fest und treiben die acht Fangarme hervor, nach- dem Mundrühr und Mesenterialfalten gebildet worden sind. Metamorphose. Wachsthum des Polypen. 227 Bei den Polyactinien, deren Fangarme und Mesenterialtaschen sich auf ein Multiplum derG-Zahl zurückführen lassen, glaubte man bisher mitM. Edwards irrthümlich, dass zuerst 6 primäre, dann zwischen denselben 6 secundäre Septen zur Entwicklung gelangten, hierauf 12 dritter, 24 vierter Ordnung etc. gebildet würden , dass also die Sepl:en gleicher Grösse gleichalterig seien und je einem zu gleicher Zeit gebildeten Gyclus angehörten. Man hielt an dieser Vorstellung fest, obwohl J. Haime für Cerianthus längst nachgewiesen hatte, dass zuerst 4, dann 6 Fangarme auftreten, und Kowalevsky für die Gastralräume der Actinien ähnliche Anfangsstufen beobachtet hatte. Nun wiesen auch A. Schneider und Semp er an den Septen der Actinien und Korallenpolypen die Unhaltbarkeit des M. Edward 'sehen Gesetzes nach, und Lacaze- Duthiers lieferte für beide Gruppen den eingehenden Beweis, dass ein ganz anderes Wachsthumsgesetz die Zunahme der Septen und Fangarme bestimmt, dass in beiden Fällen eine durchaus symmetrische Gestaltung zu Grunde liegt, aus der sich erst durch Egalisirung der alternirenden ungleichalterigen Elemente die sechsseitig radiäre Architektonik ableitet. Die jüngsten Larven der Actinien {A. mesemhryanthemum , Sagartia, Bunodes) sind kleine sphäroidische mit Wimpern bekleidete Körper, deren hinterer etwas ausgezogener Pol einen Schopf längerer Gilien trägt. Das gegen- überliegende abgeflachte Leibesende ist von der Mundöffnung durchbrochen, welche durch eine kurze, auf dem Wege der Einstülpung entstandene Oesophagealröhre in den engen Gastralraum führt. Die erste Differenzirung des Anfangs einfachen Leibesraumes besteht in dem Auftreten zweier einander gegenüber stehender Falten, durch welche die Gastralhöhle in zwei freilich un- gleich grosse Taschenräume abgetheilt wird. Symmetrisch in beinahe rechtem Winkel zur Richtung dieser primären Mesenterialfalten zieht sich die Mund- öffnung mehr und mehr in Form einer longitudinalen Spalte aus , so dass man durch dieselbe die Lage der Medianebene bestimmen kann. Bald erheben sich in dem grössern Taschenraume, den wir den vordem nennen w^ollen, einander gegenüber zwei neue Falten symmetrisch zur Mittelebene, so dass nunmehr vier Kammern eine vordere und hintere und zwei kleinere seitliche vorhanden sind. Alsdann entwickelt sich im hintern Räume ein drittes und in rascher Folge in den seitlichen Taschen ein viertes Faltenpaar , welches dem voraus- gegangenen an Grösse nur wenig nachsteht. Nachher werden die an die primären Falten angrenzenden B.äume abermals durch entsprechende Septen geschieden. Die 12 so gebildeten Gastrovasculartaschen egalisiren sich nun- mehr allmählig und können in ein unpaares in der Medianebene gelegenes Paar (1) und in fünf zu denselben symmetrisch gestellte Paare (2 — 6) gesondert werden. Die vordere Tasche des ersten Paares , sowie das zweite , vierte und sechste Paar sind aus dem grössern primären Raum, die hintere Tasche sowie das dritte und fünfte Paar aus den kleinern primären Raum hervorgegangen. Schon vor der Anlage des fünften und sechsten Septenpaares beginnt die Her- vorsprossung der Tentakeln am oralen Ende der Gastrovasculartaschen, und zwar erhebt sich zuerst der Tentakel des unpaai'en *) vordem Taschenraums, 1) Aehnlich wie im Kreise Hydromedusen der erste Tentakel des jungen Scyphi- stomapolyps. 15* Gesetz für die Vermehrung der Tentakeln. Sprossung und Theilung. den nachfolgenden an Grösse vorauseilend. Dann treten der gegenüberstehende und die übrigen paarweise geordneten Tentakeln zuerst als kleine warzige Erhöhungen hervor. Nachdem sämmtliche 12 Fangarme gebildet sind, egalisiren sich dieselben alternirend, so dass 6 grössere, zu denen die unpaaren Tentakeln der Längsachse gehören , mit eben so viel kleinern Fangarmen wechseln und zwei Kreise von 6 Armen erster und ebensoviel Armen zweiter Ordnung vor- handen sind. Von den krausenformig gewundenen Bändern oder Mesenterial- filamenten entstehen zuerst die Bänder (cordons pelotonnes) der primären Septen , nachher symmetrisch zu denselben die des vierten und hierauf die Filamente des zweiten und dritten Septenpaares. Die zwölfstrahlige Aktinie hat also ein vierstrahliges und achtstrahliges Stadium durchlaufen. Auch die Entwicklung der 12, 24, 48 etc. neuen Scheidewände und Arme erfolgt nach einem anderen Gesetze, als man seither durch M. Edwards und J. Haime festgestellt glaubte. Die zwölf zunächt entstehenden Septen bilden sich nicht etwa auf Kosten der Theilung eines jeden der 12 Gastrovascular- taschen, sondern zu sechs Paaren symmetrisch vertheilt in den Elementen des zweiten Cyclus. Die Grösse der neu gebildeten anfangs kurzen Tentakeln regelt sich später in der Weise, dass die an die Tentakeln der zweiten Ordnung angren- zenden sechs Fangarme die erstem bald überragen und nun an Stelle jener scheinbar den zweiten Cyclus repräsentiren. Das gleiche Gesetz des Wachs- thums mit nachfolgender Egalisirung und Substitution wiederholt sich nun im Verlaufe der weitern Entwicklungsvorgänge, unter denen der nunmehr am hintern Pole fixirle Polyp die Zahl seiner Fangarme vergrössert. Neben der geschlechtlichen Fortpflanzung besteht sehr allgemein die un- geschlechtliche Vermehrung durch Sprossung und Theilung. Knospen können an sehr verschiedenen Körperstellen, an der Seite, am Fussende, auf der Mund- scheibe entstehen und im letztern Falle unter dem Anschein einer dem Stro- bilisationsprocesse der Scyplnsioma vergleichbaren Quergliederung sich ablösen {FunyienstöcJcchen). Eine ähnliche Form der Knospung führt bei Blastotrochus und Flahellum zu einer dem Generationswechsel analogen Fortpflanzung , in- dem die Knospen - erzeugenden Formen sich zu den von ihnen erzeugten Geschlechtsthieren verhalten etwa wie eine Strobila zu den sich loslösenden Quallen. Freilich ist für die knospenden Jugendformen nicht bewiesen, dass sie ausschliesslich Ammenbedeutung haben und wahre Ammen sind, da für sie die Produktion von Geschleclitsstoffen keineswegs ausgeschlossen ist. Bei der Edelkoralle sollen neue Individuen lediglich durch Zell wucherungen der oberflächlichen Schicht entstehen. Diese Wucherungen gewinnen einen Innern Hohlraum und eine endständige Oeffnung, in deren Umgebung der Tentakelkranz hervorsprosst. Bleiben die durch Knospung und unvollständige Theilung erzeugten Individuen untereinander verbunden, so entstehen Polypen- stöcke, welche eine sehr verschiedene Form und bei fortgesetztem Wachsthum einen sehr bedeutenden Umfang erreichen können. In der Regel liegen die Individuen in einer gemeinschaftlichen Körper- masse, Coenenchym oder Sarcosom, eingebettet und communiciren mehr oder minder unmittelbar, häufig erst mittelst der Parietalcanäle, so dass die von den Einzelpolypen erworbenen Säfte dem gesammten Stocke zu Gute kommen. Bildung des Polypenstockes. Skeletbildungeii. Achse. Rinde. 229 Lacaze-Duthiers unterscheidet an dem Canalsy.stem der Edelkoralle eine tiefer liegende Gruppe von meist gröbern Längscanälen, auf welclie die GanelJirung des sog. Achsenskeletes zurückzuführen ist , und ein mehr oberflächliches eng- maschiges Netzwerk, durch welches vornehmlich die Leibesräume der Polypen untereinander im Zusammenhang stehen. Peripherische Oeffnungen des Ganal- systemes nach Art der Hautporen des Schwammkörpers fehlen hier vollständig, wenn freilich die Mündungen junger noch tentakelloser Polypenkno.spen leicht zu der Deutung von Hautporen Veranlassung geben. Ein solcher Polypenstock liefert ein zutreffendes Beispiel für einen aus gleichaitigen Gliedern zusammen- gesetzten Thierstaat, ohne Arbeitstheilung und Polymorphismus seiner Indi- viduen. Nur die Arbeit der Geschlechtserzeugnisse vertheilt sich in der Regel auf verschiedene hidividuen , die aber sonst in gleicher Weise organisirt , zu- gleich alle vegetativen und animalen Verrichtungen übereinstimmend besorgen. Indessen ist durch neuere Untersuchungen auch eine Art Polymorphismus für manche Polypenstöcke der Anthozoen bekannt geworden. Schon Verrill er- wähnt das Vorkommen rudimentärer Polypen (Zooiden) bei den Funnatuliden, und Köll iker liefert den Nachweis, dass in der Tliat an diesen Polypenstöcken neben den grössern Individuen mit gefiederten Armen, Geschlechtsorganen und acht Mesenterialfilamenten kleinere Individuen ohne Tentakeln und Geschlechts- organe mit nur zwei Mesenterialfilamenten existiren, welche n^ch der Ansicht jenes Forschers vornehmlich die Aufnahme und Abgabe des Wassers besorgen sollen. Da dieselben jedoch einen Gastrovascularraum mit acht Scheidewänden und einem birnförmigen Magenrohr besitzen, wird es wahrscheinlich, dass auch sie der Funktionen der Nahrungsaufnahme und Verdauung nicht völlig ent- behren. Dazu kommt, dass bei einigen Pennatuliden ( Virgularla mirabilis u. a.) gerade die unentwickelten noch tentakellosen Individuen , welche den untern Blättern angehören, die Geschlechtsorgane besitzen und wahrscheinlich erst später zu Nährthieren werden. Von besonderer Bedeutung sind die Skeletbildungen der Polypen, die Polyparien. Während man früher mit Ehrenberg, Dana und vornehmlich M. Edwards für die Hartgebilde der Korallenthiere eine doppelte Form der Entstehung annahm und den Skeleten der Unterhaut gegenüber die sog. Achsen- skelete der Rindenkorallen als Guticularbildungen auf Ausscheidungen ober- flächlicher Zelllagen zurückführte , hat es sich in neuerer Zeit zuerst durch die Untersuchungen von Lacaze-Duthiers und dann durch die umfassenden Arbeiten Köll iker 's herausgestellt, dass auch die letztern in der Bindesubstanz der Unterhaut, das heisst im Mesoderm, ihre Entstehung nehmen. Nur in wenigen Familien {Actinien , Cerianthiden) und einzelnen Gattungen werden Skeletbildungen vollkommen vermisst. In der umfangreichen Abtheilung der Octactinien oder Alcyonarien ist das Auftreten von mannichfach geformten, glatten oder warzigen oft lebhaft gefärbten Kalkkörpern in der Grundsubstanz des bindegewebigen Mesoderms für die Skeletbildung überaus wichtig. Nur bei wenigen Alcyonarien {Virgularia mirabilis, Cornularia) wurden Kalk- spicula vermisst. Dieselben bestehen aus einer chemisch noch nicht genügend bekannten , an nur spärliche organische Substanz gebundenen Kalkablagerung und können in allen Theilen des Polypenstockes , in der Achse sowohl als in 230 Skelet der Rindenkorallen und Madreporarien. dem Goenenchym, ja selbst in dem freibleibenden vorstreckbaren Leibesabschnitt der Einzelpolypen enthalten sein. In der Achse finden sich Kalkkörper nur bei den Gattungen Sderogorgia , Mopsea, MeUthaea, Solandria und Corallhim. Wo sie wie in dem vorstreckbaren Leibe der Einzelpolypen in spärlichen und wenn auch oft regelmässigen Gruppen auftreten, verleihen sie dem Parenchym eine etwas grössere Festigkeit, im Falle einer dichteren Anhäufung gewinnt das Gewebe je nach dem Verhalten der umschliessenden Grundsubstanz eine ver- schiedene, mehr lederartig biegsame, hornige oder feste verkalkte Beschaffenheit. Zuweilen nimmt das die Kalkkörper umlagernde von Ernährungscanälen durch- setzte Gewebe einen hornigen Charakter an und erscheint als ein Netzwerk von Fasern, dem Hornfasergerüst der Spongien vergleichbar (Rindenlage der weichen Glieder der Melithaeaceen , ungegliederte Achsen der Sderogorgia). Nun können die Kalknadeln auch untereinander zu grössern zusammen- hängenden Hartgebilden, sowohl durch unmittelbare Verwachsung, als unter Betheiligung einer verkalkten Zwischensubstanz (harte Glieder und Central- strang der Achsen von Melithaeaceen und Corallinen) verschmelzen und dann zu sehr festen und steinharten Skeletbildungen Veranlassung geben, hi dem Achsenskelet der von Lac aze-Dut hier s so genau untersuchten Edelkoralle {Corallium rubrum) unterscheidet man ein meist dreikantiges Centralblatt, welches von einer dicken concentrisch geschichteten Rinde umgeben wird. Jenes ist die erste Bildung des Skeletes und entsteht, wie man sehr bestimmt an jungen noch solitären Einzelpolypen erkennt , in der Tiefe als rinnenförmig gebogenes Blatt im Umkreis des Magens durch Verklebung ursprünglich isolirter Kalknadeln. Die dreikantige Form verdankt dasselbe dem nachfolgenden Wachs- thumsprocesse, durch welchen aus dem Polyp auf dem Wege der Knospung eine kleine Golonie mit mehreren in drei Längsreihen übereinanderstehenden Polypen hervorgeht. Die um den centralen Kern sich später ablagernden Kalkschichten werden ebenfalls aus zahlreichen durch Zwischensubstanz verkitteten Nadel- körpern gebildet. In gleicher Weise entstehen die mehr vereinzelten Kalk- gebilde, welche in der Umgebung des steinharten Achsenskelets der Edelkoralle die rothe Färbung der weichen Rinde bedingen als Ablagerungen isolirter Nadeln im Sarcosom. Häufig nehmen jedoch die Kalkkörper an der Bildung horniger Achsen überhaupt keinen Antheil und es ist ausschliesslich die ver- hornte bindegewebige Substanz, welcher das Skelet seine Festigkeit verdankt (hornige Achen der Gorgotiiden und Anüpathiden) , in andern Fällen finden sich krystallinisch kalkige Einlagerungen in der Hornsubstanz {Flexaura), oder es verkalkt die Hornsubstanz selbst (Achse der Gorgonelluceen, Frimnoaceen und Pennatuliden , sowie die harten Glieder von Isis). In allen diesen Fällen enthält das Achsenskelet einen abweichend aber sehr mannichfach gestalteten Centralstrang. Unter Ausschluss von Kalkkörpern entstehen aber die festen Kalkskelete sämmtlicher Madreporarien, wahrscheinlich durch Verkalkung des Goenen- chyms. Dieselben bestehen aus einer doppelbrechenden Kalksubstanz von fasriger Struktur und strahlig-krystallinischem Gefüge, die nach dem Ausziehen der Erdsalze (kohlensaurer Kalk und Magnesia , Pliosphate und Flüorverbin- Formen der Polyparien. 231 düngen) nur ein Minimum eines organischen Rückstandes in Form eines structur- losen Häutchens hinterlässt. Am Einzelthiere der Madreporarien erfolgt die Bildung des Shelets im Leibesgrunde und schreitet in der Weise fort, dass zugleich mit dem verkalkten sog. Fusshlatt im untern Theile des Polypenkörpers ein mehr oder minder becherförmiges Mauerhlatt entsteht. Mit diesem als Theca zu bezeichnenden Gerüste setzen sich die der Anlage nach selbständig gebildeten senkrechten Septalplättclien {Septa) in Verbindung. In dem becherförmigen Kalkgerüste des Einzelpolypen wiederholt sich daher die Architektonik des Gastrovasculai'- raumes doch so , dass die Kalksepta der Lage nach den von den Mesenterial- falten umschlossenen Taschen und den Tentakeln entsprechen. Auch wäclist die Zahl der Strahlen, wie die der Scheidewände und Tentakeln mit dem Alter der Polypen nach Gesetzen, mit denen keineswegs, wie Lacaze-Duthiers gezeigt hat, die von M. Edwards und Haime aufgestellten Schemata überein- stimmen. Duich Differenzirungen an der Innen- und Aussenseite des Kalkbechers und seiner Septa wird eine grosse Zahl von systematisch wichtigen Modifikationen des Skeletes hervorgerufen. Zuweilen erhebt sich in der Ache des Bechers eine säulenartige Kalkmasse {Columella), und in deren Umgebung, getrennt von den Strahlen des Mauerblattes, ein Kranz von Kalkstäbchen (Pali). Es können ferner zwischen den Seitenflächen der Strahlen Spitzen und Bälkchen als Synapticulae oder auch horizontale Scheidewände (Dissepimenta) zur Aus- bildung kommen, wie andererseits auch die Aussenfläche des Mauerblattes mit einer besondern Epithecalschicht versehen sein kann und oft vorspringende Rippen (Costae), sowie zwischen diesen Dissepimente aufzuweisen hat. Während bei den Aporosen Theca und Septen undurchbohrt bleiben , sind dieselben bei den Perforaten von zahlreichen Oeffnungen durchbohrt , sodass ein Netzwerk fester dichter Kalksubstanz entsteht. Die grossen und mannichfachen Formverschiedenheiten der Polypenstöcke sind aber nicht allein durch die abweichenden Skeletbildungen ihrer Einzel- polypen bedingt, sondern das Resultat eines verschiedenen Wachsthums durch Sprossung und unvollkommene Theilung. Die Sprossung erfolgt nach be- stimmten Gesetzen von verschiedenen Stellen des Mutterthieres aus , sowohl an der Basis , als an der Seitenwandung und am Kelchrande des Polypen. Die unvollkommene Theilung findet meist in der Länge des Thieres statt und scheint damit zu beginnen, dass sich die Mundöffnung in eine Längsspalte aus- zieht und abschnürt. Zuweilen wird die Theilung nicht einmal bis zur voll- kommenen Abschnürung der Mundscheiben durchgeführt, mid die verbundenen Individuen bleiben von einem gemeinsamen Mauerblatte umschlossen, in welchem lange und gewundene Thäler bemerkbar sind. In diesem besonders bei den Maeandrinen ausgeprägten Falle treten zwar zahlreiche Mundöffnungen und Magenschläuche auf, allein die Gastrovascularräume bleiben in unmittelbarer Gommunication, die Septalsysteme erstrecken sich in vollständiger Gontinuität über die ganze Länge der gewundenen Thäler hin. In anderen Fällen bleiben die mit gesonderten Mundscheiben und Septen versehenen meist wohl aber durch Sprossung neugebildeten Individuen durch die Verschmelzung ihres Mauerblattes in der ganzen Länge verbunden {Äatraeen). In andern Fällen Lebensweise. Korallonriffe und Inseln. setzt sich die Theilung durch die ganze Länge des Thieres bis zur Basis fort, an welcher die Einzelpolypen durch das verkalkte Goenenchyni zusammen- gehalten werden. Während die beiden ersten Wachsthumsformen , besonders die lamellösen und massigen Polypenstöcke erzeugen , bedingt die letztere die sogenannte Rasenform, z. B. der Gattungen Eusmilia, Mussa. Selten trennen sich die durch Theilung oder Knospung erzeugten Individuen vom Mutterthiere los, eine Art der Vermehrung, welche z. B. bei den Actinien beobachtet wird. Eine abweichende Struktur zeigen die Polyparien , welche man früher als Tabidaten zusammenfasste , nunmehr aber nach L. Agassiz's, Verrill's und Mose ly 's Beobachtungen als einheitliche Gruppe aufgeben und theils den Zoantharien {Pocillopora), theils den Alcyonarien {Ileliopora), theils den Ilydroiden {MUlepora) zu subsummiren hat. Bei diesen entbehren die röhren- förmigen Thecalräume des verkalkten Polypenstockes der vertikalen Septen, sind dagegen durch zahlreiche Quertäfelchen oder Tabulardisscpimente in Kammern getheilt. Sehr verschieden organisirte Polypen können somit zu einer überaus ähnlichen Struktur ihrer festen Skeletbildungen Anlass geben. Die Anthosoen sind sämmtlich Bewohner des Meeres und leben vorzugs- weise in den wärmern Zonen , wenngleich einzelne Typen der fleischigen Octactinien und auch Actinien sich über alle Breiten hinaus bis in den hohen Norden erstrecken. Auch eine Isidine {Isidella lofotensis) wurde von Sars im hohen Norden beobachtet. Die Polypen, welche Bänke und Riffe erzeugen, beschränken sich auf einen etwa vom 30. Grade nördlicher und südlicher Breite begrenzten Gürtel und reichen nur hier und da über denselben hinaus. Auch ist die Tiefe, in welcher die Thiere unter der Meeresoberfläche leben, in der Regel eine begrenzte und für die einzelnen Arten zum Theil verschiedene ; die meisten riffbildenden Arten erstrecken sich von der Ebbegrenze bis höchstens zu 20 Faden Tiefe , wenn auch verwandte Formen weit tiefer leben. Zu den Tiefseefortnen ') gehören vornehmlich Aporosen, unter ihnen Turbinoliden und Eupsammiden, sodann Fungien {Fungia symmetrica)^ Astraeen und Oculiniden. Auch Fleischpolypen wurden in sehr bedeutenden Tiefen aufgefunden {Actinia gelutinosa, Edwardsia coriacea, Cerianthus hathymetricus Mos. etc.). Die Perforaten steigen weniger tief herab und lieben wie viele Madreporiden und Poritiden seichtes Wasser. Oberhalb der Ebbegrenze aber an den vom Wasser zeitweise entblössten Orten vermögen die Thiere nicht zu leben. Meist bauen die Korallenpolypen in der Nähe der Küsten und erzeugen hier im Laufe der Zeit durch die Ablagerungen ihrer steinharten Kalkgerüste Felsmassen von kolossaler Ausdehnung, welche als Korallenriffe der Schifffahrt gefahrbringend sind , andererseits Anlass zur Vergrösserung des Festlandes so- wie zur Inselbildung geben. An den Westküsten von Afrika und Amerika werden auffallenderweise Riffkorallen vermisst, um so mächtiger ist ihre Ausbreitung und Wirksam- keit im arabischen Meere, im stillen und im Indischen Occan. Man unter- scheidet Küstenriffe , Damm- oder Barriereriff'e mit Lagunenkanal und Atolle 1) Vergl. H. N. Mosely, On the true Corals dretlged by H. M. S. >Challenger«. Proc. Roy. Soc. Nr. 170. 1870. Fossile Korallen. TetracoralHa. 233 mit Lagune. Die erstem umsäumen die Küste vom Festland und von Inseln unmittelbar und können als weit ausgedehnte flache Terrassen schliesslich mit steiler Wand endigen (Küstenriff der Insel Mauritius), an welcher die Brandung am stärksten tobt , und dem entsprechend Leben und Thätigkeit der Korallen- thiere am meisten begünstigt ist. Von dem einfachen Küstenriff unterscheidet sich das Barriere- oder Dammriff in der Weise, dass Riff und Festland beziehungs- weise Insel durch einen relativ seichten Ganal getrennt bleiben , während sich beim Atoll lediglich ein ringförmiges Puff mit meist einseitigem Zugang zur Lagune findet, von der Insel aber keine Spur zurückgeblieben ist. Einen solchen Charakter zeigen die gewaltigen Korallenriffe längs der Nordküste von Neuholland und an den Inseln des stillen Oceans. Die erstem liegen in einer Entfernung von 10 bis 100 Seemeilen von der Küste, eine schützende Vormauer gegen die Wogen des Meeres bildend, in welches sie sich bis zu der gewaltigen Tiefe von tausend Faden herabsenken. G h a r 1 es D ar w i n gebührt das Verdienst, die Beziehungen dieser Formen von Korallenriffen festgestellt und ihre Entstehungsweise im Zusammenhang mit den Niveauveränderungen des Meeresgrundes klar gelegt zu haben. Der innerhalb so geringer Niveaugrenzen sich vollziehenden Thätigkeit der lebenden Korallenthiere kommt der Einfluss zu Hülfe, welchen die seculären Senkungen des Meeresgrundes ausüben. Aus einem einfachen Küstenriff kann sich während einer Senkungsperiode im Laufe der Zeit ein Barriereriff ent- wickeln , indem der dem Wind und Meereswogen besonders ausgesetzte Rand des Saumriffs rascher nachwächst , als die Fläche des Riffs , welche sich zwar auch durch Korallenwucherung, sowie durch Anhäufung von Trümmern und Schlamraablagerung hebt, aber doch bald als tieferes Becken zurückbleibt. Schliesslich wird sich bei fortschreitender Senkung ein Dammriff zu einem Atoll umgestalten, wenn die eingeschlossene Insel unter das Meeresniveau ver- sunken ist. Folgt später eine Periode seculärer Hebung, so werden die Riffe an die Oberfläche hervortreten und Anlass zur Festland- und Inselbildung geben. Uebrigens sind die Koi allenrifte Erzeugnisse sehr verschiedener Anthozoen und selbst Hydroidpolypen {Milleporen) und korallenähnlicher Pflanzen {Nulli- Ijoreu). Am meisten an der Oberfläche arbeiten die Nulliporen, Madreporiden und Poritiden, in tiefem Schichten Milleporen und dann besonders Maeandrinen und Astraeiden. Dass man mit Unrecht den Korallen ein sehr langsames , erst im Laufe von Jahrhunderten bemerkbares Wachsthum zugeschrieben hat, geht aus einer Beobachtung Darwins hervor, nach welcher ein im persischen Meerbusen versunkenes Schiff schon nach 20 Monaten mit einer zwei Fuss dicken Korallen- kruste überzogen war. Indessen scheinen die mehr oberflächlich lebenden Perforaten (Madreporen und Poritiden) weit rascher als die grössern Tiefen angehörigen Aporosen und Tabulaten zu wachsen. Jedenfalls ist der Anthcil, dun die Anthozoen an der Veränderung der Erdoberfläche nehmen, ein höchst bemerkenswerther , und wie dieselben gegenwärtig theils die Küsten vor der zerstörenden Wirkung der Brandung beschützen, theils durch Gondensirung gewaltiger Kalkmassen zur Bildung von Inseln und festen Gesteinen beitragen, so waren sie auch in noch grösserem Umfange in frühern geologischen Epochen thätig, von denen namentlich die Korallenbildungen der Palaeozoischen und 234 1. Ordnung. Alcyonaria. der Jurassischen Formationen eine sehr bedeutende Mächtigkeit besitzen. Die erstem zeigen nach den Untersuchungen von M. Edwards und Haime Eigen- thümlichkeiten in ihrem Bau, durch welche sie sich von allen andern soAvohl spätem Formationen angehörigen als den jetztlebenden Korallen unterscheiden. Obwohl die Polyparien der palaeozoischen Korallenkalke den neozoischen auf- fallend ähnlich sind, gehören sie einem ganz andern und zwar vierstrahligen Typus an , welcher die Aufstellung einer besondern Ordnung der Ruqosa oder Tetracorallia nothwendig macht. Soviel bislang bekannt geworden , reichen von diesen alten Korallen keine Repräsentanten in die mesozoische Zeit hinein, während allerdings schon in der alten Formation einzelne Gattungen {Palaeo- cyclus, Pleurodictymn) die Aporosen und Perforaten des sechsstrahligen Typus vorbereitet haben. Trotz der differenten Grundzahl, welche für die Septen der Rugosen und der jetzt lebenden Korallen besteht, gestattet die Entwicklungs- geschichte der letztern in den vierstrahligen Jugendstadien eine genetische Zurück- führung beider Gruppen, zumal Kunth in seinen wichtigen Beiträgen zur Kenntniss des Rugosenbaues die bilateral symmetrische Architektonik desselben nachzuweisen vermochte. Die Anthozoen ernähren sich vornehmlich von kleinen bewimperten See- thieren und Larven , welche sie sowohl mittelst der Tentakeln als mit Hülfe der Wimperbekleidung in die Mundöffnung hineinbewegen. Unter den mannich- fachen Feinden, deren Nachstellungen sie ausgesetzt sind, verdienen die Papagei- fische und Holothurien eine besondere Erwähnung, da diese wesentlich dazu beitragen, die Thätigkeit der Meeresbrandung zu unterstützen und einen feinen im Meeresgrund sich ablagernden Kalkschlamm (in den Auswürfen ihrer Ver- dauungsreste) herzustellen. Missbildungen bei Korallen werden durch kurzschwänzige Krebse ver- anlasst. Nachdem sich der Krebs zwischen Zweigen (z. B. bei Focillopora cespitosa) festgesetzt hat, wachsen diese flächenhaft aus und schliessen sich kugelartig oberhalb des Parasiten. Nach der septalen Architektonik werden als Ordnungen die Octacünia oder Alcyonaria und Folyactinia oder Zoantharia unterschieden, zu welchen noch als dritte Ordnung die fossilen Tetracorallia oder Uiiyosa hinzukommen. 1. Ordnung. Alcyonaria i) (Octactiriia Ehrbg.). Polypen und Folypensiöcke mit acht (jefiederten Fangarmen und ebenso- viel unverJcalkten Mesenterialf alten. Die Zahl der Mesenterialfalten und Interseptalräume ist durchweg auf acht reducirt. Ebenso gross ist die Zahl der Tentakeln , die sich durch ihre 1) Vergl. ausser den Werken von M. Edwards und J. Haime, Lacaze- Duthiers, Dana, Kölliker u. a.: Richiardi, Monographia della Faraiglia delli Pennätularic. Bologna. 1869. Panceri, Gli organi lurainosi e la luce delle Pen- natule. Napoli. 1871. J. Linda hl, On Pennatulid-Slägtet Urabellula Cuv. Stockliolm. 1874. H. N. Mosel y, On the Structure and Relations of the Alcyonarian Heliopora caerulea etc. Philos. Transactions of the Royal Soc. 1876. Alcyonidae. Pennatulidae. 23o breite Form und Zähnelung der Kanten auszeichnen. Selten bleibt das aus dem Ei entwickelte Individuum solitär (Haimea), fast immer kommt es schon frühzeitig zur Stockbildung. Die Kaikabscheidungen der Cutis führen zur Bil- dung von fleischigen Polyparien oder minder festen zerreiblichen Rinden in der Umgebung eines bald weichen, bald hornigen, bald steinharten Achsenskelets oder zur Entstehung fester Kalkröhren (Tubipora). Ueberall liegen dem Skelet bestimmt gestaltete gefärbte Kalkkörper oder Spicula zu Grunde. Nur das Kalkskelet der Helioporiden zeigt die fasrig krj'stallinische Struktur der Madre- poren. In einzelnen Famlien (Pennatuliden) kommen neben den geschlechtlich entwickelten Polypen kleine ungeschlechtliche Individuen vor. Die Trennung des Geschlechts auf verschiedene Individuen und auf verschiedene Stöcke (diöcisch) gilt als Regel. Indessen können sich auch , wie bei der Edelkoralle, Verhältnisse wiederholen , wie sie für die Linneische Pflanzenclasse Polyyamia charakteristisch sind, indem gleichzeitig Zwitterstöcke (monöcisch) und Zwitter- individuen zur Beobachtung kommen. 1. Farn. Alcyonidae. Festsitzende Stöcke ohne feste Achse, mit fleischigem nur spär- liche Kalkkörper enthaltenden Polypar. Die langen Leibeshöhlen der Einzelthiere sind nach der Basis des Polypars gerichtet. Selten kommen zweierlei Polypen vor {Sarco- phyton, Heteroxenia). 1. Subf. Cornularinae. Die Einzelthiere durch basale Sprossen und wurzelformige Ausläufer verbunden. Cornularia Lam. Polyp retractil. 0. crassa Edw., C. eoniiicopiae Schweig. , Mittelmeer. Rhizoxenia Ehrbg. Polyp nicht retractil. R. filiform^ Sars, Norwegen. E. rosea Dana , Mittelmeer. Clavularia Quoy. Gaim. Sarcodictyon Forb. Anthdia Sav. Sympodium Ehrbg. Einzelthiere sind: Haimea Edw. Hartea Edw. 2. Subf. Alcyoninae. Die Polypenstöcke entstehen durch laterale Knospung und bilden ilann gelappte und ramificirte Massen unter reichlicher Coenenchymentwicklung. Älcyonium L. Das gelappte oder fingerförmige Fortsätze bildende Polypar mit retrac- tilen Polypen. A. palmatwmV all., digltatum L., ßexibileDa,n., confertum Dah., arboreum Sai's, letztere in bedeutenden Tiefen. Sarcophyton Less. Ammothea Sav. Xenia Sav. Heteroxenia Köll. , mit Dimorpliismus der Polypen. Nephthya Sav. Spaggodes Less. Faialcyonium Edw. 2. Fam. Pennatulidae, Seefedern. Polypenstöcke, deren nackte freie Basis (Stil) im Sande oder Schlamme steckt, meist mit hornig biegsamer Achse. Die langen Leibes- höhlen der Einzelthiere, welche bald um die gestilte Axe, bald an der Dorsalseite, bald an den Seiten gruppirt sind, stehen mit dem aus langen Canälen gebildeten Canal- system in Verbindung. Bei allen Gattungen wurden von Kölliker dimorphe Polypen nachgewiesen. Viele Pennatuliden leuchten, und zwar sind es strangartige Organe, welche das Licht ausstrahlen. Dieselben bestehen aus Zellen mit fettartig glänzenden Körnchenballen und liegen im Umkreis des Mundes. 1. Subf. Favonarinae. Virgularia Lam. Polypar stabtormig, die Polypen sitzen auf schmalen Trägern, die in zwei Reihen angeordnet sind. V. juncea Pall. FunicuUna Lam. Die entwickelten Polypen sitzen m Querreihen am stabförmigen Polypar. F. ün- marchica Sars, Christa K. D. , q^iiadr angularis Pall., Nordische Meere. 2. Subf. Fennatulinae. Fennatula L. Das federförmige Polypar mit Seitenzweigen, an welchen die Polypen sitzen. Die Hauptzooide an der Ventralseite des Kieles. An der Spitze des Stiles liegt eine feine Oeffnung. P. rubra, phosphorea Ellis., Mittelmeer. Fteroides Herkl., Hauptzooide an den Blättern. 3. Subf. Veretillinac. Veretillum Ouv. Das cylindrische Polypar trägt überall an allen Seiten retractile Poly^iea. V. cynomorium Pall., Mittelmeer. V. pusillum {Caoer- 236 Siphonogorgiaceao. Gorgonidae. nularia Herkl) Phil. , Palermo. — Litnaria Val. (Mit bnlböser Basis des Stammes). Sareobelevinon Herkl. — Kophohelemnon Asbj. 4. Subf. Benillinae. Das nierenförmig abgeplattete Polypar wird von einem Stile getragen, welcher zwei übereinander liegende Canäle einschliesst. Diese fliessen am Ende zusammen und münden mittelst einer feinen Oeffnung aus. Zooiden an der Dorsal- seite. In der Mitte der oberen Scheibenfiäche findet sich die Oeffnung eines grössern Zooids'. Renilla Lam. B. reniformis Fall., violacea Quoy. Gaim., Amerika. 5. Subf. Umbellulinae '). Mit langem dünnen Stile und kurzem dicken Polypen- träger. Polypen gross, nicht retractil, an den Seiten der Dorsalfläche des Kieles geordnet. Zooiden zwischen den Polypen, die ventrale Mittellinie freilassend. Umbellula Cuv. U. Thomsonii KöU. Tiefseeform nahe bei Madeira (aus 2125 Faden Tiefe). U. Lindählii Köll. , Nordgrönland. 3. Farn. Siphonogorgiaceae. Vom Habitus der Gorgoniden, jedoch laufen die Darmhöhlen in lange Canäle aus. Sarcosom hart, aus vielen Kalknadeln und Binde- substanz bestehend. Polypen nur an den Enden der kleinsten Aeste in wenig vor- springenden Kelchen. Siphonogorgia Köll. S. Goäeffroyi Köll., Pelewinseln. Zwischen- form der Gorgoniden und Alcyoniden. 4. Fam. Gorgonidae , Eindencorallen. Festsitzende Polypenstöcke mit hornigem oder kalkigem, baumförmig verästelten! Achsenskelet, welches von einer weichern oder zerreiblichen, aus Körpern des Goenenchyms gebildeten Kalkrinde überzogen wird. Die kurzen Leibeshöhlen der retraktilen Einzelpolypen stehen senkrecht zur Achse, durch Längsg'.^fässe und verästelte Canäle communicirend. 1. Subf. Gorgoninae. Mit ungegliedert horniger oder verkalkter Achse, die als Ausscheidung des Parenchyms betrachtet wird. Die Aeste des Stockes verwachsen oft an den Berührungsstellen. Nach Valenciennes und^ölliker kann man folgende Gruppen bilden : a) Primnoaceae. Mit oberflächlicher Lage stacheltragender Kalkkörper und dünnem Coenenchyjii. Einzelthiere papillenähnlich vorspringend. Primnoa Lamx., Nordische Meere. P. fiabellum, verticillaris Ehrbg. Muricea elongata Lam., horrkla Moeb., spini- fera Lamx. Eclnnogorgia Köll. b) Plexauraceac (Euniceidae Köll.). Mit dickem an der Oberfläche nicht stachligem, aber mit einer Eindenlage von Keulen versehenen Coenenchym. Achse verkalkt oder hornig. Plexaura, mit verkalkter Achse. P. flexuosa Lamx. Ennicea mammosa Lamx. Plexaurella Köll. c) Gorgonaceae. Mit glattem dünnem Coenenchym, kleinen, vorwiegend spindel- förmigen Kalkkörpern und horniger Ache. Gorgonia Edw. Die Einzelthiere bilden auf dem verästelten Polypar vorspringende Warzen. G. verrucosa Pall., Mittelmeer. Lepto- gorgia Edw. H. Mit dünnem hautartigen Coenenchym ohne Warzen. L. viminalis L., Atl. Ocean. Ehipidogorgia Ya\. Mit fächerförmigem Polypar. B. flabellum h., Antillen. Lopliogorgia Edw. H. Das fächerförmige Polypar mit mehreren Hauptästen am abge- platteten Stamme. L. palma Edw.. Cap. Pterogorgia sctosa, pinnata Edw. Xiphigorgia anceps Pall., setacea p]dw. Hymenogorgia qiiercifoUa Val. Phyllogorgia dilatata Edw. Phycogorgia Val. d) Gorgonellaceae. Mit glattem dünnem Coenenchym, kleinen Kalkkörpern von der Form warziger Doppelkugeln und verkalkter lamellöser Achse. Gorgonella Val. Achse lamellös radiarstreifig. G. granulata Esp. Vernmcella Edw. H. Jaiicella Val. 2. Subf. Briareinae. Gorgoniden, deren Inneres aus verschmolzenen Kalkkörpern besteht. Briareum gorgonideam Blainv. Paragorgia arborca Edw. [Alcyonium arbo- reum L.), Nordische Meere. Solanderia graciUs Duch. Mich. 1) Ausser J. Lindahl 1. c. vergl.: A. Kölliker, Die Pennatulide Umbellula etc. Würzburg. 1875. R. v. Willemoes-Suhm, Notes on some young stages on Umbellularia and on its geographical distribution. Ann. Mag. of nat. bist. 1875. 2. Ordnuüg. Zoantharia. 237 3. Subf. Sclerogorginae. Die ungegliederte Achse besteht aus Hornsubstanz und verschmolzenen Kalkkörpern. Sclerogorgia Köll. S. snberosa Esp., verruculata Esp. 4. Subf. Isidinae. Die gegliedei-te Achse ist aus abwechselnd hornigen und kal- kigen Stücken gebildet, von denen die letztern einen lamellösen Bau besitzen. Isis Lamx. Die Kalkglieder wechseln mit hornigen Stücken. I. hipiniris Lam. 5. Subf. Melithacaccae. Die weichen Gliederstücke der Achse bestehen aus ge- trennten Kalknadeln, die von Hornsubstanz und Bindegewebe umgeben sind, die harten aus verschmolzenen Kalknadeln. Melithaea Lam. Achse von zahlreichen Ernährungs- canälen durchzogen. M. ochracea, retifera Lam. — Mopsea Lamx. Achse ohne Er- nährungscanäle. M. dichotoma Lamx., erythraea Ehrbg. 6. Subf. Corallinae. Die ungegliederte steinharte Achse ist aus krystallinischer Grundmasse und mit dei'selben verschmolzenen Kalkkörpern gebildet. Corallium Lam. C. rubrum, Edelkoralle, Mittelmeer. Das steinharte roth gefärbte Achsenskelet wird zu Schmucksachen verarbeitet und ist ein sehr geschätzter Gegenstand des Handels. Der Korallenfang wird vornehmlich an den Küsten von Algier und Tunis eifrig betrieben. Dort sammeln sich im Frühjahr und am Anfang des Winters wohl 200 — 300 Schifte, aus denen grosse eigeiithümlich gefertigte Netze ausgeworfen und an den Felsen hergezogen werden, um die Korallen in den Maschen zu verwickeln, abzureissen und emporziischaffen. Der Erwerbszweig ist so bedeutend, dass allein an den dortigen Küsten jährlich etwa oOOOO Kilogramm Korallen im Werthe von circa 2 Millionen Francs gefischt werden. 5. Fam. Helioporidae. Kalkskelet compakt nach Art der Madreporen von fasrig krystallinischer Struktur, mit Polypenkelchen und Coenenchymröhren, die von transversalen Plättchen, Tabulae, durchsetzt sind. Polypen vollständig zurückzieh bar. Ileliopora Blainv. H. coerulea Blainv. Verwandt sind die fossilen Gattungen Polytrcmacis (Eocän) und Heliotites (Paläozoisch). 6. Fam. Tubiporidae '), Orgelkorallen. Polyparien einem Orgelwerke ähnlich, meist roth gefärbt. Die Polypen sitzen in parallelen durch quere Scheidewände in Fächer gesonderten und mittelst horizontaler Brücken verbundenen Kalkröhren , deren Substanz von zahlreichen einfachen und gabiig getheilten Canälen durchsetzt wird^ Ebenso sind die innern Scheidewände und die äussern Verbindungsplatten mit einem complicirten Canalsystem versehen. Das Polyparium ist daher als mesodermale von weichem Ectoderm überkleidete Skeletbildung des Coenenchyms anzusehn, und die Röhren sind der verkalkten Theca der Madreporarien vergleichbar. Das Vorderende der Röhre geht in den weichen retraktilen Abschnitt des Polypenleibes über. Tubipora L. T. Hemprichii Ehrbg., Rothes Meer. Andere Arten leben in der Südsee. 2. Ordnung. Zoanthai-ia ^). (Polyactinia Ehrbg. ex parte). Polypen und Folypenstöckc mit 6, 12, 24 imd zahlreichen in fort- schreitender Zahl vermehrten Fangarmen, die meist mehrfache alternirend gestellte Kreise um die Mundöffnung bilden. Fangarme, Septen und Gastro vasculartaschen sind auf den Numerus G zurück- führbar. Der Leib kann sowohl ganz weich sein und jeglicher Skeletbildung 1) Leider ist unsere Kenntniss vom Bau und der feinern Struktur der Tubiporiden noch sehr mangelhaft. Vergl. G. v. Koch, Anatomie der Orgelkoralle. Jena. 1874. 2) Als dritte Ordnung sind die Madreporaria rugosa oder Tetracorallia zu unter- scheiden. Paläozoische Korallen mit zahlreichen nach der Vierzahl gruppirten Septen der Einzelkelche , mit symmetrischer Anordnung der Septen, die an der vordem und hintern Hälfte verschieden ist. Während man früher die Korallen der ältesten Formationen mit den Madreporen vereinigte, scheint es am natürlichsten, diese nur wenige Familien umfassende Polypen- 238 Antipatharia." Actiniaria. entbehren, als eine hornige und verkalkte Achse besitzen. In den meisten Fällen aber {Madrcporaria) erzeugt derselbe ein steinhartes verkalktes Poly- parium von strahlig-fasrigem , krystallinisehem Gefüge. Im Allgemeinen gilt die Trennung des Geschlechtes als Regel , indessen kommen sowohl diöcische Stöcke (Gerardia) als auch hermaphroditische Formen (Actmia) vor. Die Polypen bergen ziemlich allgemein ihre Jungen so lange Zeit in ihrem Gastro- vascularraum, bis dieselben 8 bis 12 Strahlen und die Tentakelanlagen erlangt haben. Die Madreporarien sind für die Entstehung der Korallenriffe und Inseln von Bedeutung. 1. Unterordnung: Antipatharia. Polypenstöcke mit weicher unverkalkter Rinde (zuweilen Kiosolspicula von Spongien einschliessend) und mit horniger Skeletachse, den Rindenkorallen ähnlich. Die Einzelthiere besitzen meist nur sechs, in einigen Fällen jedoch auch eine grössere Zahl (24) von Fangarmen {Gerardia). 1. Farn. Antipathidae. Meist mit 6 stummeiförmigen Tentakeln, welche nicht eingezogen werden können. Von den 6 radiären Scheidewänden sind 4 abortiv und nur 2, den Ecken des langgezogenen Mundes entsprechende, von normaler Grösse und mit Mesenterialfäden versehen. Skeletachse hornig. Cirrhipathes Blainv. Die einfache Axe un verästelt. C. spiralisBlamv., Mittelmeer. Antiiyathes FaW. Schwarze Koralle. Achse verästelt. A. subpinnata, larix EUis. Arachnopathes Edw. Die Aeste der schwarzen Achse verschmelzen zur Bildung eines buschartigen Balkennetzes. Bei Rhipidopathcs Edw. liegen die Aeste in einer Ebene. Hyalopathes Edw. Mit halbdurchsichtigem Achsen- skelet. Leiopathes Gray. 2. Fam. Gerardidae. Mit 24 cylindrischen Tentakeln von abwechselnder Länge. Neben monöcischen kommen auch diöcische Stöcke vor. Gerardia Lac. Duth. Das glatte Achsenskelet mit dünner Kruste überzogen. G. Lamarcki H. 2. Unterordnung : Actiniaria '). (Malacodermata). Fleischpolypen. Polypen ohne Hartgebilde, von weichem fleischigen Körper, der oft eine sehr bedeutende Grösse erreicht und das Vermögen einer beschränkten Orts- gruppe trotz der Vierzahl des Septalsystems im näheren Anschluss an die Hexactinien als Ordnung zu trennen. Die Einzelthiere vermehren sich durch Knospung (selbst innerhalb des Kelchrandes) zur Bildung gemeinsamer Stöcke, für welche der vollständige Mangel des Coenenchyms characteristisch ist. M. Edwards und Haime unterschieden die vier Familien der Staicridae, Cyathophyllidae , Cyathaxonidae und Cystiphyllidac mit mehreren Unterfamilien und zahlreichen Gattungen und Arten. Neuerdings hat sich jedoch die Nothwendigkeit herausgestellt, die Zahl der Familien bedeutend zu ver- mehren. Merkwürdig ist das Vorkommen von Deckelbildungen, durch welche der Kelch geschlossen wird (Vier Deckel. GoniophylliiniM. Edw. — Ein Deckel. Bhisophyllum Lindst.) und zumal bei der bilateral symmetrischen Gestalt das Aussehn eines Brachiopoden gewinnen kann. Calccola sandalina. Vergl. ausser Milne Edwards und J. Haime und den paläontologischen Schriften von Duncan, Eichwald, Lindström, R. Ludwig, F. Römer u. a. besonders: A. Kunth, Beitrag zur Kenntniss fossiler Korallen. Zeitschr. der deutschen geol. Gesells. Tom. 21 u. 22. 1869 und 1870. Wl. Dubowski, Monographie der Zoantharia sclero- dermata rugosa etc. Dorpat. 1873. Archiv für Naturkunde Liv-Ehst und Kurlands. Tom. V. 1) Delle Ghiaje, Memorie sulla storia e notomia degli animali senza vertebre. Napoli. 1825. Contarini, Trattato delle Actinie, ed osservationi sopra alcuiii di esse Madreporaria. 239 bewegung besitzt. Einige schwimmen sogar frei umher (Miuyas) oder schmarotzen an Medusen. Die meisten bleiben solitär und sind Herma- phroditen. 1. Fall). Actinidae. Mit alternirenden Kränzen von Fangannen, welche je einem pei'igastrischen Eaume entsprechen. 1. Subf. Minyadinae. Mit blasig aufgetriebenem als hydrastischer Apparat wirk- samen Fusse. Minyas Cuv. Mit kurzen einfachen Fangarnien und warzigem Körper. M. cyanea Cuv., Südsee. Nautactis purpureus Mos. Mit 12 kurzen conischen Tentakeln und einer äussern Reihe mit jener altevnirender Tuberkeln. Nordostküste Australiens. Oceanactis rhododactylns Mos. Mit 2 Reihen einfacher gestreckter Tentakeln und einer Reihe von Tuberkeln. Neuseeland. Plotactis Edw. 2. Subf. Actininae. Mit einfachen Fangarmen und scheibenförmigem Fuss. Anthea Johnst. Tentakeln nicht zurückziehbar, Körperwand glatt. A. sulcata Penn. {Anthea cereus Johnst.). Comactis Edw., Ceractis Edw. u. a. G. — Aetinia L. Mit ziemlich gleichartigen zugespitzten und retractilen Tentakeln, nacktem Körper und Pigment- höckern des Scheibenrandes. A. eqimia L. , A. mesembryanthemum , A. crassicornis. Cereus Oken. Mit warziger Körperwand, ohne Pigmenthöcker des Scheibenrandes. C. coriaceus Edw. Bunodes Gosse, Sagartia Gosse u. a. G. 3. Subf. Phyllactininae. Mit einfachen und zusammengesetzten Fangarmen. Phyl- lactis Edw. Körperwand glatt. Die zusammengesetzten Tentakeln sitzen am Rande der Kopfscheibe. P. praetexta Dan. Ulactis Edw. Eliodactis Edw. 4. Subf. Thdlassianthinae. Tentakeln sämmtlich zusammengesetzt, verästelt oder Papillentragend. Thalassianthus F. S. Lt. Die Zweige der Tentakeln schlank und vier- fach gefiedert. T. aster F. S. Lt., Rothes Meer. — Actinodendron Blainv. Zweige der Fanganne verdickt, Papillentragend. — Actineria Blainv. Die unverzweigten Tentakeln mit Fäden besetzt. — Phymanthus Edw. Sarcophianthus Less. 5. Subf. Zoanthinae. Mit ledeiartiger, fremde Körper einschliessender Unterbaut, durch basilare Ausläufer Stöcke bildend. Zoantlius Cuv. Breitet sich mittelst Stolonen aus. Z. sociatus Less. — Palythoa Lamx. Polypar flächenhaft ausgebreitet. 2. Fain. Cerianthidae. Der langgestreckte hermaphroditische Polypenleib, oft mit ausgeschiedener Hautliülse, trägt einen äussern marginalen und einen innern labialen Kranz von Fangarmen; dieselben alterniren nicht miteinander, indem je ein Rand- und Lippententakel zu einem gemeinsamen Interseptalraum gehören. Im Magenrohr finden sich zwei gegenüberstehende Furchen, von denen die tiefere durch den Verlauf von zwei sehr starken bis zum Grunde der Leibeshöhle reichenden Scheidewänden bezeichnet wird. Die übrigen Septen enden schon in der Mitte der Leibeshöhle. Das zugespitzte Hinter- ende heftet sich im Sande an und kann {Cerianthus) durch einen Perus geöffnet sein. Die Larven besitzen vier Tentakeln, vermehren aber die Zahl derselben durch neben- einander knospende Tentakeln auf sechs. So scheint der genetische Zusammenhang zwischen vierstrahligen und sechsstrahligen Polypen angedeutet. Cerianthus Delle Ch. Mit Hauthülse und hinterm Porus. C. membranaceus (Gmel.) H. , cylindricus Ren., Mittelmeer. Saccanthus Edw. Ohne Magenfurche und hintern Porus. S. purpurascens Edw., Nizza. viventi nei contorni di Venezia etc. Venezia. 1844. Hollard, Monographie du genre Aetinia. Ann. des scienc. nat, Tom. XV. 1851. J. Haime, Memoire sur le genre Cereanthus. Ann. des scienc. nat. IV. Ser. Tom. I. Gosse, Actinologica brittanica. London. 1860. A. v. Heider, Sagartia Troglodytes Gosse etc. Sitzungsb. der Akad. der "VViss. Wien. 1877. Vergl. ferner die Schriften von M. Edwards, L. Agassiz, J. Haime, Lacaze-Duthiers u. a. 240 Perforata. Aporosa. 3. Unterordnung: Madreporaria '). Actinienähnliche Polypen, welche duicli Knospung und Theilung Stöcke mit verkalktem Goencncliym und zusammenhängendem harten Skelet erzeugen. I.Gruppe 2). Perforata (Madreporai), Poronkorallen. Mauerblatt ohne Rippen , ebenso wie das Sclerenchym (Goenenchym) und die rudimentären Septen von Poren durchbrochen. Die Poriten treten bereits im Silur auf. Niemals sind Querwände (planchers) völlig ausgebildet. Leibeshöhle meist ganz offen. 1. Fam. Poritidae. Das zusammengesetzte Polypar besteht ganz und gar aus reticulii'tem und })Orüsem Coenenchym, die Individuen sind innig verschmolzen, sei es durch ihre porösen Mauerhlätter oder erst indirekt durch das spon^iöse Coenenchym, durch Knospung sich vermehrend. Sopta niemals himelKir, nur aus Trabekeh-eihen gebildet. 1. Subf. Poritinae. Ohne oder mit nur spärlichem Coenenchym. Forites Laui. Meist 12 Septa mit Pali in einfachem Kreis. P. conglommerata Lam. — Alveopora daedalea Blainv. , Rothes Meer. 2. Subf. Moiitiporinae. Mit reichlichem Coenenchym. Montipora monasteriata Forsk. 2. Fam. Madreporidae. Mauer- und Fussblatt vorhanden, aber porös. Die Haupt- scheidewände porös lamellär. Mit sehr reichlichem Coenenchym. 1. Subf. Madrepormae. Von den sechs Hauptscheidewäaden zwei sehr mächtig, in der Mitte zusammenstossend. Madrepora L. M. cervicornis Lam. , Antillen. M. borealis Edw. Hier würden sich die Seriatoporiden und Pocüloporiden anschliessen, welche nach Verrill und Mosely (nach Auflösung der Tabulaten) Hexacorallier sind. 2. Subf. Turhinarinae. Die Hauptscheidewände gleichmässig entwickelt. Tur- hinaria crater Edw. Astraeopora Blainv. 3. Fam. Eupsammidae. Sind nach Pourtales nahe Verwandte der Twbinoliden. Die Scheidewände des letzten Cyclus sind unvollständige Platten mit getheiltem Rande und gegen die des vorhergehenden Kreises gebogen. Columella vorhanden, Pali fehlen. Dendropliyllia Blainv. Polypar ästig. Z). ramea Edw., Mittelmeer. — Astroidcs Edw. H. A. calycularis Pali., Mittelmeer. — Balanophyllia italica Edw. Fossil sind Eupsamniia, Endopsammia , Mhodopsammia Edw. u. v. a. S.Gruppe. Aporosa, Ritfkorallen. Polypen und Polypenstöcke , deren Scheidewände wohl entwickelt und von unregelmäs.sigen Querbalken durchsetzt sind. Mauerblatt und Sclerenchym compact. Beginnen spärlich in der Trias und nehmen von da bis zur Jetztzeit zu. 1. Fam. Fungidae, Pilzkorallen. Von flacher scheibenförmiger Gestalt der Polypen- zellen. Mauerblatt zu flacher ßasalscheibe reducirt, auf welcher die stark entwickelten bedornten Septen ansitzen. Dieselben sind durch Synapticula verbunden und haben einen gezähnelten Rand. Vermehrung durch Knospung. 1. Subf. Funginae. Basale Scheibe porös und fein bedornt. Fungia Lam. Einzel- polyp scheibenförmig und in der Jugend festsitzend. F. patella Ellis. {agariciformis Ehrbg.), discus Dan., Ehrenhergii F. S. Lt. Halomitra Dan. Polypenstock stark convex, 1) Vergl. ausser M. Edwards und J. Haime: Verrill, Synopsis of the Polyps and Corals of the North pacific. ExpL Exped. Proc. Essex Inst. Tom. V und VI. Der- selbe, Review of the Corals and Polyps of the west coast of America Transact. Connect. Acad. vol. I. 2) Die Gruppe der Röhrenkorallen (IwÖMZosa Edw.) mit Skeletröhren ohne Septen beschränken sich auf die paläozoische Zeit. Auloporidae, Aulopora, Pyrgia u. a. Astraeidae. 241 frei, mit deutlich strahligen Kelchen. II. pileus Dan., Südsee. Cryptohacia Edw. H., Herpetolitha F. S. Lt., Folyphyllia Quoy. Gaim. u. a. 2. Subf. Lophoserinae. Basale Scheibe weder porös noch echinuHrt. Lophoseris Edw. H., Polypenstock. Pachyseris Edw. H. Cydoseris Edw. H., Einzelpolyp. Psam- moserifi Edw. H. u. z. a. G. Hier schliesst sich die kleine Familie der Merulinaceae Edw. (Pseudofungidae) an. 2. Fam. Astraeidae. Selten Einzelpolypen , meist l'olypenstöcke, welche durch Verwachsung der Mauer blätter verbunden sind, mit sehr entwickelten lamellären Septen, deren tiefe Zwischenräume durch quere Laiuellen getheilt sind. 1. Subf. Astraeinae. Der obere freie Septenrand eingeschnitten oder gezähnt. a) Astrangiaceae. Die Stöcke durch Sprossung auf Stolonen oder basalen kriechenden Ausbreitungen gebildet. Astrangia Edw. H. Mauerblatt, sämmtliche Septal- ränder gezähnelt. A. astraeiformis. — Cyclia, Cryptangia, Bhizangia, Phyllangia u. a. G. b) Cladocoraceae. Die Knospung erfolgt lateral, die Stöcke daher niemals massig, son? [Gonophoren) an ihrer Wandung erzeugen. Die sterilen Polypen können aber selbst wieder untereinander durch die Zahl ihrer Tentakeln und die gesammte Form verschieden sein, ebenso können verschiedene Arten proliferirender Individuen an demselben Stöckchen auftreten, so dass wir bereits bei den festsitzenden Hydroiden den Polymorphismus der frei- schwimmenden Siphonophoren vorbereitet finden {Hydractinla, Plumularia). 1) J. F.' Brandt, Ausführliche Beschreibung der von Mertens beobachteten Schirra- quallen. Mem. Acad. S. Petersburg. 1835. Edw. Forbes, A Monograph of the British naked-eyed Medusae. London, (ßaj' Society). 1848. L. Agassiz, .On the naked-eyed Medusae oi the Shores of Massachusetts. (Mem. Amer. Acad.) 1850. Gegenbaur, Zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung der Medusen und Polypen. Verh. der med. phys. Ges. zu Würzburg. 1854. Derselbe, Versuch eines Systems der Medusen. Zeitschr. für wiss. Zoologie. B. VIU. 1857. R. Leuckart, Zur Kenntnis« der Medusen von Nizza. Archiv für Naturg. 1856. Aid er, A Catalogue of the Zoophytes uf Nor- thumberland and Durham. 1857. Fr. Müller, Polypen und Quallen von St. Catharina. Archiv für Naturgesch. 1859 und 1861. L. Agassiz, Contributions to natural History of the United states of America. Boston, vol. III. IV. 1860 u. 1862. A. Agassiz, North American Acalephae, lUustrated catalogue of the Mus. of comp. Zool. T. II. Cambridge. 1865. P. J. van Beneden, Recherches sur la faune littorale deBelgique. (Polypes). Mem. de Tacademie royale de Belgique. 1867. E. Haeckel, Beitrag zur Naturgeschichte der Hydromedusen. 1. Heft. Geryoniden. Leipzig. 1865. Th. Hincks, A History of the British Hydroid Zoophytes. 2 vol. London. 1868. G. J. AI man, A monograj^h of the Gyainoblastic or Tabularian Hydroids. Vol. I u. IL London. 1871 u. 1872. Kleinen- berg, Hydra. Eine anatomisch-entwicklungsgeschichtliche Untersuchung. Leipzig. 1872. Fr. E. Schulze, Ueber den Bau und die Entwicklung von Cordylophora lacustris. Leipzig. 1871. Derselbe, Ueber den Bau von Syncoryne Sarsii Loven. Leipzig. 1873. G. J. Allman, On the structure and systemat. position of Stephanoscyphus rairabilis. Transact. of the Linn. Soc. 2 Ser. Vol. i. 1874. 0. und R. Ilertwig, Das Nervensystem und die Sinnesorgane der Medusen. Leipzig. 1878. Bau der Hydroidmedusen. 249 Der Bau der Polypen erseheint im Allgemeinen weit einfacher, als in der Äntho^oevgruppe , indem Magenrohr und Scheidewände der bewimperten Leibeshöhle fehlen, indessen können Septalanlagen in Form von gastralen Längswulsten {Stephanosci/phus) zur Entwicklung kommen, dem entsprechend auch rudimentäre Gefässräume vorhanden sein. In der Regel bleiben die beiden Zellschichten der Leibes wandung, Ectoderm und Entoderm, einfach und nur durch eine dünne zwischenliegende Stützlamelle gesondert , die keinerlei zellige Elemente aufnimmt. Sehr verbreitet scheint das Vorkommen von Längsmuskel- fasern (sog. Neuromuskelzellen) als unmittelbaren Ausläufern der ectodermalen Epitelzellen (Hydra, Fodocoryne), doch können diese Muskeln auch als selbständige Lage kernhaltiger Faserzellen in der Tiefe des Epitels zur Sonderung gelangen [Hydractinia, Tahidaria). Die Zellen des Ectoderms, welche Nessel- kapseln erzeugen {GnidoUasteii), bilden zarte, faden- oder borstenförmige Aus- läufer, welche wahrscheinlich, Tastorganen vergleichbar, für den Reiz mechani- scher Berührung sehr empfindlich sind und zur Sprengung der eingeschlossenen Nesselkapseln Anlass geben. Ausser diesen zu Gnidoblasten gehörigen Cni- docils , die in doppelter Form als breite kürzere Spitzen und als sehr feine längere Haare auftreten, finden sich an gewissen Ectodermzellen (Sinneszellen?) längere haarförmige Protoplasraafortsätze, die Falpocils, die wahrscheinlich in die Gategorie von Tastorganen gehören (Tastborsten der Medusen). Da wo das Ectodermepitel ein äusseres Cuticularskelet ausgeschieden hat, vermag sich dasselbe von diesem bis auf fadenförmige Ausläufer und Verbindungsbrücken, die den Anschein von Sarcodesträngen bieten, zurückzuziehen. Geschlechts- producte werden nur ausnahmsweise im Polypenkörper selbst und zwar im Ectoderm desselben erzeugt {Hydra), hi allen andern Fällen sind besondere, von beiden Zellenlagen gebildete medusoide Gemmen die Träger der Geschlechts- stoffe, hii einfachsten Falle nehmen die knospenförmigen hidividuen der Ge- sclilechtsgeneration einen Fortsatz der Leibeshöhle, des polypenförmigen Trägers oder des Achsencanales vom Hydroidstöckchen auf, in dessen Umgebung sich dann die Geschlechtsstoöe anhäufen {Hydractinia echinata, Clava squamata), auf einer morphologisch weiter vorgeschrittenen Stufe findet sich in der Peri- pherie der Knospe eine mantelartige Umhüllung mit continuirlicher Gefäss- lamelle oder mit mehr oder minder entwickelten Radiärge fassen {Tuhularia coronata, Eudendrium ratnosum Van Ben.), und endlich kommt es zur Bildung kleiner sich lösender Scheibenquallen [Campanularia t,l/L.^ 260 Tubulariae. kurz geknöpfte Tentakeln, können derselben jedoch in einzelnen Arten entbehren {Crypio- Jieh'a). Die Tentakelthiere können um jene in weiter Entfei'nung unregelmilssig {Poly- pora, Errina, Acanfliopora) zerstreut sein; dann fehlen die Pseudo-Septen. An dem verzweigten Coenosark sprossen medusoide Geschlechtsgemmen — wie bei allen (All man) Tiefseehydroiden — und zwar in diöcischer Sonderung. Die weiblichen Gemmen er- zeugen Planulae. Wahrscheinlich gehört auch Distichopora hierher. Die meisten Stylasteriden sind Bewohner der Tiefsee. Stylaster sanguincus. Allopora ocidina. 2. Ordnung. Tubulariae = Gymnoblastea {Ocellatac, Augenfleck- medusen). Nackte oder von chitinigem Periderm überkleidete Polypen- stöckchen ohne becherförmige Zellen {Hyärothecen) in der Umgebung der Polypenköpfchen. Die Geschlechtsgemmen sind einfache Knospen von medu- soidem Baue und .sprossen selten unmittelbar an denRamiticationen des Stockes, dagegen meist am Leibe der Polypen oder besonderer Individuen. Die sich lösenden Medusen sind Augenfleckmedusen und gehören grossentheils zu der Familie der Oceanidae. Sie besitzen eine glocken- oder thurmförmige Gestalt, vier, seltener acht Radiärcanäle sowie Augenflecken an der Basis der Randfäden und erzeugen die Geschlechtsstoffe in der Wand des Magenstils. 1. Farn. Hydridae (EleutheroMasteä). Langgestreckte nackte Einzelpolypen mit wenigen Fangarraen im Umkreis des Mundes, welche sich durch Knospung an der Seiten wand, seltener durch Theilung (Protohydra) fortpflanzen und im Falle geschlechtlicher Ent- wicklung {Hydra) die beiderlei Geschlechtsstoffe im Ectoderm der aufgetriebenen Leibes- wand erzeugen. Hydra L. Süsswasserpolyp mit fadenförmigen sehr dehnbaren Fang- armen in der Umgebung des Mundes. Die Thiere heften sich mit dem hintern Pole will- kürlich an. Theilstücke wachsen zu neuen Individuen an. H. gracilis, carnea Ag.. Amerika. Die Hoden entstehen dicht unter den Tentakeln und sind kuglige Auftreibungen des Ectodernis, die Ovarien weiter abwärts mit je einem Ei, das sich furcht und mit einer stachlichen Hülle umgibt. H. viridis, fusca, grisea L., Europa. Protohydra Greeff. Schlauchförmig ohne Fangarme, durch Theilung sich fortpflanzend (ob selbständige Form?). P. Leuckarti Greefl', Nordsee. 2. Fam. Glavidae. Polypenstöckchen mit chitinigem Periderm. Die keulen- förmigen Polypen mit zerstreut stehenden , einfach fadenförmigen Tentakeln. Die Geschlechtsgemmen entstehen am Polypenkörper und bleiben meist sessil. Clava 0. Fr. Müll. Geschlechtsgemmen sessil, unterhalb der Tentakeln am Leibe sprossend. C. {Coryne) squamata 0. Fr. Müll., Mittelmeer, repens Wr., leptostyla Ag., Massachussets Bai, diffusa AUm. u. a. C. {Tubiclava) lucerna Allm. Cordylophora Allm. Stock verzweigt mit Stolonen, welche fremde Gegenstände überziehn. Gonophoren oval, mit einer Bekleidung von Perisark versehn, diöcisch ver- theilt. Im süssen Wasser. C. lacustris AUm., albicola Kirch., Elbe, Schleswig. Turris (Turridae) Less. Der hohe glockenförmige Quallenkörper mit 4 Radiär- canälen, zahlreichen Randtentakeln, jeder mit bulböser Basis und Augenfleck. Mund vierlippig. T. neglecta Forbes {Clavula Gossü Wr.), T. vesicaria A. Ag. Campaniclava All. Geschlechtsgemmen entspringen an den Verzweigungen des Stammes und werden als Medusen frei. C. Cleodorae Ggbr. {Syncoryne Cleodorae Ggbr.), Mittelmeer. Corydendriiim parasiticum Cav. 3. Fam. Hydractiuidae '). Polypenstöckchen mit flacher Ausbreitung des Coenen- chyms und festen incrustirten Skeletabscheidungen. Die Polypen sind keulenförmig mit einem Kranze einfacher Tentakeln. Neben denselben gibt es auch lange tentakel- 1) C. Grobben, Ueber Podocoryne carnea Sars. Sitzungsb. der K. Acad. der Wiss, zu Wien. J875. Corynidae. Dicorynidae. ßimeridae. Cladonemidae. Eudendridae. 261 förmige Polypoiden (Spiralzooids), die zuerst Wright nachwies (Beziehungen des Skelets zu dem der Milleporiden). Hydractinia Van Ben. Medusengemmen sessil an tentakellosen proliferirenden Individuen. H. lactea, solitaria Van Ben., echinata Flem., Nordsee, polycUna Ag. Podocoryne Sars. Die Geschlechtsgemraen entspringen an der freien Fläche des Coenosarks und werden als Oceaniden frei. P. areolata Aid. F. carnea Sars. Cory- noiisis Alderi Hodge. 4. Farn. Corynidae = Sarsiadae. Die keulenförmigen Polypen tragen zerstreut stehende geknöpfte Tentakeln und entspringen auf kriechenden, von chitinigem Periderm überdeckten Verzweigungen des Coenosarks. Die Gonophoren oder Geschlechtsgemmen entspringen am Polypenkörper und bleiben entweder sessil oder werden als Sarsiaden mit contraktilem langem Mundstil und 4 langen Fangfäden frei. Coryne Gärtn. Mit sessilen Geschlechtsgemmen. C. pusilla Gärtn. , ramosa Sars, fniticosa Hincks. Syncorync Ehrbg. (Syncorynidae). Die Medusengemmen gehören zur Gattung Sarsia. S. Sarsii Loven. mit Sarsia tubtdosa, ferner S. miräbilis Ag. , pidchella Allm., eximia Ag., S. (Gemmaria) implexa Aid. mit Zanclea. Corynitis Agassizii Mc. Cr. 5. Fani. Dicorynidae. Polypen mit wirteiförmig gestellten Tentakeln. Gono- phoren in Form von zweiarmigen bewimperten Medusoiden. Dicoryne conferta Allm., auf Buccinum. 6. Fam. Bimeridae. Verzweigte von Perisark umkleiflete Stöckchen mit sessilen Geschlechtsgemmen. Polypen mit einfachem Tentakelkranz. Garceia niitans St. Wr. Bimeria vestita Wr. Stylactis Sarsii Allm. 7. Fam. Cladonemidae. Die Polypen, welche sich auf kriechenden und ver- ästelten mit chitinigem Periderm überkleideten Stöckchen erheben, besiten wirteiförmig gestellte Kreise von geknöpften Tentakeln. Die Geschlechtsgemmen werden Medusen mit verästelten Randfäden. Cladoncma Duj. (Hydroidstöckchen denen von Stauridium ähnlich). Polypen mit zwei Kreisen von je vier wirteiförmig gestellten Tentakeln. Medusen mit acht Rand- canälen und ebensoviel dichotomisch verästelten Randfäden und mit Nesselknöpfen am Mundstil, kriechen mittelst der Tentakeln an festen Gegenständen. C. radiatum Duj., Mittelmeer. Nahe verwandt ist die Familie dej Clavatelliden , deren Tentakeln geknöpft sind. Eleutheria Quatr. (Hydroidstöckchen als ClavateUa Hincks beschrieben). E. dicho- toma Quatr. Die kleinen Medusen pflanzen sich auch durch Knospung fort. 8. Fam. Eudendridae (Bougaincillidae). Die Polypen der verzweigten meist kriechenden von chitinigem Periderm überkleideten Hydroidstöckchen besitzen nur einen Kreis von einfachen Fangarmen in der Umgebung des vorstehenden Mundrüssels (Pro- boscis). Die Geschlechtsgemmen bleiben sessil oder werden freie Medusen vom Ty^ius der Bougaincilliden mit vier Bündeln von Randfäden, neb=t vier Büscheln dichotom ver- Anhänge des Mundstils. Eudendrium Ehrbg. Die sessilen Geschlechtsgemmen sprossen am Körper nahe den Tentakeln. E. raineum Pall., dispar Ag. , humile Allm. E. racemosum Cav. Bougainvillia Less. {Bougainvillidae). Die glockenförmigen Medusen sprossen am Coenosark und besitzen bei der Lösung einen kurzen Mundstil mit vier Mundtentakeln, vier Radiärcanäle und vier Büschel von je zwei Randfaden. B. superciliaris Ag., Bostonbai. B. {Mergeiis Steenstr.), ramosa Van Ben {Eudendrium ramosum Van Ben., Tubulär ia ramosa Dal.), B. fruticosa Allm., Diplura fritillaria Steenstr.) Perigonitnus Sars. Geschlechtsgemmen sprossen am Coenosark und werden zu glockenförmigen Medusen mit zwei oder vier Randtentakeln und vier Radialgefässen. P. muscoldes Sars, repens, sessilis Wr. , minutus Allm. Hierher gehört auch Dincma Slabberi Van Ben. {Saphenia dinema Forb.) 262 Pennaridae. Tubularidae. Spongicolidae. Lizzia Forb. Die Medusen mit vier interradialen Tentakeln oder Tentakelbündeln zwischen den Bündeln der radialen Tentakeln. L. octopunctata Forb. {Cytaeis octo- punctata Sars), Norwegen, Helgoland. L. grata Ag. , Massachussetts-Bai. L. Köllilceri Ggbr. {Köllikeria Ag.). 9. Fam. Pennaridae. Die Polypen der federartig verzweigten und von chitinigera Periderm überzogenen Hydroidstöckchen besitzen zwei Kreise von Tentakeln, von denen die des innern zur Proboscis gehörigen keulenförmig sind. Die zwischen beiden Kreisen sprossenden Medusen (Globiceps) erlangen eine sehr hohe vier- oder achtseitige Glocken- form, haben vier Radiärcanäle und ebensoviel rudimentäre Randfäden. Pennaria Goldf. Die Tentakeln der endständigen Gruppe zerstreut. P. CavoUnii Ehrbg. = disticha Goldf. {Sertularia pennaria Cav.), gibbosa Ag. Globiceps Ayr. Die Tentakeln des distalen Kreises nicht zerstreut. G. tiarella Ayr. Heterostephanus Allm. , Einzelpolyp. Meduse mit einem langen und drei rudimentären Randfäden. H. annulicornis AWm. Vorticlava Aid. Stauridium Duj. 10. Farn. Tubularidae. Polypenstöckchen von chitinigem Periderm überzogen; die Polypen tragen innerhalb des äussern Tentakelkranzes einen inneren, der Proboscis aufsitzenden Kreis fadenförmiger Tentakeln. Die Geschlechtsgemmen entspringen zwischen beiden Kreisen von Fangarmen und sind entweder sessil oder freischwimmende Medusen der Oceanidengattungen. Hybocodon, Ectopleura, Steenstrupia u. a. Tubularia L. Die Hydroidstöckchen bilden kriechende Wurzelverzweigungen , auf denen sich einfache oder verzweigte Aestchen mit den endständigen Polypenköpfchen erheben. Die Geschlechtsgemmen sessil. T. {TTiamnocnidia Ag.) coronata Ahilg. {larynx), diöcisch. Die ausschwärmenden Planulae entwickeln sich nach der Befestigung zu jungen Polypen, welche der Gattung Arachnactis Sars zu entsprechen scheinen, Nordsee. T. spectabilis, tenella Ag., T. calamaris Pall. (indivisa L.) u. a. Ectopleura Ag. Die auf Tubularia - ähnlichen Stöckchen sprossenden Medusen besitzen einen kurzen Mundstil mit einfacher Mundöffnung und zerstreuten Pigmeut- fleckchen an der Basis der vier Randtentakeln. E. Dumortieri Van. Ben. {Tubularia Dumortieri Van Ben.). Hybocodon Ag. Die endständige Gruppe kürzerer Tentakeln ist in zwei Kreise vertheilt. Meduse glockenförmig, mit einem unpaaren langen Randfaden am Endo eines der vier Radiärcanäle und zahlreichen Medusenknospen an der bulbösen Basis desselben. H. prolifer L. Ag. Corymorpha Sars. Der von gallertigem Periderm umhüllte Stil des solitären Polypen befestigt sich mit wurzeiförmigen Fortsätzen und enthält Radiärcanäle, welche in die weite Magenhöhle des Polypenköpfchens führen. Die frei werdende Meduse {Steenstrupia} glockenförmig, mit unpaaren Randfäden, aber bulbösen Anschwellungen am Ende der anderen Radiärcanäle. C. nutans Sars , C. nana Alder. Bei nahe ver- wandten Arten {Amalthea 0. S.) tragen die Medusen vier gleiche Randtentakeln. C. uvifera Sars, Sarsii, Januarii Steenst. Monocaulus Allm. Unterscheidet sich von Cory- morpha nur durch die sessilen Geschlechtsgemmen. M. glacialis Sars, pendulus Ag. Nemopsis Ag. Das solitäre Polypar wie bei Corymorpha, aber ohne Periderm. Meduse von Bougaijivilliatypvis , daher würde die ausschliessliche Berücksichtigung des Geschlechtsthieres zu der Stellung von Nemopsis in die vorhergehende Familie führen. 11. Fam. Spongicolidae {Thecomedusae). Hydroidpolypen von gestreckt röhren- förmiger Gestalt mit zahlreichen Fangarmen und vier gastralen Längswülsten, an den Bau der Scyphistomen erinnernd. Leben in Spongien. Allman hielt irrthümlich die vier gastralen Längswülste für Radialgefässe und deutete in ähnlicher Weise den optischen Querschnitt des Mesoderms für ein Ringgefäss, wie auch früher schon die gleich wer- thigen Theile der Scyphistoma zu derselben unrichtigen Auffassung Anlass gegeben hatten. Daher erscheint denn auch die auf das vermeintliche Gefässsystem gestützte Deutung der Spongicolidae als Thecomedusae völlig verkehrt. Geschlechtliche Fortpflanzung noch unbekannt. Stephanoscyphus mirahilis Allm. Spongicola fistularis Fr. E. Seh. Campanulariae. 263 Es bleiben aber eine Anzahl Oceaniden zurück, deren Herkunft auf kein Hydroid- stöckchen der frühern Familien bezogen werden kann. Tiara Less. {Oceania Forb.), pileata Forsk., Nordsee und Mittelmeer. Oceania flavidula Per. Les. , aiTnata Köll. , glohulosa Forb., Conis mitrata Brdt., Turritopsis nutriciila Mc. Cr. u. a. S.Ordnung. Campanulariae = Calyptoblastea ^) {Vesicidatae, Rand- bläschenmedusen). Die Ramifikationen der Polypenstöckchen sind von einer chitinigen, hornigen Skeletröhre überzogen, welche sich in der Umgebung der Polypenköpfchen zu becherförmigen Zellen {Hydrothecen) erweitert. In diese kann das Polypenköpfchen Proboscis und Tentakeln meist vollständig zurück- ziehn. Die Geschlechtsgemmen entstehen fast regelmässig an der Wandung proliferirender Individuen, welche der Mundöffnung und der Tentakeln ent- behren und sind bald sessil, bald trennen sie sich als kleine Scheibenquallen. Diese gehören — jedoch nicht ausnahmslos {Leptoscyphus , Lizzia) — in die Medusengruppen der Eucopiden, Thaumantiaden und Aequoriden und sind meist durch den Besitz von Randbläschen und durch die Production der Geschlechtsstoffe in der Wandung der Radiärcanäle characterisirt Auch ist wahrscheinlich, dass einige der Randbläschenmedusen eine direkte Entwick- lung haben. 1. Fam. Plumnlaridae. Die Zellen der verzweigten Hydroidstöckchen einreihig, die Zellen der Nährpolypen mit kleinen von Nesselkapseln erfüllten Nebenkelchen (Nematocalyx). Die Gonophoren entstehen bei Aglaophenia in sog. Corhulae, metamor- phosirten Zweigen, mit Nematophoren. Plumularia Lam. Stamm fiederartig verzweigt. Nematocalyces am Stamm. Gonothecen zerstreut. P. pinnata, setacea Lam. Äglao- phenia Lamx. Ein vorderer und zwei seitliche Nematocalyces an jeder Hydrotheca. Corbula vorhanden. A. Plttma {Plumularia cristata L&m.), pennatuJa Lamx. Anten- nularia antennina Lam. Gonothecen achselständig. Europäische Meere. 2. Fam. Sertularidae. Verzweigte Hydroidstöckchen, deren Polypen in flaschen- förmigen Zellen an entgegengesetzten Seiten der Aeste sich erheben. Ein Tentakel- kranz in der Umgebung des Mundes. Die sessilen Geschlechtsgemmen entstehen an tentakellosen prohferirenden Individuen, welche in grössern Zellen, Gonothecen, sitzen. Dy namena Larax. Zellen zweilippig, paarweise einander gegenüberstehend. D. pumilah. I). {Disphagia Ag.) rosacea, fallax Johnst. D. {Amphisbetia Ag.) operculata L., Nordsee. Sertularia L. Die Zellen stehen alternirend gegenüber. Die Zellen der proliferirenden Individuen mit einfacher Oeft'nung. S. dbietina, cupressina L. S. [Amphitrocha kg.), rugosa L. , Belgische Küste. Halecium Oken. {Halecidae). Die Polypen können sich nicht ganz zurückziehn. H. halecinum L. — Thuiaria thuia L. 3. Fam. Campanularidae = Eucopidae. Die becherförmigen Zellen sitzen ver- mittelst geringelter Stile auf, die Polypen besitzen unterhalb ihrer conisch vortretenden Proboscis einen Kreis von Fangarmen. Die Geschlechtsgemmen sind sessil oder lösen sich als flache oder glockenförmige Medusen der Eueopidenginp^^e. Campanularia Lam. Die Zellen der verästelten Stöckchen mit ganzem "oder ge- zähneltem Rand ohne Deckel. Die proliferirenden Individuen sitzen den Verzweigunf^en 1) Ausser Forb es, On the Morphology of the reprod. system in the sertularida und Couchs Abhandlungen vergl.: Allman, Report on the present state of our know- ledge of the Hydroida. 1864. Kirchenpauer, Die Seetonnen der Eibmündung. Hamburg. 1862. Derselbe, Ueber die Hydroidenfamilie Plumnlaridae etc. Abh. Natur w. Verein. Hamburg. 1872. 264 Thaumantiadae. Aequoridae. auf und erzeugen freie Medusen von gloctenförmiger Gestalt mit kurzem vierlippigen Mundstil, vier Radiärcanälen, ebensoviel Randfäden und acht interradialen Randbläschen. Nach der Trennung bilden sich die Interradialtentakeln aus. C. {Clythia) Johnstoni Aid = volubilis Johnst. , wahrscheinlich mit Eucope variabilis Cls. Von Van Beneden wurde die Entwicklung der Hydroidstöckchen aus dem befruchteten Ei und der bewim- perten Larve verfolgt. C. dichotoma Köll., Gegenbauri Sars., C. {Flatypyxis Ag.) cißin- drica Ag., bicophora Ag. Die Entwicklungsstadien der Medusen sind den von Gegenbaur als Eucope campanulata, thaumantoides und affinis beschriebenen Formen ähnlich. Obelia Per. Les. Unterscheidet sich von Campanularia durch die Medusen. Die- selben sind flach scheibenförmig und haben zahlreiche Randtentakeln, aber ebenfalls acht interradiale Bläschen. 0. dichotoma L. =. {Campanularia geJatinosa Van Ben.), geni- eulata L. ; ähnlich ist diaphana Ag. {Eucope diaphana A. Ag. , deren gesammte Ent- wicklung bekannt wurde). Laomedea Lamx. Die Geschlechtsgemmen bleiben sessil in der Zelle des pro- liferirenden Trägers. L. {Orthopyxis Ag.) volubiliformis Sars., caliculata Hincks., flexuosa Hincks., exigua Sars. {L. Hincksia Ag.), tincta Hincks. Gonothyraea Allm. Die Geschlechtsgemmen sind unvollkommene Medusen mit einem Kreis fadenförmiger Tentakeln und rücken an die Spitze des proliferirenden Individuums. G. Loveni Allm., gracilis Sars. Calycella Hincks. Die an dem aufrechten Stamm mit kurzem Stil aufsitzenden Becher enden mit einem deckelartigen Randsaum. Geschlechtsgemmen sessil. C. syringa L. {Campatiularia syringa Lam. — Wrightia syringa Ag.) C. Jacerata Hincks. Cam- panuUna Van Ben. Polypenbecher mit zartem deckelartigen Randsaum. Die Geschlechts- gemmen werden als Medusen mit vier Radiärcanälen, acht interradialen Rand Wäschen und zwei Randfäden frei. C. tenuis Van Ben. =:i acuminata Aid. Merkwürdigerweise gibt es Campanularia -ühnMchQ Hydroidstöckchen, welche OceaMtVZen-ähnliche Medusen erzeugen. Die von AI Im an als Laomedea fenwis beschriebene Campanularide {Lcptoscyphus) producirt eine Lizzia-älanliche Meduse. 4. Fani. Thanmantiadae. Der halbkuglige oder auch mehr abgeflachte Medusen- körper dieser für die Zukunft in einheitlicher Form unhaltbaren Medusengruppe besitzt einen kurzen Mundstil mit gelapptem Mundrande, vier Radiärcanäle und zahlreiche Randtentakeln. Die Geschlechtsorgane liegen bandähnlich in der Länge der Radiärcanäle. Augenflecken oft vorhanden, aber auch Randbläschen oder deren Aeqiiivalcnte können auftreten {Mitrocoma Annae E. Haeck.j. Die Hydroidenstöckchen sind nach Wright bei Thautnantias inconspicua und nach A. Agassi z bei Lafoca calcarata Campanularia- ähnlich. Möglich, dass sich einige Formen direkt ohne Generationswechsel entwickeln. Lafoea Lamx. L. calcarata A. Ag. Die hohe glockenförmige Meduse verlässt das Hydroidstöckchen mit zwei langen Randtentakeln und zwei knospenförmigen Anlagen von Randfäden. L. cornuta Lamx., L. dfumosa Sars u. a. Laodicea Less. {Thaumantias Ggbr.), L. inconspicua Forb. , cellularia A. Ag., pilosella Forb. , mediterranea Ggbr. Staurophora Mertensii Brdt., laciniata Ag. Hier schliessen an die Melicertiden mit Melicertum Oken, M. campanula Per. Les,, pusillum Esch. Polyorchis penicillata A. Ag., ferner die Geryonopsiden mit Tima for- mosa, limpida A. Ag., Eirene {Geryonopsis Forb.) caerulea A. Ag. S.'Fam. Aequoridae. Medusen von breiter scheibenförmiger Gestalt, ohne festen Magenstil mit vielgelapptem Mundrand, zahlreichen Radiärcanälen und Randfäden. Randbläschen sind vorhanden. Die Geschlechtsorgane bilden hervorragende Streifen an den Radiärcanälen. Hydroidstöckchen von Campanularia-ähnlicher Form sind bislang nur bei Zygodactyla vitrina durch Wright bekannt geworden. Immerhin bleibt es möglich, dass einige Aequoriden der Hydroidammen ganz entbehren. Aeq^uorea Per. Les. {Zygodactyla Brdt.). Ae. albida A. Ag., Ae. ciliata Esch. Ae. ForsJcalia Ag. Bhegmatodes A. Ag., jR. tenuis, floridanus A. Ag., Stomobrachium tentaculatum A. Ag. Trachymedusae. 265 4. Ordnung. Trachymedusae. Medusen mit starrem und hartem oder doch wenigstens durch Knorpelspangen gestütztem Gallertschirm, mit starren von solidem Zellenstrang erfüllten Tentakeln, welche entweder nur im Jugendzustand auftreten (Larven der Geryoniden) oder persistiren. Sie entwickeln sich direkt ohne Hydroidammen durch Metamorphose, wie solches für Cannarina hastata, Agineta ßavescens und Aeginopsis mediterranea direkt nachgewiesen wurde. 1. Farn. Trachynemidae. Mit starren kaum beweglichen Randfäden. Die Genital- organe entwickeln sich in bläschenförmigen Ausstülpungen der acht Radiärcanäle. Trachynema Ggbr., Schirm hoch mit herabhängendem Magen. T. ciliatum Ggbr. (= Aglaura hemistoma Per.). Messina. Sminthea Ggbr. S. eurygaster, leptogaster Ggbr., S. tympani(7n, globosa Ggbr., Messina. Bhopalonema Ggbr. Schirm flach mit keulen- förmigen Tentakeln und sehr breitem Velum. R. velatum Ggbr., Messina. 2. Fam. Aeginldae. Meist von flacher scheibenförmiger Gestalt der knorpelharten Umbrella mit taschenförmigen Aussackungen des weiten dehnbaren Magenraums an Stelle der Radiärgefässe. Ringgefäss meist obliterirt und durch einen Zellenstrang er- setzt, ausnahmsweise erhalten. Der peripherische Theil des Schirms dünn und durch tiefe (vom Radialstrang bekleidete) Einkerbungen wie in Lappen getheilt. Die starren radialen Tentakeln entspringen auf der obern Fläche der Umbrella in ansehnlicher Ent- fernung vom Schirmrand am Ende der Radialstränge durch einen in der Gallerte ein- gelagerten Fortsatz ihres Achsenstrangs gestützt. Die Sinneszapfen entspringen am Rande der Schirmlappen zwischen den Randtentakeln. Die Geschlechtsprodukte ent- stehen an der subumbrellaren Wand der Magentaschen. Cuninopsis Cls. Magentaschen schmal und langgestreckt, in gleicher Zahl mit den alternirenden Segmenten des Schirmsaumes, sowie mit den über ihrer Mitte entsprin- genden Tentakeln. Schirmsaum mit weitem Ringgefäss und centripetalen Nessel- streifen an den Sinneszapfen. C. {Cunina) lativentris Ggbr. Scheibe gewölbt, meist mit 11 Tentakeln. Meist vier Randkörper und ebensoviele centripetale Nesselstreifen an jede i Segmente des Schirmsaums, von circa 12 Mm. Schirmdurchmesser. Mittelmeer. Hierher gehört wahrscheinlich auch Gegenbaur's Cunina vitrea. Cunina Esch. Von Cuninopsis durch die Obliteration des Ringgefässes, die bedeutendere Breite der Magen- taschen und die mangelnden Nesselstreifen verschieden. C. albescens Ggbr. Scheibe flach, mit 14 bis 17 langen Tentakeln und meist fünf bis sechs Randkörpern an jedem Segment des Schirmsaums, circa 25 — 30 Mm. im Durchmesser. Neapel und Messina. Aegineta ') Ggbr. (Polyxenia Will.?). Magentaschen nicht vorhanden, nur durch eine nach dem Ursprung des Tentakels gerichteten Ecke des Magens vertreten. Äe.flavesce)Vi Ggbr. (P. leucostyla Will.). Meist mit 14 bis IG Tentakeln und zwei, seltener drei Randkörpern an jedem Segmente des Schirmsaums. Circa 20 Mm. breit. Messina. Äe. sol maris Ggbr. Mit 18 und mehr Tentakeln, zollbreit. Messina. Äegina Esch. Je zwei Magentaschen kommen auf ein Segment des Schirmsaums, welches jederseits von einer Radialfurche und einem Tentakel begrenzt wird. Ae. rosea Esch. Ae. citrina Esch. Aeginopsis Brdt. Je zwei Magentaschen kommen auf ein Seg- ment des Schirmsaums, aber ein Tentakel auf mindestens zwei Segmente des Schirm- saums und vier Magentaschen. Ae. mediterranea Joh. Müll. Mit zwei Tentakeln, vier Radialfurchen und acht Magentaschen. Ae. Laurenti Brdt. Mit vier Tentakeln, acht Radialfurchen und sechszehn Magentaschen. 1) Der von Gegenbaur für Aegineta verwerthete Charakter des Alternirens von Tentakeln und Magentaschen beruht auf einem Irrthum, indem G. die subumbrellaren Segmente des umgeschlagenen Schirmsaumes mit Magentaschen verwechselte. Gleich- wohl kann die Grattung nicht wohl, wie 0. und R. Hertwig wollen, mit Cunina zu- sammengezogen werden, da sie der Magentaschen überhaupt entbehrt. 266 2. Ordnung. Siphonophorae. 3. Farn. Q-eryonidae. Schirmrand mit mächtigem Nesselwulst, welcher den Nervenring bedeckt. Schirm mit knorpligen Mantelspangen und vier oder sechs hohlen schlauchförmigen Randtentakeln. Nur die hinfälligen Tentakeln der Larven mit solidem Achsenstrang. Magenstil lang, cylindrisch oder conisch, mit rüsselförmigem Mundstück, mit vier oder sechs Canälen, die in die Radiärcanäle übergehn. Zwischen denselben oft Centripetalcanäle. Die vier oder sechs Geschlechtsorgane sind flache Erweiterungen der Radiärcanäle ; acht oder zwölf Randbläschen. Entwicklung mittelst Metamorphose. 1. Subf. Liriopidae. Vierstrahlige Geryoniden ohne Centripetalcanäle. Liriope Less. Mit vier Radialcanälen , vier oder acht Tentakeln und acht Randbläschen. L. tetraphylla Cham., Indischer Ocean. L. appendiculata Forb. , England. L. rosacea, bicolor Esch. u. a. Glossocodon E. Haeck. Mit Zungenstil. Gl. mucronatum Ggbr., catharinense Fr. Müll., eurybia E. Haeck., letztere im Mittelmeer. 2. Subf. Carmarinidae. Sechsstrahlige Geryoniden oft mit Centripetalcanälen. Leuckartia Ag. Ohne Zungenkegel und ohne Centripetalcanal. L. proboscidalis Forsk., Mittelmeer. Geryonia Per. Les. Mit Centripetalcanälen ohne Zungenstil. G. umbella E. Haeck. u. a. Carmarina E. Haeck. Mit Zungenkegel und Centripetalcanälen. C. hastata E. Haeck., Nizza. 2. Ordnung. Siphonophorae i), Schwimmpolypen, Irtöhrenquallen. Freischwimmende, polymorphe Ilydroidstöcke mit polypoiden Ernährungs- thieren, mit Fangfäden und medusoiden Geschlechtsgemmen, meist auch mit Schwimmglochen, Dechstüchen und Tastern. In morphologischer Beziehung schliessen sich die Siphonophoren un- mittelbar an die Hydroidenstöcke an, erscheinen indessen noch mehr wie diese Individuen ähnlich und zwar in Folge des hoch entwickelten Polymorphismus ihrer polypoiden und medusoiden Anhänge. Die Leistungen der letztern greifen so innig in einander und sind so wesentlich für die Erhaltung des Ganzen noth- wendig, dass wir physiologisch die Siphonophore als Organismus und ihre An- 1) Eschscholtz, System der Acalephen. Berlin. 1829. Lesson, Histoire naturelle des Zoophytes. Paris. 1843. M. Sars, Fauna littoralis Norvegiae. I. 1846. A. Kölliker, Die Schwimmpolypen von Messina. Leipzig. 1853. C.Vogt, Recherches sur les animaux inferieurs. 1. Mem. sur les Siphonophores. (Mem. dellnst. Genevois). 1854. C. Gegenbaur, Beobachtungen über Siphonophoren. Zeitschrift für wiss. Zoologie. 1853, ferner: Neue Beiträge zur Kenntniss der Siphonophoren. Nova acta. Tom. 27. 1859. R. Leuckart, Zoologische Untersuchungen. I. Giessen. 1853, ferner: Zur nähern Kenntniss der Sipho- nophoren von Nizza. Archiv für Naturgesch. 1854. Th. Huxley, Tlie oceanic Hydrozoa. London (Ray Society). 1859. C. Claus, Ueber Physophora hydi-ostatica. Zeitschrift für wissenschaftl. Zool. 1860, ferner , Neue Beobachtungen über die Struktur und Entwicklung der Siphonophoren, ebendas. 1863. Derselbe, Die Gattung Monophyes und ihr Ab- kömmling Diplophysa. Schriften zool. Inhalts. Wien. 1. Heft. 1874. Derselbe, Ueber Haiistemma tergestinum n. sp. , nebst Bemerkungen über den fernem Bau der Physo- phoriden. Arbeiten aus dem zool. Institut der Univers. Wien etc. Tom. 1. 1878. E. Haeckel, Zur Entwicklungsgeschichte der Siphonophoren. Eine von der Utrechter Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft gekrönte Preisschrift. Utrecht. 1869. P. E. Müller, Jagtta- gelser over Nogle Siphonophorer. Kjobenhavn. 1871. E. Metschnikoff, Studien über die Entwicklung der Medusen und Siphonophoren. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXIV. 1874. Structur der Stammes und seiner Anhänge. 267 hänge als Organe betrachten können. Dazu kommt die geringe Selbständigkeit der medusoiden Geschlechtsgeneration, die nur ausnahmsweise (Velelliden) die morphologische Stufe der freischwimmenden Meduse erlangt. Anstatt des befestigten ramificirten Hydroidensiockes tritt ein freischwim- mender, unverästelter, selten mit einfachen Seitenzweigen versehener contractiler Stamm (Hydrosom) auf, der häufig in seinem obern , flaschenförmig aufgetrie- benem Ende (Luftkammer oder Pneumatophor) , oft unterhalb eines apicalen lebhaft gefärbten Pigmentflecks einen Luftsack in sich einschliesst. Ueberall findet sich in der Achse des Stammes ein Gentralraum , in welchem die Er- nährungsflüssigkeit durch die Contractilität der Wandung und durch Wimper- bewegungen in Strömung erhalten wird. Der mit Luft gefüllte Sack , welcher in der Spitze des Stammes von radialen Scheidewänden wie eine Blase getragen wird und sich in manchen Fällen zu einem umfangreichen Behälter ausdehnen kann (Physalia), hat die Bedeutung eines hydrostatischen Apparates. Derselbe dient bei den Formen mit sehr langem spiraligen Stamme {Physo- phoriden) vornehmlich zur Erhaltung der aufrechten Lage des Siphonophoren- leibes, kann aber in einzelnen Fällen auch seinem gasförmigen Inhalt freien Austritt durch eine oder mehrere Oeffnungen gestatten. An dem spiralig gedrehten bilateral symmetrischen Stamme der Physopho- riden unterscheidet man (Claus) unterhalb des Ectodermepitels eine Schicht querverlaufender Muskelfasern, welche verhältnissmässig schmächtig bleiben und im Zusammenhang mit Ectodermzellen erhalten sind. In der Tiefe folgt eine mächtige Lage von starken Längsmuskelbändern , denen der Stamm seine ausserordentliche Gontraktilität sowie die spiralige Drehung verdankt. Die- selben bekleiden die Seitenflächen von radiären, als Erhebungen der Stützlamelle entstandenen Blättern von hyaliner mehr oder minder fibrillärer Beschaffenheit. An der Innenseite dieses bindegewebigen Skelets breitet sich eine Schicht zarter Ringmuskelfasern und die wimpernde epitheliale Auskleidung des Gentral- canals, das Entoderm aus. In einem Radius (Ventrallinie) bildet das hyaline Skeletblatt eine ansehnliche nach aussen vorspringende wulstförmige Ver- dickung, welcher eine krausenartig gefaltete Erhebung des Stammes entspricht, an der die zweischichtigen Knospen (mit Ectoderm- und Entodermlage) her- vorsprossen. Die aus diesen Knospen an der Bauchseite des Stammes hervor- gegangenen Anhänge des Stammes, deren Gastralraum mit dem Gentralcanal communicirt, erscheinen überall mindestens in doppelter Form : 1) als polypoides Ernährungsthier mit Fangfaden und 2) als medusoide Geschlechtsgcmme. Die Nährpolypen (Hydranthen) , Saugröhren oder Magenschläuche genannt, sind einfache mit einer Mundöffnung versehene Schläuche, die niemals einen Tentakelkranz besitzen , dagegen an ihrer Basis stets einen langen Fangfaden tragen. Meist unterscheidet man an dem schlauchförmigen Polypenleib vier hintereinander gelegene Abschnitte, ein sehr contractiles Endstück, den Rüssel, ein bauchiges Mittelstück mit stark in das Innere vorspringenden Leberstreifen, den Magen, ein dickwandiges (Ectodermwulst) Basalstück und den meist kurzen Träger oder Stil , an welchem auch der Fangfaden entspringt. Die Wandung des Magenschlauchs oder des Nährpolypen wiederholt histologisch die Schichten des Stammes, wenn auch in etwas modificirter, meist vereinfachter Form. Die 268 Nährpolyp. Geschlechtsgemme. Taster. Deckscliuppen. Schwimmglocken. Stützlamelle bildet auch freilich nur niedrige Radiärblätter , welche von einer Längsmuskelschicht in der Tiefe des Ectoderms bekleidet werden, während sich an der Innenseite der Stützplatte eine Lage zarter Ringmuskelfasern unterhalb des bewimperten Entodermepitels findet. Das letztere erzeugt vornehmlich in dem Mittelabschnitt eine Anzahl (6 oder 12) von Längswülsten, deren Zell- inhalt sich in ein zähes wandständiges den Zellkern umschliessendes Proto- plasma und in eine centrale Zellflüssigkeit sondert und verschieden gefärbte, namentlich grüne, braune Körnchenballen (Leberwülste) einschliesst , welche zur Verdauung der Nahrungsstoffe dienen mögen. Der aufgewulstete Basal- abschnitt dagegen charakterisirt sich durch eine mächtig verdickte mit eigen- thümlich modificirten Cnidoblasten erfüllte Ectodermbekleidung , der äusserst bewegliche Rüssel durch den Besitz von Nesselkapseln an dem erweiterungs- fähigen Mundende. Der überaus muskulöse Fangfaden kann sich meist zu bedeutender Länge entfalten und wiederum in Spiraltouren zurückziehen , seltener stellt derselbe einen einfachen Faden dar, in der Regel trägt er zahlreiche unverästelte Seiten- zweige, die selbst wieder in nicht minder hohem Grade contractu erscheinen. Stets sind die Fangfäden mit einer grossen Zahl von Nesselkapseln besetzt, welche an manchen Stellen eine sehr dichte und gesetzmässige Anordnung erhalten und namentlich an den Seitenzweigen durch eine besonders dichte Anhäufung nicht selten grosse, lebhaft gefärbte Anschwellungen, Nesselhiöpfe, entstehen lassen, an denen sich ganze Batterien verschiedener Sorten dieser mikroskopischen Waffen anhäufen. In ihrer besondern Gestaltung zeigen die Nesselknöpfe in den einzelnen Familien, Gattungen und Arten charakteristische Abweichungen, welche werthvolle systematische Anhaltspuncte liefern. Die zweite Form von Anhängen, die Geschlechtsgemmen, erlangen eine verschieden hohe morphologische Stufe ihres medusoiden Baues, bringen jedoch meist einen glockenartigen Mantel mit Ringgefäss und Radiärgefässen in der Umgebung des mit Eiern oder Samenfaden gefüllten centralen Stiles oder Klöpfels zur Entwicklung. Gewöhnlich entspringen sie in grösserer Zahl auf gemeinsamen Stile und sitzen in Gestalt einer Traube entweder unmittelbar an dem Stamme oder auch an der Basis von Tastern, seltener von Ernährungspolypen, z. B. Velella. Männliche und weibliche Zeugungsstoffe entstehen durchgängig gesondert in verschieden gestalteten Knospen, diese aber finden sich meistens in unmittelbarer Nähe an demselben Stocke vereinigt; indessen gibt es auch diöcische oder wenn man die Genmien als Geschlechtsorgane betrachtet, getrennt geschlechtliche Siphonophoren, z. B. Ai)oletma uvaria und Diphyes acuminata. Sehr häufig trennen sich die medusoiden Geschlechtsanhänge nach der Reife der Zeugungsstoffe von dem Stocke , nur selten werden sie jedoch als kleine Medusen frei {Chrysomitra oder Velelliden), um erst während des freien Lebens die Geschlechtsstoffe hervorzubringen. Ausser diesen constanten , keiner Siphonophore fehlenden Nährpolypen und medusoiden Geschlechtsgemmen gibt es aber noch andere Anhänge von beschränkterem Vorkommen , ihrem Baue nach ebenfalls modificirte Polypoide oder Medusoide. Hierher gehören die mundlosen wurmförmigen Taster, die sich am nächsten an die Polypen anschiiessen und ebenso wie diese einen Entwicklung und Metamorphose. 2G9 freilich einfachem und kürzern Fangfaden (ohne Seitenzweige und Nesselknöpfe) tragen, ferner die blattförmigen , knorpVig harien Deckschitjipen, welche zum Schutze der Polypen, Taster und Geschlechtsknospen dienen, und endlich die als Sclmunmgloclien bekannten Anhänge unterhalb des Pneumatophors. Die letztern wiederholen , wenngleich in symmetrisch bilateraler Abänderung , den Bau der Meduse, entbehren aber des Magenstils und der Mundöffnung, sowie der Tentakeln und Randkörper. Dafür aber erlangt im Zusammenhange mit der ausschliesslich lokomotiven Leistung die tief glockenförmig ausgehöhlte Sub- umbrella, der Schwimmsack, eine um so bedeutendere Ausdehnung und kräftigere Muskelbekleidung. Demgemäss schliesst sich die Entwicklungsweise der Schwimmglockenknospen unter gewissen jene Vereinfachungen begrün- denden Moditlkationen genau der Medusenentwicklung an, sodass nicht nur die gleichen Gewebslagen, sondern auch die Gefässlamelle in ganzer Ausdehnung der Subumbrella bis zum Ursprung des Velums wiederkehrt. Mit der Reduktion der Randgebilde aber steht im Zusammenhang, dass ein Nervenring bislang nicht aufgefunden wurde. Sollte derselbe ebenso wie Ganglien und Nerven- fibrillen der hier nur als Muskelepitel auftretenden quergestreiften Muskulatur ganz fehlen, so würde die von Claus vertretene Ansicht, nach welcher sich das Nervensystem der Coelenteraten im Zusammenhang mit den Sinnesorganen des Ectoderms differenzirt und erst secundär eine Beziehung zu den an sich reizbaren Muskelzellen gewonnen hat, eine wesentliche Stütze gewinnen. Die grossen Eier , welche meist nur in einfacher Zahl den Knospenkern der weiblichen Geschlechtsgemme füllen , entbehren der Dottermembran und bestehen wie die der Aeginiden und Ctenophoren aus einem wasserreichen alveolären Endoplasma, in dessen Peripherie sich eine dichte protoplasmatische Exoplasmaschicht ausbreitet. Entgegen den Angaben E. Haeckel's, nach welchen bei Fhysophora und Crystallodes das grosse Keimbläschen im ab- gelegten Ei persistiren und sich in die Kerne der ersten Furchungskugeln ver- wandeln solle, hat in Wahrheit das Ei schon vor der Ablage die Richtungs- körperchen abgestossen und die der Furchung vorausgehende Rückbildung des Keimbläschens erfahren. Nach Ablauf der regelmässig -totalen Klüftung erscheint der Dotter in einen kugligen Ballen polygonaler Zellen umgestaltet, in deren Peripherie eine dünne Schicht protoplasmatischer (zellsaftloser) Ecto- dermzellen mit Wimperhaaren zur Sonderung gelangt. An einer Seite, meist nahe dem obern Pole des nunmehr in die Länge ausgezogenen Larvenkörpers zeigt jene Lage eine bedeutendere Verdickung. Von dieser aus erfolgt die Bildung der ersten knospenartigen Erhebung, welche bei den Diphyiden unter Betheiligung einer Lage von anliegenden Ectodermzellen zur obern Schwimm- glocke wird, während eine unterhalb derselben entstandene Aufwulstung die Lage des Fage des Fangfadens darstellt. Diese Knospen erheben sich an der Bauchseite des bilateral symmetrischen Larvenkörpers, welcher sich zum ersten Nährpolypen gestaltet, indem innerhalb der zu Ectodermzellen werdenden Saft- zellen eine Gentralhöhle entsteht und am untern Pole in der Mundöffnung zum Durchbruch kommt. An der Ursprungsstelle der Schwimmglocke entsteht der Stamm und die zu den übrigen Anhängen sich entwickelnden Knospen, von denen die obere als Anlage der zweiten Schwimmglocke hervortritt, Uebrigens 270 Die Siphonophoren als metamorphosirte Medusenstöcke. kann der ganze obere Abschnitt mit zur Bildung der ersten Schwimmglocke verwendet werden (Hippopodius). Unklar blieb die Entstehung der Entoderm- zellen in ihrem Verhältniss zu der ectodermalen Bekleidung und der centralen als Saftzellen bezeichneten Gebilde. Bei den Physophoren oder Blasenträgern gestaltet sich die Entwicklung nach den einzelnen Familien und Gattungen verschieden. Ueberall bildet sich an der kugligen Larve eine Ectodermbekleidung , welche an der obern Hälfte dicker ist und hier unter Betheiligung einer Entodermlage zur Anlage eines kappenförmigen Deckstückes, sowie des Luftsackes führt; der untere Abschnitt des Larvenkörpers, der an der Grenze des Deckstücks und neuer Knospenanlage eine kleine Gastralhöhle gewonnen hat , aber noch mit grossen Saftzellen erfüllt ist, gleicht einen beuteiförmig herabhängenden Dottersack und besitzt bei Crystallodes {Aihoryhia) in der That diese Bedeutung. Bei Agal- mopsis Sarsii und Physophora aber gestaltet sich derselbe zum ersten Nähr- polypen, indem die Saftzellen zu Entodermzellen werden, und eine Mundöffnung zum Durchbruch kommt. Zwei neue Knospen bilden sich zu blattförmigen Deckstücken um, die wenigstens bei Agalmopsis von rechts und links den Nährpolypen schützen, während das primäre kappenförmige Deckstück dem dorsalen Theil mit dem bereits Gas-haltigen Luftsack auflagert. Auf diese Weise kommt es zur Ausbildung eines kleinen Stockes mit provisorischen An- hängen, welche die Siphonophorenentwicklung als eine Metamorphose zu bezeichnen gestatten. Der nach Auftreten eines Fangfadens mit provisorischen Nesselknöpfen durch neue Deckstücke vervollständigte Kranz von Deckschuppen persistirt nur bei Äthorybia, bei der es überhaupt nie zur Bildung einer Schwimm- säule mit Schwimmglocken kommt. In den andern genannten Gattungen werden mit dem Auftreten der ersten Schwimmglocken die Deckstücke des Larvenkörpers abgeworfen, nachdem das primäre kappenförmige Deckstück schon früher abgefallen war. Später treten auch Tentakeln auf, die Zahl der Polypen wird vermehrt; die einseitig ventral - knospenden Schwimmglocken ordnen sich in Folge der spiraligen Drehung des Stammes zur Bildung einer zwei- oder vielzelligen Schwimmsäule, und endlich tritt der Stock durch Knospung von Geschlechtsgemmen in das Stadium der Geschlechtsreife ein, in welchem noch am distalen Ende des Stammes Individuengruppen mit Nesselknöpfen der Larvenfomi erhalten sein können {Ägalma rubrum). Uebrigens bringen die Larven einiger Physophorengattungen, wie Metschnikoff gezeigt hat, den provisorischen Kranz von Deckstücken nicht zur Anlage. Bei Haiistemma rubrum differenziren sich sogleich fast am obern Pole unterhalb der Luftsackanlage die beiden ersten Schwimmglocken, noch bevor die Knospe des Fangfadens bemerkbar ist. Bei StepJianomia pictum Metschn. aber erzeugt der langgestreckte wurm förmige Larvenkörper zuerst am obern Abschnitt den Luftsack und in weitem Abstand ventralwärts die Anlage des ersten und zweiten provisorischen Fangfadens, ohne Deckstück oder Schwimmglocken zu bilden. Die nach den Familien und Gattungen bedeutend variirende Entwicklungs- weise der Siphonophorenlarve hat nicht wenig dazu beigetragen, die vornehmlich durch englische Forscher vertretene Deutung der Siphonophore als einer Viel- Physophoridae. 271 heit von Organen eines ursprünglich einheitlichen Organismus, welche als Zooide zur Individualisirung hinstrebten, zu unterstützen. Dieselbe erscheint gewisser- massen als die Umkehrung der besonders von R. Leuckart begründeten Auf- fassung, nach welcher die Siphonophore ein beweglicher polymorpher Hydroid- stock ist mit muskulösem Stamm und theils medusoiden theils polypoiden Individuen , welche physiologisch zur Stufe von Organen herabgesunken sind. Nun erscheint freilich nach den Vorgängen der Larvenentwicklung aus dem Ei die Siphonophore einer gestreckt bilateralen in ihren Theilen aber vervielfältigten Meduse vergleichbar, indem das primäre kappenförmige Deckstück den redu- cirten Schirm und der Nährpolyp den Mundstil (Hydranth) wiederholt, während der Senkfaden der Larve dem vom Scheibenrand nach der Basis des Hydranthen dislocirten Tentakel entsprechen würde, der auch bei Medusen {Uyhocodon) in einfacher Zahl auftreten kann. Die nachher sprossenden Anhänge würden nur Wiederholungen der gleichen Medusentheile sein und an die sprossenden Sarsien erinnern, deren verlängerter Magenstil dem proliferirenden Stamme einer Physo- phoride ähnlich eine Menge von medusoiden Knospen erzeugen kann. Das frühzeitige Auftreten des Luftapparates am obern Stammesabschnitt der Physo- phoridenlarven steht dieser Deutung nur scheinbar entgegen, da die Pneumato- phore genetisch einer umgestülpten Schwimmglocke gleichzusetzen ist, und von Metschnikoff sogar als der primäre (Stephanomia pictum) Stellvertreter des Medusenschirms betrachtet wird, neben welchem das kappenförmige Deck- stück erst secundär das homologe Organ nach Art eines Bicephalum wiederhole. Dazu kommt noch die Aehnlichkeit der bei den Diphyiden als Eudoxien frei ge- wordenen Individuengruppen mit modificirten Knospen (Genitalschwinunglocke) tragenden Medusen, auf die schon P. E. Müller mit grossem Nachdruck hin- gewiesen hat, um die Siphonophore als eine Vielheit mehrfacher in Modificationen wiederholter Medusentheile nachzuweisen. Man begreift jedoch leicht, dass der Gegensatz beider Auffassungen, durch welchen die Lehre ^) vom Polymorphis- mus nicht im entferntesten alterirt wird , lediglich die Ausgangsform betrifft, von welcher die Siphonophore phylogenetisch abzuleiten ist. Ueber diese wird jedoch nach den vorliegenden Anhaltspunkten keine sichere Entscheidung getroffen werden können. Die Thatsache, dass auch bei festsitzenden Hydroid- polypen ein wenn auch minder ausgeprägter Polymorphismus {Hydraciiniden) und ähnliche Erscheinungen medusoider Knospenbildung beobachtet werden, spricht für die Deutung R. Leuckart's, bei deren Annahme man sich aller- dings den phylogenetischen Process nicht gut vorstellen kann , durch welchen ein festgehefteter Polypenstock zu einem freibeweglichen geworden ist, wogegen der Umgestaltungsvorgang einer knospenden Qualle nach Art derSarsia prolifera in eine polymorphe Siphonophore verständlicher scheint. 1. Unterordnung. Physophoridae ^), Blasenträger. Mit kurzem sackförmig erweiterten oder langgestreckten spiraligen Stamme, mit flaschenförmigem Luft- sack, häufig mit Schwimmglocken, welche unterhalb der Luftkammer eine zwei- zeilige oder mehrzellige Schwimmsäule zusammensetzen. Deckstücke und Taster 1) Vergl. C. Claus, Halisteuiina tergestinum etc. pag. 47 — 51. 2) M. Sars (Koren u.Danielssen), Fauna littoralis Norvegiae. Part. 3. Bergen. 1877. 272 Alhorybiadae. Physophoridae. Agalmidae. Apolemiadae. sind meist vorhanden und wechseln mit den Polypen und Gesclilechtsgemmen in gesetzmässiger Anordnung. Der Larvenkörper bildet in der Regel zuerst unterhalb eines apicalen Deckstückes einen Polypen mit Luftkammer und Fang- faden aus. Die weiblichen Gemmen mit je einem Ei. 1. Fam. Athorybiadae. Die Stelle dei* Schwimmsäule wird durch eine Krone wirteiförmiger gestellter Deckstücke vertreten, zwischen denen zahh-eiche Tentakeln her- vortreten. Die Fangtaden der Nährpolypen mit lateralen Nesselknöpfen. Athorybia Each. (Anthopliysa). A. rosacea Esch. , Mittelmeer. A. heliantha Quoy. Gaim. 2. Fam. Physophoridae s. str. Stamm verkürzt und unterhalb der zweizeiligen Schwimnisäule zu einem spiraligen Sack erweitert. Deckstücke fehlen. Statt derselben zwei äussere Tentakelkränze mit darunter liegenden Geschlechtsträubchen und Nähr- polypen nebst Fangfaden. Physophora Forsk. Pli. hydrostatica Forsk. , Mittelmeer. {Philipini KöW., Messina); wahrscheinlich identisch ist die von Koren und Danielssen beschriebene Ph.borealis. Ph. magnifica E. Haeck., Canarische Inseln. Stephanospira Gghr. Blasiger Theil des Stammes in Spirale aufgelöst. S. insignis Ggbr. 3. Fam. Ag-almidae. Stamm ausseroi-dentlich langgestreckt und spiralig gewunden, mit zwei- oder mehrzeiliger Schwimmsäule. Deckstücke und Tentakeln vorhanden. Forslcalia Köll. {Stephanomia M. Edw.). Schwimmsäule vielzellig. Die Nährpolypen sitzen am Ende von stilförmigen, spiralig gedrehten Seitenanhängen des Stammes, welche zahlreiche übereinandergelagerte Deckschuppen tragen. Auch die Taster sitzen auf be- sondern Stilen, welche jedoch der Deckstücke entbehren und kurz bleiben. Die trauben- förmig gruppirten Geschlechtsgemmen erheben sich an der Basis der Taster. Nessel- knöpf'e nackt mit einfachem Endfaden. F. contorta M. Edw., ophiura Delle Gh., Edwardsii Köll. , formosa Kef. Ehl. , sämmtlich im Mittelmeer. Halistemma Huxley. Mit zweizeiliger Schwimmsäule und nackten einfachen Nessel- knöpfen. Die Nährpolypen sitzen ebenso wie die Taster und Deckschuppen unmittelbar am Stamme. An der bewimperten Larve entwickelt sich zuerst fast am obern Pole eine Schwimmglocke und unterhalb derselben dorsalwärts durch Einstülpung die Luftflasche. H. rubrum Vogt, punctatum Köll., Mittelmeer. {Nanomia cara A. Ag.). Hier schliesst sich Stephanomia Per. Les. an, deren Schwimmstücke jedoch unbekannt geblieben sind, mit umhüllten in einfachem Faden endenden Nesselknöpfen. S. Amphitritis Per. (An- themodes canariensis E. Haeck.). Die kleine in der Adria lebende H. tergestina Cls. (wahrscheinlich mit St. picta Metschn. identisch) gleicht in der Bildung des Nessel- knopfes der Stephanomia, besitzt aber sehr zarte Deckstücke und keine rigide Deckstück- säule. Nahe verwandt ist H. elegans Sars. Agalmopsis Sars. Mit zweizeiliger Schwimnisäule. Stamm sehr contraktil, mit blattförmigen, dünnen, durch ansehnliche Zwischenräume getrennten Deckstücken. Die Nesselknöpfe mit seitlichen Endfäden und mittlerem Sack. Larven mit Deckschuppenkrone. A. Sarsii Köll. {A. elegans^) Sars. ex. p.) Endblase des Nesselknopfes klein, mit zwei Endfäden. A. UtricuJaria Cls. Endblase der Nesselknöpfe sehr gross, mit acht End- fäden, Messina. Agalma Esch. Mit zweizeiliger Schwimmsäule. Stamm verhältnissmässig starr und wenig verkürzbar , mit keilförmigen , dicken , eng aneinanderliegenden Deckstücken. Nesselknöpfe mit doppeltem Endfaden und medianem Sack. A. breve Huxley, ükeni Esch. A. {Crystallodcs E. Haeck. Die Individuengruppen erhalten sich in ihrer einseitigen Lage an der Vcntrallinie des Stammes) , rigidum E. Haeek. , Canarische Inseln. 4. Fam. Apolemiadae. Stamm sehr lang mit zweizeiliger Schwimmsäule. Die Anhänge des Stammes vertheilen sich nach Individuengruppen , welche je unter eineju Kranze von blasig aufgetriebenen etwas gekrümmten Deckstücken in weiten Abständen von einander entfernt liegen. Fangfäden ohne Nesselknöpfe. ^^:)oZem?'a Esch., A. uvaria Les., Mittelmeer. Diöcisch. 1) Vergl. M. Sars, Fauna littoralis Norvegiae. Christiania. 1846, Physaliilae. Calycophuridae. 2/3 5. Farn. Rhizophysidae. Der langgestreckte Stainni mit grossem Liiftsack, ohne Scliwimmsäule, ohne Deckstücke und Taster, mit Nährpolypen und Fangtilden in weiten Intervallen, libizophym Per. Les. li. filifonnis Forsk., Mittehneer. Eh. Eysenhardti Grgbr. 2. Unterordnung. Physalidae. Stamm zu einer geräumigen Blase er- weitert, fast horizontal liegend, mit sehr umfangreichem nach aussen geöffneten Luflsack. Schwimmglocken und Deckstücke fehlen. An der Ventrallinie des Sackes sitzen grosse und kleine Nährpolypen mit sehr kräftigen und langen Fangfäden , sowie die an tasterartigen Polypoiden befestigten Geschlechts- träubchen. Die weiblichen Gemmen scheinen freischwimmende Medusen zu werden. 1. Farn. Physalidae s. str. Mit den Charakteren der Gruppe. Physalia Lam., P. caracella Esch. {Arethusa Til.), pelagica, utriculus Esch. , Atl. Ocean. 3. Unterordnung. Galycophoridae. Mit langetn cylindrischen des Luft- sacks entbehrenden Stamm und 7.\\'e\7.e\\\%ev{Hippopodidae) Schwimmsäule oder mit nur zw(;i grossen gegenüberstehenden Schwimmglocken, selten mit nur einer Schwimmglocke. Taster fehlen. Die Anhänge entspringen gruppenweise in gleich- massigen Absländen und können in einen Raum der Schwimmglocken zurück- gezogen werden. Jede Individuengruppe besteht aus einem kleinen Nährpolypen nebst Fangfaden mit nackten niereniörmigen Nesselknöpfen und Geschlechts- gemmen, zu denen in der Regel noch ein schirm- oder trichterförmiges Deck- stück hinzukommt. Dieselben lösen sich bei einigen iJiphyiden als Eudoxien vom Stammesende ab zu selbständiger Existenz. Die Geschlechtsgemmen er- reichen einen hohen Grad medusoider Differenzirung und enthalten zahlreiche Eier in dem oft zapfenförmig aus der MantelöfTnung vorstehenden Manubrium (Mundstil). An dem Larvenkörper bildet sich zuerst die obere Schwimmglocke. 1. Farn. Hippopodiidae. Mit zweizeiliger Schwimiusäule an einer ohern seitlichen Abzweigung des Stammes (Nebenachse), ohne Deckstücke für die Individuengruppen. Männliche und weibliche Geschlechtsgemmen sitzen in Form von Träubchen an der Basis der Nährpolypen. Gleba Forsk. Die Schwimmglocken mit sehr flachem Schwimm- sack von der Form eines Pferdehutes. G. Hippopus Forsk. [Hippopodius Intens, nea- politanus), G. (Vogtia) pentacantha Köll., Mittelmeer. 2. Farn. Diphyidae. Mit zwei sehr grossen einander gegen überstehenden Schwimm- glocken am obern Ende des Stammes. Jede Individuengruppe hat ihr Deckstück und enthält eine einfache Geschlechtsgemme von bedeutender Grösse und medusoider Differen- zirung, indem der glockenförmige mit Gelassen versehene Mantel einen centralen die Geschlechtsstotfe umschliessenden Klöpfel umhüllt. Bei Abyla und Diphyes lösen sich die Individuengruppen als Eudoxien. Fraya Blainv. Beide Schwimmglocken mit abgerundeter Oberfläche, ziemlich gleichgross und gleichgebildet, in fast gleicher Höhe parallel neben einander liegend. Mantel derselben sehr dick und mit besonderen Gef^lssapparat, Schwimmsack verhältniss- mässig klein. P. eymhiformis Delle Ch. (P. maxima Ggbr.), diphyes Blainv., Mittel- meer und Ocean. Diphyes Cuv. Die zwei Schwimmglocken mit kantiger Oberfläche, ungleich gebaut, die vordere mit dem Saftbehälter von kegelförmiger oder pyramidaler Gestalt, stets zu- gespitzt und meist grösser als die hintere, welche an ihrem rinnenförmig ausgehöhlten Innenrande oder in besonderm Canal den Anfangstheil des Stammes umschliesst und in einer Vertiefung am Innenrande der ersteren befestigt ist. Deckstücke trichterförmig. Ge- schlechtsgemmen oft diöcisch vertheilt. a) Mit Canal des hinteren Schwimmstücks. J>. campannlifera Quoy Gaim. Die drei Kanten laufen an der Mündung beider Schwinm.- Claus, Zoologie. 4. Auflage. lg 274 Acalephae. glocken in Zähne aus. D. Steenstrupn Ggbr., D. acuminata Lkt., diöcisch mit Enäoxia campanidnta. Zähne fehlen an der Mündung. D. Sieboläü KölL, beide im Mittelmeer, b) Mit rinnenförmiger Höhlung des hintern Schwimmstücks. D. Sarsii Ugbr., Grönland. turgida Ggbr., Messina, biloba Sai's, Nordsee, quadrivalvis {Galeolaria filiformis Delle Gh., Epibulia aurantiaca C. Vogt). Mit klappenförniigen Fortsätzen an der Schwimm- sackniündung vornehmlich an der hinteren grösseren Schwimmglocke. Abyla Esch. Die vordere Schwimmglocke sehr klein mit dickem Mantel. Die Innenseite desselben in einem Fortsatz zur Aufnahme des Stammendes und der stil- förmig verlängerten Kuppel der sehr grossen hintern Schwinmiglocke verlängert. Die letztere besitzt an der Innenseite einen Canal zur Aufnahme des contraktilen Stammes. Deckstücke finden sich erst in der hintern Hälfte des Stammes an den reifern Individuen- gruppen, welche sich als Eudoxien lösen. A. pentagona Esch. Die hintere Schwimm- glocke hat eine fünf kantige Oberfläche, mit Eudoxia cuboides, Mittelmeer. A. tri- gonae Ggbr. mit Eudoxia trigona, Ocean. A. Vogtii Huxley, Südsee. 3. Farn. Monophyidae. Nur eine halbkuglige oder thurmförmig verlängerte Schwimmglocke ist vorhanden, in deren Trichterkanal (der Gallertsubstanz) der Stamm mit seinen Anhängen eingezogen werden kann. Die Eudoxien-ähnlichen Abkönunlinge sind als Diplophysa bekannt. Spliaeronectes Huxl. = Monophycs Cls. Sp. gracilis Cls. mit Diplophysa inermis, Mittelmeer. 4. Unterordnung. Discoideae. Stanmi zu einer flachen Scheibe zusammen- gedrückt, mit einem Systeme canalartiger Räume (Gentralhöhle). Oberhalb derselben liegt der Luftsack in Gestalt eines scheibenförmigen, aus concentrischen (nach aussen geöffneten) Ganälen zusanmiengesetzten Behälters von knorpel- harter Gonsistenz. Auf der untern Fläche der Scheibe sitzen die polypoiden und medusoiden Anhänge, im Gentrum ein grosser Nährpolyp und in dessen Umgebung zahlreiche kleinere Polypen, welche an der Basis die Ge- schlechtsgemmen tragen, endlich folgen nicht weit vom Scheibenrande die Tentakeln. Die Geschlechtsgemmen werden als kleine Medusen {Chrysoniitra) frei, welche erst lange nach der Trennung die Geschlechtsstolie erzeugen. 1. Farn. Velellidae. Mit den Charakteren der Gruppe. Als Jugendformen wird man die liatarien mit scheibenförmiger Luftkammer, centralem Polypen und peripherischen Knospen an der Unterseite zu betrachten haben. Dieselben gehören vielleicht aus- schliesslich zur Gattung Forpita, da der senkrechte segelartige Aufsatz in den vor- geschrittenen Entwicklungstadien immer mehr verkümmert, auch die Gestaltung des Luftsacks eine grosse Aehnlichkeit mit Porpita zeigt. Velella Lani. Körperscheibe oval mit schräg verlaufendem senkrechten segelartigen Kamm. V. Spirans Esch., Mittel uieei-. Porpita Lani. Körperscheibe rund, ohne Kamm. P. mediterranea Esch. F. Unnaeana Less. , Florida. 3. Ordnung. Acalephae i) (Phanerocarpae Esch.), Acalephen. Scheibenquallen von bedeutender Grösse mit Gastralfilamoiten, mit liand- lappen des Schirmes und hedechten Randlörpern , meist mit besonderen nach missen mündenden Schirmhöhlen der Genitalorgane. Die Jugendzustände sind nicht Hydroidstöchchen, sondern Scyphistoma- und Strohilaformen. Die Scheibenquallen, welche wir in dieser Ordnung vereinigen, unter- scheiden sich von denen der Hydroid^vw^^e durch eine Reihe von Merk- 1) Ausser den citirten Werken von Eschscholtz, Peron et Lcsueur, Lesson, Brandt, L. Agassiz: F, W. Eysenhardt, Zur Anatomie und Naturgeschichte der Charaktere der Acalepheii. 275 malen. Dieselben erlangen bei meist bedeutendem Umfang eine ansehnliche Dicke der meist schirmförmigen Umbrella, deren reichlich entwickelte Gallerte eine Fülle fester Fibrillen sowie elastische Fasernetze enthält und hierdurch eine grössere Rigidität und Festigkeit gewinnt. Bei zahlreichen Schirmquallen sind ausserdem in der Gallertsubstanz spindelförmige Zellen zerstreut, welche während des Wachsthums vom Entoderm aus aufgenommen, an manchen Stellen in leb- hafter Theilung und Wucherung begriffen sind. Diese Zellen haben wahr- scheinlich den Werth nutritiver, die Absonderung von Gallertsubstanz beför- dernder Elemente und gleichen hierin den einfachen oder verästelten Entoderm- wucherungen, welche von der Gefässwandung aus wie kleine Zöttchen in die Gallerte vordringen (Pelagiden). Ein wichtiger Charakter der Acalephen, den Graspedoten gegenüber, beruht auf dem Verhalten des Schinnrandes, welcher durch eine regelmässige Zahl von Einschnitten gewöhnlich in acht Gruppen von Lappen zerfällt , zwischen denen die Randkörper in nischenförmigen Einbuchtungen ihre Lage nehmen. Aelmlich dem continuirlichen Velum der Hydroidmedusen erscheinen die Rand- lappen der Acalephen als secundäre Bildungen des Scheibenrandes, welche schon in den wenigstens allen Schirmquallen [DiscopJioren) gemeinsamen Jugendstadium der Ephyra im Umkreis der acht Randkörper als acht Paare relativ langgestreckter zungenförmiger Lappenfortsätze vorhanden sind und an den Scheibensegmenten der Strobila als marginale Zapfen hervorwachsen. Auch die discontinuirliche zu Schirmlappen sich umgestaltende Rand- wucherung der Acalephen hat eine lokomotorische Beziehung ,^da sich auf die untere Fläche derselben die subumbrellare Muskulatur erstreckt/(wenn auch vornehmlich in radialen Längsnmskelzügen). Dagegen tritt als wichtiger Unter- schied von dem ganzrandigen , als quergestelltes Septum am Eingang der sub- umbrellaren Schirmhöhle ausgespanntem Velum die Aufnahme von gastro- vascularen Fortsätzen in die Randlappen hervor. Während sich in der Regel mit dem fortschreitenden Wachsthum die vom Randkörper entfernten Seitentheile der primären Ephyralappen in eine grössere Zahl von Lappen (Nebenlappen) spalten, die im Gegensatze zu den mittleren, den Randkörper begrenzenden Lappen (Augenlappen) der Gefässfortsätze entbehren, bildet sich Quallen. Nova Acta Acacl. Leop. Car. T. X. 1821. C. E. v. Baer, lieber Medusa aurita. Meckels Archiv. 1823. Dalyell, On the Propagation of Scottish Zoophjtes. Edinb. New. Phil. Journ. 1834. v. Siebold, Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere. Danzig. 1839. Sars, Ueber die Entwicklung der Medusa aurita und Cyanea capillata. Archiv für Naturg. 1841. Huxley, On the Anatomy and the Affinities of the family of the Medusae. Phil. Transact. 1849. L. Agassi z, Contributions etc. vol. III. und vol. IV. Discopliorae. 1862. H. J. Clark, Prodromus of the history etc. of the Order Lucernariae. Journ. of Bost. Soc. of Nat. bist. I8l')3. E. Haeckel, Ueber fossile Medusen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XV. und XIX. Derselbe, Ueber eine sechs- zählige fossile Rhizostoniee. Jen. Zeitschrift. Tom. VIII. 1874. AI. Brandt, Ueber fossile Medusen. Mem. Acad. Imp. St. Petersbourg. Tom. XVII. 1871. Eimer, Ueber künstliche Theilbarkeit von Aurelia aurita und Cyanea capillata in physiol. Individuen. Verh. der medic. physik. Gesellschaft. Würzburg. 1874. C. Claus, Studien über Polypen und Quallen der Adria. Denkschriften der K. Academie der Wissensch. Wien. 1877. Der- selbe, Untersuchungen über Charybdea marsupialis. Arbeiten aus dem zool. Institut. Wien. 1878. 18* 276 Augenlappen. Xobcnlappen des Schirmrandes. bei den Anreliden (Aurelia aurita) sowie wahrscheinlich auch bei den Sthenoniden {I'haceUophoru) zwischen den primären Randlappen ein intermediärer Haut- saum aus, welcher mit zunehmender Grösse im Verhältniss zu jenen immer breiter und umfangreicher wird, um schliesslich in Verbindung mit den reducirten und eigenthümlich umgestalteten Augenlappen eine den ganzen Scheibenrand bekleidende und nur in den Einschnitten der Randkörper unterbrochene con- traktile Randhaut darzustellen. Ein vollkommen ganzrandiges Velum tritt nur bei den beuteiförmigen Gharybdeiden auf, deren Randabschnitt , olme in Lappen getrennt zu sein, in continuirlicher Ausbreitung über die vier Nischen der Randkörper hinaus wuchert, um am äussersten Rande ein breites ge- schlossenes Velum zu erzeugen, welches nach Form und Lage am Eingang der Glockenhöhle das Graspedotenvelum wiederholt und mit diesem auch bislang identificirt worden ist, hidessen weist die ansehnliche Entfernung dieses con- traktilen Randsaumes von Nervenring und Randkörpern , seine Befestigung an vier senkrechten radialen Suspensorien (Frenula), sowie die Aufnahme ramificirter Gefässfortsätze auf die morphologisch abweichende Bedeutung desselben hin. Die Tentakeln der Scheibenquallen zeigen nach Zahl und Lage bedeutende Unterschiede, doch sind dieselben, von Nausitho'e abgesehn , überall lang- gestreckte Hohlschläuche mit centralem Gefässcanal. Den Randfäden der Scyphistoma gegenüber erscheinen die Acalephententakeln als secundäre Gebilde, die im einfachsten Falle — von den vier Tentakeln der Charybdeen abgesehn — in achtfacher Zahl auftreten und dann zwischen den Lappen des Randes in den intermediären (d. h. mit den Radien der Randkörper alternirendcn) Radien ihre Lage finden {Nausiihoe, l^elayia). Die Tentakelzahl steigt dann gesetz- mässig auf 132 {Chrynaora, Discomedusa), 48 {Daciylonietra), indem sich paar- weise zu jedem Haupttentakel zwischen den secundären im Laufe der Ent- wicklung durch Spaltung entstandenen Randlappen Tentakeln zweiter und dritter Ordnung entwickeln, welche sämmtlich ihrem Ursprung nach der untern Scheibenfläche angehören. Während nun bei den Sthenoniden {PhaccUophora), deren breite intermediäre Randfelder ähnlich wie bei den Aurelidcn zwischen den primären Lappenpaaren der Ephyra hervorgewachsen sind , die Tentakeln in grösserer Zahl an der Unterseite in einer Reihe nahe am Rande liegen, rücken dieselben bei den Cyaniden als mächtige Bündel langer Senkfiiden auf die subumbrellare Schirmfläche vor. Dagegen entspringen die Tentakeln bei den Aureliden auf der ohern oder dorsalen Fläche der intermediären Felder und bilden einen dichten nur in den Buchten der R^andkörper unterbrochenen Saum franzenähnlicher Anhänge. Bei den Rhizostomeen endlich fehlen Rand- fäden vollständig. Höchst charakteristisch für die Acalephen und insbesondere für die Discoi)horen^WL])])c innerhalb derselben ist das Vorhandensein mächtiger Mundarme am freien Ende des weiten Mundstils. Dieselben sind auf ungleich- massige Wucherungen des Mundrandes zurückzuführen, welche in den vier (mit den Radien der Genitalorgane und Gastralfilamente alternirenden) Radien des Mundkreuzes als ebenso viel armförmige Fortsätze am Mundstil hervor- wachsen. Demgemäss wird die innere der weiten Mundöffnung zugewendete axiale Fläche der Mundaime A'om bcAvirnperten Eviodcrm bekleidet und er- Allgemeine Architektonik. Mundarme. Gastrovuscularraum. -77 scheint in ganzer Länge rinnenartig vertieft (Armrinne), dagegen an den lappen- artigen oft vielfach gefalteten Seitenhälften verdünnt und am äussersten Randsaum mit papillenähnlichen Erhebungen und selbst kleinen Tentakelchen tVanzenartig besetzt. Im Falle einer frühzeitig beginnenden gabiigen Spaltung der Arme bilden sich vier Armpaare aus, deren krausenförmig gefaltete Randlappen sich wiederum spalten und vielfach verzweigen. In solchen Fällen kommt es jedoch schon im Jugendleben zur Verwachsung der einander zugekehrten Flächen der Armpaare, und es bleiben nur am Randsaume eine Menge kleiner Oetfnungen frei, welche an Stelle der ursprünglich vorhandenen, nunmehr ebenfalls obliterirlen centralen Mundöffnung als peripherische Saugmündchen (Rhisosto- mecn) die Nahrung aufnehmen. Dieselbe gelangt in die in Form verzweigter Gefässstrassen frei gebliebene Armcavität, in den centralen aus der Armrinne hervorgegangenen Hauptcanal und endlich in den Magenraum. Es ist leicht einzusehen, dass diese am distalen Abschnitt der gastralen Gavität, am Magen- oder Mundstil, auftretenden Umgestaltungen , welche zu so mannichfachen irr- thümlichen Deutungen Anlass gaben, sich in einfachster Weise als Wiederholung ^) derselben Vorgänge ei'klären, welche zunächst die Wandungen der ursprünglich einfachen Gastralhöhle betrafen und zur Sonderung von Magen und peripheri- schen Gefässen Anlass gaben. Auch die Gestaltung des Gastrovascularapparates zeigt bedeutende Ver- schiedenheiten, die sich bei den Schirmquallen als Modifikationen aus dem ur- sprünglich überall gleichen Bau der Ephijra ableiten lassen. Die flache in acht Randlappenpaare gespaltene Ephyrascheibe enthält eine centrale Magen- höhle, in welcher der weite und kurze vierkantige Mundstil einführt und acht peripherische canalartige Ausläufer (Radialtaschen), zwischen denen früher oder später ebensoviel kurze intermediäre Ganäle (Intermediärtaschen) inner- halb der Gefässlamelle zur Ausbildung gelangen. Jedenfalls sind die acht Radialtaschen früher vorhanden und erreichen auch eine bedeutendere peri- pherische Ausdehnung, indem sie an der Basis des Randkörpers unter gabiiger Ausbuchtung enden, aus der sich später seitliche Ausläufer in die Randlappen erheben. Während nun bei Nausithoe die gastrale Gestaltung älterer Ephyren im W^esentlichen persistirt , weiten sich bei den Pelagiden die radialen wie intermediären Gefässcanäle zu ausserordentlich breiten, nur durch schmale Ver- wachsungsstreifen getrennte »Magentaschen« aus, welche am Rande nicht weiter unter einander communiciren. Bei den übrigen Discophoren werden dieselben zu sehr engen und langgestreckten Gefässen, zwischen denen während des fortschreitenden Wachsthums in den breiten Verwachsungsfeldern durch Auseinanderweichen der beiden Lamellen der Gefässplatle ein reiches Netzwerk anastomosirender Gefasse, sowie in der Nähe des Schirmrandes ein Ringge^s secundär zur Ausbildung gelangt. Einen ganz andern, noch auf frühere Stadien (Scyphistoma) gemeinsamer Entwicklung zuiückführbaren Typus zeigt der Gastrovascularapparat der hohen becher- oder glockenförmigen Calycozooi und Ükanjhdciden, indem nur vier 1) Auf Querschnitten durch Arme und Mundstile von Rhizostomeen wiederholt sich die Erscheinung der verzweigten »Gefässlamelle« zwischen den Gefässstrassen. 278 Secundäre Ausbildung des Gefässsystems aus der Gcfässplatte. Gastralfilamente sehr weite durch äusserst sehmale Verwachsungsstreifen getrennte Gefasstaschen als peripherische Nebenräume der Gastralhöhle auftreten. Von grosser Bedeutung für die Acalcphen erscheinen die wurmförmig beweglichen Tentakeln des Magenraums, die Gastralfilamente, die sich bei keiner Hydroidmeduse wiederfinden. Morphologisch sind dieselben als Differen- zirungen von den vier septenartig vorspringenden Gastralwülsten der polypen- ähnlichen Jugendform, der Seyphistoma, ableitbar und offenbar Wiederholungen der sog. Mesenterialfilamente des Anthozoenpolypen, während sie physiologisch in gleicher Weise wie durch das Sekret ihrer drüsigen Entodermbekleidung die Verdauung unterstützen, daneben aber zugleich durch die Menge von Nessel- kapseln, welche besonders zahlreich am obern Endabschnitt auftreten, Schutz- einrichtungen für die in der Nähe gelegenen Genitalorgane zu sein scheinen. Ueberall gehören sie der subumbrellaren Magen wand an und fallen in die vier ') sich rechtwinklig kreuzenden Radien der Geschlechtsorgane (Radien zweiter Ordnung), welche mit den vier Radien des Mundkreuzes (Radien erster Ordnung alterniren, und begleiten meist in einfacher oder geschlängelter Bogenlinie den Innern Rand der Geschlechtsorgane. Nur bei den Gharybdeiden , deren Geschlechtsorgane in die weiten von der Gentralhöhlo durch Klappen geson- derten Gefasstaschen hineinrücken, bleiben sie von jenen getrennt und halten ihre Lage in der Peripherie der Gastralhöhle ein. Das Nervensystem der Acalephen wurde erst neuerdings mit Sicherheit nachgewiesen, nachdem durch Versuche wahrscheinlich gemacht war, dass acht ^) Nervencentren (eins in jedem der acht Radien) in der Nähe der Rand- körper existiren. Schon altern Beobachtern (Eysenhardt) war bekannt, dass der getrennte Schirmrand automatische Contraktionen ausführt. Eimer ^) zeigte dann, dass der Scheibenrand in acht für sich selbstständig contraktile Zonen zerfällt, die den Randenden der acht Antimeren entsprechen, und dass von der Gegend der Randkörper die rhythmischen Zusammenziehungen der ganzen Subumbrella ausgehn. Nicht nur Hälften oder Quadranten von Aca- lephen, auch ausgeschnittene Strahlstücke erhalten sich Tage lang unter rhyth- mischen Contraktionen am Leben und gehen wahrscheinlich in Folge mangelnder Ernährung zu Grunde, so dass man in gewissem Sinne das Strahlstück als physiologisches Individuum betrachten kann. Werden jedoch sämmtliche Rand- körperstücke entfernt, so breitet sich meist die Qualle flach aus, und stirbt wenn auch eine zeitweilige Erholung stattfindet, doch in kurzer Zeit ab. Gleichzeitig und unabhängig von Eimer gelangte Romanos*) durch mannichfaltiger modificirte 1) Von den Fällen abnorm vermehrter oder auf das Doppelte erhöhter Radienzahl (Phacellopliora) abgesehen. 2) Da wo die Zahl der Randkörper bei irregulärer Ausbildung eine geringere oder grössere geworden, beziehungsweise auf 12 (Polycloniden) oder 16 (Phacellophora) gestiegen ist, in entsprechend veränderter Zahl. 3) Th. Eimer, Zoolog. Untersuchungen. Ueber künstliche Theilbarkeit der Aurelia aurita und Cyanea capillata in physiologische Individuen. Wiu-zburg. 1874. 4) G. J. Rom an es, Preleminary Observations on the locomotor System of Medusae. Transact. Roy. Soc. London, vol. 166. p. I. 1876, ferner Nature. 1877. Xervensysteni. Centren der Randkörper. 279 umsichtige Versuche zu präciseren Piesultaten , aus denen er den Schluss zog, dass das Gentralorgan des Nervensystems in den Randkörpern enthalten sei, deren Zerstörung jedoch nur eine vorübergellende Lähmung hervorrufe, während das peripherische durch einen nervösen Plexus an der Muskulatur vertreten sein mi^isse. Eimer betrachtete die schmale »contractile Zone« als Sitz des Nervencentrums, welches nach Art des (vermeintlichen) Nervensystems der Bcro'c aus ungewöhnlich zahlreichen Nervenelementen, Zellen und Fasern in der Umgebung des Randkörpers bestehe , während zugleich ungemein feine Nerven tadchen überall den G aller tschirm durchziehen und die Verbindung der Strahlstücke vermitteln sollten. Diesen bislang unbesluligt gebliebenen Angaben Eimer's entgegen haben Claus, sowie O. und R. Hertwig gleichzeitig und von einander unabhängig das Nervensystem der Schirmquallen entdeckt und nachgewiesen, dass die Gentren desselben im Ectoderm von Stil und Basis der Randkörper selbst enthalten sind. Dieselben bestehen aus einer mächtigen Lage von Nervenfibrillen in der Tiefe des hohen, Wimpern tragenden Ectoderm- epitels, dessen stäbchenförmige ausgezogene Nervenzellen mit ihren basalen Faserfortsätzen unmittelbar in die Nervenfibrillen umbiegen. Während nun aber 0. und R. Hertwig die Vorstellung gewonnen haben, dass die gangliösen Elemente des Nervensystems lediglich durch die oberflächlichen, je eine Geissei tragenden Nervenzellen repräsentirt werden, deren Kerne in dem hohen Epitel eine höhere oder tiefere Lage einhalten , dass also das Nerven- system der Schirmquallen gewissermassen noch im status nascens begriffen, dem der Graspedoten gegenüber auf einem primitiven Zustand zurückgeblieben sei, bezieht Gla US die tief gelagerten und zumTheil durch bedeutendere Grösse ausgezeichneten Kerne auf besondere spindelförmige Ganglienzellen in der Tiefe des verdickten Nervenepitels, die er als sensible Elemente den grossen unter den Muskelepitel verbreiteten motorischen Ganglienzellen nebst zugehörigen Nerven- plexus gegenüber stellt und vertritt die Auffassung, dass wie die letztere, vornehm- lich bei Cltrysoora, in erstaunlicher Menge vorhandenen (0. u. R. Hertwig bei den Schirmquallen unbekannt gebliebenen) Elemente den motorischen Ganglien- zellen der Hydroidmedusen entsprechen, so auch in den sensibeln Nervencentren die kleinern Ganglienzellen der Hydroidmedusen wiederkehren, ohne damit der Hertwig'schen Theorie, nach welcher diese gangliösen Elemente aus ursprüng- lich oberflächlichen, später in die Tiefe herabgerückten sensiblen Ectodermzellen hervorgegangen sind , entgegen zu treten. Ueber die Art und Weise , wie der peripherische Nervenplexus mit den Nervencentren der Randkörper ^) und diese unter einander in Verbindung stehen, haben die bisherigen Untersuchungen keine abschliessende Entscheidung gebracht. Ein Nervenring an der Subumbrel- larseite wurde rmr bei den ganzrandigen Gharybdeiden zuerst von Fr. Müller 1) Neuerdings hat auch Eimer die Fibrillenschicht am Stil der Kandkörper und das zu denselben gehörige oberflächliche Nervenepitel gesehen , hält aber immer noch seine frühern Angaben über die Ausbreitung der (von Bindegewebszellen nicht zu unter- scheidenden !) Ganglienzellen und feinen Nerventadchen in der Gallertsubstanz fest. Auch die von Claus entdeckten Biechgrubcn vsrurden von ihm beobachtet und sogar in gleicher Weise bezeichnet. Eimer, Ueber künstliche Theilbarkeit und über das Nerven- system der Medusen. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XV. 1877. 280 Siuiiesorgaue. Otolitheusack. Augen, ßiechgrubeu. nachgewiesen, scheint aber bei den gelapptrandigen Schirmquallen nicht aus- gebildet zu sein, wenn auch höchst wahrscheinlich die Nervencentren durch Fibrillenzüge untereinander in Verbindung stehen und nicht etwa, wie 0. und R. Hertwig darstellen, völlig getrennte, durch die Einschnitte des Schirm- randes gesonderte Anlagen bleiben. Als Sinnesorgane sind in erster Linie das Endstück der Randköiper, sowie grubenförmige Vertiefungen an der Dorsalseite der Randkörper-Nische hervorzuheben. Wie bereits hervorgehoben wurde, entsprechen die Rand- körper reducirten Tentakeln und enthalten als solche einen bewimperten als Ausläufer des Radiärgefässes nachweisbaren Gastrovascularcanal, Derselbe wird vom bewimperten Entoderm ausgekleidet und von einer festen Gallert- lamelle gestützt , um welche sich der hohe nervöse Ectodermbelag ausbreitet. Die schräg abgestutzte Basis des aufwärts gekrümmten Randkörpers, welche schon im Stadium der Ephyra an der untern Schirmseite entspringt und von der Querbrücke des Schirmlappenpaares überdeckt wird, setzt sich in den schmälern stilförmigen Mittelabschnitt fort, aufweichen das bulböse oder eichei- förmige Endstück, der Sinneskörper im engern Sinne, folgt. Durch Vergrösserung der Querbrücke, sowie meist durch Umwachsung Seitens der zugehörigen Schirmlappen kommt der Randkörper überall in einen verdeckten Nischen- raum zu liegen, welcher Forbes zur Bezeichnung der Schirmquallen als SteganophthalniaUi im Gegensatz zu den Hydroidquallen oder GymnoplUhalmata Anlass gab. Der Sinneskörper vereinigt, wie es scheint, allgemein die Funktion eines Gehörapparates und Auges. Der erstere wird durch einen umfangreichen aus Entodermzellen hervorgegangenen Krystallsack vertreten, dessen Wand die hier übrigens verdünnte, von Plattenzellen des Ectoderms umgebene Stütz- lamelle bildet, während das Auge eine mehr abwärts nach dem Stil zu gerückte, dorsale oder ventrale Pigmenlauflagerung bildet, die ausnahmsweise {JSausiihoe) eine lichtbrechende Guticularlinse erhält. Die höchste Ausbildung aber erreiclit der Sinneskörper bei den Chari/bdciden, indem derselbe ausser dem terminalen Krystallsack in der Wand des ampullenförmig erweiterten Gefässraums ein höchst complicirt gebautes, aus vier kleinen paarigen und zwei grossen unpaaren Augen zusammengesetztes Sehorgan aufnimmt, an welchem Linse, Glaskörper, Pigmentlage und Retina zu unterscheiden ist. (Claus). Ein zweites erst in jüngster Zeit von Claus aufgefundenes Sinnesorgan ligt oberhalb der Randkörpei basis an der zur Nischendecke vergrösserten Quer- brücke des Lappenpaares und besteht aus einer dorsalen Grube , deren Boden mit einem hohen kleinzelligen Geisselepitel und einer tiefern Lage von Nerven- fibrillen bekleidet ist. Nicht selten wie bei Aarelia und den Rhisostomiden hebt sich die Nischendecke als schildförmige Deckplatte (Trichterplatte) von den umgebenden Augenläppchen schärfer ab, während sie in andern Fällen als einfache continuirliche Querbrücke persistirt, so dass sich die wenn auch tief trichterförmige Einsenkung der Beobachtung leichter entzieht (Chnjuaora). Wahrscheinlich handelt es sich um ein bei allen Schinnquallen wiederkehrendes Riechorgan, durch welches Aenderungen in der Qualität des umgebenden Mediums percipirt und die Quallen beis[)ielsweise veranlasst werden, bei be- ginnendein Regen in die Tiefe zu sinken. Muskulatur. GescLlechtsorgane. 281 Die Muskulatur der Acalephen erlangt eine der Körpergrösse entsprechende bedeutende Stärke, wenn auch die quergestreifte Ringniuskelzone der Sub- umbrella auf den peripherischen Theil der Scheibe beschränkt bleibt. Neben den Ringmuskelfasern, welche bei den grossen Schirmquallen auf lamellösen Erhebungen der subumbrellaren Stützlamelle in dichten concentrischen Fal- tungen sich ausbreiten, treten sehr häufig radiale Faserzüge an den Randlappen auf. Dazu kommen an verschiedenen Theilen der Oberfläche, insbesondere an Mundarmen und Randfäden, ferner als Bekleidung der subgenitalen Schirm- hohlen, sowie an den Randlappen des Schirmes höchst verschieden gestaltete Muskelelemente, welche der Querstreifung entbehren. An den subgenitalen Schirmhöhlen werden die Zellen des Ectoderms selbst zu spindelförmigen Muskel- fasern, während an der Oberfläche von Randlappen und Mundarmen die mus- kulösen Fasernetze in der Tiefe des Epitels vorwiegen, und an den Randtentakeln auch selbstständige Muskelzüge hinzutreten (Aurelia), ja selbst in die Mesoderm- Gallert aufgenommen werden {Chanjhden). Entodermale Muskelfasern, wie sie an der Innenseite der Stützlamelle am Siphonophorenstamme und den polypoiden Tastern und Magenschläuchen auftreten, wurden bei den Acalephen bislang nicht nachgewiesen. Die Geschlechtsorgane der Acalephen fallen in Folge ihrer bedeutenden Grösse und intensiven Färbung leicht in die Augen, zumal sie als krausenartig oder guirlandenförmig gefaltete Bänder in besondern Cavitäten des Schirms in die sog. Genitalhöhlen hineinrücken (daher die Bezeichnung Flianerocurpae E_ch.) Mit seltenen Ausnahmen wiederholen sich dieselben in vierfacher Zahl (bei iSausithoe und Cassiopea steigt diese Zahl um das Doppelte) und fallen mit den bogenförmigen Zügen der Gastralfilamente , deren Aussenseite die wulstförmigen Erhebungen des Entoderms umsäumen , der Lage nach zu- sammen. Die vier Radien der Genitalorgane alterniren demnach mit den vier Radien der Mundarme oder des Mundkreuzes '), führen aber in ihrer Ver- längerung, ebenso wie jene zu vier Randkörpern und Lappenpaaren des Schirm- randes. Ueberall liegen die Geschlechtsorgane an der subumbrellaren Magen- wand und bestehen aus einem zeitigen vom Entoderm eontinuirlich überzogenen Keimlager, dessen Elemente mit der weitern Ausbildung in die Gallertsubstanz aufgenommen werden. Wahrscheinlich entstammen die Zellen des Keimlagers dem Ectoderm, von dem aus sie erst secundär unter den Entodermbelag gelangt sind. Dagegen entstehen die Samcnelemente der hermaphroditi selten Chysaora — ganz unabhängig vom Keimlager der Geschlechtsorgane — als Entoderm- prodiicte in Meinen Säclichen an jeder beliebigen Stelle der gastrovascularen BcJdeidttng. Die Ausbildung der subumbrellaren Schirm hölilen, welche man als durchgreifendes Merkmal der Acalephen im Gegensatz zu den Hydroid- medusen betrachtete, fallt mit der Entwicklung der Genitalorgane zusammen und ist auf eine locale Wucherung der subumbrellaren Schirmgallerte iti der Peripherie der Genitalkrausen zurückzuführen. In einzelnen Fällen {Disco- niedusa, Nausitho'e) kann dieselbe jedoch vollkommen unterbleiben. Auch bei 1) So benannt mit Rücksicht auf die vier zu der Armrinne führenden tiefen Furchen an der subumbrellaren Magenwand. Entwicklung der Larve zur Scyphistoma. den Cliaryhdeiden, deren Geschlechtsorgane als vier Paare flacher Lamellen zu den Seiten der schmalen Verwachsungsfelder befestigt, in den Gefässtaschen liegen, fehlt jede Spur einer subgenitalen Schirmhöhle. Die reifen Geschlechtsprodukte gelangen meist durch Dehiscenz der Wan- dung in die Magenhöhle und durch die Mundöffnung nach aussen, in manchen Fällen aber durchlaufen die Eier an Ort und Stelle, entweder in den Ovarien {Ghrysaora) oder an den Mundarmen {Aiirelia) ihre embryonale Entwicklung. Nur ausnahmsweise treten sie in die Genitalhöhle und dann direkt durch deren Oeffnung in das Seewasser. Die Trennung der Geschlechter gilt als Regel. Auch zeigen männliche und weibliche Individuen , von der Färbung der Ge- schlechtsorgane abgesehen, nur geringfügige Geschlechtsunterschiede, wie z. B. in Form und Länge der Fangarme {Aurelia). Nur Chnjsaora ist hermaphroditisch. Die Entwicklung erfolgt bei den Schirmquallen in der Regel mittelst Generationswechsels und zwar durch die polypen förmigen Ammenzustände der Sajphistoma und Strohila, seltener wie bei Fela(/ia, auf continuirlichem Wege. Indessen ist es Avahrscheinlich, dass auch bei den Lucernaridcn und Charyh- deiden kein Generationswechsel stattfindet. Ueberall geht aus dem befruchteten Ei, nach Ablauf des totalen Furchungsprocesses , eine bewimperte Larve als sog. Flanula hervor, welche bei den mittelst Generationswechsel sich ent- wickelnden Schirmquallen nach Differenzirung von Ectoderm und Entoderm einen Gastralraum mit Mundöffnung gewinnt. hl vielen Fällen wie bei bei Cyanea, Aurelia, lihizostoma setzt sich nun die Larve am verjüngten Apicalpole (wahrscheinlich dem Pol des primären in- zwischen geschlossenen Gastrulamundes) fest, während in der Umgebung des am freien Ende durchbrechenden Mundes die soliden Tentakelsprossen hervor- treten. Wie bei den jugendlichen Actinien wachsen zuerst zwei gegenüber- stehende Tentakeln hervor, auch nicht genau gleichzeitig, sondern der eine dem andern vorauseilend, so dass der jugendliche zur Scyphistoma sich ausbildende Larvenleib eine bilateral - symmetrische Gestaltung zeigt. Nachher sprosst rechtwinklig zur Ebene der ersten Tentakeln das zweite Paar (Radien erster Ordnung oder des Mundkreuzes), dann alternirend in minder regelmässiger Folge das dritte und vierte Paar, in deren Ebenen sich bald vier Längswülste der Gastralhöhle bemerkbar machen (die Radien zweiler Ordnung oder Radien der Gastralfilamente und Genitalorgane). Die achtarmige Scyphistoma treibt alsbald und zwar alternirend mit den vorhandenen Tentakeln in unregel- mässiger Aufeinanderfolge acht neue Tentakeln , deren Lage die intermediären Radien der spätem jungen Scheibenqualle oder Ephyra bezeichnen. Selten kommt es zur Bildung einer noch grössern Tentakelzahl , die ausnahmsweise bis zu 32 steigen soll. Nach Ausbildung des Tentakelkranzes und Ausscheidung eines hellen basalen Periderms(67//-7/saora) ist die Scyphistoma zur Fortpflanzung durch Sprossung und Theilung befähigt. Ihr Gastralraum erscheint alsdann durch die vier an der Mundscheibe befestigten Längswülste in weite Kammern ab- getheilt, welche freilich im Vergleiche zu den Gastrovasculartaschen der Actinozoen insofern unvollständig bleiben, als der centrale Theil der Mundscheibe kein ein- gestülptes Oesophagealrohr bildet, mit dessen Wandung die Septalwülste ver- wachsen, sich vielmehr als freier äusserst beweglicher Abschnitt erhält, der sich Stolonenbildung und Sprossiing der Scyphistoraen. Strobila. 283 bald unter Erweiterung des vierseitigen Mundes als niedriges Mundrohr kragen- ähnlich erhebt, bald wieder vollkommen abflacht und in die Ebene der Mund- scheibe zurückzieht. Anfangs scheinen sich die Scyphistomen lediglich durch Sprossung zu vermehren, indem sie als Auswüchse an verschiedenen Stellen ihres Leibes Stolonen entsenden, welche zu neuen Scyphistomen werden. Erst später wahr- scheinlich unter bestimmten Ernährungsbedingungen und zu bestimmter Jahres- zeit beginnt die zweite Form der Fortpflanzung, der Strobilisirungsprocess, welcher im Wesentlichen auf Abschnürung und Theilung der vorderen Körper- abschnitte in eine Anzahl von Segmenten beruht und die Scyphistoma zur Strobila gestaltet. Die erste ringförmige Einschnürung bildet sich in einiger Entfernung hinter dem Tentakelkranze, derselben folgt eine zweite, dritte, vierte etc., bis schliesslich eine ganze Reihe von Segmenten vorhanden sind, welche in ihrer Peripherie einen Kranz lappenförmiger Auswüchse gewinnen. Während der hintere ungetheilte Polypenabschnitt durch Neubildung eines Tentakel- kranzes zur ursprünglichen Sajphistoma form zurückführt, bildet sich der grössere Vorderabschnitt in eine Säule von kleinen Scheibenquallen um, welche unterein- ander noch durch die Mundstile in der Weise verbunden sind, dass der Mund- stil des nachfolgenden Scheibensegmentes in die Rückfläche des vorausgehenden übergeht. Schliesslich wird die Verbindung nur noch durch ein dünnes Fädchen unterhalten, mit dessen Trennung sich das Scheibensegment aus dem Verbände der Strobila als junge Meduse von EphyraioYm mit vier Gastralfilamenten an Stelle der Gastralwülste löst. Die Entwicklung und Lösung der Abschnitte schreitet continuirlich von dem obern Ende nach der Basis der Strobila vor, so dass zuerst das Endsegment, dann das zw^eite und so fort zur Selbstständigkeit gelangen. Die aus dem ersten Segmente hervorgegangene Euhijra trägt aus- nahmsweise noch eine Zeitlang den ersten Tentakelkranz des Polypen, wie auch die nachfolgenden Sprösslinge längere Tentakeln besitzen können. Nach Rückbildung derselben bilden die acht langgestreckten Schirmlappenpaare jedes mit einem Randkörper an der Ausbuchtung beider Lappen den charakte- ristischen Schirmrand der jungen Ephyra, welche erst ganz allmählig die besondere Form- und Organisationseigenthümlichkeiten der geschlechtsreifen Scheibenqualle zur Ausbildung bringt. Zu den acht ursprünglich vorhandenen Radiärgefässen treten alsbald eben so viel intermediäre hinzu, welche genau wie jene entweder zu engen radialen Ganälen werden und durch ein Netz commu- nicirender Gefässe nebst einem Ringgefäss in Verbindung treten , oder aber zu weiten taschenförmigen Säcken werden (Pelagiden), von deren Peripherie ver- zweigte Ausläufer in die Gefässplatte einwuchern können. Alle diese im Ein- zelnen überaus variirenden Gefässe und Gefässnetze sind nüt Ausnahme der acht primären Radiärgefässe auf secundäre Aushöhlungen der Gefässplatte zurückzuführen, welche durch Obliteration der ursprünglich einfachen weiten Gastralhöhle hervorgegangen ist. Da wo sich wie bei Pelagia die Entwicklung ohne Generationswechsel als einfache Metamorphose vollzieht, gestaltet sich die Planula direkt durch Einziehung des Mundrandes zu einer Glocke um und wird durch allmähligc Abflachung und Differenzirung dieser zur Ephyra. 284 Calycozoa, Bccherqualleu. Die grossen Scheibenquallen ernähren sich vornehmlich von animalischen Stoffen. Selbst höher organisirte Geschöpfe wie Krebse und Fische werden mit Hülfe der Randfiiden und Mundarme unter Einwirkung der Nesselorgane lebendig eingefangen und allmählig vollständig in die Magenhöhle aufgenommen und verdaut. Die Rhizostomiden leiten die Verdauung der zwischen den Armen festgehaltenen Beute ausserhalb des Körpers ein und saugen die fremden Säfte mittelst der zahlreichen Oeffnungen auf. Viele Quallen sind durch dichte An- häufungen von Nesselkapseln an der Oberfläche der Scheibe, Mundarme und Fangföden im Stande, empfindlich zu brennen und zu verletzen. Manche Acalephen wie z. B. Pelagia besitzen die Fähigkeit zu leuchten. NachPanceri geht diese Erscheinung vom fettartigen Inhalt gewisser Epitelzellen der Ober- fläche aus. Trotz der Zartheit und leichten Zerstörbarkeit der Gewebe sind von ein- zelnen grossen Scheibenquallen fossile Reste als Abdrücke im lithographischen Schiefer von Sohlenhofen erhalten, die einen nur als Umrisse des Gallertschirms (Medtisites circ/darls u. a. A.) , die andern unter deutlicher Gonservirung der Umrisse innerer Organe {Uhizostomites admirandus, Leptobrachitcs {Fela- giopsis)^ Semaeostomites u. a.). Auch eine sechsstrahlige Rhizostomee mit sechs Genitaltaschen und sechs Armen wurde von E. Haeckel als Xexurhisites in- signis beschiieben. 1. Unterordnung. Calycozoa') (Gylicozoa), Becherquallen. IJecherförniifje am ahonden Pole festsitzende Acalephen, mit vier weiten durch schmale Scheidewände getrennten Gefüsstaschen und acht armförmigen mit Tentakeln besetzten Fortsätzen am Umbrellarrande. Schon seit Guvier und Lamarck weichen die Ansichten der Zoologen über die Stellung der Lucernariden nach zwei Richtungen auseinander, indem diese bald als Actinien und Polypen gedeutet, bald in näherem Verbände mit den Medusen vereinigt wurden. Beide Auffassungen erklären sich dem anatomischen Befunde nach in gewissem Sinne als berechtigt, indessen entscheidet ein ein- gehenderes Studium und vor Allem die Entwicklungsgeschichte zu Gunsten der 1) Ausser den altern Schriften von 0. Fr. Müller, Pabricius, Laiuarck, Cuvier, L. Agassiz, Sars u. a. vergl. : li. Leuckart in Frey und Leuckart's Bei- trägen zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braunschweig. 1847, sowie dessen Jahresberichte im Archiv für Naturgeschichte. A lim an, On the structure of Carduella cyathiformis. Journ. and Transact. of niicrosc. science. Tom. VIII. 1860. Th. Huxley, Lectures on general natural history. Medic. tinies and g.izette vol. XII. London. 1856. Keferstein, Untersuchungen über niedere lliiere. Leipzig. 1862. H. J. Clark, Lucernaria the coenotype of Acalephae. Proceed. of the Boston Soc. of nat. bist. vol. IX. Boston. 1862 und 1863. Derselbe, Prodronius of the history, structure and physiology of the order Lucernariae. Boston. Journal of nat. bist. vol. VII. Boston. 1863. Korotneff, Versuch eines vergl. Studiums der Coelenteraten. 1. Lucernaria und ihre Stellung im System. Bericht der K. Gesells. für Liebh. der Naturwiss. Tom. XVIII. Moscau. 1876. (russisch). Derselbe, Histologie del'hydre et de la Lucernaire. Archive« de zool.-experim. Tom. V. 1876. E. 0. Tuschenberg, Anatomie, Histologie und Systematik der Cylicozoa. Halle. 1877. Körperbau uiul Organisation. 285 letztem, indem sie auf die, allerdings mit Actinienlarven verwandte Jugendform der Acalephen, die Sq/phistoma, als Ausgangspunkt zur Beiirtheilung der Lucernariden hinweist. Während es Huxley war, dem wir die erste richtige anatomische Zurückführung derselben auf die Acalephen verdanken, hat L. Agassiz^) zuerst ihre Beziehung als gewissermassen persistente Larven- form der Dlscophoren hervorgehoben. Dagegen stellt sie Clark als »coenotype of Acalephae« zwischen Hydroidmedusen und Acalephen. hl der That wird man die beste Vorstellung von Form und Bau der Becherquallen gewinnen, wenn man sich die Scyphistonia ohne Bezugnahme auf ihre ohnedies hinfälligen Tentakeln becherförmig ausgezogen und in mehreren, dem Stadium der Qualle entsprechenden Merkmalen verändert denkt. Durch Verwachsung der vier Gastrahvülste mit der umfangreichen nach Art einer Subumbrella trichterförmig eingezogenen Mundscheibe würden die vier weiten Gastraltaschen entstehen, in welche sich der centrale Gastralraum fortsetzt, während sich dei- Rand des Bechers in acht conische Fortsätze auszieht, an welchen Gruppen kiuv.er geknöpfter Tentakeln entspringen. Die vier schmalen septalen Verwachsungsstreifen bezeichnen demgemäss die Lage der Radien zweiter Ordnung, wogegen die Radien erster Ordnung in die Mitte der weiten Gastraltaschen, die intermediären R.adien in die armförmigen tentakeltragenden Fortsätze hineinfallen. Der Umbrella der Acalephen entspricht die zwischen Ectoderm und Ento- derm abgelagerte feste Gallerte, welche sich in den stilförmig ausgezogenen aboralen Körpertheil hinein erstreckt und hier gerade die bedeutendste Dicke erreicht. Die vordere becherförmig vertiefte Fläche wiederholt mit ihrem kräftigen, intemiediär unterbrochenen Ringmuskelsaum die Subumbrella und trägt im Gentrum ein weit vorragendes contraktiles Mund- oder Magenrohr von vierseitiger Form, mit vier wohl ausgeprägten lippenartigen Mundarmen in den entsprechenden Radien (erster Ordnung). Die Orientirung des wenn auch in der Zahl der Gastraltaschen und Septen viergliedrig gebliebenen Organismus erfolgt also genau nach der für die Discophore gültigen Architektonik , deren Abweichungen in der Gestaltung des Gastrovascularsystems sich aus dem höhern morphologisch vorgeschrittenen Stadium der Ephyra ableiten , in welches die Stammform der Calycozoen überhaupt nicht eintrat. Indessen sind möglicher- weise die Aoquivalente des gestilten Randkörpers vorhanden, da in den acht Einbuchtungen des Becherrandes entweder nur vorübergehend im jugendlichen Zustand (L. campanuluta) oder persistirend {L. octoradiata) ebensoviele hohle tentakelälmllche liandpupillen ■^) auftreten, deren Lage wenigstens in den Radien erster und zweiter Ordnung den Randkörpern der Acalephen entspricht. 1) »They seeu to bear the same relation to the free Discophorae which the Pen- tacrinus one do to Coniatulidae.« 2) Der Vergleich dieser Gebilde mit den vorübergehenden interradialtentakeln der Gerynniden erscheint um so weniger berechtigt, als die letztern wie die Tentakeln der Scyphistoina stets solid sind , zudem auch das Lagenverhältniss von Radien und sog. Internvdien der Hydroidmedusen morphologisch keinen ausreichenden Anhaltspunkt gewährt. 286 Geschlechtsorgane und Fortpflanzung. Dagegen erscheint ein anderer höchst wichtiger Gharacter der Becher- quallen, von dem man im Organismus der Ephyramedusen keine Reste erhalten findet, als eine der Anthozoenentwicklung parallele Fortbildung. Derselbe betrifft die Längsmuskulatur zu den Seiten der septalen Verwachsungsstreifen. An Stelle der schmalen Muskelbänder unterhalb der Gastralwülste von Scijphi- stonia verlaufen an den Seiten der Septen ebensoviel Paare von breiten Längs- muskelsträngen von den Tentakelbündeln an convergirend bis zur Basis des Bechers herab , um hier paarweise verschmolzen entweder zu enden oder als vier einfache Stränge auch noch die Gallerte des Fussabschnitts oder des Becherstils zu durchsetzen. Die Genitalorgane erstrecken sich als acht bandförmige gefaltete Wülste an der oralen Schirm wand bis in die Arme hinein, centralwärts paarweise am Grunde je eines Septums in der Tiefe der Gastralhöhle zusammenlaufend. Die- selben entsprechen daher vier hufeisenförmig gebogenen Drüsenwülsten, deren langgestreckte Schenkel nach der Peripherie des Bechers hin divergiren. Während sie an dem bogenförmigen Basalabschnitt von der zugehörigen Gruppe der Gastralfilamente umlagert sind, halten sie in ihrem Verlaufe eine bestimmte Lagenbeziehung zu den vier Paar von Längsmuskelslrängen ein, welche sie in ganzer Länge an der den Radien des Mundkreuzes zugewendeten Seite begleiten. Wenn man demnach die vier Felder dee becherförmigen Subumbrellarraumes, welche durch die Septen oder Verwachsungsstreifen halbirt werden , durch die peripherisch divergirenden Muskelstränge begrenzt, so würden die den letztem anliegenden Genitalbänder die Grenzen der vier alternirenden Felder bezeichnen, in deren Mitte die Radien des Mundkreuzes oder die Halbirungslinien der vier weiten Gefässtaschen fallen. Da die Genitalorgane starke entodermale Aut- treibungen veranlassen, wird man dieselben mit Huxley u. A. als Längs- verdickungen in der Wand der Gastralräume auffassen können. Demnach werden in jeder Kanmier oder Gefässtasche die einander zugewendeten Schenkel benachbarter Genitalorgane liegen, während die beiden zu demselben Geschlechts- organe gehörigen Schenkel durch Septum und Muskelstränge getrennt , in die zugekehrten Seitenhälften benachbarter Kammern fallen. Eine weitere Gom- plikation ergibt sich aber noch durch die Ausbildung von sog. Genitaltaschen, in welche die oberflächlichen, d. h. die an der Ectod er malfläche hervortretenden Aufwulst ungen der Geschlechtsorgane zu liegen kommen. Dieselben können jedoch lediglich durch vier schwache sog. Nebenmundvertiefungen zwischen den pfeilerartig vorspringenden Kanten des Mundrohrs angedeutet sein, in welchem Falle die ectodermalen Wülste der Genitalorgane grossentheils frei an der sub- umbrellaren Becherseite hervortreten (Clark 's Eleutherocarindcn — Cleisto- carpiden). Die Eier durchlaufen nach Fol eine totale Furchung, deren Produkt eine einschichtige Blastosphäre ist. Diese wird zu einer oralen zweischichtigen Larve, welche sich mit Wimpern bedeckt, umherschwärmt und schliesslich fest- setzt. Wahrscheinlich geschieht die weitere Entwicklung direkt ohne Generations- wechsel. Die Lucernarien sind ausschliesslich Meeresbewohner und zeichnen sich durch den hohen Grad ihrer Reproductionskraft aus. Abgeschnittenen Stil- Marsupialida. 287 enden wächst nach A. Meyer der Becher von Neuem an, ähnlich sollen sich verstümmelte hidividnen und selbst ausgeschnittene Zwischenstücke zu voll- ständigen Thieren ergänzen können. 1. Fam. Eleutherocarpidae. Einfach gebaute Becherquallen , mit vier weiten Radialtaschen, ohne Genitaltaschen und ohne mit diesen alternirenden Nebenräume der Magenhöhle. Calvodosia Clk. Stil ohne Muskeln, am Fussende mit vier Innern Längs- wülsten, vierkam mrig mit Drüse. C. campanulata Lmx. Arme gleich weit von einander entfernt. Glocke tief trichterförmig, 12—40 Mm. hoch. Helgoland , Adria. Lucernaria 0. Fr. Müll. Arme lang, zu je zwei einander genähert. Stil mit viel Längswülsten und Muskelsträngen in denselben. L. qiiadricornis 0. Fr. Müll, (fasci- cularis Flem.), wird 70 Mm. hoch, dänische Küsten bis Grönland. HaUchjstus Clk. Arme kurz, gleichweit abstehend. Acht grosse Randpapillen voi'handen. Stil vierkammrig, mit vier Muskeln. H. octoradiatus Lmk. , 50 Mm. hoch. Engl. Küste bis Grönland. 2. Fam. Cleistocarpidae. Becherquallen mit Genital taschen und vier mit diesen alternirenden Nebenräumen der Magenhöhle. Craterolophus Clark. Arme gleich weit entfernt. Stil vierkammrig, ohne Muskeln. Or. Leuckarti Tschb. = hehjolandica Lkt. , Helgoland, 30 Mm. hoch. Manama Clk. Glocke tief urnenförmig, mit gleichweit abstehenden kurzen Armen und acht Randpapillen. Stil einkamnu-ig, mit vier breiten Muskelsträngen. M. auri- cula Fabr., Grönland. Depastrum Gosse. Arme fehlen. Tentakeln am Rand vertheilt (Jugendtypus). Stil vierkammrig, mit vier Muskelsträngen. D. cyathiforme Sars, Insel Hindoe. 2. Unterordnung. Marsupialida ') (Lobophora) , Beutelqualien. Vierstrahligc Acalephen von hoher heutelförmiger Gestalt, mit ganz- rauäigcm Gefüsse enthaltenden Velum, mit vier senhrecht gestellten Lappen- anhängen am Schirmrand, vier bedecJclen llandTcörpern und ebensoviel weiten, durch schmale Scheideivände getrennton Gefässtaschen. Die merkwürdigen, durch die hohe tiefe Glockenform ihres Leibes aus- gezeichneten Gharybdeen wurden seither ihrer systematischen Stellung und Verwandtschaft nach ausserordentlich verschieden beurtheilt. Während für Eschscholtz die äussere Erscheinung der vierstrahligen Quallen, sowie der Mangel von Schirmhöhlen für die Geschlechtsorgane bestimmend war, die Beutelquallen der Gattung Oceania unterzuordnen, wurden dieselben entweder wegen des ganzrandigen Vclum's als »Graspedoten« zu den Hydroidmcdusen gestellt, oder (Fr. Müller) mit den Aeginiden vereint als besondere Zwischengruppe von Hydroiden und Acalephen betrachtet oder endlich (L. Agassiz) im näheren Verband mit den Lucernariden als l)esondere Acalephenordnung den beiden Discophorenordnungen der lihisostomeen und 1) Vergl. ausser den Schriften von Peron et Lesueur, Eschscholtz, Lesson, Milne Edwards, L. Agassiz und Gegenbaur: Fr. Müller, Zwei neue Quallen von St. Catharina (Brasilif^n). Abhandlungen der naturf. Gesellschaft zu Halle. 1839. Der- selbe, Ueber die System. Stellung der Charybdeiden. Arcliiv für Naturgeschichte. 1861. C. Semper's Bemerkungen über Charybdeiden der Philippinen. Reisebericht. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Tom. XIII u. XIV. C. Claus, Untersuchungen über Charybdea nuir- supialis. Arbeiten des zool. Instituts zu Wien. Heft 2. 1878. 388 NcTvensystem. Sinnesorgane. Semueostomeon vxw Seile gestellt. In der That finden sich im Organismus der Beutelquallen Merkmale von Hydroidmedusen neben entschiedenen Acalephen- chaiakteren vor. Unter den erstem würde zunächst das Vorhandensein eines ganzrandigen Velums hervorzuheben sein. Indessen kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass der merkwürdige gefässreiche Randsaum der Gharyb- deen mit seinen vier muskulösen Suspensorien in den Radien des Mundkreuzes eine von dem stets gefässlosen Velum der »Graspedoten« morphologisch ver- schiedene Bildung ist, welche näher an die ebenfalls muskulösen Randlappen der Schirmquallen anschliesst, zumal auch diese ganz ähnliche Gefilssverästelungen aufnehmen können {Cyanaiden). Dagegen weist das Auftreten sowohl von Gastralfilamenten , als von grossen in Nischenräumen verdeckten Randkörpern auf ihre Zugehörigkeit zu den Acalephen hin, und diese wird unterstützt durch die gesammte, wenn freilich viergliedrig gebliebene Architektonik, in welcher sie unter wesentlichen Modificationen die Verhältnisse der Lucernariden wiederholen. Zur Orientirung des Körperbaues erscheint von Bedeutung, dass den vier Verwachs! mgsstreifen oder septalen Feldern der Gefasslamelle (in den Radien der Gastralfilamente) ebensoviel kantig vorspringende Längswülste der Glocken- fläche entsprechen, welche somit bis auf das glatte, ziemlich flach convexe Apicalfeld eine entschieden vierseitige Form gewinnt. Am untern Ende dieser vier Kantenwülste entspringen nahe am Glockenrande ebensoviel segelartig er- hobene Lappen der Gallerte, welche die langen wurmförmigen Tentakeln tragen. Dagegen gehören die R.andkörper den vier alternirenden R.adien des Mundkreuzes an und liegen so ziemlich in gleicher Höhe mit dem Ursprung der Schirmlappen in bedeckten Nischenräumen an den vier breiten Seitenflächen der Glocke. Das Nervensystem schliesst sich durch Vorhandensein eines scharf geson- derten Nervenringes dem der Hydroidmedusen an. Derselbe verläuft an der subumbrellaren Seite der Glocke und gewinnt dadurch , dass er sich an der Basis der vier Randkörper vom Rande beträchtlich weiter entfernt, als an den Kanten der Glocke, eine ausgeprägt zickzackförmige Gestalt. Die von ihm aus- tretenden Nervenfibrillen versorgen vornehmlich die Muskulatur der Sub- umbrella und erzeugen an derselben zahlreiche mit grossen spindelförmigen Ganglienzellen verbundene Fibrillengeflechte. Grössern Nerven vergleichbare Fibrillenbündel sind nur in den vier Radien der Randkörper nachweisbar und verlaufen von verstärkten Ganglienanhäufungen, Radial g an glien , aus als »Badiulnertcn« an den radialen Muskelfasern der Subumbrella. Als Sinnesorgane erlangen die Randkörper einen hohen Grad der Aus- bildung, indem der kopfförmig angeschwollene Endabschnitt ausser dem ter- minalen Krystallsack einen complicirlen Sehapparat mit zwei grossen unpaaren Medienaugen und vier kleinen paarigen Nebenaugen zur Differenzirung bringt [Chartjhdea marstq^ialis). Die Basis des Rnndkörpcrs liegt unmittelbar an der Aussenseite des Nervenrings und nimmt von demselben zwei Fibrillenbündel auf, welche am Randkörperstil in der Tiefe des einschichtigen Nervenepitels, mit Ganglienzellen untermengt, emporsteigen und im Endabschnitt des Rand- körpers in einen höchst complicirten Centralapparat von Ganglienzellen und Faserzügen eintreten. Discophora. 289 Der Magen beschränkt sich auf die Gavität des Glockengrundes und l)eginnt mit einem massig langen in vier Arme ausgezogenen Mundstil. Die überaus contractilen Mundarme hängen bald senkrecht herab, einen trichter- förmigen Vorraum begrenzend, bald breiten sie sich in Form einer vierseitigen Mundscheibe horizontal aus. Die Gastralfilamente liegen in vier cjuergestellten Bogenlinien , mit schlitzförmigen Querspalten alternirend , durch welche der Magen mit den vier weiten , unterhalb der Seitenflächen des Glockenkörpers ausgebreiteten Gefässtaschen communicirt. Diese können gegen den Magen- raum mittelst einer Taschenklappe abgeschlossen werden und erstrecken sich bis zum Glockenrand, um verästelte Gefässe in das Velum zu entsenden, während sie an den Kanten der Glocke unterhalb jedes Schirmlappens mit einander communiciren und in das Centralgefäss des Schirmlappens und Randtentakels übergehn. Die Gefasslamelle ist natürlich bei der Weite der Gefässtaschen auf die äusserst schmalen Streifen der vier Septen reducirt, zu denen jedoch noch vier quere bogenförmige Verwachsungsstreifen längs der Filamentgruppen und ebenso viel kurze Verwachsungsstreifen unterhalb der Randkörper in den Radien der Gefässtaschen hinzukommen. Bemerkens werth ist an der scheinbar einscliichtigen Gefässplatte, dass sich an derselben noch die beiden aneinander- gepresston Entodermblätter, die obere und untere Gefasswand, selbst am aus- gebildeten Thiere nachweisen lassen. Eine höchst abweichende Gestaltung zeigen die Geschlechtsorgane, welche von den Gasiralfilamenten ganz gesondert, als dünne ziemlich breite Platten, paarweise an der Seite der vier Scheidewände befestigt , die ganze Länge der Gefässtaschen einnehmen. Die weiblichen Geschlechtslamellen sind im Gegen- satz zu den mit Spermatoblasten erfüllten männlichen Geschlechtsorganen ver- liältnissmässig schmal und wenig ausgedehnt. Wahrscheinlich gelangen die Geschlechtsstoffe durch Dehiscenz der um- gebenden Wandung in die Gefässtaschen und von da durch Magen und Mund nach aussen. Ueber die Entwicklungsvorgänge wurde leider bislang nichts Näheres bekannt. 1. Fam. Charybdeidae. Mit den Charakteren der Unterordnung. CharyMea Per. Glockenkörper höher als breit. Magen von den weiten Gefässtaschen durch Taschen- klappen getrennt. Gefässe des Velums nur spärlich verästelt. Ch. marsupialis Per. Les. {Marsupialis Planci Les.), Mittelraeer. Ch. {Tamoya) haplonema Fr. Müll., Brasilien. Tamoya Fr. Müll. Am Eingang des Magens in die Gefässtaschen ein eiför- miger Wulst mit zwei fingerförmigen Fortsätzen. T. quaclrumana Fr. Müll. Jeder Schirmlappen trägt eine Quaste von Tentakelschläuchen. Brasilien. 3. Unterordnung. Discophora ^) (Acraspeda), Schirmquallen, Ephyraquallen. Scheibenförmige voriviegend achtstr ahlige Äcalephen, mit gelapptem Schirmrand, mit acht {selten 12 oder 16) suhmarginalen, in Nischen eingefügten Randhörpern und ebensoviel Paaren von RandMrper- oder Augenlappen , in der Regel mit vier grossen Schinnhöhlen der Geschlechtsorgane. Die Schirmquallen, welche in der Regel schlechthin mit den Äcalephen 1) Vergl. ausser den Schriften von Eysenhardt, Eschscholtz, Tilesius, Claus, Zoologie. 4. Auflage. 19 290 Monostomeae. identificirt werden, auch den Calycozoen und Gharyhdeiden gegenüber an Zahl der Formen und Mannichfaltigkeit der Typen bei weitem in den Vordergrund treten, werden sofort an der ziemlich flachen scheibenförmigen Gestalt der ge- lappten Umbrella und dem bedeutenden Umfang der Mundarme erkannt. So mannichfaltig sich auch die Lappung des Schirnirandes im Einzelnen gestaltet, überall ist dieselbe auf die acht Lappenpaare der Ejyhijra zurückzuführen, welche als gemeinsamer Ausgangspunkt der Schirmquallen , die achtstrahlige Architectonik derselben bereits zum vollen Ausdruck bringt. Je nachdem die acht Lappenpaare der Ephyra , wenn auch mit dem fortschreitenden Wachs- thum der Form nach verändert , ungetheilt persistiren (Nausithoe) , oder durch secundäre Einbuchtungen beziehungsweise Spaltungen in radiäre Randkörper- lappen und intermediäre Zwischenläppchen zerfallen, deren Zahl innerhalb bestimmten Grenzen überaus wechseln kann, oder endlich durch selbstständig verwachsende Intermediärlappen mit fortschreitender Grössenzunahme immer weiter auseinander gedrängt werden (Aureliden, Sthenoniden) , gewinnt der Schirmrand der ausgebildeten Discophoren seine eigenthümliche für Gattung und Familie charakteristische Gestaltung, welche noch durch die besondere Lage und Zahl der Randtentakeln ergänzt wird. In gleicher Weise ist die Grund- form des Gastrovascularapparates, so verschieden sich derselbe im ausgebildeten Organismus verhalten mag,; in den acht Radiärgefassen der Ephyra vorgezeichnet, zwischen denen überall früher oder später ebensoviel Interniediärgefässe auf- treten. Da wo die Zahl derselben normal eine grössere (12 Folydonia, 16 Phacellophora) oder abnormer Weise eine unregelmässige geworden ist , findet sich auch die Zahl der Randkörper entsprechend verändert, und bereits der jEp/wyrazustand in der Zahl der Strahlen modificirt. Auch das Nervensystem besitzt in den Randkörpern eine entsprechende Zahl von Centren , die , wenn auch bislang kein wahrer Nervenring nach Art der Craspedoten und der Gharyhdeiden nachgewiesen werden konnte, trotz der Einschnitte des Schirmrandes durch fibrilläre Gommissuren mit einander ver- bunden sein möchten. Als Sinnesorgane stehen die von Querbrücken der Rand- lappen überdachten Randkörper , wenn sie auch Licht und Schall percipirende Funktionen in sich vereinigen, hinter denen der Gharyhdeiden bedeutend zurück , werden aber noch durch Riechgruben ergängt , welche auf der obern Fläche der oft plattenartig abgesetzten Nischendecke ihre Lage haben. Der bedeutenden Grösse entsprechend zeigt die quergestreifte subum- brellare Muskulatur eine mächtige Entwicklung. In der Regel bildet unter- halb derselben die Stützlamelle dicht gestellte circuläre Falten, durch welche Brandt, Sars, v. Siebold, Iluxley, L. Agassiz: Ehrenberg, Ueber Acalephen des rothen Meeres und den Organismvis der Medusen der Ostsee. Abb. der Berl. Acad. 1835. R. Wagner, üeber den Bau der Pelagia noctiluca und über die Organisation der Medusen. Leipzig. 1846. E. Haeckel, Ueber die Crambessiden. Zeitschrift für wiss. Zool. Tom. XIX. 1860. AI. Brandt, Ueber Rhizostoma Cuvieri. Ein Beitrag zur Mor- phologie der vielniundigen Medusen. Mem. Acad. Irap. St. Petersbourg. Tom. XVI. 1870. H, Grenacher und Noll, Beitrag zur Anatomie und Systematik der Rhizostomeen. Abb. der Senckenb. Gesellsch. Bd. X. Frankfurt. 1870. C. Claus, Studien über Polypen und Quallen der Adria. I. Acalephae. Denkschr. der Kais. Acad. der Wiss. Wien. 1877. Monostomeae. 291 die Ausbreitung- des Muskelepitels mit den feinen Ringfasern eine viel aus- gedehntere Oberfläche zur Ausbreitung gewinnt , wie auch bereits an grossen Hydroidmedusen wie Charyhdea und Aequorea die gleichen circulären Wucherungen der subumbrellaren Stützplatte zur Erscheinung kommen, hnmerhin beschränkt sich die quergestreifte Ringmuskulatur auf eine breite Randzone, welche centralwärts kaum bis zur Region der Genitalorgane reicht. Die Muskeln , welche innerhalb dieser Region an der Subumbrella auftreten, entbehren der Querstreifung und bilden als langgestreckte Spindelzellen die Auskleidung der Schirmhöhlen. Einen wieder andern Charakter zeigen die Muskelelemente am Epitel der Mundarme, indem sie als zarte Fasernetze in der Tiefe der Ectodermzellen die Nesselwülste und Erhebungen der Gallerte um- ziehn. Aehnlich können sich die Faserzüge am Muskelepitel der Randlappen und Randtentakeln verhalten {Chrt/saora) , während sie sich in andern Fällen {Aurelia) als selbstständige Tentakelmuskeln sondern. Die bewimperte Ento- dembeklcidung des Gastrovascularraums erzeugt bei den Schirmquallen wie auch bereits in den jugendlichen Scyphistomen an vielen Stellen Cnidohlasten, ganz besonders zahlreich aber am Endabschnitt der drüsenreichen Gastral- filamente, sowie im oberflächlichen Belag der Genitalkrausen , in welchen ein besonders reger Stoffwechsel stattzufinden scheint. In diesem Theil des ento- dermalenEpitels finden sich auch als Ergebniss der Ausscheidung in zahlreichen Zellen röthlichbraun gefärbte Körner, Krystalle und glänzende Concremente ab- gelagert, w^elche wahrscheinlich als stickstoffhaltige Excretionsprodukte den Harnausscheidungen höherer Thiere an die Seite zu stellen sind. Die Geschlechtsdrüsen liegen meist als vier krausenförmig gewundene Bänder fast überall in vier subumbrellaren weit geöffneten Schirmhöhlen, W' eiche nur in einzelnen Ausnahmsfällen [Nausithoe , Discomedusa) nicht zur Ausbildung gelangen. Das Keimepitel, welches immer in der Gallertsubstanz selbst eingelagert von einem continuirlichen Entodermbelag überkleidet wird, ist höchst wahrscheinlich wie bei den Hydroidmedusen auf eine tiefe , erst secundär in die Gallerte eingerückte Ectodermbildung zurückzuführen. Nur ausnahmsweise {Pelagia) vereinfacht sich die Entwicklung, indem die Larve mit Ueberspringung des festsitzenden Scyphistoma- und Strobila- zustandes direkt zur Ephyra wird (Krohn). 1. Monostomeae. Scheibenquallen mit grosser centraler Mundöffnung, welche von vier mehr oder minder ansehnlichen oft gelappten Armen des Mundstils umgeben ist. Der gelappte Schirmrand ist in der Regel mit Rand- fäden versehen , die aber auch durch Büschel langer Senkfäden an der untern Scheibenfläche (Cyaneidae), sowie durch einen franzenähnlichen Besatz kurzer Tentakeln an der obern Seite {Aureidae) ersetzt sein können. Vier Geschlechts- organe und ebensoviel Schirmhöhlen für dieselben sind vorhanden. Die Entwick- lung kann (PeZa^m) eine einfache Metamorphose ohne Generationswechsel sein. 1. Farn. Nausithoidae. Kleine Ephyraähnliche Schirmquallen, mit 8 soliden Tentakeln in den intermediären Einschnitten der acht Randlappenpaare. Randkörper in haubenförmiger Nischenbucht, mit ventralem Auge und terminalem Otolithensack. Die acht rundlichen Genitaldrüsen liegen in den intermediären Radien. Suuumbrellare Höhlen für die Genitalorgane fehlen vollständig. Muudstil mit kurzen Mundlappen. 19* 292 Pelagidae. Discomcdusidae. Cyaneidae. Sthenoüidae. Aurelidae. Nausithoe KöU. Die einzige Gattung dieser Familie wurde wegen ihres larven- artigen Ephyra-ähnlichen Habitus von L. Agassi z irrthümlich auf eine junge Pelagia bezogen. N. alhida Köll., Mittelmeer. 2. Fam. Pelagidae. Mit relativ hochgewölbtem Schirm, dessen Randlappenpaare sich secundär in Augenlappen und intermediäre Tentakellappen spalten können; mit 8, 24 oder 48 etc. sehr langen wurmförmigen Tentakeln am Scheibenrand. Der schanke Mundstil mit vier bandförmigen und in Falten gelegten Mundarmen. Vom Magen entspringen acht sehr weite Radiärtaschen und mit denselben alternirend ebensoviel Intermediärtaschen , welche sich wie jene am Rande gabiig spalten. Die Tentakeln werden ausschliesslich von den Intermediärtaschen versorgt. Pelagia Per. Les. Mit 8 langen Haupttentakeln in den intermediären Radien, ohne Nebententakeln und ohne gesonderte Tentakellappen am Schirmrand. Entwicklung ohne Generationswechsel. P. noetiluca Per. Les., Mittelmeer. P, cyanella Per. Les., Küste von Nordamerika. P. flaceola Esch. , Südsee. ChrysaoraYer. Les. Mit 24 langen Randföden, von denen 8 als Haupttentakeln den intermediären Radien angehören, die 16 andern zwischen Augenlappen und Tentakel- lappen entspi-ingen. Radiäre und intermediäre Magentaschen merklich verschieden. Clir. hysoscella Esch. Die Scheibe wird fussgross und ist durch den Sonnenfleck mit ausgehenden Pigmenstrahlen am Scheitel ausgezeichnet. Hermaphroditisch. Nordsee und Adria. Generisch nicht verschieden sind Melanaster Ag. und Polyhostricha Brdt. Dactylometra Ag. Mit 40 langen Tentakeln, indem zu den 8 Haupttentakeln noch 16 Nebententakeln erster und ebensoviel zweiter Ordnung hinzukommen, sowie mit entsprechend vermehrter Zahl von Tentakellappen. D. lactea Esch. 3. Fam. Disoomedusidae. Flache Schirmquallen mit gelapptem Scheibenrand, an dem man wie bei den Pelagiden alternirend acht Paare von Augenlappen und eben- soviel tentakuläre Zwischenlappen mit langen Randtentakeln unterscheidet. Mundstil sehr weit, mit breiten, Tentakelchen tragenden Mundarmen. Gastralraum mit verästeltem Gefössnetz zwischen den engen Radiär- und Intermediärgefässen. Die Geschlechtsorgane liegen frei in schwach gekrümmten Bogen, ohne von Schirmhöhlen umwuchert zu werden. Discomedusa Cls. Schirmrand ähnlich wie bei Chi-ysaora, mit 24 Randfäden, 8 Paar flachen Augenlappen rnd ebensoviel Tentakellappen. D. lobata Cls., Triest und Adria, von vier bis fünf Zoll Scheibendurchmesser. 4. Fam. Cyaneidae. Mit bündelweise vereinigten Senkfäden an der untern Fläche der tiefgelappten dicken Scheibe, sehr breiten gefalteten Mund armen und zweierlei (8 radiären, 8 intermediären) mehr oder minder weiten, am Ende in gezackte dendritische Gefässe der Randlappen auslaufenden Radiärtaschen. Subumbrella in dichte concentrische Querfalten gerunzelt. Die acht Randkörper liegen weit vom Scheibenrand entfernt. Cyanea Per. Les. Mit tiefen Einschnitten des Scheibenrandes, von denen die acht radialen den Nischen der acht Randköi-per entsprechen, die acht intermediären viel tiefer greifen. C. capillata Esch., Nsch. C. ferniginea Esch., Küste von Kamtschatka. C. arctica Per. Les., Küste Nord - Amerikas. C. versicolor Ag. , Süd - Carolina. Stenoptycha Ag., Couthouyia Ag. 5. Fam. Sthenonidae. Augenlappen durch breite Intermediärfelder getrennt, welche an der subumbrellaren Seite dem Rande genähert sind und kurze Tentakeln tragen. Gastrovascularapparat mit verästelten Längsgefassen zwischen den Radiär- und Intermediärgefässen. Phacellophora Brdt. Mit 16 Randkörpern und ebensoviel Paaren von Augenlappen. Ph. camtschatica Brdt. Kommt auch im Mittelmeer vor (Messina). Aehnlich verhält sich Heccaedecomma Brdt. Sthenonia Esch. Mit acht Randkörj)ern und acht Tentakel bündeln an der Scheibe. St. alhida Esch., Kamtschatka. 6. Fam. Aurelidae. Flache Schirmquallen mit äusserst zartem Gallertgewebe und grossen gefranzten horizontal ausgebreiteten Mundarmen. Die kleineu hauben- i Rhizostomeae. 293 förmigen Augenlappenpaare sind durch sehr breite, nach Art eines Veluras umgeschlagene Seitenfalten verbunden, deren Dorsalseite einen franzenähnlichen Besatz kurzer Tentakeln trägt. Die langgestreckten Intermediärgefässe bleiben einfach, die radialen Stämme geben Seitenzweige ab, welche sich ähnlich den Gefässen der Stheno7iiden nahezu dicho- tomisch weiter verzweigen und zum Ringgefäss führen. Die Genitalorgane liegen in vier sackförmigen Räumen der Gasti-alhöhle oberhalb der geräumigen Schirmhöhlen. Aurelia Per. Les. Kosmopolitische Gattung. A. aurita L. {Medusa auritei L.), Ohrenqualle. Ostsee, Nordsee und Adria etc. A. flacidida Ag., Küste von Nordamerika. A. clausa Less., Neuseeland. A. limbata Brdt., Kamtschatka. A. lahiata Cham. Eysenh., Californien. 2. Ehüostomeae. Scheibenquallen ohne Randfäden, mit zahlreichen kleinen Saugmündchen an den acht Mundarmen, mit acht, seltener zwölf Randkörpern an dem gelappten Schirmrand. Zwischen je zwei Randkörper- läppchen finden sich meist acht intermediäre Läppchen. Die ursprünglich vor- handene centrale Mundöffnung wird während der Entwicklung der Larve durch Verwachsung der Lippenränder geschlossen. Ebenso verwachsen die gefalteten Säume der vier Armpaare bis auf zahlreiche kleine Oeffnungen, welche die Saugmündchen darstellen. Diese führen in die Centralröhren der Arme , welche sich in die Magenhöhle öffnen. Die Radiärcanäle bilden meist in der Peripherie des Schinnes durch Anastomosen ein dichtes Netzwerk von Gefässen. Ueber die Entwicklung der Ephyra zur jugendlichen anfangs mono- stomen Acalephe fehlen noch genaue und zusammenhängende Beobachtungen. Nach neuern Untersuchungen (Claus) kommt die frühzeitige Spaltung der Mund- arme dadurch zu Stande, dass sich schon an winzig kleinen vierarmigen Jugend- formen nicht nur die beiden Seitenhälften, sondern auch der Endabschnilt jedes blattförmigen Armes umschlägt , und sich somit Arm und Armrinne am Ende in zwei seitliche Ausläufer spalten, welche alsbald bedeutend in die Länge wachsen und später an ihrem Ende den gleichen Vorgang wiederholen. 1. Farn. Rhizostomidae. Mit 8 Randkörpern, 4 Genitalhöhlen und ebensoviel Geschlechtsorganen. Die 8 einfachen an der Wurzel paarweise vereinigten Arme besitzen zahlreiche krause Randfalten, an welchen die Oeffnungen wie auf Kämmen liegen. In einem Falle (Leptohrachia) sind die letztern auf den Endabschnitt der Arme beschränkt. Rhizostoma Cuv. Die Arme mit zwei Gruppen von Randlappen , einer kleinen basalen und einer breitern distalen, die Anne enden mit einfachem röhrenförmigen Ausläufer. jR. Cuvieri Per. Les., Atl. Ocean. B. pulmo L. {Aldrovandi Per. Les.J, Mittel- meer. JR. capensis Less. Stomolophus meleagris Ag. Die Arme sind in ihrer ganzen Länge zu einer cylin- drischen Röhre verschmolzen. Die untern basalen Lappenbündel lang. Küste Georgiens. Stylonectes, Mastigias, Himantostoma Ag. u. a. Hier schliesst sich die Fam. der Leptobrachiiden an, die nur am Ende ihrer langen Arme ein Bündel von Randfranzen besitzen. Leptobrachia leptopus Brdt. Mit 8 Randkörpern, 4 Genitalhöhlen und ebensoviel Geschlechtsorganen. 2. Fam. Cepheidae. Die kui-zen vielfach verästelten Mundarme mit Nesselknöpfen und langen Fäden zwischen den terminalen Astbüscheln. Ccphea Per. Les. C. octostyla Forsk., Rothes Meer. C. oeellata Per. Les. C. Folyrhiza Ag. Nur durch die grosse Zahl der Fäden unterschieden) cephea Forsk., Rothes Meer. C. fusca Per. Les., Neu- holland. Diplopilus Ag. D. Couthouyi. Cotylorhiza Ag. C. tuberculata Esch. (Cas- siopea borbonica Delle Ch., Mittelmeer und Adria. Phyllorhiza chinensis Ag. 294 Ctenophorae, Rippenquallen. 3. Farn. Polycloniidae. Mit 12 Randkörpern, 4 Genitalhöhlen und ebenso- viel Geschlechtsorganen. Die langen fortgesetzt dichotomisch verästelten Mundarme ohne gestilte Saugknöpfe und Fäden. Polyclonia Brdt. P. Mertensii Brdt., Südsee. P. frondosa Pallas, Atl. Ocean. P. theophila Lara., Neuholland. Hier .schliessen sich an die Gattungen Salamis Less. und Homopneusis Less. 4. Farn. Cassiopeidae. Mit 8 Randkörpern, 8 Genitalhöhlen und ebenso- viel Geschlechtsorganen. Die der Fädenanhänge entbehrenden Arme bilden eine acht- strahlige einfache oder doppelte Rosette von Verzweigungen. Cassiopea Per. Les. Die Arme bilden eine achtstrahlige Rosette mit zahlreichen seitlichen Ramifikationen. C. Andromeda Esch. C. {Crossostoma Ag.) frondosa Til. Stomaster Ag. Die centrale Rosette doppelt. St. canariensis Til. — Holigocladodes Ag. H. anglicus Til. 5. Tarn. Crambessidae. Mit 8 Randkörpern und 4 Genitalhöhlen, welche ein scheinbar einfaches kreuzförmiges Geschlechtsorgan umschliessen. Die langen Arme unverzweigt mit mehren Längsreihen von vielen isolirten krausen Saugknöpfen ohne Faden. Crambessa E. Haeck., Brackwassermeduse im Tajo. C. Taji E. Haeck. IV. Classe. Cteuophorae'), Rippenquallen. Zweistrahlige Quallen von hügliger oder walzenförmiger , selten hand- förmig gestreckter Gestalt, mit acht meridionalen Reihen von grossen ober- flächlichen Flimmerplatten (Rippen), mit Magenrohr und Canalsysteyn, häufig mit zwei seitlichen in Taschen zurücJcziehbaren Senkfäden. Die Rippenquallen , deren vielfach variirende Körperform sich aus dem Sphäroid ableiten lässt , sind freischwimmende Coelenteraten von gallertiger Gonsistenz und zweistrahlig symmetrischem Körperbau. Schon die äussere Form erscheint oft von zwei Seiten comprimirt, so dass man zwei durch die Längsach.se zu einander senkrecht gelegte Ebenen als Sagiltal- und Trans- versalebene, der Median- und Lateralebene der seitlich symmetrischen Thiere homolog, unterscheiden kann. Der Lage dieser Uauptebenen entspricht die innere Organisation, indem in die eine derselben, die wir als Transversalebene ^) 1) Ausser Eschscholtz, Lesson, Mortons, Delle Chiaje, Fr. Müller u. a. vergl.: Will, Horae Tergestinae. Leipzig. 1844. L. Agassiz, On the Beroid Medusae of the Shores of Massachusetts. Mem. Amor. Acad. 1850. C. Gegenbau r, Studien über Organisation und Systematik der Ctenophoren. Archiv für Naturg. 1856. Sars, Fauna littoralis Norvegiae. Vol. IL 1856. L. Agassiz, Gontributions to the Nat. History of the United States of America. Vol. III. Boston. 1860. Derselbe, North American Acalephae. lUustrated Catalogue of the Museum of Comparativ Anatomy. Nr. IL 1805. Allman, New Edinburgh Phil. Journal. 1861. A. Kowalevsky, Entwicklungs- geschichte der Rippenquallen. Petersburg. 1866, sowie die russische Abhandlung. 187o. H. Fol, Ein Beitrag zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte einiger Rippenquallen. Inauguraldissertation. Jena. 1869. Th. Eimer, Zoologische Studien auf Capri. I. Ueber Beroe ovatus. Würzburg. 1873- AI. Agassiz, Embryologie of the Ctenophorae. Cam- bridge. 1874. Carl Chun, Das Nervensystem und die Muskulatur der Rippenquallen. Frankfurt. 1878. 2) Wenn wir diese und nicht die andere Ebene als Transversalebene bezeichnen, 80 geschieht solches mit Rücksicht auf die Nomenclatur von Agassiz. Man könnte auch ebenso gut die umgekehrte Benennung einführen oder die Namen Ebene der Senkfaden sowie Ebene der Trichtergefasse gebrauchen. Rippen. Magenrohr. Trichter und Gastro vasculargefässe. 295 bezeichnen wollen , fast alle nur in zweifacher Zahl auftretenden Körpertheile, wie die beiden Senkfäden und Magengefässe , die Leberstreifen des Magens, die Stammgefasse der acht Rippencanäle hineinfallen , während die Sagittalebene mit dem längern Durchmesser des Magenrohres, mit der Lage der beiden sog. Polfelder und der Endgefässe des Trichters zusammenfällt. Da beide Ebenen den Körper in congruente Hälften zerlegen, und eine differente Bauch- und Rückenfläche fehlt, so bleibt die Anordnung eine zweistrahlig radiäre und ist keine bilateral symmetrische, während allerdings jede Hälfte diese Eigen- schaft besitzt. Durch die sich kreuzenden Schnittflächen beider Ebenen zer- fällt der Körper in vier paarweise (nach der Diagoiiaie) unter einander con- gruente Quadranten. Die Bewegung des Körpers wird vornehmlich durch die regelmässigen Schwingungen von hyalinen Ruderplättchen bewirkt, welche in acht meri- donalen Reihen über die Oberfläche des Körpers in der Weise vertheilt sind, dass jedem Quadranten ein Paar von Plättchenreihen, sog. Rippen (eine trans- versale und eine sagittale) zugehört. Die Plättchen, welche man mit Will als flächenhaft verschmolzene Aggregate von Wimpercilien zu deuten hat, sitzen an Zellenwülsten des vorwiegend aus grossen platten Zellen zusammengesetzten Ectoderms auf. Neben den Schwingungen dieser Plättchen konmit für die Be- wegung des Körpers die Gontraktilität des Parenchyms in Betracht, welche bei den bandförmigen Gestiden sogar zu lebliaften Schlängelungen des gesammten Körpers führt. Die Contraktionen des Parenchyms werden durch kernhaltige oft verästelte Muskelfasern bewirkt , die vornehmlich unter der Oberfläche in horizontalem Verlaufe und um die Gastrovascularräume, aber auch in radialer Richtung das Gallertgewebe durchsetzen. Daneben finden sich in dem galler- tigen Grundgewebe sternförmige Bindegewebszellen und Spindelzellen mit zarten und dünnen faserförmigen Ausläufern, die nicht scharf von den zarten Muskelfasern abzugrenzen sind. Nach Eimer sollen die bindegewebigen Fasern vornehmlich rechtwinklig zu den Muskelzellen verlaufen und ein mit diesen zusammenhängendes Netzwerk von Stützsubstanz bilden. Die Mundöffnung, zuweilen von schirmförmigen Lappenfortsätzen des Gallertsgewebes umgeben, führt in ein weites {Eurystomeen) oder in ein enges und dann plattes und breites , mit zwei Leberstreifen versehenes Magenrohr, dessen hintere durch Muskeln verschliessbare Oeffnung mit der als Trichter bekannten Gastralcavität eommunicirt. Das lange Magenrohr ragt mit freier Mündung in den Trichter hinein und ist bis auf zwei Längsgefässe, welche in der Transversalebene die beiden Seitenflächen begleiten, ganz vom Gallertkörper aufgenommen. Die beiden im Jugendzustand sehr weiten, fast zusammenstossenden Magengefässe würden demnach den primären Gastro- vasculartaschen der Anthozoen vergleichbar sein, deren Septen mit dem weitern Wachsthum eine bedeutende Ausdehnung erfahren. Der ursprünglich einfache Centralraum der Leibeshöhle, der Trichter, hat in gleicher Weise symmetrische Gefässe zur Sonderung gebracht, die beiden Trichtergefässe und die acht Rippengefässe. In der Regel verlängert sich der Trichter in der Körperachse als Trieb tercanal, welcher dann gabiig in zwei sagittale Gefässe übergeht (welche jedoch auch direct aus dem Trichter entspringen können — Beroe) und die 296 Seukfiideu. Greifzellen. sog Trichtergefösse hervorgehn lässt. Diese umgreifen ampullenförmig in je zwei Endsäckchen aufgetrieben das als Otolithenblase bekannte Sinnesorgan des aboralen Poles und münden durch je eine verschliessbare Oeffnung in einer mit den beiden Hauptebenen sich unter einem Winkel von 45" schneidenden Diagonal ebene aus (während in die alternirende Diagonalebene die beiden blinden Endsäckchen fallen). Sodann gibt der Trichter zugleich mit den sog. Magengerässen in der Transversalebene zwei Gefässstämme ab, die sich früher oder später gabiig theilen und in der Diagonalebene jedem Quadranten ein Gefäss zuführen, welches in abermals dichotomischer Spaltung die zwei unter- halb der Rippen meridional verlaufenden Rippengefässe hervorgehn lässt. Da die Rippen jedes Quadranten nach Länge und Verlauf nicht identisch sind , so verhalten sich auch die zugehörigen Gefässe verschieden, indem bald die der Transversalebene zugekehrten oder suhtransversalen , bald die alternirenden suhsagittalen Gefasspaare stärker entwickelt sind. Insbesondere führt dieser Unterschied bei den mit lappenförmigcn Schirmfortsätzen versehenen Mnemiiden zu einem auffallenden Gegensatze beider Formen von Rippen und Rippen- gefässen. Hier werden die suhsagittalen R.ippcnpaare bedeutend länger, ihre Gefässe setzen sich in arabeskenförmigen Windungen auf die beiden Schirm- lappen fort, um paarweise in einander zu laufen, während die kürzern der Transversalebene zugekehrten Gefässe unterhalb des oralen Endes ihrer Rippen noch tentakelähnliche Fortsätze umsäumen , dann aber in den Schirmlappen in einfachem Bogen zusammenlaufen. Dazu kommt endlich noch eine horizontale Gefässschlinge, durch welche das orale Ende des Magengefässes mit dem entsprechenden Paare der subtransversalen Rippengefässe in Verbin- dung steht. Ein geschlossener Gefässring aber im Umkreis des Mundes ist in keinem Falle (auch nicht bei Eurhamphaea) vorhanden. Dahingegen enden die beiden Magengefässe sowie die Rippengefässe bei den Cydippiden blind geschlossen. Endlich treten noch aus dem Trichtergrunde zwei Tentakel- gefässe ab, welche sich meist wiederum in zwei Schenkel theilen und ähnlich wie die Tentakel gefässe der Scheibenquallen mit dem Hohlraum des Senk- fadens in Gommunikation stehn. Die Innenfläche sowohl des Magens als des Trichters und seiner Gefässe erscheint vollständig bewimpert. Mit Ausnahme der Eunjstomeen besitzen die Rippenquallen zwei seitliche an die Fangfäden der Medusen und Siphonophoren erinnernde Senktaden, welche zuweilen mit Seitenfäden und secundären Anhängen besetzt sind und meist in eigene Aussackungen des Parenchyms zurückgezogen werden können. Im Grunde dieser Taschen entspringt der Senkfaden (bei den Cydippiden) mit einer doppelten muskulösen Wurzel. Die Wandung des Senkfadens besteht aus einer dichten Anhäufung von Muskelfasern und einer zelligen Aussenlage, in welcher zahlreiche Nesselkapseln ähnliche Gebilde angehäuft liegen. Die- selben wurden früher allgemein für Nesselkapseln gehalten , sind jedoch nach C h u n 1) kalbkuglige Hervorragungen , mit klebriger Oberfläche und dickem an der Unterseite anhaftendem Spiralfaden, welcher im Momente der Streckung 1) Carl Chun, Die Greifzellen der Rippenquallen in V. Carus, Zool. Anzeiger Nr. 3. 1878. Nervensystem. 297 den halbkugligen Körper einem Vorticellenköpfchen ähnlieh hervorschnellen lässt. Der ausgezogene Spiralfaden soll nun in der That ein Muskel sein und sieh mit seinem verzweigten faserähnlichen durch anliegenden Kern bezeichneten Endstück dem Zuge der Muskelfasern beigesellen, welche in der Wandung des Senkfadens liegen. Schon Clark (Agassi z) wusste, dass der Spiralfaden sich in die halbkuglige Kapsel zurückziehen konnte, deutete das Verhältniss aber umgekehrt nach Art der Nesselkapsel. Ghun nennt diese Körper^), die mit Nesselkapseln gar nichts gemeinsam hätten, Grcifzcllen, und glaubt, dass sie zum Fangen kleiner in Berührung kommender Thiere dienen. Als Nervensystem wurde zuerst von Milne Edwards am aboralen Pole an der Basis des OLolithensackes zwischen den gabiig auseinander weichenden Trichtergefässen ein ganglienähnlicher Körper beschrieben, welcher acht Nerven zu den Rippen abgeben sollte. Während sich Will und R. Leuckart der Deutung dieses Gebildes als Nervencentrum anschlössen , wurde dieselbe von andern Forschern wie L. Agassiz und Kölliker beanstandet, indem sie die vermeintlichen Nerven theils auf oberflächliche von den Rippen ausgehende Flimmerrinnen, theils auf Muskeln zurückführen konnten, welche sich an der basalen Verdickung des Otolithensackes , der sog. Otolithenplatte befestigen. In der That ist es bislang nicht gelungen unterhalb dieses verdickten aus hohlen Gylinderzellen gebildeten Bodens der Otolithenblase einen separaten Nerven- knoten mit Ganglienzellen und Nervenfibrillen nachzuweisen, und es ist im Gegentheil in hohem Grade wahrscheinlich geworden, dass ein von der Otolithen- platte unterschiedenes Ganglion an jenem Orte überhaupt nicht existirt. Da- hingegen hat Eimer die Ansicht zu begründen versucht, dass die Nerven- elemente im Gallertgewebe selbst enthalten seien, dass dasselbe {Beroe) nach allen Richtungen von isolirten (nicht zu Stämmen vereinigten) Nervenfasern durchzogen würde, welche bei gradlinigem Verlaufe variköse Anschwellungen bilden, hier und da grosse Kerne eingelagert enthalten sollten und durch wieder- holt dichotomische Theilung zu unmessbar feinen Primitivfibrillen würden. Als Ganglienzellen wurden ferner die sternförmigen Zellen in Anspruch genommen, welche andere Autoren für Bindegewebszellen ausgaben, indessen auch von Eimer von wahren Bindegewebszellen nicht abgegrenzt werden konnten. Anstatt eines separaten Ganglions soll die verdickte äussere Gallertlage am aboralen Pole mit ihrem vermeintlichen Nerveneinlagerungen das Nervencentrum sein, von welchem acht unter den Rippen verlaufende Züge von Nerven- fasern ausgingen. Man wird jedoch um so weniger irren, diese aus unzureichenden Beobachtungen wenn auch mit grossem Aufwände histolo- gischen Details abgeleiteten Deutungen als völlig verfehlt zu betrachten, als 1) Die Vorstellung, dass diese Gebilde mit Cnitoblasten nichts zu thun hätten, scheint bei der unzureichenden Kenntniss derselben mindestens verfrüht. Im Gegen- theil ist es viel wahrscheinlicher, dass sie eine Modifikation von Cnidoblasten darstellen, zumal auch wahre Nesselkapseln von einem sehr langen (Slphunophoren) oder von mehreren {Charybdecn) Fäden getragen werden, die bereits als muskulös beurtheilt wurden, während es andererseits auch Cnidoblasten gibt, die anstatt der Nesselkapsel mit Nesselfaden klebrige Körper bilden. (Basis der Magenschläuche). 298 Sinnesorgane. Otolithenblase. Polfelder. dieselben auf geradezu erschreckenden ^) den Fundamenlalsätzen der Wissen- schaft widersprechenden Voraussetzungen beruhen und im Grunde nur die völlig missverstandene Lehre von der Neuromuskelzelle als Ausgangspunkt durchblicken lassen. Wenn aber die Deutung der grossen, mit vibrirenden Otolithen und heller Flüssigkeit gefüllten Blase am aboralen Pole als Sinnesorgan nicht be- stritten werden kann, so wird es im Hinblick auf den Organismus der Acalephen sehr wahrscheinlich, dass das Nervencentrum mit dem Sinnesorgan in un- mittelbarer Verbindung steht und in dem verdickten Boden desselben, der Otolithen platte, enthalten ist, zumal diese noch mit einem zweiten Sinnesorgan, den sagittalen, bereits von Fol als -»Geriichsplatte« gedeuteten Polfeldern oder Polplatten in unmittelbarer Verbindung steht und auch mit den als Locomotions- organe fungirenden Ruderplättchen der Rippen durch Flimmerstreifen , den sog. »Flimmerrinnen«, continuirlich zusammenhängt. Die nähere Untersuchung hat nun schon längst gezeigt, dass die Otolithenblase kein einfacher Sack , sondern ein sehr complicirtes Gebilde ist, welches sich aus vier, den Quadranten des Gtenophorenleibes entsprechenden Segmenten zusammensetzt. Während der Boden derselben, die Otolithenplatte, aus hohen Geisseizellen besteht und mittelst vier fast wurmförmig gekrümmten Gilienfedern den zitternden Otolithenhaufen trägt, erscheint die am Rande desselben glockenähnlich aufliegende Wandung der Blase auf vier gewölbte fein gestreifte Platten zurückführbar, welche sich zu dem kreisförmigen Zellen- wulste ihrer Basis ähnlich verhalten wie die als Ruder fungirenden Gilienplatten der Rippen zu dem Basalpolster , auf welchem sie entspringen. Bereits Fol erkannte, dass die vier Aufliängefedern des Otolithen nebst den entsprechenden Segmenten der Gehörblase mit je zwei Wimperstreifen und Ruderreihen zu- sammen gehören und den Ruderplatten homologe Bildungen sind. Indessen treten am Boden der Glocke noch weitere Zwischenglieder modificirter Cilien auf, die schon von R. Leuckart als zwei im Mittelpunkt sich kreuzende Reihen von Flimmercilien beschrieben wurden. Diese vier in den Diagonalebenen der Quadranten gelegenen »Gilienplatten« verbreiten sich nach Ghun gegen die Mitte der Otolithenblase, um in ebensoviel gekrümmten Wimperfedern, den Otolithenträgern , zu enden , während sie peripherisch durch vier Oeffnungen der Glocke nach aussen treten und sich hier sogleich in je zwei zu den Schwimm- plättchen der acht Ruderreihen verlaufende Aeste, die acht bekannten Flimmer- rinnen, theilen. Durch die vier diagonalen, sowie ferner durch zwei sagittale Oeffnungen , welche zu den beiden Polplatten führen , wird die Füllung der Otolithenblase mit frischem Seewasser unterhalten. 1) So hat Eimer die überraschende Behauptung ausgesprochen, »dass die Endver- zweigungen wohl charakterisirter Muskelfasern plötzlich als Nervenfasern sich weiter ver- ästeln«, dass »Nerven die direct« Fortsetzung von Muskelfasern sind«. Dabei fehlt ihm aber jede Spur eines exacten Anhaltsijunktes , um die als Nervenfibrillen und Ganglien in Anspruch genommenen Fasern vom Bindegewebe zu unterscheiden und als nervös nach- zuweisen. Vergleiche die vollkommen berichtigte Kritik in Carl Chun's, Das Nerven- system und die Muskulatur der Rippenquallen. Frankfurt. 1878. Nervencentrum. Geschlechtsorgane. 299 Neben der Homologie, welche zwischen den Zellen des Sinnesorgans, der Flimmerrinne und der Basalpolster , sowie deren Gilienanhänge besteht , wm-de neuerdings von G hu n eine unmittelbare Beziehung in der Thätigkeit dieser Gebilde erkannt, indem bei jeder Bewegung der Gilienfeder am Otolithenhaufen eine entsprechende Welle über die beiden zugehörigen Bippen herabläuft. Sclilägt die Feder an den Otolithen an, so erzittert auch die Gilienplatte in der Weise, dass sämmtliche Gilien mit ihrem freien Ende in centrifugaler Bichtung eine Excursion machen. Die an die Feder zunächst angrenzenden Gilien gehen zuerst die Bewegung ein, welche sich dann mit grosser Schnelligkeit centrifugal fort- pflanzt und auf die als Bäder fungirenden Schwimmplättchen der Bippen über- trägt (bei den Lobatcn von Buder zu Buder mittelst eingeschalteter Flimmerrinne). Somit ivird die Schwimmplättdienhcivegung in dem Sinnesorgan refjulirt. Auf Grund dieser nachweisbaren Wechselbeziehungen glaubt Ghun die nach Analogie des Gehörorgans gebaute Otolithenblase saramt den beiden Polplatten für das Nervencentrum und die von demselben ausstrahlenden Flimmerstreifen nebst den Buderreihen der acht Bippen für ebensoviel Nerven erklären zu können, deren schwingende Anhänge lokomotorische Funktionen ausüben. Ist diese Deutung eine richtige , so würde das Nervensystem der Bippenquallen, auf einer primitiven Entwicklungsstufe persistirend, lediglich aus neben einander gelagerten ektodermalen Nervenzellen gebildet sein und die beiden Elemente, Ganglienzelle und Nervenfaser , noch nicht zur Differenzirung gebracht haben, ja nicht einmal fibrilläre Ausläufer der Nervenzellen besitzen (?). Andererseits aber würde dasselbe, als Theil des percipirenden Sinnesapparates entstanden, noch in keiner nachweisbaren Verbindung mit den selbstständig irritabeln Muskelzellen des Gallertkörpers stehn, wohl aber durch schwingende Anhänge seiner Elemente selbst die Lokomotion des Körpers reguliren. Ein solches freilich noch durch exakten histologischen Nachweis eingehend zu begründendes Verhältniss würde im vollen Einklang mit der von Claus sowie von 0. und B. Hertwig dargelegten Unhaltbarkeit der sog. Neuromuskel lehre , die Vor- stellung, dass sich das Nervensystem unabhängig von den contraktilen Zellen , aber gemeinsam und im unmittelbaren Zusammenhang mit den ein- fachsten Sinnesorganen entwickelt hat, mit der irritabeln Muskulatur aber erst später secundär in Verbindung trat, wesentlich unterstützen. Die Gtenophoren scheinen durchweg Zwitter zu sein. Männliche und weibliche Geschlechtsprodukte entstehen in der Wand der Bippengefässe, beziehungsweise blindsackförmiger Ausstülpungen derselben, bald mehr in lokaler Beschränkung {Cestiden), bald in der ganzen Länge des Bippencanals, dessen eine Seite mit Eifollikeln, die andere mit Samenschläuchen besetzt ist {Beroiden). Beiderlei Keimlager , wahrscheinlich ebenfalls Ectodermproducte, werden continuirlich vom Entodermepitel überzogen und von einander durch eine vorspringende Falte geschieden. Nach ihrer Beife gelangen Eier und Sperma in den Gastrovascularraum und werden durch die Oeffnungen desselben aus- geworfen. Die Entwicklung scheint durchgreifend eine direkte zu sein und sich nur ausnahmsweise mit einer tiefergreifenden Metamorphose zu verbinden. Der Dotter des befruchteten Eies, von einer weitabstehenden Hülle umschlossen, 300 Entwicklung. besteht wie bei vielen Medusen aus einer dünnen fein granulirten Aussenschlcht von Protoplasma (Exoplasma) und einer viel massigeren, Vacuolen haltigen centralen Substanz (Endoplasma). Die erstere besitzt einen hohen Grad von Gontraktilität und vermag durch ihre Zusammenziehungen die innere Masse nach verschiedenen Richtungen hinzudrängen und zu verschieben, dieselbe hat die Bedeutung von Bildungsdotter, während sich die innere Substanz als Nahrungsdotter verhält. Kurz vor Beginn der Furchung liegt der Eikern ober- flächlich innerhalb der Exoplasmaschicht {Escholtzia). Der totale Furchungs- process führt alsbald zur Entstehung von zwei, vier, acht Furchungskugeln, an welchen sich die Schichtenbildung des Eies wiederholt. In dem Stadium der Viertheilung liegen die vier Furchungskugeln so , dass zwei zwischen denselben senkrecht geführte Ebenen den spätem Hauptebenen entsprechen, und jede der Kugeln einen der vier Quadranten zu erzeugen hat (Fol). In dem nach- folgenden Stadium sind die Furchungskugeln nicht mehr gleich ; vier grössere liegen im Quadrat nebeneinander und vier kleinere lagern mehr peripherisch und auf der obern (der spätem aboralen) Fläche derselben einander gegen- über, so dass die Anlage eine längliche, concav gewölbte Form gewinnt. Nun sammelt sich die ganze Masse des feinkörnigen Exoplasma auf den obern Enden der Furchungskugeln und schnürt sich zur Bildung von acht neuen kleinen kernlosen Kugeln ab. Diese aus dem Bildungsdotter hervorgegangenen Kugeln liefern das Substrat des Embryonalkörpers und zerfallen durch fortgesetzte Theilung in eine grössere Zahl an der concaven Seite der Anlage liegenden kernhaltigen Zellen, welche sich sehr schnell vermehren und die acht grossen endoplasmatischen Furchungskugeln beziehungsweise deren Theilungsprodukte umwachsen. Die letztern erscheinen bei Esdioltsia als 16 kernhaltige Kugeln, deren spärliches Protoplasma im Umkreis des Kernes verzweigte Fortsätze zur Peripherie senden und später auch noch an der Bildung der Plastodermzellen Theil nehmen soll (Kowalevsky). Nachher stellt der Embryo eine flache Scheibe dar, die sich bald auch an der untern (oralen) Seite tief einkrümmt und an derselben eine mit relativ flachen Epitel ausgekleidete Gavität erhält. Diese Gavität ist die Anlage des Trichters, in dessen Peripherie erst später die Trichter- und Rippengefässe als Ausbuchtungen bemerkbar werden. Dagegen entsteht das Magenrohr lediglich aus der stark verdickten Randpartie des gastralen Hohlraums, welche sich zu einer engen aus hohen Gylinderzellen gebildeten Röhre auszieht. Anhäufungen von Zellen an zwei gegenüber- stehenden Punkten der Transversalebene bilden die Anlage der Senkfäden, ähnlich den zwei ersten Tentakeln der Scyphistoma, während vier in den Diagonalebenen hervorragende Zellstreifen die Entstehung von ebensoviel Flimmerreihen vorbereiten. Auf der Oberfläche dieser Zellen treten bald kurze starre Wimpern auf, welche zu flachen Wimperplättchen zusammenfliessen. Später gehen durch Theilung der vier primären Plättchenreihen die acht paar- weise nebeneinanderstehenden anfangs nur aus wenigen Rudern bestehenden Rippen hervor. An dem aboralen Pole bildet sich die Anlage der Otolithen- platte und des Gehörsackes mit vier ursprünglich von einander getrennten Otolithenhäufchen , welche je von einem nach oben zugespitzten Plättchen, einem Quadranten der spätem Otolithenblase überdeckt , nach dem Pole zu- Metamorphose. Cydippenähnliche Larven der Lobaten. 301 sammonrücken. Während alle diese Theile des Gtenophorenkeimes durch Wucherung der Bildungszellen ihren Ursprung nehmen, behalten die grossen Kugeln des Nahrungsdotters und deren Produkte eine centrale Lage und ordnen sich in vier symmetrische Gruppen. Diese vier Dotterballen (von Ko walevsky und A. Agassi z als Dottersäcke bezeichnet) unterliegen mit der fortschreitenden Entwicklung einer allmähligen Rückbildung und werden theils durch die Wucherungen der centralen Höhle und ihrer die Anlage der Gastrovascular- canäle bildenden peripherischen Aussackungen, theils durch die Entwicklung eines durchsichtigen Zwischengewebes mehr und mehr verdrängt. Das letztere (Secretgewebe) erscheint zuerst als eine dünne homogene Ausscheidungslage zwischen Ectoderm und Dottersack und nimmt bald mit dem weitern Wachs- thum Elemente des Ectoderms in seine Substanz auf. Zahlreiche Zellen desselben entsenden Fortsätze in die Sekretschicht und treten schliesslich selbst voll- ständig in die ausgeschiedene Substanz ein. Demnach wird das Secretgewebe zu dem von Zellen und contraktilen Elementen durchsetzten durchsichtigen Parenchym des Gtenophorenkörpers. Höchst auffallend würde sich aber nach den vorliegenden Untersuchungen das Verhältniss von Entoderm zum Ecto- derm herausstellen und keineswegs dem zuerst auftretenden Gegensatz der beiden Formen von Furchungszellen parallel gehn , von welchen die grossen endoplasmatischen Zellen als Nährmaterial verbraucht werden sollen, während man die Umbildung derselben zu Entodermzellen erwartet. Dagegen würden diese demjenigen Theil der kleinen Blastodermzellen entsprechen, welcher die untere eingekrümmte Fläche des scheibenförmigen Embryos auflfallenderweise als flacher (vielleicht nur exoplasmatische Grenzschicht) Zellenbelag bekleiden soll. Erneute Untersuchungen werden über diesen Punkt, sowie über die Entstehungs- weise der Magengefässe Aufklärung bringen. hn Laufe der Entwicklung verlassen die jungen Rippenquallen früher oder später die Eihüllen und sind dann noch von den ausgebildeten Geschlechts- thieren durch unvollständigere Organisirung und einfachere meist kuglige Körperform , geringe Grösse der Senkfäden und Rippen , sowie durch ab- weichende Grössenverhältnisse des Magens, Trichters und Gastrovascularcanäle mehr oder minder verschieden. Am auffallendsten ist die Abweichung — von den Cestiden abgehen — bei den gelappten Rippenquallen, deren Jugend- zustände jungen Gydippen ähnlich sehen und des ausgeprägt zweistrahligen Baues noch entbehren. Erst nach längerm Larvenleben vollzieht sich die Um- gestaltung, indem die Rippen und deren Canäle in ungleicher Weise wachsen, die tentakelähnlichen Fortsätze (Auriculae) hervorwachsen und die den längern Rippen entsprechenden Körperhälften zwei lappenförmige Auswüchse um die Mundöffnung bilden, während sich die Senkfäden mehr und mehr reduciren. Versuchen wir auf Grund der vorliegenden ontogenetischen Anhalts- punkte und im Hinblick auf freischwimmende kuglig-walzige Actinienlarven den Organismus der Rippenqualle mit dem des Polypen und der Meduse in näherem morphologischen Vergleich zu bringen, so werden wir nicht im Zweifel sein können, von den beiden primären Gastraltaschen auszugehn, nach welchen sich der Organismus der Rippenqualle zweistrahlig symmetrisch gliedert. Dieselben entsprechen aber den beiden Magengefässen und stehen mit den beiden 302 Morphologische Zurückführung der Rippenqualle auf Polyp und Meduse. zugehörigen Tentakeln, den oralwärts weit abgerückten Senkfäden nicht direkt, sondern im Zusammenhange mit der Lagenverschiebung erst secundär durch Vermitthmg der Tentakelgefässe in Communikation. Die Gliederung des Trichterraums, unterhalb des Magenrohres in Trichtergefässe und Rippencanäle vollzieht sich durchaus symmetrisch zu den primären Gastraltaschen, mit denen sogar die beiden Stammgefässe der Rippencanäle in unmittelbarer Gontinuität stehen und sclu-eitet gleichmässig mit der Ausdehnung der Rippenanlagen nach dem oralen Pole vor. Dieselbe kann , soweit sie die Rippencanäle betrifft, der Ausbildung der Radiärgefässe am Modusenkörper an die Seite gestellt werden, während die Entwicklung des Trichtercanals und seiner Endgefässe eine mit der Gestaltung des aboralen Poles in Beziehung stehende Eigenthümlichkeit repräsentirt. Die Rippenquallen leben durchaus im Meere, vorzugsweise in den wärmern Klimaten und erscheinen unter geeigneten Bedingungen oft in grosser Menge an der Oberfläche. Viele schwimmen mit dem Mundpole meist nach unten gekehrt , die Senkfäden ausstreckend und wieder einziehend , in raschen und gewandten Bewegungen , ohne Körpercontractionen auszuführen. Ausnahms- weise (Fancerina singularis Gh.) kommt eine Art Kriechbewegung nach Art der Wasserschnecken auf festen Gegenständen in der Weise zu Stande, dass sich auf diesen das scheibenförmig ausgebreitete Mundende anheftet und all- mählig verschiebt. Sie nähren sich, wie überhaupt die Goelenteraten , von kleinern und grössern Seethieien , die sie mittelst der Senkfäden und deren »Greifzellen« einfangen. Manche wie die Beroiden vermögen mit ihrem weiten Munde relativ grosse Körper aufzunehmen und in ihrem umfangreichen Magen- rohr zu verdauen. Obwohl durchschnittlich auf eine geringe Körpergrösse beschränkt, erreichen doch Arten einzelner Gattungen, wie Cestuni, Eucharis Fuss- ja vielleicht Meterlänge. 1. Ordnung. Eurystomeae. Der in der Richtung der Transversalebcne comprimirte Körper entbehrt der lappenförmigen Anhänge, sowie der Senk- fäden und besitzt ein weites mit grossem Munde beginnendes theilweise vor- stülpbares Magenrohr. Ein wahres Ringgefäss scheint auch hier nicht vorhanden zu sein. Vielmehr finden sich zwei Halbringe wenigstens an jugendlichen Exemplaren. Die Rippengefässe bilden bei manchen Arten {B. rufescens) zahlreiche Ramificationen. 1. Farn. Beroidae. Der seitlich comprimirte Körper mit ganzrandigem Mundpol lind franzenförmigen Anhängen in der Peripherie der Polfelder. Beroe Brown. B. Forslcalii M. Edw. {albescens und rufescens Forsk.) B. ovatus Lam., Mittelmeer. B. punctata Cham. Eysenh., Atl. Ocean. B. Mertensii Brdt., Südl. Atl. Ocean. B. {Idya Frem.) borealis Less. Idyiopsis Clarkii Ag. Pandora Flemmingii Esch. 2. Fam. Raugiidae. In jedem Einschnitt zwischen den Rippen am Mundpol ein Tentakel. Eangia dentata Less., Westküste von Afrika. 2. Ordnung. Saccatae. Der kuglige oder walzige, in der Richtung des sagittalen Durchmessers wenig comprimirte Körper besitzt zwei Senkfä(ien, welche in einen weiten Sack zurückgezogen werden können. Die Rippen- gefässe enden in gleicher Weise wie jedes Magengefäss blind geschlossen. Taeniatae. 303 1. Fam. Cydippidae. Der wenig compriniirte kuglige, walzige Köx-per mit diu-ch- aus gleichmässig entwickelten Rippen, daher scheinbar achtstrahlig. Pleurohrachia Fleni. {Cyäippe Esch.). Die Rippen erstrecken sich fast bis an den Pol. Die Senkfäden mit einfachen Seitenzweigen. F. püeus Flem. , Nordsee. P. rosea, rliododactyla Ag. P. (Janira Oken) cucumis Less., elliptica Less. Cydijype Ggbr. {Hormiphora Ag.). Der Körper mehr eiförmig, die Rippen er- strecken sich bis auf einige Entfernung von den Polen. Senkfaden mit Seitenfäden und lamellösen Anhängen. C. plumosa Sars = C. hormipJwra Ggbr., Mittelmeer. EschacJioltzia Less. Die Rippen nur über die Hälfte oder zwei Drittheile der Meridiane entwickelt. E. cordata KölL, Mittelmeer. E. dimidiata, Neuseeland. 2. Fam. Mertensidae. Der compriniirte Körper durch ungleichuiässige Bildung der Rippen deutlich zweistrahlig. Mertensia Less. Körper herzförmig, ohne Fortsätze am Trichtei-pole. M. com- pressa Less., stilles Meer. M. ovum Mörch. , Atl. Meer. M. octoptera Mert. , Chili, Behringsstrasse. Oivenia Ag. 0. rubra Köll., Mittelmeer. Gegenhauria Ag. {Eschscholtzia Köll. Ggbr.). Körper herzförmig. Die Tentakular- flächen am Trichterpole zu langen Fortsätzen ausgezogen, auf welche sich die ent- sprechenden Rippen fortsetzen. G. cordata Köll. [Callianira diploptera Delle Gh.), Mittelmeer. 3. Fam. Callianiridae. Der walzenförmige Körper am Mundpol mit flügelförniigen Fortsätzen, auf welche sich die vordem und hintern Rippen fortsetzen, Callianira Per, C. diploptera Lam. , Indischer Ocean. 3, Ordnung. Taeniatae. Der Körper ist in der Richtung des transversalen Durchmessers stark comprimirt, in der Sagittalebene dagegen bedeutend nach vorn und hinten verlängert und hat eine bandförmige Gestalt gewonnen. Zwei Senkfäden sind vorhanden und je mit einem, längs der untern oder oralen Fläche angewachsenen Nebensenkfaden versehen, dessen Seitenzweige in einer Rinne franzenartig herabhängen. Nur vier Rippen bekleiden die Ränder der aboralen Fläche des Randes, in deren Mitte jedoch auch Rudimente der trans- versalen Rippenpaare als ebenso viel kurze, zwischen gelagerte Plättchenreihen, hinzukommen (Fol), Vom Trichter entspriagen sogleich die vier diagonal gestellten sehr langen Radiärgefässe und verlaufen bis in die Nähe des aboralen Randes ungetheilt. Erst hier spalten sie sich in die acht Rippengefässe , von denen die beiden sagittalen Paare in der Verlängerung der Radiärgefässe die langen Ruderreihen bis zu den abgerundeten Enden des Bandes begleiten , um dann den untern Rand zu umsäumen. Die beiden transversalen Gefässpaare entsenden einen blinden Ausläufer nach den kurzen Ruderreihen, wenden sich aber an den breiten Seitenflächen abwärts , biegen dann etwas unterhalb der mittlem Körperhöhe fast rechtwinklig um und verlaufen bis zu den beiden ab- gerundeten Enden des Bandes, wo sie jederselts mit dem umbiegenden Sagittal- gefässe zusammentreten. Die Verlängerung desselben am untern Rande läuft schliesslich mit dem oralen Ende des Magengefässes zusammen. Beim Schwimmen, welches durch die Schlängelungen des Körpers unterstützt wird, ist der Mundpol nach unten gekehrt. 1. Fam. Cestidae. Mit den Charakteren der Ordnung. Vexillum Fol. Mit rudimentären Hauptsenkfäden, sehr langem Trichterkanal und kurzem Magen. V. parallelum Fol., Canarische Inseln. Cestum Les. Haupttentakel ziemlich entwickelt. C. veneris Les., Venusgürtel, Mittelmeer. C. Amphitrites Mert. C. Najadis Esch., Stiller Ocean, 304 Lobatae. 4. Ordnung. Lobatae. Der in der Transversalebeno mehr oder minder comprimirte Körper ist durch den Besitz lappiger oder schirmförmiger Fort- sätze ausgezeichnet, auf welclie sich Ausläufer der ungleich entwickelten Rippen fortsetzen. Auch nehmen die transversalen und sagittalen Rippengefässpaare einen verschiedenen Verlauf, indem sich die stärker entwickelten subsagittalen Gefässe in arabeskenartigen Windungen auf die Schirmlappen des Mundes fort- setzen und paarweise in einander laufen, während die kürzern der Transversal- ebene zugekehrten Gefässe vier Tentakel-ähnliche Fortsätze des Leibes um- säumen. Senkfäden mit Nebensenkfäden sind vorhanden, aber oft sehr reducirt. 1. Fani. Mnemiidae. Mit zwei schirmartigen Lappen in der Umgebung des Mundes und verhältnissraässig kleinen Senkfäden. Die subsagittalen Gefässe sind weit mäclitiger als die subtransversalen entwickelt. Eurhamphaea Ggbr. Der sehr langgestreckte stark comprimirte Körper mit zwei langen spitz zulaufenden Fortsätzen an der Transversalfläche des Apikalpoles. E. {Mne- mia elegans Sars) vexilligera Ggbr., Mittelmeer und Atl. Ocean. Bolina Mert. Trichterpol abgerundet. Körperoberfläche glatt, die subsagittalen Rippenpaare viel stärker entwickelt als die transversalen. B. alata Ag., Küste von Neu-England. B. vitrca Ag. , Florida. B. septentrionalis Mert. , Behringsstrasse. B. norvegica Sars. Bolinopsis elegans Mert. Körperoberfläche mit Papillen besetzt, Südsee, Mnemia Esch. Körperoberfiäche glatt. Mundschirm einfach. M. Schweiggeri Esch., Brasilien. M. {Mnemiopsis Ag.) Gardeni Ag., Südcarolina. Lesueuria M. Edw. Mund- schirm mit gelapptem Rande. L. vitrea M. Edw., Nizza. Eucharis Esch. Körperoberfläche mit Papillen besetzt. Rippen von mehr gleich- massiger Entwicklung. E. Tiedemanni Esch., Nordpacific. Chiaja Less. Körperoberfläche papillös. Die subsagittalen Rippen viel stärker ent- wickelt und über die Mundlappen ausgedehnt. Im Jugendzustand wie Bolina. Ch. papil- losa M. Edw. {Alcinoe papillosa Delle Ch. = neapolitana Less.), Mittelmeer. Ch. nmlti- cornis M. Edw. {Eucharis multicornis Will.), Mittelmeer. Ch. palermitana M. Edw., Palermo. Leucothea formosa Mert., Azoren. 2. Fam. Calymnidae. Ln Gegensatz zu den Mnemiiden sind die subtransversalen Rippen viel umfangreicher und bilden weit über die Auriculae sich erstreckende Bogen. Calymna Esch. C. Trevirani Esch., Stiller Ocean. C. Mertcnsii Less., Atl. Ocean. Bucephalon Beyneaudi Less., Ceylon. Hier schliessen sich die Ocyroidae an mit Ocyroe crystallina Rang. III. Typus. Echinodermata. 305 III. Typus. Ecliinodermata'), Staclielliäiiter. Thicre von radiärem, vorherrschend fön fstr ahligem Baue, mit verJcalktem, oft stacheltragendem HautsJcelet , mit gesondertem Darm und Gefössapparat , mit Nervensystem und Ämhnlacralcanälen. Der radiäre Körperbau der Stachelhäuter galt lange Zeit als Charakter von typischem Werthe und war seit Guvier der Hauptgrund, dass man die Echinodermen mit den Quallen und Polypen in dem Typus der Badiafen ver- einigte. Erst in neuerer Zeit hat sich zuerst R. Leuckart sowohl auf Grund der Verschiedenheit des Innern Baues jener Thiere, als in Folge der Erkenntniss, dass radiärer und bilateraler Körperbau keineswegs so scharf einander gegen- überstehen, für die Selbstständigkeit des Echinodcrmentjunis ausgesprochen, und fast alle Jüngern Zoologen haben sich dieser AulTassung angeschlossen. Nur wenige Forscher hielten bis in die jüngste Zeit an der Gemeinsamkeit der Coelenteraten und Echinodermen als Radiärthiere fest. Die gesammte Orga- nisation der Stachelhäuter erscheint indess von den Coelenteraten so sehr verschieden und zu einer so viel höhern Stufe vorgeschritten , dass die Zu- sammenstellung beider Gruppen als Radiaten unzulässig ist, um so mehr, als die radiäre Gestaltung des Baues zahlreiche Uebergänge zu der bilateralen bietet und bei den Echinodermen nicht einmal eine strenge Durchführung er- fährt. Dazu kommt, dass die Echinodermen -Larven bilateral symmetrisch sind und in ihrer Erscheinung manche Uebereinstimmung mit Wurmlarven zeigen, sodass sie neuerdings von einzelnen Seiten in näheren oder entfernteren Verband mit den Gliederwürmern gebracht werden. Von den Coelenteraten entfernen sich die Echinodermen vornehmlich durch den Besitz eines geson- 1) J. Th. Klein, Naturalis dispositio echinoilennatum. Leipzig. 1778. Fr. Tiede- mann, Anatomie der Röhrenholothurie, des pomeranzfarbenen Seesternes und des Stein- Seeigels. Heidelberg. 1820. L. Agassiz, Monographie d'Eehinodermes vivans et fossiles. Neuohatel. 1838 — 1842. E. Forbes, A History of british Starfishes and other aniuuils of the class Echinodermata. London. 1841. Joh. Müller, Ueber den Bau der Echino- dermen. Abh. der Berl. Acad. 185.5. Derselbe, Sieben Abhandlungen über die Larven und die Entwicklung der Echinodermen. Abh. der Berl. Acad. 1846, 1818, 1819, 1850, 1851, 1852, 1854. Sars, Oversigt of Norges Echinoderraer. Christiania. 1861. A. Agassiz, On the Embryology of Echinoderms. Memoirs of the American Academy. 1864. Der- selbe, Embryology of the Starfish. Contributions etc. Vol. V. 1864. Derselbe, Revision of the Echini. Cambridge. 1872-1872. E. Metschnikoff, Studien über die Entwick- lung der Echinodermen und Nemertinen. St. Petersbourg. 1869. Loven, Etudes sur les Echinoidees. Stockholm. 1874. Hoff mann. Zur Anatomie der Echinen und Spatangen. NiederL Archiv für Zool. T. I u. IL 1871 u. 1872. Greeff, Ueber den Bau der Echino- dermen. Marb. Sitzungsberichte. 1871 — 1876. H. Ludwig, Morphologische Studien an Echinodermen. Leipzig. 1877 u. 1878. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 20 306 Fünfstrahliger Bau. Radius. Interradius. derten Darmes und Gefässsystems , sowie durch eine Reihe eigenlhünilicher Verhältnisse ihrer Organisation und Entwicklung, dagegen treten sie durch die Holothurien auch in ilirer äussern Körpererscheinung zu den seithch symme- trischen Würmern, insbesondere zu der hoch organisirten Gruppe der Siptüi- culaceen in eine gewisse Formbeziehung. Im Gegensatz zu der Grundzahl 4 oder 6 , welche für den radiären Bau der Coelenteraten massgebend ist, herrscht hier der Numerus 5 für die Lagerung der Organe im Umkreis der Leibesachse vor. Indessen treten zumal bei einer grössern Zahl von Strahlen mannichfache Unregelmässigkeiten ein. Gehen wir von dem Sphaeroid mit etwas verkürzter Hauptachse und abgeflachten nicht gleichgestalteten Polen als Grundform aus, so wird durch die Hauptachse derselben die Längsachse des radiären Körpers und durch die beiden Pole die Lage der Mundöffnung (oraler Pol) und annähernd der Afteröffnung (aboraler Pol) bestimmt. Durch die Längsachse sind 5 Ebenen denkbar, welche unter der Vor- aussetzung einer durchgeführt radiären Architektonik den Körper jedesmal in zwei symmetrische Hälften theilen würden. Die 10 Meridiane, welche in gleichen Intervallen von einander entfernt, die fünf Schnittebenen begrenzen, verhalten sich untereinander in so fern abweichend, als fünf alternirende die Strahlen, liadien, bezeichnen, in denen die wichtigsten Organe, die Nerven, Gefössstämme, Am- bulacralfüsse, Leberschläuche etc. liegen, während ihre fünf gegenüberliegenden Meridiane den fünf Zwischenstrahlen, Interrudien , entsprechen, in welche andere Organe hineinfallen. Nur bei voller Gleichheit einerseits der Strahlen und Zwischenstrahlen würde der Echinodermenleib eine fünfgliedrige streng radiäre Gestalt {reguläre Echinodermen) erhalten; indessen ist leicht nachzuweisen , dass diese reguläre Radiärform doch nur ideal ist und niemals streng zur Durchführung kommt. Indem nämlich stets ein oder das andere Organ, z. B. Madreporenplatte, Steincanal, Herz etc. auf die Einheit reducirt bleibt , ohne in die Achse zu fallen , wird ausschliesslich diejenige Theilungs- ebene, in deren Radius oder Interradius die unpaaren Organe hineinfallen, die Bedingungen für die Zerlegung des Leibes in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften erfüllen können. Indessen auch diese treffen nicht zu, da sich die übrigen Organe zu dieser Schnittebene keineswegs seitlich symmetrisch verhalten. Auch bei den regulären Seeigeln kommt nach Loven die Madreporenplatte in den rechten vordem Interradius zu liegen. Nicht selten besitzt ein Strahl eine ungleiche Grösse und Gestaltung , und dann tritt selbst an der äussern Form des Echinoderms eine Irregahuiiät ent- gegen, welche äusserlich die bilaterale Symmetrie zum Ausdruck bringt. Der Echinodermenleib geht aus einem fünfgliedrigen radiären in einen bilateralen über, indem die Ebene des unpaaren Slrahles zur Medianebene wird, zu deren Seiten zwei Paare von gleichen Strahlen sich wiederholen. Wir unterscheiden ein Oben (Scheitelpol) und Unten (ventraler Pol), ein Rechts und Linlcs (die beiden paarigen Strahlen und deren Zwischenstrahlen), ein Vorn (unpaarer Radius) und Hinten (unpaarer Interradius). Bei den irregulären Formen aber schreitet die zweiseitig symmetrische Gestaltung weiter vor. Nicht genug, dass der unpaare Radius nebst Interradius eine abnorme Grösse und Form erhalten, dass die Winkel, unter welchem sich der Hauptstrahl mit den Nebenstrahlen Formen des Echinodermentypus. 307 schneidet, keineswegs alle untereinander, sondern nur paarweise gleich bleiben ; auch die Afteröffnung rückt aus dem Scheitelpole nach der oralen Hälfte in den unpaaren Interradius (Clypeasfer), während sich zugleich beide Pole oder nur der Mundpol in der Richtung des unpaaren Radius verschoben zeigen und excentrisch werden (Spatanf/iclen). Nur wenige reguläre Echinodermen be- wegen sich auf allen 5 Radien und dann selten in der ganzen Länge ihrer Meridiane; weit häufiger wird die dem Mundpole zugehörige Zone zur Bauch- fläche, indem sie sich abflacht und vorzugsweise oder ausschliesslich Locomotionsorgane erhält (Anihulacrale Zone). Durchweg hat dieses Ver- hältniss für die irregulären Echinodermen Geltung, die sich nun auch nicht mehr nach allen fünf Strahlen glcichmässig, sondern vorherrschend in der Richtung des unpaaren Radius fortbewegen. Indem hier der Mund bei gleich- zeitiger Verschiebung des Mundpoles nach dem Vorderrande rückt, werden vorzugsweise die beiden hintern Radien {Biüium) zur Bildung der Bauchfläche verwendet [Spatangiden). Anders dagegen bei den walzenförmigen Holothurien. Hier behalten Mund und After ihre normale Lage an den Polen der verlängerten Achse, und der Körper flacht sich nicht selten in der Richtung der Achse in der Art ab, dass drei Radien (Trivium) mit ihren entsprechenden Bewegungs- organen auf die söhlige Bauchfläche zu liegen kommen. Auch am Körper der wurmförmig gestreckten Holothurien unterscheidet man einen unpaaren und zwei paarige Radien, allein der unpaare Radius und dessen Interradius be- zeichnen nicht die Richtung von Vorn nach Hinten , sondern die Mediane der Bauch- und der Rückenfläche. Die mannichfachen Körperformen der Echinodermen lassen sich leicht aus der flachen sphaeroidischen Grundform ableiten. Hier erscheint die Haupt- achse verkürzt, der apicale Pol etwas zugespitzt oder auch abgeflacht und die ventrale Hälfte zu einer mehr oder minder ausgedehnten Fläche abgeplattet {Echinoidea). Durch eine bedeutende Verlängerung der Achse ergibt sich die cylindrische Walzenform (Holothurioidea) , durch eine bedeutende Verkürzung die runde oder bei gleichzeitiger Markirung der Radien die pentagonale Scheibe. Verlängern sich die Radien um das doppelte oder mehrfache der Interradien, so erhalten wir die Form des bald flachen, bald gewölbten Sternes {Asteroiden), dessen Arme entweder einfache Fortsetzungen der Scheibe bilden und Theile der Leibeshöhle umschliossen [Asterideae, Seesterne), oder als selbständigere und beweglichere Organe von der Leibeshöhle scliärfer geschieden, in der Regel einfach [Ophiurideae, Schlangensterne), selten verzweigt {Euryaleae) sind und auch einfache gegliederte Seitenfäden, Pinnnlae {Crinoidea) tragen können. Als wichtiger Gharacter der Echinodermen gilt die Verkalkung der binde- gewebigen Unterhaut zu einem mehr oder minder beweglichen , oder auch ganz starren Panzer. Bei den lederartigen Holothurien bleiben diese Skelet- bildungen freilich auf isolirte, bestimmt gestaltete Kalkköiper beschränkt, welche in Form von gegitterten Täfelchen, von Rädern, Stäben oder Ankern in dorn Integument eingelagert sind; in solchen Fällen ist der Hautmuskelschlauch kräftig entwickelt und bildet fünf Paare von starken Längsmuskelbündeln, über welchen eine continuirlichc Lage von Kreisfasern die innere Oberfläche der 20* 308 Skeletplatten. Haut auskleidet. Auch da, wo die gegitterten Kalkabsonderungen zu grössern Platten oder Tafeln verschmelzen, bleiben Muskeln erhalten. So bei den See- sternen und Schlangensternen, an deren Annen sich ein bewegliches Haut- skelet mit Innern wirbelartig verbundenen Kalkstücken ausbildet, während die Rückenfläche von einer in Höcker und Stacheln auslaufenden , oft mit Kalktafeln erfüllten Haut bedeckt ist. Unbeweglich wird das Hautskelet bei den Seeigeln, indem 20 Reihen von festen Kalkplatten in Meridianen geordnet, durch Nähte sich verbinden und eine dicke feste Kapsel zusammen- setzen, welche nur im Umkreis der beiden Pole unterbrochen ist. Die Platten- reihen ordnen sich in zwei Gruppen von je 5 Paaren , von denen die einen in den Radialebenen zusammenstossen , also in die Strahlen hinejnfallen und von Oeffnungen zum Durchtritt der Ambulacralfüsschen durchbrochen als Am- hulacral platten bezeichnet werden; die andern ebenfalls paarweise neben- einanderlaufenden Reihen den Interradien zugehören, der Poren entbehren und als Litaranihulacralplatten unterschieden werden, hn Umkreis des apicalen Poles, welcher anfangs bei ganz jugendlichen Echiniden von einer einzigen Platte (Gentralplatte) eingenommen wird, markirt sich ein von kleinen Kalk- täfelchen erfülltes Feld mit der Afteröffnung , das Afterfeld oder Perijjroct , in dessen Umgebung die fünf ambulacralen wie interambulacralen Plattenpaare je mit einer unregelmässig fünfseitigen Platte ihren Abschluss finden, diese mit den 5 interradialen, von grossen Poren (Genitalporen) durchbrochenen Genital- platten oder Scheitelplatten (Basalia), jene mit 5 kleinern die sog. Ocellen tragen- den radialen Ocellarplatten (liadialia ^). Viel umfangreicher ist der pentagonale vom Mundfeld bedeckte Ausschnitt im Umkreis des oralen Poles, dessen Grenze durch die als Auriculae bekannten Innern Fortsätze der peristomalen, d. h. an das Mundfeld angrenzenden Plattenpaare bezeichnet wird. Bei den alten fossilen Ferischoechiniden ist freilich die Zahl zunächst der interambulacralen Plattenpaare, welche hier oft dachziegelförmig übereinander liegen, eine grössere (z. B. Melouites, Falaechlnus, Ärchaeocidaris); bei Lepi- docentrus scheinen dieselben sogar beweglich gewesen zu sein. Die hier auf- tretende Lagerung der Platten erinnert durchaus an die schuppenförmig über- einander liegenden Platten , welche auf der Mundhaut der Cidariden einen biegsamen Apparat darstellen. Neuerdings wurde auch an lebenden regulären Seeigeln eine ähnliche Verbindungsweise der Platten bekannt, welche eine in allen Theilen biegsame Schale herstellen. Bei Asthcjiusonia bleiben zwischen den Platten sowohl der Ambulacra als der Interambulacra zum Theil weichhäutige Interstitien , zum Theil legen sich die Platten dachziegelförmig übereinander und Ludwig hat kürzlich eine durch Muskeln bedingte Beweg- lichkeil für die Skeletplatten des unpaaren Interradius am Scheitel zahlreicher Spatangidengattungen nachgewiesen. Uebrigens sind die zweireihigen Skeletplatten der lebenden Echinoideen der Entstehung nach auch keineswegs immer einfache Gebilde, vielmehr, wie die wichtigen Forschungen Loven's ergeben haben, durch Verwachsung von 1) Der Calyx der Crinoideen mit der Centralscheibe, den 5 Basalstücken und 5 Badialstücken entspricht dem Apex der Seeigel. Pedicellarien. Sphäiidion. 309 mehreren Skeletstücken entstanden. Die Ambulacralplatten erscheinen dem- gemäss meist als Gomplexe von primären Platten, die je mit einem Porenpaare versehen, am Apicalfelde entstanden, allmählig mit dem Wachsthum nach dem Mundpol zu herabrückten [Latisfellen). Nur die Crivoideen besitzen ausser dem Hautskelet der Scheibe noch einen aus fünfeckigen Kalkstücken gebildeten Stil , welcher am Apicalpole des Körpers entspringt und sich an feste Gegenstände anheftet. Ueberall bleibt die äusserste dünne Lage des Integuments unverkalkt und trägt als zartes Ferisom ein oberflächliches Wimperepithel, welches an manchen Stellen {Seniifae) besonders deutlich hervortritt. Freilich löst sich dasselbe von den warzigen Vorsprüngen und Stacheln regelmässig ab , so dass die ver- kalkten Lagen zum Vorschein kommen. Als Anhänge des Hautpanzers sind die höchst mannichfach gestalteten Stacheln und die Pedicellarien zu erwähnen. Die erstem sind auf knopfför- migen Erhabenheiten der Seeigelschale beweglich eingelenkt und werden durch besondere Muskeln der weichen oberflächlichen Hautschicht erhoben und zur Seite gebeugt ; die Pedicellarien ^) sind meist gestilte und durch ein besonderes Kalkgerüst gestützte, beständig klappende, zwei- oder dreischenklige Greif- zangen, welche besonders den Mund der Seeigel umstellen und auch auf der Rückenfläche der Seesterne sich vorfinden. Bei den Seesternen sind dieselben bald gestilt mit Basalstück , mit geraden oder gekreuzten Schenkeln , bald ent- behren sie des Stils und sitzen direkt dem Skelet auf, ohne eignes Stützorgan und erscheinen in Form zweier Stäbe oder Klappen, die durch einen Muskel- apparat einander genähert werden können. Bei den Echiiiiden kommen nur dreiklappige (selten vierklappige) Pedicellarien vor, die jedoch häufig in ver- schiedenen Formen neben einander auftreten. Unter den irregulären Arten besitzen nur die Spatangiden und Echinoneus diese Zangen. Dieselben gehören ausschliesslich den Ambulacren an und nehmen auf den peristomalen Platten eine bestimmte Lage ein. Bei den Spatangiden treten auf den Semiten oder Fasciolen knopfförmig verdickte bewimperte Borsten auf (Glavulae). Sehr all- gemein finden sich bei den jetzt lebenden Seeigeln glashelle sphäroidische an der Oberfläche bewimperte Körperchen, welche mittelst eines kurzen Stiles auf einem Höckerchen beweglich befestigt sind, sog. Sphäridien. Wahrscheinlich sind die Sphaeridien Sinnesorgane und dienen dazu, die besondere Beschaffen- heit des umgebenden Mediums zu prüfen, also in einem Geschmack- und Geruchsfunktion vermittelnden Sinne. Morphologisch entsprechen sie ohne Frage, was in gleicher Weise für die Pedicellarien Geltung hat, niodificirten Stacheln. Ein Hauptcharacter der Echinodermen liegt in dem eigenthümlichen System von Wassergefässen und den mit demselben verbundenen schwellbaren Amhaldcralfüsschen. Das Wassergefässsystem, wegen dieses Zusammenhanges auch Amhukicrahiefässsystem genannt, besteht aus einem den Schlund um- fassenden Ringgefässe und fünf in den Strahlen liegenden Radiärgefassen, 1) Vergl. Perrier, Recherches sur les peclicellaires et les ambulacres des Asteries et des Oursins. Ann. des scienc. nat. V Ser. Tom. XII— XIV. 310 Wassergefässsystem. Ainbulacralfüsschen. welche an der Innenfläche ihrer schwach muskulösen Wandung mit Wimper- epithel ausgekleidet und mit einer wässerigen Flüssigkeit gefüllt sind. In der Regel verbinden sich mit dem Gefässringe blasige contractile Anhänge, die Polischen Blasen, sodann paarige Anhänge und ein Steincanal (selten in mehr- facher Zahl vorhanden) , welcher die Gommunikation des flüssigen Inhalts mit dem Seewasser vermittelt. Der Steincanal , von den Kalkablagerungen seiner Wandung so genannt , hängt entweder in die Leibeshöhle hinein und nimmt von da aus durch die Poren der Wandung Flüssigkeit auf {Holotlmrien) oder endet an der äussern Körperbedeckung mittelst einer porösen Kalkplatte, Madreporenplatte, durch welche dann das Seewasser in das Lumen des Stoin- canals hinein gelangt. Die Poren derselben führen zunächst in senkrechte Ganälchen und diese in mehr horizontale unter den Furchen der Madreporen- platte verlaufende Sammel röhrchen. Die Lage der Madreporenplatte wechselt übrigens mannichfach, indem sie bei den Clypeastriden in den Scheitelpol fällt, bei den Gidarideen und Spataniiideen interradial in der Nähe des Scheitels (aber keineswegs in dem unpaaren Interradius des Afters , sondern in dem rechten vordem Interradius) , bei den Asterideen ebenfalls interradial auf der Rücken- fläche, bei den Ophiurideen aber an einem der fünf Mundschilder liegt. Bei den Crinoideen wird dieselbe durch die Kelchporen ersetzt. Mehrere Madreporenplatten besitzen A.sfcridefi, z. B. Ojjhidiasteraivien und Acanthaster solaris, und damit zugleich eine entsprechend vermehrte Zahl von Steincanälen und Herzen. Bei den Holothurioiden fehlt die Madreporenplatte, und der Steincanal besorgt die Wasseraufnahme von der Leibeshöhle aus. Der Stein- canal beginnt mit ampullenförmig erweiterter Aussackung (Asterideen) und ent- hält meist lamellöse in das Innere vorspringende Falten der Wand, welche bis zur Theilung des Ganais in mehrere neben einander verlaufende Röhren vor- schreiten kann. Nur an seiner Verbindungsstelle mit dein Wassergefässring endet er überall glatt und einfach. An seitlichen Aesten der fünf oder mehrfachen Radialstämme entspringen die als Amhulacralfüssctien bekannten Anhänge. Dieselben ragen als schwell- bare, meist mit einer Saugscheibe versehene Schläuche an der Oberfläche des Echinodermenkörpers hervor, treten oft durch Oeffnungen und Poren des Haut- skeletes hindurch und setzen sich meist unter Bildung contractiler Anhänge, Ampullen, in die kurzen seitlichen Gefässäste fort. An der Eintrittsstelle der Seiten- äste in die Füsschen liegt eine taschenförmige Klappe. Während in diesen letztern die Flüssigkeit vornehmlich durch die schwingenden Wimpern in Strömung er- halten wird, dienen die contractilen Ampullen dazu, ihren flüssigen Inhalt in die Saugfüsse einzutreiben und dieselben schwellend zu machen; während die Polischen Blasen Pumpapparate für den gesammten Gefässinhalt sind, haben jene die Bedeutung von Specialpumpen für die Saugfüsschen. Indem sich zahlreiche Füsschen strecken und mittelst der Saugscheibe anheften, dann sich contrahiren und den Echinodermenleib nacliziehen, kommt eine langsame Be- wegung in der Richtung der Radien zu Stande. Indessen erfährt die Anordnung und Vertheilung der Füsschen mannichfache Modificationen. Bald sind die- selben reihenweise in der ganzen Länge des Meridians vom Mundpole bis in die Nähe des Scheitels gestellt , Cidarideen und Pentada, bald unregelniässig über Darmcanal. Mundzäline. 311 die ganze Körperfläche oder nur über die sölilige Bauchfläche ausgebreitet, Hololhnncn, bald erscheinen dieselben auf die Oralfläche beschränkt, wie bei allen Asferideou Wir unterscheiden dann eine amhdacrale Zone von einer andanibulacralcn Zone, von denen die erstere mit der Mundfläche und Bauch- fläche, die letztere mit der Rückenfläche zusammenfällt. Uebrigens zeigen auch die ambulacralen Anhänge einen verschiedenartigen Bau und dienen keineswegs immer zur Locomotion. Ausser den Locomotionsfüssen gibt es grosse tentakelartige Schläuche, welche den Tentakelkranz um den Mund der Holothui'ien zusammensetzen und häufig sogar verästelt sind (Dendrochirota) ; in anderen Fällen sind die Anhänge blattförmig oder kiemenähnlich gefiedert und bilden die aus den grossen Poren einer fünflDlättrigen Rosette austretenden AmbitlacraHüemen der Spatangiden und Clypeastriden. Daneben aber besitzen die irregulären Seeigel ganz allgemein auf der Bauchfläche Saugfüsschen, welche bei den Ciypeastriden fast mikroskopisch klein werden und in sehr bedeutender Zahl in verästelten Reihen oder auch in mehr gleichmässiger Vertheilung über die ganze Oberfläche verbreitet sind. Bei den Spatangiden treten auch so- genannte Tastfüsschen mit pinselförmigem Ende auf, während die Ambulacral- füsse der Crinoideen zu kleinen Tentakelchen werden. Alle Echinodermen besitzen eine Mundöffnung und einen von der Leibes- höhle gesonderten Damicanal, welcher in drei Abschnitte, Speiseröhre, Magen- darm und Enddarm zerfallt, an einem Mesenterium in dem Leibesraume ge- tragen wird und meist nahezu im Gentrum des Scheitels, selten in einem hiter- radius an der Bauchfläche in der Afteröfl'nung nach aussen mündet. Es kann indessen auch der Darm blind geschlossen sein, wie z.B. bei allen Ophiurideen und Euryale, ferner bei den Gattungen Astropecten, Ctenodiscns und Lindia, welche der Afteröffnung entbehren. Nicht selten finden sich in der Umgebung des Mundes hervorragende , mit Spitzen besetzte Platten des Skeletes , oder es bilden wie bei den Cidariden und Clypeastriden spitze mit Schmelzsubstanz überzogene Zähne einen kräftigen beweglichen Kauapparat, welcher noch in der Umgebung des Schlundes durch ein System von Platten und Stäben (Laterne des Aristoteles) gestützt wird. Eine andere Bedeutung hat der meist aus 10 Platten gebildete Knochenring , welcher sich bei den Holothurien in der Umgebung des Schlundes findet und (den sog. Auriculae am peristo- malen Ausschnitt der Schale der Echiniden homolog) zur Befestigung der Längsbündel des Hautmuskelschlauchs dient. Bei den Seesternen ist der Darmcanal durchweg kurz, sackförmig und mit blindgeschlossenen , verzweigten Anhängen besetzt , welche theils in den Inter- radien der Scheibe liegen, theils weit in die Arme hineinreichen. Sehr umfang- reich erscheinen bei den Aster ideen fünf Paare vielfach gelappter Schläuche an der mittleren Abtheilung des Darmcanals , welche durch Mesenterien längs der Rückenhaut der Arme befestigt sind. Ganz kurz sind die fünf oder zwei in die ■ Zwischenstrahlen fallenden Blindsäckchen des kurzen Rectums, welche möglicherweise als Harnorgane fungiren, während die erstem die verdauende Fläche vergrössern. Uebrigens können jene auch ganz fehlen. Bei den übrigen Echinodermen streckt sich der engere Darm zu einer bedeutenden Länge und verläuft entweder wie bei Coniatula um eine Spindel in der Achse der Scheibe 312 Blutgefässsystem. Respirationsorgaue. gewunden, oder wie bei den Seeigeln durch Fäden und Membranen in mehr- fachen Bogen an der innern Fläche der Schale befestigt. Auch bei den Holo- thurien ist der Darmcanal in der Regel weit länger als der Körper, meist dreifach zusammengelegt und durch eine Art Mesenterium befestigt. Mit dem Enddarm stehen in einzelnen Gattungen {Molpadia, Bohadschia etc.) drüsen- ähnliche Anhänge, die Gu vi er 'sehen Organe, in Verbindung. Es sind bald blinddarmförmige Schläuche, bald acinöse Gebilde (Molpadia) oder Fäden, auf welchen wirbeiförmig lappige Drüsenbüschel auMizen{Feritacta), die eine faden- förmige Substanz ausscheiden. Von dem sehr schwierig zu verfolgenden BltiUjefässsystem kennt man nach Tiedemann bei vielen Echinodermen ramificirte Gefässstämme am Darme und einen Ringcanal, welcher vom Gefässringo des Ambulacralsysteines umgeben wird. Indessen hat H. Ludwig nachgewiesen, dass Tiedemann 's oraler Gefässring der Asteridecn lediglich ein Ganalraum der Leibeshöhle ist (innerer Perihaemalcanal), während der wahre orale Blutgefässring (oder besser Gefässgeflecht) an der Aussenseite desselben verläuft und auswärts noch von einem zweiten perihaemalen Ganalraum der Leibeshöhle begrenzt wird, welchen Tiedemann als orangenfarbenes Gefäss unterschied und neuere Autoren irr- thümlich als Blutcanal des Nervenrings (welcher die äussere Wand desselben bildet), auffassten. Von dem ringförmigen Gefässgeflecht, welches in der That mit dem Herzen in Verbindung steht , strahlen in die Radien ebensoviele sich seitlich weiter verzweigende Gefässstämme aus. Dazu kommt bei den Asterideen und Seeigeln ein zweiter Gefässring in weiter Umgebung des Scheitelpoles, welcher mit dem oralen Ringgetass durch ein pulsirendes Herz verbunden ist. Dieses ') liegt stets (Asterien) an der rechten Seite des Steincanals und besteht nach Ludwig aus einem dichten Geflecht sich theilender und anastomosirender Gefässe, welche die bekannten Gontractionserscheinungen zeigen. Der dorsale Gefässring entsendet bei den Asterideen 10 Gefässe zu den Geschlechtsorganen und zwei Gefässgeflechte zum Magendarm , welche an der Einmündungssteile des Herzens entspringen. Alle diese Gefässe aber sind von einem perihaemalen Canalsystem umgeben, welches mit dem schlauchförmigen Perihaemalcanal des Herzens zusammenhängt. Durch die Verwechselung der Perihaemalcanäle mit den eingeschlossenen Blutgefässen , welche theils übersehen , theils für kiemenähnliche oder drüsige Organe gedeutet waren, hatte sich eine grosse Verwirrung in der Deutung des Gefässapparates Bahn gebrochen, deren Beseitigung erst durch H.Ludwig erfolgte. Von den Holothurien kennt man ausser dem Gefässringe um den Oesophagus nur zwei Gefässstänune (Rücken- und Bauchgeiäss) mit ihren Ver- zweigungen am Darme. Das Blut ist eine klare, seltener getrübte oder gefärbte Flüssigkeit, in welcher farblose Zellen als Blutkörperchen auftreten. Besondere Respirationsorgane finden sich keineswegs überall, die gesanmite Fläche der äussern Anhänge, sowie die Oberfläche der in der Leibeshöhle suspendirten Organe, und besonders des Darmes, scheinen bei dem Austausch der Gase des Blutes in Betracht zu kommen. Das Wasser tritt nämlich , wie 1) Von Greeff irrthümlich als kiemenartiges Organ beschrieben. Nervensystem. 313 für die Asterien nachgewiesen ist , durch Poren des Hautskeletes, sowie wahr- scheinlich auch durch Oeffnungen der Madreporenplatte , in den Leibesraum ein und wird durch das Wimperepitel , welches die untere Fläche der Leibes- wandung und der peripherischen Nebenräume derselben (Perihaemalcanäle) auskleidet, in Bewegung erhalten ; auf diesem Wege wird die Oberfläche der Innern Organe stets von Wasser umspühlt und auch die Füllung des Wasser- gefässsystemes bei den Holothurien von dein porösen Steincanal aus vermittelt. Als besondere Respirationsorgane betrachtet man die blattförmigen und ge- fiederten Ambulacralanhänge der irregulären Seeigel {Amhulacralkiemen), ferner die blinddarmförmigen mit der Bauchhöhle communicirenden Schläuche einiger regulären Seeigel und der Asterideen {Huutkiemcn) , welche bei diesen als ein- fache Röhrchen über die ganze Rückenfläche zerstreut sind, bei jenen als fünf Paare verästelter Röhrchen in den Ausschnitten der Schale die Mundöffnung umgeben, endlich die sogenannten Wasserlurigen der Holothurien. Die letztern sind zwei sehr umfangreiche, baumähnlich verästelte Schläuche, welche mit gemeinsamem Stamme in den Enddarm einmünden. Vom After aus wird das Lumen derselben mit Wasser gefüllt, welches wiederum durch den Druck der Leibesmuskulatur, sowie mit Hülfe der muskulösen Wand des Enddarms aus- gespritzt wird. Das Nervensystem besteht aus fünf, in die Strahlen fallenden (oder zahl- reichen, der Zahl der Radien entsprechenden) Hauptstänmien , welche bei den Asterideen unmittelbar unter der häutigen Auskleidung der Ambulacral rinne nach aussen von den Wassergefässstämmen verlaufen, auch bei den Crinoiden ausserhalb des Ambulacralskelets der Arme liegen und zahlreiche Ausläufer in die Substanz der Füsschen, zu den Muskeln der Stacheln und Pedicellarien etc. austreten lassen. Diese bandähnlichen Stämme sind als Gentren des Nerven- systemes anzusehen, wenn auch vielleicht nicht als »Ambahicralgehirne«. im Sinne Joh. Müller's. Dieselben theilen sich um den Mund in gleiche Hälften, welche sich zur Bildung eines Nervenriiiges vereinigen. Bezüglich des feinern Baues aber bestehen unter den Angaben der Autoren bedeutende Differenzen. Wenn einige der neuern Forscher, wie Hoffmann imdGreeff, im Anschluss an die Deutung Joh. Müllers, welcher das orangefarbene Gefäss Tiedemanns für den Nervenring hielt, zu der Vorstellung gelangten, dass die zugleich Ganglienzellen enthaltenden Nervenstämme einen durch ein verticales Septum getheilten Blutcanal umschlössen , somit gewissermassen die Wandung von« Blutbahnen vorstellten, so erklärt sich dieser h-rthum durch die Miteinbeziehung des getheilten den Nervencentren anliegenden Perihaemalcanals. In Wahrheit aber beschränkt sich die Nervenschicht bei den Seesternen auf einen breiten, der Aussenseite des Perihaemalcanals unmittelbar anliegenden , bandförmigen Ectodermstreifen , an welchem unter dem oberflächlichen (auf cuticularem Saume) Wimpern tragenden Epitel eine hohe Schicht von longitudinal ver- laufenden, hier und da mit Zellen untermischten Fibrillen nachweisbar ist, welche wiederum in reicher Menge von senkrechten stäl)chenförmigen Ausläufern des Epitels durchsetzt werden (Lange, Ludwig), H.Ludwig deutet lediglich die tiefe Längsfaserschicht mit den eingestreuten Ganglienzellen als Nervenapparat, während er die aufliegende Zellenlage mit den Stützfasern 314 Tastorgane. Augen. als indifferentes äusseres Integumentalepitel auffasst. Es ist aber sehr fraglich, ob in demselben zwischen den Stützzellen nicht auch wie bei dem ectodermalen Nervensystem der Quallen nervöse Zellen in reicher Menge enthalten sind, worüber spätere Untersuchungen entscheiden müssen. Ho ff mann und Greeff fassten bereits die ganze Zellenlage als integrirenden Theil des Nerven- bandes auf, nahmen aber noch zwischen den hohen Zellen und der bewimperten Guticula ein Plattenepitel an, welches jedoch nach W. Lange und H. Ludwig nicht vorhanden ist. Dagegen hat W. Lange zwei langgestreckte Zellen- platten , welche sich durch die ganze Länge des Armes erstrecken , nach H. Ludwig aber nichts als epitheliale Verdickungen der anliegenden Wand des Perihaemalcanals sind, als die Nervencentren in Anspruch genommen. Als Tastorgane deutet man fühlerartige Ambulacralanhänge, welche bei den Asterideen und Ophiurideen an der Spitze der Arme in einfacher Zahl auf- treten und einen Belag hoher Släbchenzellen (wahrscheinlich zum Theil Nerven- epitel) tragen, sodann die Tentakeln der Hol othurien und die pinselförmigen Tast- füsschen Aev Spataiigidaen. Augen konmien bei den Seeigeln (?) und Asterideen vor. Die Bedeutung aber der sogenannten Augenflecken von Synapta als Sinnesorgane dürfte noch zweifelhaft erscheinen. Bei den Cidariden sind es fünf um den Scheitelpol aut besonderen Platten {Ocellar platten) gelegene fühlerartigc Erhebungen, an denen ein Nerv endet. Am genauesten sind die Augen der Asterideen bekannt. Nach Ehrenberg 's Entdeckung liegen dieselben als rothe Pigmentflecken auf der Unterseite der Strahlen im Endtheil der Ambulacralrinne (dicht unter dem terminalen Fühler) und erscheinen als kuglige gestilte Erhebungen, welche unter ihrer convexen, von einer einfachen Hornhaut überzogenen Oberfläche eine grosse Zahl (80 — 200) kegelförmiger Einzelaugen bergen. In Wahrheit sind die Augenkolben aus den gleichen langgestreckten Stützzellen zusammengesetzt, welche den integumen- talen Belag des Nervent)andes bilden, dessen verdicktem Endabschnitt das Auge angehört. Die Einzelaugen bestehen aus langgestreckten ein rothes Pigment ent- haltenden Zellen, welche einen kegelförmigen Raum begrenzen. In diesem liegen unter der Licht-brechenden Linse Stäbchenartige Gebilde , die wahr- scheinlich mit Nervenfasern in Verbindung stehenden Endapparate. Mit ihren Achsen erscheinen die Einzelaugen gegen einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt gerichtet, welcher nahezu dem Gentrum des Gesammtauges entspricht. Fünf Paare sog. Gehörbläschen sind durch Baur am Ursprünge der fünf radialen Nerven von Synapta bekannt geworden. Die Fortpflanzung ist vorwiegend eine geschlechtliche , und zwar gilt die Trennung des Geschlechtes als Regel. Hermaphroditisch sind nur Synapta und nach Metschnikoff Amphiiira sqiiamata. Die Fortpflanzungs - Organe sind übrigens bei Männchen und Weibchen äusserst gleichartig gebaut, so dass wenn nicht die Farbe der meist milchweissen Samenflüssigkeit und der röthlichen oder gelblich braunen Eier zur Erkennung des Geschlechts aus- reicht , erst die mikroskopische Prüfung der Gontenta die Entscheidung gibt. Geschlechtsunterschiede der äussern Form oder bestimmter Körpertheile existiren nicht , da sich bei dem Ausfall der Begattung die geschlechtlichen Leistungen in der Regel auf die Bereitung und Ausscheidung der Zeugungsstoffe beschränken. Fortpflanzung. 315 Eier und Samenfaden begegnen sich daher mit wenigen Ausnahmen erst in dem Seewasser ausserhalb des mütterlichen Körpers, seltener kommt die Be- fruchtung im Leibe der Mutter zu Stande, wie z. B. bei der viviparen Amphiura und bei Phyllophorus urna. Die Zahl und Lage der Geschlechtsorgane ent- spricht meist streng der radiären Bauart , doch treten in dieser Hinsicht man- cherlei Abweichungen auf. Bei den regulären Seeigeln liegen in den Zwischenstrahlen an der Innern Schalenfläche des Rückens 5 gelappte, aus verästelten Blindschläuchen zu- sammengesetzte Ovarien oder Hoden , deren Ausführungsgänge durch 5 Oeff- nungen (Genitalporen) der interradialen Skeletplatten (Genitalplatten) im Um- kreis des Scheitelpoles nach aussen münden. Die irregulären Spatangideen ver- lieren zunächst den hintern Genitalporus und haben eine geringere Zahl (4, 3, selbst 2) von Genitalporen und dem entsprechend von Geschlechtsorganen. Bei den Asterideen liegen 5 Paare von Genitalschläuchen in ähnlicher Anordnung zwischen den Strahlen , zuweilen aber erstrecken sie sich weiter in die Arme hinein und sind dann auf eine grössere Zahl von Gruppen vertheiit, von denen jede mit eigenem Ausführungsgang und Porus ausmündet. Somit finden sich bei den Asterideen in jedem Interradialraum zahlreiche Oeffnungen für den Durchtritt der Zeugungsstoffe auf der Rückenfläche, eventuell wenigstens zwei Poren, in welchen die beiden Ausführungsgänge sich nach aussen öffnen. Wenn Greeff behaupten zu können glaubte, dass durch die übrigens schon von Müller und Troschcl (Siebplatten) gekannten Genitalplatten der Asterideen zugleich eine direkte Gomnmnication des Blutes in den Genitalgefässen mit dem Seewasser hergestellt würde, so ist neuerdings von H. Ludwig die völlige Unhaltbarkeit dieser Ansicht nachgewiesen worden. Allerdings besteht eine merkwürdige Beziehung der Genital-Blutgefässe mit den Drüsenschläuchen, in- dem jene zu der Wandung der Genitalschläuche in nahe Beziehung treten und sich je zu einem den Schlauch umgebenden Blutsinus erweitern. Jeder Genital- porus aber führt lediglich in einen kürzern oder längern drüsenreichen Gang, welcher Ausführungsweg für eine ganze Gruppe von Schläuchen ist. Das Epitel der Ovarial- beziehungsweise der Hodenschläuche lässt Eier und Samen- fäden aus sich hervorgehen. Bei den Ophiurideen entwickeln sich in der Umgebung des Magens 10 gelappte aus Blindschläuchen zusammengesetzte Geschlechtsdrüsen, deren Pro- ducte ebenfalls durch Ausführungsgänge in spaltenförmige Einsenkungen zwischen den Armen an der Bauchseite nach aussen gelangen. Eine gewisse Uebereinstimmung mit den Seesternen und Schlangensternen zeigen die Geschlechtsorgane der Crinoideen. Bei Antedon stellen dieselben 5 verzweigte Bäumchen dar, deren Wurzel in der Scheibe beginnt, während sich jedes Bäumchen in je zwei Hauptstämme theilt, welche das Armpaar durchziehen und rechts und links Zweige in die Pinnulae abgeben. Nur die Endzweige in den Pinnulae bilden hier reife Geschlechtsprodukte im Gegensatz zu den steril bleibenden Stämmen. Bei andern Crinoideen waren möglicherweise gerade die Stännne fruchtbar und gar nicht auf die Arme übergetreten, sondern auf Scheibe oder Kelch beschränkt {Cystideen). Bei den Holothurien reduciren sich die letztern sogar auf eine einzige vielfach verzweigte Drüse , deren Aus- 316 Entwicklung durch bilaterale Larven. führungsgang nicht weit vom vordem Körperpole innerhalb des Tentakelkreises an der Rückenseite ausmündet. Die EiüwicJdung der Echinodermen erfolgt seltener direct oder mit nur unbedeutender Metamorphose, in der Regel beruht dieselbe auf einer sehr com- plicirten Metamorphose , für welche eigenthümlich gestaltete bilaterale Larven characteristisch sind. Die erstere Art der Entwicklimg gilt für die Holoflmrien und einige Asteroideoi , welche entweder lebendige Junge gebären {Amphiura sqaamut(i) oder nur wenige aber grosse Eier ablegen und diese während ihrer Entwicklung in einem Brutraunie des mütterlichen Körpers beschützen. Ueberall ist auch hier das erste Jugendstadium ein bewimperter Embryo. Neuerdings wurde von Grube auch ein viviparer Seeigel entdeckt {Anocluinus sinensis), an dessen Schcitelpole unterhalb eines grossen einfachen Genital- porus die Bruthöhle mit den Embryonen gelegen ist. Indessen hat A. Agassiz jüngst nachgewiesen , dass auch andere Spatangoideen mit tief eingesunkenen hinteren Ambulacren wie llcmiaster , ihre Brut in dem durch vorstehende Stacheln geschützten Räume derselben bergen (wie bereits von Philipp! schon 1845 für IL cavernosus beobachtet wurde) und dass diese Seeigel lebendige Junge gebären. In den Fällen einer complicirten , durch bilaterale Larvenstadien aus- gezeichneten Metamorphose verwandelt sich der Eidotter nach Vollendung der totalen Furchung in einen kugligen Embryo, dessen zellige Wandung eine helle Centralsubstanz {Gallertkern , V. Hensen) umschliesst und an der Oberfläche zarte Wimperhatire trägt. Nachdem derselbe die EihüUen verlassen hat, bildet sich an einer bestimmten verdickten Stelle seiner zelligen Wandung, wie schon Krohn und neuerdings A. Agassiz für AsteracanthionnsLchwies, eine gruben- förmige Vertiefung, welche allmählig immer tiefer greift und unter gleichzeitiger Streckung des Larvenkörpers zu einer in die Längsachse des Leibes hinein- wachsenden Höhlung, der Anlage des Darmkanales, sich umgestaltet. Merk- würdigerweise gehen nach V. Hensen von der Zellenschicht der Darmanlage die Zellwucherungen aus , welche in der ursprünglich gleichmässigen Gallert- substanz des Körpers einw^andern und dieses Gewebe mit Zellen ^) versorgen. Oft treten diese Zellen in sehr grosser Zahl und von mehr rundlicher Form auf und füllen das Zwischengewebe grossentheils aus. Metschnikoff glaubt in ihnen die Bildungselemente der Cutis und des Kalkskelets zu erkennen, während sich nach Selenka diese Wanderzellen an den Holothurienlarven an der Aussenfläche des entoderraalen Darmschlauchs und an der Innenfläche der Entodermbekleidung anlegen und als Mesoderraelemente hier die Muskulatur der Leibeswand, dort die des Darmkanals erzeugen. Die Anfangs radiäre Form der Goelenteraten- ähnlichen Larve wird mit fortschreitendem Wachsthum mehr und mehr bilateral. Zunächst flacht sich die eine Seite des gestreckten Körpers ab , das blinde Ende der verdauenden Höhlung nähert sich dieser Fläche und bricht an derselben nach aussen durch. Die der primitiven Ein- buchtung entsprechende Oeffnung fungirt als After, die zuletzt entstandene wird zur Mundöffnung. Während sich der Darm in drei Abschnitte, Schlund, Magen 1) Vergl. die Entwicklung der Medusen und der Rippenquallen. Bipinnarien. Brachiolarien. 317 und Enddarm gliedert , beginnen sich die Wimpern auf der Umgebung der sattelförmig eingedrückten Bauclifläche zu concentriren. Zunächst entstehen vor und hinter der weiten Mundöffnung zwei halbmondförmige dicht bewim- perte Qaerwülsle , welche mit ihren seitlichen Enden zusammenlaufen und in die so charakteristische Wimperschnur der Echinodermenlarve auswachsen. Dazu kommt, dass die Echinodermenlarven bilateral symmetrisch sind und in ihrer Erscheinung manche Uebereinstimmung mit Wurmlarven zeigen, so dass sie neuerdings von mehreren Seiten in näheren oder entfernteren Verband mit den Gliederwürmern gebracht werden. Noch vor Durchbruch der Mund- öffnung hat sich nach A. Agassiz hei den Asteridecn und Edünoideen aus dem blinden Ende der Darmhöhle eine doppelte Ausstülpung hervorgebildet, durch deren Abschnürung zwei zu den Seiten des Darmes gelegene Säckchen selbstiindig werden. Das grössere linksseitige Säckchen — durch die Lage der Mundöffnung wird die vordere Flälfte der Bauch- fläche bezeichnet — öffnet sich auf der Rückenfläche nach aussen in dem bereits durch J. Müller bekannt gewordenen Rückenporus und bildet in seiner vordem Partie die erste Anlage des spätem Wassergefässsystems. Der hintere Abschnitt desselben dagegen und das rechtsseitige Säckchen sind die sog, Lateralscheiben oder wurstförmigen Körper, welche die Bekleidung der Leibeshöhle erzeugen. Bei den Larven der Holothurien {Auricalarien) tritt nur eine einzige Aussackung am Darm hervor, welche sich als geschlossene Blase, Vasoperitonealblase , in einen vordem Theil, die Anlage des Wasser- gefässsystems, und in einen hintern Abschnitt spaltet. Die letztere trennt sich wieder in eine rechte und linke Hälfte, welche den Lateralscheiben gleich- werthig sind und nach Selen ka^) an den Larven von Holollmria tiibulosa später die Peritonealauskleidung der Leibeshöhle liefern sollen. Mit dem fortschreitenden Wachsthum nehmen die Larven der Seeigel, Schlangensterne, Seesterne und Holothurien eine verschiedene und nictit un- wesentlich differirende Gestaltung an. Es entstehen durch abweichende Wachs- thümsvorgänge eine Reihe von Larvenformen , deren Bau und Entwicklungs- weise vornehmlich durch die umfassenden und berühmten Untersuchungen von Job. Müller bekannt gew^orden ist. Der w^ulstige Rand mit der rücklaufenden Wimperschnur erhält Einbiegungen und Fortsätze mancherlei Form in durchaus symmetrisch bilateraler Vertheilung, deren Zahl, Lage und Grösse die besondere Gestaltung des Leibes bestimmt. Wir unterscheiden immer deutlicher einen vordem und einen hintern ventralen Abschnitt der Wimperschnur von den seitlichen, die Rücken wand bildenden Theilen derselben, welche vorn und hinten dorsoventrale Umbiegungen bilden und so in die erstere übergehn. Indessen können die dorsalen Ränder am vordem Körperpole auch unmittelbar in einander übergehn , so dass der vordere oberhalb des Mundes gelegene Ab- schnitt seine selbstständig rücklaufende, das sog, Miindschild begrenzende Wimperschnur besitzt. Diese Eigentliümlichkeit in der Gestaltung der Wimper- schnur ist für die als Bipinnarien und Brachiolarien unterschiedenen Larven 1) E. Selenka, Zur Entwicklung der Holothurien {Cucumaria doliolum und Holoihuria tuhulosa). Zeitschrift für wiss. Zooi. Tom. XXVII. 1876. 318 Auricularien. Pluteus. der Seesterne charakteristisch. In allen andern Fällen beobachten wir nur eine einzige rücklaufende Wimperschnur. Bei den Larven der Synaptidcn und Holothurion (//. tnhulosa) , den sog. Auricularien , bleiben die Fortsätze kurz und weich, sie finden sich an den dorsalen Seitenrändern und als Auricularfortsätze an der hintern dorsoventralen Umbiegung der Wimperschnur , ebenso an dem hintern ventralen Schirm und an dem Mundschild. Aehnlich verhalten sich die Fortsätze der Bipinnarien, welche wenngleich viel länger und gestreckter (vornehmlich der mediane des Mundschildes und der Rückenfläche) stets der Kalkstäbe entbehren. Die Brachiolarien unterscheiden sich von jenen durch den Besitz von drei vordem zwischen Mundschild und Rücken gelagerten Armen, welche im Verein mit einem saugnapfähnlichen Nackenschild als Haftapparate wirken. Uebrigens treten diese Haftorgane, wie es scheint, immer erst während der spätem Ent- wicklung auf, so dass dem Brachiolarias\.^^mm ein Bipinnariü-khn]^^^?, (Brachina A. Ag.) oder mit derselben identisches (V. Hensen) Stadium vor- ausgeht. Die bilateralen Larven der Ophiuriden und Seeigel, die sog. 7VM/e?^sformen, zeichnen sich durch ihre umfangreichen stabförmigen Fortsätze aus, welche stets durch ein System von Kalkstäben gestützt vi^erden. Die PlntcusX&xyeTi der Ophiuriden besitzen sehr lange Auricularfortsätze, auch an der vordem dorsoventralen Umbiegung des Randes, sodann lange Fortsätze am dorsalen Seitenrand und am Rande der hintern ventralen Decke. Für die Larven der Spatangiden erscheint der Besitz eines unpaaren Scheitelstabes, für die von Echinus und Echinocidaris das Vorkommen von Wimperepauletten charakteristisch. Die Verwandlung dieser seitlich symmetrischen Larven in den Leib des spätem Echinoderms erfolgt nicht überall in derselben Weise, indem derselbe nach Job. Müller bei den Seeigeln, Seesternen und Ophiuriden als eine Art Neubildung im Innern des Larvenkörpers auftritt, welche von den Theilen des letztern vornehmlich den Magen, Darm und Rückenschlauch in sich aufnimmt, während der Uebergang der Auricularie in die Synaptide oder Ifolothuric ohne Verlust des äussern Larvenkörpers durch Vermittlung eines puppenartigen Zwischenstadiums erfolgt. Indessen sind nach den neueston Untersuchungen Metschnikoff's auch im erstem Falle die Hauttheile des Larvenkörpers an der Bildung des spätem Echinoderms wesentlich betheiligt. Stets entwickelt sich unterhalb der Haut (und zwar durch Abschnürung vom Darm , beziehungsweise zugleicli von der Wassergetassanlage aus) eine Bildungsmasse, welche die »wurstföimigen Körper« oder die »Lateralscheiben« liefert. Dieselben werden bei den Bipinnarien durch das rechte scheibenförmige Säckchen selbst, sowie durch die hintere Partie des linken Säckchens gebildet, bei den Auricularien durch die hintere Partie der unpaaren Vasopeiilononlblase ent- standen , umwachsen von zwei Seiten den Magen und werden nach M e t s c h n i k o f f zur Muskelschicht und zum Peritoneum des spätem Echinoderms, während die Leibeshöhle ihre Entstehung zwischen beiden Blättern der verwachsenden Seitenscheiben nimmt. Nach Selenka erzeugen sie dagegen lediglich die Peritonealauskleidung, da die Muskeln von Darm und Haut durch die Wander- Entwicklung des Echinoderms im Larvenleib. 319 Zellen gebildet werden. Der Ganal oder Schlauch des Rückenporus gibt während der fortschreitenden Entwicklung seine einfache Form auf und gestaltet sich zum Ringcanal mit den Anlagen der Ambulacralstämme und der ersten Saug- füsschen beziehungsweise der Tentakeln. Bei den Aiiricularien und allen durch Pluteusmeia.morphose sich entwickelnden Ophiurideen umwächst die Anlage des Wassergefässsystems den Oesophagus, um sich unter Bildung von Blindschläuclien und secundären Ausstülpungen ringförmig zu schliessen. Bei den Asterideen und Echinoideen aber bleibt sie ohne Beziehung zum Larven- Oesophagus, nimmt eine Rosettenform an und wird nach Metschnikoff erst später von dem neu entstandenen Oesophagus durchbohrt. Nur im letztern Falle findet die Bildung einer neuen Schlundröhre statt, während bei den Auricularien und Ophiurideen der Larvenschlund zu dem des spätem Thieres wird. Die Anlage des definitiven Skelets und der Echinodermenhaut erfolgt ausserhalb der Seitenscheiben in dem mit rundlichen Zellen, »Cutiszellen«, er- füllten Zwischengewebe unter Betheiligung der sich verdickenden Oberhaut, sei es dass wie bei den Auricularien die gesammte Larvenhaut direkt in die entsprechenden Theile des Echinoderms umgewandelt wird, sei es dass dieselbe nur theilweise zur Verwendung kommt , indem ein Theil der Larvenhaut mit den provisorischen Kalkstäben resorbirt oder wohl auch abgeworfen wird. Der Rückenporus, der überall (nur die Auricularien verlieren denselben in einem spätem Entwicklungsstadium) seine ursprüngliche Lage bewahrt, be- zeichnet die Stelle, in welcher durch die Skeletbildung der Cutis die Madreporen- platte entsteht ; der von ihm ausgehende Ganal des Rückenschlauches wird zum Steincanal. Das Skelet und Perisom des definitiven Echinoderms hat bei den Schlangensternen und Seesternen im linken Antimer der Larve eine seitliche, anfangs senkrecht gestellte Anlage, welche allmählig sich verschiebt und in die Horizontalstellung (zur Längsachse der Larve) übergeht. Dieselbe besteht bei den Ophiurideen aus 5 zapfenförmigen von der verdickten Epidermis überkleideten Ausstülpungen, -»Hohlkehlen«, von denen 2 an der Bauchseite, 3 an der Rücken- seite der linken Körperhälfte liegen. Auch das Wassergefässsystem mit seinen 5 blinddarmförmigen Ausstülpungen ist hier anfangs in verticaler Richtung an der linken Seite des Pluteuskörpers gelegen und geht den Hohlkehlen ent- sprechend den Oesophagus umwachsend in eine horizontale Lage über. Auch bei den Bipinnarien legt sich das Echinodermenskelet als senkrechte Platte an, die mit ihren eingeschlossenen Skeletstücken eine Drehung um die Verticalachse erfährt, während sich ihre Epidermoidalverdickungen in 5 Gruppen, 3 ventralen und 2 dorsalen, ordnen. Bei den Echinoideen wird eine besondere Hautein- stülpung, wie zuerst AI. Agassiz erkannte, zu dem von Job. Müller als Umbo und auf einer vorgeschrittenen Entwicklungsstufe als Seeigelscheibe bezeichneten Gebilde , welches in eine nähere Beziehung zu den 5 Armen des Wassergefässsäckchens tritt und die Epidermis der Bauchfläche des Echinoderms liefert. Auch hier erzeugt indess die Larvenhaut die Hautgebilde des Seeigels, während das provisorische Larvenskelet in einzelne Stücke zersplittert, gewinnt der Körper eine mehr rundliche Form, und die Pluteusarme beginnen zu atro- phiren. Die fünf aus der Rosette des Wassergefässsystems hervorgebildeten Füsschen kommen ähnlich wie die Füsschen am pentagonalen Körper des 320 Auricularienpuppen. jungen Schlangensterns zum Durchbruch, und beginnen tastende und kriechende Bewegungen. Schliesslich gelangen die Arme und Ueberreste des Larven- skeletes zur vollkommenen Resorption , der junge kriechende Seeigel aber hat noch mannichfache Umgestaltungen während des Wachsthums zu durchlaufen. Ein Abwerfen einzelner Arme findet vielleicht nur bei den Ophiuridcen statt, hidessen ist von Joh. Müller für Bipinnaria osterijera die Trennung des Seesternes von dem ganzen Larvenkörper durch Abreissen des Larvenschlundes behauptet worden. Die Entwicklung der Auricidarien schliesst sich zwar durch die voll- kommene Verwendung der Larvenhaut am nächsten an die der Bipinnarien an, zeigt aber doch einige erhebliche Abweichungen vornehmlich durch die Einseliiebung des sog. Puppenstadiums. Wenn die Lateralscheiben mit ihrer spaltenföraiigen Höhlung (Leibeshöhle) in der Umgebung des Magens zu einem Schlauche verschmolzen sind und die Anlage des Wassergefässringes mit seinen bl in dd arm förmigen Anhängen die Schlundröhre umwächst, beginnt in der äussern Erscheinung der Auricularie eine auffallende Umformung. Durch Zer- reissen der Wimperschnur entstehen an der Bauchfläche zehn isolirte Wimper- abschnitte, von denen vier (zwei der Seitenfortsätze und die horizontalen der beiden sog. Marquisen) der Mundöffnung am nächsten stehen. Diese nähern sich dem Munde mehr und mehr und verbinden sich zu einem Ring, während die übrigen Wimperstücke ganz allmählig eine mehr horizontale, d. h. zur Längsachse senkrechte Lage erhalten. Gleichzeitig werden die äussern Aus- buchtungen eingezogen, so dass der Körper die Form einer Tonne gewinnt, an deren Oberfläche die quergerichteten Wimperstücke zur Bildung von Wimper- reifen verwachsen. Zuerst erscheint der mittlere Wimperreifen , der aus dem Rückentheil der Wimperschnur hervorgeht. Während der Umgestaltung der bilateralen Auricularie in die tonnenförmige mit 5 Wimperreifen versehene Puppe zieht sich der etwas vorgetretene Mundtheil des Oesophagus mit den ihn umgebenden aus der Wimpersclmur hervorgegangenen Ring in das Innere des Körpers ein. Der dicke epidermoidale Ring tritt (vergleichbar der Seeigel- scheibe) in nähere Beziehung zu dem Wassergefässsystem und wird zum Ueber- zuge der 5 Tentakelblindschläuche, entsendet aber auch längs der 5 kleinern nach hinten röhrenförmig sich verlängernden und die Anlage der Wasser- gefässstämme darstellenden Blinddärmchen des Gefässrings bandförmige Fort- sätze, aus denen sich wahrscheinlich die Ambulacralstämme des Nervensystems entwickeln. Schlund und Mundöffnung gehn also keineswegs, wie man bisher annahm, verloren, und es bleibt eine wenngleich kleine Eingangsöffnung, welche in eine von der eingestülpten Epidermis bekleideten Höhle führt, in deren Grunde die 5 den Mund umgebenden Tentakeln zur Entwicklung kommen. Diese brechen schliesslich , nachdem die sog. Leibeshöhle der Puppe durch die mächtig vergrösserten schlauchförmigen Lateralscheiben venlrängt, und ihre Zellen (Gutiszellen) zur Bildung der G itis mit ihren Kalkeinlagerungen ver- wendet worden sind, durch die erweiterte Eingangshöhle hervor und beginnen kriechende Bewegungen , durch welche nach allmähligem Veilust der letzten Puppenmerkmale die junge Synaptide zu einer sedentären Lebensweise über- geführt wird. In andern Fällen, bei mit Saugfüsachen versehenen Holothurien, Entwicklung von Comatnla. 321 kommen zu den 5 Mundtentakeln noch ein oder zwei ventrale Bauchfüsschen als Bewegungsorgane der jungen Holothurie hinzu. Unter den Crinoideen ist die Entwicklungsweise der Comatula durch Busch, W. Thomson und AI. Goette *) näher bekannt geworden. Die aus dem Eie ausschlüpfenden Larven sind tonnenförmig und besitzen bereits vier Wimper- reifen und einen Gilienbusch am hintern Pole. An der Bauchseite findet sich zwischen den beiden hintern Winiperreifen eine Oeffnung, der bald sich schliessende Gastrulamund , welcher in einen blindsackförmig geschlossenen Entodermsack führt. Dieser bildet nach vorn einen Zipfel (Schlundanlage), welcher zwischen den beiden vordem Wimperreifen etwas linksseitig als Mundöffnung durchbricht. An dem geschlossenen Darmsack treten sodann drei Aussackungen hervor, die sich bald abschnüren, zwei seitliche, die Anlagen des Peritonealblaltes, und eine unpaare ventrale, die Anlage des Wassergefäss- systems. Von den beiden seitlichen Peritonealblasen wächst die linke nach der Bauchseite des Darmes, während sich die rechte auf den Rücken umschlägt. Beide schmiegen sich mit ihrem Innern Blatt an den Darm an und umwachsen denselben unter steter Verdünnung ihrer epitelialen Wand, während ihr äusseres Blatt das umgebende mittlere Keimblatt (Gallertkern mit eingewanderten Zellen) gegen die Oberhaut drängt. Die Darmmuskulatur wird hier also nicht wie bei Holntliurioidetn und den Bipinnarien von jenen Wanderzellen gebildet. Nachdem die beiden Peritonealsäcke im Umkreis des Darmes zusammengetroffen sind, verwachsen die anstossenden Theile ihrer Wand zu einem schräg gestellten Mesenterium. Der hintere oder aborale Peritonealsack entsendet später einen Fortsatz in das sich verlängernde hintere Körperende, welches den Stil der Pentacrinoidform erzeugt. Dagegen gewinnt der orale Peritonealsack eine Be- ziehung zu der sich viel später vom Darm abschnürenden Anlage des Wasser- gefässsystems, welche vom visceralen Blatte derselben umwachsen wird. Diese somit zweischichtig gewordene Anlage des Ringcanals und der Tentakeln rückt in Form eines schräg verschobenen queren Wulstes bis unter die trichter- förmige Mundvertiefung vor , unter welcher eine Zellenmasse , die Oralplatte, die direkte Verbindung mit dem Schlundtheil des Darmes unterbrochen hat. Diese Zellenmasse bildet mit dem sich verlängernden Oberhauttrichter des Mundes gleichsam eine Säule mitten durch die orale Leibeshöhle , um welche die wulstförmige Wassergefässanlage herumwächst und sich zu einem Ringe schliesst. Der vordere zwischen Ringwulst und Leibeswand befindliche Theil der oralen Leibeshöhle wird durch partielle Verwachsung jener selbstständig und erscheint als ein oraler Vorraum. Während dieser Bildungsvorgänge hat sich der hintere Theil des Larven- körpers in einen kurzen Stil ausgezogen , dessen mesodermales Gewebe alsbald den aufgenommenen Ausläufer der Leibeshöhle bis auf einen trichterförmigen Rest zusammenpresst. Bevor sich aber die Larve mit diesem zum Stile der Pentacrinoidform werdenden Abschnitt festsetzt, sind in dem subepitelialen 1) AI. Goette, Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Comatula mediterranea. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XII. 1876. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 21 Anlage des Apex und der* Mundplatten. Gewebe der Cutis Skeletbildungen und zwar in radiärer Anordnung aufgetreten, deren Anlage bereits von Wy v. Thomson beschrieben wurde. Es sind 10 Kalk- stücke, welche sich im Bereich des Darmes um eine gekrümmte Axe anlegen, so dass fünf vordere den oralen Peritonealsack (Oralia = Interradialia) und fünf hmtere (Aboralia = Basalia) den aboralen Peritonealsack umlagern. Dazu kommen ein Endstück und acht voraus gelagerte Kalkringe im Stilabschnitt, sowie netzförmige Skeletstreifen, welche an den untern Wänden der Basalia die obersten Anlagen der Stilglieder umgeben und später oberhalb derselben zu der Centrodorsalplatte verschmelzen sollen, welche jedoch von den Autoren auf die obere oder auf einen Gomplex von mehreren obern Stilgliedern zurückgeführt wird. Erst wenn die Befestigung ausgeführt ist, beginnt auch für die äussere Form und für die innern Weichtheile der Larven die bilaterale Gestaltung in die radiäre überzugehn, indem die ventralen Organe, Mund, Ringwulst, orale Leibeshöhle, an da? Vorderende, die dorsalen Organe andererseits dahinter rücken und sich um die Längsachse ordnen , um welche auch die 10 Skelet- stücke des Kelches eine gerade gestreckte Lage erhalten. Die radiäre Ausbil- dung der Weichtheile wird ähnlich wie bei den übrigen Echinodermen von der Anlage des Wassergefässsystems aus eingeleitet , welche sich in den Ringcanal mit 5 fingerförmigen hohlen Zapfen umgestaltet hat. Die letztern sind die Tentakelanlagen, welche den oralen Vorraum im Umkreise des noch an der Oralplatte befestigten Oberhauttrichters ausfüllen. Indem sich später der orale Vorraum erweitert, hebt sich der Oberhauttrichter von der Oralplatte ab und wird zu einem dünnen Dache, welches sich über den Tentakeln und zwischen den Vorderwänden der Oralia ausspannt. Im Grunde der geräumigen Vorhöhle bricht endlich im Gentrum der Oralplatte der Mund durch, so dass sich der bisher geschlossene Kelch öffnet. Erst später bricht der After am Ende eines bis zur Leibeswand vorgerückten Darmzipfels (und zwar an der ursprünglichen Bauchseite der Larven) nach aussen durch. Die Arme entwickeln sich an der Basis der fünf radialen Tentakeln, die inzwischen seitliche Nebententakeln ge- bildethaben und wahrscheinlich ihren Gefässraum zum Radialgefäss urngetalten. Als äussere Skeletanlagen der Arme treten Radialia auf, durch deren Wachs- thum die Oralia ganz auf die orale Körperseite gedrängt werden. Bei der mehr direkten Entwicklungsweise, welche für einige Seesterne, Ophiuriden, Echinoideen und Holothurien Geltung hat und besonders unter den Echinodermen des antarclischen Meeres verbreitet zu sein scheint, wiid die bila- terale Larvenform mehr oder minder vollständig unterdrückt. Die Zeit des Umher- schwärmens wird entweder bedeutend abgekürzt oder fällt ganz hinweg, indem sich die Jugendform in einem geschützten Brutraume oder gar innerhalb des mütterlichen Körpers entwickelt und dann lebendig geboren wird. In dem letzt ern für Amphmra squamata gültigen Falle finden sich an der Jugendform wenigstens Reste eines Larvenkörpers und Larvenskelets, so dass man Anhalts- punkte gewinnt, um diese mehr direkte Entwicklung durch Rückbildung des provisorischen Larvenapparates aus jener entstanden und als eine nothwendige mit der Vergrösserung des Eimaterials und den dargebotenen Schutzeinrichtungen In Causalconnex stehende Vereinfachung zu erklären. Entwicklung von Pteraster, Echinaster. 323 Am meisten geschützt ist die Bruthölile bei Pieraster militaris '). Hier liegt dieselbe oberhalb des Afters und der Geschlechtsöffnungen und wird von der mit Kalkkörperchen erfüllten Oberhaut gebildet, welche sich über die Stacheln des Rückens emporgehoben hat. Etwa 8 bis 20 grosse Eier (von 1 mm. Durchmesser) gelangen in den Innenraum der Bruthöhle und gestalten sich dort zu ovalen Embryonen um , welche einige Saugfüsschen erhalten und in fünfeckige Sterne übergehn. Die Anlage des Embrj'os erfolgt in der Weise, dass sich an einem Dottersegmente vier schildförmige Verdickungen und unter diesen einige Saugfüsschen bilden. Durch scheibenförmige Ausbreitung der Anlage und Vermehrung der Schilder und Ambulacralfüsschen entwickelt sich der Stern , an welchem man in der Umgebung einer centralen halbkugligen Hervorragung der Mundscheibe das ambulacrale Ringgefäss mit den 5 Gefäss- stämmen und 2—3 Paaren von Saugfüsschen in jedem Strahle erkennt. Bei Echinaster Sarsii bildet sich ein Brutraum auf der Bauchfläche aus, indem der Seestern die Spitzen seiner tünf Arme über Mund und Bauchfläche zusammen- schliesst. Das vollständig bewimperte Junge gewinnt am vordem Ende einen kolbigen Fortsatz , welcher sich in mehrere Haftkolben theilt und dem Haft- organ der Brachiolaria vergleichbar, den Körper an der Wand des Brutraums befestigt. Dieser provisorische Apparat geht mit der Umwandlung des ovalen Körpers in eine fünfeckige Scheibe alimählig zu Grunde und wird durch die hervorknospenden Ambulacralfüsschen ersetzt. Verdauungscanal und Am- bulacralgefässe werden wie es scheint von Anfang an in einer dem penta- gonalen Echinodermenleib entsprechenden Form angelegt; in jedem Strahl bilden sich dann drei Füsschen aus, zwei paarige und ein unpaares, von denen das letztere als das Tastfüsschen der Ecke des Pentagons am nächsten liegt; die fünf Ecken treten alimählig stärker hervor, erhalten Augenkegel und Tentakel- farchen. Stacheln kommen zum V'orschein und die Mundöffnung zum Durch- bruch, das Haftorgan fällt ab, und das Junge entschlüpft dem Brutraume des Mutlerthieres, um alimählig unter kriechender Bewegung und selbstständiger Ernährung zu einem kleinen Seesterne auszuwachsen. Ganz ähnlich verhält sich die Entwicklung von Asteracanthion Mülleri. Eine merkwürdige Verbindung der radiären und bilateralen Form zeigt die wurmförmige Asterienlarve von Joh. Müller, über deren Entwicklungsmodus leider bislang nichts Näheres bekannt wurde. Dieselbe gleicht auf der Rückenfläche einem fünfrmgeligen Wurme, auf der Bauchfläche einem fünfstrahligen Sterne, welcher aus den drei vorderen Ringen des Wurmes entstanden ist. Auch Asteriscus {Asterina) verruculaius entwickelt sich nach Lacaze-Duthiers ohne schwärmende Larvenstadien, doch werden hier die Eier aus den ventral gelegenen Genital- öffnungen einzeln auf Steinen abgesetzt, an denen sich die ausgeschlüpfte Jugendformen mittelst zweier provisorischer Haftarme kriechend fortschieben. Unter den Echinoideen sind bislang nur wenige Fälle direkter Entwick- lung bekannt geworden. Der m\i Echinohrissus verwandte Anochaims sinensis besitzt am Scheitelfeld eine Bruthöhle, welche mit einer ansehnlichen Oeffnung ausmündet. An den in derselben sich entwickelnden Jungen liegt die Mund- öffnung noch central, wogegen die Analgrube fehlt. Dazu kommen einige 1) Nach den Beobachtungen von Sars, Daniellsen und Koren. 21* 324 Anochamis sii ensis. Hemiasfer. Psolinus. PLyllophorus. Arten der Gattung Hemiaster, welche wie //. Philippii ihre Eier in den Gavitäten der hintern Ambulacren wie in Bruthöhlen zur Entwicklung bringen. Auch für mehrere Ilolothurien wurde im Gegensatze zu H. tuhulosa die einfache direkte Entwicklung nachgewiesen. Bei Holothuria tremula nimmt der bewimperte Embryo nach den aphoristischen Beobachtungen von Daniellsen und Koren eine birnförmige Gestalt an und erhält den Wassergefässring und fünf Tentakeln. Während diese letztern anstatt der geschwundenen Wimperhaare als Bewegungsorgane dienen, bildet sich Darmcanal und Hautskelet. Später mit fortschreitendem Wachsthum verästeln sich die Tentakeln, und es wachsen zwei Ventralfüsschen hervor, mit deren Auftreten die Bewegung auf der Bauchfläche erfolgt. Aehnlich ent- wickeln sich nach Kowalewsky Fsolinus brevis, Fhyllophorus urna und andere Holothurien mit terminaler Mundöffnung und grossem Nahrungsdotter. Bei Fsolinus sind die aus dem mütterlichen Körper ausgeworfenen Eier bereits befruchtet — zum Beweise für den Eintritt des mit Samen gemengten See- wassers in die weibliche Geschlechtsmündung. Nach durchlaufener Furchung gestaltet sich der Dotter zu einem kugligen Embryo mit bewimperter einfach geschichteter Zellwandung. Indem sich die Zellwand an dem einen Pole gegen die Centralhöhle sackförmig einstülpt, entsteht die Anlage des Darmcanals mit dem Larvenmund (doch auch wohl hier dem spätem After). Gleichzeitig soll die ursprünglich einfache Zellschicht der Wandung in eine überaus zarte und durch- sichtige peripherische und eine viel stärkere centrale Lage zerfallen, von denen jene zur Oberhaut würde, die centrale Schicht den Muskelschlauch und die bindegewebige Wandung des Körpers lieferte. Eine zweite Einstülpung an der Rückenseite soll zum Rückenschlauche werden und in einen bewimperten ring- förmigen Ganal auswachsen. Bevor noch die Theile desselben in der Um- gebung des Oesophagus zum Canal geschlossen sind , entstehen drei neue und dann noch zwei mit jenen nach vorn gerichtete Aeste, welche die Haut in Form von Warzen vor sich hertreiben und zu Mundtentakeln werden. Auch geht aus dem Ambulacralring ein nach hinten gewendeter Ast hervor, welcher sich bald in zwei Aeste theilt und zwei Warzen an dem hintern ventralen Ende, die zwei hintern Bauchfüsschen der jungen Holothurie bildet. Die weitere Ent- wicklung der jungen Holothurie besteht in der Verlängerung des Darmcanals, der gabiigen Spaltung der Mundtentakeln und in der Bildung von Kalkkörpern, welche zuerst an dem Theile des Wassergefässsystems beobachtet wurden, welcher an dem später verschwindenden Porus excretorius zum Kalksacke sich umgestaltet. Fhyllophorus urna durchläuft eine ähnliche Entwicklung, aber in der Leibeshöhle der Mutter, in welcher die Jungen anfangs mittelst der Flimmercilien umherschwimmen, bis sie nach Auftreten der fünf Mundtentakeln und der beiden Ventralfüsschen als kleine Holothurien geboren werden. Am genauesten ist die Entwicklung für Cucumaria (Pentacta) doUolum durch Selenka bekannt geworden. Hier durchbrechen die Jungen sehr frühzeitig die EihüUen und zwar noch vor Anlage des Darmes als gleichmässig bewim- perte Larven (Kowalevsky). Ueberaus rasch erfolgt die Mesodermbildung, sodass schon im Gastrulastadium ein fast geschlossenes Haut- und Darmmuskel- J3latt erzeugt worden ist (Selenka). Auch hier trennt sich vom Urdarm nur Entwicklung von Ciicumaria. Tornaria. Wurmlarven. 325 eine Vasoperitonealblase ab , die sich ganz ähnlich wie bei den Auricularien gliedert. In der äussern Gestaltung der Larve wird das Auriculariastadium ganz übersprungen. Dann erscheinen anfangs zuerst die zwei Ventralfüsschen, dann drei Tentakeln mit Saugfüsschen am Ende , später noch zwei Tentakeln an der Bauchseite. Der für die verschiedenen Echinodermenabtheilungen dargestellte Ent- wicklungsgang ist von dem der Anneliden, Avelche schwärmende von Wimper- ringen oder Wimperschnüren umgürtete Larvenstadien durchlaufen, so wesent- lich verscliieden , dass selbst bei direkter Beziehung der beiderlei Larvenformen (Gegenbaur) auf eine gemeinsame Grundform doch nur eine sehr entfernte genetische Beziehung von Würmern und Echinodermen wahrscheinlich sein würde. Allerdings bietet die merkwürdige Balanoglossus-Ln.rye, welche als »Tornaria«. beschrieben, früher allgemein für eine Echinodermenlarve gehalten war, eine nahe und vielleicht direkte Beziehung zu den Echinodermenlarven, indessen erscheint bislang die Stellung von Balanoglossus zu den Anneliden keineswegs vollkommen aufgeklärt. Ebensowenig scheint ein näheres Verhältniss der Echinodermen und Coelenteraten, wie es Metschnikoff auf Grund der Wassergefässanlage wahr- scheinlich zu machen versuchte, durchführbar, zumal die bilateralen Larven- formen, welche den Ausgangspunkt der Echinodermenentwicklung bilden, keine direkte Anknüpfung gestatten. Dagegen ergibt sich trotz der zahlreichen und bedeutenden Abweichungen, welche die ontogenetische Entwicklung in den verschiedenen Echinodermen- gruppen aufweist, doch eine generelle Uebereinstimmung, welche über den phylo- genetischen Entwicklungsgang des merkwürdigen als Einheit wohl begrenzten Thierkreises einige Reflexionen gestattet. Wir werden zu dem Schlüsse berechtigt sein, dass die Stammformen der Echinodermen bilaterale freischwimmende Thiere waren , welche erst nach ihrer Fixation an der Rückenseite mittelst asymmetrischer Wachsthumsvor- gänge (die wir demnach als eine secundäre Erscheinung zu deuten hätten) all- mählig eine radiäre Gestaltung und Gliederung der Innern Organe bei gleich- zeitiger Ausbildung eines entsprechenden radiären Schutzskelets der Haut zur Erscheinung brachten. Möglicherweise gab das unsymmetrische Wachsthum innerer Organe und das Uebergewicht der linksseitigen Körperhälfte den mechanischen Anlass zum Verlust der freien Bewegung, wie andererseits der letztere und die am Rücken eingetretene Fixation ^} den Grund abgab, dass in der phylogenetischen Fortbildung die Bauchseite zur oralen oder vordem, die Rückenseite zur aboralen oder hintern Körperseite wurde, und dass das weitere Wachsthum der Organe im Umkreis der Körperachse zur Entstehung der fünf Antimeren führte. Der Gomplex dieser im Detail kaum näher eruirbaren Vor- gänge, welche zur Entstehung des radiären Echinodermenleibes führte, erscheint freilich in der ontogenetischen Entwicklung in stark abgekürzter Form zeitlich verschoben in den Leib der schwärmenden Larve zurückverlegt und zwar in 1) Vergl. Bergmann und Leuckart, Anatomisch-physiol. Uebersicht des Thier- reichs. Braunschweig. 1847. Erklärungsversuch der radiären Gliederung. den verschiedenen Gruppen unter mehrfachen das Auseinanderweichen dieser letztern vorbereitenden Modifikationen. Wenn aber unsere Vorstellung eine richtige ist, so haben wir die im Larvenkörper der Gomatula sich vollziehenden Vorgänge als die der ursprünglichen Entwicklung im Allgemeinen am nächst- stehenden zu betrachten, weil unter denselben die Bildung des zur Fixirung dienenden (in den andern Gruppen völlig geschwundenen) Apparates des ge- gliederten Stiles erhalten ist. Und aus gleichem Grunde haben wir neben den Cystideen und Blastoideen die festsitzenden gestilten Grinoideen als die der Stammgruppe zunächst stehende älteste Echinodermenclasse zu betrachten. Freilich haben jüngere Forscher im Anschluss an dieReichert-Haeckel'sche Vorstellung, dassderEchinodermenleib ein Thierstock von gegliederten Würmern sei, die Asterideen als Ausgangspunkt zu dieser Idee benutzt und demgemäss als die ältesten den ursprünglichen Verhältnissen am nächsten stehende Echinoder- men aufgefasst. Ebenso wenig wie die Paläontologie diese Deutung stützt, findet man zu derselben in der ontogenetischen Entwicklungsgeschichte auch nur die geringsten Anhaltspunkte. In der That heisst es der Natur Schrauben ansetzen, wenn man mit E. Ha ecket und G. 0. Sars die Anlage des Echino- dermen im Umkreis des Darmapparates der Larve als eine Knospung von fünf Würmern darzustellen und in dem Arm eines Seesterns einen Gliederwurm nachzuweisen sich bemüht. Eine ungeschlechtliche Vermehrung wurde bei Ophiuriden und Seestemen beobachtet. Insbesondere scheint nach Lütken bei den sechsstrahligen Formen in der Jugend eine spontane Theilung vorzukommen, wenigstens findet man bei Ophiotela- und OphiactissiYten halbe Scheiben mit drei Armen und regenerirte mit drei grossen und drei rudimentären Armen. Bei Ophiocoma pumila und Valencii sollen sich die Theilstücke zu fünfstrahligen Formen ergänzen. Auch Asteriasarien {Ä. tenuispina) mit mehr als fünf Armen und mit zwei Madre- porenplatten scheinen eine Theilung zu erfahren oder doch ihre abgestossenen Arme zu regeneriren. Endlich ist für Lindzla Ehrenhergii und verwandte Arten ein Zerfallen in die einzelnen Arme mit nachfolgender Ergänzung der- selben beobachtet worden. Uebrigens kommt allen Seesternen eine grosse Reproductionskraft zu, die Fähigkeit, verloren gegangene Körpertheile, z.B. Arme, mit allen ihren Einrichtungen, mit Nerven und Sinnesorganen durch neue zu ersetzen, eine Fähigkeit, die wie oben gezeigt, sogar zur ungeschlecht- lichen Fortpflanzung durch Theilung führt. Alle Echinodermen sind Meeresbewohner und ernähren sich bei einer langsam kriechenden Locomotion grossentheils von Seethieren, besonders von Mollusken, aber auch von Fucoideen und Tangen. Einzelne Seeigel wie Sphaerechinus yranularis sind höchst räuberische Thiere, welche unter einem Dache von Muschelschalen maskirt, grössere Grustaceen, selbst Squilla, überfallen, mit ihren Füsschen umspinnen und mittelst der Kieferzähne bewältigen. Die aspi- dochiroten Holothurien füllen ihren Darm mit Sand. Die dendrochiroten da- gegen, wie Fentacta, bringen mit ihren dendritisch ausgebreiteten Tentakeln kleinere Thiere in die Mundöffnung. Nur die gestilten Grinoideen entbehren der freien Locomotion, ihre Ambulacralanhänge haben die Bedeutung von Strudel- und Tastorganen gewonnen. Zahlreiche Echinodermen leben in der I. Classe. Crinoidea. 327 Nähe der Küsten auf dem Boden des Meeres, andere kommen in beträchtlichen Tiefen vor. Die Tiefseeformen ^) stehen in naher Verwandtschaft zu fossilen Echinodermen besonders aus der Kreide, selbst ans der paläozoischen Zeit. Schon in der silurischen Formation Englands und Nordamerikas sind fossile Asteriden gefunden worden , welche mit den theilweise vor der Silurzeit vertretenen Crinoideen die ältesten Echinodermenreste darstellen. I. Classe. Crinoidea'), Crinoideen. KeJch- oder scheibenförmige Echinodermen mit gegliederten, Pinnulae tragenden Armen, in der Hegel mittelst eines gegliederten, vom Scheitel ent- springenden Kalkstiles befestigt. Kelchpore^n ersetzen die fehlende Madrep&ren- platte. Die Haut auf der Aboralseite des Leibes getäfelt. Die Ämbulacral- anhänge sind Tentakeln, ivelche gruppenweise in den Ambulacral furchen des Kelches , der Arme und Pinnulae auftreten. Für die Gesammtform des Körpers ist das Vorhandensein eines gegliederten Stiles characteristisch, welcher am Scheitelpole entspringt und sich mit seinem untern Ende an festen Gegenständen anheftet. Derselbe fehlt nur wenigen 1) Vergl. besonders Wyv. Thomson, The dephs of the Sea on account of the general Results of the Dredging, cruise of H. M. SS. »Porcupine« and »Lightning« during the Summers of 1868, 1869, 1870. London. 1873. Derselbe, Voyage of the Challenger. The Atlantic, vol. I und II. London. 1877. 2) J. S. Miller, A natural history of the Crinoidea, or lily-shaped animals. Bristol. 1821. J. V. Thompson, Sur le Pentacrinus europaeus, l'etat de jeunesse de genre Comatula. L'institut. 1835. Derselbe, Memoir on the starfish of the genus Comatula. Edinb. new phil. Joum. Vol. 20. 1836. Joh. Müller, üeber den Bau von Pentacrinus caput Medusae. Abhandl. der BerL Acad. 1841. Derselbe, üeber die Gattung Comatula und ihre Arten. Ebendaselbst. 1847. Beyrich, üeber die Crinoideen des Muschelkalkes. Abhandl. der K. Acad. Berlin. 1857. Lütken, Om Vestindiens Pentacriner med nogle Bemaerkninger om Pentacriner og Soelilier i Almindelighet. Naturh. Forenings Meddelelser. Kjöbenhavn. 1864. L. Schnitze, Monographie der Echinodermen des Eifeler Kalkes. Wien. 1866. W. Thomson, On the Embryology of of the Antedon rosaceus. Phil. Tiansactions Roy. Soc. Tom. 155. 1865. W. B. Carpenter, ßesearches on the structure, physiology and development of Antedon rosaceus. ibid. Tom. 156. M. Sars, Memoires pour servir a la connaissance des crino'ides vivans. Christiania. 1868. Ed. Perrier, Recher ches sur l'anatomie et la regeneration des bras de la Comatula rosacea. Archiv, de zool. exper. Tom. II. 1873. A. Goette, Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Comatula mediterranea. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XII. R. Teuscher, Beiträge zur Anatomie der Echinodermen. Comatula medi- terranea. Jen. Zeitschr. für Naturw. Tom. IX. 1876. Greeff 1. c. H. Ludwig, Mor- phologische Studien an Echinodermen. Beiträge zur Anatomie der Crinoideen. Leipzig. 1877. Derselbe, Zur Anatomie des Rhizocrinus lofotensis M. Sars. Ebendas. P. H. Carpenter, On some points in the anatomy of Pentacrinus and Rhizocrinus. Journ. of anat. nat. phys. vol. XII. Derselbe, On the oral and apical Systems of the Echino- derms. Quaterl. Journ. of microsc. science. vol. XVIII. 328 Körperbau der Crinoideen. lebenden Gattungen : Antedon {Comatula) , Äctinometra und Verwandten , ist jedoch auch hier im Jugendzustand vorhanden. Aeusserlich wird der keldiförmige Leib, welcher die Eingeweide enthält, auf der Rückenseite von regelmässig gruppirten Kalktafeln bedeckt , während die obere Fläche, an welcher die Mundöffnung und der After liegen, von einer derben freilich auch kleine Kalkplättchen haltigen Haut bekleidet ist. Neben diesen finden sich {Rhizocrinus) fünf grössere den Mundeingang umstellende interradiale Kalkplatten (Oralia). Am Rande des Bechers entspringen einfache gabiig getheilte oder auch mehrfach verästelte Arme, deren festes Gerüste aus dorsalen durch Muskeln beweglichen Kalkstücken besteht und sich an den Kelchtafeln der Rückenfläche erhebt. Fast überall tragen die Arme an ihren Hauptstämmen oder deren Zweigen Seitenanhänge, Pinnulae, welche alternirend den einzelnen ebenfalls alternirenden Armgliedern zugehören und im Grunde nur die letzten Armzweige repräsentiren. Der Mund hegt in der Regel im Gentrum des Bechers; von hiei* aus erstrecken sich über die Scheibe nach den Armen, deren Verzweigungen und Pinnulae rinnenartige Furchen, die Ämbulacralfurchen, welche von einer weichen Haut überzogen sind sind und die tentakelartigen Ambulacralanhänge tragen. Die Afteröffnung liegt, wo dieselbe nachgewiesen wurde, excentrisch auf der ambulacralen Fläche. Der zur Befestigung des Kelches dienende Stil enthält zahlreiche meist pentagonale Kalkglieder, welche durch Bandmasse vereinigt, von einem die Ernährung vermittelnden Centralcanal durchsetzt wird. In gewissen Absländen tragen die Stilglieder wirteiförmig gestellte, ebenfalls gegliederte und von einem Canal durchbohrte Ranken ; der centrale Stilcanal umschüesst , wie aus dem Verhalten der näher untersuchten Gattungen Rhizocrinus und Feniacrinus hervorgeht, ernährende Blutgefässe, ein centrales und fünf peripherische, welche aus dem sogenannten gekammerten Organe entspringen und Gefässe in die Ranken abgeben. Bei manchen fossilen Formen ist dieser Canal freilich einfach gerundet, in andern Fällen wahrscheinlich in Folge der reducirten Zahl der peripherischen Blutgefässe vier- oder dreilappig. Von besonderer Bedeutung ist namentlich in Bezug auf die zahlreichen fossilen Crinoideen die Anordnung der Kelchtafeln. Um für dieselbe eine einheitliche Basis zu gewinnen, ist es nöthig auf die Skeletgebilde einer Jugendform zurückzugreifen, wie sie uns in der Pentacrinoidlarve der Comatula vorliegt. Kelch und Stil derselben, im Körper der tonnenförmigen mit Wimper- reifen umgürteten Larve erzeugt, enthalten bereits eine bestimmte Zahl regel- mässig geordneter Kalkstücke, welche sich im Stile als hinter einander liegende Ringe erweisen und mittelst einer scheibenförmigen Endplatte anhaften. Die Kalkstücke des Kelches wurden bereits als fünf Oralia und ebenso viel Basalia unterschieden. Erstere bilden das orale, letztere das apicale System von Kalk- zu dem jedoch noch eine sogenannte Centrodorsalplatte und dorsalwärts von der Anlage der Tentakelgruppen iün^Radialia in Zwischenräumen angrenzender Paare von Oralia und Basalia hinzukommen. Ueber die Deutung der Centro- dorsalplatte sind die Meinungen der Autoren verschieden. Während Carpenter im Anschluss an Joh. Müller die Centrodorsalplatte als das oberste Stilglied betrachtet, unter welchem die Neubildung von Gliedern des sich verlängernden Pentacrinusform und deren Entwicklung. 329 Stiles stattfindet, betrachten Andere dieselben als durch Verschmelzung der oberen Stilglieder entstanden, wogegen sie nach Götte ganz unabhängig von den Stilgliedern aus schmalen netzförmigen Skeletstreifen entstehen und eine rudimentäre Wiederholung der Basalia vorstellen soll. Mit dieser Gestaltung ist der Eintritt in das zweite Entwicklungsstadium bezeichnet, in welchem sich der Gegensatz von Kopf und Stil allmählig schärfer ausprägt, und die Pentacrmusform immer vollkommener ausbildet. Die fünf Oralplatten, welche am vordem Kopfende zapfenförmig vorspringen, sind be- weglich und werden bald zu einer konischen Spitze erhoben, bald in scheiben- förmiger Abflach ung ausgebreitet. Die näheren Vorgänge sind vornehmlich durch Wyv. Thomson festgestellt worden. In der Mitte der dünnhäutigen Kopfscheibe liegt die weite verschliessbare Mundöffnung, die in den Darmcanal mit seinen bräunlichen Zellbelag führt. Oberhalb der Radialia erheben sich die Ambulacralfüsschen als fünf Tentakelgruppen, deren Innenraum mit dem Wasser- gefässringe communicirt. Aber auch in den Interradien zur Seite der Oral- platten haben sich je zwei kleinere und nicht contraktile Füsschen erhoben, die ebenfalls mit dem Gefässringe verbunden sind. Die in den radialen Zwischen- räumen der Oralplatten an der Basis der Ambulacralfüsschen entstandenen fünf Radialplatten nehmen desshalb eine besondere Bedeutung in Anspruch, weil an ihre weitere Entwicklung das Auftreten der Arme anknüpft. Diese letzteren bilden sich als zapfenförmige Auswüchse der Kopfscheibe an der oralen Fläche vor den Radialplatten und erzeugen bald noch zwei hinter einander liegende dorsale Skeletstücke, die sich auf den distalen Rand der Radialplatten stützen. Die letzte (dritte) dieser Radialplatten vermittelt die gabiige Spaltung des betreffenden als Ausstülpung des Kelches zu betrachtenden Armes und wird desshalb als R. axillare bezeichnet. An der gefurchten Bauchseite der Arme erheben sich von den inzwischen erzeugten Radiärgefassen des Wasser- gefässringes Ambulacralfüsschengruppen. An das Axillare schliessen sich bei der Spaltung des Armes in gabiige Aeste die Anlagen zweier neben einander liegender Skeletstücke an, welche als Brachialia = Distichalia bezeichnet werden. Mit dem weiterm Wachsthum erfährt die Gestalt der Kopfscheibe durch ungleiche Grössenzunahme der Skeletstücke wesentliche Veränderungen. Insbesondere reduciren sich die Oralia auf Kosten der Radialia und verschwinden schliesslich vollständig , während die Reihe der Brachialia eine immer grössere wird. Auch -die Basalia werden von den Radialstücken und der Centrodorsal- platte überwuchert und zu der sog. Rosette am Boden des sog. gekammerten Organes reducirt. Nach W. B. Garpenter, dessen Beobachtungen vornehmlich über die spätem Zustände der Metamorphose von Autedon rosaceus Aufschluss gegeben haben, beginnt die Bildung der fünf Dorsalranken etwa um die Zeit, in welcher sich die Centrodorsalplatte verbreitert. Die ersten fünf Ranken stehen in gleicher, die später auftretenden in ungleiehmässiger Entfernung. Die Arme, deren Wachsthum auf Neubildung terminaler Brachiaiglieder beruht, erhalten Pinnulae , sobald die Zahl der Armglieder auf zwölf gestiegen ist und tragen dieselben alternirend bald rechts bald links an allen folgenden Gliedern. Die Pinnulae entstehen aber nicht durch axilläre Knospung, sondern durch Spaltung 330 Kelchplatten. Basalia. Para"ba«alia. Marsupites. der Armglieder in zwei Aeste, von denen der eine zur Verlängerung des Armes dient, der andere zur Pinnula wird. Schliesslich kommt es nach 5- bis 6-monat- licher Entwicklungszeit zur Abtrennung der Krone vom Stamme. Die frei gewordene entfaltete Krone erreicht dann aljer erst einen Gesammtdurchmesser von circa ^'2 Zoll und hat noch mancherlei Umformungen zu erleiden, indem die Ueberreste der Oralplatten verschwinden. Auch hat sich die Gentrodorsal- platte noch keineswegs vollständig entwickelt, wie denn auch die Zahl der Ranken und der Armglieder vervollständigt wird. Andere Gomatula-Arten freilich , wie C. Sarsii , bleiben weit länger gestilt und erreichen in dem viel grössern Penfacrinuszusta.nd (mit 40 — 50 Stilgliedern. Sars) ihre volle Ent- wicklung. Auch der freigewordene und ausgebildete Haarstern ist übrigens durch seine Rückenranken an fremde Gegenstände fixirt, die er freilich gelegent- lich verlässt. Dann benutzt das Thier die gefiederten Doppelarme zur freien Schwimmbewegung, um sich einen neuen Standort aufzusuchen. Bei vielen fossilen Formen treten aber noch an der Rückenseite der Scheibe zwischen den Radialia der Armbasis Kalkplatten auf, welche dann als Inter- radialia unterschieden werden und nicht mit den ebenfalls intermediären aber der oralen Fläche angehörigen fünf Oralia zu verwechseln sind. Die letzteren umstellen bei Rhizocrinus den Mundeingang und entsprechen vielleicht den Mundecken der Asteroideen. Wie die Radialia (Interradialia und Interaxillare) können auch die auf das R. axillare folgenden Glieder der Arme, die Distichalia, zwischen sich Skelettheile einschliessen, welche als Interdistichalia, beziehungs- weise Interpalmaria unterschieden werden. Ueberaus schwierig ist oft das Schicksal der Basalia, sowie das Verhältniss derselben und der ihrer Entstehung nach noch keineswegs aufgeklärten Gentro- dorsalplatte zu einem zweiten dem apikalen Pole genäherten Kreise von Platten zu entscheiden, welche radiär liegen und desshalb als SubradiaUa oder auch Parabasalia bezeichnet werden. Schon das Apicalsystem eines alten fossilen Grinoiden >•> Marsupites^i. zeigt diese mit dem Gentrodorsalstück oder Basis (Loven) vereinigten Parabasalia. Die Verbindung der Annglieder, zu denen streng genommen auch die Radialia zu ziehen sind, ist keineswegs immer eine gelenkige und durch ventrale Läng.smuskeln hergestellt, vielmehr fehlen die letztern zwischen manchen Gheder- stücken, welche nur durch Bindegewebe in einer leicht lösbaren Sutur verkittet sind. Solche Verbindungen zweier Glieder nennt man Sysygitn. Sehr häufig sind bereits das zweite und dritte oder axillare Radiale syzygial vereinigt ; in gleicher Weise treten Syzygien an den Distichalgliedern verschiedener Ordnung, sowie an den Gliedern der Pinnulae auf. Die Kenntniss der innern Organisation, über welche zuerst die classischen Arbeiten von Joh. Müller näheren Aufschluss brachten, ist in jüngster Zeit durch die Forschungen von W. B. Garpenter, Sars, Greeff, Teuscher und H. Ludwig wesentlich gefördert worden, und haben besonders die trefflichen Arbeiten des letztgenannten Autors dazu beigetragen, den Organismus von Comatula, sowie von Rhizocrinus als Repräsentanten der gestilten Grinoi- deen klar zu stellen. Es hat sich nunmehr gezeigt, dass die Grinoideen in allen wesentlichen Punkten den innern Bau der übrigen Echinodermenclassen Nervensystem. Wassergefässsystem. Räume der Leibeshöhle. 331 wiederholen , wenn sie freilich auch mancherlei bemerkenswerthe Eigenthüm- lichkeiten besitzen. Nerven-, Blut- und Ambulacralgefässsystem wiederholen im Wesentlichen nach Lage und Gliederung die Verhältnisse der Asteroideen. Die Ambulacral- oder Tentakelrinnen, welche von einem gezackten Hautsaum, den Saumläppchen, überragt, über Arme und Pinnulae hinziehn, setzen sich in fünf radiale Tentakel- rinnen der Scheibe fort. Diese begegnen sich im Umkreis des Mundes in einer von den Mundtentakeln überragten Kreisrinne. Ausgekleidet ist die Tentakel- rinne von einem hohen wimpernden Epitel, unter welchen die bandförmigen radialen Nervenstämme, sowie der Nervenring verlaufen. Dicht unter dem Nerv'ensystem breiten sich die engen Blutgefässstämme (Nervengefässe) und deren Ringgefäss aus, welches vielfache Aussackungen und verästeltee Anhänge trägt. Dann folgen die Wassergefässstämme mit ihren alternirend rechts und links austretenden Seitenästen, denen die Einrichtungen der Ampullen abgeht. Der Wassergefässring ist ziemlich flach und entsendet am Innern Rande Aeste zu den erwähnten Mundtentakeln, welche sich von denen der Arme und Pin- nulae unterscheiden und auch nicht wie jene in Gruppen zu je drei angeordnet sind. Die bindegewebige von einem (unbewimperten) Epitel ausgekleidete Wandung der Wassergefässe enthält niemals Muskelfasern , wohl aber ein cen- trales Band (Perriers bandelette musculaire) von Längsmuskelfasern. Ausser den letztern sind noch frei das Lumen durchsetzende Muskel faden vorhanden. Wie an der Dorsalwand der Blutgefassring verästelte Anhänge trägt, so finden sich auch an der äussern peripherischen Wand des Wassergefässring- canalförmige innen bewimperte Ausläufer, welche mit offener Mündung in die Leibeshöhle hineinragen und den Sleincanälen ähnlich als Zuleitungsorgane der wässrigen Flüssigkeit fungiren. Diese wird der Leibeshöhle durch die sog. Kelchporen zugeführt , welche sehr zahlreich an der Oralfläche der Scheibe und zwar in den Interradien die Haut durchbohren, im jugendlichen Pentacrinusstadium anfangs freilich nur in einfacher Zahl (wie dauernd bei Rhizocritius) auftreten. Es sind Hautcanäle , deren Mittelabschnitt zu einer bewimperten Ampulle sich erweitert. Besondere, indessen wiederum an die Eigenthümlichkeiten der Asteroideen anschliessende Complicationen zeigt die Gestaltung der Leibeshöhle, welche von zahlreichen Bindegewebssträngen durchzogen, ein System communicirender Maschenräume darstellt. Frei von den letztern bleibt nur der centrale zwischen den Windungen des Darmes aufsteigende, axiale Abschnitt der Leibeshöhle. Derselbe theilt sich in der Nähe des Peristoms in fünf Zweige, welche unter den Tentakelrinnen verlaufen und in die sog. Ventralcanäle der Arme und Pinnulae übergehn. An ihrem dorsalen Ende geht die axiale Leibeshöhle in Maschenräume über und communicirt mittelst derselben mit der peripherischen Leibeshöhle, welche den Darm umgibt und durch eine feste bindegewebige Haut (Eingeweidesack) wieder in einen intervisciralen und circumvisceralen Abschnitt unterschieden werden kann. Der letztere setzt sich in die Arme fort und bildet dort die dorsalen Ganäle , dessen bindegewebige , die Trennung vom Ventral- canal herstellende Scheidewand einen dritten peripherischen Ausläufer der Leibeshöhle im Umkreis des Genitalstrangs einschliesst. Wie die Bindegewebs- 332 Darmcanal. Blutgefässsystem. Geschlechtsorgane. stränge des Leibesraumes an vielen Stellen Kalkgebilde enthalten , so erzeugen besonders die Stränge im dorsalen Maschengewebe, welches den zwischen den ersten Radialien gelegenen Abschnitt entspricht, ein förmliches Kalknetz. Der Darmcanal, dessen Gestaltung und Verlauf bereits durch Heusinger, Joh. Müller und W. B. Garpenter bekannt wurde, beginnt mit dem etwas schief im oralen Interradius absteigenden Oesophagus. Auf denselben folgt mit kleinem Blindsack beginnend der weite mit langgezogenen Zellen bekleidete Mitteldarm, welcher nach rechts (von der Ventralseite aus betrachtet) umbiegend eine vollständige Windung um die Scheibenachse beschreibt und somit wieder in den oralen Interradius zurückführt, um mittelst eines kurzen in dem röhren- artig erhobenen Analtubus gelegenen mit Ringsmuskeln bekleideten Enddarm auszumünden. An der hmenseite des Magendarms auftretende Aussackungen werden von W. B. Garpenter als Leber gedeutet. Ebenso wie der Magen- darm trägt der Enddarm feine Gilien. Im lebenden Thiere ist die Afterröhre beständig thätig, der After öffnet und schliesst sich abwechselnd (Darniathmung). Ein Hauptabschnitt des Blutgefässsy.stems, dessen Ringgefäss und Radiär- stämme bereits erwähnt wurden, ist das erst neuerdings genauer bekannt ge- wordene, früher schlechthin als Herz bezeichnete gekammerte Organ. Dasselbe liegt in der Basis des Kelches, an der Gentrodorsalplatte und bildet einen durch fünf radiäre Scheidewände in fünf Kammern getheilten Sack, dessen feste fibröse Umhüllung in fünf peripherische , interradial gelegene Faserstränge aus- strahlt. In der Achse des gekammerten Organes verlaufen Blutcanäle, welche sich gemeinsam mit Gefässausläufern der Kammern vereinigen und sich als •»dorsales Organ« in den intervisceralen Leibesraum hinein erstrecken. Wahr- scheinlich entspricht diese lappige Gefässmasse dem Herzen der Asteroideen. Dieselbe communicirt mit dem Blutgefässe des Darmes und der Anhänge des Ringgefässes , während aus seinem dorsalen Ende die Girrhengefässe hervor- gehn. Die fünf fibrösen Stränge sind insofern von hohem morphologischen Interesse, als sie und ihre weitern peripherischen Gablungen in den Kalkstücken der Scheibe und Arme verlaufen und das Auftreten von Ganälen in denselben veranlassen, welche in den fossilen Grinoideenresten wohl erhalten, treffliche morphologische Anhaltspunkte zum Vergleich darbieten. Bei Äntedon spalten sich die Stränge noch im Gentrodorsalstück je in zwei Aeste, welche gabiig aus- einanderlaufen und in den Radien mit den benachbarten paarweise zusammen- stossen, um sich nach Bildung einer ringförmigen Gommissur, weichein den Radialien des ersten Kreises liegt, als fünf Paare radiärer Doppelstränge bis in das R. axillare fortzusetzen. In diesem treten sie auseinander und werden zu den Fasersträngen der Arme, nachdem sie im Axillare zuvor eine chiasmatische Verbindung, sowie eine einfache Quercommissur gebildet haben. Wahrschein- lich verhält sich der Verlauf der Faserstränge bei Pentaciinus ganz ähnlich, wie aus dem Umstand geschlossen werden darf, dass der Verlauf derselben in der fossilen Gattung Encrinus (Beyrich) nur geringe Abweichungen zeigt, die sich auf Ausfall der einfachen intraradiären Gommissuren und die grössere Ent- fernung der beiden Theile des radialen Doppelstranges reduciren. Bei Rhizo- crinus freilich erscheint das System dieser Faserstränge noch mehr vereinfacht. 1. Ordnung. Tesselata. 333 Die Geschlechtsorgane haben ihre Lage in dem als Genitalcanal bezeich- neten Abschnitt der Leibeshöhle , bleiben aber in den Radien der Scheibe so- wohl wie in der Axe der Arme steril , so dass lediglich die terminalen in die Pinnulae eintretenden Zweige zu Hoden oder Ovarien werden. Das Epitel der in Bluträume eingebetteten Drüsenschläuche erzeugt die Geschlechtsprodukte, bei den weiblichen Thieren unter Follikelbildung (wie bei den Holothurien). Alle wichtigen Organisationseigenthümlichkeiten von Antedon, beziehungs- weise Actutometra, kehren wenn auch in vereinfachter Form bei lihizocrinus wieder, dessen Organismus der pentacrinoiden Jugendform jener Gattungen parallel steht. Es ergibt sich somit aus diesem von H. Ludwig festgestellten Befunde die vollkommene Bestätigung des schon aus der Entwicklungsgeschichte von Antedon resultirenden Satzes, dass die gestilten Grinoideen die ursprünglichen und altern Formen sind. Die meisten Grinoideen sind aus der Lebewelt verschwunden und gehören den ältesten Perioden der Erdbildung , dem Uebergangsgebirge und der Stein- kohlenformation an. Schon in der Secundärzeit nimmt die Zahl der Grinoideen ab. Die wenigen jetzt lebenden Formen beschränken sich auf die Gattungen Holopus, Pentacrimis, Antedon {Comatula), Actinometra, Fhanogenia und die Apiocriniden Khkocrinus, Bathycrinus und Hyocrinus und leben grossentheils in bedeutender Meerestiefe. 1. Ordnung. Tesselata'), Tafellilien. Mit vollständiger Täfelung des Kelches, an welchem meist Parahasal- stücke, oft auch Interradialia und Interdistichalia nachweisbar sind. Kelch- amhulacren und entsprechende Ambulacral furchen scheinen gefehlt zu haben. Diese umfangreiche Grinoideenabtheilung beginnt im untern Silur. Man glaubte ihre letzten Ausläufer in der Kreide zu finden. Indessen zeigt der aus der Tiefsee gedredgte Hyocrinus bethelianus W. Thomson's mehrfache Charaktere von Platycrinus. \. Fentameria. Mit 5 Basalien (Parabasalien). 1. Fam. Cupressocrinidae. Arme einfach unverästelt. Die Verbindung derselben mit dem Kelch wird durch leistenförniige Articularia vermittelt. Cypressocrinus crassus Golds. 2. Fam. Cyathocrinidae. Kelch mit Parabasalia. Arme verzweigt. Cyathocrinus Mill. Taxocrinus Phill. Zeacrinus Troost. 2. Tetramera. Mit 4 Basalia. 1. Fam. Encalyptocrinidae. Eucalyptoerinus rosaceus Grds. 2. Fam. Melocriuidae. Melocrinus angustatus Ang. 3. Trimera. Mit 3 Basalia. 1. Fam. Platycrinidae. Marsuinocrinus Phill. 1) Vergl. ausser L. Schultzes Monographie A. P. Angelin, Iconographia cri- noideorum in stratis Sueciae siluricis fossilium etc. Holmiae. 1878. ,(334? 2. Ordnung. Articulata. Von grossem Interesse ist die Entdeckung eines lebenden Tiefseecrinoiden, welcher der paläozoischen Gattung Platycrinus in vielen Merkmalen nahe steht. Derselbe wurde von Wyville Thomson Hyocrinus bethelianus genannt. Stil lang, aus Zahl- zeichen scheibenförmigen Gliedern gebildet. Kelch mit den Armen circa 60 Mm. lang. Derselbe enthält am untern Abschnitt 2 bis 3 Basalia, auf welche 5 Radialia folgen. Die 5 Arme ungetheilt, aber mit sehr langen Pinnulae (Cyathocrinus). 3. Farn. Poteriocrinidae. Kelch mit 5 Parabasalia, von denen 3 fünfseitig, 2 sechsseitig sind. Arme verästelt. Poteriocrinus Mill. P. curtus Müll. 4. Fam. Eacrinidae. Mit 5 kleinen irregulären pentagonalen Basalia und eben- soviel noch kleinern sechsseitigen Parabasalien. Eucrinus Ang. {Rhododrinus L. Seh.), ferner die Fam. der Enallocriniden, Pesoerinidae etc. 2. Ordnung. Articulata, Grliederlilien. Die Täfelung des Kelches ist minder vollständig. Parabasalia fehlen meist. Ventrale Kelchdecke häutig oder schwach getäfelt, mit Ambulacren und Amhulacralfur chen. 1. Fam. Encrinidae. Kelch mit Parabasalien (Subradialzone). Sind die ältesten Gliederlilien der Trias. Encrinus Schi. E. liliformis Schi., Muschelkalk (Spangensteine). 2. Fam. Apioerinidae. Die obern Stilglieder verbreitert und zu einem birn- förmigen die Basis des Kelches umschliessenden Behälter erweitert. Stil lang und mit Ausnahme der Basis, weiche wurzelartige verzweigte Ranken trägt, ohne Anhänge. Bhizocrinus Sars. Nur das erste Stilglid kelchartig verwendet. Die ersten Radialien sind mit in die Bildung des Kelches aufgenommen. Die Arme bleiben ein- fach, ihre Glieder bilden alternirend Syzygien und trugen Pinnulae. R. Infotensis Sars, circa 80 Mm. lang, lebt in bedeutender Tiefe in den hochnordischen Meeren, mittelst der Ranken der Stilbasi.s an Steinen oder Muscheln befestigt. Scheint nach Sars am meisten mit der fossilen Gattung Bnurguetticrinus aus der Kreideformation verwandt. Pourtales fand dieselbe Form auch im Golfstrom, Carpenter und W. Thomson an der Nordküste Schottlands. R. Rawsonii Pourt., Barbados. Bathycrinus W. Th. Den obern Abschnitt des Kelches bilden die Radialia prima, das zweite Radiale ist mit dem Radiale axillare syzygial vereint. Letzteres trägt Doppelarme, die der Pinnulae entbehren. B. graciliti W. Th , circa 90 Mm. lang, lebt in der Tiefe (5500 Faden) der Biskayabai. Bedeutend grösser ist eine zweite Art der Tiefsee, B. aldrichianus W. Th. Die Apiocriniden erreichen ihre höchste Entwicklung während der jurassischen Periode in den Gattungen Apiocrinus und Mtllerocrinus. 3. Fam. Pentacrinidae. Stilglieder nicht an der ümkapselung der Kelchbasis betheiligt. Der Kelch mit 10 einfachen oder mehrfach getheilten Armen. Der meist fünfseitige Stil trägt Cirrhenwirtel. Pentacrinus Schi. Mit fünfseitigem Stil, mit Cirrhen wirtein desselben. P. Asteria Lin. =^ P. Caput medusae Mill. Die grösste der lebenden Arten mit wiederholt dicho- tomisch getheilten Armen. Das zweite Radialstück ist mit dem dritten (R. axillare) durch Articulation verbunden. Auf das R. axillare folgen zwei Reihen von je 5 Distichalia. Zwischen je zwei niedrigen Stilgliedern, welche Cirrhenwirtel ti-agen, liegen Internodien von je 16 bis 17 nackten Gliedern. Lebt in einer Tiefe von mehr als 30 Klaftern in den Westindischen Meeren (Guadeloupe). P. madearanus W. Th. Wie bei P. Asteria findet sich ein wahres Gelenk zwischen dem ersten und zweiten Radiale und eine syzygiale Verbindung zwischen dem zweiten und dem Radiale axillare. Armverzweigung sehr gleichmässig. Erstes Brachiale durch Syzygie mit dem zweiten (Axillare) verbunden. Die äussern Facetten gross, mittelst syzygial verbundenem Doppel- stück 2 Arme tragend, das innere kleine trägt nur einen Arm, der sich ebensowenig Comatulidae. Cystideen. 335 wie jene weiter gliedert. Am Stil finden sich nur je zwei Internodialstücke zwischen den Ranken-tragenden Gliedern. Circa 13 Centimeter lang, von denen kaum 5 auf den Stil kommen. P. Midleri Oerst. Körper schmächtiger und von geringerer Grösse. Das zweite Radiale ist mit dem R. axillare zu einer Syzygie verbunden. Zwischen den hohen Ranken tragenden Stilgliedern liegen höchstens 12 nackte Glieder. Lebt in bedeutender Tiefe in den Westindischen Meeren. P. Wyville Thomsoni Jeffr. Kelch wie bei P. Mülleri. Die Zahl der Internodialglieder des Stils zwischen je zwei Wirtel tragenden Stilgliedern wird nach der Basis des Stils zu continuirlich grösser. Vermag nach durchbrochenem Stil ebenso wie P. Mülleri frei zu leben. Wurde aus einer Tiefe von circa 1100 Faden im Atlantischen Ocean gedredgt. 4. Fam. Comatulidae'). Nur in der Jugend gestilt und Pentacrinus- ähnlich ge- staltet, im ausgebildeten Zustand frei schwimmend, indessen mittelst der Ranken, welche an der breiten, die Basalia bedeckenden Centrodorsal platte hervortreten, zeitweilig fixirt. Antedon Frem. {Comatula Lam., Alecto F. S. Lkt.). Mund subcentral, alternirende Pinnulae tragend. A. Eschriclitii Job. Müll. A. Sarsii Duben und Koren, Nordische Formen. A. rosacea Link. = Alecto europaea F. S. Lkt. = Comatula mediterrayiea Lam. Actinometra Joh. Müll. Mund excentrisch. Orale Pinnulae meist mit kamm- förmigem Ende. A. Bennetti Joh. Müll., Schifferinseln. Phanogenia Loven. Fh. iypica Loven, Ostindien. Eine besondere Familie wird man endlich für die lebende Crinoideengattung Holopus D'Orb. aufstellen müssen. Der mit zehn (Pourtales) Armen besetzte Kelch besteht aus einer ohne Suturen zusammenhängenden Skeletmasse und sitzt unmittelbar am säulenförmig verlängerten Scheitel fest. Die zehn Arme entspringen paarweise. H. Rangii D'Orb., Westindien. An die Crinoideen, auf welche wir lediglich die Brachialen bezogen haben, schliessen sich zwei umfangreiche Glassen fossiler Echinodermen an, die Cystideen oder Seeäpfel und Blastoideen oder Knospenstrahler. Die Cystideen ^) stehen den wahren Crvioideeii offenbar näher und können aus denselben ohne Schwierigkeiten abgeleitet werden. Es sind Echinodermen mit mehr oder minder kuyelförmigern polygonal getäfelten Kelch, der selten noch im Umkreis des Mundes schwache Arme mit gegliederten Pinnulae trägt und am ^Scheitel n? der Regel mittelst eines kurzen rankenlosen Stiles, selten unmittelbar aufgewachsen ist. Der Kelch der Cystideen wird aus zahh^eichen zonenweise über einander liegenden dünnen Kalktafeln gebildet, für deren Zahl und Anordnung nur aus- nahmsweise die pentamere Grundform nachweisbar ist. An vielen Stellen treten dorsale Kelchporen auf, die wohl den Kelchporen der Crinoideen ent- sprechen. Dieselben erstrecken sich bald mehr in gleichförmiger Vertheilung über den Kelch , bald bilden sie rautenförmige Gruppen. Der Mund liegt central, ist jedoch nicht immer nachweisbar, wahrscheinlich weil derselbe bei vielen Formen ebenso wie die von ihm ausgehenden fünf Ten- takelfurchen bis zu den Wurzeln der Arme überdacht war. Indessen gibt es auch 1) Vergl. auch W. B. Carpenter, On the Structure, Physiology and Development of Antedon rosaceus. Proceed. of the Roy. Soc. N. 166. 1876. P. H. Carpenter, On the Genus Actinometra Linnean Society's Journal vol XIII. 2) L. V. Buch, Ueber Cystideen. Abhandl. der Berl. Acad. Berlin. 1845; ferner die Abhandlungen von Wahlenberg, Hisinger, Eichwald, Billings u. A. 336 Blastoideeu. Formen mit freiem Mund und freien Tentakelfurchen [Glyptosphaeriies). Die Arme treten nicht immer auf und erscheinen bedeutend reducirt , selbst durch gegliederte Pinnulae vertreten, welche in den Kelchfurchen sich erheben (Calocystiteti). Als Afterröiire wird eine fünfklappige Pyramide gedeutet, während man eine andere dem Munde näher stehende Oeffnung als Mündung der im Innern des Kelches gelegenen Geschlechtsorgane betrachtet. Die Cystideen treten vereinzelt bereits im untern Silur auf, erreichen schon im obern Silur ihr Maximum und fmden sich nur noch spärlich in der Steinkohlen- formation. Indessen hat vor einigen Jahren Loven eine gegenwärtig noch lebende freilich aberrante Eurt/ule-ähnWche Cystidee als Hyponome Sarsii vom Cap York (Torresstrasse) beschrieben. Diese Form trägt fünf kurze zweimal gespaltene Arme , besitzt eine interradiale Afterröhre und geschlossene Am- bulacralcanäle der Arme. Die bekanntesten Gattungen sind Echinosphaeriies Whlb. E. aurantium Whlb. Sphaeronites Hising. Caryocrinus Say. Die Blastoideen ^) sind kurzyesülte knospenförmir/e Echinoäermeii , mit centralem Mund und fünf breiten von Poren durchbrochenen, Pinnulae tragen- den Ambulacr alfeldern. Das Kelchgerüst besteht aus drei Basalstücken, fünf radialen »Gabel- stücken« und fünf interradialen »Deltoidstückenx. Dazu kommen die Skelet- platten der fünf radialen sog. (Pseudo) Ambulacralfelder, welche sich zwischen dem Spaltraum der Gabelstücke ausbreiten. Diese Felder setzen sich zusammen aus einer äussern »Pinnulaeschicht« , einer mittleren , das Lancetstück und dessen peripherische Porenwandstückchen enthaltenden Schicht und endlich aus einer Innern Schicht von Längsröhren, welche man als Genitalröhren gedeutet hat. Eine Oeffnung im Centrum des obern Poles wird als Mund zu betrachten sein, während fünf interradiale im Umkreis desselben befindliche Porenpaare für die Genitalöffnungen gehalten werden. An einem dieser Paare liegt eine dritte als After gedeutete Oeffnung unmittelbar an. Von den Genitalröhren ist neuerdings durch Rose und Billings nach- gewiesen worden, dass die zu je einer der zehn Gruppen gehörigen Röhren ein einheitliches Organ (Hydrospira) repräsentiren, dessen Aussenseite an den Rand der Ambulacralfelder befestigt ist , während die Innenseite desselben in eine verschiedene Zahl von Längsfalten übergeht. Möglicherweise haben diese in den fünf Doppelporen der Genitalöffnungen ausmündenden »Hydrospirae« eine ähnliche Bedeutung gehabt, wie die Bursae der Ophiurlden und diesen entsprechend sowohl zur Respiration wie zur Aufnahme und Entleerung der Genitalstoffe gedient. (H. Ludwig). Die Blastoideen beginnen im obern Silur mit der Gattung Pentremites {Pentatrematites) Say und erreichen ihre grösste Ausbreitung im Devon und in der Steinkohlenformation, über die sie nicht hinausreichen. Die bekanntesten Gattungen sind ausser Pentremites Say: Codonaster Mc. C, Elaeocrinus Hoem., Eleutherocrinus Y. Sh. 1) Ferd. Römer, Monographie der fossilen Crinoideenfamilie der Blastoideen. Arcliiv für Naturg. 1851. II. Classe. Asteroidea. 337 II. Classe. Asteroidea'), Seesterue. Echinodermen von flacher pentagonaler oder sternförmiger Gestalt, mit ausgedehnter Rückenhaut des Calyx, auf die Bauchfläche beschränkten Am- hulacral füsschen und innern wirbclartig verbundenen Skeletstücken der Am- bulacren. Die Seesterne characterisiren sich zunächst durch die vorherrschend pentagonale oder sternähnliche, zwar reguläre, aber nicht immer pentamere Scheibenform des Körpers, dessen orale oder Bauchfläche die Ambulacral- füsschen trägt, während die antiambulacrale Rückenfläche derselben stets ent- behrt. Die Radien strecken sich gegenüber den durch Auseinanderweichen der interambulacralen Plattenreihen verkürzten Interradien zu einer meist ansehnlichen Länge und bilden mehr oder minder weit hervorstehende beweg- Uche Arme mit verschiebbaren Skeletstücken. Diese bestehen aus quer- gelagerten Paaren von Kalkplatten {Amb ulacral platten) , welche sich vom Munde an bis gegen die Spitze der Arme erstrecken und durch Gelenke wirbel- artig unter einander verbunden sind. Von der kugligen oder flachen Kapsel der Echinoideen verhält sich das Skelet sehr verschieden , indem sich die Ambulacralplatten ebenso wie die noch näher zu beschreibenden Inter- ambulacralplatten auf die Bauchfläche beschränken und in das Innere des Körpers hinein gelagert auf ihrer Aussenseite die Entstehung von Ambulacral- furchen veranlassen, in welchen ausserhalb der Skeletstücke unter der weichen, bei den Ophiuriden besondere Kalkplatten aufnehmenden Haut die Nerven- stämme, die Perihaemalräume mit den Bluträumen und die Ambulacralgefäss- 1) Joh. Henr. Linck, De Stellis niarinis liber singularis. 1733. A. S. Retzius', Dissertatio sistens species cognitas Asteriarum. Lund. 1805. Müller und Troschel, System der Ästenden. Braunschweig. 1842. Th. Lyman, Ophiuridae and Astrophytidae. Illustrated Catalogue of the Mus. of Comp. Zool. At Harvard College Nr. 1. Cambridge. 1865, nebst Supplement. 1871. Perrier, Recherches sur les pedicellaires et les am- bulacres des asteries et des oursins. Annales scienc. nat. Tom. XII u. XIII. 1869 und 1870. Lütken, Description de quelques Ophiurides nouveaux ou peu counus avec quel- ques remarques sur la division spontanee chez des Rayonnes. Aftryk af Oversigt over d. K. D. V. Selsk Forhandl. 1872. Vergl. ferner Hoff mann, Zur Anatomie der Asteriden. Leiden. 1872. Greeff Lange, Ludwig 1. c. Teuscher, Beiträge zur Anatomie der Echinodermen. II. Ophiu- ridae, III. Asteridae. Jenaische Zeitschrift. Tom. X. 1876. H. Simroth, Anatomie und Schizogenie von Ophiactis virens. Zeitschrift für wiss. Zoologie. Tom. XXVII und XXVIIl. H. Ludwig, Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXXL 1878. Vergl. endlich die Aufsätze von Krohn, Düben, Koren, Sars, M. Schultze, J. Müller, Metschnikoff, Lütken, A. Agassiz, E. Heller, Lacaze-Duthiers, W. Thomson, Gray, Moebius, Bolau, v. Marenzeller u. a. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 22 3öö Bau der Asteroideen. stamme verlaufen. Bei den Ophiuriden dagegen wird die Ambulacralrinne ver- deckt, sodass die Füsschen an den Seiten der Arme hervortreten. Auf der Rückenfläche erscheint das Hautskelet in der Regel lederartig, indess auch zuweilen mit Kalktafeln erfüllt, welche sich in Stacheln, Höcker, Papillen fort- setzen und eine sehr mannichfache Bedeckung bilden können; am Rande liegen in der Rückenhaut häufig grössere Kalkplatten, olere Randplatten, in einer randständigen Reihe. Auf der ventralen Fläche unterscheidet man ausser den in das Innere des Körpers hineingerückten Ambulacralplatten untere JRandplatten, ferner die Adamhulacralplatten, welche jene mit diesen verbinden, und die intermediären Interamhidacralplatten. Die beiden letzteren Kategorien von Tafeln würden den Interambulacralplatten der Echinoideen entsprechen. Während dieselben aber bei den Seeigeln zwei (oder mehrere) in der ganzen Länge des hiterradius vereinigte Reihen darstellen , weichen sie bei den Asteroiden von den Mund- ecken aus winkelig auseinander und gehören den benachbarten Seiten zweier Arme an. Die wirbelartig verbundenen Ambulacralplatten lassen zwischen ihren Seitenfortsätzen Oeffnungen zum Durchtritt der zu den Ampullen der Saugfüsschen führenden Aeste frei. Die rechten und linken Stücke einer jeden Doppelreihe sind entweder durch eine Naht unbeweglich vereinigt, Ophiuriden, oder in der Mitte der Armfurche durch ineinander greifende Zähne beweglich verbunden, Ästerideen; nur die letztern besitzen Quermuskeln an den Am- bulacralwirbeln und krümmen ihre Arme nach der Ventralfläche zusammen. Auch interradiäre Quermuskeln sind zwischen den benachbarten Ambulacral- plattenpaaren der Mundgegend ausgespannt. Die Schlangensterne biegen mittelst ihrer ausschliesslich longitudinalen Muskeln die Arme ganz besonders in der Horizontalebene nach rechts und links schlängelnd. Die Mundöfi'nung liegt stets im Centrum der Bauchfläche in dem er- wähnten pentagonalen odern sternförmigen Ausschnitt , dessen Ränder meist mit harten Papillen und mit Pedicellarien besetzt sind. Die interradialen Ecken werden durch je zwei zusammenstehende Adamhulacralplatten gebildet und wirken häufig als Organe der Zerkleinerung. Die Afteröffnung kann fehlen, im andern Falle liegt dieselbe stets im Scheitelpole. Andere Ambulacral- anhänge als Saugfüsschen treten mit Ausnahme der terminalen die Doppel- reihe der Ambulacralfüsschen distal vom Augenkegel beschliessenden Tast- füsschen nicht auf. Indessen können auch die nächstfolgenden Füsschen Tastgebilde sein {Solaster). Die Madreporenplatte findet sich in einfacher, auch wohl mehrfacher Zahl interradial auf dem Rücken {Ästerideen), oder an der Innern Fläche eines der Mundschilder {Ophiurideen) , an welchem äusser- lich auch ein Porus vorhanden sein kann. Als Respirationsorgane fungiren die sog. Hautkiemen. Die fünf Paare von radialen Darmanhängen, sog. Leber- schläuchen, ragen nur da wo die dorsale Leibeshöhle oberhalb der Ambulacral- wirbel geräumig bleibt, in die Arme hinein {Ästerideen). Bei den Schlangen- sternen ist diese Höhlung ausserordentlich eng, die auf Ausbuchtungen reducirten Radialanhänge des Darmes treten aus dem Raum der Scheibe nicht heraus. Seesterne und Seeigel könnte man in der Weise auf einander zurückführen, dass man sich bei entsprechender Verkürzung der Längsachse das Periproct Muskulatur. Geschlechtsorgane. 339 der Seeigel über die ganze Dorsalfläche ausgedehnt denkt , die Plaltenreihen aber sirahlenartig in einer Ebene ausbreitet, so dass in jedem Interradius die Naht zwischen den Interambulacralplattenpaaren zu einem nach der Peripherie verbreiterten Ausschnitt wird. Mit dieser Deutung würde aber auch das Ver- halten der apicalen Plattenreihen des Grinoideenkelches bei Seeigel und See- stern vortrefflich harmoniren. Während dort im Umkreis des Afterfeldes die fünf Basalia als Genitalplatten und die fünf Radialia als Ocellarplatten ihre ursprüngliche Lage beAvahren, erscheinen hier bei der Ausdehnung des Gentro- dorsalfeldes die fünf Basalia beziehungsweise deren Felder an das distale Ende des Interradiums gerückt (Siebplatten der Genitalorgane), während die Radialia mit dem primären Tentakel (Tastfühler) die Terminalglieder der Arme werden. Während aber mit dem fortschreitenden Wachsthum bei den Grinoideen die an das Radiale sich anschliessenden Skeletstücke vom Munde immer weiter abrücken und die Neubildungen das äusserate Ende der Gliederreihen be- treffen , bleibt der Vegetationspunkt für die Bildung der Ambulacralglieder bei Asterideen und Echinoideen unverrückt in der Peripherie der apicalen Skeletplatten, wo sich beständig neue Ambulacralplattenpaare sowohl wie inter- ambulacrale Stücke einschieben , um gewissermassen nach dem Munde herab- zurücken. Die Entwicklung erfolgt bei mehreren Formen ohne bilaterale Larven mit Wimperschnüren; da wo die letztern als Enlwicklungsstadien auf- treten, sind es Formen des Fluteus {Ophiiirideu) und die Bipiunurien und BrachiüUirieii {Asteriden). Die überaus grosse Regenerationskraft der Asteroideen beschränkt sich nicht auf den Ersatz zerstörter und abgetrennter Arme, sondern führt auch zur Neubildung von Scheibenstücken mit mehreren Armen oder gar der gesammten Scheibe von einem losgetrennten Arme aus. Somit erhalten wir verschiedene Formen für die ungeschlechtliche Fortpflanzung durch Theilung, die besonders an Asteroideen mit sechs Armen {Ophiactis) oder mit einer grössern wech- selnden Armzalil {Linckia, Asteracanlhion) beobachtet wird. Die meisten Asteroideen leben in geringer Meerestiefe; indessen gibt es auch eine Reihe characteristischer Tiefseeformen, unter denen ausser den beiden Brisingaarten der wexi yevhveiieie Ctenodiscus crispatus , sodann Ver- treter der Asteropectiniden ^ wie Forcellanaster , Archasler hifrons, vexillife)- W. Th., einige Goniastriden , wie Fentayonaster (Astrogonium) granularis (Astrogonium) lonyinuinus, sowie die merkwürdigen Gattungen Zoroaster, Korßthrastcr und Hymomster W. Th. hervorzuheben sind. Letztere ist vielleicht die Verbreiteteste Tiefseegattung und zeichnet sich ähnlich wie Pteraster durch den Besitz einer Bruttasche am Aboralpole aus. H. nobilis W. Th. Fossile Seesterne finden sich bereits im untern Silur, wie z. B. Pcdaeastcr, Archasterias, Fcdaeodiscus, Frotaster, letztere beiden als Zwischenformen von Seesternen und Schlangensternen. Auch sind verschiedene Astcrucanthion (üraster) Arten aus dem untern Silur bekannt geworden. 22' 340 1. Ordnung. Stelleridea. 1. Ordnung. Stelleridea i), Stelleriden, Asterideen. Seesterne, deren Armhöhlen als Fortsetzungen des Scheibenraumes die Anhänge des Darmes, sowie Abschnitte der Geschlechtsdrüsen in sich auf- nehmen und auf ihrer Bauchfläche eine tiefe unhedecTite Ambulacralfurche besitzen, in ivelcher die Füsschenreihcn stehen. Die meist breitarmigen Asteriden sind durch die Beweglichkeit der Wirbel- hälften (Anibulacralplatten) des Armskelets ausgezeichnet und besitzen zwisciien denselben Quermuskeln. In der Regel ist eine Afteröffnung am aboralen Pole vorhanden, doch kann dieselbe auch einzelnen Gattungen {Astropecten, Cteno- discus, Luidia) fehlen. Die Madreporenplatte liegt interradiär auf der Rücken- fläche , ebenso die Genitalöffnungen , welche meist in mehrfacher Zahl (Sieb- platten) auftreten. Die gelappten verästelten Anhänge des Magendarms erstrecken sich in den Hohlraum der Arme hinein , auf deren ventraler Fläche zwei oder vier Reihen von Füsschen in einer tiefen, am Rande mit Papillen besetzten Am- lulacralrinne verlaufen. Nur bei Brisinga ist der innere Raum sehr eng und canalartig, nimmt aber auch ganz ansehnliche Fortsätze des Magens auf. Pedicellarien kommen den Asterien zu, ebenso die auf den Tentakelporen der Rückenfläche sich erhebenden Hautkiemen, welche jedoch bei Brisinga fehlen. Die Genitalöffnungen liegen auf der Dorsalseite der Scheibe oder Arme nur bei Asteriscus verridatus in den Interradien der Ventralseite. Die Asterien er- nähren sich grossentheils von Weichthieren und kriechen mit Hülfe ihrer Füsschen langsam am Boden des Meeres umher. Einige wenige entwickeln sich mittelst sehr einfacher Metamorphose in einem Brutraume des Mutter- thieres , die meisten durchlaufen die freien Larvenstadien der Bipinnaria und Brachiolaria. Als Schmarotzer von Seesternen sind besonders Crustaceen hervorzuheben (PorceZ^ma Fr. Müller und eine Gaprelline : Podalirius typicus). AsteracanthionsiYten sind bereits im untern Silur gefunden worden. Im Jura treten Astrogonium und Solcaster, in der Kreide Oreaster u. a. auf. Die Gattungen der Seesterne sind vornehmlich auf Grund der besondem Beschaffenheit des Integumentes gebildet worden. Die Zusammenstellung derselben nach Familien lässt noch vielfache Verbesserungen zu, da bei dem dermaligen Stande unserer Kenntnisse weniger die Verwandtschaft nach der gesammten Organisation als nach dem äussern Bau berücksichtigt werden konnte. Früher waren für die Gruppirung der Gattungen in erster Linie die Zahl der Füsschenreihcn sowie das Vorhandensein oder der Mangel einer After- 1) Vergl. ausser Linck, Retzius, J. Müller, Troschel 1. c. Nardo, De Asteriis, Okens Isis. 1834. L. Agassiz, Prodome d'une monographie des Radiaires. Mem. See. sc. de Neufchatel. 1835. Grray, A Synopsis of the genera and species of the chiss Hypostoma. Ann. and Mag. nat. bist. vol. VI. 1841. Derselbe, Synopsis of the species of Starfish in the British Museum. Lütken, Kritiske Bemaerkninger om forskjellige Söstjerner. Vidensk Meddelelser Natur. Foren. Kjovenhavn. 1864. 1871. G. 0. Sars, Researches of the structure and affinites of the genus Brisinga. Christiania. 1875. Perrier, Revision de la collcction des Stellerides du Museum d'hist. nat. Paris. Archiv zool. exper. Tom. IV. 1875. Tom. V. 1876. Asteriadae. Solasteridae. Ophidiastridae. Asterinidae. 341 Öffnung massgebend. Neuerdings wurde die Beschaffenheit der Körpergestalt und des Hautskelets, sowie der Pedicellarien in den Vordergrund gestellt. a. Pedicellarien gestilt. Ambulacralfüsschen meist in 4 oder mehr Reihen. 1. Fam. Asteriadae. Die walzenförmigen mit breiten Saugscheibchen endigenden Ambulacralfüsschen bilden meist vier Reihen in jeder Ambulacralfurche. Dorsalskelet meist reticulirt. Asterias L. Dorsalskelet mit Stacheln oder gestilten Knöpfchen besetzt. Haut zwischen denselben nackt. Fünf oder mehr Arme. A. glacialis 0. F. Müll. A. tenui- spinus Lam., Mittelmeer. A. rubens L., Nordsee. A. Mülleri Sars, Norwegen. Heliaster Gray. Arme in grosser Zahl. H. helianthus Lam. Mit 29 bis 40 Armen, Chili. Pycnopodia Stimps. Dorsalskelet wenig ausgebildet, Arme in grosser Zahl. Mehr als vier Füsschenreihen. P. helianthoides Brdt., Californien. Stichaster M. Tr. Das Dorsalskelet enthält verlängerte Plättchen, welche in Längsreihen stehen. St. roseus 0. Fr. Müll. Pedicellaster Sars. Ambulacralfüsschen zweireihig. b. Sessile Zangen- oder Klappenpedicellarien. Ambulacralfüsschen stets zweireihig. 2. Fam. Solasteridae. Die walzenförmigen Ambulacralfüsschen endigen mit breiter Saugscheibe. Rückenskelet meist reticulirt, aus einem Netze stacheltrageuder Plättchen gebildet. Arme meist von ansehnlicher Lange. Meist Klappenpedicellarien. Eclünaster M. Tr. Meist fünf conische oder cylindrisch verlängerte Arme. Die Hautplättchen mit isolirten Dornen. E. sepositus Retz. {Rhopia seposita Gray), Mittel- meer. Crihrella. Die Plättchen tragen kleine Stachelgruppen. Cr. oculata Linck. (z=: sanguinolenta Sars, Sarsii M. Tr.j, Europäische Meere. Acanthaster Gerv. Arme in grösserer Zahl, mit dicken langen Stacheln bewaffnet. Mehrere Madi-eporenplatten und Steincanäle. Ac. echinites Ell. Sol., Philippinen. Solaster Forb. Arnizahl vermehrt. Rückenhaut mit Pinselhöckern besetzt. S. papposus Retz. Meist loarmig. S. endeca Retz. Meist 9armig, Europ. Meere. 3. Fam. Ophidiastridae. Von den Solasteriden vornehmlich dadurch unter- schieden, dass sich am Hautskelet die Kalkplatten in gerundeter oder quadrangulärer Form schärfer abheben und bereits in Längsreihen anordnen. Ophidiaster Ag. Zwischen den granulirten Platten gekernte Porenfelder mit zahl- reichen Poren. Ambulacralplatten der äussern Reihe viel grösser aber weniger zahlreich als die der innern Reihe. Oph. ophidianiis Lam., Mittelmeer. 0. attenuatus Gray, Sicilien. Linckia Nardo. Die beiden Papillenreihen nahezu gleich gross. Bauchfläche der Arme mehr abgeplattet, mit wenigstens 3 Plattenreihen, zwischen denen keine Tentakelporen auftreten. L. miliaris Linck., Südsee. L. multiflora Lam., Rothes Meer. Scytaster M. Tr. Mehr als zwei Reihen von Ambulacralpapillen , die allmählig in die Granula übergehen. Sc. variolatus Retz. Fromia Gray. Unterscheidet sich von Scytaster durch die platten Armen und vereinzelten Poren. Fr. milleporella Lam., Rothes Meer. Bei Ferdina Gray ist nur eine Reihe von Ambulacralpapillen vorhanden. Chaetaster M. Tr. Die Platten des Hautskelets sind Papillen. Verbindungsglied mit den Astero- pectiniden. Ch. tubulatHs Lam., Mittelmeer. 4. Fam. Asterinidae. Körper pentagonal oder mit kurzen Armen, meist mit dachziegelartiger Täfelung, ohne ausgebildete Randplatten. Asterina Nardo = Asteriscus M. Tr. Der pentagonale oder kurzarmige Körper unten platt mit gewölbter Rückenfläche und scharfer Seitenkante. A. gibbosa Forb. = Asteriscus verruculatus M. Tr. Die Genitalporen liegen an der Ventralseite. Eurojjäische Meere. A. penicillaris Lam. Sarmig, Cap. Palmipes hinck. Körper auf beiden Seiten platt. P. membranaecus Linck., Mittelmeer, Adria. Porania Gray, führt zu Asteropsis und Gymnanleria hin. P. pulvillus Gray. 342 Culcitidae. fioniastridao. Astropcctinidae. Hier schliesst sich am besten die Gattung Pteraster M. Tr. an, die neuerdings als Repräsentant einer besondern Familie betrachtet wird. Körper mit fünf kurzen dicken Armen, mit nackter Rückenhaut, welche das Balkennetz nebst Büscheln dünner Stacheln überkleidet. Ventralwärts am Rand der Ambulacralfurche Querreihen stacheltragender Papillen. PL militaris 0. Fr. Müll., Grönland und Spitzbergen. Pt. cribrosus v. Mart., Ostafrika. 5. Fam. Culcitidae. Scheibe pentagonal, seltener in kurze dicke Arme auslaufend, mit gekörnter oder schwach getäfelter Haut, ohne Randplatten. Ambulacralfurchen auf die Rückenseite übergreifend. Oulcita Ag. Scheibe pentagonal, stumpkantig. G. coriacea M. Tr., Rothes Meer. C. discoidea Lam. Ästerodiscus Gray. Scheibe Gulcita-ähnlich , mit einem Paar grosser dorsaler Platten am Ende jedes Ambulacralraums. A. ehf/ans Gray, China. Choriaster Lütk. Mit kurzen dicken Armen und lederartiger dicht granulirter Haut, ohne Platten und Stacheln. Porenfelder mit zahlreichen Poren. Ch. yranulatus Lütk., Fidji-Inseln. 6. Fam. Qoniastridae. Der pentagonale oder in spitze Arme ausgezogene Körper flach, mit getäfelter Bauch- und Rückenseite, mit einer ventralen und dorsalen Reihe grosser Randplatten. Pentag onai^ter Linck. (=. Goniaster Ag., Astrogonium M. Tr.). Die Skeletplatten bis auf eine Einfassung von Granula meist nackt. Pedicellarien klein, wenig zahlreich. P. granularis 0. Fr. Müll., Nordeurop. Meere. P. miliaris Gray, Neuseeland. P. {Stellaster Gray) equestris Retz. , Atl. Ocean. Goniodiscus M. Tr. unterscheidet sich durch die grossen Granula der Dorsalfläche. G. Sebae M. Tr., Mosambique. G. placenta M. Tr. ■=. acutus Hell., Adria. Anthenea Gray. Jede ventrale Skeletplatte trägt eine grosse Klappenpedicellarie. A. taberculosa Gray, Australien. Hippasteria Gray, 7. Fam. Oreasteridae. Körper mit flacher Bauchseite, aber meist reticulirten convex erhabenem Rücken, dessen Hautskelet Tuberkeln trägt. Randplattenreihen wohl entwickelt. Gymnasterias Gray. Rückenhaut fast nackt, auf den Armen gekielt. G. carinifera Lam. (Asteropsis cnrinifern) , Ind. Ocean und Rothes Meer. Pentaceros Linck. = Oreaster M. Tr. Bauchseite platt, Rückenseite bergartig gewölbt, Arme gewölbt oder gekielt. Zwei Reihen granulirter Randplatten. Der Körper mit kleinern oder grössern, granulirten oder Tuberkeln und Stacheln ähnliche Erhaben- heiten tragenden Platten beseszt. P. reticulatus Rondelet, Ostküste Amerikas. P. tur- ritns Linck., Ind. Ocean. P. tuberculatus M. Tr., Rothes Meer. 8. Fam. Astropectinidae. Dorsalskelet aus Paxillen gebildet. Die Füsschen sind conisch und ohne Saugscheibe und bilden 2 Reihen in jeder Bauchfurche. Eine oder zwei Randplattenreihen. After fehlt meist (^rc/jasfer ausgenommen). AstropectenlAnck. Der platte Körper mit verlängerten Armen und 2 Reihen grosser Randplatten, ähnlich wie bei Archaster. A. aurantiacus Phil., Europ. Meere. A. bispinosus Otto, Mittelineer. A. spinnlosus Phil., Sicilien. A. pentacanthus Dell. Gh., Mittelmeer, platyacanthus, Adria. Archaster M. Tr. Der platte Körper mit verlängerten Armen. Rand mit 2 Platten- reihen, von denen die untern bis an die Furchenpapillen reichen und mit Schuppen bedeckt sind, die sich am Rande in bewegliche Stacheln umbilden können. Der ebene Rücken mit Papillen. Steht Asteropecten sehr nahe. A. typicus M. Tr., Ind. Ocean. Luidia Forb. Arme verlängert. Nur die bestachelten Ventralplatten vorhanden. L, Savigny Aud. , Mittelmeer und englische Küste. L. maculata M. Tr. , Japan. Cteno- discus M. Tr. Der platte fast pentagonale Körper mit zwei Reihen von glatten Rand- platten, die sich auf der Bauchseite in transversale Schienen fortsetzen. Die Berührung^- ränder der Schienen und Randplatten sind mit feinen Stachelchen kammformig besetzt. Rücken mit Paxillen besetzt. Ct. polaris Sab., Grönland. 2. Ordnung. Ophiuridea. 343 9. Farn. Brlsingidae. Körpergestalt Ophiuriden - ähnlich. Die Arme von der kleinen Scheibe abgesetzt, mit nur ganz engem canalförmigen Innenraum, tiefer Am- bulacralfurche und grossen Scheiben-tragenden Ambulacralfüsschen. Die oralen Am- bulacralplattenpaare zu einem festen Ring vereinigt. After vorhanden. Ambulacralbläschen fehlen. Brisinga Asbj. Mit langen cylindrischen Armen, deren Bedeckung ebenso wie die des Rückens dünne Stacheln trägt. Anstatt des Augenzapfens findet sich ein hohler pigmentloser Tentakel am Ende des Armes. B. endecacnemos Asbj., Norwegen. JB. coronata Sars, mit 9 bis 12 langen Armen , in einer Tiefe von 200 —300 Faden lebend, Lafoten, Atlant. Ocean (W. Thomson). 2. Ordnung. Ophiuridea ^) , Schlangensterne. Afterlose Ästeroideen mit langen cylindrischen oder ahgeflachien Armen, welche von der Scheibe scharf abgesetzt sind und keine Anhänge des Darmes aufnehmen. Die Dauchseite der Arme von Schildern beJcleidet, su deren Seiten an den sog. Seitenschildern die Ambulacralfüsschen aus der Haut her- vorstehen. Genitalöffnungen und Madreporenplatte liegen an der Ventral- fläche. Die Ophiurideen werden sofort an den langen schlangenartig beweglichen Armen erkannt, welche von der flachen Scheibe scharf abgesetzt sind und keine Fortsätze des Darmes und der Geschlechtsdrüsen einschliessen. Die grosse Beweglichkeit der mit Rücken-, Bauch- und Seitenschildern bedeckten Arme fä,llt vorzüglich in die Horizontalebens, indessen auch in die Verticalebene, und vermittelt nicht selten eine kriechende Locomotion zwischen Seepflanzen, Diese von den Asterideen (Stellenden) abweichende Bewegungsweise liegt in der medianen Verwachsung der beiden zu einem Wirbel gehörigen Ambulacral- platten, sowie in der Ausbildung von Gelenkflächen und in der Gestalung der Muskulatur begründet , welclie sich aus dorsalen und ventralen Paaren von Zwischenwirbelmuskeln zusammensetzt. Nur an den beiden adoralen, zur Bildung des Mundskelets verwendeten Wirbel bleiben beide Hälften getrennt und entfernen sich sogar am ersten Ambulacralplattenpaare weit von einander, indem sie als Peristomalplatten mit den angrenzenden Stücken der benach- barten Paare nahe zusammentreten. Den Adambulacralstücken der Asteriden entsprechen die Seitenschilder, welche die Seitenfläche der Arme bekleiden, und in die Mundecken übergehn. Dazu kommen als besondere Kalkgebilde der Haut die Dorsalschilder und Ventralschilder. An den bestachelten Seiten- schildern treten die Füsschen aus Poren hervor, welche von kleinen Schuppen 1) Ausser Müller, Troschel, Lütken 1. c. vergl. Llungmann, Ophiuridea viventia huc usque cognita. Ofvers. Kongl. Vetenk. Akad. Förh. Holmiae. 1867. Lütken, Addidamenta ad historiam Ophiurid.irum Vidensk. Selsk. Skr. Kjöbenhavn_ Derselbe, Ophiuridarum novarum vel minus cognitarum descriptiones nonnuUae. Opera. Kgl. Dans. Vetensk. Selsk. Forhandl. 1872. v. Martens, Die Ophiuriden des indischen Oceans. Archiv für Naturg. 1870. Lyman, Ophiuridae and Astrophytidae new and old. Bull. Mus. comp. Zool. Cambridge. 1874. Derselbe, Zoological Results of the Hassler Expedition. 11. Ophiuridae and Astrophytidae. lUustrated catalogue of Mus. comp. Zool. Nr. VIII. Cambridge. 1875. H. Ludwig, Beiträge zur Anatomie der Ophiuren. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXXI. 1878. 344 Körperbau der Ophiurideen. (Tentakelschuppen) überlagert sind. An der Bildung des Mundskelets bethei- ligen sich ähnlich wie bei den Stelleriden die beiden ersten Wirbelpaare, sowie deren zugehörige Adambulacralstücke (Seitenschilder) , wenn auch in wesent- licher modificirter Anordnung. In erster Linie steht die Eigenthümlichkeit, dass die Mundecken durch Verwachsung eines ambulacralen und adambulacralen Stückes hergestellt werden (Joh. Müller). Das erstere entspricht jedoch der Hälfte des zweiten adoralen Wirbels, das letztere dem ersten Adambulacral- stück. Beide werden theilweise bedeckt von dem ersten Ambulacralstück, welches nach dem Interradius hin gerückt als Perisiomalsimk bezeichnet wird, während das zweite Adambulacralstück als ein kleines Seitenmundschild aus- wärts hinter der Mundecke liegt. Dazu kommt noch das bekannte interradiäre Mundschild als Aequivalent der ersten Intermediärplatte der Asteriden, sowie den beiden Wirbeln zugehörige Bauchschilder (Subambulacralstücke Ludwigs), eine an der Spitze der Mundecke liegende Platte (torus angularis), welche die Zähne trägt, aber auch durch mehrere kleine Stückchen vertreten sein kann. Von besonderm systematischen Interesse sind noch die sog. Radialschilder, welche in paariger Zahl über der Basis eines jeden Armes an der Rückenseite der Scheibe hervortreten, aber häufig ganz von Granula bedeckt sind. Bezüglich des Wassei gefässsystems ist als eine bemerkenswerthe Ab- weichung von den Stelleriden hervorzuheben, dass der zu den Füsschen gehende Gefässzweig grossentheils in der Kalkmasse des Wirbels liegt und dass eine Ampulle fehlt. Die Füsschen entspringen daher nicht zwischen je zwei Wirbel- stücken, sondern erheben sich in einer Grube an der Ventralseite des Wirbels. Dazu kommt die Eigenthümlichkeit, dass an dem ersten auf das Mundskelet folgenden (dritten) freien beweglichen Wirbel der entsprechende Abschnitt des radialen Wassergefässstammes in einen Ganal der Kalksubstanz verläuft und die beiden adoralen dem Mundskelet zugehörigen Ambulacralfüsschen- paare von dem Ringgefäss aus und noch dazu mittelst gemeinsamen Stammes versorgt werden. Die Ambulacralfurche wird durch besondere Hautplatten bedeckt und die Füsschen treten seitlich zwischen Stacheln und Plättchen der Oberfläche hervor. Selten sind die Arme verästelt und können auch mund- wärts eingerollt werden; in diesem Falle wird die Bauchfurche {Astrcphyton) durch eine weiche Haut geschlossen. Eine Afteröffnung fehlt stets. Die in dem Interradialraum der Arme befindlichen Genifalspaiten, von denen man glaubte, dass sie direkt in die Leibeshöhle führten, daher auch zugleich zur Respiration dienten, sind die Mündungen von sack- förmigen Taschen {bursae), deren Innenseite die Genitalschläuche aufsitzen (Rathke, Ludwig). Jede bursa ist ein äusserst zartwandiger Sack, welcher sich in die Leibeshöhle erhebt, und mit einem aboralen Zipfel über den Rand des Magens auf die Dorsalseite desselben herumschlägt {Ophioglypha alhida). Am ventralen Theil der Bursa inseriren sich die einzelnen wie bei den Asterideen gebauten Genitalschläuche (circa 50) jederseits in einer dem Rande der Spalte parallelen Linie und münden durch entsprechende Poren in den Bursalraum, dessen zarte Wandung als Ersatz der fehlenden Tentakelbläschen zur Respiration dienen möchte. Bei Ophioderma ist entsprechend den Bursalspallen auch die Zahl der Bursae verdoppelt und zugleich wie es scheint eine Arbeitstheilung 1. Unterordnung. Eurjaleae. 345 eingetreten der Art, dass die aborale Spalte lediglich der Entleerung der Geschlechtsstoffe , die adorale der Respiration dient. In einzelnen Fällen , wie bei den lebendig gebärenden Ophiura squamata und Ophiacantha marsupialis (Ly m a n) fungiren die Taschen zugleich als Bruträume. Wahrscheinlich führen auch die Genitalspalten der Enryuliden in Bursalräume. Nur bei den lebendig gebärenden Formen erscheint die Metamorphose reducirt, am meisten bei Ophiopholis hellis, deren Embryonen in den nach aussen abgelegten Eisbuscheln eine directe Entwicklung nehmen. Auch eine Tiefseeform, Ophiocoma vivipara W. Th., ist lebendig gebärend. Die meisten durchlaufen die bilateralen Larvenstadien der Fliiteusiorm. , z. B. Ophiolepsis ciliata == Ophioglypha lacertosa mit Pluteus paradoxus. Einzelne Ophiuriden , wie Amphiura squamata, zeichnen sich durch die Leuchtfähigkeit aus, welche von der dorsalen Bedeckung der Armglieder ausgeht. Fossile Ophiuriden finden sich im Muschelkalk, z. B. Aspiäura, Aplocoma u. a. Indessen wurden von Lütken die silurischen Gattungen Protaster, Taeniaster etc. auf Ophiuriden bezogen. 1. Unterordnung. Euryaleae *). Mit einfachen oder verzweigten Greifarmen, welche mundwärts eingebogen werden. Dieselben entbehren der Schilder und enthalten wie die Scheibe in ihrem Integument lediglich Granulationen, die freilich auch Stacheln tragen können; ihre Bauchfurche ist durch eine weiche Haut geschlossen. Zehn strah- lige Rippen auf dem Rücken der Scheibe. Neuerdings wurden auch haken- förmige Pedicellarien nachgewiesen. Manche AstrophijtondiVien besitzen fünf kleine Madreporenplatten , andere wie A. arhorescens nur eine grössere mit sehr zahlreichen Poren. Bei Trichaster elegans Ludw. findet sich nur ein Porus an jedem Interradius. Von den jetzt lebenden Gattungen sind fossile Reste nicht bekannt , dagegen gehört wahrscheinlich die Gattung Saccocoma aus dem lithographischen Schiefer, von Job. Müller als Repräsentant einer besonderen Grinoideengruppe {Crinoidea costata) betrachtet, hierher. 1. Farn. Astrophytidae. Arme verästelt. Astrophyton Linck. {Gorgonocephalus Leach., Euryale Lam.). Arme von Grund aus anfangs dichotomisch, später ungleich verzweigt. Keine Mundschilder zwischen den Armen. Zahnpapillen den Mundpapillen ähnlich und stachelförmig. Kleine Papillen- kämme an der Bauchseite der Arme, welche mit Häkchen bewati'net sind. Zwei Genital- spalten in jedem Interbrachiali-aum. A. arhorescens Rond., Mittelmeer. A. xerrucosum Lam., Indischer Ocean. A. Linckii, eucnemis, Lamarckii u. a. A. Trichaster Ag. Arme erst gegen das Ende regelmässig dichotomisch verzweigt. Mundschilder vorhanden. Mundpapillen und Zähne walzenförmig. Zwei Genitalspalten in jedem Interbrachialraum. Tr. palmiferus Lam., Indien. 2. Farn. Astronychidae. Arme unverästelt. Astronyx M. Tr. Scheibe gross mit nackter Haut und einfachen unverzweigten Armen. Mundschilder fehlen. Die Mundränder mit stachelähnlichen Papillen besetzt. 1) Vergl. ausser Lamarck, L. Agassiz, Lütken und Lyman, Martens, H, Ludwig, Astrophyton elegans. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXXI. 1878. 346 2. Unterordnung. Ophiureae. Papillen der Arme mit Häkchen. Zwei Genitalspalten in jedem Interbrachialraum, beide in einer Vertiefung dicht am Munde. A. Lovcni M. Tr., Norwegen. Astroschema Gerst., Die kleine Scheibe mit granulirter Haut und einfachen fadenförmigen Armen. A. oli- gactes Fall. , Westindien. Astroporpa Oerst. Die kleine höckrige Scheibe mit sehr langen unverästelt«n Armen. Mund mit spitz -kegelförmigen Papillen. A. annulata Lütk. A. affinis Lütk., Westindien. Astrotoma Lym. Ophioplax Lym. 2. Unterordnung. Ophiureae. Mit einfachen, unverzweigten Armen , die zum Kriechen benutzt werden, mit Bauchschildern der Ambulacralfurche. Zwischen dem Ursprünge der Arme hegen am Munde 5 Mundschilder. a. Ohne wahre Zahnpapillen; Scheibe und Arme beschuppt oder mit Granula bedeckt. 1. Farn. Ophiodermatidae. Scheibe mit kleinen Körnern bedeckt. Mundschilder trigonal gerundet, meist breiter als lang. Zähne und Mundpapillen sehr zahlreich. Zahnpapillen fehlen. Arme mit kurzen Stacheln, welche am Aussenrande der Seiten- schilder aufsitzen. Mit vier Genitalspalten in jedem Interbrachialraum. Ophiura Lam. [Opliioderma M. Tr.) Scheibe granulirt. Mundschilder in die Inter- brachialräume nicht verlängert. 0. longicauda Linck. , Mittelmeer. 0. Januarii Lütk., brevispina Say, brevicanda Lütk. u. c. A. Mit zwei Genitalspalten in jedem Interbrachialraum. Ophiopsammus hixik. Radial- schilder nicht sichtbar. 7 Mundpapillen. Arme in Einschnitten des Scheibenrandes ent- springend. Ophiopcza Pet., Pectinura Forb. 2. Fam. Ophiolepididae. Die Schuppen der Scheibe nackt, weder mit Dornen noch Körnern bedeckt. Zähne und Mundpapillen zahlreich. Zahnpapillen fehlen. Mund- schilder mehr oder minder in die Interbrachialfelder vorgezogen. Radialschilder meist gross, nackt. Ophiolepis Lütk. (M. Tr. p. p.). Scheibe mit nackten Radialschildern und Schuppen bedeckt, welche von einem Kranze kleiner Schüppchen eingefasst sind. Mund- schilder breit, in die Interbrachialräume verlängert. Jederseits 5 Mundpapillen. Arm- stacheln kurz und glatt in verschiedener Zahl. 0. paucispina Say, Küste von Florida. 0. annulosa Blv., Ind. Ocean. 0. cincta M. Tr. , Rothes Meer. Ophioglypha Lym. Scheibe mit ungleichen nackten Kalkschuppen bedeckt. Radialschilder nackt. Die Arme in Einschnitten der Scheibe entspringend. Armstacheln gewöhnlich in dreifacher Zahl. Tentakelschuppen zahlreich. 0. lacertosa Linck. {Ophiolepis ciliata M. Tr.), Europ. Meere. 0. Sarsii Lütk. 0. albida Forb. u. a. A. Ophioceramis Lym. Bei Ophioctcn Lütk. und Ophiopus Lym. entspringen die Arme an der Bauchseite der Scheibe, ohne Randincisuren zu veranlassen. ß. Mit rauher stachliger Bedeckung. Armstacheln an den gekielten Seitenschildern. 3. Fam. Ophiacanthidae. Mit 4 bis 8 Mundpapillen, zu denen häufig eine un- paare Infradental)japille kommt. Scheibe nackt, granulirt oder klein beschui^pt. Ophiacantha M. Tr. Die Schuppen der Scheibe mit rauhen Höckerchen oder kleinen zackigen Körperchen besetzt, mit bedeckten Radialschildern. Die zahlreichen (6 — 9) rauhhöckrigen Armstacheln erstrecken sich am Anfange der Arme soweit über den Rücken, dass die Stachelkämme beider Seiten sich beinahe vereinigen. Dasselbe findet auch an der Bauchseite am Ende der Arme statt. 4 bis 5 Mundpapillen , von denen keine infradental liegt. 0. setosa Retz. , Sicilien. 0. spinulosa M. Tr., Spitzbergen. Ophiarachna M. Tr. Scheibe mit granulirten Schüppchen bedeckt. Mundschilder durch eine Quersutur getheilt, 7—8 Mundpapillen. 3—6 Arrastacheln. Steht der Gattung Amphiuridae. Ophiocoraidae. Ophiotrichidae. Ophiomyxidae. 347 Pectinura nahe. Hier schliesst sich Ophiobhnna Lütk. und die nur kurze Arnistacheln tragenden Gattungen Ophionereis Lütk. und Ophioplocus Lym. an. 4. Fi»m. Amphiuridae. Mit 1 bis 3, selten 4 Mundpapillen, ohne unpaare In- fradentalpapille. Armstacheln kurz. Ophiopholis M. Tr. Scheibe mehr oder mimder mit Körnern oder kleinen Dornen bedeckt. Jederseits drei Mundpapillen an den Mundspalten. Dorsale Armschilder von einer Einfassung von Ergänzungspliittchen umgeben. 0. hellis {scolopendrica) Linck. 0. aculeata 0. F. Müll., Nördhche Europäische Meere. Ophiostigma Lütk. Die Schuppen der Scheibe granuUrt oder mit kleinen Dornen bedeckt. Von den 3 Mundpapillen ist die innerste infradental. Drei kurze zarte Armstacheln. 0. tenue Lütk. 0. isacanthum Say., Florida. Amphipholis Lym. Ophiactis Lütk. Die runde Scheibe mit Schuppen bedeckt, welche kurze Stacheln tragen. Nur 1 bis 2 Mundpapillen, von denen keine infradental. Meist öarmig. 0. Sim- plex Le Comte, Panama. 0. virescens Lütk., Centralamerika. HemiphoUs Lym. Amphiura Forb. Die zarte Scheibe mit nackten Schuppen bedeckt, mit freien Radialschildern. Nur je 2 Mundpapillen, von denen die innere infradental. Armstacheln kurz und regelmässig. Arme schlank, mehr oder weniger abgeflacht. A. filiformis 0. F. Müll., Nordsee. A. squamata Delle Ch. =:: Chiajei Forb., Mittelmeer bis zur Massa- chussetts Bai. Amphilepis Lym. Mit nur einer Mundpapille, b. Mit zahlreichen Infradentalpapillen. 5. Fam. Ophiocomidae. Körper mit stachligen Hartgebilden bedeckt. Mund- spalte mit mehreren Mundpapillen, Zähnen und zahlreichen Zahnpapillen. Ophioconia M. Tr. Scheibe gleichmässig granulirt, mit bedeckten Radialschildern, 3 — 7 glatten Seitenstacheln, 4 — 5 Zilhnen, zahlreichen Zahnpapillen und 4 Mundpapillen. Ein oder zwei Schuppen an den Tentakelporen. 0. pumila Lütk., Küste von Florida. 0. scolo- pendrina Lam., Ind. Ocean. 0. nigra 0. F. Müll., Nördl. europ. Meere u. a. A. Ophio- mastix M. Tr. Scheibenrücken von weicher oder fein beschuppter Haut bedeckt, mit einzelnen Stacheln. Ueber den Armstacheln keulenförmige am Ende in mehrfache Zacken auslaufende Stacheln. 0. nnnulosa Lam. , Java. 0. venosa Pet., Zanzibar. Ophiopsila Forb. Mit 2 Mundpapillen und 2—3 Seitenstacheln. 0. aranea Forb. Ophiarthrum Pet. 6. Fam. Ophiotrichidae. Mit nackten Mundspalten, ohne Mundpapillen, aber zahlreichen Zähnen. Radialschilder sehr gross. Ophiothrix M. Tr. Die Schuppen der Scheibe mit Körnchen oder beweglichen Härchen oder Stachelchen besetzt. Aus der Haut des Rückens treten Radialschilder vor, die nackt sein können. Zähne und Zahn- papillen. Armstacheln echinulirt, 5 bis 10. Die Schuppen an den Tentakelporen sind undeutlich oder fehlen. 0. fragiUs 0. F. Müll., Europ. Meere u. z. a. A. Ophiocnemis M. Tr. Genitalspalte durch eine kalkige Platte in zwei gesondert, daher 5 mal 2 Paare solcher Spalten. Interbrachialräume fast ganz nackt. 3 platte Seitenstacheln. 0. mar- morata Lam. Ophiogymna Lym, 7. Fam. Ophiomyxidae. ]yiit weicher Hautbekleidung ihrer Scheibe. Mund- bewatfnung aus gezähnten Plättchen oder Stacheln gebildet. Ophiomyxa M. Tr. 3 Mund- papillen. Diese sowie die Zähne in Fomi von gezähnelten Plättchen. 4-6 Armstacheln zum Theil von der nackten Haut eingehüllt , an der Spitze frei und echinulirt. Arme rundlich mit unvollkommen entwickelten Armplatten. Keine Schuppen an den Tentakel- poren. 0. pentagona Lam. , Sicilien. Ophioscolex M. Tr. Mundpapillen und Zähne stachelartig. Die 3 bis 4 glatten Armstacheln von einer nackten zurückziehbaren Haut eingehüllt. Keine Schuppen an den Tentakelporen. 0. glacialis M. Tr. , Spitzbergen. 348 III. Classe. Echinoidea. III. Classe. Echinoidea'), Seeigel. Sphäroidische, herdförmige oder ßach scheibenförmige Echinodermen mit unheiveglichem , aus KalTiplatten isusammengesetzten Shelet, welches als feste Schale die Eingeweide umschliesst und auf seiner Äussenfläche bewegliche Stacheln trägt, stets mit Mund und After, mit locomotiven, zuweilen auch mit respiratorischen Ambulacralanhängen. Die Skeletplatten der Haut verbinden sich zur Herstellung einer festen, un- beweglichen Schale, welche armförmiger Verlängerungen in der Richtung der Strahlen entbehrt und bald regulär radiär, bald irregulär symmetrisch erscheint. Mit seltenen Ausnahmen fossiler Perischoechiniden wie Lepidoccntrus liegen die Kalkplatten mittelst Suturen fest aneinander und bilden bei den gegen- wärtig lebenden Formen 20 meridionale Reihen , von denen je zwei benach- barte zusammengehören und als 10 Paare von Plattenreihen alternirend die Ambulacralfelder und die Interambulacralfelder zusammensetzen. Die ersten 5 Paare werden als Ambulacralplatten von Poren zum Durchtritt der langen Saugfüsschen durchsetzt und erzeugen auf ihrer Oberfläche ebenso wie die breiten Interambulacralplatten Tuberkeln, mit kugligen Gelenkflächen, auf welchen die beweglichen , äusserst verschieden gestalteten Stacheln angefügt sind. Auf der meridianförmigen Anordnung der Plattenreihen, von denen die ambulacralen am Scheitel durch die fünf Ocellarplatten, die interambulacralen durch die fünf Genitalplatten abgeschlossen werden, sowie auf der Continuität der Interambulacralreihen beruht der Charakter der Seeigel im Gegensatz zum Seestern. Das pentagonale oder gerundete Feld, welches am Scheitel von den Genital- oder Scheitelplatten umgeben, bei den regulären Seeigeln von dem After durchbrochen ist , wird in früher Jugend , bevor dieser zum Durchbruch gelangt ist , von einer einzigen Platte eingenommen , welche als Subanalplatte bezeichnet wird, weil die Afteröfifnung nicht in ihrer Mitte, sondern 1) Ch. Desmoulins, Etucles sur les Echinides. Bordeaux. 1834 — 1837. L. Agassiz, Monographie des Echinodermes vivans et fossiles. Neuchatel. 1838 — 1843. L. Agassiz et E. Desor, Catalogue raisonne des familles, des genres et des espeees l'Echinides. Ann. seien, nat. 3 Ser. 1846 und 1847. Joh. Müller, Bavi der Echinodermen. Berlin. Akad. 1854. E. Desor, Synopsis des Echinides fossiles. 1854—1858. J. Gray, Catalogues of the recent Echinida or Sea Eggs in the collection of the Brit. Museum. 1855. Lütken, Bidrag til Kundskab om p]chinoderme. Vidensk Meddelelser. Kjöbenhavn. 1863. S. Loven, Ueber den Bau der Echinodeen. Troschels Archiv. 1873. Derselbe, Etudes sur les Echinoidees Memoire presente a l'acad. roy. des sciences de Suede. Stockholm. 1874. Alex. Agassiz, Revision of the Echini. Illustrated Catalogue of the Mus. of comp. Zool. at Harvard coUege. VII. Cambridge. 1872—74. Vergl. ferner die Abhandlungen von L. und A. Agassiz, Verrill, Gray, Lütken, Loven, v. Martens, Troschel, Desor, Grube, Peters, Hoffmann, Metschnikoff, Stewart, sowie W. Thomson 1. c, Pourtales, Bolau. Skelet der Seeigel. 349 excentrisch (meist gegen das hintere rechte Ambulacrum gewendet), durchbricht. Während der Rand der angrenzenden Scheitelplatten resorbirt wird, treten an der Subanalplatte neue Plättchen auf, deren Zahl meist sehr beträchtlich wächst und unter denen später die Subanalplatte noch an ihrer Grösse zu erkennen ist. Bei den Saleniden aber erhält sich diese selbstständige Gentral- platte in bedeutender Grösse, und es ist wahrscheinlich , dass sie bei den irre- gulären Seeigeln das vom Madreporiten eingenommene Mittelfeld repräsentirt, während sie bei den übrigen regulären Echinoideen von den zahlreichen secundär gebildeten Kalkplättchen des Periproct's mehr und mehr verdrängt wurde. Bei den sog. irregulären Seeigeln, deren After vom Apex entfernt, im unpaaren Interradius zum Durchbruch kommt (ein mit Rücksicht auf die Lage des Afters bei den Grinoideen augenscheinlich primäres Verhältniss) wird die Scheitelplatte vom Madreporiten eingenommen, welcher bei den Clypeastrideen seine centrale Lage bewahrt, bei den Spatatigideen jedoch auf benachbarte Scheitelplatten übergreift. Sonst stimmt die Anlage und Lagerung der apicalen Skeletplatten bei den Seeigeln so sehr zu dem Galyx der Grinoideen, dass man beide als homolog auf einander zu beziehen im Stande ist und zumal mit Zuhülfenahme von Marsupites in der Gentralscheibe des jungen Echinus die Gentrodorsalscheibe der Grinoideen , in den interradialen Scheitelplatten oder Genitalplatten die Basalia, in den Ocellarplatten die Radialia wiedererkennt. Die Neubildungen für die wachsenden Ambulacren und hiterradien entstehen an der Peripherie des Kelches, indem die Basalia den Endstücken der Interradien, die Radialia oder Ocellarplatten denen der Ambulacren begegnen. Auf der Wiederholung der doppelten Plattenreihen in den Radien und Interradien beruht die scheinbar regelmässige strahlige Form des regulären Seeigels, die jedoch, wie die genaue Untersuchung lehrt, eine bilaterale, nicht genau symmetrische Anordnung zeigt. Ganz besonders haben Loven's umfassende Studien dargethan, dass für die Gestaltung der paarweise nebengeordneten Plattenreihen der fünf Ambulacren bei den regulären Seeigeln dasselbe Gesetz wie bei den irregulären Spatangideen und Glypeastrideen zur Geltung kommt , dass auch dort in einen bestimmten Radius die Hauptebene fällt, durch deren Feststellung dieselbe Formel für die Ambulacralplatten des Peristomrandes gewonnen wird. Diese nur für die Ambulacralplatten des Biviums streng symmetrische Hauptebene fällt bei Acrodadia und Fodopliora (Querigel) mit dem kürzern Durchmesser der Schale zusammen und wird ausser durch die noch näher zu erörternde Formel durch die Lage der Madreporenplatte in der rechten vordem Scheitelplatte bestimmt. Um die besondere Gestaltung der ambulacralen Plattenreihen der ver- schiedenen Radien zu erörtern, zählt Loven diese sowie die zugehörigen Interradien von der rechten Seite des Biviums beginnend , indem er den un- paaren Radius und Interradius in die Medianebene legt. Er bezeichnet die Ambulacren durch lateinische, die Interambulacren durch deutsche Ziffern, so dass beispielweise das hintere rechte Ambulacrum mit 1, das vordere oder un- paare mit III, das linke hintere Interambulacrum mit 4, das hintere unpaare mit 5 beziffert wird. Die Platten der ersten Reihe (in der Reihenfolge der Ziffern) jedes Ambulacrums und Interambulacrums unterscheidet er durch den 350 Bau und Organisation dör Seeigel. Buchstaben a von denen der zweiten Reihe, zu deren Bezeichnung er den Buchstabon b anwendet. Betrachtet man nunmehr die das Peristom begren- zenden Ainbulacralplatten eines beliebigen Echinoideen , so ergibt sich , dass die Platten la, IIa, III b, IV a, Vb grösser sind und von einem einfachen oder Doppelporus mehr durchbrochen sind als die kleinern Platten Ib, IIb, III a, IV b, V a, dass also überall sowohl bei irregulären wie regulären Formen in der Gestaltung der peristomalen Ambulacralplatten des Triviums eine Asym- metrie zur Medianebene des unpaaren Radius und Interradius besteht, während sich die beiden Ambulacren des Biviums symmetrisch verhalten. Somit ist der Beweis geführt, dass die Bestimmung des unpaaren Radius und Interradius auch für die regulären Seeigel nach der vordem rechtsseitigen Lage der Madreporenplatte vollkommen richtig ist, oder umgekehrt, dass die vom Madreporiten durchsetzte Scheitelplalte der regulären Seeigel dieselbe als die der Spatangideen, nämlich die rechtsseitige vordere ist. Für die innere Organisation der Echinoideen ist die Lage der Nerven und Ambulacralgefässstämme unterhalb des Skeletes entscheidend. Zwischen den Stacheln, besonders zahlreich auf dem Peristomfeld in der Umgebung des Mundes finden sich Pedicellarien, bei den Echiniden in den fünf Ecken desselben auch verästelte Kiemenschläuche. Die mit Ausnahme von Cidaris allgemein vorkommenden Sphaeridien gehören den Ambulacren an und finden sich stets auf den peristomalen Platten, zuweilen freilich wie bei den Gassidulideen und Glypeastrideen von der Schalen- substanz überwachsen. Ihr Entdecker Loven hält dieselben für Sinnesorgane (Geschmacksorgane). Bei vielen regulären Formen sind alle Ambulacral- anhänge (Füsschen) von gleicher Form und mit einer durch Kalkstückchen gestützten Saugscheibe versehen ; bei andern entbehren die dorsalen Füsschen der Saugscheibe und sind zugespitzt, oft auch am Rande eingeschnitten. Die sog. irregulären Seeigel besitzen neben den Füsschen in der Regel Ambulacral- kiemen auf einer von grössern Poren gebildeten Rosette der Rückenfläche. Die locomotiven Füsschen werden bei den Chjpeastrideen sehr klein und breiten sich entweder über die ganze Fläche der Ambulacren aus oder beschränken sich auf verzweigte Strassen an der Bauchfläche. Bei den Spatanyideeti treten an der Oberfläche eigenthümliche Streifen, Fasciolen oder Semiten, hervor, auf denen statt der Stacheln geknöpfte Griffel (Glavulae) mit lebhafter Wim- perung verbreitet sind. Die Entwicklung erfolgt durch die Larven der Fluteiis^otvn mit Wimper- epauletten (Reguläre Echinideen) oder mit Scheitelstangen (Spatangideen). Nach Verlust der letzten Pluteusreste hat der junge kriechende Seeigel noch mannichfache Veränderungen zu duichlaufen, nicht nur rücksichtlich der ge- sammten Form, sondern mit Bezug auf die Gestalt und Zahl der Skleletplatten, bei den Spatangideen selbst auf die Lage des Mundes und der Afteröffnung. Das Peristom der jugendlichen Spatangideen besitzt beispielsweise eine ziemlich centrale Lage und pentagonale Form (entsprechend dem fossilen Echinopatayus, und dem lebenden Falaeostoma). Auch smd auf Eigenschaften von Jugendformen Gattungen wie Ecliinodiadema und Moulinisia gegründet worden. Diese Um- gestaltungen an denTheilen der Schale und deren Bekleidung wurden von AI. "Wachsthum der Schale. 351 Ag assi z und ganz besonders von Lo ven erforscht, welcher letztere durch seine wichtigen Entdeckungen neben Joh. Müller die vergleichende Morphologie des Echinodermenkörpers begründete. Am einfachsten und gleichmässigsten ge- stalten sich die Wachsthumsvorgänge der Schale bei den Latistellen unter den sog. regulären Seeigeln. Die Neubildung von Skeletstücken erfolgt im Umkreis des Calyx, in den Ambulabcren treten unterhalb der Ocellarplatten in doppelten Reihen einfache Primärplatten auf, welche bei den Spatangoideen und Angu- stistellen (Gidarideen) als solche persistiren, bei den Echiniden aber zur Bildung von Grossplatten mit 3, 4, 5 und mehr Porenpaaren zusammentreten. Die Grossplatten wachsen unter gesetzmässigen Verschiebungen der den einzelnen Primärplatten zugehörigen Porenpaare bedeutend in die Breite und werden, je mehr sie sich dem pentagonalen durch die geschlossenen Auriculae fixirten Peristomrande nähern, in verticaler Richtung unter Verschiebungen der sie zu- sammensetzenden Elemente gewissermassen comprimirt, während bei den Gidarideen, wo die Basen der Auriculae in der Richtung der Ambulacren keinen Widerstand bieten, der gleichmässige Verlauf der Primärplatten ungestört bleibt. Daher treten hier die peristomalen Platten in fortgesetzter Reihenfolge auf die Mundhaut über, die von zahlreichen Reihen schuppenförmiger Poren- platten überlagert wird. Auch bei den Latistellen liegen übrigens auf der Mundhaut 10 Porenplatten mit den Mundfüsschen, und es ist sehr wahrschein- lich, dass dieselben von der Corona losgelöst worden sein, noch bevor sich die Auriculae entwickelt hatten. Echinusjunge von 0,6 Mm. Durchmesser, welche eben die Reste des Pluteus verloren haben, besitzen innerhalb der fünf Primär- füsschen fünf Paar Kalknetzscheiben , über welchen sich eben so viel kleine Füsschen erheben. Diese Kalkscheiben können nichts anderes als die Anlagen der ersten primären Ambulacralplatten sein, zumal zwischen denselben an der Peripherie fünf kleinere Scheiben als Anfänge der Interradien sich einschieben. (Vergl. die einfachen peristomalen Interambulacralplatten der Mundarea der Spatangideen). Es werden somit die Plattenpaare auf dem Peristom früher vorhanden sein, als irgend andere der Gorona, welche sich in der Peripherie der zuerst entstandenen Ambulacralplatten zugleich mit der Anlage des Mundskelets bildet, da wie bei den Asteroideen der Vegetationspunkt durch den Rand des Apex bezeichnet wird. Der unpaare Primärtentakel soll nach Krohn noch vor dem Durchbruch des Mundes resorbirt werden (?), Bei den sog. irre- gulären Echiniden , welche in den meisten Fällen Ambulacralkiemen besitzen, sind die Platten auf der Mundhaut in bilateraler Symmetrie vertheilt. Doch bleibt bei den Gassidulideen und Spatangideen die Mundhaut ohne Porenplatten. Die Seeigel leben vorzugsweise in der Nähe der Küste, viele jedoch auch in bedeutender Tiefe , und ernähren sich langsam kriechend von kleinen See- thieren, Molluscen und Grustaceen. Einige Echinusarteii besitzen das Ver- mögen, sich Höhlungen in Felsen zum Aufenthalte zu bohren. Fossile Formen finden sich schon im Silur, aber die paläozoischen Formen weichen wesentlich von denen späterer Perioden und der Jetztzeit ab, vor Allem darin, dass zwischen den ambulacralen Plattenreihen mindestens vier, ja meist sogar fünf oder sechs interambulacralo Plattenreihen eingeschaltet sind. 352 Perischoechiniden. Man hat auf diesen Gegensatz einen so grossen Werth gelegt , dass auf Grund desselben zwei Unterclassen unterschieden wurden: 1. Ferischoechini- clcen ') mit mehr als zwei interambulacralen Plattenreihen , 2. Echinideen mit nur z\vei interambulacralen Plattenreihen. Erst in der Secundärzeit beginnt der letztere Typus , aber auch nicht ganz ohne vermittelnde Glieder und an Charaktere der alten paläozoischen Gruppe erinnernde Besonderheiten, welche sogar noch an Spatangoideen (Resten von schuppenförmig sich deckenden Skeletstücken) , wie an regulären Seeigeln {Echinofhuriden) erhalten sind. Neuerdings ist von Gotteau ^) aus den ä!ltern Schichten der Kreideformation ein Seeige], Tetracidaris Reynesi, aufgefunden worden, welcher in jedem Inter- ambulacrum noch zwei intermediäre Tafelreihen enthält, die sich bis zum Peristom fortsetzen. Abgesehn von dem paläozoischen Charakter zeigt Tetra- cidaris durchaus den Habitus echter Cidariden. Morphologisch erinnern die mittleren Reihen von Interambulacralplatten der Perischoechinideen an die intermediären Platten der Asteroideen, während die seitlichen bei den Echinideen ausschliesslich erhaltenen Reihen den Adambulacralplatten entsprechen. Offenbar hat sich der jüngere Typus aus dem altern durch Verdrängung und Schwund der intermediären Plattenreihen entwickelt. Von den Echinideen, welche zuerst in dem secundären Zeitalter er- scheinen, treten im Trias überwiegend die regulären Cidarideen ^) = Angusti- stellen auf, in Formen, welche lebhaft an die Perischoechiniden erinnern, während die gewiss am höchsten organisirten Spatangoideen die jüngsten Glieder der Echinoideen reihe repräsentiren. Im Lias halten sich Anyustistellen und Lati- stellen ziemlich das Gleichgewicht. Die subventrale Lage des Afters am Scheitel- feld bezeichnet also das primäre Verhältniss, was mit Rücksicht auf die muth- massliche Beziehung zu den Cystideen in hohem Grade auffallend erscheint. Die älteren sog. irregulären Echinideen des Jura tragen in ihrer Erscheinung noch den Habitus der Cidariden (unter denen bei Heterodcma lybicum Gott. 1) Seeigel mit mehr als zwei Plattenreihen in jedem Interambulacralfeld. Die intermediären Platten sind hexagonal, während die adambulacralen , welche sich aus- schliesslich bis zum Apex und Peristom fortsetzen , eine pentagonale Form besitzen. Auch die Ambulacralplatten, welche kleine von je zwei Poren durchsetzte Primärplatten bleiben, bilden oft zahlreiche Reihen. Lage des Afters am Scheitelfelde. 1. Lepidocentridae. IVIit schuppenförmigen Interradialplatten. Die Adambulacral- platten sind grösser als die übrigen. Scheinen Beziehungen zu den Cystideen zu haben. Lepidocentrus J. Müll. L. eifelianus J. Müll. Perischodomus M. Coy. Pholidocidaris Meek. et Worthen. 2. Palaechinidae. Sämmtliche interradiale Skeletplatten granulirt ohne Primär- tuberkel. Palaeechinus Scouter. P. elegans M. Coy. Melonites Norw. Ow. Oligoporus Meek et Worthen. Lepidesthes Meek et Worthen. Protoechinus Austin. 3. Ärchneoeideridae. Sämmtliche interradiale Platten besitzen einen grossen Primärhöcker. Archaeocidaris M. Coy. A. triserialis M. Coy. Eocidaris Desor. Lepi- docidaris Meek et Worthen. Lepidechinus Hall. Xenocidaris L. Seh. 2) M. Cotteau, Sur le Tetracidaris. Bulletin de la societe geologique. Paris. 1873. 3) Vergl. E. Desor, L'evolution des echnides dans la serie geologique et leur role dans la formation jurassique, Bull. soc. scienc. natur. Neuchatel. Tom. IX. 2 Cah. 1872. 1. Ordnuüg. Regularia. 353 der After bereits in das Interambulacrum tritt) bis auf die Lage des Afters im Interambuiacrum {Pijgaster, Holectypus) und führen durch die GaJeritiden {Echt »ocouus) der Kreide zu den in der Tertiärzeit bereits verbreiteten Clyjieastri- den hin. Schwierig ist die Abzweigung der schon im Lias auftretenden Collyriti- deen (noch ohne Ambulacra petaloidea) zu bestimmen , welche durch die Echiiwcorydeen mit bereits transversalem mit Labrum versehenen Mund zu den echten Spatanyideen überführen. Die Cassidulideen erscheinen als eine schon im mittleren Jura beginnende Abzweigung der Galeritiden , welche den Zahnapparat verlieren und iheWs {EchinoHeideu) gleichförmige Bandambulacren bewahren, theils den Glypeastrideen ähnlich , petaloide Ambulacren gewinnen. 1. Ordnung. Regularia = Endocyclica. Reguläre Seeigel. Mit centralem Mund und gleichartigen Bandambulacren, mit Zähnen auf einem Kaugerüst und subcentralem After im Scheitelfeld. Die Regularität der Schale ist strenggenommen keine vollständige, da stets ein bestimmter Radius diejenige Ebene bezeichnet , welche der Median- ebene der sog. irregulären Seeigel entspricht. Zu dieser Ebene zeigen die Ambulacralplattenreihen dieselbe und zwar mit Rücksicht auf Gestaltung und Wachsthum der Peristomplatten im Trivium asymmetrische Anordnung wie bei den Spatangoideen , und auch der Madreporit fällt in die rechtsseitige vor- dere Scheitelplatte. Dazu kommt, dass der After keineswegs genau im Gentrum liegt, welches ursprünglich von der Gentralplatte eingenommen w'xrd {Salenier), sondern ausserhalb der letztern, also subcentral etw^as gegen das rechte hintere Ambulacrum gewendet, zum Durchbruch gelangt. In einem Falle {Hetero- diadema Lybicum Gott.) scheint der After sogar aus dem Scheitel in den unpaaren Interradius gerückt, wodurch die excentrische Lage desselben bei den irregulären Glypeastrideen und Spatangideen schon hier vorbereitet wird. Eine Veränderung des pentagonalen Peristomrandes während des Wachs- thums erscheint durch die an dem Rand der Corona fest gewachsenen Auriculae, welche der Anlage nach eine nähere Beziehung zum Kaugestell haben , aus- geschlossen. Indessen gestaltet sich nach der Befestigungsweise der Auriculae Form und Wachsthum der Ambulacralplatten sehr verschieden. Bei den Cidariden, deren Auriculae auf die Interambulacralplatten zu den Seiten der Ambulacren gestützt sind, leisten jene den mit dem Wachsthum der Schale auf das Peristom herandrängenden Ambulacralplatten keinen Wider- stand. Daher bleiben dieselben nicht nur im ganzen Verlaufe des Ambulacrums schmale von einem Doppelporus durchsetzte Primärplatten, w^elche das Ambula- crum als eine schmale Strasse — daher An giisti stellen — erscheinen lassen, sondern es lösen sich die Primärplatten, wenn sie an den Rand der Gorona gelangt sind, von diesem los und wachsen zu breiten Schuppenplatten aus, welche sich über die Mundhaut ausbreiten. Bei den Echinideen oder Latistellen, deren Auriculae an den ältesten Ambulacralplatten der Gorona fest gewachsen sind , finden die in Folge der Claus, Zoologie, i. Auflage. 23 3§4 Verschmelzung der Primärplatten zu Grossplatten. (am Rande des Apex) fortschreitenden Neubildungen von Primärplatten wie von einem langsamen Strome getragenen Platten an dem Peristomrande einen unüberwindlichen Widerstand , so dass das Peristom eine feste Grenze der Corona gegen den Mundrand bleibt. Der mit dem Wachsthum erzeugte Druck wird dem entsprechend auf die Gestaltung der Ambulacralplatten seine Wirkung äussern müssen. Dieselben bleiben meist nicht wie bei den Angustistellen Primärplatten , sondern verschmelzen frühzeitig zu Grossplatten , welche in gleichem Masse als sie sich vom Scheitel entfernen , breiter werden , im Ver- hältniss zur Länge. Schon an ganz jungen Formen (Strongulocentrotus) sind die Peristomplatten der Reihe I a .... V b ternäre, die der Reihe I b .... V a binäre Grossplatten, d. h. jene sind aus der Verschmelzung von 3, diese aus der von 2 Primärplatten entstanden, hi beiden Reihen a und b besitzt die erste Primär- platte ausser dem Porenpaar noch einen randständigen Halbporus, so dass wahr- scheinlich jede peristomale Primärplatte aus zwei ursprünglich getrennten Primärplatten hervorgegangen ist, von denen auch die endständige einen Doppelporus besass, welcher dann an den Rand gedrückt, in der Weise reducirt wurde, dass der obere Porus obliterirte, der untere zu einer Ausbuchtung sich gestaltete. Die Primärplatten sind untereinander keineswegs gleich- gestaltet, indem nicht alle sich vom Rande des Interambulacrums bis zur Mittel- naht erstrecken, vielmehr ein Theil derselben zu Halbplatten geworden sind, welche die Mittelsutur nicht erreichen. Nur die adorale und aborale Primärplatte jeder Grossplatte erweisen sich als Ganzplatten , sämmtliche zwischenliegende oder intermediäre Primärplatten, deren Zahl an den Jüngern Grossplatten gegen den Apex zu fortschreitend zunimmt, sind Halbplatten. Die Grossplatte entsteht in der Weise, dass die am Ocellarplattenrand neu ab- gesetzten Primärplatten am aboralen Rand der zuletzt gebildeten abgeschlossenen Grossplatte -zu einem Gomplex vereinigt werden. Sämmtliche in denselben eingegangene Primärplatten sind ursprünglich Ganzplatten, und erst mit dem Breitenwachsthum der Grossplatte werden die intermediären Primärplatten zu Halbplatten , indem ihre Grössenzunahme nach der Mittelsutur gehemmt wird. Das Wachsthum der Grossplatten wird in Folge des Druckes , welcher zwischen Apex undPeristomrand besteht, vornehmlich in transversaler Richtung erfolgen müssen und mit einer Formveränderung der Grossplatten verbunden sein, durch welche die Poren Verschiebungen in ihrer gegenseitigen Lage erfahren. An ganz jungen Individuen liegen die Porengruppen am äussern Rande gegen das Interambulacrum zugewendet und bilden auf jeder Grossplatte einen schwachen Bogen (Primärbogen). Mit dem fortschreitenden Wachsthum er- halten die Bogen dadurch eine andere Gestaltung , dass die Poren der ganzen Primärplatten eine grössere Bewegung erfahren und sich der Mittelsutur be- deutend nähern. Auf diese Weise entstehen die secundären Bogen der Porön- gruppen, welche bei den einzelnen Gattungen der Latistellen höchst charakteri- stische Abweichungen zeigen. Dazu kommen endlich noch Veränderungen der peristomalen Grossplatten , welche mit den zunächst angrenzenden zu Gross- platten zweiter , später dritter Ordnung verschmelzen und zugleich eine P«.ück- bildung mehrerer an den Peristonu-and gerückter Porengruppen zu einfachen Ausbuchtungen erfahren {ßtrongylocentrotus). Echinothurideae. CiJaridoae. 355 Die Mundhaut der Latistellen enthält indessen auch freie Primärplatten. Es sind zehn Porenplatten, welche vor der Bildung der Corona vorhanden gewesen sein müssen und somit den zuerst entstandenen Primärplatten entsprechen. I.Unterordnung. Echinothurideae^). Reguläre Seeigel mit schuppen- förmigen Skeletstücken der beweglichen Schale. Die Richtung , nach welcher die Schuppenplatten übereinandergreifen, ist in Ambulacren und Interambulacren entgegengesetzt. Ambulacren breit , ebenso wie die Interambulacren mit zahl- reichen durchbohrten Höckern bedeckt, welche kleine Stacheln tragen. Peristom und Periproct sehr umfangreich, das erstere wie bei den Cidariden von schuppen- förmigen in den Ambulacren von Poren durchbohrten Platten bedeckt. Während man früher von dieser merkwürdigen Seeigelgruppe , welche sich in der Gestaltung der Platten an die paläozoischen Gattungen Ärchaeocidaris und Lepidechinus anschliesst, nur die Gattung Echinothiiria Woodw. (E.floris) aus der Kreide kannte , wurden in den letzten Jahren noch lebende Gattungen der Tiefsee entdeckt, Calveria W. Th. (wahrscheinlich mit Asthenosoma Gr. identisch) und Fhormosoma W. Th., welche mit jener in den Charakteren der Gruppe übereinstimmen. 1. Fam. Echinotlmridae. Calveria W. Th. Schuppen weit übereinander greifend, durch weiche Zwischen- häute sehr beweglich. Ambulacralplatten sehr breit, je mit 3 Gruppen von Doppelporen, von denen die nahe am interambulacralen Rande gelegenen am stärksten sind. C. hystrix W. Th. Fhormosoma W. Th. Die Ueberlagerung der Schuppen minder ausgedehnt. Ambulacralplatten merklich schmäler als die interambulacralen, mit wechselnden Halb- nnd Ganzplatten. Ph. placenta W. Th. Ph. uranus W. Th. 2. Unterordnung. Gidarideae (Ängustistellae). Reguläre Seeigel mit tafelförmigen fest verbundenen Skeletplatten der nahezu kugligen am Peristom abgeflachten Schale. Die Ambulacralfelder sind sehr schmal, an Pulaeechinus der Perischoechiniden erinnernd und bestehen aus Primärplatten mit je einem Doppelporus (mit Ausnahme der fossilen Diplocidaris). Die Poren bilden ge- schlängelte Doppelreihen. Interambulacralfelder sehr breit, mit zwei Reihen grosser meist perforirter Stachelwarzen, welche sehr grosse keulenförmige Stacheln tragen. Auriculae nicht geschlossen, an den hiterambulacren befestigt. Peristom ohne Einschnitte und ohne Mundkiemen. Kauapparat einfacher als bei den Echinoideen, die Kiefer entbehren des triangulären Loches. 1. Fam. Saleniadae. Mit einer einzigen Centralplatte oder nur wenigen am After liegenden Platten im Centrum des Scheitelfeldes und subcentralem , dem hintern rechten Arabulacrum zugewendetem After. Erinnern durch diese Gestaltung des Scheitelfeldes an jugendliche Cidarideen und Echinideen, an deren Centralplatte der After durchbricht. Waren lange Zeit nur fossil bekannt, bis durch die Tiefseeforschungen zuerst von Pourtales eine lebende SaZeHja, S. varispina A. Ag. beiFlorida aufgefunden 1) Vergl. S. P. Woodward, W. Thomson 1. c. R. Etheridge, On the Relationship existing between the Echinothuridae and the Perischoechinidae. Quaterl. Journ. geol. Soc. London. 1874. 23* 356 Echinideae. wurde. Sind vorwiegend mesozoisch. Die jurassischen Acrosalenier (Acroftalevia) haben durchbohrte Stachelwarzen, während l^ei den Hyposaleniern der Kreide {Feltastes Ag., Hyposalrnia Desor, Goniophorus Ag., Salenia Ag.) und der jetzt lebenden Salenia vari- spina W. Th. die Stachelwarzen undurchbohrt sind. 2. Fam. Cidaridae. Afterfeld mit zahlreichen Plättchen erfüllt. Die Inter- ambulacralfelder tragen 2 Reihen grosser perforirter Stachelwarzen. Cidaris Lam. Inter- ambulacra drei bis fünfmal so breit als die schmalen Ambulacra , mit 2 Reihen grosser Primärtuberkeln. Die Stacheln derselben dick, cylindrisch, oft länger als der Schalen- durchmesser, mit Granulationen in der Längsrichtung. C. meUdnria Lam. , Westindien. G. {Vorocidaris) papillata Flem. (C. hystrix), Europ. Meere. Fhyllacantlms Brdt. Schale verhältnissmässig aufgetrieben , mit einer grössern Zahl von Coronalplatten. Porenzone breiter. Die Poren jedes Paares durch eine horizontale Furche verbunden. Die grossen Primärstacheln mit Granulationen, die sich oft als hohe Blätter erheben. P/i. hacculosus Lam., Rothes Meer. Ph. imperialis Lam., Ostindien. Forocidaris Desor. Mit längs- gestreiften, am Rande gezähnelten Stachelplatten. Meist eocen. P. purpurata W. Th. Lebende Tiefseeform. Goniocidaris Desor. Schale meist höher als breit. Mit zickzack- förmigen Eindrücken an der Mediansutur der Ambulacra und Interambulacra. G. cana- liculata A. Ag. , Patagonien. Hier schliessen sich die fossilen Diplocidaris Desor und Mhabdocidaris Desor an. Als Repräsentant einer besondern Gruppe mindestens vom Werthe der Familie (Tetracklaridae) würde die Kreidegattung Tetracidaris JReynesi Cotteau auf Grund der vermehrten Zahl (4) von Interambulacralreihen gesondert werden müssen. Die Schale trägt grosse granulirte durchbohrte Tuberkeln und nähert sich durch diesen Charakter sowie in der Anordnung der alternirend verschobenen Doppelporen am meisten der Gattung Diplocidaris Desor. 3. Unterordnung. Echinideae [Latistellen). Ambulacralfelder mehr oder minder breit, wenn auch immer beträchtlich schmäler als die Interarnbulacren. Die von je einem Doppelpoius durchsetzten Primärplatten ordnen sich gruppen- weise meist zu je drei , oder vereinigen sich zur Bildung von Grossplatten (aus drei und mehr Primärplatten). Mundhaut nackt, niemals mit schuppen förmigen Platten bedeckt, trägt jedoch 5 Paare primärer Ambulacralplatten und in den Ecken des Peristoms verästelte Mundkiemen. 1. Fam. Arbaciadae (Echinocidaridae). Ambulacren schmal, nach dem Feristom zu oft blattförmig verbreitert, mit zwei Reihen primärer Tuberkel zwischen den beider- seitigen senkrecht absteigenden Reihen von Doppelporen. Die Primärplatten zwar in Gruppen von je drei geordnet, jedoch nicht zu Grossplatten verschmolzen. Die Poren beginnen an der Oralfläche sich zu Querreihen zu ordnen. Auriculae unverbunden. Peristom sehr breit, ohne Mundeinschnitte. Analsystem aus vier breiten Platten gebildet. Kiefer mit kleinem Loch. Die Dorsalfüsschen gefiedert. Stachelstructur zwischen der von Cidarideen und Echinideen. Arbacia Gray. Mundseite sehr flach. Schale dick, massig breit, mit langen Stacheln bekleidet. Tuberkeln gleichmässig, undurchbohrt. Ambulacren nach dem Peristom blatt- förmig verbreitert. A. aequituberculata Blainv., Mittelmeer und Adria. A. nigra Gray, Chili. Fodocidaris A. Ag. Coelopleurus A. Ag. 2. Fam. Diadematidae. Mit dünner Schale und schmalen Ambulacren, langen hohlen Stacheln. Kieferfortsätze nicht bogenförmig verbunden. Zähne gerieft wie bei den Cidariden. Die Porengruppen zu drei oder vier Paaren wie bei jungen Echiniden bogenförmig um die Primärtuberkeln geordnet. Peristom mit Einschnitten und Mund- kiemen. Diadema Schynv. Schale ziemlich dünn , abgeflacht , etwa doppelt so breit wie hoch. Stacheln sehr lang. Ambulacraltuberkeln kleiner als die der Interambulacren, Ecliinidiie. Oligopori. 357 in zwei Reihen angeordnet, perforirt. D. (Centrostephaniis) longispinus Phil., Sicilien. Astropyga Gray. Schale sehr dünn, mit nur lose verbundenen Platten, stark zusammen- gedrückt, die Tuberkeln bilden in den Ambulacren zwei, in den Interambulacren eine grössere Zahl von verticalen Reihen. Porenzone nahezu so breit als das mediane Am- bulacralspatium. Stacheln kürzer als bei Diadema. Kiefer viel schmächtiger als bei Diadeina. A. radiata Leske, Zanzibar. Echinothrix Pet. Schale von ähnlicher Gestalt wie bei Diadema , die Ambulacren mit einer gi'össern Zahl vertikaler Reihen von Tuber- keln, welche kleiner bleiben. Der Raum zwischen den primären Tuberkelreihen ist von Tuberkeln von nahezu derselben Grösse besetzt, das mediane Spatium wird viel breiter als die Porenzone. E. calamaris Pall. , Ostindien. E. turcarum Schynv. , Rothes Meer und Ostindien. Hier seh Hessen sich die fossilen Hemicidaridae an. Mit dicker Schale und kleinen gekerbton und perforirten Tuberkeln der Ambulacra, deren Poren in einfachen nur am Peristomrand in mehrfachen Reihen stehen. Enthält ausschliesslich fossile Formen, z.B. Hemicidaris, Hemidiadema , Hi/podiadema , Acrocidaris etc. 3. Fam. Echiuidae {Latiatellae). Mit dünner Schale und breiten Ambulacren, welche zwei oder mehrere Reihen grosser gekerbter oder glatter, nicht perforirter Tuberkeln tragen, mit meist kurzen und pfriemenförmigen Stacheln. Daneben zahlreiche secundäre und Miliartuberkeln. Peristom mit 10 Einschnitten und Mundkiemen. Auriculae bogenförmig geschlossen. Die Primärplatten zu breiten Grossplatten mit mehreren Porenpaareu verwachsen, welche in schrägen Bogen zu den Tuberkel der Platte Stellung nehmen. Desor gruppirte die zahlreichen Gattungen nach der Zahl der Porenpaare, welche auf einen Ambulacraltuberkel kommen , in Oligopori und Polypori und unter- schied in der erstem Gruppe wieder drei Fälle, je nachdem die Porenpaare unter ein- ander in einer meridionalen Reihe folgen (unigemines) , oder durch quere Verschiebung zwei (bigemines), oder drei Reihen (trigemines) bilden , mit andern Worten in schrägen Querreihen von je 2 oder 3 Paaren angeordnet sind, dagegen unterschied er unter den Polyporen nur 2 Fälle, je nachdem die zahlreichen (5 und mehr) Porenpaare nur einen äussern Halbbogen bilden oder regelmässige Längsreihen um denselben erkennen lassen. Einen tiefern classificatoiüschen Werth mag die Unterscheidung nicht besitzen, immerhin leistet sie zur Bestimmung treffliche Dienste und scheint trotz A. Agassiz's abweichender Autiassung , nach welcher die meisten Polyporen mit den Echinometradae zu vereinigen sind, den Vorrang zu verdienen, zumal die letztem in der quergezogenen irregulären Schalenform einen ausgesprochenen Familiencharakter besitzen, neben welchem das Extrem in der Querstellung der Porenpaare erst in zweiter Linie in Betracht kommt. 1. Olig'opori. Mit nur drei bis vier Porenpaaren an jedem Tuberkel einer Gross- platte oder deren Aequivalent von Primärplatten. Temnopleurus Ag. Schale regelmässig. Mund etwas concav eingezogen. Poren in einfacher mehr oder minder wellenförmiger Reihe angeordnet. Die Winkel der Skelet- platten in tiefen Gruben. Stacheln lang und dünn, an der Apicalseite kürzer. 7\ Rey- naudi Ag., Ceylon. T. {Pleurechinus) bothryoides Ag. Temnechinus Forb. Microeyphus Ag. Schale mit wenigen kleinen Tuberkeln und grossen ziemlich nackten Interambulacral- feldern. Stacheln kurz und zart. Porenzone schmal, ihre Poren in zwei unregelmässigen Verticalreihen angeordnet. M. maculatus Ag., Japan. Salmacis Ag. Schale massig dick, mit einigen Reihen granulirter Tuberkeln, die sich gleichzeitig regelmässig in Querreihen ordnen. Apex vorragend. Peristom eng, mit leichten Einschnitten. Die kurzen Stacheln längsstreifig. Poren zu 3 Paaren gruppirt, auf den breiten Ambulacren in zwei Vertical- reihen herablaufend. S. sulcaia Ag. , Australien. Mespilia Desor. Schale hoch kuglig, mit kleinen granulirten Tuberkeln. Mittelzone der Interambulacren nackt. Porenzone breit, Poren in 2 unregelmässige verticale Reihen gruppirt. Die äussern sind Nahtporen. Stacheln sehr dünn, nicht lang. iü. ^Zo6wZms Ag., Japan, Philippinen. Amblypneusles Ag., Schale länger als breit , äusserst dünn , mit breiter Porenzone , deren Poren in kurzen Querbogen von je 3 Paaren gestellt, Verticalreihen bilden. Die äussern Poren sind 358 Polypori. 2. Ordnunc^. Clypeastroideae. Nahtporen. Nadeln sehr zai-t und kurz. A. fonnosus Val. , Australien. Holopneustes inflatus Lütk., Neuholland. Echinus Rond. Schale mehr oder minder kuglig, mit kleinen Tuberkeln. Dieselben sind von nahezu gleicher Grösse an Ambuliicren und Interambulacren und bilden in beiden Feldern zwei Hauptreihen. Peristom eng, leicht ausgeschnitten. Poren in Bogen von je 3 Paaren geordnet. Stacheln kräftig. E. melo Lam. , Adria. E. esculentus Lin. E. acutus Lam. E. microtuberculatus Blainv. , Mittelmeer, Norwegen. E. miliaris 0. Fr. Müll. E. elegans Dub. Koren, Norwegen u. a. A. Toxopneustes Ag. Schale mehr weniger conisch, mit gleichmässig grossen Tuberkeln, breiter Porenzone, deren Poren 3 unregelmässige Verticalreihen bilden. Peristom sehr breit und tief ausgeschnitten. Stacheln kurz kräftig. T. variegatus Lam., Brasilien. Hipponoe Gray. Schale gross, dünn, mit zahlreichen kleinen Tuberlceln, welche in horizontalen und unregelmässig ver- ticalen Reihen angeordnet sind. Mittelfeld der Ambulacren und Interambulacren oft nackt. Peristom wenig breit, tief eingeschnitten. Porenzone breit, die Poren in drei Verticalreihen angeordnet. Stacheln kurz, massig stark. H. variegata Lesk. , Sandwich- Inseln. Phymosoma Haime. Hemipedina Whrigt. 2. Polypori. Gattungen, bei denen vier und mehr Porenpaare zu einem Bogen sich vereinigen, dem entsprechend mehr als drei Primärplatten zu einer Grossplatte vereinigt sind. Strongylocentrotus Brdt. Schale hoch und dick, mit leicht pentagonalera Umrisse und breiter Porenzone, welche die mediane Ambulacralzone an Breite übertrifft. Diese wird seitlich von zwei Verticalreihen kleiner Primärtuberkel begrenzt und von secundären Tuberkeln eingenommen. Zahlreiche secundäre und miliare Tuberkeln nehmen ;iuch die Interambulacralfelder ein. Die Peristomalplatten dritter Ordnung mit 10 oder 11 Porenpaaren. St. Droebachievsis 0. Fr. Müll., Nord-Europa. St. lividus Brdt. := saxa- tilis Lin., Mittelmeer. Sphaerechinus Desm. Unterscheidet sich von der frühern Gattung durch die Regelmässigkeit in der Anordnung der Tuberkeln und die tiefern Einschnitte des Peristoms, wird daher nur als Subgenus zu betrachten sein. Sp. granularis Lam., Adria, Mittelmeer, Atl. Ocean. Fseiiduboletia granulata A. Ag., Sandwich-Inseln. Echi- nostrepJius A. Ag. Schale mit flacher Dorsalseite, welcher der grösste Durchmesser zu- gehört. Stacheln länger als der Schalendurchmesser. E. molare A. Ag. , Zanzibar. 5. Fam. Echinometradae, Querigel. Mit oval elliptischer dicker Schale, undurch- bohrten Tuberkeln und quere Bogen bildenden Porengruppen, die in Reihen von min- destens 4 Paaren stehen, mit Mundkiemen. Fossil nicht bekannt, Echinometra Rond. Längsdurchmesser der Schale schief zur Hauptebene gestellt, Füsschen untereinander gleich, mit Saugscheibchen. Stacheln gross pfriemenförmig. E. lucunter Ag. E. ohlonga Blainv., Südsee. E. rupicola A. Ag. , Panama. Acrocladia Ag. {Heterocentrotus Brdt.). Der unpaare Radius verkürzt. Stacheln sehr dick und gross, die der Mundseite kleiner. A. trigonaria, mamillata Ag., Südsee. Podophora Ag. (Colobocentrotus Brdt.). Unpaaror Radius verkürzt. Die Stacheln abgeplattet, an der Rückenseitc zu polyedrischen mosaik- förmig sich berührenden Tafeln umgebildet. Die Füsschen am Rücken zugespitzt, ohne Saugscheibe. P. atrata Brdt., Seychellen. P. pedifera Brdt., Valparaiso. 2. Ordnung. Clypeastroideae, Olypeastroideen, Scliildigel. Irreguläre Seeigel vo)t, schildförmk/er niedergedrückter Gestalt, mit cen- tralem Mund nebst Zahnapparat, mit oblättriger Amhulacralrosette um den Scheitelpol und excentrischem After. Die Ambulacren von mächtiger Breiten- ausdehnung. Der flache schildförmige Körper besitzt meist innere Skeletvorsprünge, welche als Pfeiler und Bögen zur Verbindung der dorsalen und ventralen Fläche Bau der C'ypeastrideen. 359 dienen. Der Madreporit liegt central , breitet sich aber meist auf sämmtliche Scheilelplatten aus, aus denen die Genitalporen in die Interradien herabrücken können. Die Ambulacren gewinnen eine grosse Breitenausdehnung, ihre Platten sind von zahlreichen kleinen Tentakelporen durchbohrt, welche auf die Inter- radien übergreifen. Selten verhalten sich die fünf Ambulacren gleich, meist sind die Platlenpaare des Biviums und Triviums verschieden, indem die des Biviums durch Grösse frühzeitig hervortreten. Regulär — von der Lage des Afters abgesehen — verhalten sich Echinocyamus {pusillus) und Laj/anum (depressHi)i), bei welchem auch die Plattenreihen der hiterradien nicht unter- brochen werden, ebenso Encope {Valenciennesi) , Clypeaster {rosaceus) und Slolonochjpns {prost ratus), bei welchen aber die zweite, eventuell auch dritte Platte der fünf Ambulacren unmittelbar zusammenstossen, und somit die peri- stomale hiterambulacral platte von den Interambulacralplattenreihen getrennt wird, hregulär verhalten sich Mellita (hexapora) und Rotula {Rumphii), deren zweite und dritte Ambulacralplatte nur im Trivium und in I b und Va nach innen verbreitert ist, so dass das unpaare hintere Interambulacrum nicht unterbrochen wird. Umgekehrt sind bei Echinarachnius (parma) und Lobo- phora die Platten in la und Vb mehr erweitert als im Trivium, sodass das un- paare Interambulacrum in grösserm Masse unterbrochen wird. Bei Arachnoides aber sind auch die ersten Ambulacralplatten so verbreitert, dass die fünf peri- stomalen Interambulacralplatten völlig verdrängt werden. Aus dem Verhalten der Jugendformen ist abzuleiten , dass die reguläre Gestalt mit fünf gleichen Interradien die primäre ist, welche bei Echinocyamus und Layamim am wenigsten verändert wird. Während desWachsthums bleibt auch der Schalen- rand keineswegs in unveränderter Lage, indem die Randplatten allmählig nach der Bauchfläche übertreten. Auf diese Weise wird auch das zuerst dorsal gelegene Periproct schliesslich grossentheils ventral. Auch in anderen Verhältnissen zeigen die Clypeastroideen Eigenthümlich- keiten, welche in keiner andern Gruppe der Echinoideen wiederkehren. Nicht selten trennen sich die Skeletplatten am Schalenrande (Rotula) oder weichen auch im Verlaufe der Radien zur Bildung spaltförmiger OefTnungen auseinander (Encope). Die Kiefer des Kauapparats, welchen Auriculae zur Stütze dienen, sind zweitheilig und haben eine horizontale Lage, während die von ihnen getragenen Zähne bald horizontal, bald mehr vertical gestellt shid. Die fünf ausgeprägten breiten Blätter der Ambulacra petaloidea bilden sich erst während der Entwicklung aus, erscheinen also phylogenetisch als secundäre Differenzirungen, wie sie ja auch bei Echinocyamus nur überaus rudi- mentär sind. Wahrscheinlich ist der letztere auch nur eine Jugendform von Clypeaster, wie nach A. Agassiz auch Moulinsia, Lenita und Rinia auf jugendliche Stadien von Scutelliden zurückgeführt worden sind. Es würde sich dann Echinocyamus zu Clypeaster ähnhch wie Caratomus zu FAhinolampas unter den Cassidulideen verhalten. Die Mundhaut des Peristoms trägt 10 Am- bulacralplatten , zu denen meist noch 5 interradiale Platten hinzukommen. Wenn man im Anschluss an die erwähnten ontogenetischen Thatsachen den Bau der fossilen Echinoconideen (Galeritiden) mit den Glypeastrideen vergleicht, 360 Clypeastridae. Scutellidae. welche bei mehr oder minder ausgeprägter Irregularität der Schale noch der petaloiden Differenzirung entbehren, so erscheint der Schluss berechtigt, dass dieselben phylogenetisch als Zwischenglieder der regulären Cidarideen und der erst in der obern Kreide auftretenden Clypeastrideen zu betrachten sind. Wir würden dieselben daher in dieser Ordnung aufzunehmen und den Cly- peastrideen (Euclypeastrideae) als Unterordnung ') entgegenstellen können. 1. Fam. Clypeastridae, Schildigel. Körper mehr oder minder flach, pentagonal, mit centralem Mund und Kauapparat, mit sehr breiter ambulacraler Rosette. Dorsale und ventrale Schalenplatte durch Pfeiler oder Radiärscheidewände verbunden. Oberfläche von gleichmässigen feinen Stacheln bekleidet. Madreporenplatte apical, meist von 5 GrenitalöfFnungen umgeben. Von den Echinoci/amussirten der Kreide abgesehn treten sie zuerst in der altern Tertiärzeit auf. 1. Subf. Fibularinae. Kleine kuglige Formen mit rudimentären Ambulacral- blättern und innern Radiärscheidewänden. Die Kiefer mit hohen Zähnen stützen sich auf je einen der fünf Auricularfortsätze. Echinocyamus Van Phels. Schale klein, platt und elliptisch, hinten abgesetzt, mit innern Scheidewänden, mit ganz rudimentären peta- loiden Ambulacren, mit nicht conjugirten Poren, wahrscheinlich Jugendform von Clypeaster. Iß. angulosus Leske , Nordsee. E. pusillus 0. Fr. Müll, {tarentinus Ag.) , Mittelmeer. Fibularia Lam. Schale kuglig eiförmig, mit langen offenen petaloiden Ambulacren, mit conjugirten Poren. F. Ovulum Lam. , Mittelmeer. F. volva Ag. , Rothes Meer. 2. Subf. Clypeastrinae. Grosse breite Schildigel mit innern Pfeilern und sehr entwickelten Blättern der Ambulacralrosette. Die Kiefer artikuliren auf den Auriculae. Clypeaster Laui. Gl. humilis Lesk. , Rothes Meer, scutiformis Gm., Philippinen. Gl. {Echinanthus) rosaceus Lam., Westindien. 3. Subf. Laganinae. Körper flach mit lanzetförmigen Ambulacralblättern und sehr schmalen Interambulacren der Bauchseite. Die Verbindungswände gehen parallel der Schalenwand. Laganum Klein. Die grosse Schale platt mit Peristomrosette , ohne innere Scheidewände. Petaloide Ambulacralrosette fast geschlossen. Interambulacralfelder schmal, etwa halb so breit als die ambulacralen. L. orbiculare Ag., Java. L. depressum Less., Australien. Rumphia Desor. Unterscheidet sich von Laganum duixh die langen offenen Ambulacren. JR. rostrata Ag. 2. Fam. Scutellidae {Mellitina). Mit flacher scheibenförmiger , zuweilen durch- löcherter oder gelappter Schale, mit bogigen oder verästelten Ambulacralfurchen der Unterseite (Porenfascien). Die Tuberkeln beider Seiten diff'eriren ebenso wie die ihnen zugehörigen Stachelchen. a) Gattungen ohne Einschnitte oder Löcher. After nahe am Rande. Dendraster Ag. Scheitel weit nach hinten gerückt. Untere Ambulacralfurchen sehr verästelt, selbst auf die obere Fläche reichend. After näher dem Rande als dem Mimde. D. excentr icus Ag., Galifornien. Die von A. Agassiz aufgestellte Gattung Scaphechinus unterscheidet sich durch den marginalen After. Echinarachnius Leske (Scutella). Mit weit offenen petaloiden Ambulacren und \ Genitalporen. Untere Ambulacralfurchen nur einmal verästelt. After marginal. E. parma Gray, Atl. Ocean. Arachnoides Klein. Die sehr flache Schale mit 5 geraden einfachen Ambulacralfurchen auf der Unterseite, mit 5 Genitalporen. L. placenta Ag., Südsee. Hier schliessen sich die fossilen Mortonia und Scutella an. 1) Den Clypeastrideen gegenüber würde sich die Unterordnung der Galeritideae charakterisiren durch die rundliche bis pentagonale Peripherie der Scheibe, die bald oberständige bald marginale bald unterständige Lage des Afters und die gleichmässigen Bandambulacren. Fygaster Ag. Jura und Kreide. Holectypus Desor, meist jurassische Arten. Discoidea Klein, Kreide. Echinoconus Breyn, Obere Kreide. Galerites Lam., Kreide etc. 3. Ordnung. Spatangoideae. 361 b) Grattungen mit Löchern oder Einschnitten in den Radien, aber ohne Loch hinter dem After. Lohophora Ag. Einschnitte oder Löcher nur in den beiden hintern Radien, mit kurzen breiten petaloiden Ambulacren und 4 Genitalporen. L. hifora Ag., Madagascar. Sehr nahe verwandt ist die fossile Amphiope Ag. Astroclypeiis Verr. (Crustulum Tr.) Löcher in allen 5 Radien, mit 4 Genitalporen. Ä. gratulans Tr. c) Gattungen mit Löchern oder Einschnitten in den Radien und unpaarem Loch hinter dem nahe dem Munde gelegenen After. Melitta Klein. Petaloide Ambulacra breit und geschlossen, mit 4 Genitalporen. M. quinqiiefora Ag. M. hexapora Ag. M. testudinata Klein, Amerika. Encope Ag. Die zwei hinteren petaloiden Ambulacra länger, mit 5 Genitalporen und einer innern Wand um die Mundhöhle. E. subclausa Ag., mieropora Ag. E. emarginata Ag., Amerika. Leodia Gray. Petaloide Ambulacra schmal und oifen. Untere Ambulabralfurchen erst in der Nähe des Randes verästelt, mit Genitalporen. d) Gattungen mit Einschnitten am Hinterrande der Schale, unter denen ein un- paarer hinter dem After diesen näher an den Mund drängt. Rotula Klein. Schale hinten durch tiefe Einschnitte in fingerförmige Fortsätze getheilt, vorn mit Löchern durchbrochen, mit zweimal verästelten Ambulacralfurchen, mit 4 Genitalporen. R. Bumphii Klein, Africa. Echinodiscus Breyn. Unterscheidet sich von Botula durch den Mangel der Löcher in der Schale. 3. Ordnung. Spatangoideae. Kieferlose Herzigel. Irreguläre Seeigel von mehr oder minder herdförmiger Gestalt, mit excen- trischem Mund, ohne Kieferyerüst und Zahnapparat, meist mit ungleichmässig petaloider, vierblättriger Rosette. In erster Linie erscheint der Mangel eines Kiefergerüsts und des von dem- selben getragenen Zahnapparates als bedeutungsvoller Charakter der Ordnung. Mit demselben steht nicht nur die im vordem Ambulacrum weiter vorgeschobene Lage des Mundes im Zusammenhang, sondern die Form Veränderung, welche der ursprünglich central oder subcentral gelegene Mund während des Wachs- thunis erfuhr, indem er meist zu einer queren von der grossen Peristomal- platte des unpaaren Interambulacrums lippenartig überwachsenen Spalte wird. Somit ergibt sich die Ausbildung des Labrum als eine den Glypeastroideen fehlende Eigenthümlichkeit , die allerdings auch nur den echten Spatangiden zukommt. Die Mundhaut bleibt dagegen stets ohne Porenplatten, wird aber meist von Kalkplatten bedeckt. Die Ambulacralplatten mit Ausnahme der peristomalen Platten I a . . V b bleiben Primärplatten. Das unpaare Ambulacrum gestaltet sich meist abweichend und bleibt dann ohne Petalum. Oft finden sich auf der Schale bandförmige Streifen, Fasciolen oder Semiten mit bewimperten Stachelchen. Ueberall fehlt die Genitaldrüse, sowie der Genitalporus des un- paaren Interradius. Der Madreporit nimmt wohl immer die Scheitelplatte ein und erstreckt sich zugleich auf die rechte vordere Genitalplatte , die niemals durch eine Sutur vom Scheitelfeld abgegrenzt ist. Zugleich erscheinen Scheitel- platte und Augenplatten eigenthümlich verschoben. Bei grösserer Ausdehnung des Madreporiten verschwindet auch Porus und Genitaldrüse an der rechten vordem Scheitelplatte, schliesslich auch bei einzelnen Formen Porus und Drüse der entsprechenden linken Platte, so dass nur zwei Genitalporen und Drüsen übrig bleiben {Moira, Falaeostoma, Palaeotropus). 362 Gestaltung der Peristomalplatten bei Echinoneus, den Cassiduliden u. Spatangiden. Die Verschiebung der Platten des Apex zeigt zweierlei Typen, von denen der eine den altern fossilen Formen der Secundärzeit eigenthümlich ist und sich unter den jetzt lebenden Tiefseefornien nur bei Heniiaster expergitus wiederfindet. Hier erstreckt sich der Madreporit so wenig nach hinten in das unpaare Interambulacrum , dass die Ocellarplatten des Biviums , häufig sogar die Genitalplatten des hintern Paares , selbst die seitlichen Ocellarplatten des Triviums am Scheitel zusammenstossen. Dagegen erstreckt sich bei dem zweiten Typus, welcher schon in den obern Etagen der Kreide beginnt, im Eocen bereits vorherrscht {Frenaster , Macropneustes) und für alle lebenden Formen mit Ausnahme des genannten Hemiaster Geltung hat , der Madreporit weit nach hinten bis zwischen die beiden Plattenreihen des unpaaren Inter- ambulacrums. Was die Anordnung der Plattenreihen an der Corona anbetrifft, deren seitlich symmetrische Gestaltung bei den Spatangoideen ihren Höhepunkt er- reicht, so ist dieselbe nach den Familien und Gattungen verschieden, zeigt aber auch während der ontogenetischen Entwicklung wenigstens am Peristom einen bedeutenden Wechsel. Dieses ist im Jugendzustand überall mehr oder weniger fünfseitig und mehr dem Centrum genähert. Bei den Echinoneiden ist die Disposition der peristomalen Platten wie bei dem jugendlichen Spatangus , jedoch unter Modificationen, welche im nächsten Anschluss an die Echinideen verständlich sind. An den ambulacralen Platten der Reihe la . . . Vb ist der erste Porus randständig und incomplet geworden, das heisst auf eine Ausbuchtung des Randes reducirt , der andere Porus erscheint als Doppelporus, wie überhaupt alle übrigen primären Platten des Ambulacrum Doppelporen tragen und sich zu Gruppen von je zwei Ganzplatten und einer intermediären Halbplatte anordnen. Bei den Cassidulideen verhält sich die Disposition der peristomalen Ambulacralplatten bezüglich der Grösse und Porenzahl ganz ähnlich wie bei einem jungen Spatangus. Die Peristomalplatten der Reihe la . . . Vb enthalten zwei Poren, die übrigen nur einen Porus und nehmen die wenig vorspringenden Ecken der Sseitigen Mundarea ein. Mit dem Wachsthum aber bildet sich all- mählig der eigenthümliche , der Peristomgestaltung der Spatangiden scharf gegenüberstehende Charakter der Cassiduliden aus, indem der nur wenig trans- versal ausgezogene Mund in der Mitte der Area bleibt und die mächtig ent- wickelten peristomalen Interambulacren besonders des vorderen Paares gewisser- massen eine Stauung der herandrängenden ambulacralen Plattenpaare bewirken, welche zu der Entstehung des FJiyllod'a Anlass gibt. Die Füsschen, welche sich im Verlaufe des Ambulacrums erheben, sind durchweg Saug- füsschen ; es kommt im Umkreis des Apex überhaupt gar nicht zu einer peta- loiden Differenzirung , ebensowenig wie bei den mit Kiefern versehenen Echinoconiden der Kreide , welchen die Echinoneen gleichen. Was die eigentlichen Spatangideen anbetrifft, so nähern sich die Jugend- formen von wenigen Mm. Durchmesser der regulären Form , indem ihr Mund fast im Centrum des nahezu pentagonalen Peristoms liegt. Die Ambulacren grenzen an die fünf Winkel des Peristoms, die viel breitern Interambulacren nehmen den grössten Theil der Seiten desselben ein. Mit dem weitern Wachs- Saumlinien oder Fasciolen. 363 thum verbreitern sich vornehmlicli die peristoraalen Ambulacralplatten des Triviums, während zugleich die unpaare Peristomalplatte des hintern Inter- ambulacrums als »Labrum« über die quer ausgezogene Mundspalte vorwächst, und die an das Labrum sich anschliessenden Plattenpaare des hintern Inter- ambulacrums zu den umfangreichen als Sternum und Episternum bezeichneten Skeletplatten auswachsen. Im ausgebildeten Zustand scheinen die Peristoraal- platten des paarigen Interambulacrum stets mehr oder minder stark ver- schmälert, eventuell wenigstens die des hintern Paares ganz vom Peristomrande verdrängt (Faorina, Moira, Micraster). Bei Breynia ist auch das vordere Paar von der Begrenzung des Peristoms vollkommen ausgeschlossen. Eigenthümliche Zeichnungen in der Umgebung des Petalums und des After- feldes werden durch die Saumlinien oder Fasciolen veranlasst, welche den Gassiduliden und Echinoneus völlig fehlen. Dieselben haben in einer eigen- thümlichen Auflagerung von Kalktheilen auf den Skeletplatten ihre Grundlage, tragen am lebenden Thiere lebhaft bewimperte Glavulae und zeigen nach Zahl und Lage überaus constante Verschiedenheiten. Für die Mehrzahl der jetzt lebenden Formen ist eine infraanale Fasciole charakteristisch , welche einen ovalen geschlossenen Ring unterhalb des Periproctes beschreibt und mit einer merkwürdigen Veränderung der zugehörigen ambulacralen Platten des Biviums sowie der auf denselben sich erhebenden Füsschen correspondirt. Bei allen Gattungen mit subanaler Fasciole — Frymnodesmia Loven — sind von den Innern Plattenreihen des Biviums (la und Vb) die sechste Platte, sowie zwei, drei oder mehr nachfolgende gegen die Medianebene hin mächtig ausgedehnt, ihre Füsschen — die der sechsten ausgenommen — entspringen innerhalb der Fasciole und sind cirrenartig verlängert. Die der infiaanalen Fasciole ent- behrenden Gattungen, wie Hemiaster, Schizaster, Tripylus eic. werden von Loven als Frymnadeta bezeichnet. Die fossilen Formen der Secundärzeit waren mit Ausnahme von Micraster Prymnadeten oder entbehrten als Adeten überhaupt aller Fasciolen ; hier war die Regularität der Skeletplatten minder streng. Bei der Mehrzahl der gegenwärtig lebenden Spatangiden erscheinen die vier paarigen Arabulacren den vordem unpaaren gegenüber untereinander conform und bilden für die Ambulacralklemen eine vierblättrige Rosette , zu deren Armen freilich noch als fünfter ein Petalum des vordem Ambulacrums hinzukommen kann. Nur wenige jetzt lebende Tiefseeformen wie Homolampas frayilis A. Ag. und Palaeotropus Josephinae Lov. sind apetale Spatangideen mit Bandambulacren. Die ältesten zu den Spatanyiden hinführenden Formen sind die schon im Lias beginnenden CoUyritiden, (Dysasteriden) , die sich weit früher und von den Gassiduliden unabhängig von den alten gnathostomen Regulärformen ab- zweigten , um durch die vorwiegend der Kreideformation angehörigen Ilola- steriden {Echinocorydeen) die ächten Spatangiden vorzubereiten. Dahingegen weisen die Gassiduliden ihrer Abzweigung nach auf die Gollyritiden oder Echinoconiden hin, die sie gewissermassen in der Reihe der kieferlosen Bilateral- formen abschliessen. 364 Cassidulideae. Spatangideae. 1. Unterordnung. Cassidulideae. Von mehr ovaler Schalenform, mit centralem oder subcentralem Mund, ohne Labrum und Fasciolen, in der Regel mit Sblättriger Rosette. VermitteUi die Beziehungen sowohl zu den regulären Seeigeln {Echinoneus) wie besonders zu den Clypeastrideen {CassidiUideu), in- dem sie mit den Echinoconiden oder Galleritiden wahrscheinlich auch phylo- genetisch eng verbunden sind und die der Kiefer nebst Zahnapparates verlustig gegangenen Endglieder jener Reihe darstellen. Dem entsprechend treten sie auch erst in den obern Etagen der Kreide auf. 1. Farn. Echinoneidae. Von länglich elliptischer Form, mit einfachen Band- ambulacren ohne petaloide Differenzirung , mit 4 Genitalporen. Mund central. Anal- system sehr breit. Die Ambulacren mit Doppelporen sowohl an den ganzen als den zwischen diesen eingekeilten halben Primärplatten. Waren früher mit unrecht zu den Galeritiden gestellt, bis A. Agassiz zeigte, dass die Jugendformen von Echinolampas gewissermassen ein dem Echinoneus ähnliches Stadium durchlaufen, indem sie zuerst einfache Bandambulacren haben. Die Echinoneen sind nur durch die einzige Gattung Echinoneus Van Phel. vertreten, welche sich bis zur Gegenwart erhalten hat. E. semi- lunaris Lamk. E. cyclostomus Leske, Zanzibar. 2. Farn. Cassidalidae. Von rundlich schildförmiger meist hoher Gestalt, mit fünfblättriger petaloider Rosette, die nur ausnahmsweise fehlt. Mund central oder sub- central. Am Peristom treten die Interambulacralplatten (besonders die der beiden vordem Interradien) mächtig hervor und veranlassen die Entstehung einer fünfarmigen Ambulacral- rosette im Umkreis des Peristoms, das sog. Fhyllod. Ausnahmsweise können auch Fasciolen auftreten, so dass wir zumal bei Ausfall des Petalums der Ambulacralkiemen wahre Zwischenglieder der Cassiduliden und Ananchytiden erhalten {Homolampas). Bhynchopygus D'Orb. {Cassidulus Lam.). Mit dünner Schale, wohl entwickelter 5blättriger Rosette und 4 Genitalöffnungen. Mund etwas excentrisch nach vorn gerückt, weniger der Apex. Bh. caribaearum Lam., Westindien. Eh. pacificus A. Ag. Echino- lampas Gray. Schale mehr weniger eiförmig, mit excentrischem Apex. Ambulacralporen oft ungleich entwickelt. Tuberkeln sehr gleichmässig gestaltet. E. depressa Gray., Tiefseeform aus Westindien. Caratomiis Ag., mit unvollkommenem Petalum, vielleicht Jugendform. Echinobrissus Breyn. Schale ziemlich flach, hinten verbreitert. Arme der petaloiden Rosette lanzetförmig. Analfeld eingesunken. E. recens D'Orb. Nahe ver- wandt sind NucleoUtes D'Orb. Anochanus Gr. A. sinensis Gr., lebendig gebärend. Gattungen ohne Ambulacralrosette. Neolampas A. Ag. Mit dünner oval herzförmiger Schale und einfachen Ambulacren 3 grossen Genitalporen. N. rostellata A. Ag., Florida. Homolampas A. Ag. Schale herzförmig oval, etwas abgeflacht, aus einfachen Ambulacren, aber wohl entwickelter analer und subanaler Fasciole. Mundarme pentagonal. 3 Genitalporen. H. fragilis A. Ag. Aus circa 360 Faden Tiefe, Florida. Führt zu den Ananchytiden. 2. Unterordnung. Spatangideae. Von mehr oder minder herzförmiger Körpergestalt, mit excentrischer quergestellter Mundspalte und vorspringendem Labrum, meist mit vierblättriger Rosette, seltener noch einfachen Ambulacren mit Saumlinien oder Fasciolen, die nur selten ganz fehlen. Die ältesten Gollyri- tiden beginnen bereits im Lias und sind im Jura und in der Kreide verbreitet, die Spatangiden im engern Sinne treten erst in der Kreide auf und gehören vornehmlich der Tertiärzeit und Gegenwart an. 1. Farn. Collyritidae = Dysasteridae. Formen mit gestreckt ovaler Schale, noch ohne petaloide Rosette, mit weit vom Apex entfernten Ocellarplatten des Biviums. Das Bivium hat somit seinen separaten Apex erhalten, welcher oft weit hinter dem Ananchytidae. Spatangidae. 365 Apex des Triviums mit den Genitalporen liegt. Sind die ältesten Spatangideen und treten bereits im Lias auf. Dazu kommt, dass das freilich excentrische Peristom noch lOseitig ist und die Mundspalte in demselben nicht quer gezogen »u sein braucht. Die Familie enthält lediglich fossile Formen, die bereits in der obern Kreide verschwinden und scheint in die der Echinocorydeen oder Ananchytiden überzuführen. Dysaster gra- nulosus Ag. , Mittlerer Jura. Collyrües eUiptica Desm. Metaporhinus Gueymardi Alb. Bei letzterer Gattung liegt das unpaare Ambulacrum in einer tiefen Grube. 2. Farn. Ananchytidae. Mit ovaler bis eiförmiger Schale, deren Apex zwar ver- längert ist, aber in Continuität bleibt. Die Ambulacren sind einfach und entbehren der petaloiden Rosette, dagegen wird der Mund eine Querspalte. In manchen Fällen {Holaster) verhält sich das vordere Ambulacrum abweichend. Für die Anordnung der Apicalplatten herrscht der ältere Typus, indem sich die hintern Ocellarplatten, eventuell auch die beiden hintern Genitalplatten und vordem Ocellarplatten berühren. Fasciolen treten erst hier und da auf. Gehören vornehmlich der Kreide an. Ausser den fossilen Gattungen Ananchytes Merc, Holaster Ag. , Cardiaster Forb. , Infulanter Hagenow, Hemipneustes Ag. u. a. sind mehrere Formen lebend in der Tiefsee gefunden. Es sind die Gattungen : Pourtalesia A. Ag. Schale langgestreckt, dünn, fast Holothurien-ähnlich, ohne Petalum. After stark verjüngt, supramarginal in einer tiefen Ausbuchtung am hintern Körperende. Stacheln lang und zart. Mund am vordem Ende, lippenlos. Vier Genital- poren. Wiederholt die Kreidegattung Infulaster. F. miranda A. Ag., in einer Tiefe von 349 Faden entdeckt. Auch die von W. Thomson jüngst beschriebenen Tiefseeformen Accste belli- difera (mit nur 2 Ovarien und Genitalöffnungen), Sterope rostrata (mit 4 Genital- aufsätzen) und Calymne relicta (mit doppeltem Apex) werden in diese Familie gehören, wenngleich dieselben mancherlei merkwürdige Eigenthümlichkeiten bieten. Endlich möchte auch Loven's Falaeotropus Josephinae hier anzuführen sein, bei welchem die petaloide Ditferenzirung fehlt, jedoch eine subanale Fasciole vorhanden ist. 8. Faui. Spatangidae. Von mehr oder minder herzförmiger Gestalt, mit aus- geprägt 4blättriger Rosette und zweilippigem queren Mund. Das System der Fasciolen mächtig entwickelt, nur ausnahmsweise fehlen dieselben noch. 1. Subf. Platybrissinae. Spatangiden von flacher Schalenform mit vierblättriger Rosette, ohne Fasciolen. Platyhrissus Gr. Schale oval a.bgeflacht, mit vierblättriger Rosette, ohne Spur von Fasciolen, wie bei manchen Spatangiden der Kreide. Kann als Zwischenform von Anan- chytiden und Spatangiden gelten. P. Boemeri Gr. Fundort unbekannt. 2. Subf. Spatanginae. Spatangiden mit meist flacher Schale und lanzetformigen nicht eingesunkenen Petaloid-Blättern, mit subanalen und seitlichen Fasciolen, meist ohne peripetale Fasciole. a. Mit ausschliesslich subanaler Fasciole. Spatangus Klein. Schale herzförmig, mit breiten Blättern der Ambulacralrosette und tief gruben förmig eingesunkenem vordem Ambulacrum. Grosse Tuberkeln auf den fünf interambulacralen Spatien. Sp. purpureus 0. Fr. Müll., Mittelaieer. Sp. Raschi Lov., Norw. Küste. Maretia Gray. Schale dünn, flach, mit grossen Tuberkeln auf den paarigen Interambulacren. Grube des vordem Ambulacrum unbestimmt. M. planulata Gr., Ost- Indien. b. Mit subanaler und innerer (das Petalum unterbrechender) Fasciole. Lovcnia Desor. Schale dünn, langgestreckt, hinten schmal und abgestutzt. Vor- dere Ambulacralvertiefung gering. L. cordiformis Lütk., Golf von Californien. L. elon- gata Gray, Rothes Meer. Echinocardium Gray (Amphidettis). Schale dünn, herzförmig, mit triangulären Blättern der Rosette. Das breite vordere Ambulacrum mit kleinen Poren, welche ia 366 Leskianae. Brissinae. einer grubenförmigen Vertiefung liegen. E. cordatum Penn. , Brasilien. E. mediterra- neum Gray, Mittelmeer. c. Mit subanaler und peripetaler, beziehungsweise zugleich innerer Fasciole. Breynia Desm. Mit dicker Schale und drei Fasciolen, einer internen, subanalen und peripetalen. Grosse Tuberkeln im peripetalen Fasciolenraum. Br. Australasiae Leach. , China , Australien. Eupatagus Ag. Schale dünn, flach elliptisch. Ambulacralblätter nicht eingesunken. Die grossen Tuberkeln erstrecken sich nicht in den Raum, welcher von der peripetalen Fasciole umgrenzt wird, ohne innere Fasciole. Keine vordere Ambulacral Vertiefung. E. Valenciennesii Ag. , Australien. 3. Subf. Leskiavae. Spatangiden ohne subanale Fasciole, mit peripetaler Fasciole, welche die leicht gesunkene Ambulacralrosette umgrenzt, mit Sseitigem Peristom, welches von 5 Platten bedeckt ist. Palaeostoma Lov. Schale eiförmig. Mundhaut von 5 drei- eckigen Platten bedeckt. After pyramidenförmig von Analplatten umgeben. 2 Genital- öffnungen. P. mirabilis Lov. , Ostindien. 4. Subf. Brissinae. Die Blätter der Rosette meist ungleichmässig entwickelt, mehr oder minder eingesunken, mit schmalen nur von kleinen Tuberkeln bedeckten Interambulacralf eidern. Fasciolen meist in mehrfacher Zahl. 1. Prymnodesmia. Mit subanaler Fasciole. Rhynohrissus A. Ag. Peripetale Fasciole vorhanden, ebenso eine anale, welche einen geschlossenen Ring um den After bildet. R. 'pyramidalis A. Ag. , China. Brissopsis Ag. Schale dünn, nach hinten erhöht, mehr oder minder eiförmig. Apex nahezu central. Vorderes Ambulacrum ein wenig vortretend. Petala der Rosette un- gleichmässig. Peripetale Fasciole wohl entwickelt. Br. lyrifera Forb. , Mittelmeer. Kleinia luzonica Gray. Brissus Klein. Schale verlängert und massig hoch. Apex nach vorn excentrisch. Vorderes Ambulacrum schwach entwickelt. Die paarigen Blätter der Rosette eingesunken. Peripetale Fasciole ausserordentlich winklig. Subanale Fasciole stark vortretend. Vier Genitalppren. Br. unicolor KL, Westindien, Mittelmeer. Br. carinatus KL, Ostindien, Philippinen. Hier schliesst sich. a,n Metalia Gra.y {Plagionotus). M. maculosa Gmel., Samoainseln. Meoma Gray. Schale mehr herzförmig, beide Paare der Petala ungleich, in tiefe Furchen versunken. Peripetale Fasciole sinuös ausgebuchtet. Subanale Fasciole mehr oder minder unvollständig. M. ventricosa Lam., Westindien. 2. Prymnadeta. Gattungen ohne subanale Fasciole. Hemiaster Desor. Schale flach, hinten abgestutzt, mit peripetaler Fasciole und mehr oder minder eingesunkenen Blättern. Die hintern Ambulacralvertiefungen werden als Brutraum benutzt. H. cavernosus Phil., Chili. H. Philippii W. Th. H. expergitus Lov. Tripylus Phil. Vordere Ambulacralvertiefung gering. Mundseite flach. Peripetale Fasciole in Continuität mit einer seitlichen und analen Fasciole. T. excaoatus Phil., Patagonien. Agassizia Val. Schale dünn eiförmig, mit peripetaler und lateraler Fasciole. Vorderes Paar der Rosettenblätter mit nur einer einzigen Porenreihe. A. excentrica A. Ag., Florida. Schizaster Ag. Schale dünn, langgestreckt. Vorderes Ambulacrum zu einer breiten Vertiefung eingesunken. Vordere Blätter der petaloiden Rosette viel länger als die hintern, beide etwas eingesunken. Die peripetale Fasciole steht mit einer lateralen Fasciole in Cormex, welche unterhalb des Afters verläuft. 2 bis 3 Genitalöfl^nungen. S. canaliferus Ag., Mittelmeer, Adria. S. fragilis Dub. Kor., Norwegen. Moira A. Ag. (Moera Mich.). Schale dünn, hoch eiförmig, mit tief eingesunkenen Petala. Vordere Ambulacralvertiefung bis zum Mund ausgedehnt. Mit peripetaler und lateraler Fasciole. M. Schizaster. Bauchschild verlängert, pentagonal, von grossen Tuberkeln bedeckt. Nur zwei Genitalöffnungen. M. atropos Lam., Westindien. IV. Classe. Holothurioidea. 367 III. Classe. Holothurioidea '), Seewalzen. Wurmförmig gestreckte Echinodermen mit lederartigem, Kalkhörper enthaltenden Integament, ohne äussere Madreporenplatte , mit ei)iem Krame meist retractiler Miindtentalceln und mit terminaler Afteröffnung. Die Holothurien nähern sich durch ihre walzenförmige langgestreckte Körpertbrm und die entschieden ausgesprochene bilaterale Symmetrie den Würmern und besitzen insbesondere mit den Gephyreen (Sipunculaceen) eine so auffallende äusserliche Aehnlichkeit, dass sie lange Zeit mit denselben zu- sammengestellt werden konnten. Auch in der innern Organisation haben sich zwischen Holothurien und Gephyreen mancherlei Analogieen ergeben, aus denen man den unberechtigten Schluss einer directen phylogenetischen Ver- wandtschaft beider Thiergruppen gezogen hat. Die Körperbedeckung bildet niemals eine feste verkalkte Schale , wie wir sie in andern Classen der Echinodermen finden, sondern bleibt w'eich und leder- artig, indem sich die Verkalkung auf Ablagerung zerstreuter Kalkkörper von bestimmter Form beschränkt. Die Kalkgebilde, die sich als Anker, Räder, Stühlchen darstellen, halten eine mehr oberflächliche Lage ein, während andere, wie namentlich die verästelten Stäbchen , die durchlöcherten Scheibchen oder die grösseren Platten schwammigen Kalkgewebes einen tiefern Sitz in der Unterhaut einnehmen. Selten (Psolus) treten grosse Schuppen in der Rücken- haut auf, welche selbst stachelartige Fortsätze entwickeln können [Echino- cucumis). Man wird durch solche Gestaltung des Integuments an die schuppen- förmig übereinander liegenden Kalkplatten mancher Echinoideen {Echinothuri- deen) erinnert. Allgemein findet sich ein fester aus meist 10 alternirend radialen und interradialen Kalkstücken gebildeter Kalkring in der Umgebung des Schlundes als inneres Kalkskelet, an welches sich die Längsmuskulatur der Haut befestigt. 1) Ausser den altem Werken und Schriften von J. Plancus, Bohadsch, Pallas, 0. Fr. Müller, Oken u. a. vergleiche besonders: G. F. Jaeger, De Holothuriis. Dissei-tatio inauguralis. Zürich. 1833. J. F. Brandt, Prodromus descriptionis animalium ab H. Mertensio in orbis terrarum circumnavigatione observatorum. Fase. I. Petersburg: 1835. J. Müller, Ueber Synapta digitata und über die Erzeugung von Schnecken in Holothurien. Berlin. 1852. A. Baur, Beiträge zur Naturgeschichte der Synapta digitata. 3 Abhandlungen. Dresden. 1864. Kowalewsky, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Holothurien. Petersburg. 1867. Selenka, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Holothurien. Zeitsch. für wiss. Zoologie. Tom. XVE und XVHI. E. Semper, Reisen im Archipel der Philippinen. Tom. I. Leipzig. 1868. E. v. Marenz eller, Kritik adria- tischer Holothurien. Verhandl. der zool. botan. Gesellschaft. Wien. 1874. H. Ludwig, Beiträge zur Kenntniss der Holothurien. Arbeiten aus dem zool. Institut. Würzburg. Tom. n. 1874. Dazu kommen die Werke und Abhandlungen von Delle Chiaje, Sars, Düben und Koren, Dalyell, Krohn, Leydig, Quatrefages, Pourtales, TroscheL Forbes, Grube, Verrill, A. Agassiz, W. Thomson u. a. 368 Körperbau der Holothurien. Man hat den Kalkring mit Recht als eine Art inneres Skelet aufgefasst und morphologisch den Auriculae der Echinideen (Baur) an die Seite gestellt, wozu die Lagenbeziehungen der Nerven und Wassergefässstämme Anhalts- punkte bieten. Seiner Entstehung nach erweist sich derselbe als eine Verkal- kung der perivisceralen, den sog. Schlundsinus begrenzenden Bindegewebshaut. Radiale wie interradiale Kalkglieder erscheinen als Conglomerate kleiner Kalk- stückchen, deren Zwischenräume aus hyalinem oder faserreichem Bindegewebe bestehen. Das gleiche Gewebe verbindet auch die einzelnen Glieder, welche nicht etwa gelenkig articuliren. Ausnahmsweise kann der Kalkring nur durch kleine unzusammenhängende Gruppen von Kalknetzen vertreten sein {Cucu- maria japonica). Wo discrete radiale und interradiale Kalkglieder auftreten, zeigen dieselben überaus verschiedene, systematisch verwerthbare Formen. Bei den Aspidochiroten sind interradiale und radiale Glieder vorn zugespitzt und, wenn auch verschieden gross, doch ziemlich gleich gestaltet, während die Radialstücke der meisten Dendrochiroten in 2 die fünf Tentakelgefässe um- fassende Fortsätze auslaufen. Die Zahl der Radialstücke beträgt constant 5, die der interradialen Glieder wechselt bei den Synaptiden mit der Zahl der Tentakeln; dagegen haben die mehr als 10 Tentakeln tragenden Lungen- holothurien nur fünf interradiale Kalkglieder. Die bilaterale Symmetrie kommt nicht nur in Folge des Auftretens un- paarer Organe, sondern vornelimlich durch den oft scharf ausgeprägten Gegen- satz von Bauch- und Rückenfläche zum mehr oder minder deutlichen Ausdruck. Zuweilen wie bei manchen Gucumarien bildet die Bauchseite eine wenn auch nur schwache Vorwölbung, so dass das Biviüm und mit ihm die Rücken- seite zusammengezogen und verkürzt erscheint. Eine solche Gucumaria würde als Anfangsstufe einer Formenreihe betrachtet werden können, deren Endglied die merkwürdige längere Zeit so irrthümlich gedeutete Bhapolodina darstellt. Denkt man sich den mittleren dorsalen Interradius in dem Grade verkürzt, dass Mund und After dicht aneinander lagern, und gleichzeitig diesen obern Abschnitt des Körpers halsförmig verlängert , so erhält man eine flaschenähnliche Holo- thurie in der von Bhapolodina vertretenen Gestaltung. Das obere Ende des halsförmigen Abschnitts entspricht dem zusammengezogenen oralen und ab- oralen Pol , womit auch die Lage der Geschlechtsöffnung zwischen Mund und After übereinstimmt. Der untere Pol des flaschenähnlichen Leibes aber würde der Mitte der Bauchseite entsprechen , an welcher orale und anale Hälfte und somit deren Ambulacren nach entgegengesetzter Seite umgebogen erscheinen, ein Verhältniss, welches erst von H. Ludwig*) richtig erkannt wurde im Gegensatz zu der irrthümlichenDeutungSempers, nach welcher nicht 5, sondern 10 Ambulacren vorhanden sein und dem entsprechend Rhopalodina eine beson- dere Classe {Diplostomidea) von Echinodermen repräsentiren sollte. Nicht überall stehen die Ambulacralfüsschen gleichmässig in den fünf Radien , sondern sind unregelmässig über die ganze Oberfläche ausgebreitet (Sporadipode Dendro- chiroten), oder beschränken sich als Bewegungsorgane auf die Reihen des 1) H. Ludwig, Ueber Rhapalodina lageniformis Gray. Morphologisclie Studien an Echinodermen. Leipzig. 1877. Tentakeln. Ambulacralfüsschen. Darmcanal. 369 Triviums. Dann bewegt sich die Holothurie auf der mehr oder minder söhligen Bauchfläche (Fsolus). Im Allgemeinen besitzen die Füsschen eine cylindrische Form und enden mit einer Saugscheibe, auf der Rückenfläche des Körpers aber werden sie oft conisch und entbehren als »Ambulacralpapillen« der terminalen Saugscheibe. Die Tentakeln, welche mit dem Wassergefässring in Verbindung stehen und als eigenthümlich modificirte Ambulacralanhänge gelten müssen, sind einfach cylindrisch oder schildförmig (Äspidochirofa), seltener fiederartig getheilt, häufig aber baumartig verzweigt {Dcndrochirota). Nur selten {Phyllo- phoras) findet sich ein zweiter innerer Kreis kleiner Tentakeln. Mundtentakeln sind ausnahmlos überall vorhanden , dagegen fallen bei einer Reihe von Formen die Füsschen und mit ihnen sogar die Radialstämme des Ambulacralgefäss- systems ganz hinweg {Spnajjtidcn) , und dann bleiben die Tentakeln als die einzigen Anhänge am Schlundringe übrig. Bei dem hohen Werthe , den die Ambulacralfüsschen für den Echinodermentypus besitzen, ist diese Reduktion von grosser systematischer Bedeutung und zumal bei dem frühen Auftreten der Radialstämme und Füsschen am Körper des jungen Echinoderms, für die Bildung der Hauptgruppen {Fedata — Apoda ^) in erster Linie zu verwerthen. Für die Bewegung des Körpers kommt stets der bedeutend entwickelte Hautmuskelschlauch in Betracht, eine das Gorium continuirlich auskleidende Ringmuskellage, an deren Innenseite fünf je aus zwei Hälften bestehende radiale Längsmuskeln hervortreten. Diese setzen sich an den radialen Stücken des Kalkringes an oder geben schon in einiger Entfernung vom Kalkringe Längs- bündel ab, welche die Leibeshöhle durchsetzen, an den Kalkring sich inseriren und als sog. Retractoren des Schlundes (Dendrochirota) die Einstülpung des Mundatriums bewirken. Das Vorderende des Körpers mit der Mundscheibe und dem dieselbe um- stellenden Tentakelkranz ist nur bei den Dendrochiroten scharf und rüsselartig abgesetzt und vollkommen retraktil, so dass die Mundscheibe zur Bildung eines trichterförmigen Atriums eingezogen werden kann. Der Schlund ist cyhndrisch, nach hinten schwach verengt und erstreckt sich etwa bis zum hintern Rand des Kalkrings. Ebenso kurz bleibt meist der als Magen zu bezeichnende Ab- schnitt, der oft durch eine schwache Einschnürung vom Mitteldarm oder Dünn- darm abgesetzt eine Art Muskelmagen vorstellt. Auf den langen, eine doppelte Windung beschreibenden Darm, folgt endlich die weite durch Radialmuskeln an der Körperwand befestigte Kloake mit dem After. Der Dünndarm ist nur selten wie bei manchen Synaptiden einfach geradgestreckt , sondern macht in der Regel eine doppelte Biegung. In seinem vordem Abschnitte ist derselbe durch ein Mesenterium an die Mitte des Rückens suspendirt, auch der aufsteigende sowie der zweite absteigende Darmast werden durch Mesenterien an zwei 1) Gegenüber der Brandt'schen Eintheilung der Holotliurien in Pneumonophora und Apneumona. Die sog. Lungen treten viel später in der embryonalen Entwicklung auf und haben abgeselm von ihrer noch zv/eif'elhaften Funktion als Athmungswerkzeuge gewiss nicht die holie Bedeutung für den Echinoderiuenleib wie die Füsschen und Am- bulacralstänime. Claus, Zoologie, i. Auflage. 24 370 Nervensystem. Respirationsorgane. bestimmte Interradialfelder befestigt. Bei den Bendrochiroten finden sich in demselben zahlreiche quergestellte Schleimhautfalten, die feine Blutgefässe tragen und als Darmkiemen (?) fungiren sollen. Das Nervensystem liegt dicht an der Mundscheibe dem Kalkringe an und lässt seine 5 Stämme durch Oeffnungen der 5 Radialstücke hindurchtreten. Diese Stämme entsenden Zweige zu den Füsschen und in die Haut. Als Gehör- organe sind von Baur 10 am Ursprung der Radialnerven von Synapta befindliche bläschenförmige Gebilde in Anspruch genommen. Das Ringgefäss des Ambulacralsystems umgreift den Oesophagus unterhalb des Kalkringes und entsendet nach vorn Gefässcanäle mit Nebenschläuchen und Ampullen zu den Mundtentakeln. Als Anhänge des Ringgefässes treten Polische Blasen , meist in nur einfacher Zahl , sowie ein oder mehrere Steincanäle auf, die sich ver- ästeln können und durch Poren am freien (der Madreporenplatte ähnlichen) Ende mit dem Inhalt der Leibeshöhle communiciren. In den Radien zweigen sich vom Ringgefäss — die Synaptiden ausgenommen — Gefässstämme ab, welche mit den Nervenstämmen durch die Löcher oder Ausschnitte der radialen Platten des Kalkrings hindurch treten und in der Mitte der Muskelfelder in den Ambulacren verlaufend, Zweige mit Ampullen zu den Füsschen abgeben. Die Leibeshöhle, von einem bewimperten Epitel ausgekleidet, erscheint überaus geräumig. Als Abschnitte derselben sind besondere mit ihr communicirende Sinus zu betrachten, ein Schlundsinus, welcher die Schlundwandung von dem Kalkringe trennt, sodann ein Nebensclilundsinus und ein Genitalsinus. Die Oeffnungen, durch welche das Seewasser in die Leibeshöhle gelangt, liegen wahrscheinlich in der Kloaken wandung. Am Blutgefässsystem lässt sich ein Rückengefäss und Bauchgefäss des Darmes unterscheiden. Das erstere besteht aber aus zwei durch Netze verbundenen Gefässen , von denen das eine (freie) am aufsteigenden Darmast eine Art Wundernetz hervorgehn lässt, welches bei den Aspidochiroten und Molpadiden die linke Wasserlunge umspinnt. Mit der Umbiegung des Darmes in den absteigenden Ast verschmelzen das freie und das anliegende Darmgefäss mehr oder weniger, bis sie in gewisser Entfernung von der Kloake verschwinden. Vorn gibt das dorsale Gefässnetz Abzweigungen an die Geschlechtsdrüsen ab. Das einfachere Bauchgefäss bleibt dicht am Darm und bildet ebenfalls Netze, welche in der Bindegewebsschicht des Darmes ver- laufen und mit denen des Rückengefässes durch quergestellte stärkere Gefässe verbunden sind. Am Wassergefässring sind dorsale und Ventralgefässnetze durch ein ringförmiges Geflecht (S e m p e r 's Schlundkrause) verbunden. Wichtig erscheint die schon Tiedemann bekannte Thatsache, dass sich das Bauch- gefäss von der Mitte aus nach beiden Enden contrahirt und demgemäss wohl als Herz fungirt. Als Respirationsorg an e gelten die baumförmig verästelten Anhänge am Enddarme , die sog. Wasserlungen , welche von dem Kloakenraume aus mit Wasser gefüllt werden und von denen die linke Lunge wenigstens bei den Aspidochiroten von einem Blutgefässnetz innig umsponnen wird. Meist sind die Lungen in doppelter Zahl vorhanden, indessen gibt es auch Holothurien mit drei {Haplodactyla molpadioides) und vier Lungen {Psolus compJanatus, Echinocucnmis adversaria, Bhopulodina). Bei den Synaptiden fehlen sie Cuvier'sche Organe. Geschlechtsorgane. Lebensweise. 371 jedoch vollständig. Dagegen finden sich hier im Mesenterium isolirte oder gruppenweise vereinigte Wimpertrichter mit meist frei in die Bauchhöhle mün- dender Oeffnung, welche an ähnlich gelegene Wimpercanäle der Sipunculiden erinnern und wie diese zur Erregung einer bestimmten Stromesrichtung der Leibesflüssigkeit, beziehungsweise zur Excretion dienen möchten. Als Excretions- organe betrachtete man bisher allgemein anderweitige freilich nicht constante (den Synaptiden durchweg fehlende) Anhänge der Gloake, die sog. Cuvier'- schen Organe ; indessen ist die drüsige Struktur dieser Gebilde neuerdings von Semper in Abrede gestellt worden, nach dessen Angabe sie als Waffen dienen sollen und nach Belieben aus der Kloake ausgestossen werden. Die Geschlechtsorgane bilden ein oder zwei {Stichopus und Dendrochirotev) Büschel verästelter Schläuche, deren gemeinsamer Ausführungsgang im dorsalen Mesenterium liegt und vorn auf der Rückenseite {Aspidochiroten und Synap- tiden) oder zwischen den beiden dorsalen Tentakeln {Dendrochiroten) sich öffnet. Bei Thijone liegt die männliche Geschlechtsötfnung auf einer möglicher- v^reise als Begattungsorgan fungirenden fadenförmigen Erhebung. Die Synap- tiden , nach Semper auch die Molpadiden , sind hermaphroditisch und erzeugen in denselben Follikeln Eier und Samenfäden, wenn auch nicht immer gleichzeitig. Die Entwicklung erfolgt häufig direkt; da wo dieselbe auf einer complicirten Metamorphose beruht , sind die Larven Auricularienformen und durchlaufen das tonnenförmige Puppenstadium. Li einzelnen Fällen bleiben die wahrscheinlich lebendig geborenen Jungen am Rücken des Mutterthieres längere Zeit angeheftet {Cladodactyla crocea); in andern entwickeln sich die Jungen in einem förmlichen Marsupium am Rücken des Weibchens, an welchem grosse aus der Haut hervorstehende durch Stile getragene Kalkschuppen zellige Räume zur Aufnahme der Eier überdecken {Psolus ephippiger). Die Holothurien sind theil weise nächtliche Thiere und leben auf dem Meeresboden in der Nähe der Küsten meist an seichten Stellen, wo sie sich langsam kriechend fortbewegen. Gegen den Norden scheinen sie sich im Allgemeinen in grössere Tiefen zurückzuziehen. Die fusslosen Formen bewegen sich durch Gontraktion ihres Körpers und mit Hülfe der Mundtentakeln, die Synaptiden bohren sich in den Sand ein. Ihre Nahrung besteht aus kleinen Seethieren und wird bei den Dendrochiroten mit Hülfe der Tentakeln in den ]\Iund gebracht. Die Aspidochiroten füllen ihren Darm mit Meeressand, den sie wie die festen Schalenreste mittelst des Stromes der Wasserlungen aus dem terminalen After ausspritzen. Merkwürdigerweise stossen namentlich die Aspidochiroten leicht den ganzen stets hinter dem Gefässring abreissenden Darmcanal aus der Kloaken- öffnung aus, vermögen denselben aber wieder zu ersetzen. Die Synapten zer- brechen ihren Körper bei der Beunruhigung in mehrere Theilstücke mittelst lebhafter Muskelcontraktion , und gewisse StichopussLrien sollen sogar nach Semper die Fähigkeit besitzen, ihre Haut in Schleim aufzulösen. Von den zahlreichen theils in den Lungen und Leibesraum, theils auf der Haut lebenden Schmarotzern interessiren vornehmlich kleine der Gattung Fierasfer zugehörige Fische, sodann die berühmt gewordenen Schneckenschläuche der Enioconcha Mülleri in Synapta digitata (und Holothuria edulis nach Semper). Ausserdem 24* 372 1. Ordnung. Pedata. sind Pinnotheres, Eulima und Stylif er arten, sowie Änaplodmm Schneiden als Parasiten beobachtet. Bezüglich der geographischen Verbreitung ist hervorzuheben, dass mehrere Formen Kosmopoliten sind (Holothuria atra, arenicola, imputiens), wenigstens in den tropischen Meeren rund um die Erde vorkommen , und H. inipatiens auch im Mittelmeere gefunden wird. Drei identische Arten der West- und Ostküste Mittelamerikas {H. impatiens, subdlvisa, glaherrima) scheinen — wie auch die wenigen Fälle ideniischer Meeresfische — darzuthun, dass die Ueber- wanderung vor der Existenz des Isthmus von Panama stattfand. Die weit- verbreiteten und kosmopolitischen Gattungen {Holothuria, Thyone, Psolus, Cucumaria, Haplodactyla , Chirodota, Synapta) scheinen auf das Gebiet des stillen indischen Oceans als Ursprungscentrum hinzuweisen. Einzelne Arten, z. B. Synapda similis, leben im BrakW' asser. Ueber das Auftreten der Holothurien in frühern geologischen Perioden ist bislang nur Unzureichendes bekannt geworden. Fossile Kalkkörperchen aus der Haut von Synaptiden und echten Holothurien wurden mehrfach beschrieben, die ältesten stammen aus dem Jura. 1. Ordnung. Pedata. JFüssige Holothurien. Holothurien, mit Lungen und mit Saugßisschen , welche bald regelmässig in den Radien liegen, bald sich über die ganze Bauchfläche ausbreiten, getrennten Geschlechts. 1. Farn. Aspidochirotae. Mit schildförmigen Tentakeln, zu welchen frei in die Leibeshöhle ragende An)pullen gehören. Der Kalkring besteht aus 5 grössern Radialstücken und 5 kleinern Interradialien. Der Schlund entbehrt der Eetraktoren. Linker Lungenast mit den Gefassen des dorsalen Netzes verbunden. Gewöhnlich nur ein einziges Büschel von GeschlechtsfoJlikeln auf der einen Seite {SticJiopiis ausgenommen) des Mesenteriums. Slichopus ßrdt. Körper vierkantig, 20 (18) Tentakeln. Ambulacralfüsschen auf Warzen stehend, an der flachen Bauchseite in 3 Längsreihen geordnet. 2 Büschel von Geschlechtsfollikeln am Mesenterium. St. regalis Cuv., Mittelmeer. St. naso, variegatus S., Philippinen. St. japanicus Slk. , Japan. Holothuria L. 20 (selten 25 oder 30) Tentakeln. Ambulacralfüsschen über den flachen Bauch zerstreut, die des convexen Rückens papillenförmig und in Reihen geordnet. After rund oder strahlig. H. (Holothuria. Die Füsschen des Bauches viel dichter als die Papillen des Rückens) tuhulosa Gmel., Adria und Mittelmeer. H. catanensis Gr., mit 2 Büscheln Cuvier'scher Organe, Lussin. H. intestinalis Rathke, Nördl. Meere. H. atra Jag., lebt gesellig auf sandigen Stellen der Korallenriffe, Viti-Inseln, Philippinen. H. edulis Less. , Molukken, Neuholland, wird mit H. impatitns, vagdbunda u. a. A. als Trepang in den Handel gebracht. H. {Bohadschia Jäger. After Sstrahlig), argus Jag., Celebes. H. vitiensis S. H. ocellata Jag., Celebes. H. Stichopodes S. Füsschen in Reihen geordnet). Graeffei S., Luzon. H. monacaria Less., Ostküste Afrikas, Australien. H. {Sporadiptts Gr. Die Füsschen auch des Rückens zerstreut). Sp. impatiens Forsk., Adria (Kosmopolit). Sp. arenicola S., Bohol. Sp. Poli Delle Gh., Adria und Mittelmeer. Sp. glahra Gr. :=: Stellati Delle Gh., Lussm. Mülleria Jäger. 20 oder 25 Tentakeln. Die Füsschen am flachen Bauche dicht gestellt, einfach. Füsschen des convexen Rückens spärlich. After mit 5 Kalkzähnen bewafi'net. M. lecanora Jag., Philippinen. M. nobilis Slk., Bohol. M. Agassizii Slk., Florida. Dendrochirotae. Rhopalodinidae, 373 Lahiclodemas Slk. 20 Tentakeln. Fässchen in 5 zweizeilige Längsreihen geordnet. L. Semperianum Slk., Sandwich-Inseln. Aspidochir Brdt. 12 Tentakeln. Saugfüsschen in 5 Reihen, vorn fehlend. Lunge Stheilig. A. Mertensii Brdt., Sitka. 2. Farn. Dendrochirotae. Mit baumförmig verästelten Tentakeln, mit Retraktoren des Schlundes (Mundatriums), ohne Gefässumspinnung des linken Lungenbaumes. Geschlechtsorgane in zwei Büscheln, jederseits vom Mesenterium. 1. Die Ambulacralfüsschen umgeben den Körper gleichmässig, ohne eine Anord- nung in Reihen zu zeigen. {Sporadipoda). Thyone Oken. 10 Tentakeln. After mit Kalkzähnen. Th. fiisus 0. Fr. Müll., Mittelmeer, Nordsee u. A. 7'h. villosa S., Cebu. Th. raphanus Düb. Kor., Bergen. Th. {Stolus. After ohne Zähne). St. gibber Slk. , Panama. St. firma Slk. , China. Thyonidium Düb. Kor. 20 Tentakeln, 5 Paar grosse und 5 Paar kleine in alter- nirender Stellung. Füsschen stehen zuweilen minder dicht in den Radien gereiht. Th. pellticidum Vahl. , Nordeurop. Meere. T7t. Drinnmondii Thomps., Sund, Irland. Th. cebuerise S. Oreula Tr. 15 Tentakeln, von denen 5 kleiner. After ohne Bewaffnung. 0. Barthii Tr., Labrador. 0. punctata Slk., Charleston. Phyllophorus Gr. Mit 12 — 16 Tentakeln, innerhalb derselben ein Kreis von 5—6 von kleineren Tentakeln. Die Radialstücke des Kalkringes sind wie bei den Synaptiden durchlöchert. Ph. urna Gr. , Palermo , Neapel. Hier schliessen sich die Gattungen Hemicrepis J. Müll. {H. granulatus Gr.), Stereoderma Ajr. an. 2. Die Ambulacralfüsschen in deutlichen Reihen. Interradialfelder fast immer ohne Füsschen. (Stichopoda). Cucumaria Blainv. Körperform meist stumpf 5kantig, 10 Tentakeln. Die ein- fachen gleichartig gebildeten Ambulacralfüsschen in mehrfachen Längsreihen der Radien^ (7. frondosa Gunner. C. pentactes L., Nordeurop. Meere. C. Flanci Brdt. (C. doUolum Aut.), Triest. C. cucumis Risso, Adria und Mittelmeer. C. Korenii Lütk. , Nordsee. Ocnus Forb. 10 Tentakeln. Auf dem Rücken steht nur eine Reihe von Ambulacral- füsschen. Grosse Kalkschuppen in der Haut. 0. lacteus Forb., Norwegen. 0. minutus Fabr., Grönland. 0. assimilis Düb. Kor., Christiansund. 0. Kirchsbergii Hell., Adria. Cladodactyla Less. Mit 10 langen und zarten verästelten Tentakeln. Die seitlichen Interambulacralfelder zwischen Bivium und Trivium sehr breit. Cl. crocea Less. Mit Brutpflege. Die Jungen sitzen an den rudimentären Ambulacralanhängen des Biviums angeheftet, wahrscheinlich lebendig gebärend. Colochirus Tr. 10 Tentakeln. Auf dem Rücken nur Ambulacralpapillen , die Füsschen des Bauches in 2 gehäuften deutlich getrennten Reihen. After mit Kalkzähnen. C. doUohtm Pall., Cap. Echinocucumis Sars. 10 Tentakeln. Füsschen in 5 Reihen. Haut dicht mit lang- gestachelten Kalkschuppen bedeckt. E. typica Sars, Norwegen. E. adversaria S. Bohul. Psolus Uken. Die Füsschen stehen in deutlichen Reihen auf einer scharf begrenzten Bauchscheibe , fehlen aber am Rücken , dessen lederartige Haut grosse unregelmässige Kalkschuppen enthält. Ps. phantapus Strussenfeldt , Nordische Meere. Ps. squamatus Kor., Sund, Grönland. Ps. Fdbricii Düb. Kor., Norwegen. Ps. antarcticus Philip., Magellanstra.sse. Ps. ephippiyer W. Th. Mit Brutraum am Rücken des Weibchens. 3. Farn. Rhopalodinidae. Von flaschenförmiger Körperforra, mit verkürztem Inten-adius der Rückenseite und bauchig vorgewölbtem Trivium. Tentakeln gefiedert. Mund und After liegen neben einander am Ende des halsartig ausgezogenen Körperendes. Ehopalodina Gray. Mund von 10 gefiederten Tentakeln, After von 10 radialen Papillen und 5 interradialen Spitzen umstellt. In jedem Ambulacrum eine Doppelreihe von Füsschen. 374 2. Ordnung. Apoda. 2. Ordnung. Apoda- l'^üsschenlose Holothurien. Uoloihurien ohne Füsschen, mit oder ohne Lungen, theilweise oder sämmtlich hermaphroditisch. 1. Unterordnung. Pneumonophora. Füsschenlose Lungenholothurien mit cylindrischen oder schildförmigen oder gefingerten Tentakeln. Die linke Lunge wird wie bei den Aspidochiroten von einem Blutgefässnetz , welches aus dem Rückengefässe hervorgeht, um- sponnen. Hermaphroditisch (?). 1. Farn. Molpadidae. Mit den Charakteren der Unterordnung. Molpadia Cuv. Mit 12 bis 15 am Ende gefingerten Tentakeln und mit Retraktoren des Schlundes. M. borealis Sars, Nordische Meere. M. chilensis J. Müll., Chili. M. holothurioides Cuv. , Atl. Meer. Haplodacti/la Gr. Mit glatter Haut und 15 oder 16 einfachen cylindrischen Ten- takeln. H. molpadioides S. , China, Cebu. H. mediterranea Gr. , wurmfönnig, ob nicht identisch mit Molpadia musculus Risso (?), Mittelmeer. Liosoma Brdt. Mit kurzem cylindrischen Körper und 12 schildförmigen Tentakeln. L. arenicola Stimps. , San Pedro. L. sitchaeense Brdt., Sitka. Caudina Stimps. Körper hinten stark verschmälert, Haut durch zahlreiche Kalk- körper rauh. 12 fingerförmig getheilte Tentakeln. C. arenata Gould., Massachusetts. Echinosoma S. Körper ascidienartig , Haut mit grossen bestachelten Schuppen bedeckt. 15 stummeiförmige Tentakeln. E. hispidum {Eupyrgus hispidus Barrett. ?), Norwegen. 2. Unterordnung. Apneumona. Hermaphroditische Formen ohne Lungen, mit linearen, gefiederten oder gefingerten Tentakeln und mit Wimpertrichtern am Mesenterium. 1. Fam. Synaptidae. Mit gefiederten oder gefingerten Tentakeln, ohne Radiär- gefässe in der Haut, mit eigenthümlichen trichterförmigen Wimperorganen und mit Kalk- körpern in Form von Rädern oder Ankern. Synapta Esch. 10 bis 25 gefingerte oder gefiederte Tentakeln, mit Kalkankern in der Haut. S. digitata Mntg., Europ. Meere. Mit der Fähigkeit, sich in Stücke zu theilen. Parasitisch lebt in ihr Entochoncha Mülleri. S. inhaerens 0. F. Müll.. Nordische Meere, Mittelmeer. S. molesta S., Bohol. S. Beselii Jag., Samoainseln, Philippinen u. v. a. A. Anapta S. Mit 12 kleinen fein gefiederten Tentakeln, mit kleinen Papillen besetzt. Die Kalkgebilde der Haut beschränken sich auf biscuitförmige Platten. A. gracilis S., Manila. Chirodota Esch. Mit schildförmigen gefingerten Tentakeln und Kalkrädern, die gruppenweise in Bläschen der Haut sitzen. Ch. vitiensis Grätfe, Viti-lnseln. Ch. pellu- cida Vahl. , Nordische Meere. Ch. laevis Fabr. , Grönland. Hier schliessen sich die Gattungen Myriotrochus Steenstr. {M. Binkii), Oligotrochus Sars, Synaptula Oerst. und wahrscheinlich die leider unvollständig bekannte, zweifelhafte Gattung Rhabdomolgus Kef. an Zweifelhaft sind die Familien der Eupyrgiden {Eupyrgus scaher Lütken, Grön- land) und Oncilabiden. IV. Typus. Vemes. 375 IV. Typus. V e r m e s , W il r m e r. Seitlich symmetrische Thiere mit ungegliedertem, geringelte7n oder gleichartig {homonom) segmentirtem Körper, mit seitlichen Excretionscanälen (Wasser- gefässen), ohne gegliederte Segmentanhänge {Gliedmassen). Während Li nne alle Wirbellosen mit Ausnahme der Insekten und Spinnen Würmer nannte und in Vermes intestina, mollusca, testacea und zoophyta eintheilte, begrenzt man seit Guvier die Würmer weit enger und vereinigt unter dieser Bezeichnung eine Reihe von Thierclassen , welche in der meist gestreckten, platten oder cylindrischen Körperform übereinstimmen und stets gegliederter Extremitäten entbehren. Freilich ist nicht zu verkennen, dass die höheren Würmer mit segmentirtem Leibe, die Anneliden oder Glieder würmer, ihrer Organisation und Entwicklung nach zu den Arthropoden in nalier Be- ziehung stehen und mit denselben, ähnlich wie die fusslosen Fische und Schlangen mit den Säugethieren, als der gleichen Organisationsreihe angehörig betrachtet werden können. Auch giebt es eine Anzahl von Thierformen, in deren Bau Charactere von Würmern und Arthropoden in einer Weise vereinigt sind, dass man dieselben als besondere freilich den Würmern näher stehende Ver- bindungsglieder beider Gruppen aulfassen kann. Dennoch erscheint es aus mehrfachen Gründen gerechtfertigt, Würmer und Arthropoden als Thier- kreise zu sondern. Zunächst fällt in die Wagschale, dass die niedersten Plattwürmer den Arthropoden sehr weit entfernt stehen, so dass es un- möglich wird, für dieselben gemeinsame Merkmale — von dem seitlich symmetrischen Baue abgesehn — aufzustellen. Dazu kommen Beziehungen zu andern Typen, wie MoUuscoiden und Weichthieren, die Aelmlichkeit zwischen Wurm- und Echinodermenlarven , selbst ein gewisser Zusammenhang im Or- ganismus der Gliederwürmer und Vertebraten, wodurch die Einheit des Wurm- typus mehr als in Frage gezogen erscheint. Aber auch die in den Kreise der Würmer aufgenommenen Thiere repräsentiren eine so bunte, schwer zu glie- dernde und in ihrem genetischen Verhältnisse erkennbare Mischung von Formen, dass man von mehreren Seiten bereits versucht hat, dieselben in mehrere Kreise aufzulösen und dem entsprechend den Wurmtypus ganz fallen zu lassen. Vergebens sieht man sich nach einem exclusiven Merkmal von fun- damentaler Bedeutung um. Denn weder der für mehrere Wurmclassen aller- dings in hohem Grade charakteristische als sog. Wasser gefässsystem auftretende Excretionsapparat, noch die Gestaltung des Hautmuskelschlauchs kann als ein ausschliessliches und durchgreifendes Merkmal bezeichnet werden. Auch ein gemeinsamer phylogenetischer Ausgangspunkt in einer allen Würmern eigenthümlichen Larvenform konnte bislang nicht ausfindig gemacht werden. Die Loven'sche, neuerdings als Trochosphacra oder Trodiophora unterschiedene "Wurmlarve gestattet mit grösserer Berechtigung die Beziehungen der Gliederwürmer zu Rotiferen , MoUuscoideen und Mollusken nachzuweisen, 376 Körperform uucl Iiitegument. als sie Anhaltspunkte bietet, die Zusammengehörigkeit der Gliederwürmer mit den niedern Würmern , den Plathelminthen und Nemathelminthen darzuthun, wenigstens ohne bedeutende Rückbildungen für die Larven der Plattwürmer vorauszusetzen. Im Allgemeinen ist die seitliche Symmetrie sowohl in der Form des Körpers als in der Lage und Anordnung der Organe durchgeführt, wenn auch hier und da Andeutungen eines radiären, zwei- oder vierstrahligen Baues bemerkbar werden. Die Form des weichen und contractilen , auf den Aufent- halt in feuchten Medien angewiesenen Leibes ist meist gestreckt, platt oder cylindrisch , bald ohne jegliche Ringelung , bald quergefaltet , bald geringelt, bald in Segmente {Metameren) gegliedert. Mit seltenen Ausnahmen unter- scheiden wir eine Bauchfläche und Rückenfläche, welche dann durch die Lage einzelner Organe bezeichnet werden ; aut der erstem bewegt sich in der Regel das Thier oder heftet sich an fremde Gegenstände an , hier findet sich auch gewöhnlich die Mundöffnung meist an dem bei der Bewegung nach vorn ge- kehrten Ende. Der Unterschied des platten, mehr verkürzten und des cylin- drischen, langgestreckten Leibes erscheint besonders für die nicht segmentirten Würmer von grosser Bedeutung, indem derselbe hier bis zu einem bestimmten Grade die Organ isations- und Lebensstufe bestimmt. Man wird daher zweck- mässig nach der Form des Körpers die Glassen der PlathelmintUes oder Platt- würmer und Nemathelminthes oder Rundwürmer unterscheiden. Die segmentirten Würmer zerfallen ebenfalls in drei Glassen , in liotiferi oder Räderthierchen, bei denen die Gliederung nur eine äussere ist und auf das Integument beschränkt bleibt , während das Nervensystem eine einfache dem der Plattwürmer ent- sprechende Form behält, in Gephyrei oder Spritzwürmer, die zwar der Segmen- tirung des Integuments und der Organe entbehren, aber ausser dem Gehirn bereits einen Bauchstrang besitzen und in Annelides oder Gliederwürmer, mit Gehirn und Bauchganglienkette und einer der äussern Gliederung mehr oder minder ent- sprechenden Segmentirung der Organe. Bei diesen bleiben freilich die ur- sprünglich gleichartigen Leibesstücke, welche als Metameren der Längsachse oder als Segmente erscheinen, keineswegs immer durchaus homonom; ins- besondere vereinigen sich bei den höchst entwickelten Gliederwürmern die beiden vorderen Segmente zur Herstellung eines Körperabschnitts, welcher den Kopf der Arthropoden vorbereitet und wie dieser die Mundöffnung uraschhesst, sowie das Gehirn und die Sinnesorgane trägt; aber auch in der Gestaltung der nachfolgenden Metameren machen sich häufig gar mancherlei die Individualität des Gesanmitkörpers begünstigende Abweichungen der Homonomität geltend. Die Haut der Würmer zeigt sehr verschiedene Stufen der Erhärtung und steht mit einem sehr entwickelten Muskelschlauch in unmittelbarer Verbindung. Wohl überall unterscheiden wir eine als Matrix fungirende Zellenlage, Hypo- dennis, oder wenigstens eine mit Kernen durchsetzte Protoplasmaschicht und meistens eine oberflächliche homogene Guticularschicht , welche als eine von der erstem ausgeschiedene Lage bei den niedem Würmern äusserst zart und dünn bleibt, bei den Nematlidnünthen oft mehrfach geschichtet und in mehrere Straten gesondert, bei manchen Anveliden (Cliadopodeii) von ansehn- licher Dicke ist und selbst von Porenkanälen durchsetzt sein kann. Unter den Cuticula. Haiitmuskelschlauch. 377 Fluthelminthen besitzen die Strudelwürmer eine oberflächliche Bekleidung von Wimperhaaren, welche von der zarten weichen Zelienlage oft direkt oder wie auf einer dünnen homogenen Guticularschicht getragen werden. Wimper- haare sind übrigens vornehmlich in den Larvenzuständen von Flathehninthen, Gephyreen und Chaetopoden sehr verbreitet, finden sich aber auf bestlrrnnte Stellen dos Körpers beschränkt auch bei den ausgebildeten Rotiferen und Chaetopoden, von denen selbst einzelne Formen wie z. B. Chaetoptenis eine fast allgemeine Bewimporung besitzen können. Da wo die äussern Cilien fehlen, besteht die oberflächliche, zuweilen in Form von Höckern oder Stacheln er- hobene Cuticularmembran aus einer dem Chitin der Arthropodenhaut ver- wandten Substanz und kann wie diese mancherlei Guticulargebilde , wie Haare und Borsten, Haken und Klammerwaffen in Einsenkungen eingelagert tragen. Bei zahlreichen Nemathelnnnthen , sowie gegliederten Würmern wird die derbe Cuticula zu einer Art von Hautskelet, welches der Beweglichkeit des Haut- muskelschlauchs entgegenwirkt. Bei den Chaetopoden und Rotiferen gliedert sich das derbe Integument in eine Anzahl hinter einander liegender Ab- schnitte, welche wie die Segmente des Arthropodenleibes durch zartere Haut- streifen verbunden sind und an diesen durch die in entsprechende Abschnitte gesonderte Hautmuskulatur bewegt und verschoben werden können. In grosser Verbreitung kommen In der Haut Drüsen vor, welche als einzellige oder aus Zellcomplexen gebildete Schläuche bald unmittelbar unter der Epidermis liegen, bald in die tieferen Körpergewebe hineinrücken. Das unter der Epidermis gelagerte Gewebe, welches man auch als Cutis bezeichnen kann, wird überall durch Aufnahme von Längsmuskeln, beziehungs- weise auch zugleich von Blngmuskeln zu einem Hantmushelscldaach , dem wichtigsten Bewegungsorgan des Wurmleibes. Derselbe steht bei den Platt- würmern mit dem Körperparenchym in inniger Verbindung, begrenzt dagegen bei den übrigen Würmern die meist noch von einer Peritonealhaut ausgekleidete Leibeshöhle, welche jenen Wurmformen in der Regel noch fehlt. Bei der Bedeu- tung, welche der Hautmuskelschlauch für die Fortbewegung des Wurmleibes besitzt, wird man den besondern Gestaltungsformen desselben auch einen ge- wissen systematischen Werth einzuräumen haben, der freilich nicht in einseitiger Weise überschätzt werden darf. Am complicirtesten ist die Schichtung und der Verlauf der Hautmuskeln bei Flattivünnern und Hirudineen, indem hier die In eine bindegewebige Grundmasse eingelagerten Ring- und Längsmuskel- schichten von dorsoventral verlaufenden Muskelfasern (zuweilen auch noch von schräg gekreuzten) durchsetzt werden. Bei den Gephyreen und Acantho- cephalen unter den Rundwürmern setzt sich der Muskelschlauch aus einer äussern R.lng- und Innern Längsfaserschlcht zusammen. Aehnlich verliält sich die Muskulatur bei den Chaetopoden, doch ist hier die viel mächtigere Längs- muskelschicht wie bei den Nematoden in zwei dorsale und in zwei ventrale Züge angeordnet. Bei den Nematoden (und Chaetoynathen) fehlt die äussere Ringfaserschicht vollständig , während sich die Muskulatur der Rotiferen auf einzelne Züge reducirt. Dazu können überall noch Gruppen von Muskelfasern hinzukommen, welche zur Befestigung von Innern Organen an das hitegument dienen. Auf besondere Differenzirungen des Hautmuskelschlauchs sind die bei 378 Saugnäpfe. Fussstummel. Einährungsapparat. Nervensystem. parasitischen Würmern so häufig vorkommenden Saugnäpfe, sowie die mit Borsten besetzten Gruben und Fussstummel (Parapodien) der Ghaetopoden zurückzuführen. Vornehmlich entwickeln sich diese Hülfsorgane der Bewegung auf der Bauchfläche, die Saugnäpfe mit ihren accessorischen Klammerwaffen in der Nähe der beiden Körperpole oder auch wohl in der Mitte des Leibes, die Fussstummel aber in der ganzen Körperlänge paarig auf die einzelnen Leibesringe vertheilt und zwar sowohl der Bauchseite wie der Rückenseite an- gehörig, so dass jedes Segment ein bauchständiges und ein rückenständiges Paar von Fussstummeln trägt. Die innere Organisation der Würmer gestaltet sich ausserordentlich mannichfach je nach Aufenthalt, Form und Lebensstufe • derselben. Bei den- jenigen Platt- und Rundwürmern, welche in dem Ghymusbrei im Darm- canale höherer Thiere leben , wie bei den Bandioürmcrn und Acantho- cephalen, fällt der gesammte innere V^erdauungsapparat nebst Mund und After hinweg. Hier erfolgt die Ernährung endosmotisch durch die gesammte Körper- bedeckung. Da wo ein Darm vorhanden ist, liegt die Mundöfifnung meist am vordem Körperende oder bauchständig in der Nähe desselben; die After- öffnung , welche übrigens auch beim Vorhandensein eines Darmes fehlen kann {Trematodeii) , findet sich am hintern Körperende oder rückenständig in der Nähe desselben, hn Allgemeinen verhält sich der Darmcanal einfach , ohne Sonderung in zahlreiche, den besondern Functionen entsprechende Abschnitte. Man unterscheidet in der Regel nur einen muskulösen Schlund, einen mächtig entwickelten Mitteldarm und einen kurzen mit dem After ausmündenden End- darm. Bei den Ringelwürmern zeigt der Mitteldarm aber an der Grenze der einzelnen Segmente Einschnürungen, so dass eine Reihe von Abschnitten ent- stehn , welche noch paarige Seitentaschen oder selbst ramificirte , den Leber- anhängen höherer Thiere vergleichbare Blindschläuche tragen können. Ein Nervensystem wurde nicht überall (Bandwürmer) mit Sicherheit nachgewiesen. In der einfachsten Form erscheint dasselbe als ein unpaares oder durch Auseinanderweichen seiner Seitenhälften paarig gewordenes Ganglion in der Nähe des vordem Körperpoles über dem Schlünde, welches der Genese nach wohl auf die Scheitelplatte der Trochosphaera bezogen werden könnte. Seltener tritt dasselbe als ein den Munddarm umgürtender mit Gruppen von Ganglien- zellen verbundener Ring {Nematoden) entgegen. Die von dem Ganglion aus- tretenden Nerven vertheilen sich symmetrisch nach vorn und den Seiten , ver- sorgen die Sinnesorgane und bilden zwei seitliche nach hinten verlaufende stärkere Nervenstämme. Auf einer höhern Stufe treten zwei umfangreichere Ganglien auf, welche auch durch eine untere Querbrücke verbunden sind {Nemcrtiue)i). Bei den Gephyreen kommt zu dem obern Schlundganglion, dem Gehirn, noch ein durch einen Schlundring mit jenem verbundener Bauchstrang, bei den Anneliden noch eine Reihe von Ganglien hinzu, welche sich in diesem Strang — im Allgemeinen der Segmentirung parallel ■ — eingelagert finden. Indem die vom Gehirn ausgehenden Nervenstämme mit ihren durch Quer- commissuren verbundenen Doppelganglien unterhalb des Darmes der Median- linie genähert verlaufen, erzeugen sie eine mit dem Gehirne durch eine Schlund- commissur zusammenhängende Bauchganglienkette, die sich bis an das Ende Sinneswerkzeuge. Blutgefässsystem. 379 des Körpers fortsetzt und während ihres Verlaufes Nervenpaare absendet. Von Sinnesorganen kennt man Augen, Gehörwerl^zeuge und Tastorgane. Die letztern knüpfen an Nervenausbreitungen und besondere Ein- richtungen des Integuments an (Tastborsten) und finden sich schon bei Ein- geweidewürmern als mit Nerven in Verbindung stehende Papillen der äussern Haut. Bei den freilebenden Würmern sind dieselben häufig fadenförmige fühlerartige Anhänge am Kopf und an den Segmenten (Girren). Gehörorgane sind minder verbreitet und treten als Gehörbläschen auf, entweder dem Gehirne anliegend (einige Tarheilarien und Nemertinen) , oder in paariger Anordnung dem Schlundringe angelagert (Kiemenwürmer unter den Anneliden). Die Seh- werkzeuge sind entweder einfache mit Nerven zusammenhängende Pigment- flecken, Augenflecken, oder es kommen noch lichtbrechende Körper, die wir theils als Linsen, theils als Aequivalente der Krystallkegel aufzufassen haben, in verschiedener Zahl und Feinheit der Ausbildung hinzu. Vermuthungsweise hat man die Wimpergruben der Nemertinen für Geruchsorgane ausgegeben, aucli die becherförmigen Organe der Egel und Gephyreen sind Sinneswerkzeuge. Ein Blutgefässsystem ist nicht überall vorhanden; dasselbe fehlt den Nemathelminthen, Kotiferen und Plathelminthen mit Ausnahme der Nemertinen. In diesen Fällen tritt der Ernährungssaft endosmotisch in das Körperparenchym, beziehungsweise in die Leibeshohle, umspühlt die Organe und durchtränkt die Gewebe als eine helle, zuweilen selbst zellige Elemente enthaltende Lymph- oder Blutflüssigkeit. Erst bei den Nemertinen trttt ein Gefasssystem auf und zwar in Form von zwei am vordem Leibesende bogenförmig in einander über- gehenden Seitenstämmen, mit denen sich in der Nähe des Gehirns ein dorsaler Längsstamm durch quere Schlingen verbindet. Bei den Gephyreen findet sich ein dorsaler am Darm verlaufender Längsstamm, der vorn durch eine ring- förmige Schlinge in einen ventralen Längsstamm übergeht. Im Rückengefäss bewegt sich das Blut von hinten nach vorn, im Bauchgefass in umgekehrter Richtung, Unter den Gliederwürmern erlangt dasselbe den höchsten Grad der Ausbildung und kann sich hier zu einem vollständig geschlossenen, mit pul- sirenden Stämmen versehenen Systeme von Gefässen erheben. Fast überall unterscheiden wir einen contractilen rückenständigen und einen bauchständigen Längsstamm, welche in den einzelnen Segmenten durch bogenförmige zuweilen ebenfalls pulsirende Queranastomosen verbunden sind. Bei den üirudineen beginnt das Rückengefäss mit freier Mündung in der blutgefüllten gefässartigen Leibeshöhle, welche häufig in einen Mediansinus und in zwei seitliche con- tractile Räume, die Seiten gefasse, zerfällt. Da wo ein Gefasssystem vorhanden ist, erscheint das Blut keineswegs immer wie die Leibesflüssigkeit hell und farblos, sondern besitzt zuweilen eine gelbliche oder grünliche, häufiger eine röthliche Färbung , die sogar in einzelnen Falten an die Blutzellen gebunden ist. Zur Respiration dient meist noch die gesammte äussere Körperbedeckung; unter den Anneliden aber finden sich bereits bei den grössern marinen Borsten- würmern fadenförmige oder büschelige oder verästelte Kiemen, meist als Anhänge der Extremitätenslummel. Auch den Tentakeln der Gephyreen wird man eine respiratorische Bedeutung beilegen können. Bei Balanoglossus, einer sowohl den Nemertinen, als den Anneliden verwandten Wurmgattung, 380 Excretiousorgane. Fortpflanzung. liegt das Athmungsorgan, dem Kiemensacke der Asciäien und von Amphioxus vergleichbar, am Eingangsabschnitt des Darmcanals. Als Excretionsorgan deutet man das sogenannte Wassergefässsystem, ein System von symmetrisch verlaufenden feinern und gröbern Ganälen, welche mit einer wässrigen Flüssigkeit gefüllt sind, auch hier und da Körnchen in sich einschliessen und durch eine einfache oder mehrfache Oeffnung nach aussen führen. Entweder beginnen die Ganäle mit feinen Gängen in den Geweben des Körpers oder trichterförmig mit freier Mündung in der Leibeshöhle, in welchem Falle sie auch andere Leistungen, wie die der Ausfuhr der Geschlechts- producte aus der Leibeshöhle, mit übernehmen können; häufig tragen sie an der Innenfläche ihrer Wandung Flimmerhaare, welche zur Fortbewegung des Inhalts dienen; bei den segmentirten Würmern aber wiederholen sie sich als Schleifencanäle oder Segmentalorgane paarig in den einzelnen Leibessegmenten. Abweichend verhalten sich die beiden in die sog. Seitenfelder eingebetteten längs des Körpers verlaufenden Seitencanäle der Nematoden, die mit einem gemeinsamen Porus excretorius in der Gegend des Pharynx ausmünden. Neben der geschlechtlichen Fortpflanzung findet sich die ungeschlechtliche Vermehrung durch Knospung und Theilung seltener durch Bildung von Keim- zellen namentlich unter den niedern Formen weit verbreitet, beschränkt sich hier aber häufig auf jugendliche, von den geschlechtsreifen Thieren durch Form und Aufenthaltsort abweichende Entwicklungsphasen, die als Ammen in der Production ihrer Wachsthumsprodukte ihre Aufgabe erfüllen. Im ge- schlechtsreifen Zustand sind die beiderlei Geschlechtsorgane bei den Platt- ivürmern und vielen Anneliden in demselben Individuum vereinigt. Die Gephyreen, Nemathehninthen und Rotiferen, sowie unter den Flathelminthen die Nemertinen und Microstomeen , und unter den Anneliden die Kiemen- würmer sind dagegen getrennten Geschlechts. Zahlreiche Würmer durchlaufen eine Metamorphose, deren Larvenzustände durch den Besitz eines gleich- förmigen Wimperkleides oder von Wimperkränzen und Wimperreihen aus- gezeichnet sind. Bei den Bandwürmern und Saugw^ürmern , die im Jugend- zustande in der Regel die Fähigkeit der ungeschlechtlichen Fortpflanzung gewinnen , wird die Metamorphose zu einem mehr oder minder complicirten Generationswechsel, für welchen oft der verschiedene Wohnort der aus ein- ander hervorgehenden Entwicklungsstadien und der Wechsel parasitischer und freibeweglicher, wandernder Zustände bezeichnend ist. Die Lebensstufe der Würmer ist im Allgemeinen eine niedere zu nennen, übereinstimmend mit dem Aufenthalte in feuchten Medien und mit der be- schränkten Beweglichkeit. Viele leben als Parasiten im Innern der Organe anderer Thiere {Entozoen), seltener an der äusseren Körperoberfläche und nähren sich von Säften ihrer Wirthe, andere leben frei in feuchter Erde, im Schlamm , noch andere und zwar die höchst organisirten Formen im süssen und salzigen Wasser. Kein Wurm aber erhebt sich als wahres Landthier zum Aufenthalt in der Luft. I. Classe. Plathelminthcs. 381 I. Classe. Platlieliüiutlies = Phitodes, Plattwiinner. Würmer mit plattem, mehr oder minder gestrecldem Körper, von niederer Organisation, meist mit Gchirnlniotcn, aber ohne BaiichniarJc, hüufifj mit Saug- näjyfen und Haken bewaffnet, vorherrschend Zwitter. Die in dieser Classe zusammengefassten Formenreihen, deren Organisation unter den Würmern am tiefsten steht, sind grossen theils Entozoen oder leben im Schlamme und unter Steinen im Wasser. Ihr Körper ist mehr oder minder abgeplattet und entweder einfach ungegliedert , oder durch quere Ein- schnürungen in eine Anzahl von aufeinander folgenden Abschnitten gesondert, welche als Theile eines einheitlichen Thieres entstanden und als solche Metameren gleich werthig in hohem Grade zur Individualisirung hinneigen und häufig sogar zur Trennung und selbstständigen Existenz gelangen. Diese Abschnitte stehen als Wachsthumsprodukte in der Längsachse des Körpers vornehmlich in Beziehung zur Fortpflanzung und bedingen keineswegs wie dies für die Segmente der Anneliden zutrifft, durch ihre Zusammengehörigkeit eine höher organisirte und zu vollkommenerer Locomotion und höherer Lebens- stufe befähigte Individualität. Ein Darmsystem kann noch vollständig fehlen {Cestoden) , oder wenn dasselbe vorhanden ist , einer besonderen Afteröffnung entbehren {Trematoden). Das Nervensystem ist meist ein dem Schlünde auf- liegendes Doppelganglion , von welchem ausser kleineren Nervenzweigen nach vorn und nach den Seiten zwei hintere Nervenstämmchen abgehen. Bei vielen kommen einfache Augenflecken mit oder ohne lichtbrechende Körper vor, seltener findet sich ein Gehörbläschen. Blutgefässe und Respirationsorgane fehlen mit Ausnahme der Nemertinen. üeberall zeigt sich das System der Wassergefässe entwickelt. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane sind mit Ausnahme der Microstomeen und Nenurtinen meist in demselben Indi- viduum vereinigt, die Aveiblichen Geschlechtsdrüsen bestehen aus gesonderten Dotter- und Keimstöcken. Sehr häufig ist die Entwicklung eine complicirte mit Generationswechsel verbundene Metamorphose. Die Plattwürmer zerfallen in die drei Ordnungen der Ccstodes Band- würmer, Trematodes Saugwürmer, Tarbellaria Strudelwürmer und Neniertina Schnurwürmer. L Ordnung. Cestodes ^) , BandAvürmer . Langgc st rechte Plattwürmer und Gliederhctten von Plattwürmern ohne Mund und Darmapparat , mit Haftorganen am Vorderende. Die durch ihre bandähnlich gestreckte und in der Regel gegliederte Leibesform leicht kenntlichen im Darmkanale von Wirbelthieren schmarotzenden 1) Ausser den altem Werken und Schriften von Pallas, Goeze, Zeder, Bremser, Rudolph!, Creplin, Lehlond, Diesing, Tschudi u. a. vergleiche Van Beueden, Les vers cestoides ou acotyles. Bruxelles. 1850. Küchenmeister, Ueher Cestoden im Die Deutung des Bandwurms als Thierstock oder Individuum. Bandwürmer wurden früher ganz allgemein für Einzelthiere gehalten. Erst seit Steenstrup's auf die Lehre des Generationswechsels bezüglicher Arbeit brach sich eine abweichende Auffassung Bahn, welche in dem Bandwurm einen Thierstock, eine Kette von Einzelthieren , dagegen in dem Bandwurm- gliede, der F/oylottis. das Individuum erkannte. Beide Anschauungen haben ihre Berechtigung, führen aber, einseitig entwickelt, bei der Unmöglichkeit an so niedern und einfachen Organisationsformen zwischen Wachsthum und un- geschlechtlicher Fortpflanzung, zwischen Organ und Individuum, eine scharfe Grenze zu ziehen, zu Widersprüchen. Da es Cestoden gibt, welche wie Ligula und Caryophyllaeus sowohl der äussern Gliederung als der Metamerenbildung des Geschlechtsapparates überhaupt entbehren, während in andern Fällen die Gliederstücke des Körpers zwar deutlich und mit eignem Geschlechtsapparat zur Differenzirung kommen, aber keine individuelle Selbstständigkeit erlangen, am häufigsten aber die Proglottiden zur Lostrennung kommen , ja sogar in einzelnen Fällen {Echincihothrium) nach der Lösung vom Gesammtkörper des Bandwurms bedeutend fortwachsen und geraume Zeit selbstständig existiren, so wird man zwar die Individualität des Bandwurms aufrecht erhalten, zu- gleich aber innerhalb derselben die morphologisch enger begrenzte, unter- geordnete Individualitätsstufe der Proglottis anerkennen. Es handelt sich hier um ähnliche Verhältnisse, wie wir sie bei den Siphonophoren bereits kennen gelernt haben. Der vordere Körpertheil des Bandwurmes erscheint mehr oder minder verschmälert und zum Anheften befähigt, in der Regel sogar an seinem äussersten Ende kuglig oder kopfartig angeschwollen. Diese als Bandwurm- hopf bekannte Anschwellung verdient jedoch nur mit Bezug auf ihre äusser- liche Gestalt diese Bezeichnung , da dieselbe weder einen Mund besitzt noch Allgemeinen und die des Menschen insbesondere. Dresden. 1853. v. Siebold, lieber die Band- und Blasenwürmer. Leipzig. 1854. G. Wagener, Die Entwicklung der Cestoden. Nov. Act. Leop. Car. Tom. XXIV. Suppl. 1854. Derselbe, Beitrag zur Ent- wicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer. Haarlem. 1857. R. Leuckart, Die Blasen- bandwürmer und ihre Entwicklung. Giessen. 1856. Derselbe, Die menschlichen Parasiten. Bd. I. Leipzig. 1862. Stieda, Ein Beitrag zur Anatomie von Bothriocephalus latus. Müllers Archiv. 1864 und 1865. Krabbe, Helminthologiske Untersoegelser in Danmark og paa Island. Kongl. Danske Vidensk. Selsk. Skrift. 1863. Derselbe, Bidrag til kundskab om fuglenes Baendelorme. Kopenhagen. 1869. Feuer eisen, Beitrag zur Kenntniss der Taenien. Zeitschrift für wiss. Zoologie. 1868. Melnikoff, Ueber die ■Tugendzustände von Taenia cucumerina. Ebendas. 1869. F. Sommer und L. Landois, Ueber den Bau der geschlechtsreifen Glieder von Bothriocephalus latus. Zeitschr. für wiss. Zoologie. 1872. F. Sommer, Ueber den Bau und die Entwicklung der Geschlechts- organe von Taenia mediocanellata und Taenia solium. Ebendas, Tom. XXIV. 1874. Schief ferdecker, Beiträge zur Kenntniss des feinern Baues der Taenien. Jenaische Zeitschr. Tom. VIII. 1874. Fr. Steudener, Untersuchungen über den feinern Bau der Cestoden. Abh. der Naturf. Gesellschaft zu Halle. Tom. XIII. A. L. Dounadieu, Con- tributions a l'histoire de la ligule. Journ. de l'anat. et de la physiol. par Kobin et Perichet. 1877. Vergl. ferner die Schriften von Eschricht, v. Siebold, Stein, Böttcher, Naunyn, Mosler, Knoch, Metschnikow, Liustow, v. Willemoes-Suhm, Pagenstecher u. a. Haftapparat des Kopfes. Gliederung. Proglottis. Muskeln. 383 Sinnesorgane trägt , wahrscheinlich aber ein Doppelganglion als Centralorgan des Nervensystems enthält. Der Kopf dient vornehmlich als Ilaßori/an zur Befestigung des Band- wurms an den Darmwandungen des Wirthes und besitzt demgemäss eine zwar überaus mannichfache , aber für die einzelnen Arten und Gattungen charak- teristische Bewaffnung. Sehr häufig findet sich an der Kopfspitze auf einem kurzen vorspringenden Stirnzapfen, Rostellum, ein doppelter Kranz von Haken und unterhalb desselben an den Seitenflächen des Kopfes vier Sauggruben in vieretrahliger Lage angebracht {Taenia), in andern Fällen sind nur zwei Saug- gruben vorhanden [Bothriocephalus), oder es treten complicirter gebaute, mit Haken besetzte Sauggruben {Acanthohothriuni) auf, oder vier hervorstülpbare mit Widerhaken besetzte Rüssel (Tetrarlujuchiis) bilden die Bewaffnung, die jedoch in einer Reihe anderer Gattungen noch mannichfache besondere Formen bieten kann. Sehr schwach und nur durch eine lappige gefranzte Ausbreitung gebildet ist dieselbe z. B. bei Curyophyllaeus. Der auf den Kopf folgende dünne als Hals bezeichnete Körpertheil zeigt in der Regel in einiger Entfernung vom Kopfende die ersten Spuren beginnender Gliederung; die anfangs noch undeutlich abgesetzten Querringel werden im weitern Verlaufe zu kurzen schmalen Gliedern , dann in continuirlicher Auf- einanderfolge zu längern und breitern Abschnitten , welche sich mit Zunahme ihres Abstandes vom Kopfe schärfer und bestimmter abgrenzen. Am hintern Ende besitzen die Glieder den grössten Umfang, mit dem Eintritt in die volle Reife erlangen sie meist die Fähigkeit der Lösung, sie trennen sich vom Band- wurm und leben eine Zeitlang als isolirte Proglottiden, zuweilen sogar an demselben Aufenthaltsorte fort. Dem einfachen äussern Bau entspricht auch eine einfache innere Orga- nisation. Unter der zarten Guticula, welche bei manchen Formen (mehrfach geschichtet) von feinen Poren durchbohrt ist und oft auf der Oberfläche un- bewegliche Härchen trägt, findet sich eine aus kleinen Zellen bestehende Matrix, in welcher längere schlauchförmige oder bläschenartige Drüsenzellen eingestreut sind. Eine zarte oberflächliche Lage von Längsmuskelfasern ver- läuft unter beziehungsweise noch in der Subcuticularschicht. Auf dieselbe folgt das bindegewebige Parenchym, in Avelchem wiederum Längsmuskelfasern in mächtigen Bündeln , sowie eine innere Lage von Ringmuskeln eingebettet sind; beide werden vornehmlich an den Seiten des Leibes von dorsoventralen Fasergruppen durchsetzt. Die wechselnde Zusammensetzung aller dieser Muskeln bedingt die überaus grosse Gontraktilität der Proglottiden , die sich unter Zunahme der Breite und Dicke bedeutend verkürzen und unter beträcht- licher Verschmälerung zu der doppelten Länge ausdehnen können. Das binde- gewebige Leibesparenchym besteht aus membranlosen Zellen, welche in einem intercellularen Maschengewebe liegen und enthält nicht nur die Muskelfasern, sondern alle übrigen Organe eingebettet. In seinen peripherischen Partien, vornehmlich in der Nähe des Kopfes, liegen in demselben kleine dicht gehäufte Kalkconcremente , welche jetzt ziemlich allgemein als verkalkte Bindegewebs- zellen betrachtet werden. 384 Nervensystem. Sinnesorgane. Das Nervensystem seheint von zwei seitlichen an der Aussenseite der Wassergefässstämme getragenen Strängen gebildet zu werden, welche im Kopfe durch eine Querbrücke verbunden sind. Schon Joh. Müller fand im Kopfe von Telrarhyiichus afteuuatits ein plattes Ganglien-ähnliches Knötchen, Avelches er als Ganglion deutete, und G. Wagener bestätigte das Vorkommen eines ähnlichen Gebildes bei mehreren Tetrarhynchen. Wahrscheinlich haben beide Forscher die Querbrücke beobachtet. Die Seitenstränge wurden erst später von F. Sommer und Landois entdeckt und von Schneider, Schieffer- decker und Steu dener als Nervenstämme in Anspruch genommen. Freilich dürfte die histologische Beweisführung noch immer unzureichend sein. Nach A. Schneider findet sich bei Ligida eine breite Querbrücke in einiger Ent- fernung hinler dem Kopfende, ohne dass es gelang, Zellen und Fibrillen in derselben nachzuweisen. Noch schöner tritt dieselbe he\ Taenia perfoliata auf, wo sie ebenso wie die Seitenstränge Fibrillen und Kerne enthalten soll. Auch Schiefferdecker vertritt die Deutung derselben als Nervensystem und glaubt behaupten zu können, dass die spongiöse Substanz hüllenlose Nervenzellen einschliesse. Weiter noch scheint Steuden er gekommen zusein, welcher in dem spongiösen Maschenwerk feine Längsfasern findet und eine vordere Anschwellung des Stranges beschreibt, in welcher zellige Kerne auftreten sollen. Die beiden durch eine einfache Commissur verbundenen Anschwellungen werden daher als Ganglien gedeutet. Sinnesorgane fehlen durchaus , indessen wird man der Hautoberfläche, vornehmlich der des Kopfes und der Sauggruben , ein gewisses Tastvermögen zuschreiben können. Auch werden spindelförmige Körperchen, welche im Muskelführenden Theile des Parenchyms zerstreut liegen, als nervöse End- organe zur Vermittlung des Muskelgefühls gedeutet (?). Ein gesonderter Ver- dauuvgscanal fehlt vollständig. Die bereits zur Resorption fähige Nahrungs- flüssigkeit dringt endosmotisch durch die gesammte Körperwandung und zunächst durch die Poren der Cuticula direkt in das Leibesparenchym ein. Dagegen findet sich ein Excrctionsapparat von ansehnlichem Umfang in Gestalt des vielfach ramificirten, die ganze Körperlänge durchziehenden sog. Wassergefässsystems. Es sind in der Regel vier, zuweilen nur zwei, selten sechs oder acht an den Seiten verlaufende Längscanäle, welche im Kopfe durch Querschlingen in einander übergehn und in den einzelnen Gliedern durch Queranastom osen in Verbindung stehn. Je nach dem Gontractionszustande der Leibesmuskulatur erscheinen diese Längsstämme und Queräste bald grad- gestreckt, bald wellen- oder zickzackförmig gebogen, auch zeigt die Weite der Canäle einen nicht unbedeutenden Wechsel, so dass man den Gefäss- wandungen das Vermögen der Contractilität zugeschrieben hat. Diese Längsstämme , deren Wandung aus einer feinen structurlosen Membran besteht, sind jedoch nur die Ausführungsgänge eines sehr feinen in allen peripherischen Parenchymtheilen verzweigten Gefässnetzes , welches an verschiedenen Stellen durch dünnere Canäle in die Stämme einmündet. An der Innenwand der feinern Gefässe finden sich in kurzen Abständen vornehm- lich an den Spaltungsstellen zahlreiche Flimmorläppchen , welche durch ihre Schwirgungcn die Fortbewegung des wasserhellen flüssigen Gefässinhalts Geschlechtsorgane. 385 befördern. Auch Körnchen kommen in den Ganälen gelegentlich vor, mid man hielt es längere Zeit für wahrscheinlich, dass die concentrisch geschichteten Kalkkörperchen, welche an manchen Stellen dicht gehäuft und in grosser Menge auftreten, den feinen Excretionscanälchen angehörten. Zudem hatte sich die gleiche Auffassung für die Goncremente der Trematoden geltend gemacht, hidessen sind die jüngeren Beobachter zu einer anderen Auffassung gelangt und betrachten die Kalkkörper als Verkalkungen von Parenchymzellen. Für die Anfänge der Excretionscanälchen ist es andererseits wahrscheinlich ge- worden , dass dieselben frei in Lücken des Parenchyms beginnen. Bei Phyllobolhrien liegen die Anfänge der feinen excretorischen Ganälchen in Lücken des Grundgewebes eigenthümlichen Geisselzellen an, deren Wimperläppchen in die Oeffnung des Ganälchens hineinragt. Die Ausmündungsstelle des Wasser- gefässsystems liegt in der Regel am hintern Leibesende, beziehungsweise am Hinterrande des letzten Gliedes, an welchem eine kleine Blase mit Excretions- porus die Längsstämme aufnimmt. An den vorausgehenden Gliedern bilden sich nach den Beobachtungen Leuckart's bei Taenia cucumerina die hintern Quercanäle durch allmählige Verkürzung und iAnnäherung der Längsstämme zu der Blase um, die nach Abstossung des nachfolgenden Gliedes eine Oeffnung erhält. Selten kommen auch im Vorderende des Bandwurms hinter den Saug- gruben Oeffnungen des Gefässappartaes hinzu. Erkennen wir bereits im Systeme der Wassergefa.sse eine den einzelnen Segmenten im Allgemeinen entsprechende Gliederung, so gilt eine solche in noch vollkonmierem Masse für die Geschlechtsorgane. Jedes Bandwurmglied hat seinen besondern männlichen und weiblichen Geschlechtsapparat und kann desslialb zumal bei der Fähigkeit der Isolirung als hermaphroditisches Geschlechtsindividuum betrachtet werden. Der männliche Theil besteht aus zahlreichen birnförmigen Hodenbläschen, deren Stile als Vasa efferentia in einen gemeinsamen Ausführungsgang einmünden. Das geschlängelte Ende dieses letztern liegt in einem muskulösen Beutel {Cirrusbeiitel) und kann aus dem- selben als sog. Girrus durch die Geschlechtsöffnung hervorgestülpt werden. Derselbe erscheint häufig mit rückwärts gerichteten Spitzen besetzt und dient als Gopulationsorgan , welches bei der Begattung in die weibliche Geschlechts- öffnung oft desselben Gliedes eingeführt wird. Die weiblichen Geschlechts- organe bestehen aus Eierstock, Dotierstock (Eiweissdmse), Schalendrüse, Eier- hehälter, Vagina nebst Receptaculum. Die Vagina mündet in der Regel unter- halb der männlichen Geschlechtsöffnung meist in einem mit dieser gemeinsam umwallten Geschlechtsporus , entweder auf der Bauchfläche des Gliedes (Bothriocephalus), oder am Seitenrande [Taenia) und zwar alternirend bald an der rechten bald an der linken Seite. Indessen kommt es auch vor, dass beide Geschlechtsöffnungen im weiten Abstand getrennt liegen, dass die männ- liche Oeffnung am Seitenrande , die weibliche auf der Fläche der Glieder ihre Lage hat. Mit der Grössenzunahme der Glieder und der Entfernung derselben vom Kopfe schreitet die geschlechtliche Ausbildung allmählig von vorn nach dem hintern Ende des Bandwurmes vor, in der Regel so, dass die männliche Geschlechtsreife etwas früher als die weibliche eintritt, dann die Begattung und Claus, Zoologie, i. Auflage. 25 386 Eier und Embryonen. Entwicklung. Befruchtung, das heisst die Anfüllung der Samenblase {Receptaculum seminis) mit Samenfäden erfolgt und erst später die weiblichen Geschlechtsorgane zur vollen Reife und Entfaltung gelangen. Insbesondere erhält erst nachher der Eierbehälter (Uterus) seine endliche Form und Grösse, während die Hoden, und dann auch die Ovarien und Dotterslöcke mit der allmähligen Füllung des erstem mehr oder weniger vollständig resorbirt w^erden. Nur die hintern zur Trennung reifen Proglottiden haben die gesammte geschlechtliche Entwicklung durch- laufen, und auch die Eier im Innern des Fruchtbehälters umschliessen häufig bereits vollständig ausgebildete Embryonen. In der continuirlichen Aufeinander- folge der Glieder erkennt man demnach das Entw^icklungsgesetz für die Ent- stehung und allmählige Reife der Geschlechtsorgane und Geschlechtsproducte, und die Zahl der Bandwurmglieder von der Anlage der Geschlechtsorgane an bis zum Auftreten der ersten Proglottiden mit entwickeltem Fruchtbehälter kann einen Ausdruck für die Anzahl der Stadien abgeben , welche ein jedes Glied bis zur geschlechtlichen Ausbildung durchlaufen muss. Die Grösse des ausgewachsenen Bandwurmleibes erscheint daher im Allgemeinen für jede Art ziemlich fixirt, wenigstens vom Kopfe an bis zu den ersten reifen Proglottiden, wenngleich allerdings wohl die geschlechtliche Entwicklung in dem einen Falle etwas rascher, in dem andern langsamer durchlaufen werden mag ; vor- zugsweise aber kommen die Schwankungen, welche bei derselben Art in der Länge des Bandwurmkörpers beobachtet werden , auf Rechnung der verschie- denen Anzahl reifer Proglottiden, welche noch nicht zur Isolirung gelangt sind. Die Bandwürmer sind ovipar, sei es nun, dass sich die Embryonen bereits innerhalb des mütterlichen Körpers in den Eischalen ausbilden {Taenia), sei es dass dieselben erst ausserhalb der Proglottis z. B. im Wasser zur Reife gelangen {Bothriocepliulus). Die Eier der Gestoden sind von runder oder ovaler Form und von geringer Grösse. Ihre Hülle ist einfach oder auch aus mehrfachen dünnen Häuten zu- sammengesetzt oder stellt sich als feste dicke Kapsel dar , welche wie bei den Taenien aus dicht neben einander stehenden durch eine Zwischensubstanz verkitteten Stäbchen gebildet wird und dem entsprechend ein granulöses Ansehn darbietet. In vielen Fällen fallt die Embryonalentwicklung mit der Bildung des Eies zusammen , und das abzusetzende Ei enthält bereits einen fertigen sechs-, selten vierhakigen Embryo ; indessen findet dieselbe bei manchen Gattungen ausserhalb der Proglottis statt und kommt erst nach längerm Aufent- halte der Eier im Wasser {Botliriocephalus) zum Ablauf. Die Entwicklung des Embryo's zum Bandwurm erfolgt wohl niemals auf directemWege an demselben Aufenthaltsorte iniDarmcanal des ursprünglichen Trägers. Als Regel kann eine complicirte mit Generationswechsel verbundene Metamorphose gelten, deren aufeinanderfolgende Stadien an verschiedenen Wohnplätzen leben, meist sogar in verschiedenen Thierarten die Bedingungen ihrer Ausbildung finden und durch theils passive, theils active Wanderungen übertragen werden. Die Eier verlassen gewöhnlich mit den Proglottiden den Darm des Band wurmträgers und gelangen auf Düngerhaufen, an Pflanzen oder auch in das Wasser und von hier aus mittelst der Nahrung in den Magen meist pflanzenfressender oder oranivorer Thiere. Nachdem in dem neuen Träger öenerationswechsel. Embryo. Cysticercus. 387 die Eihüllen unter der Einwirkung des IMagensaftes zerfallen oder zersprengt worden sind, werden die Embryonen im Magen oder Darm ihres neuen Wohnthieres frei oder bohren sich mittelst ihrer sechs (selten vier) Häkchen, deren Spitzen über der Peripherie des kleinen kugligen Embryonalkörpers ein- ander genähert und wieder entfernt werden können, in die Magen und Darm- ge^se ein. hi dem Gefasssysterae angelangt , werden sie unzweifelhaft passiv durch die Blutwelle fortgetrieben und auf näheren oder entfernteren Bahnen in den Gapillaren der verschiedensten Organe: Leber, Lunge, Muskeln, Gehirn etc. abgesetzt. Nach dem Verluste ihrer Häkchen wachsen die Embryonen, in der Regel von einer bindegewebigen Cyste umkapselt , zu grösseren Bläschen mit wandständigem contractilen Parenchym und wässrig-flüssigem Inhalt aus. Die Blase wird allmählig zur Finne oder zum Blasenwurm, den man früher einer besondern Entozoenfamilie {Ci/stici) einordnete. Von ihrer Wandung aus wachsen nämlich in das Innere eine einzige {Cysticercus ^) oder zahlreiche {Coemirus) Hohlknospen, welche im Grunde der Höhlung die Bewaffnung des Bandwurm- kopfes in Form von Saugnäpfen und doppeltem Hakenkranz erhalten. Stülpen sich diese Hohlknospen nach aussen um, so dass sie als äussere Anhänge der Blase erscheinen, so zeigen sie die Form und die Bewaffnung des Bandwurm- kopfes nebst mehr oder minder entwickeltem Hals und selbst bereits sich gliederndem Bandwurmkörper. Es kann auch der Fall eintreten {Echinococcus), dass die unregelmässig gestaltete Mutterblase im Innern von ihrer Wandung aus Tochter- '^) und Enkelblasen erzeugt , und dass die Bandwurmköpfchen in besondern kleinen Brutkapseln an diesen Blasen ihren Ursprung nehmen. Dann ist natürlich die Zahl der von einem Embryo entsprossenen Bandwurm- köpfe eine enorme, und die Mutteiblase kann einen sehr beträchtlichen Umfang, nicht selten die Grösse eines menschlichen Kopfes erreichen, dabei in Folge der äusseren Knospung eine sehr unregelmässige Form annehmen. In seiner Ver- bindung mit dem Körper des Blasenwurmes und in dem Träger des letztern bildet sich der Bandwurmkopf, so weit bekannt, niemals zu dem geschlechts- reifen Bandwurm aus, wenn gleich derselbe in manchen Fällen zu einer an- sehnlichen Länge auswächst und nach seiner Hervorstülpung und Solidification selbst die Gliederung des Bandwurmkörpers ausbilden kann {Cysticercus fascio- laris der Hausmaus). Der Blasenwurm, der nicht etwa als ein verirrter, hydro- pischor Zustand, sondern als ein normales noth wendiges Entv\'icklungsstadium aufzufassen ist , muss zuvor in den Darmcanal eines neuen Thieres eintreten, um den Bundwurmkopf nach seiner Trennung von der Wandung des Blasen- körpers in den Zustand des geschlechtsreifen Bandwurmes übergehn zu lassen. Diese Uebertragung erfolgt durchweg mittelst der Ernährung, insbesondere durch den Genuss des finnigen Fleisches und der mit Blasenwürmern inficirten Organe auf passivem Wege durch die Wechselbedingungen des Naturlebens. Es sind daher vorzugsweise Raubthiere, Insektenfresser und Omnivoren, welche 1) Ausnahmsweise kommen zwei oder mehrere Köpfe bei manchen Cysticercus- formen vor. 2) Auch bei Cysticercen (0. lovgicoUis, tenuicoUis) kommt die Abschnüning steriler Tochterblasen vor. 25* 388 Scolex, Strobila, Proglottis. Vpreinfachung der Entwicklung. mit dem Fleische der zu ihrer Ernährung dienenden Thiere die Blasen würmer in sich aufnehmen und die aus denselben hervorgehenden Gestoden im Darme beherbergen. Die Blase wird im Magen verdaut , und der Bandwurmkopf als Scolex frei; dieser wie es scheint durch die zahlreichen Kalkconcremente vor der zu intensiven Einwirkung des Magensaftes geschützt , tritt alsbald in den Di^inndarm ein, befestigt sich mit seinem Haftapparate an der Darm wand und wächst unter allmähliger Gliederung in den Bandwurmleib aus. Aus dem Scolex geht die Kettenform, Slrohila, durch ein mit Gliederung verbundenes Längenwachsthum hervor, welches aber auch als eine Form der ungeschlecht- lichen Fortpflanzung (Sprossung und Theilung in der Längsachse) aufgefasst werden kann. Indem es aber der Leib des Scolex ist, welcher das Wachsthum und die Segmentirung erleidet, erscheint es am natürlichsten, von der hidi- vidualität der gesammten Kette auszugehn und dieser die Individualisirung der Proglottiden unterzuordnen. Dann ist die Bandwurmentwicklung als eine durch die Individualisirung bestimmter Entwicklungszustände charakterisirte Metamorphose zu deuten. Hält man sich jedoch an die Erklärung mittelst Generationswechsels, so wird man die Entwicklungszustände, Embryo, Blascn- wurm, Scolex, Strohila, Froglottis als besondere Generationen von Individuen und Thierstöcken betrachten müssen und zwar den Embryo als Grossamme, den Scolex als Amme, die Pro jlottis als Geschlechtslhier, während der Blasen- wurm die zu einem Thierstock verbundene Grossamme und Amme, die Strobila oder der Bandw^urm den Gomplex der Amme und der von ihr erzeugten Brut, der Geschlechtsthiere , repräsentiren würde. Indessen bietet die Entwicklimg zahlreicher Bandwürmer bedeutende Vereinfachungen, welche zutreffend be- weisen, dass es sich bei der Zurückführung der Fortpflanzungsgeschichte auf Generationswechsel nur um eine Form der Anschauung handelt. Gar häufig reducirt sich an dem encystirten Finnenstadium die Blase auf einen verschwindend kleinen Anhang, der Cysticercus wird zu einer cysticercoideri Form, an welcher sich ein die Embryonalhäkchen tragender Abschnitt von einem grössern Ab- schnitt, welcher den Scolex repräsentirt, abhebt. Man wird kaum irren, wenn man annimmt , dass gar oft der dem Blasentheil entsprechende Abschnitt als separates individuell verschiedenes Stück ganz ausftlllt und der Embryo somit nicht durch ein knospenförmiges auf einen bestimmten Theil seines Körpers beschränktes Wachsthumsprodukt den Bandwurmkopf erzeugt , sondern selbst unmittelbar zum Scolex wird, so dass dieser letztere nicht einer besondern Generation zugeordnet werden kann, sondern der spätere Formzustand des Embryo's selbst ist (Bothriocephalus). Aber auch die vom Scolex erzeugten Glieder zeigen einen ausserordentlich verschiedenen Grad der Individualisirung und schwinden schliesslich ganz als vom Kopfe gesonderte Abschnitte. Kopf und Leib sind dann nicht abzugrenzen und repräsentiren nur ein einziges auch durch die Einheit des Geschlechtsapparates charakterisirtes, dem Trematoden vergleichbares Individuum, Caryophyllueus , dessen Entwicklung (vielleicht in Tiibifcx rivulorum) wahrscheinlich als eine in der Gontinuität eines einheitlichen Körpers vollzogene Metamorphose des Embryo's zu erklären ist. Taeniadae. 389 Von hohem Interesse ist mit Rücksicht auf die überhaupt nur mit Hülfe der bezeichneten Gesichtspunkte zu lösende Individualitätsfrage des Bandwurms die von Ratzel gemachte, aber erst von R. Leuckart in's gehörige Licht gestellte Beobachtung, dass es im Leibesraum Wirbelloser {Saenuris, Tuhifex) kleine mit einem Schwanzanhange versehene Gestoden gibt, welche an diesem Oi'te ohne weitere Gliederbildung geschlechtsreif werden {Arcliujetcs). Für das Verständniss der Cestoden im Vergleich zu den Trematoden scheint dieser Fund von grosser Bedeutung, indem er eine directe Vergleichung der primitiven Bandwurmform mit der als Gercarie bekannten Larve des Trematoden gestattet und den Scolex als Aequivalent des Distomum bestätigt. Nicht minder bedeutungsvoll erscheint die Thatsache, dass es gedrungene Trematoden-ähnliche Gestoden gibt, welche bisher, obwohl sie des Darmcanals entbehren, zu den Trematoden gestellt wurden {Amphüine , Amphiptyches). Wenn man versucht , die so oft als Generationswechsel betrachtete Ent- wicklimgsgeschichte der Gestoden phylogenetisch zu erklären, so wird für die- selbe ein ganz anderer Modus der Entstehung wahrscheinlich, als in vielen Fällen wahren Generationswechsels. Man wird zunächst von der ziemlich sicher stehenden Annahme auszugehn haben , dass die ungegliederten Formen wie Caryophyllaens durch Rückbildung des Darmcanals von den Trematoden ableitbar, die primären Zustände sind, während die Gliederung des bandförmigen Leibes und die Individualisirung der Proglottis einer spätem secundären Erschei- nung entspricht. In gleicher Weise würden die blasenförmigen Jugend- formen, die Finnen, nicht ursprüngliche, sondern vielmehr secundäre erst durch Anpassung an veränderte und ungünstigere Lebensbedingungen er- worbene Zustände sein, welche (vergl, die frühere Auffassung Siebold's) in andere Träger verirrt , aber bald in diesen heimisch geworden , sich zu ver- einfachten aber normalen Zwischenstadien ausbildeten , um an den primären Wohnort zurückgeführt, unter Verlust gewisser, nur zeitweiligen Lebens- verhältnissen angepasster Theile zum Geschlechtsthier zu werden. 1. Fam. Taeniadae. Der kuglige oder bimförmige Kopf stets mit vier muskulösen Saugnäpfen, häufig noch mit einem einfachen oder doppelten Hakenkranze anf einem mehr oder minder vortretenden oft einziehbaren Stirnzapfen {Bostellum) der Scheitel- fläche. Gliederung deutlich, die ausgebildeten Proglottiden meist länger als breit mit randständiger Geschlechtsöft'nung; Vagina meist lang, vom Uterus getrennt, am Ende zu einer Samenblase erweitert. Jugendzustände cysticerc oder cysticercoid, selten ganz ohne Schwanzblase, in Warm- und Kaltblütern vorkommend. 1. Subf. Cystotaeniae , ßlasenbandwürmer. Kopf mit vorspringendem, meist be- waffnetem Rostellum. Die Basis der Haken mit einem vordem und einem hintern längern Wurzelfortsatz. An dem Fruchtbehälter der länglichen Proglottiden unter- scheidet man einen medianen Stamm und verästelte Seitenzweige. Die Eischale dick und von granulirter Beschaffenheit. Die Jugendformen sind als Finnen durch die be- deutende Grösse der Blase ausgezeichnet. Finnen und Bandwürmer leben in Säugethieren. Cystotaenia Lkt. Die Köpfe entstehen an der Embrj-onalblase selbst. T. soUum L. Von 2-8 Meter Länge. Der doppelte Hakenkranz aus 26 Haken zusammengesetzt. Die reifen Proglottiden etwa von 9—10 mm. Länge und 6—7 mm. Breite, der Eier- behälter mit 7 — 10 dendritischen Verzweigungen. Lebt im Darm des Menschen. Der 390 Cystoideae. zugehönge Blasenwurm, als Finne, Cysticercus cellulosae, bekannt, lebt vornehmlicli in dem Unterhautzellgewebe und in den Muskeln des Schweines, aber auch im Körper des Menschen (Muskeln, Augen, Gehirn), in welchem bei Vorhandensein der Taenia Selbst- ansteckung mit Finnen möglich ist, selten auch in den Muskeln des Rehes, selbst des Hundes und der Katze. Im Gehirn des Menschen wächst die Finne zuweilen in blasig ausgebuchtete Stränge aus, ohne stets einen Kopf zu erzeugen. T. serrata Goeze, im Darmcanal des Jagdhundes, mit dem als Cysticercus pisiformis bekannten Finnen- zustand in der Leber des Hasen und Kaninchens. T. crassicollis Rud., im Darm der Katze mit Cysticercus fasciolaris der Hausmaus. T. marginata Batsch. des Hundes (Fleischer- hund) und Wolfes mit Cysticercus tenuicollis , aus dem Netze der Wiederkäuer und Schweine, auch gelegentlich des Menschen {Cyst. visceralis). T. crassiceps Rud. des Fuchses, mit Cysticercus longicollis aus der Brusthöhle der Feldmäuse. T. laticollis Rud., im Darm des Fuchses. 1\ intermedia Rud., im Darme des Marders und Iltisses. T. coenurus v. Sieb., im Darme des Schäferhundes mit Coenurus cerebralis Quese, Dreh- wurm im Gehix'n einjähriger Schafe als Finnenzustand. Uebrigens ist das Vorkommen des Coenurus auch an andern Orten, wie z. B. in der Leibeshöhle des Kaninchens con- statirt. T. tenuicollis Rud. , im Darm des Wiesels und Iltisses mit einem Cysticercus , der nach Küchenmeister in den Lebergängen der Feldmaus lebt. T. saginata Goeze =1 mediocanellata Küchenm. , im Darme des Menschen , bereits von altern Helminthologen als Varietät der T. solium unterschieden. Kopf ohne Hakenkranz und Rostellum, aber mit 4 um so kräftigern Sauggruben. Der Bandwurm wird 4 Meter lang und erscheint viel stärker und feister. Die reifen Proglottiden circa 18 mm. lang und 7 — 9 mm. breit. Der Eierbehälter bildet 20 — 35 dichotomische Seitenzweige. Die zugehörige Finne lebt in den Muskeln des Rindes. Scheint vornehmlich in den wärmern Gegenden der alten Welt verbreitet, findet sich aber auch im Norden an manchen Orten vorherrschend. Echinococcifer Weinl. Die Köpfe sprossen an besondern Brutkapseln und ditferenziren sich in der Weise an deren Wand, dass ihre Einstülpung dem Lumen der Kapsel zugewendet ist. T. echinococcus v. Sieb., im Darme des Hundes, nur wenige mm. lang, nur wenige Pro- glottiden bildend. Die Haken des Kopfes sehr klein, aber zahlreich. Der zugehörige Blasen- wurm, durch die bedeutende Dicke der geschichteten Cuticula ausgezeichnet, lebt als Echinococcus vornehmlich m der Leber und Lunge des Menschen {E. hominis) und der Hausthiere {E. veterinorum). Die erstere Form , wegen der häufigen Produktion von Tochter- und Enkelblasen auch als E. altricipariens bezeichnet, erlangt meist eine viel bedeutendere Grösse und durch unregelmässige Aussackungen eine sehr mannichfache Gestaltung, während die der Hausthiere, als E. scolicipariens unterschieden, häufiger die Gestalt der einfachen Blase beibehält. Uebrigens bleiben die Echinococcus blasen nicht selten steril, ohne Brutkapseln, sog. Acephalocysten. Eine andere und zwar (Klebs) pathologische Form ist der sog. multiloculäre Echinococcus, der lange Zeit für ein AlveolarcoUoid , Gallertkrebs, gehalten wurde. Derselbe kommt auch bei Säuge- thieren vor (Rind) und zeigt hier oft eine täuschende Aehnlichkeit mit conglonierirten Tuberkelknoten. Sehr verbreitet ist die £'c7tmococcM.skrankheit in Island, wo früher ein guter Theil der Bevölkerung, nach Krabbe 's Mittheilungen etwa 4 bis 5 Prozent, an der durch diesen Parasiten erzeugten » Hydatidenseixche« litt. Ebenso scheint diese Krank- heit in Australien an manchen Orten endemisch. 2. Subf. Cystoideae. Bandwürmer mit cysticercoidem Zustand. Der Finnen- ähnliche Jugendzustand von geringer Grösse und ohne Ansammlung von wässriger Flüssigkeit in dem der Blase entsprechenden Abschnitt, oder auch ganz ohne den letztern. Bandwurmkopf klein, aber mit einem keulenförmigen oder rüsselartigen sehr schwache Haken tragenden Rostellum. Eier mit mehrfachen Hüllen. Embryonen meist mit grossen Haken. Die cysticercoiden Jugendformen leben vornehmlich in Wirbellosen, in Wege-Schnecken, Insekten etc., seltener in kaltblütigen Wirbelthieren (Schleihe). T. cucumerina Bloch, im Darm der Stubenhunde. Das Cysticercoid entbehrt der Schwanz- blase ganz und lebt (nach Melnikoff und R. Leuckart) in der Leibeshöhle der sog. Bothriocephalidae. 391 Hundelaus, Trichodectes cants. Die Infektion mit Cysticercoiden geschieht dadurch, dass der Huud den ihn belästigenden Parasiten verschluckt, während der Parasit die mit dem Koth an die Haut geriebenen Eier frisst. Nahe verwandt ist T. elliptica Batsch., im Darm der Katze, gelegentlich auch des Menschen. T. Jiana Bilh. v. Sieb., im Darm der Abyssinier, kaum von Zolllänge. T. ßavopunctata Weinl., im menschlichen Darm (Nordamerika). Die Cysticercoiden des Mehlwurms kommen wahrscheinlich im Darm der Mäuse und Ratten zur Ausbildung. Andere theilweise unbewaffnete Taenien, deren Geschlechtsorgane und Entwicklung noch nicht näher bekannt ist, sind: 2\ perfoliata Goeze und 1\ plicata Rud., Pferd. T. pectinata Goeze, Hase. T. dispar Rud., Frosch. T. expansa Rud., Rind. Die zahlreichen, neuerdings vornehmlich von Krabbe untersuchten Taenien aus dem Darm der ' ) Vögel vertheilen sich nach der Form des Kopfes, der Zahl und Gestaltung der Haken, sowie nach der Genitalbildung auf verschiedene Gruppen. Durch den langen Rüssel, die geringe Zahl (meist 10) der in einfachem Kranze gestellten Haken, drei Hoden, die Weite des einfachen Uterus charakterisiren sich T. fasciaia Rud. und setigern Fröhl. der Gans, die besonders von Feuereisen näher un- tersucht worden sind. Durch zwei mehr oder minder schai-f abgesetzte Reihen von 12 — o2 Haken, un- regelmässig alternirende Geschlechtsöffnungen und cylindrischen Cirrus unterscheiden sich eine Anzahl von Taenien aus Wald- und Schwimmvögeln, z. B. T. pyriformis Wedl., T. microrhyncha Krabbe aus Machetes pugnax , T. platyrhyncha Krabbe aus Totanus calidris. Zu einem ähnlichen Bandwurm gehört der bekannte Cysticercus arionis der Wegeschnecke. Andere trafen 20 Haken, die in beiden Reihen eine verschiedene Form zeigen und sich nur unvollständig zurückziehn können. Dahin gehören T. unilateralis Rud., Reiher, T. macropeos Wedl., im Darm des Nachtreihers (entwickelt aus. dem Grypo- rhynchus des Schleihendarms) , T. scolecina Rud., T. transfuga Krabbe aus Platalea ajaja. Einen halbkugligen Rüssel mit zahlreichen (über 100) kleinen zweizeilig ge- stellten Haken besitzen viele Taenien der Hühnervögel, z. B. T. infundihidiformis Duj., T. leptosoma Dies. u. a. A. 2. Farn. Bothriocephalidae. Mit nur zwei schwachen und flachen Sauggruben. Die Geschlechtsorgane münden in der Regel auf der Fläche der Proglottis. Isoliruug der Proglottis unvollständig. Blasenwurmstadium wohl in der Regel durch einen ein- gekapselten Scolex repräsentirt. Bothriocephalus Brems. Bandwurmleib gegliedert. Kopf mit 2 flächenständigen Gruben, ohne Haken. Genitalöfinungen auf der Glitte der Bauchfläche. Der Jugend- zustand meist in Fischen. B. latus Brems. Der grösste menschliche Bandwurm von 24 bis 30 Fuss Länge, vornehmlich in Russland, Polen, in der Schweiz und im süd- lichen Frankreich. Die geschlechtsreifen Glieder sind breiter als lang (circa 10—12 mm. breit und 3— .5 mm. lang) und trennen sich nie isolirt, sondern in grössern Abschnitten vom Bandwurmleib. Die Glieder des letzten Abschnittes erscheinen jedoch schmäler und länger. Kopf keulenförmig, mit 2 spaltförmigen , aber flächenständigen Gruben. Die Seitenfelder des Körpers enthalten in ihrer Rindenschicht eine Menge rundlicher Körnerhaufen. Dieselben gehören wahrscheinlich zu dem Geschlechtsapparate und sind im Zusammenhange mit den sog. gelben Gängen, welche nach Böttcher und Stieda in den Anfangstheil des Fruchtbehälters einmünden, als Dotterstöcke (v. Siebold) auf- zufassen. Die C'enitalöff'nungen liegen in der Mitte des Gliedes übereinander. Die obere 1) Neuerdings wurden besonders von Linstow (Archiv für Naturg.) eine Reihe von neuen Vogeltaenien beschrieben und von Vi Hot eine Taenie entdeckt, deren Rostellum eine Reihe kleiner Saugnäpfe trägt. Ophryocotyle Lacazii im Darm der Limosa. 392 Bothriocephalus. Ligulidae. grössere führt in den männlichen Geschlechtsapparat, zunächst in einen muskulösen im sog. Cirrusbeutel eingeschlossenen und als Cirrus ausstülpbaren Endabschnitt des Samenleiters. Dieser erscheint unmittelbar vor seinem Eintritt in den Cirrusbeutel zu einer kugligen muskulösen Anschwellung aufgetrieben (Samenblase ?j , verläuft dann mehrfach geschlängelt in der Längsrichtung des Gliedes an der Rückenfläche und er- scheint in zwei Seitenilste gespalten. Dieselben nehmen die Ausführungskanälchen (vasa efferentia) der zarten Hodensäckchen auf, welche die Seitenpartien der Mittel- schicht erfüllen. Die weibliche Geschlechtsöfihung führt in eine unterhalb des Cirrus- beutels gelegene, häufig mit Samen erfüllte Vagina , welche als ziemlich gerader Canal median an der Bauchseite herabläuft und durch ein enges kurzes Canälchen in den Ausführungsgang des Keimstockes einmündet. Derselbe fungirt zugleich als Recepta- culum seminis. Nun kommt noch eine dritte Oeffnung in weitem Abstand von beiden obern hinzu, die Oeffnung des Uterus oder Fruchtbehälters, welcher als rosettenförmig gefalteter Schlauch in der Mitte des Gliedes eine eigenthümliche Figur ( Wappenlilie, Pallas) erzeugt. Nahe dem Hinterrande des Gliedes münden in den engen gewundenen Anfangstheil des Uterus (Knäuel) die Ausführungsgänge der Dotterstöcke und der Keim- stöcke zugleich mit den Zellen der Schalendrüse ein. Es liegen nämlich unterhalb der Uterusrosette, theilweise zwischen den hintern Seitenhörnern derselben die sog. Knäuel- drüse und zu deren Seiten die sog. Seitendrüsen (Eschricht). Die letztern sind nach Eschricht dieOvarien oder Keimstöcke, während sie R.Leuckart früher als Dotterstöcke deutete; die Knäueldrüse (Leuckart's Ovarium), ein Conglommernt birnförmiger Zellen, wird von Stieda, dem sich Landois und Sommer anschliessen, als Schalendrüse gedeutet. Die Eier entwickeln sich meist im Wasser und springen mittelst einer deckel- artigen Klappe am obern Pole der Eischale auf. Der ausschlüpfende Embryo trägt ein Flimmerkleid , mittelst dessen er eine Zeitlang im Wasser umherschwärmt. Später häutet er sich und wirft das Flimmerkleid in toto ab. Durch diese Ausstattung des Embryonalkörpers und den Aufenthalt desselben im Wasser wird es wahrscheinlich, dass die spätem Entwicklungsstadien in einem Wasserthier durchlaufen werden. Wie und in welchem Bewohner der mit 6 Häkchen bewaffnete Embryo zum Scolex wird, ist unbekannt, und die Frage nach dem Import dieses Bandwurms in den menschlichen Körper — trotz der Versuche Knochs, welche den Nachweis der directen üebertragung ohne Zwischenwirth praetendiien — nicht zur Entscheidung gebracht. B. cordatus Lkt. Mit grossem herzförmigen Kopf ohne fadenförmigen Halstheil, mit zahlreichen Ein- lagerungen von Kalkkörperchen im Parenchym, wird nur circa 3 Fuss lang, im Darm des Menschen und des Hundes in Grönland. B. prohoscideus , im Darm des Lachses. B. pnnctaius Rud., in Seefischen. Uebrigens gibt es Bothriocephalen, deren Eier mehrere Hüllen besitzen und schon beim Austritt aus dem weiblichen Körper einen fertigen aber unbewimperten Embryo enthalten. Schistocepihalus Crepl. Der gespaltene Kopf jederseits mit einer Sauggrube. Bandwurmleib gegliedert. S. solidus Crepl., lebt im geschlechtsi-eifen Zustand im Darm der Wassorvögel, unentwickelt in der Leibeshöhle vom Stichling. Triaenophorus Rud. Kopf nicht abgesetzt, mit 2 schwachen Sauggruben und mit 2 Paar dreizackigen Haken. Der Leib entbehi-t der äussern Gliederung. Genitalöffnungen randständig. 1'. nodnlosus Rud., im Hechtdarm , unreif in Kapseln der Leber von Cyprinus. 3. Fam. Ligulidae {Pseudophyllidae). Ohne oder mit nur 2 schwachen Sauggruben, bald mit Haken, bald ohne Haken. Der Bandwurm kurzgeringelt, jedoch mit Wiederholung des Geschlechtsapparats. Leben in Knochenfischen und im Darm von Vögeln. Ligida Bloch. Körper bandförmig, kurzgeringelt. L. simplicissima Rud., in der Leibeshöhle von Fischen und im Darm von Wasservögeln. L. Proglottis G. Wag., im Dickdarm von Scymus. Männliche Geschlechtsöffnung marginal. L. tuba v. Sieb., im Darm derSchleihe. Nach Don n adieu 's Untersuchungen an Ligula entwickelt sich aus dem von einer kalkigen Chitinschale umschlossenen Ei ein sechshakiger Embryo, welcher den Deckel der Eischale sprengt und mit Wimpern bekleidet, in den Darm von Süsswasserfischen Tetrarhynchidae. Tetraphyllidae. Caryophyllaeidae. Amphilinidae, 393 einwandert. Von da gelangt er in die Leibeshöhle und wächst unter allmähliger Streckung und Ringelung, sowie nach Bildung zweier Haftgruben direct zum Cestoden mit Geschlechtsanlagen aus. Diese erzeugen jedoch erst nach Uebertragung der Ligula in den Darm eines Wasservogels Geschlechtsproducte. Die bläschenförmigen Hoden sollen ihren Inhalt in die Lacunen des Parenehyms entleeren, aus denen derselbe in die offenen »Sanienschläuche« gelangt. Die in zwei Ovarien entstehenden Eier würden in einem ballonförmigen Uterus eintreten , befruchtet und mit einer Schale bekleidet, um durch die mediane üterusöft'nung am obern Rande eines jeden Gliedes auszutreten. 4. Fam. Tetrarhynchidae. Kopf mit 4 vorstülpbaren , Widerhaken tragenden Rüsseln. Geschlechtsöffnungen randständig. Leben im Jugendzustand eingekapselt in Knochenfischen , als geschlechtliche Bandwürmer im Darm der Haie und Rochen. Li der Schwimmblase eingeschlossene Scolices wurden als Arten der Genus Anthncephalus Rud. {Floriceps Cuv.) beschrieben. Tetrarhynchus Cuv. T. lingualis Cuv. , lebt als Jugendzustand im Schollen , ausgebildet im Darm von Galeus, Spinax, Eaja. T. tetra- bothrium Van Ben. 1\ longicoUis, minutus Van Ben. u. a. A. 5. Fam. Tetraphyllidae. Kopf mit vier sehr beweglichen Sauggruben, welche meist als selbstständige Abschnitte zur Sonderung kommen und oft mit Haken und Chitinstützen bewaffnet sind. Leib gegliedert, Proglottiden abstossend. Geschlechts- ötfnungen randständig, leben in Haifischen. 1. Subf. Phyllobothridae. Saugnäpfe ohne Haken und Stacheln. Echineibothrium Van Ben. Die vier langgestilten Saugnäpfe durch Querleisten wie gefenstert. E. mini- mum , im Darm von Trygon und Baja , werden durch Gammarinen importirt. Fhyllo- bothrium Van Ben. Die vier Sauggruben sessil, am äussern Rand gekerbt, sehr beweglich und gekräuselten Blättern ähnlich. P. lactuca Van Ben. , im Darm von Mustehis vul- garis, P. ihr idax Y&n Ben., im Darm von Squatina angehis. Eingekapselte Phyllo- bothrien sind in Delphinen gefunden. Anthobothrium V'an Ben. Die vier Sauggruben kelchförmig ausgehöhlt , auf langem protraktilen Stil. A. cormicopia Van Ben. , im Darm von Galeus cani gemein. A. musteli Van Ben., im Darm verschiedener Haie. 2. Subf. FhyUacanthinae. Saugnäpfe mit je 2 oder 4 Chitinhaken bewaffnet. Acanthobothrium Van Ben. Jede Sauggrube ist mit zwei, an ihrer Basis vereinigten, an ihrer Spitze zweizinkigen Haken bewaffnet. A. coronatum Rud. Dujardinii Van Ben. , in Haien und Rochen. Calliobothrium Van Ben. Jeder Saugnapf mit zwei Paar einfachen Haken, durch flache Leisten in 3 Querfächer abgetheilt. C. verticillatum Rud., in Haien. C. Eschrichtii, Leuckartii Van Ben. Onchobothrium Blainv. Jeder Saugnapf mit 2 einfachen, einer hufeisenförmigen Platte aufsitzenden Haken. 0. uncinatuni Rud., in Haien. Hier scliliessen sich die wohl als Familie zu sondernden Diphyllideen mit der Gattung Echinobothrium Van Ben. an, deren Kopf 2 Saugscheiben mit ebensoviel be- waffneten Stirnzapfen trägt, und deren Hals mit Stacheln besetzt ist. E. typus Van Ben., in Raja. 6. Fam. Caryophyllaeidae. Körper gestreckt und ungegliedert, mit gefranztem Vorderrande, ohne Haken, mit 8 geschlängelten Längsstämmen des Excretionsapparats. Geschlechtsapparat einfach, ohne Metamerenbildung. Entwicklung eine vereinfachte Metamorphose. Der Wurmkörper scheint den Scolex sammt Proglottis zu repräsentiren. Caryophyllaeus Rud., C. mutabilis Rud., Nelkenwurm im Darm der Gyprinoiden. Die Jugendform lebt vielleicht in Tubifex riculorutn, falls der von D'Udekem beobachtete Helminth dieselbe vorstellt. In diesem Wurme lebt aber noch ein zweiter schon von Ratzel beobachteter und jüngst von R. Leuckart näher unter- suchter Parasit, der sich als geschlechtsreifer (freilich noch mit einem die Embryonal- häkchen tragenden Anhang, Ammenkörper behaftet) Cestod erwiesen hat. Archigetes Sieboldii Lkt. Mit 2 schwachen Sauggruben und Schwanzanhang. 7. Fam. Amphilinidae. Körper oval I>lattförmig, Trematoden-ähnlich, mit einem Saugnapf am vordem Körperpol. Männlicher Geschlechtsapparat dem der Bothrio- 394 2. Ordnung. Trematodes. cephaliden ähnlich. Dotterstöcke mehr an die Trematoden anschliessend. Amphilina ' ) G. Wag. Vorn ein retraktiler Saugnapf. Rand des Körpers bauchwärts umschlagbar. Männliche Geschlechtsöffnung am hintern Körperende. Der Uterus mündet in der Nähe des Saugnapfs, die Vagina mehr seitlich, dem hintern Körperende genähert. A. foliacea Rud. Lebt in der Leibeshöhle von Accipenser. Amphiptijches Gl. Wag. {Gyrocotyle Dies.) Vorn ein undurchbohrter Saugnapf. Rand des Körpers krausenartig gefaltet. A. urna G. Wag., im Darm der Chimaera. 2. Ordnung. Trematodes 2) , Saugwiirmer. Parasitische solitäre Flattwürmer mit ungegliedertem, meist blatt- förmigem, selten cylindrischem Körper, mit Mundöffnung und gahlig gespal- tenem Darmcanal, ohne Afteröffnung , oft mit bauchständigem Haftorgan. Man Jiat die Trematoden, deren Bezeichnung dem Vorkommen einer oder mehrerer Haftgruben entlehnt ist, morphologisch den Proglottiden der Taenien an die Seite gestellt und als höher organisirte, mit Mund, Darmcanal und selbstständigen Befestigungsapparaten versehene Proglottiden betrachten zu können geglaubt. Richtiger geht man , um beide Platodengruppen auf ein- ander zurückzuführen, von Cestoden, wie Caryophyllaens aus, bei welcher die Gliederung des Leibes unterblieben ist und die Ausstattung mit Mund, Darm und einfachem Geschlechtsapparat unmittelbar zu der Organisation eines Saug- wurmes führen würde, wie denn auch in der That ähnlich organisirte Formen, wie Amphilina {Monostomum foliacenm) und AmphiptycJtes, als Verbindungs- glieder zwischen beiden Ordnungen da stehen. Unter solchen Verhältnissen ist es begreiflich, dass man über die Zugehörigkeit derartiger Zwischenformen zu der einen oder andern Ordnung verschiedener Ansicht sein kann. So wird 1) Vergl. ausser G. Wagener 1. c. W. Salenskj^, Ueber den Bau und die Ent- wicklungsgeschichte der Amphilina. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXIV. 1874. 2) A. V. Nord mann, Mikrographische Beiträge zur Kenntniss der wirbellosen Thiere. Berlin. 1832. C. G. Carus, Beobachtung über Leucochloridium paradoxum etc. Nov. Act. vol. XVII. 1835. De Filippi, Memoire pour servir ä l'histoire genetique des Trematodes. 1. 2. 3. 1853—57. Moulinie, Resume de l'histoire du developpement des Trematodes. Mem. Institut Genevois. 1855. Pagen^techer. Trematodenlarven und Trematoden. Heidelberg. 1857. G. Wagener, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Eingeweidewürmer. Haarlem. 1857. Derselbe, Ueber Gyrodactylus elegans. MüUer's Archiv. 1860. Diesing, Revision der Myzelminthen. Wiener Sitzungsberichte. 1858. 1859. Van Beneden, Memoire sur les vers intestinaux. Paris. 1861. Van Beneden et Hesse, Recherches sur les Bdelloides ou Hirudinees et les Trematodes marins. 1863. R. Leuckart, Die menschlichen Parasiten. I. Bd. 1863. Stieda, Ueber den angeblichen Innern Zusammenhang der männlichen und weiblichen Organe bei den Trematoden. Müller's Archiv. 1871. Blumberg, Ueber den Bau des Amphistoma conicum. Dorpat. 1871. V. Willemoes-Suhm, Helminthologische Notizen. Zeitschrift für wiss. Zoologie. 1869. 1870 und 1873. E. Zeller, Untersuchungen über die Entwicklung und den Bau von Polystoraa integerrimum. Derselbe, Untersuchungen über die Entwicklung des Diplozoon paradoxum. Ebendas. Tom. XXII. 1872. Derselbe, Ueber Leucochloridium paradoxum und die weitere Entwicklung seiner Distomumbrut. Ebendas. Tom. XXIV. Ch. S. Minot, On Distomum crassicoUe. Memoirs of the Boston Society of Natural History. Boston. 1878. Danncanal. Nervensystem. 395 Amphilina, deren Saugnapf an den vordem Saugnapf der Trematoden erinnert, wegen der Beziehungen, welche die Organisation dieses Parasiten (insbesondere der männliche Geschlechtsapparat) zu den Bothriocephaliden bietet, von G. Wag euer und Salensky als Gestode betrachtet, während Grimm und andere denselben ebenso wie Amphiptydics zu den Trematoden stellen. Der im Zusammenhang mit der höhern Organisation entschiedener in- dividualisirte Leib streckt sich nicht mehr zu der bedeutenden Länge des Bandwurmkörpers, bleibt meist kurz und oval und entbehrt stets der Glie- derung. Auch hier ist die Grundsubstanz eine zellige Bindegewebsmasse , die oft den grössten Theil des gesamraten Körpers ausmacht und in manchen Fällen, z. B. bei Distomiim liepaticmn , aus grossen dichtgedrängten Zellen besteht. Die Haut und deren Muskelschlauch zeigt eine ähnliche Beschaffen- heit wie bei den Gestoden, an manchen Stellen finden sich in derselben noch flaschenförmige einzellige Hautdrüsen im vordem Körpertheile und besonders am Mundsaugnapfe dichter angehäuft. Am vordem Pole des meist platten , oval gestreckten Leibes liegt die Mundöffnung, in der Regel im Grunde eines kleines Saugnapfes, des eben er- wähnten Mundsaugnapfes. Dieselbe führt in einen musculösen Pharynx mit mehr oder minder verlängerter Speiseröhre, welche sich in den gabiig getheilten, häufig verästelten Darmcanal fortsetzt. Beide Schenkel desselben enden blind geschlossen und sind mit einem Epitel ausgekleidet. Auch erscheint in ein- zelnen Fällen die Darmwand contractu und dem entsprechend wohl auch mit Muskelfasern überkleidet. Der Excretionsapparat besteht aus einem die Gewebe durchsetzenden Netzwerk feiner Gefässe und aus zwei grössern seitlichen Stämmen, welche mittelst einer gemeinsamen contractilen Blase am hintern Pole ausmünden. Der Inhalt desselben ist auch hier eine wässrige, von körnigen Con- cretionen durchsetzte Flüssigkeit, ein wahrscheinlich dem Harne höherer Thiere analoges Excretionsproduct. Blutgefässe und Bespirationsorgane fehlen durch- aus. Dagegen wurde das Nervensystem als ein dem Schlünde aufliegendes Doppelganglion beschrieben , von welchem ausser mehreren kleinem Nerven zwei nach hinten verlaufende Seitenstämme austreten. Leider sind diese Gebilde histologisch noch keineswegs überall als Ganglien und Nerven sicher gestellt, wie besonders neuere Untersuchungen über Polystomeen gezeigt haben, in welchen es nicht gelang, die Nervencentren aufzufinden. Äuyenflecken mit lichtbrechenden Körpern kommen zuweilen in jugendlichen, auf der Wan- derung begriffenen Entwicklungsformen vor. Zur Locomotion dienen neben dem Hautmuskelschlauche die als Sauggruben und Klammerhaken auftretenden Haft Organe , deren Zahl , Form und Anordnung sehr zahlreiche Modificationen bietet. Im Allgemeinen richtet sich die Grösse und Ausbildung der Haftorgane nach der Lebensweise und besonders nach dem endoparasitisclien oder ecto- parasitischen Aufenthalt. Die Bewohner innerer Organe besitzen minder ent- wickelte Klammerorgane, gewöhnlich neben dem Mundsaugnapf einen zweiten grossem Saugnapf auf der Bauchfläche, bald in der Nähe des Mundes, Disto- mum, bald an dem entgegengesetzten Körperpole, Amphistomiwi. Indessen kann dieser grössere Saugnapf auch fehlen, Monostomum. Die ectoparasitischen Polystomeen zeichnen sich dagegen durch eine weit kräftigere Bewaffnung aus, 396 Geschlechtsorgane. Entwicklung durch Generationswechsel. indem sie meist ausser zwei kleinern Saugnäpfen 7AI den Seiten des Mundes eine oder auch zahlreiche grosse Sauggruben am hintern Körperende besitzen, die überdies noch durch Ghitinstäbe gestützt sein können. Ferner kommen oft Chitinhaken, besonders häufig zwei grössere Haken zwischen den hintern Saug- näpfen in der Mittellinie hinzu. Die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane sind mit seltenen Aus- nahmen in dem Körper desselben Individuums vereinigt, hi der Regel liegen die beiden Geschlechtsöffnungen nicht weit von der Mittellinie der Bauchfläche neben oder hinter einander, dem vordem Körperende ziemlich genähert. Auf die männliche Geschlechtsöffnung folgt der Cirrusbentel, ein das vorstülpbare Endstück (Girrus) des Samenleiters umschliessender Sack , dann der in zwei Aeste getheilte Samenleiter und zwei grosse einfache oder mehrlappige Hoden. Das vermeintliche dritte Vas deferens, das nach v. Siebold von einem Hoden zum weiblichen Geschlechtsapparate verlaufen und eine directe Befruchtung ohne Begattung vermiltlen sollte, ist von Stieda als Scheide (Laurer'scher Ganal) erklärt worden, welche auf der Rückentläche nach aussen mündet, mit den Hoden aber in gar keinem Zusammenhang steht. Indessen ist bei manchen Formen {Pohistonmni) neben dem einfachen oder doppelten Begattungscanal ein solclier Verbindungsgang mit Sicherheit nachgewiesen. Die weiblichen Geschlechtstheile bestehen aus einer mehrfach geschlängelten Scheide, die zu- gleich als Fruchtbehälter dient, und aus den Eier-bereitenden Drüsen, welche wie bei den Cestoden in einen Keimstock und zwei Dotterstöcke, meist noch mit besonderer Schalendrüse, zerfallen. Die erstere, das eigentliche Ovarium, erzeugt die primitiven Eizellen und liegt als rundlicher Körper in der R.egel vor den Hoden, die letzteren erfüllen als vielfach verzweigte Schläuche die Seitentheile des Körpers und secerniren die Dotterballen. Diese begegnen im Räume der sogenannten Schalendrüse den primitiven Eizellen und gruppiren sich in grösserer oder geringerer Zahl um die einzelnen Eikeime, um noch von starken wahrscheinlich durch das Secret der Schalendrüse erzeugten Hüllen umschlossen zu werden. Vor der Ablagerung der Schale scheint die Befruchtung stattzufinden , da sich im Räume der sogenannten Schalendrüse (Octyp) oder in einem mit demselben verbundenen lleceptaciilum semiiiis Samenfäden finden. In dem Verlaufe des Fruchtbehälters häufen .sich die Eier oft in grosser Menge an und durchlaufen bereits die Stadien der Embryonal- bildung im mütterlichen Körper. Die meisten Trematoden legen Eier ab, nur wenige sind lebendig gebärend. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen entweder (die meisten FolysioDicen) die Form und Organisation der Eitern , oder durchlaufen einen complicirten, mit Metamorphose verbundenen Generationswechsel (Distomeen). Im erstem Fall sind die Eier von bedeutender Grösse und werden an dem Aufenthaltsorte der Mutter befestigt. Im letztem Falle gelangen die relativ kleinen Eier an feuchte Plätze, meist ins Wasser; die contractilen , entweder nackten oder be- wimperten Embryonen schlüpfen nach kürzerer oder längerer Zeit aus und suchen sich auf dem Wege selbstständiger Wanderungen ein neues Wohnthier auf In der Regel ist es eine Schnecke, in deren Inneres sie eindringen, um nach Verlust der Wimperhaare zu einer weitern Stufe der Entwicklung vor- Sporocysten. Redien. Cercarien. 397 zuschreiten. Meistens besitzen sie bereits Anlagen des Wassergefässsystemes, seltener zugleich eine Sauggrube mit Mundöffnung und Dannschlaucli. In dem neuen Träger wachsen die eingeführten Embryonen zu einfachen oder verästelten Keimschläuchen aus, zu Sporocysten (ohne Mund und Darm) oder Realen (mit Mund und Darm) , deren in Zellballen ^) aufgelöster (?) hihalt sich zu einer neuen Generation von Würmern umgestaltet. Die Keimschläuche er- zeugen als »Ammen« durch Keimkörner oder Sporen die Generation der ge- schwänzten Cercarien , oder auch als Grossammen ^) eine Tochterbrut von Keimschläuchen, welche letztere dann erst die Ammen der Cercarien werden. Diese in früherer Zeit irrthümlicli für selbstständige Thierarten ausgegebenen Cercarien sind nichts anderes, als die Distomecnlarven, die oft erst nach einer zweimaligen activen und passiven Wanderung an den Aufenthaltsort der Geschlechtsthiere gelangen. Mit einem äusserst beweglichen Schwanzanhang, häufig auch mit einem Kopfstachel, sowie hier und da mit Augen ausgestattet, zeigen sie in ihrer übrigen Organisation bis auf den Mangel der Geschlechts- organe bereits eine grosse Uebereinstimmung mit den ausgebildeten Distomeen. hl dieser Form verlassen dieselben selbstständig den Leib ihrer Amme (durch eine Geburtsöffnung der Redie austretend) und des Ammenträgers und bewegen sich theils kriechend, theils schwimmend im Wasser umher. Hier finden sie bald ein neues Wasserthier (Schnecke, Wurm, hisectenlarve, Krebs, Fisch, Batrachier), in dessen Gewebe sie, unterstützt durch die Bohrbewegungen des kiäftig schwingenden Sciiwanzanhanges eindringen und nach Verlust des letztern eine Cyste im Um-. reis ihres Körpers ausscheiden. Die Gercarienbrut aus dem hinern der Schnecke zerstreut sich so auf zuhlieiche Thiere, und aus den geschwänzten Cercarien werden encystirte junge geschlechtslose Distomeen , die erst auf passivem Wege mit dem Fleisch üjres Trägers in den Magen eines anderen Thieres und von da, ihrer Cyste befreit, in das bestimmte Organ (Darm, Harnblase etc.) gelangen, in welchem sie sich zur Geschlechts- reife ausbilden. Wir haben somit in der Regel drei verschiedene Träger zu unterscheiden, deren Organe die verschiedenen Entwicklungsstadien der Distomeen (Keimschlauch, encystirte Form, Geschlechtsthier) beherbergen. Die Uebergänge von dem einen in das andere werden theils durch selbstständige Wanderungen (Embryonen, Cercarien), theils durch passive Uebertragung (encystirte Jugend form) vermittelt. Indessen können in einzelnen Fällen Ab- weichungen von dem allgemeinen Bilde des Entwicklungscyclus eintreten, so- wohl Complicationen als Vereinfachungen. Die Embryonen von Motiostomum ßavuin und mutahde verlieren mehr als die Wimperhaare, um in den Keim- schlauch überzugehn, verhalten sich vielmehr zu demselben ähnlich wie die Pluteuslarven zum Echinoderm. Sie tragen bereits den spätem Keimschlauch wie »einen constanten Parasiten« in ihrem Körper, welcher in der Schnecke angelangt, mit Wimperhaaren, Augenflecken, Tastwärzchen und Excretions- organen bis auf den centralen Keimschlauch zu Grunde geht. In andern 1) Der Bildungs Vorgang- dieser Keime bedarf einer näheren Untersuchung. 2) Bei Cercaria ci/stojihora aus Planorbis marginatus sind nach G. Wagen er die Grossammen Sporocysten, die Ammen Bedien. 398 Vereinfachung der Entwicklung. Erklärungsversuch. Fällen vereinfacht sich umgekehrt der Entwicklungsgang durch Ausfall des zweiten Zwischenträgers mit der encystirten Jugendform der Distomeen. Dann wandern entweder wie die von den Ammen erzeugten Gercarien direkt in den Träger des Geschlechtsthieres (wie Cercaria macrocerca aus Sporocysten an den Kiemen von Pisidium und Gyclas in die Harnblase des Frosches, um hier zu Distomum cijgnoides zu werden) , oder die ausgewanderten Gercarien kapseln sich an Pflanzen ein, oder es entbehrt die Brut der Keimschläuche von vornherein des Schwanzanhangs und repräsentirt die auf eine passive Ein- wanderung in den spätem Träger angewiesenen jugendlichen Distomeen, welche ohne Encystirung zum Geschlechtsthiere werden. Dieser Fall trifft, wie jüngst Zell er nachgewiesen hat, für die Distomumbrut des merkwürdigen Leuco- chloiidium (in dem Fühler der Bernsteinschnecke) zu. Dieselbe entbehrt des Gercarienschwanzes und besitzt die Gestalt von jugendlichen Distomeen mit den Anlagen der Geschlechtsorgane und einer dünn geschichteten Haut als Ersatz der hinwegfallenden Gyste. Insektenfressende Vögel nehmen mit den wurmartigen Fühlern der Bernsteinschnecke einen Theil des Leucochloridiums und dessen junge Distomumbrut auf, welche im Darm der neuen Träger zu dem Distomum macrostomum {Jiolostomum der Ralliden) auswächst. Nun gibt es auch uneingekapselte junge Distomeen, welche an ihrem Aufenthalts- orte nie geschlechtsreif werden , wie kleine Distomeen in der Linse und dem Glaskörper höherer Thiere und dem Gallertgewebe der Goelenteraten , und umgekehrt sind Fälle beobachtet {Gaster ostomum gracilescens in Gysten des Schellfisches, Distomum agamos der Gammarinen, dass eingekapselte Distomeen geschlechtsreif wurden und — wahrscheinlich erst nach langem Aufenthalt und eingetretener Selbstbefruchtung — Eier producirten. Endlich ist das Vorkommen von marinen Gercarien ^) der Gattung Disto- mum hervorzuheben, welche einem Rattenkönig vergleichbar, an dem knopfför- migen verdickten Ende ihrer mächtig entwickelten Spirillenähnlich beweglichen Schwänze untereinander zusammenhängen und wie kuglige Klümpchen lebhaft schwingender Fäden frei im Meerwasser schwimmen. Dieselben werden von schlauchförmigen Redien in marinen Gastropoden erzeugt, um wahrscheinlich nach ihrer Trennung in die Gallertsubstanz von Medusen, Siphonophoren, Rippenquallen etc. einzuwandern und zu den kleinen hier so verbreiteten geschlechtslosen Distomeen zu werden. Der Generationswechsel der Distomeen, deren Abstammung wahrscheinlich aufPlanarien-ähnlicheTurbellarien zurückzuführen ist, dürfte phylogenetisch in anderer Weise wie beispielweise der Generationswechsel der Medusen zu erklären sein. Keimschläuche und in gleicher Weise Gercarien werden wir nicht als ur- sprüngliche, sondern erst als .secundäre, vereinfachte Anpassungsformen be- trachten müssen. Die Sporocysten und Redien, nach Form und Organisation weit hinter den Geschlechtsthieren zurückgeblieben, brachten die Geschleciitsanlage als Zellen des Ectoderms (vielleicht eine Art Pseudovarium) zur besondern Entwicklung und Thätigkeit und wurden zu monogener Brutzeugung aus dem 1) Nach eigenen noch nicht veröffentlichten Beobachtungen aus dem Aquarium in Neapel. 1. Unterordnung. Distomeae, 399' mächtig wuchernden Keimzellenlager befähigt, während die Brut dem Organis- mus der Geschlechtsthiere näher tretend, vorübergehende, dem Bedürfnisse der Entwicklung entsprechende Organe ausbildete. Jedenfalls ist dieser Erklärungs- versuch, zumal im Anschluss an die Cestodenentwicklung, weit naturgemässer als die Annahme, dass einmal der Brutschlauch die primäre geschlechtlieh entwickelte Form war oder doch der Stammform näher stand, als der Oiganis- mus des Distomeen. I.Unterordnung. Distomeae')? Distomeen. Saugwürmer mit höchstens zwei Sauggruben, ohne Hakenbewaffnung, welche in Innern Organen schmarotzen und sich mittelst Generationswechsel entwickeln. Die Ammen und Larven leben vorzugsweise in Mollusken, die ausgebildeten Geschlechtsthiere im Darmkanal der Vertebraten. Einzelne Arten der Gattungen Monostomum und Distomum bilden im Zusammenhang mit der Arbeitstheilung des Geschlechtslebens dimorphe Formen aus , indem die einen Individuen lediglich den männlichen , die anderen aus- schliesslich den weiblichen Geschlechtsapparat zur Entwicklung bringen und dem entsprechend Samen oder Eier erzeugen. Wahrscheinlich erfährt als- dann die Anlage des nicht fungirenden Geschlechtsorganes eine mehr oder minder tiefgreifende Rückbildung. Solche Distomeen sind zwar der morpho- logischen Anlage nach Zwitter, thatsächlich jedoch getrennten Geschlechts. Leider ist die vollständige Biologie und Entwicklungsgeschichte nur für wenige Arten , welche durch sämmtliche Entwicklungsstadien ,verfolgt werden konnten, ausreichend festgestellt. In vielen Fällen und zu diesen gehören gerade die in Hausthieren und im menschlichen Körper vorkommenden Distomeen , sind bislang neben den Geschlechtsthieren nur die aus den Eiern gezogenen Embryonen und Wimperlarven bekannt geworden. 1. Farn. Monostomidae. Von ovaler gestreckter mehr oder minder rundlicher Form, mit nur einem Saugnapf am Vorderende im Umkreis des Mundes. Monostomum Zeder. Saiignapf im Umkreis des Mundes, Pharynx kräftig. Geschlechts- öffnungen ni;r wenig vom Vorderende entfernt. M. mutabile Zeder, in der Leibeshöhle und Augenhöhle verschiedener Wasservögel, lebendig gebärend. M. flavum Mehlia, in Wasservögeln, entwickelt sich aus Cercaria ephemera der Planorbis. M. aitenuatum Rud., im Darm der Ente und des Sägers. M. lentis v. Nordm., Jugendliche Form ohne Geschlechtsorgane in der Linse des Menschen. M. faba Brems. , unter der Haut der Singvögel. M. bipartitum Wedl. , paarweise in Cysten , das eine Individuum vom lappigen Hinterleib des andern umwachsen, Kiemen des Thunfisches. 2. Farn. Holostomidae. Vorderkörper köpf- oder scheibenförmig abgesetzt, mehr oder minder verbreitert, bauchwärts grnbenförmig eingezogen, ausser dem Mundsaug- napf mit einem zweiten mittlem Saugnapf bewaffnet. Die Mündungen der Eierbehalter liegen am Hinterende, Entwicklung vielleicht ohne Generationswechsel. Diplostomum v. Nordm. Vorderkörper scheibenförmig verbreitert, saugnapf- ähnlich vertieft. Die männlichen Geschlechtsorgane sollen mitten an der Bauchseite münden. Hinterleib walzenförmig mit terminalen Forus. Die kleinere vor dem 1) Vgl. ausser den Schriften von Dujardin, Creplin, v. Siebold, G. Wagener, De la Valette. Zeller etc. Linstow, Zahlreiche Abhandlungen im Archiv für Natur- geschichte, desgleichen die Abhandlungen von Villot, Leidig, Cobbold. 400 Distomidae. mittleren grossen Saugnapf gelegene Grube dürfte zur Geschlechtsmündung gehören, D. grande Dies. Im Darm des amerikanischen Silberreihers. Zahlreiche von v. Nord- mann als Diplostomumarten beschriebene Formen leben im Glaskörper sowie in der Linse von Fluss- und Seefischen und sind geschlechtlich noch unentwickelt. Wahr- scheinlich gehören dieselben als Jugendformen zu Holostomum. Holostomum^) Nitzsch. Vorderkörper rundlich aufgetrieben, sauggrubenähnlich ausgehölt. Hinterkörper etwas verschmälert, drehrund, wenig abgeflacht. Weibliche Geschlechtsöflfnung am hintern Körpei'ende, nach Wedl auch die männliche (?). Leben im Darm der Wasservögel, selten der Amphibien und Fische. H. sphaernla Duj., im Darm des Huhnes. H. variabüe Nitsch. , in den Eingeweiden des Wanderfalken und Fischreihers. Hemiatomiim Dies. Vorderkörper kopfartig abgesetzt, einen Saugnapf ähnlich eingebogen , mit eingeschlagenen Seitenrand. Mittlerer Saugnapf von mächtigen Auf- treibungen der beiden Hoden umgrenzt. Geschlechtsöffnungen am Hinterende. H. cor- datum Dies. Darm der wilden Katze. H. pedntum Dies., aus Didelphys. H. trilobum Dies., Cormoran. 3. Fam. Distomidae. Körper lanzetförmig, häufig verbreitert, seltener lang- gezogen und rundlich, mit einer mittlem grossen Sauggrube. Vor derselben die beiden Geschlechtsöffnungen meist dicht nebeneinander. Distomum. Mittlere Sauggrube der vordem genähert. J). /«epatiCMm L., Leberegel. Mit kegelförmigem Vorderende und zahlreichen stachelartigen Höckex'chen an der Ober- fläche des breiten blattförmigen Körpers, c. 30 mm. lang. Lebt in den Gallengängen des Schafes und anderer Hausthiere und erzeugt die sog. Leberfäule der Heerden. Auch im Menschen kommt der Wurm gelegentlich vor und dringt sogar in die Pfort- ader und in das Gebiet der Hohlvene ein. Der langgestreckte Embryo entwickelt sich erst nach längerm Aufenthalt des Eies im Wasser, hat einen continuirlichen Wimper- überzug mit einem xförmigen Augenfleck. Ueber die Ammen- imd Cercarienfomi ist ebensowenig etwas Näheres bekannt, als üVjer den Zwischenträger und über die Art der Uebertragung. Vemiuthirngs weise hat man die Treutier 'sehen Hexathyridien als junge Leberegel gedeutet. D. erassum Busk. , im Darm der Chinesen, von 1 — 2 Zoll Länge und '/2 Zoll Breite, ohne Stachelhöckerchen , mit einfachen schlauchförmigen Darmschenkeln, nach Cobbold vielleicht durch Austern übertragen. Jj. lanceolatum Mehlis. Körper lanzetförmig langgesteckt, 8 — 9 mm. lang, lebt mit D. hepaticum an gleichem Ort. Der Embryo entwickelt sich erst im Wasser, ist birnförmig und nur an der vordem Hälfte bewimpert, trägt auf dem zapfenförmig vorsi)ringenden Scheitel einen stiletförmigen Stachel. D. ophthalmobium Dies. Eine als Art zweifelhafte Form, von der nur 4 Exemplare in der Linsenkapsel eines 9monatlichen Kindes beobachtet worden sind. D. heterophyes v. Sieb. Bilh. Körper oval, vorn zugespitzt, nur 1 — 1,5 mm. lang, im Darm des Menschen in Aegypten. D. goliath Van Ben., 80 mm. lang, in Pterobalaena. Distomum elavigerum Van Ben., im Darm des Frosches mit Cercaria ornata aus Flanorhis. D. retusum Rud. = endolobum Duj., ebendaselbst mit Cercaria armata aus Sporocysten in Limnaeus und Planorbis. Die auswandernde Cercarie kapselt sich in Neuropterenlarven ein. D. cygnoides Zed. , mit dicht am Mundsaugnapf anliegenden Pharynx, in der Harnblase des Frosches. Der bewimperte Embryo wird an den Kiemen von Cyclas zur Grossamme und erzeugt hier Sporocysten. Diese produciren die in den Frosch direct einwandernde Cercaria macrocerca. D. globiporum, im Darm des Frosches mit Sporocysten an den Kiemen von Cyclas und Pisidium. D. miliiarc Van Ben. -=^ echiniferum Paludinae , im Darm der Ente und mehrerer Wasservögel mit Cercaria echinifcra der Paludina. D. echinatum Van Ben., im Darm der Ente, aus Cercaria Limnaei. D. tereticolle Zed., im Hecht. 1) Vergl. Wedl, Sitzungsberichte der K. Acad. d. Wiss. Tom. XXVL Grasterostamidae 2. Unterordnung. Polystoraeae. 401 Einen zurückziehbaren Schwanz haben folgende unter der Collectivbezeichnung (D. appendiculatum) zusammengefassten Arten : Distomum ventricosum Rud. , im Magen von Clupeideen. D. excisum ßud. , ini Magen von Scomber. D. toniatum Rud., im Magen von Coryphnena. D. rufoviride Rud., im Magen von Conger. Distomum filicolle Rud. (D. Okeni Köll.) findet sich paarweise in Schleimhaut- einsackungen der Kiemenhöhle von Brama Baji. Das eine Individuum ist drehrund, schmal und männlich entwickelt, das andere in der mittlem und hintern Leibesgegend sackförmig aufgetrieben und mit Eiern erfüllt. Vielleicht rührt die ungleichmässige Ausbildung beider Individuen daher, dass die Begattmig keine Wechselkreuzung war, sondern nur zur Befruchtung des einen Individuums führte, welches nun seine weib- lichen Geschlechtsfunktionen entfalten konnte. D. haematobhwi Bilh. v. Sieb. =. Bilharzia Cob., Gynaecophorus Dies. Körper langgestreckt, getrennt geschlechtlich. Das Weibchen schmächtig, cylindrisch. Das Männchen mit starken Saugnäpfen und rinnenför- mig umgeschlagenen Seitenrändern, welche gewisserniassen einen canalis gynaecophorus zur Aufnahme je eines Weibchens bilden. Leben paarweise vereint in der Pfortader, Milz, Darm- und Harnblasenvenen des Menschen in Abyssinien. Die Embryonen sind nach Cobbold bewimpert imd besitzen ein ansehnlich entwickeltes Wassergefässsystem. Durch die in die Schleimhautgefässe der Harnleiter, Harnblase und des Dickdarms abgesetzten Eier- massen werden Entzündungen erzeugt, die oft Haematurie zur Folge haben. Wohl die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung ägyptischen Stammes (Fellah und Kopten) leidet an diesem endemischen Uebel. Bhopalophorus Dies. Mit 2 stachelbesetzten retraktilen Rüsseln neben dem Mund- saiignapf; sonst mit Distomum übereinstimmend. Bh. coronatus Dies., in Didelphys. Amphistomxim Rud. [Diplodisciis). Der Bauchsaugnapf ist an das hintere Ende gerückt und tief grubenfönuig ausgehöhlt. A. subclavatum Nitsch., im Dickdarm des Frosches mit Cercaria diplocolylea als Jugendform. A. conicum Rud., im Rind. 4. Fam. Gasterostomidae. Mundsaugnapf in der Mitte der Bauchfläche, mit einfachem contraktilen Darmschlauch. Saugscheibe am Vorderende. Porus des excre- torischen Stammes und Geschlechtsöffnungen am Hinterende. Gasterostomum v. Sieb. Am Vorderrand des vordem flachen Saugnapfes finden sich contractile Fortsätze. Geschlechtsöffnung am Hinterende. G. fimbriatiim v. Sieb., im Darm des Hechtes, Aales etc., auch eingekapselt bei Cyprinus, entwickelt sich vielleicht aus Bucephalus polymorphu-i. Andere Gasterostomumarten, auch solche ohne Zäpfchen am Mundsaugnapf, leben im Darm von Conger und anderen Seefischen. 2. Unterordnung. Polystomeae , Polystomeen ^). Saugwürmer mit zwei kleinen seitlichen Sauggruben am Vorderende und einer oder mehreren hintern Saiignäpfen, zu denen häufig noch Hakenbewaff- nungen, vornehmlich am hintern Körperende hinzukommen. Als solche sind sehr allgemein zwei grosse Chitinhaken zwischen den Seitennäpfen hervorzu- heben. Ausnahmsweise kommen auch quere Borstenreihen vor {Tristomuin 1) Vergl. ausser Diesing, Van Beneden, Willemoes-Suhm, E. Zeller, Stieda u. a.: E. Zell er. Weiterer Beitrag zur Kenntniss der Polystomeen. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. XXVII. 1876. Wierzejski, Zur Kenntniss des Baues von Calicotyle Kroyeii. Dies. Ebendas. Tom. XXIX. 1877. C. Vogt, lieber die Fort- pflanzungsorgane einiger ectoparasitischer mariner Trematoden. Ebendas. Tom. XXX. Supplementband. 1878. L. Lorenz, üeber die Organisation der Gattungen Axine und Microcolyle. Arbeiten aus dem zool. Institut. Tom. I. Wien. 1878. Claus, Zoologie, i. Auflage. 26 402 Geschlechtsorgane. Entwickhing. coccineuni). Augenpaare sind häufig vorhanden. Bei einigen Arten gewinnt der langgestreckte Körper eine Art Ringelung. Wie die Bewaffnung, so zeigen auch die Geschlechtsorgane in den ein- zelnen Gattungen zahlreiche Besonderheiten. Ausser der OefTnung des Eileiters, dessen Endtheil Uterus-artig erweitert sein kann und ineist dicht neben oder mit dem Cirrus zugleich in einer Geschlechtskloake mündet, wurde bereits in mehreren Fällen (Axine, Microcotyle , Trochopus) eine Begattungsöffnung mit Vagina (entsprechend dem Laurer'schen Canal) bekannt. Bei Fohjstonnim und Calicotyle sind sogar zwei symmetrische Begattungscanäle beschrieben worden, die das Sperma in ein Receptaculum und durch dieses indirekt in den meist contraktilen Behälter der sog. Schalendrüse {Oofy/i) hinleiten, in welchem das fertige Ei seine Schale erhält. Uebrigens wird das Sperma in der Regel zunächst dem Eiergang des Ovariums, seltener dem Dottergange zugeführt. In einzelnen Fällen {Fohjstomum) ist jedoch, wie auch bei manchen Distomeen ein Verbindungscanal zwischen männlichem und weiblichem Geschlechtsorgan vor- handen. Sie leben meist als Ectoparasiten , theii weise wie die Hirudineen, und entwickeln sich direct ohne Generationswechsel aus Eiern, die meist schon an dem Aufenthaltsorte des Mutterthieres zum Ausschlüpfen kommen. Zu- weilen freilich ist die Entwicklung eine Metamorphose {Pohjstom/im), und die jungen Larven leben an anderem Orte. Am besten ist die Entwicklungsgeschichte von Polystonixm infercjenimum aus der Harnblase desFrosches durch die trefflichen Untersuchungen E.Zeller's bekannt geworden. Die Eierproduktion beginnt im Frühjahr, wenn der Frosch aus dem Winterschlaf erwacht, sich zur Paarung anschickt und währt 2 bis 3 Wochen. Man kann dann leicht auch die Polystomeen in Wechselkreuzung beobachten. Beim Eierlegen drängt der Parasit seinen Vorderleib mit der Geschlechtsöffnung durch die Harnblasenmündung nahe bis zum After. Die Embryonalentwicklung erfolgt im Wasser und nimmt eine Reihe von Wochen in Anspruch, so dass die jungen Larven erst ausschlüpfen, wenn die Brut der Frösche, die Kaulquappen, bereits innere Kiemen gewonnen haben. Die Gyrodactylus-ähnlichen Larven besitzen vier Augen, einen Schlund nebst Darm und eine mit 16 Häkchen umstellte Haftscheibe, sie tragen fünf Querreihen von Wimpern, drei ventrale an der vordem, zwei dorsale an der hintern Hälfte ihres Körpers. Auch der Spitze des Vorderendes gehört eine Wimperzelle an. Die Larven wandern nun in die Kiemenhöhle der Kaulquappen ein, verlieren hier die Wimperhaare (durch Schrumpfung der Wimperzelle) und wachsen unter Bildung der beiden Mittelhaken sowie der drei Paare von Sauggruben auf der hintern Haflscheibe zum jungen Polystomum aus , welches etwa acht Wochen nach der Einwanderung in die Kiemenhöhle zur Zeit, wenn diese zu veröden beginnt, durch Magen und Darm in die Harnblase übertritt und hier , freilich erst nach drei und mehr Jahren , völlig geschlechtsreif wird. Ausnahmsweise und immer dann, wenn die Larven in die Kiemen sehr junger Kaulquappen gelangen , wecden sie schon in der Kiemenhöhle der letztern zu geschlechtsreifen Polystomeen, welche jedoch sehr klein bleiben, unter be- deutenden Abänderungen in der Gestaltung des Geschlechlsapparats — unter Ausfall der Begattungscanäle und des Eibehälters — Eier produciren und zu Tristomidae. Polystomidae. 403 Grunde gehen , ohne in die Harnblase gelangt zu sein. Diese zweite Form vermag nur ein Ei im Ootyp zu umfassen. 1. Fam. Tristomidae. Die Bewaffnung des hintern Körperendes beschränkt sich auf einen einzigen grossen bauchständigen Saugnapf. Tristomum Cuv. Die hintere Sauggrube mit permanenten Strahlen versehen. Tr. molae Blanch. Tr. coccineum Cuv., auf Xiphias gladius. Nitzschia V. Baer. Die hintere Sauggrube sehr gross, aber ohne Strahlen und Haken. N. elegans V. Baer., an den Kiemen des Störs. Epibdella Blainv. Der blattförmige Körper mit grosser haken- bewaffneter Sauggrube am hintern Ende. E. hippoglossi Van Ben. = [PhyUine Oken) E. sciaenae Van Ben. Sehr nahe verwandt ist PhylloneUa soleae Van Ben. Hesse. Calicotyle Dies. Vorderende ohne seitliche Sauggruben, mit Mundsaugnapf. Hintere Haftscheibe radförmig in eine mittlere und sieben peripherische Gruben getheilt, mit zwei Haken. C. Kroyeri Dies., an der Kloake und den Begattungsorganen von Raja. Hier schliesst sich die von Van Beneden zu einer besondern Familie erhobene Gattung Udonella Johnst. an, deren Arten auf Caligusarten parasitisch leben. Der Körper mehr oder minder cylindrisch langgestreckt, mit grosser unbewaffneter hinterer Saugscheibe und zwei membranösen sehr beweglichen Sauggruben zu den Seiten des Mundes. U. pollachü Van Ben. Hesse, auf Caligusarten des Merlangus pollachius. U. triglae, lupi, merluccii, sciaenae Van Ben. Hesse. Als besondere Gattungen werden von Van Beneden imd Hesse auf Grund der Oesophagealbewatfnung Echinella und Pteronella unterschieden. 2. Fam. Polystomidae. Mit mehreren hintern Saugseheiben, die meist paarig in zwei seitlichen Reihen angeordnet sind und durch Hakenbewaffnungen in ihrer Wirk- samkeit unterstützt werden. Genitalötfnungen häufig von Haken umgeben. Viele Arten sind nur wenige Linien lang. Octostoma Kuhn. = Octobothriiim Nordni. {Octoeotyle Dies.). Sauggruben unge- stilt, dem zungenfönnigen Ende angelagert. 0. scombri Kuhn. 0. alosae Herm. = 0. lanceolatitm Duj. 0. harengi, pilgardi Van Ben. Hesse. Axine Abildg. Körper gestreckt, vorn verschmälert, mit 2 kleinen einziehbaren Sauggruben, hinten schief beilförmig verbreitert und mit einer grossen Zahl schnall en- förmiger Haltscheiben besetzt. A. belones Abildg. Microcotyle Van Ben. Hinterende symmetrisch verlängert und beiderseits mit zahlreichen Haftscheiben besetzt. Begattungs- öffnung dorsalwärts median. M. labracis Van Ben. Tiochopus Dies. Temtwcephala ') Blanch. Vorderende mit fingerförmigen Haftlappen. Am Hinter- ende eine grosse bauchständige Sauggrube. Zwei Augenflecken auf dem mehrfach gelappten Gehirn. Excretionsötfnungen rechts und links in der Gegend des Schlundes. T. chilcnsis Cl. Gay., lebt auf Süss wasserkorallen in Chili, nach Semper ') auch auf Luzon. Aspidogaster v. Baer. Darm einfach, Hinterende mit einer, zahlreiche Saugnäpfe tragenden Platte. A. conchicola v. Baer, auf Süsswasserfischen. Ancyrocephalus Crepl. Das vordere Leibesende mit 4 Haken, das Hinterende mit 6 Saugnäpfen in einfacher Reihe. A. paradoxus Crepl., an den Kiemen des Sanders. Onchocotyle Dies. Hinter- ende gespalten mit 2 Excretionsporen, in einiger Entfernung von denselben finden sich 6 Saugnäpfe, Vorderende ohne Saugnäpfe. 0. appendicidata Kuhn., an den Kiemen von Haifischen. 0. boreale Van Ben., auf Scymnus glacialis. Diplozoon Nordm., Doppelthier. Zwei Einzelthiere zu einem xförmigen Doppel- thiere verschmolzen, dessen Hinterenden mit zwei grossen in vier Gruben getheilten Haftscheiben bewaffnet sind. Im Jugendzustand als Diporpa solitär lebend, besitzen 1) Vergl. C. Semper, Zoolog. Aphorismen. Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie. Tom. XXIL 1872. 26* 404 Gyrodactylidae. sie Augenflecken und einen Bauchsaugnapf, sowie einen Rückenzapfen. Auch bei dem Doppelthiere ist die Eibildung auf eine bestimmte Jahreszeit beschränkt und lallt vor- nehmlich in das Frühjahr. Die Eier werden nach Ausbildung ihres Haftfadens einzeln ausgestossen und lassen etwa zwei Wochen später einen Embryo ausschlüpfen, welcher sich von Diporpa lediglich durch den Besitz zweier Augenflecke und eines an den Seitenrändern und an der Hinterleibsspitze befindlichen Wimperapparates unterscheidet. Finden dieselben an den Kiemen von Süsswasserfischen Gelegenheit zur Ansiedelung, so werden sie alsbald durch Verlust der Wimpern zur Diporpa, welche jetzt schon ausser dem charakteristischen Haftapparat den Darm und die beiden Excretionscanäle mit ihren Mündungen in der Gegend des Schlundkopfes besitzen und Kiemenblut einsaugen. Die bald erfolgende Vereinigung zweier Diporpen geschieht nicht wie man früher glaubte, einfach durch die Verwachsung beider Bauchsaugnäpfe, sondern in der Art, dass sich der Bauchsaugnapf jedes Thieres an dem Rückenzapfen des andern anheftet und mit diesem verwächst. Die solitär bleibenden Diporpen gehen ohne geschlechtsreif geworden zu sein , zu Grunde. D. paradoxum v. Nordm. , auf den Kiemen zahlreicher Süss Wasser fische. Polystomum Zed. Körper platt, mit 4 Augen, ohne seitliche Sauggi'uben am vor- dem Ende, aber mit Mundnapf, mit 6 Saugnäpfen und zwei grossen medianen Haken und 16 kleinen Häkeken am Hinterende. Die Eier reifen im März und April und werden alsdann in das Wasser abgesetzt, wo die Embryonalentwicklung durchlaufen wird. Die Gyrodactylusähnlichen Embryonen mit 4 Augenfleckchen und 16 Häkchen der End- scheibe ohne Sauggruben, tragen 5 Querreihen von Wimpern und wandern in die Kiemen- höhle der Kaulquappen, von wo sie später nach 2 — 3 Monaten während oder nach der Verwandlung in die Harnblase des jungen Frosches gelangen. Wahrscheinlich ist Claparede's Onchogaster natator die Larve eines marinen Polystomeen. P. inlegerri- mum Rud. , in der Harnblase von Rana temporaria. P. ocellatum, Rachenhöhle von Emys, verhält sich in der Bildung des Hodens und in dem Ausfall des Eierbehälters wie die geschlechtsreife Form aus der Kiemenhöhle von F. integerrimum. Hier schliessen sich die Gattungen Plagiopeltis Dies. {PI. thynni), Solenocotyle Dies. {S. loliginis), Diclibothrium F. S. Lkt. (2>. sturionis), Erpocotyle Van Ben. Hesse an. Wahrscheinlich gehören auch Aspidocotyle Dies, imd Notocotyle Dies, hierher. 3. Fam. Gyrodactylidae. ^i'ehr kleine Saugwürmer mit grosser terminaler Schwanz- scheibe, welche einen sehr kräftigen Hakenapparat einschliesst. Der Körper des herma- phroditischen Wurmes birgt Tochter- und in diesen eingeschachtelt Enkel und Urenkel- generationen. V. Siebold glaubte beobachtet zu haben, dass sich aus einer Keimzelle von Gyrodactylus elegans ein junger Gyrodactylus entwickelt und dass dieser während seiner Entwicklung trächtig wird ; da er Samen bereitende Organe vermisste, betrachtete er den Gyrodactylus als Amme. G. Wagen er aber wies nach, dass die Fortpflanzung eine geschlechtliche ist und gelangte zu der Auffassung, dass die Keime zu den ein- geschachtelten Generationen aus Resten des befruchteten, das Tochterthier bildenden Eies hervorgehn. Dagegen ist Metschnikoff der Ansicht, dass die Bildung von Tochter- und Enkelindividuum gleichzeitig aus der gemeinschaftlichen Masse überein- stimmender Embryonalzellen erfolgt. Gyrodactylus v. Nordm. Mit zwei Kopfzipf^ln und 8 aus dem Munde vorstreckbaren Schlundkopfspitzen, in der Mitte der Schwanzscheibe zwei grosse Haken, an dem Rande derselben zahlreiche Häkchen. G. elegans v. Nordm., an den Kiemen der Cyprinoiden und Süsswassei-fische. Dactylogyrus Dies. Mit vier Kopfzipfeln. Die Schwanzscheibe mit zwei gi-ossen Haken und zahlreichen Randhäkchen, häufig mit einer kleinen centralen Scheibe. Eierlegend. Z). ampMbothrium G. Wag., an den Kiemen des Kaulbarsches. D. fallax G. Wag., auf Cyprinus rutilus. D. auriculatus Dies., an den Kiemen von Phoxinus u. v. a. A. D. acquans G. Wag., an den Kiemen von Labrax, wurde von Die sing zu einer besondern, durch eine abweichende Gestaltung des Haftapparates charakterisirten Gattung, Diplecianvm, erhoben, zu der Van Beneden noch eine zweite 3. Ordnung. Turbellaria. 405 Art als D. sciaenae beschrieb. Calceostoma Van. Ben. Vorderende lappenförmig aus- gebreitet, Schwanzscheibe wie bei üdonella scharf abgesetzt, am Rande mit scheeren- ähnlichen Haken. C. elegans Van Ben., an den Kiemen von Sciaena aquila. Tetraonchus Dies. Mit vier centralen Haken der Schwanzscheibe. T. monenteron G. Wag., an den Kiemen des Hechtes. 3. Ordnung. Turbellaria i) , Strudelwürmer. Freilebende Flattwürmer von oval gestreckter oder breiter blattförmiger oder bandartig verlängerter Leibesform, mit iv eicher flimmernder Haut, meist ohne Haken und Saugnäpfe, mit Gehirnganglion , Mund und Darmcanal. Die Strudelwürmer schliessen sich in ihrer äussern Körperform den Trema- toden an , mit denen sie auch dem innern Baue nach theihveise eine grosse Uebereinstimmung zeigen. Mit ihrem freien Aufenthalte im süssen oder salzigen Wasser unter Steinen, im Schlamm und selbst in feuchter Erde steht sowohl der übrigens nicht ausnahmslose Mangel ^) von Saugnäpfen und Haftorganen, wie die gleichmässige Bewimperung der Oberfläche im Zusammenhang. Die Haut besteht aus einer einfachen Zellenlage oder aus einer feinkörnigen, von Kernen durchsetzten Schicht, welche eine geschichtete Basahnembram zur Unterlage hat und an der ganzen Oberfläche, vielleicht überall, auf einer besondern homogenen, einer Cuticula vergleichbaren Grenzschicht Wimpern trägt. Als eigenthümliche 1) Duges, Recherches sur l'organisation et les moeurs des Planaires. Ann. sc. nat. Ser. I. Tom. XV. A. S. Oerstedt, Entwurf einer systematischen Eintheilung und speciellen Beschreibung der Plattwürmer. Kopenhagen. 1844. De Quatrefages, Me'moire sur quelques Planariees marines. Annales des sciences naturelles. 1845. 0. Schmidt, Die rhabdocölen Strudelwürmer des süssen Wassers. Jena. 1848. Derselbe, neue Beiträge zur Naturgeschichte der Würmer. Jena. 1848. M. Schulze, Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. Greifswald. 1851. L. K. Schmarda, Neue wirbellose Thiere beobachtet und gesammelt auf einer Reise um die Erde. Bd. I. Turbellarien, Rotatorien, Anneliden. Leipzig. 1859. R. Leuckartund A. Pagenstecher, Untersuchungen über niedere See- thiere. Müllers Archiv. 1859. E. Gl aparede, Etudes anatomiques sur les Annelides, Tur- bellaries, Opalines et Gregarines observes dans les Hebrides. Memoires de la Soc. de Phys. et d'hist. nat. de Geneve XVI. 1861. Derselbe, Beobachtungen über Anatomie und Ent- wicklungsgeschichte wirbelloser Thiere. Leipzig. 1863. W. Keferstein, Beiträge zur Ent- wicklungsgeschichte einiger Seeplanarien von St. Malo. Abhandl. der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1868. Knappert, Bijdragen tot de ontwikkelings- geschiedenis der Zoetwater-Planarien in Naturk. Verband, uitgegeven door het Pro- vinciaal Genootschap van Künsten et Wetenschapen. Utrecht. 1865. Derselbe, Embryogenie des Planaires d'eau douce communique par J. van der Hoeven. Archives Neerlandaises etc. Ulianin, Die Turbellarien der Bucht von Sebastopol. Berichte des Vereins der Freunde derNaturw. zu Moskau. 1870. A. Schneider, Untersuchungen über Plathelminthen. Giessen. 1873. L. Graff, Zur Kenntniss der Turbellarien. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXIV. 1874. Derselbe, Neue Mittheilungen über Turbellarien. Ebend. Tom. XXV. 1875. 2) Ein bauchständiger Hakenkranz wurde bei Turbella Klostermanni von Graff beobachtet, von demselben wurden auch die Papillen an Monocelis protactilis und Vortex pictus auf Haftorgane bezogen. Häufiger kommen Saugnapf-ähnliche Gruben am Vorderende der Dendrocoelen vor. 406 Pigmente. Musculatur. Nervensystem. Sinnesorgane. Einlagerungen in der Haut treten nicht selten stab- und spindelförmige Körperchen auf, welche ebenso wie die Nesselkapseln der Goelenteraten in Zellen entstehen und wohl im Zusammenhang mit ihrer eigenthümlichen Anordnung in der Umgebung der Ganglien und im Verlauf der Nervenstämme als Tastgebilde zu deuten sind. Gelegentlich sind jedoch auch Nesselkapseln mit vorschnellbarem Faden neben den Stäbchengruppen [Stenostonmm Sieboldii Grf.) gefunden worden. Auch können wahre Nesselorgane ohne gleichzeitiges Auftreten der Stäbchen vorhanden sein. In der Oberhaut finden sich oft verschiedene Pigmente eingelagert, unter denen besonders die grünen, mit Chlorophyll identischen Farbstoffbläschen z. B. bei Vortex viridis bemerkenswerth sind, auch kommen in derselben birnförmige Schleimdrüsen vor. Unter der ansehnlichen die Oberhaut stützenden Basalmembran breitet sich die Unterhaut aus, welche zwischen einer aus rundlichen oft geschwänzten und ramificirten Zellen gebil- deten Bindesubstanz den mächtig entwickelten Hautmuskelschlauch birgt. Derselbe besteht aus einer circulären und longitudinalen Faserlage , daneben aber auch aus zahlreichen dorsoventralen Faserzügen und vermag durch kräftige, wellenförmig fortschreitende Bewegungen, durch energische Gon- tractionen in der Längs- und Querrichtung einen wesentlichen Einfluss auf die Locomotion des Körpers zu äussern. Eine Leibeshöhle zwischen Körperwand und Darmcanal ist meist nicht nachzuweisen, in vielen Fällen jedoch in Form eines Lückensystems oder einer zusammenhängenden Höhle im Umkreis des Darmcanals erkannt worden. Das Nerveusystem besteht wie bei den Trema- toden aus zwei, im vordem Körpertheile gelegenen, durch eine längere oder kürzere Querbrücke verbundenen Ganglien, welche nach mehrfachen Richtungen Nervenfäden entsenden, unter denen zwei nach hinten verlaufende Seiten- stämme durch bedeutendere Stärke hervortreten. Bei den dendrocoelen Strudel- würmern liegt die Quercommissur an der Bauchseite, und es bleibt eine dorsale Furche zwischen beiden Gehirnlappen, durch welche eine Magentasche ihren Verlauf nimmt {Leptoplana). Indessen wurde bei einzelnen Planariengattungen auch eine ringförmige Doppelcommissur am Gehirn nachgewiesen {Polycelis, Sphyrocephalus), und an den Seitenstämmen {Sphyrocephcdus , Folycladus) ganglienähnliche Anschwellungen mit ausstrahlenden Nerven beobachtet. Von Sinnesorganen treten bei den Strudelwürmern ziemlich verbreitet dunkle Augenflecken auf, welche in paariger Anordnung entweder den Gehirnganglien aufliegen, oder von denselben kurze Nerven erhalten. Häufiger finden sich grössere aber gewöhnlich auf die Zweizahl reducirte Augenflecken, in denen licht- brechende Körper, sog. Krystallkegel, in die Pigmentmasse eingelagert sind. Sog. Otolithenhlasen scheinen seltener aufzutreten, z. B. unter den Bhahdocoelen bei Monocelis in einfacher Zahl, ebenfalls dem Ganglion aufliegend. Sicherlich ist die Haut der Sitz eines sehr entwickelten Tastvermögens, und es mögen für diese Function auch die zwischen den Cilien hervorstehenden grössern Haare und steifen Borsten in Betracht kommen. Selten liegen seitliche Wimper- gruben am Vorderende , welche wohl auch als Sinnesorgane zu deuten sein möchten. (Vergl. die Nemertinen). Mundöffnung und Verdauungsapparat werden niemals vermisst, doch rückt die erstere häufig vom vordem Körperende auf die Bauchfläche nach der Pharynx. Rüssel. Darm. Wassergefässsystem. Geschlechtsorgane. Eierablage. 407 Mitte zu, ja über diese hinaus in die hintere Körperpartie. Ein Magendarm kann jedoch nach Mets chniko ff und Ulianin in manchen Fällen {Üonvoliiia, Schhoprora) fehlen und wie bei den Infusorien durch ein weiches Innenparen- chym ersetzt sein. Die Mundöffnung führt in einen muskulösen Pharynx, der meist nach Art eines Rüssels vorgestreckt werden kann. Auch münden häufig drüsige Schläuche als Speicheldrüsen in den Schlund ein. Der an seiner Innen- wand häufig flimmernde Darmcanal ist entweder gabiig getheilt und dann ein- fach oder verästelt, ohne After (Dendrocoelen), oder stabförmig und blindge- schlossen {Rhahdocoeleu). Seltener kommt noch ein besonderer vorstülpbarer Schlauch ohne Zusammenhang mit dem Schlünde als Rüssel hinzu [Frostomum). Das Wassergefässsystem besteht aus zwei seitlichen hellen Stämmen und zahl- reichen verästelten Seitenzweigen, die hier und da frei in das Gefäss hinein- ragende sich schlängelnde Wimperläppchen tragen. In der Regel kommen mehrfache Mündungen an dem Hauptstamme dieses Excretionsapparates zur Beobachtung. Die Fortpflanzung erfolgt seltener z. B. bei Derostomeen {Gatenida) und Microstomecn auf ungeschlechtlichem Wege durch Quertheilung; in der Regel ist sie eine geschlechtliche. Mit Ausnahme der Microstomeen sind die Tur- bellarien Zwitter. Uebrigens scheint der Gegensatz von hermaphroditischer und getrennt geschlechtlicher Form keineswegs ohne Vermittlung dazustehn, da nach Metschnikoff bei Frostomum lineare bald die männlichen Geschlechts- organe unter Verkümmerung der weiblichen, bald umgekehrt die weiblichen unter Verkümmerung der männlichen entwickelt sind. Auch bei Acmostomum dioecum sind die beiderlei Geschlechtsorgane auf verschiedene Individuen ver- theilt. Bei den hermaphroditischen Formen bestehen die männlichen Ge- schlechtsorgane aus Hoden , welche meist als paarige Schläuche in den Seiten des Körpers liegen, aus Samcnblase und einem ausstülpbaren mit Widerhaken besetzten Begattungsorgan, die weiblichen aus Keimstock, Dotterstöcken, Samen- tasche (Receptaculum seminis), Vagina und Eierbehälter. Das männliche Begattungsorgan und die Vagina münden oft durch eine gemeinsame Oeffnung auf der Bauchfläche, Seltener sind wie z. B. bei Mucrostomum Dotterstock und Keimstock vereinigt, indem das Ovarium in seinem blinden Ende die Eier erzeugt und in seinem untern Abschnitte Dottersubstanz ausscheidet. Wenn nach der Begattung Eikeime und Dottermasse in den Eierbehälter eingetreten sind und die Befruchtung erfolgt ist, so beginnt die Bildung einer harten, meist rothbraun gefäibten Schale in der Umgebung des vergrösserten Eies. In solchen Fällen werden hartschalige Eier abgelegt , indessen werden oft wie unter den Rhabdocoelen bei Schizostomiun und einzelnen Mcsostomecn {M. Ehreuhergii) auch durchsichtige Eier mit dünnen farblosen Hüllen gebildet, welche sich im mütterlichen Körper entwickeln. Nach Schneider soll die Production der zarthäutigen Eier oder Sornmereier der Erzeugung der liartschaligen oder Wintereier stets vorausgehn, und für die Sommereier der Winterthiere normal Selbstbefruchtung stattfinden. In seltenen Fällen tritt in der Gestaltung des hermaphroditischen Ge- schlechtsapparates eine an die Cestodcn erinnernde Metamerenbildung ein (Älauri7ia composita) , und es dürften diese Segmente um so eher als unter- 408 1. Unterordnung. Rhabdocoela. geordnete, den Proglottiden vergleichbare Individuen einer Tiüerkolonie betrachtet werden, als ja bei Derosiomeen (Catenula) das Vorkommen band- wurmähnlicher hidividuenketten ausser Zweifel gestellt worden ist. Die Turbellarien des süssen Wassers und auch viele marine Formen haben eine einfache directe Entwicklung und sind im Jugendzustande von Infusorien oft schwer zu unterscheiden. Andere marine Dendrocoelen entwickeln sich jedoch durch Larvenstadien, für welche der Besitz fingerförmiger Wimperlappen characteristisch ist. 1. Unterordnung. Rhabdocoela ^). Rhabdocoela Strudelwürmer. Von rundlicher, mehr oder minder platter Körperform, mit stuhförniigem afterlosen Barm, dessen Eiwjangstheil in der Regel einen vorstülpharen Pharynx bildet, meist herniaphroditisch. Die rhabdocoelen Strudelwürmer sind die kleinsten und am ein- fachsten organisirten Formen, deren stabförmig gestreckter, nicht selten jedoch mit Seitenzweigen versehener Darm der Afteröffnung entbehrt. Die Microstomeen sollen freilich nach der Angabe der altern Autoren einen After besitzen, der jedoch von neuern Beobachtern nicht wieder aufgefunden wurde. Die Lage der Mundöffnung wechselt ausserordentlich und ist als vor- nehmlicher Charakter zur Bezeichnung der einzelnen Familien verwendet worden. Zuweilen münden Speicheldrüsen in den Schlundkopf ein. Nach Ulianin's inzwischen mehrfach bestätigter Entdeckung kann jedoch der Darm- canal bei manchen Formen fehlen und durch eine centrale Höhlung ersetzt sein, welche aus einer Vacuolenreichen von Fetttröpfchen durchsetzten Mark- substanz besteht {üonvoliäa, Schi^oprora, Nadina). Andererseits kommen bei den Darmführenden Rhabdocoelen nicht selten Lücken und Räume in den bindegewebigen Körperparenchym vor, welche auf eine Leibeshöhle bezogen werden müssen. In andern Fällen {Frostomum) wurde diese als ein zusammen- hängender mit Flüssigkeit gefüllter Raum im Umkreis des Darms erkannt. Eine Giftdrüse mit Stilet zum Durchbohren der Beute scheint nur überaus selten vorhanden zu sein (Prostomum , Hallez). Ausnahmsweise kommen am Vorderende seitliche Flimmergruben ähnlich den Seitengruben der Nemertinen, Stenostomeen {Tarbella) vor, welche wohl als Sinnesorgane zu betrachten sein möchte. Saugnäpfe und Haken zum An- heften, ähnlich denen der parasitischen Würmer, "fehlen wohl durchaus, doch sind in einzelnen Fällen Haftzäpfchen am hintern Körperende beobachtet worden {Monocclis protractilis). Die meisten Rhabdocoelen sind Zwitter und besitzen eine gemeinsame Geschlechtskloake und nur ausnahmsweise wie Macrostomeen und Co)ivüluta zwei von einander getrennte männliche und weibliche Geschlechtsöffnungen. 1) Vergl. ausser 0. Schmidt, M. Schultze, Graff 1. c. etc. Metschnikoff, Zur Naturgeschichte der Rhabdocoelen. Arch. fürNaturg. 1865. De Man, eerste Bydrage tot the kennis der nederlandsche zoetwater-Turbellarien. Tydskr. der Nederl. dierkund. Vereen. Deel I. Opisthomidae. Derostomidae. 409 Indessen gibt es auch getrennt geschlechtliche Rhabdocoelen, wie z. B. Äcmo- stomnm dioecum, Couvoliita paradoxa, Prostomiim lineare, letztere freilich mit verkümmerten Resten des andern Geschlechtsapparates oder ungleichzeitiger Geschlechtsreife. Ferner sind alle Microstomeen getrennt geschlechtlich. Die- selben wurden aus diesem Grunde und weil sie eine Afteröfthung besitzen, von den Rhabdocoelen , aber gewiss mit Unrecht , gesondert. Die Rhabdocoelen sind fast durchweg Süsswasserbewohner und in ihren jugendlichen Zuständen Infusorien ähnlich, da in diesem Alter der Darmcanal keineswegs immer scharf hervortritt und zuweilen durch eine verdauende Parenchymmasse ersetzt wird. Die Rhabdocoelen legen hartschalige Eier, bei Mesostonmm sog. Wintereier, ab, die einen, bevor die Entwicklung des Embryos begonnen hat, die andern mit bereits fertigen Embryonen. Einige erzeugen aber auch helle zarthäutige Eier , »Sommereier« , die sich bereits im Uterus entwickeln und sind dann lebendig gebärend. In den hartschaligen Eiern entwickelt sich im Herbst ein Embryo, der stets innerhalb der Schale überwintert. Die aus denselben aus- schlüpfenden »Winterthiere« {Mesostomum Ehrenhergii) sollen während der Erzeugung ihrer Sommereier einen noch sehr unentwickelten Penis haben und sich selbst befruchten. Sommerthiere, welche in isolirten Müttern aufwachsen, sollen nur Wintereier erzeugen (Schneider). Die Furchung bleibt auf die Eizelle beschränkt, in deren Umkreis sich die Dotterzellen lange erhalten. Die Entwicklung erfolgt, soweit bekannt, ohne Metamorphose. Eine ungeschlechtliche Fortpflan- zung durch Quertheilung ist namentlich bei Catenula, sowie IStronyylostomum cotrukscens regelmässig beobachtet. Sie leben von den Säften kleiner Würmer, ■Entomostraken- und Insectenlarven , die sie mittelst eines fadenziehenden von Stäbchen durchsetzten Hautsekretes umspinnen und aussaugen. Uebrigens gibt es auch, wie de Man nachgewiesen hat, landbewohnende Rhabdocoelen {Geoccntrophoni sphyrocephala). 1. Fam. Opisthomidae. Der am hintern Körpertheil gelegene Mund führt in einen schhiuchförmigen Schlund, der rüssehirtig vorgestreckt werden kann. Monocelis Oerst. Die Schlundröhre entbehrt der Muskelbefestigung. Körper cylindrisch, lang- gestreckt, mit unpaarer Gehörblase und vor derselben zuweilen auch mit Pigmentfleck. M anguilla 0. S. , mit 2 Pigmentflecken. 31. agilis M. Seh. Penis papillenartig, ohne harte Theile. M. unipunctata, lineata Oerst. u. a. A. Opisthomum 0. S. Schlund durch seitlich sich ansetzende Muskeln in seiner Lage befestigt. Körper platt, langgestreckt, ohne Gehörblase und Augenflock. ü. pallidum 0. S. Diotis Schm. (mit 2 Otolithen). D. megalops (Jamaica), Allostoma Van Ben. {A. jmllidum). Enterostomum Clap. {E. Fingalianum). 2. Farn. Derostomidae. Mundötihung etwas hinter dem Vorderrande. Schlund tonnenförmig. Derostomum Duges. Vordere Schlundötfnung eine enge Spalte. D. uni- punclatum Oerst. = ScJimidtianum M. Seh., l'/2 Linien lang. Vortex Ebrbg. Körper cylindrisch, nach hinten verjüngt. Vordere SchlundöfFnung kreisrund. V. viridis M. Seh. 1=11. Hypostomum viride 0. S. Körper vorn abgestumpft, blattgrün mit 2 schwarzen Augen, 1 — l'/a Lmien lang. V. piclum 0. S. Catenula lemnae Duges., in Kettenform aggregirt, durch Quertheilung ausgezeichnet. Hier schliessen sich an die Gattungen Pseudostomum 0. S. , Spirocyclus 0. S., Acmostomum Schm., Catasthia Gir., sowie das in Holothurien schmarotzende Anoplo- dium Schneideri Semp. 410 Mosostomidae. Macrostomidae. Convolutidae. Prostomidae. Microstomeae. 3. Farn. Mesostomidae '). Mund ziemlich in der Mitte des Körpers. Schlund ringförmig, cylindrich oder einem Saugnapf ähnlich. Mesostomum Duges. M. Ehren- bergii Oerst., mit 2 Augen. M. obtusum M. Seh. M. variabtle Oerst. {Typhloplana Oerst.), augenlos. Strongylostomum Oerst. Mund vor der Mitte. St. radiatum 0. Fr. Müll. Schizostomam 0. S. Der Mund ist eine längliche Spalte vor den Augen. Auf der Bauchfliiche ein saugnapfähnlicher Schlund. Seh. yroductum 0. S., in Regenpfützen. Wahrscheinlich sind auch die Schmarda'schen Gattungen Mesophaij/nx und Chonosto- muin hierherzuziehn. 4. Fam. Macrostomidae ^). Mund eine bauchständige Längs- oder Querspalte, nahe dem Vorderende. Ein muskulöser Schlund fehlt meist. Macrostomum Oerst. Körper mehr oder weniger cylindrisch. Mund längsoval, hinter den Augen. Dotterstock vom Keimstock nicht gesondert. Die beiden Geschlechtsöffnungen weit entfernt. M. hystrix Oerst, = Planaria appendiculata 0. Fabr., in Tortmooren. Die vielen stäbchen- förmigen Körper geben der Haut ein stachliches Aussehn. M. aurita M. Seh. = Pla- naria excavata 0. Fabr. M. Schultzii Clap. St. Vaast. Orthostomam 0. S. 5. Fam. Convolutidae {Acoela). Ohne Darmkanal und mit nicht getrennten Keim- und Dotterstöcken. Concohda Oerst. Der quere vorn am Bauche hinter der Gehörblase gelegene Mund führt in eine trichterförmige Mundhöhle. Darm durch weiches Parenchym vertreten. Augen fehlen. Seitenränder tutenförmig über die Bauchfläche geschlagen. Hoden vielfach verästelt, mit paarigen Samenblasen, 2 Ovarien. Die beiden Geschlechts- öffnungen getrennt. G. paradoxa Oerst., Nord- und Ostsee. C. infundibulum 0. S. Nadina Ul. Schizoprora 0. S. 6. Fam. Prostomidae "j. Der an der Bauchfläche gelegene Mund führt in einen muskulösen Schlund. Am Vorderende mündet ein vorstülpbarer mit Papillen bewaffneter Taströssel. Prostomitm Oerst. {Gyrator Ehrbg.). Mund auf der Bauchfläche dem Vorder- ende ziemlich genähert. Pr. lineare Oerst. Mit einem spitzen Penisstachel am Hinter- ende, unvollkommen herma}ihroditisch , häufig im Süsswasser. Pv. helgolandicum Kef., vollkommen hermaphroditisch. Pr. Kefersteinii Clap. St. Vaast. Pr. immundum 0. S., Neapel u. a. A. Ob Rhynchoprobohis Schmarda's generisch verschieden ist, bleibt fest- zustellen, lih. papilloaiis, Brackwasser bei New-York. Orcm üL, Litdmila ül. u. a. G. Hier schliesst sich wohl auch die hermaphroditische Almurina Busch, an. Mit einem cilienlosen Tastriissel am Vorderende und kräftigem Pharynx, afterlos. A. composita Metschn., hermaphroditisch, mit -l Metameren, Helgoland. 7. Fam. Microstomeae. Getrennt geschlechtliche Rhabdocoelen , deren kleiner aber sehr dehnbarer Mund in der Nähe des vordem Körperendes Hegt. Seitliche Flimmer- gruben nahe am vordem Körperende. Metamerenbildung und Quertheilung kommt häufig vor. MicrosUnnam- (Jerst. M. lineare Oerst. Darm über die Mundöffnung blind- sackförmig bis an das Vorderende verlängert, mit After. 2 Augen. Quertheilung schon von 0. Fr. Müller beobachtet, erinnert an die für Chaetogaaler bekannt gewordenen Theilungsvorgänge, Ostsee. Stenostomum 0. S. Ohne Augen, mit 2 Gehörbläschen. St. leucopa 0. S., Süsswasserform. Dinophilns 0. S. Afterlos, mit paarigen Ovarien. Quer- theihmg nicht bekannt. D. vorticoides 0. S., Nordsee. 1) R. Leuckart, Mesostomum Ehrenbergii. Archiv für Naturg. 1852. 2) Ed. van Beneden, Etudes zool. et anat. du genre Macrostomum. Bulletin de l'acad. roy. Bruxelles. 1870. 3) Hallez, Observations sur le Prostomuin lineare. Archiv, zool. exper. Tom. II, ferner Graff etc. 2. Unterordnung. Dendrocoela. '*11 2. Unterordnung. Dendrocoela *). Dendrocoela Strudelwürmer. Von breiter platter Körperform, oft mit gefalteten Seitenrändern und tenfakclähnlichen Fortsätzen des Vorderendes, mit verzweigtem afterlosen Darm und nniskulösem meist vorstülpbaren Schlund, in der Regel hermaphroditisch. In ihrer äussern Erscheinung nähern sich die grossentheiis marinen, theil- weise aber auch im süssen Wasser und auf dem Lande lebenden Dendrocoelen den Trematoden, mit deren grössern Arten sie die Verzweigungen des gerad- gestreckten oder gabiig getheilten häufig dreischenkligen Darmcanales gemein- sam haben. Den Rhabdocoelen gegenüber erlangen sie meist eine compücirtere Entfaltung der Organisation , eine bedeutendere Entwicklung des zweilappigen Nervencentrums und bedeutendere Grösse der in verschiedener Zahl vorhan- denen Augen. Gehörbläschen treten selten auf. Papillenreihen, beziehungs- weise fühlerartige Fortsätze am vordem Körpertheile , werden als Tastorgane fungiren. Der Mund liegt meist in der Mitte des Körpers und führt in einen weiten und vorstreckbaren Schlund. Die Haut enthält in vielen Fällen zahl- reiche Drüsen , deren Secret bei gewissen Landplanarien {Bipalium, Rhyncho- desnius) beim Herablassen von Zweigen zu einem fadenförmigen Gespinnst erhärtet. Die Geschlechtsorgane sind fast allgemein in demselben Individuum vereint, und nur ausnahmsweise wie bei Flanaria dioica Clap. auf verschiedene Individuen vertheilt, zeigen aber in ihrer Gestaltung und namentlich in der Bildung des Begattungsapparates eine grosse Mannichfaltigkeit und bieten durch ihre zahlreichen Besonderheiten treffliche systematische Anhaltspunkte zur Unterscheidung der Gattungen und Arten. Viele, wie namentlich die Süss- wasserformen , besitzen eine gemeinsame Geschlechtsöffnung, während um- gekehrt bei den Meeresbewohnern die Geschlechtsöffnungen in der Regel gesondert liegen. Auch gibt es Formen {Thgsanozoon) , deren männlicher Geschlechtsapparat aus zwei vollständig getrennten Hälften mit zwei Oetfnungen und ebensovielen Begattungsorganen besteht. Die Entwicklung beruht bei einzelnen marinen Formen auf einer Metamorphose, wie die von J.Müller entdeckten (früher zur Gattung Stylochus bezogenen, wahrscheinlich aber zu Thysanozoon gehörigen) Larven beweisen, deren Leib in 6 fingerförmigen Wimperlappen provisorische Ausstattungen trägt. Andere marine Dendrocoelen, wie Folycelis laevigata, erinnern zwar, wenn sie die Eihüllen verlassen , in der Bildung des Darmes an die Rhabdocoelen , entbehren jedoch der Larven- organe. 1) Vgl. ausser Quatrefages, Claparede, Diesing, Keferstein, de Man etc. W. Stimpson, Prodroraus descriptionis animalium evertebratorum, quae in Expeditione ad oceanum paeificum septontrionaleui a republica federata raissa, Johanne Rodgers duce observavit et descripsit W. Stimpson. I. Turbellaria dendrocoela. Proc. Acad. Phila- delph. 1857. 0. Schmidt, Die dendrocoelen Strudelwürmer aus der Umgebung von Graz. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. X. 1860. Derselbe, Ueber Planaria torva etc. Ebend. Tom. XI. 1861. Metschnikoff, Ueber Geodesmus bilineatus. Bull. Acad. imper. St. Petersbourg. 1866. E. Grube, Planarien des Baikalsees. Archiv für Naturg. 1872. Mosely, On the Anatomy and Histology of the Landplanarians of Ceylon etc. Phil. Transact. Soc. 1874. 412 Monogonopora. Bei den Süsswasserplanarien erfolgt die Entwicklung, wie aus den Unter- suchungen Knappert's hervorgeht, ganz allgemein direkt. Der von diesen Thieren abgelegte Cocon enthält 4 — 6 kleine Eier , deren Dotter nach Durch- laufen der Furchung eine peripherische Zellschicht zur Sonderung bringt, welche sich in ein oberes die Leibeswand und Muskulatur erzeugendes animales und ein unteres die Darmhaut bildendes vegetatives Blatt spalten soll. Die marinen Dendrocoelen legen die Eier häufig in Form breiter Bänder ab. 1. Gruppe. Monogonopora Stimps. Dendrocoelen mit einfacher Ge- schlechtsöffnung. Hierher gehören vornehmlich die Land- und Süsswasser- planarien. 1. Farn. Flanariadae. Der langgestreckt-ovale und abgeflachte Körper oft mit lappenförmigen Fortsätzen, selten mit Tentakeln und in der Regel mit 2 Augen, in welchen Linsen eingelagert sind. Flanaria 0. Fr. Müll. 2 Augen, Tentakeln fehlen, Schlund vorstülpbar und cylindrisoh. Das Begattungsorgan liegt in dem gemeinsamen Vorraum der Geschlechts- öfinung. PI. torva M. Seh., mit einfach gerundetem Stirnrand. PI. polychroa 0. S., Stimrand zugespitzt. PI. lugubris 0. S., Stirnrand stumpfgeinindet, an dem Vorhofe der Geschlechtsorgane fehlt die muskulöse Anhangstasche, sämmtliche Arten im süssen "Wasser häufig. PI. macuJata, fuliginosa Leidy. PI. {Anocelis Stimps.) coeca Duges., ohne Augen. PI. {Dicotylus). Mit 2 deutlich ausgeprägten frontalen Haftgruben an der Stirn, pulvinar Gr. PI. dioica Clap., getrennt geschlechtlich u. a. A. Dendrocoeliim Oerst. Unterscheidet sich durch den Besitz von lappigen Fortsätzen des Kopftheiles, sowie durch die Bildung des in einer besondern Scheide liegenden Begattungsorganes. D. lacteum Oerst. D. pulcherrimum Gir. Oligocelis Stimps. Mit sechs in zwei parallelen Gruppen geordneten Augen. 0. pulcherrima Gir., Nordameri- kanische Süsswasserplanarie. Polycelis Hempr. Ehrbg. Mit zahlreichen randständigen Augen und cylindrischem weit vorstreckbaren Schlund. P. nigra, hvunnea 0. Fr. Müll. Europäische Süsswasserformen. P. aurantiaca Delle Gh., Mittelmeer, besitzt nach Kowalewsky an den Kreuzungsstellen der netzförmig anastomosirenden Darmröhren verschliessbare flimmernde Oett'nungen, welche mit den Spalträumen des Körper- parenchyms communiciren. Gunda 0. S. Stirn ausgerandet mit ansehnlichen Kopflappen ; Gehirn unregelmässig gelappt; Penis unbewaffnet vor der Geschlechtsöfi'nung; unmittelbar hinter derselben ein kugliger Behälter, welcher als Receptaculum seminis und Uterus dient, und in welchen die vereinigten Eileiter direkt einmünden. G. lobata 0. S. Marine Form, Corfu. Bei der marinen Cercyra 0. S. besitzt der Penis einen hornigen, einer Lanzenspitze ähnlichen Fortsatz (C. hastata) , bei Haga 0. S. ist der Körper vorn abgerundet, ohne Fortsätze , und besitzt einen langen in einer geräumigen Höhle eingeschlossenen Rüssel {H. plebeja). 2. Fam. Geoplanidae '). Landbewohnende Planarien mit langgestrecktem und abgeflachtem durch den Besitz einer söhligen Fussfläche ausgezeichneten Leib. Mund meist hinter der Leibesmitte in der Nähe der Genitalöff'nung. Oesophagus glockenförmig, vorstülpbar. Geoplana Fr. Müll. Mit zahlreichen randständigen Augen, Europa. G. lapidicola Stimps. Coeloplana Mos. Dolichoplana Mos. lihynchodesmus Leidy. Mit 2 Augen. Bh. terrestris Gm. {Fasciola terrestris 0. Fr. Müll.), Europa. Bh. bistriatus, quadristiiatttsGr., Fischerinseln. Bh.sylvaticus Leidy, Nordamerika. Geodesmus Metschn. 1) Ausser M. Schulze, Stimpson, Metschnikov, Grube u. a. vergl. H. N. Mosely, Notes on the Structure of Several Forms of Land Planarians etc. Journal of micros. Science, vol. XVH. Bigonopora. 413 Darmkanal einfach, mit kurzen Seitenzweigen, ohne besondere Darm wand. Der mus- kulöse Pharynx nicht protraktil. 2 Augen. G. bilineatus Metschn. , mit Nesselfäden in der Haut, in Topferde. Bipalium Stiiups {Sphyrocephalus Schmarda = Dunlopea Wright. (?)). Kopftheil durch Lappenfortsätze halbmondförmig, mit zahlreichen rand- ständigen Augen. B. fuscatuin Stimps., Japan. B. unicittatiim Gr., Madras u. a. A. Polycladus Blanch. Augenlos. P. viacuJatus Darw. G. Gayi Blanch. u. z. a. A. 3. Fam. Leimacopsidae. Landplanarien mit Augen tragenden Stirntentakeln. Leimacopsis Dies. L. terricola Dies. 2. Gruppe. Digonopora. Dendrocoelen mit doppelter Geschlechtsöffnung, fast durchweg marin. Gl a p a r e d e betrachtet die Darmäste als Leberanhänge. Der Rüssel liegt oft vielfach gefaltet in einer besondern Tasche, wird vorge- stülpt und breitet sich dann lappenartig aus. Genitalöffnungen hinten. Man hat Larven von marinen Dendrocoelen mit symmetrischen Wimpern tragenden Fortsätzen beobachtet und auf Thysanozoon bezogen. 1. Fam. Stylochidae. Der platte Körper ziemlich dick, mit 2 kurzen Tentakeln am Kopftheil und meist mit zahlreichen Augen an den Tentakeln oder am Kopf. Genital- öft'nungen hinten. Meeresbewohner. Stylochus Hempr. Ehrbg. [Stylochoplana Stimps.). Zahheiche Augen an der Basis der ziemlich genäherten Tentakeln. St. ellipticus Gir. {Planncera Blainv.), augenlos, Nordamerika. St. macitlatus Quatr. St. folium Gr., Palermo. St. pelagicus Mos. Ob die von Stimpson aufgestellte Gattung CalUopIana {C. marginata) generisch zu trennen ist, scheint zweifelhaft. TrachypJana Stimps. Der ziemlich dicke Körper auf seiner obern Seite mit Höckern besetzt. Tentakeln klein, Tr. titberculosa Stimps. StyJochopsis Stimps. Der dicke Körper mit weit von einander abstehenden Tentakeln. Ausser den grossen Augen an den Tentakeln finden sich kleine Augen am vordem Rand. St. limosus, conglonimeratus Stimps. Imogine Gir. Zwei grosse Augen an der Spitze der kurzen Tentakeln und zahlreiche kleine Augen am Rand des Körpers. /. oculifeia Gir. 2. Fam. Leptoplanidae. Der Körper flach und verbreitert, platt und meist sehr zart. Kopitheil nicht abgesetzt, ohne Tentakeln. Augen mehr oder minder zahlreich. Mund meibt vor der Mitte gelegen, dahinter die Genitalöifnungen. Meeresbewohner. Leptoplana Hempr. Ehrbg. Körper sehr zart und flach. Augen sämmtlich am hintem Kopftheil in der Umgebung des Gehirns gelegen. L. tremcUaris 0. Fr. Müll. {Polycelis laevigata 0. S. , Mittelmeer, Nordsee und Ocean. L. ftisca, hiimiUs Stimps u. z. a. A. Sehr nahe stehen die generisch kaum zu trennenden Dioncus Stimps., Pachy plana Stimps. und Elawiodes Le Conte. Die Gattungen (?) Dicelis Schm. , Tricelis Ehrbg., Tetracelis Ehrbg. characterisiren sich durch zwei, drei, vier Augen. Centrostomum Dies. Mit stark gefaltetem und geschlitztem Rüssel. Augen in zwei parallelen Haufen an- geordnet. Die Genitalöifnungen nach hinten gelegen. C. lichenoides Mert., Sitka. Prostliiostomum Quatref. Mund dem Vorderende genähert. Der oblonge Körper mit zahlreichen Augen, von denen einige in einem oder zwei Haufen am hintern Kopftheil liegen, die andern vorn am Rande in Bogen vertheilt sind. Männlicher Geschlechts- apparat mit mächtigen Anhangsdrüsen in der Penisscheide. Die Geschlechtsöfl'nungen ziemlich in der Mitte. Pr. arctum Quatref., Neapel. Pr. affine Stimps u. z. a. A. Diployxchiis Stimps. Der Kopftheil des oblongen dicken Leibes mit 2 Augen tragenden Occipitalpapillen, ohne Randaugen. D. marmoratus Stimps. Typhlolepta Oerst. Augen fehlen. T. cocca Oerst., Nordsee. Die an Echinodermen schmarotzenden von Stimpson als Gattungen unterschiedenen Cryptocoeluvi {C. opacum auf Echinarachnius) und Typlüo- colax {T. acuminata auf einer Chirodota) sind generisch nicht zu trennen. 3. Fam. Cephaloleptidae. An dem breiten flachen Körper sondert sich der Kopf- theil schärfer imd endet saugnapfartig. 2 Augen. Vor dem ziemlich in der Mitte 414 4. Ordnung. Nemertini. liegenden Mund finden sich die GenitalöfFnungen. Cephalolepta Dies. C. macrostoma Dies., Brackwasserform. 4. Farn. Euryleptidae. Der glatte oder papillentvagende Leib verbreitert. Am Vorderrande des Kopfes 2 tentaculare Lappen. Mund vor der Mitte gelegen. Zahlreiche Augen finden sich in der Nähe des Vorderrandes. Meeresbewohner. Thysanozoon Gr, {Aeoiidiceros Quatref.). Mit Stirnausschnitt und zahlreich-Jn Rückenpapillen. Augen im Nacken und zuweilen auch an den Fühlern. Mund ziemlich in der Mitte; ebenso die männliche Geschlechtsöffnung. Die weibliche Geschlechtsölfnung nach hinten gelegen. 77t. Dicsinfjii Gr., Th. Brocchi Oerst. , Mittelmeer. Th. austraJc, discuideiim Stimps. Planeolis Stimps. Die Papillen sind auf zwei Seitenreihen vertheilt. Der grosse deutlich gesonderte Kopftheil mit 2 grossen Tentakeln. Augen auf diesen und am Kopf. PL Panormus Quatref. Proceros Quatref. {Prostheceraeus Schm.). 2 Stirntentakeln. Körper platt. Augen in der Nackengegend und an den Tentakeln, Genitalöffnungen nach hinten gelegen. Mund ziemlich weit nach vorn gerückt. P. Argus Quatref., corniitus 0. Fr. Müll., Europ. Meere. P. microceraeus Schm., Ind. Ocean. {Procerodes Gir., besitzt nur 2 Augen). Eurylepta Hempr. Ehrbg. Der dünne glatte Leib mit sehr genäherten ten- takulären Lappen. Die Augen in einer oder mehreren Nackengruppen oder fehlen ganz. Mund ungefähr '/* der Körperlänge vom Vorderrande entfernt. (Ob generisch von Pro- ceros verschieden?) E. auriculata 0. Fr. Müll., Nordsee. E. superha Schm., Ind. Ocean. Augenlos sind E. limhata Rüpp., ruhrocincta Schm. 4. Ordnung. ISremertini = Rhynchocoela. Schimr^vürmer . Lauggestrechte, häufig ha)tdförmigcStrudeJtvürmer mit geradem in einer Afteröffnung ausmündenden Darm und gesondertem vorstülpbaren Rüssel, meist mit nvei Wimpergruhen am Kopftheil, getrennten Geschlechts. Die Schnurwürmer sind nicht nur durch ihre langgestreckte oft band- förmig verlängerte Leibesform , sondern auch durch ihre bedeutende Körper- grösse und hohe Organisation vor den übrigen Turbellarien ausgezeichnet. Ihre Haut weist die äussere Zellenschicht , welche auf cuticularem Saume die Wimperbekleidung trägt, sowie die untere durch ein dünnes Häutchen von jener getrennte bindegewebige Cutis auf. Diese enthält die Pigmente sowie 1) Ausser Oerstedt, 0. Fr. Müller, Duges, Johnston, Delle Chiaje vergl. A. de Qnatrefages, Memoire sur la familie des Nemertines. Annales de sc. natur. Ser. 3. Tom. VI. 1846. Frey und Leuckart, Beiti'ä^e zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braunschweig. 1847. Ed. Clapare de, Etudes anatomiques sur les Annelides Turbellaries observes dans les Hebrides etc. Mem. de la Soc. de Phys. et d'hist. nat. de Geneve. Tom. XVI. 1861. Derselbe, Beobachtungen zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere. Leipzig. 1863. W. Keferstein, Untersuchungen über niedere Thiere. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XII. 1862. Mc. Intosh, On the structure of the British Nemerteans. Transact. Edinb. Royal Soc. Tom. XXV. 1 und 2. A. F. Marion, Animaux inferieures du Golf de Marseille. Ann. des sc. natur. Ser. 5. Tom. XVII. 1873 mit Nachtrag. Ebendas. Ser. 6. Tom. T. 1874. Hubrecht, Untersuchungen über Nemertinen aus dem Golfe von Neapel. NiederL Arch. für Zool. Tom. II. Dick, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Nemertinen. Jenaische naturw. Zeitschr. Neue Folge. Tom. I. 1874. Mosely, On Pelagonemertes Rollestoni. Ann. and Mag. nat. bist. Tom. XV. 1875. Barrois, Memoire sur l'Embryologie des Nemertes. Paris. 1877. J. von Kennel, Beiträge zur Kenntniss der Nemertinen. Arbeiten des zool. -zoot. Institutes. Würzburff. Tom. IV. 1878. Organisation der Nemertinen. 415 flaschen förmige Schleimdrüsen; dann folgen mächtige von Bindegewebe durch- setzte Müskelschichtcn , von denen die äussere bei den Anoplen mächtig ent- wickelte Längsmuskelschicht den enoplen d. h. mit Stiletbewaffnung des Rüssels versehenen Nemertinen fehlt, so dass hier nur eine mächtige Ringmuskellage und eine innere Längsmuskelschicht auftritt. Die Bindegewebszüge aber erstrecken sich aus der Muskulatur in den Leibesraum hinein und sollen hier förmliche Dissepemente bilden, welche die blindsackartigen Darmanhänge trennen (Hubrecht). Es würde dann ähnlich wie bei den Anneliden eine Art Kammerung entstehen, deren Vorhandensein freilich von Barroi s entschieden bestrilten wird. Stets findet sich über dem Darmcanal , welcher am hintern Körperende aus- mündet, ein langer vorstülpbarer, zuweilen mit stiletförmigen Stäben bewaffneter schlauchförmiger Rüssel, welcher vor der Mund Öffnung durch eine besondere Oeffnung hervortritt und in eine besondere von der Leibeshöhle getrennte Muskelscheide zurückziehbar ist (R. Leuckart). Zuerst für einen zum Ge- schlechtsapparat gehörigen Anhang , später für einen Theil des Darmcanals gehalten und erst durch Delle Chiaje undRathke als selbstständiger (wahr- scheinlich dem Tastrüssel der Prostomeen entsprechender) Rüsselschlauch er- kannt, enthält derselbe im Grunde seines Hauptabschnitts bei zahlreichen Nemertinen {Enopla) einen grössern nach vorn gerichteten Stachel und zu dessen Seiten in Nebentaschen mehrere kleinere Nebenstacheln. Der da- hinter gelegene drüsige Rüsselabschnitt, an wx^lchem sich die Retractoren befestigen, ist mit Glaparede als Giftapparat aufzufassen. Beim Hervor- strecken des Rüssels rückt die am blindgeschlossenen Grunde angebrachte Stachelbewaffnung an die äusserste Spitze. Das Gehirn erlangt eine bedeutende Entwicklung, seine Hälften lassen mehrfache Abschnitte, gewöhnlich eine obere und untere Ganglienmasse, nachweisen und sind durch eine doppelte den Rüssel umgreifende Commissur verbunden. Die zwei untern Ganglien setzen sich in die beiden seitlichen Nervenstämme fort , welche in einzelnen Fällen (Oerstedtia) an der Bauchseite zusammemücken. Dieselben enthalten nicht nur Fasern, sondern einen oberflächlichen Belag von Ganglienzellen , welche an den Abgangsstellen von Nervenästen ganglienähnliche Anschwellungen ver- anlassen können. Bei den Embryonen von Prosorhochmus Claparedii sollen die Nervenstämme mit einer Anschwellung enden. Am Kopftheil finden sich zwei stärker bewimperte als Kopfspalten be- zeichnete Einsenkungen, unter welchen besondere von Nerven des Gehirns ver- sorgte wahrscheinlich als Sinneswerkzeuge fungirende Seitenorgane, beziehungs- weise die hintern Gehirnanschwellungen , liegen. Mit Unrecht hielt man diese Spalten früher für Oeffnungen von Athemorganen. Augen kommen sehr ver- breitet vor und zwar in der Regel als einfache Pigmentflecken, selten mit ein- gelagerten lichtbrechenden Körpern. Nur selten , wie bei Oerstedtia pallida, finden sich zwei Otolithenblasen am Gehirn. Die Nemertinen besitzen im Gegensatze zu allen andern Plattwürraern ein ßlutgefässsystem. Dasselbe besteht aus zwei geschlängelten Seilengefässen , in denen das Blut von vorn nach hinten strömt, und aus einem gerade gestreckten Rückengefäss mit umgekehrt gerichtetem Blutstrom. Das letztere ist am hintern Körperende und in der Gegend des Gehirns durch weite Schlingen und im 416 Fortpflanzung und Entwicklung der Nemertinen. Verlaufe durch zahlreiche engere Queranastomosen mit jenen verbunden. Diese Gefässe liegen in der Leibeshöhle und haben contractile Wandungen. Das Blut ist meist farblos, bei einigen Arten jedoch röthlich gefärbt. Bei Amphi- porus sphndens , Botiasia splendida ist sogar die rothe Farbe (Haemoglobin) an die ovalen scheibenförmigen Blutkörperchen gebunden. Das Vorhandensein eines Wussergafässsystemes erscheint überaus wahrscheinlich, obwohl die Jüngern Autoren von demselben keine eingehendere Darstellung miltheilen. Indessen hat schon vor vielen Jahren MaxSchultze für Teirastemma obscnrum zwei mit zahlreichen seitlichen Aesten besetzte Längsstämme mit besondern Mündungen als V^assergefässe beschrieben und auch für andere Nemertinen ähnliche Gf fasse hervorgehoben. Obwohl dieselben von den spätem Beobachtern nicht wiedergefunden wurden und selbst in der umfassenden Monographie Mc. Intosh's keine Berücksichtigung erfahren, sind sie gewiss in weiter Ver- breitung vorhanden. In der That hat neuerdings v. Kennel die seitlichen Stämme des Wassergelasses nebst Ausmündungsporen bei verschiedenen Nemertinen {Malacobdella, Isotosperwiis, Dicpavophorus) nachgewiesen und aus seinen Befunden mit Recht die Wahrscheinlichkeit ihrer allgemeinen Ver- breitung gefolgert. Mit dem Seitenorgane und den Kopfspalten stehen jedoch die Wassergefässe in keiner Beziehung. Die Schnuiwijrmtr sind von wenigen Ausnahmen abgesehen {Borlasia her- maphroditica, Kcfersteinii) gelrennten Geschlechts. Beiderlei Geschlechtsorgane besitzen den gleichen Bau und erweisen sich als mit Eiern oder Samenfaden gefüllte Schläuche, welche in den Seitentheilen des Körpers, zwischen die Taschen des Darms gedrängt, durch paarige Oeffnungen der Körperwand nach aussen münden. Nach Hubrecht sollen sich die Geschlechtsdrüsen in der Dicke der Dissepimente entwickeln und (bei Mechelia somatotomus) auf der Rückenseite ausmünden. Die ausgetretenen Eier bleiben häufig durch eine schleimige Gallerte verbunden und werden dann in unregelmässigen Massen oder als Eierschnüre abgesetzt, aus deien Mitte das Thier ähnlich wie der Blut- egel aus dem Gocon hervorgekrochen ist. Einige Formen wie Frosorochnms Claparedii und Tetrastemma obscurum sind jedoch lebendig gebärend und bergen die sich entwickelnden Embryonen bis zur Geburt in der Leibeshöhle. Bei Fr. Claparedii erfolgt die Entwicklung in den erweiterten Ovarien. Die Entwicklung ist bei den lebendig gebärenden Nemertinen eine direkte, bei den Eier legenden Formen häufig wie bei vielen Anoplen eine Metamor- phose, bald mit bewimperten Larven, unter deren Hülle das spätere Thier direkt seinen Ursprung nimmt, bald mit helmförmigen Larvenzusländen, welche früher als Arten einer vermeintlich selbstständigen Gattung Füidium ^) beschrieben , mehrfache Analogieen zu den Echinodermenlarven bieten. Kowalewsky beobachtete bei einer anoplen Nemertine die Entwicklung der Püidiu7n]i\rve aus dem Ei. Nach Verlauf der totalen Furchuns' bildet sich aus 1) Vergl. die Beobachtungen von Joh. Müller, Busch, Krohn, Gegenbaur, Leuckart und Pagenstecher, Kowalewsky, Metschnikoff (Menioires de l'acad. imper. de St. Petersbourg. T. XIV. N. 8) und Bütschli, Archiv für Naturg. 1873. Eutwickliuig. 417 dem Dotter ein kuglig bewimperter Embryo, welcher die Dotterhaut durch- bricht, als Larve umherschwimmt und bald eine conische Form aimiimnt, mit taschen förmiger Einstülpung an der Basis und langer Wimpergeissel an der gegenüberstehenden Spitze. Die eingestülpte Wand ist die Anlage des Ver- dauungscanals , an dem zwei überaus bewimperte Abschnitte, die durch die Mundöffnung ausmündende Speiseröhre und der dickwandigere blindgeschlossene Magendarm zur Sonderung gelangen. Zu den Seiten der eingestülpten Höhle bildet sich je ein breiter Lappen, welcher wie überhaupt der gesammte Rand der basalen den Mund umgebenden Fläche von einer stärkern Wimperschnur umsäumt wird. Die Anlage des Nemertinenleibes erfolgt vermittelst zweier von der Ectodermbekleidung aus eingestülpter Scheibenpaare, von denen das eine oberhalb einer vordem, das andere oberhalb einer hintern Einbuchtung der Wimperschnur sich befindet. Dieselben bilden durch Verwachsung einen kahnibrmigen den Magen und Darm der Larve aufnelmienden Keimstreifen, aus welchem der Bauchtheil und Kopf des spätem Nemertcs hervorgeht, während die Körperbedeckung des Rückens erst secundär entsteht und den Verdauungsapparat umwächst. Dieser Keimstreifen setzt sich — abgesehen von einer Amnionumhüllung — aus zwei Keimblättern zusanunen, von denen das äussere die zellige Oberhaut und das Nervencentrum, das innere den Haut- muskelschlauch liefert. Der Rüssel entsteht als Einstülpung am Vorderende des Keimstreifens. Während sich diese Entwicklungsvorgänge im Innern des FUidiiimkörpers vollziehn, gewinnt die Nemertinenanlage eine wurmförmige Gestalt und bekleidet sich an der Oberfläche mit Wimperhaaren , durch deren Schwingungen die in der Amnionhülle befuidliche Flüssigkeit in Bewegung geräth. Auch bildet sich am Hinterende der jungen Nemertine ein Schwanz- anhang, welcher als Larvenorgan auf den aus dem Pilidiumreste ausschlüpfenden jungen Nemertinen {Alardus Busch) beschränkt bleiben kann. In andern Fällen schlüpft jedoch der junge Nemertes ohne den Schwanzanhang aus, welcher wohl eine nähere Beziehung zur Gattung Micrura andeutet. In jüngster Zeit hat sich vornehmlich Barrois eingehend mit embryolo- gischen Studien an Nemertinen beschäfiigt und gezeigt, wie einfacher gestaltete Nemertinenlarven {Desor's Larve) auf Pilidium zurückführbar sind. Auch bei diesen letzlern (Larve von Lineas ohsciirus) repräsentirt der sich entwickelnde Embryo eine Gastrula, welche vier Scheiben erzeugt, in deren Peripherie jedoch die Bildung des Amnions unterbleibt. Die Seitenorgane sollen durch Ausstül- pung vom Oesophagus aus entstehen, der Rüssel entwickelt sich aus einem soliden Zapfen an der Vereinigungsstelle des vordem Scheiljenpaares. Auch hier wird die sich abhebende aus dem Ectoderm der Gastrula hervorgegangene Larven- haut abgestossen, nachdem sich aus der äussern Schicht der Scheiben die bleibende Oberhaut gebildet hat. Auch in den Eiern der Enoplen, welche (Tetrastemma candiduni, Amphiporus lactifloreus) eine directe Entwicklung durchlaufen, soll sich nach Einschmelzung der centralen Furchungskugeln eine Art Gastrula durch Invagination der peripherischen Zellenlage ausbilden, während bei Tetrastemma dorsale und varicolor und ähnlich bei Nemertcs (Pülia) carcinophilus und Cephalothrix linearis, deren Jugendformen einen Claus, Zoologie. 4. Auflage. 27 418 Enopla. terminalen Geisseischopf tragen, die Furchungskugeln sich sogleich in Ectoderm, Mesoderm und Entoderm zu differenziren scheinen. Die Nemertinen leben vorzugsweise im Meere unter Steinen im Schlamm, die kleinern Arten aber schwimmen frei umher. Auch gibt es land bewohnende Nemertinen {Tetrastemma agricola Will. Suhm, Geonemertes paJaeensis Semp.) und selbst pelagisch lebende Formen {Felagonemertes Mos.). Einzelne Arten bauen Röhren und Gänge , die mit einem schleimigen Absonderungsprodukt ausgekleidet werden. Die Nahrung besteht bei den grössern Arten vornehmlich aus Röhrenwürmern , die sie aus ihren Gehäusen mittelst des Rüssels hervor- ziehn. Indessen gibt es auch parasitische Nemertinen, welche meist an Krabben schmarotzen {Nemertes carcinoiihila, Cephalothrix galatheae) oder an Mantel und Kiemen von Muschelthieren leben und in diesem Falle wie die Hirudineen, denen sie seither zugerechnet wurden , mit einem hintern Saugnapf bewaffnet sind {Mulacohdella). Die Schnurwürmer zeichnen sich durch Lebenszähigkeit und Reproduktionsvermögen aus. Verstümmelte Theile werden in kurzer Zeit wieder ersetzt, und Theilstücke, in welche einzelne Arten leicht zerbrechen, sollen sich unter günstigen Umständen zu neuen Thieren entwickeln können. Nach dem Vorgange von M. Schnitze kann man die Nemertinen nach der Bewaffnung oder Nichtbewaffnung in zwei Gruppen Enopla und Anopla ein- theilen, zuma! auch die Muskulatur der Körperwand, die Gestaltung des Gehirns und der seitlichen Kopfspalten in beiden Gruppen bedeutende Verschieden- heiten bieten. 1. Unterordnung. Enopla. Der Rüssel ist mit Stileten bewaffnet. Die kurzen, oft trichterförmigen Kopfspalten stehen mit Seitenorganen in Verbin- dung, welche den hintern Gehirnanschwellungen der Anoplen entsprechen. Am Gehirn sind die obern Ganglien wenig nach hinten verlängert und lassen die untern, aus welchen die Seitennerven entspringen, ganz frei. Hautmuskel- schlauch ohne äussere Längsmuskelschicht. Entwicklung ohne Metamorphose. 1. Farn, ilmphiporidae. Ganglien mehr gerundet. Die seitlichen Nervenstämme verlaufen innerhalb der fiautmuskelschichten. MundöfFnung an der Ventralseite nahe dem vordem Körperende, vor den Couimissuren der Ganglien. Seitenorgane vom Gehirn durch Stränge entfernt, mit engem Wassercanal. Amphiijorus Ehrbg. Augen mehr oder minder zahlreich, niemals in einem Viereck gruppirt. Köi-perform mehr kurz und gedrungen, mit schwach abgesetztem Kopfende. A. lacfifloreus Johnst. {Ommatoi^lea rosea Johnst., Nemertes mandilla Dies., Polia man- dilla Quatr.). Lebt unter Steinen, von den nordischen Meeren bis zum Mittelmeer ver- breitet, 3 bis 4 Zoll lang. A. spectabilis Quatr. {Nemertes spectahilis Dies., Cerebratulus spectabilis M. Seh. Gr.) Borlasia spletidida Kef., Mittelmeer und Adria. Nahe verwandt, aber durch die eigenthümliche Küsselbildung verschieden, ist Drepatwphorus Hubr. Anstatt des Stilets eine Platte mit zahlreichen kleinen Spitzen. Neben dem die Platte tragenden Bulbus 8 — 10 Taschen mit je 4 bis 5 Reservespitzen. D. ruhrostriatus Hubr., Neapel. Tetrastemma Ehrbg. Körper meist langgestreckt, mit vier im Viereck gruppirten Augen. Tr. candidum 0. Fr. Müll. {Faseiola =,Planaria Candida 0. Fr. Müll., Folia quadrioculata Quatr. Frey. Leuck. Gr.), Canal. T. dorsale Abildg. , Schottland und Canal. T. obscurum M. Seh. Lebendig gebärend, Ostsee. T. agricola Will. Suhm, Landbewohner. Anopla. 419 Prosorhochmus Kef. Vier dicht gedrängt stehende Augen. Kopf am Vorderende, herzförmig ausgeschnitten, an der Rückenseite dreilappig. Tr. Claparedii Kef. Ovovi- vipar, St. Vaast. Nemertes Cuv. Körper sehr verlängert, mit kurzem Rüssel. Augen zahlreich. N. gracilis Johnst. , Canal. N. Neesii Oerst. , Schottland und Canal. N. carcinophila KöU. {Polia involuta Van Ben.), lebt am Abdomen des Weibchens von Carcinus maenas, Mittelmeer. Hierher gehört wohl auch Prorhynchus M. Seh. Der cylindrische Körper entbehrt der Augen und besitzt einen nach M. Schultze nur kurzen zum Vorstossen geeigneten Rüssel, dessen Bewafthung unmittelbar hinter der vordem Oeffnung liegt. Nach Schneider sollte freilich der vermeintliche Rüssel ein Penis sein. P. stagnalis M. Seh. Süsswasser- form von 2 Linien Länge. Auch landbewohnende Nemertinen, wie z. B. Geonemertes pelaeensis (Pelew-Inseln) sind bekannt geworden. "2. Unterordnung. Anopla. Mund hinter der Gommissur des Gehirns. Der Rüssel entbehrt der Bewaffnung. Die langen Kopfspalten nehmen die ganze Seite oder doch den vordem Theil des Kopfes ein und führen in die Seitenorgane, welche unmittelbare Fortsätze der obern Gehirnlappen sind. Diese decken die unteren wenig entwickelten völlig. Gelasse mit bogenförmigen Querschlingen. Entwicklung häufig mittelst bewimperter Larven. 1. Farn. Lineidae. Ganglion verlängert. Eine äussere Längsmuskelschicht meist vorhanden. Kopf mit tiefer Spalte jederseits. Lineus Sowb. Kopf deutlich vom Körper abgesetzt, etwas verbreitert. Augen meist zahlreich. Kopfspalten bis zur Höhe des Mundes. Körper hinten allmählig zuge- spitzt, sehr lang, gewöhnlich verknäuelt. L. wrtriwMS Mont. , longissimus Simens {Sea- long-ivorm des Borlase, Borlasia angliae Oerst., Nemertes Borlasii Cuv.), wird 15 Fuss und mehr lang. Engl. Küste. L. gesserensis 0. Fr. Müll., 4 bis 9 Zoll lang. L. hilineatus Delle Ch. Cerebratulus Ren. Körper vorn zugespitzt, abgeflacht, an den Rändern etwas ver- dünnt. Augen kaum bemerkbar. C. angulatus 0. Fr. Müll. {Meckelia serpentaria Dies.) Von Grönland bis zu den brit. Küsten. C. marginatus =i -Meckelia somaiotomus F. S. Lkt., Adria und Mittelmeer. Micrura Ehrbg. Körper minder gestreckt als bei Lineus, mit einer caudalen als Haftorgan fungirenden Verlängerung. M. fasciolata Ehrbg., Nord. Meere bis zur Adria, 3 bis 4 Zoll lang. M. aurantiaca Gr. Carinella Johnst. Körper sehr langgestreckt, vom Kopfe ab nach hinten allmählig verjüngt. Kopfende gerundet. C. anmilata Mtg. {Polia criicigera Delle Gh., Valencia ornata Quatr. Gr.), Küste von England, Frankreich, Mittelmeer und Adria. 2. Fam. Cephalotricidae. Die Kopfspalten und Seitenorgane fehlen. Kopf nicht abgesetzt, sehr lang und zugespitzt. Ohne hintern Saugnapf. Die Nervenstämme ver- laufen zwischen der Längsmuskelschicht und einer isolirten innern Faserlage gleicher Richtung. Cephalothrix Oerst. Körper drehrund, sehr lang, fadenförmig und sehr con- traktil. Mund in einiger Entfernung vom Vorderende. C. bioculata Oerst. = Planaria linearis Rathke, Sund. C. galatheae Diek, lebt parasitisch auf Galathea und soll besondere Haftorgane besitzen. 3. Fam. MalacobdeUidae ^). Ohne Kopfspalten und Seitenorgane, mit einfachem gewundenen Darm und mit breitem Saugnapf am Hinterende. Die Nervenstämme liegen 1) VergL ausser J. v. Kennet 1. c. noch C. K. Hoffmann, Zur Anatomie und Ontogenie der Malacobdella. Niederl. Archiv für Zoologie. Tom. IV. 1877. 27* 420 II. Classe. Nemathelminthes. innerhalb der Muskulatur, welcher die äussere Längsfaserlage fehlt, und sind durch eine Analcommissur über dem After vereint. Malacohdella Blainv. Körper breit und flach, mit querem Mund am Vorderende. M. grossa 0. Fr. Müll., schmarotzt in der Mantelhöhle verschiedener Muschelthiere, wie Mya, Cyprina etc. II. Classe. Seiiiathelmiuthes, Rundwürmer. Würmer von drehrmidcm, schlauch- oder Jadenförmiyem Körper, ohne Gliederung, aber häufig mit Uinyelung, mit Papillen oder mit Hukenbeivaffhiing am vordem Pole, getrennten Geschlechts. Die Gestalt des ungegliederten Leibes ist drehrund, mehr oder minder langgestreckt, schlauchförmig bis fadenförmig und in der Regel an beiden Körperenden zugespitzt. Stets fehlen Extremitätenstummel und mit seltenen Ausnahmen bewegliche Borsten, dagegen kommen nicht yelten besondere Waffen und Haftorgane als Papillen, Zähne und Haken an dem vordem Körper- ende vor, wie auch in einzelnen Fällen am Bauche kleine Sauggruben zur Befestigung während der Begattung auftreten können. Rücken und Bauch- fläche sind nur in einer Ordnung {Nematodes) schärfer bezeichnet. In der Regel besitzt die Haut eine verhältnissmässig bedeutende Stärke der Guticular- schichten und einen vollkommen entwickelten Muskelschlauch, welcher nicht nur Einschnürungen, Biegungen und Krümmungen, sondern bei dünnern faden- förmigen Nematoden auch Schlängelungen des Leibes gestattet. Die vom Hautmuskelschlauch umschlossene Leibeshöhle enthält die Blutflüssigkeit, sowie die Verdauungs- und Geschlechtsorgane. Ein Blutgefässsystem und gesonderte Pespirationsorgane fehlen durchaus. Dagegen scheint ein Nervensystem überall vorhanden zu sein; \on Sinnesorganen kommen bei freilebenden Formen nicht selten einfache Augenflecken oder mit lichtbrechenden Körpern ausgestattete Augen vor. Zum Tasten dient vielleicht überall vornehmlich das vordere Körperende , zumal wenn sich Papillen und lippenartige Erhebungen an dem- selben finden. Sehr verschieden gestalten sich die V^erdauungsorgane. Bei den Acanthocephalen fehlen Mund und Darm vollständig, und die Ernährung erfolgt wie bei den Cestoden durch die äussere Haut , die Nematoden dagegen besitzen stets eine am vordem Körperpole gelegene Mundöffnung, einen Oeso- phagus und langgestreckten Darmcanal, welcher meist in der Nähe des hintern Körperendes auf der Bauchseite durch den After ausmündet. Nur ausnahms- weise fehlt diese Ocflnung. Die Excretionsorgane treten in verschiedenen und zwar von dem Wassergefässsysteme erheblich abweichenden Formen auf, bei den Nematoden als paarige in gemeinsamen Porus ausmündende Canäle, welche in die sogenannten Seitenfeldrr oder Seitenlinien fallen, bei den Acanthoce- phalen als ein System sich verzweigender subcuticularer Canäle. Von seltenen Ausnahmen abgesehen sind die Nemathelminthen getrennten Geschlechts und 1. Ordnung. Nematodes. 421 entwickeln sich direct oder mittelst einer Metamorphose. Larven und Geschlechtsthiere sind nicht selten auf zwei verschiedene Träger vertheilt. Der grössten Mehrzahl nach sind die Rundwürmer Parasiten , entweder zeitlebens oder in verschiedenen Altersstadien, indessen kommen auch frei- lebende Formen vor, welche oft zu parasitischen Rundwürmern die nächste Verwandtschaft zeigen. Wir unterscheiden die beiden Ordnungen der Nematodes und Acautho- ce/jhali, von denen die letztere freilich von mehreren Zoologen wegen der ähn- lichen Muskulatur mit den Gephyreen zusammengestellt worden ist. 1. Ordnung. ^STematodes ') , TSTematodeii. FaderiAviii'iner. Riwclwürmer von latigg est rechtem, spul- oder fadenförmlf/em Körper, mit Mund und Durmcanal, meist parasitisch lebend. Die Nematoden besitzen einen drehrunden meist sehr gestreckten faden- förmigen Leib, dessen Bewaffnung, wenn überhaupt eine solche auftritt, durch Papillen am vordem Körperpole in der Umgebung des Mundes oder durch Spitzen und Haken, auch wohl einen Stachel innerhalb der Mundhöhle gebildet wird. Die am vordem Körperende befindliche Mundötfnung führt in eine enge Speiseröhre, welche in der Regel aus einem dreikantigen von einer dicken Lage radiärer (in der Peripherie auch oft longitudinaler) Muskelfasern umgebenen Ghitinröhre besteht und häufig zu einem muskulösen Bulbus, Pharynx, an- schwillt. Zwischen den Muskelfibrillen sind vornehmlich im hintern bulbösen Abschnitte einzelne Kerne in einer körnigen Zwischensubstanz eingelagert und nicht selten (z.B. he\ Eustrongijlus) kanalartige Räume, selbst Drüsen- einlagerungen (yl.^car<5 megalocephala) zu unterscheiden. In einzelnen Gattungen (Rhubditis, Oxyuris, Hcterakis) bildet die Ghitinröhie des Pharynx leistenartige Vorsprünge, sog. Zähne, nach denen hin die Radiärmuskeln in Form kegel- 1) Rudolphi, Entozoorum sive vermium intestinaliura historia naturalis. 3 Bde. 1808—1810. Bremser, Icones helminthum. Wien. 18-2:1 Cloquet, Anatomie des vers intestinaux. Paris. 1834. Dujardin, Histoire naturelle des helminthes. Paris. 1845. Diesing, Systema helminthum. 2 Bde. Wien. 1850—51. Derselbe, Revision der Nematoden. Wiener Sitzungsberichte. 1860. Claparede, De la formation et de la fecondation des oeufs chez les vers Nematodes. Geneve. 1859. Davaine, Traite des Entozoaires et des maladies vermineux etc. Paris. 1860. A. Schneider, Monographie der Nematoden. Berlin. 1866. Bastian, On the anatomy and physiology of the Nematoids, parasitic and free etc. Phil. Transact. roy. soc. Tom. 155. 1866. Gren acher, Zur Anatomie der Gattung Gordius. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. Tom. XVIII. 1868. R. Leückart, Untersuchungen über Trichina spiralis. Leipzig und Heidel- berg. 1866. 2te Auflage. Derselbe, Die menschlichen Parasitfn etc. Tom. II. Leipzig und Heidelberg. 1876. Perez, Recherches anatomiques et physiologiques sur l'anguillula terrestris. Annal. des sc. nat. 1866. C.Claus, Ueber Leptodera ajqjendiculata. Marburg. 1868. Bütschli, Untersuchungen über die beiden Nematoden der Periplaneta Orientalis. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXI. 1871. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss des Nervensystems der Nematoden. Archiv für mikr. Anatomie. Tom. X. 422 Parmcanal. Integument und Musculatur. förmiger Bündel eonvergiren. Seiner Funktion nach ist der Oesophagus im Wesentlichen als ein Saugrohr zu betrachten , welches durch geringe von vorn nach hinten fortschreitende Erweiterungen seines Lumens Flüssigkeiten auf- nimmt und in den Darm leitet. Auf den Oesophagus folgt ein weites mit zelligen Wandungen versehenes Darmrohr mit der nicht weit vom hintern Körperende auf der Bauclifläche mündenden Afteröffnung. Es ist immer nur eine einzige Lage von dunkelkörnigen Zellen, welche sich an der einer äussern Muskelschicht entbehrenden Stützmembran der Darmwand anlagert, und durchweg noch einen inneren das Lumen begrenzenden homogenen oder radiär gestreiften (Poren?) Cuticularsaum trägt. Selten sind dieselben nur auf zwei Längsreihen beschränkt, die durch im Zickzack verlaufende Nähte in einander greifen {Rhahditis, Leptodera). Am hintern Darmstück, das in den mehr oder minder deutlich abgegrenzten Enddarm oder Mastdarm übergeht, finden sich jedoch meist besondere Muskelfasern auf der äussern Seite der Wandung ange- lagert, welche diesem Theil die Fähigkeit selbstständiger Contraktionen verleihen. Auch treten häufig noch Muskelfasern von der Haut nach der Wandung des Mastdarms heran. Bei einigen Nematoden, den Saitenwürmern oder Gordiacecn (Gordins), kann der Darm im ausgebildeten geschlechtsreifen Zustande eine Rückbildung erleiden. So erklärt es sich, dass ausgezeichnete Beobachter nicht nur das Vorhandensein von Mund und After bestreiten, sondern sogar die perienterische Bindesubstanz (Zellkörper) von Gordius für das Aequivalent des Darmes ausgeben konnten. Die derbe , oft quergeringelte und aus mehrfachen theilweise gefaserten Schichten gebildete Cuticula ^) liegt einer weichen feinkörnigen hier und da Kerne enthaltenden Subcuticularschicht {Uypodermis) auf, welche als die Matrix der erstem anzusehn ist. Auf diese folgt nach innen der hochentwickelte Hautmuskelschlauch, an welchem bandartige, spindelförmige Längsmuskeln vorwalten. Die Körperoberfläche kann zuweilen Sculpturen, z. B. polyedrische Felder und Längsrippen zeigen und Fortsätze in Gestalt von Höckerchen, Stacheln und Haaren besitzen. Häutungen, d. h. Abstreifungen der Cuticular- schichten , scheinen ausschliesslich im jugendlichen Alter vorzukommen. Die auf Zellen zurücktührbaren Muskeln setzen sich häufig in blasige oft mit Aus- läufern versehene Anhänge fort, welche einen hellen, zuweilig körnig faserigen Inhalt (Marksubstanz) besitzen und in die Leibeshöhle hineinragen. Je nach- dem die Zahl der nach bestimmten Gesetzen angeordneten Muskelzellen auf dem Querschnitt eine nur geringe (8) oder eine beträchtliche ist , werden die betreffenden Nematoden als Meromyarier oder Folymyarier ^) bezeichnet. Bei den letztern stehen die Muskelzellen häufig durch quere Ausläufer der Mark- substanz, welche sich über den sog. Medianlinien zu je einem Längsstrange vereinigen , in gegenseitigem Zusammenhang. 1) Dieselbe kann auch Erhabenheiten mancherlei Art, ja in einzelnen Fällen ein vollständiges Stachelkleid tragen {Cheiracanthics Dies. = Gnathostoma Ow. Ch. hispi- dum Fedsch.). 2) Holomyarier im Sinne Schneiders, bei denen die fibrilläre Muskelsubstanz in ein vielkerniges Blastem eingebettet sei, gibt ee nicht. Seitenfelder. Excretionsorgane. Nervensystem. 423 Fast überall, Gordius ausgeßommen, bleiben am Nematodenleib zwei seitliche Längsstreifen von Muskeln frei, die sogenannten Seitenlinien oder Seiten felder , welche zuweilen den anliegenden Muskelfeldern an Breite gleich- kommen. Dieselben werden von einer feinkörnigen mit Kernen durchsetzten Substanz gebildet oder sind wirkliche Zellstränge und umschliessen ein helles, Körnchen enthaltendes Gefäss, welches sich meist mit dem Gefässe der entgegen- gesetzten Seite in der vordem Körperpartie verbindet und in einer gemeinsamen Querspalte, dem Gefässporus, in der Medianlinie an der Bauchfläche ausmündet. Die Seitenlinien gelten wegen ihres Baues als dem Wassergefässsysteme analoge Excretionsorgane. Ausser den Seitenhnien wird der Hautmuskelschlauch durch die sogenannten Medianlinien {Rüchen- und Bauchlinien) unterbrochen, zu denen zuweilen noch sogenannte accessorische Medianlinien in der Mitte zwischen Hauptmedianlinie und Seitenfeld hinzukommen können. Ueber die Function dieser von den Seitenlinien wohl zu unterscheidenden schmalen Streifen, welche als direkte Ausläufer der Subcuticularschicht anzusehen sind und wie diese im Jugendzustand Kernreihen enthalten können, herrscht bislang keineswegs voll- kommene Klarheit. Sehr mächtig erscheint der einer Medianlinie entsprechende sog. Bauchstrang von Gordius , dem vielleicht die Bedeutung eines elastischen Stabes zukommt. Hautdrüsen sind vornehmlich in der Nähe des Oesophagus und im Schwänze als einzellige Drüsenschläuche beobachtet worden. Ein Nervensystem scheint allen Nematoden zuzukommen, wenngleich dasselbe bei der Schwierigkeit der Untersuchung erst bei wenigen Formen aus- reichend nachgewiesen ist. Was Me issner bei Mermis albicans und niyrescens und Wedl und Walter bei einigen Strongyloideen als Nervensystem beschrieben haben, wurde neuerdings von Schneider, Leydig u. a. theils auf Anhänge des Muskelsystems, theils auf Zellen des Schlundes zurückgeführt. Nach Schneider 's Untersuchungen findet sich bei den Nematoden {Äscaris niega- locephala, Oxyuris curvula) ein Nervenring in der Umgebung des Oesophagus. Derselbe liegt dem Schlünde sowohl als den Muskeln und Längslinien dicht an und entsendet nach hinten zwei Nervenstämme, welche in der Rücken- und Bauchlinie {N. dorsalis, ventralis) bis zur Schwanzspitze verlaufen, sodann nach vorn sechs Nervenstämme, von denen zwei in den Seitenhnien {N. laterales), vier in den Zwischenräumen zwischen Seiten- und Medianlinien {N. suhnediani) verlaufen und die Papillen im Umkreis des Mundes versorgen sollen. Die Ganglienzellen liegen theils neben, vor und hinter dem Nervenringe, theils an den Fasersträngen selbst und sind zu Gruppen vereinigt, welche a^s ventrales, dorsales Ganglion und Seitenganglien bezeichnet werden können. R.Leuckart, welcher ganz ähnliche Beobachtungen machte uud das Vorhandensein der Ganglien und des Nervenringes bestätigt, unterscheidet noch eine Ganglien- gruppe in der Medianlinie dicht hinter dem After als Schwanzganglion. Nach Bütschli kommen noch sowohl in der Medianlinie als in den Seitenlinien der Schwanzgegend Ganglien vor. Auch werden von demselben Forscher gewisse Zellen im Umkreis des Oesophagus und unter der Cuticula der Kopfspitze als Ganglienzellen betrachtet. Abzweigungen der medianen Nervenstämme sollen an die Muskelfortsätze treten und die Muskelzellen innerviren. 424 Sinnesorgane. Geschlechtsorgane. Fortpflanzung. Von Sinnesorganen kommen bei einigen freilebenden Nematoden Augen- flecken mit oder ohne lichtbrechende Körper am vordem Körperende vor. Zum Tasten werden sowohl die in der Nähe des Mundes auftretenden Papillen als die Schwanzpapillen dienen. Erstere werden je von nur einer Nervenfaser versorgt, welche kolbig anschwillt und den von der Cuticula überkleideten Haupttheil der Papille bildet. Die Nematoden sind getrennten Geschlechtes (mit Ausnahme des hermaphroditischen Pelodgtes und der zuerst Samenkörper, später Eier erzeugenden Ascnris nigrovenosa). Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen durch ihre geringere Grösse und durch das in der Regel gekrümmte hintere Köiperende. Männliche und weibliche Geschlechts- organe werden durch langgestreckte einfache oder paarige, oft vielfach ge- schlängelte Röhren gebildet, welche in ihren oberen Abschnitten Hoden und Ovarien , in ihren untern Leitungswege und Behälter der Zeugungsstoffe dar- stellen. Die meist paarigen Ovarialröhren, in deren äusserstem Ende die jüngsten Eikeime und nur ausnahmsweise [Leptodera appcndiculata) dotterbereitende Zellen entstehen, sitzen einer gemeinschaftlichen, meist kurzen Vagina auf, welche durch die weibliche Geschlechtsöffnung so ziemlich in der Mitte des Körpers, freilich oft dem vordem oder hintern Pole beträchtlich genähert, selten am hintern Körperende ausmündet. Der männliche Geschlechtsapparat mit seinen kugligen oder hutförmigen Samenkörpern, deren Bildung mit der Eibil- dung auffallende Uebereinstimmung zeigt {RhacJiis etc.) , stellt sich fast all- gemein als ein unpaarer Schlauch dar und mündet gewöhnlich auf der Bauch- seite nahe dem hintern Körperende mit dem Darm gemeinsam aus. In der Regel enthält der gemeinsame Kloakenabschnitt in einer taschen förmigen Aus- buchtung der hintern Wandung zwei spitze Chitinstäbe, sog. Spicala, welche durch einen besondern Muskelapparat vorgestülpt und wieder zurückgezogen werden und zur Befestigung des weiblichen Körpers während der Begattung dienen, hi andern Fällen {Strongyliden) kommt noch eine schirmförmige Bursa als Begattungsorgan hinzu oder es wird der Endtheil der Kloake in Form eines Begattungsgliedes vorgestülpt (Trichhia). Dann liegt die Kloakenöffnung beinahe am äussersten Ende {AcrophaUi), aber doch noch ventral. Fast überall sind in der Nähe des hintern männlichen Körperendes Papillen vorhanden, deren Zahl und Anordnung wichtige Artcharaktere liefert. Die Nematoden legen theils Eier ab, theils sind sie lebendig gebärend. Im erstem Falle besitzen die Eier meist eine harte feste Schale und können in sehr verschiedenen Stadien der Embryonalbildung oder auch vor Beginn derselben vom Mutterthiere abgesetzt werden, im letzteren Falle verlieren sie ihre zarte Hülle schon im Fruchtbehälter des mütterlichen Körpers {Trichiiia, Filaria). Die Befruchtung wird durch Verschmelzung eines Samenkörpers mit dem noch hüllenlosen Eidotter vermittelt. Später folgt nach dem schein- baren Schwunde des Keimbläschens und dem Austritt der Richtungskörperchen eine totale Farchung, bei welcher die Bildung von Kernspindeln der jedes- maligen Theilung der Kerne vorausgeht. Aus den beiden Zellschichten der Furchungskugeln dilferenziren sich Körperwand und Darmkanal, dessen Ab- schnitte schon am Embryo hervortreten. Bei Cucullanus gruppiren sich nach Entwicklung. 425 Bütschli^) die Fiircbungskugeln in Form einer niedrigen Scheibe, welche zwei Zellenlagen enthält , von denen sich die eine durch stärkeres Wachsthum glockenförmig erhebt. Diese Zellenlage wird zum Ectoderm, ihre Einkrümmungs- öffnung zum Mund, von dessen Rand aus das Mesoderm seinen Ursprung nimmt. Anstatt der ursprünglich plumpen Form gewinnt der Embryo allmählig eine langgestr(>ckt-cylindrische Gestalt und liegt nun meist in mehreren Windungen in der Eischale eingerollt. Auch der Gefässporus und die Anlage der Geschlechts- organe sowie selbst der Nervenring sind an dem mit Mund und After ver- sehenen Embryo schon wahrzunehmen. Gleichwohl aber beruht die weitere freie Entwicklung auf einer Art Metamorphose , die oft dadurch complicirter wird, dass sie nicht an dem Wohnorte des Mutterthieres zum Ablauf kommt. Die Jugendzustände vieler, vielleicht der meisten Nematoden, haben einen ganz anderen Aufenthaltsort als die Geschlechtsthiere, indem verschiedene Organe desselben Thieres, oder auch von zwei verschiedenen Thieren die jugendlichen und die geschlechtsreifen Nematoden enthalten. Erstere leben meist in paren- chymatösen Organen frei oder in einer Bindegevvebskapsel encystirt, letztere dagegen vornehmlich im Darmcanal. Schon den altern Zoologen waren ein- gekapselte Rundwürmer bekannt, z. B. Filnria pisciiim des Dorsches und Ascaris incisa in Cysten der Leibeshöhle des Maulwurfs , Würmer , die man früher für selbstständige Thiere hielt. Erst Dujardin und besonders v. Siebold, welche encystirte Nematoden in der Leibeshöhle der Fledermäuse, Wiesel, Raubvögel und Mistkäfer nachwiesen, betrachteten dieselben wie die Finnen als unvollständig entwickelte Würmer, hielten sie jedoch für zufällig verirrte abnormale Formzustände, wogegen zuerst Stein durch Beobachtungen an Nematoden des Mehlkäfers Einsprache erhoben hat. Dass freilich auch die Wanderung und Encystirung jugendlicher Nematoden in Ausnahmsfällen als eine »Verirrung« aufzufassen ist, hat neuerdings Leuckart für die OhiUanus- cysten der Katze zu erweisen versucht. Fast durchweg besitzen die Embryonen eine besondere, durch die Form des Mund- und Schwanzendes bezeichnete Gestalt, zuweilen aber auch in einem Bohrzahn oder in einem Kranze von Stacheln (Gordius) provisorische Aus- stattungen. Früher oder später streifen sie ihre Haut ab und treten dann in ein zweites Stadium ein, das ebenfalls meist als eine weitere Larvenform auf- gefasst werden darf, aus dem nun nach erneueter oder mehrmals vollzogener Häutung die Form des Geschlechtsthieres hervorgeht, hidessen kann sich die Metamorphose dieses zweiten Stadiums auch auf ein einfaches Wachsthum im Organismus des Zwischenträgers reduciren (Ascariden). Uebrigens bieten die Entwicklungsvorgänge der Nematoden zahlreiche Modifikationen. Im einfachsten Falle geschieht die Uebertragung der von den Eihüllen noch umschlossenen Embryonen passiv durch die Nahrung, wie man dies wohl für Oxpuris vermicularis und Trichocepludas als erwiesen betrachten kann. Bei manchen Ascariden dagegen gelangen, nach dem Katzenspulwurme zu schliessen , die mit einem Bohrzahn versehenen Embryonen wahrscheinlich 1) Bütschli, Zur Entwicklungsgeschichte des Cucullanvis elegans. Zeitschv. für wiss. Zoologie. Tom. XXVI. 426 Entwicklung von Cucullanus, Splroptera, Dochmius. zuvor in einen Zwischenträger und werden durch diesen , ohne jedoch in der Entwicklung wesentlich weiter vorzuschreiten, mit dem Trinkwasser und der Nahrung in den Darm importirt. Immerhin bleibt es für andere in Vögeln {HeteruJns maculosa der Tauben) oder in Kaltblütern lebende Ascarisarten mög- lich, dass sich die Art der Importirung ähnlich wie bei Trichocephalus verhält. In andern Fällen schreitet die Entwicklung der eingewanderen Nematoden- larven in dem Zwischenträger bedeutend vor, s. z. B. beim Kappenwurm, Cucullanus elcf/ans, dessen Embryonen in Gyclopiden einwandern, dann in der Leibeshöhle dieser kleinen Krebse eine zweimalige Häutung unter wesent- licher Formveränderung erfahren und schon die charakteristische Mundkapsel des geschlechtsreifen Zustandes gewinnen, zu welchen sie sich erst im Darm des Barsches ausbilden. Eine ähnliche Entwicklungs weise kommt nach Fedschenko bei Filaria medinensis vor. Die in Pfützen gelangten Embryonen wandern in die Leibes- höhle der Glycopiden und nehmen nach Abstreifung ihrer Haut eine Form an, die bis auf den Mangel des Mundnapfs den Ciicullanus\diV\en gleicht. Nach Verlauf von zwei Wochen tritt eine Häutung ein , mit welcher der Verlust des langen Schwanzes verbunden ist. Ob die Einwanderung der Filarienlarve mit dem Leibe der Gyclopiden oder selbstständig erfolgt, nachdem die Begattung im Freien stattgefunden, ist bislang nicht festgestellt. Häufiger aber gelangen die Jugendformen zur Einkapselung und werden von ihren Cysten umschlossen in den Magen und Darm des definitiven Trägers übergeführt. In solchen Fällen kann aber auch die Einwanderung der Embryo- nen passiv erfolgen, indem dieselben noch innerhalb der Eischale mit der Nahrung in den Zwischenträger eintreten (die Embryonen von Spiroptera ohtusa der Maus entwickeln sich in der Leibeshöhle der Mehlwürmer zu encystirten Jugendformen). Bei der viviparen Trichina spiralis liegt insofern eine Modi- fikation dieses Entwicklungsmodus vor, als die Wanderung der Embryonen und die Ausbildung derselben zu den encystirten Muskeltrichinen in demselben Tliiere erfolgt, welches die geschlechtsreifen Darmtrichinen enthält. Andere Nematodenembryonen entwickeln sich in feuchter schlammiger Erde nach Abstreifung der Haut zu kleinen sog. Rhabditiden mit doppelter Anschwellung des Oesophagus und mit dreizähniger Pharyngealbevvaffnung, ernähren sich an diesem Aufenthaltsorte selbstständig und wandern schliesslich zu parasitischem Leben in den bleibenden Wohnort ein , wo sie noch mehrere FJäutungen und Formveränderungen bis zur Geschlechtsreife erfahren. Diese Enlwicklungsweise gilt z. B. für den im Darm des Hundes vorkommenden Dochmius trigonocephalus und höchst wahrscheinlich für den nahe verwandten D. {Anchyl ostomum) duodexalis des Menschen und für die Sclerostomen. Endlich können die Nachkommen parasitischer Nematoden als freie Rhabditiden in feuchter Erde sogar geschlechtsreif werden und eine ganz besondere Generation von männlichen und weiblichen Würmchen darstellen, 1) Vergl. Fedschenko, üeber den Bau und die Entwicklung der Flaria medinensis in den Berichten der Freunde der Naturwissenschaften in Moskau. Tom. VITI und X. Heterogonie von Ascaris nigrovenosa. 427 deren Nachkommen wieder einwandern und zu Parasiten werden. Wir haben es dann mit einer Heterogonie zu thun (nach Ercolani einer bei Nematoden sehr verbreiteten ^Dimorphobiosis«). So z. B. bei Ascaris nigrovenosa aus den Lungen des braunen Landfrosches und der Kröten (R. Leuckart, Metschnikoff). Diese etwa Va bis ^/4 Zoll langen Parasiten sind sämnitlich weiblichen Baues, enthalten aber Samenkörper, die in ihren eignen Genitalröhren früher als die Eier (ähnlich wie bei der viviparen Telodytes) gebildet werden , und sind lebendig gebärend. Die Brut durchsetzt den Darm der Batrachier und häuft sich in deren Mastdarm an , gelangt aber schliesslich mit dem Kothe in feuchte Erde oder in schlammiges Wasser und bildet sich in kurzer Zeit zu der kaum 1 Mm. langen Rhabditisgeneration der A. nigrovenosa aus. In den befruchteten Weibchen dieser letztern entwickeln sich nur 2 bis 4 Embryonen, die aber schon im Innern des mütterlichen Körpers frei werden, in die Leibeshöhle desselben eindringen und von den zu einem körnigen Detritus zerfallenden Körpertheilen der Mutter sich ernähren. Die- selben wandern als schlanke schon ziemlich grosse Rundwürmchen durch die Mundhöhle und Stimmritze in die Lunge der Batrachier ein. Auch die in der rothen Nacktschnecke {Arion empiricorum) lebende Leptodera appencliculata zeigt in ihrer Entwicklung einen ähnlichen Wechsel heteromorpher Generationen, der freilich insofern nicht nothwendig alternirend ist, als zahlreiche Rhabditiden- generationen auf einander folgen können. Auch darin verhält sich Leptodera eigenthümlich, dass die parasitische Form in der Schnecke mimdlos bleibt und sich als eine durch den Besitz von 2 langen bandförmigen Schwanzanhängen charakterisirte Larve darstellt, welche erst nach der Auswanderung in feuchte Erde, nach Abstreifung der Haut und Verlust der Schwanzbänder sehr rasch zur Geschlechtsreife gelangt. Die Nematoden ernähren sich grossentheils von organischen Säften , die sie durch die Saugbewegungen der Speiseröhre einziehn. Viele, z. B. die Blut- sauger, nehmen aber auch körperliche Elemente mit in ihren Darm auf oder vermögen mit ihrer Mundbewaffnung Wunden zu schlagen und Gewebe zu zernagen. Sie bewegen sich unter lebhaft schlängelnden Krümmungen nach der Bauch- und Rückenseite, die somit als die natürlichen Seitenflächen des Körpers erscheinen. Ihrer grössten Mehrzahl nach sind die Nematoden Parasiten, die freilich zuweilen in bestimmten Lebensstadien, sowohl in der Jugend {Rhabditis von Dochmius) als im geschlechtsreifen Zustand {Leptodera appendicidata, Gordius, Mermis) oder in bestimmten Generationen frei leben. Zahlreiche kleine Nema- toden treten jedoch überhaupt in keinem Lebensalter als Parasiten auf, sondern bevölkern als freilebende Nematoden das süsse und salzige Wasser und den Erdboden. Dieselben zeigen manche Eigenthümlichkeiten einer im Ganzen vor- geschrittenen Organisation , vornehmlich aber höher entwickelte Nerven und Sinnesorgane. Einige Nematoden schmarotzen übrigens auch in Pflanzen, z. B. Anguillula tritici, dipsaci u. a. , andere leben frei in faulenden vegetabilischen Substanzen, z. B. das Essigälchen in gährendem Essig und Kleister. Merk- würdig ist die Fähigkeit mancher kleinen Nematoden , der Austrocknung lange zu widerstehen und nach der Befeuchtung wieder aufzuleben. 428 Ascaridae. 1. Fam. Ascaridae. Körper ziemlich gedrungen mit drei papillentragenden Mund- lippen, von denen die eine der Rnckenfläche zugehört, während die beiden andern in der Ventrallinie zusamnienstossen. Mundhöhle deutlich, selten mit Chitingebilden be- waffnet. Der hintere Abschitt der Speiseröhre ist oft als Bulbus abgesetzt. Hinter- leibsende des Männchens ventral gekrümmt, meist mit 2 hornigen Spicula. A Henris L. Polyrayarier mit drei starken Mundlippen, deren Rand bei den grössern Arten gezähnelt ist. Pharynx nicht als Bulbus abgesetzt. Schwanzende meist kurz \ind kegelförmig, im männlichen Geschlecht stets mit 2 Spicula. Die weibliche Geschlechts- öffnung lii^gt meist so ziemlich am Ende des ersten Körperdrittheils. Arten mit Zahnleisten: A. lumbricoides Cloquet, der menschliche Spulwurm, im Dünndarm des Menschen, in einer kleinern Varietät auch des Schweines {A. siiilla Duj.). Die Eier dieses grossen Nematoden gelangen in das Wasser oder in feuchte Erde und verweilen hier eine Reihe von Monaten bis zum Ablauf der Embryonalentwicklung. Bisher gelang es nicht die mit einem Bohrzahn bewaffneten Embryonen zum Ausschlüpfen zu bringen; es ist wahrscheinlich, dass sie in diesem Zustande in einen Zwischenträger gelangen, wo sie dann aus der Eischale befreit eine nur geringe Grössenzunahme erfahren, um in den Darm des bleibenden Trägers übergeführt zu werden. Die kleinsten im Darme des Menschen beobachteten Spulwürmer sind circa 3 Mm. lang, besitzen aber schon die Mundbildung des Gesehlechtsthieres. A. megalocephala Cloquet, der grösste Spiilwurm von IVi Fuss Länge, im Dünndarm des Pferdes und des Rindes. Die Zahnleiste am Rande der Lippen mit vi"l stärkern Zähnen als beim menschlichen Spulwurm. A. mystax Zed., im Darm der Katze und des Hundes {A.marginata), aber auch gelegentlich Parasit des Menschen. A. transfuga Rud. , im Darm von Ursus arctos. Arten mit Zahnlcisten und Zwischenlippen- A. depressa Rud., im Darm des Geiers. A. ensicaiidata Zed., im Darm der Drossel. A. sulcata Rud., im Darm der Riesenschild- kröte u. a. A. Arten mit Zwischenlippen ohne Zahnleiste: A. Of^culata Rud., im Darm der Grön- ländischen Robbe. A. acus Rud. und A. cristata v. Linst., im Hechtdarm. A. mucro- nnfa Schrank., im Darm der Quappe. A. labiata Rud., im Darm des Aales u. a. A. Heterakifs Duj. Polymyarier mit drei kleinen papillentragenden meist gezähnelten Mundlippen. Oesophagus mit Bulbus und oft mit Zahnapparat. Diis Schwanzende des Männchens mit grossem präanalen Saugnapf und zwei seitlichen Hautverdickungen. Die beiden Spicula sind ungleich. H. vesicularis Rud. , im Blinddarm des Haushuhns. H. inflexa Rud. , im Darm des Haushuhnes und Truthahns. H. maculosa Rud. , im Darm der Taube. H. diapar Zed., im Blinddarm von Anas tadorna. H. foveolata Und., im Darm und in der Leibeshöhle von Schollen. H. spumosa Sehn., im Darm der Ratte u. v. a. A. Oxyuris Rud. Meromyarier mit meist drei Mundlippen, welche kleine Papillen tragen. Das hintere Ende der Speiseröhre zu einem kugligen Bulbus mit Zahnapparat erweitert. Hinterleibsende des Weibchens pfriemenförmig verlängert, des Männchens mit nur 2 präanalen und wenigen postanalen Papillen und mit einfachem Spiculum. 0. vermicularis L Der J'friemenschwanz oder Madenwurm. Weibchen etwa 10 mm. lang, Männchen viel kleiner und seltener, in den Schleimhautfalten versteckt. Die ab- gelegten Eier enthalten bereits einen , wenngleich noch unvollständig entwickelten Embryo, der wahrscheinlich ohne Zwischenwirth direkt mit dem Wasser übertragen wird. Der Madenwurm bewohnt zu Hunderten und Tausenden den Dickdarm des Menschen und ist über alle Länder verbreitet. 0. ambigua Rud., schon Aristoteles bekannt und von ihm als Ascaris bezeichnet, im Darm des Hasen und Kaninchens. 0. longicollis Sehn, im Dickdarm der Landschildkröte. O. curvula Rud. , im Blinddarm des Pferdes. 0. spirotheca Györy, im Darm von Hydrophilus piceus. 0. hlattae Hammerschm., in Schaben sehr häufig. Nemaloxg.i Sehn. Meromyarier mit dreieckigem , dreilippigeni Mund. Beide Geschlechter tragen zahlreiche Papillen über den ganzen Körper. Zwei gleichmässige Spicula. N. ornata Duj., im Mastdarm der Frösche und Tritonen. N. Strongylidae. 429 commutatus Rud., im Darm der Frösche und Kröten. Oxysoma Sehn. Meromyarier mit drei oder zahlreichen Mundlippen, mit Pharyngealbulbus und Zahnapparat. Männchen stets mit drei Paar präanalon Papillen und zwei gleichen Spicula. 0. brevicaurlatum Zed., im Darm des braunen Frosches. 0. lepturum Rud., im Darm der Riesenschi klkröte. 2. Farn. Strongylidae. Mundöifnung von Papillen umgeben, bald eng, bald klaffend und dann in eine chitinige Mundkapsel führend, deren Ränder oft mit Spitzen und Zähnen bewaffnet sind. Die schlanke muskulöse Speiseröhre ohne Pharyngealbulbus, aber mit verdickten Leisten der innern Chitinauskleidung. Die männliche Geschlechts- öffnung liegt am Hinterleibsende im Grunde einer schirm- oder glockenförmigen Bursa, deren Rand eine wechselnde Zahl von Papillen meist am Rande rippenartiger Muskel- streifen trägt. Meist sind 2 Spicula vorhanden, die in der Tiefe der Bursa zu einer kleinen Papille hervortreten. Eu-itrongyhis Dies. Polymyarier mit sechs vorspringenden Mundpapillen. Bursa glockenförmig und vollständig geschlossen, mit gleichmässiger Muskelwandung und zahl- reichen Randpapillen. Nur ein einziges Spiculum vorhanden. Weibliche Geschlechts- öffnung weit nach vorn gerückt. E. gigas^iiä., Pallisadenwurm. Körper des Weibchens fadenförmig verlüngert, mit abgestutztem Ende, bei einer Länge von 3 Fuss und einer Dicke von 12 mm. Auf den Seitenlinien je eine Längsi-eihe von Papillen, zu denen noch anale Papillen auch beim Weibchen hinzukommen. Lebt vereinzelt meist im Nieren- becken verschiedener Carnivoren , besonders aber von Fischottern und Robben, wird selten im Rinde und Pferde und im Menschen angetroffen. Wahrscheinlich wird der Jugendzustand durch Fische übertragen. Durch Balbiani ist festgestellt, dass die Ent- wicklung erst im Wasser oder in feuchter Erde stattfindet und dass die Embryonen eine Art Mundstachel besitzen, die feste Eischale aber nicht selbstständig durchbrechen. Höchst wahrscheinlich ist Filaria cystica Rud. aus Symbranchus laticaudus und Galaxias eine ilustrongyluslarve. Das einzige aufbewahrte Exemplar aus dem Menschen befindet sich im Museum des College of surgeons in London. E. tubifex Nitsch. , aus Colymbus. Strongylus Rud. Meromyarier meist mit 6 Mundpapillen und kleinem Mund. Zwei konische Halspapillen auf den Seitenlinien. Das hintere Körperende des Männchens mit schirmförmiger dünnhäutiger Bursa, die an der Bauchfläche offen oder durch eine niedrige Querleiste geschlossen ist und am Rande auf einer Anzahl radiärer Rippen Papillen trägt. Zwei gleiche Spicula meist noch mit unpaarem Stützorgan. Die weibliche Ge- schlechtijöffnung liegt selten über die Mitte hinaus nach vorn emporgerückt , zuweilen aber dem hintern Ende genähert. Leben grossentheils in der Lunge und den Bronchien. St. longccayinatus Dies. Körper 26 mm. lang bei 5—7 mm. Dicke. Die weibliche Geschlechtsöff'nung liegt unmittelbar vor dem After und führt in eine einfache Eiröhre. Nur ein einziges Mal in der Lunge eines 6jährigen Knaben in Klausenburg gefunden. St. paradoxus Mehlis, in den Bronchien ds Schweines. St. filaria Rud.. in den Bronchien des Schafes. St. micrurus Mehlis, in Aneurysmen der Arterien des Rindes. Sf. com- mutatus Dies., Trachea und Bronchien des Hasen und Kaninchens. St. auricularis Rud., im Dünndarm der Batrachier. Hier schliesst sich an: Filaroides inustelarum^\\([. Mund von zwei dreieckigen Erhebungen begrenzt. Penis doppelt. In den Lungen und Stirn- sinus des Iltis. Syngamns trachealis v. Sieb., in der Luftröhre von Vögeln (Haushuhn). Dochmius Duj. Mit den Charakteren von Strongylus, aber mit weitem Munde und horniger am Rande kräftig bezahnter Mundkapsel. Im Grund der Mundkapsel erheben sich 2 tauchständige Zähne, während an der Rückenwand eine kegelförmige Spitze schief nach vorn emporragt. D. daodenaJis Duh. {Ancylostomum duodenale Dub.), 10—18 mm. lang, im Dünndarm des Menschen, von Du bin i in Italien entdeckt, hier aber wie es scheint selten, in den Nilländern von Bilharz und Griesinger massenhaft beobachtet. Beisst mit Hülfe der starken Mundbewaffnung Wunden in die Darmhaut und saugt Blut aus den Darmgefässen. Die häufigen von diesen Dochmien erzeugten Blutungen sind die Ursache der unter dem Namen der ägyptischen Chlorose bekannten Krankheit. Neuerdinga ist das Vorkommen dieses Wunues in Brasilien und die mit D. trigono- 430 Trichotrachelidae. cephalus analoge Entwicklungsweise in Pfützen (Wucherer) festgestellt. D. trigono- cephalus Rud., Hund. D. tnbaeformis Zed., Darm der Katze. 1). cernuus Creplin, Schaf D. radiatus Rud., Rind. Sclerostomum Rud. Mit den Charakteren von Dochmius, aber mit abweichender Mundkapsel, in welche zwei lange Drüsenschläuche einmünden. Dieselbe besitzt eine dorsale Längsrinne und zwei messerförmige Zahnplatten und ist am Vorderrand mit einer Reihe platter spitzer Stachelchen eingefasst. Sc. equinum Duj. z=. armatum Dies. Im Darm aber auch in Darmgefäss-Aneurismen des Pferdes, 20—40 mm. lang. Lebt unter Rhabditis- form eine Zeitlang frei wie Dochmius und wandert dann mit dem Wasser in den Darm des Pferdes. Von hier aus dringt aber der Wurm in die Gekrös- Arterien and dann erst von diesen aus wieder in den Darm, um geschlechtsreif zu werden. Wie Bollinger') nachgewiesen hat, jeiten sich die Erscheinungen der Kolik bei Pferdon von embolischen Vorgängen ab, die von Thromben der Darmarterien-Aneurysmen ausgehn. Jedes Aneurysma enthält etwa 9 Würmer. Sc. tetracanthum Mehlis, ebenfalls im Darm des Pferdes. Die Jugendformen kapseln sich nach der Einwanderung in den Darm in der Wandung des Dickdarmes und Coecums ein, verwandeln sich in der Cyste in die definitive Form und durchbrechen dieselbe wieder, um in den Darm zurück zu gelangen. Sc. hypostomum Rud., im Darm des Schafes und der Ziege. Sc. pinguicola Verr., eingekapselt im Nierenbecken (und Fette) der Schweine Nordamerikas. Pseudalius Duj. = Prosthecosacter Dies. Mit langem fadenförmigen Leib, zwei- lappiger Bursa und 2 gleichen Spicula. Sämmtliche Arten vivipar. Ps. inflexus Duj., '/a Fuss lang, in den Bronchien, aber auch in den Venen von Delphi nus phocaena. Ps. minor und convolutus Kuhn., in den Kopfsinus und Bronchien desselben Thieres. Olullanus Lkt. Mit becherförmiger Mundkapsel, schwach muskulöser Speiseröhi-e, mit zweiklappiger Bursa und 2 kurzen Spicula. Weibchen mit drei Schwanzspitzen und vor dem After gelegener Geschlechtsöffhung, lebendig gebärend. 0. tricuspis Lkt., in der Magenschleim- haut der Katze. Jugendzustand eingekapselt in der Maus. Physaloptera Rud. Poly- myarier mit 2 seitlichen Mundlippen, welche auf der Aussenseite je 3 Papillen, an der Spitze einen Zahn (Aussenzahn) und meist noch an der Innenseite Zähne (Innenzähne) tragen. Bursa geschlossen, herzförmig, mit 2 ungleichen Spicula, mit 10 Papillenpaaren, zu denen noch eine präanale unpaare Papille hinzukommt. Ph. clausa Rud., in dem Magen des Igels. Hier schliesst sich auch am besten die zu einer besondern Familie erhobene Gattung Cucullanus an, deren Bursa freilich sehr flach und schmal bleibt. C. elegans Zed., Kappen- wurm, im Barsch, mit kräftiger Mundkapsel. Der Embryo wandert in Cyclopiden. 3, Fam. Trichotrachelidae. Leib von massiger Grösse, langgestreckt und durch den Besitz eines haLsartig dünnen vmd langen Vordei'abschnitts ausgezeichnet. Mund- öifnung klein, papillenlos. Speiseröhre sehr lang, in einem eigenthümlichen Zellenstrang verlaufend. After ziemlich terminal. Penis einfach und massig lang, mit röhriger Scheide oder durch die sich vorstülpende Kloake ersetzt. Tricho cephalus Goeze. Mit peitschenförmig verlängertem Vorderleib und walzen- förmig aufgetriebenem scharf abgesetzten Hinterleib, welcher die Geschlechtsorgane ein- schliesst und beim Männchen eingerollt ist. Die Bauchfläche der Vorderleibes mit dicht gestellten Reihen von in die Haut eingelagerten Chitinstäbchen. Seitenfelder fehlen. Hauptmedianlinien vorhanden. Der schlanke Penis mit einer beim Hervortreten sich umstülpenden Scheide. Die hartschaligen citronenförmigen Eier entwickeln sich erst im Wasser. T. dispar Rud., Peitschen wurm , im Colon des Menschen. Die Würmer leben nicht frei im Darm, sondern mit dem fadenförmigen Vorderleib in die Schleimhaut ein- gegraben. Die Eier treten mit dem Kothe aus dem Körper des Wirthes noch ohne Zeichen beginnender Embryonalentwicklung, die erst nach längerm Aufenthalt im Wasser 1) BoUinger, Die Kolik der Pferde und das Wurmanem-ysma der Eingeweide- arterien. München. 1870. Trichosomum. Trichina. 431 oder an feuchten Orten durchlaufen wird. Massige Austrocknung zerstört die Keim- fähigkeit ebensowenig wie beim menschlichen Spulwurm. Die Embryonen erlangen übrigens in den Eihüllen eine nur massig vorgeschrittene Differenzirung und lassen weder einen fertigen Darm noch die Geschlechtsanlage erkennen. Nach Fütterungs- versuchen, die R. Leuckart mit Tr. affinis des Schafes und Tr. crenatus des Schweines anstellte, entwickeln sich die mit den Eihüllen in den Darm übertragenen Embryonen zu Tiichocephalen , und darf hiernach auch für den menschlichen Peitschenwnrm ge- schlossen werden, dass die Uebertragung direkt ohne Zwischenträger mittelst des Wassers oder verunreinigter Speisen erfolgt. In der ersten Zeit haarförmig und trichinenähnlich, gewinnen die jungen Peitschen würmer erst nach und nach die beträchtliche Dicke des Hinterleibes. Tr. unguiculatus Rud., in Hasen und Kaninchen. Tr. depressiuseulufi Rud., im Hund. Tr. nodosus Rud. , in Ratten und Mäusen. Trichosomum Rud. Körper haarförmig dünn, doch ist der Hinterleib des Weibchens aufgetrieben. Seitenfelder vorhanden, ebenso die Hauptmedianlinien. Schwanzende des Männchens mit Hautsaum und einfachem Penis (Spiculum) , mit Scheide. 7V. teiniissi- mum Dies., im Duodenum der Taube. Tr. Plica Rud., Harnblase des Fuchses. Tr. aero- phihim Duj., Trachea des Fuchses. Tr. dispar Duj., in der Speiseröhre des Bussards. Tr. muris Creplin., im Dickdarm der Hausmaus. Tr. erassicauda ') Bellingh., Harnblase der Ratte. Nach R. Leuckart lebt das Zwergmännchen im Uterus des Weibchens. Gewöhnlich finden sich nur 2 bis 3, seltener 4 oder 5 Männchen in einem Weibchen. Auch lebt noch eine zweite Trichosomum&rt in der Harnblase der Ratte. Tr. Schmidtii V. Linst., deren grösseres Männchen früher für das von Tr. erassicauda gehalten worden war. IV. collare v. Linst., im Darm vom Haushuhn. Tr. trilobum v. Linst., Magenhaut vom Kibitz. Tr. speciosum Van Ben., in Feldmäusen. Nach v. Linstow sollen die noch unentwickelten Jugendformen beiderlei Geschlechts im Nierenbecken und Harnleiter ihrer Träger leben. Einige Arten wie Tr. splenaceus der Spitzmaus und tritonis verlassen den Darm und setzen die Eier in Milz und Leber ab. Trichina Owen. "). Körper haardünn, ohne das Längsband von Chitinstäbchen. Hauptmedianlinien und Seitenfelder vorhanden. Weibliche Geschlechtsöft'nung weit nach vorn gerückt, etwa in der halben Länge des Zellenkörpers. Männliches Hinterleibsende ohne Spiculum, mit 2 konischen terminalen Zapfen, zwischen denen die Kloake vorgestülpt wird. Tr. spiralis Owen, im Darme des Menschen und zahlreicher vornehmlich fleisch- fressender Säugethiere, kaum zwei Linien lang. Die viviparen Weibchen beginnen etwa acht Tage nach ihrer Einwanderung in den Darmkanal Embryonen abzusetzen, welche die Darm Wandung und Leibeshöhle des Trägers durchsetzen und theils durch selbst- ständige Wanderung in den Bindegewebszügen, theils wohl auch mit Hülfe der Blut- welie in die quergestreiften Muskeln des Körpers einwandern. Sie durchbohren das Sarcolemma, dringen in die Primitivbündel ein, deren Substanz unter lebhafter Wucherung der Muskelkerne degenerirt und wachsen in einer schlauchförmigen Auftreibung der Muskelfaser innerhalb eines Zeitraumes von 14 Tagen zu spiralig zusammengerollten Würmchen aus, um welche sich innerhalb des Sarcolemma's und dessen Bindegewebs- umhüllung aus der degenerirten Muskelsubstanz glashelle citronenförmige Kapseln aus- scheiden. In dieser anfangs sehr zarten, bald aber durch Schichtung verdickten und fest gewordenen, mit der Zeit allmählig verkalkenden Cyste kann die jugendliche Muskeltrichine Jahre lang lebendig bleiben. Wird dieselbe mit dem Fleische des Trägers in den Darm eines Warmblüters übergeführt, so wird sie aus ihrer Cyste durch die Wirkung des Magensaftes befreit und bringt die bereits ziemlich weit entwickelten Geschlechtsanlagen rasch zur Reife. Schon 3 bis 4 Tage nach der Einfuhr sind die 1) Vergl. auch Bütschli, Ueber das» Männchen von Trichosomum erassicauda. Archiv für Naturg. 1872. v. Linstow, Beobachtungen an Trichodes erassicauda. Ebend. 1874. 2) Vgl. die Schriften von R. Leuckart, Zenker, R. Virchow, Pagenstecher etc. 432 t^ilariadae. Muskeltrichinen zu Gesclilechtstrichinen geworden, welche sich begatten und die in dem Träger weiter wandernde Brut (ein Weibchen wohl bis 1000 Embryonen) erzeugen. Als der natürliche Träger der Trichinen ist vor allein die Hausratte zu nennen , welche die Cadaver des eignen Geschlechts nicht verschont und so die Trichineninfektion von Geschlecht zu Geschlecht erhält. Gelegentlich werden aber trichinenhaltige Cadaver von dem Omnivoren Schwein gefressen , mit dessen Fleisch die Trichinenbrut in den Darm des Menschen gelangt und zur Ursache der so berüchtigten Trichinenkrankheit wird, welche, wenn die Einwanderung massenhaft erfolgte, einen tödthchen Ausgang nimmt. Als den Trichotrachelideen verwandt, betrachtet Melnikoff die merkwürdigen Cystopsis accipenseri N. Wagn. 4. Fam. Filariadae. Meist Polyniyarier mit zwei Lippen oder ohne alle Lippen- bildungen, oft mit 6 Mundpapillen, zuweilen mit einer hornigen Mundkapsel, mit vier präanalen Papillenpaaren, zu denen jedoch noch eine unpaare Papille hinzukommen kann, mit zwei ungleichen Spicula oder mit einfachem Spiculum. Filaria 0. Fr. Müll. Körper fadenförmig verlängert, mit kleiner Mundöti'nung und engem Oesophagealrohr. Die zuweilen der Papillen entbehrenden Arten leben ausserhalb der Eingeweide meist im Bindegewebe, häufig unter der Haut. (Von Die sing in zahlreiche Gattungen getheilt). F. {Dracunculus) medinensis ') Gmel., der Guineawurm, im Unter- hautzellgewebe des Menschen in den Tropengegenden der alten Welt, wird zwei und mehrere Fuss lang. Der Kopf mit zwei kleinen und zwei grössern Papillen. Weibchen vivipar ohne Geschlechtsöffnung, Männchen nicht bekannt. Der eingewanderte Wurm lebt im Bindegewebe zwischen den Muskeln und unter der Haut und erzeugt nach er- lajigter Geschlechtsreife ein Geschwür, mit dessen Inhalt die Brut entleert wird. Man extrahirt den Parasiten langsam und mit grosser Vorsicht aus der Haut, da das Zer- reissen des Wurmleibes und der Austritt der Brut in das Gewebe heftige und gefähr- liche Entzündungen veranlasst. Carter hielt einen kleinen häufigen Brackwasser- wurm, Urolabes palustris, für den noch unausgewachsenen Guineaivunn und vermuthet, dass die Weibchen nach ausgeführter Begattung in das Unterhautzellgewebe des Menschen einwandern. Indessen ist neuerdings nachgewiesen worden, dass die Filarienembryonen in Cyclopiden (Fedschenko) einwandern und hier eine Häutung bestehn. Ob sie dann mit sammt dem Cyclopidenkörper durch den Genuss des Trinkwassers übertragen werden oder erst ins Freie gelangen und sich hier begatten, ist nicht erwiesen. F. immitis^), lebt im rechten Ventrikel des Hundes, ausserordentlich häufig im östlichen Asien, lebendig gebärend. Die Embrjonen treten direkt in das Blut über, ohne hier jedoch ihre weite Entwicklung zu durchlaufen. Aehnliche jugendliche Haematozoen finden sich auch im Blute des Menschen in den Tropen der alten und neuen Welt, wurden von Lewis in Calcutta, von Creveux bei einem Creolen aus Guadeloupe und von Wucherer in Brasilien gefunden und beschrieben. Auch Sonsino ') entdeckte dieselben in Aegypten. Auswanderung durch die Niere (Haematurie). Da diese jungen Filariden auch im Harne auftreten, wo sie zuerst und am häufigsten beobachtet wurden, scheint ihr Auftreten mit der Haematurie in eineui ätiologischen Zusammenhang zu stehen. In Ostindien leben auch im Blute des Strassenhundes jugendliche Filarien, welche auf die Brut von Filaria sanguinolenia zu l)eziehen sein dürften, da sich nach Lewis regelmässig an der Aorta und am Oesophagus knotige Anschwellungen mit dieser Filarie finden. F. papulosa llud., im Peritoneum des Pferdes. Mund mit einem festen Hornring, welcher jederseits einen Zahn bildet. F. gracilis'^wd., im Peritoneum des Aflen sehr verbreitet. F. musculi 1) Vergl. H. C. Bastian, On the structure and Nature of the Dracunculus. Transact Linn. Society vol. XXIV. 1863. Fedschenko 1. c. Carter, Ann. and. Mag. of nat. bist. 1858. Mol in, Sitzungsberichte der Wiener Acad. 1858. 2) Welchj Adescription of the thread-worm etc. Monthly Microsc. Journal. 1873. 3) Sonsino, Ricerche intorno alla Bilharzia e nota intorno ad uu nematoideo trovato nel sangue umano. Napoü. 1874, Mermithidae. 433 Eud., in der Maus. F. loa Guyot. In der Conjunctiva der Neger am Congo. F. labialis Pane. Nur einmal in Neapel beobachtet. Eine unreife als FiJaria lentis {oculi liumatii) beschriebene Filaride ist in der Linsenkapsel des Menschen gefunden worden. Ichthyonema Dies. Mundöifnung dreieckig. Oesophagus oben trichterförmig er- weiteit. Weibchen ähnlich der Filaria, mit abgestumpftem Schwanzende, ohne After. Der Uterus füllt fast die ganze Leibeshöhle. Vulva fehlt. Männchen sehr klein, mit zwei Spicula. I. glohiceps Van. Ben., im Ovarium von Uranoscopus scaber. Vivipar. Kopftheil kuglig angeschwollen. Schwanzende des Männchens mit 2 Klappen in der Umgebung der Spicula. I. sanguineum Rud. '). Mit winzig kleinem Männchen, in der Leibeshöhle der Weissfische eingekapselt. Männchen mit 2 Lappen am Hinterende und 2 Spicula. Die Jugendform lebt vielleicht in Asseln. Spirojitera ') Rud. MundöfFnung meist mit 2 oder 4 Lippen. Das Hinterende des Männchens ist meist spiralig aufgerollt und mit zwei ungleichen Spicula bewaffnet. Die Arten leben meist in Knötchen der Eingeweidewandung. S. mtyaatoma Rud., in der Magenwand des Pferdes. S. strongylina Rud., im Magen des Schweins. S. scutata Müll. Das Vorderende mit blassen schildförmigen Chitinplatten belegt. Weibchen lOCtm., Männchen 4 Ctm. lan;,', letzteres mit 2 flügeiförmigen Anhängen, lebt in der Schleimhaut des Oesophagus vom Rind. S. {Lyoihynchus) dentieulata Rud., im Magen des Aales. S. strumosa Rud., im Magen des Maulwurfs. S. obtusa Rud. {inurina Lkt.), im Magen der Hausmaus. S. anthuris Rud., in der Magenschleimhaut des Huhnes u. a. A. Spiroxys Sehn. Meroniyarier mit den Charakteren von Spiroptera. Sp. contorta Rud., in Magen- knötchen der Flusschildkröte. Hystrichis Mol. Der fadenförmige Körper vorn mit Widerhäkchen wie bestachelt. Mund von runden Lippen umgeben. Lebt parasitisch zwischen den Vormagenhäuten von Wasservögeln. H. cyyni Mol. H. mergi Mol., in dem grossen Säger. Diese Würmer sollen nach Molin mit zunehmender Anhäufung der Eier sack- fönuige Auftreibungen gewinnen und schliesslich zu einfachen Brutsäcken degeneriren. Hier schliesst sich auch die Gattung Tetrameres Crepl. {Tropidocera Dies.) an, die freilich — wie so zahlreiche andere theilweise noch nicht genügend bekannte Nematoden- gattungen — von Die sing als Repräsentant einer besonderen Familie getrennt worden ist. T. fissispina Dies., im Proventrikel der wilden Ente. Hedruris Crepl. Kopf mit 4 Lippen je mit 2 Papillen. Weibchen mit saugnapfähnlich eingestülpten Hinterende, in dessen Nähe die Geschlechtsöfthung mündet. Männchen mit 2 gleichen Spicula, spiral um das Weibchen geschlungen. H. androphora Crepl., Magenwand von Triton. Auch dürfte zu den Filariden die Gattung Aiicyracanthus Dies, gestellt worden. Polymyarier mit vier kreuzweise um den Mund stehenden fiederspaltigen Hautlappen. Das männliche Schwanzende mit einer grossen Zahl gradlinig geordneter Papillenpaare vor der After- ööhung. A. bidenn Rud., Magenschleiuihaut von Merops apiaster. A. cysticola Rud., in der Schwimmblase von Salmoniden. 5. Farn. Mermithidae '). Afterlose Nematoden mit sehr langem fadenförmigen Leib und 6 Mundpapillen. Das männliche Schwanzende ist verbreitert und mit 2 Spicula und 3 Reihen zahlreicher Papillen versehn. Leben in der Leibeshöhle von Insekten und wandern in feuchte Erde aus, wo sie geschlechtsreif werden und sich begatten. Mennis Duj. Mit den Charakteren der Familie. AI. nigrescens Duj., wandert oft an warmen Sommertagen massenhaft aus und gab die Veranlassung zu der Fabel vom Wurmregen. Die Embryonen sollen nach R. Leuckart zuerst im Pharynx von Planaria lactea leben. M. albicaiis v. Sieb. v. Siebold constatirte experimentell die Einwanderung der Embryonen in die Räupchen der Spindelbaummotte {Tinea evonymella). M. lacinulata Sehn. M. longissima Fedsch. Aus Oedipoda migratoria. 1) V. Linstow, Lieber Ichthyonema .sanguineum. Archiv für Naturg. 1874. 2) Mol in, Monografia del genere Spiroptera, Physaloptera , Dispharagus. Sitzungsberichte der Wiener Acad. 1860. 8) Meissner, Beiträge zur Anatomie und Phj'siologie von Mermis albicans. Zeitsohr. für wiss. Zool. 1854. Vergl. ferner Schneider 1. c. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 2q 434 Gordiidae. Anguillulidae. Vielleicht dürfte die in vieler Hinsicht noch räthselhafte Sphaerularia bombi Leon Dufour vorläufig zu den Mermithiden gestellt werden, obwohl sie wahrscheinlich eine besondere Familie repräsentirt. Dieselbe lebt in der Leibeshöhle am obern Theil des Chylusdarms überwinterter Hummelweibchen. Der Leib mit Längsreihen von Höckerchen, ohne Medianlinien und Seitenfelder, ohne Mund und After; der Darm ist zu einem ge- schrumpften zwei Zellreihen enthaltenden Strang geworden. Ovarium einfach aber viel- fach gewunden. An dem einen Körperende findet sich immer ein kleiner schlanker Nematod, nach Lubbock ') das Männchen, befestigt, an welchem Mund und After beob- achtet wurden. Nach Schneider entbehrt jedoch der l-«7ict Needham., Waizenälchen , in gichtkranken Waizenkörnern. Mit der Aussaat dieser Körner erwachen in der feuchten Erde die eingetrockneten Jugendformen, durch- bohren die aufgeweichte Hülle und dringen in die aufkeimenden Waizenpflänzchen ein. Hier verweilen sie eine Zeit lang, vielleicht den ganzen Winter ohne Veränderung, bis sich in der Achse des Triebes die Aehre anlegt. In diese dringen sie ein, wachsen aus und werden geschlechtsreif, während die Aehre blüht und reift. Sie begatten sich, legen die Eier ab, aus denen die Embryonen auskriechen, um zuletzt den ausschliess- lichen Inhalt der Körner zu bilden. T. dipsaci Kühn, in den Blüthenköpfen der Weber- karde. T. Dacainii Bast. An Wurzeln von Moos und Gras. T. Aslienasyl Bütschl., bewohnt in Moos die Endknospen. T. mUlefolii Low, in Gallen der Schafgarbe. Ver- wandt ist Aphelenchiis Bast. Heterodera Schmdt. Weibchen mit zapfenförmig vor- springendem Leibesende. Vorderende Stachel tragend. Vulva dicht vor dem endständigen After, Männchen mit Mundstachel. H. Schachtii Schmdt. Wurzeln der Runkelrübe, auch an denen des Kohls, des Walzens, Gerste etc. Steinbuch fand Anguilluliden in den Blüthen von Agrostis silvatica und Phalaris phleoides, Raspail in den Blüthen verschiedener Gräser. Ehabditis Duj., von Schneider in Leptodera Duj. und Pelodera Sehn, geschieden. Meromyarier mit kleinen meist von 3 oder 6 Lippen umstellten Mund, mit doppelter Oesophagealanschwellung, die hintere mit dreiklappigem Zahnapparat, welcher eine eigen- thümliche Punipvorrichtung darstellt. Weiblicher Geschlechtsapparat symmetrisch. Männchen mit 2 gleichen Spicula und Nebenstück, meist mit papillenführender Bursa. Bh. strongyloides Sehn. Mund Ölippig. Männchen mit 2 langen Drüsenschläuchen am Vas deferens, 2 Mm. lang, in feuchter Erde und faulenden Substanzen. Bh. oxyuris Cls. Bh. nigrovenosa ■= Anguillula ranae temporariae Perty. Gehört als freie Generation zu der parasitischen sog. Ascaris nigrovenosa. Bh. flexilis Duj. Kopf sehr spitz, mit zwei- lippigem Mund, in den Speicheldrüsen von Limax cinereus. Bh. Angiostoma Duj. {Angiostoma limacis Duj.). Mit weiter horniger Mundkapsel, 6—7 Mm. lang, im Darm von Limax ater. Bh. appendiculata Sehn. Mund dreilippig, in feuchter Erde, 3 Mm. lang. Die mundlose, mit 2 Schwanzbändern versehene Larve in Arion empiricorum. Die kleinere Generation von circa 1 Mm. Länge durchläuft ihre gesammte Entwicklung in feuchter Erde. Diplogaster M. Seh. Sehr langgestreckt, mit stark verschmälertem Schwanz. 6 Papillen um die Mundöffnung. Mundhöhle weit, mit 2 oder 3 Zähnen. Oesophagus mit mittlerm und hinterm unbewaffneten Bulbus. D. longicauda Cls. , in der Erde. D. inermis Bütschl. Anguillula Ehbg. (mit Einschluss von Plectus und Cephalotus). Mundhöhle klein. Oesophagus mit hinterm Bulbus und Klappenapparat. Männchen ohne Bursa. Meist sind 2 kreisförmige Seitenorgane vorhanden. Schwanzdrüse fehlt. A. aceti = glutinis oxophila 0. Fr. Müll. Bekannt als Essigälchen und Kleisterälchen, von 1 — 2 Mm. Länge. Mund ohne Lippen. Die beiden Spicula stark gekrümmt. Verwandte Arten leben im Moose und an den Wurzeln von Pilzen. A. [Plectus) parietina Bast. Ein Klappenapparat des hintern Bulbus fehlt bei den Gattungen Chromadora Bast., auch mit marinen Arten. Spilophora Bast, und Odontophora Bast. 1) Vergl. AI. Braun 's Zusammenstellung über Aelchengallen und Pflanzenälchen. Sitzungsber. der Gesellsch. naturf. Freunde. Berlin. 1875. 28* 436 Enoplidae. 8. Fall). Enoplidae'). Kleine freilebende, vorwiegend marine Nematoden, ohne hintere Oesophagealanschwellung, häufig mit Augen und bewaffneter Mundhöhle, oft mit Schwanzdrüsen und Schwanzsaugnapf. Männlicher Geschlechtsapparat häufig symiuetri.«ch zweitheilig. Nicht selten finden sich Bor-sten und feine Haare (Papillen) um den Mund. Dorylahnus Duj. {Urolabes Cart.). Von langgestreckter Form mit verjüngtem Kopfende. In der kleinen Mundhöhle des durch drei Linien bezeichneten Oesophageal- kanals liegt ein Mundstachel zum Vorstossen. Hinteres Drittel des Oesophagus verdickt. Zehn Papillen im Umkreis der Mundöffnung. Die Männchen mit 2 Hodenschläuchen und 2 Spicula. Leben auch an Pflanzenstoffen und Wurzeln in der Erde. D. maximus Bütschl., 12 Mm lang. D. palustris Cart. Ein in Ostindien einheimischer Brackwasser- wurm von '/«' Länge, welcher nach Carter als freilebendes Entwicklungsstadium zu Filaria medmensis gehören sollte. Z). stagnalis Duj., im Schlamme überall in Europa. (Z). linea Gr.). D. marinus Duj. u. z. a. A. Tripyla Bütschl. (Bast.). Mundöffnung von 3 Lii^pen umstellt, von denen jede 4 Papillen bezw. Borsten trägt. Mundhöhle fehlt. Schlund cylindrisch. Meist 3 Poren in der Medianlinie des Halses. 2 Hodenschläuche. 2 Spicula. Papillen über die gesammte Bauchseite verbreitet. T. setifera Bütschl. Trilohus Bast. Mit kleiner becherförmiger Mundhöhle und 10 Borsten in der Umgebung des Mundes. Hinterende des Oesophagus Slappig. Hoden symmetrisch 2theilig. T. gra- cilis Bast., im Schlamm. Monliystera Bast. M. stagnalis Bast. Comesoma Bast. Enchelidium Ehrbg. Ohne Mundhöhle mit grossem Auge über dem Oesophagus. Marin. E. marinum Ehrbg. E. acuminatnm Eberth. Enoplus Duj. Mundhöhle un- deutlich, von 3 kieferartigen Zähnen umfasst. Augen von dem anliegenden Pigmente nicht abgegrenzt. Zwei Spicula mit zwei gleichen hinteren Nebenstücken. Marin. E tridentatus Duj. E. cirratus Eberth. E. Sieholdii Köll. ii. z. a. A. Symplocostoma Bast. Mit länglich ovaler Mundhöhle, die von Linien und Leisten umfasst wird und im Grunde ein trichterförmiges Gebilde trägt. Die beiden Spicula lang, ohne Nebenstück. S. Ion- gicollis Bast. S. tenuicollis Eberth. Oncholaimus Duj. Mit weiter scharf abgesetzter Mundhöhle, welche drei zahnartige Vorsprünge in sich einschliesst. Mund oft von Papillen umgeben. Uterus zuweilen unsymmetrisch. Spicula mit oder ohne Nebenstück. 0. papillosus Eberth, attenuatus Duj. 0. echini Leydig, im Darm von Echinus esculentus. Odontobius Roussel. Mit kleinen Zähnchen , aber ohne eigentliche Mundhöhle. Cirren stehen am Kopf. Augen fehlen. Spicula plump, gekrümmt, mit 2 Nebenstücken. 0. Ceti Roussel. 0. inicans , fiUformis , striatus Eberth. Eine auffallende wahrscheinlich einer besondern Familie zugehörige Form ist der von Greeff als Euhostrichus beschriebene Nematode, dessen Haupteigenthümlichkeit in der aus verfilzten und verklebten Härchen gebildeten Hülle (Ausscheidung) besteht. Die Haut des sehr gestreckten 8 Mm. langen Leibes ist breit geringelt. Die Speiseröhre beginnt trichterförmig und besitzt entweder eine hintere Anschwellung {E. phalacrns von Lanzarote) oder geht ohne solche in den Darm über {E. fiUformis aus der Nord.see). After terminal. Ein Spiculum. Die Nematoden bieten noch ein besonderes Interesse durch die Existenz aberranter nach andern Wurmgruppen hinführender Gestalten. 1) Vergl. ausser Dujardin, Bastian, Bütschli: p]berth, Untersuchungen über Nematoden. Leipzig. 1863. Marion, Recherches anatomiques et physiologiqucs sur los Nematoides non parasites niarins. Ann. scienc. nat. 1870. 0. Bütschli, Ueber frei lobende Nematoden , insbesondere des Kieler Hafens. Abh. Senkenb. naturf. Gesellschaft. Frankfurt. Tom. IX. 1874. De Man, Onderzoekingen over vrij in de Aarde levende Nematoden. Tydskr. der Nederland. Tierkund. Vereenig. 1875. Derselbe, Contributions a la connaissance des Nematoides du Golfe de Näples. Ebendaselbst. 1876. Desmocolescidae. Chaeto^omidae. 437 i. D\e Desniocolescldcn^) besitzen eine kopfförmige Anschwellung' am Vorderende und hinter derselben ringförmige Wülste , durch welche der Leib eine Art Segmentirung erhält. Diese segmentartigen Wülste (bei D. mlnatus 17 an Zahl) tragen hier mit Ausnahme des 11. und 15. je ein Borstenpaar, der Kopf aber 2 Paare von Borsten. Die auf dem Rücken (Bauchfläche, Greeff) befindlichen Borsten sind nach Greeff wirkliche Bewegungsorgane, gewisser- massen Fussstummel , deren Endabschnitt von der Form einer Lanzenspitze in das Basalstück oder den Schaft etwas vorgestreckt und eingezogen werden kann. Die Bauch- und Kopfborsten enden mit einem feinen , in ähnlicher Weise be- weglichen Spitzentheil. Bezüglich der innern Organisation führt die an der Spitze des Kopfes gelegene Mundöfifnung in einen cylindrischen muskulösen, hinten erweiterten Oesophagus, und dieser in den geradgestreckten Darm, der am löten Ringe nach aussen mündet. Als Augen scheinen zwei röthliche Pigmentflecken zwischen dem 4. und 5. Ringe betrachtet werden zu dürfen. Desn/osrolr.x ist getrennten Geschlechts. Der einfache Ovarialschlauch mündet ventral zwischen dem 11. und 12. Segmente. Die abgelegten Eier (1 — 4) werden noch eine Zeit lang an der Geschlechtsöffnung getragen. Der ebenfalls unpaare Hodenschlauch mündet gemeinsam mit dem After. Als Begattungsorgan finden sich zwei hornige Spicula. Männchen und Weibchen sind übrigens auch durch Eigenthümlichkeiten der Borsten unterschieden, indem die zwei Bauchborsten des 11. Segmentes am weiblichen Körper eine sehr bedeutende Länge besitzen. Die Thiere bewegen sich durch Krümmungen nach der Rückenfläche ähnlich den Spannerraupen und kriechen mittelst der Rückenborsten auf dem Rücken. Die bekannteste Art ist Besmoscolex minuius Clap. Wesentliche und zu den Nematoden theilweise noch näher hinführende Abweichungen zeigen die von Greeff beschriebenen Arten: D. yiematoides, adelphus und chaetogaster. Den Besmoscolesciden verwandt ist eine andere geringelte Nematoden- ähnliche Form, welche der Kopf- und Bauchborsten entbehrt, dagegen eine dichte Bekleidung von langen Borstenhaaren über den ganzen Körper trägt. Das an Chaetonotus erinnernde, etwa 0,3 ]\Im. lange Thierchen, Tridiodenna oxycuudatum Greeff, bewegt sich in eigenthümlichen bogenförmigen Krüm- mungen des Leibes und stimmt in der innern Organisation mit den Nematoden überein. Das Männchen besitzt 2 Spicula. 2. Die Chaetosomidac ^) können mit gewissem Recht als freilebende Nematoden mit kopfartig angeschwollenem Vorderende betrachtet werden, welche als Ueber- gangsgruppe zu der Ordnung der Ghaetognathen hinführen. Die Körperoberfläche ist mit einer Anzahl feiner Härchen besetzt. Zu diesen Guticularanhängen kommt an der Bauchseite vor der Afteröffnung eine Doppelreihe cylindrischer geknöpfter Stäbchen hinzu, welche diesog. Doppelflosse Glaparede's zusammensetzen. Am Ko[)f kann ein Halbgürtel {Ch. Claparedii) von beweglichen Haken liegen. Mund dreilippig. Oesophagus einfach oder durch eine mittlere Einschnürung 1) Vergl. ausser Clapai-ecle ii. Metschnikoff besonders R. Greeff, Untersuchungen über einige merkwürdige Thiergruppen des Arthropoden- und Wurmtypus. Berlin. 1869. 2) E. Claparede, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere. 1863. E. Metschnikoff, Beiträge zur Naturgeschichte der Würmer. Ueber Chaetosoma und Rhabdogaster. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XVII. 1867. 438 Chaetognathes. abgetheilt oder mit hinterer Anschwellung (Bhahdogaster). Zwei Spicula. Leben im Meere auf Algen umherkriechend. Fihahdor/aster Meisch. Kopf nicht deutlich abgesetzt. Schlund mit hinterem Bulbus. Bauchst.äbchen hakenähnlich gekrümmt und weit nach vorn gerückt. Rh. cygnoides Metsch. , Mittelmeer. Chaetosoma Clap. Kopf deutlich abgegrenzt. Schlund gerade oder durch eine Einschnürung in zwei Abschnitte gesondert. Bauchstäbchen gerade gestreckt. Ch. ophicephalum Clap., St. Vaast. Ch. Claparedii Metsch., Salerno. In naher Verwandtschaft mit den Nematoden und zunächst an die Ghae- tosomiden anschliessend, verdient die Gattung Sagitta, von R. Leuckart zu der Ordnung der Chaetognathen ^) erhoben, eine besondere Betrachtung. Es sind langgestreckte hyaline Würmer mit eigenthümlicher Mundbewaffnung und seitlichen horizontal gestellten Flossenkämmen, deren Strahlen durch einen membranartigen Saum verklebt werden. Der Vorderabschnitt des Leibes setzt sich scharf als Kopf ab und trägt in der Umgebung des Mundes zwei seitlich-ven- trale Hakengruppen , w^elche als Kiefer fungiren. Das Nervensystem besteht nach Krohn aus einem die Augen tragenden Gehirnganglion und einem etwa in der Mitte der Körperlänge gelegenen Bauchganglion. Dazu kommen noch zwei neben dem Munde gelegene Ganglien, welche als untere Schlundganglien auf- zufassen sein dürften und durch eine Schlundcommissur unter einander und mit dem Kopfganglion verbunden sind, endlich zwei Buccalganglien (Langerhans). Das geradgestreckte Darmrohr, vom Oeso]:)hagus an abwärts durch ein Mesen- terium an der Leibeswand befestigt, mündet an der Basis des langen mit einer horizontalen Flosse endenden Schwanzes in der Afteröffnung nach aussen. Die Sagitten sind hermaphroditisch und besitzen paarige mit Samentaschen verbun- dene Ovarien, die durch zwei Oeffnungen an der Basis des Schwanzes ausmünden, und ebensoviel dahinter gelegene Hoden, deren Samenprodukte durch Oeffnun- gen an den Seiten des Schwanzes nach aussen gelangen. Ein besonderes Interesse nimmt die embryonale Entwicklung in Anspruch , indem sie beweist , dass die innere Zellenlage des zweischichtigen Embryos keineswegs überall zum Darm- epithel zu werden braucht. Das anfangs einschichtige Blastoderm des Sagitten- eies stülpt sich von einer Stelle aus bis zum Verschwinden der Furchungshöhle ein, und der Embryo gewinnt die Form einer hohlen Kugel , deren Wände aus zwei Zellenschichten bestehen. Die innere der Schichten wird nun aber nicht zum Darm, sondern erzeugt die Hautmuskulatur und Peritonealbekleidung der Leibeshöhle, während der Darm durch eine neue Faltung , welche der Ein- stülpungsstelle gegenüber am vordem Körperpole entsteht, gebildet wird. Die Sagitten leben frei im Meere und ernähren sich räuberisch von kleinern Grustaceen und Seethierchen. Von der einzigen Gattung Sagitta Slab. sind mehrere Arten, z. B. Sagitta bipunctata Krohn., S. germanica Lkt. Pag., aus den Europäischen Meeren, genauer beschrieben worden. 1) Vergl. A. Krohn, Anatomisch-physiologische Beobachtungen über die Sagitta bipunctata. Hamburg. 1844. R. Wilms, De Sagitta mare germanicum circa insulam Helgoland incolente. Berolini. 1846. C. Gegenbaur, Ueber die Entwicklung der Sagitta, Halle. 1856. Kowalewski, Eaibryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Mem. de l'Acad. St. Petersbourg. Tom. XVI. 0. Bütschli, Zur Entwicklungsgeschichte der Sagitta. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXIII. 1873. 2. Ordnung. Acanthocephali. 439 2. Ordnung. Acanthocephali '), Kratzer . Acanthocephalen. Schlauchförmige Tlunclwür7ner mit vorstülpbarem Halten tragenden Rüssel, ohne Mund und Darm. Die Acanthocephalen oder, wie sie nach der Hauptgattung bezeichnet werden, die Echinorhynchen , besitzen einen schlauchförmigen oft quer gerun- zelten Körper, dessen Vordertheil einen mit Widerhaken besetzten Rüssel dar- stellt. Dieser als Haftorgan dienende Rüssel, der nicht selten die Darmwandung des Trägers durchbohrt, kann in eine Rüsselscheide, einen in die Leibeshöhle hineinragenden Schlauch , umgestülpt werden , dessen hinteres Ende durch ein Band und durch Retractoren an der Leibes wand befestigt wird. Im Grunde der Rüsselscheide liegt das Nervensystem als einfaches aus grossen Zellen ge- bildetes Ganglion, welches Nerven nach vorn in den Rüssel und durch die seitlichen sog. Retinacula nach den Wandungen des Körpers entsendet. Die sich von hier aus vertheilenden lateral verlaufenden Nervenfasern versorgen theils die Muskulatur des Körpers , theils den Geschlechtsapparat , für welchen sie vornehmlich im männlichen Thiere in Anschwellungen besondere Gentra erhalten. Hier finden sich nach Schneider zwei seitliche Ganglienknoten, welche durch eine ventral verlaufende Quercommissur verbunden, Nerven an den Ductus ejaculatorius und an die Bursa (theilweise an die Papillen derselben) entsenden. Sinnesorijane fehlen durchweg, ebenso Mund, Darm und After. Die ernährenden Säfte werden durch die gesammte äussere Haut aufgenommen, welche in ihrer weichen körnerreichen Subcuticularschicht ein complicirtes System von Körnchen-führenden Ganälen einschliesst. Erst auf die untere oft sehr umfangreiche und gelb gefärbte Hautschicht folgt der kräftige, aus äussern Querfasern und Innern Längsfasern zusammengesetzte Muskelschlauch, welcher die Leibeshöhle begrenzt. Auffallenderweise sollen die Fasern Anhäufungen contractiler Substanz sein , welche den als Platten erscheinenden Muskelzellen aufsitzen ('?). Wahrscheinlich fungirt das vielfach ramificirte System von Ganälen, an dem sich zwei longitudinale Hauptstämme erkennen lassen , als ein eigen- thümlicher mit Säften gefüllter Ernährungsapparat , und der Theil desselben, welcher sich auf zwei hinter dem Rüssel durch den Muskelschlauch in die Leibeshöhle hineinragende Körper, Lemnisci, erstreckt, wohl als Excretions- organ, da der Inhalt der vielfach anastomosirenden Canäle dieser Lemnisci in der Ptegel bräunlich gefärbt ist und aus einer körnchenreichen zelligen Masse besteht. Nach Schneider sollen dieGefässe der Lemnisci in einen Ringcanal der Haut münden, aber nur mit den vorausgelegenen netzförmig verbundenen 1) Dujardin. Histoire naturelle des Helminthes. 1845. Diesing, Systema hel- minthum. 2 Bde. 1850 — 1851. v. Siebold, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Berlin. 1848. G. Wagener, Helminthologische Bemerkungen etc. Zeitschrift für wiss. Zoclogie. IX. Bd. 1858. R. Leuckart, Parasiten des Menschen. Tom. II. 1876. Der- selbe, Commentatio de statu et embryonaU et larvali Echinorhynchorum eorumque metamorphosi. Lipsiae. 1873. Greeff, Untersuchungen über Echinorhynchus miliaris. Arch. für Naturg. 1864. — lieber die Uterusglocke und das Ovarium der Echinorhynchen. Ebendas. A. Schneider, Ueber den Bau der Acanthocephalen. Müller's Archiv. 1868, sowie Sitzungsberichte der Ober hessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. 1871. 440 Geschleclitsorgane. Entwicklung. Canälen des Kopftheils communiciren, während der von dem Inhalt der Loninisci verschiedene Inhalt der eigentlichen Hantgefässe (Ernährungsapparat) dos Körijers von jenen völlig abgeschlossen in besonderen Strömungen sich bewegt. Die saft- führende Leibeshöhle umschliesst die mächtig entwickelten Geschlechtsorgane, welche durch ein Band (ligamentum Suspensorium) am Ende der Rüsselscheide befestigt sind. Die Geschlechter sind getrennt. Die Männchen bcsit/.on zwei ver- hältnissmässig grosse Hoden, ebensoviel ausführende Gänge, ein gemeinsames oft mit 6 oder 8 Drüsenschläuchen versehenes Vas deferens und einen kegel- förmigen Penis im Grunde einer glockenförmigen am hintern Loibespole hervor- stülpbaren Bursa. Die Geschlechtsorgane der grössern Weibchen bestehen aus dem im Ligamente entstandenen Ovarium. einer mit freier Mündung in der Leibeshöhle beginnenden complicirt gebauten Uterusglocke '), dern sog. Uterus, und der kurzen Scheide, welche in mehrere Abschnitte gegliedert, am hintern Pole nach aussen mündet. Sehr merkwürdig sind die Vorgänge der Eibildung und die Fortleitung der Eier in dem ausführenden Apparate. Nur in der Jugend bleibt das Ovarium ein einfacher Körper und von der Haut des erwähnten Ligamentes umschlossen. Mit der fortschreitenden Grössenzunahme theilt sich das Ovarium unter fortgesetzter Wucherung in zahlreiche Ballen von Eiern, unter deren Druck die Haut des Ligamentes einreisst; die Eierballen sowie die reifen aus ihnen sich lösenden länglichen Eier fallen in die Leibeshöhle, welche sich allmählig ganz und gar mit Eiern und Eiballen füllt. Die Eihüllen ent- stehen erst nach der Dotterfurchung und sind demgemäss wohl als Embryonal- hüllen zu deuten. Erst aus der Leibeshöhle gelangen die bereits mit Embryonen versehenen Eier in die sich beständig erweiternde und verengernde Uterus- glocke, von da in die Eileiter und durch die Geschlechtsöffnung nach aussen. Ueber die Entwicklung der Echinorhynchen haben die Untersuchungen R. Leuckart's und Greeff's Aufschluss gegeben. Die nach Ablauf einer un- regelmässig totalen Dotterklüftung entstandenen und von drei Eihäuten um- schlossenen Embryonen sind kleine, am vordem Pole mit provisorischen Stacheln bewaffnete, längliche Körper, welche einen centralen Körnerhaufen (Embryonal- kern) enthalten. Dieser ist kein Ueberrest des Dotters, sondern ein embryonales Organ. Vielleicht dürfte ein vorausgelegener ovaler Körper, welcher bei der Ent- faltung des Stachelapparates betheiligt ist, als Rudiment eines Pharynx zu deuten sein (R. Leuckart). In solchem Zustand gelangen die Embryonen mit den Ei- hüllen in den Darm von Amphipoden {Ech.proteus. polynwrphus) und Wasser- asseln {Eck. anr/tfstatxs), werden hier im Darm frei, durchbohren die Darmwan- dungen und bilden sich nach Verlust der Embryonalstacheln zu kleinen rundlich gestreckten Echinorhynchen aus, welche Pappen vergleichbar mit eingezogenem Rüssel, von ihrer äussern festen Haut wie von einer Cyste umschlossen, in dem Leibesraume der kleinen Kruster liegen. Nur die Haut, Gefässe und Lemniscen gehen aus dem äussern Embiyonalleib hervor, während sicii alle übrigen vom Hautmuskelschlauche eingeschlossenen Organe, Nervensystem, Rüsselscheide, 1) Vergl. Angelo Andres, Ueber den weiblichen Geschlechtsapparat des Echinor- hynchus gigas Rud. Morphol. Jahrbuch. Tom. IV. 1878. ^ III. Classe. Rotatoria. 441 Geschlechtsorgane , aus dem Körnerhaufen entwickeln. Erst nach ihrer Ein- führung in den Darm von Fischen {Ech. proteus), auch von Wasservögeln {Eck. pohpnorphns) , welche sich von diesen Krustern ernähren, erlangen sie die Geschlechtsreife, begatten sich und wachsen zur vollen Grösse aus. Die zahlreichen Arten der Hauptcrattung Echinorhynchus 0. F. Müll. leVjen vorzugs- weise im Darmcanale verschiedener Wirbclthiere, deren Darmwandungen von Echino- rhynchen wie besät sein können. Ech. pnlymorphiis Brems., im Dann der Ente u. a. Vögel, auch im Flusskrebs, durchläuft seinen Jugendznstand als Ech miliarius im Innern von Gammarus pul ex. Ech. proteus Westrumb., im Darm zahlreicher Süsswasserfische. Die Embryonen leben in der Leibeshöhle von Gammarus pulex, bleiben längere Zeit beweglich und wachsen zu ansehnlicher Grösse heran, bevor die Bildung des Echino- rhynchus beginnt. Ech. angustatus Rud. , des Barsches, erfüllt als Jugendform fast die ganze Leibeshöhle von Asellas aquatlcits (Greeff). Die Embryonen kommen zur Ruhe, sobald sie die Darmhaut der Assel durchsetzt haben und beginnen so>,4eich ihre Meta- morphose, indem sich der Körper bis auf die zapfenförmig vorspringenden Enden kuglig aufbläht. Der aus der Kernmasse hervorgehende junge Echinorhynchus liegt recht- winklig zur Längsachse des aufgeblähten Embryonalkörjiers. Ech. haeruca Rud., des Fi'osches, Jugendzustand gleichfalls in der Wasserassel. Ech. glgas Goeze, von der Grösse eines Spulwurmes im Dünndarm des Schweines. Der Embryo gelangt nach A. Schneider in Engerlingen zur Ausbildvmg. Auch im Dünndarm eines an Leukaemie verstorbenen Kindes wurde von Lambl ein kleiner noch nicht geschlechtsreifer Echinorhynchus aufgefunden. III. Classe. Rotatoria') = Rotiferi, Räderthicre. Würmer ohne Metamereuhildung , mit integiimentaler Leibesfjlicderuvg, mit einem vorstülpbaren Wi mperapparaie am vordem Körperende, mit Gchirn- yanglion und Wassergefässcanälen, ohne Herz und Gefässsystem, getrennten (iescJüechts. Die Räderthiere, welche man früher mit Unrecht als Wimperkrebse be- trachtete, sind entschieden Würmer und haben mit den Arthropoden nichts zu 1) Ehrenberg, Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Leipzig* 1838. Dujardin, Histoire naturelle des Infusoires. Paris. 184L Dalrymple, Phil. Transact. Roy. Soc. 1844. Brightwell, Ann. of nat. hist. H. Nage 11, Beiträge zur I]ntwick- lungsgeschichte der Räderthiere. Zürich. 1852. Fr. Leydig, Ueber den Bau und die. systematische Stellung der Räderthiere. Zeitschr. für wissensch. Zool. Bd. VI. 1854 F. Cohn, Ueber Räderthiere. Ebendas. Bd. VII. 1856, Bd. IX. 1858, Bd. XII. 1862. Gosse, On the structure, functions and homologies of the manducatory organs of the class. Rotifera. Phil. Transact. 1856. E. Metschnikoff, Apsilus lentiformis, ein Räder- thier. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XVI. 1866. E. Gl aparede, Miscellanees zoolo- giques. Ann. des sciences nat. Tom. VIII. 1867. H. Grenacher, Einige Boobachtungen über Räderthiere. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XIX. 1869. W. Salensky, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Brachionus urceolaris. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXII. 1872. G. Möbius, Ein Beitrag zur Anatomie des Brachionus plicatilis, eines Räderthieres der Ostsee. Ebendas. Tom. XXV. 1875. Vergl. aussei'dem die Arbeiten von Perty, Huxley, Williamson, Weisse, Davis u. a. 442 Körperbau. Wimperapparat. thun, da sie nicht nur der Metamerenbildung, sondern auch der Extremitäten entbehren. Der Körper der Räderthiere ist in der Regel äusserlich gegliedert und zerfällt je nach der Stärke der Ghitinhaut in mehr oder minder deutlich abgegrenzte, höchst ungleichartige Segmente, ohne aber diesen entsprechende Segmente der Innern Organe zu besitzen. Daher kann denn auch von Metameren keine Rede sein. Im einfachsten Fall nähert sich die Leibesform der Loven'- schen Wurmlarve, mit welcher die von Sem per ^) entdeckte als Trochosphaera bezeichnete Kugel-Rotifere ungezwungen einen nähern Vergleich gestattet, so- bald wir uns die Scheitelplatte als selbständiges Gehirnganglion von dem Ecto- derm gesondert denken. Der praeorale Wimperkranz würde die indifferente Anlage zur Entwicklung des so überaus mannichfach gestalteten Räderapparats sein, neben welchem der reducirte postorale Wimpersaum als Aequivalent ^) des bei so zahlreichen Rotatorien auftretenden Mund-Wimpersaumes (Glaparede) zu betrachten wäre. Indessen hat sich bei den meisten Räderthieren der postorale Leibesabschnitt bedeutend in die Länge gestreckt und unter über- aus mannichfaltigen Modificationen eine weitere integumentale Gliederung er- fahren. Nicht selten unteischeidet man einen Vorderleib, welcher der äussern Segmentirung entbehrt und die gesammten Eingeweide in sich einschliesst und einen beweglich abgesetzten fussartigen Hinterleib, der meist mit zwei zangen- artig gegenüberstehenden Borsten oder Stilen endet und theils zur Befestigung theils zur Bewegung dient. Dass dieser meist geringelte oder segmentirte Fuss als ein dem Vorderleibe continuirlich sich anschliessender Leibesabschnitt auf- zufassen ist und nicht etwa einem verschmolzenen Extremitätenpaare entspricht, geht schon aus den festsitzenden von Hülsen oder Gallertmassen umgebenen Tuhicolarien hervor und wird vollends durch die Entwicklungsgeschichte be- wiesen. Nicht minder häufig sind sowohl der breitere Vorderleib als der ver- schmälerte Hinterkörper in mehrere Ringe gegliedert, die sich fernrohrartig in einander einziehn und mehr oder minder frei unter Biegungen verschieben können. Am complicirtesten verhält sich wohl die Gliederung des merkwür- digen an Nebalia schmarotzenden Seison, an deren Körper vier Regionen zu unterscheiden sind, die man als Kopf, Hals, Leib und Schwanzgegend bezeichnen könnte. Ein wichtiger Charakter der Rotiferen liegt in dem am Kopfende sich erhebenden meist einziehbaren Winiperapparat, welcher wegen der Aehnlich- keit, den derselbe bei einzelnen Gattungen {Rotifer, Fhilodina) mit einem oder mehreren rotirenden Rädern bietet, als »Räderorgan«, bezeichnet wird. Nur in wenigen Fällen (Apsiius, Balatro) ist das Räderorgan geschwunden , bei Apsilus in Folge regressiver Metamorphose. Häufig freilich ist dasselbe bei parasitischen Formen bedeutend reducirt und auf spärliche Wimperbüschel beschränkt. In einfacher Form erscheint dasselbe bei Nolonmiala tardigrada als bewimperte Mundspalte, dann als der in seiner ganzen Gircumferenz mit 1) C. Semper. Zoologische Aphorismen (Trochosphaera aequatorialis). Ze.tschr für wiss. Zool. Tom. XIX. 1869. 2) Vergl. B. Hatschek, Studien über Entwicklungsgeschichte der Anneliden. Arbeiten aus dem zool. Institut der Universität Wien. Tom. I. 1878. Danncanal. Excretionsorgaue. Xervensystem. 443 Cilien bekleidete Kopfrand, z. B. Hydatma und Notonimata^iviQXi. Bei anderen Gattungen erhebt sicli der bewimperte Saum über den Kopf hinaus bis zur Bildung sog. Doppelräder, z. B. Philodina, Brachionus, und gestaltet sich auf einer höhern Stufe zu einen bewimperten Kopfschirm um , z. B. Megalotrocha, Ttihicolaria. Endlich erscheint derselbe in knopfartige (Floscularia) oder gar arm- förmige Fortsätze {Stephanoceros) verlängert. Mit Ausnahme der letzten Formen bilden die Wimpern einen continuirlichen Saum, welcher von der Mundöffnung ausgeht, wiederum zu derselben zurückführt und neben der Hautfunction als Locomotionsorgan die Aufgabe hat , kleine zur Nahrung dienende Körper her- beizustrudeln. Ausser dem Räderorgane besitzen die Rotiferen, wie oben bereits bemerkt wurde, noch eine zweite Reihe von meist zarten Flimmercilien, welche vom Rücken aus zu der an der Bauchfläche des Räderorgans gelegenen Mundöffnung an beiden Seiten herabführen, in entgegengesetzter Richtung schwingen und die kleinen vom Strudel des Räderoi^anes erfassten Nahrungs- körper in dieselbe hineinleiten. Die Verdauungsorgane sind meist ziemlich einfach gestaltet und mit Aus- nahme des zuleitenden Munddarms nicht weiter in Unterabtheilungen gegliedert. Die engere oder weitere zuweilen in der Tiefe eines trichterförmigen Vorraums gelegene Mundöffnung führt in einen erweiterten mit beständig klappendem Kieferapparat bewaffneten Schlundkopf. Aus diesem entspringt eine kurze selten (Seison) bedeutend verlängerte Schlundröhre, welche in den weiten mit grossen Zellen bekleideten und bewimperten Magendarm fiirhrt. Am Eingange desselben münden zwei ansehnliche zuweilen in einzellige Drüsen aufgelöste Drüsenschläuche, die ihrer Function nach wohl als Speichel- oder Pancreatische Drüsen zu deuten sein möchten. Auf dem Chylusdarm folgt endlich der eben- falls bewimperte Enddarm, welcher am Vorderleib, da wo sich der fussartige Hinterleib inserirt, wohl überall dorsalwärts ausmündet. Indessen werden Enddarm und After bei einigen Rotiferen, deren Chylusdarm blindgeschlossen endet , z. B. Ascomorpha, Asplanchna, vermisst. Ein Blutgefässsystem fehlt durchaus, und die helle Blutflüssigkeit erfüllt die Leibeshöhle. Was Ehrenberg als Gefässe beschrieben hat, sind die quergestreiften Muskeln und Muskelnetze unter der äussern Körperbedeckung. Ebensowenig finden sich gesonderte Respiratiovsorgane, die gesammte äussere Bedeckung vermittelt die Athmung. Die sog. Respirationscanäle entsprechen den Segmentalorganen der Anneliden und sind wie diese Excretionscanäle. Es sind zwei geschlän- gelte Längscanäle mit zelliger Wandung und mit flüssigem Inhalt, welche durch kurze und bewimperte Seitenzweige (Zitterorgane), meist wohl offene Wimper- trichter , mit der Leibeshöhle in Communication stehen und entweder direct oder vermittelst einer contractilen Blase (Respirationsblase) in den Enddarm ausmünden. Ehrenberg gab irrthümlich die Seitencanäle für Hoden und die Blase für eine Samenblase aus, eine Deutung , welche wiederum die bekannten Irrthümer in der Auslegung des Infusorienbaues veranlasste. Das Nerven- system der Rotiferen schliesst sich am nächsten dem der Turhellarien und Trematoden an. Die Centraltheile desselben bilden ein einfaches oder zwei- lappiges über dem Schlünde gelegenes Gehirnganglion, von welchem Nerven zu eigenthümlichen Sinnesorganen der Haut und zu den Muskeln abgehen. Augen 444 Geschlechtsorgane. Somniereier. Wintereier. liegen nicht selten entAveder als ein xfömiiger iinpaarer Pigmentkörper oder als paarige mit lichtbrechenden Kugeln verbundene Pigmentfleckon dem Gehirn auf. Die erwähnten Sinnesorgane der Haut, wahrscheinlich Tast- beziehungs- weise Spürorgane, sind mit Borsten und Haaren besetzte Erhebungen, selbst röhrenartig verlängerte Fortsätze (Respirationsröhren des Nackens) der Haut, unter denen die Sinnesnerven mit ganglienartigen Anschwollungen enden. In früherer Zeit hielt man die Räderthiere für Zwitter, ohne freilich die männlichen Geschlechtsorgane nachgeweisen zu haben. Erst die Entdeckung der seltenen und kleinen Rotiferenmännchen (Dalrymple, Notomnmta anfjlica) lieferte den sichern Beweis für die Trennung des Geschlechtes und für einen höchst auffallenden Dimorphismus der männlichen und weiblichen Thiere. Die Männchen unterscheiden sich nicht nur durch ihre weit geringere Grösse und mehr oder minder abweichende Körperform von den Weibchen, sondern durch die Abwesenheit der Schlundröhre sowie eines functionsfähigen Darmes, dessen Anlage auf einen strangförmigen Rest zurückgebildet ist. Solche Pygmaeen- männchen sind für zahlreiche Gattungen nachgewiesen , so dass an ihrem all- gemeinen Vorkommen nicht zu zweifeln ist. Indessen gibt es für einzelne aberrante Formen auch Männchen von bedeutender Grösse (Seisou) mit Darm- canal. Die kleinen Männchen verlassen bereits in voller Ausbildung das Ei, nehmen keine Nahrung auf und leben nur verhältnissmässig kurze Zeit. Ihre Geschlechts- organe reduciren sich auf einen mit Samenfäden gefüllten Hodenschlauch, dessen muskulöser Ausführungsgang zuw-eilen auf einem papillenartigen Höcker am hintern Ende des Vorderleibes mündet. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem rundlichen oder mehr gestreckten, mit Eikeimen gefüllten Ovarium zur Seite des Verdauungsapparates und einem kurzen Eileiter, welcher ein einziges oder nur wenige reife Eier, im Sommer oft mit schon entwickelten Embryonen enthält und meist in der Kloake mündet. Fast sämuitliche Räder- thiere sind Eier legend, aber durchweg bringen sie zweierlei Eier hervor, dünn- schalige So;»mc/ e/er und dickschalige Wintereier. Beide tragen sie oft äusser- lich an ihrem Körper herum, während allerdings die Sommereier nicht selten im Eileiter die Embryonalbildung durchlaufen. Wahrscheinlich entwickeln sich die erstem ohne Befruchtung parthenogenetisch (Colin), da die Männchen zu jener Jahreszeit fehlen und stets aus Sommereiern hervorgehn. Die dick- schaligen oft dunkler gefärbten Wintereier mit ihrer zweiten äussern Schale werden im Herbst erzeugt und sollen befruchtet sein. Soweit die Entwicklungsgeschichte des Embryos bekannt ist, ergibt sich eine grosse Uebereinstinnnung mit manchen Gastropoden {CaJyptraeu). Die Eier erleiden eine unrogelmässige Dolterklüftung. Die kleinen aus derFurchungs- kugel hervorgegangenen Abkönunlinge häufen sich an einem Pole an und um- lagern schliesslich die dunklern vollkommen, so dass ein zweiblättriger Keim gebildet wird. Die Zellen der äussern Schicht, viel ärmer an Körnchen als die der centralen, die Darmdrüsenanlage enthaltende (Brachionus, Salensky) Schicht bilden das obere Keimblatt, welches an einer Seite (spätere Bauchseite) eine Einstülpung t)ildet, aus deren Seitenwänden die beiden Lappen des Räder- organs hervorgehn (ähnlich den Mundlappen von Schneckenembryonen). Die untere ventrale Wand der Einstülpung wird zum konisch auswachsenden Floscularidae. Philodinidae 445 Hinterleib, an dessen Basis eine Vertiefung die Anlage des Hinterdarms bildet, während im Grunde der primären Einstülpung der Mund und Vorderdarm entspringen. Das Ganglion entsteht aus dem obern Blatt im Kopftheil; über die Bildung des Mittelblattes liegen keine sicheren Beobachtungen vor. An dem männlichen Embryo verläuft die Entwicklung insofern abweichend, als der drüsige Darmtheil gar nicht zur Ausbildung kommt. Die freie Entwicklung verläuft ohne oder mit unbedeutender, zuweilen rückschreitender Metamorphose; am auffallendsten erscheint die letztere bei den im ausgebildeten Zustand fest- sitzenden Hoscularien und Melicerlinen. Die Räderthiere bewohnen vornehmlich das süsse Wasser, in welchem sie sich theils schwimmend mit Hülfe des Räderorgans fortbewegen, theils mittelst des zweizangigen Fussendes an festen Gegenständen vor Anker legen. Auf diese Art befestigt, strecken sie ihren Kopftheil vor und beginnen das Spiel ihrer Wimpern behufs Herbeistrudelung von Nahrungsstoffen, als kleinen Infusorien, Algen, Diatomaceen. Bei der geringsten Beunruhigung aber ziehen sie Wimperapparat und Kopftheil , wohl auch den Fussabschnitt ein. Häufig geben sie ihren Befestigungspunkt auf und kriechen mittelst der Fusszange unter abwechselnder Verlängerung und Verkürzung des Körpers wurmförmig oder spannerartig umher. Einige Arten leben in Gallerthülsen und zarten Röhren, Mi6.eve{Conochilus) stecken mit ihrem Fussende in einer gemeinsamen Gallertkugel und sind zu einer schwimmenden Golonie vereinigt, verbal tniss- mässig wenige leben als Parasiten. Es scheint , als- wenn viele Arten einer nicht zu anhaltenden Austrocknung Widerstand zu leisten vermöchten. 1. Farn. Floscnlaridae. Räderthiere von langgestreckter Körperform mit langem quergeringelten Fuss , festsitzend , meist von Gallerthülsen und Röhren umgeben. Der Kopfrand mit gelapptem oder tief gespaltenem Räderorgan. Die Embryonen und Jungen besitzen meist zwei Augenflecken und dm-chlaufen eine Metamorphose. Floseularia Oken. Kopfrand mit fünflappigem langbewimperten Räderorgan, häufig mit mächtigem Dorsallappen. Körper in durchsichtiger Gallerthülse. Schlundkopf mit zweizähnigen Kiefern. Fl. proboseidea Ehrbg. Der Rückenlappen sehr lang. Fl. ornata Ehrbg. = Fl. hyacinthina Oken. Fl. appenclicidata Leydig =:! Fl. cornuia Dobie. Stephanocei'os Ehrbg. Mit fünfarmigem langbewimperten Wirbelorg-an und Gallerthülse. St. Eichhornii Ehrbg. Tubicolaria Ehrbg. Mit 2 langen Taströhren, vierlappigem, an der Bauchseite tief eingeschnittenem Räderorgan und Gallerthülse. Wimperkranz doppelt. T. najas Ehrbg. Melicerta Schrank. Mit 2 Taströhren und vierlappigem Räderorgan, mit doppeltem Wimpersaum. Röhren aus grünen linsenförmigen Körnern, wahrcheinlich Algenzellen, gebildet. M. ringens Lin. Limnias Schrank. Mit zweilappigem Räderorgan und grüner Hülle. L. ceratophylU Schrank. Lacinularia Schweig. Mit zweilappigem, an der Bauchseite tief eingeschnittenem Räderorgan und doppeltem Wimpersaum, in Gallertmasse haufenweise zusammenlebend. L. socialis Lin. Eine nahe verwandte Form ohne Gallertmasse, wird von Ehrenberg als Megalotrocha albo-flavicans untei'schieden. Conochilus Ehrbg. Weibchen colonienweise in freischwimmenden Gallertkugeln vereint. Der zweizipflige bewimperte Stirnrand unten mit zwei hakenförmig gebogenen Borsten, über der Mundöffnung ein kegelförmiger Vorsprung mit Borstenzapfen. After dorsal am Kopfende. 2 Augenflecken. Männchen freischwimmend. C. volvox Ehrbg. Oecistis Ehrbg. Verwandt ist die freischwimmende Microcodon calvus Ehrbg., ohne retractiles Räderorgan. 2. P^am. Philodinidae. Freibewegliche, oft spannerartig kriechende Räderthierchen mit zweirädrigem Wirbeloi'gan und gegliedertem, fernrohrartig einziehbarem Fuss, ohne Hülse. 446 Brachionidae. Hydatinidae. Callidina Ehrbg. Kopfende in einen rüsselfönnigen bewimperten Fortsatz aus- gezogen, augenlos. Ein kurzes Taströhrchen im Nacken. Fuss gabiig, sechsspitzig. G. elegans Ehrbg. Hier schliessen sich die ebenfalls augenlosen Gattungen Hydrias Ehrbg. und Typhline Ehrbg. an, welche des rüsselförmigen Fortsatzes entbehren (beide afrikanisch). Rotifer Fontana. Räderorgan ausgeprägt zweirädrig. Rüsselfortsatz mit zwei Stirnaugen. Taströhrchen des Nackens lang. Gabelfuss mit Hörnchen, zweifingrig. R. vulgaris Oken (-R. redivivus Cuv.). Bei der nahe verwandten Gattung Actinurus Ehrbg. endet der Fuss mit drei Fingern. A. neptunius Ehrbg. Bei Monolahis Ehrbg. fehlen die Hörnchen am Fuss. M. gracilis Ehrbg. Fhüodina Ehrbg. Die beiden Augen liegen im Nacken hinter der Taströhre. Ph. erythro phthahna Ehrbg. 3. Farn. Brachionidae. {Brachioniden und Euchlaniden). Räderthiere mit zwei- oder mehrfach getheiltem Räderorgan, mit breitem schildförmig gepanzerten Körper und geringeltem oder kurz gegliedertem Fuss. Brachionus Hill. Panzer flach comprimirt, am Stirnrand ausgezackt. Auge un- paar in der Nähe der Taströhre des Nackens. Fuss lang geringelt. B. Bakeri 0. Fr. Müll. B. militaris Ehrbg. B. plicatilis 0. Fr. Müll., Marine Form. B. polyacanthus Ehrbg. u. z. a. Anuraea Ehrbg. Körper sackförmig, comprimii-t, fusslos, mit Nacken- auge. A. squamula 0. Fr. Müll. A. acuminata, foliacea Ehrbg. u. z. a. Noteus Ehrbg. Unterscheidet sich von Brachionus durch den Mangel des Nackenauges. N. quadri- cornis Ehrbg. Pterodina Ehrbg. Mit zwei Augen und einem griffeiförmigen Fuss, welcher aus der Mitte des flach gedrückten ovalen Körpers abgeht. PL Patina 0. Fr. Müll. Pt. elliptica Ehrbg. Euchlanis Ehrbg. Panzer oval, seitlich zum Theil klaffend, mit kurzem gegliederten Gabelfuss und unpaarem Augenfleck in der Nackengegend. E. macrura Ehrbg. E. triquetra Ehrbg. Lepadella B. St. Vinc. Augenlos mit Gabel- fuss. L. ovalis Lam. Monostyla Ehrbg. Der langgestreckte Fuss endet mit einfachem Grifl'elglied. Nackenauge vorhanden. M. cornuta 0. Fr. Müll. Masttgocerca Ehrbg. Panzer prismatisch mit einem Rückenkamm und Gritfelfuss. Nackenauge vorhanden. M. carinata Lam. Salpina Ehrbg. Panzer stark seitlich comprimirt, mit ein oder zwei Leisten am Rücken, vorn und hinten in Spitzen auslaufend, mit Gabelfuss und Nacken- auge. S. mucronata 0. Fr. Müll. S. spinigera Ehrbg. Dinocharis Ehrbg. Panzer mit scharfem Seitenrand ohne Spitzen, mit einfachem Nackenauge und langem bestachelten nicht zurückziehbarem Gabelfuss. D. Pocillum 0. Fr. Müll. Monura Ehrbg. Körper mit 2 Stirnaugen und Griff'elfuss. M. dulcis Ehrbg. Colurus Ehrbg. Panzer seitlich zixsammengedrückt oder prismatisch mit Stirnhaken und zwei Stirnaugen und Gabelfuss. C. uncinatus Ehrbg. Metopidia Ehrbg. Panzer oval flach, vorn halbmondförmig aus- geschnitten oder cylindrisch mit zwei Stirnaugen und Gabelfuss. M. lepadella Ehrbg. Von derselben unterscheidet sich die Gattung Stephanops Ehrbg. durch den schirm- artigen oder haubenförmigen Stirnrand. St. lamellaris 0. Fr. Müll. Squamella B. St. Vinc. Sq. bractea Or. Fr. Müll. 4. Farn. Hydatinidae. (In Vereinigung mit den Notommatiden , Synchaetiden und Pedaleoniden). Mit mehrfach getheiltem oder nur eingebuchtetem Räderorgan und zarter häufig gegliederter Haut. Der kurze Fuss endet meist zweitheilig mit zwei Borsten oder zaugenförmig. Hydatina Ehrbg. Der schlauchförmige Leib mit kurzem Gabelfuss und vielzähnigen Kiefern. Auge fehlt. H. senta 0. Fr. Müll, mit Enteroplea hydatinae Ehrbg. als Männchen. Nahe verwandt ist Pleurotrocha Ehrbg., unterschieden durch den einfachen Zahn der Kiefer. P. gihba Ehrbg. Furcularia Lam. Mit kurzem Gabelfuss und einfachem Stirn- auge. F. forficula Ehrbg. F. gracilis , gihha Ehrbg. Hier schliesst sich die wimpern- lose Gattung Taphrocampa Gosse an. Monocerca B. St. Vinc. Fuss mit sehr langem Griffel endend. Nackenauge vorhanden. M. rattus 0. Fr. Müll. M. bieornis Ehrbg. Notommata Ehrbg. Mit Nackenauge, zweifingrigem Gabelfuss, ohne Griffel am Räder- organe. N. tardigrada Ldg. JV. Brachionus Ehrbg. N. Petromyson Ehrbg. N. parasita Ehrbg. u. a. A. Synchaeta Ehrbg. Räderorgan mit einzelnen Griffeln zwischen den Asplanchnidae. Trochosphaeridae. Atrocha. Echinoderiden. 447 Wimpern. Mit Nackenauge. S. haltica Ehrbg. Scaridium Ehrbg. Mit langem geglie- derten, aber nicht einziehbarem Fusse und mit Nackenauge. Sc. longicandum 0. Fr. Müll. Diglena Ehrbg. Mit zwei Stirnaugen und einem Gabelfuss. D. lacustris Ehrbg. Wird wie einige andei*e Rotiferengattungen in mehrere Genera aufzulösen sein. Lindia Duj. Wimperbesatz soll nach Dui ardin vollkommen fehlen. Ein Nackenauge. Fuss gabiig. L. torulosa Duj. Rattulus B. St. Vinc. Mit zwei Stirnaugen und Griffelfuss. B. lunaris 0. Fr. Müll. Distemma Ehrbg. Mit zwei Nackenaugen und einem Gabelfusa. D. forficula Ehrbg. PoJyarthra Ehrbg. Fusslos, mit einem Nackenauge und je zwei kurzen Warzen jederseits, auf welchen je drei bewegliche Flossenborsten sitzen. P. trigla Ehrbg. TriarÜira Ehrbg. Körper dm-ch eine Querfalte in Kopf und Rumpf ab- gesetzt, mit gewölbtem Rücken und flachem Bauch, an welchem drei lange bewegliche Borsten sitzen. Zwei Stirnaugen. T. longiseta Ehrbg. Pedalion lluds. Körper sack- förmig, ohne sog. Fuss, mit 6 langen conischen Fortsätzen, die je in eine Fiederborste auslaufen. P. mira Huds. Äi)silus Motschn. Körper flach, linsenförmig, mit breitem, vorstülpbarem Kopftheil (Rüssel), ohne Wimperapparat und Fuss, mit einem als Saug- scheibe wirkenden Chitinring. Männchen und junge Weibchen mit bewimpertem Stirn- rand und zwei Stirnaugen. Ä. lentiformis Metschn. , an NyvxphaeahVAXtQiin. 5. Farn. Asplanchnidae. Der sackförmige panzerlose Leib entbehrt des End- darms und des Afters. ÄspJanchna Gosse. Räderorgan nach dem Munde hin eingeschnitten. Kiefer bezahnt. Fusslos oder mit kurzem bauchständigen Fusse. Ein Augenflecken vorhanden. A. anglica Dal. {A. Brighticelli Gosse). A. SieboJdii Ldg. A. myrmeleo Ehrbg., mit kurzem Gabelfuss an der Bauchseite. Ascomorpha Perty. (Sacculus Gosse). Unterscheidet sich durch die verkümmerten zahnlosen Kiefer. A. ge)~manica Ldg. A. helvetica Perty. 6. Farn. Trochosphaeridae. Körper kuglig, mit präoralem Wimperreif an Stelle des Räderorgans. Trochosphaera Semp. T. aequatorialis Semp. , Philippinen. 7. Fam. Atrocha. Parasitische Rotiferen von wurmförmiger, verschieden geglie- derter Körperforui, mit sehr reducirtem Räderorgan. Albertia Duj. Das Räderorgan beschi-änkt sich auf einen kurzen Wimpersaum des Stirnrandes. A. vertniculus Duj. In der Leibesliöhle der Regenwürmer und im Darm von Limacinen. A. crystallina M. Seh., Darm von Nais. Balatro Clap. Ohne Spm- von Räderorgan und Augen, mit zweilappigem Körperende. B. calvus Clap. Lebt auf der Haut von Oligochaeten. Hier würde sich auch die Gattung Seison ') Gr. anschliessen , deren Arten an Nebalia schmarotzen. Körper in vier Abschnitte gegliedert, welche theilweise ineinander geschoben werden können. Männchen mit Darmapparat. S. Grübei Cls. S. annulatus Cls. Im Anschluss an die Rotiferen lassen sich zwei Gruppen kleiner Wurm- formen betrachten. 1. Die Echinoderiden, welcheD u j ar d in und Gr e ef f als Verbindungsglieder von Würmern und Arthropoden deuten konnten, obwohl sie doch kaum mehr als eine äussere Aehnlichkeit besonders mit Larvenzuständen dieser theilen. Die Echinoderen , von Dujardin ^) an Meeresalgen entdeckt, sind mikroskopisch 1) C. Claus, Ueber die Organisation und systematische Stellung der Gattung Seison Gr. Wien. 1876. 2) Vergl. Dujardin, Sur un petit animal marin, l'Echinodere, formant un type intermediaire entre les Crustaces et les vers. Annales des scienc. nat. 3 Ser. Tom. XV. 1851. Ferner Claparede, Metschnikoff, Greeff, Pagenstecher. 448 Gastrotricta. kleine Meeresbewohner von cylindrischer, an der Bauchseite abgeplatteter Form und äusserer Gliederung des Ghitinskelets. Der langgestreckt walzenförmige Leib setzt sich aus 11 bis 12 segmentähnlichen Ringen zusammen, von denen der vordere kuglig aufgetrieben und mit langen rückwärts gebogenen Stacheln besetzt, ähnlich wie der Rüssel der Echinorhynchen in den Leibesraum zurück- gezogen werden kann. Das häufige Ein- und Ausstülpen dieses Abschnitts und des nächsten Segmentes vollzieht sich als ein die Fortbewegung unterstützender Vorgang. Mit Ausnahme der beiden nun folgenden Segmente, bestehen alle übrigen aus einer Dorsalplatte und zwei etwas concav eingebogenen Sternal- platten, welche mehrere längere Borsten tragen. Bei den meisten Arten läuft das gablich getheilte, der Gopepodenfurca ähnliche Endsegment in zwei lange, selten in eine unpaare Borste aus. Der am Scheitelpol der Kopfauftreibung liegende Mund führt in einen muskulösen Pharynx, welche nach Art eines Rüssels vorgestossen werden kann und an der Spitze eine Bewaffnung von 6 — 8 zweigliedrigen Stäben trägt. Dann folgt der in der Regel braungefärbte Darm mit der ter- minalen Afteröffnung. Die Bewegung des Leibes wird lediglich durch Krüm- mungen der Segmente unter Vorstossen und Einzielm des Kopfes bedingt. Als Nervencentrum sind zwei bandförmige, vorn hufeisenförmig verbundeneGanglien- knoten erkannt, zu denen als Sinnesorgan rothe Augenpunkte hinzukommen. Die Weibchen enthalten zwei am Endsegmente ausmündende Ovarialschläuche, in denen auch die Eier ihre Embryonalentwicklung durchlaufen. Wahrschein- lich existiren auch Männchen mit paarigen Hoden im Hinterkörper. Die Echi- noderen leben wie Desmoscolex an Steinen, Algen und Schalen verschiedener Seethiere und sind durchweg marin. Echinoderes Duj. E. Dajardimi Glap. E. Setigera Greeff u. a. A. 2. Gasirotricha ^) , wie neuerdings von Metschnikoff, dem auch Glaparede und Ludwig beistimmen, die Ichthydinen bezeichnet wurden. Dieselben besitzen einen flaschenförniigen oder wurmförmigen Leib, welcher an seiner Bauchfläche bewimpert ist und am hintern Ende in zwei Furcal- fortsätze ausläuft. Zwischen diesen mündet ventralwärts das Darmrohr aus, dessen muskulöser Oesophagus ebenso wie die Gestalt des Darmes an die Nematoden erinnert. Am vordem Pole liegt die rundliche Mundöffnung, nach welcher die ventrale Wimperbekleidung die Nahrungsstoffe hinzuleiten scheint. Borsten finden sich sehr häufig in dichter Stellung vornehmlich am Rücken [Chaetonoius). Nerven sind nicht bekannt geworden, dagegen können Augen- flecken selbst mit lichtbrechenden Einlagerungen vorhanden sein. Die weib- liche Geschlechtsöffnung liegt auf der Rückenfläche dicht vor der Gablung des Hinterendes. Im Innern der Gabeläste findet sich je eine Drüse. Wichtig erscheint die bei Chaetonotus entdeckte Anwesenheit von zweierlei Eiei'n, 1) Vergl. E. Metschnikoff, Ueber einige wenig bekannte niedere Thierformen. Zeitscbr. für wiss. Zool. Tom. XV. 1865. E. Glaparede, Observations sur les llotateurs. Ann. des scienc. nat. 5. Ser. Tom. VIII. H. Ludwig, Die Ordnung Gastrotricha. Zeitscbr. für wiss. Zool. Tom. XXVI. 1875. 0. ßütschli, Untersuchungen über freilebende Nematoden und die Gattung Chaetonotus. Ebendaselbst. IV. Classe. Gephyrei. 449 kleineren Sommereiern, die sich im Mutterleibe entwickeln und grösseren hart- schaligen Wintereiern, aus welchen die Embryonen in vorgeschrittener Form ausschlüpfen. Motschnikoff lässt die Ichthydinen getrennten Geschlechts sein , konnte indessen nichts über die männlichen Geschlechtswerkzeuge er- mitteln, während M. Schultze für Turhanella und Chaetonothus Samenfäden und Eier im Körper desselben Thieres beschrieb. Nun hat neuerdings Ludwig auch bei Ichthydinen den muthmassliciien Hoden an noch jungen Thieren ohne reife Eier nachgewiesen. Auch hat Claparede dargethan, dass die marine Hemidasys Agaso hermaphroditisch ist. Die bisher bekannten Gattungen sind: Chaetonotus Ehrbg., {Ch. larus 0. Fr. Müll, maximus M. Seh., hystrix Metschn.), Ichthydium Ehrbg. (/. ocellatiim Metschn. , /. Fodura 0. Fr. Müll.), Chaetura Metschn. {Ch. capricornia Metschn.), Cephalidium Metschn. {0. lon- gisetosum Metschn.), Turhanella M. Seh. {T. hyalina M. Seh.), Dasydites Gosse {D. goneathrix, antenniger Gosse), Hemidasys Glap. (//. Agaso Clap.) IV. Olasse. Gephyrei') = Sipunculacea, Sternwürmer. Mceresheivohner von meist cylindrischer Körperform, ohne äussere Glie- derung, mit meist einstülpbarem Rüssel und endständiger oder bauchständiger Mundöffnung, mit Bauchstrang , Schlundring und meist mit Gehirnansckwel- lung, getrennten Geschlechtes. Die Gephyreen schliessen sich in ihrer Körperform den Holothiirien so nahe an, dass sie lange Zeit mit denselben zusammengestellt wurden. Wie diese besitzen sie meist einen gestreckten cylindrischen Leib, dessen Gestalt übrigens auch mehrfache Besonderheiten bieten kann und leben als Seewürmer in ziemlicher Tiefe im Sand und Schlamme unter Steinen. Was dieselben von den Holothurien scharf scheidet, ist der Mangel sowohl von Kalkbildungen der Haut, als des Ambulacralapparates. Dazu kommt die Anwesenheit eines mit 1) Grube, Versuch einer Anatomie des Sipunculus nudus. Müller's Archiv. 1837. Quatrefages, Memoire sur l'Echiure. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. Tom. VII. Lacaze- Duthiers,Recherchessurle Bonellia. Ann. des scienc. nat. 4. Ser. Tom. X. 1858. W. Kefer- stein und E. Ehlers, Zoologische Beiträge. Leipzig. 1861, E. Ehlers, Ueber die Gattung Priapulus. Zeitschr. für wiss. Zool. 1861. Ueber Halicryptus. Ebendas. W. Keferstein, Beiträge zur Kenntniss der Gattung Phascolosoma. Zeitschr. für wiss. Zool. 1862. Der- selbe, Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntniss der Sipunculiden. Ebendas. Tom. XV. 1865. Quatrefages, Histoire naturelle des Auneles. Tom. 11. 1865. AI. Brandt, Anatomisch -histologische Untersuchungen über den Sipunculus nudus. Petersburg. 1870. R. Greeff, Ueber den Bau und die Entwicklung der Echiuren. Marburger Sitzungsberichte. 1877. Kowalewsky, Schriften der Naturf. Gesellschaft zu Kiew. Tom. V. H. J. Theel, Etudes sur les Gephyrees inermes etc. Stockholm. 1875. Derselbe, Recherches sur le Phascolion Strombi (Mont). Kongl. Svenska Vetenskaps- Akademiens Handlingar. T. XIV. N. 2. 1875. Vergl. auch die Aufsätze von Quatrefages, Diesing, Semper, M. Müller, Grube, Schmidt, Jourdain etc. Claus, Zoologie, i. Auflage. ^9 450 Sinnesorgane. Gefässsystem. einem Gehirnganglion verbundenen Schlundringes und eines Bauchstranges, welcher rechts und links zahlreiche Nerven entsendet. Indessen .stehen die Stern Würmer wiederum durch die Einfachheit des Bauchstranges, der nicht in Ganglien anschwillt, sondern im ganzen Verlaufe periphetisch gelagerte Ganglienzellen enthält, auch zu den Anneliden in einem bemerkenswerthen Gegensatz, zumal der Nervenstrang eine durch seine ganze Länge verlaufenden Centralkanal umschliesst. Auch liegt derselbe innerhalb eines Gefässcanales (Krohn, Greeff) unmittelbar unter dem Bauchgefäss in der Innern Ring- muskelschicht. Von Sinnesorganen sind Augenflecken hervorzuheben, welche bei einigen Sipunculiden direkt dem Gehirne aufliegen, sodann Hautpapillen, [n welche Nerven eintreten. Es ist unzulässig, die rundlichen unter der Haut gelegenen Blasen der Sipunculiden (Hautdrüsen nach Keferstein und Ehlers), deren Zusammenhang mit Nerven man nachgewiesen zu haben glaubt, als Tastorgane zu deuten. Sicherer möchte man dem Rüssel und den Ten- takeln die Funktion des Tastens zuschreiben können. Indessen sind bei den Echiuren auch Tastpapillen (Salensky, Greeff) nachgewiesen worden. Die Beschaffenheit der Haut schliesst sich streng an die der Würmer an; die obere mächtige Guticularschicht liegt auf einer zelligen Matrix und erscheint nicht selten gerunzelt, quer und längs gefaltet, selbst in Ringel abgetheilt, ohne jedoch eine äussere Segmentirung zu bilden; die bindegewebige Unterbaut ist ebenfalls von ansehnlicher Stärke und umschliesst zahlreiche Drüsenschläuche, welche durch Poren der Oberhaut nach aussen münden. Dann folgt der mächtig entwickelte Hautmuskelschlauch, welcher sich regelmässig aus einer obern Schicht von Ringfasern und einer untern Lage von breiten, mit den erstem jedoch auch durch Anastomosen netzartig verbundenen Längsfasern zusammensetzt und die Ringelungen und Felderungen der Cuticula veranlasst. Auf die Längsmuskeln folgt wiederum eine innere Ringsmuskelschicht,. Auch können zur Unterstützung der Bewegung zwei Hakenborsten am vordem Ende {Echiuriden) in der Nähe der Geschlechtsöffnungen, sowie zwei stiiför- mige Borsten am hintern Körperende (Echiurus) in der Haut eingelagert sein. Fast überall findet sich am Vorderleib ein rüsselartiger Abschnitt, welcher ent- weder unbeweglich vorsteht oder durch besondere Refraktoren eingezogen werden kann , auch oft mit Papillen und Hornhaken bewaffnet ist. An der Basis des Rüssels an der Bauchfläche {Echiuriden) oder an seiner Spitze {Sipunculiden), im letztern Falle von bewimperten Tentakeln umstellt, liegt die Mundöffnung. Dieselbe führt in einen zuweilen mit Zähnen bewaffneten Schlund und einen innen und aussen bewimperten Darmcanal, welcher meist länger als der Körper, in mehrfachen Windungen die Leibeshöhle durchsetzt, mit ver- schiedenen Anhangsdrüsen in Verbindung steht und mit seinem muskulösen Endabschnitt in dem meist rückenständigen oft weit nach vorn gerückten After nach aussen mündet. Das Gefässsystem, dessen Räume mit der Leibeshöhle zu communiciren scheinen, besteht aus zwei Längsstämmen, dem Rückengefäss , welches wie bei den Anneliden den Darm begleitet, und dem längs der Leibeswandung verlaufenden Bauchgefäss. Am einfachsten verhalten sich diese beiden Gefäss- stämme bei den jungen Sipunculiden, bei denen sie noch in ein Gefässsystem Excretionsorgane. Geschlechtsorgane. 451 der Tentakeln, welclies vornehmlich der Respiration zu dienen scheint, führen. Die Hohlräume der Tentakeln stehen nämlich (Semper, Ke ferste in) mit einem Ringgefäss in Verbindung, zu welchem sich die Gefässstämme vereinigen. Auch in die Rüsselwandung und in die äussere Haut soll von hier aus das Blut eintreten. Bei den Echiuriden ist das Rückengefäss vielfach geschlängelt und setzt sich bis an das äusserste Ende des Rüssels fort. Vorn zeigt dasselbe an seinem dem Munddarm aufliegenden Abschnitt eine herzartige Erweiterung. Auch das Bauchgefäss verhält sich hier complicirter, indem dasselbe zahlreiche Seitenzweige an den Darm entsendet und eine wenngleich unregelmässige den •Darm umgreifende Anastomose mit dem Rückengefäss bildet. Das Blut ist entweder farblos oder röthlich und bewegt sich in derselben Richtung wie bei den Anneliden, sowohl durch die Gontraktionen einzelner Gefässabschnitte, als durch die Flimmerbekleidimg der Gefässwand getrieben. Verschieden von diesem Gefässblute ist die Zellenhaltige Leibesflüssigkeit. Dieselbe scheint sich durch Wasser verdünnen zu können, welches bei manchen Arten durch einen am hintern Körperende gelegenen und verschliessbaren Porus aufgenommen wird. Nach Greeff soll bei Echiurus Seewasser durch die beiden Wimper- schläuche am Enddarm in die Leibeshöhle eintreten und alle innern Gefäss- bahnen direkt umspülen, die Respiration also durch den Leibesraum vermittelt werden. Bei jungen Sipunculiden ist das Rückengefäss am hintern Leibesende mit kleinen contraktilen Blinddärmchen besetzt, die jedoch nicht in Verlän- gerungen des Integumentes übergehn. Auch der mit papillenartigen Schläuchen besetzte Schwanzanhang von Friapulus, sowie die Tentakeln der Sipunculiden wird man als Athmungsorgane betrachten können. Als Excretionsorgane deutet man zweierlei Schläuche, von denen die einen mit dem Enddarm in Verbindung stehn, die andern dagegen den Segmentalorganen der Anneliden entsprechen und an der Bauchfläche aus- münden. Die erstem sind vornehmlich bei Bonellia und Thalassema bekannt geworden, wo sie büschelförmig verzweigte Schläuche darstellen, welche mit zahlreichen Wimpertrichtern frei in der Leibeshöhle beginnen. Einfacher sind dieselben bei Echiurus. Auch bei den Sipunculiden wurden kurze Blind- schläuche am Endtheil des Darmes beobachtet. Die andern Gebilde, die sog. Bauchdräsen, besser schlechthin Segmentalorgane, welche bei den Sipunculiden in doppelter Zahl, bei Echiurus, Thalassema als zwei, beziehungsweise drei Paare auftreten, beginnen nach Semper und Jourdain ebenfalls mit freiem Wimpertrichtern, und übernehmen wie die Segmentalorgane der Anneliden die Funktion als Samehtaschen und Eileiter. Die Gephyreen sind meist getrennten Geschlechts. Indessen bestehen sowohl für die Keim-bereitenden Organe als für die Ausführungswege in den einzelnen Gattungen bemerkenswerthe Verschiedenheiten, und es ist keineswegs überall die Entstehung und Ausführung der Geschlechtsstoffe vollkommen aufgeklärt. Neuerdings ist von Theel für Fhascolosoma nachgewiesen, dass die Keim- drüsen an der Wurzel der ventralen Rüssel-Retractoren eine Krause bilden, aus der sich die Producte loslösen. Dagegen finden sich in der Leibeshöhle der Sipunculiden sowohl Ballen von Samenfaden und freie Zoospermien als Eier in 29* 452 Geschlechtsorgane. Entwicklung. verschiedenen Zuständen der Reife, welche durch die beiden an der Bauchseite ausmündenden braunen Schläuche (Segmentalorgane) ausgeführt werden. Doch hat man nicht überall eine innere Oeffnung derselben entdecken können. Unter den Echiuriden findet sich bei Bondlia ein dünnes strangförmiges Ovarium (Falte der Leibeswand) in der hintern Körperhälfte durch ein kurzes Mesenterium neben dem Nervenstrang befestigt. Die Eier fallen aus demselben in die Leibeshöhle und gelangen von hier aus in den benachbarten einfachen an der Basis mit trompetenförmiger Ocfl'nung versehenen Eierbehälter, welcher sich unterhalb der Mundöffnung an der Bauchfläche öffnet. Wahrscheinlich dürfte dieser Eierbehälter morphologisch als einseitig zur Ausbildung gelangtes Segmentalorgan aufzufassen sein. Aehnlich verhalten sich die Organe der kleinen Turbellarien-ähnlichen Männchen von Bonellia, welche im Eileiter der Weibchen angetroffen werden. Dieselben besitzen zwei Bauchhaken , vor welchen am Vorderende die Mündung des mit freiem Trichter beginnenden Samenbehälters liegt. Die Spermazellen sollen nach Vejdovsky^) am Peritoneum entstehen und sich von demselben ablösen. Nach Selen ka sind noch besondere paarige Segmentalorgane vorhanden und soll das Nerven- system ausser dem weiten Schlundring aus zwei untern Schlundganglien und dem in zwei Stränge getheilten Bauchmark bestehen. Bei Echiurus sind es die zwei erwähnten ventralen Schlauchpaare, welche die Geschlechtsstoffe ent- halten und ausführen. Für Thalassema aber gibt Kowalewsky drei Paare solcher Schläuche an. Die Entwicklung ^) erfolgt auf dem Wege der Metamorphose und bietet Anschlüsse besonders zu den Anneliden. Bei Phascolosoma besitzen die frei im Leibesraume flottirenden Eier eine von Porenkanälen durchsetzte äussere Hülle, die noch von einer glashellen Aussenzone umgeben wird. Nach Ablauf der ungleichniässigen Furchung soll nach Selenka eine sog. Gastrula auftreten, an welcher sich die Wimpern in Gestalt eines aequatorialen Ringes anordnen. Zu diesem dicht hinter der Mundöffnung gelegenen Wimperkranz konmit noch ein zweiter praeoraler Wimperreif hinzu, welcher aus feinern und kürzern Haaren besteht. Die nunmehr frei bewegliche, mit dorsalem After versehene Larve wächst rasch in die Länge, erhält drei Paare seitlicher Pfriemenborsten, nachdem durch Verdickung des Ectoderms das Nervensystem gebildet und paarige Augen angelegt sind. Dicht unterhalb der Mundöffnung tritt noch ein Kranz von 6 — 9 Hakenborsten , die Anlage des vordersten Hakenkranzes am Rüssel, hinzu. Genauer kennt man die Organisation der Echiiirus\siYyen. Dieselben sind ebenfalls nach dem Loven 'sehen Typus gebaut und demgemäss von einem präoralen und postoralen Wimperreifen umsäumt, welche an der Mundöffnung 1) Yergl. ausser den Arbeiten von Kowalewsky, Catta und Marion: Fr. Vejdovsky, Ueber die Eibildung und die Männchen von Bonellia viridis Rol. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXX. E. Selenka, Das Männchen der Bonellia. Zool. Anzeiger. Nr. 6. Leipzig. 1878. 2) Vergl. E. Selenka, Ueber die Eifurchung und Larvenbildung bei Phascolosoma elongatum. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXV. 1875. W. Salensky, Ueber die Meta- morphose des Echiurus. Morphol. Jahrbuch. Toni. IL 1. Ordnung. Gephyrei inermes. 458 weit auseinander stehn. Die anale Oeffnung des mit eigenthümlichem Wimper- apparat bekleideten Darmes liegt am hintern Körperpol. Sowohl die Anlage des Gehirns als die des Bauchstrangs entsteht durch Verdickung des Ectoderms, erstere in Form der Scheitelplatte , letztere als bauchständiger, in Ganglien- gruppen gesonderter Strang. Beide sind durch ein ebenfalls gangliöses langes Band , den spätem Schlundring, verbunden. Als Excretionsorgane ^) fungiren zwei fein verästelte Wassergefässcanäle, welche in seitlichen Poren ausmünden. In älteren Stadien, deren Wiraperapparat zu schwinden beginnt, treten zwei grosse zu den Seiten des Nervenstrangs gekrümrate Haken und ira Umkreis des Afters kleinere Häkchen auf. Die merkwürdige als Actinotrocha ^) bekannte Larve, welche zu der von den Gephyreen mehrfach abweichenden Gattung Fhoronis gehört, zeichnet sich durch den Besitz eines äusserst contraktilen Kopfschirms aus, unter welchem sich ein Kranz von bewimperten Tentakeln kragenartig erhebt. Während des weitern Wachsthums entsteht^ an der Bauchfläche ein lang gewundener Schlauch, welcher den Darra der Larve in sich aufnimmt, sich umstülpt und zur Leibeswand des Sipunculiden - artigen Wurmes wird. Kopfschirm und Tentakelkranz, an dessen Basis sich die Anlagen der Phoronistentakel erheben, gehen zu Grunde. Mund und After kommen an das Vorderende zu liegen. Die Gephyreen sind durchaus Meeresbewohner, leben zum Tlieil in be- deutender Tiefe im Sand und Schlamm, in Felslöchern und in Gängen zwischen Steinen und Gorallen, auch wohl in Schneckenschalen und nähren sich ähnlich wie die Holothurien und manche Tubicolen. L Ordnung. Grephyrei inermes. Körper ohne Borsten, Mundöffnung an der Spitze des rüsselartigen und meist retralUilen Vorderleihes. 1. Farn. Sipunculidae. Körper langgestreckt cylindrisch, mit retraktilem Rüssel, mit Tentakeln in der Umgebung des Mundes und rückenständigem After. Darm spiral- gewunden. Sipunculus Lin. In der Umgebung des Mundes eine blattförmig zerschnittene gelappte Tentakelmembran. S. nudus Lin. , Mittelmeer und Westküste Panamas. S. tesselatus Kef., Messina. S. phalloides Pallas, Westindien. S. robustiis Kef. , Schifter- inseln. Phascolosoma F. S. Lkt. Tentakeln einfach fadenförmig oder blattförmig. Darm spiralgewunden, nicht durch radiäre Muskeln an der Körperwand befestigt. Haut mit Papillen besetzt. Mit Haken am Rüssel: Fh. laeve Kef. Fh. granulatum F. S. Lkt., beide im Mittelmeer. Ph. elongatum Kef., St. Vaast. Ohne Haken am Rüssel: Ph. Gouldü Pourt. Ph. Oerstedii Kef. Ph. boreale Kef. , Grönland. Phascolion Theel. Darmwindungen durch zahlreiche Radiärmuskeln an der Körperwand befestigt. Ph. tuberculosum Theel. Mit etwa 15 Tentakeln. Petalostoma unterscheidet sich von Phas- colosoma durch den Besitz von zwei grossen soliden blattförmigen Tentakeln über dem Mimde. Das Gefässsystem soll fehlen. P. minutum Kef. {Phascolosomum minutum Kef.), St. Vaast. Aspidosiphon Dies. Rüssel scharf abgesetzt. Hinter demselben und ebenso am Hinterende des Köi-pei's ein Schildchen. Steht Phascolosoma sehr nahe. A. Mülleri 1) Nach noch nicht veröft'entlichten Beobachtungen von C. Grobben. 2) A. Schneider, Ueber die Metamorphose der Actinotrocha branchiata. MüUer's Archiv. 1862. 454 Priapulidae. Phoronis. Dies. {Sipunculus scutatus Müll. = Lesinia farcimen 0. Schm.), Mittelmeer. Ä. Steen- strupii Dies., St. Thomas. A. annulosum Gr., Zanzibar. Ä. elegans Cham. Eisenh. A. aspergillum Quatref., Isle de France. Dendr ostomum Gr. Oerst. Mit baumförmig verzweigten oder gefiederten Tentakeln. B. iminifolium Kef., St. Thomas. D. ramosum Oerst., St. Croix. 2. Fam. Priapulidae. Körper mehr oder minder cylindrisch. Rüssel ohne Tentakelkranz. Schlund mit Papillen und Zahnreihen bewaffnet. After am Hinterende, etwas dorsal, meist von einem Schwanzanhange überragt, welcher papillenförmige Schläuche (Kiemen) trägt. Darm gradgestreckt, ohne Windungen. 2 Genitalschläuche, ihre Aus- führungsgänge münden am hintern Körperende aus. Priapulus ') Lam. Rüssel längsgerippt, der mit Papillen besetzte Schwanzanhang mit Endporus. Genitalporen neben dem After. P. caudatus 0. Fr. Müll. {Holothuria priapus 0. Fr. Müll.). P. brevicaudatus Ehl., Nordische Meere. Lacazia Quatref. Zahl- reiche Kiemenschläuche sitzen in zwei Reihen auf dem retraktilen Schwanzanhang auf. L. longirostris Quatref. L. hibemica Mac. Coy. Halicryptus v. Sieb. Schwanzanhang fehlt. Schlund mit Zähnen bewaffnet. After terminal am abgerundeten Hinterende. H. spinulosus v. Sieb., Ostsee, Spitzbergen. Für die borstenlose, bisher meist den Anneliden zugerechnete Gattung Phoronis wird man wohl eine besondere Ordnung, vielleicht als Gepliyrei tubicoU gründen müssen. Nach den Untersuchungen Kowalewsky's ^) besitzt Phoronis hippocrepia einen aus zahlreichen Kiemenfäden gebildeten Tentakelkranz, welcher an der Rückenseite nach innen schlingenförmig umbiegt. Der Mund liegt in der Mitte des Tentakelkranzes, und führt durch den Oesophagus in den Darm, welcher durch ein Mesenterium befestigt ist und vorn an der Rückenseite vor der Tentakel schlinge in dem After ausmündet. Neben dem letztern finden sich 2 Genitalporen, durch welche die befruchteten Eier nach aussen gelangen, um an den Tentakelfäden bis zum Ausschlüpfen der Jungen anzukleben. Von dem bislang unvollständig erforschten Nervensystem wurde ein Ganglienknoten zwischen Mund und After beobachtet. Die Haut sondert eine Chitinröhre ab, in welcher der Wurm nach Art der Röhrenwürmer lebt. Unterhalb der Haut liegt der aus Ringfasem und einer Innern Längsfaserschicht gebildete Hautmuskelschlauch. Rücken- und Bauch- gefäss sind mit zahlreichen zottenförmigen Anhängen besetzt, welche sich lebhaft con- trahiren und vornehmlich die Blutbewegung unterhalten. Aus der vordem Gefässschlinge entspringen die Blutgefässe der Tentakelfäden. Das Blut enthält grosse rothe Blut- körperchen. Beiderlei Geschlechtsprodukte nehmen ihre Entstehung in einem fettreichen Bindegewebe (Fettkörper) zwischen den Gefässzotten und fallen in die Leibeshöhle, in der die Befruchtung erfolgt. Die aus den Genitalporen ausgetretenen an den Kiemen- fäden fixirten Eier durchlaufen eine totale Klüftung. Die Furchungskugeln ordnen sich peripherisch in der Umgebung einer Segraentationshöhle (ähnlich wie auch bei Sagitta) und bilden eine Hohlkugel, deren Wand sich an einer Stelle zur Bildung der ersten Darmanlage einstülpt. Körperwand und Darm (eingestülpter Theil der Wand) bestehen zuerst nur aus einer einfachen Zellenschicht, bald aber zerfällt die erstere in zwei Lagen, von denen die obere das Epithel der Haut, die untere die Muskelschicht sammt Fett- körper bildet. Der Embryonalkörper streckt sich alsdann mehr nnd mehr, die ursprüng- liche terminale Darmötfnung gewinnt eine mehr bauchständige Lage, während der über sie hervorragende Theil sich abplattet und in einen schirmförmigen klappenartig vor- geschlagenen Anhang umbildet. An dem schlanken Enibryonalkörper entstehen später 1) Die seither zu den Priapuliden gestellte Lovensche Gattung Chaetodcrtna zeigt vornehmlich im Bau des Nervensystems so bedeutende Abweichungen von den Gephyreen, dass sie nicht länger mit denselben vereinigt bleiben kann. Wahrscheinlich wird sie mit Neomenia zu den Mollusken zu stellen sein. 2) Vergl. ausser Kowalewsky: Metschnikoff, Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXL 1861. 2. Ordnung. Grephyrei chaetiferi. V. Classe. Annelides. 455 fünf -warzenförmige Fortsätze, zwischen denen der bisher blind geschlossene Darm in einer zweiten Oefthung durchbricht. Der Embryo verlässt in dieser Form die Eihülle und schwimmt mit Hülfe seiner Wimperbekleidung, einer reducirten Actinotrocha ähnlich, frei im Wasser umher. 2. Ordnung. Grephyrei chaetiferi. Der Körper ist mit zwei Hakenborsten an der Bauchseite bewaffnet, su denen noch ztvei Borstenkränze am hintern Ende hinzukommen können. Der jneist mit Drüsenschläuchen besetzte Enddarm mündet am Hinter ende. Der Mund liegt an der Basis des Bussels, welcher sich zu bedeutender Länge aus- bilden kann. Ayn Schlundring und Bauchstrang sind die Ganglienzellen knotenförmig gehäuft. 1. Fam. Echiuridae. Körper ohne deutliche Gliederung, das Vorderende über den Mund hinaus in einen an der Unterfläche gefurchten Rüssel verlängert, in welchem der weite Schlundring ohne Gehirnanschwellung liegt. Vorn an der Bauchfläche zwei Haftborsten, am Hinterende zuweilen Borstenki-änze. After terminal. Echmrus Cuv. Das contraktile Vorderende mit kurzem und breiten Rüsselanhang, dessen ausgehölte Innenwand einen Wimperüberzug besitzt. Hinter den 2 Hakenborsten 4 Genitalporen, hinten 2 Borstenkränze. E. Pallasii Guerin. [Gaertneri Quatref. , St. Vaast), Küste von Belgien und England. E. forcipatus Fabr., Grönland. Thalassema Gaertn. Rüsselanhang ungetheilt. Hintere Borstenkränze fehlen. Die Geschlechtsorgane sind 3 Paar Blindschläuche, von denen die vordem neben den Haftborsten münden. Larven nach dem Loven'schen Typus. Th. Neptuni Gaertn., Englische Küste. 27t. gigas M. Müll., Küste von Italien u. a. A. Bonellia Rolando. Rüsselanhang sehr lang, an der Spitze gabiig getheilt. Hintere Borstenkränze fehlen. 1 Genitalporus. Die Männchen sind planarienähnlich und halten sich in den Leitungswegen des weiblichen Geschlechts- apparates auf. B. viridis Rolando, Mittelmeer. V. Classe. Annnelides'), Gliederwürmer. Cylindrische oder abgeplattete segmentirte Würmer mit Metameren- bildung der innern Organe, mit Gehirn, Schlundring, Bauchganglienkette und Blutgefässsijstem. Die Beziehungen der Gliederwürmer zu den bisher behandelten Wurm- classen, insbesondere den Gephyreen, werden am besten mit Hülfe der Loven'schen Larve und ihrer allmähligen Entwicklung erkannt und bestimmt. Insbesondere wird die nahe Verwandtschaft der Anneliden mit den Gephyreen ersichtlich, deren langgestreckter Leib noch der innern und äussern Segmen- tirung entbehrt, dagegen schon in dem bauchständigen , von gleich- massigem Ganglienbelage überkleideten Nervenstrang das Aequivalent der Ganglienkette besitzt. Durch Gliederung und Ausbildung gleichartiger Theil- 1) Fr. Leydig, Vom Bau des thierischen Körpers, Handbuch der vergleichenden Anatomie. I., nebst Tafeln zur vergleichenden Anatomie. 1. Heft. Tübingen. 1864. C. Sem per, Die Verwandtschaftsbeziehungen der gegliederten Thiere. Arbeiten aus dem zool. Institute in Würzburg. Tom. IIL 1876. B. Hatschek, Studien über Ent- wicklungsgeschichte der Anneliden. Arbeiten aus dem zool. Institute der Universität Wien. Tom. I. 1878. 456 Körperbau. Bewegungsorgane. stücke an dem hinter dem Munde folgenden Körperabschnitt entwickelt sich der Organismus des Gliederwurmes und verhält sich demgemäss zu den Gephyreen ähnlich wie etwa eine Taenia zu Ligula oder Caryophyllaeas, nur dass das viel complicirter organisirte Metamer, welches seinem Ursprung nach auch ein untergeordnetes Individuum repräsentirt , physiologisch auf den Verband mit den übrigen Metameren und mit Stirn- und Mundabschnitt des ursprünglichen Larvenleibes angewiesen bleibt und in diesem Zusammenhang die höhere Lebensstufe des Gesammtkörpers bedingt. Die Entwicklung der Gephyieenlarve im Vergleich mit der Larve von Folt/f/ordius gibt dieser schon durch den Vergleich der Innern Organisation begründeten Auffassung eine um so zuverlässigere Stütze, als der Organismus von Polygordius die metamere Gliederung nur unvollkommen zur Ausbildung bringt und nicht nur der äusseren Segmentirung ganz entbehrt, sondern im Bau des Centralnervensystems den einfachen Bauchstrang wiederholt, welcher auch in der ontogenetischen Ent- wicklung der übrigen Anneliden als vorübergehendes Stadium wiederkehrt. An Stelle dieses, aus der Verlängerung der beiden median zusammen- getretenen Bogen des Schlundrings hervorgegangenen, noch von einem con- tinuirlichen Ganglienzellen -Belage überkleideten Bauchstrangs erhalten wir dann am ausgeprägten Typus des höheren Gliederwurms eine den Metameren nach gegliederte Ganglienkette , deren Ganglienknoten , anfangs nur schwach durch Einschnürungen abgegrenzt, allmählig durch grössere intersegmental hervortretende Gommissurenabschnitte geschieden werden. Gehirn und Schlundring sind in der vordem, den Körpersegmenten nicht vollkommen homologen Region des Larvenkörpers entstanden , welche sich zu den Stirn- lappen und Mundsegment , den beiden den Annelidenkopf repräsentirenden Abschnitten, umgestalten. Von dieser schon im Larvenkörper ausgesprochenen Verschiedenheit von Kopf und Rumpfsegmenten abgesehn zeigt der bald ab- geflachte, bald drehrunde cylindrische Leib eine homonome Segmentirung, in- dem die Abschnitte nicht nur äusserlich gleiche, durch Einschnürungen geson- derte Stücke vorstellen, sondern auch gleichartige Abschnitte der Innern Organisation, innere Metameren, wiederholen. Das Endsegment mit dem After kann jedoch in sofern eine besondere Stellung beanspruchen, als seine Organi- sation den primären mehr indifferenten Gharacter bewahrt und aus sich während der Entwicklung des Wurmes continuirlich neue Segmente ausscheidet. Indessen ist auch für die vorausgehenden Rumpfsegmente in Wahrheit die Homonomie niemals vollständig, indem gewisse Organe auf bestinmite Segmente beschränkt bleiben. Die Innern Segmente fallen entweder mit den äussern Gliedern des Körpers zusammen (Chaeto'podes), oder es kommen auf ein inneres Segment eine bestimmte Anzahl (3, 4, 5 etc.) durch Ringfurchen geschiedener äusserer Glieder {Illrudinei). Die chitinisirte Oberhaut erstarrt niemals so fest wie bei den Arthropoden zu einem starren Panzer, sondern bleibt mehr oder minder weich und umschliesst den zur Bewegung dienenden aus Ring- und Längsfasern bestehenden Hautmuskelschlauch. Besondere Bewegungsorgane treten theils in Form von Haflscheiben {Hirudineen) an den Körperenden, theils als borstentragende Extremitäten- sturamel {Chaetopoden) an den einzelnen Leibesringen auf. Im letztern Falle Nervensystem Sinnesorgane. Gefässsystem. Fortpflanzung. 457 kann jedes Segment ein rückenständiges und bauchständiges Paar von Fuss- stummeln besitzen, die allerdings auch durch einfache in Hautgruben steckende Borsten vertreten sein können. Die am Vorderende bauchständig gelegene Mundöjfnimg führt in einen muskulösen Schlund, der oft eine kräftige Kiefer- bewaffnung in sich einschliesst und als Rüssel hervorgestülpt wird. Dann folgt, den grössten Theil der Körperlänge durchsetzend, der Magendarm, welcher nach den Segmenten regelmässige Einschnürungen bildet oder seitliche Blind- gchläuche besitzt und ausnahmsweise gewunden erscheint. Die Afteröffnung liegt am hintern Körperende meist rückenständig. Das JServensijstem besteht aus dem obern Schlundganglion oder Gehirn, welches in der ectodermalen Scheitelplatte der Larve seine erste Anlage hat, aus dem von demselben ausgehenden Schlundring und der Bauchganglienkette, deren Hälften der Mittellinie in verschiedenem Masse genähert liegen. Vom Gehirne entspringen die Nerven der Sinnesorgane, die übrigen Nerven ent- springen von den Ganglien der Bauchkette und von deren Längscommissuren. Fast überall findet sich ein besonderes Eingeweidenervensystem {Sym- pathicus). Von Sinnesorganen kennt man paarige Augenflechen mit licht- brechenden Einlagerungen und complicirt gebaute Augen am Kopfe , ferner Gehörbläschen am Schlundringe (Kiemenwürmer) und Tastfäden , letztere bei den Chaetopoden als Fühler und Fühlercirren am Kopf und als Girren an den Extremitätenstummeln der Segmente. Als Tastorgan scheint überall da, wo Fühler und Girren fehlen, das Vorderende des Körpers und die Umgebung der Mundöff'nung zu fungiren. Hier aber auch im Schlünde können eigenthümliche den Geschmacksknospen derVertebraten ähnliche Sinnesorgane eingelagert sein. Sehr allgemein ist ein besonderes Gefässsystem vorhanden, aber auf sehr verschiedenen Stufen der Entwicklung. Bei manchen Formen erscheint das- selbe nicht vollständig geschlossen , sondern mit der bluterfüllten Leibeshöhle in offener Gommunication. Meist finden wir zwei Hauptgefässstämme , ein Rückengefäss und ein Bauchgefäss, beide durch zahlreiche Queranastomosen mit einander verbunden. Indem sich bald das Rückengefäss, bald die Ver- bindungsgefässe, bald der Bauchstamm contractu zeigen, wird die meist gefärbte, grüne oder rothe Blutflüssigkeit in den Gefässen umherbewegt. Oft aber treten noch Seitengefässe hinzu, welche bei den Hirudineen ebenso wie ein mittlerer contractiler Blutsinus wahrscheinlich als selbstständig gewordene Theile der Leibeshöhle anzusehen sind (R. Leu ckart). Besondere llespirations- organe kommen unter den Chaetopoden bei den Kiemenwürmern vor. Das dem Wassergefässsysteme analoge Excretionsorgan tritt in Gestalt Schlei fenförmig gewundener Ganäle (Segmentalorgane) auf, welche paarweise in den Segmenten liegen, oft mit flimmernder Trichteröffnung in der Leibeshöhle beginnen und in besonderen Poren ausmünden. Dieselben über- nehmen wie die gleichen Organe der Gephyreen in einzelnen Segmenten die Function als Leitungswege der Sexualdrüsen. Bei der Selbstständigkeit des Segmentes, dem wir die Bedeutung einer untergeordneten (morphologischen) Individualität zuschreiben, wird das Vor- kommen der ungeschlechtlichen Fortpflanzung durch Theilung und Sprossung in der Längsachse (kleine Chaetopoden) nicht überraschen. Zahlreiche Anne- 458 1. Ordnung. Hirudinei. liden [Oligochaeten, Hirudineen) sind Zwitter, die marinen Chaefopoden da- gegen vorwiegend getrennten Geschlechtes. Viele setzen die Eier in besonderen Säckchen und Gocons ab, die Entwicklung erfolgt dann direct ohne Metamor- phose. Die Meerwürmer dagegen durchlaufen eine mehr oder minder com- plicirte Metamorphose. Die Annehden leben theils in der Erde, theils im Wasser und nähren sich meist von animaler Kost; viele (Hirudineen) sind gelegentliche Parasiten. hn Kreis der Anneliden stehen sich die beiden Hauptabtheilungen der freilebenden Chactopoden und der an Parasitismus angepassten Hiriidmeen gegenüber. Letztere sind nicht etwa als Gliederwürmer einer niedern Organi- sationsstufe zu betrachten, vertreten vielmehr wenigstens in einigen Organ- systemen wie Darm, Girculationsapparat und Geschlechtsorganen complicirtere Gestaltungsverhältnisse, welche am nächsten mit den Oligochaeten, von denen aus die Hirudineen abzuleiten sein dürften, übereinstimmen. 1. Ordnung. Himdinei ') = TDiscoplioi'i, Blutegel. Körper hurz c/er ingelt oder ohne Ringeliing , ohne besonders gestalteten Kopfabschnitt, mit oidständiger ventraler Haftscheibe, ohne Fussstumniel^ meist hermaphroditisch und schmarotzend. Der meist abgeflachte Leib der Hirudineen erinnert durch seine Form so- wie durch den Besitz von Haftscheiben an die Trematoden, zu denen über- haupt (namentlich den ectoparasitischen) diese Gruppe von Würmern so mannlchfache Beziehungen bietet, dass sie von einigen Forschern (R. Leuckart) zu den Plattwürmern gestellt wird. In der äussern Erscheinung des Leibes fällt die kurze Ringelung auf, welche übrigens auch in verschiedenem Grade undeutlich werden und ganz hinwegfallen kann. Die äussern kurzen Ringel des Körpers entsprechen keines- w^egs den Innern durch Querscheidewände oder Dissepimente wenn auch un- vollständig getrennten Segmenten , sondern sind viel kürzere Leibesabschnitte, gewissermassen secundäre Theilstücke , von denen in der Regel 3 , 4 oder 5 auf ein inneres Segment kommen. Als Hauptbefestigungsorgan fungirt eine 1) Brandt und Ratzeburg, Medicinische Zoologie. 1829. Moquin-Tandon, Monographie de la famille des Hii-udinees. 2 edit. Paris. 1846. Fr. Leydig, Zur Anatomie von Piscicola geometrica. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. I. 1849. Gratiolet, liecherclies sur le Systeme vasculaire des sangsues. Paris. 18G0. H. Rathke, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Hirudineen, herausgegeben von R. Leuckart. Leipzig. 1862. R, Leuckart, Parasiten des Menschen. Bd. L Leipzig. 1863. Van Beneden et Hesse, Recherches sur les Bdelloides ou Hirudinees et les Trematodes marins. 1863. Fr. Leydig, Handbuch der vergleichenden Anatomie. Tübingen. 1864, sowie dessen Tafeln zur vergl. Anatomie. Dorner, Ueber die Gattung Branchiobdella. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XV. 1865. Vaillant, Contribution a l'etude anatomique du genre Pontobdelle. Ann. scienc. nat. Ser. V. vol. XIII. 1870. E. Grube, Beschreibung einiger Egelarten. Archiv für Naturg. 1871. Robin, Memoire sur le developpement embryo- genique des Hirudinees. Paris. 1875. C. H. Hoffmann, Zur Entwicklungsgeschichte der Clepsinen. Niederl. Archiv. 1877. Ch. 0. Whitman, ITae Embryology of Clepsine, Quarterly Journal of microsc. Science. Tom. XVIIL 1878. Darmcanal. Schleifenförmige Canäle, 469 grosse Haftscheibe am hintern Leibesende , zu welcher meist noch eine zweite kleinere Sauggrube vor oder in der Umgebung des Mundes hinzukommt. Fuss- stummel fehlen durchaus, wenn man nicht die eigenthümlichen Fortsätze der Histriohdelliden als solche deuten will. Borsten fehlen mit seltenen Ausnahmen, auch kommt es niemals zur Bildung eines scharf gesonderten Kopfes, indem sich die vordem Ringel von den nachfolgenden nicht wesentlich verschieden zeigen und niemals wie bei so vielen Chaetopoden Fühler und Girren tragen. Die Mundöffnung liegt in der Nähe des vordem Körperpoles stets mehr ventral, bald in der Tiefe eines vordem kleinen Saugnapfes {RhynchobdeUiden\ bald von einem vorspringenden, löffeiförmigen, saugnapfähnlichen Kopfschirm überragt [Gnathohdelliden). Dieselbe führt in einen muskulösen, mit Drüsen- schläuchen versehenen Pharynx , der entweder in seiner vordem als Mund- liöhle zu bezeichnenden Partie mit drei gezähnelten Längsleisten, sog. Kiefer- platten , seltener mit einer dorsalen und einer ventralen Kieferplatte {Bran- chiohdella) bewaffnet ist {Giiathohdelliden), oder einen vorstülpbaren in seinem vordem Abschnitt freiliegenden Rüssel enthält {Rhynchohdelliden). Der auf den Schlund folgende Magendarm liegt als geradgestrecktes Rohr in der Achse der Leibeshöhle und zeigt sich bald nach den einzelnen Segmenten durch Einschnürungen abgetheilt, bald in eine grössere oder geringere Zahl paariger Blindsäckchen erweitert und führt in einen kurzen zuweilen ebenfalls noch mit Aussackungen versehenen Enddarm, welcher am hintern Pole oberhalb der Sauggrube in der AfterötTnung nach aussen mündet. Als Excretionsorgane sind die sog. schleif enförm'Kjen Canäle anzusehen, von denen die Segmente der mittleren Körperregion je ein Paar in sich ein- schliessen. Indessen wechselt die Zahl derselben sehr, indem z. B. die an den Kiemen des Flusskrebses parasitische Branchiohdella astaci nur 2 Paare, die Kieferegel meist 17 Paare enthalten. Die Schleifencanäle bilden ein labyrinth- förmiges , in Schleifen und Schlingen zusammengelegtes System von Röhren mit drüsiger Wandung ; sie beginnen zuweilen z.B. bei Nephelis, Clepsine und Branchiobdella mit offenem Wimpertrichter, in den erstem Fällen in Gelassen, hier in der Leibeshöhle und setzen sich nach mehrfachen schleifenförmigen Windungen ihres Ganges in einen oft blasig erweiterten contractilen Aus- führungsgang fort, welcher ventral an der Seite des Segmentes oft auf einer kleinen Hervorragung nach aussen mündet. In besonders reichem Masse sind den Hirudineen einzelne Drüsen unter der Haut und in dem bindegewebigen tiefem Leibesschichten eigenthümlich. Die erstem enthalten eine feinkörnige, die Haut überziehende schleimige Flüssig- keit, während die tiefern unter dem Hautmuskelschlauche gelegenen Drüsen- schläuche ein zähes helles Secret bereiten, welches ausserhalb des Körpers rasch erstarrt und bei der Eierablage zur Bildung des Cocons verwendet wird. Namentlich häufen sich diese Drüsenschläuche in der Nähe der Geschlechts- öffnungen in der als Sattel bekannten Leibespartie an. Ueberall finden wir ein Bluigefässsystem, aber in verschiedenen Stufen der Entwicklung und niemals wenigstens in den aus der Leibeshöhle hervor- gegangenen als Lacunensystem zu unterscheidenden Abschnitten von der 460 Blutgefässsystem. Nervensystem. Leibeshöhle abgeschlossen. Am einfachsten verhält sich BranchiohdeUa ^), bei welchen lediglich das geschlossene Blutgefässsystem besteht und dasLacunen- systera noch durch die weiten Räume der Leibeshöhle vertreten ist. Dasselbe besteht aus einem contractilen Rückengefäss und einem im vordem Körper- theile durch Schlingen mit demselben in Verbindung stehenden Bauchgefässe. Bei den Rüsselegeln {Clepsine, Viacicola) liegen in dem stets contractilen Rückengefässe sog. Klappen, wahrscheinlich die Organe der Blutkörperbildung. Nach R. Leuckart ist das complicirtere Gefässsystem der meisten Hirudineen aus der Umbildung der Leibeshöhle in gefässartige Stämme, welche das System der Blutlacunen darstellen, hervorgegangen, sodass Organe, welche der Leibes- höhle angehören, in Bluträumen eingeschlossen liegen. Hier erscheint die Leibeshöhle in drei parallel neben einander hinziehende contractile und mit einander durch Queranastomosen communicirende Räume geschieden, in zwei Seitengefässe und den mittlem Blutsinus, welcher stets die Bauchganglienkette, aber zuweilen auch den Darmcanal {Clepsine, FiscicoJa) in sich einschliesst. Indessen kann der Mediansinus, wie dies für Hirtidu gilt, in der Art beschränkt sein, dass er am Kopftheil den Schlundring und an der Bauchseite die Ganglien- kette umgibt. Dann aber hat sich am Darm ein feines Gefässnetz entwickelt Im Zusammenhang mit dieser Ausbildung von gefässartigen Räumen der Leibeshöhle können die primitiven Blutgefässstämme beträchtliche Reductionen erfahren, indem meist das Bauchgefäss ausfällt, bei Nephelis zugleich auch das Rückengefäss schwindet , so dass hier nur ein weiter Mediansinus und zwei laterale Gefässstämme vorhanden sind. Bei den meisten Kieferegeln besitzt das Blut eine rothe Färbung, die übrigens nicht den Blutkörperchen, sondern der Flüssigkeit angehört. Besondere Respirationsorijane fehlen mit Ausnahme von Branchellion und einigen verwandten Fischegeln, welche blattförmige Kiemenanhänge tragen. Das Nervensystem ^) erlangt durchweg eine hohe Ausbildung und besteht aus dem Gehirne, einer Schlundcommissur mit unterer Schlundganglien - masse ■ und aus der Bauchganglienkette. Die beiden Längsstäinme der letztem sind stets in der Medianlinie dicht aneinander gerückt und ihre Ganglien paarweise durch Quercommissuren mit einander verbunden. Von jedem Ganglienpaare, deren gegen 20 vorhanden sein können, treten rechts und links bei den Kieferegeln zwei Nervenstämme ab, Avährend von dem Gehirn und von dem letzten als Schwanzganglion zu bezeichnenden Knoten, welcher in sich mehrere Ganglien vereinigt, eine weit grössere Zahl von Nerven hervor- geht. Die vom Gehirn austretenden Nerven versorgen die Sinnesorgane, ferner die Muskeln und Haut der Kopfscheibe ; die Nerven der Bauchkette vertheilen sich auf die zugehörigen Segmente, die des Endganglions an der ventralen Saugscheibe. Bezüglich des Gehirnbaus ist den Hirudineen eine eigenthüm- liche (von Leydig als folliculäre bezeichnete) Anordnung der Nervenzellen gemeinsam, indem die gangliösen Anschwellungen durch oberflächlich an- hängende Follikel - ähnliche Paquets gebildet werden. Aehnliches gilt auch 1) Neuerdings als borstenloser Chiietopod ^nit Saugnapf betrachtet. 2) Vergl. die Schriften von Brandt, Leydig, Hermann etc. Sinnesorgane. Geschlechtsorgane. 461 von den Ganglien des Bauchmarks und zunächst vom untern Schlundganglion, an welchem oft vier Längsreihen von Follikeln, zwei medial, die übrigen seitlich angefügt sind, die erstem an der Ventralseite, die seitlichen dorsalwärts emporragend. Ein unpaarer mittlerer Längsstrang (Faivre, Leydig), welcher zwischen den beiden Hälften des Bauchstrangs von Ganglion zu Ganglion zieht, entspricht höchst wahrscheinlich dem unpaaren zwischen zwei Ganglien ver- laufenden Nervenstamme, welchen Newport bei den Insekten entdeckte. Daneben kennt man ein von Brandt entdecktes Eingeweidenervcnsystem, aus einem über und neben der Ganglienkette verlaufenden Magendarmnerven gebildet, welcher rechts und links die Blindsäcke des Magendarms mit Ver- zweigungen versorgt. Drei Ganglienknötchen, welche bei dem gemeinen Blut- egel vor dem Gehirn liegen und ihre Nervenplexus an Kiefer und Schlund senden, werden von Leydig als Anschwellungen von Hirnnerven aufgefasst und stehen vielleicht der Schluckbewegung vor. Von Sinvesoryanen kommen fast allen Blutegeln Augen zu, welche auf der Rückenfläche der vordem Ringel in einer Bogenlinie paarweise hinter ein- ander stehen. Dieselben sind Pigmentflecken mit einem lichtbrechenden Körper (Glaskörperkugeln) und hinzutretenden Sehnerven. Ausserdem finden sich nach Leydig auf den Kopfringeln becherförmige Gebilde, beim medicinischen Blutegel etwa 60 an Zahl, welche grosse helle Blasen enthalten und mit einem eigenthümlich mit feinen Härchen endenden Nerven in Verbindung stehen. Die Qualität der diesen Sinnesorganen zu Grunde liegenden Empfindung ist nicht näher zu bestimmen, wahrscheinlich steht dieselbe der Geschmacks- empfindung nahe und bezieht sich auf eine specifische, die Beschaffenheit des umgebenden Mediums prüfende Perception. Die Hirudineen sind — mit Ausnahme der noch wenig bekannten Histriob- delliden — Zwitter. Männliche und weibliche Geschlechtswerkzeuge münden wie bei vielen Seeplanarien in der Medianlinie des Vorderleibes hinter einander, die männliche Geschlechtsöffnung mit meist hervorragendem Girrus vor der weiblichen. Es finden sich gewöhnlich mehrere, bei den Kieferegeln 9 bis 12 Paare von Hodenbläschen in ebensoviel Segmenten. Jederseits verläuft ein geschlän- gelter Samenleiter, in welchen die Hoden durch je einen kurzen Ausführungs- gang ihre Zeugungsstoffe eintreten lassen. An seinem Vorderende nimmt jeder Samenleiter einen eng gewundenen Verlauf und bildet einen knäuelförmigen Nebenhoden mit drüsiger Wandung, welcher sich in einen musculösen Abschnitt (Ductus ejaculatorius) fortsetzt. Dieser letztere vereinigt sich mit dem der andern Seite zur Bildung eines unpaaren Begattungsapparates, welcher mit einer mächtigen Prostatadrüse in Verbindung steht und entweder als zwei- hörniger, vorstülpbarer Sack {lihynchohdeAliden) oder als langer und geknickter fadenförmig vorstülpbarer Schlauch {Gnathohdellidcu) erscheint. Der weib- hche Gesclilechtsapparat reducirt sich auf ein einziges Körpersegment und besteht entweder aus zwei langen schlauchförmigen Ovarien mit gemeinsamer Ausführungsöflnung {Bhijnchobdelliden) , oder aus zwei bläschenförmigen Ovarien, zwei Oviducten, einem gemeinsamen mehrfach geschlängeltem Eiergang und einer sackförmig erweiterten Scheide mit der Genitalöffnung. Die Blutegel begatten sich vielleicht regelmässig in Wechselkreuzung; die 462 Ablage von Cocons. Embryonalcntwicklung. männlichen Geschlechtsorgane geben eine von gemeinsamer Hülle umschlossene SpermatopJiore ab, welche entweder in die Scheide aufgenommen oder wenigstens in der Geschlechtsöffnung festgeklebt wird. Jedenfalls findet die Befruchtung der Eier im Innern des mütterlichen Körpers statt, und es kommt bald nachher zur Eierlage, welche mit eigenthümlichen Vorgängen verbunden ist. Zu diesem Zwecke suchen die Thiere geeignete Stellen an Steinen und Pflanzen auf oder verlassen das Wasser und wühlen sich wie der medicinische Blutegel in feuchter Erde ein. Die Genitalringe erscheinen zu dieser Zeit sattel- förmig aufgetrieben, theils durch die Turgescenz der Geschlechtsorgane, theils durch die reiche Entwicklung der Hautdrüsen , deren Secret für das Schicksal der abzulegenden Eier von besonderer Bedeutung ist. Während der Eierlage heftet sich der Leib des Blutegels mit seiner Bauchscheibe fest und umhüllt sich unter den mannich faltigsten Drehungen und Wendungen mit einer schleimigen Masse, welche besonders die Genitalringe gürtelförmig überdeckt und allmählig zu einer festern Hülle erstarrt. Dann treten aus den Genitalorganen eine Anzahl kleiner Eier nebst einer ansehnlichen Menge von Eiweiss aus , und der Körper zieht sein Kopfende aus der nun gefüllten tonnenförmigen Hülle heraus, welche sich nach ihrer Abstreifung durch Verengerung der endständigen Oeffnungen zu einem ziemlich vollständig geschlossenen Cocon umgestaltet. Früher hielt man irrthümlicher Weise die Cocons für die aus der Ge- schlechtsöffnung ausgetretenen Eier, während sie in Wahrheit Eibehälter sind, welche die sich entwickelnden Embryonen schützen und während ihrer Ausbil- dung mit dem nöthigen Nahrungsmateriale versorgen. So klein auch die Eier sind, die in sehr verschiedener niemals bedeutender Zahl in die Cocons ab- gesetzt werden, so besitzen doch die jungen Blutegel, wenn sie den Cocon ver- lassen, eine ansehnliche Grösse — die Jungen des medicinischen Blutegels z. B. eine Länge von circa 17 mm. — und haben bereits im Wesentlichen bis auf die mangelnde Geschlechtsreife die Organisation der ausgewachsenen Thiere. Nur die Clepsinen werden sehr frühzeitig geboren und differiren von den Geschlechts- thieren noch wesentlich sowohl hinsichtlich der Körperform als ihrer Innern Organisation. Mit einfachem Darme und ohne hintere Saugscheibe leben sie längere Zeit an der Bauchfläche des Mutterthieres angeheftet und erreichen erst unter fortwährender Aufnahme neu abgeschiedener Eiweissmasse ihre volle zum freien Leben taugliche Organisation. Sehr eigenthümlich gestaltet sich auch die Entwicklung des Embryos im Eie, welche unter den Rhychobdelliden für Clepsine, unter den Gnathobdelliden besonders für Nephelis und Hirudo näher bekannt geworden ist. In beiden Fällen besteht eine inäquale Furchung, welcher der Austritt von mehreren Richtungskörperchen, sowie die Bildung des ersten Furchungskernes aus männlichem und weiblichem Pronucleus (Spermakern — Eikern) vorausgeht. Nach der Viertheilung entstehen am obern oder animalen Pole durch Ab- schnürung aus drei Furchungskugeln (Robin) vier kleine Furchungszellen, zu welchen später durch Theilung der vierten grossen Furch ungskugel vier neue grössere hinzukommen , die sich ebenso wie jene fortgesetzt vermehren und allmählig die drei, lange Zeit als solche persistirenden grossen Furchungs- kugeln umwachsen. Später treten an der Oberfläche der letztern wenigstens Lebensweise Rhynchobdellidae. 463 bei Clepsine eine Menge von Kernen auf, welche das Entoderm oder die Zellen- wandung des Darms erzeugen sollen (Whitman), während Schlund und End- darm durch Einstülpung vom Ekitoderm aus entstehen. Nach Whitman liefern bei Clepsine die Theilprodukte der vierten grossen Furchungskugel, welche sich jedoch zuvor auch an der Bildung der vier kleinen Zellen am obern Pole be- theiligt hat, zwei Mesoblasten am hintern Pole (die Anlage des Mesoderms) und acht Neuroblasten (die Anlage des Nervensystems) (?), während die Theilprodukte der vier kleinen Zellen (Ectoblasts) zum Ectoderm wurden. Frühzeitig kommt am vordem Pole die Mundöffnung zum Durchbruch, welche nach Bildung von Pharynx und Magendarm unter Schluckbewegungen des erstem das im Cocon enthaltene Eiweiss dem wachsenden Embryo einverleibt. Der schon von Rathke und P>. Leuckart hervorgehobene Keimstreifen würde lediglich aus den symmetrisch angeordneten zwei Mesoblasten am hintern Eipole nebst den anliegenden acht Neuroblasten (?) hervorgehn, welche zu einer medialen streifen- förmigen Verdickung auswachsen und vorn in ihren beiden Hälften ringförmig aus einander weichen sollen. Die Blutegel leben grossentheils im Wasser, aber auch, zum Theil gelegent- lich beim Abstreifen der Gocons , in feuchter Erde. Sie bewegen sich theils spaimerartig kriechend mit Hülfe der Haftscheiben, theils unter lebhaften Schlängelungen des meist abgeflachten Körpers schwimmend. Viele halten sich parasitisch an der Haut oder an den Kiemen von Wasserbewohnern auf, z. B. an Fischen und am Flusskrebs; die meisten aber sind gelegentlich Schmarotzer, die nur zur Befriedigung ihres Nahrungsbedürfnisses die Haut von Warm- blütern aufsuchen. In der Regel reicht bei den letztem die in beträcht- licher Menge aufgenommene Nahrung auf geraume Zeit hin aus. Einzelne sind jedoch wirkliche Raubthiere, welche wie z. B. der Pferdeegel, Aulastomum gulo, Schnecken und Regenwürmer verzehren, oder wie die Clepsinen Schnecken aussaugen. Auch scheint die Nahrung keineswegs überall auf eine bestimmte Thiergattung beschränkt, auch nicht in jedem Lebensalter dieselbe zu sein. Der medicinische Blutegel nährt sich z. B. in der Jugendzeit von Insectenblut , dann vom Blut der Frösche und erst später wird ihm zur vollen Geschlechtsreife der Genuss eines warmen Blutes nothwendig. 1. Farn. Rhynchobdellidae, Rüsselegel. Körper langgestreckt, cylindrisch oder breit und flach, mit einer vordem und hintern Haftscheibe und kräftigem, vorstreck- barem Rüssel in der Mundhöhle, mit paarigen Augen auf der vordem Haftseheibe. Im contraktilen Rückengefässe liegen als sog. Klappen Blutkörperchen bildende Organe. 1. Subf. Ichthyohdellidae, Fischegel. Piseicola Blainv. [IchthyobdeJla). Mund im Grund der vordem stark abgesetzten Haftscheibe. Meist 2 Paar Augen. P. geometra Lin. , auf Süsswasserfischen. P. respirans Tr. , mit seitlichen Bläschen, die sich beim Eintritt des Blutes erweitern. P. marina F. S. Lkt. , auf Anarrhichas. P. hippoglossi Van Ben. u. a. A. Ophihdella Van Ben. Hesse. Mit einer sehr grossen Kopfhaftscheibe. 0. lahracis Van Ben. Hesse. Pontobdella Leach. Haut derb und warzig. Besitzt ausser den Medianstämmen zwei Seitengefässe , daneben eine Leibeshöhle nach den Segmenten gekümmert. Vier Ringel bilden ein Segment. P. muricata Lin., auf Rochen. Hier möchte sich auch die durch blättrige Seitenanhänge ausgezeichnete Gattung Branchellion Sav. anschliessen. B. torpedinis Sav. B. rhombi Van Ben. Hesse, sowie die Gattungen Cdlliobdella, Hemi- bdella Van Ben. Hesse. Cystobranchus Trosch., Ozohranchus Quatref., PliyUobranchus Gir. 464 Gnathobdelliclae. 2. Subf. Clepsinidae , Rüsselegel im engern Sinne. Clepsine Sav. Körper breit zusammenrollbar mit wenig abgesetzter Mundscheibe, in deren Grunde der Mund liegt, mit 1 — 4 Paaren von Augen. Meist gehen drei Ringel auf ein Segment. Die untere Körperfläche legt sich an Steinen fest und bildet einen Brutraum für die Eier, deren Embryonen sehr frühzeitig ausschlüpfen und dann noch eine Zeit lang an der Mutter fixirt bleiben. Die Thiere ernähren sich von Schnecken. Cl. hioculata Sav. Mit 1 Augenpaar. Cl, complanata Sav. Mit 3 Augenpaaren und 6 Paar Magenblindsäcken. Cl. marginata 0. Fr. Müll., mit 2 Augenpaaren. Cl. maculosa Rathke, sammet-schwarz mit rostgelben Randflecken. Cl. catenigera Moq. Tand., Algier u. v. a. A. Haementaria de Fil. Körper vorn zugespitzt, mit 21ippigem Mundsaugnapf, über welchem die Mund- öfFnung liegt. 2 Augen auf der Rückenfläche des zweiten Ringels. Fünf Ringel gehn auf ein Segment. Der lange Rüssel läuft vorn in eine feine Spitze aus und steht mit Drüsen in Verbindung. Sollen den Menschen ansaugen. H. mexicana de Fil. H. offi- cinalis de Fil., beide in den Lagunen von Mexico, die letztere nach Art des Blutegels benutzt. H. Ghilanii de Fil., im Amazonenstrom. 2. Farn. Gnathobdellidae, Kieferegel. Schlund mit drei häufig gezähnten Kiefer- platten bewaffnet, längsgefaltet. In der Regel kommen 4 bis 5 Ringel auf ein Segment. Vor der Mundötthung ein geringelter, löff'elförmig vorspringender Kopfschirm, welcher eine Art Mundsaugnapf bildet. Blut meist roth gefärbt. Die Cocons mit spongiöser Schale. Hirudo Lin. Meist 95 deutliche Ringel, von denen 4 auf die löffeiförmige Ober- lippe kommen. Die drei vordem sowie der fünfte und achte Ringel tragen die fünf Augen- paare. Die männliche Geschlechtsöffnung liegt zwischen dem 24. und 2-5., die weibliche zwischen dem 29. und 30. Ringel. Die drei Kieferplatten fein gezähnt, nach Art einer Kreissäge beweglich, sehr geeignet eine leicht vernarbende Wunde in die äussere Haut des Menschen zu schlagen. Magen mit 11 Paaren von Seitentaschen, von denen die letzte sehr lang ist. Die Cocons werden in feuchter Erde abgesetzt. H. medicinalis Lin. mit der als officinalis unterschiedenen Varietät, besitzt 80 bis 90 feine Zähne am freien Kieferrande und erreicht die Länge einer Spanne. Früher in Deutschland verbreitet, jetzt noch häufig in Ungarn und in Frankreich, wird in Blutegelteichen gezüchtet und braucht drei Jahre bis zum Eintritt der Geschlechtsreife. H. interrupta Moq. Tand., Algier. H. mysomelas Virey., Senegambien. H. graniilosa Sav., Bourbon. H. javanica Wahlbg., Java. H. sinica Blainv., China. H. quinquestriata Schm., Sidney. Sämmtlich medicinisch verwendbar. Nahe verwandt ist Bdella Sav. {Limnatis Moq. Tand.) mit tief ausgehöhlter Mundscheibe und 4 Augenpaaren. Bd. nilotica Sav., Nil. Bd. aequi- noctialis Pet., Mosambique. Haemopis Sav. Leib minder flach, am Rande nicht scharf gesägt. Die Kiefer minder fein gezähnelt. H. vorax Moq. Tand., Pferdeegel., mit nur 30 grobem Zähnen am Kieferrand, welche ihn zum Verwunden weicher Schleimhäute befähigen. Der Pferdeegel, in Europa und vornehmlich in Nordafrika einheimisch, beisst sich im Schlünde von Pferden, Rindern, auch des Menschen fest. Julastomum Moq. Tand. Körper wie bei Haemopis. Zähne der Kiefer stumpf. Magenblindsäcke unbedeutend. Darm weit. A. gulo Moq. Tand. Bei uns auch als Pferdeegel bekannt, von Weich- thieren lebend. Nephelis ') Sav. [Helluo Oken). Leib dünn , am Rande nicht gesägt, mit 4 Augenpaaren. Geschlechtsöfihungen zwischen dem 31. und 32., sowie zwischen dem 34. und 35. Ringe. Anstatt der drei Kiefer einfache Längsfalten im Schlünde. Rosettenförmige Flimmerorgane liegen in blasigen Erweiterungen der zwischen den Seitengefässen und dem Seitenstamme verlaufenden Anastomosen. N. vulgaris Moq. Tand. Hier schliessen sich die Gattungen Oxyptychus Gr., Centropygus Gr., Trochetia Dutr., Liostomum Wagler, ferner Blennobdella Gay., Finacohdella und Typhlohdella Dies an. 1) Ausser Leydig vergl. Bidder, Untersuchungen über das Blutgefässsystem einiger Hirudineen. Dorpat. 1868. 2. Ordnung. Chaetopndes. 465 3. Farn. Branchiobdellidae. Der im ausgestreckten Zustand beinahe cylindrische Körper aus wenigen ungleich geringelten Segmenten zusammengesetzt, mit zweilappigem Kopflappen ohne Augen, mit einem ausgebildeten Saugnapf am Hinterende. Schlund ohne Rüssel, mit zwei flachen übereinander liegenden Kietei-n. Branchiobdella Odier :=: Astacohdella Vallot. Kopf läppen mit zarten Randpapillen. B. parasita Henle, an der untern Schwanzfläche, am Grunde der Fühler und Augen des Flusskrebses. A. astaci Odier, kleiner und minder ausdauernd, mehr an den Kiemen des Flusskrebses. Hierher gehört wohl auch die Gattung Myzohdclla Leidy [M. lugubris auf Lupea diacantha), sowie Temnocephala Gay. mit fingerförmig gespaltenen Kopflappen und zwei Augen (2'. chilensis Gay.). Hier reihen sich noch zwei aberrante Formen, die Gattungen Acanthobdella und Histriohdella, für welche besondere Familien aufgestellt worden sind. Die Acanthobdellidae. Körper fast spindelförmig, etwas flach, vorn zugespitzt, ohne Haftscheibe, dagegen jederseits mit einigen Hakenborsten bewaff"uet, hinten mit einem Haftnapf, in dessen Boden der After liegt. Acanthobdella Gr. A. peledina Gr., Sicilien. Die Histriobdellidae. Mit besonderem Kopfabschnitt und eigenthümlichen, Extre- mitäten-ähnlichen Bewegungsorganen am Vorder- und Hinterende, getrennt-geschlechtlich. Die gestilten Eier werden einzeln abgesetzt. Histriobdella Van Ben. Leib einer Dipteren- larve ähnlich. Kopfabschnitt mit zwei Paaren von Fortsätzen und einer grossen häutigen gestilten Saugscheibe. Hinterende mit zwei sehr beweglichen Stilgliedern, die ebenfalls als Saugscheiben benutzt werden. U. homari Van Ben., auf Hummereiern. i2. 0 r d n u n g. Ghaetopod.es ^) , Borstenwürmer . Freilebende Gliedertvürmer mit paarigen Borstengruppen, tvelche ent- iveder in Gruben oder in besondern Extremitätenstummeln eingelagert sind, häufig mit besonderm Kopf abschnitt , soivie mit Fühlfäden und Girren. Die Borstenwürmer leben — einzelne Parasiten ausgenommen — frei, theils in der Erde , theils im Wasser , besonders im Meere und sind in äussere , selten noch geringelte Segmente gegliedert, welche den Segmenten der Innern Organe entsprechen und sich mit Ausnahme des vordem als Kopf unter- schiedenen Abschnittes meist ziemlich gleichartig verhalten. Die Haftscheiben der Hirudineen fehlen, dagegen treten an den Segmenten Extremitäten- stummel (Parapodien) mit eingelagerten Borsten auf, welche zunächst die freie Locomotion unterstützen, durch verschiedenartige Anhänge, Kiemen und 1) Savigny, Systeme des Annelides. Description de l'Egypte. Tom. 21. 1826. V. Audouin et H. Milne Edwards, Classification des Annelides et descriptions des especes qui habitent les cotes de la France. Annales des scienc. nat. 18:32 und 18315. Quatrefages, Etudes sur les types inferieures de l'embranchement des Anneies. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. Tom. 10—20. 1848—1854. Ed. Grube, Die Familien der Anne- liden. Archiv für Naturg. 18.50 u. 1851. Derselbe, Beschreibungneuer und wenig gekannter Anneliden. Eine Reihe von Beiträgen. Ebendas. 1846-1865. Williams, Researches on the Strueture and Homology of the Reproductive Organs of the Annelids. Phil. Transact. Roy. Sog. 1858 und 1859. E. Claparede, Recherches anatomiques svu- les Annelides etc. Geneve. 1861. Derselbe, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere. Leipzig. 1863. Derselbe, Glanures zootomiques parmi les Aunelides. Geneve. 1864. Derselbe, Les Annelides chetopodes du golfe de Naples. Geneve et Bäle. 1808 nebst Supplement. 1870, und Recherches sur la strueture des annelides sedentaires. Geneve. 1873. Fr. Leydig 1. c. sowie Tafeln zur vergl. Anatomie. 1864. Quatrefages, Histoire naturelle des Anneies. Tom. I und II. 1865. Claus, Zoologie. 4. Auflage. gQ 466 Borsten. Kopf. Körperbedeckung. Girren, auch die Functionen der Respiration und des Tastens übernehmen. Sehr wichtig für die Extremitätenstummel der Leibesringe erscheint der Besitz von beweglichen Borsten, deren besondere Form ausserordentlich variirt und zur Gharacterisirung der Familien und Gattungen verwendet wird. Man unter- scheidet Haarborsten, Hakenborsten, Plattborsten {Paleen), Spiessborsten, Sichelborsten, Pfeilborsten, Nadeln, Stacheln, je nach der Stärke, Gestalt und Art der Endigung. Auch können bei vollständigem Mangel von Fussstummeln und deren Anhängen die Borsten in Gruben der Haut einzeilig oder zweizeilig, d. h. in seitlichen Bauchreihen oder in Bauchreihen und Rückenreihen, von denen die letzteren sich oft der Bauchseite beträchtlich nähern, eingelagert sein. In diesen Fällen ist die Zahl der Borsten durchweg eine beschränkte {Oli- gochaeten) indessen kann dieselbe auch andererseits in grossem Masse überhand nehmen, so sehr dass die Haut an den Seiten mit langen Haaren und Borsten besetzt erscheint und sich über die ganze Rückenfläche ein dichter metallisch glänzender Haarfilz ausbreitet, Aphrodite. Die Anhänge der Fussstummel bieten einen nicht minder grossen Reichthum verschiedener Formen und variiren auch nicht selten an den verschiedenen Leibesabschnitten ; dieselben sind zu- nächst einfache oder geringelte fühlerartige Fäden, Cirri^ welche in Rücken- und Baucheirren und in Aftercirren (Endsegment) unterschieden worden. Die- selben sind meist fadenförmig und zuweilen gegliedert, oder conisch und dann oft mit einem besondern Wurzelglied versehn. In anderen Fällen erlangen die Girren eine mehr flächenhafte Verbreiterung und bilden sich auf der Rücken- fläche zu breiten Schuppen und Blättern, Elytren, welche ein schützendes Dach zusammensetzen {Aphroditeen). Neben den Girren finden sich häufig fadenförmige oder geweihartig verästelte , büschel- oder kammförmige Kiemen, bald auf die mittlem Leibesabschnitte beschränkt, oder über die ganze Rücken- fläche ausgedehnt, bald nur am Kopfe und an den vordem Segmenten (Kopf- kiemer). Als Kopf fasst man die 2 vordem Leibessegmente zusammen, welche zu einem mehr oder minder gesonderten Abschnitt verschmolzen sind und sich auch rücksichtlich ihrer Anhänge abweichend verhalten. Das vordere Segment überragt als Kopflappen die Mundöffnung und trägt die Fühler und Palpen, sowie die Augen, der hintere Kopfabschnitt, das Mundsegment, die Fühlercirren. Die Körperbedeckung der Borstenwürmer, aus einer chitinigen Cuticula und einer subcuticularen feinkörnigen Matrix zusammengesetzt, kann eine bedeutende Dicke erlangen, obwohl sich an einzelnen Stellen, besonders an den Seiten Wandungen der Segmente und selbst an den Segmentanhängen Flimmer- cilien erhalten, welche in weit grösserer Ausbreitung am zarthäutigen Larven- leib auftreten. Die Guticula ist häufig geschichtet und nicht selten von Poren- canälen durchsetzt, durch welche hier und da das Sekret von Hautdrüsen aus- fliesst. Die Borsten sind in gewissem Sinne als Theile der Guticula aufzufassen, da sie wie diese von Zellen der Haut erzeugt werden. An ihrem basalen Ende von einer Einstülpung der Haut (Borstenscheide) umhüllt, werden sie durch einen besondern mit der Längsfaserschicht zusammenhängenden Muskelapparat bewegt. Die Färbung des Integuments wird meist durch Anhäufungen kleiner Pigmentkörnchen in den untern Partien der Ghitinhaut, aber auch durch unter- liegende Pigmentzellen bewirkt. Hautdrüsen scheinen oft über den ganzen Verdaiiungscanal. Gefasssystcm. 467 Körper verbreitet oder an einzelnen Stellen gruppenweise vertheilt [Sphaero- doriim, Fhyllodocc). Zuweilen kommen in der Haut stäbchenförmige Körper vor, in Zellen (oft in besondern Schläuchen) erzeugt. Die Hautmuskulatur besteht aus einer äussern meist ununterbrochenen Ringfaserschicht und einer Innern Lage von longitudinalen Fasern, welche häufig vier gesonderte Bänder, dorsale und ebensoviel ventrale, bilden. Die innere freie Oberfläche der Muskeln wird wie vermuthlich auch die Oberfläche der Eingeweide von einer zelligen Membran nach Art eines Peritoneums überkleidet. Der Verdaiiungscanal verläuft meist in gerader Richtung vom Mund nach dem am Körperende, selten rückenständig, gelegenen After und gliedert sich in Schlund, Magendarm und Enddarm. Oefters kommt es zur Ausbildung eines erweiterten muskulösen Schlundkopfes, der mit Papillen oder beweglichen Kieferzähnen bewaffnet, als Rüssel hervorgestreckt werden kann. Der Magen- darm bleibt meist in seiner ganzen Länge von gleicher Beschaffenheit und zer- fällt dann durch regelmässige Einschnürungen in eine Anzahl von Abschnitten oder Kammern, welche den äussern Segmenten entsprechen und selbst wieder in seitliche Ausstülpungen und Blindschläuche sich erweitern. In den Ein- schnürungen befestigen sich faden- oder membranartige Suspensorien (Disse- pimente), durch welche die Leibeshöhle in ebensoviel hintereinander liegende Kammern zerfällt. Das Gefässsystem erlangt eine nicht minder hohe Entwicklung als bei den Hirudineen und scheint fast überall vollständig geschlossen zu sein, so dass die in der Leibeshöhle befindliche helle Ernährungsflüssigkeit, welche wie das Blut eigenthümliche Körperchen enthält, mit dem meist gefärbten Blutinhalt der Gefässe nicht communicirt. Diese lassen sich auf ein in der Regel in seinem ganzen Verlaufe dem Danne aufliegendes Rücliengefäss und auf ein Bauch- <7e/ä.s5 zurückführen, welche sowohl im vordem und hintern Körperende als in den einzelnen Segmenten durch Seitenschi ingen in Verbindung stehn. Auch das Gefässsystem gliedert sich demnach der Segmentirung entsprechend. Der Kreislauf wird durch Pulsationen einzelner Gefässabschnitte vornehmlich des Rückengefässes unterhalten, welches entweder in seinem ganzen Verlaufe oder nur in einem beschränkten nach vorn gelegenen Abschnitt (Herz) contraktil erscheint. Indessen können auch erweiterte Queräste, selten auch das Bauch- gefäss pulsiren. Im Rückengefässe bewegt sich das Blut von hinten nach vorn und strömt in die Seitengefasse ein, von denen aus sich mehr oder minder complicirte peripherische Gefässnetze in die Haut- und Darmwandung sowie in die Kiemen erstrecken. Das zurückfliessende Blut tritt durch die seitlichen Schlingen in das Bauchgefäss ein und strömt von diesem wieder in das hintere Enge des Rückengefässes ein. Von grosser Bedeutung für die besondere Ge- staltung des Gefässsystems ist bei den marinen Polychaeten das Auftreten von Kiemen, welche theils am Kopfe und an den vordem Segmenten, theils am Rücken- theil vornehmlich der mittleren Leibessegmente sich erheben. In dieselben setzt sich das Gefässsystem im einfachsten Falle durch Gefässschlingen fort, von denen der eine Abschnitt zum arteriellen, der andere zum venösen Gefössstamme wird. Bei den Rückenkiemem treten die Gefässe vom Rückenstamme in die Kiemen ein, 468 Respiratioiisorgane. Excretionsorgane. während die ausführenden Gefässe das Blut in das Bauchgefäss leiten. Bei den Koptkieniern aber hat der beschränkte Ursprung der Athmungsorgane beträcht- liche Umformungen gewisser Gefässpartien zur Folge. So erweitert sich bei den Terehellen das Rückengefäss oberhalb des Schlundes zu einer Art Kiemen- herz, welches paarige nach den Kiemen führende Aeste entsendet, während gleichzeitig zwei Queranastomosen als Herzen fungiren. Auch die Längs- stämme können bei der reichern Ausbildung von Gefässverzweigungen Modi- fikationen erleiden und theil weise in Gefässnetze sich auflösen. So ist z. B. bei Folyophthalmiis der Rückenstamm längs des Mitteldarms aufgelöst und bei den Hermellen in dieser Partie ebenso wie das Bauchgefäss durch zwei Stämme vertreten. Gesonderte Respirationsorgane fehlen fast sämmtlichen Oligochaeten und sind hier durch die gesammte Körperwandung oder vornehmlich durch einzelne Abschnitte derselben {Lumbriculus) vertreten. Bei den Meereswürmern treten ziemlich allgemein Kiemen auf und zwar entweder als Anhangsgebilde der Fussstummel oder als lange aus den Fühlern hervorgegangene Fäden am Kopfe. Im erstem Falle sind sie entweder einfache Girren, welche Flimmerhaare auf der Oberfläche ihrer zarten Wandung tragen und Blutgefässschlingen auf- genommen haben oder sehr verlängerte Fäden {Cirratulus) oder in verschie- denem Grade ramificirte baumförmig verästelte {AmpJiinome) oder kammförmige (Eunice) Schläuche, neben denen noch besondere Girren an den Rückenstum- meln sich erheben. Auch können sie sich von den Fussstummeln sondern und direkt von der Rückenfläche entspringen. Bald sind sie mehr auf die mittlem Segmente beschränkt {Arenicola), bald an fast allen Segmenten, nachdem hintern Körperde sich vereinfachend, an der Rückenfläche entwickelt {Eunice, Aniphinornc). Bei den Röhrenbewohnern beschränken sich die Kiemen auf die zwei {tectinaria, Sahellides) oder drei {TereheUa) vordersten Segmente, werden aber zugleich durch zahlreiche büschelförmig gehäufte und verlängerte Fühler des Kopfabschnitts ergänzt. Diese letztern enthalten zuweilen nur Leibesflüssigkeit {Fectinaria, TereheUa)^ in anderen Fällen jedoch auch blut- führende Gefässe {Siphon ostonia). Am umfangreichsten gestalten sich dieselben bei den Sabelliden, wo sie sogar durch ein besonderes Knorpelskelet gestützt und mit secundären Zweigen federbuschartig besetzt sein können. Entweder stehen diese Fäden einfach im Kreise um die Mundöffnung herum oder in zwei fächerartige Seitengruppen geordnet [Serpuliden], deren Basis sich nicht selten in eine Spiralplatte auszieht. Solche Kiemenbildungen dienen aber zugleich zum Tasten, zur Herbeischaffung der Nahrung und sogar zum Bau der Röhren und Gehäuse. Als Excretionsorfiane finden sich den Schleifencanälen der Hirudineen entsprechende Segnientalorgane allgemein verbreitet (Williams). Dieselben wiederholen sich meist paarweise in den Segmenten und beschränken sich nur selten wie bei vielen Tubicolen (Terebelliden) auf bestimmte Segmente. Sie beginnen mit freier Mündung oft mittelst eines Wimpertrichters in der Leibes- höhle, besitzen eine drüsige Wandung und nehmen einen mehrfach geschlän- gelten und gewundenen Verlauf, um rechts und links je in einem seitlichen Porus des Segmentes auszumünden. Wie die Drüsengänge überhaupt auch Drüsen. Nervensystem. Sinnesorgane. 469 zur Ausführung von Stoffen der Leibeshöhle dienen mögen, so werden dieselben bei den marinen Borstenwürmern zur Brunstzeit als Eileiter oder Samenleiter verwendet, um die in der Leibeshöhle frei gewordenen Geschlechtsprodukte nach aussen zu schaffen, hi anderen Fällen, wie bei den Oligochaeten, scheinen die Segmentalorgane einzelner Segmente auch als Samenbehälter umgebildet oder es bestehen neben den Segmentalorganen selbstständige Leitungswege. Von selbstständigen Drüsen im Körper der Ghaetopoden verdienen vor allem diejenigen Hautdrüsen der Oligochaeten erwähnt zu werden, welchen die als Gürtel bekannte Auftreibung mehrerer Segmente ihren Ursprung ver- dankt. Das Secret dieser Drüsen scheint die innige Verbindung der sich copulirenden Würmer zu unterstützen. Ferner kommen bei mehreren Ser- pulidcn zwei grosse auf der Rückenfläche des Vorderkörpers mündende Drüsen vor, deren hihalt zur Bildung der Röhren, in welchen die Thiere leben, ver- wendet wird. Bei Si phonostomuni münden am Kopfe zwei schlauchförmige Drüsen aus, welche eigenthümliche weisse Goncretionen enthalten. Aelmliciie Drüsenschläuche mit einer Gallerte gefüllt finden sich bei Änimochares (nach Glaparede in 4 Segmenten, nach Kölliker in jedem Segmente) und dienen wahrsclieinlich zur Bildung des Gehäuses. Das Nervensystem schliesst sich in seiner Gestaltung unmittelbar an das der Hirudiueen an. Die Gehirnganglien zerfallen meist in lappenförmige Ab- schnitte und sind einander bedeutend, selten freilich bis zur vollständigen Ver- schmelzung (Eiichytraeus) genähert. Die Längsstränge des Bauchmarks lagern oft so dicht aneinander, dass sie einen einzigen Strang zu bilden scheinen {Oli- gochaeten, zahlreiche Kieferwürmer). Bei den Röhrenwürmern weichen sie indessen schon merklich auseinander, so dass die Qiiercommissuren der Ganglien breit werden, am meisten im vordem Abschnitt der Ganglienkette bei den Serpuliden. An dem Neurilemma einiger Ghaetopoden wurden von Leydig ähnlich wie bei den Hirudineen Muskelfasern beobachtet. Das System von Eingeweidenerven besteht aus paarigen und unpaaren Ganglien , welche die Mundtheile und vornehmlich den vorstülpbaren Rüssel versorgen. Ein Aequi- valent der Magendarmnerven der Hirudineen ist bislang nicht nachgewiesen. Von Sinnesoryanen sind Augen am häufigsten verbreitet. Dieselben finden sich meist paarig auf der Oberfläche des Kopflappens, bald dem Gehirn auf- gelagert , bald durch besondere Nervenstämme mit demselben verbunden, hi- dessen können sie auch am hintern Körperende liegen (lubriciu) oder an den Seiten aller Segmente sich regelmässig wiederholen {Folyophthalmus). Selbst auf den Kiemenfäden finden sich bei SaheUadiVicn Pigmentflecken mit lichtbrechenden Körpern angebracht. Am höchsten entwickelt, mit einer grossen Linse und einer complicirten Retina versehen, sind die grossen Kopf- augen der Galtung Alciope ^). Weit beschränkter erscheint das Vorkommen von Gehörorganen, welche als paarige Otolithenblasen am Schlundringe von Arenicola, Fahricia, einigen Sabelliden und jungen Terehellcn auftreten. Als 1) Greeff, Ueber das Auge der Alciopiden etc. Marburg. 1876, sowie Unter- suchungen über die Alciopiden. Nov. Act. der K. Leop. Car. Akad. etc. Tom. XXXIX^ Nro. 2. 470 Fissipare uud gemmipare Fortpflanzung. Tastorgane ^) fungiren die Fühler, Girren und Elytren, in denen bei zahlreichen Arten Nerven Verzweigungen beobachtet wurden, deren Enden in cylindrische Cuticularanhänge oder Papillen eintreten und an deren Spitze mit feinen starren Härchen in Verbindung stehen. Aber auch die Hautoberfläche anderer Körper- stellen kann zum Sitze einer Tastempfindung werden, sowohl bei den der Fühler und Girren entbehrenden Oligochaeten als bei den Meereswürmern. An solchen Stellen sind entweder starre Härchen und Tastborsten verbreitet, oder es finden sich wie bei Sphaerodorian Tastwärzchen mit Nervenenden. Bei den übereinstimmenden Bau der Leibessegmente, welche in gewissem Sinne als untergeordnete Einheiten gelten können , erscheint die ungeschlecht- liche Fortpflanzung einiger kleinen Ghaetopoden nicht überraschend. Wir beobachten Theilungen nach vorausgegangener Knospung einzelner Körper- partien insbesondere des Kopfes oder grösserer Reihen von Segmenten. Im ersteren Falle (fissipare Fortpflanzung) geht eine grössere Segmentreihe aus dem ursprünglichen Körper eines Wurmes in den Leib eines Sprösslings über. So z. B. unter den Syllideen bei Syllis prolifera (und Filograna), wo sich durch eine einfache Quertheilung eine Reihe der hintern mit Eiern gefüllten Segmente ablöst, nachdem sie einen mit Augen versehenen Kopf erhalten hat. Im andern häufigem Falle (gemmipare Fortpflanzung) ist es nur ein einziges und gewöhnlich das letzte Segment , welches zum Ausgangspunkt der Neubil- dung eines zweiten Individuums wird. In dieser Weise verhält sich die als Autolytus prolifer bekannte Syllidee, welche zugleich ein Beispiel von Generationswechsel bietet und als Amme durch mehrfach wiederholte Knospungen in der Längsachse die als Sacconereis helgolandica (Weibchen) und Folyhosfrichus Miillcri ^) (Männchen) bekannten Geschlechtsthiere erzeugt. Hier entsteht (ebenso wie bei Myrianida) vor dem Schwanzende der Amme eine ganze Reihe von Segmenten, welche nach Bildung eines Kopftheiles ein neues Individuum zusammensetzen. Indem sich dieser Vorgang zwischen dem letzten Körperringe des Stammthieres und dem Kopftheile des Sprösslinges mehrfach wiederholt , entsteht eine zusammenhängende Kette von Individuen, welche nach ihrer Lösung die Geschlechtsthiere vorstellen. Auch bei Süss- wasser-bewohnenden Naideen, bei Chaetogaster, kommt es durch eine gesetz- mässige Sprossung in der Längsachse zur Bildung von Ketten, die nicht selten 12 — 16 freilich nur -^liedrige Individuen enthalten, während die Geschlechts- thiere aus einer viel grössern Zahl von Segmenten bestehen. Verwandt ist auch die schon von O. Fr. Müller beobachtete Vermehrungsart von Nais proboscidea , deren Stamm jedesmal aus dem letzten Segment den Leib des neuzubildenden Sprösslings erzeugt. Dagegen werden Mutter- und Tochter- individuen von Nais ^) in gleicher Weise geschlechtsreif. Auch bei Frotula ist die geschlechtliche Entwicklung des proliferirendes Wurmes nachgewiesen. 1) Vergl. A. Kölliker, Kurzer Bericht über einige etc. vergl. anat. Untersuchungen. Würzburg. 1864. 2) Vergl. ausser den Untersuchungen 0. Fr. Müllers, Quatrefages', Leuckart's, Krohn's besonders A. Agassiz, On alternate generation of Annelids and the embryo- logy of Autolytus cornutus. Boston. .Journ. Xat. Hist. vol. III. 1863. 3) M. Schnitze, Archiv für Naturgeschichte. 1849 und 1852. Generationswechsel. Dimorphismus. Heterogouie. Geschlechtsorgane. 471 Die Ghaetopoden sind mit Ausnahme der hermaphroditischen Oligochaeten und einzelner Nereiden sowie SerpuUden (z. B. Spirorhis spirillum, Protula Dysteri) getrennten Geschlechtes. Männliche und weibliche Individuen er- scheinen zuweilen nach Bildung der Sinnes- und Bewegungsorgane so auffallend verschieden, dass man sie für Arten sogar verschiedener Gattungen gehalten hat. Ausser der bereits erwähnten Sacconereis und Polybostrichus , zu denen noch Autolytus als Ammenform gehört, ward ein ähnlicher Dimorphismus des Geschlechts von Malmgren für die Lycoridengattung Ucteronereis nachge- wiesen, deren Männchen und Weibchen eine verschiedene Körpergestalt und Segmentzahl besitzen. Derselbe Forscher hat das Verdienst, auch noch auf ein anderes merk- würdiges Verhältniss die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben, auf die Zugehörig- keit von Heteronereis in den Entwicklungskreis von Nereis. Malmgren er- kannte zuerst die genetische Zusammengehörigkeit von K pelagica und H. grandifolia , ebenso die von N. Dumerilii zu H. fiicicola, und auch Ehlers stellte als wahrscheinlich dar, dass Heteronereis den epitoken Formzustand der vollen Geschichtsreife repräsentire und als solche aus den atoken Formen der Ntreis (und Nereilepas) hervorgehe. Glaparede brachte sodann neue freilich noch in vieler Hinsicht räthselhafte Aufschlüsse. Er bestätigte durch direkte Beobachtung die für Nereis Dumerilii wahrscheinlich gemachte Verwandlung, erkannte aber, dass dieser Entwicklungsgang keineswegs für alle hidividuen durchgreifend sei, sondern dass auch noch eine besondere geschlechtsreife JYere/^generation existire , ausgezeichnet durch die geringe Körpergrösse und Segmentzahl, durch die Entstehungsweise der Zoospermien und durch die Uebereinstimmung, welche beide Geschlechter in ihrer äussern Körperform darbieten und dass hermaphroditische Nereisformen in den Artenkreis gehören, die schon G. Mo quin Tandon als N. massiliensis beschrieben hatte. Glaparede entdeckte weiter, dass auch die i/e^e;-o«erß/sform in verschiedenen Generationen auftrete, einer kleinern, sehr beweglichen, an der Oberfläche schwimmenden Form und einer grössern schwerfälligen auf dem Boden in der Tiefe lebenden Generation. Die Zoospemiien der beiden Heteronereisformen sind identisch, von denen der Nereisgeneration jedoch verschieden. Es handelt sich zweifelsohne um eine als Heterogenie zu deutende Fortpflanzung. Bei den Oligochaeten findet sich im Körper ein zum Theil hoch entwickelter Geschlechtsapparat. Die Ovarien und Hoden liegen in ganz bestimmten Segmenten und entleeren ihre Produkte durch Dehiscenz der Wandung in die Leibeshöhle. Entweder sind besondere Ausführungsgänge vorhanden, welche die Geschlechtsprodukte nach aussen leiten [Oligochaetae terricolae) oder es haben die Segmentalorgane bestimmter Ringe diese Funktion übernommen {Oligochaetae limicolae). Bei den getrennt geschlechtlichen marinen Borsten- würmern entstehen die Eier oder Samenfäden an der Leibeswandung (Kerne der peritonealen Membran) in Organen, welche nur zur Zeit der geschlecht- Mchen Thätigkeit vorhanden , entweder auf die vordem Segmente beschränkt sind oder in der gesammten Länge des Körpers sich wiederholen. Stets gelangen auch hier die Geschlechtsstoffe aus den drüsigen sackförmigen Verdickungen der Leibeswand in die Leibeshöhle, erlangen in derselben ihre volle Reife und 472 Metamorphose. Lebensweise. Fossile Reste. werden durch die Segmentalorgane, welche zur Brunstzeit die Rolle der Eileiter und Samenleiter übernehmen , nach aussen geführt. Nur wenige wie z. B. Eunice und Syllis vivipara gebären lebendige Junge , alle übrigend sind Eier legend; viele legen die Eier in zusammenhängenden Gruppen ab und tragen sie mit sich herum, während dieselben von den Oligochaeten (wie von den Hirudineen) in Cocons abgesetzt werden. Die Entwicklung des Embryos er- folgt nach vorausgegangener totaler, in der Regel unregelmässiger Dotter- klüftung. Wohl durchweg differenzirt sich wenn auch zuweilen erst während des freien Lebens ein sog. Primitivstreifen an der Bauchseite in Folge der Ent- wicklung eines mittleren Keimblattes und von Neuralplatten des oberen Blattes. Mit Ausnahme der Oligochaeten durchlaufen die Jugendformen gewöhnlich eine Metamorphose und erweisen sich nach dem Ausschlüpfen als bewimperte, freischwärmende, mit Mund und Darm versehene Larven, deren Grundform, die bereits früher dargestellte Loven 'sehe Larve, in zahlreichen Modifikationen auftritt. Die Lebensverhältnisse der Borstenwürmer gestalten sich ebenfalls ausser- ordentlich mannichfach. Die meisten halten sich im Wasser, viele im schlam- migen Grunde, verhältnissmässig wenige in feuchtem Erdboden auf. Bei weitem die grösste Mehrzahl aber lebt im Meere, sei es nun auf dem Meeresgrund kriechend oder an der Oberfläche schwimmend, Nereidae {Errantia), sei es in eigens gebauten Röhren geschützt und an festen Gegenständen angeheftet, Tubicolae {Sedentaria). Die letztern (Limivora) ernähren sich ebenso wie die Oligochaeten hauptsächlich von vegetabilischen Stoffen und entbehren der Schlundbewaffnung, die erstem dagegen {llapacia) von Spongien, Weichthieren, überhaupt animaler Kost und besitzen sehr verschiedene Ausrüstungen des Schlundes, der häufig mit Kiefern bewaffnet, als Rüssel vorgestreckt wird. Die Fähigkeit verloren gegangene Theile, insbesondere das hintere Körperende und verschiedene Körperanhänge wieder zu erzeugen, scheint allgemein verbreitet. Selbst den Kopf und die vordem Segmente mit Gehirn, Schlundring und Sinnes- apparaten sind sowohl die Lumhricinen als einzelne Meereswürmer ^) {Diopatra, Lycaretus) wieder zu ersetzen im Stande. Fossile Reste von Borstenwürmern finden sich vom Silur an in den ver- schiedensten Formationen. Vornehmlich sind Kalkröhren von Serpuliden in reicher Menge bekannt geworden, während die vergänglichen Reste der Wurm- körper selbst verhältnissmässig selten und schlecht erhalten sind. Am besten kennt man Abdrücke verschiedener Meereswürmer aus dem Sohlenhofer Schiefer, die neuerdings besonders durch Ehlers ^) beschrieben wurden. 1) Vergl. Ehlers, Die Neubildung des Kopfes und des vordem Körpertheiles bei polychaeten Anneliden. Erlangen. 18ti9. 2) Ehlers, üeber eine fossile Exinice etc. Zeitschr. für wiss. Zool. Toni. XVIII, sowie: lieber fossile Würmer aus dem lilhogr. Schiefer in 13aiern. Palaeoutograph. Vol. XVII. 1870. 1. ürduung. Oligocüaetac. 473 1. Ordnung. Oligochaeta *), Oligochaeten. Uermaphroditische ChaelopodeH ohne Schhmdbeivaßnmig und Extremi- täten stumm cl , ohne Fühler, Girren und Kiemen, mit directer Entwichlung. Der Kopftheil wird aus dem als Oberlippe vorstehenden Kopflappen und dem Mundsegment gebildet , ohne als gesonderter Abschnitt von den nach- folgenden Segmenten wesentlich abzuweichen. Niemals treten Fühler und Palpen oder Fühlercirren an demselben auf, dagegen erheben sich meist Tast- borsten in reicher Zahl und kommen auch eigenthümliche an Geschmacks- knospen erinnernde Sinnesorgane vor. Augen fehlen entweder oder sind ein- fache Pigmentflecken. Bei grössern Oligochaeten wie Lumbricus ^) besteht die Cuticula aus einer äussern longitudinalen und Innern circulären Faserschicht und wird von Poren durchbrochen, durch welche die Hypodermisdrüsen aus- münden. Zu diesen letztern gesellt sich noch im Gürtel oder Glitellum eine tiefer gelegene Drüsenschicht {Säulenschicht Glap.), welche aus fein granulirten in ein pigment- und gefässreiches Bindegewebsgerüst eingebettete Zellen zwischen Hypodermis und äusserer Muskellage besteht. Die Borsten sind in nur spärlicher Zahl vorhanden und liegen niemals in besondern Fussstummeln eingepflanzt, sondern stets unmittelbar in einfachen Gruben der Haut, in denen sie wie in Drüsensäckchen durch Zellen ausgeschieden ihren Ursprung nehmen. Kleinere Nebenborsten dienen zur Reserve. Bei mehreren Gattungen {Lumbricus, Enchytraeus) steht die Leibeshöhle, welche eine farblose Lymphkörperchen haltige Flüssigkeit birgt und durch intersegmentäre Septa in Kammern getheilt ist, durch Poren der Rückenlinie mit der Aussenwelt in direkter Gommunication. Das mit rother Flüssigkeit erfüllte Blutgefässsystem verhält sich ähnlich wie bei den Hirudineen, ohne freilich die secundären neuerdings als Lacunensystem unterschiedenen Gefäss- stämme zu besitzen. Immerhin gestaltet sich dasselbe besonders bei den grossen Lumbriciden sehr complicirt, sodass Per rier bei Urochaeta zwei überein- ander liegende, ein intestinales und ein peripherisches Gefässsystem unterscheiden konnte, welche ihre besondern Pulsationsorgane haben. Der Darmcanal zer- 1) Vergl. W. Hoff meist er, De vermibus quibusdam ad genus Luinbricoruui per- tincntibus. Berlin. 1842, ferner: Die bis jetzt bekannten Arten aus der Familie der R«genwürmer. Braunschweig. 1845. d'üdekera, Nouvelle Classification des Annelides setigeres abranches. Mem. Acad. de Belgique. 1858. Derselbe, Histoire naturelle du Tubifex rivulorum. Mem. couronn. de l'Acad. roy. de Belgique. Tom. XXVI. 1855. Der- selbe, Developement du Lombric ten-estre. Mem. cour. de l'Acad. de Belgique. Tom. XXVIl. 1856. E. Claparede, Recherches anatomiques sur les Annelides etc. observes dans les Hebrides. Geneve. 1860. Derselbe, Recherches anatomiques sur les Oligochiietes. Geneve. 1S62. Kowalevsky, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden {Lumbricus, Euaxes). Petersburg. 1861. Tauber, Om naidernes-bygning og kjönsforhold jagttagelser og bemaerkninger. Naturh. Tidskrift. Tom. II. 1873. B. Hatschek, Ueber Entwicklungsgeschichte von Criodrilus. Studien über Entwicklungsgeschichte der Anne- liden etc. I. c. Wien. 1878. N. Kleinenberg, Sullo sviluppo del lumbricus trapezoides. Napoli. 1878. 2) Ausser den bezüglichen Angaben von Leydig und Claparede vergl. A. v. Mojsisovics, Die Lumbriciden hypodermis. Wiener Sitzungsberichte. 1877. 474 Körperbau. Geschlechtsorgaue. fallt in mehrere Abschnitte, die sich wieder bei den Lumbriciden am complicir- testen verhalten. Auf die Mundhöhle folgt bei Lumbricus ein muskulöser Schlundkopf , der wahrscheinlich zum Saugen dient , auf diesen eine lange bis in das 13. Segment hineinreichende Speiseröhre mit einer dicken Lage von Drüsenzellen und mehreren anhängenden drüsigen Anschwellungen (Kalk- säckchen), dann ein Kropf, ein Muskelmagen und endlich der eigentliche Darm, der an seiner Piückenseite eine röhrenförmige Einstülpung, Typhlosolis (einer Spiralklappe vergleichbar) bildet. Bei den Limicolen verhält sich der Darm- canal einfacher, indem stets der Muskelmagen fehlt, indessen findet sich überall ein Schlundkopf und Oesophagus. Gehirn und Bauchmark entbehren des (sog. follikulären) Charakters der Hirudineen. Die Ganglienzellen des Gehirns sind dorsal wärts, die der Bauch- ganglien an der ventralen Seite angehäuft. Bei den Lumbriciden ist der Bauch- strang von einem doppelten Neurilemma mit zwischen liegender Muskelschicht umhüllt. Die äussere derselben ist Träger eines ventralen und seitlicher viel- fach verzweigter Blutgefässstämme , sowie von drei merkwürdigen grossen Röhrenfasern (Nervenfasern?), welche auch bei kleinen Oligochaeten wieder- kehren. Die Oligochaeten sind Zwitter , setzen ihre Eier einzeln oder in grösserer Zahl vereint in Kapseln ab, und entwickeln sich ohne Metamorphose. Hoden und Eierstöcke liegen paarig in bestimmten Leibessegmenten, meist dem vor- dem Körperende genähert und entleeren ihre Producte durch Bersten in die Leibeshöhle, aus welcher sie durch trichterförmig beginnende Ausführungs- gänge, entweder besonderen neben den Segmentalorganen bestehenden Apparate {Lumbriciden)^ oder durch die umgebildeten Segmentalorgane entleert werden. Bei Tahifex und Enchytraeus können die Ovarien in Eizellengruppen zer- fallen, welche in der Leibeshöhle flottiren. Als accessorische Geschlechts- apparate treten überall ein oder mehrere Paare von Samentaschen (receptacula seminis) auf, die übrigens auch auf unausgebildete Segmentalorgane zurückzu- führen sind. Dazu, kommen oft noch besondere Eiweissdrüsen , .sowie die Substanz der Goconschale absondernde Drüsen {Glandes capsulogenes) hinzu. Auch findet sich fast durchgreifend zur Brunstzeit der bereits erwähnte Gürtel vor, welcher durch das Auftreten einer mächtigen Drüsenschicht bedingt wird. Die Entwicklung der Embryonen bietet vielfache Beziehungen zu den Hirudineen. Nicht nur die inaequale Furchung, welche sehr ähnlich zum Ab- laufe kommt, sondern die gleiche Entstehungs weise des Mesoderms aus zwei grossen Zellen in der Nähe des Gastrulamundes am Hinterende weist auf die enge Zusammengehörigkeit beider Annelidengruppen hin. Wenige wie z. B. Chaetogaster leben parasitisch an Wasserthieren , die übrigen frei theils in der Erde , theils im süssen Wasser oder auch selbst im Meere. 1. Unterordnung. Oligochaetae terricolae. 475 1. Unterordnung *). Oligochaetae terricolae. Vonviegend Erdheivohnende Oligocliaeten mit hesondern Eileitern und Samenleitern neben den Scgmentalorgmien. Die Hypodermis enthält eine Menge von Drüsenzellen, deren Absonderungs- produkt desselben durch die Poren der Guticula nach aussen gelangt. In dem Gürtel folgt auf die ebenfalls Drüsen - haltige Hypodermis eine sog. Säulen- schicht mit feingranulirten schlauchförmigen Drüsenzellen, welche in ein binde- gewebiges gefässreiches Netzwerk eingebettet sind. Die Genitalöffnungen liegen innerhalb der Porenreihen der Segmentalorgane. Das Gefässsystem , aus- gezeichnet durch einen ausserordentlichen Reichthum von Gefässverzweigungen, enthält stets zwei Bauchgefässstämme, einen oberen am Darm und einen unteren an der Körperwandung. Der Darmcanal zeichnet sich durch seine complicirtere Gliederung und die drüsigen Anhänge des Schlundes aus, welche ein kalkhaltiges wahrscheinlich zugleich auf die Verdauung einwirkendes Sekret absondern. Bei Lumhricus liegen diese drüsigen Divertikel in der Gegend des zwölften und dreizehnten Segmentes, da wo die enge Speiseröhre in den Kropf einmündet, auf welche etwa im 16. Segment der muskulöse Kaumagen folgt. Der Dünndarm gewinnt dadurch an Complikation, dass sich seine Wandung in der dorsalen Medianlinie als rinnenförmige Falte, sog. Typhlosolis einschlägt, die sich übrigens bei ein- zelnen Gattungen wie Urochaeta, Perichaeta einfacher verhält und auch nur auf einen Theil des Dünndarms beschränkt. Das Gefässsystem, welches eine rothe, von Blutkörperchen freie Flüssigkeit birgt, bietet nach den Gattungen mehrfache Verschiedenheiten. Bei Lumhricus (neuerdings von Eisen in Lumhricus, Allolohophora, Allurus und Dendrohaena aufgelöst), findet sich ein Längsgefässstamm sowohl an der Dorsalseite wie Ventralseite des Darmes, ferner an der untern Seite der Bauchkette. Die beiden Darmgefässstämme sind in den meisten Segmenten durch paarige Querschlingen verbunden, welche zahlreiche Aeste an den Darm abgeben. Vom obern Darm- gefäss sowohl wie von dem Längsgefässstamm des Bauchmarks treten Quer- stämme in die Dissepimente und in die Muskulatur , wo sie unter einander ein System peripherischer Querschlingen bilden. Ferner geben das untere Darm- geläss sowie der Gefässstamm des Bauchmarks Zweige zu den Segmentalorganen ab. In den sieben vordem Segmenten lösen sich die Längsstämme in ein 1) Vergl. E. Hering, Zur Anatomie und Physiologie der Generationsorgane des Regenwurmes. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. VIII. 1856. Ray Lankester, On the Anatomy of Earthworm. Quaterl. Journal of Microsc. Science. 1856. Ed. Claparede, Histol. Untersuchungen über den Regenwurm. Zeitschr. für wiss. Zool. 1869. Leon Vaillant, Essai de Classification des annelides lombricines. Ann. sc. nat. 5. Ser. X. 1868. G. Eisen, Bidragtill Skandinaviens Oligochaet fauna. I. Terricolae. Öfvers af K. Vet. Acad. Forh. 1870. Derselbe, Om Skandinaviens Lumbricides. Ebendas. 1873. Edm. Perrier, Recherches pour servir a l'histoire des Lombriciens terrestres. Nouv. Arch. du museum d'hist. nat. Paris. 1872. Derselbe, Etüde sur un genre nouveau des Lombriciens. Arch. zool. exper. Tom. II. Paris. 1873. Derselbe, Etudes sur l'organisation des lombriciens terrestres. Ebend. Tom. III. 1874. 476 Segmentalorgane. Geschlechtsorgane. Anastomosennetz auf, während in den Genitalsegmenten fünf bis acht con- traktiler Querschlingen als »Herzen« an der Vorderfläche der Dissepimente verlauten. Die Oeffnungen der schleifenförmig gewundenen Segmentalorgane ^), welche nur in den vordem Segmenten fehlen, liegen nicht immer rechts und links vor den Bauchborsten, vielmehr in manchen Fällen (^^^t/ri/wö-, Monüigastcr) an den Rückenborsten, sodass man die Ansicht Ray Lankester's begreiflich findet, nach welcher ursprünglich zwei Paare von Segmentalorganen, ein dor- sales und ventrales Paar, in jedem Segmente vorhanden gewesen und nur in den Genitalsegmenten erhalten seien. Freilich ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Leitungswege der Geschlechtsdrüsen die Bedeutung von Segmental- organen besitzen. Hoden und Ovarien sind stets in demselben Individuum vereinigt, bieten aber nach Lage und Gestaltung in gleicher Weise wie die zu denselben gehörigen Leitungswege und Begattungsorgane mancherlei Modifikationen. Bei Lumhricus finden sich zwei (drei) Paare gelappter Hoden, in andern Gattungen {Plutellus, Titanus) können sich dieselben auf ein Paar reduciren. Ihre Samenleiter beginnen mit weitem Flimmertrichter, die gewöhnlich in der Umhüllungshaut des Hodens verborgen sind. Die paarigen Mündungen derselben liegen nicht immer wie bei Lumhricus weit vor dem Gürtel, sondern ebenso häufig auf oder hinter demselben. Im letzteren Falle steht das Ende des Samenleiters mit einer Prostata in Verbindung. Auch kann auf den Samenleiter ein nach aussen vorstreckbares Begattungsorgan folgen , sei es in Form einer muskulösen oder aus Borsten zusammengesetzten Anhangs. Die beiden Ovarien gehören meist einem spätem Segmente an und lassen ihre Eier jederseits in einen mit Flimmer- trichter beginnenden Eileiter eintreten, an welchem nur ausnahmsweise ein Paar Receptacula seminis direkt anliegen. Meist liegen die letztem als geson- derte Säckchen (bis zu vier Paaren) zu den Seiten der Hoden und münden durch einen kürzern oder längern Gang, zuweilen mit einer Drüse in Verbin- dung, nach aussen. In einigen Gattungen {Titanus, Rhinodnlus etc.) fehlen sie ganz. Die Begattung geschieht meist während des Nachts auf feuchtem Erd- boden, indessen auch, wie Perrier für L.foetidus beobachtet hat, im Innern von Misthaufen , in welchem der Wurm lebt. Beide Thiere liegen mit ihren Bauchseiten aneinander und durch dünne Ringe , den Absonderungsprodukten der beiden Gürtel vereint. Aus den männlichen Oeffnungen fliesst das Sperma in die Poren der Samentaschen des gegenüber liegenden Individuums. Nach beendeter Begattung streifen die Thiere die Gopulationsringe ab. Die Regenwürmer legen ihre Eier wie die Hirudineen in Gocons ab, welche innerhalb ihrer pergamentartigen Hülle eine Eiweissumhüllung mit mehr oder minder zahlreichen Eiern enthalten. Von diesen kommt jedoch fast immer nur eine beschränkte Zahl zur Entwicklung, sodass jedes Cocon nur wenige, seltener eine grössere Zahl von Embryonen zur Ausbildung bringt. 1) Vergl. C. Gegenbaur, Ueber die sog. Respirationsorgane des Regenwurms. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. IV. 1852, ferner E. Perrier 1. c. Embryonale Entwicklung. 477 Ueber die Vorgänge der Embryonalentwicklung haben namentlich Kowalevsky's Beobachtungen einigen Aufschluss gegeben, zu welchem ins- besondere die Untersuchungen von B. Hatschek erwünschte Ergänzung ge- bracht haben. Die sehr kleinen Dotter von Lumbricus theilen sich zuerst in zwei Hälften, nachher wird die Furchung unregelmässig, doch so, dass sich die Theilungen der grössern und kleinern Blastomeren in ganz bestimmter Ordnung vollziehn, und eine einschichtige Keimblase zu Stande kommt. Zwei grössere Zellen des symmetrisch angeordneten Blastomerencomplexes werden bald von der Oberfläche ausgeschlossen und liegen als Urblastomeren des Mesoderm's schon früher der Segmentationshöhle zugekehrt, bevor noch die Blastomeren des Entoderms eine innere Lage gewonnen haben (Hatschek). Nach Kowalevski flacht sich nunmehr der Keim ab und bildet gewissermassen ein oberes (Ecto- derm) und unteres (Entoderm) Blatt. Die untere helle Zellenlage krümmt sich nun unterhalb des obern körnchenhaltigen Hautblatts ein, so dass ein centraler Raum entsteht, dessen Oeffnung (Gastrulamund) zum Munde wird. Nach Kowalevsky rückt zuerst eine Zelle (jederseits der Mittellinie) des untern Blattes während dieses Processes der Einstülpung zwischen beide Blätter und liefert das Material für das mittlere vornehmlich die Muskulatur und Gefässe erzeugende Keimblatt {L. ruhellus). Frühzeitig treten aber noch drei grosse Zellen unter den ectodermalen Blastomeren hervor, welche den vordem Pol bezeichnen, während am hintern Ende des Embryos die beiden Urzellen des Mesoderms ihre Lage haben. Der Gastrulamund aber würde seine Lage ventralwärts von jenen drei grossen Zellen behalten und zum bleibenden Munde werden. Nach B. Hatschek sollen die drei grossen Zellen für die Eiweiss- schluckenden Oligochaeten und Hiriulineen charakteristisch sein und als con- traktile Gebilde eine Zeitlang die Zufuhr des Ei weisses besorgen. Späler nach Entstehung des durch Einstülpung vom Ectoderm aus gebildeten Schlundes rücken sie an die Wand des letztern und gehen allmählig zu Grunde. Während sich die Entodermzellen mehr und mehr blasenartig auf- treiben und durch die Eiweisstropfen ihres Inhalts charakterisiren , bewahren die beiden am Hinterende des Embryos gelegenen mesodermalen Urzellen, die inzwischen durch fortgesetzte Theilung rechts und links eine Längsreihe von Mesodermzellen (Mesodermstreifen) erzeugt haben, die ursprüngliche indifferente Beschaffenheit. Diese seitlich symmetrische Anlage des Mesoderms führt zur Entstehung des sog. Keimstreifens, an dessen Bildung sich zugleich die Ectoderm- verdickungen , aus welchen Gehirn und Bauchmark hervorgehn, betheiligen. Zuvor hat jedoch der verlängerte Embryo, der mittelst Cilien der Bauchhaut innerhalb der Dotterhaut rotirende Bewegungen ausführte, diese zerrissen und ist in der Eiweissmasse frei geworden , von der er so reichliche Mengen in die Darmhöhle aufnahm, dass sich sein Leib wie ein Dottersack mit aufliegenden Keimstreifen aufblähte. Die Gliederung des Keimstreifens in die Ursegmente erfolgt in der Richtung von vorn nach hinten und wird durch eine mächtige Wucherung der Mesodermstreifen eingeleitet, deren Zellenreihen sich verbreitern und mehrschichtig werden. Auch geht derselben eine Lagenveränderung beider Streifen voraus, indem dieselben aus den Seitentheilen mehr und mehr gegen die Bauchfläche rücken, während die terminalen Urzellen Aveiter von ein- 478 Ijumbricidae. ander entfernt bleiben, das in der Differenzirung am weitesten vorgeschrittene Vorderende aber bis zu den Seiten des Mundes reicht. Hier sondern sich zuerst von den Mesodermstreifen quere Abschnitte als die vordersten Ursegmente, hinter welchen mit dem weitern Wachsthum successive neue Segmente zur Ausbildung gelangen. Der vor dem ersten Ursegmente gelegene Kopf gewinnt am Scheitel eine ektodermale Verdickung, die Scheitelplatte, welche sich gegen den Mund herab in zwei Schenkel auszieht und die Anlage des Gehirns darstellt. Die beiden Schenkel umgreifen commissurenartig den Schlund und gehen unter- halb desselben in die von Ectodermverdickungen des Rumpfes gebildeten Seiten- stränge der Bauchganglienkette über. Zwischen den seitlichen Strängen ent- steht aber noch ein mittlerer Abschnitt der Bauchkette und zwar aus der Wandung einer medialen Ectodermrinne, in derem Grunde sich den Ursegmenten des Keimstreifens entsprechend eine kleine Erweiterung segmentweise wieder- holt '). Die vom Mesoderm gebildete Zellenmasse des Ursegments spaltet sich dann in ein oberes und ein tieferes Blatt; der Spaltraum zwischen beiden Blättern wird zur Anlage der Segmenthöhle, welche unter Verdünnung der Wand geräumiger wird. Die verwachsende hintere und vordere Wand benachbarter Hohlplatten wird zum Dissepiment, während sich aus den Zellen- anhäufungen des obern Blattes nicht nur die Hausmuskulatur, sondern auch die Segmentalorgane und Borstensäckchen des betreffenden Metameren bilden. Während der Streckung des Embryos wächst das mittlere Keimblatt allmählig auf der Rückenseite zusammen. Von ganz besonderm Interesse erscheint am Embryo von Criodrilus das Auftreten einer oralen Flimmerrinne, welche den Kopf nahe an seinem Hinterrande kreisförmig umzieht und rechts wie links zum Munde führt. Zweifelsohne handelt es sich um einen Ueberrest von dem oralen Wimperkranze der Loven'schen Wurmlarve. Aus der Lebensgeschichte der Erdwürmer ist die Thatsache ^) von Be- deutung, dass die grossen Formen Bohrgänge in der Erde anlegen und dieselben mit ihren Experimenten füllen. Indem diese Gänge von den Wurzeln der Pflanzen leicht durchwachsen werden, tragen sie wesentlich zur Urbarmachung und Fruchtbarkeit des Erdbodens bei. Nach Perrier werden die Erdwürraer mit Rücksicht auf die Lage der männlichen Geschlechtsöffnungen in vier Gruppen gebracht, die wir als ebenso viele Familien folgen lassen. 1. Farn. Lumbricidae. Grosse Erdwürmer mit derber Haut und rothem Blut, ohne Augen. Gefässbüschel umgeben die Segmentalorgane. Legen mehrere kleine Eier mit Eiweiss in ein gemeinsames Cocon ab, das ähnlich wie bei den Blutegeln vom Körper abgestreift wird. Lumbricus L., Regenwurm. Kopf läppen vom Mundsegment abgesetzt. Der Gürtel urafasst eine Reihe von Segmenten ungefähr am Ende des vordem Körperviertheiles tveit hinter den Genitalöffnungen. Borsten gestreckt hakenförmig. Beim Regenwurm, dessen Geschlechtsorgane zuerst genauer von E. Hering beschrieben worden sind. 1) B. Hatschek, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte und Moi-phologie der Anneliden. Wiener Sitzungsberichte. 1876. 2) V. Hensen, Die Thätigkeit des Regenwurms (Lumhrinus terrcstris) für die Fruchtbarkeit des Erdbodens. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXV. 1875. Eudrilidae. Acanthodrilidae. Perichaetidae. 479 besteht der weibliche Geschlechtsapparat aus zwei im 13. Segmente gelegenen Ovarien und zwei Eileitern, welche mit trompetenförmiger Oeffnung beginnen, mehrere Eier in einer kleinen Aussackung bergen und durch eine Mündung jederseits auf der Ventral- fläche des 14. Segmentes nach aussen führen. Ausserdem finden sich im 9. und 10. Segmente 2 Paare von birnförmigen Samentaschen, welche in ebensoviel Oeffnungen an der Grenze des 9. und 10. Segmentes sowie des 10. und 11. Segmentes münden und sich bei der Begattung mit Sperma füllen. An den männlichen Geschlechtsorganen unter- scheidet man 2 (3) Paare von Hoden, welche im 10. bis 14. Segmente liegen, 2 Samen- leiter, welche mit je 2 Samentrichtern beginnen und sich im 15. Segmente nach aussen öffnen. Die Begattung beruht auf einer Wechselkreuzung und geschieht in den Monaten Juni und Juli über der Erde zur Nachtzeit. Die Würmer legen sich mit ihren Bauch- flächen aneinander und zwar in entgegengesetzter Richtung so ausgestreckt, dass die Oeffnungen der Samentaschen des einen Wurmes dem Gürtel des andern gegenüber- stehen. Während der Begattung fliesst Spenna aus den Oeffnungen der Samenleiter aus, fliesst in einer Längsrinne bis zum Gürtel und von da in die Samentasche des andern Wurmes ein. Aehnlich wie bei den Hirudineen legen die Regenwürmer Eikapseln ab, in welche mehrere kleine Eier nebst Samen aus den Samentaschen entleert werden; indessen kommt in der Regel nur ein Embryo oder nur wenige Embryonen zur Ent- wicklung, da die meisten Dotter unbefruchtet bleiben. Der sich entwickelnde Embryo nimmt mit seinem grossen bewimperten Mund nicht nur die gemeinsame Eiweissmasse, sondern alle übrigen zerfallenden Eidotter in sich auf. L. agricola Hoft'm. = terrestris Lin. Eine der grössten Arten, auch in Nord- Amerika. L. rubelliis Eis. L. riparius Hoft'm. , communis Hoffm. L. foetidus Sav. u. z. a. A. L. americanus E. Perr. Crio- clrilus Hoffm. Kopflappen mit dem Mundsegment verschmolzen. Gürtel fehlt. Cr. lacuiim Hoffm. Helodrilus Hoffm. Bei einigen Gattungen finden sich zahlreiche Borsten auf der Mittellinie des Rückens, z. B. Hypogaeon Sav. Gürtel mit kleinen Borsten besetzt. H. hirtum Sav. Hierher gehört vielleicht auch Pontoscolex Schm. 2. Eam. Eudrilidae {L. intraclitelUennes). Die männlichen Geschlechtsöffnungen liegen innerhalb des Gürtels. Meist amerikanische Formen. Eudrilus E. Perr. Die Oeffnungen der Segmentalorgane liegen meist vor den obem Borstenpaaren. Ein männlicher Copulationsapparat in Form eines contraktilen Penis vorhanden. Männliche Geschlechtsöffnungen an der hintern Partie des Gürtels. Nur zwei weibliche Genitalöffnungen für Oviducte und Begattungstaschen. Eudrilus E. Perr. Bei Rhinodrilus E. Perr. ist der Kopf läppen in einen langen Tentakel ausgezogen, bei Anteus E. Perr. fehlen Begattungsorgane, und erscheint der Gürtel vorn wenig distinkt. Bei Titanus E. Perr. liegen die Oeffnungen der Segmentalorgane vor den untern Borsten. Geogenia Kinb. Urochaeta E. Perr. 3. Fam. Acanthodrilidae {L. postditelliennes). Die männlichen Geschlechtsöffnungen liegen hinter dem Gürtel. Borsten vierzeilig vertheilt. Acanthodrilus E. Perr. Mit vier männlichen Geschlechtsöffnungen, jede mit einem halbretraktilen Begattungsorgan. A. obtusus E. Perr., Neucaledonien. A. veriicillatus E. Perr., Madagascar. Bei Digaster E. Perr. sind nur 2 männliche Geschlechtsöftnungen vorhanden, und die beiden weiblichen liegen am Vorderrand des Gürtels. D. lumhri- coides E. Perr., Neuholland. Hier schliesst sich Pontodrilus E. Perr. an mit freilich 8 Reihen kurzer Borsten. P. littoralis Gr., Strandbewohner. 4. Fam. Perichaetidae {L. postditelliennes). Die männlichen Geschlechtsöffnungen liegen hinter dem Gürtel, aber sehr zahlreiche Borsten sind kreisförmig über die Segmente vertheilt. Pericliaeta Schm. Kopflappen sehr wenig vom Mundsegment abgeschnürt. P. affinis E. Perr. , Cochinchina und Philippinen. Bei Perionyx E. Perr. ist der Kopf- lappen scharf abgesetzt. Sehr eigenthümlich verhält sich die Gattung Plutellus E. Perr. (vielleicht = Hypogeon Knib.), auf die wohl eine besondere Familie gegründet werden könnte. Bei 480 2. Unterordnung. Oligochaetae limicolae. derselben stehen die Borsten in acht Reihen, und die über die ganze Körperlänge ver- breiteten Segmentalorgane münden wenigstens hinter dem Gürtel abwechselnd bald am Rücken, bald am Bauch. P. heteroporus E. Perr. , Pensylvanien. 5. Fam. Moniligastridae {L. aclitelUennes), gürtellose Erdwürmer. Moniligaster E. Perr. M. Deshayesi E. Perr., Ceylon. 2. Unterordnung. Oligochaetae limicolae '). Vonviegend Wasser bewohnende Oligochaeten , ohne Segmetitalorgane in den Genitalsegmenten, in welchen die {ivahr scheinlich aus Segmentalorganen hervorgegangenen) Samenleiter und Ovidukte liegen. Die als Harnorgane fungirenden Segmentalorgane beginnen bei den grössern Formen meistens im 7. Segmente, sind auch gewöhnlich im 8, vor- handen, überspringen dann aber die Genitalsegmente, um sich in den nach- folgenden hintern Segmenten regelmässig zu wiederholen. Bei den kleinern Limicolen, den Naideen, deren Körper aus einer relativ geringeren Zahl von Segmenten gebildet wird , liegen die Geschlechtsorgane schon im 5. und 6. (Nais), beziehungsweise im 2. und 3. Segmente (Chaetofjaster), bei den grössern Tubificiden und LumhricuUden kommen meist die Segmente 9 bis 12 als die der Genitalorgane in Betracht, indessen können Ovarien wie Hoden auch in viel spätere Segmente rücken {Rhynchelmis). Der Gürtel, wenn vorhanden, umschliesst das Segment der männlichen Genitalporen. Das Bauchgefäss ist meist einfach. Niemals umschlingen besondere Gefässnetze die Segmentalorgane. Während man bisher ziemlich allgemein annahm, dass entsprechend der Williams -Gl aparede 'sehen Zurückführung der Oviducte und Samenleiter bei den Polychaeten die Leitungswege der Geschlechtsorgane auch bei den Limicolen und Oligochaeten modificirte Segmentalorgane seien , soll nach Vejdovsky's neueren Untersuchungen weder für Samenleiter noch Samen- taschen diese Beziehung erwiesen sein. Dagegen betrachtet dieser Autor die Speicheldrüsen als durch Verwachsung von Segmentalorgawen entstanden. Neben der geschlechtlichen Zeugung ist bei den Naideen eine ungeschlecht- liche Fortpflanzung durch Knospung in der Längsachse verbreitet, über welche schon O. Fr. Müller im vorigen Jahrhundert Beobachtungen angestellt hat. Auf diesem Wege entstehen oft zahlreiche in gesetzmässiger Weise folgende Sprösslinge, welche ihren Zusammenhang mit dem Mutterthiere längere Zeit in Kettenform bewahren. Auch besteht ein gewisser Wechsel zwischen gemmi- parer und geschlechtlicher Fortpflanzung, indem jene im Frühjahr und Sommer 1) Ausser den Schriften von D'Udekem und Claparede vergl. Buchholz {Encliytraeus). Königsb. phys. oekon. Schriften. Königsberg. 1862. Ratzel, Zur Anatomie von Enchytraeus vermicularis. Zeitschrift für wiss. Zool. Tom. XVIII. 1868. Derselbe» Beitrüge zur anatom. und syst. Kenntniss der Oligochaeten. Ebendas. Fr. Vejdovsky, Uebcr Psammoryctes (Tubifex umbellifer E. R. Lank.) und ihm verwandte Gattungen. Derselbe, Anatomische Studien über Rhynchelmis Limosella Hoffm. Derselbe, üeber Phreatothrix , eine neue Gattung der Limicolen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXVII. 1876. Derselbe, Beiträge zur vergleichenden Moi-phologie der Anneliden. 1. Mono- graphie der Enchytraeiden. Prag. 1879. G. Eisen, On the Anatomy of Ocnerodrilus. Upsala. 1878. Geschlechtsorgane. Knospiing. Entwicklung. 481 die Neubildung von Individuen unterhält, während die Bildung und Reife der Geschlechtsorgane erst später im Herbst eintritt. Die Geschlechtsorgane entstehen bei Ühaetogasier in dem grossen auf den Kopf folgenden Mittelsegmente ^) , von welchem sich nach Neubildung eines Dissepimentes ein zweites hinteres Segment abhebt. Im Hauptsegment liegen die beiden birnförmigen Hoden, sowie die trichterförmigen Enden der Samenleiter, welche im neugebildelen Segmente vor den Genitalborsten mittelst kurzen Ductus ejaculatorius ausmünden. Die Eier gehen einzeln aus Zellenhaufen hervor, Avelche ebenfalls dem neugebildeten Segmente angehören und zwar an einem Zellen- lager entstehen, welches die Muskelscheide des Bauchstrangs umkleidet. Oviducte sammt Samentaschen fehlen, wahrscheinlich dienen zwei nur zeit- weilig auftretende Oeffnungen zum Eierablegen. Den ganzen Hinterkörper des Thieres bilden nur zwei bis drei Segmente, welche den Enddarm enthalten. Der Vorgang der Knospung wird nach Tauber sowohl bei Chaetoyaster als Nuis dadurch eingeleitet, dass sich an der Vorderfläche des hintern Disse- pimentes, also vor dem Aftersegment, die Zellen der Leibeshöhle in grosser Menge anhäufen und ein Bildungslager darstellen, welches sich von vorn nach hinten in Ringe gliedert. Zu denselben gesellt sich aber noch eine ähn- liche Neubildung an der hintern Fläche des vorausgehenden Dissepimentes hinzu, welches den Kopf nebst Genitalseginente liefert. Somit entsteht der Sprössling aus zwei ursprünglich getrennten allmählig zusammenwachsenden Hälften auf Kosten des betreffenden Segmentes des Mutterthieres. Da wo es sich nur um Verlängerung des Mutterthieres, um Bildung neuer Segmente handelt, beschränkt sich der Vorgang der Neubildung auf das Zellenmaterial vor dem Dissepiment des Aftersegmentes. Die Reihenfolge der Sprösslinge in den Ketten von Chaetogaster und Nais {Slylaria) weicht insofern ab, als bei letzterer Gattung anstatt der Zahlenreihe 1, 5, 3, 7, 2, 6, 4, 8 von ühaetogasier die Zahlen 1, 7, 5, 3, 2, 8, G, 4 die Grössenverhältnisse der Individuen bezeichnen. In beiden Fällen erlangen jedoch nur die Individuen 1 und i2 die Geschlechtsreife. Bezüglich der embryonalen Entwicklung liegen genauere Angaben Kowa- levsky's ühev Euaxes und Tuhifex vor. Die sehr grossen (l|"')Eier des erstem, die zu 15—20 in einer Kapsel zugleich mit eiweisshaltiger Flüssigkeit abgesetzt werden, zerfallen in 2 ungleich grosse Furchungskugeln und erfahren eine sehr ungleichmässige Furchung. Es sondern sich 3 Gruppen von Zellen, sehr helle mit durchsichtigem Protoplasma, welche das obere oder Hautblatt bilden, eine zweite mittlere Reihe von grössern mit Dottorbläschen erfüllti^n Zellen des mittlem Blattes und eine der ersten gegenüber liegende Gruppe von sehr grossen fast ausschliesslich aus Dotterbläschen zusanunengesetzten Zellen, welche das Darmdrüsenblatt oder besser den Darmdrüsenkern liefern. Die aus den zwei obern Blättern gebildete Scheibe dehnt sich an Umfang mehr aus, die Zellen des Hautblatts beginnen zwei grosse hintere Zellen zu überwachsen, 1) Tauber, Om naidernes bygning og kjionstbrhold jagttagelser og bemärkninger Naturh. Tidskrift. Tom. III. 1873. Derselbe, Undersögelser over Naidens kjiönlöse formering. Ebendas. 1874. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 31 482 Phreoryctidae. Tubificidae. deren Brut sich nunmehr den Zellen des mittlem Blatts zugesellt. Man hätte erwarten sollen , dass die beiden grossen Zellen , die doch den Urzellcn des Mesoderms bei Lumbricus homolog sein dürften, ausschliesslich das mittlere Keimblatt , d. h. die beiden Mesodermstreifen erzeugen. Das Mesoderm soll dann nach Kowalevsky eine mediane Spaltung erfahren, so dass zwei unterhalb des oberen Blattes wallartig geschlossene Zellstränge entstehen, deren Hinterende durch die beiden grossen Zellen bezeichnet wird. Der somit auch hier vornehmlich aus dem mittlem Keimblatt gebildete Keimstreifen wächst dann nach der andern Seite des Darmdrüsenkernes , auf welche bald das Vorderende zu liegen kommt. An diesem beginnen die beiden Hälften des Keimstreifens zur Anlage des Kopfes zusammen zu rücken, während die Zellen des Hautblatts den Darmdrüsenkern vollkommen überwachsen. Durch Ein- stülpung des Hautblatts am Vorderende in die Spalte zwischen den beiden Hälften des Keimstreifens entsteht Mundöffnung und Munddarm. Das obere Blatt gewinnt ferner an der Bauchseite eine bedeutende Verdickung und bildet in der Mittellinie eine tiefe mit Cilien bekleidete Furche , das mittlere zerfällt bereits am vordem und mittlem Abschnitt in die Ursegmente, d. h. in Zellen- tafeln , die dann durch Spaltung die Segmenträume entstehen lassen und in eine obere (Hautmuskelplatte) und untere Platte (Darmfaserplatte) zerfallen, während die vordem und hintern Theile der Wand die Dissepimente erzeugen. Der Embryo wächst nunmehr bedeutend in die Länge, paarige Verdickungen des obern Blattes an der Bauchseite des Keimstreifens liefern die Anlagen des Nervensystems, aus den Zellengruppen des Mittelblatts entstehen wie bei Lumbricus die Segmentalorgane und die Blutgefösse, im Darmdrüsenkern tritt durch Verbrauch der centralen Zellen eine Höhlung auf, nur die peripherische Schicht der Zellen wird zum Darmepitel. 1. Faul. Phreoryctidae '). Lange fadenförmige Würmer mit dicker Haut und je zwei Reihen von schwach gebogenen Hakenborsten. In der Regel stehen diese einzeln, selten zu je zwei, dann erscheint die zweite meist kleinere als Eeserveborste. Die Gefässschlingen gehen vom Bauchgefäse aus und sind nicht contractu. Die Geschlechts- organe sind leider noch nicht ausreichend bekannt, doch scheinen besondere Ausführungs- gänge neben den Segmentalorganen zu fehlen. Fhreoryctes Hoffm. Mit drei Paar Samentaschen im 6., 7. und 8. Ring, mehreren Hodenpaaren im 9. bis 11. Ring. Ph. Menlieanus Hoffm. Findet sich in tiefen Brunnen und Quellen und scheint sich von Pflanzenwurzeln zu nähren. 2. Fara. Tubificidae. Wasserbewohner mit 4 Reihen einfacher oder getheilter Hakenborsten, zu denen häufig noch Haarborsten kommen. Ausser dem Rückengefäss sind pulsirende Gefässschlingen vorhanden. Die Receptacula im 9., 10. oder 11. Segment. Leben in Schlammröhren am Boden der Gefasse, das hintere Ende empor gestreckt. 1. Subf. Tubificinae. Ein oder zwei erweiterte Gefässschlingen im 7. bis 9. Segment sind contractu, zu denselben kommen noch drei nicht erweiterte in der Umgebung der Geschlechtsorgane hinzu. Blut roth. Der Samenleiter an seiner untern Seite mit einer Kittdrüse versehn, mündet am 11. Segment. Die verhältnissmässig grossen Eier werden ohne Eiweiss in Cocons abgesetzt. Tuhifex Lam. {Saenuris Hoflfm.). Die Borsten beider Reihen gabiig getheilt, haken- förmig, zugleich mit haarförmigen Borsten in der obern Reihe. Blut roth. Receptacula 1) F. Leydig, Ueber den Phreoryctes Menkeanus. Achiv für mikrosk. Anat. Tom. L 1865. Lumbriculinae. 483 seminis im 9. oder 10, Penispaar am 10. oder 11. Segment. 2 Hoden, der erste im 9. (8.), der zweite im 11. (10.) Segment. Samenleiter einfach, in den Oviduct eingefügt, an seiner untern erweiterten Partie (Atrium) eine Samenblase (zur Erzeugung des Kittes der Spei-matophore) eingepfropft. T. rivulorum Lam. Herz im 7., Receptacula im 9. Segment. T. Bonneti Clap. [Saenuris variegata Hotfm.). Herz im 8., Receptacula im 10. Segment, beide Süsswasserbewohner. Ebenso T. coccineus Vejd., Böhmen. T. lineatus 0. Fr. Müll., lebt im Meere, ebenso T. papillosus Clap., St. Vaast. Psammoryctes Vejd. Mit zweierlei Formen von Gabelborsten, auch mit kammförmigen Borsten, zwischen denen Haarborsten zerstreut sind. Die Kittdrüse an einer drüsigen Blase (Yesicula seminalis) eingepropft, welche durch einen dickwandigen Ausführungsgang zum kurzen chitinösen Begattungäorgan führt. Spermatophore mit Rüsselfortsatz. Ps. umbellifer Kessl. , Russ- land , Böhmen. Limnodriliis Clap. Unterscheidet sich von Tubifex durch die Abwesenheit von Haarborsten in der obern Borstenreihe. Herz im 8. Segment. Der erste Hoden liegt im 9., der zweite mit den Ovarien im 11. Segmente, an dem auch die Samenleiter münden (Der Hoden kann sich aber bis in's 1.^. Segment erstrecken). Gürtel schwach, am 11 . Segment. L. Hoffme.isteri Clap. L. V Udekemianus Clap. L. Claparedianus Ratzel. Clitellio Sav. Jederseits mit zwei Reihen von Hakenborsten. Gürtel vom 10. bis 12. Segment. Keine Samenblase dem Samenleiter eingepfropft. Receptacula seminis öffnen sich am 10;, die Samenleiter am 11. Segment. Cl. ater Clap., St. Vaast. Gl. (Peloryctes) arenarius 0. Fr. Müll., Nördliche Meei'e. P. itiquilinus Sang., in Mylitus schmarotzend. 2. Subf. Lumbriculinae. Sämmtliche Gefässschlingen sind contractu. Der ßauch- stamm pulsirt nicht. Je zwei Doppelreihen von einfachen, gegabelten oder unvollkommen getheilten Ha,kenboi"sten. Zwei Paare von Samenleitern im 10. und 11. Segment. Ein besonderer Oviduct nicht immer nachgewiesen. Mehrere Eier werden in einem Cocon abgesetzt. LumbriculuH Gr. Jedes Segment mit einer contractilen Gefä^ssschlinge und schlauch- förmigen, ebenfalls contractilen Anhängen des Rückengefässes. Die Receptacula seminis öffnen sich am 9., die Oviducte am 12. Segment. Kein Gefä.ssnetz der Haut. L. varie- gaius 0. Fr. Müll., Süsswasserbewohner von 3 — 4 Centim. Länge, rothem braungefleckten Körper. L. limosus Leidy. Stylodrilus Clap. Unterscheidet sich von Lumbriculus diu-ch den Mangel der con- tractilen Gefässanhänge und durch den Besitz von zwei nicht contractilen Penisfäden. St. Heringianus Clap. Trichodrilus Clap. Mit 2 Paar Receptacula seminis im 11. und 12. Segment. Vier Paar Hoden im 10. bis 13. Segment. Die Samenleiter münden am 10. Segment. Die Ovarien liegen im 11. Segment. Jedes Segment besitzt eine gi-össere Zahl contractiler Gefässschlingen. TV. Allobrogum Clap. Phreatothrix Vejd. Mit nur 1 Paar Samen- taschen im 11. Segment. Die ausstülpbaren Penes münden am 10. Segment. Zwei Paar Hoden vom 6. bis 15. Segment. Die Mündungen der beiden Eileiter liegen am 13. Segment. P/i. Pragensis Vejd., lebt in tiefen Brunnen. Ehynchelmis Hoffm. {Euaxes Gr.). Mit einem Paar Samentaschen im 8. Segment, 4 drüsigen Samenleitern, die sich zu 2 im 10. Segment ausmündenden Atrien vereinigen. Penis fehlt. Zwei zwischen dem 11. und 12. Segment ausmündende Oviducte, eine mitten im 9. Segment sich öfi'nende Eiweissdrüse. Die Hoden erstrecken sich vom 13. bis 50. (54.) Segmente. Die beiden Ovarien liegen im 51. (55.) Segmente. Bh. Limo- sella Hoffm., rosenrother Wurm mit langem Rüssel, von 10 — 12 Ctm. Körperlänge. Ocnerodrilus Eis. Samenleiter ohne Prostatadrüsen, ihre Oeffnungen fallen mit denen der Receptacula am 16. Segmente zusammen. Hoden im 8. und 10. Segment. Dorsaler Gefässstamm 3armig, centraler nicht gabiig getheilt — im Gegensatz zu allen Gattungen. 0. occidentalis Eis., Californien. 31* 484 Enchytraeidae. Naideae. 3. Fani. Enchytraeidae '). Kleine madenförmige Oligochaeten ohne contractile Gefässschlingen mit 4 Reihen von zahlreichen (je 2 bis 10) kurzen, häufig an der Spitze gebogenen Borsten. Die Segnientalorgane des 3. bis 6. Segmentes sollen meist zu Speichel- drüsen verwachsen. Hoden im 10. und 11. Segmente, Ovarien am Dissepimente zwischen dem 11. und 12. Segment. Die Receptacula seminis münden zwischen dem 4. und 5. Segmente aus, die Genitalporen liegen am 12. Segment, beziehungsweise (Samenleiter) zwischen dem 12. und 13. Segmente. Die grossen Eier werden einzeln in Cocons ab- gesetzt. Sie leben vornehmlich in der Erde, in morschem Holz und in sumpfigem Wasser. Enchytraeus Henle. Blut farblos. In der Dorsallinie der Segmente je 1 Porus. Borsten gerade, selten schwach gebogen. An Stelle der Segmentalorgane im o. bis G. Segment Speicheldrüsen. E. vermicularis 0. Fr. Müll. E. albidus Henle, zwischen faulenden Blättern, E. galba Hotfm. E. appendiculatus Buchh. Pachydrüus Clap. Blut roth. Die dorsale Porenreihe fehlt. Borsten stark haken- förmig gebogen. Segmentalorgane in allen Segmenten, vom dritten angefangen. Hoden gestilt. Das untere Ende der Samenleiter scheint als Begattungsorgan zu dienen. P. Krohnii Clap., in der Sohle zu Kreuznach. P. verrucosus Clap., Schottland. P. Fagen- stecheri Ratz., unter der morschen Rinde von Wasserpflanzen. Anachaeta Vejd. Borsten durch grosse in den Leibesraum hineinragende Drüsen- zellen vertreten. Blut farblos. Rückenporen fehlen. Segmentalorgane im 3. bis 5. Segmente zu Speicheldrüsen umgebildet. A. Eisenii Vejd. 4. Fam. Naideae -). Kleine Limicolen mit zarter dünner Haut und hellem fast farblosen Blut, mit oft weit rüsselartig verlängertem und mit dem Mundsegment ver- schmolzenem Stirnlappen. Meist nur das Rückengefäss contractu. Zwei oder vier Reihen von Hakenborsten, zu denen noch Haarborsten kommen können. Die grossen Eier werden einzeln in Kapseln abgelegt. Pflanzen sich viel häufiger gemmipar als geschlechtlich fort. Nais 0. Fr. Müll. {Stylaria Lam.). Borsten in zwei Reihen jederseits, die der obern haarförmig, die der untern hakenförmig. Die Receptacula seminis liegen im 5. (das Kopfsegment mit hinzugezählt), die Genitalporen am 6. Segmente. Samenleiter einfach. Keine contractilen Gefässschlingen. N. (Stylaria) proboscidea 0. Fr. Müll. N. parasita Schm., beide mit fadenförmigen Stirnlappen. N. elinguis, barbata, serpentina, liltornlis 0. Fr. Müll. u. a. A. Dero Oken. Mit fingerförmigen als Kiemen fungirenden Schwanzanhängen , ohne Augen. D. (Proto) digitata 0. Fr. Müll. Aelosoma Ehrl)g. ^) Borsten zweizeilig, obere und untere haarfein, pfriemenförmig. Mund von dem breiten an der untern Seite bewimperten Kopf läppen überragt. A. quaternarium Ehrbg., mit weinrothen Fetttropfen in der Hypodermis, im Schlamm an Steinen. Ae. decorum Ehrbg. Ae. Ehrenbcrgii Oerst., beträchtlich gi'össer. Chaetogaster v. Baer. Rückenborsten fehlen. Längs der Bauchseiten Gruppen von je 6 und mehr langen Hakenborsten. Mund nahe am Vorderende des Kopfsegmentos, von kleinem Stirnlappen überragt. Receptacula seminis im 2., männliche Genitalporen nebst Gürtel im 3. Segmente gelegen. Samenleiter einfach. Pflanzt sich vornehmlich gemmipar durch Individuenketten von 4, 8 bis 16 Individuen fort. Jedes dieser Indi- viduen hat vier und so lange der Kopf fehlt, drei Segmente. Ch. diaphanus Gruith. r= Ch. vermicularis 0. Fr. Müll. Bei Ch. limnaei soll das Geschlechtsthier mindestens IC Segmente, sowie neben der männlichen Geschlechtsöffnung eine besondere Gruppe von Genitalborsten besitzen (Ray Lankester). 1) Ausser Henle, D'üdekem vergL Buchholz 1. c. Fr. Vejdovsky, Mono- graphie der Enchytraeiden 1. c. 1879. 2) E. Perrier, histoire nat. du Dero obtusa. Archiv, zool. exper. Tom. I. 1872. E. R. Ray Lankester, The sexual form of Chaetogaster Limnaei. Quat. Journ. of microsc. Sc. vol. IV. 1869; ferner Tauber und C. Semper 1. c. 3) Fr. Leydig, Ueber die Anneliden gattung Aeolosoma. Müller's Archiv. 1865. 2. Ordnung. Polychaetae. 485 Hierher möchte auch der noch nicht geschlechtsreif beobachtete Ctenodrilus par- dalis Clap. von St. Vaast zu ziehen sein. Borsten karamförmig, einzeilig. Eine Wimper- grube jederseits am Kopflappen. Dieser und das erste Segment an der Bauchseite bewimpert. S.Ordnung. Polychaetae^), P*olychaeteii. Marine Gliederivürmer mit sahireichen in lussstummeln eingelagerten Borsten, meist mit gesondertem Kopf, Fühlern, Cirren und Kiemen. Sind vorwiegend getrennt geschlechtlich und entwicJceln sich mittelst Metamorphose. Die Polychaeten umfassen fast durchweg marine Würmer mit freier zu- weilen beschränkter Ortsbewegung. Die schärfere Sonderung des aus Stirnlappen und Mundsegment (bei den Amphinomiden noch aus mehreren nachfolgenden Segmenten) zusammengesetzten Kopfes, die Ausstattung desselben mit Sinnes- organen, das Auftreten von Fühlern, Fülilercirren und Kiemen, sowie die Ein- lagerung der Borsten in ansehnliche , oft Cirren tragende Fusshöcker weisen auf die höhere Lebensstufe der marinen Borstenwürmer hin, wenn sich auch die innere Organisation keineswegs höher und complicirter als die der Oligo- chaeten gestaltet. Zudem können alle jene Merkmale mehr und mehr zurück- treten und so vollständig verschwinden, dass es schwer wird, eine scharfe Grenze zwischen Oligochaeten und Polychaeten festzustellen, hi der That wurden die Capitelliden bis in die jüngste Zeit theilweise zu den Suidcen ge- stellt und als getrennt geschlechtliche Oligochaeten betrachtet. Ausser der Bildung der Geschlechtsorgane stimmen aber diese kleinen Oligochaeten-ähn- lichen Meeresbewohner auch in der Entwicklungsweise so sehr mit den Poly- 1) Ausser den altern Werken von Redi, Pallas, Renier, Linne, 0. Fr. Müller, Fabricius, Montagu etc. vergl. Audouin et Milne Edwards, Classification des annelides et description des Celles qui habitent les cotes de la France. Annales des scienc. nat. Tom. XXVII — XXX. 1832—1883. Delle Chiaje, Memoria sulla storia et notomia degli animali. Napoli. 1825. Derselbe, Descrizioni e notomia degU animali senza vertebre della Sicilia citeriori. Napoli. 1841. Rathke, De Bopyro et Nereide, commentationes anatomico-physiologicae duae. Rigae et Doi-pati. 1837. Derselbe, Beiträge zur Fauna Norwegens. Nova acta. 1843. Loven, lakttagelse öfser metamorfos hos en Annelid. Kon. Vet. Akad. Handlgr. Stockholm. 1840. Oersted, Annulatorum Danicorum Conspectus. 1843. Auszug in Isis. 1844. Derselbe, Grönlands Annulata dorsi-branchiata. K. Danske Selsk. naturv. Afh. 1843. Sars, Zur Entwicklungsgeschichte der Anneliden. Archiv für Naturg. 1847. Derselbe, Fauna littoralis Norvegiae. I. und II. Theil. 1846 und 1856. E. Grube, Die Familien der Anneliden. Archiv für Naturg. 1850. Max Müller, Observationes anato- micae de vermibus quibusdam maritimis. 1852. W. Kefer stein, Untersuchungen über niedere Seethiere. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XII. 1862. Johnston, Caüilogue of the british non parasitical worms. London. 1865. Quatrefages, Histoire naturelle des Anneies. Tom. I und II. 1865. E. Grube, Mittheilungen über St. Vaast la Hougue und seine Meeres-, besonders seine Annelidenfauna. Schriften der Schlesischen Gesellschaft. 1869. Derselbe, Bemerkungen über Anneliden des Pariser Museums. Archiv für Naturg. 1870. E. Claparede, Annelides che'topodes du Golf de Naples. Geneve. 1868. Supplement. 1871. E. Grube, Beiträge zur Kenntniss der Anneliden fauna der Philippinen. Memoires de l'acad. imper. des sciences. St. Petersbourg. 1878. 486 Allgemeiner Körperbau. Saccocirrus. Polygordius. chaeten, insbesondere den Ärenicoliden überein, dass eine Vereinigung mit den Polychaeten unabweisbar erscheint. Ebenso wie die Fussstummel können auch selbst die Borsten vollständig wegfallen wie in der durch den Besitz zweilappiger Ruderplatten ausgezeichneten Familie der Tomopteriden. In seltenen Fällen sind zwar Borstenbündel in allen auf den Kopf folgenden Segmenten vorhanden, jedoch einzeilig geordnet und an jedem Segmente einem seitlich ventralen retrac- tilen Parapodienpaar eingelagert. Möglicherweise repräsentirt dieses Verhalten bei Saccocirrus und Verwandten den primitivem Zustand, zumal hier gleich- zeitig in der Gestaltung des ausserhalb des Hautmuskelschlauches dem Ecto- derm anliegenden Nervensystems und der auf zwei einfache Tentakeln des Kopflappens und auf Flimmergruben reducirten Sinnesorgane niedern und ur- sprünglichem Verhältnissen entspricht. Bei einer andern höchst merkwürdigen Wurmform, bei dem von Schneider entdeckten Folygordius, fehlen nicht nur Fussstummel und Borsten, sondern auch die äussere Leibesgliederung. Die Metamerenbildung des äusserlich einfachen ungegliederten und borstenlosen Wurmes ist durchaus auf die innere Organisation beschränkt und insofern allen andern Anneliden gegenüber eine vollkommen homonotne, als sich der Oeso- phagus auf den Kopfabschnitt beschränkt und noch nicht in die vordem Rumpf- segmente hineingerückt erscheint. Da ferner auch das Nervencentrum in seiner ganzen Ausdehnung dem Ectoderm anliegt, das Gehirn seine ursprüngliche der Scheitelplatte entsprechende Lage am Vorderende bewahrt, und der Bauchstrang noch keine Ganglienkette darstellt, so erscheinen in Polygordius ursprüngliche und embryonale Gestaltungen bleibend erhalten. Auch die Muskulatur, der mittelst dorsalen und ventralen Mesenteriums suspendirte Darm, sowie das Blutgefässsystem zeigen den einfachsten embryonalen Zuständen am nächsten stehende Verhältnisse, sodass man mit Recht die Polygordiiden als die niedersten, von der Stammform der Anneliden am wenigsten entfernte Gliederwürmer betrachten kann (B. Hatschek), von welchen auch ein Ver- gleich mit den Gephyreen , Nemertinen, Nematoden etc. seinen Ausgang zu nehmen hat. Die Haut besitzt ausser Porencanälchen der Guticula Oeffnungen von Hautdrüsen , die namentlich bei den Lycoriden mächtig entwickelt sind und ein schleimiges Product secerniren. Bei den sedentären Polychaeten ist die Guticula sehr zart und entbehrt der Poren, kann jedoch in grosser Ausdehnung Flimmerhärchen tragen {Chaetopteriis). Häufig haben die in der Hypodermis eingelagerten Drüsen die Form der Becherzellen. Auch Sinnesorgane treten an manchen Stellen der Haut auf. Abgesehen von den durch starre Borsten oder Papillen bezeichneten Tastgebilden (Fühler, Girren und Elytren) sind eigenthümliche an die Geschmacksknospen erinnernde becherförmige Organe bekannt geworden {Capitellu). Dieselben liegen bei den Capitelliden am Kopt- lappen, Thorax und Rüssel unregelmässig zerstreut und tragen kurze Sinnes- härchen. Weit umfangreicher ist eine zweite Form von Sinneshügeln, welche an den Segmenten von Gapitella zwischen Rücken und Bauchborsten sich er- heben und viel höhere Sinneshaare tragen. Eisig glaubt dieselben mit den Seitenorganen der Fische zusammenstellen zu können. Hautmuskiilatur. Leibesliöhle. Blutgefäss- u. Nervensystem. Geschlechtsorgane. 487 Die Hautmuskulatur besteht allgemein aus einer äussern Ringmuskelschieht und aus einer Innern aus langen Faserbändern gebildeten Längsmuskellage. Die Bindesubstanz, welche sich zwischen die muskulösen Elemente drängt, ent- hält rundliche oder sternförmige Bindegewebszellen in einer structurlosen Grundsubstanz. Die Leibeshöhle mit ihrer Endothelauskleidung wird von einer medianen Längsscheidewand, welche sich an Rückengefäss und Darmcanal anheftet, in einen rechten und linken Raum gesondert, bei den Sahellen reduciii sich die- selbe jedoch in den vordem Rumpfsegmenten auf zwei enge Seitenkanäle, in denen die Kiemengefässe verlaufen. Von dem Blutgefässsystem ist hervorzuheben , dass dasselbe in einzelnen Familien {Capitelliden, Glyceriden) vollständig fehlen soll. Dann erfüllt das Blut den perivisceralen Leibesraum und wird durch Flimmerhaare des Peri- toneums bewegt. Bei den Aphroditeen {Ä. aculeata), welche von Glaparede auch als anangische Würmer betrachtet wurden, hat neuerdings Selenka nachgewiesen, dass ein sehr entwickeltes mit gelblichen Blute gefülltes Gefäss- system vorhanden ist. In andern Fällen erfährt das Gefässsystem gewisse Reductionen. Bei den Sabellen und Serpuliden wird das Rückengefäss von einem Blutsinus vertreten, der sich zwischen Ring- und Längsmuskelschicht der Darmwand einschiebt und am hintern Pharyngealende ein Gefässnetz mit den beiden Kiemengefässen abgibt. Am Nervensystem erlangen die beiden dicken im Neurilenmia einge- lagerten Fasern an der Rückenseite der Bauchkette besonders bei den Serpu- liden eine colossale Grösse. Der Bauchstrang, dessen Ganglienzcllenbelag ein con- tinuirlicher bleiben kann, verläuft bei vielen sendentären, d. h. in Röhren lebenden Polychaeten im Muskelschlauch eingelagert, ja sogar theil weise {Terehella, Telep- savus u. a.) in der Hypodermis. Seine beiden Faserstränge können weit von ein- ander getrennt bleiben, anscheinend auch der Quercommissuren entbehren {Sac- cocirrus, Telepsavus). In andern Fällen sind die weit von einander liegenden Hälften des Bauchmarks durch breite Quercommissuren Strickleiter-förmig ver- bunden {Serpula, Sahella) ^ bei den Nereiden aber rücken die Seitenstränge sehr nahe in der Mittellinie zusammen. Eingeweidenerven sind vornehmlich bei den mit protractilem Rüssel bewaffneten Kieferwürmern {Glycera etc.) nachgewiesen. Die Geschlechtsorgane sind im Gegensatz zu den hermaphroditischen Oligochaeten meist auf verschiedene zuweilen abweichend gestaltete Individuen vertheilt. Indessen sind auch eine Anzahl hermaphroditischor Polychaeten (Nereis massiliensis^ vornehmlich aus den Serpulidengattungen Spirorbis, Protula, Laonome, Salmacina, Filularia bekannt geworden. In vielen Fällen ist unzweifelhaft die innere die Leibeshöhle begrenzende Fläche der Körper- wand und zwar die peritoneale Auskleidung derselben Sitz für die Bildung der Geschlechtsprodukte, die ebenso auch auf den Dissepimenten entstehen können. Die Achse dieser traubenförmig oder strangartig wuchernden Zellenmassen wird häufig von zahlreichen und selbst contraktilen Blutgefässen durchsetzt. Eier und Samenfäden lösen sich von ihrer ursprünglichen Keimstätte und 488 Entwicklung und Metamorphose. flottiren in der perivisceralen Cavität, in der ausnahmsweise auch grössere Eizellen und Samenzellenmassen (Dasphraiichm) frei werden können. Zur Ausfuhr der Geschlechtsstoffe dienen die Segmentalorgane , die ohne Zweifel vornehmlich in denjenigen Segmenten, in welche die Geschlechtsprodukte nicht hineingelangen, als Excretionsapparate fungiren. Als solche können sie kuglige Concretionen zur Absonderung bringen (ChaetojHerus). Die Entwickung ist im Gegensatze zu den Oligocliaeten stets mit einer Metamorphose verbunden. Die Dotterklüftung ist ähnlich wie bei den Hiru- dineen in der Regel eine ungleich massige, und schon die beiden ersten Klüftungs- kugeln zeigen eine ungleiche Grösse. Die kleinere rascher sich klüftende (animale) Hälfte liefert die kleinern Furchnngskugeln, welche die grössern aus der Klüftung der grössern Hälfte hervorgegangenen Kugeln umwachsen und einschliessen. In der weitern Entwicklung tritt bei allen Folychaetenemhryoiien ein Primitivstreifen auf, freilich oft erst dann, wenn der Embryo als Larve ein freies Leben zu führen begonnen hat. Später differenziren sich die Ganglien der Bauchkettc. Dagegen ist als eine frühzeitige Ausstattung der Larve, deren Darm in Mund und Afteröffnung durchbricht, der sehr mannigfache, oft selbst bei den nächsten Verwandten abweichend gestaltete Wimperapparat hervor- zuheben, welcher das Ausschwärmen und die freie Schwimmbewegung der Larven im Meere möglich macht. Selten sind die Wimperhaare über den ganzen Körper zerstreut, während Wimperreifen fehlen (Atrocha '). Meist sind dieselben in Form von Wimper- reifen zusammengedrängt und entweder wie bei der L o v e n ' sehen Larve in einiger Entfernung vom vordem Körperende als Segelwulst oberhalb des Mundes (Cephalotrocha, Poly iwelarYe) oder als doppelte Wimperreifen an den entgegengesetzten Körperenden entwickelt {Telotrocha, Spio-Nephthys]a.rYe). Zu beiden AVimperreifen können aber noch Wimperbogen am Bauche {Gastro- trocha) oder zugleich noch am Rücken (Amphitrocha) hinzukommen. In andern Fällen umgürten ein oder mehrere Wimpei'reifen die Mitte des Leibes, während die endständigen Reifen fehlen {Mesotrocka. Telepsavus-Cliaetopterus- larve). Dazu gesellen sich bei vielen Larven noch lange provisorische Borsten, die später durch die bleibenden verdrängt werden {Metachaeten). Trotz der grossen Verschiedenheit der Körpergestaltung lassen sich die Ghaetopoden- larven auf einen gemeinsamen Typus auch ihrer weitern Entwicklung nach zurückführen. In ihrer ersten aus dem Ei hervorgegangenen Form bestehen dieselben ausschliesslich aus Kopf und Aftersegment , später bilden sich mit dem fortschreitenden Wachsthum die fehlenden mittlem Segmente der Reihe nach von vorn nach hinten durch Einschaltung vor dem Aftersegment. (Vergl. die analogen Vorgänge der Metamorphose bei den Crustaceen , NmipUus). Frühzeitig mit Augen, selten mit Gehörorganen versehen, streckt sich ihr Leib mehr und mehr in die Länge, erhält Borsten und Extremitätenstummel und mit diesen zugleich eine fortschreitend grössere Segmentzahl , während die provisorischen Organe früher oder später verloren gehn. Nicht selten 1) Vergl. E. Olaparede und E. Metschnikoff, Beiträge zur Kenntniss der Ent- wicklungsgeschichte der Chaetopoden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XIX. 1869. Lebensweise. Leuchtkraft. Polygordiiden. 489 bilden sich auch neue mittlere Wimpergürtel (Polytrocha) oder die bereits oben erwähnten dorsalen oder ventralen Wimperbogen im Laufe der weitern EntA\icklung aus. Die Polychaeten sind durchaus Seebewohner und tragen bei ihrem ausser- ordentlichen Formenreichthum sehr wesentlich zur Bevölkerung des Meeres bei. Relativ wenige Formen , wie z. B. die durchsichtigen Alciopiden , halten sich als pelagische Thiere an der Oberfläche, die meisten leben am Strande und zwar in verschiedenen Tiefen. Zahlreiche Formen reichen in die Tiefsee herab und nähern sich wohl unter dem Einfluss der niedern Temperatur den Formen des arktisch borealen Gebietes, obwohl sie hinter diesen an Grösse zurück- bleiben. Eine grosse Zahl von Familien hat ihre Tiefseevertreter, die ausschliess- lichen Strandbewohner wie Telethusiden und Hermelliden ausgenommen ^). Eine nicht geringe Zahl von Polychaeten haben die Fähigkeit, in mehr oder minder grosser Ausdehnung ihrer Oberfläche ein intensives Licht auszu- strahlen, so besonders Arten der Gattung Chaetopteriis , deren Antennen und Körperanhänge leuchten. Ebenso leuchten die Elytren von Polynoe, die Ten- takeln von Folycirrus und die Haut einiger SyUidcen. Pancer i 2) hat den Sitz der Lichtproduktion in einzelligen Hautdrüsen nachgewiesen, deren Zusammen- hang mit Nerven bei Polynoe erkannt wurde. Eine besondere Stellung unter den marinen Anneliden beansprucht die merk- würdige Gattung Polygordius '), welche sowohl der äussern Segmentirung als der Borsten und Borstenhöcker entbehrt. Man war daher, zumal bei der einfachen Gestaltung der innern Organe, geneigt, die Polygordiden als Zwischenglieder von Chaetopoden und Nematoden zu deuten. B. Hatschek, welcher die Entwicklungsgeschichte dieser Würmer eingehend verfolgt hat, betrachtet Polygordius als eine der gemeinsamen Stammgruppe der Annelidenordnungen am nächsten stehende Wurmform, als Repräsentant der Archi- anneliden, aus denen er sowohl die Chaetopoden als die Gephyreen ableitet. Die Polygordiiden sind dünne und lange drehrunde Würmer mit 2 Fühlern am Vorderende vmd ebenso viel Wimpergruben in einiger Entfernung hinter den Fühlern, Der Leib ist nicht in äussere Segmente gegliedert, sondern nur durch eine innere Metamerenbildung, welche ja auch in der ontogenenetischen Entwicklung früher als jene auftritt, als Gliederwurm bezeichnet. Der von 2 wulstförmigen Vorsprüngen umgebene Mund führt in die kurze auf den Kopf beschränkte Speiseröhre, diese in den lang- gestreckten, nach den innern Segmenten eingeschnürten Darm, der am hintern Körper- ende ausmündet. Der After ist von 8 Zacken (P. lacteus) oder 2 ungleichen Lippen {P. purpureus) umgeben. Kurz vor demselben erhebt sich ein Kranz von 24 feinhöckrigen Warzen, welche zum Anheften des Thieres verwendet werden. Unter der von zahlreichen Porenkanälen durchsetzten Cuticula liegt die mit Drüsenzellen erfüllte Hypodermis; auf diese folgt der ausschliesslich aus Längsfasern gebildete Hautmuskelschlauch, welcher 1) Vergl. E. Claparede's Bericht über die auf der Lightning Expedition gesam- melten Würmer in Ehlers Beiträgen zur Kenntniss der Verticalverbreitung der Borstenwürmer im Meere. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXV. 1875. 2) Fanceri, La luce e gli organi luminosi di alcuni annelidi. Atti dell. R. Acad. scienz. fis. e mat. di Napoli. 1875. 3) Vergl. A. Schneider, Ueber Bau und Entwickelung von Polygordius. MüUer's Archiv. 1868. W. N. Uljanin nach Hoyer's Bericht in der Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXVIII. 1877. pag. 388. B. Hatschek, Studien über Entwicklungsgeschichte der Anneliden 1. c. 1878. 490 1. Unterordnung. Sedentaria = Tnbicolae. sowohl in der Rücken- und Bauchlinie als in den Seitenfeldern Unterbrechungen erleidet. Nach diesen gehen von der Bauchlinie bandartige Quermuskeln. Ueber das Nerven- system wurde von Ul janin ermittelt, dass das Gehirn, aus der Scheitelplatte der Larve hervorgegangen, bleibend am vordem Scheitelende liegt und ein aus 2 Strängen gebil- detes nicht in Ganglien differenzirtes Bauchmark dem Ectoderm anliegend, den Rumpf durchsetzt. Vom Blutgefässsystem verläuft der Hauptstamm auf der Rückenseite und entsendet vorn an jedem Segmente ein Paar blind endender Quergefässe. Nur die beiden Quergefässe am Vorderende verbinden sich durch eine quere Anastomose. Das Blut ist rothgefärbt, aber ohne Blutkörperchen. Jedes Segment der mittlem Leibespartie enhält als Segmentalorgan ein überall gleichweites, innen wimperndes Rohr, welches sich durch die ganze Länge des Segmentes erstreckt. Die Geschlechter sind bei P. lacteus Sehn, getrennt, bei P. purpureus Sehn, und P. flavocapitatus Ulj. in demselben Individuum vereinigt. Die Entwicklung geschieht durch Metamorphose, und zwar sind die Larven nach dem Loven'schen Typus gebaut, eiförmig mit einem doppelten mehr dem breitern Vorderende genähorten Wimperkranz oberhalb und unterhalb der Mundöffnung. Der vordere Theil der Loven'schen Larve repräsentirt die Kopfanlage mit Scheitelplatte und 2 Augenflecken, der hintere wächst allmählig wurmförmig aus und gewinnt einen hintern Wimperkranz. Die erste Anlage des Excretionsapparats entsteht als flimmernder Excretious- canal im Mundabschnitt (Kopfniere) des Kopfes, von dem aus sich die Segmentalorgane des Rumpfes entwickeln. Nach Hervorsprossung von 2 Tentakeln verengert sich der kuglig aufgetriebene Vordertheil allmählig zum kegelförmigen Kopf. I.Unterordnung. Sedentaria^) = Tubicolae, Röhrenbewohner. Polychaeten mit wenig entwickeltem, nur undeutlich gesondertem Kopf, mit kurzem, oft überhaupt nicht umstülpbarem Rüssel, stets ohne Kieferbewaffnung. Die Kiemen können vollständig fehlen, in vielen Fällen sind dieselben auf die 2 oder 3 auf den Kopf folgenden vordersten Segmente beschränkt , stehen ausnahmsweise auch am Rücken der mittlem Leibesringe {Arenicolidae ,) werden in der Regel aber zugleich durch zahlreiche faden- förmige Fühler und Fühlercirren des Kopfes {Capitihranchiata) vertreten, von denen ein oder mehrere an der Spitze einen Deckel zum Verschluss der Röhre besitzen können. Die Fussstummel sind kurz, niemals wahre Ruder, die obern tragen meist Haarborsten, die untern sind Querwülste mit Hakenborsten oder Haken platten. Augen fehlen sehr häufig, in andern Fällen sind sie in doppelter Zahl am Kopf oder am Endsegment, zuweilen selbst an den Tentakelkiemen und dann stets in grosser Zahl vorhanden. Sehr oft zerfällt der Körper von dem wenig gesonderten Kopfe abgesehn in zwei (Thorax und Abdomen) oder auch in drei Regionen, deren Segmente sich durch verschiedenen Umfang und Ausstattung auszeichnen. Sie leben durchweg in mehr oder minder festen, eigens gebauten Röhren und ernähren sich von vegetabilischen Stoffen {Limi- vora), die sie mittelst des Tentakelapparates herbeischaffen. Im einfachsten Falle bewohnen sie Röhren im Schlamm , die sie zeitweise verlassen , oder es umgibt sich der Leib mit einer Schleimhülse {Siphonostoma), häufiger erhärtet die ausgeschiedene Masse zu einer pergamentartigen {Chaetopterus) oder kal- kigen steinharten Röhre (Serpulinen) , oder es werden mannichfache äussere 1) E. Claparede, Recherches sur la structure des Annelides sedentaii*es. Geneve. 1873. Saccocirridae. Opheliadae. 491 Stoffe z. B. Sandkörnchen, Stückchen von Muschelschalen {Hermella, Terebella), Schlamm (Sabclla) in die Substanz der Röhre aufgenommen. Einige wie die FcctinariasiTien kriechen wie Schnecken mit ihren Röhren umher. Bei der Röhrenbildung sind den Thieren die langen Fühler oder Kiemenfäden des Kopfes in verschiedener Weise behülflich , wie z. B. die Sahelliden den fein vertheilten Schlamm durch die Gilien der Fäden im trichterförmigen Grunde des Kiemenapparates anhäufen, mit einem aus grossen Drüsen ausgeschiedenen Kittstoff vermischen und dann auf den Rand der Röhre übertragen sollen, während die Terehelliden mit ihren langen äusserst dehnbaren Fühlerfäden Sandkörnchen zum Baue der Röhre herbeiziehn. Die Drüsen, deren Secret beim Röhrenbau in Verwendung kommt, sollen umgebildete Segmentalorgane sein und treten bei den Serpuliden und Sahellen nur in einfacher Zahl auf. Bei Myxicola fallen sie durch ihr schwarzes Pigment auf und füllen mit ihren Windungen den Raum der Brusthöhle fast vollständig aus. Auch giebt es Bohranneliden, welche Kalksteine und Muschelschalen nach Art der lithophagen Weichthiere durchsetzen, z, B. Sahella terehrans, saxicola etc. Die Entwicklung kann in gewissem Sinne als eine regressive Metamor- phose bezeichnet werden. Am einfachsten gestaltet sich dieselbe da, wo das Mutterthier zum Schutze dep Jungen eine Art Brutpflege ausübt , z. B. bei Spirorhis spirillum Pag., deren Eier und Larven in einer sackartigen Er- weiterung des Deckelstils (eines vom Kiemenapparat getrennt gebliebenen Fühlers mit apikalem Deckel zum Verschlusse der Röhre) so lange verweilen, bis die jungen Thiere zum Baue einer Röhre befähigt sind. Die schwärmenden Larven der meisten Tubicolen gestalten sich unter Rückbildung der Flimmer- apparate, während Tentakeln sprossen und Borstenhöcker sich anlegen, zu wurmförmigen Stadien um, welche tioch längere Zeit zuweilen in zarten Hülsen umherschwimmen und allmählich unter Verlust der Augen und Gehörblasen Bau und Lebensweise der Geschlechtsthiere annehmen (Terehella) Eine scharfe Abgrenzung zwischen Tubicolen und frei schwimmenden Nereiden ist nicht wohl möglich, da auch unter den letztern zahlreiche Formen ihren Körper mit einer dünnhäutigen Röhre überziehen. 1. Farn. Saccocirridae '). Mit zwei Fühlern am Kopflappen, zwei Augen und ebensoviel Flimmergruben. Nur eine Reihe von retractilen, einfache Borston uui- schliessenden Parapodien rechts und links an den Rumpfsegmenten. Das hintere Leibes- ende läuft in zwei muskulöse Lappen aus. Segmentalorgane mit blasenförmiger End- erweiterung, welche im männlichen Geschlecht als Saraenblasen, im weiblichen als Receptacula fungiren. Larven mit vorderm Haarbüschel und Wimpei'gürtel, zu welchem später noch ein Wimperkranz am hintern Pole kommt. Saccocirrus Bobr. S. papillo- cercus Bobr., schwarzes Meer und Mittelmeer (Marseille). 2. Fam. Opheliadae. Körper aus verhältnissmässig wenig Segmenten zusauuuen- gesetzt. Kopflappen conisch, meist mit Augen oder mit 2 bewimperten Fühlerlappen, auch 2 Wimpergruben. Ruder klein, mit einfachen Borsten. Schlund nicht vorstülpbar, ohne Bewaffnung. Oft finden sich gi-itt'elförmige Kiemen. After meist von einem Papillen- kranz umstellt. 1) N. Bobretzky, Schriften der naturf. Gesellschaft zu Kiew. 1871. A.F.Marion et N. Bobretzky, Annelides du Golf de Marseille 1. c. 492 Capitellidae. Telethusidae. MaldaniJae. Ophelia Sav. Kopflappen mit 2 bewimperten einstülpbaren Fühlerlappen. Körper an den mittlei-n und hintern Segmenten mit bauchständiger von Längswülsten begrenzter Sohle. Borstenbündel zweizeilig. 0. radiata Delle Gh., Mittelmeer. 0. limacina Rathke. Ammotrypane Rathke. Körper in ganzer Länge mit deutlicher Sohle. Borstenbündel ein- zeilig. A. aulogastra Rathke, Nordsee. Trevisia Johnst. Bauchfläche nicht sohlenartig, ßorstenbündel zweizeilig. Tr. Forbesi Johnst., Nordsen. Polyophthalmus Quatref. Kopf mit 2 Wimpergruben. Ausser den 3 Kopfaugen finden sich an zahlreichen Segmenten seitliche Augenflecken. Ohne Kiemen. Aftersegment mit Papillen. P. pictus Duj. P. pallidus Clap. , Neapel. Leben frei umherirrend. 3. Fam. Capitellidae '). Kopf nicht scharf gesondert, meist mit ausstülpbaren bewimperten Nebententakeln und Augenflecken. Rüssel kurz, papillentragend. ßorsten- höcker rudimentär, die dorsalen mit Haar-, die ventralen mit Hakenborsten. Genital- poren zwischen dem 7. und 8. Segmente am Ende urnenförmiger Wimperschläuche, die in beiden Geschlechtern mit Sperma gefüllt sind. Männchen mit Genitalhaken. Die Larven {Capitella) sind telotroch und an der ganzen Bauchfläche bewimpert mit conischem augentragenden Kopflappen, cylindrischem, noch ungegliedertem Rumpf und kurzem Aftersegment. Leben in Röhren. Capitella Blainv. {Lumhriconais Gerat.) Nur in der Mitte des Körpers kleine Er- hebungen, in welche die Borsten eingepflanzt sind. Beim Männchen liegt vor und hinter der Genitalöff"nung eine Querreihe gekrümmter Borsten. Segmentalorgane nur in den vordem Abdominalsegmenten, aber in vermehrter Zahl. ü. capitata Fabr., Nordsee und Canal. G. Costana Glap., Neapel. Notomastus Sars. -Die obern Kämmchen der Haken- borsten rücken am Anfange der hintern Leibesabtheilung ganz auf den Rücken. Kiemen fehlen. Segmentalorgane fast in sämmtlichen Abdominalsegmenten. N. lineatus Glap., Neapel. Daxyhranclivs Gr. Borsten ähnlich wie bei Notomastus. Segmente 2ringelig. Mit bauchständigen Kiemen. D. caducus Gr., Mittelmeer. 4. Fam. Telethasidae :=^ Ärenicolidae. Kopflappen klein , ohne Fühler. Mund- segment mit Borstenbündeln. Rüssel mit Papillen besetzt, ohne Kiefer. Fussstummel wenig entwickelt, die obern kleine Höcker mit einem Bündel von Haarborsten, die untern Querwülste mit einer Reihe von Hakenborsten. »Verästelte Kiemen an den mittlem und hintern Segmenten. Bohren im Sande. Arcnicola Lam. Kopf conisch abgerundet. Das erste Segment und mehrere der letzten ohne Fussstummel. A. marina Lin. {A. piscatorum Lam.), Nordsee und Mittel- meer. A.GruhäChiY)., Neapel. Malmgren bildet aus den sich anschliessenden Gattungen Eumenia Oerst. und Scalibregma Rathke eine besondere Familie. 5. Fam. Maldanidae =: ülymenidae. Körper drehrund, in 2 oder 3 Regionen gesondert. Kopflappen wenig entwickelt, mit dem Muudsegment verschmolzen, oft eine glatte oder gesäumte Nackenplatte bildend. Augenflecke oft vorhanden. After meist von einem gezackten Trichter mit Papillen umgeben. Fühler und Kiemen fehlen. Rüssel klein, vorstülpbar. Meist sind die obern Fussstummel kleine in der hintem Region verschwindende Höcker mit Bündeln von einfachen oder gefiederten Borsten, die untern (in der vordem Region fehlenden) Querwülste mit Hakenborsten. Wohnen in langen Sandröhren. Nach Metschnikoff ^) gehört in den Kreis der Glymeniden auch die merkwürdige als Mitraria bekannte Larve. Clymene Sav. Körper aus drei Regionen gebildet, die vordere kurz geringelt, aus- schliesslich mit Haarborsten. Kopf mit gesäumter Nackenplatte, der letzte Ring ohne 1) Van Beneden, Histoire natur. du genre Gapitella. Bulletin de l'acad. roy. de Belgique. 1857. H. Eisig, Die Segmentalorgane der Gapitelliden ; ferner. Die Seiten- organe und becherförmigen Organe der Gapitelliden. Mittheilungen aus der zool. Station in Neapel. Tom. L 1879. 2) E, Metschnikotf, Ueber die Metamorphose einiger Seethiere. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXI. 1861. Ariciidae. Cirratulidae. Spionidae. 493 Fusshöcker, trichterförmig, am Rande mit Girren gesäumt. Gl. amphistoma Sav., Golf von Suez. Generisch kaum verschieden ist Praxilla Malmgr., Fr. gracüis Sars, Fin- marken. Pr. collaris Clap., Neapel. Leiocephalus Quatref. Entbehrt der Nackenplatte. L. intermedius Oerst. , Norwegen. L. coronatics Quatref., St. Mal. Maldane Gr. Kopf mit Nackenplatte. Endsegment ohne trichterförmige Ausbreitung mit schmal gesäumter Bauchplatte. M. glebifex Gr. , Adria. An die Maldanien schliessen sich innig die Ämmochariden an, welche zu den Serpuliden überführen. Körper aus langgestreckten Segmenten zusammengesetzt, in einen Kranz tiefzerschlitzter oder dichotomisch verästelter Lappen (Kiemenapparat) aus- laufend. Darm wie bei den Serpuliden von einem Blutraum umschlossen. Dorsale Bündel von gefiederten Haarborsten. Ventrale Hakenborsten in regelmässige Längsreihen ver- theilt. Malmgren und Claparede bilden aus der Gattung eine besondere Familie der Ämmochariden. Ammochares Gr. {Oivenia Delle Gh.). A. Ottonis Gr. = Owenia filiformis Delle Gh., Mittelmeer. Mit 4 Paar Drüsenschläuchen, deren Secret wahrscheinlich zur Bildung der Röhre verwendet wird. 6. Fam. Ariciidae. Körper rundlich, etwas flach gedrückt, aus vielen kurzen Segmenten zusammengesetzt. Kopf ohne oder mit nur kleinen Fühlern oder Fiihlercirren. Mundsegment mit Borstenhöckern. Rüssel kurz, unbewaffnet, wenig oder gar nicht vor- stülpbar. Seitliche Fusshöcker kurz zweiästig oder zweizeilig. Die kurzen lancet- oder fadenförmigen Kiemen rücken häufig mit den Fusshöckern gegen die Mitte des Rückens. Borsten einfach linear. Äricia Sav. Die vordem Borstenhöcker haben am untern Ast einen Kamm von Papillen, die Kiemen lancet- bis cirrenförmig, an den hintern Segmenten mit den Seiten- höckern auf den Rücken hinaufrückend. A. sertulata Sav. (besitzt 4 sehr kleine Fühler). Ä. foetida Glap. , Neapel. Theodisca Fr. Müll. Der vorstülpbare Schlund endet mit fingerförmigen Lappen. Th. anserina Glap. Th. liriostoma Glap., Mittelmeer. Aonis Sav. A. foliosa Aud. Edw., Ganal. 7. Fam. Cirratulidae '). Körper rund. Kopf lang kegelförmig, ohne oder mit 2 Tentakeln (Grube's Greif- und Fühlercirren). Fussstummel niedrig, mit einfachen Haar- und Acicula-artigen Borsten. Kiemenfäden imd Rückenfilamente an einzelnen oder zahl- reichen Segmenten. Cirratulus Lam. Tentakel fehlen oder finden sich auf einem oder mehreren vor- dem Segmenten. Seitlich, wenn vorhanden, je 1 Kiemenfaden. C. borealis Lam., Nord- Meere. C. chrysoderma Glap., Neapel. C. {Audouinia Quatref.) C. Lamarckii Aud. Edw., Europ. Küsten. Cj^Z/^^era Delle Gh., Neapel. Kinberg unterscheidet noch die Gattungen Timarete, Fromenia, Archidice und Labranda. Heterocirrus Gr. = Dodecaceraea Oerst. 2 Kiemenpaare (Fühlercirren Grube's) auf dem Mundsegment, 3 bis 5 Kieraenpaare auf den folgenden Segmenten, einfache Borsten. H. saxicola Gr. Acrocirrus Gr. Mit 2 Ten- takeln am Kopf, 4 Paar Kiemen an den Seiten der vordem Segmente. Borstenhöcker zusammengesetzt. Sichelborsten an der ventralen Reihe. A. frontalis Gr., Adria. 8. Fam. Spionidae {Spiodeae). Der kleine Kopflappen zuweilen mit fühlor- artigen Vorsprüngen, meist mit kleinen Augen. Mundsegment mit 2 langen meist mit einer Rinne versehenen Fühlercirren (Fangfühlern). Seitenhöcker meist zweiästig mit einfachen Boi'sten. Girrenförmige Kiemen vorhanden. Die Arterie und Vene derselben ohne seitliche Gefässschlingen. Die Weibchen legen die Eier in ihren Wohnröhren ab. Die ausschlüpfenden metachäten Larven, deren Hülle aus der Dotterhaut (chagrinirt, porös) hervorgegangen ist, sind telotroch, erhalten 2 bis 6 Augenflecken und mit der Segmentirung sehr lange Borstenbündel. Bei vielen Larven bilden sich an den Segmenten Wimperbogen zwischen den Bauchrudern oder Rückenrudern. Polydora Bosc. {Leucodore Johnst.) Kopflappen conisch, meist ausgebuchtet, zu- weilen mit Fühlern. Das fünfte Segment bedeutend länger als die übrigen, statt der 1) Ed. Grube, Die Familie der Girratuliden. Sitzuiigsber. der schlesischen Gesell- schaft etc. 1872. 494 Chaetopteridae. Sternaspidae. Chlorhaemidae. Borsten einen Kamm von Nadeln tragend. Hinterende mit einer Saugscheibe. P. ciliata Johnst., P. coeca Oerst., Nordsee. P. antennata Clap., Neapel. Spio Fabr. Kopflappen conisch, meist ausgebuchtet oder zweitheilig. Segmente gleichmässig. Fussstummel mit einem kleinen Läppchen ausgestattet oder ohne dasselbe. Kiemen zahlreich, schon am ersten oder zweiten Segmente beginnend. Analsegment mit einem oder mehreren Papillen- paaren. Sp. seticornis Fabr., Nord-Meere. Sp. Mecznikowianus Clap,, Neapel. Nerine eirratulus Delle Gh., Neapel. Pygospio Clap. P. elegans Clap. , St. Vaast. Prionospio Malmgr. Pr. Malmgreni Clap., Neapel. Magelona '). Ohne dorsale Kiemen. 9. Fam. Chaetopteridae. Körper gestreckt, in mehrere ungleichartige Regionen gesondert. Kopf oft mit Augenflecken, ohne oder mit kurzen Fühlern. 2 oder 4 sehr lange Fühlercirren oft vorhanden. Viertes Segment mit eigenthümlicher ßorstenbewaftnung (Hakenplatten oder kammförmigen Haken). Bauchruder in der hintern und zuweilen auch in der vordem Körperregion. 2ästig. Rückenanhänge der mittlem Segmente flügei- förmig, oft gelappt. Bewohnen pergamentartige Röhren. Die freischwimmenden Larven sind Mesotrochaiormen mit einem oder zwei mittlem Wimpergürteln, 2 oder 6 Augen- flecken und einem zipf eiförmigen Anhang am hintern Ende. Telepsavus Gab. Cost. Kopf mit 2 langen gefurchten Fühlercirren. Leib aus 2 Regionen bestehend, die vordere flach mit einfachen compressen Ruderstummeln und einem Borstenbündel; die hintere mit zusammengesetzten Füssen, mit blattförmigen vertical stehenden Rückenanhängen und doppelten mit vielen Haken bewaffneten Bauch- stummeln. T. Costarum Clap., Neapel. Bei der nahe verwandten Gattung Spiochae- topterus Sars finden sich blattförmige als Kiemen fungirende Lappen nur am 11. und 12. Segment. Phyllochaetopterus Gr. Kopflappen sehr klein. 2 Paare von Fiihlerciri'en, das kleinere mit sehr feinen Borstennadeln. Körper in drei Regionen getheilt, die vor- dere mit einfachen Compressen Fussstummeln und einem Bündel einfacher Borsten ; die mittlere mit doppelten Bauchhöckern, welche Hakenborsten tragen und vertical stehenden mehrlappigen feine Haarborsten einschliessenden Rückenanhängen; die hintere mit doppelten Bauchhöckern und cylindrischen Rückenanhängen. C. major Clap. , Neapel. P. socialis Clap., Neapel. CJiaetopterus Cuv. Kopf mit kleinen seitlichen Fühlern und 2 Augen. Körper in drei Regionen zerfallend. Viertes Segment mit kammförmigen Haken. Ch. pergamentaceus Cuv., Westindien. Cli. Sarsii Boeck., Ch. norvegicus Sars, Nord-Meere. Ch. variopedatus Ren., Mittelmeer. 10. Fam. Sternaspidae. Körper stark verkürzt. Vorderer Abschnitt verdickt, jederseits, 3 Reihen von Borsten tragend , Bauchseite nahe dem Hinterende mit flachem paarig zertheilten Hornschild. After oberhalb desselben auf retractiler Papille, daneben rechts und links ein Büschel von Kiemenfäden. Sternaspis Otto. Vorn jederseits 3 Borstenbüschel, hinten eine grössere Zahl von Borsten in der Umgebung des Schildes. S. scutata Ranz. = thalassemoides Otto, Mittelmeer. 11. Fam. Chlorhaemidae = Pherusidae^). Körper gestreckt cylindrisch , mit gi-ünem Blut. Kopf ringförmig, mit 2 starken gefurchten Fühlern, Mundpapillen und Kiemenfäden in den Vorderkörper zurückziehbar, dessen vorderes oder 2 vordere Segmente Borsten von auffallender Länge tragen. Borstenbündel zweizeilig auf winzigen oder flösschenähnlichen Fusshöckern oder direkt in der Haut eingelagert. Haut mit zahl- reichen Papillen und langen Fäden, Schleim absondernd. Stylarioides Delle Ch. (Lophiocephala Costa). Der Kiemenapparat wird von einem langen membranösen Stil getragen. Die Borsten der beiden vordem Segmente zur Bil- dung der Kapuze ausserordentlich lang , die der übrigen sehr klein. St. moyülifer Delle Ch. {Siphonostomum papillosum Gr.), Neapel. Trophonia Aud. Edw. {Pherusa Blainv.). Die BorstenbewafFnung aller Segmente ausserordentlich entwickelt, von den Borsten den 1) Mc. Intosh, Beiträge zur Anatomie von Magelona. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXXL 1878. 2) E. Grube, Mittheilungen über die Familie der Chlorhaeminen. Sitznngsber. der Scbles. Gesellschaft. Breslau. 1876. Terebellidae. 495 beiden vordem Segmente kaum verschieden. Tr. eruca Clap. , Neapel. Verwandt ist Brada Stimps. Siphonostomum Otto {Chlorhaema Duj.). Haut von einer dicken Schleim- lage umhüllt. Hautpapillen ausserordentlich lang. S. diplochattos Otto {Edwarsii Duj.), Mittelmeer. 12. Farn. Terebellidae. Körper wurmförmig, vorn dicker. Der dünnere Hint^er- abschnitt zuweilen als borstenloser Anhang deutlich abgesetzt. Kopflappen vom Mund- segment undeutlich geschieden, häufig mit einem Lippenblatt über dem Munde. Zahl- reiche fadenförmige Fühler sitzen meist in 2 Büscheln auf. Mund ohne Rüssel. Nur an wenigen vordem Segmenten kammförmige oder verästelte, selten fadenförmige Kiemen. Obere Borstenhöcker mit Haarborsten, untere Querwülste oder Flösschen mit Haken- borsten. Die Larven sind anfangs fast an der ganzen Oberfläche bewimpert, bald aber verlieren sie die Wimpern bis auf Reste am vordem und hintern Ende (die auf dem Seeboden lebenden Larven von Terebella Meckelii), oder sie erhalten mehrere Wimper- bogen und Gehörkapseln (die pelagischen Larven von Terebella conchilega). An den jungen mit Borstenstummeln versehenen Würmern ist ein Kopflappen deutlich abge- grenzt, der zwei Augen und nur einen Fühler trägt. Anfangs sind nur die Haarborsten vorhanden und erst später, wenn die Röhre gebildet ist, treten auch Hakenborsten und die Kiemen auf. 1. Subf. Amphitritinae. Kiemen fast immer vorhanden. Kopf läppen kurz, mit zahlreichen Fühlern. Haarborsten gesäumt. Hakenborsten von gleicher Form. Amphitrite 0. Fr. Müll. Haarborsten nur am vordem Körperabschnitt vorhanden. 3 Paare von ver- ästelten ziemlich gleichgrossen Kiemen. Augen fehlen. A. cirrata 0. Fr. Müll., Atl. Ocean und Mittelmeer. ^. '!;mma^is Gr., Mittelmeer. Terebellahm. Unterscheidet sich namentlich durch die geringere Grösse der hintern Kiemenpaare. T. Danielsseni Malmgr. , Nord- Meere. T. Meckelii Delle Gh. {nebulosa Gr.), Adriatisches Meer. 1\ (Lanice) conchilega Fall., Englische Küste, Mittelmeer. Für die mit nur 2 oder einem Kiemenpaar versehenen Terebelliden hat Malmgren eine Reihe besonderer Guttungen {Nicolea, Pista, Scione, Axionice) gegründet. jffejferi beschrieben. V. Typus. Arthropoda 509 Arthropoda'), G 1 i e d e r f ü s s 1 e r. Seitlich symmetrische Thiere mit heteronom segmentirtem Körper und geglie- derten Segmentanhängen, mit Gehirn und Bauchmark {GangJienkette). Die Bildung des Embryos geschieht fast durchgängig mittelst Anlage eines hauch- ständigen Primitivstreifens. Der wichtigste Charakter, welcher die Arthropoden von den so nahe stehenden Gliederwürmern unterscheidet und als Grundbedingung einer höhern Organisation und Lebensstufe erscheint, ist der Besitz von gegliederten aus paarigen Segmentanhängen hervorgegangenen Bewegungsorganen, Anstatt der kurzen und ungegliederten Fussstummel der marinen Chaetopoden treten hier gegliederte, zu vollkommenerer Leistung befähigte Extreraitätenpaare und zwar nur an der Bauchfläche auf. Jedes Segment vermag ein bauch- ständiges Gliedmassenpaar hervorzubringen , welches dem auch bei gewissen Anneliden (Saccocirrhiden) in einfacher Zahl auftretenden ventral gelegenen Parapodienpaar entsprechen dürfte. Zudem ist eine scharfe Grenze zwischen Parapodien und Gliedmassenstummeln kaum zu ziehen, wie besonders zutref!end aus den mit Klauen bewaffneten Stummelfüssen der Onychophoren herA'orgeht, einer Articulatengruppe , die bisher allgemein den Anneliden zugezählt wurde, bis neuerdings durch die Untersuchungen Moseley's^) im Körper dieser Thiere ein Trac/iee»?system und ein Rückengefäss nachgewiesen, sowie auch im Geschlechtsapparat die grosse Uebereinstimmung mit den Myriopoden dar- gethan wurde, so dass die Zugehörigkeit derselben zu den Arthropoden nicht mehr zu bezweifeln ist. Man kann wohl behaupten, dass in dem Besitze gegliederter Extremitäten- paare und der hiermit in Verbindung stehenden Heteronomie derSegmentirung die Grundbedingung einer vollkommenen Bewegung, sowie höhere Organisation und Lebensstufe gegeben ist. Während bei den Anneliden die Locomotion durch Verschiebung der Segmente und Schlängelungen des gesammten Leibes zu Stande kommt, er- scheint bei den Arthropoden die Function der Ortsbewegung von der Haupt- achse des Leibes auf die Nebenachsen der seitlichen Segmentanhänge über- tragen, hiermit aber auch zu einer weit grössern Vollkommenheit erhoben. Die Windungen und Krümmungen des Wurmleibes passen nur für Schwimm- und Kriechbewegungen, für den Aufenthalt im Wasser und in der Erde, aber 1) Ausser den altern Werken vonRedi, Swammerdam. Malpighi, Leeuwen- ho|ek, Rösel, Reaumur, De Geer und Linne vergl. Latreille, Histoire naturelle generale et particulifere des Crustaces et des Insectes. Paris. 1802-1805. J. C. Savigny, Memoires sur les animaux sans vertebres. Paris. 1816. 2) H. N. Moseley, On the Structure and Development of Peripatus capensis, Philos, Transact. of the Roy. Soc. of London. 1874. 510 Allgemeiner Körperbau. Segmentirung. keineswegs zu dem Land- und Luftleben. Die Extremitäten aber gestatten den Arthropoden nicht nur ein leichteres und rascheres Schwimmen beim Aufent- halt im Wasser, ein besseres Kriechen beim Aufenthalt auf dem Boden, sondern fähren auch zu mannichfaltigen Formen einer schwierigen Bewegung, zum Laufen und Klettern , Springen und Fliegen. Die Arthropoden werden daher zu Avahren Land- und Luftthieren. Im Larvenleben und ausnahmsweise (Pentastomidcn) auch im ausgebildeten Zustand können jedoch die Extremitäten Stummel sein, deren Endglied als gewaltiger Klammerhaken das durch Chitin- stäbe gestützte einfache Basalglied in dem Masse überwiegt, dass die Klammer- waffen eher den Chitinliaken von Eingeweidewürmern als den Gliedmassen von Arthropoden vergleichbar erscheinen. Die höhere Entwicklung der Gliedmassenpaare als Bewegungsorgane führt nothwendig zu einer zweiten eben so wesentlichen Eigenschaft, zu der Hetero- nomie der Segmentirung und der mit dieser verbundenen Erstarrung der äussern Haut zu einem festen Skelet. Eine heteronome Ausbildung der Segmente kommt freilich auch bereits bei den Polychaeten vor, wo sich ungleiche mit verschieden gestalteten Borsten und Fussstummeln besetzte Regionen geltend machen, die als Kopf, Thorax und Abdomen unterschieden werden. Indessen haben dieselben dort nicht die unmittelbare Beziehung zur Uebertragung der Locomotionsbewegungen von dem Rumpfe auf Nebenanhänge und führen nicht zu Verschmelzungen von Segmenten und zur Bildung eines starken Hautpanzers. Soll aber die Leistung der Extremitäten eine vollkommenere werden und zum Landaufenthalt befähigen , so bedarf dieselbe eines beträchtlichen Aufwandes von Muskeln, deren Stützpuncte nur an dem Integument des Rumpfes gegeben sein können. Die Insertionen der Gliedmassen und ihrer Muskeln lassen starre Flächen am Leibe nothwendig erscheinen, welche theils durch innere chitinisirte Sehnen und Platten, theils durch die Erstarrung der Haut und Verschmelzung der Segmente zu grössern bepanzerten Abschnitten gewonnen werden. Nur bei einfachem Bewegungsformen, welche sich noch denen der Anneliden un- mittelbar anschliessen , bleiben alle Segmente des Rumpfes selbstständig und tragen gleichmässige Gliedmassenpaare in der ganzen Länge des Leibes {Oiip- cho})horen, Myriopoden , Insectenlarven). Im Allgemeinen unterscheiden wir aber drei Leibesregionen als Kopf, Brust oder Mittelleib (Thorax) und Hinterleib (Abdomen), deren Gliedmassen eine verschiedene Gestaltung zeigen und dieser entsprechend Verwendung fmden. Der Kopf bildet den kurzen gedrungenen Vorderabschnitt mit festem Panzer, in der Regel ohne nachweisbare Segmente, er enthält das Gehirn und trägt die Sinnesorgane und Mundtheile. Die Gliedmassenpaare dieses Ab- schnittes sind zu Fühlhörnern, Antennen, und zu MundioerTiseugen umgestaltet, können indessen auch Bewegungsorgane (Ruderarme) oder Klammerwerkzeuge sein. Der Zahl seiner Segmente nach zeigt der Kopf mehrfache Variationen, ohne eine scharfe Abgrenzung nach dem Thorax zu gestatten, von welchem vordere Segmente zur Vergrösserung des Kopfes und Vermehrung der Mund- werkzeuge übertreten. Im Vergleich zu dem Annelidenkopf haben wir ausser dem Antennensegment mit dem Gehirn (Scheitelplatte) und dem Mundabschnitt mit dem Schlundring wenigstens ein Kiefersegment, dessen Gliedmassenpaar Darmcanal. Schleifenförmige Canäle. 511 im Larvenleben nocli als Beinpaar fungiren kann (Nauplius). Das bei wasser- bewohnenden Arthropoden so häufig vorhandene zweite Antennenpaar ist die Gliedmasse des Mundsegments, die ursprünglich mit ihren basalen Kieferfort- sätzen neben der lokomotorischen Funktion die noch fehlenden Mund Werkzeuge ersetzte. Zu diesen drei den primären Kopf zusammensetzenden Abschnitten treten jedoch fast durchweg noch zwei Segmente mit ihren Gliedmassen (zwei Maxillen- paaren) hinzu, so dass der seciindäre Kopf aus wenigstens fünf Segmenten besteht und fünf beziehungsweise vier (beim Ausfall des 2ten Antennenpaares) Gliedmassen trägt. Indessen treten oft auch noch weitere nachfolgende Segmente vom Mittelleib zum Kopf über, deren Gliedmassen dann als Kieferfüsse zu bezeichnen sein würden. In solchen Fällen ist die Grenze von Kopf und Thorax nicht immer scharf festzustellen, und man spricht dann, wenn eine äusserliche Abtrennung nicht nachzuweisen ist, von einem Ceplialothorax. Der nach Segraentzahl ebenfalls in weiten Grenzen variirende Mittelleib, Thorax, zeichnet sich meist durch die Grösse, häufig auch durch eine ver- hältnissmässig innige Verschmelzung einiger oder aller Segmente, sowie durch die Festigkeit der Integumentalbekleidung aus. Der Thorax trägt die Glied- massen der Bewegung und schliesst fast durchgängig den Schwerpunkt der zu bewegenden Masse ein. Der Hinterleib , Abdomen , zeigt die Zusammensetzung aus Leibesringen mehr oder minder unverändert, während die Extremitäten mehr oder minder rückgebildet sind, ja sogar vollkommen fehlen können. Sind dieselben vor- handen , so dienen sie theils als Hülfsorgane der Bewegung (Abdominalfüsse), theils zur Respiration oder zum Tragen der Eiersäckchen, beim Männchen zur Gopulation. Seltener wie z. B. bei den Scorpionen sondert sich das Abdomen in einen breitern Vordertheil, Fraeahdomen, und in einen engern und sehr beweg- lichen LIintertheil, Postabdomen. In einigen Gruppen (Parasiten) kann jedoch am ausgebildeten Thiere die gesammte Gliederung des Leibes in Folge rück- schreitender Metamorphose verloren gegangen sein {Lernaeen, Peniasiomiden). Die Haut besteht aus zwei verschiedenen Schichten, einer äussern festen meist homogenen Ghitinhaut und einer weichen aus polygonalen Zellen zu- sammengesetzten untern Lage (Hppodermis), durch welche die anfangs eben- falls weiche Chitinhaut schichtenweise abgesondert wird. Diese erstarrt oft durch Aufnahme von Kalksalzen in der chitinhaltigen Grundsubstanz zu dem festen das Skelet bildenden Hautpanzer, der jedoch zwischen den einzelnen Segmenten durch dünne einfaltbare Verbindungshäute unterbrochen ist. Die mannichfachen Cuticularanhänge der Haut, welche sich als einfache oder befiederte Haare, Fäden und Borsten, Dornen und Haken absetzen können, verdanken ihre Entstehung ähnlich gestalteten Fortsätzen und Auswüchsen der zelligen Unterlage. Das gesammte chitinige Integument erfährt zeitweise vornehmlich im Jugendleben , bei Crustaceen aber auch im ausgebildeten Zu- stand eine Erneuerung und wird als zusammenhängende Haut abgeworfen (Häutungsprocess). Die Muskulatur bildet niemals mehr einen continuirlichen Hautmuskel- schlauch , sondern zeigt sich melir der Segmentirung entsprechend gegliedert. 512 Nervensystem. Sinnesorgane. Die Rumpfmuskeln verbinden die einzelnen Segmente in longitudinalen und transversalen Zügen, erleiden übrigens mancherlei Unlerbrecliungen. Zu den- selben kommen umfangreiche Muskelgruppen, welche die Extremitäten bewegen. Durchgängig sind die Muskelfasern quergestreift. Die innere Organisation erinnert mehrfach direct an die der Glieder- würmer, ohne jedoch eine durchgreifende innere Segmentirung darzubieten. Niemals nimmt der Darmapparat an der Gliederung des Leibes Antheil. Die Individualität des Segmentes tritt daher vollständig zurück zu Gunsten der Einheit des Gesammtleibes. \)diS Nervensystem besteht fast überall aus Gehirn, Schlundcommissur und Bauchmark, welches letztere meist in Form einer Ganglienkette unter dem Darmcanale herabläuft, zuweilen aber auch eine grosse Goncentrirung zeigt und selbst als gemeinsame ungegliederte Ganglienmasse unter dem Schlünde zusammengedrängt liegen kann. Die Gliederung der Bauchganglienkette bietet im Speciellen die grössten Verschiedenheiten, im Allgemeinen aber ent- spricht sie der heteronomen Segmentirung des Körpers, indem in den grössern durch Verschmelzung von Segmenten entstandenen Abschnitten auch eine Annäherung oder gar Verschmelzung der entsprechenden Ganglien stattfindet. Nur in einem Falle, bei den Fentastomiden , die auch nach Körperform und Lebensweise auf die Stufe der Eingeweidewürmer zurücksinken, ist die obere Brücke der Schlundcommissur nicht als Gehirnganglion angeschwollen , und die Centraltheile des Bauchstrangs erscheinen als gemeinsame untere Schlund- ganglienmasse zusammengedrängt. In allen andern Fällen ist das Gehirn eine grössere dem Oesophagus aufliegende Ganglienmasse, welche sich durch den Schlundring mit dem vordem meist im Kopfe gelegenen Ganglion der Bauch- kette, der unteren Gehirnportion oder dem unteren Schlundganglion, verbindet. Aus dem Gehirn entspringen die Sinnesnerven, während die Ganglien der Bauchkette Nervenstämme an die Muskeln, sowie an die Körperbedeckung entsenden. Neben diesem, dem cerebrospinalen Nervensystem der Wirbellhiere verglichenen System des Gehirnes und der Bauchganglienkette unterscheidet man bei den grössern und höher organisirten Arthropoden ein Eingeweide- nervensystem (Sympathicus), welches besondere mit jenem verbundene Ganglien und Nervengeflechte bildet, deren Verbreitungsbezirk besonders der Darmcanal ist. Man unterscheidet bei höhern Arthropoden sehr allgemein paarige und unpaare Eingeweidenerven, die beide im Gehirn ihren Ursprung nehmen. Von Sinnesorganen sind die vorzugsweise am Kopfe angebrachten Augen allgemein verbreitet und werden bei nur wenigen meist parasitischen Formen vermisst. In der einfachsten Form sind es paarige oder unpaare dem Gehirne aufliegende Augen mit lichtbrechendem Körper ohne oder mit einfacher Linse und mit wenigen zuweilen freilich sehr zahlreichen (Stenmia der Tracheaten) nervösen Endzellen. Weit häufiger sind die grössern zusammengesetzten Augen, welche sich durch Vorhandensein reicher zusammengesetzter Nervenstäbe, vor denen oft besondere Lichtbrechende Körper und Krystallkegel liegen, charakterisieren. Diese unterscheiden wir in Augen mit glatter Hornhaut {Clacloceren, Hyperiden) und in Facettenaugen, welche selbst als bewegliche Stile extremitätenähnlich vom Kopfe abgegliedert sein können {Fodophthalmcn). Gehör- und Geruchsorgane. Darmcaual. Circulation und Respiration. 513 Ausnahmsweise hat man auch Nebenaugen an weit entlegenen Körperstellen, an Gliedmassen der Brust und zwischen denFusspaaren c\es}imier]e\hes{Eiiphansia) beobachtet. Auch Gehörorgane kommen vor, bei den Krebsen als Gehörblasen mit Otolithen am häufigsten in der Basis der vordem Antennen , selten in dem als Fächer bekannten Anhang des Hinterleibes. Auch bei den hisecten sind Gehörorgane freilich von sehr abweichendem Bau entdeckt worden. Ebenfalls sehr verbreitet sind Geruchsorgane, welche ihi'en Sitz an der Ober- fläche der vordem Antennen haben und aus zarten Guticularröhrchen oder eigenthüm liehen Zapfen bestehen , an denen die Sinnesnerven mit Anschwel- lungen enden. Als Tastorgane hat man ausserdem die Antennen und Taster der Mundwerkzeuge, die Extremitätenspitzen, sowie eigenthümliche Borsten und Haare der Haut anzusehen, unter welchen \x\e unter entsprechenden Cuti- cularanhängen jener Gliedmassen Nerven mit Ganglienanschwellungen enden. Ein selbstständiger Verdauuugsapparat ist überall deutlich gesondert, aber in sehr verschiedener Gestalt und Höhe der Ausbildung vorhanden. Auch kann eine vollständige Rückbildung des Darmes eintreten, an dessen Stelle wurzelarlige Auswäichse der Körperwand die Function der Ernährung über- nehmen {Rhizoccphülidcu). Der Mund liegt an der untern Kopffläche, von einer Oberlippe überragt und meist rechts und links von den sog. Mundwerkzeugen, welche als modificirte Extremitätenpaare entweder zum Kauen oder zum Stechen und Saugen eingerichtet sind, umstellt. Derselbe führt durch eine engere oder weitere Speiseröhre in den Magendarm, welcher entweder einfach geradgestreckt in der Leibesachse liegt oder sich in mehrfachen Windungen zusammenlegt. Speiseröhre und Magendarm (Chylusmagen) können selbst wieder in mehrfache Abschnitte zerfallen und sowohl Speicheldrüsen als Leber- anhänge verschiedenen Umfanges besitzen. Dazu kommt als dritter Abschnitt ein Enddarm, w-elcher meist durch Dilatoren stark erweitert werden kann, in der Afteröffnung am hintern Leibesende meist ventralwärts nach aussen mündet. Harnabsondernde Excrelionsorgane kommen in weiter Verbreitung vor, in ihrer einfaclisten Form als Zellen der Darmfläche (niedere Krebse), auf einer höhern Stufe als fadenförmige Anhangsschläuche des Darms (Malpighische Gefässe). hidessen treten bei den Grustaceen gesonderte Drüsen in der Schale (Schalendrüsen) oder an der Basis der hintern Fühler (Antennen- drüsen) auf, welche wahrscheinlich morphblogiscli auf Segmentalorgane zu beziehen sind und die Bedeutung von harnabsondernden Organen haben. Auch die Clrculations- und Respirationsorgane zeigen bei den sehr ab- weichenden Stufen der Organisation die grössten Verschiedenheiten. In dem einfachsten Falle erfüllt die helle, seltener gefärbte, oft mit Blutkörperchen er- füllte Blutflüssigkeit die Leibeshöhle und die Zwischenräume aller Organe und circulirt in mehr unregelmässiger Weise zugleich mit der Bewegung ver- schiedener Körpertheile. Nicht selten sind es ganz bestimmte Organe (Darm, schwingende Platten etc.), welche durch regelmässig wiederkehrende Bewegungen compensatorisch auf die Circulation des Blutes wirken und das fehlende Herz ersetzen {Achther es und Cyclops). In anderen Fällen tritt auf der Rücken- fläche oberlialb des Darmes ein kurzes sackförmiges Herz, oder ein längerer in Kammern abgetheilter, getassartiger Schlauch, Riiclcengefäss , als blut- Claus, Zoologie. 4. Auflage. 33 514 Arthropoden. Geschlechtsorgane. Fortpflanzung. treibendes Organ auf. Von diesem aber können auch Gefässe , Arterien , ent- springen, welche die Blutflüssigkeit in bestimmten Richtungen fortführen und sich nach kürzerm oder längerm Verlaufe im Leibesraume öffnen. Endlich kommen auch rückführende Gefasse, Venen, hinzu, welche entweder ebenfalls im Leibesraum beginnen oder mittelst Capillargefässen aus den Enden der Arterien hervorgehen, jedoch auch im letztern Falle mit dem Leibesraum in offener Verbindung stehen. Vollständig geschlossen scheint das Gefasssystem wohl niemals, da sich auch bei der vollkommensten Girculation lacunäre Räume der Leibeshöhle in den Verlauf der Gefässe eingeschoben finden. Die Athnmng wird sehr häufig, besonders bei kleinern und zartern Arthropoden , durch die gesammte Oberfläche des Körpers vermittelt. Bei grössern und wenig compliciiter gebauten Wasserbewohnern übernehmen besondere schlauchförmige, meist verästelte Anhänge der Extremitäten als Kiemen diese Function (Branchiaten), während bei den luftlebenden Insecten, Myriopoden, Scorpionen und Spinnen innere mit Luft gefüllte verästeile Röhren {Tracheen) oder Taschen {Luntjensäcke) zur Re.spiration dienen {Tracheaten). Die Fortpflanzung der Arthropoden ist vorwiegend eine geschlechtliche und erfolgt in keinem Falle durch Theilung und Sprossung, wohl aber zuweilen durch Entwicklung unbefruchteter Eier {Parthenogenese) ^ oder von Keimen, welche innerhalb der noch nicht geschlechtlich differenzirten Anlagen der Genitaldrüsen zur Ausbildung gelangen, hii letztern Falle haben wir eine den General ions Wechsel mit der Parthenogenese innig verknüpfende Form der Fortpflanzung {Aphiden — Cccidomyialarven) , welche jedocli mehr der Heterogonie sich nähert. Ovarien und Hoden sind ihrer Anlage nach ursprünglich paarig, wenn sie auch zuweilen durch mediale Goncrescenz oder einseitigen Schwund auf die einfache Zahl reducirt erscheinen. Gleiches gilt von den Leitungswegen , die oft in ihrer unteren Partie zu einem gemeinsamen Abschnitt mit einfacher medialer Geschlechtsöffnung verschmelzen. Mit Ausnahme der hermaphro- ditischen Cirripedien und Tardiyraden sind die Geschlechter getrennt; Männchen und Weibchen erscheinen in ihrer gesammten Gestalt und Organisaf ion häufig wesentlich verschieden. Selten kommt es wie bei den Schmarolzei krebsen zu einem so au.sgeprägten Dimorphismus des Geschlechtes, dass die Männchen zwergartig klein bleiben und Parasiten ähnlich am Körper des Weibchens fest- sitzen. Während des Begattungsactes, der oftmals eine äu.ssere Vereinigung beider Geschlechter bleibt, werden häufig Samenballen, von mehr oder minder festen Hüllen umgeben, dem weiblichen Genitalsegment angeklebt oder durch das Begattungsorgan in die Vagina eingeschoben , von wo aus sie zuweilen in besondere Samenbehälter gelangen. Die meisten Arthropoden legen Eier ab, indessen konmien in fast allen Gruppen auch vivipare Formen vor; im ersteren Falle werden die Eier häufig von dem Multerthiere umhergetragen oder an geschützten , an entsprechender Nahrung reichen Plätzen abgesetzt. Die Ent- wicklung des Embryo's im Ei characterisirt sich mit Ausnahme der kleinen gedrungenen Embryonen von Cyclopiden , Fentastomen und Milhcn durch die Anlage eines bauchständigen Primitivstreifens, aus welchem besonders die Ganglienkette und die Bauchtheile der Segmente hervorgohn. Dieser weiten I. Classe. Crustacea. 515 verbreiteten Embryonalanlage schreitet bald eine totale bald partielle Dotter- klüftung voraus. Meistens folgt auf die mehr oder minder complicirte Ent- wicklung des Embryo's eine complicirte Metamorphose, während welcher die freilebenden Jugendformen als Larven einen .mehrmaligen Wechsel der Haut erleiden. Nicht selten fehlen der eben ausgeschlüpften Larve noch zahlreiche Segmente und Leibesabschnitte des Mutterthieres, z. B. Myriopoden, Phyllu- poden und Copepodcidarven, in anderen Fällen sind die Segmente des letztern zwar sämmtlich vorhanden, aber nicht zu Regionen verschmolzen, und es gleichen die Larven durch die homonome Segmentirung des Leibes und auch der Innern Organisation , sowie durch Bewegung und Lebensweise den Anne- liden. Endlich kann die Metamorphose eine rückschreitende sein, indem die freilebenden Larven mit Sinnesorganen und Extremitäten ausgestattet sind, während ihrer weitern Entwicklung aber parasitisch werden, Augen und Locomotionsorgane verlieren und zu ungegliederten bizarren {Lernaeen) oder Entozoen-ähnlichen Formen sich umbilden {Fentasioniiden). Auf welchem Wege und durch welche Formen die Arthropoden phylo- genetisch aus Anneliden hervorgegangen sind, steht bislang kaum vermuthungs- weise zu erörtern. Jedenfalls können Larvenformen von Arthropoden wie die Nauplius- und Zoeahrve der Grustaceen — welchen überhaupt keine directe phyletische Bedeutung beizulegen ist — nicht direct auf Anneliden und deren Larven bezogen werden. Vielmehr dürften langgestreckte vielringelige Zwischen- glieder mit zwei Stirnfühlern und gelappten borstentragenden Gliedmassen vorauszusetzen sein. Wie auch in andern Thierkreisen die wasserbewohnenden, durch Kiemen athmenden Formen eine tiefere, ihrer Entstehung nach ursprünglichere Stellung einnehmen, so sind auch unter den Arthropoden die Branchiaten oder Grustaceen die altern , zum Theil auf niederer Lebensstufe zurückgebliebene Glieder. Die Trucheaten erscheinen ihnen gegenüber nicht auf einen einheit- licheg Ursprung zurückführbar, indem sich die von den polygnathen Grustaceen (Gigantostaca) ableitbaren Arachnoideen den in näherer Verwandtschaft ver- bundenen Myriopodcn und Insecten gegenüberstehn. I. Classe. Crustacea'), Krebse. Wasserbewohnende , durch Kiemen athmende Arthropoden {Brünchiata) mit zwei liihleriKiare'n, mit zahlreichen, iheihveise zu Kic.ferfüssen umgestal- teten Beinpaaren am Thorax, häufig mit Füssen auch am Abdomen. Die Grustaceen , deren Namen von der meist erhärteten und mit Kalk erfüllten krustenartigen Körperbedeckung entlehnt ist, indessen für die kleinern 1) Milne Edwards, Histoire naturelle des Crustaces o Vol. nebst Atlas. Paris. 183S— 1840. J. Dana. Crustacea of United States Exploring Expeelition under Capt. Charles Wilkes. 2 Vol. und Atlas. Philadelphia. 1852. Fr. Müller, Für Darwin, Leipzig. 1854. C. Claus, Untersuchungen zur Erforschung der genealogischen Grund- lage des Crustaceensystems. Ein Beitrag zur Descendenzlehre. Wien. 1876. 33* 516 Crustaceen. Körperbau. Gliedmassen. zarthäutigen Formen sehr wenig zutreflend erscheint, bewohnen fast durch- gängig das Wasser, vermittebi jedoch bereits in einzelnen Gruppen den Ueber- gang zum Landleben und bereiten in diesem Falle auch die Luftathmung vor. Ein wichtiger Charakter ist die grosse Zahl von Extremitätenpaaren , welche am Grustaceenleib zur Ausbildung kommen und an allen Segmenten, selbst am Kopfe zum Zwecke der Ortsveränderung verwendet sein können. In der Regel verschmilzt der Kopf mit der Brust oder wenigstens mit einem oder mehreren Segmenten der Brust zu einem Kopfbruststück {Cephalo- thorax), auf welches dann die frei gebliebenen Segmente der Brust folgen; jedoch gibt es auch Beispiele für die Sonderung .sämmtlicher Brustsegmente. Indessen stehen sich Kopf und Brust nur ausnahmsweise so scharf getrennt gegenüber, wie z. B. bei den Insecten, schon desshalb nicht, weil gewisse Gliedmas.sen, die s. g. Beikiefer oder Kieferfüsse, eine vermittelnde Fimction zwischen Kiefern und Fassen ausüben und dem entsprechend auf der Grenze beider Abschnitte sowohl dem Kopf als dem Thorax zugerechnet werden können. Die Verschmelzung der Leibessegmente kann aber auch eine sehr ausgedehnte .sein, indem nicht nur Kopf und Brust unter Rückbildung aller Segmentgrenzen verschmelzen, sondern auch die Grenze von Brust und Ab- domen verwischt, ja sogar die Gliederung des Kopfes ganz und gar unter- drückt ist. Ueberhaupt zeigt die Körporform eine ausserordentliche Variabililät in den einzelnen Gruppen. Sehr häufig findet sich eine vom Kopf (Maxillar- region) ausgehende, den Thorax seitlich überwölbende Hautduplicatur, welche als schildförmige oder zweiklappige Schale einen grössern oder geringern Theil des Leibes bedeckt und stützt. Im Extrem stellt dieselbe eine mantelartige Umhüllung dar, welche durch Einlagerung verkalkter Platten eine äussere Aehnlichkeit mit den Muscheln veranlassen {Cinipedien) kann. In anderen Fällen erinnert die Körperform bei völligem Verluste der Leibesgliederung an absonderlich gestaltete Würmer (Lernaeen). Am Kopfe heften sich gewöhnlich zwei als Sinnesorgane fungirende Antennenpaare an, die aber auch zuweilen als Bew^egungsorgane oder zum Ergreifen und Anklammern dienen. Die von einer Üherlippe überragte Mund- öffnung wird seitlich von einem grossen Kieferpaare {Maudihiddc) umstellt, unter welchem häufig eine kleine als Unterlippe bezeichnete zweilappige Platte {Faratjmtthen) liegt. Die Mandibcln sind einfache, aber sehr feste, erhärtete, meist bezähnte Kauplatten, welche dem Goxalglied des Gliedmassenpaares ent- sprechen und die nachfolgende Gliederreihe desselben als Taster {Maiidihutar- taster) tragen. Es folgen dann noch ein oder mehrere Paare von .scliwächern Kiefern, die Unterkiefer {Maxillae) und ein oder mehrere I'aare von Beikiefern oder Kieferfüssen, welche den Beinen mehr oder minder ähnlich sind und bei parasitischen Formen zum Anklammern verwendet werden. Bei solchen bilden sich Ober- und Unterlippe nicht selten zu einem Saugschnabel um , in welchem die stiletförmigen Mandibeln als Siechwaffen liegen. Die Beine der Bru.st, von denen wenigstens fünf Paare vorhanden sind, zeigen je nach der Lebensweise und dem Gebrauche einen äusserst mannichfaltigen Bau; dieselben sind entweder breite blattförmige Schwimmfüsse {Fhyllopoden) oder zweiästige Ruderfüsse {Copepoden) , die durch Streckung ihrer Aeste als Nervensystem und Sinnesorgane. Kreislauf. 517 Rankenfüsse umgebildet zum Strudeln tauglich werden {Cirripedicu). In andern Fällen dienen sie zum Kriechen, Gehen und Laufen und endigen häufig mit Haken oder Scheeren. Die Gliedmassen des Hinterleibes, welcher häufig in toto bewegt wird und die Locomotion wesentlich unterstützt, sind entweder ausschliesslich Locomotionsorgane, Schwimm- und Springfüsse, und dann von denen des Mittelleibes meist verschieden , oder sie dienen mit ihren Anhängen zur Respiration, auch wohl zum Tragen der Eier und zur Begattung. Nicht minder verschieden als die äussere Form und der Körperbau ver- hält sich die innere Organisation. Das Nervensystem kann aus einer gemein- samen nicht weiter gegliederten Schlundganglienmasse bestehn, welche sowohl dem Gehirn als der Bauchganglienkette entspricht und alle Nerven entsendet. In der Regel aber ist ein grosses Gehirn deutlich gesondert , diesem folgt eine mächtig entwickelte, aber sehr verschieden gestaltete Bauchganglienkette. Auch kann ein reiches Geflecht von Eingeweidenerven nebst Ganglien desSympathicus vorhanden sein. Von Sinnesorganen sind Augen allgemein verbreitet, ent- weder als einfache Punctaugen (unpaarige oder paarige) oder als zusammen- gesetzte Augen mit glatter oder facettirter Hornhaut {Facettenaufjen) , im letztem Falle sitzend oder in bewegliche Stile des Kopfes hinein gerückt. Auch Gehörorfjane kommen vor, meist im Basalgliede der Innern (vordem) Antennen, seilen in den Schwanzplatten am hintern Leibesende {Alijsis). Zur Vermittlung wenigstens des Si)ürsinnes beziehungsweise der Genichsempfindung dienen zarte Haare und Fäden der vordem Antennen. Der VerdaniDujscanal erstreckt sich ziemlich in gerader Richtung vom Mund zum After am hintern Leibesende. Doch nimmt die muskulöse Speise- röhre einen dorsalwärts aufsteigenden gekrümmten Verlauf und erweitert sich bei den grossem Formen vor dem Uebergang in den Magendarm in einen häufig mit Kauplatten bevvatfneten Vormagen (Kaumagen). Am Mitteldarm erheben sich meist paarige, bald einfache, bald vielverzweigte Leberschläuche. Der muskulöse Enddarm bleibt überall kui-z und erscheint meist durcli kräftige als Dilatoren wirkende Muskeln an die Körperwand befestigt. Als harnabsondernde Organe möchten an die Segmentalorgane der Würmer erinnernde Drüsengänge, die sog. Schalendrüse niederer Krebse und die an der Basis der hintern Antennen ausmündende Antennendrüse der Malacostraken zu betrachten sein. Doch können auch am Enddarm kurze den Malpigh'ischen Organen entsprechende Drüsenschläuche auftreten, welche die gleiche Function übernehmen {Atnphipoden). Der Kreislauf erfolgt unter sehr verschiedenen, bereits früher erwähnten Formen und erscheint in allen möglichen Stufen der Vervollkommnung von der grössten Vereinfachung bis zur höchsten Compli- cation eines fast geschlossenen Systemes arterieller und venöser Gelasse. Das Blut ist meist farblos, zuweilen jedoch grün, selbst röthlich gefäi'bt und enthält in der Regel zellige Blutkörperchen. Athmungsorgane fehlen entweder völlig oder sind verästelte Kiemenschläuche an den Brustfüssen oder an den Füssen des Abdomen, im erstem Falle oft von einer besondern Kiemenhöhle an den Seiten des Gephalothorax umschlossen. Mit Ausnahme der hermaphroditischen Girripedien, sowie der Fischasseln, sind alle Krebse getrennten Geschlechtes. Männliche und weibliche Geschlechts- 518 Crustaceen. Geschlecbtsorgane. Entwicklung. Organe münden meist an der Grenze von Thorax und Abdomen, entweder am letzten beziehungsweise drittletzten Brustringe oder am ersten Abdominal- segmente. Beide Geschlechter aber unterscheiden sich in der Regel auch äusserlich durch eine Reihe von Merkmalen. Die Männchen sind häufig kleiner, zuweilen sogar zwergartig und dann einem Parasiten vergleichbar an dem Weibchen befestigt; dieselben besitzen fast durchweg Einrichtungen zum Festhalten des Weibchens und zum Ankleben der Samenschläuche während der Begattung. Die grössern Weibchen dagegen tragen häufig die abgelegten Eier in Eiersäckchen, deren Hüllen sie mittelst des Secrotes besonderer Kiltdrüsen gebildet haben, mit sich herum , in andern Fällen gelangen die Eier in geschützte Bruträume am Leibe , seltener werden sie , durch besondere Eigenschaften ihrer Eihüllen geschützt , an Wasserpflanzen abgelegt {Cypris , Argidus). Die Entivichlwng erfolgt seltener auf directem Wege, indem die Jungen nur ausnahmsweise beim Ausschlüpfen bereits die Körperform der Eltern besitzen. Dagegen beobachtet man fast durchgehends eine complicirte und bei später eintretendem parasitischen Leben eine rückschreitende Metamorphose. Als Ausgangspunkt dieser Entwicklung ist die mit drei Gliedmassenpaaren versehene Naupliusform anzusehn, die freilich in der Regel übersprungen wird. Diese bedeutungsvolle Larve besitzt einen ovalen äusserlich nicht weiter ge- gliederten Leib , an dessen Bauchseite drei Paare von Extremitäten für Tast- empfindung, Nahrungsaufnahme und Fortbewegung sorgen. Die drei Glied- massenpaare entsprechen den spätem Antennen und Mandibeln, der dieselben tragende Leibesabschnitt also den drei vordem Körpersegmenten, dem primären Kopf. Es folgt aber noch ein verjüngter hinterer Leibesabschnitt terminaler Afteröffnung, welcher für das fortschreitende Wachsthum und die Erzeugung der noch fehlenden Segmente dieselbe Bedeutung hat, als der noch indifferente Hinterleib der Annelidenlarve, an dessen Vordergrenze sich die spätem Segmente sondern. Der die drei Kopfsegmente repräsentirendo Hauptabschnitt enthält auch bereits die zugehörigen Nervencentren als Gehirnganglion , Schlundring (das durch den Oesophagus getrennte Ganglion des Mundsegments mit dem zweiten Antennenpaar) und die untere Schlundganglienanlage für den Mandibel- fuss, dessen Segment dem ersten Rumpfsegment des Annelidenkörpers ent- sprechen würde. Das vordere Extremitätenpaar, aus einem oder zwei lang- gestreckten Gliedern gebildet und dem Fühlerpaar am Kopf der Annelidenlarve ') gleich werthig, ist vornehmlich Tast- und Sinnesorgan. Dahingegen hat das zweite Paar die Bedeutung als Ruder und zugleich als Mundvverkzeug. Zwei- ästig, wie auch das kleinere dritte Gliedmassenpaar, entspringt dasselbe rechts und links zu den Seiten einer kappenförmig den Mund überdeckenden Ober- lippe, um während und mit Hülfe seiner Schwimmbewegungen, welche Ruder- schlägen vergleichbar den Körper forttreiben, durch Hakenfortsätze an der 1) Es bedarf kaum einer nähern Erörterung zum Beweise, dass eine directe Beziehung zwischen Trophophora (Annelidenlarve) und NaupUus, wie sie Hatschek annimmt, wenn er den Naupliuskörper als eine ungegliederte der Metanierenbildung noch entbehrende Form betrachtet, unzulässig erscheint, da die morphologische Parallele nur indirect durch Vermittlung einer vielgliedrigen Stammform, von welcher Arthropen- charaktere zurück auf die Larvenform übertragen wurden, ermöglicht wird. Naupliuslarve. Eiiitheilung. 519 Innenseite seines Basalabschnitts Nahrungsstoffe unter die Oberlippe in den Mund zu schieben, hi beiden Functionen wird dasselbe durch das dritte eben- falls zweiästige Gliedmassen paar unterstützt, an dessen Basis erst später der Mandibelfortsatz vorwächst, welcher zu dem wichtigsten definitiven Organ der Nahrungsbearbeitung wird. Von Innern Organen des Nauplius ist ein einfaches dem Gehirn auflagerndes Medianauge, der bereits in Oesophagus, Mitteldarm und Enddarm gegliederte Verdauungscanal und eine Drüsenschleife am zweiten Gliedniassenpaar (Antennendrüse) hervorzuheben. Von morphologischer Bedeutung erscheint eine schwache die Gonturen des hintern Körperabschnitts wiederholende Falte der R.ückenhaut die erste Anlage der so verbreiteten Schild- oder Schalenduplicatur. Mit fortschreitender Grössenzunahme des Larvenkörpers differenziren sich hinter dem Mandibelsegmente an der Basis des analen Abschnitts neue Segmente wie bei den Anneliden in continuirlicher Aufeinanderfolge von von vorn nach hinten , so dass zunächst das vierte (Segment des Maxillenpaares), dann das fünfte, sechste etc. Segment mit ihren Gliedmassenanlagen hervortreten. Diese tragen ursprünglich durchaus den Gharacter von Beinen und werden erst während der weitern Entwicklung theilweise zu Hülfswerkzeugen der Nahrungsaufnahme zu Maxillen und Maxillar- füssen umgestaltet. Nach diesem V^achstlmmsgesetze entstehen zuerst der Reihe nach die Segmente des Mitteheibes, später die des Abdomens, bis nach Ausbildung einer ganz bestimmten Segmentzahl bei höchst verschiedener Gestaltung der zugehörigen Gliedmassenpaare ein indifferenter, sich nicht weiter gliederndes Terminalstück als Aftersegment nebst Furcalfbrtsätzen (Telsoii der Malacostraken) zurückbleibt. Bei den höheren Crustaceen verlässt die Larve gewöhnlich auf einer höheren Stufe der Gestaltung bereits mit 7 Gliedmassenpaaren und segmen- tirten Abdomen als Zoea die Eihüllen. In einzelnen Fällen (Cladoceren, Artemia, Äpus) ist die Entwicklungs- fähigkeit unbefruchteter Eier {Parthenogenese) constatirt. Solche Eier können als sog. Sommereier (Daphnia) durch den Reichthum an Fettkugeln und die zarte Beschaffenheit der Hülle von den der Befruchtung bedürftigen hartschaligen Wintereiern unterschieden sein. Fast alle Crustaceen nähren sich von thierischen Stoffen, viele saugend von Säften lebender Thiere, an denen sie schmarotzen. Zur systematischen Uebersicht des überaus vielgestaltigen Formengebiets erscheint es naturgemäss, die zahlreichen Ordnungen in Reihen zusammen- zustellen. Als Enlouiostraca (0. Fr. Müller) fassen wir die kleinen einfacher organisirten Crustaceen von überaus variirender Zahl und Gestaltung der Gliedmassen zusammen, die Ordnungen der Phyllopoden, Ostracoden, Copepoden und Cirripedicn. Denselben stehen a.\s TJalakos fr aca (Aristoteles) die durch eine be- stimmte Zahl von Leibessegmenten und Gliedmassen charakterisirten höheren Crustaceen gegenüber und zwar als Ärthrostraca, die Ordnungen der Ämphi- poden und Isopopen., als Thoracostraca die Ordnungen der Cuinaceen, Stoma- topoden und Fodophthalmen {Schuopoden und Decapoden). 520 1. Ordnung. Phyllopoda. Dazu kommt die seither mit Unrecht unter den Phyllopoden aufgenom- mene Gattung Nehalia^ Avelche vielleicht mit den paläozoischen Gruslaceen- gattungen Hymtnocaris, Peltocaris, Dktyocaris etc. nahe verwandt war. Die- selbe dürfte man als Repräsentant einer alten die Phyllopoden und Malacoslraken verbindenden Gruppe betrachten und unter den letztern als Leptostraca auf- nehmen können. Den beiden Hauptabtheilungen gegenüber haben wir endlich als Gkjauto- straca eine Anzahl grossentheils fossiler und schon den ältesten Formationen angehörigen Grustaceenordnungen zu vereinigen, deren Entwicklungsgeschichte keinen sichern Rest des für jene Reihen so bedeutungsvollen Naupli ussiadiums aufweist, während sich mit grosser Wahrscheinlichkeit Verwandtschafts- beziehungen zu den Arachnoideen feststellen lassen. Es sind die Ordnungen der Merostomen, Xiphosuren, denen vielleicht die Trüobiten anzuschliessen sind. I. JEntoniostraca. I.Ordnung. Phyllopoda i), Phyllopoden- Crustaceen von gestrecktem, oft deutlich (jegliedertem Körper, meist mit flacher schildförmiger oder seitlich comprimirter gweischal'iger Hantduplicatur, mit mindestens 4 Paaren von blattförmigen , gelappten Schivimm fassen. Eine Gruppe von äusserst verschieden gestalteten kleinern und grössern Crustaceen, welche in der Bildung ihrer blattförmigen gelappten Beine über- einstimmen , in der Zahl der Leibessegmente und Extremitäten , sowie in der Innern Organisation mannichfach abweichen. Nach Körperbau und innerer Organisation wie Entwicklung erscheinen dieselben ursprünglichen Verhältnissen am nächsten zu stehen und als die am wenigsten veränderten Abkömmlinge alter Typen betrachtet werden zu können. Der Leib ist entweder cylindiisch, langgestreckt und deutlich segmentirt, ohne freie Hautduplicatur der Rücken- fläche, z. B. Branchipiis , oder von einem breiten und abgeflachten Schilde bedeckt , welches sich am Kopfbruststück erhebt , indessen den hinteren Theil des ebenfalls deutlich segmentirten Leibes frei hervortreten lässt, z. B. Apus. In anderen Fällen ist der Körper seitlich comprimirt und von einem zweilappigen schalenähnlichen Mantel eingeschlossen, aus welchem der Vordertheil des Kopfes hervorragt, Cladoceren, oder endlich der seitlich comprimirte Körper 1) Ausser den Werken von 0. Fr. Müller, Jiirine, M. Edwards, Dana vergl. Zaddach, De Apodis cancriformis anatome et historia evolutionis. Bonnae. 1841. S. Fischer, Ueber die in der Umgebung von St. Petersburg vorkommenden Branchio- poden und Entoinostracen. Memoires pres. a l'acad. de St. Petersburg. Tom. VI. E. Grube, Bemerkungen über die Phyllopoden. Archiv für Naturg. ISnS und 18G5. Fr. Leydig, Ueber Artemia salina und Branchipus stagnalis. Zeitschr. für wiss. Zool. lll. 1851. Derselbe, Monographie der Daphniden. Tübingen. 18G0. P. E. Müller» Danraarks Cladocera. Naturh. Tidsskrift III. R. Tom. V. 1867. Derselbe, Bidrag til Cladocerernes Forplantning-historie. Ebendas. Kjöbenhavn. 18G8. C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Branchipus stagnalis und Apus cancriformis. Abh. der Königl. Gesellschaft der Wissensch. Göttingen. 1873. Körperbau und Gliedmassenbildung. Nervensystem. 521 wird von der Rückenfläche aus vollständig von einer zweiklappigen Schale bedeckt, Estheriden. Eine deutliche Sonderung der Hauptabschnitte unter- bleibt in der Regel , doch setzt sich der Kopf zuweilen schärfer ab , während Mittelleib und Abdomen oft nicht bestimmt abzugrenzen sind, wenn sich die Bein paare in grosser Zahl am Rumpfe wiederholen. Meist bleiben jedoch die hintern Segmente gliedmassenlos. Sehr oft endet der Hinterleib mit einem ventrahvärts nach vorn umgebogenen Schwanzanhang, welcher an den Seiten des hintern Randes zwei Reihen nach hinten gericliteter Krallen trägt, von denen die beiden letzten an der Spitze des Schwanzanhanges entspringen und bei weitem am stärksten sind. \n andern Fällen endet derselbe mit zwei flossenförmigen Furcalgliedern (Branchipiis). Am Kopfe finden wir zwei Paare von Fühlern, welche indess am er- wachsenen Thiere theils rückgebildet, theils in eigenthümlicher Weise um- geformt sein können. Die vordem, schlechthin als Tastantennen bezeichnet, sind zugleich die Träger der zarten Geruchsßiden und treten im männlichen Geschlechte oft durch ansehnlichere Grösse hervor. Nur selten werden die- selben ZLi Zwecken der Begattung verwendet. Die hintern Antennen sind häufig grosse zweiästige Ruderarme, können aber auch beim Männchen Greif- organe sein, z. B. Branchipiis. In andern Fällen [Apus) verkümmern sie und fallen selbst ganz weg. Von Mundwerkzeugen unterscheidet man überall unter- halb der ansehnlichen Oberlippe zwei breite verhornte, im ausgebildeten Zu- stande stets tasterlose Mandibeln mit bezähnter Kaufläche, denen noch ein oder zwei Paare von schwachen Maxillen folgen. Auch eine Art Unterlippe ist in vielen Fällen in Form von zwei Erhebungen hinter der Mandibel nach- weisbar. Am Thorax erheben sich die Beine, welche meist in bedeutender Zahl auftreten , dann aber nach dem hintern Körperende zu kleiner und einfacher werden. Dieselben bilden blattförmig gelappte zweiästige Schwimmfüsse in dichter Aufeinanderfolge und dienen zugleich als Hülfswerkzeuge der Nahrungs- aufnahme und Respiration. Auf den kurzen meist mit einem Kieferfortsatz ver- sehenen Basalabschnitt folgt ein langer blattförmiger Stamm, dessen Innenrand in eine grössere Zahl borstentragender Lappen eingekerbt ist, und sich direct in den mehrfach gelappten Innern Ast fortsetzt. An seiner Aussenseite trägt der Stamm eine borstenrandige meist zweizipflige Athemplatte, die dem äussern Fussast entspricht und nahe der Basis ein schlauchförmiges Kiemensäckchen. Indessen können die vordem ja sogar sämmtliche Beinpaare {Leptodora) auch als cylindrische Greiffüsse umgestaltet sein und der Kiemenanhänge entbehren. Das Nervensystem der Phyllopoden besteht aus dem Gehirn und einer stricJdeiterfönmgen Bauchganglienkotte, deren Ganglien meist durch breite Quercommissuren mit einander verbunden sind , der Zahl nach aber je nach der Länge des Leibes und nach der Zahl der Beinpaare sehr variiren. Das Gehirn entsendet Nerven zu den vordem Antennen und zu den Augen. Diese sind theils zusammengesetzte Augen mit glatter Hornhaut und als solche von ansehnlicher Grösse und vollständiger Beweglichkeit meist in paarigei- Zahl und in die Seitenhälften des Kopfes, selten sogar in stilarlige Erliebungen hinein- gerückt, theils unregelmässige Augenflecken oder kleinere x förmige Punkt- augen, welche in nur einfacher Zahl auftreten und der Medianebene angehören. 522 Phyllopoden. Sinnesorgane. Darracanal und Kreislauf. Fortpflanzung. Am Verdauungscanal unterscheidet man eine enge muskulöse Speise- röhre, einen langgestreckten, selten gewundenen Magendarm, an dessen An- fangstheil zwei blindsaekförmige Ausstülpungen oder zwei mehrfach gelappte Leberschläuche aufsitzen, und einen am hintern Körperende in der After Öffnung ausmündenden Enddarm. Ganz allgemein beobachtet man in der als Schale zu bezeichnenden Haut- duplicatur ein in Windungen zusammengelegtes, unter dem Namen der Schalen- drüse bekanntes Excretionsorgan , welches durch eine besondere Oeffnung an der hintern Maxilie ausmündet. Von dieser Schalendrüse ist eine andere schleifenförmig gewundene Drüse wohl zu unterscheiden, die Antennendrüse, die jedoch nur im Larvenleben nachgewiesen wurde. Ein anderes den Phyllo- poden gemeinsames (aber oft frühzeitig rückgebildetes) Organ ist die häufig als Haftorgan fungirende Nackendrüse. Ueberall findet sich ein Circidationsapparat entweder als kurzes sack- förmiges Herz mit nur zwei seitlichen venösen und einer vordem arteriellen Spaltöffnung, oder als langgestrecktes gekammertes Rückengefäss mit zahl- reichen Ostienpaaren. Die Blutbewegung erfolgt in bestimmten wandungs- losen Bahnen des Leibes und ist trotz des Mangels von Gefässen eine sehr regelmässige. Zur Eespiradon dient die gesammte, sowohl durch die Schalen- duplicatur als durch die blattförmigen Schwimmfüsse sehr vergrösserte Ober- fläche des Körpers. Die Branchialanhänge der Schwnmmfüsse, in denen übrigens die Blutströmungen nicht reichlicher als in den Schalen auftreten, entsprechen nach Lage und wohl auch Function den Kiemen der Decapoden, während die bewegliche borstenrandige Platte wie die homologen Anhänge der Ostracodengliedmassen als Athemplatte zur Regulirung des umspülenden Wasserstroms dient. Alle Phyllopoden sind getrennten Geschlechtes, die Männchen und Weibchen auch durch äussere Unterschiede, namentlich durch den Bau der grössern und reicher mit Riechhaaren besetzten vordem Antennen und auch wohl der vordem Schwimmfüsse kenntlich, welche im männlichen Geschlechte mit Greifhaken bewaffnet sind, hn Allgemeinen treten die Männchen minder häufig und in der Regel nur in bestimmten Jahreszeiten auf. Indessen ver- mögen die Weibchen der Daphniden auch ohne Begattung und Befruchtung Eier zu produciren, welche als sogenannte Sommereier spontan zur Entwick- lung gelangen und zur Entstehung mehrfacher, männlicher Thiere entbehrender Generationen führen. Auch bei einzelnen Gattungen von Branchiopoden ist Parthenogenese Regel, z. B. bei Artenna und bei Apus, dessen Männchen erst seit wenigen Jahren bekannt geworden sind. Meist tragen die Weibchen die abgelegten Eier an besondern Anhängen oder auf der Rückenfläche in einer Art Bruthöhle unter der Schale mit sich herum. Die aus- schlüpfenden Jungen besitzen entweder bereits die Form der ausgewachsenen Geschlechtsthiere {Cladoceren) oder durchlaufen eine complicirte Metamorphose, indem sie als Naupliuslarven mit drei Gliedmassenpaaren die Eihüllen ver- lassen. Die Phyllopoden bewohnen zum kleinern Theile das Meer, leben vielmehr vorzugsweise in stehenden süssen Gewässern, einzelne auch in Salzlachen. 1. Unterordnung. Branchiopoda. 523 Aus früheren Perioden der Erdbildung sind zahlreiche, meist durch bedeutendere Körpergrösse ausgezeichnete Grustaceenreste bekannt geworden, welche man grossentheils , freilich ohne ausreichende Begründung, als Phyllopoden zu betrachten pflegt. 1. Unterordnung. Branchiopoda ^), Branchiopoden. Phyllopoden von ansehnlicher Grösse mit deutlich segmentirtem Körper, oft von einer flachen schildförmigen oder seitlich comprimirten zweildappigcn Schale umschlossen , mit 10 bis etwa 40 Paaren von blattförmigen Schwimm- füssen und wohl entwickelten Kiemenanhängen. Die Branchiopoden unterscheiden sich von den Cladoceren durch ihre bedeutendere Körpergrösse, beträchtlichere Zahl von Gliedmassen und com- plicirtere innere Organisation. Die Gestalt des Körpers kann dabei eine sehr verschiedene sein. Einige (Branchiopoden) besitzen einen langgestreckten fast cylindrischen Leib und entbehren einer freien Hautduplicatur an der Rücken- fläche , andere (Apusiden) sind von einer breiten und flachen schild- förmigen Schale bedeckt , an deren tief eingebuchtetem Hinterrande der End- theil des Abdomens mit seinen borstenförmigen Furcalgliedern hervorragt. Wieder andere {Estheriden, Limnadiden) tragen eine zweiklappige muschel- ähnliche Schale, welche den ganzen Körper vollständig umschliesst. Alle besitzen zwei grosse zusammengesetzte Augen, die selbst in beweglichen Stilen eingelagert sein können (Branchipus) und ein medianes dem Gyclopsauge entsprechendes Nebenauge, beziehungsweise einen Pigmentfleck {Estheriden). Die vordem meist kurzen Fühler erscheinen überall aus einer einzigen Glieder- reihe gebildet und tragen zahlreiche Riechfäden. Die hintern Fühler erreichen in der Regel (die Apusiden ausgenommen , bei denen sie ganz hinwegfallen) eine ansehnliche Grösse und dienen als zweiästige Ruderarme. Auf die kräftigen von der vorstehenden Oberlippe theilweise bedeckten Mandibeln folgen überall zwei Paare von Maxillen, welche sich meist als einfache borstenbesesetzte Kauplatten darstellen, von denen das vordere Paar auch einen kleinen lappigen Tasteranhang tragen kann. An dem zweiten Paare mündet wahrscheinlich 1) Ausser den bereits citirten Schriften von Zaddach, GruVje, Lievin u.a. vergl. Schäffer, Der Krebsartige Kieferfuss etc. Regensburg. 1756. Brongiart, Mem. sur le Lininadia. Mem. du Mus. d'hist. nat. Tom. VI. Joly, Recherches zool. anat. physiolog. sur risaura cycladoides. Annales des scienc. nat. II. Ser. Tom. XVII. 1842. A. Kozu- bowski, üeber den männlichen Apus cancriformis. Archiv für Naturg. Tom. XXIII. 1857. Klunzinger, Beiträge zur Kenntniss der Limnadiden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XIV. 1864. Lerebouillet, Observations sur la generation et le developpement de la Limnadie de Hermann. Ann. sei. nat. V. Ser. Tom. V. 1865. E. Grube, Ueber die Gattungen Esther ia und Limnadia und einen neuen Apus. Archiv für Naturg. Tom. XXXI. 1865. v. Siebold, Beiträge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig. 1871. C. Claus, Zur Kenntniss des Baues und der Entwicklung von Branchipus und Apus etc. Göttingen. 1873. Fr. Spangenberg, Zur Kenntniss von Branchipus stagnalis. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXV. 1875. Wl. Schmankewitsch, Zur Kenntniss des Einflusses der äussern Lebensbedingungen auf die Organisation der Thiere. Ebend. Tom. XXIX. 524 Branchiopoden. Nervensystem. Fortpflanzung. Entwicklung. Überall die Schalendrüse aus. Die Beinpaare wiederholen sich in 10- bis 40facher Zahl und tragen grosse Branchialanhänge. In der Regel besitzen dieselben einen fünflapjDigen Stamm (an dessen Basis auch eine Art Kieferlade auftreten kann) und als borstenrandigen Dorsalzipfel die Anlage eines Aussen- astes. Die Beine enthalten zuweilen Drüsenzeilen mit langen Ausführungs- röhrchen (Brauchipus). Das Nervensystem zeichnet sich durch die Länge der überall strickleiter- förmigen Bauchganglienkette und durch die reiche Entfaltung von sensibeln an Tastborsten herantretenden Hautnerven aus. Mandibel und Kieferganglien bleiben in der Regel gesondert, ohne zu einem gemeinsamen untern Schlund- ganglion zu verschmelzen. Die frontalen Sinnesorgane mit Ganglien und Guticularanhängen sind ansehnlich entwickelt. Der Darmcanal besitzt zwei seitliche, nur ausnahmsweise kurze und einfach schlauchförmige (Branchipus), in der Regel traubig verästelte und gelappte Leberanhänge. Das Herz erscheint als ein gestrecktes Rückengefäss mit zahlreichen Paaren seitlicher Spaltöffnungen und bleibt entweder auf die vordere Partie der Brustregion beschränkt oder erstreckt sich durch die ganze Länge von Brust und Hinterleib {Brauchipus). Gewundene Schalendiüsen von mächtigem Umfang werden überall nachgewiesen und lassen sich dem Verlauf ihrer Windungen nach auf eine bestimmte auch bei den Gladoceren wiederkehrende Grundform zurückführen. Auch Reste des Nackenorganes sind überall erhalten. Die stets paarigen zu den Seiten des Darmcunals gelegenen Geschlechts- organe münden im Allgemeinen an der Grenze von Brust und Abdomen. Im weiblichen Geschlechte sind es kleine Spaltöffnungen, im männlichen Geschlechte können sich an die Ausmündungsstellen vorstülpbare Begaltungsorgane an- schliessen {Brauchipus). Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen auch durch accessorische Geschlechtscharaktere, vornehmlich durch die Be- waffnung der vordem oder zwei vordem Beinpaare mit Greif haken {Estheriden) oder durch die Umbildung der hintern Antennen zu Greifwerkzeugen {Brau- chipus). Auch bietet nicht selten die Gestalt der vordem Antennen, des Kopfes und des Hinterleibes bemerkenswerthe Abweichungen im männlichen Geschlecht. Auffallend ist das seltene Vorkommen der Männchen, die nur unter gewissen Bedingungen in bestimmten Generationen aufzutreten scheinen, mit denen parthenogenetisch sich fortpflanzende Generationen wechseln. Die Eier ent- wickeln sich allgemein unter dem Schutze des mütterlichen Körpers, entweder in einem taschenförmigen Brutraum des Abdomens {Brauchipus) oder zwischen den Schalen des Mutterthieres an fadenförmigen {Estheriden) oder in säckchen- ähnlichen {Apusiden) Anhängen bestimmter (9ten — Uten) Beinpaare getragen. Dieselben durchlaufen soweit bekannt eine totale Dotterfurchung und schlüpfen als Naupliuslarven mit 3 Glied masseni)aarcn aus, von denen jedoch die vor- dem (die spätem Vorderfühler) bei den Estheriden nur schwache mit einer Borste besetzte Erhebungen darstellen, die des dritten Paares dagegen bei Apus klein und verkünmiert sind. Die freie Entwicklung ist eine complicirte mit zahlreichen Häutungen verbundene Metamorphose. Bevor noch in der Maxillargegend die Anlage der Schalendrüse nachgewiesen werden kann, fungirt die Drüsenschlcife an der Metamorphose. Vorkommen und Lebensweise. 525 Basis des zweiten Gliedmassenpaares (spätere Antenne des zweiten Paares), an dessen Mundhaken sie ausmi^indet. Während sich mit dem Wachsthum der Larve der hintere Leibesabschnitt kegelförmig streckt , sondern sich von der Basis desselben allmählig der Reihe nach als Querringe die noch fehlenden Leibessegmente. Kurz und nicht scharf in Segmenten abgesetzt, bleibt die auf die Mandibeln folgende Kieferregion, an deren Rückenseite sich bei Apus und den Estheriden die Schalenduplicatur entwickelt. Mit dem fortschreitenden Wachsthum tritt zu den Seiten des unpaaren Stirnauges das zusammengesetzte Seitenauge hervor, dessen Anlagen in der Medianlinie zusammentreten {Esthe- riden) oder auch getrennt bleiben, ja in beweglich sich abhebende Suitenstücke des Kopfes hineinrücken können (Stilaugen von BrancMpus). Auch das Nacken- organ tritt frühzeitig an der Rückenseite als schildförmige Umsäumung auf und erhält sich als kleiner Nackenschild am Vorderkopf des ausgebildeten Thieres. Nur bei Limnadia wächst dasselbe zu einem zapfenförmig vortretenden Haftapparat aus. An dem sich streckenden Hinterkörper wird durch einen breiten Mesodermstreifen nebst medialer Ectodermwucherung ein bauchständiger Keimstreifen gebildet, aus dem sich die Ursegmente mit Gliedmassen- und Ganglienanlagen abgliedern. An der Rückenseite entsteht das Herz aus paarigen Anlagen, welche sich rechts und links am Randwulste des Mesodermstreifens segmentweise abgliedern. Später verschwinden die Beinanhänge der Mandibel, während die Gliedmassen des zweiten Paares in den verschiedenen Familien eine ungleiche Umbildung erfahren. Die Branchiopoden gehören fast durchweg den Binnengewässern an und leben vornehmlich in seichten Süsswasserlachen. Einzelne Arten wie Ärtemia salina wurden in Salzlachen gefunden. Bemerkenswerth sind die Veränderungen, welche die Variation im Salzgehalt auf Körpergrösse und Gliedmassengestaltung auszuüben vermag. Nach Schmankiewitz gewinnt Arteinia salina in Salz- wasser von stärkerer Goncentration eine grössere Kiemenoberfläche, während sich die Schwanzlappen zurückbilden und die Körpergrösse reducirt wird, kurz die Charaktere der Ä. Mühlhausenii hervortreten. Umgekehrt soll sich die erstere in minder concentrirtem Salzwasser zu einer die Charaktere von Bran- chipus annehmenden Form umgestalten, indem das letzte lange Schwanzsegment in zwei kurze Segmente zerfällt, somit das Abdomen 9gliedrig wird , die Länge der Scliwanzlappen und die Zahl ihrer Borsten zunimmt. Merkwürdig ist neben der grossen Verbreitung das zerstreute und gelegentliche Vorkommen von Arteniia, Apus, Brcmchipus etc. an ganz bestimmten Lokalitäten, an denen diese Branchio[)oden verschwinden , Jahre lang fehlen und dann nach Ueber- schwemmungon und heftigen Regengüssen wieder erscheinen. Er erklärt sich diese Erscheinung jedoch aus der Fähigkeit der Eier, anhaltender Trockniss Widerstand zu leisten. Dasselbe gilt auch für Cydopiden, Cladoceren, Rotifcren etc. Auch in der Vor weit hatten die Branchiopoden eine ausserordentliche Verbreitung. Wie wir gegenwärtig Estheriasirien aus allen Weltthcilen kennen, so finden sich schon von den Devonischen Schichten an fast in allen For- mationen zweiklappige zu den Estheriden gehörige Schalen , z. B. Esthcriu (V) 526 Branchipodidae. membranacca im Old Red Sandstone Britanniens. E. (Fosydonomya) minuta im Keuper Deutschlands. Dass die zu den ältesten Petrefacten gehörige Hymenocaris aus der Primordialzone, sowie die ebenfalls theils silurischen theils der Steinkohlen- formation zugehörigen Gattungen Fcltocaris, Ceraiiocuris, Diciyocaris, Dithy- rocaris und Arges sämmtlich wahre Phyllopoden gewesen sind, lässt sich nach den bis jetzt bekannt gewordenen Anhaltspunkten nicht beweisen, hn Habitus ihrer Form nähern sie sich theilweise den Äpusiden, theilweise der irrthümlich als Phyllopode betrachteten Nehalia. 1. Farn. Branchipodidae '). Leib langgestreckt, ohne Schalenumhüllung, mit meist 11 Paaren blattförmiger Beine und gestreckt-cylindrischem vielgliedrigen Abdomen, welches mit zwei Furcalplatten endet. Kopf scharf abgesetzt mit langgestielten beweglichen Seitenaugen. Die Tastantennen borstenförmig , die Antennen des zweiten Paares erscheinen als abwärts gebogene kleine Platten, beim Männchen jedoch als mächtige zum Ergreifen des Weibchens dienende Hörner. Darm mit zwei Blindschläuchen anstatt der Leber. Das Herz durchsetzt als vielkammeriges Rückengefäss den ganzen Körper. In beiden Geschlechtern erweitern sich die beiden ersten Abdominalsegnient« an der Bauchfläche und bilden einen stark vorspringenden Genital wulst mit den Geschlechts- öffnungen. Hoden und Ovarien liegen als zwei Zellenstränge seitlich vom Darm in den vordem Segmenten des Abdomens und reichen mit ihrem Vorderende bis in das letzte Brustsegment, um von hier in die Leitungswege umzubiegen. Im weiblichen Geschlecht vereinigen sich die beiden Eileiter in dem sackförmig aufgetriebenen Genitalsegment zur Bildung eines Uterus-ähnlichen Brutbehälters, welcher mittelst kurzer durch Ein- stülpung entstandener Scheide ausmündet. Zu jeder Seite des Uterus liegt aber noch ein bräunlich gefärbter Drüsenstrang, welcher perlschnurähnlich aus zahlreichen kugligen mittelst enger Ausführungsgänge (von denen jeder aus einer Zelle entstanden ist) ver- bundenen Drüsenzellen besteht. Das Secret dieser Drüsen fliesst mit jeder Eierlage in den Uterus ein und erhärtet im Umkreis der Eier zur Bildung einer braunen Eierschale. Im männlichen Geschlecht bleiben die aus den Hoden entspringenden muskulösen Samen- leiter getrennt, bilden geräumige Samenblasen und münden in paarigen vorstülpbaren Genitalzapfen, welche als Copulationsorgane zu betrachten sind, aus. Die Entwicklung, durch totale Dotterklüftung eingeleitet, erfolgt meist im Uterus, die ausschlüpfenden Larven sind Naupliusformen mit 3 Gliedraassenpaaren und durchlaufen eine complicirte Metamorphose. Branchipus Schaff. {Chirocephalus Prev.). Greifantennen des Männchens an der Basis mit zangenförmigem Fortsatz und oft mit fingerförmigen Anhängen. Abdomen 9gliedrig, mit langen borstenrandigen Furcallappen. B. pisciformis Schaff. = B. stagnalis L. , in Lachen Deutschlands zugleich mit Apus cancriformis. Br. diaphanus Pröv., Frankreich. Br. Josephinae Gr., Dorpat. Artemia Leach. Greifantennen des Männchens ohne Fortsätze der Basis. Abdomen mit kurzen nur an der Spitze mit Borsten besetzten Furcalanhängen , Sgliedrig. Legen bald hartschalige Eier ab, bald sind sie lebendig gebärend. A. salina L., in Salzlachen bei Triest, Montpellier, Cagliari und Lymington. A. Milhausenii Fisch, v. Waldh. Krim. Polyartemia Fisch. Mit 19 Beinpaaren und nur 3 bis 4 fusslosen Segmenten. P. forcipata Fisch., in Pfützen der Tundra. 1) Ausser Schäffer, Grube. Leydig, Claus und Spangenberg 1. c. veigl. Kitsche, üeber die Geschlechtsorgane voia. Branchipus Grubei. Zeitschr. für wiss. Zool. Suppl. Heft. 1875. Brauer, Beiträge zur Kenntniss der Phyllopoden. Sitzungsber. der K. Akad. der Wissensch. Wien. 1877. Apusidae. Estheridae. 527 2. Farn. Apnsidae '). Leib von einem flach gewölbten mit dem Kopf und den voi-dern Brustsegmenten verwachsenen Rückenschilde bedeckt. An diesem sitzen die zusammengesetzten Augen, der Mitte genähert, vor denselben das einfache Auge. Die Tastantennen sind kurze zweigliedrige Fädchen, die hintern, welche bei der Larve einen zweiästigen Ruderarm bilden, fallen ganz aus. Magenanhänge stark entwickelt, Herz auf die Vorderhälfte des Rumpfes beschränkt. 30 bis nahezu 40 Paare von Beinen, von denen das vox'dere in drei lange Geissein ausläuft. Das Ute Beinpaar trägt beim Weibchen eine zweiklappige, durch Umbildung des äussern Branchialanhangs und der Fussplatte entstandene Kapsel zur Aufnahme der Eier. An dem Segmente dieses Glied- massen paares liegt auch die Geschlechtsöffnung. Die hintern Segmente des mit zwei langen Schwanzfäden endenden Hinterleibes sind fusslos. Die nur selten auftretenden erst durch Kozubowski bekannt gewordenen Männchen sind an der normalen Gestaltung des Uten Beinpaares kenntlich und besitzen nach Brauer ein gliedmassenloses Segment mehr als die Weibchen. Die ausschlüpfenden Naupliuslarven entbehren noch eines Rücken- schildes. Leben in Pfützen und Süsswasserlachen mit Branchipus vei'gesellschaftet, ver- schwinden nach der Austrocknung des Wassers jahrelang und treten dann nach Ueber- schwemmungen und heftigen Regengüssen wieder massenhaft auf Die Erklärung dieser auffallenden Erscheinung liegt in der Fähigkeit der Eier, in dem ausgetrockneten Schlamm lange Zeit entwicklungsfähig zu bleiben. Es ist sogar durch wiederholte Beobachtungen erwiesen worden, dass sich die Eier meist nur dann entwickeln, wenn sie zuvor längere Zeit trocken gelegen haben. Interessant ist das Auftreten parthenogenetisch sich fort- pflanzender Generationen (Thelytokie). Apus Schaff. Mit den Charakteren der Familie. A. cancrifonnis Schaff., der kresartige Kiemenfuss mit der kurzen Schwanzklappe, Deutschland. A. siiäanicus Br. A. (lif^parBv., Afrikanische Arten. A.{Lepidurus) producitis h. Der krebsartige Kiemen- fuss mit der langen Schwanzklappe (SchäflFer). A. glacialis Kr., Grönland. A. longi- caiida Le Conte, Nordamerika. 8. Faiu. Estheridae. Körper von einer zweischaligen Ghitinschale vollständig umschlossen. Kopf am Scheitel durch eine Incisur gesondei-t, in beiden Geschlechtern verschieden. Die zusammengesetzten Augen in der Mittellinie zusammengerückt. Die vordem Antennen vielgliedrig , die hintern meist zweiästige kräftige Ruderaruie. Die Zahl der Beinpaare schwankt zwischen 10 und 27 Paaren. Das vordere oder auch die beiden vordei-n Paare sind beim Männchen mit Greifhaken bewaffnet. Das Endsegment des fusslosen Hinterleibes trägt am Hinterrande zwei gefiederte Rückenborsten, hinter denen sich dasselbe in zwei verticale mit Endhaken versehene Blätter spaltet. Das Herz ist auf den vordem Theil der Kopfbrustgegend beschränkt. Die Larven entbehren noch der Schale, können statt derselben jedoch von einem Riickenschild bedeckt sein {Limnetis) und besitzen nur zwei zum Schwimmen dienende Extreraitätenpaare, die spätem Antennen des zweiten Paares und die Mandibeln, zu denen jedoch noch die Anlagen der Vorder- fühler als Hautwülste mit je einer Borste hinzukommen. Limnetis Loven {Hedessa Lievin). Schale oval, mehr oder minder kuglig. Vordere Antennen kurz, keulenförmig, 2gliedrig. Maxillen des zweiten Paares fehlen. 10 bis 12 Beinpaare, das erste Paar des Männchens mit Greifhaken, neuntes und zehntes Fuss- paar des Weibchens Eiertragend. Die Larven mit breitem Schild. L. hrachyurus 0. Fr. Müll. {Hedessa Sieboldii Lievin), Ostpreussen, Livland. L. Goiiklii Baird., Canada. L. Walilhergii Loven., Port Natal. Liinnadia Brogn. Schale oval, sehr zart, mit stark gebogenem Rückenrand, ohne Wii-bel. Kopf mit becherfönnigem Haftorgan. Vordere Antennen nach dem Ende zu schwach, vielgliedrig. 18 bis 22 (24 und 26) Beinpaare, 9tes bis 12tes Fusspaar Eier 1) Ausser Schäffer, Zaddach, Claus, v. Siebold 1. c. vergl. Kozubowsky, Archiv für Naturgesch. Tom. XXHI. 1856. Fr. Brauer, Beiträge zur Kenntniss der Phyllopoden. Sitzungsb. der Akad. der Wissensch. Wien. 1872 und 1874. 528 2. Unterordnung. Cladocera. tragend. Hinterleib nicht abwärts gebogen. Die Naupliuslarven ohne Rückenschild. L. Hermanni Brogn., in Gräben bei Fontainebleau, Strassburg, Breslau. L. Antillarum Baird., St. Domingo. Nahe verwandt ist Limnadella Gir., L. Kitei Gir., Cincinnati. Estlieria Rüpp. {Cyzicus Aud. , Isaura Joly). Schale mit schwach gebogenem Rückenrand und Wirbeln. Kopf mit grossem compressen Schnabel. Vordere Antennen fadenförmig, beim Männchen verdickt, gesägt, 12— ITgliedrig. 2 Maxillenpaare. 24 (27 oder 28 ?) Beinpaare. Die zwei vordem Paare des Männchens mit Greifhaken. 9tes und lOtes Beinpaar des Weibchens Eier tragend. Hinterleib stark nach abwärts gebogen. E. cycladoides Joly [E. tetracera Kryn.), Toulouse, Breslau, Ungarn. E. mexicana Cls., E. dahalacensis Rüpp. {E. gubernator Klunz.), Abyssinien. E. Birchü Bair., Australien u. a. A. 2. Unterordnung. Cladocera ^), Wasserflöhe. Kleine seitlich comprimirte Phyllopoden , deren Körper bis auf den frei hervortretenden Kopf meist von einer sweildappigen Schale umschlossen wird, mit grossen Ruderantennen und 4 bis 6 Paaren von Schwimm fassen. Die Gladoceren sind die kleinern einfach organisirten Phyllopoden, zu deren Verständniss die Jugendformen der beschälten Brand liopoden, etwa Estherienlarven mit sechs Beinpaaren die besten Anhaltspunkte bieten. Die vordem Antennen bleiben in der Regel kurz, ohne Gliederung und enden mit einem Büschel zarter geknöpfter Spürfäden. Dagegen sind die hinteren Antennen zu zweiästigen, mit zahlreichen langen Borsten besetzten Ruderarmen umge- bildet. Auf die Mandibeln und die zwei Maxillenpaare, von denen das letztere Paar jedoch meist nur am Embryo nachweisbar ist und später vollständig rück- gebildet wird, folgen 4 bis 6 Beinpaare, die indessen nicht immer sämmtlich blattförmige Schwimmbeine sind, sondern in vielen Fällen theilweise {Daph- nidae, Lynceidae) oder sämmtlich {Folyphemidae) cylindrische Schreit- und Greiffüsse werden, selten aber der Branchialanhänge ganz entbehren {Poly- phemiden). Dem entsprechend folgen auf die Maxillarregion des Kopfes , von 1) Ausser den bereits citirten Werken vergl. H. E. Strauss, Memoire sur les Daphnia de la classe de Crustaces. Mem. du Mus. d'hist. nat. Tom. V und VI. 1819 und 1820. E. Schödler, Ueber Acanthocercus rigidus. Archiv für Naturgeschichte. Tom. XII. 184Ö. Li e vi n, Die Branchiopoden der Danziger Gegend. Danzig. 1848. Zaddach, Ilolopedium gibberum. Archiv für Naturg. Tom. XXI. 18")5. J. Lubbock, An Hccount of the two methods of reproduction in Daphnia of the structure of thc ephippium. Philos. Transact. 1857. Leydig, Naturgeschichte der Daphniden. Tübingen. 1860. J. E. Schödler, Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Gladoceren. Berlin. 18G3. Derselbe, Die Gladoceren des frischen Haffs. Archiv für Naturgeschichte. Tom. XXXII. 1866. G. 0. Sars, Norges Ferskvandskrebadyr, forste Afsnit Branchiopoda. 1. Cladocera ctenopoda. Christiania. 1865. Derselbe, Om en dimorph Udvikling samt Generations- vexel hos Leptodora. Vidensk. Selsk. Forh. 1873. Norman and Brady, A monograph of the British Entomostraca belonging so tlie families Bosminidae, Macrothricidae, Lyn- cidae. Nat. Hist. Transact. ofNorthiimberland and Durham. London. 1867. A. Weismann, Ueber Bau und Lebenserscheinungen von Leptodora hyalitm. Leipzig. 1874. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Daphnoideen. I — IV. Leipzig. 1876 und 1877. C. Claus, Zur Kenntniss der Organisation und des feinern Baues der Daphniden. Ebendas. Tom. XXVII. 187G. Derselbe, Zur Kenntniss des Baues und der Organisation der Poly- phemiden. Wien. 1877. B. llellich, Die Gladoceren Böhmens. Prag. 1877. K(»rperb;iu. ^i'ivriisystoni. Aiigoii. Frdiitalorgan. Ilerz. 529 welcher am Embryo die Schaleiuluplicatur ihren Ursprung nimmt, vier bis sechs, bei der Gattung Baphniu fünf, freilich nicht scharf als Glieder abgesetzte Brustsegmente, von denen die vordem dorsalwärts das Herz aufnehmen. Das sich anschliessende ventralwärts umgeschlagene Abdomen, an dessen Rücken- seile sich mehrere Höcker zum Abschluss des Brutraums erheben, besteht aus drei Segmenten und dem mit Hakenreihen besetzten analen Endabschnitt. Der letztere entspricht durchaus dem sog. Postabdomen der Estheriden, beginnt auch wie dieser mit zwei dorsalen Tastborsten und endet ebenso übereinstim- mend mit zwei als Furcalglieder zu deutenden Haken, die eventuell auch als Griffel gestaltet sein können. Die innere Organisation erscheint der geringen Körpergrösse entsprechend vereinfacht. Die zusammengesetzten Augen vei'schmelzen in der Mittellinie zu einem grossen in zitternder Bewegung begriffenen Stirnauge, unter welchem das unpaare einfache Nebenauge mit wenigen Ausnahmsfallen (Leptodora) erhalten bleibt. Indessen kann das letztere auch ausschliesslich vorhanden sein, und von dem erstem jede Spur fehlen {MoiiospUiis). Als besonderer nicht näher bestimmbarer Sinnesapparat tritt hier und da ein Gomplex von Ganglienzellen in der Nackengegend auf. Auch an der Stirn finden sich zwei kleine Ganglienzellen {Frontalorf/ an) , deren Nerven vom Gehirn entspringen. Das Gehirn ist gross und zweilappig, der meist strickleiterförmige, bei den Poly- phemiden äusserst gedrungöne Bauchstrang schwierig nachweisbar. Die Kiefer- ganglien sind wolil meist von dem ersten Brustganglion gesondert. Die Nerven der zweiten Antennen entspringen unterhalb des Schlundes. Der Darmcanal beginnt unter der grossen, einzellige Speicheldrüsen enthal- tenden Oberlippe mit einer aufsteigenden stark erweiterungsfähigen Speiseröhre, welche zapfenförmig in den Magendarm vorspringt. Am Anfang des letztern finden sich fast stets zwei einfache als Leberschläuche gedeutete Ausstülpungen. Der kurze Afterdarm ist durch Diktatoren stark erweiterungsfähig. Das Herz besitzt eine ovale sackförmige Gestalt mit zwei venösen quergestellten Seitenostien und einer vordem arteriellen Oeffnung und contrahirt sich äusserst rasch in rhyth- mischen Pulsalioncn. Venöse wie arterielle Ostien haben Klappeneinrichtungen, deren Mechanismus von der Lage der Herz-Muskelzellen abhängig ist. Die Klappen der venösen Spalten umsäumen lippenartig den Spaltrand und bedingen im Momente der Systole einen festen Verschluss, während die vordere arterielle Oeffnung mittelst emporgehobener Ventilklappe geöffnet ist. Die bandförmigen Muskelzellcn des Daphnidenherzens strahlen von zwei sehnigen Gentren aus, von denen das eine in der Mediane der Rückenseite zwischen den einander genäherten Enden der seitlichen Ostien, das zweite in der Mitte der Bauchseite jenem gegenüber liegt. Trotz des Mangels von Arterien und Venen vollzieht sich der Kreislauf der mit amöboiden Zellen erfüllten Blutflüssigkeit in regelmässigen, durch Lücken und wandungslose Räume des Leibes vorgezeichneten Bahnen. Das aus dem arteriellen Ostium ausströmende Blut fliesst oberhalb des Darmes zwischen den Leberhörnchen in den Kopf, umspühlt das Gehirn und die Augen und gelangt in einen Blutsinus an der Basis der Ruderantennen. Von hier theilt sich der Claus, Zoologie, i. Auflage. «J'i 530 Cladoceren. Kreislauf. Schalendrüsen. Nackendriise. Blutstrom in zwei Arme. Von denselben tritt der vordere in die Schale ein, durchsetzt diese unter Bildung dorsalwärts aufsteigender Seitenäste, um durch einen engen medialen Blutraum der Dorsalseite in den Pericardialsinus zurück- zukehren. Der hintere Stromesarm bewegt sich an der Ventralfläche und zu den Seiten des Darmes — unter Abgabe von starken Nebenschleifen in die Bein- paare — abwärts bis zum Postabdomen, um von hier aus zu den Seiten des After- darms nach der Rückenseite umzubiegen und den mächtigen aufsteigenden Dorsalstrom zu bilden, welcher von den absteigenden Strom durch ein queres Septum geschieden, oberhalb des Darmes in den Pericardialsinus zurückgelangt. Ueberall findet sich die schleifenförmig gewundene, in die Integumental- duplicatur der Maxillarregion gerückte Schulendrüse ^), die trotz mannigfacher Abweichungen im Einzelnen eine bestimmte Grundform wiederholt. Der blinde Endabschnitt derselben erscheint ampullenförmig aufgetrieben, dann folgt ein halsartig verengerter Gang, welcher in den schlingenförmig gewun- denen unterhalb der Maxille ausmündenden Drüsencanal führt. Meist ist dieser Canal als zweischenklige innere Schlinge, eine ebensolche äussere Schlinge (mit Nebenschlinge) und in eine Endschlinge zusammengelegt. Minder verbreitet ist die Nackendrüse, deren Anlage zwar allgemein im Embryo nachweisbar ist, aber nur in wenigen Fällen zur weitern funktionsfähigen Ausbildung gelangt. Den mächtigsten Umfang erreicht dieselbe am Körper einzelner Folyphcmiden (Evadne, Podon) und erscheint hier in Gestalt einer Saugnapfähnlichen Scheibe, die früher geradezu für muskulös gehalten und als Saugnapf beschrieben wurde. In Wahrheit aber handelt es sich lediglich um einen flächenhaft angeordneten Gomplex von Drüsenzellen, deren klebriges Sekret zur zeitweiligen Fixirung des Körpers an festen Gegenständen benutzt wird. Weit complicirter gebaut ist der Haftapparat von Sida crystallina, an welchem zu einer grossen hufeisen- förmigen Nackendrüse noch ein kleineres hinteres Drüsenpaar hinzukommt. Die Sexualdrüsen liegen im Thorax als paarige Schläuche zu den Seiten des Darmes. Der blindgeschlossene Theil des Ovariums kann als Keimlager unterschieden werden. Derselbe liegt mit Ausnahme der Sididen am hintern Ende und enthält eine grosse Menge von Keimzellen, deren Protoplasma eine scheinbar zusammenhängende Masse im Umkreis der kleinen Kerne bildet. Dann folgt ein Abschnitt, in welchem die scharf gesonderten Keimzellen in unregelmässig neben einander gelagerte Gruppen von je vier Zellen geordnet sind und endlich der als Eibehälter zu bezeichnende Theil, in welchem Gruppen von je vier Zellen, wie in Kammern gesondert, reihenweise hintereinander liegen. Nach der von mehreren Seiten bestätigten Entdeckung von P. E. Müller ent- wickelt sich in jeder Kammer nur eine Zelle und zwar fast stets (vom Keim- lager an gezählt) die dritte Zelle zum Ei, während die übrigen als Dotterzellen zur Bildung von Nährmatcrial des stark an Grösse zunehmenden und Fettkugeln aufnehmenden Eies verbraucht werden. Bei Sida und Verwandten bildet um- gekehrt das Keimlager den vordem Theil, auf welchen der Eibehälter mit seinen Eikammern folgt. Ueberall aber geht das Ovarium direkt in den Oviduct über, welcher am hintern Ende des Brutraums vor der Verschlusseinrichtung 1) C. Claus, Die Schalendrüse der Daphnien. Zeitschr. für wiss. Zool. Toni. XXV. 1875. Geschlechtsorgane. Sexnalcharaktere der Männchen. 531 in diesen einmündet. Der Eibehälter erscheint jerloch sowohl vor dem Eintritt der Zellengruppen vom Keimiager aus als nach dem Austritt reifer Eier in den Brutraum mit einem wenigstens theilweise grossblasigen Gewebe erfüllt, welches nach Weismann bluterfülltes Ovarialepitel ist und einen nutritiven Werth für das rasche Wachsthum des Eies besitzen soll. Die Hoden liegen den Ovarien entsprechend zu den Seiten des Darms und setzen sich in Samenleiter fort, welche ventralwärts hinter dem letzten Bein- paare oder am äussersten Ende des Leibes zuweilen auf kleinen, wohl etwas vorstülpbaren Erhebungen ausmünden. Li einzelnen Fällen {Daphnella, Latona) gestalten sich dieselben zu unverkennbaren Gopulationsorganen. Wohin das Sperma bei der Begattung gelangt, ob direkt in den Brutraum oder in den Endtheil der Oviducte, konnte bislang nicht festgestellt werden. Receptacula seminis wurden am weiblichen Körper nicht nachgewiesen. In ihrer äusseren Erscheinung weichen die kleinern Männchen durch den Mangel eines Brutraumes, sowie durch die bedeutendere Ausbildung der Sinnesorgane (Grösse der Augen und Spürantennen) ab und besitzen auch accessorische Gopulationsanhänge als Greifhaken am vordem Beinpaare zum Festhalten des Weibchens, hn Frühjahr und Sommer trifft man gewöhn- lich nur weibliche Thiere an, die sich in zahlreichen auseinander hervorgehenden Generationen parthenogenetisch durch sog. Sommereier fortpflanzen. Die Männchen erscheinen meist erst im Herbst, können indessen auch zu jeder andern Jahreszeit auftreten und zwar wie neuere Beobachtungen ^) ziemlich sicher erwiesen haben, jedesmal dann, wenn die Ernährungs- und Lebensbedin- gungen durch besondere Veränderungen des äusseren Mediums ungünstige werden. Vor dem Auftreten der Männchen scheinen zuweilen Zwitterformcai mit halb männlicher, halb weiblicher Organisation vorzukommen (W. Kurz). Zur Zeit der fehlenden Männchen, also normal im Frühjahr und Sommer, produciren die Weibchen sog. Sonmiereier, welche reichlich mit Oelkugeln erfüllt und von zarter Dotterhülle umgeben, im Brutraum zwischen Schale und Rückenfläche des Muttcrthieres rasch zur Entwicklung gelangen und schon nach Vorlauf weniger Tage eine neue den Brutraum verlassende Generation junger Cladoceren liefern. Die embryonale Entwicklung verläuft demgemäss unter äusserst günstigen Bedingungen, die nicht nur in den reichen Nahrungs- dotter des grossen Eies begründet sind, sondern zuweilen auch durch Aus- scheidung weiteren Nährmaterials in den Brutraum begünstigt werden. Zur Erzeugung eines jeden Eidotters wird wenigstens der hihalt einer vierzelligen Ovarialkammer verwendet , zu welchem in Fällen eines besonders günstigen Grössen Verhältnisses des Eies {Skia, Daphnella) noch benachbarte vierzellige Gruppen zu Hülfe genommen werden (Weismann). Die Aus- scheidung von Nährstoffen aus dem Blute des Mutterthieres in den Brutraum erfolgt vornehmlich da, wo das Ei bei seinem Uebertritt in den letztern relativ klein geblieben ist , wie bei den Folypheniiden , bei denen der Brutraum Ij Vergl. besonders W. Kurz, Ueber androgyne Missbildung bei Cladoceren. Sitziingsber. der Akad. der Wissensch. Wien, 1874,, ferner Schmankewitsch 1. c. 34* 532 Cladoccreii. Fortpflanzung. Somniereier. Winteroior. nicht nur einen sehr vollkommenen Verschluss erhält, und zu einem Uterus- ähnlichen Matrikaisack wird, sondern auch in seiner Wauil einen placentaren Nährboden zur Entwicklung bringt (Claus, Weis mann). Unter den Daph- nide}) , deren Sommereier schon beim Uebertritt in den höchst unvollkommen geschlossenen ßrutraum eine bedeutende Grösse haben, konnte eine secundäre Zufuhr von eiweisshaltigem Nährmaterial nur in einzelnen Fällen wie bei Moina nachgewiesen werden, da hier in der That das Fruchtwasser, in welchem die Eier, beziehungsweise die an Grösse bedeutend zunehmenden Embryonen scliwimmen, Eiweisssubstanzen enthält. Dass sich die Sonnnereier in der That partheno- genetisch entwickeln , ergibt sich mit voller Gewissheit aus dem Mangel von männlichen Cladoceren zur Zeit der Sommereibildung, sowie auch aus dem Umstand, dass in einzelnen Fällen {Evadne) die noch im Brutraum befindlichen Jungen vor der Geburt trächtig werden (Claus). Zur Zeit des Auftretens der MänncJien beginnen die Weibchen unter dem gleichen Einfluss ungünstiger Ernährung und zwar unabhängig von der Begattung Dauereier, sog. Wintereier zu prodi;ciren. Dagegen kann es als feststehend betrachtet Averden, dass sich diese zweite Form von Eiern nur nach der Begattung, also unter dem Einflüsse der Befruchtung zu entwickeln vermögen. Die Zahl dieser dunkelkörnigen hartschaligen Dauereier, welche jedes Weibchen zu er- zeugenvermag, ist immer eine relativ geringe; dafür aber sind dieselben diu'ch bedeutenderen Umfang und reichern Nahrmigsdotter von den Sommereiern unterschieden und unter weit tief greifernden Resorptionsvorgängen im Ovarium entstanden. Nach den eingehenden Untersuchungen Weis man ns ist bei Leptodora zur Bildung des Wintereies der Inhalt einer zweiten vierzelligen Ei- kammer erforderlich, die sich gewissermassen als Nährkanuner zu Gunsten des in der Ausbildung begritTenen Eies auflöst. Und zwar ist es stets die erste im Wachsthum vorausgeeilte Zellengruppe, welche zur Nährkammer wird. In andern Fällen bedarf das Winterei einer grössern Zahl von Nährkammern zu seiner Ausbildung, im Extrem bei Moina, deren Eizelle das Material voji 47 Keimzellen zugeführt wird. Ueberall aber sind es die Epitelzellen , welche die Ueberführung dieses Materials vermitteln , indem sie stark anschwellen, das Protoplasma aufnehmen und an die benachbarte Eizelle abgeben. Rücksichthch der schützenden Umkleidung, welche für die den Winter überdauernden Eier eine so charakteristische Auszeichnung bilden, beschränkt sich dieselbe bei den Polyphcmiden auf eine dicke Dotierhaut, welche durch Erhärtung der peripherischen Plasmaschicht des Eies entstanden ist. hi andern Fällen bleibt diese Haut zart und dünn, aber es kommt als äusseie Hülle die abgestreifte Schalenhaut des Mutterthieres hinzu {Fasithen). Sehr häufig aber hat die Rückenhaut der Schale vor dem Uebertritt der Wintereier in den Brut- raum eine eigenthümliche als Sattel (Ephippimn) bekannte Verdickung erfahren, welche abgeworfen, die schützende Bekleidung der Wintereier bildet. In seltenen Fällen enthält jedes Ephippium nur ein Ei (Mowa rectirostris), am häufigsten zwei {Daphnia) Eier, bei manchen Formen {Enrycercus latvflldfii?;) iedoch eine grössere Zahl von Eiern. Die Entwicklung des Eies wird wie es scheint in der Kegel durch eine Dotterklüflung unter Bildung einer mit Nahrungsdotter gefüllten Segmentations- Fortpflaiiziiiig und Entwicklung. 533 höhle eingeleitet (Folyphemits). In anderen Fällen (Leptodora) wurde eine superficiale Furchung wie bei dem Insectenei constatirt. Am genausten sind die Vorgänge der Embryonalentwicklung von G. Grobben ^) am Ei von Moina reciirostris verfolgt worden. Das sehr kleine Sommerei derselben enthält relativ wenig Nahrungsdotter, welcher zum grössten Theil der vegetativen Seite des Eies angehört. Am animalen Pole liegt ein als Nahrungskörperchen gedeutetes Gebilde. Die superficiale Eifurchung ist ungleichmässig. Schon nach der fünften Furch ung fällt an der vegetativen Eiseite eine Zelle durch ihren grob- körnigen Inhalt auf, welche die Anlage der Genitalzellen darstellt. Eine hinter derselben gelegene Zelle liefert wahrscheinlich das Entoderm , dessen Anlage später deutlicher hervortritt. Im Stadium der Blastosphaera erscheinen sämmtliche Keimblätter in bilateraler Symmetrie nachweisbar, und an der Dorsalseite die Stelle der Scheitelplatte angedeutet. Nunmehr treten die (inzwischen auf 12 vermehrten) Mesodermzellen , welche die Genitalzellen bogenförmig umgürten, in die Tiefe, und es erfolgt alsbald die Einstülpung der Entodermanlage. In diesem (der Gastrula vergleichbaren) Stadium ist auch die Scheitelplatte ent- wickelt. Nachher treten auch die Genitalzellen in die Tiefe. Später wird der Embryo durch eine Einschnürung unterhalb der Antennenanlage in zwei Abschnitte getheilt, von denen der erstere den Vorderkopf repräsentirt. Unterhalb desselben bildet sich das Mandibelsegment mit der als Schwimmfuss angelegten Mandibel, während jetzt erst die vordere Antenne sprosst. Nunmehr ist der Embryo in das Naupliusstadium eingetreten ; indessen konnte eine Häutung wie bei andern Daphniden dieses Alters nicht nachgewiesen worden. Hinter deu Mandibeln heben sich nun vom Endsegmente aus die Maxillen und Brustsegmente mit den zugehörigen Gliedmassenanlagen ab. Das Entoderm- säckchen wird zum Mitteldarm, indem es sich bis zum hinlern Körperende verlängert, während Schlund und Enddarm vom Ectoderin aus entstehn. Die MundöÖ'nung liegt an der Stelle des frühern Gastrulamundes. Die Scheitel- platte erzeugt sowohl das obere Schlundganglion als den Retinalheil des Auges und setzt sich in strangförmigen Ectodermverdickungen fort, welche als Anlagen der Schlundcommissur in die durch eine mediane Einstülpung des Ectoderms erzeugte Bauchkette fort, üeber dem obern Schlundganglion entsteht in l)aariger Anlage das zusammengesetzte Auge, welches von einer Hautduplicatur vom Rücken aus überwachsen wird. Die ursprünglich einfache Genitalanlage theilt sich zur Bildung des linken und rechten Geschlechtsorgans. Die Schale erhebt sich als paarige Duplicatur des Integuments in der Maxillarregion, um allmählig den Mittel- und Hinterleib zu überwachsen. Unmittelbar vor ihrer Ursprungsstelle sondert sich die Nackendrüse aus dem Ectoderm. Das Herz entsteht in paariger Anlage aus dem Mesoderm, aus welchem auch die an der zweiten Maxille durchbrechenden Schalendrüsen hervorgehn. Die Embryonen verlassen das Ei bereits mit sämmtlichen Gliedmassen und im Wesentlichen dem ausgebildeten Thiere (bis auf die Sexualcharaktere) ähnlich. Nur aus- nahmsweise (Leptodora) schlüpfen die Jungen als Naupliusformen aus, jedoch 1) C. Grobben, Die Embryonalentwicklung von Moina rectirostris. Arbeiten aus dem zool. vergl. anatom. Institut. II. Band. Wien. 1879. 534 Sididae. Daphnidae. schon mit den Anlagen der Beine unter der Haut, den Apuslarven ähnlich. Merkwürdigerweise tritt diese frühzeitige Geburt nur bei den aus Wintereiern hervorgehenden Generationen' auf, welche sich auch durch die Persistenz des unpaaren Augenflecks auszeichnen. Die Daphniden leben in ungeheuren Scharen grossentheils im süssen Wasser, vornehmlich in Lachen und Teichen, einzelne Arten auch in grössern Landseen , im Brackwasser und in der See. Sie schwimmen hurtig und meist stossweise in Sprüngen fort. Einige legen sich häufig mit der Rückenfläche an festen Gegenständen an und besitzen dem entsprechend ein Haftorgan, welches auf die vergrösserte (meist frühzeitig zurückgebildete) Nackendrüse zurückgeführt werden kann. In andern Fällen sind es accessori- sche, paarige und unpaare Haftdrüsen (Sida); in dieser fixirten Haltung des Körpers scheinen dann die Schwimmfüsse durch Schwingungen zur Her- beistrudelung von kleinen Nahrungskörpern befähigt zu sein. 1. Farn. Sididae. Kopf durch deutliche Einschnürung gesondert, ohne oder mit nur wenig vorspringendem Dach. Leib nebst Beinpaaren von einer grossen zweikhippigen Schale umschlossen, innerhalb derselben frei beweglich. Die sechs Beinpaare sämnitlich lamellös , mit langen Schwimmborsten kainmförmig besetzt , mit wohl entwickeltem Branchialanhang. Aeste der Ruderantennen 2- bis Sgliedrig. 1. Subf. Sidinae. Schale gestreckt, ohne gelatinöse Hülle. Ruderantennen in beiden Geschlechtern mit 2 — Sgliedrigen, auch Seitenborsten tragenden Aesten. Latona Str. Kopf mit massigem Dach und plattem Schnabel. Tastantennen lang, geisseiförmig, der untere Ast der beiden Ruderantennen Sgliedrig, der obere 2gliedrig. Basalglied des letztern in einen boi'stentragenden Fortsatz ausgezogen. Das erste Bein- paar des Männchen ohne Haken, dagegen finden sich Copulationsanhänge am Abdomen. L. setifera 0. Fr. Müll., in tiefen Teichen. Daphnella Baird. Kopf ohne oder mit Schnabel. Tastantennen des Weibchens ziemlich gross abgestutzt, des Männchens sehr lang geisseiförmig. Der untere Ast der Ruderanteunen 3gliedrig, der obere 2gliedrig. Erstes Beinpaar des Männchens mit Greifhaken. D. brachyura Liev. D. Brandtiana Fisch. Sida Str. Kopf ohne Dach mit conischem Schnabel und grossem rückenständigen Haftapparat. Antennen des Weibchens ziemlich gross, abgestutzt, des Männchens sehr lang, geisselförmjg. Der obere Ast der Ruderantennen Sgliedrig, der untere 2gliedrig. Erstes Beinpaar des Männchens mit Greif haken. 8. crystallina 0. Fr. Müll. S. elongata De Geer. Nahe verwandt ist Limnosida G. 0. Sars. L. frontosa G. 0. Sars. 2. Farn. Daphnidae. Kopf frei mit seitlich vorspringendem Dach. Leib nebst Beinen von einer grossen zweiklappigen Schale umschlossen und innerhalb derselben beweglich. Meist fünf Beinpaare, nur theilwoise lamellös, die vordem mehr oder minder zum Greifen eingerichtet. Der eine Ast der Ruderantennen Sgliedrig, der andcn-e 4gliedrig. Darm fast stets geradgestreckt. 1. Subf. Daphninae. Tastantennen von massiger Grösse oder klein. Der 4gliedrige Ast der Ruderantennen fast stets mit 4, der ogliedrige mit 5 Borsten. Zusammen- gesetztes Auge gross. Fünf Beinpaare, das letzte entspringt in weitem Abstand von dem vorletzten. Magendarm mit 2 Blindsäckchen. Darm ohne Schlinge. Die Winter- eier von dem »Ephippium« umschlossen, Daphnia 0. Fr. Müll. Schale rautenförmig gefeldert, liinten jederseits in einen gezähnten Dorn auslaufend. Impression zwischen Kopf und Thorax fehlt. Tastantennen des Weibchens sehr klein, unbeweglich, des Männchens verlängert, mit kräftigem Haken. Leib mit 3 oder 4 Rückenfortsätzen. Ephippium mit 2 Eiern. X>. pulex De Geer. D. longitspina 0. Fr. Müll. Z>. {llyalodaplmia) Kahlhergcnsis Schödl. Simocephalms Schödl. Schale hinten schräg abgeschnitten, ohne Fortsatz, mit schräg streifiger Sculptur. Kopf Daphnidae. Bosmininae. Lynceidae. 535 mit stark vorspringendem Dach und kleinem Schnabel, durch eine Impression vom Thorax gesondert. Tastantennen klein, in beiden Geschlechtern fast gleich. Leib mit 2 Rückenfortsätzen. Erstes Beinpaar des Männchens ohne Geisselanhang und Haken. Ephippium mit nur einem Ei. S. vetulus 0. Fr. Müll. (1). sima Liev.). S. serrulatus Koch. Ceriodaphnia Dana. Schale oval oder rundlich, hexagonal gefeldert, ohne Stachel- fortsatz. Kopf durch tiefe Impression gesondert, ohne Schnabel. Tastantennen frei, 2!iemlich gross und beweglich, beim Männchen lang mit kräftigem Haken. Leib nur mit einem Rückenfortsatz. Erstes Beinpaar des Mänchens mit langem Geisselanhang. Ephippium mit nur einem Ei. C. reticulata Jur. C.' quadrangula 0. Fr. Müll. C. rotunda Str. Moina Baird. Schale fast vierkantig, retikulirt. Kopf durch Impression gesondert, ohne Schnabel und ohne deutliches Dach. Augenfleck fehlt. Tastantennen gross und beweglich mit geisseUÖrmiger Borste, beim Männchen mit kleinen gebogenen Haken- borsten. Leib mit kleinem oder ohne Rückenfortsatz. Brutraum durch einen Schalen- auswuchs geschlossen. After von den Schwanzhaken weit entfernt. Erstes Beinpaar beim Männchen mit kräftiger Klaue und kleinem Geisselanhang. Ephippi\im meist mit nur einem Ei. M. rectirostris 0. Fr. Müll. M. paradoxa Weism. 2. Subf. Bosmininae (Lyncodaphninae). Tastantennen von ansehnlicher Grösse mit Reihen von Borsten und Zähnen besetzt. Der 4gliedrige Ast der kräftigen Ruder- antenne trägt 3, 4 oder 5 Borsten, der Sgliedrige stets 5 Borsten. Oberlippe mit medianem Fortsatz. Kiemenanhang der hintern Beinpaare gross und hervorragend. Der Darm bildet nur ausnahmsweise eine Schlinge. Körperform Z2/«ce«s-ähnlich. Bilden grossentheils keine Ephippien für die Wintereier. Macrothrix Baird. Fünf Beinpaare. Schnabel spitz zulaufend, vom Vorderrand der Schale weit entfernt. Schale mit beweglichen Dornen am Bauchrand, mit retikulirter Sculptur. Der 4gliedrige Ast der Ruderantenne mit 4 Borsten, der Sgliedrige mit sehr langer Fiederborste am ersten Gliede. M. rosea Jur. M. laticoniis Jur. Hier schliesst sich Drepanothrix Sars an. Pasithea Koch. {Lathonura Lillj.). Vier Beinpaare. Jeder Ast der Ruderantenncn mit 5 platten Fiederborsten. P. rectirostris 0. Fr. Müll. Bosmina Baird. Sechs Beinpaare, das letztere rudimentär. Tastantennen sehr lang , vielgliedrig, hornförmig gebogen, im weiblichen Geschlecht stets unbeweglich und an der Basis ver- schmolzen. Riechhaare von der Spitze entfernt. Ruderantennen klein. Erstes Beinpaar beim Männchen mit langer Geissei und starkem Haken. B. longirostris 0. Fr. Müll. B. cornuta Jur. B. diaphana P. E. Müll. Acanthocercus Schödl. {AcantJioleberis Lillj.). Sechs Beinpaare, das letztere rudimentär. Der 4gliedrige Ast der Ruderantenne mit 3 Fiederborsten am Endgliede , die Fiederborste am ersten Gliede des Sgliedrigen Astes sehr lang. Darm hinten eine Schlinge bildend. A. curvirostris 0. Fr. Müll. {A. rigidus Schödl.), in Torfgräben. Bei Iliocryptus Sars fehlt die Darmschliuge. X sordidiis Liev. 3. Farn. Lynceidae '). Kopf frei mit seitlich vorspringendem Dach. Leib nebst Beinen von einer grossen zweiklappigen Schale umschlossen und innerhalb derselben beweglich. Fünf oder sechs Beinpaare, nur theilweise lamellös. Die vordei-n mehr oder minder zum Ergreifen eingerichtet und ohne Kiemenanhänge. Beide Aeste der Ruder- antennen 3gliedrig. Darm schlingenförmig gebogen. Eiirycercus Baird. Kopf durch eine Einschnürung gesondert. Sechs Beinpaare, das letzte rudimentär, das vordere im männlichen Geschlecht ohne Haken. Auge gross. Magendarm vorn mit 2 Blindsäcken. Zwei Samenleiter. Der After mündet an der Spitze des grossen compressen Hinterleibes. E. lamellatus 0. Fr. Müll. Sehr verbreitet in klaren Gewässern. Lynceus 0. Fr. Müll. Kopf durch keine Incisur gesondert. Fünf Beinpaare, das vordere im männlichen Geschlecht mit kräftigen Haken. Der After mündet nahe der 1) Vergl. W. Kurz, Dodekas neue Cladoceren nebst einer Uebersicht der Cladoceren- fauna Böhmens. Sitzungsber. der K. Akadem. Wien. 1874. 536 Polyphemidae. 2. Ordnung. Ostracoda. Basis des sehr langen compressen Hinterleibes. Samenleiter einfach. Neuerdings in eine Menge Untergattungen gesondei't. L. {Camptocerciis) macrurus 0. Fr. Müll., rectirontris Schödl., L. {Acroperus Baird.) leucocephalus Koch, L. {Alona Baird.) quadrnngiilaris 0. Fr. Müll., L. aeanthocercoides Fisch., L. reticidatus Lillj., L. rostratus Koch., L. {Pleuroxus Baird.) truncatus 0. Fr. Müll., L. trigonellus 0. Fr. Müll., L. (Chydorus Leach.) sphaermis 0. Fr. Müll., L. glohosus Baird. Monospilus G. 0. Sars. Schale ver- mittelst Anwachsschichten zusammengesetzt. Kopf durch eine deutliche Impression ge- sondert. Zusammengesetztes Auge fehlt. Sonst wie Lynceus. M. tenuirostris Fisch., im Schlamm. 4. Fam. Polyphemidae. Kopf stumpf abgerundet mit sehr grossem Auge. Leib von der zum Brutraum verwendeten Schale nicht umschlossen. Sämmtliche Beine sind deutlich gegliederte Greifbeine. Branchialanhänge sind rudimentär oder fehlen. Maxillen verkümmert und unbeweglich. 1. Subf. Polypheminae. Vier Beinpaare. Der eine Ast der Ruderantennen drei- gliedrig, der andre viergliedrig. Abdomen meist klein mit Schwanzborsten an dem zu- weilen langen stilartig ausgezogenen Borstenhöcker. Bytliotrephes Leyd. Kopf durch eine Einschnürung vom Körper abgesetzt. Vor- dere Antennen frei. Beinpaare mit rudimentärem Aussenast und innerm bezahnten Anhang. Borstenhöcker zu einem sehr langen Stiel ausgezogen. B. longimanns Leyd., Bodensee. Polypliemus 0. Fr. Müll. Unterscheidet sich von Bythotrephes vornehmlich durch die lamellöse Gestalt des borstentragenden Nebenastes der Beinpaare und durch die Form des cylindrischen Schwanzfortsatzes, an dessen Spitze die Schwanzborsten ent- springen. P. pedieulus De Geer. In Landseen der Schweiz, Oestreichs und Scandinaviens. Evadne Loven. Mit grosser als Haftapparat fungirender Nackendrtise. Vordere Antennen dem nach unten gewendeten Kopf unbeweglich anliegend. Kopf vom Körper nicht abgesetzt. Beine mit äusserem borstentragenden Nebenast, zweites und drittes Paar mit einem bezahnten Fortsatz. E. Nordmanni Loven, Nordsee. Podon Lillj. {Pleopia Dana). Von Evadne durch die Absetzung des Kopfes unterschieden. P. intcr- niedius Lillj. P. polyphemoides R. Lkt., Nordsee. 2. Subf. Leptodorinae. Sechs einfache fast cylindrische Beinpaare. Beide Aeste der grossen Ruderantennen 4gliedrig. Abdomen sehr lang und cylindrisch. Leptodora Lillj. Kopf stark in die Lange ausgedehnt. Haut des weiblichen Körpers hinten in kleine Schalenklappen verlängert, welche den Brutraum decken. Abdomen sehr lang, cylindrisch und gegliedert. Das Postabdomen endet zweizinkig. Erstes Beinpaar mit kleinem innern Nebenast, ohne äusseren Anhang. Die nachiolgenden Paare einfach. Männliche Tastantennen sehr lang. L. hyalina Lillj., In Landseen. 2. Ordnung. Ostracoda^), MTaschelkrebse. Kleine meist seitlich coniprimirte Entoniostrakcn, mit zweiklai)pi(jer, den Leih vollständig umschliessender Schale, mit nur sieben als Fühler, Kiefer, Kriech- und Schwimmheine fimgirenden Gliedmassenpaaren , mit heinartigem Mandihulartaster und Imrzeni Abdomen. Der Leib dieser kleinen von den bcscliallen Phyllopoden ableitbaren Krebse liegt vollständig in einer chitinisirtcn und oft durch Aufnahme von 1) Ausser den Werken von 0. Fr. Müller, Jurine, Dana, M. Edwards, Baird, Lilljeborg und den Schriften von Reuss, Bosquet, Jones, Baird vergl. : Körporbau. 537 Kalk erhärteten, zweiklappigen Schale eingeschlossen, deren Aehnlichkeit mit Muschelschalen zu dem Namen »Muschelkrebse« Anlass gegeben hat. Beide Schalenhälften, keineswegs überall vollkommen symmetrisch, stossen längs der Mittellinie zusammen und sind hier im mittlem Drittheil des Rückens durch eine mediane als elastisches Ligament fungircnde Differenzirung des Aussen- blattes aneinander gelieftet , während das zarte Innenblatt unmittelbar in die Haut des umschlossenen Körpers übergeht. Dem Bande entgegengesetzt ist die Wirkung eines zweiköpfigen Schliessmuskels, dessen Ansatzstellen an beiden Schalen als Muskeleindrücke zu unterscheiden sind. Die gemeinsame Sehne beider Muskelköpfe liegt bei den Cypiiden und Gytheriden ziemlich in der Mitte des Körpers und ist für die Lagerung innerer Organe höchst bezeichnend. An den beiden Enden und längs der ventralen Seite sind die Ränder der Schalen- klappen frei. Dieselben sind meist durch besondere Sculpturverhältnisse aus- gezeichnet, oft verdickt und mit Borsten besetzt, auch mit zahnartigen Vor- sprängen versehen, die nach Art eines Schlosses ineinandergreifen. Nicht selten sind sie zumal in der Mundgegend umgeschlagen und über einander geschoben, oder durch eine tiefe Incisur zum Hervortreten der Antennen unter- brochen {Cij))ridiniden). Oeffnen sich an diesem freien Rande die Schalen- klappen, so treten an der Bauchseite mehrere beinartige Gliedmassenpaare her- vor, welche den Körper meist mehr kriechend als schwimmend im Wasser fortbewegen. Eine deutliche Gliederimg des Leibes fehlt. Man unterscheidet einen aus Kopf und Brust bestehenden Vorderleib und ein verhältnissmässiges schmäch- tiges nach abwärts gerichtetes Abdomen, welches aus zwei entweder beinartig verlängerten und dann meist vollständig getrennten oder aus hohen und lamellösen und dann meist in ganzer Länge verschmolzenen Seitenhälften besteht, an deren Basis sich wie am Postabdomen der Estheriden und Gladoceren zwei dorsale Tastborsten erheben {Cypridina). Der äusserste den Furcal- gliedern entsprechende Endtheil des Leibes ist am hintern Rande mit Dornen und Haken bewatlhet und unterstützt durch intensive von vorn nach hinten schlagende Bewegungen die Locomolion , wie er andererseits auch als Waffe zur Vertheidigung benutzt zu werden scheint. Nur selten bleiben beide Hälften rudimentär und den Furcalgliedern der Gopepoden überaus ähnlich, in H. E. Strauss-Dürkheim, Memoire sur les Cypris de la classe des Crustaces. Mem. du Mus. d'hist. nat. Tom. VII. 1821. W. Zenker, Monogi-aphie der Ostracoden. Arcliiv für Naturg. Tom. XX. 1854. S. Fischer, Ueber das Genus Cypris und dessen bei Petersburg vorkommende Arten. Mem. pres. Acad. St. Petersbourg. Tom. VII. 18-54. Derselbe, Beitrag zur Kenntniss der Ostracoden. Abb. der Köuigl. Bayr. Acad. der Wiss. München. Tom. VII. 1855. G. 0. Sars, Oversigt at Norges marine Ostracoder. Vid. Selsk. Forh. 18G5. C. Claus, Uelier die Organisation der Cypridinen. Zeitschr. für wiss. Zool. Bd. XV. 186Ö, ferner Beiträge zur Kenntniss der Ostracoden. Entwicklungs- geschichte von Cypris. Marburg. 1868. Fr. Müller, Bemerkungen nher Cypridiiia. Jen. Zeitschr. Bd. V. 1869. C. Claus, Neue Beobachtungen über Cypridinen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXIII, Die Familie der Halocypriden. Schriften zool. Inhalts. Wien. 1874. Derselbe, Untersuchungen zur Erforschung der geneal. Grundla^,'e des Crustaceen- systems. Wien. 1876. G. S. Brady, A Monograph of the Rcocnt British Ostracoda. Trausact. of the Lin. Soc. vol. XXVI. 538 Ostracoden. Antennen. Miindwerkzeuge. solchen Fällen kann der vorausgehende Abschnitt des Leibes deutlich als Segment abgesetzt sein {Cythere viridis Zenk.). Am vordem Abschnitt des Körpers entspringen zwei Glied massenpaare, die man allgemein wegen ihrer Lage vor dem Munde als Antennen bezeichnet, obwohl sie dem Gebrauche nach entschieden mehr Kriech- und Schwimmbeine sind. Indessen trägt das vordere Paar wenigstens bei den Cypridinen und Halocypriden Geruchsfäden und entspricht somit auch physiologisch dem ersten Fühlerpaar der übrigen Grustaceen. Zwischen und etwas oberhalb der vordem Antennen findet sich ein kurzer oder wie bei Cypridina und Conchoecia zapfen- oder stabförmig vorstehender Stirnfortsatz. Die Antennen des zweiten Paares sind bei den Cyj>rideii und Cytheriden beinartig und enden mit kräftigen Hakenbürsten, mit deren Hülfe sie sich an fremden Gegenständen anklammern und gleichsam vor Anker legen. Bei den ausschliesslich marinen Cypridiniden und Jlalocypriden aber ist dieses Gliedmassenpaar ein zweiästiger Schwimm- fuss, an welchem sich auf breiter triangulärer Basalplatte ein vielgliedriger mit langen Schwimmborsten besetzter Hauptast und ein rudimentärer im männ- lichen Geschlecht jedoch stärkerer und mit ansehnlichen Greifhaken bewaffneter Nebenast anheften. In der Umgebung der Mundöffnung folgen unterhalb und zu den Seiten einer ansehnlichen Oberlippe zwei kräftige Mandibeln mit breitem und stark bezahntem Kaurand. An der Basis dieser Platten erhebt sich ein meist drei- gliedriger beinartig verlängerter Taster, der bei den Cypridiniden geradezu als Mandibularfuss fungirt, während hier die Kauplatte auf einen schwachen Fort- satz rcducirt ist. Nur ausnahmsweise (Paradoxostoma) werden die Mandibeln zu stiletförmigen Stechwaffen und rücken in einen von Oberlippe und Unter- gebildeten Saugrüssel hinein. Auf die Mandibeln folgen die Unterkiefer (Maxillcn des ersten Paares), überall durch vorwiegende Entwicklung ihres Ladentheils und durch Reduktion des Tasters ausgezeichnet. Bei den Cypriden und Cytheriden aber trägt das Basal- glied des Unterkiefers noch eine grosse kammförmige mit Borsten besetzte Platte, die gewöhnlich als Branchialanhang bezeichnet wird, obwohl sie offenbar nur indirekt durch ihre Schwingungen die Funktion der Athmung begünstigt und nicht etwa selbst als Kieme fungirt. Auch an den beiden nachfolgenden Glied- massen (des 5ten und 6ten Paares) , welche bald zu Kiefern bald zu Beinen umgestaltet sind, kehrt diese Branchialplatte wieder, bei den Cypriden freilich nur in reducirter Form ausschliesslich am vordem Paare, bei den Cypridinen aber hier von sehr mächtiger Entwicklung. Die vordere dieser Gliedmassen (Maxille des zweiten Paares oder besser Maxillarfuss) fungirt bei den Cypriden vorwiegend als Kiefer, trägt aber, von dem rudimentären Branchialanhang abgesehn, einen kurzen nach hinten gerichteten gewöhnlich Sgliedrigen Taster, der indessen schon bei einzelnen Gattungen und ebenso bei den Jlalocypriden zu einem Sgliedrigen oder gar 4gliedrigen kurzen Beine Avird. Der Entwicklung nach ist in der That auch bei den erstem die Funktion dieser Gliedmasse als Bein die primäre und in der Kürze des Tasteranhangs nur eine Rückbildung zu erkennen. So verhält sich derselbe denn auch bei den Cytheriden aus- schliesslich als Bein und repräsentirt hier das erste der drei Beinpaare. Bei Sinnesorgane. NeiTensystem. 539 den Cypridiniden aber ist derselbe vollständig Kiefer geworden und zwar mit enorm entwickelter Branchialplatte , die bei den Cytherichni urld einzelnen Cypriden^üiinn^en ganz hinweggefallen ist. Die nachfolgende Gliedmasse (des 6ten Paares ist nur bei den Cypridinen noch nach Art eines Unterkiefers gestaltet, in allen andern Fällen zu einem langgestreckten mehrgliedrigen Kriech- und Klammerfuss geworden. Ebenso ist die Gliedmasse des 7ten Paares, die freilich bei den Ualocypriden rudimentär wird, überall beinförmig verlängert, bei den Cytheriden wie die vorausgehende gebildet, bei den Cypriden aber empor gerückt, aufwärts gebogen und neben einer kurzen Klaue mit quer abstehenden Endborsten besetzt. Dieselbe dient hier ebenso wie der an Stelle des 7ten Extremitätenpaares fast am Rücken entspringende lange und cylindrische Anhang der Cypridinen wahrscheinlich als Putzfuss. Bezüglich des Innern Baues besitzen die Ostracoden ein zweilappiges Gehirnganglion und eine Bauchkette mit dicht gedrängten Ganglien paaren, welche zu einer gemeinsamen Ganglienmasse zusammengezogen sein können. Von Sinnesorganen fmden sich ausser den schon erwähnten Riechfäden ein aus zwei (nicht selten gesonderten) Hälften zusammengesetztes Medianauge {Cypriden, Cytheriden) oder neben einem kleinen unpaaren Auge zwei grössere zusammengesetzte und bewegliche Seitenaugen (Cypridiniden). Sodann tritt bei den marinen Halocypriden und Cypridinen ein frontales Sinnesorgan als Stab- oder zapfenförmiger Anhang auf. Der häufig (Cypris) mit gezähnten Seitenleisten bewaffnete Mund führt durch eine enge Speiseröhre in einen kolbig erweiterten als Vormagen bezeichneten Darmabschnitt, auf welchen ein weiter und langer Magendarm mit zwei langen seitlichen in die Schalenlamellen hin- einragenden Leberschläuchen folgt. Der After mündet an der Basis des Hinter- leibes. Von besonderen Drüsen ist das Vorhandensein eines kolbig erweiterten Drüsenschlauches (Giftdrüse?) bei den Cytheriden zu erwähnen, dessen Aus- führungsgang in einen stachelähnlichen Anhang der hintern Antenne» mündet. Circidationsoryane fehlen bei den Cypriden und Cytheriden. Dagegen findet sich sowohl bei Cypridina als Conchoecia und Halocypris am Rücken, da wo die Schale mit dem Thier zusammenhängt , ein kurzes sackförmiges Plera. In diesös strömt das nur spärliche Körperchen enthaltende Blut durch zwei seit- liche Spaltöffnungen ein, um durch eine grössere vordere Oeffnung wieder aus- zutreten. Als Respirationsorgan fungirt die gesammte Körperoberfläche, an welcher eine unterbrochene Wasserströmung durch die Schwingungen der blatt- förmigen borstenrandigen Branchialanhänge unterhalten wiid. Bei manchen Cypridiniden {Aster opc) findet sich jedoch in der Nähe des Putzfusses am Rücken jederseits eine Doppelreihe von Kiemenschläuchen , in denen das Blut eine lebhafte Strömung erfährt. Die Geschlechter sind durchweg getrennt und duich nicht unmerkliche Differenzen des gesammten Baues unterschieden. Die Männchen besitzen, von der stärkern Entwicklung der Sinnesorgane abgesehen, an verschiedenen Glied- massen , an der zweiten Antenne {Cypridina , Conchoecia) oder am Kieferfusse {Cypris), zum Festhalten des Weibchens dienende Einrichtungen, oder auch zugleich ein völlig umgestaltetes Beinpaar. Dazu kommt überall ein umfang- reiches, oft sehr complicirt gebautes Copidationsoryan, das auf ein umgestaltetes 540 Ostracoden. Geschlechtsorgane. Entwicklung. Gliedmassenpaar zurückzuführen sein möchte. Für den männlichen Geschlechts- apparat, welcher jederseits aus mehreren langgestreckten oder kugligen Hoden- schläuchen, einem Samenleiter und dem Begattungsgliede besteht, erscheint bei Cypr'is besonders das Vorhandensein einer sehr eigenthümlichen paarigen Schleimdiüse, sowie die Grösse und Form der Samenfäden bemerkenswerth (Zenker). Die Weibchen von Cypris besitzen zwei in die Schalenduplicaturen hineinragende Ovarialschläuche, zwei Receptacula seminis und ebensoviel Geschlechtsöffnungen an der Basis des Hinterleibes. Einige Gythcridea sollen lebendige Junge gebären. Die übrigen Ostracoden legen Eier, die sie entweder an Wasserpflanzen ankleben {üypris), oder wie die Cypridiniden zwischen den Schalen bis zum Ausschlüpfen der Jungen herumtragen. Die freie Entwicklung beruht bei den Cypri.den auf einer complicirten Metamorphose, welche für Cypris in vollständiger Reihe durch Claus bekannt geworden ist. Es sind für Gypris neun aufeinander folgende, nicht durch die abweichende Schalenform, sondern auch durch eine verschiedene Zahl und Gestaltung der Gliedraassen bezeichnete Entwicklungsstadien zu unterscheiden, welche nach Abwerfung der Ghitinhaut und Schale auseinander hervorgehn. Die aus dem Eie aus- schlüpfenden 6'^^jr/slarven besitzen ähnlich wie die Nauplhiafonrien nur drei Gliedmassenpaare, sind aber seitlich stark comprimirt und bereits von einer dünnen zweiklappigen Schale umschlossen. Von den Innern Organen tritt der Darmcanal und das einfache mit zwei lichtbrechenden Körpern versehene Auge hervor. Alle drei Gliedmassenpaare sind einästige Kriech- und Scvvimmfüsse, die beiden vordem den spätem Antennen ähnlich, die hintern enden mit gebogener Klammerborste und besitzen bereits die Anlage der Kaulade. Auch bei den Ostracoden erscheint demnach die Bedeutung der dritten Gliedmasse als Bein die primäre. Erst im zweiten Stadium erscheinen die Mandibeln in ihrer bleibenden Gestaltung mit mächtiger Lade und mehrgliedrigem Taster, während sich gleiclizeitig die Anlagen der Maxillen und des vordem Beinpaares zeigen , welches letztere die Funktion des Klammerfusses übernimmt. Die Maxillarfüsse (Maxillen des zweiten Paares) treten erst im vierten Stadium her- vor und zwar in ganz ähnlicher Anlage wie die Maxillen, mit dem spitzen Ende jedoch nach hinten gewendet. In diesem Alter besitzen die Maxillen bereits mehrere Kaufortsätze und die Branchialplatte. hn fünften Stadium wird die Anlage der Furcalglieder bemerkbar, die Maxillarfüsse sind zu langgestreckten mehrgliedrigen Kriechfüssen mit Klamraerborsten umgestaltet und haben an der Basis zugleich die Kieferlade erzeugt. Auch für den Maxillarfuss erscheint daher ebenso wie für die Mandibel bei Cyprii die Bedeutung als Bein die primäre. Dcim/ach verhält sich von den 7 Glicdniassen ausschliesslich die mittlere, die eigentliche Maxillc, gleich mit ihrer ertöten Differenzirung als Kiefer und behält auch diese Bedeutung mtoeräudett in allen Ostracoden- grappen hei. Das hintere Beinpaar tritt erst im 6ten Stadium auf. hn 7ten Stadium haben sännntliche Gliedmassen bis auf untergeordnete Einzelnheiten ihrer Borstonbevvaffnung die bleibende Form gewonnen, und es werden die Anlagen der Geschlechtsorgane sichtbar, welche in der nachfolgenden letzten Entwicklungsphase ihre weitere Ausbildung erfahren. Erst mit dem 9ten Stadium ist die Form und Ausbildung des gesclilechtsreifen Thieres vollendet. Cypridiiiidae. Ilalocypridae. 541 Bei den marinen Ostracoden vereinfacht sich der Entwicklungsgang bedeutend fast bis zum völligen Ausfall der Metamorphose. Die Ostracoden ernähren sich durchweg von thierischen Stoffen, wie es scheint besonders von den Cadavern abgestorbener Wassertliiere. Zahlreiche fossile Formen sind fast aus allen Formationen , jedoch leider nur in ihren Schalenresten bekannt geworden. 1. Fiim, Cypridinidae. Schalenrand zmu Austritt der Antennen mit tiefern Aus- schnitt. Die vorderen Antennen in beiden Geschlechtern von ansehnlicher Grösse, 4— Tgliedrig, am Ende des langgestreckten Basalgliedes knieförmig gebogen, mit starken Borsten und mit RiochfUden am Ende. Unpaarer Stirnzapten vorhanden , zuweilen sehr lang. Die hinteren Antennen sind 2ästige Schwimmfüsse mit umfangreichem , trian- gulärem Stamm, meist Ogliedrigem lange Schwimm borsten tragenden Hauptast und kleinem 2gliedrigen Nebenast, der im männlichen Geschlecht zu einem :'>gliedrigen Greif- organ von ansehnlicher Länge wird. Kautheil der Mandibel schwach oder ganz ver- kümmert, Taster ögliedrig, fussförmig, von bedeutender Länge, als Maiidibiilarfuss mit knieförmigem Gelenke entwickelt. Drei Maxillenpaare, das zweite derselben mit grosser borstenrandiger Branchialplatte. Das einzige Beinpaar (7tcs Gliedmassenpaar) durch einen cylindrischen geringelten Anhang (Putzfuss) vertreten. Hinterleib aus 2 breiten am hintern Rande mit Haken bewaifneten Platten (Furcalabschnitt) gebildet. Besitzen ein sackförmiges Herz und häufig auch Kiemen, sowie stets zur Seite des unpaaren Auges ein grosses bewegliches zusammengesetztes Augonpaar, das namentlich im männlichen Geschlecht eine bedeutende Grösse erlangt. Männchen mit complicirtem Copulations- apparat. Entwicklung ohne bedeutende Metamorphose. Eier und Junge werden zwischen den Schalen des Mutterthieres umhergetragen. Sämmtlich Meeresbewohner. Cyprklina Edw. Vordere Fühler 7gliedrig, mit kurzem Endgliede und mächtig entwickelter Spürborste am drittletzten Gliede. Unter den Spürborsten des End- gliedes sind 2 beim Männchen beträchtlich verlängert. Schwimmfiissast der bintern Antennen mit sehr langgestrecktem Basalglied. Die Mandibel durch einen dicht be- haarten Fortsatz am Basülglied der Mandibularfüsse vertreten. Maxillen des zweiten Paares mit kräftig bezahntem Ladentheil. C. mediterranca Costa = messinensis Cls. C. norvegica Baird. C. Grubii Fr. Müll., Desten-o. C. stellifera Cls. Nahe verwandt ist Philomeles lorujicornis Lillj. Asternpc ') Phil. Vordere Antennen gedrungen , 6gliedi-ig. Kinnbackenfortsatz des Mandibularfusscs säbelförmig und bezahnt. Am Nacken hinter den Putzfüssen entspringt jederseits eine Reihe von Kiemenblättern. C. Agassizii Fr. Müll. C. niti- diila Fr. Müll., Desterro. Hierher gehört wahrscheinlich auch C. ohlonga Gr. Bradycinetus G. 0. Sars. Schale kuglig aufgetrieben und ziemlich hart. Vordere Antennen Gglicdrig mit gleichmässig stai-kon Endborsten. Kinnbackenfortsatz des Man- dibularfusscs 2 g"ablig , vor demselben 3 gezähnte Dornen. Zweites Maxillenpaar mit starkem mandibelähnlichen Endtheil. Augenpaar klein mit blassem Pigment. Br. glo- bosiis Lillj., Norwegen. 2. Fam. Halocypridae. Schalen sehr dünn, fast häutig, weder stark verhornt noch verkalkt, mit vorderer Ausbuchtung zum Austritt der hintern Antennen. Augen fehlen. Stirnfoi'tsatz stabtörmig. Vordere Antennen im weiblichen Geschlecht klein und wenig deutlich gegliedert und mit langen Borsten und Riechfiiden besetzt. Hintere 1) Als Curiosum verdient hervorgehoben zu werden, dass neuerdings M. Hesse, welcher die Ahnales des Sciences natui-elles durch so zahlreiche höchst wunderliche Darstellungen von »neuen Crustaceen« in Wort und Bild bereichert hat, verstümmelte oder wenigstens monströs entstellte Asteropdonnen als neue Ordnung der Cladoceren unter der Bezeichnung Copechaetiens einzuführen versuchte, ohne dass die Herausgeber dieser französ. Zeitschrift die grobe Täuschung erkannt hätten. Ann. des scienc. natur. Ser. VL Tom. VH. 1878. 542 Cytheridae. Antennen mit breiter triangulärer Basalplatte mit vielgliedrigem als Scliwiuimbein dienenden Hauptast und rudiuicntärem beim Männchen zum Greiforgan umgebildeten Nebenast. Mandibeln mit doppelten sehr kräftigen Kauladen und grossem beinförmigen Sgliedrigen Taster. Das einzige Maxillenpaar mit 21appigem Kautheil und 2gliedrigem Taster. Drei Beinpaare, das vordere kurz mit borstenrandiger Platte, durch den Besitz einer konischen Lade an den Kieferfuss von Cypris erinnernd, das zweite sehr lang- gestreckt, ebenfalls mit borstenrandiger Platte, in beiden Geschlechtern ungleich, beim Männchen mit kräftigen Greifborsten. Das dritte Beinpaar einfach und kurz mit langer Geisseiborste. Abdomen mit 2 hohen borstenbesetzten Lamellen endend. Herz vor- handen. Capulationsapparat mächtig entwickelt. Meeresbewohner. Conchoecia Dana. Schale langgestreckt, seitlich comprimirt. Schnabel mit tiefer Einbuchtung. Stirntentakel gradlinig gestreckt. C. serrulata Cls., Mittelmeer. Halo- cypris Dana. Schale bauchig aufgetrieben mit wenig markirtem Ausschnitt. Stirntentakel winklig gebogen. H. concha Cls., Ocean. Halocypria Cls. Hier mögen anhangsweise die beiden Familien Erwähnung finden, die G. 0. Sars freilich nur auf Untersuchung je einer einzigen Art hin aufgestellt hat. Die eine, PoJycopidae, wird durch den Besitz von überhaupt nur 5 Gliedmassenpaaren charakterisirt und ist möglicherweise eine Jugendform (P. orhicalaris).' Die andere, auf die Gattung Cytherella Bosq. gegründet, zeichnet sich aus durch den Besitz sehr grosser Antennen, von denen die vielgliedrigen vordem an der Basis knieförmig gebogen sind, während die plattgedrückten und 2 ästigen hintern an die Copepodengliedmassen erinnern. Auf die kleinen tastertragenden Mandibeln folgen noch 3 Glied massenpaare, von denen die 2 vordem je eine borstenrandige Platte tragen und als Maxillen bezeichnet werden, die hintern beim Weibchen eine einfache borstentragende Lade darstellen, beim Männchen deutlich gegliederte Greiftusse sind. Das Abdomen endet mit 2 kleinen bedornten Platten. Eier und Embi-yonen werden zwischen der Schale getragen. C. abyssorum G. 0. Sars, Lofoten. 3. Farn. Cytheridae. Schale hart und compakt, meist kalkig und mit rauher Oberfläche. Vordere Antennen an der Basis knieförmig umgebogen, 5- bis 7gliedrig, mit kurzen Boi'sten besetzt. Hintere Antennen kräftig, 4 — 5gliedrig, mit 2 bis 3 starken Haken am Endgliede, stets ohne ßorstenbündel am zweiten Gliede, dagegen am Basal- gliede mit 2gliedrigem sichelförmig gekrümmten Anhang, in welchen der Aus- führungsgang einer Giftdrüse einführt. Mandibeln und Maxillen wie bei den Cypriden. Auf die Mundtheile folgen 3 Beinpaare, da der Taster des Kieferfusses in ein Beinpaar umgebildet ist. Hinteres Beinpaar am mächtigsten entwickelt, aber nicht umgebogen, wie die vordem mit Klauengliede endend. Hinterleib mit nur 2 kleinen lappenformigen Furcalgliedern. Augen meist getrennt. Hoden und Ovaiüen nicht zwischen die Schalen- blätter übertretend. Männlicher Geschlechtsapparat sehr entwickelt, aber ohne Schleim- drüse. Sind durchweg Meeresbewohner. Die Weibchen tragen oft die Eier und Embryonen zwischen den Schalen. Cythere 0. Fr. Müll. Vordere Antennen 5gliedrig (selten 6gliedrig). Hintere Antennen 4gliedrig, von dem langen Anhang meist überragt. Beinpaare in beiden Geschlechtern gleich. C. lutea 0. Fr. Müll., Nord-Meere und Mittelmeer. C. viridis 0. Fr. Müll., Nord-Meere. C. pellucida Baird., Nord-Meere und Mittelmeer. Diese 3 Arten auch fossil in den diluvialen Ablagerungen Schottlands und Norwegens. Als Unter- gattungen könnte man Cytheropsis G. 0. Sars {Eucythere Brd.) , Cythereis Jones und Limnicythere Brd. unterscheiden. Cyprideis Jones {Cythcridea Bosq.). Von Cythere vor- nehmlich durch die Umbildung des vordem männlichen Beines zum Greiffuss ver- schieden. C- torosa Jones, C. Bairdii G. 0. Sars {Cythere augustata Baird.), Nord-Mome. Beide auch fossil u. a. A. Ilyobates G. 0. Sars. Loxoconcha G. 0. Sars. Bythocyihere G. 0. Sars. Paradoxostoina Fisch. Kurzer Saugrüssel. Mandibeln stiietförmig. Vordere Antennen Ggliedrig, hintere Sgliedrig. Auge einfach. P. variabile Baird., Nord- Meere. Cypridae. 3. Ordnung. Copepoda. 543 4. Fam. Cypridae. Schalen leicht und zart, die vordem Antennen meist Tgliedrig und mit langen Borsten besetzt, die des zweiten Paares einfach beinformig, meist ßgliedrig, mit knietormigera Gelenk und an der Spitze mit mehreren KlammerV^orsten bewaffnet. Augen meist eng zusammengedrängt und verschmolzen. Mandibeln mit kräftig be- zahntem Kautheil und massig ent\\'ickeltem 4gliedrigen Taster. Die Maxillen mit 3 fingerförmigen Laden, einem 2gliedrigen Taster und grosser borstenrandiger Platte. Die Maxillen des zweiten Paares ( Kieferfüsse) tragen einen kurzen Taster, der beim Männchen meist beinformig wird und mit einem Greifhaken endet. Zwei Beinpaare, von denen das hintere schwächere Paar aufwärts nach dem Rücken umgebogen ist. Furcalglieder sehr schmal und langgestreckt, an der Spitze mit Hakenborsten. Hoden und Ovarien zwischen die Schalenblätter tretend. Männlicher Geschlechtsapparat fast durchweg mit Schleimdrüse. Grossentheils Süsswasserbewohner. Cypris 0. Fi-. Müll. Die Antennen des ersten Paares mit langen Borsten besetzt. Die Kieferfüsse mit kurzem gestreckt conischen Taster und kleinem sog. Branchialanhang. Ein Bündel von Borsten am zweiten Gliede der untern Antennen. C. fusca Str. C. pubera 0. Fr. Müll. C. fuscata Jur. ii. a. A. Die Untergattung Oypria Zenk. unter- scheidet sich vornehmlich durch schlankere Gliedmassen und die viel grössere Länge des Borstenbündels der hintern Antenne. C. punctata Jur. G. vidua 0. Fr. Müll. C. Ovum Jur. u. a., sämmtlich in den süssen Gewässern Europas verbreitet. Generisch kaum verschieden sind Cypridopsis Brd. und Paracypris G. 0. Sars. Notodromus Lillj. {Cyprois Zenk.). Die Kieferfüsse ohne sogenannten Branchialanhang. Am zweiten Gliede der hintern Antenne sitzen sehr lange Borsten der Innenseite auf. Die beiden Augen gesondert. Die beiden Furcalglieder des Weibchens verschmolzen. N. monachus 0. Fr. Müll. Candona Baird. Die untern Antennen ohne Borstenbüschel , die Kieferfüsse ohne sog. Branchialanhang. Auge einfach. Leben mehr kriechend am Boden der Gewässer. C. Candida 0. Fr. Müll. C. reptans Baird. Pontocypris G. 0. Sars. Schalenoberfläche dicht behaart. Kieferfüsse mit beinähnlichem Sgliedrigen Taster, aber ohne sog. Branchial- anhang. Vordere Antennen Tgliedrig, langgestreckt, mit langen Borsten besetzt. Marin. P. serriilata G. 0. Sars, Norwegen. 3, Ordnung. Copepoda^), Copepoden. Elltomost lakcn von gestrecJcter , meist ivohlgegliederter Körperforin, ohne schalenjörmige Hautduplicatiir , mit nvei Antevnenpaaren , einem Faare von Mandibeln und von Maxillen, einem Doppelpaar von Kieferfüsscn , mit 4 bis 5 Faaren ziveiästiger liuderbeine und Sgliedrigem gliedmassenlosen Abdomen. Eine äusserst vielgestaltige Gruppe , deren freilebende Formen sich durch eine bestimmte Leibesgliederung und constante Zahl von Gliedmassenpaaren auszeichnen. Dagegen entfernen sich die zahlreichen parasitischen Formen in einer Reihe von Abstufungen von der Gestaltung jener und erhalten schliesslich eine so veränderte Körpergestalt, dass sie ohne Kenntniss der Entwicklung und der Eigenthümlichkeiten ihres Baues eher für Schmarotzerwürmer als für 1) 0. F. Müller, Entomostraca seu Insecta testacea, quae in aquis Daniae et Norvegiae reperit, descripsit. Lipsiae. 1785. Jurine, Histoire des Monocles. Geneve. 1820. W. Baird, The natural history of the British Entomostraca. London. 1850. W. Lillj eborg, Crustacea ex ordinibus tribus: Cladocera, Ostracoda et Copepoda, in Scania occurrentibus. Lund. 1853. W. Zenker, System der Crustaceen. Archiv für Naturg. 1854. C. Claus, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden. Archiv für Naturg. 1858. Derselbe, Zur Mori)hologie der Copepoden. Würzb. naturw. Zeitschr. 1860. 544 Copepodon. Körperbau. Arthropoden gehalten werden könnton. Indessen erhalten sich meist auch hier die charactcristischen Rudorbeine, wenn freilich oft in geringer Zahl, als rudimentäre oder umgestaltete Anhänge. Beim Mangel der letztern aber gibt die Entwicklungsgeschichte sichern Aufschluss über die Gopepodennatur. Der Ko|)f erscheint in der Regel mit dem ersten Brustsegment verschmolzen und trägt dann als Gephalothorax zwei Paare von Antennen, zwei Mandibeln, ebensoviel Maxillen, vier Maxillarfüsse, welche übrigens als äussere und innere Aeste einem einzigen Glied massenpaare angehören, ferner das erste nicht selten abweichend gestaltete Paar von Ruderfüssen. Es folgen dann vier freie Thoracalsegmente mit ebensoviel Ruderfusspaaren, von denen das letzte indess häufig verkümmert, im männlichen Geschlechte auch oft als Begattungs- organ umgestaltet ist. Uebrigens kann sowohl das fünfte Fusspaar als das entsprechende Thoracalsegment ganz hinwegfallen. Das Abdomen besteht ebenso wie die Brust aus 5 Segmenten, entbehrt, aber aller Gliedmassen und endet mit zwei gabiig auseinanderstehenden Gliedern {Furca), an deren Spitze mehrere lange Schwanzborsten aufsitzen. Am weiblichen Körper vereinigen sich meist die beiden ersten Abdominalsegmente zur Herstellung eines Genital- Doppelsegmentes mit den Geschlechtsöffnungen. Sehr häufig erfährt nun auch das Abdomen vornehmlich bei den parasitischen Formen eine bedeutende Reduclion. Die vordem Antennen sind langgestreckt und vielgliedrig, sie dienen als Träger von Sinnesorganen besonders zum Tasten und Spüren, bei den frei umherschwimmenden Formen auch als Ruder und im männlichen Geschlechte als Greifarme zum Fangen und Festhalten des Weibchens während der Begattung. Die untern Antennen bleiben durchweg kürzer und tragen nicht selten doppelte Aeste; wohl überall dienen sie neben der Unterstützung der Locomotion zum Anlegen oder Anklammern an festen Gegenständen und sind mit Klammer- borsten und bei den parasitischen Formen oft mit kräftigen Klammerhaken bewaffnet. Von Mundwerkzeugen liegen unterhalb der Oberlippe zwei bezähnte, meist tasteltragende Mandibeln , welche bei den freilebenden Gopepoden als Kauorgane fungiren, bei den parasitischen aber in der Regel zu spitzen stilet- förmigen Stäben sich umbilden und zum Stechen benutzt werden. Im letzteren Falle rücken dieselben häufig in eine durch Vereinigung der Oberlippe und Unter- lippe gebildete Saugröhre, können jedoch auch bei P>.eduction der Oberlippe als sichelförmige Platten eine freie Lage bewahren. Die zwei auf die Mandibeln folgenden Unterkiefer sind durchweg schwächere Kauplatten und bei den Schmarotzerkrebsen nicht selten zu kleinen tasterartigen Höckern oder auch auch zu Stechborsten {Art/ulus) verkümmert. Dagegen zeigen sich die Maxillar- füsse w'eit gestreckter und werden sowohl zum Ergreifen der Nahrung als vor- nehmlich bei den Schmarotzerkrebsen zum Anklammern des Körpers benutzt. Die Ruderbeine der Brust bestehen fast überall aus einem zAveigliedrigen Basalabschnitt und aus zwei dreigliedrigen, mit langen Borsten besetzten Ruder- ästen, welche nach Form und Bedeutung breiten Ruderplattcn vergleichbar erscheinen. Bei den Arguliden gewinnen die Aeste eine bedeutende Streckung und nähern sich durch ihre reichere Gliederung den Girripedienbeinen, den sog. Rankenfüssen. Sinnesorgane. Verdauungscan al. Athmung. Fortpflanzung. 545 Die innere Organisation bietet den Verhältnissen des äussern Körperbaues und der Lebensweise entsprechend mannichfache Abstufungen. Ueberall findet sich ein Gehirn mit austretenden Sinnesnerven nebst einem Bauchstrang, der entweder während seines Verlaufes zu einer Anzahl von Ganglien anschwillt oder sich zu einer gemeinsamen untern Schlundganglienmasse concentrirt. Von Simtesorganen kommt das dreitheilige Stirnauge (Gyclopsauge) ziemlich allgemein vor und fehlt nur einigen parasitischen Gopepoden im ausgebildeten Alter. Dasselbe tritt in seiner einfachsten Form als ein xförmiger dem Gehirn aufliegender Pigmentfleck auf, aus dessen Einbuchtungen jederseits eine licht- brechende Kugel hervorragt. Dazu kommt fast regelmässig (auch bei Gyclops) noch ein dritter ventraler Pigmentbecher hinzu. Auf einer höhern Entwick- lungsstufe erlangt das Auge eine grössere Selbstständigkeit, erhält vom Gehirn aus einen ansehnlichen Sehnerven und wird durch besondere Augenmuskeln beweglich, während sich zugleich die Zahl seiner lichtbrechenden Kugeln ver- grössert und Linsen des Hautpanzers als Cornealinsen hinzukommen. Daneben aber treten 2 seitliche, den paarigen Seitenaugen der Malakostraken gleich- werthige Augen auf, zwischen welchen Reste des unpaaren Auges zurück- bleiben {Corycaeiden). Bei den Arguüden gewinnen jene eine bedeutende Grösse und enthalten wie die grossen Phyllopodenaugen eine grosse Zahl von Krystallkegeln. Ausser dem Tastshm, dessen Sitz ganz besonders in den Borsten der vordem Antennen, aber auch an manchen andern Stellen der Haut zu suchen ist, kommen Riechfäden als zarte Anhänge der vordem Antennen, vornehmlich im männlichen Geschlechte, in weiter Verbreitung vor. Der Veräauuugscanal zerfällt in eine kurze und enge Speiseröhre, einen weiten oft mit zwei einfachen oder vielfach verästelten [Arguliden] Blind- schläuchen beginnenden Magendarm und einem Enddarm, welcher sich am Hinterleibsende auf der Rückenseite des letzten Abdominalsegmentes öffnet. Häufig scheint die Darmwand selbst zugleich die Function derHarnabsonderung zu übernehmen, indessen findet sich daneben noch ein der Schalendrüse der Phyllopoden gleichwerthiger paariger Drüsenschlauch im Kopfbruststück zu den Seiten der Kieferfüsse, der wahrscheinlich ein ähnliches Harnprodukt ausscheidet. Auch treten im Larvenalter die später schwindenden Anlagen der schleifenförmigen gar oft mit der Schalendrüse verwechselten Antennen- drüse auf. Kiemen fehlen überall und die gesammte Hautoberfläche besorgt die Respiration. Bei den Arguliden scheint das zu einer Platte umgestaltete Abdomen zur Athmungsfunction besonders tauglich (Branchiura). Auch rückt hier das Herz in das Endsegment des Thorax. Girculationsorgane können vollständig ausfallen und durch regelmässige Schwingungen des Darmcanals {Cyclops, Achther es) ersetzt sein. In andern Fällen finden sich schwingende Platten, welche die Blutströmung in bestimmten Bahnen der Leibeshöhle unterhalten {Caligus), oder es tritt im Vordertheil der Brust oberhalb des Darmes ein kurzes sackförmiges Herz auf {Caianiden)^ welches sich häufig in eine Kopfarterie fortsetzt {Calanella). Die Gopepoden sind durchweg getrennten Geschlechts. Die Geschlechts- organe liegen grossentheils in den Seitenhälften des Gephalothorax sowie der Brustsegmente. Dieselben bestehen aus einer unpaaren od^r paarigen Claus, Zoologie. 4. Auflage. 35 546 Copepoden, Eiersäckchen. Begattung. Entwicklung. Geschlechtsdrü.se mit entsprechenden Ausführungsgängen, die in ihrem Verlaufe oder am Endabschnitt mit accessorischen Drüsen in Verbindung stellen und rechts und links am Basalgliede des Hinterleibes ausmünden. Fast regelmässig machen sich in der Form und Bildung verschiedener Körpertheile Geschlechts- unterschiede geltend, welche bei einigen SchmaYoixerkvehsen{Choitdracanthiden, Lernaeopoden) zu einem höchst auffallenden Dimorphismus führen. Die Männchen sind durchweg kleiner und behender, ihre vordem Antennen sowie die Füsse des letzten Paares, seltener die hintern Antennen und die Maxillar- füsse sind zu accessorischen Copulationsorganen umgestaltet und werden zum Fangen und Festhalten des Weibchens, wohl auch zum Ankleben der Sperma- tophoren verwendet. Die Spermatophoren bilden sich innerhalb der Samenleiter mittelst eines von den Wandungen derselben abgesonderten Secretes , welches in der Umgebung der Samenmasse zu einer festen Hülle erstarrt. Die grössern Weibchen bewegen sich oft weit schwerfälliger und tragen die Eier seltener in Bruträumen (Notodelphyideti), in der Regel in Säckchen und Schläuchen, am Abdomen mit sich herum. Im letztern Falle besitzen sie häufig eine besondere Drüse (sog. Kittdrüse), deren Absonderungsprodukt zugleich mit den Eiern austritt und die erstarrende Hülle der Eiersäckchen liefert. Während der Begattung, die beim Ausfall wirklicher Begattungsorgane überall nur eine äussere Vereinigung beider Geschlechter bleibt, klebt das Männchen dem Weibchen eine oder mehrere Spermatophoren am Genitalsegment und zwar an bestimmten Oeffnungen fest, durch welche die Samenfäden in ein besonderes mit den Oviducten verbundenes Recaptulum seminis übertreten und die Eier entweder im Innern des mütterlichen Körpers oder während ihres Austritts in die sich bildenden Eiersäckchen befruchten. Die Eier erleiden in den Brut- säcken eine totale, bei zahlreichen parasitischen Formen eine partielle Furchung. Im letztern Falle kann der Embryo an der Bauchseite des Blastoderms eine Verdickung (Primitivstreifen) zeigen, wie dies bei den Embryonen der Lernaeo- poden, Caliginen und Lernaeen der Fall ist, welche bereits eine grössere Zahl (7) von Gliodmassen zur Anlage bringen. Die Entwicklung beruht auf einer complicirten und bei vielen Schmarotzer- krebsen rückschreitenden Metamorphose. Die Larven schlüpfen als sog. Nauplius[ovY\\en von ovaler Körpergestalt, mit unpaarem Stirnauge und drei Paaren von Gliedmassen in der Umgebung des Mundes aus. Dieselben unter- scheiden sich von den entsprechenden Naupliusformen der Girripedien vor- nehmlich durch den Mangel seitlicher Stirnhörner und des langen Rüssels. Kau- werkzeuge fehlen vollständig, indessen dienen einige nach dem Munde gerichtete Borsten an dem zweiten und dritten Gliedmassenpaare zur Einführung kleiner Nahrungskörper in die grosse, in der Regel von einer grossen Oberlippe kappenartig überdeckte Mundöffnung. Die hintere gliedmassenlose Leibespartie trägt am hintern Pole zwei Endborsten zu den Seiten des Afters, und die ganze vordere Hauptmasse des Körpers entspricht den drei vordem Kopfsegmenten, da sich später die drei Gliedmassenpaare in die Antennen und Mandibeln ver- wandeln. Die Veränderungen, welche die jungen Larven mit dem weitern Wachsthum erleiden, knüpfen an mehrfache auf einander folgende Ab- streifungen der Haut und beruhen im Wesentlichen auf einer Streckung des Naupliuslarven. Metamorphose. 547 Leibes und auf dem Hervorsprossen neuer Gliedmassen an den neugebildeten Segmenten, welche sich wie die der Annelidenlarven der Reihe nach aus dem terminalen Leibesabschnitt sondern. Schon das nachfolgende Larvenstadium weist ein viertes Extremitätenpaar, die spätem Maxillen auf; dann treten mit der nächstfolgenden Häutung auf einmal drei neue Gliedmassenpaare hervor, von denen die ersten den Kieferfüssen entsprechen, während die zwei letzten Paare die vordem Ruderfüsse in ihrer ersten Anlage vorstellen. Auf diesem Stadium {Metanauplius) erscheint die Larve noch immer Nauplius-k\m\\c\\ und erst nach einer nochmaligen Häutung geht sie in die erste Cyc/o/^sähnliche Form über. Die- selbe gleicht bereits im Bau der Fühler und Mundtheile dem ausgewachsenen Thier , wenngleich die Zahl der Gliedmassen und Leibesringe eine noch viel geringere ist. Die beiden letzten Gliedmassenpaare stellen bereits kurze zwei- ästige Ruderfüsse (noch mit eingliedrigen Aesten) vor, zu denen noch die An- lagen des dritten und vierten Ruderfusses in Form mit Borsten besetzter Wülste hinzugekommen sind. Der Leib besteht aus dem ovalen Kopf bruststück , den drei nachfolgenden Thoracalsegmenten und einem langgestreckten Endgliede, welches mit den spätem Häutungen das letzte Thoracalsegment und alle Segmente des Abdomens durch fortschreitende Gliederung erzeugt und bereits mit der gahligen Furca endet. Bei den Cijclopiden haben die hintern Fühler den Nebenast verloren, und die Mandibeln den frühern Schwimmfuss abge- worfen, während diese Anhänge bei den übrigen Familien meist mehr oder weniger verändert (der letzte als Mandibulartaster) persistiren. Uebrigens gelangen viele Formen der parasitischen Copepoden, z. B. Lernanthropus, Chondracanthus, über diese Stufe der Leibesgliederung überhaupt nicht hinaus und erhalten weder die Schwimmfüsse des dritten und vierten Paares, nocli ein vom stummeiförmigen Abdomen gesondertes fünftes Brustsegment; andere Schmarotzerkrebse, z. B. Achther es, sinken sogar durch den spätem Verlust der beiden vordem Schwinmifusspaare auf eine noch tiefere Stufe der morpho- logischen Differenzirung zurück. Alle freilebenden und auch die meisten parasitischen Copepoden durch- laufen nun aber noch mit den nachfolgenden Häutungen eine grössere oder geringere Reihe von Entwicklungsstadien, an welchen in continuirlicher Auf- einanderfolge die noch fehlenden Segmente und Gliedmassen (der Reihe nach von vorn nach hinten) hervortreten, und die bereits vorhandenen Extremitäten zu einer gesetzmässig fortschreitenden Gliederung gelangen. Einige Schmarotzer- krebse {Lernaeopoden, Lernaeen) überspringen allerdings die Entwicklungsreihe der Naupliusformen , indem die Larve alsbald nach ihrem Ausschlüpfen die Haut abwirft und bereits in der jüngsten Ct/clopsform mit Klammerantennen und stechenden Mundwerkzeugen hervortritt. Viele durchlaufen von diesem Stadium an eine regressive Metamorphose, sie heften sich als Parasiten an ein Wohnthier an, verlieren an ihrem unförmig wachsenden Leibe die Gliederung mehr oder minder vollständig, werfen ebenso auch die Ruder- füsse ab, die freilich öfter als Stummel erhalten bleiben und können selbst des ursprünglich vorhandenen Auges verlustig gehn. Die Männchen aber bleiben oft zwergartig klein und sitzen dann häufig paarweise in der Nähe der Geschlechtsöffnung am weibliehen Körper angeklammert fest {Lernaeopoden, 35* 548 1 Unterordnung. Eucopepoda. Chondracanthiden). In andern Fällen [Lrrnaeen) durchläuft die festgeheftete Larve die späteren Gyclopsstadien gewissermassen als Puppenformen, aus denen die freischwimmenden Geschlechtsthiere mit vollzähliger Leibesgliederung her- vorgehen. Dann tritt erst nach der Begattung an dem von Neuem festgehefteten mächtig wachsenden Weibchen die ausserordentliche Umgestaltung des zu einem unförmigen Schlauche fortwachsenden Leibes ein. Nur ausnahmsweise kann das aus dem Eie ausschlüpfende Junge bereits die Körperform und säinmtliche Gtiedmassen des Geschlechtsthieres besitzen, immerhin aber noch durch ein- fachere und abweichende Gliedmassenformen als Larve erscheinen {Branchiura). I.Unterordnung. Eucopepoda'). Copepoden mit Ruderfüssen, deren Jiurze Aeste einfach, 2- oder Sgliedrig sind, mit kauenden oder stechenden und saugenden Mundwerhiseugen. Diese sehr umfangreiche Gruppe umfasst die Copepoden im engern Sinne, auf welche die bereits gegebene Darstellung des Baues und der Organisation Bezug hat. Viele leben frei, ernähren sich selbstständig sowohl von kleinern Thieren als von Theilen abgestorbener Thiere und besitzen kauende, seltener stechende Mundtheile. Einige der letztern halten sich zeitweilig in den ge- schützten Leibesräumen glasheller Seethiere, z. B. in Schvvimmglocken von Siphonophoren und in der Athemhöhle von Salpen auf, andere leben im aus- gebildeten Zustand bereits dauernd in der Athemhöhle von Ascidien und zeichnen sich oft im weiblichen Geschlechte durch unförmige Auftreibungen des Leibes aus. Die Formen mit Kauwerkzeugen beleben sowohl die mit Pflanzenwuchs erfüllten süssen Gewässer als die Binnenseen und das offene Meer, in dessen reicher Fauna ihnen eine wesentliche Rolle im Haushalt des thierischen Lebens zufällt. Schon in Landseen , in den Gebirgsseen Bayerns und im Bodensee bilden sie mit den Daphniden {Cladoceren) die Hauptnahrung geschätzter Fische, z. B. der Saiblinge und Ranken. Unter den marinen Formen sind Cetochilus finmarchicus, Temora longicornis , Anomalocera Fatersonii, Tishe furcuta und Canthocamptus Strömii als Fischnahrung hervorzuheben, die beiden letztern Arten wurden im Magen schottischer Häringe gefunden {Diaptomus castor im Magen des Küstenhärings Pommerns). Cetochilus au- stralis soll nacliRoussel de Vauzeme in der Südsee förmliche Bänke bilden, welche dem Wasser meilenweit eine röthliche Färbung verleihen. So begreift man , wie diese kleinen Crustaceen selbst als »Wallfischspeise« dienen. Auch die parasitischen Copepoden , die »Schmarotzerkrebse« , beginnen mit kleinen normal gestalteten Cyclopsformen, welche durch die zuweilen selbst 1) Ausser den bereits citirten Werken von 0. Fr. Müller, Jurine, Lilljeborg, Kröyer, M. Edwards vergl. W. Baird, The natural history of the British Entouiostraca. London. 1850. Dana, The Crustacea of the United States etc. Philadelphia. 1852 und 1853. S. Fischer, Beiträge zur Kenntniss der in der Umgegend von St. Petersburg sich findenden Cyclo- piden. Bull. Soc. Inip. Moscou. 1851 und 1853. C. Claus, Die freilebenden Copepoden. Leipzig. 1863. Derselbe, Die Copepodenfauna von Nizza. Marburg. 1866. Allgeraeiner Körperbau. 549 vollzählige Körpergliederung und regelmässige Gestaltung der Schwimm füsse zur freien Bewegung im Wasser nicht minder als die frei lebenden Gopepoden befö,higt sind und direct an die Corycäeiden anschliessen. Eine scharfe Ab- grenzung von den letztern dürfte um so weniger möglich sein, als auch diese oft mit hoch entwickelten Augen versehenen freischwimmenden Formen stechende Mundwerkzeuge zur Aufnahme einer flüssigen Nahrung besitzen. Bei den Parasiten erscheinen die hintern Antennen und die Kieferfüsse zu kräftigen Greif- und Klammerapparaten umgestaltet. Die Mandibeln sind entweder geradgestreckte Stilete und werden dann von einer besondern Saug- röhre umschlossen oder liegen als spitze sichelförmig gekrümmte und an der Basis verbreiterte Stechhaken frei vor *) der Mundöffnung. Viele Parasiten verlassen zeitweilig ihren Wohnort und schwimmen in leichten und behenden Bewegungen frei umher, viele freilich bewegen sich unbehülflich und unsicher, wenn man sie von ihrem Wohnplatz entfernt , und andere bleiben von einem bestimmten Entwicklungsstadium an überhaupt fixirt. Ln letztern Falle steigert sich die Umgestaltung des Körpers zugleich mit dem fortschreitenden Wachs- thum bis zur Unkenntlichkeit der ursprünglichen Form und der Gopepoden- gestalt überhaupt; die Ruderfüsse erscheinen an dem unförmig wachsenden Körper als kleine nur schwer zu erkennende Stummel (Lerimeen) oder werden theilweise {Ciiondracanthiden) oder vollkommen {Lernaeopoden) unterdrückt. Die vordem Antennen bleiben kleine borstenähnliche Fädchen, die Augen werden versteckt oder ganz rückgebildet, der Körper selbst verliert die Gliederung, wird wurmförmig gestreckt und aufgetrieben, wohl selbst spiralig gedreht oder unregelmässig gekrümmt und gewinnt durch weite zipfelförmige Aussackungen oder widerhakenähnliche Fortsätze und selbst ramificirte Aus- wüchse ein ganz abnormes Aussehn. Ueberall aber ist es nur das weibliche Geschlecht, welches derartige absonderliche, mit bedeutender Grössenzunahme verbundene Deformitäten erleidet. Das Männchen , auch wenn die morpho- logische Ausbildung seines Leibes eine dem Weibchen entsprechende Reduction erfährt, bewahrt sich die Symmetrie und erkennbare Gliederung und bleibt durchaus im Gebrauch seiner Sinnesfunktionen. Dagegen wird das Wachs- thum des männlichen Leibes schon frühzeitig unterdrückt. Je mehr derselbe aber an Grösse hinter dem des Weibchens zurückbleibt, um so mehr treten an ihm die Greif- und Klammerfüsse an Umfang und Stärke hervor. So sinkt endlich das Männchen — und gerade in den Gruppen mit stark ausgeprägter Umgestaltung des weiblichen Körpers {Chondrdcanthlden , Lernaeopoden) — zur Zwerggestalt herab und haftet , zwar noch frei beweglich aber kaum frei- willig seinen Befestigungsort verlassend , einem Parasiten vergleichbar an dem Leibe des Weibchens. Wie bei den Girripedien mit complemental males sind 1) Wenn man diese Parasitenguttungen mit stechenden Mundtheilen ohne Saugi'öhre {Poecilostomata Thoreil) mit Sars und Claparede in die Reihe der normalen Copepoden stellen wollte, so würde man nicht nur die Gattung Lamproglene von den Dichelestiiden abtrennen und in der letztern aufnehmen, sondern auch die so reducirten und abnorm gestalteten Ciiondracanthiden mit ihren Zwergmännchen in derselben Reihe unterbringen müssen. 550 Eucopepoden. Fortpflanzung. auch hier nicht selten zwei oder mehrere Zwergmännchen an dem Körper eines einzigen Weibchens befestigt. Indessen scheint auch hier die Begattung und Be- fruchtung der Umgestaltung und enormen Vergrösserung des weiblichen Körpers vorauszugehn und in eine Zeit zu fallen, in welcher beide Geschlechter ihrer Grösse und Körperform nach mehr übereinstimmen. Bei den Lernaeen, deren Weibchen unter allen Schmarotzerkrebsen den höchsten Grad von Deformität erreichen, ist diese Arbeitstheilung am strengsten durchgeführt, indem der Periode des dauernden Parasitismus , welche durch das abnorme Wachsthum und die Brutproduktion des Weibchens bezeichnet ist, eine Zeit des freien Um- herschwärmens beider Geschlechter zum Zwecke der Begattung und Befruchtung vorausgeht. Natürlich tritt dann überhaupt nur das Weibchen in die spätere EntwicklungsphEise ein, und es erklärt sich, wesshalb man am Körper der echten Lernaeen niemals Zwergmännchen gefunden hat. Mit der Begattung werden dem Weibchen an die Oeffnung des überaus vielgestaltigen Receptaculum's Spermatophoren angeklebt, deren Inhalt in den weiblichen Geschlechtsapparat durch die Wirkung des Wassers ein- getrieben wird. Nach v. Siebold ^), dem sich Claus, Leydig u. a. an- schlössen , sollten der Endabschnitt der Spermatophore einen besondern durch Wasser quellenden Austreibestoff enthalten , die nach neuern Beobachtungen einem Theile der als Austreibezellen fungirenden Zoospermien entsprechen würden ^). Fast allgemein werden die Eier in Säckchen oder in langen einreihigen Schnüren abgesetzt und bis zum Ausschlüpfen der Larven vom mütterlichen Leibe getragen. Die Bereitung des die Säckchenhüllen liefernden Sekretes fällt in zahlreichen Fällen (Parasiten) einer besondem schlauchförmigen Drüse zu, welche sich am Ende eines jeden Oviductes erhebt. Bei den freilebenden Gopepoden erscheint dieselbe durch den Endtheil der Oviductwand selbst ver- treten, wie neuere Beobachtungen von A. Gruber ^) wahrscheinlich gemacht haben, während bisher nach dem Vorgange von Claus angenommen wurde, dass die Wand der anliegenden Receptacula diese Funktion besorge. Die Embryonalbildung leitet sich stets durch eine totale oder partielle Dotterfurchung ein. Im letztern für die Lernaeoxjoden und wie es scheint für die meisten Siphonostomen gültigen Falle bleibt eine grosse fettreiche Dotter- kugel als Nahrungsdotter zurück, und nur ein kleiner eiweissreicher Theil des Protoi)lasmas liefert durch fortgesetzte Furchung die Bildungselemente des Embryonalkörpers. Dieselben ordnen sich in der Peripherie der Dotterkugel als Keimblase an, welche durch oberflächliche Ausscheidung eine zarte sub- cuticulare Hülle, gewissermassen die erste Embryonalhaut, erzeugen. Indem sich dann die Keimblase durch Zellenwucherung an einer Seite vornehmlich verdickt , entsteht ein bauchständiger Keimstreifen , an dessen Seite die drei (beziehungsweise zwei) Gliedmassenpaare der Naupliusform gleichzeitig hervor- 1) C. E. V. Siebold, Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere. II. Ueber das Begattungsgeschäft des Cyclops castor. Danzig. 1839.* 2) A. Gruber, Ueber zwei Süsswassercalanideu. Leipzig. 1878. 3) A. Gruber, Beiträge zur Kenntniss der Generationsorgane der freilebenden Gopepoden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXXII. 1879. Entwicklung. Lebensweise. 551 knospen. Indessen gelangt die Naupliusform schon innerlialb der Eihüllen zur weitern Fortbildung, indem sich unter der zarten cuticularen Naupliushülle die Anlagen der vier nachfolgenden Gliedniassenpaare zeigen. Die ausschlüpfende mit grossen Augen versehene Larve streift alsbald die Naupliushülle ab , um sofort mit Ueberspringung der spätem Naupliusstadien in die Gestalt der ersten Cyclopsform mit mächtigen Kieferfüssen und stechenden Mandibeln einzutreten. Somit erfährt die Metamorphose der Lernaeopoden eine wesentliche Reduktion. In dem Zustand der jüngsten Cyclopsform suchen sich die frei schwärmenden Siphonostomenlarven einen Wohnplatz, sie legen sich an den Kiemen bestimmter Fische vor Anker, um mit der nachfolgenden Häutung, durch die Anwesenheit eines Stirnbandes unterstützt, eine festere Verbindung mit dem Organ des Trägers einzugehn. In dieser Verbindung durchlaufen sie {Caligiden, Lernaeen) ge Wissermassen als »Puppen« sämmtliche nachfolgende Gyclopsstadien , oder treten — falls die morphologische Ausbildung des geschlechtsreifen Thieres eine Reduktion erfährt (Lernaeopoden) — früher in die Form des Geschlechts- thieres ein. Schliesslich wird mit der letzten Häutung unter Verlust des Stirn- bandes das zur Begattungsreife mit 4 Ruderfusspaaren ausgestattete und (vom Abdomen abgesehn) vollzählig gegliederte Geschlechtsthier frei. Bei den Ler- naeopoden und Chondracanthiden freilich erfahrt die Entwicklung eine wesent- liche Reduktion , indem die morphologische Ausbildung des geschlechtsreifen Thieres auf einem frühern Stadium zurückbleibt und die beiden hintern Fuss- paare überhaupt nicht mehr zur Anlage kommen, ja sogar die beiden vordem {Lernaeopoden) abgeworfen werden können. Bei den ErgasiUden endlich scheint die Entwicklung von der normalen Metamorphose des freilebenden Copepoden kaum wesentlich abzuweichen. Die Schmarotzerkrebse leben vorzugsweise an den Kiemen und in der Rachenhöhle, auch wohl an der äussern Haut von Fischen und nähren sich vom Schleim oder auch wohl vom Blut ihrer Wirthe, mit welchem sie ihren Darm- canal füllen. Viele haften nur lose an den Geweben des Trägers, andere {Lernaeopoden) haften mit dem Klauentheil ihrer verwachsenen Klammerarme in der Schleimhaut, wieder andere liegen theihveise {Lernaeen) oder vollständig {FhilicJithys) in Schleimhautaussackungen oder dringen gar wie Haemobaphes mit dem Vorderkörper in den Aortenbulbus von Fischen ein. 1. Gnathostomata 0- Vorwiegend freilebende Copepoden mit kauenden Mundtheilen und voll- zähliger Leibesglicderung. Die Oberlippe prominirt stark, oft holmförmig vorstehend und bildet mit einer zweilappigen, unter den Mandibeln folgenden Unterlippe (Paragnathen) einen Vorraum des Mundes. 1) Ausser Baird, Lilljeborg, C. Claus 1. c. vergl. G. 0. Sars, Oversigt af de indenlaudske Ferskvandscopepoder. Christiania. 1863. Axel Boeck, Oversigt over de ved Norges Kyster iagttagne Copepoder etc. Vidensk-Selk. Forhandl. 1864. Derselbe, Nye Slaegter og Arter af Saltvands-Copei:»oder. Ebendas. 1872. Brady, A Monograph of tlie free and scnii-parasitic Copepoda of the Brit. Islands. London. 1878. 552 Cyclopidae. Harpactidae. Calanidae. 1. Fam. Cyclopidae. Vorwiegend Süsswasserbewohner mit vollzähliger Gliederimg. Beide Antennen des ersten Paares beim Männchen zu Greifarmen umgebildet. Die Antennen des zweiten Paares 4gliedrig. Mandibulartaster rudimentär. Fünftes Fusspaar rudimentär, in beiden Geschlechtern gleich. Herz fehlt. Beiderlei Geschlechtsorgane paarig. Zwei Eiersäckchen. Cyclops 0. Fr. Müll. Mandibulartaster durch 2 Borsten vertreten. Maxillartaster verkümmert. Kopf mit dem ersten Thoracalsegment verschmolzen. Leben im süssen Wasser. C. coronatus Cls. (C. quadricornis var. fuscus Jur.), C. hrevicornis Cls., C. tenuicornis Cls., C. serrulatus Fisch., C. canthocarpoides Fisch., sämmtlich überall in Deutschland, England etc. verbreitet. Cyclopina Cls. C- norvegica A. Boeck. Oithona Baird. 2. Fam. Harpactidae. Körper häufig mehr linear mit dickem Panzer. Beide Antennen des ersten Paares im männlichen Geschlechte zu Fangarmen umgebildet. Die Antennen des zweiten Paares meist mit Nebenast. Die Mandibeln und Maxillen mit kurzen aber zweiästigen Tastern. Der innere Kieferfuss abwärts gerückt mit Greifhaken. Das erste Fusspaar mehr oder minder modificirt. Das fünfte Fusspaar oft blattförmig. Herz fehlt. Männlicher Geschlechtsapparat meist unpaar. Meist ein Eiersäckchen. Longipedia Cls. Erstes Fusspaar den nachfolgenden ähnlich und wie diese mit Sgliedrigen Aesten. Innerer Ast des zweiten Fussi3aares sehr verlängert. Nebenast der hintern Antenne lang, ögliedrig. L. coronata Cls., Nordsee und Mittelmeer. Hier schliesst sich Eetinosoma A. Boeck an. Euterpe Cls. Canthocamptus Westw. Beide Aeste des ersten Fusspaares Sgliedrig, wenig verschieden; der innere längere am Ende seines ersten sehr gestreckten Gliedes knieförmig gebogen mit schwachen Borsten. Unterer Maxilkirfuss schmächtig. Mandibulartaster einfach, 2gliedrig. C. staphylinus Jur. {Cyclops minutus 0. Fr. Müll.). G. minutus Cls. Beide im süssen Wasser sehr verbreitet. C. paroulus Cls. Marine Form, Nizza. Harpacticus M. Edw. Beide Aeste des ersten Fuss- paares bilden starke Greiffüsse, der äussere Ast Sgliedrig, mit sehr langgestrecktem ersten und zweiten Gliede , fast doppelt so lang als der innere meist 2gliedrige Ast. Unterer Maxillarfuss sehr kräftig. H. chelifer 0. Fr. Müll., Nordsee. H. nicaeensis Cls., Mittelmeer. Nahe verwandt sind die Gattungen Dactylopus Cls. (Z>. Strömii Baird) und Thalestris Cls. (27t. harpactoides Cls.). Hier schliessen sich die Peltidien an, von den Harpactiden vornehmlich durch die flache, schildförmige Leibesgestalt verschieden. Zaus Goods. Beide Aeste des ersten Fusspaares sind Greiffüsse wie bei Harpacticus. Der fünfte Fuss sehr breit, blattförmig. Das Basalglied der untern Kieferfüsse sehr klein, die Greif band dagegen von ansehnlicher Grösse. Z. spinosus Cls., Nordsee. Nahe verwandt ist Scutellidium Cls., deren erstes Fusspaar ähnlich wie bei Tisbe gebildet ist. Sc. tisboides Cls., Nizza. Eupelte Cls. E. graciUs Cls., Nizza. PorcelUdium Cls. Hersilia Phil. 3. Fam. Calanidae. Körper langgestreckt mit sehr langen vordem Antennen, von denen nur die der einen Seite im männlichen Geschlechte genicuürend ist. Die hintere Antenne zweiästig mit unfangreichem Nebenaste. Mandibulartaster 2ästig, der hintern Antenne ähnlich. Die Füsse des fünften Paares sind im männlichen Geschlecht meist zu Greitfüssen umgeformt. Herz vorhanden. Männlicher Geschlechtsapparat unpaar. Meist ein Eiersäckchen. Vorwiegend Bewohner des Meeres. Cetochilus Rouss. de Vauz. Die vordem Antennen 25gliedrig. Das fünfte Thoracal- segment deutlich gesondert, das fünfte Fusspaar in beiden Geschlechtern ein zweiästiger, den vorausgehenden Schwimmfüssen gleich gestalteter Ruderfuss. 0. septentrionalis Goods. (Calanus finmarchicus Gunner), Nord-Meere. Calanus Leach. Die vordem An- tennen 24- bis 25gliedrig. Fünftes Thoracalsegment nicht gesondert. Fünftes Fusspaar einästig mehrgliedrig , beim Männchen nur wenig umgebildet. C. mastigophorus Cls., Mitteloieer. ü. Clausii Brady, Engl. Küste. Verwandte Gattungen sind Temora Baird. T. longicornis. üandace Dana u. z. a. G. Diaptomus Westw. Vordere Antennen 25gliedrig, die rechte des Männchens geni- kulirend. Fünftes Fusspaar 2ästig, der innere Ast beim Männchen borstenlos, rudimentär, Pontellidae. Notodelphyidae, Parasita. 553 der äussere mit grossem Greifhaken. D. eastor Jur. = Cyclopsina Castor M. Edw. In Deutschland und Frankreich sehr verbreitet. Süsswasserform. D. amblyodon Mrz., bei Wien. Heterocope G. 0. Sars, Süsswasserform. H. robusta G. 0. Sars. 4. Fam. Pontellidae. Calanidenähnlich. Die rechte vordere Antenne und der rechte Fuss des fünften Paares im männlichen Geschlechte Fangorgane. Ausser dem medianen Auge, welches oft in Form einer gestilten Kugel unterhalb des Schnabels vorspringt, ist ein paariges Seitenauge vorhanden. Herz vorhanden. Ein Eiersäckchen. Irenaeus Goods. {Änomalocera Tempi.). Obere Augen seitlich, je mit 2 Cornealinsen und ebensoviel lichtbrechenden Körpern. Unteres Auge gestilt. Nebenast der hintern Antenne schmächtig. Endabschnitt der untern Kieferfüsse 6gliedrig. I. Patersonii Tempi. = /. splendidus Goods., Ocean und Mittelmeer. Ponteila Dan. (PontiaEdvf.). Obere Augen unter 2 grossen zusammenstossenden Linsen in der Medianlinie verschmolzen. Unteres Auge gestilt. Nebenast der hintern Antenne mächtig entwickelt. Endabschnitt der untern Kieferfüsse 4gliedrig. P. helgolandica Cls., Helgoland. P, Bairdii Lbk., Ocean. 5. Fam. Notodelphyidae '). Körper mehr oder minder abnorm gestaltet. Im weiblichen Geschlecht haben meist das vierte und fünfte Thoracalsegment durch Dupli- catur des Integuments einen grossen mächtig aufgetriebenen Brutbehälter (Matricalraum) erzeugt, der in 2 flügeiförmige Lamellen autgelöst sein kann. Hintere Antennen 3- bis 4gliedrig, ohne Nebenast, mit Klammerhaken an der Spitze. Augen einfach. Herz fehlt. Mandibeln mit scharfem eine Anzahl spitzer Zähne einschliessenden Kaurand und mächtig entwickeltem 2ästigen Taster. Maxillen meist mit mehrlappigem Taster. Kieferfüsse gedrungen mit kx-äftigen Borsten bewaffnet. Die vier vordem Fusspaare mit meist Sgliedrigen Aesten. Fünftes Fusspaar rudimentär, in beiden Geschlechtern gleich. Leben (als Tischgenossen) in der Kiemenhöhle der Tunicaten. Notodelphys AUm. Körper lang- gestreckt, kaum abgeflacht, mit sackförmig aufgetriebenem Matrikaiabschnitt und stark verschmälertem Abdomen. Vordere Antennen ziemlich lang, 10- bis ISgliedrig. Beide Aeste des Mandibulartasters wenigstens 2gliedrig. N. Allmanni Thor., N. agilis Thor., Beide häufig in Ascidia canina. Doropygus Thor. Äscidicola Thor. Körper lang- gestreckt, augenlos. Kopf und erstes Thoracalsegment verschmolzen. Anstatt des Matricalsacks 2 flügelartige Lamellen , welche die Eiersäckchen bedecken. Vordere Antennen kurz, 5 — 6gliedrig. Mandibulartaster einfach. Die kurzen Fussäste Sgliedrig. Fünftes Fusspaar fehlt. A. rosea Thor. 2. Parasita 2) (Siphonostomata). Gopepoden mit stechenden und saugenden Mundtheilen, zuweilen noch mit voll/ilhliger, mit grossentheils mehr oder minder rückgebildeterKöipergliederung. Viele schwimmen noch frei umher und sind nur gelegentliche Schmarotzer 1) Thor eil, Bidrag til Kännedomen om Crustaceer. K. Vet. Akad. Handl. 1859. Ph. Buchholz, Beiträge zur Kenntniss der innerhalb der Ascidien lebenden parasitischen Crustaceen des Mittelmeeres. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XIX. 1869. 2) Ausser den älteren Werken und Schriften von Linne, Goeze, Blainville, Roux, Otto, Hermann, KoUar, Leach, M, Edwards vergl. A. v. Nordmann, Mikrographische Beiträge zur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere. Berlin. 1832. Derselbe, Neue Beiträge zur Kenntniss parasit. Gopepoden. Bull. nat. Moskou. 1856. II. Burmeister. Beschreibung einiger neuen und wenig bekannten Schmarotzerkrebse. Nova acta Caes. Leop. Tom. XVIL 1835. H. Kröyer, Om Snyltekrebsene etc. Naturh. Tidsskrift. Tom. I und II. 1837. und 1838. Derselbe, Bidrag til Kundskab om Snylte- krebse. Naturh. Tidsskrift. 3 Raeck. Tom. II. Kjobenhavn. 1863. Van Beneden, Recherches sur quelques crustaces inferieurs. Ann. scienc. nat. 3. Ser. Tom. XVI. 1851. J. Steenstrup og C. F. Lütken, Bidrag til Kundskab om det aabne Havs Snyltekrebs og Lernaeer. Kjobenhavn. 1861. C. Heller, Reise der Novara. Crustaceen. Wien. 1868. 554 Corycaeidae. Ergasilidae. Bomolochidae. Cbondracanthidae. (Sapphiriniden, Cori/caeiden), andere dagegen leben im ausgebildeten Zustand ausschliesslich als Parasiten, ohne die normale Gliederung und das fertige Schwimmvermögen eingebüsst zu haben {Ergasiliden, Lichomolgiden). 1. Formenreihe ohne Saugröhre mit sichelförmigen Mandibeln und Taster- ähnlichen Maxillen. 1. Farn. Corycaeidae') Vordere Antennen kurz, nur aus wenigen Gliedern ge- bildet, in beiden Geschlechtern gleich. Die hintern Antennen meist länger, aber ohne Nebenast, als Klammerorgane umgebildet. Kiefer tasterlos, meist in eine Stechspitze auslaufend. Unterer Kieferfuss im männlichen Geschlecht sehr kräftig. Fünftes Fusspaar rudimentär und in beiden Geschlechtern gleich. Herz fehlt. Zu dem Medianauge kommt in der Regel ein grosses paariges Auge hinzu. Meist 2 Eiersäckchen. Theilweise Schuiai'otzer. Copilia Dana. Leib wenig abgeflacht mit gradlinigem Stirnrand und sehr stark ver- schmälertem Abdomen. Die seitlichen Augen rechts und links am Stirnrand. Abdomen vollzählig. C. denticulata Cls., Mittelmeer. Corycaeus Dana. Körper kaum comprimirt. Stirn schmal und abgerundet, mit zwei sehr genäherten Linsen. Abdomen meist nur 2gliedrig. Die hintern Antennen sind sehr kräftige Klammerorgane. Fünftes Thoracal- segment nebst Fusspaar verborgen. C. gennanus Lkt. , Nordsee. C. elongatus Cls., Messina. Oncaea Phil. {Antaria Dana). Hier schliessen sich die flachen, gestreckt schildförmigen Sapphiriniden an, deren farbenschillernde Männchen frei umherschwärmen, während die Weibchen theilweise in Salpen leben. Sapphirina fulgens Thomps. , Mittelmeer. Sappliirinella Cls. {Hyalo- phyllum E. Haeck.). Mit diesen nahe verwandt sind die parasitischen Lichomolgiden ^). Lichomolgus Thor. Sabelliphilus Sars. Doridicola Leyd. u. z. a. G. 2. Farn. Ergasilidae. Der cyclopsähnliche Körper mehr oder minder bauchig aufgetrieben, mit stark verschmälertem, jedoch vollzählig gegliedertem Abdomen. Auge einfach. Vordere Antennen von mittlerer Länge , mehrgliedrig. Hintere Antennen sehr lange und kräftige Klammer füsse. Mundtheile stechend, ohne Saugschnabel. Mandibeln mehr oder minder gekrümmt, mit mehrzähniger Spitze. Maxillen kurz, tasterähnlich. Der obere Maxillarfuss mehr oder minder pfriemenförmig, der untere fehlt im weiblichen Geschlecht völlig. Vier 2ästige Schwimmfusspaare. 2 Eiersäckchen. Ergasilus v. Nordra. Körper birnförmig mit kurzem und sehr schmächtigem Abdomen. Vordere Antennen ziemlich gedrungen, meist 6gliedrig. Aeste der Fusspaare 3gliedrig. E. Sieholdii v. Nordm., an den Kiemen von Cyprinoiden. E. gasterostei Pag. =^ Ergasilus Gasterostei Kr. 3. Farn. Bomolochidae. Die Segmente des Kopfbruststücks stark aufgetrieben, durch tiefe Einschnürungen getrennt. Abdomen von ansehnlicher Grösse , 4gliedrig. Vordere Antennen schlank, je nachdem der sehr langgestreckte Basalabschnitt in Glieder getheilt ist oder nicht, 4 — 7gliedrig, dicht beborstet. Unterer Maxillarfuss ganz nach aussen gerückt, beim Männchen mit viel längern Fanghaken. Erstes Fusspaar sehr flach und bedeutend umgestaltet, mit stark befiederten Schwimmborsten besetzt. Bomolochus Burm. B. bellones Burm., Mittelmeer. B. soleae Cls., Nordsee u. a. A. Eucanthus Cls. 4. Fam. Choudracanthidae ^). Körper meist ohne deutliche Gliederung. Thorax umfangreich. Abdomen rudimentär, oft mit kurzen Höckern oder längern Blindsäcken symmetrisch besetzt. Vordere Antennen kurz und weniggliederig. Klammerantennen meist mit sehr kräftigem Hakenglied. Mandibeln schwach gekrümmte Stilete, freiliegend, 1) E. Haeckel, Beiträge zur Kenntniss der Cerycaeiden. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. L 1864. 2) Kossmann, Zoolog. Ergebnisse einer etc. Reise in die Küstengebiete des rothen Meeres. IV. Entomostraca. 1877. 3) Vergl. C. Claus, Beiträge zur Kenntniss der Schmarotzerkrebse. Cassel. 1859. C. Vogt, Recherches Getieres. Geneve. 1877. Ascomyzontidae. Caligidae. 555 ohne Säugrüssel. Kieferfüsse kurz mit pfriemenförmiger Endspitze. Die 2 vordem Fuss- paare sind rudimentär oder in lange zweizipflige Lappen getheilt, die hintern fehlen. Die birnförmigen deutlich gegliederten Männchen zwergartig klein, mit 2 rudimentären Fusspaaren, am weiblichen Körper befestigt. Chondracanthus Delaroche {Lernentoma Blainv.). Vordere Fühler 2- bis 3gliedrig. Klammerantennen kurz, aber mit sehr kräftigem Klauenglied. Maxillen zu ganz kurzen, wenige Borsten tragenden Stummeln reducirt. Körper oft mit zipfelförmigen Auswüchsen und kugligen Auftreibungen überdeckt. 2 Eierschnüre. Ch. gibbosus Kr., auf Lophius piscatorius. Ch. cornutus 0. Fr. Müll., auf Pleuronectes-arteu. Ch. triglae Nordm. u. V. a. A. 2. Formenreihe. Mit wohl ausgebildetem abgeflachten oder röhrenförmig gestreckten Saugrüssel. 1. Fam. Ascomyzontidae '). Köper cyclopsähnlich , jedoch mehr oder minder schildförmig verbreitert. Antennen langgestreckt, 9 bis 20gliedrig. Mandibeln stilet- förmig, in einem laugen Saugrüssel gelegen. Obere und untere Kieferfüsse mit mächtigem Fanghaken versehen. Vier zweiästige Schwimmfusspaare. Fünfter Fuss rudimentär, einfach oder 2gliedrig. 2 Eiersäckchen. Artotrogus A. Boeck. Körper schildförmig ver- breitert. Letztes Glied des stark gedrungenen Abdomens lang und stark verbreitert. Vordere Antennen gestreckt 9gliedrig. Saugschnabel sehr lang. Schwimmfüsse mit sehr schlanken 3gliedrigen Aesten. ^4. orbicularis A. Boeck., an den Eiersäckchen einer Doris. Ascomyzon Thor. Körper fast birnförmig mit breitem Kopfbruststück und an- selmlich entwickeltem, verschmälertem Abdomen. Vordere Antennen langgestreckt, 20gliedrig. Die Klammerantennen mit kleinem Nebenast. Maxillen 21appig. Ä. Lillje- borgii Thor., in der Atheoihöhle von Ascidia parallelogramma. Nahe verwandt ist Asterocheres A. Boeck mit 18 gliedrigen Antennen. A. LiUjeborgü A. Boeck., auf Echinaster sanguinolentus gefunden. Dyspontius Thor. Einer besondern Familie gehört Nicothoe Edw. mit flachem scheibenförmigen Saug- rüssel an. Thorax des Weibchens jederseits zur Bildung eines sackförmigen Anhangs erweitert. Vordere Antennen lOgliedrig. Hintere Antennen schmächtig. Saugrüssel kurz und scheibenförmig verbreitert. iV. astaei Edw. An den Kiemen des Hummers. Auch die Gattung Nereicola Kef. muss als Familie gesondert werden. 2. Fam. ^). Caligidae. Körper flach, schildförmig. Auch das zweite und dritte Brustsogment meist mit dem Cephalothorax verschmolzen. Abdomen mit umfangreichem Genitalsegment, in seiner hintern Partie reducirt. Zuweilen entwickeln sich an den Segmenten flügeiförmige Anhänge {Elytren). Auge meist un^^aar. Vordere Fühler am Grunde zm* Bildung eines breiten Stirnrandes verwachsen. Mandibeln stiletförmig, in einem Saugrüssel gelegen. Hakenförmige Chitinvorsprünge seitlich vom Munde. Die hintern Antennen und beide Paare von Kieferfüssen enden mit Klammerhaken. Die Ruderfusspaare theil weise einästig, das vierte oft zu Schreitfüssen umgebildet. Zwei lange einreihige Eierschnüre. Gattungen mit kurzem dicken Schnabel und ohne Elytren. Caligus 0. Fr. Müll. Körper schildförmig, ohne Rückenplatten. Vordere Fühler mit halbmondförmigen saugnapfähnlichen Ausschnitten (lunulae) und 2 freien Engliedern. Erstes Fusspaar einästig. Das zweite und dritte Fusspaar sind 2ästige Schwimmfüsse, jenes mit 8gliedrigeu Aesten, dieses mit einer sehr breiten lamellösen Basalplatte und 2gliedi"igen Aesten. Viertes Brustsegment frei, aber sehr stark verschmälert, das Fuss- 1) Axel Boeck, Tvende uye parasitiske Krebsdyr etc. Vidensk Selsk. Forhandl. Christiania. 1859. 2) C. Claus, Beiträge zur Kenntniss der Schmarotzerkrebse. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XIV. 1864. 556 Dichelestiidae. paar desselben einästig, birnförinig. Abdomen oft raehrgliedrig. (Die mittelst Stirnbänder befestigten Puppen wurden von Buruieister als Chnlimus unterschieden). C. rapax Edw. , auf Cyclopterus lumpus. Trehius Kr. Das Kopfbruststück umfasst nur das erste und zweite Brustsegment. Auch das dritte Brustsegment ist fi"ei. Drittes und viertes Fusspaar mit 2 dreigliedrigen Aesten. Tr. caudatus Kr., auf Galeus vulgaris. Elythro' phora Gerst. Männchen am freien Thoracalsegment, Weibchen an diesem und am Genital- ring mit Rückenplatten. Alle 4 Schwimmfusspaare 2ästig. E. brachypfera Gerst. An den Kiemen von Coryphaena. Bei Caligeria Dana fehlen die Flügelanhänge am Genital- ring, bei Euryphorus Nordm. ist der Genitalring des Weibchens mit einem scheiben- förmigen Hautsaum umgürtet. E. Nordmanni Edw. Gattungen mit Elytren am Rücken des Thorax. Die Männchen theilweise noch un- bekannt, theilweise als Nogagus-^riGn beschrieben. Dinematura Latr. Körper fast oblong mit sehr langgestrecktem Genitalsegment, das vordere zweite und dritte Brustsegment frei zwischen den Hinterlappen des Kopf- schildes, ohne Elytren, das vierte mit 2 Rückenplatten von mittlerer Länge. Der zwei- gliedrige Endabschnitt des Hinterleibes mit 3 Rückenplättchen und 2 mächtigen Furcal- platten. Erstes Fusspaar mit 2gliedrigen, zweites und drittes mit Sgliedrigen Ruderästen. Viertes Fusspaar zu grossen häutigen Platten umgebildet. Bewohnen die Haut von Haifischen. D. producta 0. Fr. Müll. D. paradoxus Otto. Pandarus Leach. Die Brust- ringe frei, sämmtlich mit Rückenplatten, die beiden hintern median vereinigt. Genital- segment von mittlerer Grösse, der Hinterleib ungegliedert, von einer Rückenplatte bedeckt, mit 2 grift'elförmigen divergirenden Furcalgliedern. Die Aeste der 3 vordem Fusspaare 2gliedrig, des vierten Fusspaares einfach, sämmtlich ohne befiederte Riider- borsten. P. Cranchii Leach. = P. Carchariae Burm. Laemargus Kr. Vordere Fühler durch den freien Stirnrand weit getrennt, mit 2 Endgliedern. Zweiter und dritter Brustring frei, beide sehr kurz, die beiden nachfolgenden Abschnitte beim Weibchen sehr umfangreich, jeder mit einer breiten in der Mitte gespaltenen Rückenplatte, von denen die zweite das Abdomen und die Eierschuüre vollkommen bedecktj die beiden hintern Beinpaare zu grossen Platten umgebildet. L. muricatud Kr., auf Orthagoriscus mola. Cecrops Leach. C. Latreillü Leach. 3. Farn. Dichelestiidae. Körper langgestreckt, die Thoracalsegmente gesondert und von ansehnlicher Grösse. Genitalsegment des Weibchens zuweilen sehr lang. Ab- domen meist rudimentär. Vordere Antennen mehrgliedrig. Auge einfach. Klammer- antennen lang und kräftig. Saugrüssel meist lang. Beide Maxillarfüsse starke Klammerorgane. Selten sind sämmtliche Fusspaare 2ästig und dann mehr Klammerfüssc, meist besitzen nur die zwei vordem Fusspaare 2 Ruderäste und die hintern sind schlauch- förmig ohne Ruderborsten oder ganz rudimentär. Männchen kleiner mit kräftigeren Klammereinrichtungen. Zwei lange Eierschnüre. Eudactylina Van Ben. Kopf und erstes Brustsegment verschmolzen, fünftes Brust- segment ungewöhnlich gross mit rudimentärem Fuss. Die untern Kieferfüsse enden mit kräftiger Greifzange. Die vier Fusspaare 2ästig, mit kurzen Hakenborsten bewaffnet. Genitalsegment von massiger Grösse, Hinterleib 2gliedrig. E. acuta Vau Ben. Diche- lestium ') Herm. Kopf gross schildförmig, die 4 nachfolgenden freien Thoracalsegmente gross, die vordem mit kurzen Seitenfortsätzen. Genitalsegment gestreckt. Abdomen verkümmert, mit 2 blattförmigen Furcalgliedern. Vordere Antennen 8gliedrig, Klammer- antennen mit scheerenförmigem Ende. Die beiden vordem Fusspaare mit 2 eingliedrigen Ruderästen, das dritte lappenförmig, das vierte fehlt. D. sturionis Herrn., an den Kiemen des Störs. Lamproglena^) Nordm. Kopf und Thorax geschieden, der erste mit 1) Rathke, Bemerkungen über den Bau von Dichelestium sturionis und der Lernaeopoda. Nova acta Caes. Leop. Tom. XIX. 1839. 2) C. Claus, Neue Beiträge zur Kenntniss der parasitischen Copepoden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXV. 1875. Lernaeidae. Lernaeopodidae. 557 2 sehr starken Kieferfussparen , von denen das vordere weit hinaufgerückt ist. Anstatt des Schnabels ein wulstiger (Oberlippe) Mundaufsatz. Die 4 freien Brustringe mit kurzen 2spaltigen Fussstumnieln. L. pulchella Nordra., an den Kiemen von Cyprinoiden. Leinntithropus Bhiinv. Vordere Antennen mehrgliedrig. Klamraerantennen sehr gross, mit mächtigem Greifhaken. Mundtheile wie bei den Pandariden. Die 2 vordem Bein- paare mit blattförmigem Basalabschnitt und 2 einfachen stummeiförmigen Aesten, von denen der innere mit einem kurzen Hakendorn endet. Das dritte und vierte Paar in lange zipfelformige Schläuche umgebildet. Hinterleib kurz, mehrgliedrig, zuweilen von einer breiten Rückenplatte des Thorax bedeckt. L. Kroyeri Van Ben. Cygnus Edw. Kroyeria Van Ben. 4. Fam. Lernaeidae '). Körper des Weibchens wurmförmig verlängert, ohne deut- liche Gliederung, aber mit kleinen 2ästigen Ruderfuss paaren oder wenigstens mit Resten derselben. Die vordere dem Kopfbruststück entsprechende Region meist mit einfixchen oder verästelten Armen oder dicht gehäuften knospenförmigen Auswüchsen. Die hintere Partie des Thorax und das Genitalsegment häufig enorm verlängert und aufgetrieben. Abdomen ganz rudimentär mit kleinen Furcalstummeln. Unpaares Auge meist wohl erhalten. Vordere Antennen mehrgliedrig, borstenförmig. Klammerantennen mit Haken oder Zange endend. Mund mit weitem Saugrüssel und stiletförmigen Mandibeln. Kiefer- füsse an die MundöfFnung gerückt, beim Weibchen nur ein Paar erhalten. Männchen und Weibchen im Begattungsstadium frei umherschwärmend {Lernaea) mit 4 Schwimm- fusspaaren. Entwicklungsweise wie bei den Caligiden. 2 Eiersäckchen oder 2 Eier- schnüre. Sind mit ihrem Vorderleib in die Schleimhaut, in die Leibeshöhle oder Blut- gefässe eingebohrt. Lernaeocera Blainv. Kopf mit 4 kreuzweise gestellten Fortsätzen und schwachen Klammerantennen. Thorocalringe und Genitalsegment gleichmässig verlängert, sack- förmig aufgetrieben und gebogen. Saugrüssel sehr kurz, mit rudimentären Mandibeln, von den Kiefern (obern Kieferfüssen) bedeckt. Untere Kieferfüsse kräftig. Zwei kurze aber weite Eiersäckchen. L. esocina Burm., L. cyprinacea L., L. gobina Cls. Verwandt ist Therodamus Kr., Th. serrani Kr., auch Naohrancliia Hesse. Lernaea L. Kopfbrust- stück mit 2 verästelten Seitenfortsätzen und einem einfachen Rückenhaken. Die 4 kleinen Schwimmfusspaare liegen dicht hinter einander. Genitalsegment wurmförmig gestreckt, in der mittlem und hintern Partie sackförmig erweitert und in doppelter Umbiegung verdreht. Klammerantennen mit kräftiger Zange endend. Saugrüssel wohl entwickelt, mit Mandibel und tasterförmiger Maxille. Nur 1 Kieferfuss erhält sich, am weiblichen Körper 2 lange Eierschnüre. L. branchialis L. , lebt an den Kiemen von Gadusarten der nordischen Meere. Penella Oken. Leib langgestreckt mit 2 oder 3 querstehenden Fortsätzen unterhalb des aufgetriebenen mit warzenförmigen Excrescenzen besetzten Kopf, dicht unter demselben sitzen wie bei Lernaea 4 Paare von Schwimrafüssen. Am Hinter- ende findet sich ein langer mit Seitenfäden besetzter fadenförmiger Anhang. Mund- theile ähnlich wie bei Lernaea. Zwei lange Eierschnüre. P. crassicornis Stp. Ltk. , in der Haut von Hyperoodon. P. exocoeti Holten, P. sagitta L. 5. Fam. Lernaeopodidae -). Körper in Kopf und Thorax abgesetzt , letzterer mit dem ganz rudimentären Hinterleib zu einem sackförmig erweiterten Abschnitt vereint. Vordere Antennen kurz, weniggliederig. Hintere Antennen auffallend dick und gedningen, 1) Metzger, lieber das Männchen und Weibchen von Lernaeen. Göttinger Nach- richten. 1868. C. Claus, Beobachtungen über Lernaeocera, Peniculus und Lernaea. Ein Beitrag zur Naturgeschichte der Lernaeen. Marburg. 1868. A. Wierzejski, Ueber Schmarotzerkrebse von Cephaloijoden. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. XXIX. 1877. 2) Vergl. C. Claus, Ueber den Bau von Achtheres percarum. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XL 1861. Fr. Vejdovsky, Untersuchungen über die Anatomie und Metamor- phose von Tracheliastes polycolpus Nordm. Ebend. Tom. XXIX. 1877. W. Kurz, Studien über die Familie der Lernaeopodiden. Ebend. Tom. XXIX. 1877. 558 2. Unterordnung. Br;inchiura. an der Spitze spaltästig mit Klamnierhäkchen. Mundtheile mit breiter Sangröhre, stilet- förmigen Mandibeln und tasterähnlichen Maxillen. Die äussern Maxillarfüsse sind im weiblichen Geschlechte zu einem mächtigen Doppelarm verschmolzen und haften mittelst eines chitinigen (von Drüsen secernirten) Haftkolbens an der Spitze des letztern in dem Gewebe des Trägers. Schwimrafüsse fehlen vollständig. Die viel kleinern häufig als »Zwergmännchen« am weiblichen Körper angeklammerten Männchen mit Auge und sehr kräftigen aber freien Kieferfüssen und schmalem gegliederten Leib. Rückschreitende Metamorphose der mittelst Stirnband fixirten Larven. Zwei Eiersäckchen. Achtheres Nordm. Kopf kurz birnförmig, nach vorn zugespitzt. Leib breit, sack- förmig, undeutlich Sringelig. Männchen ähnlich geformt, aber kleiner. A. percarum Nordm , in der Rachenhöhle und an den Kiemenbogen von Perca. Bei Basanistes Nordm. ist das Abdomen mit kugligen Anschwellungen besetzt. B. huchonis Schrank. Bei Lemaeopocla Blainv, ist der Leib sehr langgestreckt und ohne nachweisbare Glie- derung. L. elongata Grant, auf Squalus. L. salmonea L. Hier schliesst sich Charo- pinus Kr. an. Brachiella Guv. Kopf wnrmförmig gestreckt. Innere Kieferfüsse bis an den Saugrüssel heraufgerückt. Aeussere armförmige Kieferfüsse lang, meist mit einem oder mehreren cylindrischen Fortsätzen. Leib zuweilen in zipfelförmige Anhänge aus- laufend. B. impudica Nordm., Kiemen vom Schellfisch. Nahe verwandt ist Tracheliastes Nordm. Tr. polycolpiis Nordm., auf Rücken- und Schwanzflosse von Cyprinus Jeses. Anchorella Cuv. Die armförmigen Maxillarfüsse sehr kurz und bereits an der Basis ver- schmolzen. A. uncinata 0. Fr. Müll., an den Kiemen von Gadus-a.vten. 2. Unterordnung. Branchiura '). Mit schildförmigem Kopfhruststück und flachem gespaltenen Abdomen, mit grossen zusammengesetzten Augen, langem vorstülpharen Stachel vor der Saiigröhre des Mundes, mit 4 langgestreckten spaltästigen Schivimmfusspaaren. Die Karpfenläuse, von einigen Forschern mit Unrecht als parasitische Phyllopoden betrachtet, von andern als den Galigiden zunächst verwandt unter die Copepoden aufgenommen, entfernen sich von den letztern in mehrfacher Hin- sicht so wesentlich, dass für dieselben mindestens eine besondere Unterordnung aufgestellt werden muss. In der allgemeinen Körperform gleichen sie allerdings bis auf den in 2 Platten gespaltenen Hinterleib (Schwanzflosse) mit den rudi- mentären Furcalgliedern den Galigiden , indessen ist der innere Bau und die Bildung der Gliedmassen von jenen Schmarotzerkrebsen verschieden. Die beiden Antennenpaare liegen vom Stirnrand entfernt und zeigen eine ver- hältnissmässig unbedeutende Grösse; die oberen und innern sind an ihrem breiten plattenförmigen Basalgliede mit einem mächtigen gebogenen Klamiuer- haken bewaffnet , die untern sind fadenförmig und aus nur wenigen Gliedern gebildet. Ueber der Mundöffnung erhebt sich eine breite Saugröhre, in welcher fein gesägte Mandibeln und stiletförmige Maxillen verborgen liegen. Oberhalb dieses Rüssels findet sich noch eine lange cylindrische in einen einziehbaren 1) Jurine, Memoire sur l'Argule foliace. Annales du Museum d'hist nat. Tom. Vn. 1806. Fr. Leydig, Ueber Argulus foliaceus. Zeitschr, für wiss. Zoologie. Tom. IL 1850. C. Heller, Beiträge zur Kenntniss der Siphonostomen. Sitzungsber. der Kais. Acad. der Wiss. zu Wien. Tom. XXV. 1857. E. Cornalia, Sopra una nuova specie di crostacei sifonostomi. Milano. 1860. Thorell, Om tvenne europeiska Argulider. Oefvers af K. Vet. Akad. Förh. 1864. C. Claus, Ueber die Entwicklung, Organisation und systematische Stellung der Arguliden. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXV. Körperbau. Organisation und Fortpflanzung. 559 stiletförmigen Stachel auslaufende Röhre, welche den Ausführungsgang eines paarigen als Giftdrüse gedeuteten Drüsenschlauches in sich ein.schliesst. Zu den Seiten und unterhalb des Mundes sitzen die kräftigen Klannnerorgane auf und zwar ein oberes den Kieferfüssen entsprechendes Paar, welches bei Argulus unter Verkümmerung des hakentragenden Endabschnittes in eine grosse Haft- scheibe umgebildet ist und ein zweites am breiten Basalabschnitte stark bedorntes Maxillarfusspaar , an dessen Spitze ein Tasthöcker und 2 gebogene Endklauen sich erheben. Nun folgen die vier Schwimmfusspaare der Brustregion, bis auf das letzte in der Regel von den Seiten des Kopfbrustschildes bedeckt. Die- selben bestehen je aus einem umfangreichen mehrgliedrigen Basalabschnitt und zwei viel schmälern mit langen Schwimmborsten besetzten Aesten, welche nach Form und Borstenbekleidung den Rankenfüssen der Girripedien nicht unähnlich sehen und wie diese aus Gopepoden-ähnlichen Füssen der Larve ihren Ursprung nehmen. Die innere Organisation erhebt sich entschieden weit über die der ver- wandten parasitischen Gopopoden und erinnert in mehrfacher Hinsicht au die höhern Typen unter den Phyllopoden. Das Nervensystem zeichnet sich durch die Grösse des Gehirns und des aus 6 dicht gedrängten Ganglienknoien zu- sammengesetzten Bauchmarks aus. Vom Gehirn entspringen ausser den Antennennerven die grossen Sehnerven , welche vor ihrem Eintritt in die zu- sammengesetzten zitternden Soitenaugen ein Ganglion bilden. Auch ein un- paares dreilappiges Medianauge liegt der Oberseite des Gehirnes unmittelbar an. Vom Bauchmark gehen zahlreiche Nervenstränge aus, indem jedes Ganglion mehrere Nervenpaare entsendet. Am Darrncanal unterscheidet man einen kurzen bogenförmig aufsteigenden Oesophagus, einen weiten in zwei ramificirte Seitenanhänge auslaufenden Magendarm und einen Darm, der gerade nach hinten in der mittlem Ausbuchtung der Schwanzflosse oberhalb zweier der Furca entsprechenden Plättchen nach aussen mündet. Zur Girculation des farblosen mit Blutkörperchen erfüllten Blutes dient ein kräftiges Herz, dessen lange Aorta unmittelbar unter der Rückenhaut von der Basis der Schwanzflosse bis zum Gehirn reicht. An dem erweiterten Herzen finden sich zwei seitliche Spaltöffnungen , in welche das Blut aus den Seitensinus der Schwanzlamellen einströmt. Als Respirationsorgan fungirt oftenbar die ge- sammte Oberfläche des Kopf bru.stschildes , indessen scheint in der Schwanz- flosse eine besonders lebhafte Blutströmung statt zu finden, so dass man diesen Körpertheil zugleich als eine Art Kieme betrachten kann. Die Arguliden sind getrennten Geschlechts. Männchen und Weibchen unterscheiden sich durch mehrfache accessorische Sexualcharaktere. Die kleinen lebhaftem und rascher beweglichen Männchen tragen an den hintern Schwimmfusspaaren eigenthümliche Gopulationsanhänge. Am Vorderrande des letzten Fusspaares erhebt sich ein vorspringender Tastzapfen mit starkem nach unten und einwärts gekrümmten Haken, dem am hintern Rand des vor- letzten Fusspaares eine stark vorspringende dorsalwärts geöffnete Tasche entspricht. Der paarige in der Schwanzflosse gelegene Hoden entsendet jeder- seits einen Ausführungsgang (Vas efferens) in die Brustsegmente. Beide Gänge vereinigen sich über dem Darm zur Bildung einer bräunlich pigmentirten 560 Argiilidae Entwicklung'. Samenblase, von welcher zwei besondere Gänge (Vas deferentia) entspringen und zu den Seiten des Darmes herablaufen, um nach Aufnahme zweier acces- sorischer Drüsenschläuche auf einer medianen Papille an der Basis der Schwanz- flosse auszumünden. Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem schlauchförmigen Ovarium, welches im Brusttheil über dem Darm verläuft und mittelst eines kurzen unpaaren Oviductes an der Basis der Schwanzflosse eben- falls auf einem Vorsprung ausmündet. Dazu kommen zwei rundliche an der ventralen Aufwu Istung (Genitalsegment) der Schwanzplatte gelegene Samen- behälter {Receptacula semmis) von dunkler Färbung. Während der Begattmig füllt das am Rücken des Weibchens festgeklammerte Männchen durch Um- beugen des vorletzten Fusspaares bis zur Mündungsstelle der Samenleiter die Kapsel der einen Seite mit Sperma und bringt dieselbe an die Papille der weib- lichen Samentasche. Samenkapsel und Papille bleiben eine Zeit lang in einer sehr innigen Berührung, wobei wahrscheinlich der Haken des letzten Fusspaares die Ueberführung des Samens aus der Samenkapsel in das Receptaculum des weiblichen Körpers vermittelt. Die Weibchen tragen ihre Brut nicht wie die echten Gopepodenweibchen in Eiersäckchen umher, sodern kleben die austretenden Eier, deren vom Dotter ausgeschiedene Hülle eine blasige Beschaffenheit gewinnt, als Laich an fremden Gegenständen an. Die etwa nach Verlauf eines Monats ausschlüpfenden Jungen durchlaufen unter wiederholter Häutung eine wenngleich nicht bedeutende Metamorphose. Dieselben besitzen nach dem Ausschlüpfen die vordem Antennen mit dem Hakenstück, ferner zweiästige Klammerantennen und gefiederte als Mandibulartaster zu deutende Borstenfüsse. Der Stachel am Mundrüssel ist schon vorhanden, ebenso die grossen Seitenaugen, die Hautdrüsen und der Darmapparat. Anstatt des spätem Saugnapfpaares besitzen sie ein starkes mit Klammerhaken endendes Kieferfusspaar , dem ein zweites schwächeres Kiefer- fusspaar folgt. Von den Schwimm füssen stehen nur die vordem als Ruderfüsse frei vor, die übrigen sind nur als kurze dem Leibe eng angeschlossene Stummel bemerkbar. Das letzte Leibessegment mit den Furcalgliedern entspricht der spätem Schwanzflosse. Etwa 6 Tage später erfolgt die erste Häutung, mit der das Thier seine vordem Borstenfüsse verliert, dagegen nunmehr 4 freie Schwimrafusspaare besitzt. Mit den später eintretenden Häutungen wird die äussere Form dem ausgebildeten Thiere immer ähnlicher, endlich erfolgt die Umbildung des grossen vordem Kieferfusspaares in einen Saugnapf mit anhän- gendem rudimentären Hakengliede, welches selbst am ausgebildeten Thiere noch nachweisbar bleibt. Farn. Argulidae, Karpfenläuse. Mit den Charakteren der Unterordnung. Argulus 0. Fr. Müll. Kieferfusspaar in grosse Saugnäpfe umgestaltet. Stilet- förmiger Stachelapparat vorhanden. In der Regel tragen die beiden ersten Beinpaare einen zurückgebogenen geisseiförmigen Anhang. A. foliaceus L. (Pou de poissons Baldner), auf Karpfen und Stichling. A. coregoni Thor., A. giganteus Luc. Gyropeltis Hell. Kiefer- fusspaar endet mit einer Klaue. Stiletförmiger Stachel fehlt. Schwanzflossen sehr lang, die 3 vordem Fusspaare mit geisseiförmigem Anhang. G. Kollari Hell., Kiemen von Hydrocyon, Brasilien. G. Boradis Corn. 4. Ordnung. Cirripedia. 561 4, Ordnung. Cirripedia ^), Rankenfüssler. Festsitzende, grösstentheüs hermaphroditische Crusiaceen, mit undeutlich (jeglicdertem , von einer Uaiitduplicatiir und verhalhten Schalenstücken um- schlossenem Körper, in der Regel mit 6 Paaren von Rankenfüssen. Die Cirripedien wurden lange Zeit wegen der äusserlichen Aehnlichkeit ihrer Schalen mit zweiklappigen Muscheln selbst von Forschern wie Guvier für Mollusken gehalten, bis die Entdeckung der Larven durch Thompson und Burmeister ihre Grustaceennatur und insbesondere ihre Zugehörigkeit zu den Entomostraken unzweifelhaft machte. Im erwachsenen Zustand sitzen die Cirripedien auf fremden Gegenständen der See, seltener tief in den Schalen von Weichthieren u s. w. eingegraben und sind häufig von einer aus mehreren (4, 5 und mehr) Stücken zusammengesetzten muschel förmigen Schale um- schlossen, welche durch Verkalkung der Ghitinhaut einer mächtigen Haut- duplicatur (Mantel) entstanden, auf der ventralen Fläche geöffnet und beim Zurückziehen des Thieres geschlossen werden kann. Das Thier ist stets an seinem vordem Kopfende, welches in einen langen, frei aus der Schale hervor- stehenden Stil ausgezogen sein kann (Lepadiden), festgeheftet. Bei den Balu- niden, welchen dieser Stil fehlt, ist der Körper noch von einer äussern meist aus G Stücken gebildeten Kalkröhre umgeben , deren Oeffnung von den nach innen liegenden Schalenstücken deckelartig geschlossen erscheint. \i\ beiden Fällen wird die Befestigung vornehmlich mittelst des erhärtenden Secretes der sog. Cementdrüse bewirkt, welche an einem saugnapfartig erweiterten Abschnitt der winzig kleinen (vordem) Antennen ausmündet. Der vom Mantel und dessen Schalenstücken umhüllte Leib entbehrt von seltenen Ausnahmen abgesehen einer ausgebildeten Segmentirung und liegt mit seinem hintern Theile in der Weise nach aufwärts gestreckt, dass die zum Strudeln dienenden Extremitätenpaare aus der schlitzförmigen Spalte des sich öffnenden Schale hervorgestreckt werden können. Man unterscheidet einen Kopf mit Antennen und Mundwerkzeugen Ausser den Werken von Latreille, Leach, J. C. Gray, Milne Edwards vergl.: S. V. Thompson, Zoological researclies. Tom. I. 1829. H. ßurmeister, Beiträge zur Naturgeschichte der Rankenfüssler. 1832. Martin St. Ange, Memoire sur l'orga- ni.sation des Cirripedes. Paris. 1836. H. Rathke, Beiträge zur Fauna Norwegens. Nova acta. Tom. XX. 1843. Spence Bäte, On the development of the Cirripedia. Ann. of nat. hist. 1851. Ch. Darwin, A monograph of the Sub-Class Cirripedia. 2 vol. London. 1851—54. A. Krohn, Beobachtungen über die Entwicklung der Cirripedien. Archiv für Naturg. 1860. A. Pagenstecher, Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Lepas pectinata. Zeitschr. für wiss. Zool. 1863. C. Claus, Die Cypris-ähnliche Larve der Cirripedien etc. Marburg. 1869. Derselbe, Untersuchungen zur Erforschung der gcnealog. Grundlage des Crustaceensystems. Wien. 1876. Buchholz, Entwicklungs- geschichte von Baianus improvisus. Mittheilungen aus dem naturw. Verein von Neu- Vorpommern und Rügen. 1869. Ed. Van ßeneden, Recherches sur Tembryogenie des crustaces. III. Developpement de l'oeuf et de l'embryon des sacculines. Bull. Acad. roy. Bruxelles. 1870. R. Kossmann, Suctoria und Lepadina. Würzburg. 1873. R. v. Wille moes-Suhm, On the development of Lepas fascicularis at the Archizoea of Cirripedie. Phil. Transactions of the Roy Soc. London. 1876. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 36 562 Cirrii)edien. Kori^erbau. Mundwerkzeuge und Gliedmassen. von dem die Rankenfüsse tragenden Leib (Thorax)^ ohne beide Abschnitte scharf abgegrenzt zu finden. Dem Thorax schliesst sich noch ein kleiner stummellormiger, oft nur durch zwei Platt eben bezeichneter Hinterleib an, an welchem die Afteröffnung liegt. Hintere Antennen fehlen stets, während die vordem auch im ausgebildeten Zustand als winzig kleine Anhänge nachweisbar bleiben. Die Mundwerkzeuge sitzen einer ventralen Erhebung des Kopfabschnit tes auf und bestehen aus Oberlippe mit Lippentastern , zwei Mandibeln und vier Maxillen, von denen die zwei letzten zu einer Art Unterlippe sich vereinigen. Am Leibe erheben sich meist 0 Paare vielgliedriger Rankenfüsse, deren cirren- artig verlängerte, reich mit Borsten und Haaren besetzte Aestezum Herbei- strudeln der im Wasser suspendirten Nahrungsstoffe dienen. Dieselben können sich jedoch auf 3 Paare reduciren {Alcippiden, Ctyptophialideii) oder ganz hin- wegfallen {Proteotepadiden, Pelfof/astriden). Der stummeiförmige Leib mit seinen Schwanzanhängen (Furcalgliedern) entbehrt der Gliedinassen , trägt aber einen langgestreckten, zwischen den Rankenfüssen nach der Bauchfläche umgeschlagenen Girrus, das männliche Gopulationsorgan, Uebrigens gibt es für die Gestaltung des gesammten Leibes zahlreiche und höchst sonderbare Abweichungen, welche sich der parasitischen Lebensweise parallel entwickeln {Cryptophialiden, Froieolepadiden) und ihren Gipfelpunkt in der Gruppe der Wurzelkrebse {Rhizocephalen) erreichen. Es können nicht nur die Verkalkungen des Mantels unterbleiben, und wie bereits bemerkt die Rankenfüsse ihrer Zahl nach reducirt sein oder selbst ganz fehlen, sondern auch die Mundtheile und Gliedmassen verloren gehen {Feltogaatriden) , und der Körper zur Form eines ungegliederten Schlauches, Sackes oder einer gelappten Scheibe herabsinken. Für die äussere Gestaltung des Girripedienleibes haben die verkalkten Schalenstücke des Mantels eine besondere Bedeutung, und man hat dieselben mit Recht als systematische Merkmale verwerthet. Am häufigsten treten bei den Lepadiden fünf Kalkplatten auf, die unpaare kahnförmig gewölbte Curina am Rücken des Thieres, paarige Scuta an der Basis der Schale am Rand des fleischigen Stils und paarige Tergu am hintern Ende und an der Spitze der Schale, beide mit ihrem ventralen Rande den schlitzförinigen Spalt des Mantels begrenzend, aus welchem die Girren der Füsse hervorgestreckt werden. In manchen Fällen bleiben diese Schalonstücke ausserordentlich klein und auf die Form linearer Streifen reducirt, welche in w^eiter Entfernung von einander der weich gebliebenen Ghitinhaut eingelagert sind {Couchodenna aurita, Hantcri), gewöhnlich aber erreichen sie eine so ansehnliche Grösse, dass sie mit ihren Rändern an einander stossen oder doch nur durch einen schmalen Zwischen- raum der Ghitinhaut getrennt sind. Bei Ihla fallt die Garina ganz hinweg und die 4 paarigen Stücke erleiden insofern eine Lagenveränderung, als Scuta und Terga neben einander liegen, so dass auch die Terga an der Begrenzung des Stilrandes Theil nehmen. Häufiger aber {FolUcipes, Sculpellum) wird die Zahl der Schalcnstücke eine grössere, indem der Garina gegenüber zwischen den Scuta ein unpaares Sclmabelstück {Eostrum) hinzutritt, und im Umkreis der G Hauptstücke eine Anzahl seitlicher paariger Platten vom Stilrande sich er- heben. Die ansehnlichsten dieser Seitenstücke {Lutcralia superia) schieben sich zwischen Scuta und Terga ein. Von den übrigen {Luierulia) werden Nervensystem. Sinnesorgane Darmcanal. 563 diejenigen, welche Rostrum und Carina von aussen stützen, als Sahrostrum und Suhcurina bezeichnet. Denkt man sich nun bei gleichzeitigem Schwunde des Stiles die Lateralia auf eine geringere Zahl beschränkt und mit Garina und Rostrum in mächtiger Entwicklung im Umkreis des von Scuta und Terga bedeckten Thieres als Schalenkranz erhoben, so ergibt sich der Schalenapparat der Balanidcti , welcher aus einem äussern, von sechs selten acht oder vier verschmolzenen Platten gebildeten Kranz und den die obere Oeffnung des letzteren als Deckel (Operculuni) schliessenden Scuta und Terga besteht.. Bezüglich des Innern Baues besitzen die Girripedien. ein paariges Gehirn- ganglion und eine meist aus fünf Ganglienpaaren gebildete, zuweilen aber auch zu einer gemeinsamen Ganglienmasse verschmolzene Bauchganglienkette (Balaniden). Ueberall sind die den Schlundring bildenden Gommissuren zwischen Gehirn und erstem Bauchganglion von ansehnlicher Länge. Die beträchtliche Grösse des fünften Bauchganglions, welches nicht wie die voraus- gehenden ein einziges, sondern zwei Paare von Nervenstämmen entsendet, möchte auf die Gleichwerthigkeit mit zwei Ganglien hinweisen. Während das Gehirn Nerven an das rudimentäre Auge, an die Muskeln des Stils und des Mantels entsendet, gibt das erste (wohl auch aus mehreren zusammengezogene) Bauchganglion an die Mundwerkzeuge und das vordere Fusspaar, die übrigen an die entsprechenden Fusspaare Nerven ab. Zwei Paare von Eingeweide- nerven , durch seitliche Ganglien verbunden , entspringen aus dem Gehirn beziehungsweise dem Schlundringe und dem suboesophagealen Bauchganglion. Von Sinnesorganen ist das verbieitete Vorkommen eines wenn auch rudimentären dem unpaaren Naupliusauge entsprechenden Doppelauges hervorzuheben, welches wenigstens zur Perception einfacher Lichteindrücke befähigt scheint. Bei den Balaniden sind zwei von einander getrennte seitliche Augen vorhanden. Gehör- und Geruchsorgane sind nicht mit Sicherheit nachgewiesen, da die von Darwin als solche in Anspruch genommenen Bildungen eine andere Deutung (Oviducte, Drüsenöffnung) erfahren haben. Dagegen scheint die Körper- bedeckung Sitz einer feinen Tastempfmdung zu sein. Ein mit besonderer Wandung versehener Darmcanal fehlt den Wurzel- krebsen und konnte bei Vrotcolepus nur in rudimentärer Form nachgewiesen werden. Bei den Leihninh-n und BaUuiidan besteht der Eingangsab-schnitt des Verdauungscanais aus einer engen aber muskulösen Speiseröhre, welche von der Mundöffnung aus aufwärts nach dem Rücken empoisteigt. Auf die S[)eiseröhre folgt ein sackfömiig erweiterter als Mnyat bezeichneter Absclmitt, welcher sich sowohl durch die faltenartigen Längswülste seiner Wandung, als diu'ch mehrere blinddarmförmige selbst verästelte Anhangsdrüsen {Lchvr) aus- zeichnet. Bei weitem am umfangreichsten ist der langgestreckte längs der Rücken- seite des Thorax verlaufende Chylusdarm , von welchem der kurze Enddarm nur zuweilen schärfer abgesetzt erscheint. Die likisoeepJmleji, welche mittelst wurzelartiger Fäden die Eingeweide insbesondere Leber von Decapoden um- stricken, entbehren des Darmes und nehmen durch Ausläufer ihres Parencliyms (wie bereits Äiielasma) die Nahrungssäfte endosmotisch auf. Besondere den Girripedien eigenthümliclie Absonderungsorgane sind die an der Haftsciieibe 36* 664 Cirripedien Kiemen. Geschlechtsorgane. der Antennen ausmündenden sog. Gementdrüsen , durch deren Seeret die Befestigung des Girripedienleibes bewirkt wird. Nur die Rhi^ocephulen scheinen derselben ganz zu entbehren. Ein Herz und Gefässsystem konnte bisher in keinem Falle mit Sicherheit nachgewiesen werden, wohl aber wurden sowohl von Martin Saint An ge (der die Existenz eines Rückengefässes behauptet) als von Darwin regel- mässige Bewegungen des Blutes, insbesondere ein dorsaler den Thorax von hinten nach vorn durchziehender Blutstrom beobachtet. Besondere Respirationsorgane fehlen in der Regel , indess hat man die cylindrischen oder lanzetförmigen Schläuche, welche an den vorderen oder an mehreren Rankenfüssen mancher Lepadiden auftreten , als Kiemen gedeutet, obwohl in dieselben Verzweigungen der Hoden eintreten. Ob die unpaarigen an der Rückenseite des zweiten und dritten Segmentes von Cryptophialus nachgewiesenen Schläuche in die Gategorie dieser Bildungen gehören, muss zweifelhaft erscheinen. Bei den Balaniden sieht man zwei krausenartig ge- faltete Lamellen an der Innenseite des Mantels, die bei Coronula dem mäch- tigsten Umfang erreichen, als Kiemen an. Sicher ist die lebhafte mittelst der Rankenfüsse hervorgerufene Strudelung, indem sie beständig neue Wassertheile zuführt, für den Athmungsprocess von Bedeutung. Auch die Bewegungen der das Operculum der Balaniden bildenden Schalenstücke, durch welche Wasser in den Mantelraum aus- und eingepumpt wird, dürfte in gleicher Weise als respiratorische zu deuten sein. Die Cirripedien sind mit wenigen Ausnahmen Zwitter. Die Hoden liegen als vielfach verästelte Drüsenschläuche zu den Seiten des Darmes, ihre in Samenblasen erweiterten Samenleiter erstrecken sich nach der Basis des cirrus- förmigen Penis, in welchem sie sich zu einem gemeinsamen an der Spitze des Girrus mündenden Ductus ejaculatorius vereinigen. Bei den Rhizocephalen dagegen sind dieselben in der Regel zwei rundliche oder gestreckt ovale Körper mit entsprechenden wahrscheinlich in den Eiersack ausmündenden Ausführungs- gängen. Die Ovarien liegen bei den Balaniden im basalen Theil der Leibeshöhle am Schalenkranze, bei den Lepadiden rücken sie in die als Stil bekannte Ver- längerung des Kopfes hinein, ihre Oviducte münden nach Krohn auf einem Vorsprunge am Basalgliede der vordem Rankenfüsse aus. Die austretenden Eier sammeln sich zwischen Mantel und Leib in grossen plattgedrückten zart- häutigen Schläuchen, welche bei den Lepadiden an einer Hautfalte des Mantels befestigt auf der Rückenseite des Thieres aneinanderstossen. Wie und von welchem Secrete die Hüllen der Eiersäcke gebildet werden , ist nicht sicher ermittelt, wahrscheinlich aber (Krohn) liegen die bezüglichen Kittdrüsen an dem Endabschnitt der Oviducte (Gehörsack Darwins). Die Befruchtung er- folgt wahrscheinlich während der Eierablage. Bei den Rhizocephalen, denen ein Gopulationsorgan fehlt , scheint das Sperma aus den Sa»ienleitern direkt in den mit Eiern sich füllenden Mantelraum einzutreten. Trotz des Hermaphroditismus existiren nach Darwin in einzelnen Gattungen [Ibla, Scalpellum) sehr einfach organisirte Zwergmännchen von eigenthümlicher Form, sog. complemental males, welche Parasiten-ähnlich am Körper des Zwitters haften. Dieselben können noch dem hermaphroditischen Zwergmännchen. Entwicklung. Naupliusformen. 565 Körper ähnlich, durch den Besitz von Schalenstücken, Mundtheilen und Ranken- füssen als Girripedien kenntlich sein {Scalpellum villosutn, Peronii), bei be- deutenderer Grössenreduction jedoch die Girripedienähnlichkeit verlieren {Sc. vul/are), indem nicht nur die Gliedmassen verkümmern, sondern auch Mund- theile und Darmcanal rückgebildet werden. Gleiches gilt auch für die Männchen von Arten derselben Gattung, deren hermaphroditische Individuen durch Aus- fall der Hoden und des Begattungsorganes zu Weibchen geworden sind, sodass an Stelle des Hermaphroditisnms Trennung des Geschlechtes herrscht. Dieser Fall trifft für ScapeUum ornatum und Iblu Cuminyii, ferner für die merkwür- digen Gattungen Cryptophialus und Alcippe zu, bei welchen ein ausgeprägter an die Verhältnisse der Lernaeopoden erinnernder Sexualdimorphismus besteht. Die Männchen dieser Formen bleiben nicht nur zwergartig klein, sondern ent- behren auch nach Darwin der Mundöffnung, des Verdauungscanales sowie der [vankenfüsse. In der Regel sitzen zwei, zuweilen aber auch eine grössere Zahl von Männchen am weiblichen Körper. In seiner äussern Form erinnert das Männchen von Cryptophialus an das Stadium der befestigten Puppe. Der schalenlose Mantel des unregelmässig kugligen mittelst 2 grosser Haftantennen fixirten Zwergmännchens ist zu einem Sacke mit hinlerer Oeffnung verwachsen und der Innenraum des Körpers von dem grossen Hoden erfüllt, an dem sich ein enorm langer aus der Mantel- öffnung vorstreckbarer Penis anschliesst. Aehnlich erscheint das Männchen von Alcippe unmittelbar nach dem Abwerfen der Puppenschale. Mit fort- schreitendem Wachsthum aber ändert dasselbe seine Gestalt, indem das Kopf- ende mit dem unpaaren Auge weit über die Ilaftfühler hinaus kolbenförmig auswächst. Dazu kommt die bedeutende Längsstreckung des übrigen Körpers, dessen Mittelabschnitt durch zwei seitliche flügelförmige Fortsätze des Mantels eine bedeutendere Breite gewinnt. Die Eier durchlaufen bereits in den Brutbehältern eine totale aber un- gleichmässige Furchung, in° deren Verlauf sich helle als Bildungselemente in Verwendung kommende Zollen von den grossen Kugeln des Nahrungsdotters sondern. Die erstem lagern sich um den Nahrungsdotter in Form einer an- fangs gleichmässigen Keimblase, deren Bauchseite sich bald (vN^ohl durch Auf- treten derMesodermanlage)nachArt eines Primitivstreifens (Ed. vanBeneden) ansehnlich verdickt. Die aus den Eihüllen ausgeschlüpften Larven sind Naupliusformen von ovaler oder birnförmiger Gestalt mit unpaarem Stirnauge und drei Gliedmassenpaaren, von denen das vordere aus einem einzigen Ast besteht, die zwei nachfolgenden aber zwei Aeste mit dichtem Besatz von Schwimmborsten tragen. Von der Naupliuslarve der Copepoden unterscheidet sich die junge Cirripedienlarve vornehmlich durch den Besitz von zwei langen frontalen Sinnesfaden und ebensoviel seitlichen Stirnhörnern, in deren Innenraum mehrere an Guticularborsten endende Drüsenzellen einmünden , meist auch noch durch die Form des Hinterendes , welches gabiig in zwei Spitzen ausläuft und von einem Stachelfortsatz der schildförmigen Rückenhaut überdeckt sein kann. Auch liegt im Gegensatze zu den Gopepodenlarven der Mund am Ende eines langen vorstreckbaren Rüssels, durch welchen die während des Umher- 566 Cirripedien, Cypris- und Puppenstadium. schwärmens aufgenommene Nahrung in den wohl ausgebildeten an der Basis des Hinterleibes ausmündenden Darm gelangt. Noch bis in die jüngste Zeit deutete man mit Unrecht nach Darwin 's Vorgang die Frontal fäden und Stirn- hörner als Gliedmassen und zwar als die beiden Antennenpaare, bis die voll- ständige Homologie der drei wahren Extremitätenpaare mit denen des Cope- poden-Nauplius über allen Zweifel erhoben und die Natur jener Theile als Guticularanhänge und Panzerfortsätze nachgewiesen wurden (Krohn, Claus). Das Hinterleibsstück, das nur bei den Larv^en der Rhizocc[)haliden sehr kurz und abgerundet bleibt, wird mit der nachfolgenden Häutung, mit welcher die Larve in das zweite Stadium eintritt, weit umfangreicher und gestaltet sich zu einem äusserst beweglichen, Thorax und Abdomen des spätem Ranken- füsslers repräsentirenden Leibesabschnitt, an dessen Basis ein neues viertes Gliedmassenpaar (nach Art der Maxillenanlage von Cyclops) auftritt und weiter abwärts die 6 Paare von Rankenfüssen unter der Haut ihre Entstehung nehmen. In diesem zweiten Stadium hat die Larve den Charakter der Naupliusform mit umfangreichen und stärker beborsteten Gliedmassen bewahrt. Die schildartige Rückenhaut hebt sich jetzt viel schärfer als eine ansehnliche mehr oder minder gewölbte Schale auf, deren Ränder in langen Stacheln und kürzern Dorn- fortsätzen Scliutzeinrichtungen gewonnen haben. Auch werden meist zwei mediane Stirnfaden beobachtet, welche wie die seitliclien Stirnhörner als Sinnes- werkzeuge, wahrscheinlich als Tastorgane aufzufassen sind. Die Mundthoile und Beine des spätem Cirripedienkörpers werden alhnählig angelegt. Nach melu-nialiger Abstreifung der Haut tritt die zu beträchtlicher Grösse herangewachsene Larve in eine neue Entwicklungsphase, in das sog. Cyprisstadium (Puppe) ein. Anstatt des flach gewölbten Schildes bildet die Körperbedeckung eine seitlich comprimirte muschelähnliche Schale mit klaffendem Bauchrand, an welchem die Extremitäten hervortreten können. Die beiden klappenartigen Seitenhälften stehen längs des Vorder-, Piücken- und Hinterrandes in Continuität. Während die Gestaltung der Schale an die Ostracoden erinnert, nähert sich der Körperbau nach Gliederung und Extremitätenbildung den Copepoden. Aus den vordem Gliedmassen der Naupliuslarve ist eine viergliedrige Haftantenne (Krohn, Fr. Müller, Claus) hervorgegangen, deren vorletztes Glied sich scheibenförmig verbreitert und die Mündung einer Kittdrüse enthält, während das Endglied ausser Tastborsten ein oder zwei zaite lanzetförmige Riechfäden trägt. Als Reste der Stirnhörner finden sich zwei kegelförmige Vorsprünge in der Nähe des Vorderrandes. Von den beiden zweiästigen Extremitätenpaaren ist das vordeie (dem zweiten Antennenpaare entsprechende) völlig verloien gegangen, das hintere dagegen zur Anlage der Oberkieferplatten an dem noch geschlossenen Mundkegel ver- wendet, an welchem auch noch die Anlagen von Unterkiefer und Unterlippe ') bemerkbar sind. Auf den Mundkegel folgt der Brustabschnitt mit 6 zweiästigen Copepoden-ähnlichen I^iuderfusspaaren und ein winziges dreigliedriges mit 1) Da die Unterlippe aus 2 zusammengetretenen Kauplatten besteht, welche wie die vorausgehenden Maxillen als Gliedinassen zu deuten sind, so dürften dieselben dem Maxillarfusspaar der Copepoden und nicht den Maxillen derselben entsprechen. Anbeftiing der Puppe. Lebensweise. 1. Unterordnung. Thoracica- 557 Furcalgliedern und Schwanzborsten endendes Abdomen. Die Larve trägt zu den Seiten des unpaaren Augenflecks ein grosses zusammengesetztes Augen- paar und hat eine freie behende Locomotion, bald mittelst der Ruderfüsse schwimmend, bald mit Hülfe der Haftantennen schreitend und kriechend. Nahrung.saufnahme scheint nicht statt zu finden, das zum Stofifwechsel und zur weitern Umgestaltung nothwendige Material ist in Gestalt eines mächtig entwickelten »Fettkörpers« vornehmlich im Kopftheil und Rücken aufgespeichert. Schon in diesem Stadium sind die Anlagen der Sexualdrüsen nachweisbar, von denen die Ovarialschläuche in den Kopftheil einwachsen. Nach längerm oder kürzerm Umherschwärmen heftet sich die Puppe, wenn unter ihrer Haut die Theile des Cirripedienleibes sichtbar werden, mittelst der Haftschoibe ihrer vorgestreckten armförmig gebogenen Antennen an fremden Gegenständen an , und es beginnt aus der schlauchförmigen Gementdrü.se die Ab.scheidung eines erstarrenden Kittes, welcher die nunmehr dauernde Fixation des jungen Rankenfüsslers verursacht. Bei den Lepadiden wächst der über und zwischen den Haftantennen befindliche Kopftheil so mächtig, dass er aus der Sclialenhaut , unter denen die Kalkschilder der Cirripedienschale durch- schimmern, hervortritt und nach Abstreifung der chitinigen Larvenhaut den fleischigen die Befestigung vermittelnden Stil' darstellt, in welchen die Ovarialanlagen eingetreten sind. Mit dieser letzten Häutung ist die vierte Entwicklungsstufe erreicht, und das bereits mit den Genitalanlagen versehene junge Cirriped frei hervorgetreten. Die paarigen Augen der schwärmenden Puppe sind mit der Larvenschale verloren gegangen , während der unpaare Pigmentfleck verbleibt. Die Mundwerkzeuge treten in voller Difl'erenzirung ihrer Theile hervor, aus den zweiästigen Ruderfüssen sind kurze aber bereits vielgliedrige Strudelfüsse geworden, das rudimentäre Abdomen {Schwanz- anhänge) trägt an seiner Basis einen kleinen schlauchförmigen Anhang, den Penis, der als Anlage schon am Puppenleibe bemerkbar war. Auch die Wurzelkrebse durchlaufen die zweischalige Puppenform und heften sich dann am Abdomen von Krabben an,- verlieren aber mit dem Abstreifen der Haut Mund- theile und Füsse vollständig. ^ Die Girripedien sind Bewohner des Meeres und siedeln sich an sehr ver- .-^chiedenen festen Gegenständen, z. B. Holzpfählen, Felsen, Muschelschalen, Krebsen, Haut von "Wallfischen etc., meist colonienweise an. Einige wie Liiho- tnja, Alcippe und die Crypfophaliden vermögen sich in Muschelschalen und Gorallen einzubohren, hidessen gibt es auch Brackwasserformen wie Baianus mprovisus. Die ältesten bislang bekannten fossilen Reste gehören dem untern Oolith an. Die Kreide ist besonders reich an Arten von Scalpdlam, die Tertiär- zeit an Balaniden. Sehr abweichend verhält sich die der Kreidefonnation zu- gehörige Gattung Loricula. 1. Unterordnung. Thoracica. (Cirripedia s. str.). Der Körper liegt in einem meist feste Kalkplatten enthaltenden Mantel und ist nur am Thorax mehr oder minder deutlich segmentirt. An diesem Abschnitt entspringen sechs Paare von Rankenfüssen. Mund mit Oberlippe und Taster nebst drei Kieferpaaren. Grossentheils Zwitter. 568 Lei)adidae, PoUicipedidae. 1. Tribus. Pedunculata. Körper gestilt, mit sechs Rankenfusspaaren. Mantel meist mit Garina, Scuta und Terga, ohne musculi depressores zwischen den letzteren. 1. Farn. Lepadidae. Stil deutlich abgesetzt, ohne Kalkplatten. Mantel häutig, in der Regel mit den 5 Schalenstücken, von denen Scuta und Terga hintereinander liegen. Lepas L. (Anatifa Brug.). Die fünf Schalenstücke des Mantels an einander stossend. Scuta fast dreieckig, ihre Urabonen am Eostralwinkel gelegen. Carina zwischen die Terga hineinreichend. Mandibeln fünfzähnig. Schwanzanhänge eingliedrig. L. fasci- cularis Ellis [vitrea Lam.). Von den nordischen Meeren bis zur Südsee. L. pectinata Spengl. , Mittelmeer und Ocean. L. australis Darw. , Antarkt. Ocean. L. anatifera L., überall verbreifet. Die nahe verwandte Gattung Poecilasma Darw. ist vornehmlich durch die vierzähnigen Mandibeln und die Kürze der Carina, die nur bis zum Basal- winkel der Terga reicht, verschieden. P. fissa Darw. Dichelaspis Darw. Alle fünf Schalenstücke wohl ausgebildet, aber durch häutige Intervalle geschieden. Carina schmal sichelförmig, Terga 2- oder 3armig, Scuta tief eingeschnitten wie aus 2 Platten zusammengesetzt. Mandibeln 3- oder 5zähnig. Schwanzanhang eingliedrig. D. Warwickii Gray, auf Brachyuren, Chinesisches Meer. D. Darwinii De Fil. , auf Palinurus. Conchoderma Olf. {Otion, Cineras Leach.). Mantel häutig, stets nur mit kleinen Schalenstücken. Mandibeln 5zähnig. Jederseits 6 bis 7 geisseiförmige Kiemen. ' Schwanzanhänge fehlen. C. virgata Spengl., häufig an Schiffen befestigt. C. aurita L. Von den arktischen Meeren bis zur Südsee verbreitet. Alepas Rang. Stil kurz und dünn. Mantel lederartig, mit nur sehr kleinen Scutis. Mandibeln 2- bis Szähnig. Schwanzanhänge vielgliedrig. Leben auf Corallen, Echinodermen imd Decapoden. A. cornuta Darw., auf Antipathes, Westindien. A. minuta Phil., auf Cidaris, Sicilien u. a. A. Anelasma Darw. Stil kurz und dick, mit wurzelartigen Auswüchsen, die in die Haut der Squaliden eintreten. Mantel lederartig, ohne Kalkstücke, mit klaffender Oeffnung. Schwanzanhänge fehlen. Mundwerkzeuge rudimentär, die Rankenfüsse bleiben kurz, ohne deutliche Gliederung. A. squalicola Loven, lebt in der Rückeuhaut von Squaliden eingebohrt , Norwegen. 2. Farn. PoUicipedidae. Stil nicht scharf abgesetzt, beschuppt oder behaart. Schalenstücke sehr stark, der Zahl nach vermehrt. Scuta und Terga liegen neben- einander. Zuweilen mit Ergänzungsmännchen. Pollicipes Leach. Stil dick, nach dem Ende verschmälert, dicht beschujjpt. Mantel mit 18 und mehr Schalenstücken. Schwanzanhang ein- oder vielgliedrig. Hermaphro- ditisch. P. cornucopia Leach., Ocean und Mittelmeer. Zahlreiche fossile Arten. Hi schliesst sich die fossile Gattung Loricula Sow. an. Scalpellutn Leach. Stil kurz uni dick, 8chup])ig. Im Mantel 12 — 1.5 Schalenstücke. Kiemengeisseln fehlen. Mandibeln mit 3 oder 4 grössern Zähnen. Schwanzanhang eingliedrig oder fehlend. Hermaphro- diten mit Ergänzungsmännchen sind: Sc. vulgare Leach., Nordsee und Mittelmeer. Sc. Peronii Gray, Australien; getrennt geschlechtlich: Sc. ornatum Gray, auf Sertulariden, Südafrika. Ibla Leach. Stil dicht und zottig beborstet, den Leib in sich aufnehmend. Mantel nur mit Scuta und Terga. Mandibeln Szähnig. Schwanzanhang vielgliedrig. Hermaphroditisch ist 1. quadrivalcis Cuv. , Sädaustra.lien; getrennt geschlechtlich /. Cumingii Darw., Philippinen. Lithotrya Sow. Stil dick und lang, mit kleinen Kalk- schuppen bedeckt. Zu den fünf grossen Schalenstücken kommen noch drei kleine (2 Lateralia und Rostrum). Mandibeln Szähnig. Schwanzanhang vielgliedrig. Herma- phroditisch. Lebt in Kalkfelsen und Muschelschalen eingegraben. L. Nicobarica Reinh. L. dorsalis Sow., Westindien. 2. Tribus. Operculata. Körper ohne oder mit rudimentärem Stil, von einem äussern Schalenkranz umgeben , an dessen Spitze die Scuta und Terga f Verrucidae. Chthamalidae. Balanidae. Coronulidae. 569 einen meist frei beweglichen Deckel mit musculi depressores bilden. Sechs Rankenfusspaare. Zwei mächtige Mantelfalten fungiren als Kiemen. 1. Farn. Verrucidae. Scuta und Terga ohne musc. depressores, nur an einer Seite frei beweglich, an der andern mit Carina und Rostrum zu einer unsymmetrischen Schale verschmolzen. Verruca Sehn. {Clysia Leach.). V. Strömii C. Fr. Müll., Europa. 2. Fam. Chthamalidae. Rostrum (an den Scutis gelegenes Stück des Schalen- kranzes) mit Alae (bedeckter Flügel fortsatz), aber ohne Radien (deckender Flügelfortsatz), daher die angrenzenden Rostro-lateralia ohne Alae. Schalenwandungen ohne Höhlungen. Chthamalus Ranz. Schalenkranz flach, aus 6 Stücken gebildet. Basis häutig, zu- weilen in Folge der eingebogenen Seitenwände scheinbar verkalkt. Die beiden vordem Rankenfüsse im Vergleich mit den hintern sehr kurz. Strandbewohner. Cht. stellatiis Pol. Sehr verbreitet. Nur vier Stücke besitzt der Schalenkranz des nahe verwandten Chamaesipho Darw. Pachylasma Darw. Schalenkranz in der Jugend aus 8, später aus 6 oder in Folge der Verschmelzungen der Lateralia aus 4 Stücken gebildet. Basis ver- kalkt. Schwanzanhang vorhanden. Leben in bedeutender Tiefe. P. giganteum Phil., Mittelmeer. Octomeris Sow. Schalenkranz dauernd aus 8 Stücken gebildet, mit schmalen deutlich crenulirten Radien. Basis häutig. 0. angulosa Sow., Südafrika. Nahe ver- wandt ist Catopliragmus Sow., deren 8 Schalenstücke von zahlreichen Kalkschuppen bedeckt und umgeben sind. C. polymerus Darw., Australien. 3. Fam. Balanidae. Scuta und Terga frei beweglich, unter einander articulirend. Die Kiemen je aus einer Falte gebildet, sonst wie in der vorausgehenden Familie. Chelonobia Leach. Schalenkranz sehr dick und niedrig, aus 6 Stücken gebildet, von denen das Rostrum aus 3 verschmolzenen besteht. Basis häutig. Scuta schmal, mit den Tergis durch ein Gelenk verbunden. Ch. testudinaria L. Sehr verbreitet. Ch. patula Ranz. , Mittelmeer. Creusia Leach. Schalenkranz aus 4 mit Radien versehenen Stücken gebildet. Basis becherförmig. C. spinulosa Leach. Bei TetracUta Schum. und Elminius Leach. besteht der Schalenkranz ebenfalls aus 4 Schalenstücken. Fyrgoma Leach. Ringschalenstücke zu einem Ganzen verschmolzen. Basis becherförmig oder fast cylindrisch. Scuta und Terga jederseits verwachsen. Erstes Paar der Rankenfüsse mit sehr ungleichen Aesten. Siedeln sich auf Corallen an. P. Anglicum Leach., Nord- see und Mittelmeer. Baianus List. Schalenkranz kegelförmig bis flach cylindrisch, aus 6 Stücken gebildet. Scuta und Terga nahezu dreieckig. Oberlippe meist mit 3 Zähnen jederseits. Mandibeln 5 zähnig. B. tintinnabulum L. Sehr verbreitet und auch fossil bekannt. B. psittacus Mol., Südamerika. B. perforatus Brug., Mittelmeer. B. bala- yioides L., Nord-Meere Europas und Amerikas. B. improvisus Darw., Brackwasserform. 2^he verwandt ist Acasta Leach. 4. Fam. Coronulidae. Scuta und Terga frei beweglich, aber nicht mit einander articulirend. Rostrum mit Radien, aber ohne Alae. Sämmtliche seitliche Stücke des Schalenkranzes auf der einen Seite mit einem Radius, auf der andern mit einer Ala. Die beiden Kiemen je aus 2 Falten bestehend. Sitzen auf Cetaceen. Xenobalanus Steenstr. Schalenkranz sehr rudimentär, sternförmig, aus 6 Stücken gebildet. Scuta und Terga fehlen. Mantel mit kapuzenförmigem Aufsatz vom Habitus der Conchoderma. Mandibeln özähnig. X. glohicipitis Steenstr., Atl. Ocean. Tubicinella Lam. Schalenkranz sehr hoch, nach oben erweitert, aus 6 fest verwachsenen Stücken gebildet. Scuta und Terga fast gleich geformt. Mandibeln mit 4 Zähnen. T. trachealis Shaw., Südsee. Coronida Lam. [Diadema Schum.). Schalenkranz breiter als hoch, aus 6 gleich breiten Stücken gebil et. Die Wände derselben dünn, tief eingefaltet, die Höhlungen der Falten nur nach unten geöönet. Terga und Scuta kleiner als die OefFnung des Schalenkranzes. Mandibeln mit 4 bis 5 grossen Zähnen. C. balaenaris L., südlicher Ocean. C. diadema L. , nördlicher Ocean. Nahe verwandt ist Platylepas Gray , deren 6 äussere Schalenstücke 21appig sind. P. bisexlobata Blainv., an Schildkröten, Mittel- meer. 570 Abdominalia. Apoda. Rhizocephala. 2. Unterordnung. Abdominalia ^). Der iingleichmässig segmentirte Körper wird von einem flaschenförmigen Mantel umschlossen und trägt am Endabschnitte drei Paare von Rankenfüssen. Mundtheile und Darmcanal vollkommen ausgebildet. Sind getrennt geschlecht- lich und leben als Parasiten in der Kalkschale von Girripedien und Mollusken eingegraben. 1. Fatu. Alcippidae. Körper ruit schwachem Stil, mit 1 Paaren von Füssen, welche dem ersten, vierten, fünften und sechsten Fusspaare der Lepadiden entsprechen. Das erste Fusspaar tasterförmij^, die beiden letzten einästig, aus wenigen langgestreckten Gliedern zusammengesetzt. Geschlechter getrennt. Weibchen in Molluskenschalen ein- gebohrt, mit Zwergmännchen ohne Mund, Magen und llankenfüsse. Älcippe llanc, Mit dem Charakter der Familie. A. lampas Hanc. bohrt sich Höhlungen in der Coluuiella von Fusus- und JBacct'/utmschalen, Küste von England. 2. Farn. Cryptophialidae. Das erste Larvenstadium soll eiförmig sein und der Augen und Beine entbehren, das zweite soll ebenfalls extremitätenlos sein, aber 2 Augen besitzen. Mit 3 Paaren von Rankenfüssen am Hinterende. Mit der getrennt geschlecht- lichen Gattung Cn/ptophialus Darw. Cr. minutiis Darw. gräbt sich mittelst der Chitin- dornen des Mantels Höhlungen in die Schale von Concholepas Peruiviana, Westküste von Südamerika. Nahe verwandt ist Kochlorme Noll. L. hamala NolL, in Höhlungen der Schalen von Haliotis. 3. Unterordnung. Apoda. Der segmentirte aus 11 Ringen gebildete Körper entbehrt besonderer Manteldiiplicaturen und nähert sich der Form einer Made. Die Haftfüiiler bandförmig verlängert. Mund zum Saugen eingerichtet mit Mandibeln und Maxillen. Rankenfüsse fehlen. Verdauungscanal rudimentär. Leben als Parasiten im Mantel anderer Girripedien. Zwitter. 1. Farn. Proteolepadidae mit der einzigen Gattung Proteolepas Darw. Pr. bivincta Darw. , Westindien. 4. Unterordnung. Rhizocephala-) (Suctoria), Wurzelkrebse. Körper ohne Segmentirung und ohne Gliedmassen, von der Form eines Schlauches oder einer gelappten Scheibe, mit engem kurzem Haftstil, an welchem lange , wurzelartig verzweigte Fäden entspringen. Dieselben durch- setzen den Leib des Wohnthieres und führen dem Parasiten die Nahrung zu. Mantel .sackförmig, ohne Kalkstücke, mit enger verschliessbarer Oeffnung. Mund und Darmapparat fehlen. Die meist paarigen Hoden liegen zwischen den Ovarien und münden in die Bruthöhle aus. Leben als Parasiten vor- nehmlich am Abdomen von Decapoden, deren Eingeweide sie mit ihren wurzel- artigen Fäden umschlingen. 1) F. C. Noll, Kochlorine hamata. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXV. 1874. 2) W. Lilljeborg, Les genres Liriope et Peltogaster. Nova acta reg. soc. seien. Upsal. Ser. 3. vol. HI. 18(50. Fr. Müller, Die Rhizocephalen. Archiv für Nat. 1862 und 1863. R. Kossmann, Beiträge- zur Anatomie der schmarotzenden Rankenfüssler. Verh. der med. phys. Gesells. Neue Folge. Tom. IV. Derselbe, Suctoria und Lepadidae. Würzburg. 1873. Malakostraca. 571 1. Farn. Peltogastridae. Peltogaster Rathke. Körper langgestreckt drehrund, mit der Mantelöffnung am dünnern Vorderende. Haftstil röhrenförmig, stark hervor- tretend. Paarige Hoden. P. paguri Rathke ii. a. A. Apeltes Lillj., vornehmlich durch die Gestalt des Hinterendes mit dem unpaaren Hoden verschieden. A. paguri Lillj., auf Pagurus Bernhardus. SaccuUna Thonips. Körper sackförmig. OefFnung vor der Mitte des Hinterrandes. Haftstil in der Mitte des Vorderrandes hervortretend. Hoden paarig. Eier in verästelten Blindschläuchen. S. carcini Thonips. Nahe verwandt ist Glistosacciis Lillj. C. paguri Lillj. Lernaeodiscus Fr. Müll. Körper quer sackförmig, dorso ventral couiprimirt , mit eingezogener Oeffnung in der Mitte des Hinterrandes. Stil trichter- förmig mit gezacktem Chitinrand. Körper jederseits in Form von 5 lappigen mit Brut gefüllten Fortsätzen abgehoben. 2 Hoden. L. porcellanae Fr. Müll., Brasilien. Nahe verwandt ist Parthenopea Kossm., ohne die Lappenfortsätze des Mantels. P. subterranea Kossm., auf Calianassa subterranea. Mittelmeer. II. 3IalaJi'ostraca. Im Gegensatz zu den Entomostraken erscheint am Mulakostrakenleib eine relativ constantc Zahl von Segmenten und Gliedmassenpaaren verwendet. Kopf und Thorax, bei der wechselnden Zahl der vordem zu Mundwerkzeugen um- gestalteten Beinpaare nicht absolut abgrenzbar, setzen sich aus 13 Segmenten '/usammen und tragen die gleiche Zahl von Gliedmassenpaaren , während der w(jhl überall scharf abgesetzte tlinterleib (Abdomen) 6 Segmente mit ebenso- viel Beinpaaren in sich fasst und mit einer aus dem Terminalstück des Leibes hervorgegangenen Afterplatte (Telson) abschliesst. Nicht selten findet man gegenwärtig noch nach dem Vorgang der älteren Autoren durch Unterscheidung eines Augensegments die Segment- und Gliedmassenzahl des Malakostraken- leibes um 1 grösser angegeben, hi AValn-heit aber ist für den die Seitenaugen tragenden Kopfabschnitt die Bedeutung als Segment um so weniger erwiesen, als die beweglichen Stilaugen der Podophthalmen nicht frühzeitig als Glied- massen angelegt werden, sondern wie auch bei Branchipns unter den Phyllo- [joden erst secundär als vorgewachsene und beweglich abgesetzte Seitenpartien des Kopfes Entstehung nehmen (Claus). Auch die Afterplatte, welche das Abdomen abschliesst, kann nicht wohl schlechthin als Segment betrachtet werden , da dieselbe dem Afterstück der Phyllopodenlarven mit den Furcal- fortsätzen entsprechend, den nach continuirlichor Abgliederung der voraus- gehenden Segmente zurückgebliebenen nicht weiter difTerenzirten Endabschnitt bezeichnet , in welchem eine Reihe von Segmentanlagen zusammengezogen, beziehungsweise nicht zur Sonderung gelangt sind. Allerdings gibt es unter den lebenden Malakostraken eine einzige Gattung, welche durch eine grössere Zahl von Abdominalsegmenten abweicht, indem auf sechs Gliedmassen-tragende Abdominalsegmente noch zwei Gliedmassen- freie Segmente nnt gestreckten Phyllopoden-ähnlichen Furcalästen folgen. Die merkwürdig lange Zeit hindurch als Phyllopod betrachtete Nebalia, welche in mehrfachen Charakteren als Verbindungsglied der Phyllopoden und Mala- kostraken dasteht, indessen nach Bau und Gliederung von Kopf und Mittelleib den letztern zugehört, hat in der Gestaltung des Abdomens noch nicht die Consolidirung des terminalen Abschnittes als SchAvanzplatte oder Telson zur 572 Malakostraken. Allgemeiner Körperbau. Erscheinung gebracht. Wahrscheinlich handelt es sich um ein jüngeres in die Jetzt weit erhaltenes Glied der Phyllopoden-ähnlichen Stammreihe, welche zu dem Malakostrakentypus hinführte. Der Kopf fasst überall hinter dem Mandibelsegmente , an welchem zwei Paragnathen eine Art Unterlippe bilden, die Segmente von zwei Maxillenpaaren , deren Gestalt mehr oder minder den Charakter von Phyllo- podenbeinen bewahrt. Die nachfolgenden 8 Gliedmassenpaare des Mittel leibes können unter einander noch vollkommen gleichgestaltet sein und Form und Gliederung von Phyllopodenbeinen zeigen {Nehaiia), oder auch von diesen abweichend beide Aeste als Gliederreihen zur Entwicklung bringen und als sog. Spaltfüsse erscheinen {Schizopoden). In der Regel aber tritt wenigstens das vordere derselben noch in den Dienst der Nahrungsbear- beitung und gewinnt als »MaxiUarfuss« eine vermittelnde Form zwischen Maxille und Thoracalbein. In diesem Falle erscheint gewöhnlich der gesammte Vorderkötper, das Segment des Maxillarfusspaares mit eingeschlossen, als Kopf abgesetzt, während sieben Brustsegmente mit ebensoviel Beinpaaren freie Ringe des Mittelleibes bleiben , welchen sich der ähnlich gegliederte Hinterleib mit seinen Beinpaaren (Pleopoden) anschliesst (Ringelkrebse, Artlirostraca). In andern Malakostrakengruppen verhalten sich auch noch das nächste oder die beiden nächstfolgenden Paare von Brustbeinen als Kieferfüsse, ohne dass es zu einer scharfen Absetzung von Kopf und Mittelleib kommt. Vielmehr wird der letztere wenigstens theilweise von einer schildförmigen Dnplicatur, welche mor- phologisch der Phyllopodenschale entspricht, überdeckt, und es bildet sich dieselbe als mehr oder minder umfangreicher mit dem Rücken des Thorax ver- wachsener Schalenpanzer aus, hinter welchem nur wenige oder überhaupt keine Biustsegmente als freie Ptinge hervortreten (Schalenkrebse, Thoraco- straca). Bei Nehalia (Leptostraca) bleiben sämmtliche 8 Segmente des Tiiorax unter der dünnhäutigen Schale als kurz gesonderte Ringe erhalten. Auch die innere Organisation, obwohl in den einzelnen Gruppen mannich- fachen bedeutenden Modificationen unterworfen , lässt sich auf einen gemein- samen aus dem der Phyllopoden ableitbaren Typus zurückführen. Im All- gemeinen erscheint dieselbe weit specialisirter sowie der beträchtlichem Körper- grösse entsprechend mannichfaltiger und höher gegliedert. Mit dem zu be- deutender Grösse entwickelten Gehirn stehen die Ganglien des paarigen Seiten- auges in näherm und engerm Verband. Die Ganglien der Kiefersegmente sind zu einer grössern subösophagealen Ganglienmasse verschmolzen, in welcher noch die Ganglien der nachfolgenden Kieferfüsse und selbst der Beinpaare auf- genommen sein können. Wohl nur bei den Laemodipoden und Krabben, deren Abdomen eine so bedeutende Rückbildung erfährt, werden auch sämmt- liche Ganglien des Abdomens eingezogen. Das Stirnauge der Phyllopoden bleibt meist auf das Larvenleben beschränkt. Als neugebildete Sinnesorgane sind Gehörblasen hervorzuheben. Am Darmcanal erreichen die Leberanhänge eine bedeutendere Flächenentwicklung und es bildet sich als Endabschnitt des Munddarms ein complicirt gefalteter Vormagen aus, dessen bezahnte Ghitin- vorsprünge die Funktion von Kiefern (Kaumagen der Decapoden) übernehmen können. Von den beiden schleifenförmigen Drüsenpaaren der Phyllopoden Respiration. Geschlechtsorgane. Leptostraca. 573 wird die Sclialendrüse rückgebildet, während sich fast allgemein die Antennen- drüse erhält und auf einem zapfenförmigen Vorsprung am Basalglied der zweiten Antenne ausmündet, hidessen sind auch von jener im Larvenalter einzelner Malakostraken — und das gleiche gilt vom Nackenorgan — Reste nacliweisbar {iStrgcstes und Euphausia — Embryonen der Ringelkrebse). Auch das langgestreckte vielkammrige Herz erhält sich noch in einzelnen Gruppen {Nebalidcn, Squilliden). In der Regel gewinnt dasselbe jedoch eine gedrungenere Form und reducirt sich in verschiedenen Abstufungen auf einen kurzen, im Thorax {Isopoden) gelegenen, ausnahmsweise in das Abdomen hineinreichenden Schlauch mit venösen Ostienpaaren und einem mehr oder minder complicirtcn Systeme arterieller Gefässe. Ueberall und auch da wo bereits rückführende venöse Gefässe auftreten , fungiren lacunäre Abschnitte des Lolbesraumes als Blutsinus. Die Respiration wird nicht selten noch durch die untere Lamelle der Schalenduplicatur unterstützt. Indessen sind fast allgemein Kiemenanhänge an den Gliedmassen des Mittelleibes oder Hinterleibes entwickelt, während die Bewegungen schwingender Maxillarplatten oder auch der Abdominalfüsse {Amphipodeti) die respiratorische Strömung des Wassers unterhalten. Die Geschlechtsorgane zeigen im Vergleich zu den Phyllopoden eine grössere Differenzirung ihrer paarigen Ausführungsgänge, welche im weiblichen Geschlecht allgemein am drittletzten, beim Männchen meist am letzten Thoracal- segment nach aussen münden. Sehr verbreitet ist die Bildung von Spermato- phoren im Verlaufe des Samenleiters, sowie am weiblichen Körper das Auf- treten von äussern Bruträumen, in welchen die Eier die Embryonalentwicklung durchlaufen. Fast allgemein erfährt der Dotter eine partielle Furchung, In seltenen Ausnahmsfällen {Euphausia, Peneiis) schlüpft der Embryo bereits in Naupliusform aus, welche häufig als vorübergehendes Ernbryonalstadium nachweisbar ist. Bei den Arthrostraken fällt in der freien Entwicklung eine Metamorphose ganz aus oder bleibt doch eine überaus beschränkte. Dagegen ist dieselbe eine sehr vollständige bei vielen Thorakostraken, deren Embryonen die Eihüllen meist in Zoeaform nur mit wenigen Brustgliedmassen, aber bereits segmentirtem Abdomen verlassen. 1. Leptostraca^). Malahostralien mit dünnhäutiger ziveiMappiger SchaJendiipUcutur, unter welcher sämnitliche Brustringe als freie Segmente gesondert bleiben, mit 8 phyllopodenühnlichen Beinpaaren und Sgliedrigetn, mit 2 1 arcalüsten endigen- dem Abdomen. Die einzig lebende Gattung, auf welche sich unsere Kenntniss dieser allen andern Malakostrakengruppen gegenüber stehenden Grustaceenabtheilung 1) Ausser den Werken von Herbst, Leach, Latreille, M. Edwards vergl. H. Kröyer, Nebalia bipes. Naturh. Tidskrift. N. R. Tom. IL 1849. E. Metschnikoff, Sitzungsber. der Naturforscherversammlung zu Hannover. 18G6, sowie eine in Russischer Sprache geschriebene Arbeit. Petersburg. 1868. C. Claus, lieber den Bau und die 574 Lepfostraken. Nebalia. Körperbau. gründet, ist die von M. Edwards zu den Phyllopoden gestellte Nebalia. Aller- dings wurde dieselbe schon von altern Forschern wie Loach, Latreille als Malakostrake gedeutet, indessen schien diese Auffassung durch die Autorität von M. Edwards wieder zurückgedrängt, bis sie in neuerer Zeit wieder in ihr altes Recht eingesetzt wurde. In der That verhält sich Nebalia in mehrfacher Hinsicht noch als Zwischen- glied von Phyllopoden und Malakostraken , deren Typus sie in der Gestaltung des Abdomens nicht zum vollen Ausdruck bringt. Der kleine stark coinprimirte Leib wird von einer zweiklappigen Haut- duplicatur umschlossen, welche ähnlich wie die Schale von Elstheria in der Kieferregion des Kopfes entspringt und ausser dem Kopf die 8 kurzen als Segmente abgesetzten Brust ringe, sowie die vordem Abdominalsegmente bedeckt. Am Vorderende aber geht dieselbe in eine breite beweglich abgesetzte Rostral- platte über. Unterhalb der Rostral|)latte entspringen am Kopfe zwei kurze facettirte Stil- augen und weiter abwärts die beiden Antennenpaare, von denen das vordere auf viergliedrigem Schaft als Aussenast eine borstenrandige Schuppe trägt und in eine längere oder kürzere Geissei ausläuft. Auch der di eigliedrige Schaft der hintern Antennen setzt sich in eine lange Geissei fort , welche im männlichen Geschlecht bis zum hintern Leibesende reicht. Die unter der Ober- lippe gelegenen Mandibeln besitzen einen dreigliedrigen Taster, dessen lang- gestrecktes Endglied am Innenrand dicht mit Borsten besetzt ist. Einen weit längern Taster tragen die vordem Maxillen. Der Basaltheil dieser Gliedmassen erhebt sich in Form von drei dicht behaarten Kauladen, während der dünne vielgliedrige Tasteranhang beinartig verlängert ist und dorsalwärts umgebogen wahrscheinlich als Putzfuss zum Reinhalten der Schale dient. Die Maxillen des zweiten Paares erscheinen nach Art eines Phyllopodenfusses gelappt und gehen in zwei schmale borstenbesetzte Aeste über. Auf die Mundwerkzeuge folgen dicht zusammengedrängt an eben so vielen gesonderten Brustsegmenten 8 lamellöse gelappte Beinpaare, deren grosse Aehnlichkeit mit Phyllopoden- füssen zu der Ansicht von der Phyllopodennatur der Nebalia Anlass gab. Indessen ergeben sich doch bei genauerer Untersuchung bemerkenswerthe Abweichungen. Zunächst erscheint der Stanun beinartig verlängert und deutlich gegliedert. Lappenfortsätze fehlen am Innenrande desselben, nicht aber der Borstenbesatz, der vornehmlich an den Endgliedern stark ausgebildet und fächerartig angeordnet sein kann. Das Basalglied des Stanmies trägt einen zweizipfligen Kiemenhang, das zweite Glied den bald breit lamellösen, bald linear gestreckten {N. longipes) Aussenast. Viel umfangreicher als di6 Biust- ringe sind die Segmente des Hinterleibes, von denen die vier vordem ebenso viel grosse, zum Theil unter den Schalenklappen verborgene Schwinnnfusspaare tragen. Dieselben bestehen wie die Schwimmfüsse am Abdomen der Amplii- systemat. Stellung von Nebalia nebst Bemerkungen über das seither unbekannte xVliinnchen dieser Gattung. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXIL 1872. Derselbe, Crustaceen- system 1. c. Wien. 1876. R. v. Willemoes-Suhm, On a Nebalia from the Bennudos. 'l'raiisactions of the Linncan Society of London. 1875. Nervensystem. Darmcanal. Herz. Geschlechtsorgane. 575 poden aus einem breiten Basalglied und zwei verschmälerten mit Dornen und Borsten besetzten Ruderästen. Ein fingerförmiger Anhang am kurzen Giund- glied des Innenastes hat die Bedeutung eines Retinaculums, indem er sieh mittelst terminaler Häkchen an dem gegenüberstehenden Anhang befestigt und die Bewegung der beiderseitigen Füsse in Abhängigkeit bringt. Der frei aus der Schale vorstehende hintere Abschnitt des Abdomens verjüngt sich nach dem Ende zu allmählig und trägt noch an den zwei vordem Segmenten Fuss- stummel, während die beiden hintern Segmente gliedmassenlos bleiben und durch langgestreckte, borstenbesetzte Furcaläste abgeschlossen werden. hl der Innern Organisation bestehen vielfache Beziehungen, theils zu den Amithipoden- unter den Arthrostraken, theils zu den Schi^opoden unter den Thoracostraken. Das Nervensystem besteht aus einem grossen zweilappigen Gehirn und einer langgestreckten, die (Gliedmassen-tragenden) Segmente durchsetzenden Ganglienkette mit 17 Ganglienpaaren, von denen nur die 6 letzten im Abdomen durch längere Commissuren getrennt sind, während der vorausgehende Ab- schnitt der Bauchkette eine bedeutende Goncentration erfährt. Im Gegensatz zu den Phyllopoden, deren Bauchmark bei der Grösse der Quercommissuren ein strickleiterförmiges Ansehn bietet, liegen die Seitenstränge medianwärts und die Ganglien in unmittelbarer Folge zusammengedrängt , so dass weder Quer- noch Längscommissuren bemerkbar werden. Als Sinnesorgane sind neben dem Stilauge die zarten Spürhaare der vordem Antennen hervorzuheben. Am Darmcanal unterscheidet man einen kurzen aufsteigenden Oesophagus, einen complicirt gefalteten mittelst Muskeln am Integumente befestigten Kau- magen und ein langgestrecktes Darmrohr, an dessen Vorderende zwei kurze nach vorn gerichtete und vier langgestreckte nach hinten bis in das Abdomen hineinreichende Leberschläuche entspringen. Der kurze mittelst Dilatatoren befestigte Enddarm beschränkt sich auf das letzte Segment des Abdomens und mündet von zw^ei dreieckigen Chitinplatten überdeckt, zwischen den beiden Furcalästen aus. ßemerkenswerth ist das Vorkommen eines mächtigen , dem Schalenschliesser der Ostracoden entsprechenden Schalen muskels und ein die Antennendrüse repräsentirenden Drüsenschlauchs im Basalglied der hintern Antenne. Dagegen wird eine Schalendrüse vermisst. Das langgestreckte Herz ropräsentirt eine Zwischenform des vii-lkammrigen Rückengefasses und des J/?/6*rf(?f //herzens, durchsetzt von der Maxillarregion an die Brustsegmente und die vier vordem Segmente des Abdomens. Zwischen zwei bis drei Paaren venöser Scitenspalten finden sich in den mittlem Brustsegmenten noch vier sehr kleine dorsale Ostienpaare, während sich das vordere und hintere Herzende in Arterien fortsetzt. Die Blut])ewegung erfolgt in regel- mässigen Bahnen der Leibeshöhle und besonders lebliaft in engen gefässartigen Räumen der Schale. Auch im Bau des Geschlechtsapparates erscheinen Eigenthümlichkeiten der Phyllopoden und Arthrostraken vereinigt. Ovarien und Hoden erstrecken sich als gestreckte Schläuche zu den Seiten des Darmes durch Thorax und Abdomen und münden mittelst querer Ausführungsgänge, jene am drittletzten, diese am letzten Brustringe aus. Das Männchen ist leicht an den dichter 576 Entwicklung. Nebalidae. Arthrostraca. gehäuften Spürhaaren der Vorderfühler, sowie an der sehr beträchtlichen Ver- längerung der hintern Antennen kenntlich. Das W^eibchen trägt die abgelegten grossen Eier zwischen den phyllopodenähnlichen Brustbeinen wie in einem Brutraum bis zum Ausschlüpfen der Jungen mit sich. Die Embryonal entwicklung wird durch eine partielle Dotterfurchung ein- geleitet und bietet in ihrem Verlaufe vielfachen Anschluss an die der Mysideen. Die ausschlüpfenden Jungen sind bis auf die noch rudimentäre Schale und die geringere Gliederung ihrer Extremitäten dem ausgebildeten Thiere ähnlich. Die Nebalien leben durchaus im Meere, einzelne in weiter Verbreitung, andere im hohen Norden , wieder andere in bedeutender Tiefe. Die Nahrung scheint lediglich aus thierischen Substanzen zu bestehen. Wie weit die Verwandtschaft zu den fossilen paläozoischen Gattungen Ilymenocaris, Peltocaris, Ceriatocaris , Dictyocaris etc. begründet ist, werden erst spätere auf vollständiger erhaltenes Material gestützte Untersuchungen fest- stellen können. 1. Fam. Nebalidae. Körper seitlich compriuiirt, mit zweiklappiger Schale und beweglicher Rostralplatte. Abdomen aus 8 Segmeuten und 2 langen Furcalästen ge- bildet. Vorderes Maxillenpaar mit beinartig verlängertem Taster. Nebalia Leach. Aussenast der Brustbeine wie der grosse Kiemenanhang breit lamellös. Furcaläste am Rand mit Borsten besetzt. N. bijjes Fabr. , Grönland {N. Herbstii Leach.). N. Geoffroyi M. Edw. , Adria und Mittelmeer. N. typhlops G. 0. Sars. Augen reducirt, pigmentlos. In bedeutender Tiefe. Lofoten. Paranebalia Cls. Aussenast der Brustbeine schmal und beinförmig gestreckt. Kiemenanhang klein und reducirt. Furcaläste am Ende pinselförmig mit Borsten be- setzt. P. longipes W. Suhm., Bermuda-Inseln. 2. Arthrostraca^), Riugelkrebse. Malakostraken mit sessilen Seitenaugen , mit meist sieben, seltener sechs oder weniger gesonderten Brustsegmenten und ebensoviel Beinpaaren, ohne ausgepräg ten Schalenpanzer. Der Kopf trägt vier Antennen und die beiden Mandibeln, ferner vier Maxillen- und ein Maxillarfuss- oder Beikieferpaar, also im Ganzen sechs Glied- massenpaare. Hält man an der ursprünglichen Bedeutung dieses Maxillar- fusses als Beinpaar des Mittelleibes oder Thorax fest, so wird sich die Noth- wendigkeit ergeben, den Kopf in Folge von Aufnahme des vorderen Brust- segmentes als Kopfbruststück zu bezeichnen. Indessen kann man auch als Grenze des Kopfes eine kleine als Unterlippe bezeichnete zweilappige Platte hinter dem Mandibelpaare betrachten, und zwar mit vollem Rechte, sofern es sich um die Abgrenzung des primären Kopfes handelt. Diesem gegen- über würden auch die beiden Maxillenpaare wie die Kieferfüsse vom Mittel- leibe entlehnte secundäre Kopfgliedmassen sein. 1) Ausser den Werken von Latreille, M. Edwards, Dana u. a. vergl. C. Spence Bäte and J. 0. Westwood, A History of the British sessile-eyed crustacea. Tom. I nnd IL London. 1863—1868. G. 0. Sars, Histoire naturelle des Crustacea d'eau de Norvege. Christiania. 1867. Nervensystem. Darmcaiial. Geschlechtsorgane. 577 Es folgen sodann in der Regel sieben freie Brustringe mit ebensoviel zum Krieclien oder Schwimmen dienenden Beinpaaren. Ausnahmsweise ist die Zahl der gesonderten Brustsegmente auf sechs {Tanais) oder fünf {Ancens) beschränkt. Dann ist auch das zweite, beziehungsweise dritte der acht Brust- segmente mit dem Kopfbruststück in nähere Verbindung getreten, hii letztern Falle bildet sich auch ein mehr oder minder umfangreiches Kopf brustschild aus, durch welches eine Annäherung an die Form der Schalenkrebse hervorgerufen wird. Das auf die Brust folgende Abdomen umfasst in der Regel sechs Bein- tragende Segmente und eine Gliedmassen-lose, das Endsegment repräsentirende, einfache oder gespaltene Platte. Indessen kann sich die Zahl der Abdominal- segmente und Beinpaare reduciren (Isopoden), es kann sogar das ganze Ab- domen ein ungegliederter stummeiförmiger Anhang werden {Lacmodipoden). Das Nervensystem enthält ausser dem Gehirn zahlreiche Ganglienpaare der Bauchkette mit deutlicher Duplicität der Stämme und ausgeprägter Son- derung der Ganglien. Auch ist bei den Isopoden ein unpaarer Eingeweidenerv nachgewiesen worden. Die beiden Augen sind in der Regel zusammengesetzte Augen mit glatter oder facettirter Hornhaut und gehören der Kopffläche selbst an, rücken jedoch in einzelnen Fällen in kurze stilförmige Erhebungen (Tanais). hidessen gibt es zahlreiche Fälle von vollständiger Abwesenheit der Augen. Sehr verbreitet finden sich an den vordem Antennen zarte Riechfäden, besonders zahlreich im männlichen Geschlecht. Am Verdaumigscanal findet sich ein kurzer nach aufwärts steigender Oesophagus und ein weiter durch feste Hornleisten gestützter, sowie oft mit kräftigen Ghitinplatten bewaffneter Vormayen, auf welchen ein längerer mit 2 bis 3 Paaren schlauchförmiger Leberdrüsen versehener Magendarm folgt. Der Enddarm, welcher ein oder zwei, wahrscheinlich als Harnorgane fungirende Anhangsschläuche besitzen kann, mündet am hintern Körperende aus. Die Antennendrüse, welche bei den Amphipoden im Grundgliede der hintern An- tennen oft auf einem zapfenförmigen Vorsprung ausmündet, scheidet möglicher- weise eine dem Harn entsprechende Flüssigkeit aus. Ueberall tritt als Gentral- organ des Kreislaufes ein Herz auf, welches entweder röhrenartig verlängert durch die Länge der Brust verläuft (Amphipoda) , oder nach dem Hinterleibe gerückt, sackförmig verkürzt sein kann [Isopoda). Im erstem Falle liegen die Kiemen als schlauchförmige Anhänge an den Brustfüssen, im letztem dagegen an den Füssen des Hinterleibes. Aus dem Herzen strömt das Blut durch eine vordere und hintere Aorta, sowie durch seitliche Arterien aus. Die Gefässe führen das Blut in die Leibeshöhle, von wo es in regelmässigen Strömungen nach dem Herzen zurückkehrt und in seitliche Spaltenpaare desselben einfliesst. Die Männchen unterscheiden sich häufig von den Weibchen durch Um- formung bestimmter Gliedmassentheile zu Klammerorganen, durch eine an- sehnlichere Entwicklung der Geruchsfäden an den vordem Antennen , auch wohl durch die Lage der Geschlechts- und Begatlungsorgane. Seltener kommt es zu einem ausgeprägten Dimorphismus {Bopyrus, Franiza). Die Geschlechts- organe münden an der hintern Partie der Brust oder an der Basis des Ab- domens, und zwar die weiblichen überall am drittletzten, die männlichen am Claus, Zoologie. 4. Auflage. 37 578 1. Ordnung. Amphipoda. letzten Beinpaare der Brust, oder zwischen dem ersten des Hinterleibes {Iso- poden). Die Ovarien sind zwei einfache oder verästelte Schläuche mit eben- soviel Oviducten. Aehnlich erscheinen die Hoden aus einem {Amphipoden) oder drei Paaren von Schläuchen (Isopoden) zusammengesetzt, deren Samenleiter entweder getrennt bleiben, oder sich zur Bildung eines Begattungsorganes ver- einigen, zu welchem noch Anhänge von Gliedmassen als Hülfsorgane der Gopulation hinzutreten können. Die reifen Eier werden von den Weibchen in der Regel in Bruträuinen umhergetragen, zu deren Bildung sich lamellöse Anhänge der Brustfüsse zusammenlegen. Die Entwicklung erfolgt meist ohne Metamorphose, indessen weichen nicht selten Körperform und Gliedmassen der jugendlichen Thiere vom ausgebildeten Zustand ab {Phronima), es können sogar Körpersegmente und Gliedmassen nach der Geburt noch unvollzählig sein {Isopoden). Fossile Ringelkrebse finden sich im Oolith {Archaeoniscus). Prosoponiscus ist permisch, Amphipeltis devonisch. 1. Ordnung. Amphipoda^), F'lohkrebse. RmyeUcrehse mit seitlich comprimirtem Leih und sieben {seltener sechs) freien Thoracalsegmenten, mit Kiemen an den Brustfüssen und lanyyestr echtem {ausnahmsweise rudimentärem) Abdomen, dessen drei vordere Seymentc eben- soviel Schwimmfusspaare tragen, ivährend die drei hintern mit ebensoviel Paaren nach hinten gerichteter sog. Springfüsse besetzt sind. Die Amphipoden sind kleine, nur selten mehrere Zoll lange {Lysianassa mayellanica) Malakostraken , welche sich im Wasser vorwiegend schwimmend und springend fortbewegen. Der bald kleine {Crevettinen) , bald umfangreiche und dann stark aufgetriebene {Hyperinen) Kopf ist vom Thorax scharf abgesetzt und nur in der aberranten Gruppe der Laemodipoden mit dem ersten Brust- segment verschmolzen. Beide Antennenpaare bestehen meist aus einem stämmigem kürzern Schaft und einer langen vielgliedrigen Geissei , die aber mehr oder minder ver- kümmern kann. Die vordem beim Männchen wohl durchweg längern Fühler tragen nicht selten eine kurze Nebengeissel und bieten in ihrer besondern Gestaltung eine reiche Mannichfaltigkeit. Bei den Hyperinen sind sie im weib- lichen Geschlecht sehr kurz, im männlichen dagegen von ansehnlicher Länge und mit einer grossen Zahl von Spürhaaren besetzt. Die hintern Antennen sind häufig länger als die vordem, bei den männlichen Typhiden zickzackförmig 1) Ausser den altern Werken von De Geer, Rösel, M. Edwards etc. vergl. C. Spenee Rate, On the Morphology of some Amphipoda of the Division Hyperina. Ann. of nat. bist. 2 Ser. vol. 19. 1857. Derselbe, On the nidification of Crustacea. Ann. of nat. bist. 3 Ser. vol. 1. Derselbe, Catalogue of the specimens of Aiiipbipodous Crustacea in the coUection of the British Museum. London. 1862. R. Bruzelius, Bei- trag zur Kenntniss des innern Baues der Amphipoden. Archiv für Naturg. Tom. XXV. 18.59. De La Valette, Studien über die Entwicklung der Amphipoden. Halle. 1860. E. Van Beneden et Em. Bessels, Memoire sur la formation du Blastoderme chez les Amphipodes etc. Bruxelles. 1868. C. Claus, Der Organismus der Phroniraiden. Arbeiten aus dem zool. Institut der Universität Wien. Tom. II. 1879. Muiulwerkzeuge. Boinpaare. 579 zusamiiiengeloot und bei den Corophiideu txi starken beinähnlich verlängerten Extremitäten nmgebildet. Dagegen können sie beim Weibchen bis auf das Grundglied rückgebildet sein {Phronima). Von den Mundwerkzeugen sind die Mandibeln kräftige Kauplatten mit scharfem meist gezahnten Kaurand und unterm Kaufortsatz, meist mit drei- gliedrigem, zuweilen jedoch verkümmertem Taster. Ebenso tragen die vordem zweilappigen Maxillen in der Regel einen kurzen zweigliedrigen Taster, während sich die Maxillen des zweiten Paares auf zwei ansehnliche einer gemeinschaft- lichen Basis aufsitzende Laden beschränken. Die Kieferfüsse verschmelzen zu einer Art Unterlippe, die entweder dreilappig ist {Hyperinen) oder auf gemein- samem Basalabschnitt ein inneres und äusseres Ladenpaar trägt, von denen das letztere als Grundglied eines mehrglledrigen , häufig beinförniigen Tasters aufgefasst werden kann {Crevettinen und Luemodipoden). Die sieben Beinpaare der Brust besitzen gewöhnlich 6 Glieder, von denen das letzte oder Metacarpalglied mit einer beweglichen Klaue oder Greiffmger {Dariylus) endet, der freilich auch als besonderes Glied betrachtet werden kann. Das Basalglied {Coxa), zuweilen in die Oberfläche des Segmentes mit eingezogen und datier nicht als Glied abgesetzt {Phronima), verbreitert sich an der Aussen- seite meist zu einer sehr ansehnlichen Platte , der Epimeral- oder Co.ra/platte, die bei den Crevettinen vornehmlich an den vier vordem Beinpaaren einen ausserordentlichen Umfang erreicht. Dasselbe ist — mit Ausnahme des vor- dem Beinpaarcs — Träger einer schlaucliförmigen selten verästelten Kieme {Phrosina, Anchylotnera u. a. G.), neben welcher an den mittlem Beinpaaren wenigstens des Weibchens zugleich eine borstenrandige zur Bildung des Brut- raums dienende Lamelle entspringt. Auf die Goxa folgt ein kräftiges oft lang- gestrecktes Schenkelglied (Oberschenkel, Femur), dann ein kurzes knieförmiges Verbindungsstück (genu) mit dem vierten Glied (Schienbein, Tibia), endlich der je nach der Beurtheilung der Endklaue zwei- oder dreigliedrige Hand- oder Fussabschnitt , dessen Glieder als Car^^it.s (Tarsus), Metacarpus (Metatarsus) und Dactylus zu unterscheiden sein würden. Die besondere Gestaltung der Beine, das Grössenverhältniss derselben und die Form ihrer Bewaffnung wechselt ungemein und liefert vortreffliche Gattungs- und Artmerkmale, zeigt aber auch in beiden Geschlechtern mancherlei Diflerenzen. Gewöhnlich enden die beiden vordem Beinpaare mit Greif bänden, indem das Metacarpalglied eine Platte bildet, nach deren bandförmig verbreiterter hinenseite die bewegliche Endklaue bewegt wird. In andern Fällen bietet dasselbe durcii den Besitz eines un- beweglichen Fortsatzes die Gestalt einer Scheere , indessen kann auch das vor- ausgehende Glied der Garpus diesen Fortsatz bilden {Leucothoe) , sodass der bewegliche Ast der Scheere zweigliedrig ist. Gang allgemein zeigen die drei hintern Beinpaare der Brust eine andere und zwar entgegengesetzte Winkel- stellung ihrer Abschnitte als die vier vordem Paare, indem die Kniebeuge nicht wie bei diesen nach vorn und die Hand- oder Fussbeuge nach hinten geöffnet ist, sondern beide eine umgekehrte Stellung haben. Meist erscheinen diese Beinpaare untereinander gleichförmig gebaut, in manchen Fällen freilich sind das fünfte (Phronima) und sechste Paar und ebenso die mittleren Beinpaare zu mächtigen Greiforganen umgestaltet {Phrosina). 37* 580 Amphipoden. Bau des Abdomens. Nervensystem. Sinnesorgane. Darmcanal. Das meist Ggliedrige Abdomen, welches nur bei den Laemoäipnden bis auf einen warzenförmigen Höcker verkümmert, zerfällt in zwei nach Lage und Gestalt der Abdominalfüsse differente Regionen, Die vordere gewöhnlich durch die Grösse ihrer Segmente ausgezeichnete Region besitzt drei Paare grosser nach vorn gerichteter Schwinmifüsse, deren Basalabschnitt zwei lange und viel- gliedrige mit Schwimmborsten besetzte Aeste trägt. Diese Gliedmassen haben auch für die Re.spiration eine grosse Bedeutung, indem sie einen lebhaften Wasserstrom nach den Kiemen unterhalten. Die drei hintern Segmente sind weit küraer und zuweilen untereinander verschmolzen. Ihre meist zweiästigen Beinpaare (Uropoden) sind nach hinten gewendet, und in der Regel stilförmig, seltener mehr lamellös gestaltet. Die Schwanzplatte endlich, mit der das Abdomen abschliesst, erscheint als ein schuppenförmiger, zuweilen jedoch furca-ähnlich gespaltener Anhang. Das Nervensystem besteht aus einem mehrlappigen Gehirn und aus zahl- reichen, höchstens 13 {Gamtnarus) Ganglienpaaren der Bauchkette. Bei Gam- marus liegen die zwei vordem Ganglien im Kopf zusammengedrängt und versorgen die Mund Werkzeuge, die sieben nachfolgenden in den sieben Brust- segmenlen und die vier hintern im Abdomen, so dass das letztere grössere die drei Endsegmente nebst der Schwanzplatte versorgt. Bei Phronima folgen auf das untere Schlundganglion, welches auch zu den beiden vordem Beinpaaren (Gnathopoden) Nerven sendet, noch 5 Brustganglien, von denen die beiden letzten sehr nahe zusammengerückt, im 5ten und 6ten Brustsegment liegen. Das Abdomen enthält ebenfalls nur in den 3 vordem Segmenten gesonderte Ganglien, indem die Ganglien seiner drei letzten Segmente zu einem kurzen, dem dritten unmittelbar folgenden Ganglion verschmolzen sind. Von den Sinnesorganen fallen die zusammengesetzten Augen auf, die zwar überall sessil bleiben, bei den Hyperinen aber eine ausserordentliche Grösse erlangen und in zwei gesonderte Paare, zuweilen selbst mit verschieden ge- färbtem Pigmentkörper {Anchylomera purpurea, roth und grün) zerfallen. In der Regel erscheint das Pigment auf den hintern Augentheil, auf die Region der Nervenstäbe, reducirt, so dass man die von denselben scharf abgegrenzten, oft sehr gestreckten Krystallkegel in ihrer ganzen Länge verfolgen kann. Der Darmcanal beginnt mit einem engen schräg aufsteigenden Oesophagus, dem sich der mächtig entwickelte Ghylusdarm anschliesst. Zwischen beiden liegt ein bei den Hyperinen ansehnlich erweiterter Vormagen, welcher gezahnte Ghitinleisten einschliesst und in den erweiterten Anfangstheil des Ghylusdarms hineinragt, in welchen zwei Paare kürzerer oder längerer Leberschläuche ein- münden. Der Enddarm beginnt oft schon im vierten Abdominalsegment und bildet hier an der Dorsalseite zuweilen zwei kleinere wahrscheinlich als Mal- pighische Drüsen zu deutende Schläuche. Von besonderen Secretionsorganen sind ausser der allgemeinen verbreiteten schlauchförmigen Drüse, welche auf einem Zapfen am Grundglied der zweiten Antenne ausmündet, einzellige oder rosetten- förmig gruppirte Drüsen in den Beinen und Kiefern {Phronima) hervorzuheben. Letztere erscheinen in Verbindung mit dem Secret der Speicheldrüsen für die Verdauung der aufgenommenen Nahrung von Bedeutung. Herz. Geschlechtsorgane. Entwicklung. Lebensweise. 581 Ueberall findet sich im Thorax ein langes schlauchförmiges Herz mit drei (seltener nur zwei) seitlichen Spaltpaaren im 2ten, 3ten und 4ten Brustsegment. An den Enden des Herzens entspringen eine vordere und eine hintere Aorta, von denen die letztere sehr lang ist und durch das ganze Abdomen verläuft. Auch treten in zahlreichen Fällen {Hij per inen) noch zwei oder drei Paare seit- licher Arterien auf. Als Kiemen fungiren zarthäutige Blätter oder Schläuche, welche an dem Goxalgliede der Brustfüsse angeheftet, durch lebhafte Bewegungen der Schwimmfüsse des Abdomens beständig neue Wassermengen empfangen. Bei den Vhronimiden und Laemodipoden ist die Zahl derselben eine beschränktere. Das aus den Oeffnungen der Arterien ausgetretene Blut bewegt sich inner- halb bestimmter, durch bindegewebige Septen abgegrenzter Bahnen der Leibes- höhle. Die Geschlechtsorgane liegen im Thorax zu den Seiten des Darmes. Die- selben bestehen beim Weibchen aus zwei mehr oder minder cylindrischen Ovarialschläuchen und ebensoviel wohl häufig mit Samontaschen verbundenen Ovidukten, welche sich jederseits am fünften Beinpaare der Brust (Innenseite der Epimeralplatte) nach aussen öffnen. Die Hoden, von gleicher Lage als die Ovarien, sind zwei enge cylindrische Röhren, deren unterer Abschnitt als Ausfülirangsgang fungirt und meist auf einer Erhebung an der Bauchseite des siebten Brustsegmentes ausmündet. Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen nicht nur durcli den Mangel der zur Bildung des Brutraums in Verwendung kommenden Brutblättern , sondern meist durch stärkere Ausbil- dung der Greif- und Klammerhaken an den vordem Brustfüssen, sowie durch abweichende Antennenbildung. Die Eier gegangen nach der Befruchtung in die von den Blättern der Thoracalbeine gebildete Bruttasche und entwickeln sich hier unter dem Schutze des mütterlichen Körpers. Bald erleidet der Dotter [Gummarus locusta und andere marine Arten) eine totale Furchung, bald {G. piilex) sondert sich nach voraus- gegangener superficialer Furchung als Blastoderm eine peripherische Zellenlage, mit deren weiterer Fortbildung sich unterhalb der Eihaut eine zarte Membran als Blastodermhaut abhebt. Es bildet sich sodann ein bauchständiger Primitiv- streifen und an der Rückenseite unterhalb einer irrthümlich als Mikropyle aufgefassten Differenzirung ein eigenthümliches kugelförmiges Organ, die Anlage der auf das Embryonalleben beschränkten Nackendrüse. Während die Gliedmassenpaare in fortschreitender Reihe hervorsprossen, erscheint der Embryonalleib nach der Bauchseite umgeschlagen. Die aus den EihüUen aus- schlü[*fenden Jungen besitzen in der Regel bereits sämmtliche Gliedmassen- paare und im Wesentlichen die Gestaltung des ausgebildeten Thieres, während die Gliederzahl der Antennen und die besondere Form der Beinpaare noch Abweichungen bietet. Nur bei den Hyperinen können die Abdominalfüsse noch fehlen und die Abweichungen des jugendlichen Leibes so bedeutend sein, dass man denselben eine Metamorphose zuschreibt. Die Amphipoden leben grossentheils frei im süssen und salzigen Wasser (höchst interessant ist das Vorkonunen artischer Arten in den Seen Schwedens und Norwegens), einige indessen sind Röhrenbewohner {Cerapus), andere halten sich in Gängen zernagten Holzes (Chelura) auf. Von besonderm Interesse ist 582 1. Unterordnung. Laemodipoda. die bedeutende Grösse der Tiefseebewohner, welche wie eine der Gattung Iphiinedia nahestehende Gammaride und Cystosoma Neptuni (Hypcride) einige Zoll lang werden. Die Ili/perinen halten sich vornehmlich in den glashellen Seethieren, insbesondere Quallen auf und können selbst wie die weibliche Fhronima sedenturiu mit ihrer gesammten Brut in glashellen Tönnchen , aus- gefressenen Pyrosomen, Wohnung nehmen. Die Gyamiden unter den Laemo- dipoden sind Parasiten an der Haut von Walltischen. Als Schmarotzer der Gammariden sind die Jugendzusfände der Echino- rhynchen hervorzuheben, ferner ein sehr merkwürdiger an einer Ainphilhor (?) beobachteter Copepode {SphucroneUa Leachurti) '). Sehr häutig finden sich aber am Integument derselben Infusorien besonders aus der Vorticellinengruppe sowie Rotiferen befestigt. I.Unterordnung. Laemodipoda')) Kehlfüssler. Amphipoden mit lehlständigem vordem Beiitjxmr und slainnielf'örni'ujem Abdomen. Das vordere Thoracalsegment ist mit dem Kopf mehr oder minder innig verschmolzen, sodass das erste Beinpaar gewissermassen an die Kehle geri^ickt erscheint. Die Kieferfüssc sind zu einer viertheiligen Unterlippe mit langen Tastern umgebildet. Die Kiemenschläuche bleiben meist auf das dritte und vierte Brustsegment reducirt , dessen Beine oft verkümmern oder ganz ausfallen. Die Füsse enden mit Klanmierhaken. Das Abdomen ist klein , zu einem kurzen meist gliedmassenlosen Höcker verkünmiert. Die innere Organisation schliesst sich der von Gummarus eng an. Die Ganglienkette freilich ist durch den Ausfall des abdominalen Abschnitts reducirt. Von den 7 Brustganglien liegt das vordere dem untern Schlundganglion un- mittelbar an, während das 6te und 7te am Ende des vorletzten Brnstsegmentes zusammengerückt sind. Auch die Geschlechtsorgane verhalten sich wie die der Crevettinen , doch münden die Samenleiter des einfachen Hodenpaares, nachdem sie in ihrem Verlaufe eine (von Do hrn) irrthümlich als zweites Hoden- paar gedeutete Samenblase gebildet haben, auf zwei gekrümmte Gü[)ulations- organen an der Basis des Abdomens aus. Am weibiiclieii Körper soll oberhalb jeder Geschlechtsöffnung eine integumentale Tasclie '^) als Rcceptaculum dienen. 1. Farn. Caprellidae. Körper linear gestreckt. Leiten an llydroiden und Bryozoen- stöckchen, von denen sie sich ernähren. 1) Vergl. Salen.sky, Sphaerouella Leuckarti, ein neuer Schmarotzerkrebs. Archiv für Naturgeschichte. Tom. XXIX. 1868. Dieser parasitische t'opepode befestigt seine Eiersäckeben an die Epimeralplatten der Wirthe. 2) Ausser Spence Bäte und Westwood 1. c. vergl. Koussel de Vauzeme, Annales des scienc. nat. 1834. Chr. Fr. Lütken, Bidrag til kund.skab oui Arterne af Slaegten Cyanius Latr. etc. Kjobenhavn. 1873. Frey und Leuckart, Beiträge zur Kenntniss vk'irbelloser Thiere. Braunschviroig. 1847. A. Do hrn, Zur Naturgeschichte der Caprellen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XVI. 1800. Xxe\ Boeck, Crustacea aun>hi- poda borealia et arctica. Vidensk. Selsk. Forhiindlinger for 1870. 3) Alois Gamroth, Beitrag zur Kenntniss der Naturgeschichte der Caprellen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXXI. 1878. 2. Uuterordimug. Crevettina. 583 Proto Leach. Mandibeln tastertragend. Säniintliche Brustringe mit wohl ent- wickelten Klammerbeinen, von denen die vordem mit Greifliänden enden. Pr. pedata Abidg. , Nördliche Meere und Mittelmeer. Pr. elongata Dana, Amerika. Bei Protella Dana sind das dritte und vierte Beinpaar sehr klein. Mandibeltaster vorhanden. Pr. phasma Mont. , Küsten von England und Scandinavien , sowie im Mittelmeer. Caprella Lam. Mandibeln tasterlos. Drittes und viertes Beinpaar fällt bis auf die Kiemenschläuche ganz aus. Ein oder zwei Paar rudimentäre Abdominalfüsse können vorhanden sein. C. linearis L., C. lobata 0. Fr. Müll. Beide an den Europäischen Küsten sehr verbreitet. C. aequilibra Sp. B., Adria und Mittelmeer. Bei Aegina Kr. tragen die Mandibeln Taster, ebenso bei Cercops Kr. Bei Podalirius Kr. fehlt auch das fünfte Beinpiiar. 2. Fam. Cyamidae. Kör^jer breit und flach mit ganz rudimentärem Abdomen. Vordere Antennen dick, weniggliedrig, hintere Antennen .sehr klein. Leben parasitisch an der Haut der Cetaceen. Cyamus Lam. Püuf Paare von Klammerbeinen am Thorax. Drittes und viertes Brustsegment mit zwei langen Kiemenschläuchen ohne Beine. C. Ceti L. u. a. A. 2. Unterordnimg. Crevettina *). Amphipoden mit kleinem Kopf , ivenig umfangreichen Augen und viel- gliedrigen heinförmigen Kief erfassen. Beide Antennenpaare sind lang und vielgliedrig, beim Männchen um- fangreicher als im weiblichen Geschlecht. Gewöhnlich sind wie bei Gammarus die obern oder vordem Antennen die längern und tragen auf dem mehr- gliedrigen Schaft neben der Hauptgeissel eine kleine Nebengeissel. Indessen kann auch der umgekehrte Fall eintreten, wie bei Coroph'mm, deren hintere Antennen beinartig verlängert sind. Ueberaus mannichfach gestalten sich die Guticularanhänge der Antennen, indem sich ausser den einfachen in ein blasses Ende auslaufenden Borsten noch Fiederborsten, sowie cylindrische Riechzapfen ^) und eigenthümliche blasige Anhänge finden. Die Kieferfüsse sind überall an ihrer Basis verwachsen und bilden eine grosse Unterlippe meist mit 4 Laden und 2 gegliederten beinähnlichen Tastern. Die Coxalglieder der Brustbeine gestalten sich zu breiten umfangreichen Epimeralplatten. Das Abdomen ist stets vollzählig gegliedert. Die drei hintern Gliedmassenpaare desselben (üropoden) sind wohl entwickelt und oft stark verlängert. Leben vornehmlich in den kältern Meeren. 1. Fam. Dalichiidae. Körper linear, mit sehr langgestrecktem Ggliedrigen Thorax, dessen zwei letzte Segmente verschmolzen sind, mit ogliedrigera nach der Bauchseite umgeschlagenem Abdomen, ohne hinteres Uropodenpaar. 1) Vergl. ausser den altern Werken von Latreille, M. Edwards, Spence Bäte: H. Kröyer, Grönlands Amphipoder beskraevne. Kon. Dansko Selsk. Naturvid. Afhandlgr. D. VL 183t). Derselbe, Nue nordiske Slaegter og Artes af Amfipodernes Ordn. etc. Naturh. Tidsskrift. Tom. IV. 184:-5. Ach. Costa, Ricerche sui Crostacei Amfipodi del regno di Napoli. Mem. della R. Acad. de Sc. di Napoli. Vol. L 1857. W. Lilljeborg, On the Lysianassa magellanicix M. Edw. and on the crustacea of the suborder Amphi- poda etc. Transact. of the scient. Soc. at Upsala. 1865. A. Goes, Crustacea amphipoda maris Spitzbergiam alluentis etc. Oef. Vet. Ak. Förh. 1865. C. Heller, Beiträge zur Kenntniss der Amphi])oden des adriatischen Meeres. Wien. Denkschr. Tom. XXVI. Wien. 1866. E. Grube, Amphipodenfauna Istriens. Archiv für Naturg. 1866. 2) F. Leydig, Ueber Amphipoden und Isopoden. ^itschr. für wissensch. Zool. Tom. XXX. Supplementb. 1878. 584 Cheluridae. Corophiidae. Orchestiidae. Dulichia Kr. Antennen sehr lang, mehr oder minder beinförmig. Die beiden vordem Beinpaare mit Greifhand. Coxalplatten wenig entwickelt. Die drei hintern Beinpaare zum Anklammern eingerichtet. D. porrecta Sp. Bäte, Britische Küste. D. spinosissima Kr., Island. 2. Fam. Clieluridae. Körper ziemlich cylindrisch, die drei hintern Segmente des Abdomens verschmolzen, mit sehr ungleich gestalteten Uropoden. Chelura Phil. Vordere Antennen kurz mit Nebenast. Untere Antenne sehr stark mit lamellösem Geisselgliede. Die beiden vordem Beinpaare scheerenförmig. uropoden 2ästig, eigenthümlich umgestaltet, die des dritten Paares einfach. Ch- terebrans Phil. Zernagt mit Limnoria lignorum Bretter und Pfahlwerk der See. Nordsee und Mittelmeer. 3. Fam. Corophiidae. Körper seitlich nicht comprimirt. Untere Antennen mehr oder minder beinförmig gestaltet. Coxalglieder der Beine häufig sehr klein. Bewegen sich mehr schreitend. 1. Subf. Corophiinae. Untere Antennen beinförmig und viel kräftiger als die obern. Coxalplatten klein. Letztes Uropodenpaar ohne Hakendornen. Cyrtophium Dana. Kopf ziemlich viereckig, mit vorragenden Augen. Die beiden vordem Beinpaare mit Greifhand. Letztes Uropodenpaar rudimentär. C. Darwinii Sp. Bäte. Corophium Latr. Augen klein. Vordere Antennen enden mit vielglied rigor Geissei. Untere Antennen sehr dick. Nur das vordere Beinpaar mit Greifhand. Uropoden ein- ästig. C. longicorne Fabr. , Küsten der Nordsee , gräbt sich Gänge im Schlamm. C. Bonelli Edw. C. crassicorne Bruz. , Scandinavien. 2. Subf. Fodocerinae. Untere Antenne meist stark, aber nur wenig länger als die obere. Letztes Uropodenpaar mit hakenähnlichen Dornen bewafthet. Cerapus Say. {Erichthonius Edw.). Körper mehr cylindrisch, langgestreckt. Coxal- platten niedrig aber breit. Vordere Antennen oft mit kleinem Nebenast. Erstes und zweites Beinpaar mit Greifhand. Letztes Ui-opodenpaar einästig. C. difformis Edw. C. tubularis Say, Nord-Amerika, in häutigen Röhren lebend. Podocerus Leach. {Üera- tophium Dana). Die vordem Fühler mit sehr kleinem Nebenast. Untere Antennen mit sehr kräftigem und langem Schaft, dagegen kurzer häkchentragender Geissei. Zweites Beinpaar mit sehr kräftiger Greifhand. Coxalplatte des dritten und vierten Beinpaares besonders umfiingreich. P. variegatus Leach., Küste von England. Ampliithoc Leach. Antennen ziemlich gleichlang, die vordem meist ohne Nebenast. Coxalplatte des fünften Beinpaares mit umfangreicher Vorderhälfte. Zweites Beinpaar länger und stärker als das erste, beide vnit Greifhand endend. Letztes Uropodenpaar 2ästig, mit Hakendornen am Aussenast. A. rubricata Mont. , A. littorina Sp. Bäte := A. podoceroidca Rathke, Engl. Küse. 4. Fam. Orchestiidae. Vordere Antennen meist kurz, stets ohne Nebenast. Untere Antennen mit langer vielgliedriger Geissei. Mandibeln und Maxillen des ersten Paares meist ohne Taster. Hinteres Uropodenpaar einästig imd kürzer als die voi-ausgehenden Paare. Leben am Strande, besonders am sandigen Meeresufer und bewegen sich springend. Einzelne Arten leben auch an feuchten Plätzen auf dem Lande. Talitrus Latr. Vordere Antennen rudimentär. Kieferfüsse ohne Fingerglied. Erstes Gnathopodenpaar einfach, ohne Greif band. In beiden Geschlechtern endet das zweite Gnathopodenpaar mit nur schwachem Fingerglied. Coxalglied des fünften Beinpaares in zwei gleiche Lappen getheilt. Die hintern Fühler und vordem Beine des Männchens stärker entwickelt. T. saltator Mont. = T. locusta Latr. Am sandigen Meeresufer Europas, ürchestia Leach. Die Gnathopodenpaare enden mit Greif- hand, die im männlichen Geschlecht am zweiten Gnathojioden paare gross und kräftig ist. O. Uttorea Mont., Nordsee. 0. mediterranea Costa. Allorchesten Dana {Ilgale R;ithke). Vordere Antenne länger als der Schaft der hintern. Kieferfüsse mit Endklaue, die beiden vordem Beinpaare mit Greifhand. A. Nilsonii Rathke, Norwegen. Bei Nicaea Nicol. sind beide Antennenpaare ziemlich gleich lang. N. Lubocklana Sp. Bäte. Gammaridae. 585 5. Fani. G-ammaridae. Vordere Antenne oft mit Nebenast, stets länger als der Schaft der hintern. Mandibeln unvi vordere Maxillen fast «tets mit Taster. Die Coxal- platten der vier vordem Beinpaare stark verbreitert. Die hintern Uropoden meist 2ästig, so lang oder länger als die vorausgehenden Paare. Bewegen sich mehr schwim- mend als springend. 1. Subf. Atylinae. Vordere Antennen ohne Nebenast. Die Lamellen der Maxillar- füsse wohl entwickelt. Atylus Leach. (P/ierMsa Leach.). Kieferfusstaster 3- -4gliedrig. Die beiden Gnatho- poden mit (xreifhand. A. Stvammerdammi Edw., A. bicuspis Kr., Grönland. Bei Dexamine Leach. fehlt der Mandibulartaster. D. spinosa Mont. Andere Gattungen sind: Calliope Leach, Paramphithoe Bvxxiz., Iphimedia Ui\.thke, Odms Lillj. (Oiws Sp. Bäte), Laphyatius Kr. In eine besondere ünterfamilie hat Lilljeborg die durch den Besitz von zwei oder vier einfachen Punktaugen ausgezeichneten Gattungen Haploops Lillj. und Am- pelisca Kr. gestellt. 2. Subf. Oedicerinae. Vordere Antennen ohne Nebenast. Siebtes Beinpaar sehr stark verlängert, mit langen Endklauen. Oedicerus Kr. Die beiden Gnathopodenpaare mit beweglichen Endklauen. Kopf verlängert, vorn mit seitlichem Ausschnitt. Oed. parcimanus Sp. Bäte. Generisch kaum verschieden ist Westwoodilla Sp. Bäte. Monoeulodes Stimps. Carpalglied der zwei vordem Beinpaare in einen ansehnlichen Fortsatz ausgezogen, Endabschnitt eine Greifhand bildend. M. carinatus Sp. Bäte. 3. Subf. Leucothoinae. Vordere Antennen oft ohne Nebenast. Die Laden der Maxillarfüsse sehr klein. Leucothoe Leach. Letztes Beinpaar kaum länger als das vorhergehende. Antennen ziemlich gleich lang. Mandibulartaster klein. Vorderes Beinpaar mit beweglicher Klaue und unter Betheiligung des Carpal - Gliedes scheerenformig gebildet. L. articulosa Leach., England und Norwegen. Bei Stenothoe Dana fehlt der Mandibulartaster. 4. Subf. Phoxinae. Kopf langgestreckt und in einen langen die Basis der vor- dem Antennen bedeckenden Schnabel ausgezogen. Vordere Antennen mit Nebeuast. Phoxus Kr. Die beiden Gnathopodonpaare mit Greif band. Das zweite und dritte Glied der Maxillarfusstaster gestreckt. Schwanzplatte gespalten. Ph. siviplex Sp. Bäte. Ph. plumosus Kr. , Nördliche Meere. Urothoe Dana. Das zweite und dritte Glied der Maxillarfusstaster lamellös. Die breiten Aeste der hintern Caudalgriffel mit Fiederboi'sten reich besetzt, die der vorhergehenden fingerförmig. U. Bairdii Sp. Bäte. U. marinus Sp. Bäte. Tiron Lillj. Die beiden vordem Beinpaare ohne Greif hand. T. aeanthurus Lillj., in bedeutenden Meerestiefen Norwegens. 5. Subf. Gammarinae. Vordere Antennen mit Nebenast. Schaft der vordem Antennen schlank, von mittlerer Länge, die 2 letzten Ringe desselben langgestreckt. Gammaras ') Fabr. Antennen schlank, fadenförmig, die beiden Gnathopoden- paare enden mit beweglichen Klauen. Die drei hintei'n Leibessegmente am Hinter- rande mit kurzen Dornen besetzt. Schwanzplatte getheilt. G. neglectus Lillj., in Seen Scandinaviens. G. pulex L. Abdominalsegmente unbedornt, die Nebengeissel der vordem Antennen ist 2gliedrig, in fliessendem Wasser sehr verbreitet. G. fluviatilis Rös. Schwanzringe mit spitzen Domen, mehr in grossen Flüssen. G. inarhius Leach. G. lo- custa L. Letztere beide marin. Bei dem blinden Niphargus Schiödte fehlen die Krystall- kegel und das Augenpigment; der eine Ast der hintern Schwanzgrittel 2gliedrig. N. puteanus Koch., in tiefen Brunnen und Seen (Genfer See). Bei Pallasia Sp. Bäte ist die Schwanzplatte ungetheilt. P. cancelloides Gerstf. , Süsswasserform in Sibirien und Schweden. Bei Gammaracanthus Sp. Bäte ist zwischen den vordem Antennen ein langer 1) Vergl. Zenker, De Gammaris pulicis historia natural, et sanguinis circuitu. Jenae. 1832. De Rougemont, Naturgeschichte des Gammarus puteanus. München. 1875. A. Humbert, Le Niphargus puteanus. Lausanne. 1876. 586 3. Unterordnung. Hyperina. Schnabel. G. loricatus Sab., Arktisches Meer und in der als lacustris G. 0. Sars be- schriebenen Varietät in schwedischen Seen. Bei Gammarella Sp. Bäte ist das letzte Uropodenpaar einästig. Bei Melita Leach. ist das zweite Gnathopodenpaar sehr gross und mit kräftiger Gi-eifhand bewaffnet. M. palmnta Mont., Mittehneer und Nordsee. 6. Subf. Lysianassinae. Vordere Antennen ziemlich kurz , mit Nebenast und dickem Schaft, dessen 2 Glieder (2 und 3) sehr kurz sind. Hintere Antennen beim Männchen mit langer Geissei. Mandibeln mit scharfem glatten Kaurand. Li/sianassa Edw. Vorderes Gnathopodenpaar dicker und kürzer als das nach- folgende, mit Endklaue, aber ohne eigentliche Greifhand. Uropoden verlängert. Schwanz- platte klein und einfach. Molarhöcker der Mandibel sehr klein. L. Costae Edw., Mittel- nieer. L. atlantica Edw^. Bei Eurytenes Lillj. ist eine Greifhand am vordem Gnatho- podenpaar vorhanden. E. magellanicus Lillj. Anonyx Kr. Beide vordere Beinpiiare mit Greifhand. Mandibeln mit ziemlich grossen Molarhöckern. Schwanzplatte gespalten. A. longipes Sp. Bäte. A. ampulla Kr., Norwegen. Bei Callisoma A. Cost. ist das vor- dere Fusspaar nicht dicker, aber oft länger als das zweite und ohne oder mit ganz rudimentären Klauen. C. Kröyeri Bruz. , Norwegen. Verwandte Gattungen sind Opis Kr. Acidostoma Lillj. 7. Subf. Pontoporetnae. Von der vorhergehenden Unterfamilie vornehmlich durch den bezahnten Kaurand der Mandibel unterschieden. Batliyporeia Lindstr. Mandibulartaster Sgliedrig. Erstes Gnathopodenpaar mit Greifhand, zweites ohne Endklaue. Schwanzplatte gespalten. B. pilosa Lindstr., B. Robertsoni, Nordeuropäischc Küsten. Bei Pontoporeia Kr. endet das zweite Gnatho- podenpaar mit Greif hand. P. femorata Kr., Grönland. Nahe verwandt ist P. af Jinis Lindst. , Norwegen und Schweden. 3. Unterordnung. Hyperina ')• Amphipoden mit grossem, stark aufgetriebenem Kopf, umfangreichen, meist in Scheitel- und Wangenauge getheilten Augen und mit 3 lappigem als Unterlippe fungirenden Kiefer fusspaar. Die Antennen sind bald kurz und stummeiförmig, bald von ansehnlicher Grösse und beim Männchen in eine vielgliedrige Geissei verlängert {Hyperiden). Die hintern Antennen können im weiblichen Geschlecht bis auf das den Drüsen- schlauch umschliessende Basalglied ganz wegfallen {Fhroniina), beim Männchen dagegen zickzackförmig nach Art eines Meterslabes zusammengelegt sein {Pla- tyscelidac). Ein paariges Gehörbläschen kann oberhalb des Gehirns auftreten {Oxycephalus, Rhabdosoma). Die Kieferfüsse bilden eine kleine i2- oder Slappige Unterlippe. Die Beinpaare enden theilweise mit kräftiger Greif hand oder Scheere. Gaudalgriffel bald lamellös und flossenartig, bald stilförmig. Die Entwicklung erfolgt mittelst Metamorphose. Leben vornehmlich an Quallen und schwimmen behend. 1. Fam. Vibilidae. Körper ganmiaridenähnlich. Vorderantennen kurz, ange- schwollen. Kopf und Augen von massiger Grösse. Vihilia Edw. Endglied der ganz kurzen vorderen Antennen stark aufgetrieben, die beiden Gnathopodenpaare mit Greifklauen. Siebtes Paar verkürzt und schmächtig. V. Peronü Edw., Asiatische Meere. V. mediterranea Cls., in Salpen. 2. Fam. Hyperidae. Kopf kuglig, fast ganz von den Augen erfüllt. Beide Antennenpaare freiliegend mit mehrgliedrigem Schaft, beim Männchen mit langer Geissei. 1) Ausser M. Edwards, Dana, Spence Bäte 1. c. vergl. Guerin Meneville, Iconographie. C. Claus, Der Organismus der Phronimiden. Arbeiten aus dem zool. Institut der Universität Wien. Tom. IL 1879. Phronimidae. Platyscelidae. 587 Mandibel mit 3gliedrigera Taster. Fünftes Fusspaar dem sechsten und siebten meist gleichgebildet, mit klauenförmigem Endglied, üropoden meist mit zwei grossen lanzet- förmigen Aesten. Die ausschlüpfenden Jungen können noch der Hinter] eibsfüsse entbehren. Hyperia Latr. Beide Antennenpaare buiui Weibchen ziemlich kurz, bei Männchen {Lestrigonus Edw.) mit langer vielgliedriger Geissei. Die beiden Gnathopodenpaare schmächtig und mit schwacher Greifhand. Die drei hintern Beinpaare von gleicher Gestalt. Vorwiegend Bewohner kälterer Klimate. H. medusarum 0. Fr. Müll. {H. galba Mont. =. H. LatreilU Edw.), mit Lestrigonas exulans Kr. als Männchen , Nord-Meere. H. trigona Dana, Cap Hörn. Bei Tauria Dana fehlt die Greifeinrichtung des zweiten Beinpaares, während das siebte Beinpaar sehr klein wird. Das letztere gilt auch für Gyllopus Dana, dessen Antennenpaare weit von einander abstehn. Bei Metoecns Kr. enden die beiden schmächtigem Gnathopodenpaare scheerenförmig. Cystosoma Guer., G. Neptuni Guer., Tiefseeform. Tyro Edw. Themisto Kr. Fünftes Beinpaar sehr stark verlängert, die beiden vorhergehenden viel kürzern Beinpaare mit zusammengesetzter triangulärer Greifhand. Sechstes und siebtes Beinpaar gleichgestaltet. Üropoden sehr lang und stabförniig. Th. arctica Kr. Th. crassicornis Kr., Grönland. 3. Fam. Phronimidae. Kopf gi-oss, mit prominirender Schnauze und grossem getheilten Auge. Vordere Antennen im weiblichen Geschlecht kurz, nur 2- oder Sgliedrig, beim Männchen mit langer vielgliedriger Geisse! und dicht mit Riechhaaren besetztem Schaft. Hintere Antennen beim Weibchen auf das Basalglied reducirt. Mandibeln meist tasterlos. Die Thoracalbeine theilweise mit kräftigen Greifwaffen. 1. Unterf. Phrosininae. Körper breit und gedrungen. Ausser dem umfangreichen fünften Beinpaare der Bru.st enden meist auch das dritte und vierte {Anchylomera), so- wie das sechste (Phrosina) Beinpaar mit Greif hand. Üropoden breitblättrig mit flossen- tormigen Aesten. Anehylomera Edw. {Uieraconyx Guer.). Antennen von ansehnlicher Länge. Erstes Thoracalsegment mit dem zweiten verschmolzen. Mandibel mit Sgliedrigem Taster. Fünftes Beinpaar mit scheerenförmiger Greif hand, mit sehr umfangreichem lamellösen Grundgliede. Siebtes Beinpaar schmächtig, ohne Klaue, üropoden lamellös. A. thy- ropoda Dana. A. purpurea Dana , Atl. Ocean. Dactytocera Latr. =^ Phrosina Risso. Vordere Antennen Sgliedrig. Thorax scheinbar Ggliedrig. Das mächtige fünfte Beinpaar endet ebenso wie die beiden vorausgehenden und das nachfolgende mit einer Greifhand. Siebtes Beinpaar eine einfache Platte. Üropoden einfach lamellös. D. nicacensis Eilw. Bei Primno Guer. sind die Beine des dritten, vierten und sechsten Paares bedeutend diimier und das siebte Beinpiuir bedeutend entwickelt. Pr. macröpa Guer., Chili. 2. Unterf. Phroniminae. Körper schlank und gestreckt. Thoracalbeine verschieden gestaltet. Die des fünften Paares enden oft mit zusammengesetzter Greifzange oder Scheere. üropoden stilfönnig verlängert. Phronima Latr. Vordere Antennen des Weibchens 2gliedrig. Die beiden Gnatho- podenpaare schmächtig. Das fünfte Beinpaar endet mit einer mächtigen Scheerenhand. Drei Paar mächtiger stilförmiger üropoden, jedes mit kurzen lanzctförmigen Aesten. P. sedentaria Forsk. Das Weiljchen lebt mit seiner Brut in glashellen Tönnchen , aus- gefressenen Pyrosomen , Mittelmeer. Phronimella Cls. Das fünfte Beinpaar endet mit langgestreckter Greifhand. Drittes Beinpaar sehr lang. Nur zwei Paare stilföruuger Üropoden. P. elonyata Cls. , Ocean und Mittelmeer. Phronimopsis Cls. P. spinifer eis., Messina. 4. Fam. Platyscelidae '). Beide Antennenpaare unter dem Kopf verboi'gen, die vordem klein, im männlichen Geschlechte mit stark aufgetriebenem buschigen Schaft 1) Ausser M. Edwards, Dana 1. c. vergl.: C. Claus, Die Gattungen und Arten der Platysceliden in System, ücbersicht. Arbeiten aus dem zool. Institut der üniv. Wien. Tom. II. 1879. 588 Typhinae. Scelinae etc. 2. Ordnung. Isopoda. sehr lang, zickzackförmig 3 bis 1 mal zusammengelegt, beim Weibchen kurz und gerad- gestreckt, zuweilen ganz reducirt. Mandibeln des Männchens mit Taster. Abdomen mehr oder minder gegen die Brust umgeschlagen. Basalglieder des fünften und sechsten Beinpaares meist zu grossen Deckplatten der Brust verbreitert. Siebtes Beinpaar meist rudimentär. 1. Unterf. Typhinae. Körper breit und gedrungen. Abdomen verschmälert, über- aus kurz und vollkommen umschlagbar. Femoralglieder des ."jten und 6ten Beinpaares thürflügelähnlich verbreitert. Eutyphis Cls. {Typhis Risso, Thyropus Dana, Platyscelits Sp. Bäte). Kopf ab- gerundet. Hintere Antennen des Weibchens kurz viergliedrig. Beide Gnathopodenpaare enden mit zusammengesetzter Scheere. E. ovoides Risso {Platyscelus serratus Sp. Bäte), Mittelmeer. E. armatus Cls., Atl. und Ind. Ocean. Hemityphis Cls. Faratyphis Cls. Tetrathyrus Cls. Beide Gnathopodenpaare enden zangenfönnig. T. forcipatus Cls., Atl. Ocean. Amphithyrus Cls. 2. Unterf. Scelinae. Körper breit und gedrungen, mit umfangreichem halb um- geschlagenen Abdomen. Mundtheile schnabelförmig ausgezogen. Femoralplatte des 5ten Beinpaares eiförmig, die des 6ten länger gestreckter. Euscelus Cls. Beide Gnathopodenpaare enden mit zusammengesetzter Scheere. E. robustus eis., Zanzibar. Schizoscelus Cls. Tanysceliis Cls. 3. Unterf. Pronoinae. Körperform minder breit, fast gammaridenähnlich; mit grossem halb umgeschlagenen Abdomen. Femoralplatten des 5ten und 6ten Beinpaares minder umfangreich. Pronoe Guer. Vordere Antennen des Männchens mit 2gliedriger Geissei, hintere nur 2 mal gefaltet. Beide Gnathopodenpaare enden klauenförmig. Pr. capito Guer., Ind. Meer. Bei Eupronoe und Parapronoe Cls. enden die Gnathopoden des zweiten Paares mit zusammengesetzter Scheere. 4. Unterf. Lycaeinae. Körperform Hyperia-ähnlich , mit grossem halb umge- schlagenen Abdomen. Femoralplatten des -^ten und 6ten Beinpaares relativ klein, triangulär. Mit 2 Gehörblasen. Thamyris Sp. Bäte. Beide Gnathopodenpaare enden mit zusammengesetzter ge- zackter Scheere. 5tes und 6tes Beinpaar gleichlang. Th. lapax Cls., Cap. Lycaea Dana. Paralycaea Cls. u. a. G. 5. Unterf. Oxycephalinae. Körper langgestreckt mit langem Stirnschnabel, um- fangreichem Abdomen und stilförmig gestreckten Uropoden. Femoralplatten des oten und 6ten Beinpaares Telativ schmächtig. Zwei Gehörblasen vorhanden. üxycephalus Edw. Stirnschnabel nicht viel länger als der Kopf. Hintere Antennen und Mandibulartaster fehlen dem Weibchen. Die beiden Gnathopodenpaare scheeren- förmig. Abdomen nicht umgeschlagen. Letztes Beinpaar klein. 0. piscator Edw. , In- discher Ocean. 0. similis Cls., Messina. 0. typhoides, Mittelmeer. Bei Ehabdosotna White ist der Körper stabförmig und vornehmlich der Kopf nebst Stirnschnabel sowie die hintern Abdominalsegmente mit den Uropoden lang ausgezogen. Ph. armatum Edw., Atl. Ocean und Südsee. 2. Ordnung. Isopoda'), Asseln. liinf/eJJcrebse von vorherrschend breiter, mehr oder minder gewölbter Körperforni, mit 7 freien Brustringen und lamellösen als Kiemen fungirenden Beinanhängen am karzgeringelten, oft reducirten Abdomen. Der Bau des abgeflachten, von harter und in der Regel incrustirter Haut bedeckten Körpers zeigt eine grosse UebereinstinimuHg mit dem der Amphi- 1) H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung der Wasser- Körperbau. 589 poden, welchen die in mehrfacher Hinsicht absonderlichen Scheerenasseln am nächsten stehen. Indessen ist das Abdomen meist stark zusammengezogen und aus 6 kurzen , oft mit einander verschmolzenen Segmenten zusammen- gesetzt, welche mit einer umfangreichen schildförmigen Scli wanzplatte ab- schliessen. Die Beine desselben sind mit Ausnahme des sechsten Paares selten Schwimmfüsse ( Scheerenasseln ) , in der Regel Kiemenplatten. Das sechste Paar kann flossenförmig oder gritfelähnlich gestaltet sein und steht oft zu dem Telson in näherer Beziehung. Die vordem Fühler bleiben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kürzer als die hintern und äussern Antennen, seltener (Landasseln) verkümmern sie so sehr, dass sie unter dem Kopfschilde verborgen bleiben. Nur ausnahmsweise {Apseudes) tragen sie 2 Geissein. Wie bei den Amphipoden treten auch an den Fühlern der Asseln blasse Fieder- borsten und Spürzapfen auf. Von den Mundwerkzeugen , die bei einigen para- sitischen Asseln zum Stechen und Saugen umgestaltet sind, tragen die Mandibeln, mit Ausnahme der Bopyriden und Landasseln, einen 3glicdrigen Taster. Dagegen entbehren die beiden meist zwei- oder dreilappigen Maxillen- paare insgemein der Tasteranhänge. Ueberaus verschieden verhalten sich die eine Art Unterlippe darstellenden Maxillarfüsse, da Ladentheile und Taster in ihrem gegenseitigen Verhältniss mannichfache Formvariationen gestatten. Die sieben freien Brustsegmente sind meist von ziemlich gleicher Grösse. Nur bei den Scheerenasseln, den Anceiden und Seroliden, ist das vordere Segment mit dem Kopf verschmolzen, dazu im letztern Falle das siebte Segment verkümmert und ohne Beinpaar. In der Regel sind die 7 Beinpaare der Brust gleichmässig gestaltete Schreit- oder Klammerfüsse. Indessen können auch die Beine des ersten Paares [Asellns) oder mehrere vordere Paare {Aeija, Mun- nopsis) eine abweichende Gestaltung zeigen. Im weiblichen Geschlechte tragen stets mehrere Beinpaare zarthäutige Platten, welche sich zur Bildung des Brut- raumes übereinander legen. Niemals linden sich Kiemenschläuche an den Brustbeinen und nur aus- nahmsweise {Tanais und Anceus) kommt eine schwingende Athemplalto unter dem Kopfbrustschilde vor. Dagegen liegen die Respirationsorgane allgemein am Flinterleibe, gebildet durch zarthäutige Blätter, den Innern Pleopodenästen, welche in einzelnen Fällen durch Querfaltung {Sphaeroma) eine bedeutende Oberfläche gewinnen. Dahingegen fungiren die derbem Aussenlamellen als assel. Leipzig. 1832. Derselbe, Zur Morphologie, Reisebemerkungen aus Taurien. Leipzig. 1837. Lerebouillet, Sur les crustaces de la famille des Cloportides etc. Mem. du Museum d'hist. nat. de Strassburg. Tom. IV. 1850. N. Wagner, Recherches sur le Systeme circulatoire et les organes de la respiration chez le Porcellion elargi. Ann. des. sc. nat. 5. Ser. Tom. IV. 1865. A. Dohrn, Die Embryonal-Entwicklung des Asellus aquaticus. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XVII. 1867. E. v. Beneden, Recherches sur l'embryogenie des crustaces. I. Bull, de l'acad. roy. de Belgique. Bruxelles. 1869. N. Bobretzky, Zur Embryologie des Oniscus murarius. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXIV. 1874. Vorgl. ferner Fr. Leydig's Tafeln zur vergl. Anatomie und vom Bau dos thieri- schen Körpers. 1864 , sowie : Ueber Amphipoden und Isopoden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXX. Supplementband. 590 Isopoden. Herz- und Gefässsystem. Darmcaiial. schützende Deckplatten. Häufig ist das vordere Pleopodenpaar zu einem grossen die folgenden Paare überlagernden Deckel umgestaltet. Bei gewissen Landasseln aber {PorcelUo und Armadillo) sind die Deckplatten der beiden vordem Paare von einem System Luft-führender Räume erfüllt, welche an die Tracheen- oder Lungenathmung der Insekten und Arachnoideen erinnern. Indessen handelt es sich noch keineswegs um selbstständige Röhren oder Taschenbildungen, sondern nur um kleine mit Lufttheilchen erfüllte Höhlen in der cuticularen Membran , welche unterhalb der grosszelligen Hypodermis die Bluträume auskleidet (Leydig). Am merkwürdigsten und noch mehr an die Tracheaten anschliessend verhält sich nach M. Edwards die Gattung Tylus, deren Abdomen an seiner Ventralfläche zur Aufnahme der 5 Pleopodenpaare eine tiefe, durch zwei Reihen blattförmiger Integumentalfortsätze unvollständig geschlossene Höhlung bildet. Die in derselben liegenden vier vordem Bein- paare tragen je einen breiten vierseitigen Anhang, dessen Oberfläche eine Quer- reihe von starken Wülsten zeigt. Jeder dieser Wülste soll eine lineare Spalt- öffnung besitzen , welche in eine mit zahlreichen verästelten Blindschläuchen besetzte Athemblase führt. Die an dem 6ten Abdominalsegmente befestigten Gliedmassen können eine sehr verschiedene Gestalt zeigen , bei den Schwimm- asseln sind sie breite flossenähnliche Plattenpaare, bei den Landasseln zapfen- oder stabförmige Anhänge , bei I^/ms dreieckige Klappen, welche den Afler und die Unterseite des Telson bedecken. Ein wichtiger Unterschied von den Amphipoden beruht auf der Lage des Herzens. Nur die Scheerenasseln , bei denen die Respiration an der zarten Unterseite des Kopfbrustschildes erfolgt, verhalten sich nach Gestalt und Lage des Herzens wie die Amphipoden. In allen andern Fällen reicht das Herz bis in die hintern Brustsegmente oder in das Abdomen, ist bald langgestreckt und mit mehreren Spaltenpaaren versehen, bald kurz sackförmig und nur von einem Spaltenpaare durchbrochen. Ueberall entspringen vom Herzen Blutgefässe, welche vornehmlich bei Idoteiden und Onisciden ein sehr ausgebildetes Arterien- system darstellen. Bei Forcellio beginnt die sehr reich verästelte Kopfarterie im dritten Brustringe, zwei mächtige, die vier vordem Beinpaare versorgende Seitenarterien entspringen an der vordem im vierten Brustringe gelegenen Herzkammer, die drei hintern Beinpaare erhalten je einen Arterienstamm direkt aus dem Herzen, dessen hinterer im Abdomen gelegener Abschnitt zwei kleinere Arterienpaare und an der Spitze zwei Gefässe entsendet , welche das Rektum umschliessen und sich gegen die Basis der Athemfüsse hin erstrecken. Der Darmcanal verhält sich im Allgemeinen wie bei den Amphipoden und besitzt in der Regel einen von Chitinleisten und harten Platten gestützten Vor- magen, hinter welchem sich zwei oder vier Leberschläuche am Darm ansetzen. Als besondere Absonderungsorgane wurden von Zenker bei Asellus in den drei letzten Brustsegmenten und im Abdomen gelegene runde Schläuche beschrieben, deren opaker Inhalt aus sehr kleinen Goncrementen besteht. Fr. Leydig*) 1) Fr. Leydig, Zum feinorn Bau der Arthropoden. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1855, sowie über Geruchs- und Gehörorgane der Krebse und Insekten. Ebendaselbst. 18G0. Nervensystem. Sinnes- und Geschlechtsorgane. 591 zeigte jedoch, dass es sich um Ablagerung anorganischer Stoffe in der Substanz des Fettkörpers handle. Das Nervensystem zeigt eine ähnliche Gliederung der Bauchganglienkette, als das der Amphipoden. Meist folgen auf die untere Schlundganglionmasse noch 7 Ganglienpaare der Brust, deren Nerven die Beinpaare versorgen. Dem letzten derselben schliesst sich ein Terminalganglion an, von welchem die Nerven des Abdomens ausstrahlen , indessen kann dasselbe auch in das letzte Brustganglion eingezogen sein (Landasseln). Nur in wenigen Fällen {Idotea, Liyidium) treten im Abdomen einige Ganglien auf. Auch Theile eines sym- pathischen Nervensystems wurden beschrieben, von Brandt bei den Onisciden als seitliche Ganglien, von Leydig in Form eines medianen die Bauchganglien verbindenden Nerven. Die Augen sind selten kleine Punktaugen, häufiger grössere aggregirte, beziehungsweise zusammengesetzte Augen ohne oder mit schwachen Gornea- linsen. Treten die Linsen der Einzolaugen bis in unmittelbare Nähe zusammen, so wird die Uebereinstimmung mit dem Facettenauge um so grösser, als die von den Cornealinsen überdeckten Elemente den Krystallkegeln und Nerven- stäben des Facettenauges entsprechen. Einige subterrane Formen wie Asellus cavaticus, Typhloniscus sind blind, vollständig fehlen die Augen bei den weiblichen Garneelasseln. Als Geruchsorgane wird man eigenthümliche Zapfen und Fäden der vor- dem Antennen zu deuten haben. Gehörorgane sind bislang nicht bekannt geworden. Die Geschlechtsorgane sind in der Regel auf verschiedene hidividuon ge- sondert und entsprechen nach Lage und Gliederung ihrer Abschnitte im All- gemeinen denen der Amphipoden. Beiderlei Geschlechtsthiere unterscheiden sich auch durch äussere Sexualcharaktere, welche in einzelnen Fällen zu einem höchst ausgeprägten Dimorphismus führen können. Die Weibchen sind leicht an den häutigen Blätteranhängen der Brustbeine zu erkennen, während die Männchen einen kleinern und schiankern Leib mit kräftigern zum Anklammern tauglichen Beinpaaren, sowie oft am Abdomen besondere Copulationsorgane besitzen. Bei den Garneelasseln {Bopyriden) erlangen die Weibchen im Zusammenhang mit der parasitischen Lebensweise (im Kiemen- raum ihrer Träger) eine relativ bedeutende Grösse und bilden sich unter Verlust der Augen und unter Reduction der Gliedmassen zu unbehülflichen unsym- metrischen Scheiben aus, während die winzig kleinen Männchen wie die Pygmaeenmännchen der parasitischen Copepoden die freie leichte Beweglichkeit ihres symmetrischen Körpers bewahren. Noch ausgeprägter und an die Ver- hältnisse der Lernaeen anschliessend gestaltet sich der Dimorphisnms bei den Binnenasseln {Gryptoniscus, Entoniscus ^), welche als winzig kleine frei schwim- mende Geschlechtsthiere von normaler Form und Gliederung sind, aber ein langes Schwimmfüsse tragendes Abdomen besitzen. Später setzen sich die Weibchen an anderen Crustaeeen fest, und erfahren eine sehr vollständige regressive 1) Für Entoniscus ist das frei schwärmende Begattungsstadiuni noch nicht auf- gefunden worden. 592 Isopoden. Geschlechtsorgane. Embryonale Entwicklung. Metamorphose, indem sie Augen und Gliedmassen vollständig verlieren und eine sackförmige unsymmetrische Gestalt annehmen. Die weiblichen Geschlechtsorgane liegen als paarige Ovarien im Thorax zu den Seiten des Darms und münden jederseits am fünften Brustsegment an der Innenseite des fünften Beinpaares nach aussen. Receptacula seminis sollen bei Ty)>hloniscus vorhanden sein. Beim Männchen vereinigen sich jederseits drei gestreckte oder kuglige Hodenschläuche zu einem aufgetriebenen Samen- behälter, aus welchem die Samenleiter hervorgehen. Die letztern verlauten häufig in ihrer ganzen Länge gesondert und treten am Ende des letzten Thoracal- segmentes je in einen cylindrischen Anhang ein (Äsellus) oder sie vereinigen sich in einer gemeinsamen medianen Penisröhre, welche an der Basis des Ab- domens liegt {Onisciden). Als accessorische Gopulationsorgane hat man ein Paar stiletförmiger oder complicirter gestalteter hakentragender Anhänge der vordem Abdominalfüsse aufzufassen , zu welchen noch an der Innenseite des zweiten Fusspaares ein Paar nach aussen gewendeter Ghitinstäbe hinzutreten kann {Oniscideu). Zur Zeit der Gopulation bleibt das Männchen oft Tage lang an dem Körper des Weibchens (das grössere Männchen von Asellus mit Hülfe des vierten Beinpaares) angeklammert und scheint während des Begattungs- actes Ballen von haarförmigen Samenfäden (mit keulenförmigen Anhängen, die von Zenker als besondere zweite Form von Spermatozoen beschrieben wurden) in den weiblichen Geschlechtsapparat einzuführen. Die Befruchtung des Eies erfolgt daher wahrscheinlich im Innern des weiblichen Körpers. Nach den bisherigen Erfahrungen sind nur die Cymothoideen Hermaphroditen ^) (B u1 1 ar), jedoch mit zeitlicher Trennung der Geschlechtsreife. Im jugendlichen Alter sind dieselben funktionsfähige Männchen mit drei Paaren von Hoden- schläuchen, zwei Ovarialanlagen an der Innenseite jener und einem paarigen Copulationsorgan, in welchem die beiden Samenleiter ausmünden. Nach einer spätem Häutung, nachdem sich allmählig die weiblichen Drüsen zu Gunsten der mehr und mehr zurückgedrängten männlichen Elemente entwickelt haben, werden die inzwischen angelegten Brutlamellen an den Brustbeinen frei und die Penes abgeworfen. Im Alter fungirt das Thier nur als Weibchen. Die Embryonalentwicklung, über welche ausser der altern Arbeit von Rathke neuere Beobachtungen von Fr. Müller, A. Dohrn, G. 0. Sars, Ed. van Beneden und Bobretzky vorliegen, ist bislang nur unvollständig erforscht. Dieselbe beginnt mit dem Eintritt der Eier in den Brutraum. An- fangs ist das Ei, wenigstens bei Asellus, von einer einzigen Haut umgeben, welche Avahrscheinlich als Au.sscheidungsprodukt der das Ovarialei umlagernden Epitelialzellen (Dotterfach) , also als Ghorion zu betrachten sein dürfte. Nach- dem sich das Ghorion vom Dotter abgehoben, treten im Innern des letztern 4, 8, 1) J. Bullar, The generative organs of the Parasitic Isopoda. Journ. Anat. Physiol. 1876. P.Mayer, Ueber den Hermaphroditismus einiger Isopoden. Mittheilungen aus der zool. Station. Neapel. 1879. Neuerdings wurde auch eine J^nfontscMsart von Fraise als Hermaphrodit be- schrieben, indessen erscheint diese Angabe zumal im Hinblick auf die zwei getrennt geschlechtlichen Arten derselben Gattung, deren Männchen von Fr. Müller beschrieben wurden, nicht gerade wahrscheinlich. Embryonalentwicklung. 593 IG etc. Kernbläsclien auf. Noch bevor sich die Dottermasse um dieselben in Zell ballen gesondert hat, hebt sich in der Peripherie des Dotters eine zarte cuticulare Meriibian ab, welche als Blastodermhülle gedeutet wurde (unter den Grustaceen von Ed. van ßeneden bei den Lernaeopoden , bei Gammarus, Caprdla, Nebalia, Cranyon etc. beobachtet. Bei Oniscus treten jedoch beide Häute schon an dem noch unveränderten Eie auf, was übrigens von G. 0. Sars und A. Dohrn auch für die beiden Eihüllen von Asellus behauptet worden war. hl diesem Falle würde die innere Membran als Dotterhaut aufzufassen sein. Nun erst folgt die Dotterklüftung, von der jedoch die centrale Dotter- masse (Nahrungsdotter) vorerst ausgeschlossen bleibt. Bald bildet das Blasto- derm eine peripherische Schicht hüllenloser kernhaltiger Zellen und erzeugt durch raschere Zellwucherung den bauchständigen Keimstreifen, an dessen Vorderende sich zunächst die Kopflappen abgrenzen. Als zwei höckerförmige Erhebungen der letztern entstehen zunächst die Anlagen der dreilappigen blatt- förmigen Anhänge des Asselembryos, deren physiologische und morphologische Bedeutung noch immer keine Aufklärung erfahren hat. Von den Gliedmassen bilden sich zuerst die beiden Antennenpaare, nach deren Entstehung eine neue Guticula, die dem Naupliusstadium entsprechende Larvenhaut , zur Sonderung kommt (wie auch bei Ligia, nach Fr. Müller). Während sich nun die Reihe der nachfolgenden Gliedmassen anlegt, zeigt sich der Schwanztheil des Embryo aufwärts nach dem Rücken zu umgeschlagen. Von den Embryonalhüllen geht zuerst das Ghorion, dann die Guticula des Blastoderms zu Grunde und zuletzt, wenn der Embryo ausgebildet ist, die Naupliushaut. hl mancher Hinsicht abweichend ist diQ Darstellung, welche Bobretzky von der Entwicklung des Oniscuseies gibt. Dasselbe erfährt eine partielle, aus- schliesslich den iiellen an einem Eipole angehäuften Bildungsdotter betreffende Furchung. Die aus den Bildungszellen erzeugte, den Nahrungsdotter allmählig umwachsende Keimscheibe besteht anfangs nur ans einer Zellenschicht. Noch bevor sich dieselbi? über die Hälfte der Eioberfläche ausgebreitet hat, bildet sie im Gentrum eine nach innen vorspringende Verdickung, eine Art Keimhügel, welcher die Elemente des mittleren und innern Keimblatts enthält. Die Zellen des mittlem Keimblatts sollen sich allmählig unter der Keimscheibe ausbreiten, die des Entoderms dagegen tiefer in den Nahrungsdotter rücken und dessen Elemente allmählig aufnehmen. Mit der fortschreitenden Ausbreitung der Keimscheibe gewinnen die peripherischen Elemente derselben eine platte Form, während die mittlem eine bedeutende Höhe behalten und durch zunehmende Verdickung die Anlage der Keimstreifen bilden. Nur an einer begrenzten Stelle der gegenüber liegenden Rückenfläche werden die Ectodermzellen gross und kuglig und bilden hier ein provisorisches dem Keimhügel des Spinneneies ähn- liches Embryonalorgan. Während aus den die Elemente des Nahrungsdotters aufsaugenden Darmdrüsenzellen die Anlage des Mitteldarms mit den Leber- schläuchen gebildet wird , entstehen zueret der Hinterdarm , später der Mund- darm als Einstülpungen vom Ectodorm aus. Ueber das weitere Verhalten des Keimstreifens, die Entstehung der Ursegmente des Nervensystems, des Heraens und der Geschlechtsanlagen fehlen noch eingehendere Beobachtungen, dagegen ClauH, Zoulogie. i. Auila^e. 38 594 1. Unterordnung. Anisopoda. liegen Angaben über das Auftreten eines nabelschnurähnlichen Zellenstranges vor, welcher, wie schon A. Dohrn bemerkte, dicht hinter dem Kopf mit der (freilich zelligen) Larvenhaut fest zusammenhängt. Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, dass die Parallelisirung dieses Zellstranges mit den paarigen Blattanhängen von Asellus, deren Anlage so frühzeitig auftritt und weit eher der erwähnten dorsalen Zellenwucherung von Oniscus gleichwerthig sein möchte, unzulässig erscheint. Dahingegen entspricht derselbe dem kugelför- migen Organ mit der sog. Micropyle an der Rückenseite des Gammarusembryo, welches auch bei Ligia (Fr. Müller) und Cymothoa (Claus) in Resten beobachtet, das Aequivalent der Nackendrüse der Phyllopoden repräsentirt. Die im Brutraume frei gewordenen Jungen entbehren noch ganz allgemein des letzten Brustbeinpaares, bei den Scheerenasseln auch der Füsse des Ab- domens und haben bis zum Eintritt der Geschlechtsreife nicht unerhebliche Veränderungen auch in der Gestaltung der Gliedmassen zu durchlaufen. Man kann daher den Asseln eine Metamorphose zuschreiben, die bei Tanais, Praniza {Anceus) und den Bopyridcn am vollständigsten ist. Die Asseln leben theils im Meere, theils im süssen Wasser, theils auf dem Lande (Onisciden) und ernähren sich von thierischen Stoffen. Viele sind jedoch Schmarotzer, vornehmlich an der Haut, in der Mund- und Kiemenhöhle von Fischen {Cymothoideen) oder in dem Kiemenraum von Garneelen (Bopyriden), seltener Entoparasiten {Entoniscus). 1. Unterordnung. Anisopoda '). Körper mehr oder minder Amphipodenähnlich. Abdomen mit Sästigen Schwimmfüssen , die nicht als Kiemen fungiren, oder mit Flossenfüssen. 1. Fam. Tanaidae, Scheerenasseln. Körper sehr lang gestreckt mit gewölbtem Kopfbrustpanzer, dem noch das erste Beinpaar zugehört. Die Beine des Hinterleibes sind zweiästige Schwimmfüsse. Lage und Form des Herzens Amphipodenähnlich. Man- dibel mit Kaufortsatz. Vordere Maxille mit Tasteranhang. Tragen hinter dem zweiten Maxillenpaar an der Körperwand einen säbelförmigen Branchialanhang, der durch seine Schwingungen unter den seitlichen Duplicaturen des Panzers die Athmung unterhält. Erstes Beinpaar ein mächtiger Scheerenfuss , die übrigen lange Schreitfüsse. Beim Weibchen finden sich am 2. bis 5. Beinpaare blattförmige Anhänge zur Bildung eines Brutraums. Tanais Aud. Edw. Antennen ziemlich gleich lang. Abdomen Sgliedrig. Letztes Caudalfusspaar schmal und einästig. T. vittatus Rathke, Nördl. Meere. T. duhiua Kr., Brasilien. 2 Sorten von Männchen, Riecher und Packer. T. gracilis Kr., Spitzbergen. u. m. A. Bei Leptochelia Dana ist das Abdomen 6gliedrig. Augen gestilt. L. miniita Dana. L. Edwardsi Kr., Nördl. Meere. Bei Paratanais Dana sind die Augen ebenfalls gestilt, das sechste Caudalfusspaar 2ästig, stilförmig. P. forcipatus Lillj., Norwegen. 1) Vergl. SpenceBate, On Praniza and Anceus etc. Ann. of nat. bist. 3. Ser. Vol. IL 1858. Hesse, Memoire sur les Pranizes et les Ancees. Ann. d. scienc. nat. 4. Ser. Tom. IX. 1864. Fr. Müller, Ueber den Bau der Scheerena.sseln. Archiv für Naturg. Tom. XXX. 1864. A. Dohrn, Zur Kenntniss vom Bau und der Entwicklung von Tanais. Jenaische Zeitschr. Tom. V. 1870. Derselbe, Entwicklung und Organisation von Praniza maxillaris, sowie zur Kenntniss des Baues von Paranthura costana. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XX. 1870. AntLuridae. Pranizidae. Euisopoda. 595 Apsieiides Loach. Voi-ilere Antennen dicker und länger als die hintern, mit 2 Geissein, hintere Antennen mit schuppenförmiger Nebenplatte. Augen gestilt. Zweites Beinpaar mit stark verbreitertem Endgliede. Sechstes Abdominalsegment sehr lang. Sechstes Fusspaar mit 2 fadenförmigen Aesten, von denen der innere sehr lang ist. A. talpa Mont. , Nördl. Meere. 2. Fam. Anthnridae. Antennen kurz. Das vordere der sieben Thoracalsegmente frei, Beinpaare desselben mit Greifhand. Mundtheile stechend und saugend. Abdomen mit 2ästigen Flossenfüssen und mächtiger Schwanzflosse. Brutraum wie bei Praniza unter der Körperhaut. Anthura Leach. A. gracilis Mont. FarantJmra Risso. P. peni- cillala Risso, Mittelmeer. 3. Fam. Pranizidae, Anceidae. Kopf mit dem vordem Brustsegmente verschmolzen, daher mit 2 Maxillarfusspaaren, beim Männchen sehr breit, fast quadratisch. Antennen einfach, mehrgliedrig, bei dem Weibchen verhältnissmässig klein. Letztes Brustsegment nicht ausgebildet, daher nur fünf freie Thoracalsegmente, von denen die drei hintern im weiblichen Geschlechte {Praniza^oxm) zu einem sackförmig erweiterten Abschnitt ver- schmelzen. Mandibeln und Maxillen tasterlos. Fünf einfache Klamm er fusspaare. Das Abdo- men ögliedrig, langgestreckt. Die Fasse desselben breite 2ästige Flossenfüsse. Dimorphismus des Geschlechts sehr ausgeprägt. Verwandlung mittelst Metamorphose. Anceus Risso {Praniza Leach.). Mit den Charakteren der Familie. Die Larven, welche die Bruttasche verlassen, sind langgestreckte Pranizaformen , jedoch schon nach beiden Geschlechtern unterscheidbar, indem sich an den männlichen Formen die drei hintern Brustsegmente abgrenzen. An diesen verschmelzen die Coxalglieder der Beine mit dem Segment. Der Kopf und die stechenden Mundwerkzeuge mit der halbröhrenförmigen Oberlippe sind für beide Larvenformen gleich. Die Mandibeln und Maxillen fast stiletförmig ausgezogen. Die vordem Maxillarfüsse bilden eine Art Unterlippe. Untere Maxillarfüsse beinförmig. Bei der Umwandlung der weiblichen Larve bleibt der Kopf klein, die Kiefer ver- schwinden und die Augen werden rudimentär. Dagegen bilden sich die beiden Maxillar- füsse weiter aus, die obern werden zu einem dreigliedrigen, mit einer beweglichen ovalen Platte verbundenem Fuss, die untern zu einer mehrgliedrigen borstenrandigen Platte. Mit der Umwandlung der männlichen Larve wird der Kopf viel stärker, die Kiefer werden durch zwei grosse hakenförmig vorstehende Zangen ersetzt, die Maxillarfüsse bilden gegliederte zur Strudelung dienende Lamellen. Die Weibchen leben wie die Larven parasitisch an Fischen und bergen die Brut in einer subcuticularen Aussackung des grossen hintern Brustabschnittes. Die Männchen leben frei. A. maxillaris Mont. [Pr. coeruleata Desm.), Nord- und Westküste PJuropas, Adria und Mittelmeer. % Unterordnung. Euisopoda '). Körper mit 7 freien Bru-stsegmenten und ebensoviel Beinpaaren. Abdomen verhältnissmässig kurz und breit, mit Kiemenlamellen an den Abdominalfüssen. l.Fam. Cymotlioidae ^). Mit harter Rückenhaut, kauenden oder saugenden Mund- werkzeugen, breitem, kurz gegliedertem Abdomen und schildförmig entwickelter Schwanz- platte. Die letzten Kieferfüsse deckeiförmig. Beide Geschlechter meist gleichgestaltet. Die Schwanzanhänge tragen 2 flossenähnliche Lamellen. Leben theils parasitisch an Fischen, theils frei umherschweifend. 1) J. Bullar, The generative organs of the Parasitic Isopoda. Journ. Anat. Phys. 1876. P. Mayer, Ueber den Hermaphroditismus einiger Lsopoden. Mittheilungen aus der zool. Station. Tom. L 1879. 2) Schiödte, Krebsdyrenes Sugemund. I. Cymothoae. Naturh. Tidsskrift. 3 R. Tom. IV. Lütken, Nogle Bemaerkninger cm de Nordiske Aega- Arter etc. Natur. For. Meddels. 1858. 38* 596 Cymothoidae. Sphaeromidae. 1. Subf. Cymothoinae. Parasiten auf der Haut und in der Mundhöhle von Fischen, mit gleichgebildeten Klammerbeinen und saugenden Mundtheilen. Die kurzen Antennen entspringen an der Unterseite des Kopfes. Maxillarfüsse kurz, 3— 4gliedrig. Im Jugend- zustand sind die Fühler lang, und das sehr gestreckte frei bewegliche Abdomen zum Schwimmen befähigt. Cymothoa Fabr. Die 2 oder 3 hintern Thoracalsegmente kürzer als die voraus- gehenden. Basis des Abdomens beträchtlich schmäler als das hintere Ende desselben. Die ßeinpaare mit kräftigen Klammerhaken. C. oe.strum Leach. C. oeslroides Risso, Mittelmeer. Bei Ceratothoa Dana sind die Basalglieder des vorderen Antennenpaares vereint. Nahe verwandt sind Olenciva Leach. und Livoneca Leach. Bei letzterer ist die Basis des Abdomens breiter als die verschmälerte Caudalplatte. Anilocra Leach. Die drei hintern Thoracalsegmente länger als die vorausgehenden. Das grosse Abdomen an seiner Basis weit schmächtiger als der Thorax und am hintern Ende ziemlich gleich breit. A. meditenanea Leach. A. physodes L. , Mittelmeer. A. Leachii Kr. Bei Nerocila Leach. finden sich secundäre Dornausläufer unter den seit- lichen Fortsätzen der Abdominalsegmente. N. bivittata Risso, Mittelmeer. Bei Orozeuktes Edw. sind die Segmente des Abdomens verschmolzen. Artystone Schiödte. Das siebte Beinpaar schlank, mit sehr kleiner Endklaue. Weibchen unsymmetrisch. A. trysihia Schiödte, Rio de la Plata. 2. Subf. Aeginae. Antennen am Stirnrand inserirt. Die vier hintern Beinpaare sind schlankere Schreitfüsse ohne Klammerhaken. Maxillarfüsse gestreckt, 4— Bgliedrig. Schwimmen behend umher. Aega Leach. Die drei vordem Beinpaare enden mit kräftiger Greif band, die vier nachfolgenden sind schlanke Schreitfüsse. Saugende und stechende Mundwerkzeuge. Die kurzen inneren Antennen sind mit ihren Basalgliedern verschmolzen. Ae. biearinata Leach. Ae. tridens Ldach. Bei Rocinella Leach. sind die Augen sehr gross und in der Mittellinie nahezu verschmolzen. Cirolana Leach. Sämmtliche Beinpaare sind Schreitfüsse. Kauende Mundwerk- zeuge. Abdomen 6gliedrig. C. hirtipes Edw., Gap. ü. Cranchii Leach., Engl. Küste. C. borealis Lillj. Bei Eurydice Leach. sind die untern Antennen sehr lang und das Abdomen nur ögliedrig. E. pulchra Leach. {Slahberina agatha van Ben.?) Conilocera Leach. Köi*per cyUndrisch gestreckt, von gleichmässiger Breite. Die 3 hintern Bein- paare schlanker als die 4 vordem. Die 3 letzten Glieder der Maxillarfüsse breit und flach. C. cylindracea Mont. 3. Subf. Serolinae. Körper sehr flach schildförmig, durch 2 Längsfurchen drei- theilig. Das vordere (Weibchen) oder die beiden vordem Beinpaare (Männchen) enden mit einer Greif band, die 6 beziehungsweise 5 nachfolgenden sind einfache Gangbeine. Kauende Mundwerkzeuge. Serolis Leach. Antennen von ansehnlicher Grösse. Kopf mit dem ersten der 7 Brustsegmente verschmolzen. Letztes Brustsegment fast rudimentär. Augen der Mittel- linie genähert, vom Stirnrand abgerückt. Abdomen mit nur drei Segmenten. S. paradoxa Fabr. S. Orbigniana Aud. Edw., Patagonien. S. Gaudichaudii Aud. Edw., Chil. Küste. 2. Fam. Sphaeromidae. Mit breitem Kopf und verkürztem , stark couvexem Körper, der sich häufig nach der Bauchseite zusammenkugeln kann. Kieferfüsse 4—6- gliedrig, verlängert. Vordere Antennen am Stirnrand befestigt. SämmtHche ßeinpaare sind Schreitfüsse, und nur das erste oder die beiden vordem Paare können mit einer Greifhand enden. Die vordem Abdominalsegmente mehr oder minder rudimentär und verwachsen. Pleopoden sehr zart und membranös; zweites Paar stark, beim Männchen mit griffelformigem Anhang. Das letzte Paar mit frei beweglicher Aussenplatte und verkümmerter oder verwachsener Innenplatte. Sphaerotna Latr. Körper kuglig einrollbar. Die vier vordem Abdominalsegmente verschmolzen. Die bewegliche Aussenplatte der Caudalflosse kann sich unter die mit dem Schwanzschild verwachsenen Innenplatte einlegen. S. fossarum Mont., in den Idoteidae. Munnopsidae. Asellidae. 597 Pontinischen Sümpfen, der S. granulatum des Mittelmeeres nahe verwandt. S. serratum Fabr., Ocean und Mittelmeer, auch Brackwasserform. S. rubicauda Leach., Engl. Küste. S. Prideauxianum Leach., Engl. Küste. Bei Di/namene Leach. bleibt die Schwanzplatte beim Einkugeln ausgeschlossen. D. rubra Mont. Cymodoce Leach. Körper nicht Ein- rollungs-fähig, mit fast parallelen Seitenrändern. Kopf mit stark vorgewölbter Stirn. Abdomen mit mittlerem Fortsatz. Integument desselben granulirt. C. truncaia Mont., Engl. Küste. Bei Cerceis Edw. reicht die Stirn über die Basis der Antennen hinaus. Bei Cassi- dina Edw. ist der Körper schildförmig breit und die Aussenplatte der Schwanzflosse ganz verkümmert. Ncsaea Leach. Sechstes Brustsegment von ansehnlicher Grösse und auf der Rückenfläche in einen gabiig getheilten Fortsatz ausgezogen. Aussenplatte der Schwanzflosse sehr gross, geradgestreckt, kann sich nicht unterschlagen. N. bidentata Adams, Engl. Küste. Bei Campecopea Leach. trägt das sechste Segment einen einfachen stabförmigen Fortsatz und die Aussenplatte der Schwanzflosse ist gekrümmt. Bei Am- phoridea Edw. bilden die Basalglieder der vordem Antennen einen mächtigen lamellösen Vorsprung. A. typa Edw., Chili. Ancinus Edw. Körper stark abgeplattet, mit fast parallelen Seitenrändern. Die zwei vorderen Beinpaare mit mächtiger Greiihand. Schwanz- flosse mit kurzem Basalgliede und einfacher langer Platte. A. depressus Edw. 3. Farn. Idoteidae. Mit langgestrecktem Körper, kurzen vordem Innern Antennen, kauenden Mundwerkzeugen und langem, aus mehreren Segmenten verschmolzenem Caudalschild. Das letzte Fusspaar des Hinterleibes in einen flügeiförmigen Deckel zum Schutze der vorausgehenden Kiemenfüsse umgebildet. Idotea Fabr. Die Beinpaare des Thorax gleichmässig gestaltete Schreitfüsse. Aeussere Antennen mit 4- bis 5gliedrigem Schaft und langer Geissei. Die 2 vordem Hinterleibssegmente deutlich gesondert. I. entomon L., Ostsee. I. tricuspidata Desm., Mittelmeer und Canal, auch Brackwasserform. I. pelagica Leach. Bei Erichsonia Dana sind die äussern Antennen viel länger als die innern, aber nur 6gliedrig, ohne viel- gliedrige Geissei. Bei Chaetilia Dana liegen die vordem Antennen über den hintern, das sechste Beinpaar ist fast borstenförmig verlängert. Ch. ovata Dana, Patagonien. Arcturus Latr. Von schlanker cylindrischer Körijerforni, mit sehr langen untern Antennen. Die vier vordem Beinpaare sind zarte, dicht mit Borsten besetzte Strudelfüsse , die drei hintern kräftige Schreitfüsse. Bewegen sich nach Art der Spannerraupen. A. tuber- eulatus Latr. A. Baffini Westw., Baffinsbai. Leachia Johnst. Viertes Brustsegment sehr lang. L. longicornis Sow. L. intermedius Goods. , Engl. Küste. 4. Farn. Munnopsidae. Der äugen lose Körper zeigt eine mehr oder minder deut- liche Zweitheilung, indem sich der Kopf mit den vier vorderen Brustringen von den nachfolgenden Segmenten durch eine Einschnürung schärfer absetzt. Hinterleib nur aus einem einzigen gewölbten Segmente gebildet. L'ntere Fühler mit Sgliedrigem Schaft und langer Geissei. Das vordere Beinpaar mit unvollkommener Greif hand, die drei nach- folgenden Paare sind verlängerte Gangbeine, die drei hintern blattförmige Schwimmfüsse. Munnopsis Sars. Die vier vordem Brustsegmente breit und oben ausgehöhlt, drittes und viertes Beinpaar von Körperlänge. H. typica Sars, Küste von Norwegen. 5. Farn. Asellidae. Von ziemlich flacher Körperform. Letztes Pleopodenpaar nicht deckeiförmig, sondern griffeiförmig. Mandibeln mit 3gliedrigem Taster. Kieferfüsse mit 4 Laden. Der vordere Afterfuss ist oft eine harte Platte und bedeckt die nach- folgenden zarthäutigen Kiemenfüsse. Munna Kr. Kopf sehr breit , mit grossen stilförmig vorstehenden Augen. Erstes und letztes Thoracalsegment kürzer als die übrigen. Erstes Beinpaar kurz und kräftig, die übrigen schlank, enden mit 2 Klauen. Abdomen zu einer gemeinsamen Platte verschmolzen. Männchen schmal, linear. M. Kröyeri Goods. M. Whiteana Sp. Bäte. Jaera Leach. Obere Antennen sehr kurz, die unteren etwa halb so lang als der Körper. Beine schlank, gleichförmig, mit 2 Klauen endend. Abdominalsegmente zu einer einzigen Platte verschmolzen, mit sehr kleinen Caudalgriffeln. Kiemenfüsse von einer Platte bedeckt. J. Nordmanni Rathke. /. albifrons Mont., Britische Meere. 598 Bopyridae. Entoniscidae. Asellus Geoffr. Beide Antennenpaare mit vielgliedriger Geissei. Die Geissei der untern Antennen sehr lang. Vorderes Beinpaar mit Greif band, die übrigen Beine mit einfachen Klauen. Vordere Pleopoden klein. Letztes (6tes) Pleopodenpaar lang, 2ä.stig. Männchen viel kleiner als das Weibchen. A. nqunticKfiXj , Süss wasserform. A. carnticus Schiödte, Grottenassel. Aus tiefen Brunnen, Höhlengewässei'n (Falkensteiner Höhle) und aus der Tiefe des Genfer Sees. Blind, ohne Krystallkegel und Augenpigment. Lhnnoria Leacb. Körper langgestreckt oval. Beide Antenpaare kurz. Beinpaare schwache Schreitfüsse. Segmente des Abdomens gesondei-t. Schwanzplatte breit halbkreisförmig, jedcrseits mit platten Schwanzgriffeln. L. terebrans Leach. (L. Ugnorum), zernagt Holz und Pfahl- werk im Meere. 6. Farn. Bopyridae '). Schmarotzer in der Kienienhöhle von Garneelen. Körper des Weibchens scheibenförmig , durch regressive Metamorphose mehr oder minder miss- gestaltet und unsymmetrisch, mit undeutlicher Gliederung, ohne Augen. Männchen sehr klein, gestreckt, mit deutlich gesonderten Leibesringen und A\igen. Antennen kurz, Mundtheile rudimentär, mit tastorlosen Mandibeln und Saugrüssel. Die sieben Paare kurzer Klammerbeine tragen im weiblichen Geschlecht breite Platten zur Bildung des Brutraums. Abdomen mit blattförmigen oder schlauchförmigen und verästelten Fuss- paaren. Larven oval, kurz gegliedert, mit sehr kurzen Vorderfühlern, langen hintern Antennen und 6 Klammerfussparen der Brust. Die 5 vordem Beinpaare des Abdomens mit schmalen schlanken Aesten. 6tes Paar griflfelförmig. Phryxus Rathke. Weibchen unsymmetrisch und undeutlich gegliedert, mit 4 Paar aus Doppellamollen bestehenden Kiemenanhängen am Abdomen. Fh. abdominalis Kr., auf Hippolyte. Fh. paguri Rathke. Fh. galatheae Hesse. Gyge Corn. Panc. , in der Kiemenhöhle von Gebia littoralis, Mittelmeer. Bopyrus Latr. Weibchen unsymmetrisch mit kleinen Brutblättern und 5 Paar einfachen triangulären Kiemenplatten am Hinter- leibe. B. squillarum Latr., auf Palaemon squilla. Jone Latr. Körper des Weibchens breit, gegliedert und symmetrisch, mit langen Schläuchen und breiten Brutblättern an den Brustbeinen und verästelten Kiemenanhängen am Abdomen. Männchen mit ein- fachen Kiemenschläuchen am Hinterleib. /. thoracica Mont. , in der Kiemenhöhle von Callianassa subterranea. 7. Fam. Entoniscidae *) , Binnenasseln. Gliedmassenlose Schläuche , welche nur mit dem Vordertheil (Kopf und Vorderbrust) oder vollständig im Leibesraum anderer Cru- staceen {Cirripedien, Faguriden und Krabben) stecken. Die aus den Eiern ausschlüpfenden Larven sind den Bopyridenlarven ähnlich und besitzen 2 Antennenpaare, einen Saug- rüssel, 6 Paare von Brustbeinen, welche mit Ausnahme des letzten Paares mit Klammer- haken enden, und 5 Schwimmfusspaare am Abdomen. In dem nun folgenden Begattungs- stadium sind beide Geschlechter überaus ähnlich gestaltet, gestreckt und vollzählig ge- gliedert. Auch kann ein 7tes Brustbeinpaar {Cryptoniscus monophthalmus) vorhanden sein. Wohl immer sind die beiden Gnathopodenpaare verkürzt vind mit Klammerhaken 1) Rathke, De Bopyro et Nereide. Rigae et Dorp. 1837. Derselbe, Beiträge zur Fauna Norwegens. Nov. Acta Acad, Caes. Leop. 1843. Qornalia e Panceri, Osservationi zoologieo-anatomiche sopra un nuovo genere de Crustacei Isopodi sedentarii. Torino. 1858. 2) Lilljeborg, Liriope et Peltogaster. Nova act. reg. soc. Ups. Ser. IIL Vol. III und IV. 1859 und 1860. Fr. Müller, Entoniscus Porcellanae, eine neue Schmarotzer- assel. Archiv für Naturg. Tom. XXVIII. 1862. Derselbe, Bruchstücke zur Natur- geschichte der Bopyriden. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. VI. 1870. Buch holz, lieber Hemioniscus etc. Zeitsohr. für wiss. Zoologie. Tom. XVI. 18G8. P. Fraisse, Die Gattung Cryptoniscus Fr. Müller. Würzburg. 1877. Derselbe, Entoniscus Cavohnii etc. Würz- burg. 1878. Alfr. Giard, On the genus Entoniscus. Ann. and Mag. of Nat. Hist. 5 Ser. voL 4. 1879. Ouiscidae. 599 versehen. Nach der Begattung scheinen die Männchen zu Grunde zu gehn, während die befruchteten Weibchen nach Art der Lemaeen als Parasiten in das Stadium der Eier- Production eintreten, in welchem sie nach Verlust der Fühler und Gliedmassen unter bedeutender Grössenzunahme eine schlauchförmige unsymmetrische Form gewinnen. Mächtige Brutlamellen, welche von den rückgebildeten Brustbeinen zurückgeblieben sind, bilden für die sich entwickelnden Eier einen sehr geschützten Brutraum. Oryptoniscus Fr. Müll. {Liriope Rathke, Hemioniscus Buchhz.). Weibchen sack- förmig, meist unsymmetrisch eingekrümmt, schmarotzt an Cirripedien und Rhizocepha- liden. Im Begattungsstadium sind die beiden Gnathopodenpaare kurze mit starken Greifklauen endende Klammerbeine. Abdominalfüsse 2ästig. Ein eigenthümlich penetranter Geruch soll für die Larven dieser Gattimg charakteristisch sein. Cr. planarioides Fr. Müll., an Sacculina purpurea eines Pagurus, Brasilien. Or. pygmaeus Rathke, auf Peltogaster paguri, Norwegen. Cr. curvatus Preise. Auf Sacculina neglecta an Inachus scorpio, Neapel. Cr. moyiophthalmus Freise, auf Peltogaster curvatus, Neapel. Cr. paguri Freise, an den Wurzeln einer Peltogaster des Clibanarius misanthropus , Balearen. Cr. balani Buchh., Schmarotzer von Baianus. Entoniscus Fr. Müll. Weibchen im Begattungsstadium Lernaeenähnlich gekrümmt, mit lappigen Anhangspaaren im Abdomen. Schmarotzer im Innern von Paguriden und Krabben. Sechstes Beinpaar der Larve mit mächtiger Greifhand. E. Porcellanae Fr. Müll., lebt zwischen Darm und Herz einer Porcellanaart Brasiliens, E. cancrorum Fr. Müll., in Xanthoarten Brasiliens. E. Cavolonii Freise, in Cai'cinus maenas und Pachy- grapaus marmoratus, Neapel. Die als Microniscus Fr. Müll, beschriebene Form, welche an Copepoden schmarotzt, ist eine noch jugendliche, wohl zwischen Larve und Begattungsstadium stehende Form vmd dürfte darauf hinweisen, dass die Larven der Entonisciden vor dem Eintritt in das Geschlechtsstadium temporär an kleinern Crustaceen insbesondere der Copepodengruppe schmarotzen. 8. Fam. Oniscidae '), Landasseln. Nur die Innenlamellen der Afterfüsse sind zart- häutige Kiemen, die äusseren sind zu festen Deckplatten umgebildet, die beiden vordem zuweilen mit Lufträumen. Mandibeln tasterlos. Kieferfüsse plattenförmig , mit rudi- mentären Tasteranhängen. Leben vornehmlich an feuchten Orten auf dem Lande. 1. Subf. Oniscinae. Vordere Antennen ganz rudimentär und kaum bemerkbar. Abdomen Ögliedrig mit stilförmigen Schwanzgriffeln. Ligia Fabr. Geissei der äusseren Antennen vielgliedrig. Innere Antennen deutlich sichtbar. Aftergriffel sehr lang mit 2 schlanken Stilästen, die beiden Basalglieder des Abdomens verkürzt. L. oceanica L. Auf Felsen und Steinen an der Meeresküste. L. italica Fabr. Bei Ligidium ist das Casalglied des Schwiuizgriffels gabiig getheilt. L. Persona Lert. {agilis Pers.), an Teichen in Deutschland, Frankreich, Italien. Itea Koch. I. riparia, rosea Koch u. a. Arten. Oniscus L. Aeussere Antennen Sgliedrig. Innere Antennen verborgen, 4gliedrig. Schwanzgriffel nach aussen gewendet. 0. asellus L. = murarius Cuv., Mauerassel. Verwandt ist Philoseia miiscorum Scop. Porcellio Latr. Aeussere Antenen Tgliedrig. Die vordem Lamellen der Afterfüsse mit Lufträumen. P. armadilloides Lereb. P. picttcs Brdt. P. laevis Latr. P. dilatatus Brdt. P. scaber Leach., Kellerassel. Hierher gehört auch Haplophthahnus elegant Schöbl. Bei Tricho- niscus Brdt. sind die äussern Antennen bgliedrig. Blinde Onisciden sind die subterranen Titancthes (Pherusa) albus Koch, und Typhloniscus {Platyarthrus) Steinii Schöbl. 1) J. F. Brandt, Conspectus monographiae Crustaceorum Oniscidorum. Bull. Soc. nat. Moscou. 1833. K in ah an, Analysis of certain allied genera of terrestrial Isopoda. Nat. bist. Rev. 1857. 1858 und 1859. J. Schöbl, Typhloniscus Steinii etc. Wien. Sitzungsb. Bd. 40. 1860 , sowie Haplophthalmus etc. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. X. 1860. 600 3. Thoracostraca. 2. Subf. Armadillinae. Körper stärker gewölbt, zusammen rollbar, mit laraellösen, nicht vorragenden CaudalgrifFeln. Armadillo Latr. {Armadillidium Brdt.). Körper elliptisch mit Tgliedrigen Aussen- antennen. A. vulgaris L itr. A. officinanim Brdt. Ti/lux Latr. Tiflus LatreiUüi Edw., Egypten und Algier. Nahe verwandt sind die von Dana aufgestellten Gattungen Diploexochus, Sphaeroniseus. B. Thoracostraca'), Schaleukrebse. Malaliostrahen mit zusummeiKjesetzlen meist (festlUen Äugen , mit einem Rücken Schild , welches alle oder ivenigstens die vordem Drastsegmente mit dem Kopfe verbindet. Auch die Scha1enkre})se besitzen einen aus 13 Segmenten zusammen- gesetzten Vorderleib und ein Abdomen, an dessen Bildung sich 6 Segmente nebst dem Telson betheiligen , indessen erscheint der Körperbau gedrungener, zu einer vollkommenem Locomotion und höhern Lebensstufe erhoben. An Stelle der 7 deutlich gesonderten Brustringe wird die mittlere Leibesgegend von einem Rückenschilde bedeckt, welches eine festere und innigere Verschmel- zung von Kopf und Brust her.stellt. Allerdings machen sich in der Ausbildung dieses Kopfbrustschildes verschiedene Abstufungen geltend. Gewöhnlich bildet dasselbe unmittelbar das Rückenintegument der vordem oder fast sännntlicher Brustringe und erscheint nur in den seillichen nach der Bauchseite gebogenen Flügeln als freie Duplicatur. Während dieses Rückenschild bei den S/owa- iopoden und Cttmaccen nur die vordem Brustringe in sich einschliesst und die hintern Ringe als scharf gesonderte Leibessegmente frei lässt, breitet sich das- selbe bei den meisten Schi^opoden und Decapoden über sännntliche Ringe der Brust aus , welche mit dem Kopfe zu einem festen hartschaligen Vorderleib verschmelzen. Rücksichtlich der Gliedmassen, von denen 13 Paare dem Vor- derleibe und 6 dem Hinterleibe angehören, treffen wir eine von den Artliro- straken abweichende, aber selbst wieder in den einzelnen Gruppen wechselnde Verwendung. Dazu kommt, dass die Augen meist von zwei beweglich abge- setzten Stilen getragen werden, welche man lange Zeit als das vorderste Glied- massenpaar zu deuten berechtigt zu sein glaubte, während sie in Wahrheit abgegliederten Seitenstücken des Kopfes entsprechen. Die beiden Antennen- paare gehören dem Vorderkopfe an, welcher selbst wieder gelenkig abgesetzt 1) Ausser den grösseren Werken von Herbst, M. Edwards, Dana und den Aufsätzen von Duvernoy, Audouin und M. Edwards, Joly, Couch u. a. vergl. Leach, Malacostriica podophthalma Britanniae. London. 1817 — !8Jl. V. Thompson, On the metamorphosis of Decapadous C'rustacea. Zool. Journ. Vol. 2. 1831, sowie Isis 1834, 1836, 1838. H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Flusskrebses. Leipzig. 1829. Th. Bell, A history of the British stalk-eyed Crustacea. London. 1853. Lereboullct, llecherches d'Euibryologie comparee sur le dcveloppeuiont du Bx-ochet, de la Pcrche et de l'Ecrivisse. Paris. 1862. V. Mensen, Studien über das Gehörorgan der Decapoden. Leipzig. 1863. Siunesorgane. Beinpaare Kieraei. 601 sein kann (Squllliden). Das vordere Paar trägt auf einem gemeinsamen Schafte in der Regel zwei oder drei Geissein, wie man die secundären als geringelte Fäden sich darstellenden Gliederreihen bezeichnet, und ist vorzugs- weise Sinnesorgan. In seiner Basis liegen bei den Decapoden die Gehörblaseu. am Schafte und auch an den Geissein sind die zarten Fäden und Haare angebracht, welche mit Nerven im Zusammenhange stehen und als Geruchsorgane gedeutet werden. Die zweiten Antennen heften sich ausserhalb und in der Regel etwas unter den vordem an, tragen nur eine lange Geissei und bei den Lingschwän- zigen Decapoden oft eine mehr oder minder umfangreiche S'jhuppe, Auf einen röhrenförmigen Fortsatz ihres Basalgliedes mündet meist eine Drüse (Antennen- drüse) aus. Als Mundwerkzeuge fungiren die nachfolgenden drei Gliedmassen- paare, zu den Seiten der Oberlippe die verhornten, Taster tragenden Mandibeln und weiter abwärts die beiden mehrfach gelappten Maxillenpaare, vor denen unferhalb der Mundöffnung die kleine zweilappige Unterlippe liegt. Die nach- folgenden 8 Gliedmassenpaare zeigen in den einzelnen Gruppen eine ?ehr ver- schiedene Form und Verwendung. In der Regel rücken die vordem Paare, zu Hülfsorganen der Nahrungsaufnahme umgebildet, als Beikiefer oder Kiefer- füsse näher zur Mundöffnung hinauf und nehmen auch ihrem Baue nach eine vermittelnde Stellung zwischen Kiefern und Füssen ein. Bei den Cumaceen sind nur zwei Paare, bei den Decapoden sind drei Paare von Gliedmassen Beikiefer, so dass im erstem Falle sechs, im letztern fünf Paare von Beinen am Vorderleibe übrig bleiben, bei den Stotnatopoden werden sogar fünf Gliedmassen paare als Greif- und Kieferfüsse verwendet, und nur drei Paare von spaltästigen Schwimmbeinen entspringen an den drei hintern freien Seg- menten der Brust. Die Beine der Brust sind entweder noch theihveise Spalt- füsse (mit Schwimmfussast) , oder haben den Nebenast abgeworfen und er- scheinen als Golifüssc {Decapoden). Alsdann enden dieselben mit ein- fachen Klauen, die vordem häufig auch mit grossen Scheeren, indessen können ihre Endglieder auch breite Platten werden und die Gliedmassen zum Gebrauche als Schwimmfüsse befähigen. Von den sechs 2ästigen Beinpaaren des Hinter- leibes verbreitert sich das letzte Paar in der Regel flossenartig und bildet mit dem letzten Abdominalsegmente , welches zu einer ansehnlichen Platte um- gestaltet ist, die Schiva)isßnsse oder den Fächer. Dagegen sind die fünf vor- ausgehenden Fusspaare , welche als Afterfüsse den fünf vordem Abdominal- segmenten angehören, theils Schwimmfüsse {Stotnatopoden) , theils dienen sie zum Tragen der Eiersäckchen oder die vordem als Hülfsorgane der Begattung (Männchen), sie können aber auch mehr oder minder rudimentär werden und theihveise hinwegfallen. Mit seltenen Ausnahmen {Mysideen) besitzen alle Schalenkrebse büschel- förmige oder aus regelmässigen lanzetförmigen Blättchen zusammengesetzte Kiemen, welche als Anhänge der Gliedmassen auftreten. Die Stotnatopoden tragen dieselben am Hinterleibe unter den Afteifüssen , die Cumaceen entbehren der- selben bis auf ein Kiemenpaar an den zweiten Maxillarfüssen, bei den Schizopoden und Decapoden sitzen Kiemen an den Beikiefern und Gehfüssen, und zwar bei den letztern durchweg in einem besondern Kiemenraum unter den seitlichen Ausbreitungen des Panzers eingelagert. Auch die Kreislaufsorgane erlangen 602 Schalenkrebse. Herz und Gefässsystera. Dannkanal N^ ervensystem. eine hohe Entwicklung , die höchste nicht nur unter den Krebsen , sondern überhaupt unter allen Arthropoden. Ueberall haben wir ein Herz und Gefässe, bei den Sfotnafopuden ein sehr langes gefassartiges Herz, welches sich durch Brust und Hinterleib erstreckt, zahlreiche Spaltenpaare besitzt und ausser einer vordem und hintern Aorta zahlreiche sich verzweigende Arterienstämnie rechts und links austreten lässt. Bei den ütimaceen , Schlzopoden und Deca- podcn hat das Herz eine schlauch- oder sackförmige Gestalt und liegt im hintern Theile des Kopf bruststückes. Seltener ist wie bei den jüngsten Larven der Decuiwden nur ein Spaltenpaar vorhanden und das Arteriensystem nur wenig verzweigt. Bei den ausgebildeten Decapoden hat ?ich die Zahl der Spaltenpaare auf mehrere dorsale und ventrale Paare vermehrt und der Gefäss- apparat bedeutend vervollkommnet. Eine vordere Kopfaorta versorgt das Gehirn, die Fühler und Augen, 2 seitliche Artorienpaare entsenden ihre Zweige zu Magen, Leber und Geschlechtsorganen, die hintere abdominale Aorta spaltet sich meist in eine Rücken- und Baucharterie, von denen die erste die Muskeln des Schwanzes mit Aesfen versorgt, die letztere ihre Verzweigungen in die Gliedmassen der Brust und des Abdomens sendet. Aus den nicht selten capillar- artigen Verzweigungen strömt das Blut in grössere oder kleinere bindegewebig begrenzte Ganäle, die man als venöse Gelasse betrachten kann und aus diesen in weite an der Kiemenbasis gelegene Bluträume. Von da durchsetzt dasselbe die Kiemen und tritt arteriell geworden wiederum in neue gefässartige Bahnen (Kiemenvenen mit arteriellem Blute) , welche in einen das Herz umgebenden Behälter, den Pericardialsinus, führen, aus dem das Blut in die mit Klappen versehenen Spaltöffnungen des muskulösen Herzens zurückfliesst. Der Verdauungscanal besteht aus einem kurzen Oesophagus, einem weiten sackförmigen Vormagen und einem langgestreckten Magendarm, der in der Afleröffnung unter der medianen Platte der Schwanzflosse ausmündet. Der weite Vormagen, Kaumagen, wird meist durch ein festes Gliitingerüst gestützt, an welchem sich mehrere nach innen springende Paare von Kauplatten (durch Verdickung der Innern Ghitinhaut entstanden) erheben. Bei den Decapoden können unter der Haut noch zwei runde Concremente von kohlen- saurem Kalk, die sog. Krebsaugen (Flusskrebs), abgelagert werden. In den Anfangstlieil des langgestreckten Magendarms, dessen Wandungen eine zellig di'üsige BeschafTenheit erhalten, münden die Ausführungsgänge sehr umfang- reicher vielfach gelappter Leberschläuche ein. An der Basis der äu.ssern Antenne kehrt der einfache oder schleifenförmige Drüsenschlauch wieder, während eine Schalendrüse im Brustpanzer fehlt. Das Servensystem zeichnet sich durch die Grösse des weit nach vorn gerückten Gehirnes aus, von welchem die Augen- und Anteniiennerven ent- springen. Das durch sehr lange Gommissuren mit dem obern Schlundganglion (Gehirn) verbundene Bauchmark zeigt verschiedene Formen der Goncentration. Am geringsten ist dieselbe im Larvenzustand {Erichtlius, Pli.yllosoma) und bei den Schizvpodcn, deren Bauchganglienkette (Mi/sis) 10 dicht gedrängte Brust- und 6 Abdominalganglien enthält. Bei den Stomatopoden {Squ'dki) liegt im Kopfbruststück eine grosse Brustganglienmasse, welche die Kiefer und Kiefer- füsse mit Nerven versorgt , dann folgen in den drei hintern Brustsegmenten Sinnesorgane. Geschlechtsorgane. 603 3 Ganglien, von denen die drei Fusspaare ihre Nerven erhalten, und endlich im Abdomen 6 Ganglienknoten. Unter den Dccapoden besitzen die lang- schvvänzigen Formen in der Regel 12 Ganglien, G in der Brust und 6 im Abdomen, indessen kommt es auch hier schon zur Verschmelzung einiger Brustganglien {l'alaemon, Palinurus), welche bei den J^aguriden weiter vorschreitet. Hier ist auch der Reduction des Abdomens entsprechend nur noch ein Abdominal- ganglion vorhanden. Bei den kurzschwänzigen Decapoden erlangt die Con- centration des Bauchmarks ihre höchste Stufe, indem alle Ganglien zu einem grossen Brustknoten verschmolzen sind. Ebenso ist hier das System der Ein- (/eweidenerven am höchsten entwickelt. Dasselbe besteht beim Flusskrebs aus Ganglien und Geflechten an der obern Fläche des Magens, welche durch einen unpaaren Nerven mit dem hintern Rande des Gehirnes verbunden sind, ferner aus paarigen Geflechten, welche von zwei Nerven der Schlundconimissur ent- springen und Oberlippe, Speiseröhre, Magen und Lober versorgen, endlich aus Nerven des Darmes, welche von dem letzten Abdominalganglien ausgehen. Von Shwesorgunen treten am meisten die grossen l'accttemiuycn hervor. Dieselben werden — mit Ausnahme der Gumaceen mit sitzenden Augen — auf beweglichen Stilen getragen, tvclche uiorpholoyisch als die ahyrglicderten Seitentheüe des Vorderkopfes aufzufassen sind. Zwischen den gestilten Facettenaugen kommt im Jugendzustand ein medianes , dem unpaaren Ento- mostrakenauge gleichwerthiges einfaches Auge vor, ausnahmsweise können auch im ausgewachsenen Zustande paarige Augen an den Seiten der Brust- glicdmasscn und unpaare zwischen den Afterfüssen hinzutreten {Euphausia). Gehörorgane fehlen noch bei den Cumaceen und Stu?natopoden. Bei den Deca- poden treten sie als Otolithenhaltige Blasen im Basalgliede der Innern Antennen, bei vielen Schisopuden in der Innern Lamelle des Fächers auf. Als Gernchsorgane sind die zarten Fäden und Haare an der Oberfläche der Innern Antennen, als Tastorgane die Antennen, die Taster der Kiefer und wohl auch die Kieferfüsse und Beine zu deuten. Die Geschlechtsorgane liegen paarig in der Brust , oder wohl auch im Abdomen (Stomatopoden) und werden meist durch mediane Abschnitte ver- bunden. Die weiblichen bestehen aus zwei Ovarien (seltener aus einer durch- aus unpaaren Keimdrüse, Mysis) und ebensoviel Oviducten, zuweilen mit birn- förmigem Samenbehälter. Die weiblichen Geschlechtsöffhungen liegen am Hüftgliede des dritten Beinpaares oder auf der Brustplatte zwischen dem dritten Beinpaare. Die aus vielfachen Säckchen und Blindschläuchen gebildeten durch einen unpaaren Abschnitt verbundenen Hoden können weit herab in das Abdomen rücken. Ihre beiden oft vielfach gewundenen Vasa deferentia münden am Hüftgliede des fünften Beinpaare, seltener auf der Brust, zuweilen auf einem besonderen Begattungsgliede {Schisopoden) aus. Das erste Paar der After- füsse oder auch noch das zweite Paar dienen als Hülfsorgane der Begattung. Die Eier gelangen in einen von lamellösen Plattenanhängen der Beinpaare gebildeten Brutbehälter {Cumaceen, Schisopoden) oder werden von dem Weibchen mittelst einer Kittsubstanz, dem Secrete besonderer Drüsen, an den mit Haaren besetzten Afterdrüsen befestigt und bis zum Ausschlüpfen der Jungen umhergetragen {Decapoden). 60* Schalenkrebse. Fortpflanzung. Entwicklung. Lebensweise. Die Sehalenkrebse erleiden grossentheils eine Metamorphose , freilich unter sehr verschiedenen Abstufungen. Nur die Cumaceen, sowie einige Schinopoden {Mysideev) und Bccupoden (Astacus) verlassen bei vollzähliger Segnientirung mit sämmllichen Exiremitäten die Eihüllen. Dagegen schlüpfen alle Stomatopoden sowie fast sämmtliche marine Decapoden als Larven, letztere in der als Zoea bekannten Form mit nur 7 Gliedmassenpaaren des Vor- derleibes, noch ohne die 6 letzten Brustsegmente, indessen mit langem freilich gliedmas.senlosen Abdomen aus. Die beiden Fühlerpaare der Zoea sind kurz und geissellos, die Mandibeln noch ohne Taster, die Maxiilen bereits gelappt und in den Dienst des Mundes gezogen, die vier vorderen Maxillarfüsse sind Spaltfüsse und fungiren als zweiästige Seh wimmfüs.se, hinter denen bei den langschwänzigen Decapoden auch noch der dritte spätere Kieferfuss als gespaltener Schwinmifuss hinzutritt. Kiemen fehlen noch und werden ver- treten durch die düimhäutigen Seitenflächen des Kopfbrustschildes, unter welchem eine beständige Wasserströmimg in der Richtung von hinten nach vorn unterhalten wird. Ein kurzes Herz mit einem oder zwei Spaltenpaaren ist vorhanden. Die Facetlenaugen erscheinen von ansehnlicher Grösse und mei.st bereits in kurze Augenstile gerückt. Dagegen findet sich meist zwischen beiden noch ein unpaares einfaches Auge als Erbtheil der Entomostraken , das Entomostrakenauge. DieZoealarven der kurzschwänzigen Decapoden (Krabben) sind in der Regel mit stachelförmigen Fortsätzen, gewöhnlich einem Stirn- stachel, einem langen gekrümmten Rückenstachel und 3 seitlichen Stachel- fortsätzen des Kopfbrustpanzers bewaffnet. Uebrigens stellt die Zoea keineswegs überall die niedrigste Larvenstufe dar. Abgesehen von dem Vorkommen Zoeaähnlicher Larven, denen auch die mittleren Kieferfüsse felilen, gibt esPodophthalmen (Euphausla), welche als Naui)liusformen das Ei verlassen. Somit ist auch durch die Entwicklungs- geschichte eine gewisse Gontinuität für die Entomostraken und Malakostraken erwiesen. Während des Wachsthums der Zoea. deren weitere Umwandlung eine ganz allmählige ist, sprossen unter dem Kopfbrustschild die fehlenden 6 (5) Beinpaare und am Abdomen die Afterfüsse hervor, die Garneellarven treten schliesslich in ein den Schizopoden ähnliches Stadium ein, aus dem die definitive Form hervorgeht. Die Krabbenzoea aber geht mit einer spätem Häutung in eine neue Larvenform, die Megalopa, über, welche bereits ein Brachyur ist, indessen noch einen grossen nach der Bauchseite umgeschlagenen, aber mit Schwanzflosse ausgestatteten Hinterleib besitzt. Die Schalenkrebse sind grösstentheils Meeresbewohnor und ernähren sich von todten thierischen Stoffen oder auch vom Raube lebender Beute. Die meisten schwimmen vortrefflich, andere wie zahlreiche Krabben bewegen sich gehend und laufend und vermögen oft mit grosser Behendigkeit rückwärts und nach den Seiten zu schreiten. In den Scheeren ihrer vordem Beinpaare haben sie meist, besonders die Männchen , kräftige VertheidigungswafTen. Ab- gesehen von den mehrmaligen Häutungen im Jugendzustand werfen auch die geschlechtsreifen Thiere einmal oder mehrmals im Jahre ihre Schale ab {Deca- poden) und leben dann einige Zeit mit der neuen noch weichen Haut in geschützten 1. Ordnung. Cumacea. 605 Schlupfwinkeln verborgen. Einige Brachyuren vermögen längere Zeit vom Meere entfernt auf dem Lande in Erdlöchern zu leben. Diese Landkrabben unternehmen zur Zeit der Eierlage gemeinsame Wanderungen nach dem Meere und kehren später mit ihrer gross gewordenen Brut nach dem Lande zurück {Gecarcinus ruricolu). Die ältesten bis jetzt bekannt gewordenen fossilen Podophthalmen sind langschwänzige Decapoden und Schizopoden aus der Steinkohlenformation {Palaeocraw/on, Falaeocaiabus, Fyyocephalus). Sehr reich und mannich faltig sind die Podophthalmen im Oolith vertreten, welchem die ältesten Krabben angehören {Guniodronütes, Oxylhyreus). Eine merk- würdige Zwischenform der Podophthalmen und Arthrostraken ist Uronectes fimhriatus aus der Kohlenformation. L Ordnung. Cumacea^), Cumaceeii. Ohne Stilaugen, mit kleinem Kopfhrastschild und 4 bis 5 freien Brust- segmenten, mit 2 Kieferfusspauren und 6 Beinpaaren , von denen mindestens die zwei vordem Paare Spaltfüsse sind, mit lanyyestrecldem Ggliedrigen Abdomen, welches beim Männchen ausser den Schwanzanhängen 2, 3 oder 5 Schwimmfusspaare trägt. DieCumaceen, deren systematische Stellung in früherer Zeit sehr ver- schieden beurtheilt wurde, tragen in ihrer Erscheinung den Habitus von Decapodenlarven , an die sie auch in ihrer einfachen Organisation mehrfach erinnern, während sie in manchen Merkmalen wie in der Bildung der Bruttasche und Embryonalenlwicklung den Arthrostraken nahe stehn. Stets ist ein Kopf- brustschild vorhanden, welches ausser den Kopfsegmenten zugleich die vordem Brustringe und deren Gliedmassen umfasst. hidessen bleiben die vier oder fünf hintern Brustringe frei. Von den beiden Antennenpaaren sind die vor- dem klein und tragen auf einem dreigliedrigen Schaft , an dessen Ende sich vornehmlich beim Männchen Büschel von Riechhaaren anheften, eine kurze Geissei und Nebengeissel. Die untern Antennen bleiben im weiblichen Geschleclit kurz und rudimentär, während sie beim ausgebildeten Männchen mit ihrer vielgliedrigen Geissei (wie auch bei Nebalia) die Länge des Körpers erreichen können. Die Oberlippe bleibt meist klein, dagegen erreicht die tief getheilte Unterlippe einen bedeutenderen Umfang. Die Mandibeln entbehren des Tasters und entsenden unterhalb der stark bezahnten Spitze einen Borsten- kamm und einen mächtigen Molarfortsatz. Von den beiden Maxillenpaaren bestehen die vordem aus 2 gezähnten Laden und einem cylindrischen , nach 1) H. Kröyer, Fire nye Arter af slaegten Cuma. Naturh. Tidsskr. Toni. III. 1841, Derselbe. Om Cumaceernes Familie. Ebend. N. R. Tom. III. 1846. Goodsir, Description of the genus Cunia and two new genera nearly allied to it. Edinb. new Phil. Journ, Vol. 34. 1843. Spence Bäte, On the British Diastylidae. Ann. and Mag. of nat. bist. Tom. XVII. G. 0. Sars, Om den aberrante Krebsdyrgruppe Cumacea, og dens nordiske Arter. Vid.-Selsk. Forhandlinger. 1864. Derselbe. Beskrivelse af de paa Fregatten Josephines Exped. fundne Cuiuaceer. Stockholm. 1871. A. Dohrn, Ueber den Bau und die Entwicklung der Cumaceen. Jen. natuiw. Zeitschr. Tom. V. 1870. 606 Cumaceen. Innerer Bau. Fortpflanzung hinten gerichteten Geisselanhang, die tasterlosen Kiefer des zweiten Paares aus mehreren über einander liegenden Kauplatten. Die beiden nachfolgenden Extremitätonpaare dürften als Kieferfüsse zu bezeichnen sein. Die vordem sind ögliedrig und durch den Ladenfortsatz ihres Basalgliedes kenntlich, die hintern meist ebenfalls ögliedrigen Kieferfüsse besitzen ein sehr gestrecktes cylindrisches Stanmiglied und erreichen eine bedeutendere Länge. Sie tragen auch die grosse gefiederte Kieme und eine eigenthümliche Platte. Von den noch übrigen sechs als Beine zu bezeichnenden Extremitätenpaaren der Brust sind die beiden vordem stets nach Art der Schizopodenfüsse gebildet und bestehen aus einem ßgliedrigen Bein mit mächtig entwickeltem lamellösen Basalglied und einem vielglledrigen mit langen Schwimmborsten besetzten Nebenast. Die vier letzten ebenfalls Ggliedrigen Beinpaare sind kürzer und tragen in manchen Fällen, aber stets mit Ausnahme des letzteren Paares, einen kleineren oder grösseren Schwimnifussanhang als Nebenast. Das stark verengte und sehr langgestreckte Abdomen entbehrt im weiblichen Geschlecht der Schwimmfüsse durchaus, trägt aber an dem grossen 6ten Segment zu der Seite der Schwanzplatte lang- gestilte lästige Schwanzgriffel , während beim Männchen noch 2, 3 oder 5 Schwimmfusspaare an den vorausgehenden Segmenten hinzukommen. Die beiden Augen sind, wenn überhaupt vorhanden, zu einem unpaaren, über der Basis des Schnabels gelegenen Sehorgan zusammengedrängt, oder liegen doch dicht neben einander als kleine schwarze Erhebungen {Bodotria). AmDarmcanal unterscheidet man die Speiseröhre, einen mit Leisten und Zähnen bewaffneten Kaumagen, hinter welchem jederseits 3 lange Leberschläuche einmünden , und einen langen engen Darm mit der unter der Schwanzplatte ausmündenden Afteröffnung. Das ziemlich lange Herz liegt in den mittlem Brust- ringen und entsendet 2 seitliche verästelte Arterien, eine Kopfaorta und eine Aorta posterior. Das Blut gelangt in bestimmten Bahnen nach dem Kopf- brustschild , an welchem die Respiration stattfindet. Ausserdem ist jedereeits am zweiten Maxillarfuss ein besonderer vielfach gespaltener Kiemenanhang vorhanden, durch dessen beständige Vibration auch die Erneuerung des die Unterseite des Schildes bespülenden Wassers bewirkt wird. Als Excretions- organe werden zwei zu den Seiten des Herzens gelegene Schläuche gedeutet. Die beiden Geschlechter unterscheiden sich durch die Gestalt der hintern Antennen und des Abdomens (Kröyer). Bei der Begattung hält .sich das Männchen auf dem Rücken des Weibchens mit den beiden grossen vordem Beinpaaren fest und schlägt deren Klauen unter den Einbuchtungen des Kopf- brustschildes ein. Die Eier gelangen in eine von den verbreiteten Beinpaaren gebildete Bruttasche und durchlaufen in derselben die Embryonalcntwick- lung. Diese zeigt die grösste Aehnlichkeit mit der der Isopoden. Wie hier liegt das Abdomen anfangs nach dem Rücken umgeschlagen, erfährt jedoch später eine Umbiegung nach der Bauchseite. Die ausschlüpfenden Jungen entbehren noch des letzten Brustbeines und der Abdominalfüsse. Von der Lebensweise der Cumaceen ist bekannt, dass sich dieselben nahe am Strande auf sandigem und morastigem Grunde, theilweise in bedeutenden Tiefen auf- halten, am Tage ruhen und Nachts umherschwimmen. Diastylidae. — 2. Ordnung. Stomatopoda. 607 1. Farn. Diastylidae. Mit den Charakteren der Ordnung. Diastylis Say. {Cutna Kr.) Mit 5 freien Thoracalseguienten, stark verschmälertem schlanken Abdomen, mit wohlentwickelter Schwanzplatte. Beide Geissein der vordem Antennen mehrgliedrig. Die drei hintern Brustbeinpaare des Weibchens ohne Schwimra- fnssanhang. Geisselanhang der Maxille mit 2 Borsten. Im männlichen Geschlechte entbehrt nur das letzte Beinpaar des Nebenastes, und es tragen die beiden vordem Abdominalsegmente grosse Fusspaare. D. Rathkii Kr., Nordsee. D. Edwardsii Kr. u. m. A. Nahe verwandt ist Leptostylis G. 0. Sars. Leucon Kr. Aeusserer Geisselanhang der vordem Antennen sehr kurz, eingliedrig. Bei dem augenlosen Weibchen sind nur die zwei letzten Beinpaare der Brust ohne Schwimmfussanhang. Schwanzplatte klein. Der Geisselanhang der Maxillen trägt nur eine Borste. Männchen wie bei Dia«tylis. L. nasicus Kr. , Norwegen. Nahe verwandt ist Eudora Sp. Bäte {Eudorella Norm.), ebenfalls augenlos, ohne Schnabel. E. emarginata Kr. E. truncatula Sp. Bäte. Lamprops G. 0. Sars. Aeussere Geissei der Vorderfühler 2gliedrig , innere Sgliedrig , auch das vorletzte und drittletzte Beinpaar des Weibchens mit kleinem 2gliedrigen Nebenanhang. Auge vorhanden. Männchen mit 3 grossen Schwiramfusspiiaren am Abdomen. L. rosea Norm, (das Männchen als Cyrianassa elegans beschrieben), Norwegen. Nahe verwandt sind die von G. 0. Sars aufgestellten Gattungen Pseudocuma, Petalopns, Cumella. Bodotria Goods. {Campylaspis G. 0. Sars), Mit nur 4 freien Brustsegmenten. Vordere Antennen ohne äussern Geisselanhang. Nur die beiden vordem Beinpaare der Brust tragen einen vollkommen entwickelten Schwimm- fussanhang. Schwanzplatte ganz klein. Männchen mit 5 Schwimmfusspaaren des Ab- domens. C. longicaudata G. 0. Sars, Lofoten, in bedeutender Tiefe. C. Goodsiri Van Ben. 2. Ordnung. Stomatopoda^), Maulfüsser. Langgestrecläe Schalenkrebse mit Tiurzem die Briistsegmente nicht über- deckenden Kopfbrustschild, mit 5 Paaren von Miindfüssen und 3 spaltästigen Beinpaaren, mit Kiemenhüscheln an den Schwimnifüssen des mächtig ent- wickelten Hinterleibes. Die Stomatopoden , zu denen man früher auch die Schizopoden , ferner die Gattung Leucifer und die nunmehr als Scyllarus- und Falinurus]a.rxen erwiesenen Phyllosonien stellte, werden gegenwärtig auf die nur wenige Formen umfassenden, aber scharf und gut begrenzten SquilUden oder Heuschrecken- krebse beschränkt. Es sind Schalenkrebse von ansehnlicher Grösse und ge- streckter Körperform, mit breitem, mächtig entwickeltem Abdomen, welches an Umfang den Vorderleib bedeutend überwiegt und mit einer ausserordentlich grossen Schwimmflosse endet. Das weichhäutige Kopfbrustschild bleibt kurz und lässt mindestens die drei grossen hintern Thoracalsegmente, welchen die gespaltenen Ruderbeine angehören, völlig unbedeckt. Aber auch die kurzen Segmente der Raubfüsse sind nicht mit dem Schilde verwachsen. 1) Ausser Dana, M. Edwards u. a. vergleiche: Duvemoy, Recherches sur quelques points d'organisation des Squilles. Ann. des scienc. nat. 2 Ser. Tom. VIII. Fr. Müller, Bruchstück aus der Entwicklungsgeschichte der Maulfüsser. I u. II. Archiv für Naturg. Tom. XXVIII. 1862. und Tom. XXIX. 1863. C. Claus, Die Metamorphose der Squilliden. Abhandl. der Göttinger Societät. 1872. C. Grobben, Die Geschlechts- organe von Squilla mantis. Sitzungsber. der K. Akad. der Wissensch. Wien. 1876. W. K. Brooks, The Larval Stages of Squilla Empusa. Chesapeake Zool. Laborator, Scientific Results. 1878. 608 Stomatopoden. Körperbau. Nervensystem. Der vordere Abschnitt des Kopfes, welcher die Augen und Antennen trägt, bleibt beweglich abgesetzt, wie auch an der Brustseite die nachfolgenden vom Kopfbrustschilde bedeckten Segmente eine beschränkte Beweglichkeit bewahren. Die vordem oder Innern Antennen tragen auf einem langgestreckten Sgliedrigen Stile drei kurze vielgliedrige Geissein , während die Antennen des zweiten Paares an der äussern Seite ihrer vielgliedrigen Geissei eine breite um- fangreiche Schuppe tragen. Die weit abwärts gerückten Mandibeln enden mit zwei zangenartig gestellten , bezahnten Fortsätzen und besitzen einen nur dünnen dreigliedrigen Taster. Die Maxillen sind verhältnissmässig klein und schwach, die vordem mit hakenförmig ausgezogener Lade und kleinem Taster- rudiment, die untern vier- bis fünflappig, stets ohne Fächeranhang, Ausser den Kieferpaaren sind die 5 folgenden beinartig gestalteten Extremitätenpaare dicht um den Mund gedrängt und desshalb treffend als Mundfüsse bezeichnet worden. Sämmtlich tragen sie an der Basis eine scheibenförmige Platte, die an den beiden vordem Paaren einen ansehnlichen Umfang erreicht. Nur das vordere Paar (1. Kieferfuss) ist dünn und tasterförmig, jedoch mit kleiner Greif- zange bewaffnet, die übrigen dienen zum Ergreifen und zum Raube der Beute. Bei weitem am umfangreichsten ist das zweite Paar (2. Kieferfuss), welches mehr oder minder weit nach aussen gerückt, einen gewaltigen Raubfuss mit enorm verlängerter Greifhand darstellt. Die drei folgenden Paare sind gleichgestaltet und enden mit schwächerer rundlicher Greifhand. Somit bleiben zum Gebrauche der Locomotion nur die drei Beinpaare der 3 letzten unbedeckten Brustsegmente und zwar in Form von spaltästigen Ruderfüssen übrig. Um so mächtiger aber sind die Schwimmfüsse des Abdomens entwickelt, deren äussere Lamellen die Kiemenbüschel tragen. Das Nervensystem zeichnet sich durch sehr lange Schlundcommissuren aus, die vor dem Eintritt in den Bauchstrang noch eine Querverbindung besitzen. Das Gehirn liegt ganz vorn im Antennensegment des Kopfes, und die vordem Ganglien der Brust (im Larvenleibe noch gesondert) sind zu einer gemeinsamen und grossen untern Schlundganglienmasse vereint , deren Nerven die Mund- theile und sämmtliche Raubfüsse versorgen. Nur die drei hintern Brust- ganglien erhalten sich in den drei Segmenten der Ruderbeine gesondert. Denselben folgen sechs ansehnliche Ganglien in den Schwanzsegmenton. Auffallenderweise wurden bislang Gehörorgane vermisst, während Riechfäden an der kurzen Geissei der Innern Antennen in grosser Zahl aufsitzen. Die Speiseröhre ist kurz, der Kaumagen einfacher als bei den Decapoden gebaut, der Gliylusdarm geradgestreckt und mit 10 Paar Leberbüscheln besetzt. Das Herz besitzt zahlreiche Spaltenpaare und die Form eines langen Rücken- gefässes, welches sich durch Brust und Abdomen erstreckt, in jedem Segmente ein Paar seitlicher Arterien abgibt, vom in eine Kopfaorta mit Augen- und Antennengefässen , am hintern Ende in eine verästelte Arterie der Schwanz- platte ausläuft. Der Hoden liegt als un paarer Schlauch zwischen Rückengefass und Darm in der Schwanzflosse, bn letzten Abdominalsegment theilt er sich in zwei Schenkel, welche unter vielfachen Schlängelungen neben einander bis in die Geschlechtsorgane. Metamorphose. 609 vordt.'rn Abdominalsogmente verlaufen, wo sie unter Bildung kleiner Aus- buchtungen zu Samenleitern werden. Beim Eintritt in das Brustsegment wendet sieh jeder Samenleiter seitwärts, um in die Goxa des letzten Brustfusses zu- gleich mit einem mächtigen vielfach gewundenen Drüsenschlauch, welcher die Brustsegmente einnimmt, in die Ruthe einzutreten. Das Ovarium besteht mit Ausnahme seines unpaaren in der Schwanz- flosse gelegenen Endabschnitts aus paarigen seitlich gelappten Hälften, welche medialwärts zusammenstossend, zwischen Darm und Hera das Abdomen und die drei grossen Brustringe erfüllen. Im drittletzten Brustringe geht jeder Ovarialschenkel in den Oviduct über, welcher mittelst kleiner runder Oeffnung zur Seite einer medialen als Receptaculum fungirenden Tasche ausmündet. Beide Geschlechter sind nur wenig verschieden. Indess ist das Männchen leicht an dem Besitze des Ruthenpaares an der Basis der letzten Ruderbeine, sowie an dem etwas umgestalteten ersten Fusspaare des Abdomens kenntlich. Die Weibchen tragen die Eier nicht mit sich herum, sondern setzen dieselben in die von ihnen bewohnten Gänge oder Höhlungen ab. Die postembryonale Entwicklung beruht auf einer complicirten Metamor- phose, die uns leider bislang nicht vollständig bekannt geworden ist. Die jüngsten der beobachteten Larven (etwa von 2'um Länge) erinnern bereits durch das grosse mit Dornfortsätzen bewaffnete Kopfbrustschild, welches sich mantel- ähnlich um den Körper herumschlägt, an die Erichthiisiovm und besitzen schon sämmtliche Segmente der Brust, entbehren aber noch den Hinterleib bis auf die Schwanzplatte , sind also von der Zo'ea der Decapoden weit ver- schieden. Ausser den noch kurzen einfach gebildeten Fühlern und den tasterlosen Mundtheilen sind fünf zweiästige Beinpaare (die spätem 5 Kieferfusspaare) vorhanden, welche im Aligemeinen nach Art der Zoeabeine gestaltet sind. Die 3 letzten Brustsegmente sind gliedmassenlos und enden mit der breiten, ein- fachen Schwanzflosse , so dass man leicht zu der Täuschung verleitet wird, dieselben als Hinterleibsringe zu betrachten. Etwas ältere Larven haben jedoch vor der Schwanzflosse ein neues Segment mit der Anlage zu einem Afterfusse gebildet; in einem noch weiter vorgeschrittenen Stadium besitzen sie 3, später 5 Hinterleibssegmente mit entsprechenden Gliedmassen und An- lagen zu den Seitenlaniellen des Schwanzfächers, deren Segment sich zuletzt von der Schwanzplalte sondert. Am Thorax bilden sich die Beine des zweiten Paares frühzeitig zu den grossen Raubfüssen um, während die drei hintern Beinpaare längere Zeit als zweiäslige Schwimmfüsse bestehen , um dann rück- gebildet unter Verlust des Nebenastes zu kleinen Raubfüssen zu werden. Erst nachdem die 3 Raubfusspaare als solche angelegt sind (in manchen Fällen wie es scheint sogar als Neubildungen) , sprossen an den drei bislang glied- massenlosen Zwischensegmenten die Anlagen zu den Spaltfüssen hervor, und die Erichthuslorm ist in allen wesentlichen Charakteren ausgebildet. Diese geht allmählig durch Fortbildung der Fühlergeisseln und Kiemen in die Squülerichthusiovm oder in die gestrecktere Squilloidform über und dürfte zur Gattung Gonodactylus führen. Claus, Zoologie. 1. Aiiflaye. 39 610 Maulfüsser. Metamorpbose. — Squillidae. Eine andere Entwicklungsreihe scliliesst die ^/fmalarven in sich ein und führt durch etwas abweichende Uebergangsglieder zu Sqnilln ') hin. Die jüngsten dieser Larven , die wahrscheinlich in dieser Form (also bereits nach Rückbildung der drei hinteren Schwimmfusspaare) die Eihüllen verlassen, besitzen ausser den noch einfach gestalteten Fühlern, von denen die hintern noch der Geissei entbehren , und ausser den tasterlosen Mandibeln und Maxillen die langen und dünnen lasterähnlichen Kieferfüsse und die grossen Raubfüsse, dann folgen 6 fusslose Segmente und das Abdomen mit seinen lästigen Schwimmfüssen nebst der noch einfachen Schwimmflosse. Später treten hinter den grossen Raubfüssen die Anlagen der drei kleinen Raubbeine als zweizipflige Schläuche, so wie an den drei nachfolgenden noch vom Rückenschilde bedeckten Brustsegmenten die Anlagen der drei Ruderbeine als kurze einfache Höcker hervor. In einem weiter vorgeschrittenen Entwicklungsstadium sind die drei Greiffüsse schon als solche kenntlich, zwar noch sehr kurz, aber schon deutlich gegliedert und wie die beiden vorausgehenden Kieferfüsse mit einer kleinen scheibenförmigen Kiemenplatte besetzt , während die drei nachfolgenden Bein- paare zweiästige ungegliederte Schläuche darstellen , und an der Aussenplatte der Abdominalfüsse Kiemenanlagen hervorsprossen. Im nächsten Stadium ist die Alima vollkommen ausgeprägt. Endlich folgt eine sehr langgestreckte SquilloicUorm als Vorläufer der Squilla. Die Stomatopoden gehören ausschliesslich wärmeren Meeren an, schwim- men vortrefflich und ernähren sich vom Raube anderer Seethiere. 1. Fam. Sqnillidae, Heuschreckenkrebse. Rückenschild durch zwei Längsfurchen in drei Lappen getheilt, der runde Vorderkopf beweglich abgesetzt. Squilla Rond. Rückenschild vom verschmälert, mindestens die vier hintern Brust- segmente frei lassend. Abdomen mit gerippter Oberfläche. Nebenanhang der Ruder- beine langgestreckt cylindrisch. Die Endklauen der grossen Raubfüsse mit starken Hakentortsätzen. Abdomen nach hinten an Breite zunehmend. Sq. mantis Rond. Sq. Desmarcstii Risso, Adria und Mittelmeer. Sq. ncpa Latr., Küste von Chili. Sq. raphidea Fabr., Indische Meere u. v. a. A.; die Arten mit glatter Überfläche und abgerundetem breiten Schilde wurden von Dana als Lysiosquilla unterschieden. L. maculata Lam. Bei Pneudo- squilla Dana lässt der glatte Panzer des Kopfbrustschildes nur die 3 letzten Brust- segmente unbedeckt. Ps. Lessonii Guer., Meere von Chili. Ps. stylifera Lam., Sandw. Inseln. Gonodactylus Latr. Klauenstück des grossen Raubfusses aufgetrieben und ohne Zahnfortsätze. G. chiragra Fabr., in den wärmern Meeren sehr verbreitet. Bei Coronis Latr. ist der Nebenanhang der Ruderfüsse lamellös, fast scheibenförmig. C. scolopendra Latr., Bra.silien. Die von M. Edwards und Dana unterschiedenen Familien der Eriehthiden ent- halten nur .Jugendzustände von Squilliden, sowohl Alima als Erichthus und Squill- erichthus sind Stomatopodenlarven. 1) Diese von Claus nach einer Sammlung von Weingeistexemplaren abgeleitete Entwicklungs weise ist jüngst von Broocks an lebenden Larven beseitigt worden. 3. Ordnung. Podophthalmata. 611 S.Ordnung. Podophthalmata'). Stiläugige Schalenkrebse. Stiläugige Schaleiikrehse mit umfangreichen über den Thorax ausgedehnten Kopfbrustschild, mit {zivei) drei Paaren von Kiefer füssen und (sechs) fünf Paaren spaltästiger oder einfacher Thoracalbeine. Die Podophthalmen theilen mit den Stomatopoden den Besitz beweglicher Stilaugen, entfernen sich jedoch von jenen sowohl nach Organisation als Ent- wicklung so bedeutend , dass sie als Ordnung getrennt zu werden verdienen. Bei überaus variirender, bald langgestreckter, bald breiter und gedrungener Körpergestalt besitzen sie durchweg einen weit umfangreichern, über sänimt- liche Brustsegraente ausgebreiteten Schalenpanzer, welcher die Rückendecke des Thorax meist vollständig in sich aufgenommen hat. Indessen können unterhalb desselben eine Reihe von Brustringen als Segmente gesondert bleiben {Schizopoden). Die acht auf die Maxillen folgenden Gliedmassenpaare können noch untereinander übereinstimmend gestaltet sein und als Spaltfüsse mit Schwimmfussasi vornehmlich zur Bewegung und Strudelung dienen. In diesem, für die Schizopoden zutreffenden Falle, werden jedoch die beiden vordem Paare durch Verkürzung und winklige Knickung ihres Hauptastes zu Kieferfüssen vorbereitet. Viel vollständiger erscheinen sie als solche bei den Decapoden umgestaltet, deren fünf hintere Beinpaare unter Verlust des Schwimmfussastes zu Gehfüssen ausgebildet sind. Auch das dritte Paar tritt hier als spaltästiger Kieferfuss auf, freilich oft in einer an die nachfolgenden Beine so innig anschliessenden Form , dass dasselbe in einzelnen Fällen (Gar- neelen) sehr wohl als Bein betrachtet werden könnte. Die Füsse des Abdomens tragen ausnahmsweise noch (Sü/-?e//a-Männchen, Cullianideu) Kiemenanhänge, welche bei allen andern Podophthalmen an den Gliedmassenpaaren der Brust aufsitzen. Im Gegensatz zu den Stomatopoden zeigt die innere Organisation eine ge- drungenere Gestaltung. Das Herz gewinnt die Form eines verkürzten Schlauches oder Sackes, dessen Wandung von mehreren schräg gestellten ventralen und dorsalen Ostien paaren durchbrochen wird. An demselben entspringen ausser den beiden Aorten seitliche Arterienpaare, welche wie jene an ihrem Ursprung einen Klappenverschluss enthalten und ihre Zweige vornehmlich zu Magen und Leberschläuche entsenden. Ovarien und Hoden liegen im Thorax und lassen nur ausnahmsweise Fortsätze und Ausläufer in das Abdomen eintreten. Im Verlaufe des meist langen geschlängelten Samenleiters kommt es zur Bildung von Spermatophoren, welche meist mit Hülfe accessorischer Begattungsorgane der vordem Bein- paare des Abdomens übertragen werden. Die vom Weibclien abgesetzten Eier werden entweder wie bei den Schizopoden von Brutblättern der hintern Brustbeine bedeckt oder an den 1) Herbst, Versuch einer Naturgeschichte der Kraben und Krabben und Krebse. 3 Bde. Berlin. 1782—1804. Leach, Malacostraca podophthalma Brittanniae. London. 1817—21. Th. Bell, A history of the British stalkeyed Crustacea. London. 1853. 39* 612 1. Unterordnung. Schizopoda. Beinen des Abdomens niiltelst eines Kittstoffs befestigt und bis zum Aus- schlüpfen der Brut umhergeti'agen. Diese verlässt ineist in Zoeaform die Eihüllen, um nach mehrfachen Häutungen, unter oft complicirten Verwandlungs- vorgängen, allmählig in die Gestaltung des Geschlechtsthieres einzutreten. Den Stomatopoden gegenüber erschienen die Schizopoden und Decapoden als nahe verwandte Glieder einer gemein.samen Entwicklungsreihe, in welcher sich diese als die höhern zu jenen als den niedern Formzuständen, ähnlich etwa wie die Batrachier zu den Perennibranchiaten verhalten und in ihrer ontogenetischen Entwicklung ein Schizopoden-ähnliches Stadium durchlaufen. 1. Unterordnung. Schizopoda '), Spaltfüssige Krebse. Kleine Schalenkrebse mit grossem, meist zarthäatigem Kopfhrustschild und acht Paaren gleichartig gestalteter Spaltfüsse, welche häufig Jrei vor- stehende Kiemen tragen. In ihrer äussern Erscheinung tragen die Schizopoden bereits den Habitus der langschwänzigen Decapoden, da sie wie diese einen langgestreckten meist ziemlich stark comprimirten Körper mit ansehnlichem die Brustsegmente mehr oder minder vollkommen überdeckenden Kopfbrustschild und mächtig ent- wickeltem Abdomen besitzen. Indessen weicht der Bau der Kieferfüsse und der Beine des Thorax wesentlich ab und nähert sich wie auch die einfachere innere Organisation den älteren Garneellarven. Auch lässt das Brustschild sämmt- licher Tiefseeformen eine grössere Zahl von Thoracalsegmenten {Siriella), im frühern Larvenalter sogar wie bei Nehaliu sämmtliche Segmente des Mittel- leibes frei, von denen später eine grössere oder geringere Zahl an der Rücken- seite mit der Haut des Schildes verschmilzt {Gnathophausia). Die drei Kieferfusspaare bleiben noch im Dienste der Locomotion und sind den nachfolgenden Beinpaaren ähnlich gebaute Spaltfüsse, welche durch den Besitz eines vielgliedrigen borstenbesetzten Nebenastes zur Strudelung und Schwimmbewegung geeignet erscheinen. Jedoch stehen die beiden vordem Paare durch kürzere und gedrungenere Form, auch wohl durch Laden fort sätze der Basalglieder schon in näherer Beziehung zu den Mundwerkzeugen {Mysis, 1) Ausser den Werken und Schriften von Dana, M. Edwards, Rathke, Kröyer, Sars, Loven u. a. vergl.: Frey und Leuckart, Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. Braunschweig. 1848. Van Beneden, Recherches sur la faune littorale de Bel- gique. Crustaces. Bruxelles. 1861. Sars, Beskrivelse over Lophogaster typicus. Christiania. 1862. Kröyer, Bidrag til Kundskab om Krebsdyrfamilien Mysidae. Naturh. Tidsskrift. 3 R. Tom. I. C. Claus, lieber einige Schizopoden und andere Malakostraken Messina's. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XlII. 1863; ferner die Gattung Cynthia, ebendas. Tom, XVIII. 1868. G. 0. Sars, Histoire naturelle des Crustaces d'eau douce de Nor- vege. I. Christiania. 1867. Derselbe, Carcinologiske Bidrag til Norges Fauna. 1. Mysider. Christiania. 1870 u. 1872. Ed. Van Beneden, Recherches sur l'embryogenie des cru- staces. II. Developpement des Mysis. Bull, de l'Acad. Roy. Bruxelles. Tom. XXVIII, 1869. E, Metschnikoff, Ueber ein Larvenstadium von Euphausia. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XIX. 1869 und 1871. R. v. Willem o es -Suhm, On some Atlant. Crustacea. from the Challenger Expedition. Transact. Linn. Soc. Ser. 2. Tom. I. 1875. Innerer Bau. Fortpflanzung. 613 Siriellu). Der Hauptast des Beines ist immer verhältnissmässig dünn und schmächtig und endet mit einfacher schwacher Klaue oder mit mehrgliedriger Tarsalgeissel. Selten (Etiphausia) bleiben die beiden letzten ßeinpaare bis auf die mächtig entwickelten Kiemenanhänge ganz rudimentär. Die Beine des Abdomens sind im weiblichen Geschlechte meist winzig klein, im männlichen Geschlechte mächtig entwickelt, theilweise von abnormer Form und Grösse (Hülfs Werkzeuge der Begattung), tragen aber nur ausnahmsweise {Siriella- Männchen) Kiemenanhänge. Das Fusspaar des 6ten meist sehr gestreckten Segmentes ist stets 2ästig lamellös , schliesst häufig in der innern Lamelle eine Gehörblase ein und bildet mit dem Telson eine mächtige Schwimmflosse. Die vordem Antennen tragen auf einem starken dreigliedrigen Schaft, der im männlichen Geschlechte in einen ansehnlichen mit Riechhaaren dicht besetzten Fortsatz ausläuft, zwei lange vielgliedrige Geissein. An dem Schafte der hintern Antenne, die nur eine sehr lange Geissei bildet, findet sich die für die Thora- kostraken so charakteristische borstenrandige Schuppe. Oberlippe und Unter- lippe bilden einen mehr oder minder helmförmigen Mundaufsatz. Die Man- dibeln sind oft an der rechten und linken Seite ungleichmässig bezahnt und besitzen einen dreigliedrigen Taster. Von den Maxillen sind in der Regel die vordem mit 2 Kauladen , seltener mit einem Tasteranhang versehen, während die untern in eine grössere Zahl von Laden zerfallen und sowohl am Ende als an der Rückenseite einen borstenbesetzten Lappen tragen (Mysis). Die innere Organisation verhält sich entsprechend der geringen Grösse ziemlich einfach. Das Nervensystem zeichnet sich durch die gestreckte Form der Ganglienkette aus, deren Ganglien sich fast in allen Segmenten erhalten. Auffallenderweise liegt das Gehörorgan, wenn ein solches auftritt, in der innern Lamelle der Schwanzflosse und empfängt seinen Nerven vom letzten Schwanzganglion. Der Gehörnerv bildet vor seinem Eintritt in die Gehörblase eine Anschwellung, tritt dann durch die Wandung in den Innenraum ein, um an zahlreichen gekrümmten stäbchenförmigen Haaren an dem grossen ge- schichteten Otolithen zu enden. Ebenso auffallend ist das Vorkommen von acht Nebenaugen in der Euphausidengruppe. Dieselben sind bewegliche Kugeln mit Linse und röthlichem Pigmentkörper und sitzen rechts und links am Basal- güede des 2ten und des 7ten Beinpaares, sowie zwischen den Schwimmfüssen der 4 vordem Abdominalsegmente. Herz- und Kreislaufsorgane schliessen sich denen der älteren Decapoden- larven an ; das Herz scheint im einfachsten Falle nur ein Spaltenpaar zu be- sitzen, entsendet aber bereits die beiden Aorten und mehrere Paare seitlicher Arterienstämme. Bei Siriella besitzt das gestreckte an beiden Enden lang aus- gezogene Herz, ein dorsales und ventrales Ostienpaar und erstreckt sich von der Kiefergegend bis in das letzte Thoracalsegment. Ausser den terminalen Aorten und dem angrenzenden vordem Arterienpaare entspringen in der Gegend der Spaltöffnungen wie bei den Hyperiden zwei enge mittlere Arterienpaare, welche besonders die Leberschläuche versorgen. Vor der hintern Aorta tritt eine mächtige Sternalarterie aus. Kiemen fehlen entweder vollkommen (bei Mysis, deren Brustbeine aller- dings am Thorax je eine lamellenähnliche wahrscheinlich als Kieme fungh'ende 614 Schizopoden. Entwicklung. Larvenstadium. Erhebung bilden), oder sitzen als gewundene Schläuche den Schwanzfüssen an (Männchen von Siriella = Gynth/lu) oder erheben sich endlich wie bei den Decapoden als ramificirte Anhänge an den Brustbeinen. Im letzteren Falle ragen sie entweder ganz frei in das äussere Medium (Eiiphnusidae) oder ihre dorsalen Büschel rücken in einen eigenen von der Ausbreitung des Brustschildes gebildeten Kiemenraum {Loj)hoyasier). Die Männchen sind von den Weibchen durchweg auffallend verschieden, so dass sie früher zur Aufstellung besonderer Gattungen Veranlassung gaben. Erstere besitzen an den Vorderfühlern eine kammförmige Erhebung zum Tragen der grossen Zahl von Riechhaaren und sind durch die ansehnlichere Grösse der Schwanzfüsse , von denen die vordem überdies mit Gopulationsanhängen versehen sein können, zu einer raschern und vollkommnern Bewegung befähigt, der wiederum das grössere Athmungsbedürfniss und der Besitz von Kiemen- anhängen bei Siriella entspricht. Die Weibchen tragen zuweilen an den beiden hintern Beinpaaren (Mysidae) oder auch zugleich an den mittleren und vordem {Lophogastcr) Brustfüssen Brutbehälter zur Bildung eines Brutraums, in welchen wie bei den Ringelkrebsen die grossen Eier ihre Embryonalentwicklung durch- laufen. Das Ei von Mysis erleidet eine partielle Furchung. Nach der Befruchtung (Ed. van Beneden) sondert sich an dem einen Pole eine Anhäufung von Protoplasma, welche durch Furchung in 2 Zellballen zerfällt. Durch fort- gesetzte Theilung entsteht ein Zellhaufen , welcher den Nahrungsdotter um- wachsend, das Blastoderm mit dem bauchständigen Keimstreifen bildet. Während am vordem Ende desselben durch seitliche Ausbreitung die Kopf- lappen hervorwachsen , sondert sich am Hinterende sehr frühzeitig die Anlage des Schwanzes. Dieser ist wie bei den Decapoden gegen die Bauchseite um- geschlagen. Dann erst legen sich in Gestalt von drei Höckerpaaren die zwei Antennenpaare und die Mandibeln, sowie ein den blattförmigen Anhängen von Asellus entsprechendes Höckerpaar an. Der in das Naupliusstadium eingetretene Embryo häutet sich durch Abhebung der Naupliuscuticula. In diesem Stadium durchbricht derselbe die Eihülle und wird unter Entfaltung des langen nun- mehr nach dem Rücken zu gekrümmten Schwanzes in der mütterlichen Brut- tasche frei, um durch Sprossung und fortschreitende Ausbildung der noch fehlenden Gliedmassenpaare die Mysisform allmählig auszubilden. Während hier wie auch bei Siriella und Lophoyaster die Entwicklung continuirlich fort- schreitend innerhalb der Bruttasche verläuft, gestaltet sich dieselbe in der Euphausidengruppe als überaus vollständige, durch eine Reihe frei umher- schwimmender Larvenformen bezeichnete Metamorphose. Die junge Euphausia schlüpft als Naupliuslarve aus, an der auch alsbald die drei nachfolgenden Gliedmassenpaare in Form Avulstförmiger Erhebungen auftreten. Der an- sehnlich grosse Naupliuspanzer, auch nach vorn um die Basis der Antennen in Form eines gezackten Saumes herumgeschlagen, entspiicht der Anlage nach dem Hautpanzer des Kopfbrustschildes, unter dem auch schon zu den Seiten des unpaaren Auges die Stäbchenschicht der Seitenaugen sichtbar wird. Nun folgt nach abgestreifter Haut das Frotozo'ea und hierauf das Zae«stadium (von Dana als Calyptopis beschrieben) mit freilich nur 6 Gliedmassenpaaren Mysidae. Euphausidae. Lophogastridae. 615 und langem, bereits vollzählig gegliedertem fusslosen Abdomen. In den zahl- reichen nachfolgenden Larvenstadien {Furcilia, Cyrtopia) bilden sich der Reihe nach die fehlenden Extremitäten aus. 1. Farn. Mysidae. Die Seh wanzfüsse des Weibchens sind ganz rudimentär. Kiemen- anhänge der Brustfüsse fehlen, Gehörorgane in den inneren Seitenblättern der Schwanz- flosse. Die vordem Brustsegmente mit dem Rückenschild verwachsen. Zwei Paar von Kieferfiissen mit einfachem Endgliede , die übrigen mit kurzgeringelter Tarsalgeissel. Grosse plattenförmige Anhänge der beiden letzten Beinpaare bilden im weiblichen Geschlecht eine Bruttasche, in welcher sich die Eier entwickeln. Eine Metamorphose findet nicht statt. Mysis Latr. Mandibeln mit mächtigem Molarfortsatz. Tarsalabschnitt der 6 Bein- paare vielgliedrig. Viertes Paar der männlichen Abdouiinalfüsse stilförmig verlängert, nach hinten gerichtet (Podopsis). M. vulgaris Thomps. M. flexuosa Fr. Müll. M. inennis Rathke, Nördliche Meere. M. oculata Fabr., Grönland und M. relicta Loven, in den scandina vischen Binnenseen. Von G. Sars sind eine Reihe von Mysideengattungen aufgestellt worden: Mysidopsis, Pseudomma, Boreomysis, Erythrops, Amblyopsis, Mysi- deis, Leptomysiä. Verwandt sind Änchialus Kr., Promysis Dana. Siriella Dana. Tarsus der ö Beinpaare eiufach, von einem Borstenkreis umstellt, mit einer Klaue bewaffnet. Männchen {Cyiithia) mit eingerollten Kiemenanhängen an den kräftig entwickelten Schwanzfüssen. S. Edwardsi Cls., Südsee. S. norvegica G. 0. Sars. Petalophthalmus W. Suhm. Brustschild frei, mit den 5 hintern Brustsegmenten nicht verwachsen. Die 2 vordem Beinpaare Kieferfussartig umgebildet. Abdominalfösse des Weibchens rudimentär. 7 Paare von Brutplatten an den Brustbeinen. P. armiger W. Suhm. , Tiefseeform. 2. Farn. Euphausidae. Die Maxillarfüsse mit den Brustfüssen vollkommen über- einstimmend gebaut, von denen die beiden letzten Paare mehr oder weniger rudimentär sind. Alle Beinpaare tragen frei vorstehende verästelte Kiemen, die von vorn nach hinten an Grösse zunehmen; die Schwanzfüsse in beiden Geschlechtern ansehnlich ent- wickelt, die beiden vordem Paare des Männchens mit eigenthümlichen zur Befestigung der Spermatophore dienenden Copulationsanhängen. Accessorische Augen am Thorax und Abdomen oft vorhanden. Weibchen ohne Brutblätter. Entwicklung mittelst sehr vollständiger Metamorphose. Thysanopoda Edw. {Noctiluca Thomps.). Mit 7 wohl entwickelten Beinpaaren. Vorletztes Paar kleiner als die vorausgehenden, zuweilen nur 4gliedrig, letztes Beinpaar ganz rudimentär, aber mit ansehnlichen Kiemen, 2gliedrig. Th. norvegica Sars. Mit 8 Nebenaugen. Th. tricuspidata Edw., Atl. Ocean. Euphaasia Dana. Mit nur 6 wohl entwickelten Beinpaaren , die beiden letzten Beinpaiire zwar mit ansehnlichen Kiemen, aber ganz rudimentär. Sämmtliche bekannte Arten mit Nebenaugen. E. Millleri Cls., Messina. E. splendena Dana, Atl. Ocean. E. superha Dana, zwei Zoll lang, Antarkt. Meer, südlich von Van Diemensland. 3. Fam. Lophogastridae. Körper garneelähnlich , mit getheiltem Endsegmente des Abdomens. Erster Maxillarfuss kurz und gedrungen, von den nachfolgenden Bein- paaren merklich verschieden, mit Taster und Flagellum. Sieben Beinpaare mit wohl entwickeltem Schwimmfussast und 3 Kiemenbüscheln , von denen die beiden untern frei herabhängen, der obere in einem Kiemenraum unterhalb des Brustpanzei's hineinragt. Lophogaster Sars. Kopf brustschild am Hinterrand stark ausgeschnitten , so dass die beiden letzten Brustsegmente frei bleiben. Sämmtliche Beine im weiblichen Geschlecht mit Blättern zur Bildung einer Bruthöhle, in welcher sich die Embryonen wie bei den Mysideen entwickeln. Schaft der vorderen Fühler kurz und dick, mit sehr kurzer innerer und sehr langer äusserer Geissei, die dünnen Beine mit klauenförmigem Endglied. L. typicus Sars, Norwegen. 616 Chalaraspidae, — 2. Unterordnung. Decapoda. Gnathophausia W. Suhm. Kopf brustschild oberhalb der Brustsegmente mit Kiel und langem Schnabel. Maxillen des ersten Paares mit kurzem Geissel-Taster, des zweiten Paares mit accessorischem Auge. Die Brustbeine wie bei Mysis mit kurzgeringelter Tarsalgeissel. Sechstes Abdominalsegment in zwei Segmente gegliedert. Tiefseebewohner. Gn. gigas W. Suhm. Mit 2 kurzen Seitendornen am Hinterrand des Kopf brustschild es und fünf Dornen am Schuppenstück der hintern Antenne, von der Grösse einer Palaemon. Tiefseeform des Atl. Oeeans. Kleiner sind Gn. gracilis und zoea W. Suhm. 4. Fam. Chalaraspidae. Mit grossem Kopfbrustschild, unter welchem die hintern Brustringe als Segmente scharf gesondert bleiben. Die vier vordem Beinpaare des Mittelleibes Kieferfuss-ähnlich gestaltet, mit Klauen bewaffnet. Tiefseebewohner. Chalaraspis W. Suhm. Letztes Beinpaar der Brust kurz, die drei vorausgehenden sehr lang, mit je drei Kiemenästen besetzt. Ch. unguiculata W. Suhm., West- \md Ostküste Afrikas. 2. Unterordnung. Decapoda'), Zehnfiissige Krebse. Podophthalmen mit grossem Rüclcenschilde , welches meist mit allen Segmenten des Kopfes und der Brust verwachsen ist, mit 3 (2) Kieferfuss- paaren und 10 {12) theilweise mit Scheeren bewaffneten Gehfüssen. Kopf und Thorax sind vollständig von dem Rückenschild überdeckt, dessen Seitenflügel über den Basalgliedern der Kieferfüsse und Beine eine die Kiemen bergende Athemhöhle bilden. Nur das letzte mehr oder minder beweglich bleibende Segment kann sich als völlig freier Abschnitt getrennt erhalten. Das Stirnende läuft zwischen den Augen meist in einen langen Stachel (Rostrum) aus. Das feste kalkhaltige Integument des Rückenschildes zeigt vornehmlich bei den grössern Formen symmetrische durch die Ausbreitung der unterliegenden Innern Organe bedingte Erhebungen, welche als bestimmte nach jenen benannte Regionen unterschieden werden. Sehr oft wird die Ober- fläche des Rückenschildes durch eine seitlich bis zu den Winkeln der Mund- öffnung herabziehende Querfurche (Gervicalfurche) in eine vordere und hintere Hälfte abgegrenzt, von denen die vordere in eine mittlere Region (Magen- 1) Ausser den Werken von Herbst, Latreille, Leach, M. Edwards, Bell, Dana u. a. vergl.: Duvernoy, Des organes exterieurs sur le squelette tegumentaire des Crustaces Decapodes. Mem. de l'Acad. de science. Tom. XXIII. M. Edwards, Observations sur le squelette tegumentaire des Crustaces Decapodes. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. Tom. XVI. C. Heller, Die Crustaceen des südlichen Europa. Wien. 1863. Alphons M. Edwards, Histoire des Crustaces podophthalmaires fossiles. Ebendas. 4 ser. Tom. XIV. Tom. XX und 5 ser. Tom. I. Derselbe, Sur un cas de transformation du pedoncule oculaire en une antenne, observe chez une Langouste. Comptes rendus LIX. H. Rathke, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Flusskrebses. Leipzig. 1829. N. Joly, Etudes sur les moeurs, de developpement et les inetamorphoses d'une petites Salicoque (Cariditia iJesmarcatii). Ann. des scienc. nat. 2 Ser. Tom. XIX. 1843. Spence Bäte, On the development of Decapod Crustacea. Phil. Transact. of the roy. Soc. London. 1859. C. Claus, Zur Kenntniss der Malakostrakenlarven. Würzb. naturw. Zeitschr. Tom. II. 1861. Lereboullet, Recherches d'Embiyologie comparee sur le developpement du Brochet de la Perche et de l'Ecrevisse. Paris. 1862. Fr. Müller, Die Verwandlung der Garneelen. Archiv für Naturg. Tom. XIX. 18ti3. S. Leinoine, Recherches pour servir a l'histoire de syst. nerv. etc. de Tecrevi.sse. Annal. des scienc. natur. 5 Ser. Tom. IX— X. Allgemeiner Körperbau. Beinpaare. 617 gegend) und zwei kleinere seitliche Bezirke (Lebergegend) unterschieden werden kann {Falinurus, Oxyrhijnchen). Die grössere hintere Abtheilung des Rücken- schildes wird durch zwei Längsfurchen in die seitlichen Kiemenregionen und in die mediane Herzregion getheilt, an welcher man gewöhnlich wiederum ein vorderes und hinteres Feld nachzuweisen vermag. Auch die übrigen Regionen zeigen oft eine Felderung der Oberfläche, wie vornehmlich unter den Brachyuren bei den Oxyrhynchen und Cyclometopen. Die seitlichen Regionen setzen sich stets auf die Bauchfläche fort, an der man daher eine untere Kiemen- und Lebergegend unterscheidet. Eine sehr verschiedene Gestalt und Grösse zeigt das Abdomen. Bei den Makriiren erreicht dasselbe einen bedeutenden Umfang, besitzt einen festen Hautpanzer und ausser den 5 Fusspaaren , von denen freilich oft das vordere im weiblichen Geschlecht verkümmert, eine grosse Schwimmflosse (Telson und grosses Schwimmfusspaar des 6ten Segmentes). Bei den Brachyuren reducirt sich das Abdomen auf eine breite (Weibchen) oder schmale trianguläre (Männchen) Platte, die deckelartig über das ausgehölte Sternum umgeklappt wird und der Schwanzflosse entbehrt. Auch sind hier die Fusspaare dünn und stilförmig und finden sich beim Männchen nur an den zwei vordem Segmenten entwickelt. Die innern Antennen , bei den Brachyuren oft in seitlichen Gruben ver- steckt, entspringen meist unterhalb der beweglich eingelenkten Augenstile und bestehen aus einem dreigliedrigen Schaft und aus zwei bis drei vielgliedrigen Geissein. Die äussern Fühler inseriren sich meist an der Aussenseite der erstem etwas abwärts an einer flachen vor dem Munde gelegenen Platte {Epistom, Mundschild) und besitzen häufig einen schuppenförmigen lamellösen Anhang. An ihrer Basis erhebt sich überall ein an der Spitze durchbohrter Höcker, auf welchem der Ausführungsgang einer Drüse ausmündet. Von den Mundtheilen sind die Mandibeln überaus verschieden gestaltet, aber in der Regel mit einem 2- bis 3gliedrigen Taster versehen, der freilich bei zahlreichen Garneelen fehlt. Entweder sind die Mandibeln geradgestreckt und am verdickten Vorderrande stark bezahnt {Brachyuren), oder schlank imd stark eingekrümmt {Cramjon) oder am Ende gabiig gespalten {Falaemoniden und Alpheiden). Die vordem Maxillen bestehen stets aus 2 Laden und einen meist einfachen Taster. Die hintern Maxillen, an welchen meist 4 Laden (2 Doppelladen) nebst Taster unterschieden werden, tragen eine grosse borstenrandige Athem- platte. Es folgen sodann drei Paare von Kieferfüssen , die in der Regel einen Geisselanhang tragen. So bleiben von den Giiedmassen der Brust nur 5 Paare als Beine zur Verwendung, von denen die beiden hintern zuweilen verkümmern, ja in seltenen Fällen in Folge von Rückbildung ganz ausfallen können {Lmcifer). Die zugehörigen Brustsegmente sind in der Regel sämmtlich oder wenigstens bis auf das letzte mit einander verwachsen und bilden auf der Bauchseite eine zusammenhängende, bei den Bi achyuren übei-aus breite Platte. Die Beine bestehen aus 7 Gliedern, welche denen der Arthrostraken entsprechen und enden häutig mit einer Scheere oder Greifhand. Das Her^ der Decapoden, am besten wohl vom Flusskrebs gekannt, liegt in einem vom Bindegewebe begrenzten Pericardialsinus. Seine fleischige aus 618 Decapoden. Herz. Kiemen. vielfach durchkreuzten Muskelzellen gebildete Muskelwand enthält Gruppen von sympathischen Ganglienzellen und wird von 5 dorsalen und 3 ventralen Ostienpaaren durchbrochen, welche mit Ausnahme je eines Paares ausser- ordentlich klein sind. Auch im Larvenalter der Decapoden hat das Herz bereits ungleich grosse dorsale und ventrale Spaltenpaare (je zwei bei Mastigopus), während im jugendlichen Zoeastadium wohl nur zwei S[)altenpaare vorhanden sind. Die Verzweigungen der vordem und hintern Aorta, sowie der seitlichen Arterien, welche besonders den Magen, die Leber und die Geschlechtsorgane versorgen, gestalten sich bei den grössern Makruren sowie bei den Brachyuren ausserordentlich reich und complicirt. Von der hintern Aorta, welche an der Rückenseite dos Darms im Abdomen herabläuft, trennt sich gleich an der Ursprungsstelle eine mächtige (übrigens oft auch selbstständig austretende) Sternalarterie ab. Dieselbe wendet sich meist rechts vom Darm ventralwärts und tritt beim Flusskrebs zwischen dem drittletzten und vorletzten Brustganglien- paar hindurch zur Ventralfläche der Ganglienkette, um sich alsbald in einen vordem die Brustbeine versorgenden und einen hintern an der Bauchseite des Abdomens absteigenden Zweig zu spalten. Wie bei den Arthrostraken münden die feinen capillarähnlichen Arterienzweige in bindegewebig begrenzte Blut- räume der Leibeshöhle, welche jedoch an vielen Stellen sehr eng werden und eine Art Venensystem repräsentiren. Unter den weiten Blutbehältern ist der ventrale, im sog. Sternalcanal gelegene Sinus hervorzuheben, von welchem Blutcanäle nach den Kiemen führen. Aus diesen strömt das arteriell gewordene Blut durch entsprechende ausführende Bahnen in den Pericardialsinus zurück. Die Kiemen ') liegen überall als feder- oder büschelförmige Anhänge der Kieferfüsse und Beine in einer geräumigen von den Seitenflügeln des Kopf- brustschildes überwölbten Kiemenhöhle, in welche das Athemwasser durch die lange untere Seitenspalte oder wie bei den Krabben durch eine besondere Ein- gangsöffnung vor dem ersten Beinpaare einfliesst. Hinter dem Vorderende der Kiemenhöhlen - Oeffnung unterhält der platten form ige Anhang des zweiten Maxillenpaares durch rhythmische Schwingungen eine beständige Wasser- strömung, indem er den partiellen Abfluss des die Kiemen umspühlenden Wassers durch die voi'dere OetTfnung und einen entsprechenden Zufluss frischen Wassers durch die Längsspalte veranlasst. Abweichend ist das Verhalten der Kiemenhöhle bei den luftathmenden Krabben. Unter diesen soll bei der Frosch- krabbe {lianiiia) nach M.Edwards ein besonderer Ganal in die hintere Partie der Kiemenhöhle führen. Einige Grapsoiden {Aratus Plsoiiii) heben beim Athmen den hintern Theil des Panzers empor und erschliessen hierdurch über dem letzten Fusspaar eine Spalte zum Einfliessen des Wassers. Aehnliche Bewegungen führen Cycloyrapsus- und SesarmaSiViQW ausserhalb des Wassers aus, vermögen aber das ausfliessende Wasser mittelst eines an den Seiten des Mundiahmens befindlichen Haarnetzes durch die Eingangsspalte über dem ersten Fusspaare den Kiemen wieder zuzuleiten. Geht der Wasservorrath 1) Von Huxley 'a\^ Podohranchiae, Arthrobranchiae, Pleurobranchiae nnierschieden und zur Beurtheilung der natürlichen Verwandtschaft verwerthet. Huxley, Ou the Classification of crayfishes. Proceedings of the Zool. Soc. of London. 1878. Mechanismus der Athmung. Verdauungscanal. 619 endlich aus, so beginnen sie (Fr. Müller) durch Hebung des Panzers von hinten her Luft zutreten zu lassen. Abermals abweichend erscheinen die Athmungseinrichtungen bei den Landkrabben (Ocppoda). Hier findet sich zwischen den Basalgliedern des dritten und vierten Beinpaares eine Oeffnung der Kiemenhöhle , die äusserlich bis auf eine schmale Spalte von Leisten über- wölbt wird, während die zugewendeten Seiten der Fussglieder eine platte, am Rande dicht behaarte Fläche besitzen. Bei andern zu einem längern Aufenthalt auf dem Lande befähigten Krebsen wie bei dem kletternden Palmendieb, Biryus lutro , ist die mit Luft gefüllte Kiemenhöhle an ihrer Decke mit dendritischen Excrescenzen besetzt, welchen ein respiratorisches Gefässnetz zugehört, und erscheint somit als eine Art ^) Lunge. Der Verdauungscanal, am eingehendsten vom Flusskrebs bekannt, beginnt mit einem kurzen vom Munde aufsteigenden Oesophagus, in dessen muskulöser Wandung unterhalb der Hypodermis Gruppen von Drüsenzellen ^) eingelagert sind. Dieselben münden in das Lumen der Speiseröhre und scheinen wie ähnliche Drüsen in der Oberlippe und in den Kiefern (vergl. die Hyperiden) die Bedeutung von Speicheldrüsen zu haben. Auf den Oesophagus folgt der weite umfangreiche durch Muskeln am Integument fixirte Kaumagen, durch eine Einschnürung in einen weiten Gardialabschnitt und einen kleinern engern Pylorusabschnitt gesondert. Die vordere sackförmig erweiterte Hälfte des Cardialsacks ist dicht mit feinen Haaren besetzt, während die hintere stark verkalkte gezahnte Chitinplatten enthält , welche die wichtigsten Elemente des Kauapparates bilden. Auch im Pylorusabsehnitt finden sich ansehnliche mit Haaren bekleidete Leisten, welche jedoch mehr die Bedeutung einer Verschluss- einrichtung haben. Die beiden als Krebsaugen ^) bekannten Kalkscheiben treten als Kalkablagerungen unter der Guticula im sackförmigen Gardialabschnitt auf und nehmen bis zur Zeit der Häutung an Umfang zu. Mit der Abstreifung der Ghitinhaut werden sie zugleich mit abgeworfen, wahrscheinlich, um verdaut und in das Blut zurückgeführt der allmählig erhärtenden neuen Haut Kalktheile zuzuführen. Dicht hinter dem Pylorustheil des Kaumagens erhebt sich an der Rückenwand des Magendarms ein Blindschlauch (mehrere bei Maja), während zu beiden Seiten des Pylorus die umfangreiche sog. Leber einmündet, lieber die Function dieser aus vielfachen Schläuchen zusammengesetzten Drüse ist durch neuere Untersuchungen bekannt geworden , dass sie ein dem Pankreas- saft vergleichbares Sekret absondert, welches ausser der saccharificirenden Wirkung Eiweiss verdauende Enzyme enthält. Aber auch in der Darmvvand sind unterhalb der Muscularis Drüsen verbreitet, welche einen Eiweiss ver- dauenden Darmsaft secerniren *). 1) C. Semper, Ueber die Lunge von Birgus latro. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXX. 1878. 2) Max Braun, Ueber die histologischen Vorgänge bei der Häutung dos Fluss- krebses. Würzburg. 1875. Derselbe, Zur Kenntniss des Vorkommens der Sfieichel- und Kittdrüsen bei den Decapoden. Arbeiten aus dem zool. Institut Würzburg. III. Bd. 3) Vergl. Oesterlen, Ueber den Magen des Flusskrebses. MüUer's Archiv. 1840. T. J. Parker, 4) Vergl.C.Fr.W. Krukenberg, Vergleichend physiologische Beiträge zur Kenntniss der Verdauungsvorgänge. Untersuchungen aus dem physiol. Institute Heidelberg. 1877. Decapoden. Grüne Drüse. Nervensystem. Sinnesorgane. Beim Flusskrebs ist die Antennendrüse als »grüne Drüse« bekannt und macht den Eindruck eines sackförmigen Schlauches , welcher auf einem kegel- förmigen Vorsprunge an der Oralseite des Basalgliedes ausmündet. In Wahr- heit aber besteht dieselbe aus verzweigten eine schwammige Masse zusammen- setzenden Gängen , welche mit engen peripherischen Blindsäckchen beginnen. Das Nervensystem zeigt sowohl in der Gestaltung des grossen, durch einen umfangreichen Lobus opticus (Ganglion opticum) verstärkten Gehirns *) als besonders der Bauchganglienkette Verschiedenheiten. Wohl überall sind die Schlundcommissuren sehr lang und in ihrem Verlauf durch eine Querbrücke verbunden; an dem untern Schlundganglion erscheinen stets eine Reihe von Ganglien betheiligt, doch können auch weiter abwärts noch Verschmelzungen von Ganglien vorkommen , so dass die Zahl der Brustknoten eine verschiedene ist. Dagegen sind bei den langschwänzigen Decapoden gewöhnlich 6 kleine Abdominalganglien erhalten , die freilich bei den Paguriden zu einem einzigen zusammengezogen sind. Am grössten aber wird die Goncentration der Bauch- kette bei den Krabben, deren sämmtliche Ganglien zu einer gemeinsamen Masse verschmolzen sind. Auch existirt ein reich verzweigtes System von Ein- ' ge weidenerven, welches vornehmlich bei Astacus eingehender verfolgt wurde. In erster Linie gehören zu demselben Nerven, welche aus der Schlundcommissur austreten und in Verbindung mit einem unpaaren Nerven Geflechte am Magen und Schlund bilden. Sodann entspringen am letzten Abdoniinalganglion zwei Nerven, welche zu einem Stamme vereinigt mit zahlreichen kleinern und grössern Zweigen, den Darm versorgen. Auch treten nach Brandt aus den drei hintern Brustganglien Nerven zu den Sexualorganen, wie auch das Herz, in dessen Wand grosse sympathische Ganglienzellen zerstreut liegen, seine Nerven erhalten muss. Von Sinnesorganen sind ausser den grossen Facettenaugen und den Spür- haaren der vordem Antennen die im Basalglied der letztern gelegenen häufig durch einen Spalt geöffneten Gehörblasen hervorzuheben , über deren feinere Structur vornehmlich V. Hensen's wichtige Arbeit Aufschluss gegeben hat. In der Regel wird die äussere Spaltöffnung dieser Geliörblase wie beim Fluss- krebs von vorstehenden Haaren verdeckt, in andern Fällen kann sie frei liegen, in wieder' andern ganz fehlen. Dem feinern Baue nach wiederholen sich an derselben die auch an der Otolithenblase der Mollusken und Vertebraten auf- tretenden Elemente unter der charakteristischen Modifikation der Arthropoden- gewebe. Anstatt des geschichteten Otolithen , wie er z. B. bei den Hetei'o- poden , aber auch in der Gehörblase von Mysis auftritt , findet man im Innern der wässrigen Endolymphe Sandpartikelchen und kleine fremde Körpei'chen schweben, während die Enden des zur Blase tretenden Acusticus in zarte reticulare Stäbchen und Haare eintreten, welche sich reihenweise an der Innen- 1) Vergl. Owsjannikof, Ueber die feinere Struktur des Kopfganglions bei den Krebsen. Memoires de l'Acad. imp. des sc. St. Petersbourg. VlI. Ser. Dietl, Die Orga- nisation des Arthropodengehirns. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXVII. 1876. Der- selbe, Untersuchungen über die Organisation des Crustaceen-Gehirns. Sitzungsberichte der K. Acad. Wien. 1878. E. Berger, Untersuchungen über den Bau des Gehirns und der Retina der Arthropoden. Arbeiten aus dem zool. Institut etc. Wien. Tom. I. 1878. Geschlechtsorgane. 621 fläclie der Wand erheben und nüt den Hartgebilden des Ololithon in enge Berührung treten. Die Geschlechtsdrüsen ^) liegen überall hinter dem Kaumagen über dem Darm unterhalb des Herzens. Bei den Galatheiden rücken dieselben noch weiter aufwärts im Thorax vor, am weitesten aber bei den Brachyuren, wo sie sich vorn in den Seitentheilen der Gephalothoracal-Höhle ausbreiten. Hoden und Ovarien haben meist einen unpaaren, bald als Querbrücke, bald als Hinter- lappen entwickelten Abschnitt und paarige nach vorn gerichtete Seitenhälften, welche in die Leitungsvvege führen. Nur bei den Paguriden rücken die Ge- schlechtsorgane in das gekrümmte Abdomen hinein und gewinnen hier eine asymmetrische Gestaltung. Der Hoden lässt sich jederseits auf ein sehr langes knäuelförmig auf- gerolltes und in Acini erweitertes Rohr zurückführen (da wo Hinterlappen hin- zukommen noch mit einem zweiten Rohr verbunden), welches von einer binde- gewebigen Hülle umlagert aus einer Tunica propria und einem Keim-Epitel besteht. Das letztere enthält zweierlei Elemente, grosse die Samenkörperchen erzeugende Zellen oder Spermatoblasten und interstitielle von kleinen Kernen durchsetzte Protoplasmalager (Ersatzkeime). Während die ausgestossenen Spermatoblasten nach fortgesetzter Theilung durch Bildung von Protoplasma- fortsätzen zu Zoospermien werden, entstehen aus den Ersatzkeimen neue Sper- matoblasten, besonders reich zur Zeit der Brunst, zu welcher ein sehr aus- gedehnter Regenerationsprocess stattfindet. Die Zoospermien erscheinen durch den Besitz starrer Protoplasmafortsätze als »Strahlenzellen« , in welcher Form sie auch im weiblichen Körper wieder angetroffen werden. Grösse und Form dieser als »Strahlenzellen« reifen Zoospermien erscheint überall variabel, doch so, dass nach dem Grade der Verwandtschaft auch die Zoospermien einander näher stehen. Der ausführende Abschnitt des Hodens wird ebenso wie die Wand des langen, vielfach geschlängelten Samenleiters von einem höhern oder flachern Epitel ausgekleidet, welches stets ein Secret absondert, hn mittlem drüsigen, zuweilen mit besondern Drüsenanhängen besetzten {Maja) Abschnitt des Samenleiters wird das Cylinderepitel besonders hoch, während an dem als Ductus ejaculatorius fungirenden Endtheil die Muskelbekleidung die grösste Stärke gewinnt und sich als Längs- und Quermuskellage sondert. Ueberall kommt es im Verlauf der Vas deferens zur Bildung von Spermatophoren. Ein wahrer Penis als röhrenförmiger Aufsatz der Geschlechtsöffnung tritt bei Penaeus und den Brachyuren auf, während in der Regel (die Paguriden aus- genommen) die beiden vordem Beinpaare des Abdomens zu accessorischen Gopulationsorganen umgestaltet sind. Auch erscheint oft der die Spürhaare tragende Abschnitt der voidern Antennen beim Männchen stärker entwickelt, dessgleichen Gestalt und Bewaffnung der vordem Beinpaare ki'äftiger. Die Ovarien erscheinen sehr häufig als umfangreiche dreilappige Schläuche, deren paarige Vorderlappen weit von einander abstehen und durch den als 1) Brocchi, Recherches sur les organes genitaux, males des Crustaces Decapodes. Ann. scienc. nat. VI. Ser. Tom. II. 1875. C. Grobben, Beiträge zur Kenntniss der männlichen Geschlechtsorgane der Decapoden. Arbeiten des zool. Instituts der Universität Wien. Tom. I. 1878. 622 Decapoden. Ovarien. Embryonalentwickluug. Querbrücke entwickelten unpaaren Abschnitt verbunden sind, während der scheinbar einfache Hintorlappen durch zwei medianwärts zusammenliegende Blindschläuche gebildet wird. An der Verbindungsstelle beider Lappen ent- springt jederseits der kurze weite Oviduct, welcher meist in querer Richtung zum Goxalglied des drittletzten Beinpaares verläuft und hier bei den Brachyuren unter Bildung einer weiten zur Aufnahme der Spermatophoren dienenden Begattungstasche in der Genitalöffnung ausmündet. Auch bei den Makruren, denen eine solche Begattungstasche abgeht, dürfte wohl meist die Befruchtung der Eier im hinern des weiblichen Körpers erfolgen. Nach Waldeyer ent- stehen die Eizellen im Ovarium von Astacus von Epitelzellen umlagert und sind im Zustand der Reife von einer Membran umkleidet. Beim Laichen werden die aus den Geschlechtsöffnungen austretenden Eier von dem Sekrete beson- derer Kittdrüsen umhüllt, welches rasch erstarrt und die Eier an den Haaren der Abdominalfüsse befestigt. Längere Zeit hielt man diese Kittsubstanz für ein Sekret der Oviduct wandung, bis Lereboullet die Drüsen in der Wandung der Segmente entdeckte. lieber die Embryonalentwicklung der Decapoden haben ausser den classischen Untersuchungen Rathke's ^) über den Flusskrebs neuere Arbeiten besonders von Bobretzky (Garneele und Flusskrebs), Reichenbach (Fluss- krebs) wichtige Beiträge geliefert Der Furchungsvorgang scheint (ob überall) ^) ein superficialer zu sein, das heisst zunächst lediglich den peripherischen Dotter (Bildungsdotter) zu betreffen, welcher durch Einschnürungen in 2, 4, 8 und eine fortschreitend grössere Zahl von Furchungszellen zerfällt , während der centrale körnige und an Fettkügelchen reiche Nahrungsdotter eine ungetheilte Masse bleibt. Die peripherischen Furchungszellen bilden somit eine den Nahrungsdotter umschliessende Keimblase, von welcher bald eine cuticulare Ausscheidung als Blastodermhaut erzeugt wird. Eine grubenförmige Einsenkung der Keimblase, die Anlage des Entoderms, wächst in den Nahrungsdotter ein und wird zu einem Blindsack, dessen Oeffnung (Urmund der Gastrula) sich später schliesst. Aber auch der centrale Nahrungsdotter erfährt eine Art von Zerklüftung, indem er in polygonale oder pyramidale Schollen, die sog. Dotter- pyramiden , zerfällt , welche vielleicht die Bedeutung von grossen Furchungs- zellen haben. Bobretzky bringt diese »secundäre Zerklüftung« des Nahrungs- dotters mit der Ausbreitung der Darmdrüsenzellen im Dotter in Verbindung und betrachtet die Pyramiden ^) als wahre mit Dotterkörnchen erfüllte Zellen 1) Ausser Rathke 1. c. und Lereboullet 1. c, sowie einer russisch geschriebenen Abhandlung von Bobretzky. Kiew. 1873. vergl. H. Reichenbach, Die Embi-yonal- anlage und erste Entwicklung des Flusskrebses. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXIX, 1877. Paul Meyer, Zur Entwicklungsgeschichte der Decapoden. Jen. Naturw. Zeitschr. Tom. XL 1877. 2) Ob nicht in vielen Fällen wie bei Crangon, Eupagurus, Palaemon die ersten Furchungsstadien einer totalen Furchung entsprechen, werden erneute Beobachtungen entscheiden müssen. 3) Sind diese »primären« Dotterpyraniiden wirklich Zellen, so kann der Furchungs- vorgang nicht als superficialer im Sinne Haeckels bezeichnet werden. Es würde sich dann vielmehr um eine Modifikation der totalen und zwar inaequalen Furchung handeln, Embryonalentwicklung des Flusskrebses. 623 des Darmdrüsenkoims (Entoderms) selbst. Indessen sind die (primären) Dotter- pyramiden schon vor Beendigung der Blastodermbildung vorhanden und werden erst mit der allmählig fortschreitenden Entwicklung von den Entoderm- zellen aufgenommen, lieber die erste Anlage des Mesodcrms fehlen ausreichend entscheidende Beobachtungen, wenn auch die Entstehung desselben aus dem Entoderm übereinstimmend behauptet wird. Nach Bobretzky gehen die Zellen des mittlem Keimblatts aus den Seitenwänden der Entodermeinstülpung hervor, während E. Haeckel ') für Feneus den Mundrand der Einstülpung als ersten Ausgangspunkt für die Bildung des Mesoderms betrachtet. Schon kurz nach Beginn der Darmeinstülpung sollen hier »die ersten Spuren des mittlem Keimblatts in Gestalt von wenigen grossen Zellen auftreten , von denen sich namentlich die unmittelbar in dem Falze des Umschlagsrandes gelegenen durch besondere Grösse auszeichnen«. Zugleich soll der Urmund der Gastrula seine centrale Lage verlassen und nach demjenigen Pole hinrücken, welcher dem spätem Hinterende des Körpers entspricht. Am besten dürfte die Embryonalentwicklung des Flusskrebses bekannt sein, obwohl die Vorgänge derselben im Zusammenhang mit der Grösse des Eidotters und dem Ausfall der Metamorphose am complicirtesten sich gestalten. Noch vor dem Auftreten der Gastrula -Einstülpung werden die Blastodermzellen an einer Seite der Keimblase beträchtlich dichter und höher und geben zur Entstehung einer ovalen Scheibe (Embryonalscheibe) Anlass, deren Längsachse zugleich die Längsrichtung des sich entwickelnden Embryos bezeichnet. Im hintern Drittheil der Embryonalscheibe bildet sich die gastrale Einstülpung, zunächst in Gestalt einer halbmondförmigen Furche, welche bald hufeisenförmig wird und sich dann an ihrem hintern Ende als Ring- furche schliesst. Die Embryonalscheibe nimmt allmählig durch Verbreiterung ihrer vordem Hälfte eine herzförmige Gestalt an und gewinnt hier zwei ellip- tische Verdickungen, die Anlagen der Kopf lappen, welche wieder je eine kreis- förmige Aufwulstung (Kopfscheibe) mit centraler Vertiefung umschliessen. Eine mediane Furche oder Primitivfurche, die mit verbreitertem Anhang in der Gegend der Kopfscheiben beginnt und bis zur Ringfurche zieht, steht in Be- ziehung zur Anlage des Nervensystems. Indem sich bald die hügelförmige Erhebung im Innern der Hingfurche senkt, wird diese letztere zur Begrenzung des mehr und mehr sich verengernden Gastmlamundes , welcher bald voll- ständig obliterirt. Eine flache Vertiefung in der Primitivrinne ist die erste Spur der beginnenden Oesophagealeinstülpung, während eine kleine Grube vor der Schlussstelle des Gastrulamundes die Einstülpung des Afterdarms bezeichnet. Dieselbe liegt auf einer pentagonal umschriebenen Erhebung , der Anlage des Abdomens, vor welcher zwei seitliche Aufwulstungen die ersten Spuren der Mandibeln darstellen. Indem vor denselben an den mehr verwischten Kopf- bei welcher der sich früher und rascher furchende Bildungsdotter den in der Furchung zurückbleibenden Nahrungsdotter vollkommen umschliesst. Mit andern Worten, auch die totale inaequale Furchung würde eine Modifikation als superficiale Furchung zulassen. 1) E. Haeckel, Die Gastrula und die Eifurchung der Thiere. lieber Peneus- Entwicklung. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. IX. 1875. 624 Decapoden. Entwicklung. läppen auch die Anlagen der vordem und hintern Antennen bemerkbar werden, ist der Embryo in das mit Bezug auf die Gliedmassenzahl als Nauplius zu bezeichnende Stadium eingetreten, welches sieh in ähnlicher Weise auch bei den Garneelen und Paguriden wiederholt. In diesem Stadium ist die im Dotter ausgebreitete Entodermeinstülpung, aus welcher der Mitteldarra hervorgeht, bereits mit dem Hinterdarm in offene Verbindung getreten. Vor dem Munde hat sich eine Erhebung gebildet, die theils der Oberlippe entspricht, theils die Anlagen des obern Schlundganglions enthält. Die Vertiefungen in den Kopf- scheiben, welche die Augenganglien erzeugen, haben sich der Mittellinie und zugleich der Oesophagealeinstülpung mehr genähert. Eine das Abdomen hinten und seitlich umgebende Ectodermfalte repräsentirt die Anlage des Kopf brust- schildes. Die erste Anlage des Nervensystems ist die frühzeitig an der Keimscheibe auftretende Primitivrinne, und zwar erzeugt der vor der Mundeinstülpung ge- legene Theil derselben das Gehirn, der übrige den Schlundring und die Bauch- kette. Ausser den strangförmigen Ectodermverdickungen in den Seiten der Rinne betheiligt sich eine mittlere Einstülpung an der Bildung der Nervencentren. Am obern Schlundganglion tritt dieselbe jedoch erst spät nach Anlage der vor- gewölbten Oberlippe auf (Reichenbach). Aiiffallenderweisesoll die grüne Drüse keine Mesodermbildung sein , sondern als Einstülpung des Ectoderms hervor- gehn. Auf das Naupliusstadium , in welchem auch beim Astacusembryo eine cuticulare Häutung , der auch bei andern Grustaceen beobachteten Nauplius- Häutung entsprechend, eintritt, folgen noch eine grosse Reihe von äussern Neu- bildungen und Wachsthumsvorgängen am Embryonalleib , unter welchen vor- nehmlich die Sprossung der noch fehlenden Gliedmassen und die Segmentirung des bauch wärts eingeschlagenen Abdomens in Betracht kommt. Ueberall da wo die Embryonen als Larven in sog. Zoeaform die Eihüllen verlassen, sind es nur die Maxillen und Kieferfüsse, welche noch am Körper des Embryo's hervor- wachsen , während beim Flusskrebs, der nahezu in fertiger , dem Geschlechts- thiere ähnlicher Gestalt aussclilüpft, auch sämmtliche Gehfüsse und Gliedmassen des Abdomens im Ei gebildet werden. Eine wichtige, zur Zeit noch nicht vollständig erledigte Frage, betrifft das Ausschlüpfen gewisser Decapoden als Naupliuslarven, wie sie von Fr. Müller ') zum Beweis der phylogenetischen Verwandtschaft von Entomostraken und Podophthalmen für Peneiis beschrieben wurden. Da aber jene Naupliusformen von Müller^) weder aus PeneuseiQi erzogen, noch direkt in altern zu Peneus 1) Fritz Müller, Verwandlung der Garneelen. Archiv für Naturg. 1863, sowie Für Darwin. Leipzig. 1864. 2) Fr. Müller hat die gegen seine Deutung insbesondere von Spence Bäte er- hobenen Bedenken zurückzuweisen versucht, ohne jedoch den thatsächlich noch fehlenden Nachweis zu erbringen. Es muss in hohem Grade auflallen, dass auch E. Haeckel in seinen Mittheilungen über die Embryonalentwicklung eines Peneus {membranacens) nichts bestimmtes über die ausschlüpfende Larve sagt. Die von ihm in Fig. 89 und 90 dar- gestellte Keimform, von welcher E. H. sagt, »dass sie ein reiner Nauplius sei, welcher möglicherweise bei dieser Peneusart wie bei der von Fr. Müller beobachteten als Nauplius ausschlüpfe, ist dem Naupliuskeim der Garneelen (Palaemon, Crangon) übei'- au8 ähnlich und wird sicher nicht als Nauplius geboren. Larven. Protozoea. Zoea. 625 gehörigen Larven verfolgt worden waren , • so bleibt der aus verschiedenen Wahrscheinlichkeitsgründen erschlossene Beweis thatsäciilich noch zu liefern, und es ist vorläufig die durch Metschniko ff aus dem En/ihausia-Ei gezogene Naupliuslarve der Schizopoden die entscheidende Stütze für die phylogenetische Ableitung der Podophthalmen. Ausser Frage aber steht die Thatsache, dass bei verschiedenen Decapoden — wie bei den Feiieidcn und Serytstklen — der Zoea vorausgehende Larven- stadien existiren, deren Abdomen noch der Segmentirung entbehrt und phyllopodenähnlich ^) gespalten mitFurcalfortsätzen und anfangs noch mit ter- minalem After endet. Diese als Protozoea bezeichneten Larven, welche in gleicher Weise auch bei Euphausia auftreten und aus der spätem Naupliusform (Metanauplius) hervorgegangen sind , haben desshalb eine grosse Bedeutung, weil sie uns den Schlüssel zum morphologischen Verständniss der Zorn liefern und die vermeintliche Einschiebung des der Zoea scheinbar fehlenden Bruslabschnitts erklären. Diese, die fünf oder sechs (bei Eapliaasia sieben) Thoracal- segmente betreffende, Bru.-tregion ist bereits im Protozoestadium als an- sehnlicher in Gliederung begriffener Abschnitt vorhanden und bildet auch ihre Metameren nebst Gliedmassenanlagen früher als der erst im Zoeastadium ge- gliederte Hinterleib aus. Dagegen erscheint derselbe am Zoealeib der in Zoeaform ausschlüpfenden Decapoden auf eine kurze gewissermassen latente Region zu- sammengezogen, deren Gliedmassen erst später und zwar eventuell nach dem Auftreten der Abdominalfüsse des Fächers (Garneelen) hervorwachsen. Die Verwandlung, welche die ausgeschlüpften Zoeen durchlaufen, bis sie die Gestal- tung des Geschlechtsthieres erreichen, ist je nach den Decapodenfamilien eine überaus verschiedene. Sehr complicirt und mit partiellen Rückbildungen ver- bunden verläuft dieselbe bei den Seryestiden , deren aufeinanderfolgende Larvenphasen als Elaphocaris Dohrn, Acunthosoma Cls. (Mysisstadium) und Mastigopus Lkt. beschrieben worden sind. In vielen Fällen verlassen die Zoeen schon in vorgeschrittener Form mit den schlauchförmigen Anlagen mehrerer Thoracalgliedmassen und von bedeu- tender Körpergrösse die Eihüllen , oder es sind auch schon eine Anzahl von Brustfüssen als Spaltfüsse entwickelt, dagegen die eigentlichen Zoeaspaltfüsse, d. h. die Kieferfüsse des ersten und auch zweiten Paares rückgebildet, beziehungs- weise in einer dem bleibenden Zustand näher stehenden Form vorhanden. Dieser Fall hat für die blattförmigen FJiyllosomen, die Larven der Palinnriden Geltung, welche beim Ausschlüpfen aus dem Ei schon vier Paare von Spalt- füssen tragen — es fehlen nur noch die beiden hintern Beinpaare der Brust — 1) Von diesem Phyllopoden-ähnlichen Schwänzende haben wir zur Ei'klärung des Telsons mit seinem Borstenbesatze der verschiedenen Zoeen auszugehn, nicht aber wie P. Mayer ghiubt, von dem secundären gabiigen Telson der Ki-abbenzoea , welches von demselben irrthümlich als »ursprüngliche« Form betrachtet wird. 2) VergL ausser C.Claus 1. c. A. Dohrn, Untersuchungen über Bau und Entwick- lung der Arthropoden. 2. Heft. Zur Entwicklungsgeschichte der Panzerkrebse, ferner Beiträge zur Kenntniss der Malakostraken und ihrer Larven; sowie F. Richters, Die Phyllosomen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXlJl. 1873. Claus, Zoologie, i. Auflage. 40 626 Makrura. Langschwänzige Decapoden. dagegen ein stumm eiförmiges Abdomen besitzen. Bedeutender noch ist die Reduction der Metamorphose bei den marinen Astaciden ') (Hummer), deren Larven bereits mit allen Gliedmassen des Mittelleibes in einer an die Geissel- garneelen erinnernden Gestaltung, aber noch ohne Abdominalfüsse und Fächer- gliedmassen die Eihüllen verlassen. 1. Makrura, Langschwänzige Decapoden. Das mächtig entwickelte Abdomen übertrifft in der Regel die Länge des Kopfbruststückes, trägt meist 5 Paare von Afterfüssen und endet mit einer mächtigen breiten Schwanzflosse. Die innern obern Fühler tragen zwei oder drei meist lange Geissein , die äussern Fühler dagegen nur eine Geissei , sind aber in der Regel durch den Besitz einer breiten borstenrandigen Schuppe ausgezeichnet. Die vordem Kieferfüsse besitzen eine grosse Ladenplatte, mit Taster und Geisselanhang , die mittlem sind knieförmig umgebogen , die des dritten Paares sind meist langgestreckt beinförmig und bedecken die voraus- gehenden Mundtheile nur selten {Gnathophyllum) vollständig. Eine zusammen- hängende Brustplatte findet sich nur bei den Panzerkrebsen. Die weiblichen Geschlechtsöffnungen liegen an der Basis des drittletzten Beinpaares. Die Zoeen der langschwänzigen Krebse verlassen das Ei fast durchweg mit drei Spaltfuss- paaren (die drei Kieferfüsse), von denen das dritte in den früher als Anomuren gesonderten Familien in der Regel auf den Aussenast beschränkt bleibt. Am langgestreckten Abdomen entstehen die Gliedmassen des Fächers (Schwanz- flosse) früher als die vorausgehenden Pleopodenpaare. Die langschwänzigen Krebse sind sämmtlich Wasserbewohner und gute Schwimmer. Einige, wie die Thialassinen , graben im Sande trichterförmige Vertiefungen und fangen in denselben ähnlich wie die Ameisenlöwen kleinere Thiere. Einige wenige Formen leben in den Gewässern unterirdischer Höhlen; eben so spärlich ist die Fauna der Tiefseebewohner (Augenlose Willemoesia). Eine kleine Betaeus^vi soll zwischen Corallenästen einen von Algen gebildeten Schlauch bewohnen, einzelne Arten leben in Spongien. Diese und andere Alpheiden vermögen durch Bewegungen ihrer grossen Scheere ein knackendes Geräusch hervorzubringen. 1. Farn. Sergestidae °). Körper sehr schlank und stark comprirairt, von nur geringer Grösse. Antennen mit sehr langen Geissein, die äussern Fühler mit grosser borstenbesetzter Schuppe. Beine sämmtlich sehr dünn und schwach ohne Geisselanhang, die 2 hintern Beinpaare sind ebenso wie die beinartigen Kieferfüsse des zweiten und dritten Paares bedeutend reducirt oder fehlen ganz. Abdomen sehr lang, die vordem Abdominalfüsse des Männchens mit eigenthümlichen zum Greifen dienenden Anhängen. Ser(jestes Edw. Kieferfüsse des dritten Paares beinförmig, lang und dünn. Zweites und drittes Beinpaar zuweilen mit rudimentärer Scheere. Fünftes Beinpaar sehr klein. Die im Stadium der Protozoea und Zoea als ElapJiocaris beschriebenen Stachellarven 1) S. J. Smith, The early Stages of the American Lobster. Transact. Connecticut Acad. of Arts and Sciences. Vol. II. 1873. G. 0. Sars, Om Hummers post embryonale Udvickleng. Christiania. 1874. 2) Kröyer, Forsög til en monographisk Fremstilling af Krebsdyi-slaegten Sergestes etc. Kon. Dansk. Vid. Selsk Skrift. 5 R. Tom. IV. 1859. Carididae, Garneelen. 627 durchlaufen die Acanthosoma- und nach Rückbildung der beiden hintern Brustbeinpaare die Mastigopusiorm. S. atlanticus Edw. Acetes Edw. Die beiden letzten Beinpaare fehlen. A. indicus Edw. Lucifer Thomps. {Leucifer). Körper Mastigopus - ähnlich. Vorderkopf stilföruiig ausgezogen. Kiemenlos. Die beiden letzten Beinpaare fehlen. Larve als Erichthina von Dana beschrieben. L. Heynaudii Edw., Ostindien. L. typus Edw., Ocean und Mittelmeer. 2. Farn. Carididae '), Garneelen. Rückenschild des comprimirten Körpers meist in einen ansehnlichen Schnabel verlängert. Panzer ohne Quersutur. Aeussere Antennen meist unterhalb der innern eingelenkt, mit sehr grosser borstenbesetzter Platte. Die Kieferfüsse des zweiten Paares meist lamellös, die des dritten fast stets beinföruiig. Beine dünn und lang, meist ohne Geisselanhang, die 2 vordem Paare enden in der Regel mit kleiner Scheerenhand. Kiemen lamellös. 1. Subf. Penaeinae, Geisselgarneelen. Körper compriiuirt, meist mit nur kleinem Schnabel, ohne Quersutur auf dem Kopfbrustschild. Aeussere Antennen mit grosser borstenbesetzter Schuppe. Mandibeln einfach, nicht gekrümmt, mit breiter Zahnkrone und Tastern. Die untern Maxillen mit 4 Laden und langem Taster. Kieferfüsse des dritten Paares lang, beinförmig, meist 6gliedrig. Die Beinpaare meist mit rudimentärem Geisselanhang, die 3 vordem Paare mit Scheeren. Nach Fr. Müller beginnt die Metamorphose bei Penaeus mit der Naupliusform. Penaeus Latr. Die innern Antennen tragen an der Basis des Schaftes einen kleinen Nebenanhang. Mandibeln mit grossem breiten Taster. Taster der vordem Maxillarfüsse lang und gegliedert. Die 3 vordem Beinpaare enden mit kleiner Scheere, die des vierten und fünften Paares sind monodaktyl. Schwimmfüsse des Abdomens 2ästig. P. earamote Desm. , Mittelmeer und Engl. Küste. P. foliaceus Risso, Mittelmeer. P. indicus Edw. Sicyonia Edw. Panzer sehr fest und dick, mit gezähneltem medianen Kamm. Mittlere Kieferfüsse ohne Geissei. Schwimmfüsse des Abdomens einästig. Innere Antennen sehr kurz. S. carinata Edw., Rio Janeiro. S. sculpta Edw., Mittelmeer. Verwandt ist Spon- gieola De Hann. Stenopus Latr. Körper kauni comprimirt. Die Maxillarfüsse des dritten Paares sehr lang, beinförmig, mit rudimentärem Geisselanhang. Die Endglieder der 2 hintern Beinpaare in zahlreiche Ringel gegliedert. St. hispidus Oliv. , Ind. Ocean. St. ensiferus Dana, Fidschiinseln. 2. Subf. Palaemoninae. Körper meist comprimirt. Mandibeln in 2 Aeste tief getheilt, zuweilen tasterlos. Maxillen des zweiten Paares nur mit 2 obern Laden. Beine schlank und dünn , die des ersten und zweiten Paares meist scheerenförmig, das zweite stärker als das erste. Palaemon Fabr. Schnabel gross, gezähnelt. Mandibeln mit ogliedrigem Taster. Innere Antenne mit 3 Geissein. Die Beine des zweiten Paares stärker als die vordem. P. serratus Fabr. P. squilla L., Nordsee u. z. a. A. Einzelne Arten leben im süssen Wasser, wie P. fluviatilis im Gardasee, P. carcinus L. , P. ornatus, Ostindien. P. nilo- ticus Roux, Nil. P. Jamaicensis, Südamerika. Bei PaZae«io?ieWa Dana ist der Mandibular- taster 2gliedrig und sehr kurz, auch sind hier nur 2 Antennengeisseln vorhanden, bei Cryphiops Dana liegen die kleinen Augen ganz versteckt, während ein Mandibulartaster und 3 Antennengeisseln vorhanden sind. Cr. spinulosa Dana, Chili. Anchistia Dana. Mandibulartaster fehlt. Nur 2 Geissein an den vordem Antennen. A. lacustris v. Mart., Süsswasserpalaemonide Italiens. A. gracilis Dana. Bei Typton Costa fehlt die chupp e der Antennen , ebenso bei Autonomea Risso, bei der nur das vordere Beinpaar scheerenförmig ist. Pontonia Latr. Körper nicht comprimirt. Antennen mit 2 Geissein. 2) Vergl. Roux, Memoire sur la Classification de Crustaces de la Tribus des Sali- coques. Feruss. Bull. sc. nat. Tom. 27. 1831. C. Heller, Die Crustaceen des südlichen Europa. Wien. 1863. E. v. Martens, üeber einige Ostasiatische Süsswasserthiere. Arch. für Naturg. Tom. XXXIV. 1868. 40* 628 Alpheinae. Alyinae Pasipliaeinae. Crarigoninae. Gnathophyllinae. Die Maxillarfüsse des dritten Paares kurz, Mandibeln tasterlos. Zweites Beinpaar sehr gross. Leben meist in Muschelthieren. P. tyrrhena Risso, Mittelmeer. Oedipus Dana. Harpilius Dana. RhyncJiocinetes Edw. Schnabel schwertförmig und beweglich artikulirt. Mh. typicus Edw., Ind. Ocean. Hier schliesst sich auch am besten an: PandaluH Leach. Schnabel sehr lang. Vorderes Fusspaar kurz, monodaktyl. Zweites Beinpaar lang, mit gestrecktuui und geringeltem Anticarpalglied und kleiner Scheere. Innere Antennen mit 2 Geissein. F. annulicornis Leach., England. P. borealis Kr. P. Narwal Edw. Beyulus Dana. Zweites Beinpaar sehr stark. 3. Subf. Alpheinae. Körper meist compi'imirt. Mandibeln in 2 Aeste lief getheilt, meist tastertrageiid. Maxillen des zweiten Paares mit 3 Laden und rudimentärem Taster. Die 2 vordem Beinpaare enden mit Scheere, das erste dicker und stärker als das zweite, letzteres mit geiingelteni Anticarpalgliedo. HippoJyte Leach. Schnabel von ansehnlicher Grösse. Abdomen von der Mitte aus abwärts gebeugt. Innere Antennen mit 2 Geissein. H. varians Leach., Canal. H. polaris Sabine , Arkt. Meer. H. Cranchii Leach. , Engl. Küste. H. ( Virbius) fasciger Gosse. H. {Caridion) Gordoni Sp. Bäte, Norwegen. Athanas Leach. Alplieus Fabr. Schnabel kurz. Augen von einer Verlängerung des Schildes bedeckt. Innere Antennen mit 2 Geissein. A. dentipes Guer., Mittelmeer. A. bidens Oliv., Asiat. Meere u. z. a. A. Verwandt ist Bataeus Dana. 4. Subf. Atyinae. Mandibeln kräftig, undeutlich zweigetheilt, mit breitem Kau- rand, tasterlos. Laden der untern Maxillen und vordem Kiefer enorm vergrössert. Erstes und zweites Beinpaar klein, mit pincettenähnlichen Scheeren versehen, niemals mit geringeltem Anticarpalglied. Vornehmlich Süsswasserbewohner. Atya Leach. Schnabel klein. Die Scheeren mit langen Haarbüscheln an der Spitze der Finger. Anticarpalglied beider Paare halbmondförmig. Drittes Beinpaar bei manchen Formen (Männchen) länger als die nachfolgenden. A. armata Alph. Edw., Ostindien. A. nwlticcensis De Haan, Mexico. A. scabra Leach. Hierher gehört wahrscheinlich Atyepliyra als Larve, üaridina Edw. Zweites Beinpaar länger als das erste, die Scheere beider Paare mit Haarbüscheln an der Spitze, beide Paare mit Geisselast Nur das Anticarpalglied des ersten Paares halbmondförmig, ü. DesmarestWEdw., südl. Frankreich. ('. fossarum Hell. u. a. meist ostindische Arten. Hier schliesst sich die blinde Höhlen- garneele Troglocaris Dorm. an. Tr. Schmidtii Dorm., Adelsb. Grotte. 5. Subf. l'asiphaeinae. Mandibeln dick und breit, ohne Taster. Vordere Kiefer- füsse einfache Platten, die des zweiten Paares beinförmig schlank, ohne Geissei. Pasiphaea Sav. Die beiden vordem Beinpaare länger und stärker als die nach- folgenden, mit Scheeren endigend. Sämmtliche Beinpaare mit Geisselanhang. P. sivado Risso, Nizza. 6. Subf. Crangoninae. Mandibeln schlank, stark gekrümmt, einästig, mit schmaler nicht verbreiterter Kaufläche, ohne Taster. Maxillen des zweiten Paares ohne Laden. Die beiden vordem Beinpaare einander ungleich, das vordere stets dicker. Crangon Fabr. Schnabel kurz. Vorderes Beinpaar sehr dick mit scheerenförmiger Greifhand. Zweites Beinpaar mit kleiner Scheere. Anticarpalglied nicht geringelt. Cr. vulgaris Fabr., Europa und Nordamerika. Cr. fasciatus Risso, Mittelmeer. Bei Para- crangon Dana ist das zweite Beinpaar ganz verkümmert, bei Argis Kr. sind die Augen verdeckt, bei Sabinea Owen endet das zweite Beinpaar ohne Scheere. Lysmata Risso. Schnabel lang, fast schwertförmig. Innere Antennen mit 2 Geissein. Die beiden vordem Beinpaare enden mit kleiner Scheere. Anticarpalglied des zweiten Beinpaares sehr lang und geringelt. L. seticaudata Risso , Mittelmeer. Nika Risso. Schnabel kurz. Innere Antennen mit 2 Geissein. Von den vordem Beinen endet das eine mit Scheere, das andere monodaktyl. N. edulis Risso, Nizza. Hier schliesst sich Cyclorhynehus De Haan an. 7. Subf. Gtiathophyllinae. Mandibeln schlank, stark gekrümmt, tasterlos. Maxillar- füsse des dritten Paares breit, deckeiförmig. Das zweite Beinpaar stärker als das erste. Astacidae. Palinuridae. 629 Gnathophyllum Latr. Schnabel kurz, comprimirt und gezähnelt. Innere Antennen mit 2 sehr kurzein Geissein. Die 2 vordem Beinpaare enden mit Scheere. Gn. elegans Risso, Nizza. 3. Farn. Astacidae 'j. Körper wenig comprimirt, von ansehnlicher Grösse. Kopf- brustschild mit querer Sutur und mit derbem Hautskelet. Die Antennenpaare neben einander eingelenkt, die äussern mit sehr langer Geissei und kleiner Schuppe. Kiemen biischelföriiiig. Kiefertüsse des dritten Paares langgestreckt, den Mund bedeckend, mit grossem zweiten Gliede. Das vordere Beinpaar sehr stark, mit mächtiger Scheere be- waffnet. Auch das zweite und dritte Beinpaar enden oft mit kleiner Scheere. Bauch- füsse des ersten Paares beim Männchen ruthenförmig. Nephro ps Leach. Körper sehr langgestreckt mit langem seitlich gezähneltea Schnabel. Schuppe der äussern Antenne breit, kaum länger als der Schaft derselben. Erstes Beinpaar sehr lang, mit prismatischer Scheere. N. norveglcus L. , Mittelmeer, Adria (Fiume) und nord. Meere. ParanepJirops White hat eine viel längere Antennen- schuppe vind enthält Süsswasserformen. P. tenuicornis Dana, Neuseeland. Astacus Fabr. Stirnfortsatz dreieckig. Letztes Thoracalsegment beweglich. Scheeren des ersten Beinpaares stark aufgetrieben mit convexer Oberfläche. Erstes Abdominalsegment des Männchens mit Anhängen. 17 bis 19 Kiemen. A. fluviatilis Rond., Europäischer Fluss- krebs. Die Häutungen (3 im Jahre) fallen in die Monate April bis September. Die aus den verhältnissmässig grossen Eiern ausgeschlüpften Jungen stimmen mit den ausgebil- deten Thieren bis auf die rudimentäre Schwanzflosse überein und häuten im ersten Jahre nur einmal. Werden erst im vierten Jahre fortpflanzungsfähig. Die Begattung fällt in den November, nach derselben soll sich das Weibchen in ein Erdloch zurückziehen. Die Flusskrebse können in Zuchtteichen cultivirt werden (Clairefontaine bei Rambouillet). A. pellucidus Tellk. , in der Mammuthhöhle Kentuckys. A. {Cambarus) Bartoni Fabr. und zahlreiche andere amerik. Arten. Astacoides Dana. Die Anhänge an dem ersten Abdominalsegmente des Männchens fehlen. A. spmifer Hell. A. nobilis Dana. A. pJehcjus Hess., Neuholland. Bei Cheraps Erichs, nur 17 Kiemen. Homavus Edw. Stirnfortsatz schmal mit mehren Seitenzähnen. Die Antennenschuppe sehr klein. Scheeren des ersten ßeinpaares stark aufgetrieben. Letztes Thoracalsegment unbeweglich. 19 Kiemen. Die ausschlüpfenden Jungen haben noch Spaltfüsse. Marin. H. vulgaris Bei., Hummer, Nordsee, Mittelmeer, Nordamerika. 4. Farn. Palinuridae {Loricata, Panzerkrebse). Körper cylindrisch oder flach- gedrückt, mit sehr dickem Hautpanzer. Innere Antennen mit 2 meist kleinen Geissein. Aeussere Antenne ohne Schuppe. Brustseite mit grosser meist trigonaler Platte. Erstes Beinpaar monodaktyl, bei der fossilen Gattung Eryon didaktyl. Durchlaufen als Larven die Fhyllosomaioxm., welche mit 4 Paaren von Spaltfüssen und stummeiförmigem Abdomen die Eihüllen verlässt. 1. Subf. Scyllarinae. Körper abgeflacht. Die äusseren Antennen sind breite Platten. Scyllarus Fabr. Kopfbrustschild länger als breit. Schnabel stark vorspringend. Maxillarfuss des dritten Paares mit Geisselanhang. 21 Kiemen. Sc. latus Latr., Mittel- meer u. a. A. Bei Arctus Dana ist der Schnabel breit, wenig vorspringend, der Geissel- anhang fehlt, und sind nur 19 Kiemen vorhanden. A. ursus Dan. {Scyllarus arctus Ant.). Thenus Leach. Kopfbrustschild breiter als lang. Orbitalhöhlen an der äussersten Stirn- 1) Vergl. Erichson, Uebersicht der Arten der Gattung Astacus. Arch. für Naturg. Xll. 1846. G. Gerstfeldt, lieber die Flusskrebse Europa's. Mem. pres. a l'acad. St. Petersb. T. IX. LerebouUet, Recherches sur le mode de fixation des oeufs aux fausses pattes abdominales des Ecrevisses. Ann. des sc. nat. 4 ser. Tom. XIV". L. Soubeiran, Sur l'histoire naturelle et l'education des Ecrevisses. Comptes rendus de i acad. des scienc. Tom. LX. 1865. H. A. Hagen, Monograph of the North Americ. Astacidae. III. Illustrated Catal. of the Mus. of comp. Zool. Cambridge. 1870. 630 Galatheidae. Thalassinidae. ecke. Th. Orientalis Fabr., Ind. Ocean. Ibacus Leach. Kopfbrustschild breiter als lanc^. Orbitalhöhlen von den Stirnecken entfernt. I. Peronii Leach. I. {Paribacus) antarcticus Fabr., Südsee. I. (Pseudibacus) Veramji Guer. , Nizza. 2. Subf. Palinurinae. Körper mehr oder minder cylindrisch langgestreckt. Aeussere Antennen sehr lang. Palinurus Fabr. Schale mit nur kleinem schnabelförmigen Vorsprung. Innere Antennen mit sehr kurzen Geissein. Aeussere Antennen an der Basis zusamraenstossend. P. vulgaris Latr. , Languste, Mittelmeer. Erzeugen mittelst starker Bewegungen des ersten äussern Fühlergliedes ein knarrendes Geräusch. Panulirus Gray. Ohne Schnabel. Geissein der inneren Antennen sehr lang. Aeussere Antennen an der Basis von einander entfernt. P. fasciatus Fabr., Ind. Ocean u. a. A. Hier schliesst sich wohl auch die augenlose Tiefseegattung Willemoesia Grote, die freilich eine kleine Schuppe trägt , sowie die verwandten Polyclieles Hell, und Pen- tacheles Sp. B. an, auf welche neuerdings Amphion als Larve bezogen wurde. W. leptodactyla W. Suhm. Auch die fossile Eryon ist nahe verwandt. 5. Fam. Q-alatheidae. Cephalothorax oval mit stark incrustirtem, quergeriettem Panzer. Abdomen von ansehnlicher Grösse, so breit als das Kopf bruststück , nur wenig umgeschlagen, mit wohl entwickelter Schwanzflosse. Die Innern Antennen mit zwei kurzen Geissein, die äussern fadenförmig ohne Schuppe. Kiefer füsse des dritten Paares beinförmig mit Geisselanhang. Vorderbeine mit grossen Scheeren. Fünftes Beinpaar sehr dünn und klein, der Schale anliegend. Vier, beim Männchen 5 Paar Schwanzfüsse. Manche suchen leere Schneckenschalen zum Schutze des Abdomens auf. Galathea Fabr. Basalglied der Innern Antennen cylindrisch. Untere Kieferfüsse massig lang und am Ende nicht verbreitert. G. {3Iunida) rugosa Fabr. G. squamifera Leach. G. strigosa L., Mittelmeer. Grimothea Leach. Basalglied der innern Antennen keulenförmig. Untere Kieferfüsse sehr lang, ihre drei letzten Glieder breit und platt. Gr. gregaria Fabr. Hier schliesst sich Aeglea Leach. an, die zu den Porcellaniden hinführt. 6. Fam. Thalassinidae. Schale verhältnissmässig klein, mit zwei longitudinalen Suturen, oft mit einer dorsalen Quersutur. Aeussere Antennen ohne oder mit kleiner stachelförmiger Schuppe. Maxillen des zweiten Paares mit 4 Laden, von denen die obern und untern sehr grosse Platten darstellen. Vorderbeine gross, mit Scheeren endend. Abdomen sehr langgestreckt, breit und flachgedrückt, mit wenig vorspringenden Flügeln. Graben sich im Ufersande ein und führen zu den Paguriden hin. Callianidea Edw. Die 4 letzten Paare der Abdominalfüsse mit Kiemenbüscheln. Auch das zweite und dritte Beinpaar endet mit kleinen Scheeren. C. typa Edw., Neu- Irland. Aehnlich ist Callianisea Edw. Callianassa Edw. Maxillarfüsse des dritten Paares deckeiförmig. Platten der Scheerenflosse breit, lamellös. Auch das zweite Beinpaar endet mit kleiner Scheere. C. subterranea Mont. , an den Küsten des Mittelmeers und der Nordsee. C. laticauda Otto, Adria. C. uncinata Edw., Chili. Verwandt ist Trypaea Dana. Thalassina Latr. Maxillai-füsse des dritten Paares beinförmig. Seitliche Anhänge des Fächers linear. Scheere des vordem Beinpaares mit kurzem Finger. Zweites Bein- paar mit lamellöser Greifhand. Die letzten Beinpaare schlanke Schreitfüsse. Th. scor- pionides Latr., Chili. Th. maxima Hess., Neuholland. Gebia Leach. Maxillarfüsse des dritten Paares beinförmig. Seitenanhänge der Schwanzflosse breit. Aeussere Antennen ohne Schuppe. Nur das erste Beinpaar mit Scheere. G. littoralis Risso, Mittel meer. Bei Axius Leach. ist eine kleine Schuppe vor- handen vmd auch das zweite Beinpaar scheerentragend. A. stirhynchus Leach., engl, und franz. Küste. Bei Laomedia De Haan ist das zweite Beinpaar monodaktyl und das fünfte Beinpaar verkümmert. Calliaxis Hell. Paguridae. Hippidae. 631 7. Farn. Pagaridae '), Einsiedlerkrebse. Kopfbruststück langgestreckt, hartschalig, mit freiem letzten Segment. Abdomen in der Regel weichhäutig und unsymmetrisch mit beweglicher Schwanzflosse endend, in leeren Schneckenschalen versteckt. Untere Kieferfüsse beinförmig. Vorderes Beinpaar sehr gi-oss, mit meist ungleicher Scheere. Das letzte und oft auch das vorletzte Beinpaar kurz und dorsalwärts erhoben, zum Festhalten in der Schale benutzt. Schwanzfasse häufig nur auf der einen Seite entwickelt. Die zweiten Maxillen mit 4 Laden, von denen die obern und untern sehr grosse Platten bilden. Die Jugendformen noch symmetrisch und früher als Glaucothoe zu den Thalassi- niden gestellt. 1. Subf. Pagurinae. Innere Antennen kurz mit sehr kurzem Basalglied. Der Taster der untern Kieferfüsse endet mit langer geringelter Geissei. Leben im Wasser. Fagurus Fabr. Abdomen weichhäutig, unsymmetrisch gedreht, mit unsymmetrischer Schwanzflosse, in Schneckenhäusern versteckt. An den vordem Abdominalsegmenten fehlen die Afterfüsse in der Regel, an den nachfolgenden sind sie meist nur linksseitig entwickelt. Bei der Untergattung Eupagurus Brdt. (Bernhardus) sind die untern Maxillarfüsse an der Basis ziemlich von einander entfernt und stossen nicht wie in allen andern Untergattungen zusammen. Rechtes Vorderbein am mächtigsten. E. Bernhardus L., Nordsee. E. Prideauxii Leach. , Mittelmeer u. a. A. Bei Pagiiristes Dana finden sich an der Basis des Abdomens ein, beziehungsweise zwei Paare (Männchen) von Anhängen. Viertes Fusspaar ohne Scheere. P. maculatus Risso, Mittelmeer. Diogenes Dana zeichnet sich durch den Besitz eines beweglichen Stachelfortsatzes zwischen den Augenstilen aus. Linkes Vorderbeim am stärksten. Viertes Beinpaar scheerenförmig. P. striatus Latr., Adriatisches Meer. Clibanarius Roux unterscheidet sich von Pagurus durch den Besitz eines kleinen Stirnstachels und die gleichmässige Gestaltung der Vorderbeine. Cl. misan- thropus Risso, Mittelmeer. 2. Subf. Birgidae. Stil der innern Antennen sehr lang. Unteres Glied derselben oft länger als die Augen. Kieferfusstaster ohne Endgeissei. Leben grossentheils auf dem Lande. Coenobita Latr. Körper Pagurus-ähnlich mit langgestrecktem Kopfbruststück ohne Schnabel, mit weichhäutigem, in einem Schneckengehäuse verstecktem Abdomen. C. carnescens Dana. C. riigosa Edw., stiller Ocean. Birgus Leach. Kopfbruststück breit mit sehr entwickelter Kiemenregion und triangulärer Stirn. Abdomen hartschalig. B. latro Herbst. Mit Lungen in der Decke der Kiemenhöhle, hält sich in Erdlöchern ver- steckt und soll Nachts an Palmenbäumen emporklettern. 8. Fam. Hippidae ^), Sandkrebse. Kopf bruststück länglich gestreckt. Augen frei am Stirnrand. Untere Kieferfüsse ohne Tastei-anhang mit breiten fast deckeiförmigen untern Gliedern und ziemlich lang. Vorderes Bein paar mit fingerförmigem Endglied, zuweilen mit unvollkommener Scheere. Die nachfolgenden Paare breit und kurz mit breitem, ausgebogenem Endglied zum Schwimmen und Graben im Sande. Letztes Bein- paar schwach, über dem vorhergehenden eingefügt und nach vorn gewendet, versteckt. Abdomen hartschalig, verschmälert und von der Mitte an umgeschlagen, mit Schwanz- flosse und Afterfüssen. Die Larven sind den Krabbenzoeen ähnlich, jedoch mit langem geradlinigen Hinterrand des breiten Telson und ohne Zoeastacheln. Älbunea Fabr. Augen median zusammenstossend , breit blattförmig, mit kleiner Cornea. Linere Antennen mit einfacher langer vielgliedriger Geissei, äussere Antenne kurz. Vorderes Beinpaar mit scheerenförmiger Greifhand. Endglied der drei nach- folgenden Beinpaare sichelförmig geki-ümmt. Letztes Beinpaar fadenförmig dünn. A. 1) Milne Edwards, Observations zoologiques sur les Pagures. Ann. scienc. nat, 2 Ser. VL 1836. 2) J, S. Smith, The early stages of Hippa talpoides, with the note of the structure of the mandibles and maxillae in Hippa and Remipes. Transactions Connect. Acad. 1877. 632 ßrachyura. speciosa Dana, Sandw.-Inseln. A. symnista Fabr., Mittelmeer. Bei Alhunhippa Edw. sind die äussern Antennen lang. Hippa Fabr. Augenstile sehr lang. Innere Antennen mit 2 kurzen Geissein, äussere mit sehr langer Geissei. Beinpaare kurz mit breitem lamellösen Ende. H. eremita L., Brasilien. H. talpoides Say, Valparaiso. Bei Bemipes Latr. sind die äussern Antennen kurz und das vordere Beinpaar lang mit ovalgestrecktem Endglied. jB. testudinarius Edw., Neuholland. 2. Brachyuria ^), kurzschvvänzige Krebse. Körper gedrungen, meist mit breitem, triangulärem, rundlichem oder vier- seitigem Kopfbrustschild, dessen ausgehöhlte Sternalfläche von dem kurzen, beim Weibchen breiten umgeschlagenen Abdomen bedeckt wird. Dieses entbehrt fast immer der Schwanzflosse , besitzt jedoch beim Männchen 1 bis 2 Paare , beim Weibchen 4 Paare von Afterfüssen. Jene werden als Gopulationsorgane, diese zur Befestigung der Eier benutzt. Gruben für die Augen (Orbitae) und die kurzen inneren Antennen sind fast stets vorhanden. Das dritte Kieferfusspaar mit breiten und platten Gliedern bedeckt den Mundrahmen nach Art einer Flügel- thür meist vollständig. Die weiblichen Geschlechtsöffnungen liegen mit Aus- nahme vieler Notopoden auf der breiten Brustplatte. Auch die männlichen Geschlechtsöffnimgen (Gatometopen) können auf die Brustplatte rücken. Kiemen am 2ten und 3ten Kieferfusse und an den 3 (4) vordem Beinpaaren, Kiemen- hölile mit vorderm Eingangscanal. Die Zoealarven sind meist wenigstens mit Rücken- und Stirnstachel, bewaffnet und verlassen das Ei mit nur 2 Spaltfusspaaren, indem ausser den 5 Gehfusspaaren auch noch das dritte Kieferfusspaar fehlt. Das Abdomen endet meist mit gabiigem Telson. Die Fächergliedmassen sprossen später als die falschen Füsse. Auf das Zoea folgt das Megalopastadium. Viele Brachyuren schwimmen vortrefflich und leben ausschliesslich im Wasser, andere sind gute Läufer und zeigen sich in verschiedenem Grade zum Landaufenthalt befähigt. Solche Formen klettern und laufen an Pfahhverk und Mauern des Ufers umher oder erklimmen wie die indische Froschkrabbe {Ranina) die Dächer der Häuser, oder sie bewohnen Erdlöcher und bringen den grössten Theil des Jahres ausserhalb des Wassers zu, welches sie nur zur Zeit der Eiablage aufsuchen. Zu dieser Zeit {Gecarcinus) unternehmen sie schaarenweise Wanderungen nach dem Meere und kehren später mit der gross- gewordenen Brut nach dem Lande zurück. Diese Landkrabben haben die bereits beschriebenen Einrichtungen der Athmung. Viele leben zwischen See- pflanzen und Goralienstöcken, wenige wie der Muschehvächter {Finnothcres) in den Schalenklappen von Finna und Mytilus. LTribus. Notopoda. Das letzte oder die 2 letzten Beinpaare mehr oder minder nach der Rückenseite erhoben. Zahlreiche Kiemen in mehreren Reihen 1) Ausser den Werken von Leach, Dana, M. Edwards vergl.: Spence Bäte, On the development of Decapod Crustacea. Phil. Transact. vol. 148. 1858. De Haan, in V. Siebold's Fauna Japonica. Cruatacea. Lugduni Batav. 1850. Lucas, Anim. artic. de l'Algerie. Crustacea. Bell, A Monograph of the Leucosiadae. Transact. Linn. soc. XXI. Porcellanidae. Lithodidae. Droraiadae. Dorippidae. Oxystomata. 633 in jeder Kieinenhöhle. Weibliche Geschlechtsöffnung meist am Hüftgliede des dritten Beinpaares. 1. Farn. Porcellanidae. Cephalothorax rundlich oval, seltener gestreckt. Augen- stile kurz , in kleinen unten offenen Orbitae gelegen. Untere Kieferfüsse mit ihren breiten Gliedern die Mundgegend bedeckend, nach vorn bis zur Stirn verlängert. Sternal- platte breit. Letztes Beinpaar dünn, an der Rückenseite eingefügt, mit kleinen Scheeren. Abdomen umgeschlagen mit breiter fächerförmiger Schwanzflosse. Auch die rhomboidale Form des Telson ist ein Kennzeichen. Porcellana Lam. Innere Antennen klein, unter der triangulären Stirn versteckt. Erstes Beinpaar mehr oder minder abgeplattet mit breiter grosser Scheere. Die 3 nach- folgenden Beinpaare kürzer, mit Klauen endend. Die Larven {Lonchnphnrua) sind an der ausserordentlichen Länge des Stirnstachels und der 2 hintern Rückenstacheln kennt- lich. P. platycheles Penn., P. longicornis Penn., Adria und Mittelmeer. 2. Farn. Lithodidae '). Schale von Brachyurenform , vorn zugespitzt mit Stirn- schnabel, an dessen Seiten die kurzen Augen in tiefen Orbitalhöhlen liegen. Untere Kieferfüsse verlängert. Fünftes Beinpaar rudimentär, unter der Schale nach vorn um- geschlagen. Abdomen breit und umgeschlagen, ohne Afterfüsse, mit breiter Schwanzflosse. LiUwdes Latr. Kopf bruststück fast wie bei Maja mit Dornen und Warzen bedeckt. L. Maja L., Polarmeer. L. antarctica Hombr. Jacq. Verwandte Gattungen sind Lomis Edw., Echinocerus White. 3. Fam. Dromiadae. Das letzte oder die beiden letzten Fusspaare verkürzt und ganz auf den Rücken erhoben. Cephalothorax rundlich, subtriangulär oder quadrilateral. Dromia Fabr. Die 2 letzten Beinpaare klein und dünn, am Rücken entspringend. Gruben für die Innern Antennen vorhanden. Dr- vulgaris Edw., Mittelmeer. Bei Dyno- mene Latr. ist das vierte Paar dem dritten gleichgestaltet. Hornola Leach. Schale mehr oder minder quadrilateral. Gruben für die Innern Antennen fehlen. Drittes und viertes Bein- paar stark verlängert, fünftes Beinpaar beträchtlich kürzer und auf den Rücken erhoben, mit einer Greifhand endend. H. spinifronn Lsim., H. C'«i7ieri Risse, Mittelmeer. Bei LatreiUia Roux ist die Schale langgestreckt triangulär, die Augen langgestilt und auch die Hinter- beine lang. L. elegans Roux, Algier. Corystoides Luc, Bellia Edw. 4. Fam. Dorippidae. Führen durch die Einrichtung der Wasserznfuhr in die Kiemenhöhle zu den Oxystomata hin , mit denen sie auch die Lage der weiblichen Geschlechtsöffhung auf dem Brustschilde gemeinsam haben. Borippe Fabr. Viertes und fünftes Beinpaar kurz und am Rücken entspringend. Scheerenfüsse kurz, die beiden mittleren Beinpaare sehr lang. iJ.Janatah., Mittelmeer. Cysmopolia Roux. Ethusa Roux. E. Mascarone Roux., Mittelmeer und Adria. 2. Tribus. Oxystomata. Schale mehr oder minder circulär, zuweilen nur vorn im Bogen gekrümmt. Mundrahmen triangulär vorn zugespitzt und oft bis zur Stirngegend verlängert. Sechs bis neun Kiemen jederseits. Der Zuleitungscanal der Kiemenhöhle meist vor dem Mund zur Seite der Ausleitungs- öffnung. Männliche Geschlechtsöffnung am Hüftglied des 5ten Beinpaares. 1. Fam. Raninidae. Kopfbruststück nach hinten verschmälert, den Sandkrebsen ähnlich. Abdomen von oben her sichtbar. Die Innern Antennen können nicht in be- sondere Gruben unter den Stirnrand zurückgeschlagen werden. Aeussere Antennen breit und kurz. Vorderes Beinpaar mit Scheeren bewaffnet. 1) M. Edwards et Lucas, Sur la lithode a courtes pattes. Arch. de mus. d'hist. natur. Tom. IL 1841. J. F. Brandt, Die Gattung Lithodes Latr. etc. Bull, de l'acad. de St. Petersbourg. Tom. VII. 1849. 634 Leucosiadae. Calappidae. Oxyrhyncha. Ranina Lam. Schale fast rektangulär, nach hinten etwas verschmälert. Schaft der äussern Antennen mit ohrföi-migem Seitenfortsatz. Tarsalglieder der Beinpaare breit. B. dentata Latr., Ind. Ocean. Bei Baninoides Edw. sind die Beine des zweiten und dritten Paares weit von einander entfernt, B. levis Latr. Verwandt sind Banilia Edw. 2. Fam. Leucosiadae. Zufuhrscanal zii den Kiemenhöhlen weit vorn am Mund- winkel gelegen. Schale meist circulär, an der Stirn stark vorspringend. Orbitalhöhlen klein. Linere Antennen schräg unter dem Stirnrand einschlagbar. Aeussere Antennen sehr verkümmert. Endglieder der untern Kieferfüsse von den vorausgehenden verdeckt. Leucosia Fabr. Kopf bruststück kuglig aufgetrieben mit vortretender Stirn. Regionen fast ganz verwischt, Magenregion sehr klein. Kiemenregion sehr umfangreich. Taster der untern Kieferfüsse an seinem Ende kaum schmäler als an der Basis. Scheerenfüsse kurz und dick. L. craniolaris L., Indien. Bei Philyra Leach. ist der Mundrahmen fast quadratisch. Ilia Leach. Kopf bruststück kuglig mit tief ausgeschnittener Stirn. Scheeren- füsse sehr lang und dünn, mit langem Finger. I. nucleus Herbst. I. rugulosa Risse, Mittelmeer. Ebalia Leach. Kopfbruststück rhombisch oder hexagonal mit ziemlich vorragender Stirn, Die Scheerenfüsse massig lang. E. Cranchii Leach. E. Edwardsii Costa, Mittelmeer. Ixa Leach. Kopf bruststück jederseits in einen cylindrischen Fortsatz ausgezogen. Oberfläche mit 2 tiefen, vorn gabiig sich theilenden Quei'rinnen. Mund- rahmen fast quadratisch. I. cylindrica Herbst {caniculata Leach), Isle de France. 3. Fam. Calappidae. Kopf bruststück breit, an der Oberseite stark gewölbt, mit dünnen und gezähnelten Seitenrändern. Aeussere Antennen kurz. Eingangsöffnung in die Kiemenhöhle vor dem ersten Beinpaare. Mundrahmen in Form eines Canals bis zu der Stirn verlängert. Vorderbeine mit sehr breitem Carpus, die untere Körper fläche fast bedeckend. Calairya Fabr. Kopf bruststück fast halbkreisförmig, breit, hinten abgestutzt, mit flügelförmig ausgebreiteten Seitentheilen. Scheerenfüsse gross, comprimirt, kammförmig erhoben. C. granulata L,, Schamkrabbe, Mittelmeer. C. tuberculata Fabr., Südsee. Ver- wandt sind Mursia Edw, mit fast kreisförmigem Schalenrand. Flatymera Edw. Bei Orithyia Fabr. sind die 4 hintern Beinpaare Schwimmfüsse. Matula Fabr. Cephalo- thorax rundlich, jederseits mit langem quer stehenden Dornfortsatz. Die Endglieder des untern Kieferfusses unter dem dritten Glied am Ende des Mundrahmens verborgen. Die 4 hintern Beiupaare Schwimmfüsse mit lamellösem Endgliede. M. victor Fabr., Ind, Ocean. Bei Hepatus Latr. und Thealia Luc. enden die Beine mit stilförmigen Tarsalgliedern. H. angustatus Fabr., Antillen, Brasilien. 3. Tribus. Oxyrhyncha {Majacea). Kopfbruststück triangulär vorn zu- gespitzt, mit einem längern oder kürzern zuweilen gabiigen Stirnschnabel. Die Regionen deutlich entwickelt. Leberregionen klein. Mandrahmen viereckig, nach vorn verbreitert. Die drei basalen Glieder des 3ten Kieferfusspaares meist sehr breit, nicht über den Mundrand hinausragend, Jederseits 9 Kiemen. Männliche Geschlechtsöffnungen am Hüftgliede des 5ten Beinpaares mit dem Begattungsgliede unmittelbar verbunden. Der Eingang zur Kiemenhöhle vor dem ersten Beinpaar , der Ausgang vorn am Mundwinkel. Goncentration des Nervensystems am weitesten vorgeschritten. 1, Fam, Majidae. Körper gestreckt, vorn verschmälert und in einen Schnabel auslaufend. Das Basalglied der äusseren Antennen unter dem Auge eingefügt. Bein- paare ziemlich gleich lang, das vordere Paar zuweilen kürzer. 1. Subf. Majinae. Augen in Orbitalhöhlen zurückgezogen, Inaehus Fabr. Cephalothorax triangulär mit dornigen Erhebungen und kurzem Schnabel. Vorderbeine weit kürzer als das zweite sehr lange Beinpaar. I. seorpio Fabr., Mittelmeer. I. leptochirus Leach, Britannien, Maja Lam. Kopf bruststück rundlich- Parthenopidae. Cyclometopa. 635 eiförmig, mit stark vorragendem tief getheilten Schnabel. Das erste Stilglied der äussern Antennen mit 2 langen Dornen, unmittelbar am Rande der Orbita eingelenkt. Tarsalglied ohne Zahnfortsatz. M. sqiiinado Rondel. M. verrucosa Edw., Mittelmeer. Pisa Leach. Schale länglich birnförmig, höckrig mit vorspringendem präorbitalen Dorn und langem Schnabel. Basalglied der äusseren Antennen schmal, von der Orbita entfent, nach innen neben dem Schnabel inserirt. P. Gihsi Leach. P. armata Latr., Mittel- meer und Adria. Lissa Leach. Pisoides Edw., Brasilien. Herbstia Edw. Hyas Leach. Cephalothorox oval, etwas plattgedrückt, ohne präorbitalen Dorn, mit spitzem Schnabel. H. aranea L , Engl, und Franz. Küste. Libinia Leach. Cephalothorax breit birnförmig, mit angeschwollenem, an der Seite ausgebuchtetem Schnabel und kleinem präorbitalen Zahn, Beine massig lang. L. spinosa Fdw., Brasilien. Mlthrax Leach. Schnabel kurz, gespalten. Scheerenfinger am Ende ausgehölt. Basalglied der äusseren Antennen mit 2 langen Dornen bewaffnet. M. dichotomus Desm. , Balearen. 2. Subf. Eurypodinae. Augen zurückgelegt, aber ohne eigentliche Orbitalhöhlen. Tyche Bell. Auge unter der Schale verborgen. Cephalothorax deprimirt, vorn breit, mit langem gegabelten Schnabel. Eurypodius Guer. Auge zur Seite zurückgelegt, aber nicht versteckt, lang und vorspringend. Cephalothorax triangulär mit langem ge- gabelten Schnabel. Beine lang. E. septentrionalis Dana. 3. Subf. Leptopodinae. Augen nicht zurückgelegt. Stenorhynchus Lam. Cephalothorax triangulär, mit kurzem gegabeltem Schnabel. Augen stark vorspringend. Das vordere Beinpaar ziemlich dick. St. longiroslris Fabr. St. phaJangium Penn., Adria und Mittelmeer. Bei Leptopodia Leach. sind alle Bein- paare sehr dünn und der Schnabel einfach. Achaeus Leach. Die 4 hintern Beine mit sichelförmig gekrümmtem Klauengliede. A. Cranchii Leach., Mittelmeer. 2. Fam. Parthenopidae. Kopfbruststück kurz triangulär oder sehr breit und bogenförmig gekrümmt. Das Basalglied der äusseren Antennen in der Innern Augen- höhlenspalte eingekeilt, aber frei. Vorderes Beinpaar sehr verlängert. Lambrus Leach. Kopfbruststück dreieckig, nach vorn stark verschmälert, breit, mit scharf abgegrenzten Regionen. Oberfläche höckerig oder stachelig. Die Innern Antennen schief unter der Stirn gelegen. BasalgUed der äussern Antennen sehr kurz. Erstes Beinpaar wohl 2- bis 3 mal so lang wie das Kopfbruststück, die folgenden Bein- paare kurz und dünn. L. Massena Roux, Adria, Sicilien. L. mediterraneus Roux. Cryptopodia Edw. (Cr. fornicata Fabr.) Eurynome Leach. Cephalothorax unregelmässig rhombisch. BasalgHed der äusseren Antennen von massiger Länge, die Augenhöhlen- spalte ausfüllend. Die inneren Antennen liegen der Länge nach unter der Stirn. E. aspera Leach., Adria. Parthenope Fabr. (P. horrida L., Ind. Ocean). 4. Tribus. Cyclometopa (Arciiata) = Cancroidea, Bogenkrabben. Cephalothorax breit , nach hinten verschmälert. Stirn und Seitenränder im Bogen gekrümmt, ohne Schnabel. Mundrahmen fast viereckig, von den breiten Maxillarfüssen klappenförmig geschlossen. Die männlichen Geschlechtsöffnungen hegen am Goxalgliede der Hinterbeine, die Begattungsglieder am Abdomen. Goncentration der Bauchganglien minder gross als bei den Oxyrhynchen. Jederseits 9 Kiemen. 1. Fam. Cancridae. Hinteres Bein paar den vorausgehenden gleich, mit dünnem spitzen Endglied. Gaumenplatte ohne vorspringende Leiste. 1. Subf. Cancrinae. Innere Antennen der Länge nach in Gruben unter der sehr schmalen Stirn liegend. Cancer L. Das zweite bewegliche Glied der äussern Antennen entspringt nach Innen von der Orbita. Stirn Szähnig. Schale sehr breit, massig gewölbt. C. pagurus L., Taschenkrebs, Nordsee und Mittelmeer. C. plebejus Pöppig, Valparaiso u. v. a. A. 636 Eriphidae Portunidae. Corystidae. Perimela Leach. Die beweglichen Glieder der äussern Antennen entspringen in der Orbitalspalte. P. denticulata Mont., Adria. 2. Subf. Xanthinae. Innere Antennen der Quere nach unter dem breiten Stim- rande gelegen. Stilglied der äussern Antennen fest eingekeilt, den Innern Augenhöhlen- spalt ausfüllend. Carpilius Leach. Die hintere Region des Cephalothorax convex. Der vordere Seitenrand ebenso lang als der hintere. C. maculatiis L., Philippinen. C. convexus Forsk., Sandw.-Inseln. C. corallinus Fabr., Antillen. Actaea De Haan. Die hintere Region des Cephalothorax nicht convex. Hinterer Seitenrand kurz, concav ausgeschweift. A. rufo- punctata Edw., Canarische Inseln. Xaw(/io Leach. Schale sehr breit und flach. Vorderer Seitenrand so lang als der hintere, nicht ausgeschweift. Stirn 21appig. X. floridus Mont. X. riculosus Risso, Mittelmeer und Adria. Als Chlorodinen wurden von Dana die Gattungen gesondert, bei denen die Scheerenfinger löffeiförmig ausgehöhlt sind. Actaeodes Dana. Actaea-lhnlich. Clilorodius Leach. Vom Habitus der Xantho. 2. Fam. Eriphidae. Hinteres Beinpaar den vorausgehenden gleich, mit dünnem spitzen Endglied. Gaumenplatte seitlich mit vorspringender Längsleiste, welche zur Begrenzung des Kiemenausführungsganges dient. Filumnus Leach. Cephalothorax hoch gewölbt, mit bedeutend vorspringender Stirn. Das basale Stilglied der äussern Antennen ist frei beweglich und füllt die Augenhöhlen- spalte nicht vollständig aus. P. hirtellus L. P. villosus Risso, Adria und Mittelmeer. Eriphia Latr. Cephalothorax viereckig. Das basale Stilglied der Aussenantennen trägt zur Begrenzung der Augenhöhlen nicht bei, diese ohne innere Augenhöhlenspalte. E. spinifrons Herbst. Mittelmeer. 3. Fam. Portunidae. Hinteres Beinpaar mit blattförmig verbreitertem Endgliede, zum Schwimmen dienend. 1. Subf. Portuninae. Kieferfusspaar innen gelappt. Gaumenplatte mit seitlicher Längsleiste. Lupa Leach. Cephalothorax sehr breit. Die mittlere Sternalsutur durchschneidet 3 Segmente. Stirn gezähnt, wenig über die Augen vorspringend. Vordere Seitenränder sehr lang, mit 9 Zähnen besetzt. Zweites Stilglied der äussern Antennen entspringt in der Nähe der Orbita. L. hastata Latr., Mittelmeer. L. spinimaua Leach., Brasilien. Thalamita Latr. Vordere Seitenränder mit 4 — 5 Zähnen besetzt. Zweites Stilglied der äusseren Antennen entspringt von der Orbita entfernt. Im Uebrigen wie bei Lupa. Th. admete Herbst, Ind. Ocean bis Mittelmeer. Th. crenata, Südsee. Portunus Fabr. Cephalothorax massig breit, vorderer Seitenrand mit 5 Zähnen. Die Sternalsutur durch- schneidet blos 2 Segmente. P. puber L. P. depurator L. u. z. a. A. der europ. Meere. 2. Subf. Plafi/onichinae. Kieferfuss])aar nach innen nicht gelappt. Gaumen- platte ohne seitliche Leiste. Carcinus Leach. Tarsalglied des fünften Beinpaares lanzetförmig, kaum verbreitert. Kopfbruststück breiter als lang. Stirn vorspringend, 8 lappig. Vordere Seitenränder Szähnig, kürzer als die hintern. Aeussere Maxillarfüsse überragen den vordem Mund- rand nicht. C. maenas L., der kleine Taschenkrebs, Nordsee und Mittelmeer. Bei Por- tumnus Leach. ist das Tarsalglied des fünften Beinpaares viel breiter. Platyonichus Latr. Kopfbruststück etwa so lang als breit. Die äussern Maxillarfüsse überragen den vordem Mundrand. Tarsalglied des fünften Beinpaares elliptisch und ziemlich breit. P. latipesFAw. P. wasMiws Latr., Mittelmeer. Bei Po /y& jus Leach. enden die 4 hintern Beinpaare mit breiten lanzetförmigen Tarsalgliedern. 4. Fam. Corystidae. Kopf bruststück massig breit, zuweilen kreisförmig, oblong, und den Hippiden sich annähernd. Aeussere Antennen stark verlängert. Trichoceia De Haan. Cephalothorax breit, vorn bogenförmig gekrümmt. Stirn ohne Schnabel. Innere Antennen liegen transversal. T. Oreyonensis Dana, Westküste von Nordamerika. Thia Leach. Kopf bruststück fast herzförmig, mit breiter vorsprin- Telphusidae. Catometopa. 637 gender Stirn, hinten verschmälert. Innere Antnenen liegen transversal. T. polita Leach., Mittelmeer. Corystes Latr. Kopfbruststück schmal und lang, mit starkem Schnabel. C. dendatus Fabr., Nordsee und Mittelmeer. Fseudocorystes Edw. 5. Fam. Telphu'iidae := Siisswasserkrabben. Kopf bruststück quer-oval , leicht gerundet. Aussenantennen kurz. Führen zu den Catometopen über, zu denen sie von M. Edwards gestellt wurden. Telphusa Latr. Kopf bruststück viel breiter als lang, oben convex mit vorsprin- gender abwärts geneigter Stirn. Innere Antennen quer liegend. Vorderrand der Mund- gegend nach aussen mit tiefem Ausschnitt für die Oett'nung der Ausführungscanäle der Kiemenhöhle. T. fluviatilis, Südl. Europa. 5. Tribus. Catometopa = Grapsoidea (Quadrilatera). Kopf bruststück meist viereckig, zuweilen queroval mit gradem oder leicht gekrümmtein Seilen- rand und breiter Stirn. Kiemengegend mächtig entwickelt, Lebergegend klein. Stil der Aussenantennen kurz, am Innern Augenhöhlenwinkel eingefügt, meist eingekeilt. Mundrahmen viereckig. Der Ausführungsgang der Kiemenhöhlen öffnet sich an der Seite der Gaumenplatte, die häufig eine Längsleiste trägt. Das vierte Glied der äussern KieferfQsse entspringt gewöhnlich am Aussen- winkel des dritten. In der Regel weniger als 9 Kiemen. Die männliclien Geschlechtsöffnungen liegen auf dem Sternum und setzen sich durch Furchen auf die Begattungsanhänge fort. l.Fam. Pinnotheridae. Kojpf bruststück angeschwollen, zuweilen weichhäutig mit abgerundeten Seitentheilen und kurzen Augen. Innere Antennen meist quer gelegen. Leben zwischen den Mantellappen in der Schale von Muschelthieren. Pinnotheres Latr. Kopfbruststück fast kreisrund gewölbt und glatt. Mundrahmen halbmondförmig. Stirn hinreichend breit, um die Innern quer liegenden Antennen zu verdecken. Die Antennengruben ohne vollkommene Scheidewand. Gaumenplatte mit seitlichem Vorsprunge. Zweites Glied der äussern Kieferfüsse fast rudimentär, das dritte sehr breit, die Mundfläche fast allein bedeckend. P. veterum Bosc. P. pisum L., Mittel- meer. Hymenosoma Leach. Zweites Glied der äussern Kieferfüsse grösser als die Hälfte des dritten. Stirn sehr schmal, die innern Antennen nicht bedeckend. Augen sehr ge- nähert. H. orbiculare Leach. , Cap. Hymenicus Dana. Myctiris Latr. Cephalothorax sehr dünnhäutig und aufgetrieben, vorn verengt, ohne Augenhöhlen. Innere Antennen sehr klein , longitudinal gelagert. Zweites Glied der äussern Maxillarfüsse grösser als das dritte. M. longicarpis Latr. , Australasien. 2. Fam. Gonoplacidae. Kopf bruststück vierseitig nüt grosser Stirn. Innere An- tennen quer gelegen. Viertes Glied der äussern Maxillarfüsse am Innenwinkel des dritten eingefügt. Gonoplax Leach. Der lange vordere Rand des Kopfbruststückes mit scharfen Seitenwinkeln. Augen langgestilt. Vorderbeine des Männchens sehr lang. G. anyulata Fabr. G. rhomboides Fabr. , Mittelmeer. o. Fam. ') Ocypodidae. Kopf bruststück rhomboidal oder viereckig, vorn sehr breit mit scharfen Winkeln, hinten flach. Augenstile sehr lang. Stirnschnabel bis zum Epistom umgeschlagen. Viertes Glied der äussern Maxillarfüsse am Aussenwinkel des dritten eingefügt. Aeussere Antennen rudimentär. Gelasirnus Latr. Cornea klein am Ende des Augenstiles. Innere Antennen lon- gitudinal gelagert. G. vocans Deg., Rio Janeiro. G. forceps Latr., Australasien. Ocy- poda Fabr. Cornea bis an die Basis des Augenstiles ausgedehnt, sonst wie Gelasimus. 0. Cursor Belon, Mitteluieer, Rothes Meer und Canar. Inseln. 0. cordhnana Latr. 1) S. J. Smith, Notes on American Crustacea. 1. Ocypodoidea. Transact. of tbe Connecticut Academy. Vol. II. 638 Grapsidae. Gecarcini dae. Gigantostraca. 4. Farn. Grapsidae. Kopfbruststück abgeflacht und minder regelmässig quadri- lateral, meist mit leicht gebogenen Seitenrändern. Aeussere Maxillarfüsse in der Mitte klaffend. Innere Antennen schräg gelagert. Augenstile massig lang. Stirn fast stets stark umgebogen und breit. Meist 7 Kiemen jederseits. Leben meist am Gestade und auf Felsen. Grapsus Lam. Oberfläche des ziemlich breiten Kopfbruststückes mit Querstriemen, Klauenglieder bestachelt. Scheerenfüsse ziemlich gleich. Zweites Glied der äussern Kieferfüsse oblong oder so breit als lang, ohne vorspringenden Kamm. Gr. er uentatus Fahr., Antillen. G. strigosus Herbst, Chili. G. (Pachy grapsus) marmoratus Fabr. {variiis) Latr., Mittelmeer. Nautilograpsus Edw. Pseudograpsus Edw. Sesarma Say. Von Grapsus vor- nehmlich dadurch verschieden, dass das dritte ovale GUed des äusseren Kieferfusses eine schräge Leiste trägt. S. tetragona Fabr., Ind. Ocean. Plagusia Latr. Innere Antennen frei in offenen Ausbuchtungen der Stirn, (rrai^sws-ähnlich. PL elavimana Desm., Neu- holland. PI. (lepressa Herbst, Ind. Ocean. 5. Fani. Gecarcinidae, Landkrabben. Kopf bruststück stark gewölbt, vorn breit, mit abgerundeten kaum bezahnten Seiten. Augen kurz. Innere Antennen quergelagert, von der Stirn bedeckt. Aeussere Maxillarfüsse sehr breit, aber klaffend. Landbewohner der heissen Gegenden beider Hemisphären. Gecarcinus Latr. Viertes Glied und End- abschnitt der äussern Maxillarfüsse unter dem dritten Glied versteckt. G. ruricola L., Antillen. G. lagostoma Edw., Australasien. Cardiosoma Latr. Viertes Glied der Maxillar- füsse unbedeckt, am äussern Ende des dritten befestigt. C. carnifex Herbst, Pondichery. Gecarcinicus Edw. Gecarcoidea Edw. III. Gigantostraca, Man wird in dieser den echten Crustaceen (Eucrustacea) , den Entomo- straken und Malacostraken , gegenüberstehenden Gruppe die Ordnungen der fossilen Merostomen und der durch die noch lebende Gattung Limulus ver- tretenen Xiphosuren oder Poecilopoden zusammenfassen können. In erster Linie scheint für dieselben der Besitz eines einzigen vor dem Munde gelegenen vom Gehirn aus innervirten Gliedmassenpaares, sowie das Auftreten von vier oder fünf nachfolgenden um den Mund gelegenen Beinpaaren charakteristisch, deren Basalglieder als umfangreiche Mandibel-ähnliche Kaustücke ausgebildet sind. Erst hinter dem letzten (bei den Merostomen die stärkste Kaulade tragenden) Beinpaare folgt als Lippenbildung eine einfache oder gespaltene die Kiefer bedeckende Erhebung. Der Körpertheil, welcher diese Gliedmassen- paare trägt , ist als ungegliedertes Kopf bruststück zu bezeichnen , welches der Gliederung entbehrt, dagegen oft schildförmig verbreitert in flügeiförmig vor- stehende Seitenstücke ausgezogen sein kann und auf seiner obern Fläche ausser zwei grossen meist gefelderten Seitenaugen zwei kleine mediane Stirnaugen unterscheiden lässt. Auf das Kopfbruststück folgt ein meist langgestreckter aus einer grössern Zahl von Segmenten zusammengesetzter Leibesabschnitt, welcher sich nach dem hintern Körperende verjüngt und mit einem flachen oder stachelförmig ausgezogenen Telson endet. 1. Ordnung. Merostomata. 2. Ordnung. Xiphosura. 639 1. Ordnung. Merostomata ^) , Mer ostomen. Giganiostrahen mit 5 Gliedmassenpaaren an dem relativ hursen Ccplialu- thorax und langgestrecldem aus meist 12 Segmenten zusammengesetzten glied- massenlosen Abdomen, welches mit flachem oder stachelförmigen Telson abschliesst. Der gewaltige Körper der (von Wo od ward mit den Poecilopoden ver- einigten) Eurypteriden, wie die vornehmlichste Familie der Merostomen nach der Gattung Eurypterus bezeichnet wird, besteht aus einem Kopfbrustschild mit medianen Ocellen nebst grossen vortretenden Randaugen und diesem an- schliessend au zahlreichen (meist 12) flachen Segmenten, welche nach hinten an Länge zunehmen und mit einem verhältnissmässig kurzen in einen Stachel aus- laufenden Schwanzschild abschliessen. An der Unterseite des Kopfbrustschildes liegen um den Mund 5 langgestreckte bestachelte Beinpaare, von denen das letzte bei weitem grösste mit breiter Ruderflosse endet. Einige der vordem Gliedmassen können auch mit einer Scheere bew^affnet sein. Auffallend ist die Annäherung der echten Eurypteriden in ihrer allgemeinen Körperform an die Scorpioniden, während die Gattung Hemiaspis zu den Poecilopoden hinfährt. Die wichtigsten Formen sind: Eurypterus pygmaeus Salt., devonisch. Stylonurus Logani Woodw. Fterygotus anglicus Ag., 4Fuss lang. Hemiaspis li)nuloides Woodw. SämmtUch aus dem obern Silur. 2. Ordnung. Xipliosiira^), Scli^vertsch.wäiize. Gigantostraken mit grossem schildförmigen Cephalothorax und gelenkig abgesetzten, 5 lamellöse Fusspaare tragendem Abdomen, welchem ein langer beweglicher Schivunz Stachel folgt. Der grosse mit festem Ghitinpanzer bedeckte Körper dieser Krebse zer- fällt in ein gewölbtes Kopfbrustschild und ein flaches , fast ßseitiges Abdomen, welchem sich noch ein schwertförmiger beweglicher Schwanzstachel anschliesst. Das erste bildet die weit grössere Vorderhälfte des Leibes und trägt auf seiner gewölbten Rückenfläche zwei grosse zusammengesetzte Augen und weiter nach vorn, der convexen Stirnfläche zugekehrt, zwei kleinere der Medianlinie mehr 1) J. Nieszkowski, Der Eurypterus remipes aus den Obersilurischen Schichten der Insel Oesel. Archiv für die Naturk. Liv-, Esth- und Kurlandes. 1849. Woodward, Monograph of the Brit. fossil Crustacea belonging to the Order of Merostomata. P. I. u. II. Palaeont soc. of London. 1866 — 1869. Derselbe, On some points in the structure of the Xiphosura having reference to their relationship with the Eurypteridae. Quaterl. Journ. geol. loc. of London. 1867 sowie 1871. 2j Ausser den altern Werken von 0. Fr. Müller, Latreille, Leach, Strauss- Dürkheim etc. vergl. Van der Hoeven, Recherches sur l'histoire naturelle et l'ana- tomie des limules. Leyden. 1838. C. Gegenbaur, Anatomische Untersuchungen eines Limulus, mit besonderer Berücksichtigung der Gewebe. Abhandl. der naturf. Gesellschaft zu Halle. IV. 1858. Packard, The Development of Limulus Polyphemus. Soc. of nat. hist. 1870. A. Dohrn, Zur Embryologie und Morphologie von Limulus Polyphemus. Jen. nat. Zeitschr. 1871. A. M. Edwards, Recherches sur l'anatomie des limules. Ann, sc. nat. V. ser. Tom. XVII. 1872—73. 640 Xiphosuren. Körperbau und innere Organisation. genäherte Nebenaugen. Auf der unteren Seite desselben entspringen 6 Paare von Gliedmassen , von denen das vordere schmächtig bleibt und nach seiner Lage vor der Mundöffnung als ein Fühlerpaar anzusehen ist, obwohl es ebenso wie die nachfolgenden Beinpaare mit einer Scheere endet. Im männlichen Geschlechte enden jedoch meist die Gliedmassen des zweiten Paares (Vorder- beine {Limidiis polyphemus) oder auch zugleich die des dritten Paares (L. moluccanus, virescens) mit Klauen. Diese Beinpaare umstellen rechts und links die Mundöffnung und dienen zugleich durch die Uujbildung ihrer Coxalglieder zu Kiefern als Mundtheile zur Zerkleinerung der Nahrung. Dazu kommt noch am Ende des Gephalothorax ein Paar platten förmiger Anhänge, welche in der Mittellinie verbunden, eine Art Deckel für die Kiemenanhänge des Abdomens herstellen. Von Interesse erscheint es, dass die Form dieser Kiemendeckplatte bei den asiatischen und amerikanischen Limulus-Arten constante Abweichungen bietet , indem das Mittelstück derselben bei den erstem ungetheilt ist , bei den letztern aus zwei Gliedern besteht. Der schildförmige Hinterleib , welcher mittelst eines queren Gelenkes am Kopfschilde in der Richtung vom Rücken nach dem Bauch bewegt wird, ist jederseits mit beweglichen pfriemenförmigen Stacheln bewaffnet und trägt auf seiner ventralen Fläche 5 Paare lamellöser Füsse, welche von dem am Ende des Gephalothorax entspringenden Plattenpaare fast vollständig bedeckt werden. Die letztern dienen sowohl zum Schwimmen als zur Respiration, da an ihnen die Kiemenblätter liegen. Die innere Organisation erlangt bei der bedeutenden Körpergrösse eine verhältnissmässig hohe Entwicklung. Am Nervensystem unterscheidet man einen breiten Schlundring, dessen vordere Partie als Gehirn die Augennerven entsendet, während aus den seitlichen Theilen die seclis Nervenpaare der An- tennen und Beine entspringen, ferner eine untere Schlundganglienmasse mit drei Quercommissuren und einen gangliösen Doppelstrang , welcher Aeste an die Bauchfüsse abgibt und mit einem Doppelganglion im Abdomen endet. Der Verdauungscanal besteht aus Oesophagus, Kaumagen und einem gerad- gestreckten mit einer Leber in Verbindung stehenden Magendarm, \velcher vor der Basis des Schwanzstachels in der Afteröffnung ausmündet. Das Herz ist röhrenförmig verlängert, von 8 Paar durch Klappen verschliessbarer Spalt- öffnungen durchbrochen und mit Arterien versehen, welche sich bald in lacunäre Blutbahnen fortsetzen. Von der Basis der Kiemen erstrecken sich zwei das Blut zurückführende Räume nach dem Pericardialsinus. Als Kiemen fungiren 5 Paare von Anhängen der Bauchfüsse, welche aus einer sehr grossen Anzahl dünner, wie die Blätter eines Buches neben einander liegender Lamellen zu- sammengesetzt sind. Die verästelten Ovarien vereinigen sich zu zwei Eileitern, welche an der untern Seite des vordem deckelartigen Beinpaares mit zwei getrennten Oeffnungen ausmünden; an gleicher Stelle liegen im männlichen Geschlechte die Oeffnungen der beiden Samenleiter. Beim Männchen enden die vordem Brustfüsse mit einfacher Klaue. Ueber die Entwicklung ist bekannt, dass die Jungen noch ohne Schwanzstachel, auch ohne die drei hintern Kiemenfusspaare das Ei verlassen. Man hat dieses Stadium wegen der Tri- lobitenähnlichkeit treffend das Trilobitenstadium genannt. An dem Kopfbrust- Xiphusura. Trilobiten. 641 Schild erhebt sich Glabella-ähnlich ein wulstförmiges Mittelstück, welches auch an den acht Abdominalsegmenten wiederkehrt, von denen das letzte zwischen den Seitentheilen die kurze Anlage des Schwanzstachels umfasst. In dem nach- folgenden Stadium kommt das Schwanzschild zur Consolidirung und der Schwanzstachel zur Ausbildung. Die ausgewachsenen Thiere erreichen eine sehr beträchtliche Länge und leben ausschliesslich in den warmen Meeren sowohl des indischen Archipels als an den Ostküsten Nordamerikas. Sie halten sich in einer Tiefe von 2 bis 6 Faden auf und ^vühlen im Schlamme unter abwechselnden Beugen und Strecken des Kopf- und Schwanzschildes und des Schwanzstachels. Als Nahrung dienen vornehmlich Nereiden. Versteinert finden sie sich besonders im Sohlen- hofer lithographischen Schiefer, aber auch in den altern Formationen bis zum Uebergan gsgebirge. 1. Farn. Xiphosnra. Die einzige Familie mit den Charakteren der Ordnung um- fasst die einzige Gattung Limulus Müll. L. moluccanus Chxä. wird im Monat Juli und August täglich im üeberfluss in der Nähe des Hafens von Batavia gefangen und lebendig zu Markte gebracht. Eier und Fleisch sind geniessbar, L. longispinus van der Hoev., Japan. L. pohjj)hemus L., an der Ostküste von Nordamerika. Von fossilen Formen sind hervorzuheben: Limulus Walchii Desm., dem L. poly- phemtcs nahestehend , L. giganteus Münst. , beide aus dem Oolith von Sohlenhofen. Belinurus trilobitoides Buckl., aus der Steinkohlenformation. Im Anschluss an die Merostomen und Xiphosuren dürften an dieser Stelle die Trilobiten kurz besprochen werden , deren systematische Stellung zur Zeit noch nicht sicher zu bestimmen ist. Die Tnlobiten^), welche nur in den älteren Perioden der Erdbildung lebten und als Fossile den ältesten Formationen angehören , sind uns leider , obwohl in grossem Formenreichthum und in sonst vortrefflichem Zustande , doch nur unter solchen Verhältnissen versteinert er- halten, dass die Unterseite des Körpers und mit ihr die Beschaffenheit der Gliedmassen verschlossen bleibt, somit also die Kenntniss derjenigen Charaktere fehlt, welche über die Verwandtschaftsbeziehungen derselben Entscheidung geben. Folgt auch aus dieser Art der Erhaltung die weichhäutige Beschaffen- heit der Beinpaare ^), so ist doch der Schluss Burmeister 's auf die Ueber- einstimmung derselben mit denen der Phyllopoden nicht ausreichend gerecht- fertigt. 1) Vergl. ausser den altern Schriften von Lhwyd, Hermann, Walch u. a.: Brogniart, Histoire naturelle des Crustaces fossiles savoir Trilobites etc. 1822. H. Burmeister, Die Organisation der Trilobiten etc. Berlin. 1843. H. E. Beyrich, Unter- suchungen über Trilobiten. Berlin. 1845—46. J. Barrande, Systeme silurien du centre de la Boheme. Prague. 1852. S. W. Salter, A monograph of British Trilobites. London. 1864—1866. 2) Neuerdings will man an der Bauchseite eines Äsaphiis Theile von Extremitäten beobachtet haben (Notes on some specimens of Lower Silurian Trilobites by E. Billin gs, sowie Note on the Palpus and other Appendages of Asaphus etc. by H. Wo od ward. Quat. Joum. of the Geolog. Soc. London. 1870), welche auf die Verwandtschaft der Trilobiten mit den Isopoden hinweisen sollten. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 41 642 Trilobiten. II. Classe. Arachnoidea. An dem häufig einrollbaren von dickem Sehalenpanzer bedeckten Körper, welcher durchweg durch zwei parallele Längsfurchen in einen erhöhten Mittel- theil {Ilhachis) und zwei Seitentheile (Fleurae) zerfällt und nur selten eine bedeutende Grösse erlangt, unterscheidet man einen vordem halbkreisförmig gewölbten Abschnitt als Kopf oder auch wohl als Kopfbruststück und eine Anzahl scharf abgesetzter Rumpfsegmente, welche theils dem Thorax, theils dem Abdomen zugehören und durch ein grösseres schildförmiges Schwanz- stück, Fygidiimi, beschlossen werden. Am Rande des Pygidiums schlägt sich der Panzer der Oberseite nach der Bauchseite um und lässt nur den Mitteltheil der letzteren zwischen scharf begrenzten Rändern des Schildumschlags frei. Die Seitentheile desKopfes, dessen Mittelabschnitt als »GZa&e/Za« besonders vorspringt, tragen meist auf zwei Erhebungen grosse zusammengesetzte Facettenaugen und ziehen sich oft in zwei sehr lange nach hinten gerichtete Stacheln aus, während sie nach der Bauchfläche ebenfalls Duplicaturen bilden. Ausser einer der Unter- lippe der Entomostraken vergleichbaren Platte (Untergesicht, hypostoma) hat man keinerlei Mundwerkzeuge an der Ventralfläche des Kopfes sicher nachgewiesen. Die Rumpfsegmente, deren Zahl zwar mannichfach varürt, aber doch für den ausgebildeten Zustand der einzelnen Arten ziemlich bestimmt ist, zeigen an ihren Seitentheilen ebenfalls ventrale meist eigenthümlich gestreifte Umbiegun- gen, sowie mannichfach gestaltete flügeiförmige Fortsätze und spitze lange Stacheln. Die Trilobiten waren Bewohner des Meeres und lebten wahrschein- lich an seichten Plätzen in der Nähe der Küsten in Schwärmen zusammen, ihre Ueberreste repräsentiren mit die ältesten thierischen Organismen und finden sich vorzugsweise in Böhmen, Schweden, Russland etc. schon in den untersten Schichten des Uebergangsgebirges. Nach der Beschaffenheit des Kopfes, be- sonders der Glabella , nach der Form des Pygidiums und nach der Zahl der Rutnpfglieder hat man zahlreiche Familien unterschieden. Die wichtigsten Gattungen sind: Uarpes {H. macrocephaliis Goldf.), Faradoxides {F. Tessini Brogn. = Entomolitus parudoxus L.) , Calymene (C. Blumenbachii Brogn.), Olenus (0. gihhosus Wahlb.) , Ellipsocephalus {E. Hoffii Schlotth.) , Fhacups {Fh. caudatus Brunn.), Asuphus {A. expansus Walilb.), Arges, Brontes u. a. II. Classe. Arachnoidea'), Arachuoideen. Flügellose Tracheaten mit verschmohenem Kopf und Thorax, mit 2 Kiefer- paaren {Kiefer fülller und Kiefertaster), 4 Beinpaaren und gliedniassenlosem Abdomen. Die Arachnoldeen , welche wir als wohl begrenzte Abtheilung der luft- athmenden Arthropoden oder Tracheaten betrachten, variiren in ihrer Leibes- 1) C. A. Waickenaer et P. Gervais, Histoire naturelle des Insectes Apteres. 3 Vols. Paris. 1837—44. Hahn und Koch, Die Arachniden, getreu nach der Natur abgebildet und beschrieben. Nürnberg. 1831 — 49. E. Blanchard, Organisation du regne animal. Arachnides. Paris. 1860. Vergl. die Schriften von Treviranus, Herold, L. Dufour, Claparede, Blanchard etc. Extremitäten. 643 gestalt äusserst mannichfach. Kopf und Brust sind zwar in der Regel (die Solpugiden ausgenommen) zu einem kurzen Gephalothorax verschmolzen, allein das Abdomen verhält sich sehr verschieden. Bei den echten Spinnen ist der Hinterleib kuglig aufgetrieben, unter tiefer Einschnürung dem Gephalothorax angefügt und ohne Gliederung, bei den Scorpionen dagegen sitzt das lang- gestreckte Abdomen an dem Gephalothorax in seiner ganzen Breite fest und zerfällt in ein breites , segmentirtes Präabdomen und ein schmales , ebenfalls segmentirtes, äusserst bewegliches Postabdomen. Bei den Milben ist der Hinter- leib ungegliedert und mit dem Kopfbruststück verschmolzen. Bei den Pen- tastomiden wird der gesammte Leib zu einem geringelten wurmähnlichen Körper mit 4 vordem paarig gestellten Klammerhaken anstatt der Extremitätenpaare, so dass man diese Thiere zumal im Hinblick auf ihren Parasitismus als Zungen- würmer bezeichnen und den Eingeweidew'ürmern unterordnen konnte. Gharakteristisch ist die durchgreifende Reduction des Kopfes, an welchem nur zw-ei zu Mund Werkzeugen verwendete Extremitätenpaare auftreten. Ob die vordem dieser als Kiefer fungirenden Gliedmassen, die KieferfüJder, morpho- logisch Antennen entsprechen oder nach Erichson denMandibeln der Krebse und Insecten gleichzustellen sind , ist bislang um so -weniger entschieden , als es keineswegs gelungen ist, beide Tracheatengruppen auf einen gemeinsamen einheitlichen Ursprung zurückzuführen. Die erstere schon von Latreille u. A. vertretene Auffassung wird durch die Innervirung vom Gehirne aus wesentlich unterstützt. Die Kieferfühler sind entweder ScheerenJäefer, w^enn das klauenförmige Endglied gegen einen Fortsatz des vorausgehenden Gliedes bewegt wird (Scorpione , Milben) , oder KlauenJciefer, wenn dasselbe einfach nach abwärts oder einwärts geschlagen wird (Spinnen). Dieselben können aber auch lange stiletförmige Stäbe sein , die dann von den Laden der nach- folgenden Gliedmassen wie von zwei Halbrinnen röhrenartig umschlossen werden (Milbenj. Das zweite Gliedmassen paar des Kopfes besteht nämlich aus einer Kieferlade als Grundglied und einem Kiefertaster, welcher häufig die Form und Gliederung eines Beines bew'ahrt. Dieser endet entweder als Klauentaster mit einer Klaue oder als Scheerentaster mit einer Scheere (Scorpione) oder auch ganz ohne Klauen. Sehr allgemein schiebt sich zwischen den beiden Laden der Unterkiefer noch eine demselben Segmente angehörige unpaare Platte als Unterlippe ein. Die vier nachfolgenden Gliedmassenpaare der Brust sind die zur Ortsbew'egung verw^endeten Beine, von denen das erste allerdings zuweilen eine abweichende Form erhält , sich tasterartig verlängert (Pedipalpen) und mit seinem Basalglied auch als Unterkiefer fungiren kann. Die Beine bestehen aus sieben oder auch sechs Gliedern , welche bei den höhern Formen analog den Abschnitten des Insectenbeines bezeichnet werden. Das kurze Basalglied, Hüftglied {Coxu), vermittelt die Einlenkung an der Brust, dann folgt ein kurzes Verbindungsstück (Trochanter) mit dem dritten grossen Schenkelglied {Femur). Die zwei nächsten Glieder sind kürzer und bilden zusammen den Unterschenkel {Tihia) , die letzten endlich mit Klauen an der Spitze den Fuss {Tarsus). Die innere Organisation der Arachnoideen ist kaum geringeren Differenzen als die der Crustaceen unterworfen. Das Nervensystem kann eine gemein- 41* 644 Aracimoideen. SiuRPSoigaiie. Geschlechtsorgane. schaftliche Ganglienmasse über und unter dem Schlünde darstellen, ja selbst anstatt des Gehirnes eine einfache obere Querbrücke des Schlundringes besitzen {Pentastomiäen). In der Regel aber tritt eine deutliche Trennung zwischen Gehirn und ßauchmark ein, welches letztere sehr verschiedene Stufen der Gestaltung zeigt. Auch Eingeweidenerven sind bei den Spinnen und Scor- pionen nachgewiesen. Die Sinnesoryane treten im Allgemeinen mehr zurück als bei den Crustaceen. Die Sehorgane beschränken sich auf kleinere oder grössere Augen, welche niemals eine facettirte Hornhaut besitzen, sondern als unbewegliche Punktaugen, der Zahl zwischen 2 und 12 schwankend, in sym- metrischer Weise auf der Schoitelfläche des Kopfbrustschildes vert heilt sind. Gehörorgane wurden bislang nicht bekannt. Dagegen sind Tastorgane wohl allgemein verbreitet. Die Kiefertaster und Extremitätenspitzen fungiren als solche; dazu kommen bei den Scorpionen kamraförmige mit zahlreichen Tast- wärzchen versehene Anhänge an der Basis des Abdomens. Der Verdauung s- canal erstreckt sich in gerader Richtung vom Mund zum hintern Körperende und zerfällt in einen engen Oesophagus und einen weitern Magendarm, welcher in der Regel seitliche Blindsäcke trägt. Als Anhangsdrüsen finden sich Speichel- drüsen, dann eine bei Spinnen und Scorpionen aus zahlreichen verästelten Ganälen zusammengesetzte Lcher und mit seltenen Ausnahmen am Enddarm Malpighische Canüle als Ilarnorgane. Die Organe des Kreislaufes und der Respiration zeigen ebenfalls sehr verschiedene Stufen der Ausbildung und fallen nur bei den niedersten Milben vollständig hinweg. Das Herz liegt im Abdomen als langgestrecktes mehr- kammeriges Rückengeläss mit seitlichen Spaltöffnungen zum Eintritt des Blutes und häufig mit einfachen oder verästelten Aorten am vordem und hintern Ende, zu denen bei den Scorpionen noch seitliche Arterien hinzukommen. Die Bespiraiionsorgane sind innere Lufträume, welche entweder als Tracheen die Form vielfach verzweigter Röhren erhalten oder hohle flachgedrückte Lamellen [Lungen) darstellen , die in grosser Zahl wie die Blätter eines Buches neben einander liegen und in diesem Zusammenhange die Gestalt eines Sackes dar- bieten. Stets Averden die Lufträume durch eine feste innere Gliilinmembran, die sich zu einem spiraligen Faden verdicken kann, offen erhalten, so dass die Luft durch paarige Mündungen {Stigmata) der Tracheen oder Lungen am Anfange des Abdomens eintreten und sich bis in die feinsten Verzweigungen ausbreiten muss. Mit Ausnahme der hermaphroditischen Tardigraden sind die Arachnoideen getrennten Geschlechts. Die Männchen unterscheiden sich häufig schon durch äussere Geschlechtsmerkmale , z. B. durch ihre geringere Körpergrösse , durch den Besitz von Haft Organen (Milben), oder durch auffallende Grösse und Form- gestaltung bestimmter Gliedmassen. Ihre Geschlechtsorgane bestehen meist aus paarigen Hodenschläuchen, aus welchen zwei Samenleiter entspringen; diese nehmen vor ihrer getrennten oder gemeinsamen Ausmündung an der Basis des Hinterleibes in der R.egel noch die Ausführungsgänge accessorischer Drüsen auf. Gopulationsorgane am Ende der Geschlechtsötfnungen fehlen in der Regel, während entferntliegende Extremitäten (die Kiefertaster der Spinnen) während der Begattung zur Uebertragung des Sperma's dienen können. Die 1. Ordnung. Linguatulida. 645 weiblichen Geschlechtsorgane sind ebenfalls paarige Drüsen, meist von traubiger Form mit ebensovielen Oviducten, welche vor ihrer in der Regel gemeinsamen Mündung am Anfange des Abdomens meist zu einem Samenbehälter an- schwellen und auch mit accessorischen Drüsen in Verbindung stehen können. Selten {Fhalangium) findet sich eine lange vorstreckbare Legeröhre. Nur wenige Araehnoideen gebären lebendige Junge (Scorpione und ovo- vivipare Milben), die meisten legen Eier ab, die sie zuweilen in Säcken bis zum Ausschlüpfen der Jungen mit sich herum tragen. In der Mehrzahl haben die ausgeschlüpften Jungen bereits die Körperform der ausgewachsenen Thiere, indess fehlen bei den meisten Milben noch zwei, seltener vier Beine, die erst mit den nachfolgenden Häutungen auftreten; eine wahre Metamorphose besteht jedoch nur bei den Pcntastomiden, den Laufmilben (Tro»ibidien) und Wasser- milben {Ihjchachmden) , welche auch puppenähnliche Stadien durchlaufen. Die meisten Araehnoideen nähren sich von thierischen, wenige von pflanz- lichen Säften, zu denen sie auf der niedersten Stufe als Parasiten durch Stech- waft'en Zugang finden. Die grössern höher organisirten Formen bemächtigen sich selbständig als Raubthiere der lebenden , vorzugsweise aus Insecten und Spinnen bestehenden Beute und besitzen meist Giftwaffen zum Tödten derselben. Viele bauen sich Gewebe und Netze, in denen sich die zur Nahrung dienenden Thiere verstricken. Die meisten halten sich den Tag über unter Steinen und in Verstecken auf und kommen erst am Abend und zur Nachtzeit aus den Schlupfwinkeln zum Nahrungserwerbe hervor. L 0 r d n u n g. Linguatulida i) , ZuiigeiiAviirmer , Pentastomiden. Parasitische Araehnoideen von lüurmfönnig gestrechtem , geringeltem Körper, mit zwei Paaren von Klammerhahen in der Umgehung der hieferlosen Mundöffnung , ohne Tracheenathmung. Der wurmförmige Leib und die parasitische Lebensweise der Linguatuliden veranlasste die altern Beobachter, diese Thiere zu den Eingeweidewürmern zu stellen , mit denen sie auch in der Entwicklungsart einige Aehnlichkeit haben. Erst die nähere Kenntniss der mit zwei Fusspaaren versehenen Embryonen machte ihre Art hropodennatur wahrscheinlich, welche denn auch durch die Erforschung der Innern Organisation und Entwicklung vollkommen bestätigt wurde. Da sich die Embi7onen trotz der verkümmerten Mundwerkzeuge am nächsten an die Jugendformen von Milben anschliessen , so wird man die Zungen Würmer am natürlichsten als milbenartige Gliederthiere auffassen, welche auf dem Wege einer rückschreitenden Metamorphose zur Form und Lebens- weise der Würmer zurück gesunken sind und in diesem Sinne die Verbindung von Eingeweidewürmern und Arthropoden herstellen. 1) Ausser den Aufsätzen von Owen, Schubart, Diesing vergl.: Van Beneden, Recherches suv l'organisation et le developpement des linguatules. Ann. des scienc. nat. 3. Ser. Tom. XL R. Le\ickart, Bau und Entwicklungsgeschichte der Pentastomen. Leipzig und Heidelberg. 1860. 646 Linguatuliden. Nervensystem. Sinnesorgane. Geschlechtsorgane. Der langgestreckte , häufig abgeflachte und stets deutlich gerin gelte Leib würde bei dem sehr reducirten Kopfbrusttheil vornehmlich auf die ausser- ordentliche Vergrösserung und Streckung des Hinterleibes zurückzuführen sein, wofür auch in der That die Leibesform der Balgmilben zu sprechen scheint. Mund Werkzeuge fehlen im ausgebildeten Zustande vollkommen. Die vier vor- stülpbaren auf besonderen Ghitinstäben befestigten Klammerhaken werden den Endklauen der zwei hintern Beinpaare entsprechen , da die zwei Beinpaare der Larve, die wir als die vordem Beinpaare anzusehen haben, während der Ent- wicklung verloren gehen. Das Nervensystem beschränkt sich auf einen ein- fachen Nervenknoten unter dem Schlund mit oberer Markbrücke anstatt des Gehirns. Von den austretenden Nerven scheint nur ein einziger (Antennonnerv R. Le uckar t's) Sinnesnerv zu sein, derjenige welcher die am vorderen Körper- ende gelegenen Gefühlspapillen versorgt. Augen, Respirations- und Girculations- organe fehlen. Der Darm ist ein einfaches in der Mitte des Körpers verlaufendes Rohr, welches mit muskulösem in einen kurzen Oesophagus führenden Mund- trichter beginnt und am hintern Ende in der Afteröffnung ausmündet. Mächtig entwickelt und in grosser Zahl treten besondere Drüsen der Haut auf. Männchen und Weibchen unterscheiden sich durch beträchtliche Grössendifferenz und durch die abweichende Lage der Geschlechtsöffnungen. Während die Ge- schlechtsöffnung des auffallend kleinern Männchens nicht weit hinter dem Munde liegt, findet sich die weibliche Geschlechtsöffnung in der Nähe des Afters am hintern Körperende. Hoden und Ovarien liegen als unpaare Drüsen an der Rückenseite und gehen an ihrem vordem Ende in den paarigen Leitungs- weg über, welcher den Oesophagus umfasst. Die Samenleiter stehen mit einem doppelten Begattungsorgane in Zusammenhang. Die Oviducte führen dagegen in eine lange später als Eierbehälter fungirende Vagina. Die Zungenwürmer leben im geschlechtsreifen Zustand in Lufträumen von Warmblütern und Amphibien. Durch Leuckart's Untersuchungen wurde die gesammte Entwicklungsgeschichte für Pentastomum taenioides, welches sich in den Nasenhöhlen und im Stirnsinus des Hundes und Wolfes aufhält, er- forscht. Die Embryonen desselben gelangen in den Eihüllen mit dem Schleim nach aussen auf Pflanzen und von da in den Magen der Kaninchen und Hasen, seltener in den des Menschen. Dieselben durchsetzen dann, von den Eitiüllen befreit, die Darmwandungen, kommen In die Leber und werden von einer Kapsel umschlossen, In welcher sie nach Art der Insectenlarven eine Reihe von Veränderungen durchlaufen und mehrfache Häutungen erleiden. Erst nach Verlauf von 6 Monaten haben sie eine ansehnliche Grösse erlangt , die vier Mundhaken und zahlreiche feingezähnelte Ringel des Integuments erhalten und sind In das früher als Pent. denticulatum bezeichnete Stadium eingetreten, in welchem sie sich nach Durchbohrung der Cyste von Neuem auf die Wan- derung begeben, die Leber durchsetzen und, falls sie In grösserer Zahl vor- handen sind, den Tod des Wirthes veranlassen, Im anderen Falle dagegen bald von einer neuen Cyste umschlossen werden. Gelangen sie zu dieser Zeit mit dem Fleische des Hasen oder Kaninchens In die Rachenhöhle des Hundes, so dringen sie von da in die benachbarten Lufträume und bilden sich in Zeit von zwei bis drei Monaten zu Geschlechtsthieren aus. 2. Ordnung. Acarina. 647 Vam. Pentastomidae. Pentastomum Rud. P. taenioides Und., 80— 85 mm. Männchen nur 18—20 mm. lang. P. mnlticlnctum Ilai-l., in der Lunge von Naja haje, ■probosci- deiim Rud., in der Lunge der Boa. P. constrictum v. Sieb. Jugendzusfcand eingekapselt in der Leber der Neger in Aegypton. 2. Ordnung. Acarina 2), Milben. Ärachnoidecn von gedrungener Körperform, mit ungegliedertem, dem Vorderleihe verschmolzenem Abdomen, mit heissenden oder saugenden und stechenden Mundiüerhgeugen, häufig durch Tracheen athniend. Der Körper der durchgängig kleinen Acarinen besitzt eine gedrungene ungegliederte Ge.stalt, indem Kopf, Brust und Hinterleib 7Xi einer gemeinsamen Masse verschmelzen, zuweilen ist indessen die Trennung der beiden vordem Regionen, selten auch die der hintern, durch eine Furche angedeutet. Die Ghitinhaut zeichnet sich durch eine zarte wellig streifige Faltung aus , ist aber an manchen Stellen in Gestalt von symmetrischen Leisten oder grösseren Platten und Schildern verdickt und trägt an vielen Stellen Haare und Borsten. Aeusserst wechselnd erscheint die Form der Mund Werkzeuge, die sowohl zum Beissen als zum Stechen und Saugen dienen können. Die Kieferfühler sind demgemäss bald einziehbare Stilete, bald vorstehende Klauen oder Scheeren- kiefer. Im erstem Falle bilden meist die Kieferladen des Tasterpaares eine Art Saugrüssel, während diese als weniggliedrige kurze Taster seitlich hervorragen, hidesseh können auch noch unpaare (Unterlippe) und paarige Stiletborsten hinzutreten (Gamasiden). Die vier Beinpaare gestalten sich nicht minder ver- schieden, indem sie zum Kriechen, Anklammern, Laufen und Schwimmen ein- gerichtet sein können. Sie endigen meist mit zwei Klauen, häufig zugleich mit blasenförmigen Haftlappen, zuweilen bei pai-asitischer Lebensweise mit gestilten Haftscheiben. Das Nervensystem ist auf eine gemeinsame, Gehirn und Bauchmark ver- einigende Gangliemnasse reducirt. Die Augen können fehlen oder als ein oder zwei Paare von Punktaugen auftreten. Der Darmcanal ist häufig am Eingangs- abschnitt mit Speicheldrüsen versehen , welche in der Mundhöhle oder in den Kieferfühlern ausmünden, und bildet oft jederseits eine Anzahl blindsackförmiger als Leber bezeichneter Fortsätze, die sich selbst wiederum gabiig spalten können. Die longitudinale Afterspalte liegt fast stets ventral in der Nähe des hintern Körperendes. Wahrscheinlich mündet bei manchen Milben eine grosse y-för- mige Rückendrüse in den Enddarm. Auch treten zuweilen 2 seitliche Mal- pighische Schläuche auf, welche als Harnorgan in Betracht kommen dürften 1) Treviranus, Vermischte Schriften anat. und phys. Inhaltes. Göttingen. 1816. 0. Fr. Müller, Hydrachnae etc. 1781. A. Duges, llecherches sur l'ordre des Acariens en general et les farailles des Trombidies, Hydrachnes en part. (An. sc. nat. 2 ser. Tom. I u. II). H. Nicolet, Histoire naturelle des Acariens etc. Oribatides. (Archives du musee d'hist. nat. VII. Dnjardin, Memoire sur les Acariens. Ann. sc. nat. 3. Ser. Tom. III. 1845, ferner Tom. XII und XV. R. M. Bruzelius, Beskrifning öfver Hydrachnider ete. Lund. 1854. E. Claparede, Studien an Acariden. Zeitschr. für wiss- Zoologie. Tom. XVIIL 1868. 648 Acarinen. Fortpflanzung. Entwicklung. (Gamasiden) , ferner kommen Hautdrüsen an verschiedenen Stellen vor. Herz und Blutgefässe fehlen bei allen Milben. Das Blut mit seinen zahlreichen Körperchen umspühlt die Organe. Respirationsorgane vermisst man bei zahl- reichen parasitischen Formen , bei den übrigen sind (zuweilen nur in der aus- gebildeten Geschlechtsform) Tracheen vorhanden , welche büschelweise aus einem einzigen Stigmenpaare meist zwischen dem dritten und letzten Bein- paare, aber auch hinter demselben entspringen. Indessen können die Stigmen auch an der Basis der Kieferfühler , selten sogar zwischen den vordem Bein- paaren liegen {Myohia). Bei tracheenlosen Wassermilben (Atax Boti^i) finden sich zarte für Sauerstoff empfindliche Blasen, die vielleicht eine respiratorische Function besitzen, bei Atax ypsüopliorus ein zartes helles Röhrensystem unter der Rückenhaut (Gl aparede). Die Milben sind durchweg getrennten Geschlechtes. Die Männchen unter- scheiden sich gewöhnlich durch kräftigere und theilweise abweichend gebildete Gliedmassen , sowie durch die Form des Rüssels und des gesammten Körpers, der oft in der Nähe der Genitalöffnung mit Haffgruben ausgestattet ist. Diese kommen indessen zuweilen auch am weiblichen Körper vor. Auch in der Art der Ernährung und in der Lebensweise können sich beide Geschlechter ver- schieden verhalten {Ixorleen). Der männliche Geschlechtsapparat besteht aus einem oder mehreren Hodenpaaren und einem gemeinsamen oft mit einer Anhangsdrüse verbundenen Ausführungsgang, an dessen Ende sich häufig ein aus der Geschlechtsöffnung vorstülpbares Begattungsglied anschliesst. Im weib- lichen Körper finden sich paarige Ovarien (die bei Atax der Ausführungsgänge entbehren sollen (?).) Meist schliessen sich denselben kurze Ausführungswege an, welche sich zur Bildung eines gemeinsamen Elleiters mit Anhangsdrüse be- ziehungsweise Samentasche vereinigen und in der weit vor dem After gelegenen selbst zwischen die hintern Beinpaare gerückten Geschlechtsöffnung ausmünden. Bei den Sarcoptiden ist eine zweite hintere Oeffnung vorhanden, welche bei der Begattung das Sperma zur Einleitung in die Samentasche auf- nimmt. Die Milben sind durchweg ovipar, beziehungsweise ovovivipar. Die Eier werden vereinzelt auf die Gegenstände der Umgebung (niemals wie es scheint in gemeinsamen Säcken und Behältern umschlossen) abgelegt. Die embryonale Entwicklung wurde zuerst von Van Beneden, neuer- dings von Gl aparede sorgfältig untersucht. An den Eiern von Tetranychus telearius entsteht zuerst in der Peripherie eine hüllenlose kernhaltige Zelle mit körnigem Protoplasma. Diese verhält sich gewissermassen als Bildungsdotter und erzeugt durch fortgesetzte Theilung das einschichtige peripherische Blasto- derm. Nachher wird diese Haut mehrschichtig und verdickt sich an der Bauchseite sowie am Kopf und Schwanzpole zur Bildung des Bauchstreifens, welcher durch undeutliche Querfaltung in Ursegmente zerfällt. Schon früher hat sich bei vielen Ilydrachniden {Atax) nicht aber bei Tetranychus unter der einfachen Schalenhaut eine feine strukturlose Membran abgehoben , offenbar eine Embryonalhaut, wie wir sie in ähnlicher Weise auch bei Grustaceen beob- achten. Während sich das vordere Ende des Bauchstreifens in die Kopfplatten verbreitert , erheben sich bauchwärts die warzenförmigen Anlagen der Kiefer- fühler, Kiefertaster und der 3 vorderen Beinpaare. Speiseröhre, Magen und Metamorphose. Lebensweise. 649 Darmcanal mit dem Dotterinhalt beginnen sich von der Wandung der Keimhaut abzuheben, die Augenflecke werden sichtbar und die berstende Eihaut trennt sich vom Embryo. Dieser bleibt bei den Wassermilben noch von der Embryonalhülle, welche sich durch Einsaugen von Wasser bedeutend ausdehnt, umschlossen und tritt somit gewissermassen in eine zweite Eiform, Dentovicm über. Tn der den Embryo umspühlenden Flüssigkeit, die von Gl aparede als Blut aufgefasst wird, schwimmen zahlreiche amöbenartig bewegliche Körperchen (Haemamoehen). Nunmehr vollzieht sich durch Aneinanderrücken und Ver- wachsen der Kiefer und Taster die Bildung des Saugrüssels, an den Extre- mitäten und am Integument des Körpers treten Borsten und Haare auf, das Nervencentrum wird unterscheidbar, und die Augen erhalten lichtbrechende Linsen. Durch Verdickung des Integuments entstehen am Rüssel, am Rücken und Bauch schildförmige Platten, die durch sehr zarte Zwischenhraite verbunden sind. Der sich bewegende Embryo zerreisst die Häute und kriecht als sechs- beinige Larve hervor. In ähnlicher Weise verlassen fast alle ISh'lben (wenn auch ohne ein Deutovumstadium durchlaufen zu haben) mit drei (wenige mit nur zwei) Beinpaaren das Ei, um oft in sehr abweichender Form unter andern Lebensbedingungen als das ausgebildete Thier eine mit Häutungen verbundene Metamorphose zu durchlaufen. Bei Atnx Bonzi folgen z. B. zwei Larven- formen aufeinander, die freigewordene jüngere Form hat einen schlanken gestreckten Leib, ist anfangs sehr unruhig und leichtbeweglich, bohrt sich dann nach kurzer Schwärmzeit in das Kiemengewebe der Muschelthiere ein und nimmt bald unter bedeutender Grössenzunahme durch Ausdehnung der weichen Guticularhülle eine kugelrunde Form an. Die Ansammlung von wässriger mit Haemamoeben erfüllter Flüssigkeit unter der Guticula ist so bedeutend, dass die Beine aus derselben als dicke schlauchförmige Ballen in den Kugelraum gedrängt werden , und die Larve um so leichter das Aussehn einer Puppe gewinnt, als die Fusscheiden zuweilen ganz abfallen. Später bilden sich Rüssel , Taster und Beine nebst einem neu angelegten vierten Paar weiter aus, und nach Sprengung der alten Haut schlüpft die neue Sbeinige Larven- form aus. Dieselbe bietet schon grosse Aehnlichkeit mit dem Geschlechtsthiere, besitzt indess noch eine geringere Zahl von Saugnäpfen (4 statt 10) am Hinter- ende und bohrt sich nach kurzer Zeit der Umherwanderung abermals in das Kiemengewebe ein. Nun wiederholen sich die für das erste Sladium hervor- gehobenen Vorgänge , das Thier gewinnt in diesem puppenähnlichen Zustand die Geschlechtsorgane und schlüpft endlich als geschlechtsreife Form mit 10 Saugnäpfen und kürzern Gliedmassen aus der Hülle aus. Die Lebensweise der Milben ist ausserordentlich verschieden. Die meisten leben parasitisch an Pflanzen und Thieren und ernähren sich von deren Säften. Andere streifen frei umher , die einen im Wasser , die andern auf dem Lande und leben vom Raube kleinerer Thiere oder als gelegentliche Schmarotzer. Oft wechselt parasitische und selbständige Ernährungsart im Leben desselben Thieres, indem diese dem Larvenalter, jene dem ausgebildeten Zustand eigen- thümlich ist und umgekehrt. 650 Dermatophili. Sarcoptidae. 1. Farn. Dermatophili '1 , Haarbalginüben. Kleine langgestreckte tracheenlose Milben mit verlängertem, geringeltem Abdomen. Der mit dem Thorax verschmolzene Kopf besitzt "einen Saugrüssel mit Stileten und seitlichen Sgliedrigen Tastern. Die Unterseite des Cephalothorax -wird durch oine mediane Längsleiste und durch vier von dieser ausgehende Querl eisten paai-e in Felder eingetheilt, an deren Aussenseite die acht zweigliedrigen je mit 4 Krallen bewaffneten Stummelbeine aufsitzen. Die aus den ab- gelegten Eiern, deren Furchung schon im Körper der Mutter durchlaufen wird, aus- schlüpfenden Jungen sind sechsbeinige Larven mit sehr langgestrecktem dünnen Ab- domen, welches mit dem Auftreten des 4ten Beinpaares nach erfolgter Häutung beträchtlich dicker und kürzer wird. Leben in den Talgdrüsen und Haarbälgen des Menschen und der Thiere und können beim Menschen yeranlassung zur Bildung von Comedonen und Acnepusteln geben und in der Haut von Hunden durch massenhafte Anhäufung eine Hautkrankheit erzeugen. Demodex Owen (Macrogafiter Miesch. Simnnea Gerv.). Z). foUiculorum Sim. Erichs. Aehnliche Haarbalgparasiten hat man bei verschiedenen Hausthieren (Hund, Katze, Pferd, Rind), dann beim Fuchs und einer Fledermaus gefunden. 2. Farn. Sarcoptidae ^) (Acaridae), Krätzmilben. Kleine weichhäutige Milben von sehr gedrungener Form, ohne Augen und Tracheen, mit kurzen wenisgliedrigen Beinen, deren Endglied eine gestilte Haftscheibe oder lanare Borste trägt. Die Mundtheile be- stehen aus einem Saugkegel mit scheerenförmigen Kieferfühlern und seitlich anliegenden Kiefertastern. Die kleineren Männchen mit kräftigern Chitinstützen in der Bauchhaut, bei Sarcoptes mit Saugstilchen auch am letzten Beinpaare , besitzen oft grössere Saug- scheiben am hintern Körperende. Die "Weibchen mit besonderer Begattungsöifnung und Samentasche. 2 Driisensäcke mit Poren wurden irrthümlich für Respirationsblasen gehalten. Leben auf oder in der Haut von warmblütigen Wirbelthieren und erzeugen durch üebertragung der Milben Krätze und Räude. Sarcoptes Latr. Hautpanzer dick, mit conischen Rückenpapillen und Dornen und Haaren. Rüssel breit und kurz mit Bgliedrigen Tastern. Beine 5gliedrig, die 2 vordem Paare enden mit gestilten Haftscheiben, das dritte und vierte Paar beim Weibchen mit langen Borsten, beim Männchen trägt auch das vierte Paar eine gestilte Haftscheibe. Die "Weibchen graben in der Oberhaut tiefe Gänge, an deren Enden sie sich aufhalten und erzeugen durch ihre Stiche den als Krätze und Räude bekannten Hautausschlag. Die Männchen halten sich mehr oberflächlich auf. Die 6beinigen Larven haben mehr- fache Häutungen zu bestehen. S. scabiei Deg. , Krätzmilbe des Menschen (auch bei der Scabies norvegrica). S. suis Gerl. (canis). S. eqiii Gerl. S. cati Her. (caniculi) u. a. an Thieren lebende Arten. Dermatodectes Gerl. [DermatoTcoptes Fürst.). Körper länglich rund mit 2 hintern Fortsätzen. Mundkegel gestreckter mit langer Scheere der Kiefei-fühler. Beine ziemlich lang. Das Endglied des dritten weiblichen Beinpaares trägt 2 lange Borsten, ebenso das des vierten Beinpaares im Stadium der Begattung. Die letztern vertauscht das "Weibchen 1) Ausser den älteren Mittheilungen von Henle, Berger, Simon, "Wilson, "Wedl u. a. vergl.: Leydig, üeber Haarsackmilben und Krätzmilben. Arch. für Naturg. 1859. L. Landois, üeber den Haarbalgparasiten des Menschen. P. Megnin, Memoire sur le Demodex foUiculorum Ow. Robin et Pouchet, Journ. anat. physiol. 1877. 2) Vergl. ausser De geer, Raspail, Hertwig u.a.: E.Hering, Die Krätzmilben der Thiere. Nova acta Tom. XVIIL 1838. Bourguignon, Traite entomologique et patho- logique de la gale de l'homme. Memoires pres a l'acad. d. scienc. Tom. XII. Paris. 1852. A. C. Gerlach, Krätze und Räude etc. Berlin. 1857. Fürstenberg, Die Krätzmilben der Menschen und der Thiere. Leipzig. 1861. Delafond et Bourguignon, Traite pratique d'entoraologie et de pathologie comparees de la psore ou gale etc. Paris. 1862. Gudden, Beitrag zur Lehre von der Scabies. "Würzburg. 1863. P. Megnin, Revue et Mag. de Zoologie. 1877 und 1878. Tyroglyphidae. 651 später nach erfolgter Häutung mit einer gestilten Haftscheibe. Männchen an sämmt- lichen ßeinpaaren gestilte Haftscheiben, am hintern Körperende mit 2 Sauggruben. Rückenfläche ohne Höcker. Graben sich nicht ein, stechen aber bis zur Cutis. D. com- munis Fürst. {D. equi Her., D. bovis Gorl. , T). ovis Gerl.). Symbiotes Gerl. {Dennato- phai/ns Fürst.). Unterscheidet sich von Dermatodectes durch die bhisig aufgetriebenen kurz'Testilten Saugscheiben und die viel dickern kürzern Scheerenkiefer. Leben von der Epidermis. S. equi Gerl. S. bovis Her. Auf der Haut des Menschen wurden gefunden Dermatopliagoides Scheremetewskyi Bogd. Bedeutender entfernen sich die Gattungen Dennaleichus Koch., Myocoptes Clap., die offenbar zu den Gamasiden hinführen und als Familie zu sondern sind. Myocoptes Clap. {Dermal eichus Koch e. p.). Rüssel aus der Maxillarlippe mit den eingliedrigen Tastern gebildet. Kieferfühler dreieckige mit der Spitze nach unten ge- krümmte Stäbe. Beine lang, fünfgliedrig , die beiden vordem Paare dünn, mit Haft- scheibe und Hakeiiborsten , die beiden hintern zu dicken Klammerfüssen umgebildet (beim Männchen das vierte Paar abweichend). M. musaüj,nus Koch, Pelz der Hausmaus. Dermaleichiis ') Koch. Körper niedergedrückt, oft gestreckt, mit verlängertem Abdomen. Taster kurz Sgliedrig, die 5gliedrigen Beine mit glockenförmigen fast sitzenden Haft- scheiben. Männchen mit Haftnäpfen und umgestaltetem dritten Beinpaare. D pas- serinus De Geer u. a. meist auf Vögeln lebende Arten. 3. Fam. Tyroglyphidae ^), Käsemilben. Von langgestreckter Form mit konischem langen Rüssel, mit scheerenförraigen Kieferfühlern und Sgliedrigen Tastern. Beine fünf- gliedrig, ziemlich lang, mit Klauen endend. Querfurche zwischen dem zweiten und dritten Beinpaar. Seitlich von den Chitinlippen der weiblichen Genitalspalte kleine Sauggruben. An beiden Seiten des Bauches Excretionssäcke. Verlassen das Ei als 6beinige Larven. Die Männchen (zuweilen auch Weibchen) mit grossen Saugnäpfen seitlich von der Afteröithung , zuweilen mit rudimentärem kieferlosen Saugrüssel, als Hi/popusavten beschrieben. Leben auf vegetabilischen und thierischen Stoffen. Tyroglyphus Latr. Mit den Charakteren der Familie. T. siro Gerv. und T. lon- gior Gerv. {Acarus siro Aut.), Käsemilbe. T. farinae Deg. T. entomophagus Lab. T. siculus Fum. Rob. H. laevis Duj., auf Hummeln. Bhizoglyphus Clap. Auch beim Weibchen finden sich Saugnäpfe zur Seite des Afters, das dritte Beinpaar desselben ist ein starker Klammerfuss. Bh. Bobini Clap., an Wurzeln. Verwandte Gattungen Homopus Koch. Glyziphagus Her. {Gl. Cursor Gerv. Gl. prunorum Her.) Gl. fecularum Guer. , an Kartoffeln. Eine Reihe von Hypopusaxien sind als Schmarotzer verschiedener Insecten von Dujardin beschrieben als H. alicola (Bienen), muscarum (Degeer's Ascarus muscarum, arvicola etc.). Als Repräsentant einer besondern den Acariden sich anschliessenden, an Echiniscus unter den Tardigraden erinnernden Familie muss die Gattung Myobia v. Heyd. betrachtet werden. Tracheen sind vorhanden. Rüssel mit stiletförmigen Kieferfühlern und kurzen anliegenden Tastern. Das vordere Beinpaar ist ein kurzer und sehr dicker Klammerfuss. Geschlechtsunterschiede sehr gross. Die Larven mit Deutovum und Tritovumstadium. M. musculi Sehr. 1) Vergl. Buchholz, Bemerkungen über die Arten der Gattung Dermaleichus. Dresden. 1869. G. Haller, Revision der Gattung Dermaleichus etc. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXX. 2) Ch. Robin, Memoire zoologique et anatomique sur diverses especes d'Acariens de la famille des Sarcoptides. Bull. Soc. imp. Moscou. 1860. Fumouze et Robin, Memoire anatomiqiie et zoologique sur les Acariens des genres Cheyletus, Glyzijthagus et Tyroglyphus. Journal de l'anatomie et de la physiologie. Tom. IV. 1867. Ch. Robin et P. Megnin, Memoire sur les Sarcoptides plumicoles. Journ. anat. phys. 1877. 652 Gamasidae. Ixodidae. Pliytoptidae. Trombididae. 4. Fam. Gamasidae. Schmarotzer an Insecten , Vögeln und Säugethieren , mit frei vorstellenden geglieilerten Kiefertastern und scheerenförmigon Kieferfühlern. Tracheen vorhanden. Augen felilen. 2 Malpighische Canäle in den Seiten des Körpers. Beine behaart, mit Klauen und einer blasenförmigcn Haftscheibe. Larven öbeinig. Gamasm Latr. Körper harthäutig. Mundlippe dreigetheilt (Maxillaidappen und Unterlippe). Das Endglied der .5gliedrigen Taster sehr klein, zugespitzt. Die vordem Beine länger als die mittleren. G. coleoptratorum L. G. marginatufi Herrn. G. cras- sipes Herrn. Dermam/sfiis Dug. Körper weichhäutig. Kieferfiihler in beiden Geschlechtern verschieden. Der Sgliedrige Taster mit sehr kleinem Endgliede. D. veapertillonis Dug. D. avium Dug. Auch auf den Menschen gehen diese Milben über. Pteroptm^ Duf. Körper weichhiiutig flach, Endglied der Sgliedrigen Kiefertaster lang, oval. Die beiden hintern dicken Fusspaare von den vordem entfernt eingelenkt. Pt. vespertilionin Herrn. Als Repräsentant einer besondern Familie mag hier Listrophoriis Pag. angeschlossen wei'den. Maxillarlippe ein eigenthümliches Klammer Werkzeug. Körper langgestreckt, Mandibeln rudimentär. L. Leuckarü Pag., auf Hyptidaeiis. 5. Fam. Ixodidae '), Zecken. Meist grössere, flachgedrückte, stechende und blut- saugenile Milben mit grossem, festem Rückenschild. Athmen durch Tracheen, deren Stigmen hinter dem vierten BeinjunTe im Grunde von 2 napfförmigen Gruben liegen. Die -Maxillaidaden mit Widerhaken bilden einen langen Rüssel, dessen o- bis 4gliedrige Taster kolbig angeschwollen sind. In der Rinne des Rüssels liegen die vorstossbaren stabförmigen Kieferfühler, mit gezähntem hakig gebogenem Endgliede. Die langen viel- gliedrigen Beine enden mit 2 Hakenklauen, oft zugleich mit einer Haftscheibe. 2 Augen können vorhanden sein. Die Speicheldrässen gross , oft traubig verästelt. Argas Latr. Körper schildförmig. Kiefertaster 4gliedrig, drehrund. Die Beine entbehren der Haftscheiben. A. reflexiifs Latr. {Bhynclioprinn cohimbae Herrn.), an Tauben, gelegentlich an Menschen. A. persictis Fisch., persische Zecke, wegen des Stiches berüchtigt. Ixodes Latr. Kiefertaster keulenförmig angeschwollen. Beine mit Haftscheibe und 2 Krallen. Leben frei im Gebüsch, vornehmlich in der Nähe von Wald- säuraen, die Larven und Weibchen kriechen als stationäre Parasiten auf Reptilien und warmblütige Wirbelthiere und schwellen durch Aufnahme von Blut rasch zu bedeutender Grösse an. Bei der Begattung soll das kleine Männchen mit dem Kopftheil nach hinten gekehrt an der Bauchseite des Weibchens ansitzen. I. ricinus L. /. reduvius Deg. I. nigua Deg., Surinam u. z. a. A. 6. Fam. Phytoptidae ^), Gallmilben. Mit kurzem Cephalothorax und langem fein geringeltem Abdomen. Beine Sgliedrig, mit Borsten und Kralle oder Haftorgan endend. Die beiden hintern Beinpaare stumm eiförmig, beziehungsweise auf borstentragende Warzen reducirt. Erzeugen gallenartige Deformitäten an den Blättern zahlreicher Pflanzen. Als fremde Eindringlinge in die Phytoptuszellen wurden Milben der Gattung Dendroptus Gram. t= Tarsonemus Canestr. nachgewiesen. 7. Fam. Trombididae '^) , Laufmilben. Der weichhäutige lebhaft gefärbte Körper 1) Vergl. C. Heller, Zur Anatomie von Argas persicus. Wien. Sitzungsb. Tom. 30. 1858. A. Gerstäcker, Argas reflexus Latr., ein neuer Parasit des Menschen. Vireh. Archiv. Tom. XIX. G. Gene, Memoria per servire alla storia naturale degli Issodi. Mem. della Acad. die Torino. 2. Ser. Tom. IX. A. Pagenstecher, Beiträge zur Anatomie der Milben. Leipzig. 1860 und 1861. 2) Vergl. ausser Landois, Fr. Low u. a. besonders W. Thomas, Nova acta Leop. Gar. Tom. XXXVIII. Derselbe, Aeltere und neuere Beobachtungen über Phytopta cecidien. Giebel's Zeitschr. 1877. 3) Vergl. E. Weber, Ueber die Spinnmilbe etc. 22. Jahresbericht des Vereins für Naturkunde. Mannheim. 1856. P. Megnin, Memoire sur les metamor])hoses des Acariens en general et en particulier sur celles des Trombidiens. Ann. scienc. nat. 1876. P. Gramer, Grundzüge zur Systematik der Milben. Archiv für Naturg. 1877. Hier werden die Trombididen in 8 Familien aufgelöst! flydrachnidae. 663 meist ungetheilt. Kieferfühler stiletförmig oder mit Endklaue, selten scheerenförmig. Die meist 4gliedrigen Taster beinartig, mit Endklaue. Die Beine sind lange plumpe Lauffüsse und enden mit Krallen und Haftlappen. Meist 2 Augen vorhanden. Athmen durch Tracheen, die meist {Tromhidinae) aus zwei Stigmen entspringen, welche an der Basis der Kieferfühler liegen. Laufen auf der Erde und an Pflanzen. Die 6beinigen Larven leben parasitisch theilweise von Pflanzensäften , theilweise an Lisecten ange- heftet von deren Blut {Astoma). Tetranychus Leon. I)i\t{7.'etranycliinae) Mit unpaaren Stigmen am Rücken. Rüssel mit Widerhaken , an die Zecken erinnernd. Kieferfühler stiletförmig. Kiefertaster 4gliedrig, mit dicker Klaue. 2 Augen. Die beiden vordem Beinpaare liegen von den 2 hintern weit entfernt. T.teleariusli., Spinnmilbe {Trombidiiim tiliarum Herm.). Lebt an der Unterseite von Linde ublättern und besitzt Spinndrüsen, die in den Tastern münden. Die als Lcptus autumnalis beschriebenen öbeinigen Milben sind wahrscheinlich Tetratujchiit>\ar\en. T. cristattis Dug. 2\ caudatus Dug. u. a. A. Erythraeus Latr. [Erytliraemae). Kieferfühler mit langen säbelförmigen Klauen. Kieferlappen behaart. Taster frei und gross. Lange Laufbeine , von denen die hintern am längsfen sind. E. parietinus Herm. Tromhidium Latr. {Tromhidinae). Die beiden Stigmen liegen an der Innenseite der Kieferfühler. Kieferfühler mit kurzer Klaue. Kiefertaster gross, mit lappenförmigem Anhang. Körperoberfläche sammetartig. Punktaugen vorhanden. Die langen Laufbeine enden mit 2 Krallen und 2 borstenförmigen Anhängen. Die Larven {Asto7na) schmarotzen an Insecten und Spinnen. T. holosericeum L. T. Unctorium Fabr. Bhaphignathus Dug. Ehyncholophus Dug. Smaridia Latr. Megamerus Dug. u. a. G. 8. Fam. Hydrachnidae, Wassermilben. Kuglige oder langgestreckte oft lebhaft gefärbte Milben mit zwei oder vier Augen und klauen- oder stiletförmigen Kieferfühlern. Kiefertaster mit Haken oder Borsten am Endgliede. Lange Schwimmbeine mit breiten Hüftgliedern und (Limnochares ausgenommen) langen Schwimmborsten, von vorn nach hinten an Länge zunehmend. Athmen durch Tracheen, die mit zwei zwischen den Vorderbeinen versteckten Stigmen beginnen. Indessen gibt es auch tracheenlose Wasser- milben (Atax). Die 6beinigen Larven mit grossem Mundkegel leben an Wasserinsecten oder auch an Muschelthieren parasitisch. Limnochares Latr. (Limnocharinae). Die SgliedrigLU Taster kaum länger als der konische Rüssel, welcher aus den verwachsenen Kieferfühlem und Unterlippe besteht. Kieferfühler mit pfriemenförmigen Endgliede. Kleine Saugnäpfe neben der Geschlechts- öffnung. Kriechen mit ihren der Schwanzborsten entbehrenden Schreitbeinen auf dem Grunde stehender Gewässer. L. holosericeiis Latr. (aquaticus L.) Larve auf Gerris und Hydrometra. Eyla'is Latr. (Eylaiuae). Körper flach, ohne Haftnäpfe. Rüssel kurz. Kieferfühler verkleinei't , mit beweglicher Endklaue. Vier Augen. Beine lang und schlank, das vierte Paar ohne Schwimmborsten. E. extendens 0. Fr. Müll. Hydrachna 0. Fr. Müll. {Hydraclminae). Unterlippe zu langem Rüssel ausgezogen. Kiefertaster am vierten Gliede mit krallenförmigem , seitlich angefügtem Anhang. Kieferfühler stilet- förmig. Augen weit getrennt. H. cruenta Or. Fr. Müll. H. glohulus Herm. Larven an Nepa. Atax Fabr. (Hygrobatinae). Schnabel kurz. Taster sehr lang, scheerenlos, mit besonders langem vierten Gliede. Klauenförmige Kieferfühler. Zweites Glied am ersten Bein])aare mit Höckern und schwertförmigem Haar. 2 Augen. Zahlreiche Saugnäpfe umstellen die Geschlechtsötfnung. Wasserbewohner, theilweise an Muschelthieren schmarotzend. A. crassipes 0. Fr. Müll. A. ypsilophorus Bonz. Mit zahlreichen Saug- näpfen, schmarotzt auf Anodonten. {Limnochares Anodontae Pfeift'. = Hydrachna con- charum Vogt). A. Bonzi Clap. Mit 5 Paar Saugnäpfen, in der Mantelhöhle der Unionen. Arrenurus Dug. Taster km-z keulenförmig mit stachelförmigem Endgliede. Hinteres Leibesende verschmälert und langgestreckt. Kieferfühler mit Klauen. A. viridis Dug. Diplodontus Dug. Die ögliedrigen Taster sehr schlank mit Scheere endend. Kieferfühler mit langer zweigezahnter Klaue. D. scapularis Dug. Hydrochorentcs Koch. Limnesia Koch. Nesaea Koch u. a. G. 654 Oribatidae. J^dellidae. tygnogoniden. 9. Farn. Oribatidae. Körper mit harter horniger Bedeckung, am Rücken oft mit flügelföriuigen Seitenfortsiltzen. Einziehbare Scheerenkieferfühler und lange 5gliedrigc Kiefertaster, deren ßasalglieder zu einer Lippe verwachsen sind. Beine mit einer oder mehreren Klauen. Athnien wenigstens im ausgebildeten Alter durch kurze Luftröhren, deren weitabstehende Stigmen auf dem vordem Körperabschnitt stehen. Sind ovovivipar. Die 6 beinigen Larven (ob überall?) gleichen den Tyroglyphenlarven und besitzen wie diese 2 eigenthümliche Bruststiele. Leben von Pflanzenstoffen. Hoplophora Koch. Körper mit beweglichem Vorderschild, grossem Rücken- und Bauchschild. Beinpaare ganz nach vorn gerückt und wie die Mundtheile unter dem Vorderschild versteckt. Augenlos. 2 Stigmen unter dem Seitenschilde führen zu den Tracheen. H. contractilis Clap. { Phthiracarus Perty =. H. nitens Nie), bohrt in morschem Fichtenholz. Die 8 beinige Jugendform ist Acarus-ähnlich). Oribates Latr. {Notaspis Herrn.). Die Seitentheile des Kopfbruststückes winklig oder flügeiförmig vor- stehend. 0. alatus Herm. , unter Moos. 0. agilis Nie. Nothrus Koch. Unterscheidet sich von Oribates durch den Mangel der Seitenflügel. N. castaneus Herm. Pelops Koch. Cepheus Koch. Leiosoma Nie. 10. Fam. Bdellidae. Körper langgestreckt. Rüssel koplförmig abgesetzt, mit einer Einschnürung zwischen den beiden vordem Beinpaaren. Kieferfühler flach, mit Endklaue. Die grossen Taster 5gliedrig, antennenförmig. 2 bis 6 Ocellen. Die starken Laufbeine enden mit 2 kleinen Krallen. Kriechen auf feuchtem Erdboden. Bdella Latr. Taster fühlhornartig , mit langen starren Borsten besetzt. Endglied breit. Meist 4 Augen. Bd. vulgaris H. Bd. longicornis L. Bd. coerulipes Dug. Scirus Herm. Endglied des Tasters zugespitzt, ohne Haarborsten, an der Spitze klaueuförmig. Sc. setirostris Herm. Sc. elaphus Dug. Linopodes Koch. Vorderbeine sehr verlängert. Als eine besondere Familie wird man die Gattung CheyUtus Fum. Rob. zu trennen haben. Kiefertaster zu Greifarmen verlängert. Kieferfühler stiletförmig , in conischem Kopfschnabel verborgen. Laufbeine mit Krallen und Haftlappen, An die Milben schliesst sich die kleine nur wenige Gattungen und Arten um- fassende Abtheilung der Pygnogoniden^) oder Asselspinnen an. Von Milne Edwards und Kr öy er zu den Crustaceen gestellt, wurden sie später zwischen Milben und Spinnen den Arachnoideen zugewiesen, obwohl sie durch den Besitz eines accessorischen Eier- tragenden Beinpaares eine grössere Zahl von Gliedmassen besitzen. Der Körper dieser kleinen zwischen Tangen und Seepflanzen lebenden und langsam kriechenden Seethierchen erinnert in mehrfacher Hinsicht, insbesondere aber durch die Verkümmerung des Abdomens an die Laemodipoden unter den Amphipoden, Am Vorder- ende verlängert sich derselbe in eine conische Saugröhre, an deren Basis meist grosse scheerenf ormige , den Kieferfühlern der Arachnoideen entsprechende Gliedmassen und unterhalb derselben beinähnliche oder ebenfalls scheerenförmige Taster (Kiefertaster) entspringen. An den Seiten setzt sich der ziemlich gestreckte Leib in vier lange, sieben- bis neungliedrige Beine fort, welche einen Theil der innern Organe in sich aufnehmen 1) Kröyer, Bidrag til Kundskab om Pygnogoniderne. Naturh. Tidsskr. 1844. Quatrefages, Memoire sur l'organisation des Pygnogonides, Annales des sciences nat. Ser. ni. Tom. IV. 1845. W. Zenker, lieber Pygnogoniden. MüUer's Archiv. 1852. A. Krohn, Ueber das Herz und den Blutumlauf der Pygnogoniden. Archiv für Naturg. Tom. XXL G. Hodge, Observ. on a Species of Pygnogon etc. Ann. of nat. bist. 3. Ser. Tom. IX. 1862. Derselbe, List of the Brit. Pygnogonidea. Ebendas. Tom. XIIL A. Dohrn, Ueber Entwicklung und Bau der Pygnogoniden. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. V. 1870. Derselbe, Neue Untersuchungen über Pycnogoniden. Mittheilungen aus der zooL Station in Neapel. 1878. G. Cavanna, Studj e ricerche sui Picnogonidi. I. Anatomia et ebiologia. Firenze. 1877. Vergl. auch Sem per 's Zusammenstellung. Arbeiten aus dem zool. zoot. Institut. Würzburg. 1874, tygnogonidae. 655 und mit Klammerkrallen enden. Die Vierzahl dieser Klammerfusspaare war es vor- nehmlich, welche für die Arachnoideennatur der Pygnogoniden verwerthet wurde. In- dessen findet sich (wie man früher annahm, meist beim Weibchen) nach neueren Beobachtungen stets beim Männchen, vor dem ersten Beinpaar, mehr der Median- linie genähert, noch ein accessorisches , zum Tragen der Eier verwendetes Beinpaar, so dass sich die Gliediuassenzahl auf 7 Paare erheben wurde, wenn es sich wirklich in jenem Eierträger um ein selbständiges einem besondern Segmente zugehöriges Beinpaar handelt. Indessen ist es a priori nicht unwahrscheinlich, dass dieses nur einem secundär hervorgewachsenen Anhang gewissermassen einem zweiten Aste entspricht, welches ge- sondert zur Anlage kommt, üeberall reducirt sich der Hinterleib auf einen kurzen Höcker, an dessen Ende die Afteröffnung liegt. Bezüglich der Innern Organisation findet sich ein ansehnlich entwickeltes Nervensystem, welches aus dem Gehirn und 4 oder 5 dicht gedrängten Ganglien des Bauchmarkes besteht. Oberhalb des Gehirnes auf einem Höcker des Rückens liegen vier mit lichtbrechenden Körpern versehene Augen. Eine besondere Eigenthümlichkeit beruht auf der Verwendung der Beine zur Aufnahme von Darmfortsätzen und der Geschlechtsdrüsen. Besondere Athmungsorgane fehlen, wohl aber findet sich ein Herz mit zwei oder drei Paaren von Spaltöffnungen nebst einer kurzen Aorta. Der enge und gerade Darmcanal, in welchen die enge Speiseröhre des Mundkegels führt, trägt jederseits lange Blindschläuche, welche in die Beine ein- dringen und sich bis in die letzten Glieder derselben erstrecken. Ebenso liegen Hoden und Ovarien in der untern Hälfte der Beine und münden an dem Schenkelgliede oder Hüftgliede aus. Die Eier werden von den Männchen unter der Brustfläche an dem accessorischen nach hinten geschlagenen Beinpaare bis zum Ausschlüpfen der Jungen in Säkchen umher- getragen oder auch wohl gleich (Ge genbau r) in Hydroidpolypen abgesetzt, in denen die nach Hodge selbständig einwandernden {Phoxicliüidium) Jugendformen schmarotzen. Der Dotter bildet sich nach Ablauf der totalen Furchung bei Pygnogonum und Achelia in einen 6beinigen Embryo aus, welcher in seiner ersten Anlage dem Nanpliuseiuhryo der Gopepoden einigermassen ähnlich ist. Die ausschlüpfende mit xförmigen Augen versehene Larve ist jedoch von der Nauplius\.ü.XYQ sehr verschieden, so dass die drei mit Klammerwaffen endigenden Gliedmassen keineswegs auf die beiden Antennenpaare und die Mandibeln des Crustaceenleibes zurückgeführt werden können. Die vordere Gliedmasse, zu den Seiten des Mundkegels eingelenkt, endet mit einer Scheei-e, die beiden nachfolgenden Gliedmassen, von denen die hintere dem Eier-tragenden Beinpaare ent- spricht, enden mit langen Borsten. In den nachfolgenden Larvenstadien bilden sich der Reihe nach die noch fehlenden Beinpaare aus, während die vorausgehenden Gliedmassen eine partielle Rückbildung erfahren. In manchen Fällen (vielleicht Pallene) wird jedoch die Metamorphose schon innerhalb der Eihüllen übersj)rungen, indem das ausschlüpfende, die Larvenhaut abstreifende Junge bis auf das letzte Beinpaar die Pygnogonidenform besitzt {Cyclops-Lernaeopoden). 1. Farn. Pygnogonidae. Mit den Charakteren der Ordnung. Pygnogonuin Brünnich. Die beiden vordem Extremitätenpaare (Kieferfühler und Taster) rückgebildet. Beine dick, nur von Körperlänge. Eierträger lOgliedrig. P. lit- torale 0. Fr. Müll. , Nordsee. Pasithoe Goods, Bei Phoxiehilidiutn Edw. fehlen die Taster. Eierträger Sgliedrig. Pallene Johnst. Nymphon Fabr. Kieferfühler scheeren- förmig. Taster 4- bis Sgliedrig. Beine sehr lang fadenförmig mit 4 bis 5 Gliedern unterhalb des Schenkelgliedes. Fussklauen länger als der Rüssel. N. grassipes Fabr. N. gracile Leach., Europ. Küste. Bei Ammothea Hodge ist der Taster Sgliedrig und die Fussklaue viel kürzer als der Rüssel. A. pygnogonoides Quatref. , St. Malo. Zetes Kr. Vorderes Extremitätenpaar (Kieferfühler) tasterähnlich. Eierträger lOgliedrig. Saugrüssel sehr gross, scheinbar 2gliedrig. Beine kaum länger als der Körper. Nahe verwandt ist Achelia Hodge. Rüssel kurz. Taster Sgliedrig. Eierträger 9gliedrig. A. echinata llodge. 656 3. Ordnung. Tardigrada. S.Ordnung. Tardigrada^), Tardigraden. Herrn aphroditische Arachnoideen mit saugenden und stechenden Mund- theilen und kurzen stummeiförmigen Beinen, ohne Herz und Respirationsorgane. Der Körper dieser kleinen, langsam kriechenden Wasserthierchen ist wurmförmig gestreckt, ohne Sonderung in Kopf, Brust und Hinterleib, vorn zu einer Saugröhre verlängert, in welcher sich zwei stiletförmige Stäbe hervor- schieben. Die vier Beinpaare bleiben kurze, mit mehreren Klauen endigende un- gegliederte Stummelfüsse, von denen die des vierten Paares am hintern Ende des Körpers entspringen. Das Nervensystem besitzt einen geschlossenen Schlund- ring mit kleinen weit abstehenden durch eine schmale Querbrücke verbundenen Gehirnganglien uud Nerven für Augen und Tastorgane. Dann folgen vier durch 2 lange Commissuren verbundene Ganglienknoten , deren Nerven unter mehrfachen Verästelungen zu den Muskeln treten und an denselben mit »kern- haltigem Nervenhügel« enden (Doyere, Greeff). Respirations- und Kreis- laufsorgane fehlen vollständig. Der Verdauungscanal besteht aus einem nms- kulösen Schlund und einem weiten, zuweilen mit kurzen Blindsäckchen besetzten Magendarm. In den mit 2 Stileten bewaffneten Saugrüssel münden die Aus- führungsgänge von 2 ansehnlichen Speicheldrüsen. Die Tardigraden sind Zwitter mit paarigen Hodenschläuchen , einfacher Samenblase und unpaarem schlauchförmigen Ovarium, welche beide mit dem Mastdarm zugleich münden. Sie legen während der Häutung grosse Eier ab, welche von der alten ab- gestreiften Haut bis zum Ausschlüpfen der Jungen umschlossen bleiben. Die Entwicklung erfolgt meist ohne Metamorphose. Alle leben von kleinen Thieren (z. B. Rotiferen), halten sich zwischen Moos und Algen, auf Ziegeln, in Dachrinnen auf, einige wenige auch im Wasser und sind besonders dadurch bemerkenswerth geworden, dass sie wie die Rotiferen nach langem Eintrocknen durch Befeuchtung wieder ins Leben gerufen werden. 1. Farn. Arctiscoideae. Mit den Charakteren der Ordnung. Ärctiscon Schrk. {Milnesium Doy.). 2 Augen und 2 conisclie Tasterfortsätze oder Palpen. A. tardigradum Schrk. , mit 4 Klauen , in stehendem Wasser. A. Münei S. Seh. {Milnesium tardigradum Doy.), mit nur 2 Krallen , zwischen Moos der Hausdächer. Macrohiotus S. Seh. Körper oval langgestreckt mit glatter Haut, ohne Palpea. Schlund- kopf kuglig, mit Kauplilttchen oder Stäbchen. M. Hnfelandii S. Seh. M. Scliultzei Greeff. M. macronyx Duj. u. a. A. Ecliiniscus S. Seh. {Emydium Doy.). Körper lang- 1) Ausser den altern Arbeiten von Goeze, Eichhorn, 0. F. Müller, Schrank u. a. vergl.: Doyere, Memoire sur les Tardigrades. Ann. des scienc. nat. II. ser. Tom. XIV. 1840. C. A. S. Schultze, Macrobiotus Hufelandii etc. Berolini. 1834. Derselbe, Echiniscus Bellermanni. Berolini. 1840. Derselbe, Ecliiniscus Creplini. Gryphiae. 1861. Dujardin, Sur les Tardigrades et sur une espece a longs pieds vivant dans l'eau de mer. Ann. des scienc. nat. III. ser. Tom. XV^. T. Kaufmann, Ueber die Ent- wicklung und System. Stellung der Tardigraden. Zeitschr. für wiss. Zool. vol. III. 1851. Kich. Greeff, Ueber das Nervensystem der Bärthierchen. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. I. 1865. Derselbe, Untersuchungen über den Bau und die Naturgeschichte der Bärthierchen. Ebendas. Tom. IL 18G6. M. Schultze, Echiniscus Sigismundi. Eben- daselbst. Tom. IL 4. Ordnung. Araneida. 657 gestreckt, gegliedert, mit Dornen und Stacheln des Rückens. Füsse mit 4 bis 8 selbst 9 gleichlangen einfachen Krallen. (Nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei besitzen die Jungen nur 2 Krallen). E. Bellermanni S. Seh. E. Creplini S. Seh. E. Sigismundi M. Seh. Marin. 4. Ordnung. Araneida^), Spinnen. Aruchvoideen mit Giftdrüsen in den Jclauenförmigen Kieferfühlern, mit heinartigen Kiefertastern und gestiltem ungegliederten Hinterleib , an dessen Hinterende sich 4 oder 6 Spinmvarzen erheben, mit 2 oder 4 Lungensäclichen {Fächertracheen). Die Körperform der echten Spinnen erhält ihren eigenthümlichen Character durch den angeschwollenen, im ausgebildeten Zustand ungegliederten Hinter- leib, dessen Basis mit stilförmiger Verengerung dem ungegliederten Kopf brust- stück angefügt ist. Die grossen über den Stirnrand vorspringenden Kieferfühler bestellen aus einem kräftigen, an der hinenseite gefurchten Basalabschnitt und einem klauenförmigen einschlagbaren Endgliede, an dessen Spitze der Aus- führungsgang einer in den Cephalothorax hineinreichenden Giftdrüse mündet. Im Momente des Bisses fliesst das Secret dieser Drüse in die durch die Klaue geschla- gene Wunde ein und bewirkt bei kleineren Thieren den fast augenblicklichen Tod. Die Unterkiefer tragen an ihrem breiten Goxalgliede, welches eine Art Kiefer- lade darstellt, einen mehrgliedrigen Taster, beim Weibchen von der Form eines verkürzten Beines meist mit Endklaue , beim Männchen mit angeschwollenem, complicirt gebautem und als Gopulationsorgan fungirendem Endgliede. Die Mundöffnung liegt an der Basis einer Art Oberlippe und wird nach unten von einer unpaaren Platte als Unterlippe begrenzt. Die vier meist langen Beinpaare, deren Form und Grösse übrigens nach der verschiedenen Lebensweise vielfach 1) C. Clerck, Aranei suecici etc. Holmiae. 1757. C. A. Walckenaer, Histoire naturelle des Araneides. Paris et Strassbourg. 1805 — 1806. Derselbe, Histoire naturelle des insectes apteres. Tom. T. II. 1887. Treviranus, lieber den innern Bau der Arach- niden. Zeitschr. für Physiologie. 1812. C. J. Sunde vall, Specimen academicum, genera Araneidum Suecicae exhibens. Lundae. 1823. A. Menge, Ueber die Lebensweise der Spinnen. Neueste Schriften der naturf. Gesellsch. in Danzig. Tom. IV. 1843. Derselbe, Preussische Arachniden. Ebendas. Neue Folge. Danzig. 1866 — 1879. H. Meckel, Mikro- graphie einiger Drüsenapparate der niederen Thiere. Müllers Archiv. 1846. G. Cuvier, regne aninial, Duges et M. Edwards, les arachnides. Paris. 1849. E. Claparede, Etudes sur la circulation du sanchez les Aranees du genre Lycose. Geneve. 1863. N. Westring, Aranei suecici. Gothoburgi. 1861. E. Ohlert, Die Araneiden oder echten Spinnen der Provinz Preussen. Leipzig. 1867. Buchholz und Landois, Anat. Untersuchungen über den Bau der Araneiden. Ueber den Spinnapparat von Epeira diadema. Müller's Archiv. 1868. F. Plateau, Observations sur TArgyronete aquatique. Ann. d. scienc. nat. 5. Ser. VII. 1867. T. Thorell, Remarks on synonyms of european Spiders. 1870—72. L.Koch, Die Arachniden Australiens. Nürnberg. 1871. H. Lebert, Die Spinnen der Schweiz etc. Neue Denkschriften der allg. Schweizer Gesellschaft f. d. ges. Naturw. Zürich. 1877. Ph. Bertkau, Versuch einer natürl. Anordnung der Spinnen. Archiv für Naturg. 1878. 0. Hermann, Ungarn's Spinnenfauna. Tom. I, II und III. Budapest. 1876 bis 1879. Claus, Zoologie, i. Auflage. 42 658 Araneiden. Körperbau. abweicht, enden mit zwei kammartig gezähnten Krallen (Einschlagsklaue), zu denen oft noch eine kleinere unpaare Vorkralle (Trittklaue) hinzukommt. An Stelle der letzteren tritt oft ein Büschel von Haarborsten { Haarsohle) auf. Solche Spinnen verfertigen mehr dichte, filzartige Gewebe, während die mit einer Nebenklaue versehenen Formen noch zwei sägeförmig gezähnte minderbeweg- liche Afterkrallen besitzen und radartige Gespinnste anfertigen. Die Klaue des Tasters scheint auch bei der Sammlung und Ausbesserung der Fäden in Betracht zu kommen. Daneben aber spielt das sog. Calamistrum am vorletzten Gliede (Metatarsus) des letzten Beinpaares eine Rolle. Dasselbe besteht aus zwei gegen einander gekehrten Reihen kurzer Borsten und findet sich oft nur im weib- lichen Geschlecht bei denjenigen Spinnen , welche etwas oberhalb der Spinn- warzen ein sog. Crihellum besitzen. Dieses erscheint in Form von zwei quer- liegenden von feinen Punkten übersäten Feldern und ist seiner besondern Bedeutung nach keineswegs aufgeklärt. Der Hinterleib ist stets beim Weibchen grösser und aufgetriebener als beim Männchen ; an der Basis seiner Bauchfläche liegt die unpaare Geschlechts- öffnung , zu deren Seiten sich die schräg gestellten Stigmen für die beiden sog. Lungensäckchen öffnen. Diese sind im Wesentlichen Fächertracheen ^) und be- stehen aus einer kurzen Vorhöhle, der vom Stigma aus in das Innere des Leibes eingestülpten Haut (Tracheenstamm), und aus zahlreichen parallel gestellten Hohlblättern (Tracheenzweige), deren Spalten einem Ofenrost vergleichbar den Boden des niedrigen Sackes durchbrechen. Die Zahl dieser Fächer wechselt ungemein sowohl nach dem Lebensalter als nach der Gattung und Art. Hinter den Stigmen des Lungenpaares findet sich oft noch ein zweites Stigmenpaar, welches entweder ebenfalls in Lungen (Mygalidae) , oder in ein System von Tracheen {Dysdera, Segestria, Argyroneta) führt. An Stelle der kurzen Vor- höhle erhebt sich vom Stigma aus ein röhrenförmiger etwas flachgedrückter Tracheenstamm, dessen Wand von einem spiraligen Ghitinfaden gestützt sein kann. Der Stamm tritt in den Cephalothorax ein und entsendet hier, meist knopfföraiig angeschwollen, eine grosse Zahl zarter unverästelter Luftröhrchen bündelweise in die Gliedmassen. Auch am abdominalen Theil des Stammes entspringt von einer beuteiförmigen Ausbuchtung desselben ein Büschel zarter Tracheenröhrchen, welche die Organe des Hinterleibes versorgen. Die Spinnen, welche des zweiten Stigmenpaares mit seinen Lufträumen entbehren , besitzen dicht vor den Spinnwarzen eine wohl aus zwei verschmolzenen Stigmen ent- standene Querspalte, welche entweder in ein Paar von Tracheenbüscheln {Attiden, Micryphantes) beziehungsweise baumförmig verästelter Tracheen {Thomisideti) führt, oder die Ausmündung von vier einfachen Tracheenröhren darstellt, ein Verhalten, welches für alle übrigen Spinnen zutrifft. Der After liegt ventral am Ende des Abdomens, umgeben von 4 oder 6 warzenförmigen 2- bis Sgliedrigen Erhebungen, den Spinnwar^en, aus denen dasSecret der Spinn- drüsen hervortritt, beziehungsweise als Faden hervorschiesst. Nach Meckel's Angabe sollen bei der Kreuzspinne mehr als tausend Drüsenschläuche mit 1) Vergl. R. Leuckart, Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. I. 1849. P. Bertkau, lieber die Respirationsorgane der Araneen. Archiv für Naturg. 1872. Nervensystem. Darm. 659 separaten Au.sführungsgängen vorhanden sein. Dieselben sind theils birnförmige, theils cylindrische , theils baumförmige Schläuche , deren enge Ausführungs- gänge an der Oberfläche der Spinnwarzen auf kleinen Spinnröhrchen und grössern Zapfen (für die cylindrischen und baumförmigen Schläuche) münden. Der von diesen Drüsen secernirte klebrige Stoff erhärtet an der Luft rasch zu einem Faden und wird unter Beihülfe der Fussklauen zu dem bekannten Gespinnste verwebt. Die mächtigsten Spinnorgane möchten wohl die Rad- spinnen besitzen, an denen jede der vordem Spinn warzen weit über 100 Röhrchen enthält. Die mittleren Spinnwarzen sind hier die kleinsten und von etwa zwei Dutzend Röhrchen durchbrochen , unter denen ein grösseres sich findet ; die hinteren halten in der Zahl der Röhrchen zwischen beiden Paaren die Mitte. Von den Innern Organen erlangt das Nervensystem einen hohen Grad der Goncentration , indem ausser dem Gehirne mit den Augen- und Kieferfühler- nerven eine gemeinsame Brustganglienmasse auftritt , welche Nerven zu den Kiefertastern, sowie zu den Beinen entsendet und in einen stärkern Nervenstamm ausläuft , welcher vor seiner Ausstrahlung in das Abdomen zu einem kleinern Knoten anschwillt. Auch wurden Eingeweidenerven nachgewiesen , welche vom Hinterrand des Gehirns entspringen und sich dann an der Dorsalseite des Magendarms vereinigen. In der Regel finden sich hinter dem Stirnrande 8, seltener 6 Punktaugen, die in zwei oder drei Bogenreihen auf der obern Fläche des Kopfabschnittes in symmetrischer höchst gesetzmässiger und für die ein- zelnen Gattungen characteristischer Weise vertheilt sind. Dieselben differiren auch nach Grösse , Pigmentirung und Linsenstellung beträchtlich. Nach ihrer Lage kann man dieselben als vordere und hintere Seitenaugen und Mittelaugen unterscheiden. Die in der Sonne jagenden Springspinnen besitzen ein metallglän- zendes Tapetum. Biologen wie Simon und Lebert behaupten, dass die einen zum Sehen bei Tage, die andern zum Sehen in der Dämmerung dienten. Gre n acher ^) hat einen merkwürdigen Dimorphismus in der Bildung der Retina für die vordem und hintern Mittelaugen von Epeira nachgewiesen. In den erstem liegen die Stäbchen am Vorderende der Nervenzellen , in den letztern sind sie in die Mitte gerückt und liegen hinter den Zellkernen. Am Verdauung scanal ^) gliedert sich der Munddarm in einen von der Oberlippe aufsteigenden mus- culösen Schlund, welchem eine unpaare wahrscheinlich Speichel absondernde Drüse anliegt, in einen engern horizontal verlaufenden Oesophagus und einen breiten aber flachen Saugmagen, welcher mittelst Muskeln an der Körperwand befestigt ist. Der Mitteldarm zerfällt in einen vordem im Thorax gelegenen Abschnitt mit 5 Paaren von Blindschläuchen und in einen längern im Abdomen verlaufenden Dünndarm , in welchen rechts und links mehrere Ansführungs- gänge der umfangreichen vielfach verästelten Leber einmünden. Das sauer 1) H. Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. Göttingen. 1879. V. Graber, Ueber das unicorneale Tracheatenauge und das Arachnoideen- und Myriopoden-Auge. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XVII. 1879. 2) F. Plateau, Sur la structure de l'appareil digestif et sur les phenomenes de la digestion chez les Araneides dipneumones. Bull. Acad. roy. de Belgique. 1877. 42* 660 Araneiden. Geschlechtsorgane. reaglrencle Secret derselben wirkt nach Art des Pankreassaftes und verdaut Eiweisskörper und Aniylum. Der Endabschnitt des Darmes nimmt zwei eben- falls verästelte Ganäle, die Hai ncanäle (in deren Inhalt Guanin constatirt wurde) auf und erweitert sich vor der Afteröffnung blasenartig als Mastdarm. Nicht minder ausgebildet erscheint das Gefässsystem. Aus dem pulsirenden im Abdornen gelegenen Rückengefäss fliesst das Blut durch eine vordere Aorta in das Kopf bruststück und von hier in seitlichen Arterien nach den Beinen, Kiefern, Gehirn und Augen. Das zurückkehrende Blut strömt in das Abdomen , um- spühlt die sog. Lungensäckchen und fliesst durch drei Paare seitlicher Spalt- öffnungen in das Rückengefäss zurück. Die Geschlechtsorgane münden bei Männchen und Weibchen an der Basis des Abdomens zwischen den beiden Lungenstigmen aus. Beim Weibchen Avird die Genitalspalte am obern Rande von paarigen Ghitinplättchen eingefasst, welche alsSchloss (claustrum) bezeichnet werden. Die Ovarien sind zwei traubige, von der Leber umhüllte Drüsen, deren kurze Eileiter zu gemeinsamer Scheide sich vereinigen. In manchen Fällen {Oletera, Atypus, Segestria) vereinigen sich beide Ovarien zu einem geschlossenen Ringe. Im reifen Zustand erfüllen sie den grössten Theil des Hinterleibs, gewinnen durch ihre zahlreichen kurz- gestilten Ausbuchtungen , den EifoUikeln , eine traubige Gestalt. Accessorische Drüsen fehlen den Oviducten sowie der Scheide. Dagegen findet sich stets ein unpaares {Segestria) oder paariges Receptaculum seminis, welches meist mittelst separater Oeffnung vor der Scheidenspalte ausmündet und das Sperma bei der Begattung aufnimmt. Ausnahmsweise ^) sollen sich die Receptacula direct an zwei seitlichen Ausbuchtungen der Scheide erheben {Oletera picea) oder in anderer Form als Anhänge der Scheide auftreten {Pachygnatha, Tetragnatha). Die Hoden sind zwei lange, oft gewundene Schläuche, deren nicht scharf ge- sonderte Samenleiter mittelst kurzen gemeinsamen Ausführungsganges münden. Als lieber tragungsorgane des Sperma's bei der Begattung fungiren stets die männlichen Taster, deren eigenthümlich modificirter Endabschnitt sich vorher mit Sperma gefüllt hat, um dasselbe in die Receptacula des Weibchens überzu- führen. Dieser sehr complicirte und bei den einzelnen Gattungen höchst ver- schieden gebaute Abschnitt trägt an der concaven Innenseite einen blasigen oft mit Haken und Stacheln bewaffneten Anhang, welcher einen Spiralcanal enthält und in einen hohlen leicht gekrünmiten oder auch spiraligen Fortsatz ausläuft. Der blasige Anhang nimmt in seinem Spiralgang den Samen auf, welchen der oft lange und gedrehte Ausläufer, einem Penis vergleichbar, in das Receptaculum überträgt. Die Männchen unterscheiden sich durch den geringen Umfang ihres Hinterleibes von den durchweg oviparen Weibchen, welche ihre abgelegten Eier liäufig in besonderen Gespinnsten mit sich herumtragen {Theridium, JDolomedes). Ein zweiter, nicht minder in die Augen fallender äusserer Geschlechtsunterschied beruht auf der Umgestaltung des männlichen Maxillar- 1) Ausser Treviranus, Blanchard u. a. vergl. Bertkau, Ueber den Generations- apparat der Spinnen. Archiv für Naturg. Tom. XLI. 1875. Embryonale Entwicklung. 661 palpen zu Copulationsorganen. Zuweilen leben beide Geschlechter friedlich neben einander auf benachbarten Gespinnsten oder selbst eine Zeitlang auf dem- selben Gewebe; in anderen Fällen stellt das stärkere Weibchen dem Männchen wie jedem andern schwäcliein Thiere nach und verschont dasselbe nicht ein- mal während oder nach der Begattung, zu der sich das Männchen nur mit grösster Vorsicht naht. Die Entwicklung des Spinneneies, schon in frühern Decennien von Herold ') verfolgt, wurde durch die eingehenden an Pholcus angestellten Forschungen Claparede's, sodann durch Balbiani's Beobachtungen an Tegenaria, Agelena, Epeira genauer studirt. lieber die ersten Veränderungen des befruchteten Eies bis zur Entstehung des Blastoderms haben aber erst die Beobachtungen H. Lud w ig 's Aufklärung gebracht, während eine jüngst veröffentlichte Arbeit von Barroi s zur Kenntniss der spätem Entwicklungs- vorgänge des Embryo's Ergänzungen bringt. Nach H. Ludwig besteht der Dotter des eben abgesetzten Eies von Fhilodromus limhatus aus einem fein- körnigen Protoplasma und zahlreichen in demselben eingelagerten Deutoplasma- massen. Letztere enthalten vorwiegend grosse lichtbrechende Kugeln von eiweissartiger Beschaffenheit. Der sonst so verbreitete sog. Dotterkern fehlt. Nach dem Schwunde des Keimbläschens ballen sich die Deutoplasmakugeln zu Säulen zusammen in radiärer Gruppirung um das centrale Protoplasma, welches im Gentrum den Eikern einzuschliessen scheint. Die kuglige Rosette schnürt sich nach Theilung des Eikernes in zwei, vier, acht etc. Theilrosetten ab, deren centrale Protoplasmaabschnitte die zugehörigen Kerne enthalten. Die Kerne arbeiten sich allmählig mit dem umgebenden Protoplasma aus den während ihrer fortgesetzten Theilung mehr und mehr peripherisch gerückten polyedrisch gewor- denen Rosetten an die Oberfläche und bilden durch gegenseitige Aneinander- lagerung die Blastodermblase, von welcher die zurückgebliebenen Deutoplasma- schollen umschlossen werden. Die zur Entstehung des Blastoderms führende superficiale Furchung erscheint somit als Modifikation der totalen Furchung. Später bildet sich an einer Stelle des Blastoderms eine kleine Erhebung, der schon von Herold gekannte Primitivkegel, eine Bildung, welche mit dem Primitiv- streifen nichts zu thun hat, vielmehr dem Rücken des spätem Embryos angehört. Der Primitivkegel gewinnt bald eine birnförmige Gestalt und kehrt seine Spitze nach der Dotterstelle hin, welche die Gegend des analen Poles bezeichnet. Hier vermehren sich die Blastodermzellen stark und veranlassen eine Trübung, die wie eine Kappe die Oberfläche des Dotters bis auf die Kopfgegend und einen Rückenstreifen , den Primitivhügel in der Mitte , bedeckt. Der Rückenstreifen zieht sich mehr und mehr zusammen, sodass Kopf- und Analpol einander genähert werden. An diesen Stellen bilden sich die Kopf- und Analkappe des verdickten Blastoderms, welches in solcher Ausdehnung den Keimstreifen 1) Vergl. M. Herold, De generatione araneorum in ovo. Marburg. 1824. E. Claparede, Recherches sur Tevolution des Araignees. Geneve. 1862. Balbiani, Memoire sur le developpement des Ärachnides. Annales des scienc. nat. 5. Serie. Tom. XVIII. 1873. H. Ludwig, lieber die Bildung des Blastoderms bei den Spinnen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXVI. 1876. J. Barrois, Recherches sur le developpement des Araignees. Journ. Anat. Phys. Robin et Pouchet. 1878. 662 Araneiden. Embryonale Entwicklung. Lebensweise. repräsentirt. Nunmehr tritt an demselben eine Segmentirung auf, indem sich sechs verdickte Querzonen nach der Stelle des fast verschwundenen Primitiv- kegels convergirend abheben. Es sind die Ursegmente des Kopfbruststückes, von denen die beiden vordem auf die Kopfkappe folgen. Nach Balbiani bilden sich von diesen zuerst die drei Ursegmente der Kiefertaster und der beiden vordem Beinpaare , dann die zwei nachfolgenden und hierauf erst das Segment des Kopfes oder der Kieferfühler. Der Keimstreifen zieht sich dann ventral zusammen und nähert sich mehr und mehr der Form eines breiten Bandes, während die Ursegmente bis zur Berührung einander genähert, sich vornehmlich an den Seiten verstärken. Zu einer Ruptur des Blastoderms an der Rückenseite kommt es überhaupt nicht. Der Primitivkegel aber ver- schwindet. Mit dem weitern Wachsthum des Keims entstehen die Segmente des Abdomens, welche sich von vorn nach hinten der Reihe nach von der Schwanzkappe sondern. Nach Bar rois sind es jedoch nicht 5, sondern 10 Abdominalsegmente, von denen das letzte Spuren einer Dreitheilung zeigt, so dass wie beiLimulus und den Scorpionen 12 Segmente des Abdomens zu unter- scheiden sein würden. Die ersten vier aber überwiegen an Breite und Umfang bedeutend, während die hintern sechs zur Bildung des Hinterleibsendes zu- sammengedrängt werden. Die ausschlüpfenden Jungen besitzen im Wesentlichen die Form und Organisation der elterlichen Thiere und haben keine weitere Metamorphose zu durchlaufen. Indessen sind dieselben vor ihrer ersten Häutung noch nicht im Stande, Fäden zu spinnen und auf Raub auszugehen. Erst nach der Häutung werden sie zu diesem Geschäfte tauglich, verlassen das Gespinnst der Eihüllen und beginnen Fäden zu ziehen und zu schiessen, sowie auf kleine Insecten Jagd zu machen. Bis zum Eintritt der Geschlechtsreife scheinen wenigstens vier Häutungen zu erfolgen. Die im Herbste massenhaft auftretenden , unter dem Namen »fliegender Sommer« oder »alter Weibersommer« bekannten Gespinnste sind das Werk junger Spinnen, welche sich mittelst derselben hoch in die Luft erheben und vielleicht an geschützte Orte zur Ueberwinterung getragen werden. {Xysticus-, Fachygnatha- und Micrpphantusa.rten). Die Lebensweise der Spinnen bietet soviel Auffallendes und Wunderbares, dass sie schon in der frühesten Zeit das Interesse der Beobachter in hohem Grade fesseln musste. Alle Spinnen nähren sich vom Raube und saugen die Säfte anderer Insecten ein, indessen ist die Art und Weise, wie sie sich in Besitz der Beute setzen, höchst verschieden und oft auf hoch entwickelte Kunst- triebe gestützt. Die sog. vagabundirenden Spinnen bauen überhaupt keine Fangnetze und verwenden das Secret der Spinndr üsen nur zur Ueberkleidung ihrer Schlupfwinkel und zur Verfertigung von Eiersäckchen , sie überfallen die Beute bei freier Bewegung ihres Körpers im Laufe oder selbst im Sprunge. Andere Spinnen dagegen besitzen zwar auch die Fähigkeit der raschen und freien Ortsbewegung in hohem Grade , erleichtern sich aber den Beuteerwerb durch die Verfertigung von Gespinnsten und Netzen , auf denen sie selbst mit grossem Geschicke hin- und herlaufen, während sich andere Thiere, namentlich Insecten, sehr leicht in denselben verstricken. Die Gewebe selbst sind äusserst Tetrapneumones. Dipueumones. 663 mannichfach und mit sehr verschiedener Kunstfertigkeit angelegt, entweder zart und dünn aus unregelmässig gezogenen Fäden gebildet oder von derber filziger Beschaffenheit und horizontal ausgebreitet, oder sie stellen verticale radförmige Netze dar, die in bewunderungswürdiger Regel inässigkeit aus con- centrischen und radiänMi, im Mittelpunkte zusammenlaufenden Fäden verwoben sind. Sehr häufig finden sich in der Nähe der Gewebe und Netze röhrenartige oder trichterförmige Verstecke zum Aufenthalt der Spinne angelegt. Die meisten Spinnen ruhen am Tage und gehen zur Dämmerung oder zur Nachtzeit auf Beute aus. Indessen gibt es auch zahlreiche vagabundirende Formen, welche am hellen Tage selbst bei Sonnenschein jagen. Fossile Spinnen treten bereits in der Tertiärzeit auf und finden sich sehr zahlreich und vortrefflich erhalten im Bernstein. 1. Tetrapneumones. Sie besitzen vier Lungen und vier Spinn warzen, von denen zwei sehr kloin bleiben; selten sind sechs Spinnwarzen vorhanden. 1. Tribus. Territelariae '). Meist grosse dichtbehaarte Spinnen, deren Kiefer- fühlerklauen gerade nach abwärts gerichtet sind. Sie gehören vornehmlich den wär- meren und heissen Ländern an und bauen keine wahren Gewebe, sondern nur lange Röhren oder tapeziren sich ihre Schlupfwinkel in Baumritzen und Erdlöchern mit einem dichten Gespinnste aus. Am Eingange ihrer Wohnröhren, welchen einige durch einen Deckel verschliessen können, lauern sie auf Beute, gehen theilweise aber auch im Freien auf Raub aus. Die acht Augen stehen überall dicht neben einander. Fam. Theraphosidae (Theraphosa). Augen am Vordertheile des Kopfbruststückes einander sehr genähert. Taster an der Spitze der Maxillen eingefügt. Beine stark und derb zottig behaart, die des ersten und vierten Paares am längsten. Th. {Mygale) avi- cularia L. , Yogelspinne , in Südamerika. Leben auf Bäumen in einem röhrenförmigen Gespinnst zwischen Baumlöchern und tödten selbst kleinere Vögel (Bates). Th. Blondii Walck., in der Erde. Th. fasciafa Walck. u. z. a. Arten in Ostindien. Cteniza Latr. Kieferfühler dicht unter der Klaue mit Häkchen wie bestachelt. Beine nach dem Ende zu verschmälert, mit gestrecktem Tarsalabschnitt. Leben in röhrenförmigen Erdhöhlen, deren Eingang sie mit einem kreisrunden thürähnlich beweglichen Deckel verschliessen. Ct. caementaria Latr., Tapezirspinne . Südeuropa. Atypus Latr. {Atypidae). Mit drei Spinnwarzenpaaren. Taster an der verbreiterten Basis der Maxillen angefügt. A. Sidzeri Latr. , Süddeutchland. 2. Dipneumones. Mit zwei Lungen und sechs Spinnwarzen am Hinter- leib. Die Klauen der Kieferfühler schlagen sich nach Innen ein. 2. Tribus. Saltigrada ^), Spriugspinnen. Mit gewölbtem Kopfbruststück, grossen Kjeferfühlern und acht ungleich grossen in drei Querreihen quadrangulär gruppirten Augen , die beiden Mittelaugen der vordem Reihe meist am grössten , die der hintern stehen sehr weit auseinander, die Augen der mittleren Reihe sehr klein, die kiirzen un- gleich grossen Beine mit dicken Schenkeln, meist mit Bürstenpolster, ohne Afterkralle am Endglied, dienen zum Sprung, mit dem sie frei an Mauern und Wänden umher- streifend die Beute erhaschen. Bauen keine Netze, wohl aber legen sie an Steinen und Pflanzen sackförmige Gespinnste an. In diesen bewahren sie ihre abgelegten Eiersäckchen. 1) Latreille, Des habitudes de l'Araiguee aviculaire. Mem. du Mus. d'hist. nat. Tom. VllL 1822. L V. Audouin, Obsei-vations sur la structure du nid de l'Araignee pionniere. Ann. de la soc. entom. Tom. IL 1833. A. Äusserer, Beiträge zur Kenntniss der Arachnidenfaniilie der Territelariae Thoreil. Wien. 1871 und 1875. 2) E. Simon, Monographie des especes Europ. de la fam. des Attides. Paris. 1869. 664 Citigradae. Laterigradae. 1. Fara. Attoidae. Ohne Vorklaue, aber mit Bürstenpolster. Salticus Latr. Cephalothorax vorn stark erhoben. Die beiden mittleren Augen der ersten Querreihe sehr gross. S. formicarius Koch. S. {Callietherus) scenicus L. S. {Heliophanus) cupreus Koch. S. metallieus Koch. S. {Euophrys) pubescens Sund. S. flavipes Hahn, üeberall in Deutschland verbreitet. Myrmecia Latr. Köi-per schlank ameisenähnlich. Die vier vordem Augen in leichtem nach hinten gekrümmten Bogen, Unterlippe ovalgestreckt. Beine dünn ver- längert. Das erste und vierte Paar am längsten. M. fulva Latr. M. nigra Pert. M. vertebrata Walck., sämmtlich in Brasilien. Hier schliessen sich zahlreiche von Koch aufgestellte Gattungen an wie Hyllus, Phidippus, Marpessa. 2. Farn, Eresoidae. Mit Vorklaue. Calamistrum und Cribellum vorhanden. Eresus "Walck. 6 Augen nach vorn gedrängt. Die mittleren Augen der vorderen Reihe und die beiden Augen der mittleren Reihe sind einander genähert und bilden ein Viereck. Körper gedrungen. Hinterleib meist kurz, fast viereckig. E. cinndberinus Walk., Italien und Frankreich. 3. Tribus. Citigradae, Wolfspinnen. Mit länglich ovalem, nach vorn verschmä- lertem und stark gewölbtem Cephalothorax und 8 in 3 Querreihen aber mehr auseinander gerückten Augen, von denen die 4 Augen der Vorderreihe sehr klein bleiben. Sie laufen mit ihren langen starken Beinen, welche eine ungezähnte Vorkralle besitzen, sehr behend und erjagen ihre Beute im Freien , sind aber am Tage meist unter Steinen in aus- tapezirten Schlupfwinkeln versteckt. Die Weibchen sitzen häufig auf ihrem Eiersack oder tragen denselben mit sich am Hinterleib hei'um, vertheidigen die Eier mit grosser Energie und beschützen selbst die ausgeschlüpften Jungen noch eine Zeitlang. 1. Fam. Lycosidae. Die 4 Augen der wenig gebogenen Vorderreihe klein , die der Mittelreihe gross und genähert, die Augen der Hinterreihe am weitesten abstehend. Dolomedes Latr. Vorkralle mit 2 langen Zähnen. D. fimbriatus Walck. D. [Ocyale) mirabilis Walck., in Wäldern Deutschlands. D. {Potamia) palustris Koch, Deutschland. Lycosa Latr, Die mittlem und hintern Augen sehr gross, jene nicht in dem Masse genähert, diese minder weit als bei Dolomedes entfernt. Das dritte Beinpaar am kürzesten, das vierte am längsten. Vorkralle ungezähnt. L. tarantula L. , Tarantelspinne , südl. Europa, besonders in Apulien, lebt in Höhlen unter der Erde und soll nach dem irr- thümlichen Volksglauben durch ihren Biss die Tanzwuth veranlassen. L. (Pardosa) saeeata L., Uferspinne. L. [Trocliosa) ruricola Deg., Feldspinne, beide in Deutschland sehr gemein, u. z. a. A. Ctenus Walck. Die zweite Augenreihe mit 4 Augen, von denen die mittleren sehr gross sind. Die zwei vordem Augen sehr genähert. Ct. sanguineus Walck., Brasilien u. z. a. A. 2. Fam. Oxyopidae. Vier Augenreihen. In der vordem Augenreihe stehen niu- 2 Augen. Die übrigen bilden ein Sechseck. Oxyopes Latr. 4. Tribus. Laterigradae , Krabbenspinnen. Mit rundlichem Kopf bruStstück und flachem breiten Hinterleib. Die Augen sind auf 2 halbmondförmig gebogene Querreihen vertheilt. Beine mit 2 vielzähnigen Hauptkrallen , oft mit Haarbüscheln. Spinnen nur vereinzelte Fäden und halten sich zwischen zusammengesponnenen Blättern auf, zwischen denen sie auch ihre Eiersäckchen ablegen. Laufen wie die Krabben seitlich und rück- wärts und erjagen die Beute im Freien. 1. Fam. Thomisidae. Die beiden Bogenreihen der ziemlich gleichgrossen Augen nach vorn convex. Die beiden vordem Beinpaare aulfallend länger als die beiden hintern. Fuss ohne Haarbüschel. Thomisus Walck. Zweites Beinpaar am längsten. Th. citreus Geoffr. l'h. rotun- datus Walck., Mittleres und südl. Europa. Th. Diana Walck., Deutschland und Frank- reich u. a. A. Eripus Walck. E. heterogaster Guer. 2. Fam. Philodromidae. Mit 2 starken Haarbüscheln unter den Klauen. Tubitelariae. Retitelariae. 665 Micrommata Latr. Die vordere Augenreihe kürzer, nach vorn convex, ihre Seiten- augen am grössten. Beine ziemlich gleich, drittes Beinpaar am kleinsten. M. sma- ragdina Fabr., Europa. Phüodromus Latr. Sparassus Walck. {Sparassidae). Die Seiten- augen der vordem Reihe nicht grösser als die übrigen. Viertes Beinpaar so lang oder noch länger als das erste. Sp. spinicrus Duf. , Europa. 5. Tribus. Tubitelariae, Röhrenspinnen. Weben filzige Röhren. Mit 8, seltener 6, meist in 2 Querreihen gruppirten Augen. 1. Farn. Dysderidae, Zellenspinnen. Mit nur 6 Augen und 2 Röhrentracheen hinter den Lungen. Ein einziges Receptaculum , in welches das Männchen bei der Begattung beide Palpen zugleich einschieben soll. Geschlechtsdrüsen wie bei den vierlungigen Spinnen ringförmig geschlossen. Dysdera Latr. Mit 6 fast im Sechseck geordneten Augen, von denen die mittleren am weitesten von einander abstehen. Vorderbeine am längsten, eine ungezähnte Vor- kralle vorhanden. D. erythrina Walck., Süddentschland. Segestria Latr. Mit 6 Augen, von denen die mittleren einander am meisten genähert sind. S. sexocidata L., Zellen- spinne. S. perfida Walck., Südeuropa. 2. Fam. Drassidae ') , Sackspinnen. 8 Augen in 2 oder 3 Querreihen gruppirt. Ohne Vorkralle an den Füssen. Spinnwarzen an Länge wenig verschieden. Drassus Walck. Mit 8 ungleich grossen Augen, die in 2 Reihen stehen. Kopf- bruststück birnförmig. Letztes Beinpaar am längsten. Dr. nocturnus L. Clubiona Latr. Mit 8 Augen, von denen die mittleren der Vorderreihe am grössten sind, die vier hinteren dichter an einander stehen. Vorderbeine am längsten. Cl. Jwlosericea L., Sammetspinne. Cl. atrox Deg. u. a. A., überall häufig. Gnaphosa Latr. 3. Fam. Argyronetidae. Hinterbeine mit langen Schwimmborsten. Gezähnte Vorkralle vorhanden. Ärgyroneta Latr. Die vier mittleren Augen liegen im Quadrat, die äussern auf gemeinsamer Erhebung. Tracheensystem sehr ausgebildet, aus 2 Längsstämmen mit Tracheenbüscheln gebildet. A. aquatica L., Wasserspinne. Spinnt im Wasser ein wasser- dichtes, glockenförmiges, unten offenes Gewebe, welches an Pflanzen befestigt, einer Taucherglocke vergleichbar, mit Luft gefüllt wird und in der That als Lviftreservoir dient. Der silberglänzende Leib mit seinen zahlreichen zwischen den Härchen suspen- dirten Luftbläschen vermag lange Zeit unter dem Wasser zu leben. 4. Fam. Agalenidae, Trichterspinnen. Füsse mit gezähnter Vorkralle. Das oberste Spinnwarzenpaar beträchtlich länger als die übrigen. 4 einfache Tracheenschläuche. Tegenaria Walck. (Aranea Latr.) Die acht gleichgrossen Augen in zwei bogen- förmigen Querreihen. Drittes Beinpaar am kürzesten, vorderes und hinteres gleich lang. T. domestica L. , Winkelspinne u. a. A. Agalena Walck. Unterscheidet sich von Tegenaria vornehmlich durch die stärkere Krümmung der Augenlinie und längere vierte Beinpaar. A. labyrinthica L., Labyrinthspinne. Amaurobius CK. Dictyna Sund. 6. Tribus. Retitelariae, Webspinnen. Mit 8 ungleich grossen Augen, von denen die 4 mittleren im Quadrat stehen. Kein Cribellum und Calamistrum. Extremitäten dünn und schlank. Sie bauen unregelmässige Gewebe mit nach allen Richtungen sich kreuzenden Fäden (oft noch mit einem untern horizontalen Radnetz) und halten sich auf dem Gewebe selbst auf. Spinnwarzen conisch und convergirend. L Fam. Pholcidae. Kieferfühler am Grunde verwachsen. Klauenglied frei. Pholcus Walck. Die beiden mittleren Vorderaugen kleiner als die übrigen. Beine sehr lang und dünn. Ph. phalangioides Walck. Scytodes Latr. 2. Fam. Theridiidae. Unterlippe und Kieferfühler frei. Klauenglied nicht frei. Theridium Walck. Die beiden mittleren Augenpaare fast quadrangulär geordnet. die seitlichen Augen der vordem und hintern Reihe einander genähert. Erstes und 1) L. Koch, Die Arachniden-Familie der Drassiden. 9 Hefte. Nürnberg. 1866. 666 5. Ordnung. Phalangida. viertes Beinpaar am längsten. Th. (Steatoda) sisyphium Clerck. Th. picttim Walck., Deutschland. Th. redimitum L. Micryphantus Koch. Argus Walck. Latrodectus Walck. L. mälmignatus Walck. Linyphia Latr. Von den ziemlich gleichgrossen Augen sind die mittlem Augen der Hinterreihe weiter auseinandergerückt. Die beiden seitlichen Paare sehr genähert. L. montana Clerck. Sehr verbreitet. Ij. pusilla Sund., Schweden, Deutschland. 7. Tribus. Orbitelariae , Radspinnen. Kopfbruststück häufig mit einer Quer- furche, Hinterleib kuglig aufgetrieben. Die acht Augen in zwei Querreihen ziemlich weit abstehend. Die beiden vordem Beinpaare weit länger als die nachfolgenden, tragen eine gezähnte Trittkralle, zu der meist noch Afterklauen kommen. Bauen senk- recht schwebende radförmige Gewebe, deren Fäden strahlenförmige vom Mittelpunkte ausgehen und von concentrischen Fadenkreisen durchzogen wei'den und lauern im Mittel- punkte dieser Gewebe oder in einem entfernten Schlupfwinkel auf Beute. Die alten Spinnen scheinen im Herbst umzukommen. 1. Fam, Epeiridae. Maxillen kurz. Calamistrum und Cribellum fehlen. Epeira Walck. Erstes Beinpaar am längsten. Die beiden mittleren Augenpaare stehen im Quadrat, die äussern am Seitenrand des Kopfbruststücks dicht nebeneinander, Maxillen so lang als breit. E. diadema L., Kreuzspinne. E. ängulata Clerck. E. mar- morea Clerck. u. a. A. Meta CK. Argiope Walck. Gasteracantha Latr. Viertes Bein- paar am längsten. Maxillen so lang als breit. 2. Fam. Tetragnathidae. Maxillen mindestens zweimal so lang als breit. Ohne Cribellum und Calamistrum. Lauern in der Mitte des radförmigen Gewebes. Tetragnatha Walck. Maxillen mindestens zweimal so lang als breit. Augen in 2 fast linearen Querreihen, die äusseren weiter als die inneren von einander entfernt. Vor- derbeine sehr lang. T. extensa L. 3. Fam. Uloboridae. Calamistrum und Cribellum vorhanden. Uloborus Latr. Hyptiotes Walck. H. paradoxus CK. S.Ordnung. IPhalangida ^), Aftersp innen. Mit scheerenförmigen Kieferfühlern und vier langen dünnen Beinpaaren, mit gegliedertem, in seiner ganzen Breite dem Kopfbruststück angefügtem Hinterleibe, ohne Spinndrüsen, durch Tracheen athmend. Die Afterspinnen stehen in ihrer Körperform und Lebensweise den Araneiden nahe, von denen sie sich durch ihre 3gliedrigen scheerenförmigen Kieferfühler, durch die Tracheenathmung, den Mangel der Spinndrüsen, sowie 1) Ausser Treviranus, Hahn und. Koch etc. vergl.: M. Perty, Delectus animalium articulatorum, quae colligit Spix et Martins. Monachae. 1833. Meade, Mono- graph of the British species of Phalangiidae. Ann. of. nat. bist. 2. ser. Tom. XV. 1845. A. Tulk, Upon the anatomy of Phalangium opilio. Ann. of nat. bist. XII. Menge, Ueber die Lebensweise der Afterspinnen. Schriften der Danz. naturf. Gesellschaft. 1850. Lubbock, Notes on the generative organs in the Annulosa. Philos. Transactions. 1801. Leydig, Ueber das Nervensystem der Afterspinne. MüUer's Archiv. 1862. Krohn, Zur nähern Kenntniss der männlichen Zeugungsorgane von Phalangium. Archiv für Naturg. 1865. Derselbe, Ueber die Anwesenheit zweier Drüsensäcke im Cephalothorax der Phalangiiden. Ebendas. 1867. G. Canestrini, Gli opilionidi italiani. Annali del Museo Civico di storia Nat. di Genova. 1872. G. Joseph, Cyphophthalmus duricorius. BerL Entom. Zeitschr. XII. Balbiani, Memoire sur le developpement des Phalangides. Ann. sc. nat. 5. Ser. Tom. 16. 1872. F. Plateau, Note sur les phenomenes de la digestion et sur la structure de l'appareil digestiv. Bruxelles. 1876. 4 Körperbau. Fortpflanzung. 667 durch die Gliederung des Hinterleibes unterscheiden. Wegen des letzten Charakters , dessen Bedeutung meist überschätzt wird , konnten sie als Arthro- gastres mit den nachfolgenden Ordnungen vereint werden. Die Sgliedrigen Kiefertaster sind meist beinförraig und mit Klauen bewaffnet. Der Hinterleib besteht in der Regel aus 6 deutlichen Segmenten und schliesst sich dem Cephalo- thorax in seiner ganzen Breite an. Das Nervensystem gliedert sich in Gehirn (mit den Augennerven) und Brustknoten, von welchem ausser den Nerven der Mundtheile und Beine in abweichender Weise zwei Eingeweidenerven ent- springen , welche jederseits in ihrem Verlaufe deutliche Ganglien bilden. Von Sinnesorganen finden sich auf einer medianen Erhebung des Kopfbrustschildes zwei Punktaugen. Die Athmungsorgane münden durch ein einziges Stigmen- paar unter den Hüften des letzten Beinpaares und sind überall im Körper ver- zweigte Tracheen. Das Herz ist ein langes in drei Kammern getheiltes Rücken- gefäss. Die Speiseröhre bleibt kurz und ohne Saugmagen. Der von einem Cylinderepitel ausgekleidete Mitteldarm bildet jederseits zahlreiche lange Blind- säcke, welche das verdauende Secret abscheiden. Am Anfang des Enddarms öffnen sich meist zwei cylindrische Malpighische Röhren. Vorn am Seitenrande des Kopfbruststückes münden die von Treviranus für seitliche Augen ge- haltenen Oeffnungen zweier Drüsensäcke. Sowohl die männliche als die weibliche Geschlechtsöffnung liegt zwischen den hintern Beinen, aus der erstem kann ein rohrartiges Begattungsorgan, aus der letztern eine langgestreckte Legeröhre (Ovipositor) hervorgestreckt werden. Die Ovarien bilden wie bei manchen Arten einen geschlossenen Ring, an dessen Oberfläche sich die beerenförmigenEifollikel erheben. Das Ende desselben geht in den Oviduct über, welcher in seinem Verlaufe eine bauchige Auftreibung, den Uterus, bildet und dann als eng gewundener Ganal zum Ovipositor führt. Merkwürdig ist die Erzeugung von Eiern im Hoden, welche Treviranus und Krohn bei fast allen Männchen beobachteten. Der Hoden ist unpaar und liegt als ein gestreckter Querschlauch von mattweisser Färbung im Hinterleib. Am Ende der beiden nach vorn gerichteten Schenkel entspringen die engen Vasa efferentia , welche in der Mittellinie zur Bildung des in viel- fachen Windungen verschlungenen Vas deferens zusammenstossen. Dieses letztere erweitert sich vor dem Eintritt in das Begattungsrohr beträchtlich, durchsetzt dasselbe als ein sehr enger Canal und öffnet sich auf dem beweglich abgesetzten Penisende »der Eichel« nach aussen. Dazu kommt noch ein im Vordertheil des Abdomens gelegenes, aus verästelten Blindschläuchen zusammen- gesetztes Drüsen paar (von Treviranus und Tulk für den Hoden gehalten), dessen beide Ausführungsgänge nicht weit von der Geschlechtsöffnung auf der obern Wand der Ruthenscheide münden. Diese beiden Drüsen finden sich wenn auch in geringerer Grösse beim Weibchen und münden entsprechend auf der obem Wand der Legeröhrenscheide. Die Afterspinnen halten sich am Tage meist in Verstecken auf und gehen zur Nachtzeit auf Beute aus, welche sie in kleine Stücke zertheilen. Besonders zahlreiche Arten und höchst bizarre Formen leben in Südamerika. Fossile Reste sind aus dem Sohlenhofer Kalkschiefer bekannt geworden. 668 6. Ordnung Pedipalpi. 1. Farn. Phalangiidae. Abdomen frei. Kiefertaster nicht bedornt. Trogulus Latr. Körper flacb zeckenähnlich, harthäutig, mit langgestrecktem Ab- domen. Das Vorderende des Kopf bruststückes verlängert sich in eine die Mundtheile deckende Klappe. Kiefertaster fadenförmig, ohne Endklaue. Beine nur massig lang. Tr. tricarinatus h. , Südeuropa. Cryptosternma Guer. C. Westermanni Guer. , Giiinea. Phälanghim L. {Opilio Herbst.). Körper rundlich oder oval mit frei vortretenden Kiefer- fühlern. Kiefertaster unbedeckt, mit Endklaue. Tarsen der sehr langen Beine viel- gliedrig. Ph. opilio L. (parietinum Deg.). P. cornutum L. Im männlichen Geschlecht mit hornförmigem Fortsatz der Kieferfühler. Cosmetus Pert. C. bipunctatus Pert., Brasilien. Discosoma cinctum Pert. 2. Farn. Gonyleptidae. Abdomen unter dem Kopfbruststück versteckt. Kiefertaster bedornt, die hintern Beine sehr gross, von den vorausgehenden weit abstehend. Gonyleptus Kirb. Kopfbruststück trigonal, hinten mit Stacheln bewaffnet. Kiefer- taster bedornt. G.horridus Kixh., Brasilien. Verwandte Gattungen sind Ostracidium'PQxi., Goniosoma Pert., Stygrus Pert., Eusarchus Pert., Mitobates Sund., Phalangodus Gerv. 3. Fam. Cyphophthalmidae. Scheerenfühler sehr lang. Körperform Chernetiden- ähnlich. Abdomen 8- bis Ogliedrig. Beine kurz Ggliedrig, mit 2gliedrigem aufgetriebenen Tarsus, mit einer Kralle bewaffnet. Die Augen sitzen am Seitenrand des Kopfbrust- stücks auf einem Kegelhöcker. Stigmen am Basalsegment des Abdomens. Cyphoplitlialmus Jos. Cephalothorax harthäutig wie gepanzert. Maxillartaster dünn mit Endklaue. C. duricorius Jos., lebt am Eingang der Grotten Krain's. C. cor- sieus Sim. 4. Fam. Gibocellidae. Körperform den Cyphophthalmiden ähnlich. 2 Paare von Augen auf Kegelhöckern. 2 Paare von Tracheenstigmen an den vordem Abdominal- segmenten. Spinndrüsen münden an der Basis des Abdomens hinter der Geschlechtsöff'nung. Gibocellum Steck. G. sudeticum Steck. 6. Ordnung. Pedipalpi ^) , Scorpionspiinien. Mit fühlerartiy verlängerten Vorderbeinen, mit Klauenkiefern, 2 Paaren von Fächertracheen (Lungen) und 11- bis 12gliedrigem Hinterleib. Die Scorpionspinnen oder Geisselscorpione schliessen sich in ihrem Körper- baue theilweise den Spinnen, noch mehr aber den Scorpionen an. Der Hinter- leib wird stets durch eine Einschnürung vom Kopfbruststück abgegrenzt und besteht aus einer ziemlich beträchtlichen Zahl von Segmenten, ohne jedoch wie bei den Scorpionen in ein breites Praeabdomen und ein stilförmiges Post- abdomen zu zerfallen. Indessen erscheinen bei der den Scorpionen am nächst- stehenden Gattung Thelyphonus die drei letzten Segmente des Abdomens zu einer kurzen Röhre verengert, welche sich in einen langen gegliederten Faden- anhang fortsetzt. Die Kieferfühler sind stets Klauenkiefer und bergen wahrscheinlich wie bei den Spinnen eine Giftdrüse , da der Biss dieser Thiere sehr gefürchtet ist. Die Kiefertaster dagegen sind bald Klauentaster von bedeutender Stärke und mit mehrfachen Stacheln bewaffnet (Phrynus), bald ähnhch wie bei den Scor- pionen Scheerentaster {Thelyphonus). Stets erscheint das vordere Beinpaar 1) H. Lucas, Essai sur une monographie du genre Thelyphonus. Magas. de Zool. Tom. V. J. V. d. Hoeven, Bijdragen tot de kennis van het geslacht Phrynus. Tijdschr. voor. nat. Geschied. Tom. IX. 1842. 7. Ordnung. Scorpionidea. 669 sehr dünn und lang, fast fühlerartig und endet mit einem geisseiförmig gerin- gelten Abschnitt. Die Geisselscorpione besitzen 8 Augen, von denen zwei meist grössere vorn an der Stirn , die drei kleinern Paare jederseits am Rande an- gebracht sind. Sie athmen durch vier aus einer sehr grossen Zahl von lamel- lösen Röhren zusammengesetzte Lungensäcken, deren Spaltöffnungen jederseits am Hinterrande des zweiten und dritten Abdominalsegmentes liegen. In der Bildung des Darmcanales stehen sie den Scorpionen, in der des Nervensystems den Spinnen näher. Die Gattung Phrynus ist lebendig gebärend. Alle sind Bewohner der Tropengegenden in der alten und neuen Welt. 1. Fain. Phrynidae. Kiefertaster sehr lang und beinförmig, bestachelt und mit fingerförmiger Endklaue am Tarsalabschnitt. Geisselanhang des ersten Beinpaares sehr lang. Kopfbruststück breit herzförmig, mit geradem Stirnrand. Hinterleib an der Basis verengt, oval gestreckt, ohne gegliederten Endfaden. Fhryniis Oliv. {Tarantula Fabr.). Die 2 Augen am Vorderrand median stark ge- nähert, die 3 seitlichen Augen triangulär gruppirt in der Höhe des zweiten Beinpaares. Fh. reniformls Fall. , Brasilien. P/t. lunatus Fabr. , Amerika. 2. Fam. Thelyphonidae. Kiefertaster dick, aber verhältnissmässig kurz mit scheerenförmigem Ende. Die Kauladen derselben median verwachsen, Kopfbruststück länglich eiförmig mit geradlinigem Hinterrande, dem sich das 12gliedrige langgestreckte Abdomen in der ganzen Breite anfügt. Dieses endet mit gegliedertem Afterdarm. Geisselanhang des vordem Beinpaares kurz. Thelyphonus Latr. Das mittlere Augenpaar weit grösser als die Seitenaugen. Th. caudatus Fabr., Java, Timor. Tli. giganteus Luc, Mexico, lli. rußmanus Luc, Java. 7. Ordnung. Scorpionidea^), Scorpione. 3Iit scheeren förmigen Kieferfühlern und beinförmig verlängerten scheeren- förmigen Kiefertastern, mit siehenglieclrigem Fraeabdomen und verengertem sechsgliedrigen Fostabdonien , mit Giftstachel am Schwanzende und 4 Paaren von Fächertracheen (Lungen). Die Scorpione wurden in früherer Zeit häufig mit den Schalenkrebsen zusammengestellt, mit denen sie in der That wegen ihrer langen gewaltigen Scheerentaster und ihres festen Körperpanzers verglichen werden können. Dem gedrungenen schildförmigen Kopf bruststück schliesst sich in seiner ganzen Breite ein langgestrecktes Abdomen an, welches in ein walzenförmiges 7gliedriges Praeabdomen und ein sehr enges nach oben emporgehobenes Ggliedriges Post- abdomen zerfällt , an dessen Spitze sich ein gekrümmter mit 2 Giftdrüsen ver- sehener Giftstachel erhebt. Die Kieferfühler sind Sgliedrige Scheerenfühler, 1) Ausser Walckenaer, Duvernoy, Ehrenberg, Hempricht u. a. vergl.: P. Gervais, Remarques sur la famille des Scorpions et description de plusieurs especes nouvelles etc. Arch. du musee d'hist. nat. Tom. IV. J. Müller, Beiträge zur Anatomie des Scorpions. Meckel's Arch. für Anat. 1828. H. Rathke, Zur Entwicklungsgeschichte des Scorpions. Zur Morphologie etc. 1837. Newport, On the structure, relations and development of the nervous and circulatory Systems in Myriapoda and macrourous Arachnida. Philosophical Transactions. 1843. L. Dufour, Histoire anatomique et phy- siologique des Scorpions. Mem. pres. a l'acad. de Scienc. Tom. XIV. 1856. E. Metsch- nikoff, Embryologie des Scorpions. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XX. 1870. ß70 Scorpione. Nervensystem. Kreislauf, Geschlechtsorgane. die Kiefertaster enden ebenfalls mit aufgetriebenem Scheerengliede , während das Basalglied mit breiter Mahlfläche als Lade dient. Die vier Beinpaare sind kräftig entwickelt und enden mit Doppelkrallen. Das Basalglied d$r vorderen Beinpaare gestaltet sich ebenfalls zu einer Art Kaulade. In ihrer inneren Organisation erheben sich die Scorpione am höchsten unter allen Arachnoideen. Das Nervensystem characterisirt sich durch ein kleines zweilappiges Gehirn, eine grosse ovale Brustganglienmasse und 7 bis 8 kleinere Ganglienanschwel- lungen des Abdomens, von denen die vier letzten dem Postabdomen zugehören. Als Eingeweidenorvensystem betrachtet man ein kleines am Anfang des Schlundes gelegenes Ganglion, welches durch Wurzeln mit dem Gehirn ver- bunden ist und Nerven zum Darmkanal entsendet. Als Sinnesorgane sind ausser den kammförmigen Organen am Abdomen ausschliesslich die Augen hervorzuheben, welche als Punktaugen zu 3 bis 6 Paaren in der Weise ver- theilt sind, dass das bei weitem grösste Paar auf der Mitte des Cephalothorax, die übrigen rechts und links an den Seiten des Stirnrandes liegen. Der Darm- canal beginnt mit einem kleinen birnförmigcn Schlundsack, der durch Muskel- gruppen (Dilatatoren) an den Apodemen der Sternalwand befestigt wird. Der anschliessende Oesophagus ist eine enge Röhre, die durch den Schlimdring emporsteigt und in einer nachfolgenden Erweiterung das Sekret zweier um- fangreicher Speicheldrüsen aufnimmt. Der Mitteldarm bleibt ein geradge- strecktes Rohr, welches im Praeabdomen von der mächtigen vielfach gelappten Leber umlagert wird. In diesen Abschnitt des Darmes münden die zahlreichen Lebergänge, in den Enddarm zwei Malpighische Gefässe. Der After liegt am vorletzten Hinterleibsringe. Der Kreislauf verhält sich am compiicirtosten in der ganzen Glasse und ist nach Newport sogar ein vollständig geschlossener, indessen schieben sich auch hier wie bei den Decapoden besondere Blutsinus der Leibeshöhle in das System der Gefässe ein. Das gestreckte in 8 Kammern getheilte und durch Flügelmuskeln befestigte Rückengefäss wird von einem Pericardialsinus um- geben und nimmt aus diesem das Blut durch 8 Paare von verschliessbaren Spaltöffnungen auf, um dasselbe durch eine vordere und hintere , sowie durch seitliche Arterien nach den Organen hinzutreiben. Die feinern Arterienenden scheinen durch Gapillaren in die Anfänge von Venen zu führen, aus denen sich das Blut jederseits in einem langgestreckten Sinus sammelt. Von diesem aus strömt das Blut nach den Athmungsorganen und durch besondere Venen in den Pericardialsinus nach dem Herzen zurück. Die Respiration erfolgt durch 4 Paare von Fächertracheen , welche mit ebensoviel Stigmenpaaren an dem 3. bis 6. Abdominalsegmente beginnen und nur aus verhältnissmässig wenigen Lamellen gebildet sind. Die Geschlechtsorgane liegen im Praeabdomen in der Leber eingebettet. Die Hoden sind langgestreckte durch Querschlingen verbundene Schläuche, deren Samenleiter kurz vor ihrer Vereinigung zwei lange und zwei kurze Blind- schläuche aufnehmen, von denen die letzteren Drüsen sind, die erstem dagegen vorstülpbaren (?) Samenblasen entsprechen dürften. Die beiden mit kurzen EifoUikeln traubig besetzten Ovarialschläuche sind durch Querschlingen unter Ausbildung eines longitudinalen Mittelschlauches z;u einem gemeinsamen ring^ Embryonale Entwicklung. 671 förmig geschlossenen Eierstock vereinigt. Aus dem Endabschnitt desselben entspringen zwei blasig erweiterte Oviducte, die zu einer kurzen Scheide zu^ sammentreten. Die männliche wie weibliche Geschlechtsöffnung liegt (unter 2 Klappen) an der Basis des Abdomens zwischen zwei kämm förmigen Anhängen, welche wahrscheinlich als Tastorgane fungiren. Von einem starken Nerven durchsetzt, dessen Verzweigungen in die secundären Lappen eintreten , tragen sie an dem Ende der letztern eine grosse Menge von Tastpapillen (modificirten Guticularanhängen) mit den Nervenenden. Die Männchen zeichnen sich vor den Weibchen durch breitere Scheeren und ein längeres Postabdomen aus. Die zur Zeit der Trächtigkeit (gegen Ende des Frühjahrs oder am Anfang des Sommers) stark angeschwollenen Weibchen gebären lebendige Junge. Die Embryonalentwicklung, über die neuerdings namentlich Metschnikoff Unter- suchungen mitgetheilt hat, verläuft entweder durchaus im Innern der Ovarial- follikel {JButhus afer) oder es treten die Embryonen während ihrer Ausbildung aus den schrumpfenden Follikeln in die Ovarialröhren ein (Scör/>ioarten). Die Ei- furchung ist eine partielle (discoidale). Die Furchungszellen des Bildungsdotters bilden eine einschichtige uhrglasförmige Keimscheibe , in deren Gentrum ein Hügel neuer Zellen zur Differenzirung gelangt. Die letztern grossentheils Fett- kugeln haltigen Zellen liefern nun eine zweite innere Zellenschicht, welche sich über die ganze Keimlage hin erstreckt und später durch Spaltung in ein mitt- leres und unteres Keimblatt zerfallen soll. Eine den Keim umhüllende Zellen- lage, die eine Art Amnion darstellt, konnte bislang auf ihre Entstehungsweise nicht sicher zurückgeführt werden. Die Scheibe wächst nunmehr in die Länge, wird oval gestreckt und verbreitert sich an dem einen das Kopfende bezeich- nenden Pole. Sowohl hier als an dem verschmälerten Schwanzende tritt eine starke Verdickung der beiden Blätter ein, von denen die hintere als Schwanz- hügel mit dem frühzeitig vorhandenen Zellenhügel zusammenfällt. Die nunmehr schildförmige Embryonalanlage spaltet sich mittelst einer medianen die Enden nicht erreichenden Längsfurche in die beiden Keimwülste und erfährt dann unter Rückbildung der Furche durch das Auftreten transversaler Furchen eine Segmentirung , die zunächst ein Vorderstück als Kopf , ein Mittelsegment und das Schwanzstück zur Sonderung bringt. Dann vergrössert sich die Zahl der Segmente wahrscheinlich durch Gliederung des Mittelstücks und durch fort- gesetzte Neubildung hinterer Ringe vom Schwanzstücke aus. Wenn die Keim- anlage 6 bis 7 Abschnitte erhalten hat , so bietet der Kopfabschnitt die Form eines verbreiterten Lappens, bis zu dem sich die von Neuem aufgetretene Medianfurche hin erstreckt. Man findet jetzt die innere der beiden Zellenlagen in zwei Schichten , eine mittlere und innere gespalten , welche letztere vor- nehmlich durch den Körnchenreichthum bezeichnet erscheint. Sämmtliehe Blätter erstrecken sich von dem Keime aus wenngleich in sehr dünner Schicht über die Peripherie des Eidotters. Das Schwanzstück beginnt nach vorn um- zubiegen und bereitet die spätere ventral umgeschlagene Lage des Postabdomens vor. Hat sich der Embryonalkörper nach fortgesetzter Vergrösserung und Streckung in 12 Abschnitte gegliedert, so bemerkt man an dem Kopflappen eine Medianfurche und ein Paar halbmondförmiger Querfurchen, mit welcher die erste Andeutung der später entstehenden Kopffalte gegeben ist. Das zweite 672 Scorpione. Embryonale Entwicklung. Androctonidae. Segment (das der Kieferfühler) ist klein und noch ohne Anhang, dagegen das dritte umfangreich mit grossen Anhängen, den Anlagen der Kiefertastor , in welche sich wie überhaupt in alle Gliedmassenschläuche das mittlere Keimblatt fortsetzt. Die vier nachfolgenden Segmente haben die Anlagen der 4 Bein- paare gebildet, aber auch an den nachfolgenden dem umgeschlagenen Schwanz- abschnitt vorausgehenden Segmenten sind kleine Gliedmassenknospen angelegt. In einem spätem Stadium , in welchem die Segmentzahl auf 14 gestiegen ist, springen die Seitenhälften der Kopflappen in starkem Bogen vor, hinter der Mitte desselben ist der Mund zum Durchbruch gelangt und am zweiten Seg- mente die Anlage des Kieferfühlers gebildet, von den Segmenten des Prae- abdomens werden die beiden letzten bauchwärts von dem Schwanzabschnitt theilweise bedeckt. An der Bauchseite treten die Ganglien der Bauchkette als würfelförmige Doppelkörper zunächst in den Kopf- und Brustsegmenten , in spätem Stadien auch in den Abdominalsegmenten hervor, die Amnioshülle hebt sich nunmehr, aus doppelten Zellhäuten zusammengesetzt, vom Embryonal- körper ab und legt sich der Dotterhaut an. Mit dem fortschreitenden Wachs- thum wächst der vordere Abschnitt des Kopfsegmentes faltenartig über den untern die Anlage des Gehirnes darstellenden Theil herab, die Kiefersegmente treten in innigere Beziehung zu demselben, die Extreniitätenschläuche gliedern sich, das Postabdomen wächst und segmentirt sich fortschreitend in seine 6 Ringe. Von den Gliedmassenpaaren des Praeabdomens , von denen die vier hintern Paare an Stelle der spätem Stigmen liegen , bleiben nur die des zweiten Paares zurück, welche zu den kammförmigen Tastorganen werden, an der Stelle der nachfolgenden Paare entstehen die Spaltöffnungen der Lungen- säckchen. Was die Classification der Scorpione anbetrifft, so wurde früher allgemein die mancherlei Schwankungen unterworfene Zahl und Stellung der Augen in erster Linie verwerthet. Gervais und Peters ^) legten zuerst einen grossem Werth auf die Form des sog. Sternum's und auf die Bezahnung der Kieferfühler zur Gharacterisirung der Familien, neben denen neuerdings Thoreil auch den Bau der Kämme und die Bezahnung der Scheerentaster verwendet. 1. Fam. Androctonidae. Brustplatte (Sternum) vorn verschmälert, fast dreieckig. Androctonus Hempr. Ehrbg. {Androctonidae). Oberer und unterer Rand des un- beweglichen Scheerenfingers der Kieferfühler mit 2 Zähnen versehen. Hinter den drei Hauptaugen jederseits 2 accessorische Augen. A. australis L. Buthus Leach., vornehm- lich durch den Mangel des Kiels am fünften Caudalsegment verschieden. B. occitanus Amorx. Von Spanien bis Griechenland. Centrurus Hempr. Ehrbg. {Gentrurinae). Der untere Rand des unbeweglichen Scheerenfingers der Kieferfühler mit nur einem sehr kleinen Zahn. C. biaculeatus Luc. Nahe verwandt sind Isometrus Hempr. Ehrbg. und Phassus Thor. Tithyus C. L. Koch. {Tithyinae). Unterer Rand am unbeweglichen Scheerenfinger der Kieferfühler zahnlos. T. lineatus C. L. Koch. Verwandt ist Lepreus Thor. 1) P. Gervais, Remarques sur la famille des Scorpions. Archives du Museum d'hist. nat. IV. Peters, Ueber eine neue Eintheilung der Scorpione etc. Monatsb. der königl. Acad. der Wiss. Berlin. 1861. Thorell, On the Classification of Scoi-pions. Ann. and Mag. of Nat. bist. 4 Ser. XVH. 1876. 8. Ordnung. Pseiuloscorpionida. 673 2. Film. Telegonidae. Sternum sehr kurz in Form einer schmalen gebogenen Platte. Meist 3 Seitenaugen jederseits. Telegonus C. L. Koch. Fünftes Caudalsegment nicht gekielt und ohne halbelliptische Area. T. versicolor C. L. Koch. Bothriurus Pet. 3. Faiu. Scorpionidae. Sternum fast fünfeckig. Meist 3, zuweilen 2 Seitenaugen, selten tritt 1 Nebenauge hinzu. Vejovis C. L. Koch {Vejovinae). V. iutrepidus Thor., Mexico. Heterometrus Hempr. Ehrbg. (Heterometrinae). Drei vom Rande entfernte Seiten- augen. Die Hauptaugen liegen fast im Centrum des Kopfbrustschildes. H. maurus L. H. (Pandinus) africanus L. Scorpio L. (Scorpioninae). Nur 2 Seitenaugen jederseits. S. carpathicus L. S. europaeus L. Italien über Tyrol bis Krems. S. {Scorpiops) Hardwickii Gerv. S.Ordnung. Pseudoscorpionida ^) , Afterscorpione. Kleine Araclmoideen vom Habitus der Scorpione, mit flachem, 10- oder llgliedrigem Hinterleih, ohne Giftstachel, mit 2 oder 4 Augen, durch Tracheen athmend. Die Afterscorpione unterscheiden sich nicht nur durch ihre viel geringere Grösse, sondern durch eine weit einfachere Organisation von den Scorpionen und schliessen sich durch diese mehr den Milben und Opilioniden an. In ihrer Form gleichen sie den Scorpionen, mit denen sie auch die Bildung der Kieferfühler und Scheerentaster gemeinsam haben. Dagegen ist der meist llringelige platte Hinterleib in seiner hinteren Hälfte nicht verengert und entbehrt des Schwanz- stachels und der Giftdrüse. Alle besitzen Spinndrüsen, deren Ausführungs- gänge in der Nähe der Geschlechtsöffnung am zweiten Hinterleibssegmente liegen. Sie besitzen nur zwei oder vier Ocellen und athmen durch Tracheen , welche mit 2 Paaren von Stigmen an den beiden ersten Hinterleibsringen münden. Das unpaare traubige Ovarium entsendet 2 Oviducte, welche an der Ventral- seite des zweiten Abdominalsegmentes ausmünden. Die Eier werden an der Bauchfläche des Abdomens angeklebt und durchlaufen hier unter dem Schutze des Multerthieres die Embryonalentwicklung. Das relativ grosse Ei wird ausser der Dottermembran noch von einer secundäron äussern Hülle ?jekleidet und enthält eine reiche Menge von Deutoplasma. Die Furchung ist zwar eine scheinbar totale, wahrscheinlich superficiale und führt zur Bildung eines ein- schichtigen Blastoderms. Das Blastoderm wird später zweischichtig , und es wächst aus demselben ein paariger Wulst , die Anlage der spätem sog. Kiefer- taster hervor; über denselben bildet sich eine Art Oberlippe, während das hintere Körperende nach der Bauchseite gekrümmt die Anlage des Abdomens dar- stellt. In dieser Gestalt verlässt der Embryo die Eihülle als eine an die Nauplius- form erinnernde Larve, welche an der Bauchfläche der Mutter haftet. Wahr- scheinlich sind die beiden grossen Extremitäten morphologisch als Kiefer auf- 1) W. E. Leach, On the characters of Scorpionidae, with discription of the British species of Chelifer and Obisium. Zool. Miscell. HI. A. Menge, Ueber die Scheeren- spinnen. Neueste Schriften der naturf. Gesellschaft 2x\ Danzig. Tom. V. 1855. E. Metsch- nikoff, Entwicklungsgeschichte des Chelifer. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXI. 1871. L. Koch, Uebersichtliche Darstellung der europ. Chernetiden. Nürnberg. 1873. A. Stecker, Die Entwicklung der Chthonius-Eier etc. Sitzungsblätter der königl. böhm. Gesellsch. der Wiss. 1876. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 43 674 9. Ordnung. Solifugae. zufassen , hinter denen zunächst ein , dann noch drei Paare von Fussanlagen entstehen , während sich vor denselben die Anlage des Kieferfühlers erhebt. Auch an dem Abdomen treten 4 kleine Fussanlagen auf, die später wieder ver- schwinden. Die Afterscorpione halten sich unter Baumrinde, zwischen Blättern alter Folianten etc. auf, laufen schnell seitwärts und rückwärts und ernähren sich von Milben und kleinen Insecten, auch wohl parasitisch an Afterspinnen, Ohrwürmern, Wanzen etc. Farn. Chernetidae. Chelifer Geoffr. 2. Augen. Kopfbruststück durch eine Querfurche getheilt. Ch. cancroides L., Bücherscorpion. Trägt die Eier mit sich umher, an den vordem Abdominal- segmenten befestigt. Obisium Leach. 4 Augen. Kieferfühler kürzer als das Kopfbruststück. Ob. isch- nosceles Herm. Unter Moos. Chthonius Koch. 4 Augen. Kopfbruststück länglich viereckig. Ch. maculatus Menge. Chernes Menge. Augenlos. Kopfbruststück dreieckig. Ch. cimicoides Fabr. 9. Ordnung. Solifugae'), ^VSTalzenspinneii. Mit gesondertem Kopf und Brustabschnitt, latiggestr echtem Ogliedrigen Hinterleib, scheerenförmigen Kieferfühlern und beinartigen Kieferiastern, durch Tracheen athmend. Die Walzenspinnen, deren Vorkommen auf die wärmern Gegenden be- schränkt ist, halten in ihrer äussern Erscheinung und in dem gesammten Körperbau die Mitte zwischen den Spinnen und Insecten, denen sie in der Gliederung ihres dichtbehaarten Leibes bereits sehr nahe stehen. Der Cephalo- thorax zeigt nämlich eine deutliche Sonderung in zwei Abschnitte, von denen der vordere dem Kopfe, der hintere dreigliedrige dem Thorax der Insecten ver- glichen werden kann. Auch ist der Hinterleib deutlich abgesetzt , von lang- gestreckter walziger Form und aus 9—10 Segmenten zusammengesetzt. Die Geschlechtsorgane münden an dem ersten Abdominalsegment. Die Mundwerk- zeuge treten als mächtige Kieferfühler hervor und enden mit einer grossen vertical gestellten Scheere, deren unterer Arm in senkrechter Richtung gegen den obern beweglich ist. Die Kiefertaster werden als Beine beim Gehen ver- wendet, entbehren aber des Krallenpaares , welches nur den drei hintern an den Thoracalringen entspringenden und an ihrer Basis mit eigenthümlichen Hautblättchen besetzten Beinpaaren zukommt. Das vordere, noch dem Kopf- abschnitte zugehörige Beinpaar entbehrt der Krallen und gilt desshalb , sowie wegen seiner Anheftung am Kopfe als ein zweites Paar von Kiefertastern. Die Walzenspinnen leben in sandigen warmen Gegenden besonders der alten Welt und scheinen zur Nachtzeit auf Raub auszugehen ; sie sind ihres Bisses halber 1) Ausser Dumeril, Walckenaer, Lucas, Lichtenstein, Herbst, Koch u. a. vergl. : L. Dufour, Anatomie, physiologie et histoire naturelle des Galeodes. Comptes rendus de l'acad. des sciences. Tom. XLVL 1858. Th. Hutton, Observations on the habits of a large species of Galeodes. Ann. of natur. bist. Tom. XÜ. 1843. M. Kittary, Anatomische Untersuchung des Galeodes araneoides etc. Bull. Sog. Imp. Nat. Moscou. Tom. XXI. 1848. Eug. Simon, Etudes arachnologiques. Essaid'une Classi- fication des Galeodes etc. Ann. See. Entom. France. 1879. III. Classe Onychophora. 675 gefürchtet und werden für giftig gehalten, ohne dass man bislang die Gift- drüsen sicher nachgewiesen hat. 1. Fam. Solpugidae. Solpiiga Licht. {Galeodes Oliv.). S. fatalis Licht., Bengalen. S. plialangista Walck. , Egjpten. S. araneoides Fall., in Südrussland bis zur Wolga. Auch in Amerika kommen Arten vor. S. limbata Luc, Mexico. III. Classe. Onychophora') (Protracheata), Onychophoren. Von massig gestrechter ivurmähnl icher Leibes/orm, mit gesondertem Kopf, zivei Fühlern und kurzen tveniggliedrigen Fussstummeln, deren Ende mit zwei Klauen beivaffnet ist, durch Tracheen athmend. Die Onychophoren mit der einzigen Gattung Peripatus wurden früher für Anneliden gehalten. Seitdem Moseley im Körper derselben Tracheen nach- gewiesen hat, und die vermeintlichen Klauen -tragenden Parapodien auf ge- gliederte Extremitäten zurückgeführt werden konnten, unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass es sich um wahre Arthropoden handelt, die freilich in ihrer gesammten Erscheinung und Organisation die nahen verwandt- schaftlichen Beziehungen zu den Anneliden mehr als irgend eine andere Tracheatenclasse bewahrt haben. Der Leib ist massig gestreckt, aus 14 bis über 30 äusserlich geringelten Segmenten zusammengesetzt und trägt an den- selben je ein Paar mit 2 Klauen endigender conischer Gliedmassen. Der vor- dere Abschnitt ist als Kopf deutlich gesondert und durch den Besitz von 2 Fühlern und 2 einfachen Augen bezeichnet. An der Unterseite des Kopfes liegt der Mund von einer vorspringenden Lippe wie von einem kurzen Saugrüssel umgeben und innerhalb desselben mit 2 beinähnlichen, ein Krallenpaar tragenden Kiefern bewaffnet. Zu diesen Gliedmassen, welche den Mandibeln der Myrio- poden und hisecten gleichzustellen sind , kommt noch ein Paar von krallen- losen Mundpapillen, Gliedmassen des zweiten Paares, an denen mächtige Drüsen- schläuche ausmünden. Als Athmungsorgane fungiren nach Moseley 's Entdeckung Tracheen, welche in zahlreichen über den ganzen Körper zerstreuten Porenstigmen ent- springen. An der Ventralseite lässt sich eine mediane Reihe dieser Poren unterscheiden. Die Tracheen verhalten sich ziemlich einfach und sind zarte Röhren , die sich in Büschel feiner an den Eingeweiden befestigter Zweige auf- lösen. Das Nervensystem zeichnet sich durch die auffallende Entfernung seiner Seitenhälften aus. Das paarige Gehirnganglion entsendet zwei Nervenstämme, welche sich unterhalb des Schlundes einander nähern, aber in ihrem weitern Ver- 1) L. Guilding, An account of a new genus of Mollusca. Zool. Journ. II. 1826. E. Blanchard, Sut l'organisation des vers. Ann. scienc. nat. 3. Ser. Tom. VIII. 1847. E. Grube, üeber den Bau des Feripatus Edwardsii. Müller's Archiv. 1853. Sänger, Untersuchungen über Peripatus capensis Gr. und F. Leuckartii. Verhandl. der Moskauer Naturforschervers. Abth. Zool. Moseley, On the Structure and Development of Feri- patus capensis. Philos. Transact. Roy Soc. London. 1875. F. W. Hutton, On Peripatus Novae Zealandiae. Ann. Mag. Nat. Hist. 1876 und 1877. 43* 676 IV. Classc. Myriopoda. laufe wiederum divergirend, bis zum Hinterleibsende getrennt bleiben. In ihrer ganzen Länge durch feine Quercommissuren verbunden, vereinigen sie sich erst am Hinterleibsende. Regelmässige Ganglien-Anschwellungen fehlen, da die Ganglienzellen eine mehr gleich massige Vertheilung finden. Auffallender weise sind die Muskeln nicht quergestreift. Der Darm beginnt mit einem musculösen Schlund, welcher mittelst eines kurzen und engen Oesophagus in den erweiterten Mitteldarm führt. Dieser verläuft geradgestreckt und geht in den kurzen am hintern Körperende ausmündenden Afterdarm über. Als Herz wurde ein dorsales Längsgefdss nachgewiesen. Neben dem Darme verlaufen die oben erwähnten vielfach verästelten Drüsenschläuche , deren zähes Secret zu Fäden erhärtet. Die Onychophoren, von Grube irrthümlich für Zwitter gehalten, sind getrennten Geschlechts. NachMoseley liegt das kleine in zwei Lappen getheilte Ovarium unterhalb des Darmes und entsendet einen Eileiter, der sich in zwei lange Ganäle spaltet. Diese Ganäle erweitern sich in ihrem untern Abschnitte zu einem langgestreckten Eierbehälter, welcher sich mit dem der andern Seite zur Bildung einer kurzen an der Ventralseite desRectums ausmündenden Scheide vereinigt. Die Männchen besitzen zwei eiförmige, je mit einem länglichen Drüsenschlauch (Prostata?) besetzte Hoden , aus denen zwei in engen Windungen verlaufende Samenleiter entspringen. Dieselben treten zur Bildung eines langgestreckten vielleicht vorstülpbaren Ductus ejaculatorius zusammen, welcher bauchwärts vor dem After mündet. Die Eier entwickeln sich im Eierbehälter zu Embryonen , mit 2 grossen Scheitellappen und zahlreichen nachfolgenden Segmenten, an denen Glied- massenanlagen hervorsprossen. Die Scheitellappen überwuchern nach Art einer Oberlippe die vordem , die Kiefern bildenden Gliedmassen und verbinden sich mit dem zweiten als Mundpapillen umgestalteten Gliedmassen , während die Fühler am Vordertheil der Scheitellappen hervorwachsen. Leben auf dem Lande an feuchten Orten, in Spalten oder unter Steinen, und sind in mehreren Arten von Westindien, dem Gap, Südamerika und Neuseeland bekannt geworden. Farn. Peripatidae. Mit den Characteren der Ordnung. Peripatus Guild. P. Edwardsii Blanch., mit 30 klauentragenden Fusspaaren. Jedes Segment umfasst etwa 10 Ringel, Cayenne. P. juliformis Guild., Westindien. P. Blain- villii Blanch., Chili. P. Lcuckartii Sang., Neuholiand. P. capensis Gr. IV. Classe. Myriopoda'), Tausendfiisse. Lanähewolinende Arthropoden mit gesondertem Kopf und zahlreichen ziemlich gleichgehildeten Leihessegmenten , mit einem Fühlerpaare , zwei {drei) Paaren von Kiefern und zahlreichen Beinpaaren, durch Tracheen athmend. Nächst den Peripatiden schliessen sich die Tausendfüsse durch die gleich- massige Gliederung ihres langgestreckten, bald cylindrischen, bald mehr flach- 1) Ausser den älteren Werken von De Geer, Leach, Walckenaer, C. L. Koch und Gervais yergl.: J. F. Brandt, Recueil des memoires relativs a l'ordre des Insectes Myriapodes. St. Petersbourg. 1841. P. Gervais, Etudes pour servir a Thistoire naturelle Körperbau. . 677 gedrückten Leibes und durch die Art ihrer Bewegung am nächsten den Anne- liden an. Da sie nur eine verhältnissmässig geringe Zahl von Familien und Gattungen umfassen, wurden sie früher nicht selten bald den Grustaceen, bald den Insecten als Ordnung eingereiht. Jenen schliessen sie sich durch die Zahl- zeichen Gliedmassen an, welche als Beine den auf den Kopf folgenden Leibes- segmenten zugehören. Insbesondere zeigen einige Formen durch ihre gesammte Körperform mit den Landasseln (ÄrmadiUo — Glonieris) eine grosse Aehnlich- keit. Dagegen stehen sie den Insecten als Landthiere mit Tracheenrespiration, durch die Kopf bildung und in der gesammten Organisation ungleich näher und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie durch Reduction der Gliedmassen und Fixirung der Segmentzahl zur Stammform der Insecten geführt haben. In der That zeigen die Qinipodeen unter den Thysanuren, welche man als der Insecten- Urform nahe stehend betrachtet hat, einen durchaus chilopodenähnlichen Habitus {Japyx). Der Kopf der Myriopoden stimmt nahezu mit dem vordem als Kopf bezeichneten Abschnitt der Insecten überein und trägt wie dieser zwei Antennen, die Augen und zwei (drei nach der altern Deutung) Paare von Kiefern. Die Fühler sitzen in Gruben auf der Stirn und bestehen aus einer einfachen Glieder- reihe, sie sind meist schnür- oder borstenförmig. Von den Kiefern gleichen die kräftig bezahnten Mandibeln denen der Insecten und entbehren stets des Tasters. Die Maxillen bilden bei den Chüognathen eine complicirt gelappte untere Mundklappe, deren Theile man früher auf zwei mit einander verschmol- zene Maxillenpaare zurückführte. Bei den Chilopoden tritt an dem Maxillen- paar nur eine Lade sowie ein Tasterstummel auf. In seltenen Fällen sind die Mundtheile zu einem Stech- und Saugapparate umgebildet {Folyzonium). Der auf den Kopf folgende Leib setzt sich aus gleichartigen und deutlich gesonderten Segmenten zusammen, welche in sehr verschiedener für die einzelnen Arten meist constanter grosser Zahl (bei Folyxenus und Fauropus nur 9) auftreten, oft in festere Rücken- und Bauchplatten zerfallen und Glied massenpaare tragen. Erscheint auch fast durchweg die Homonomität der Leibessegmentirung so vollständig, dass eine Abgrenzung von Brust und Abdomen unmöglich wird, so deuten doch Verhältnisse der Innern Organisation, insbesondere die Verschmel- zung der vordem Ganglienpaare der Bauchkette, darauf hin, dass wir die vor- dem, bei den Chilopoden zu einem mit dem Kopfe in nähere Beziehung getretenen des Myriapodes. Ann. des scienc. natur. 2 ser. Tom. VII. 1857. G. R. Treviranus, Vermisclite Schriften. Vol. II. G. Newport, On the Organs of reproduction and the development of tbfe Myriapoda. Philos. Transact. 1841. Newport, Catalogue of the Myriapoda in the collection of the Brit. Museum. London. 1856. M. Fahre, Recherches sur l'anatomie des organes reproducteurs et sur le developpement des Myriapodes. Ann. des scienc. natur. 4 ser. Tom. III. 1855. H. de Saussure, Essai d'une faune des Myria- podes de Mexico. Geneve. 1860. E. Metschnikoff, Embryologie der doppelfüssigen Myriapoden (Chilognathen). Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXIV. 1874. Derselbe, Embryologisches über Geophilus. Ebend. Tom. XXV. 1875. F. Plateau, Recherches sur les Phenomenes de la digestion et sur la structure de Fappareil digestif chez les Myriapodes de Belgique. Mem. Acad. roy. Bruxelles. 1876. Vergl. ausserdem die Ab- handlungen von Wood, Peters, Stein, Meinert, Lubbock, A. Humbert, L. Koch. 678 Myriopoden. iVervensystem. Rückengefäss. Geschlechtsorgane. Abschnitt verschmolzenen, bei den Chüognathen als 3 Segmente gesonderten Leibesringe dem Thorax (letztem Kopfsegmente) der Insecten vergleichen können. Bei allen Chüognathen entspringen an den 3 vordem Segmenten je nur ein Paar, an den nachfolgenden Leibessegmenten meist durchweg zwei Paare von Beinen . so dass man diese Abschnitte auch als durch Ver- schmelzung von Segmenten entstandene Doppelringe auffassen kann. Die Beine heften sich bei Ghilopoden mehr an den Seiten, bei den Ghilognathen mehr der Mittellinie genähert an der Bauchfläche an und sind kurze 6 — 7gliedrige mit einer Kralle endigende Extremitäten. In dem Bau der Innern Organe stimmen die Myriopoden nahe mit den Insecten überein. Das Nervensystem nähert sich dem der Anneliden und zeichnet sich durch die bedeutende Streckung der Bauchganglienkette aus, welche die ganze Körperlänge durchsetzt und in jedem Segmente zu einem Ganglienknoten anschwillt. Auch ist ein System von paarigen und unpaaren Eingeweidenerven, ähnlich dem der Insecten, bekannt geworden. Äugen fehlen in nur seltenen Fällen und treten in der Regel als Ocellen oder durch enges Aneinanderrücken als gehäufte Funktaugen, selten (Scutigera) als wirkliche Facettenaugen auf, die indessen wie es scheint von den gehäuften dicht an- einander liegenden Punktaugen nicht scharf abzugrenzen sind. Der Verdauungs- canal durchsetzt mit seltenen Ausnahmen (Glomeris) ohne Schlängelungen in gerader Richtung die Länge des Leibes und öffnet sich am letzten Hinterleibs- ringe durch den After nach aussen. Man unterscheidet eine dünne Speiseröhre, welche mit der Mundhöhle beginnt und wie bei den Insecten schlauchförmige oder traubige Speicheldrüsen aufnimmt, sodann einen weiten sehr langen Magen- darm, dessen Oberfläche mit kurzen, in die Leibeshöhle hineinragenden Leber- schläuchen dicht besetzt ist, ferner einen Enddarm mit den Mündungen von zwei oder vier am Darme sich hinschlängelnden Harncanälen und mit kurzem erweiterten Mastdarm. Als Gentralorgan der Blutbewegung erstreckt sich ein langes pulsirendes Uüchengefäss durch alle Körpersegmente. Dasselbe gliedert sich der Segmentirung entsprechend in eine grosse Zahl von Kammern, welche durch flügeiförmige Muskeln rechts und links an der Rückenwandung befestigt werden. Das Blut tritt aus der Leibeshöhle durch seitliche Spaltenpaare in die Herzkammern ein und strömt theils durch Arterienpaare vor den seitlichen Spaltöffnungen, theils durch eine vordere in drei Aeste getheilte Kopfaorta<.nach den der Leibeshöhle, von welcher sich ein die Bauchganglienkette umfassender Blutsinus abgrenzt. Die Myriopoden sind luftathmend und besitzen ein System von Luftröhren, Tracheen, welche gewöhnlich (mit Ausnahme der Ghilognathen) als zwei Längsstämme in den Seitentheilen des Körpers verlaufen, durch Spalten- paare an fast allen Segmenten (entweder unter den Basalgliedern der Füsse, oder in den Verbindungshäuten zwischen Rücken- und Bauchplatten) von aussen die Luft aufnehmen und vielfach verästelte Seitenzweige nach allen Organen abgeben. Die Geschlechtsorgane entwickeln sich meist als langgestreckte un- paare Schläuche, deren Ausführungsgänge oft paarig auftreten, überall mit accessorischen Drüsen, im weiblichen Geschlechte zuweilen mit Receptaculum seminis in Verbindung stehen und bald paarig am Hüftgliede des zweiten Bein- paares (oder hinter diesem Gliedmassenpaare) {Chüognathen), bald unpaar am 1. Ordnung. Chilognatha. 679 hintern Körperende ausmünden (Chilopoden). Im männlichen Geschlechte kommen im ersten Falle häufig noch äussere von den Geschlechtsöffnungen entfernte Copulationsorgane am 6ten oder 7ten Segmente hinzu, welche sich vor der Begattung mit Sperma füllen und dasselbe dann während des Goitus in die weibliche Geschlechtsöffnung einführen. Die meist grössern Weibchen legen häufig Eier in die Erde ab. Die Eier erfahren eine totale Furchung des Dotters. Nach Metschnikoff (Newport) treten aniKopftheil desEmbryo's hinter den Antennenanlagen nur 2 Gliedmassenpaare zur Bildung der Mundwerkzeuge auf, demnach folgt hinter den Mandibeln nur ein Maxillenpaar. Die ausschlüpfen- den Jungen entwickeln sich durch Metamorphose, indem sie anfangs ausser den Fühlern nur 3 {Chiloynathen) , oder 6, 8 und mehr Paare von Beinen und einige wenige gliedmassenlose Segmente besitzen. Unter zahlreichen Häutungen nimmt die Körpergrösse allmählig zu , die Extremitätenpaare sprossen an den bereits vorhandenen Leibesringen hervor, deren Zahl durch neue, von dem Endabschnitt sich abschnürende Segmente ergängt wird, es vermehrt sich die Zahl der Ocellen und Fühlerglieder, und die Aehnlichkeit mit dem geschlecht- lichen Thiere wird immer vollkommener. Die Myriopoden sind durch die Form und den Bau ihres Leibes auf den Erdboden verwiesen, sie leben unter Steinen, Baumrinde, an feuchten dunklen Orten und in der Erde. Die Chilopoden ernähren sich räuberisch von Insecten und kleinern Thieren, die Chilognathen leben von vegetabilischer Kost, ins- besondere von modernden Pflanzenstoffen. Fossile Reste sind vereinzelt in den Schichten des Jura gefunden worden, in grösserer Zahl dagegen aus dem Bernstein bekannt. L Ordnung. Chilognatha^), Chilognathen. Myriopoden von drehrunder oder halbcylindrischer Form, mit doppelten Beinpaaren an den mittlem und hintern Leihessegmenten. Die Geschlechts- öffnungen liegen am Hüftgliede des zweiten Beinpaares. Der langgestreckte Leib hat in der Regel eine cylindrische oder halb- cylindrische Form , indessen die Segmente oft vollkommene Ringe darstellen oder auch mit besonderen flügeiförmig ausgebreiteten Rückenplatten versehen sind. Die Fühler sind kurz und bestehen nur aus 7 Gliedern , von denen das letzte noch dazu verkümmern kann. Die Mandibeln besitzen meist breitere Kauflächen zum Zerkleinern von Pflanzentheilen und einen oben beweglich eingelenkten spitzen Zahn. Auf die Mandibeln folgt eine breite vierlappige Platte, eine Art Unterlippe. Augen fehlen selten vollständig, in der Regel sind dieselben zahlreiche gehäufte Punktaugen, ober- und ausserhalb der Fühler 1) J. F. Brandt, Tentaminuni quarumdam monographicorum Insecta Myriapoda Chilognatha spectantium prodromus. Bull. nat. Moscou. Tom. VI. Derselbe, Sur un nouveavx ordre de la classe des Myriapodes. Bull. Acad. Petersb. 1868. Fr. Meinert, Danmarks Chilognather. Naturh. Tidsskrift. 3. Raeck. Tom. V. A. Stuxberg, Genera et species Lithobioidarum etc. Oefvers. Kongl. Vet. Ak. Forli. 1875. E. Voges, Beiträge zur Kenntniss der Juliden. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXXI. J. Bode, Polyxenus lagurus. Zeitschr. für ges. Naturw. Halle. 1877. 680 Myriopoden. Entwicklung. Lebensweise. — Polyzonidae. gruppirt. Stets tragen die 3 (aus 4 Segmenten hervorgegangenen) Brustsegmente und wohl auch noch die 2 oder 3 nächstfolgenden Segmente einfache, alle nachfolgenden (mit Ausnahme des 7. im männlichen Geschlechte) doppelte Beinpaare. Stigmen finden sich an allen Segmenten und zwar ventral unter den Hüftgliedern der Beine mehr oder minder versteckt imd führen in büschel- förmige Tracheen, welche nicht durch Anastomosen verbunden sind. Es fehlen demnach die seitlichen Längsstämme. Die häufig als Stigmen angesehenen Poren- reihen (i^oraw«'wa repuynatoria) an beiden Seiten des Rückens sind die Oeffnun- gen von Hautdrüsen , welche zum Schutze des Thieres einen ätzenden übel- riechenden Saft entleeren. Die Geschlechtsorgane münden am Hüftgliede des zweiten (oder dritten) Beinpaares, im männlichen Geschlecht tritt in einiger Ent- fernung hinter den Geschlechtsöffnungen an der Sternalfläche des 7ten Segmentes meist im Zusammenhang mit dem Basalgliede des 7ten Beinpaares ein paariges Copulationsorgan hinzu, welches indess bei Glomeris durch zwei accessorische Extremitätenpaare am Aftersegment ersetzt zu werden scheint. Die Eier werden im Frühjahr in die Erde abgelegt. Die besonders von Metschnikoff für Strongylosoma , Poh/desnms und Julus untersuchte, aber noch höchst un- genügend bekannte Embryonalentwicklung beginnt mit einer totalen Dotter- furchung. Wahrscheinlich sind es die peripherischen protoplasmatischen Partieen der Dotterzellen, welche zur Bildung des Blastoderms führen, während die centralen Elemente den Nahrungsdotter bilden. An der einen Kugelhälfte, der spätem Bauchseite, werden die Blastodermzellen cylindrisch und erzeugen den Keimstreifen. Unterhalb dieses obern Blattes soll noch ein zweites Keim- blatt auftreten, welches sich wieder in zwei Lamellen sondert. Später erfährt der Embryo eine ventrale Krümmung. Unterhalb der Eihaut, die noch vor dem Ausschlüpfen des Embryo platzt, kommt entweder {Polydesmata) eine embryonale Guticularhülle zur Entwicklung, welche bei Strongylosoma in der Nackengegend eine nageiförmige Bohrpapille trägt, oder {JuUclen) zwei zellige Embryonal liäute nehmen aus dem Blastoderm ihren Ursprung. Stets treten unterhalb der Antennen am Kopfe die Anlagen von nur zwei Kieferpaaren auf, von denen die vordere die Mandibeln, die hintere die zusammengesetzte Unter- lippe liefert. Die vier auf den Kopf folgenden Segmente erzeugen nur drei Beinpaare , indem das zweite oder dritte gliedmassenlos bleibt. Beim Aus- schlüpfen der Larve sind nur diese drei fungirenden Beinpaare und meist vier gliedmassenlose Segmente vorhanden. Die Chilognathen leben an feuchten Orten unter Steinen am Erdboden, nähren sich von vegetabilischen und wie es scheint auch von abgestorbenen thierischen Stoffen. Viele kugeln sich nach Art der Kugelasseln zusanmien oder rollen ihren Leib spiralig auf, überwintern auch in solcher Haltung des Körpers. 1. Fam. Polyzonidae. Kiefer zur Bildung einer Saugröhre vereinigt. Körper halbcylindrisch, langgestreckt, spiralig aufrollbar, mit kleinem verborgenen Kopf und kurzen Beinen. Die Dorsalplatten gehen ohne Unterbrechung auf die Unterseite über. Folyzonium Brdt. 6 Punktaugen in zwei Reihen auf der Stirn vertheilt. Körper glatt, aus etwa 50 Segmenten gebildet. F. germanicum Brdt. Siphonotus Brdt. Mit zwei Augen. Siphonophora Brdt. Augenlos. Körper rauh behaart, aus 70 bis 80 Seg- menten zusammengesetzt. Auf den Antillen und Philippinen. S. Forioricensis Brdt. Julidae. Polydesmidae. Polyxenidae. Glomeridae. 681 2. Fam. Jnlidae. Mit grossem freien Kopf, gehäuften Punktaugen, kauenden Mundtheilen und cylindrischem, spiralig aufrollbarem Körper. Die Segmente des Körpers sind in unbeschränkter Zahl vorhanden und bestehen aus einer fast ringförmigen Dorsal- platte und zwei kleinen den medianen Schluss bewirkenden Ventralplatten , an deren Hinterrande die median zusammenstossenden Beine entspringen (Trizonia). Genital- öffnungen vor den Beinen des dritten Thoracalringes. Julus L. Fühler nicht viel länger als der Kopf. Erster Brustring viel länger als die andern. Körperoberfläche glatt oder fein gerieft. Beine kurz mit eingliedrigen Hüft- gliedern und Tarsen. Analsegment kolbig. J. sabulosus L. J. pusillus Leach. u. z. a. A. Blanjulus guttulatus Fabr. Bl. pulchellus Koch. Isobates semisulcatiis Mng. Lysio- petalum Brdt. Fühler mindestens doppelt so lang als der Kopf, dessen Scheitel und Backentheile blasig aufgetrieben sind. Beine lang, die Seitenränder des Körpers über- ragend, mit 2ringligem Hüftglied und 2gliedrigen Tarsen. Analsegment klein. L. cari- natum Brdt., Dalmatien. L. foeditissimum Brdt. Spiroholus Brdt., mit grossen tropischen Arten. Spirostreptus Brdt., Spirostrephon Brdt. u. a. 3. Fani. Polydesmidae. Mit grossem freien Kopf, kauenden Mundtheilen und plattenförmigen Ausbreitungen der Seitentheile der Leibesringe. Diese sind in beschränkter Zahl vorhanden und nur aus einer ringförmigen Platte gebildet (Monozonia). Beine durch einen medianen Vorsprung getrennt. Polydesmus Latr. Zweites bis sechstes Fühlerglied fast gleich lang. Auf den augenlosen Kopf folgen 20 Leibessegmente, von denen das vordere der Beine entbehrt, das zweite bis vierte nur ein Beinpaar trägt. Tarsus eingliedrig. P. eomplanatus Deg. P. margaritiferus Guer., Manila u. a. grosse tropische Arten. Verwandte Gattungen sind: Eurydesmus Sauss., Platydesmus Luc, Cyrtodesmus Gerv. u. a. Bei Craspedosoma Leach. sind Augen vorhanden. Cr. polydesnioides Leach., Europa. Strotigylosoma Bx'dt. Die Seitenplatten sind auf einen kurzen Stil oder eine wulstförmige Ei-hebung reducirt. Augen fehlen. St. juloides Brdt., Europa. 4. Fam. Polyxenidae. Auf den deutlich gesonderten mit 2 Ocellengruppen ver- sehenen Kopf folgen nur noch 9 bis 11 je aus einem Chitinstück gebildete Körper- segmente, welche Bündel von langen schuppenförmigen und befiederten Haaren tragen. Polyxeims Latr. Fühler 8 gliedrig. Mit 14 (18) Beinpaaren, von denen die vier vordem den vier auf den Kopf folgenden Segmenten angehören. P. lagurus L. Nicht viel über eine Linie lang. Europa. Bei der Gattung Pauropus Lbk. sind nur 9 Paare von Beinen vorhanden. Diese Form weicht jedoch in so wesentlichen Stücken ab, dass Lubbock auf dieselbe eine dritte Myriopodenordnung (Pauropoda) gründet. P. Huxleyi Lbk. und pedunculatus Lbk., sehr kleine, unter abgefallenem Laub lebende Thierchen. 5. Fam. Glomeridae. Körper halbcylindrisch , mit flacher Bauchseite, kurz und zum Zusammenkugeln befähigt. Auf den grossen freien Kopf folgen nur 12 bis 13 Seg- mente, von denen das erste schmal ist und von dem zweiten seitlich umfasst wird, das letzte eine grosse schildförmige Platte darstellt. Die Segmente bestehen aus einer bis zum Seitenrande reichenden Dorsalplatte und 2 freien ventralen Seitenplatten. 17 bis 21 Beinpaare. Genitalöfihung hinter dem zweiten Beinpaare. Die männlichen Begattungs- organe treten vor dem After hervor. Glom er is Luir. Körper asselähnlich, aus 12 Segmenten gebildet, mit 17 Beinpaaren. Acht Augen jederseits in Bogenlinien gruppirt. Antennen 7gliedrig, das letzte vom ver- längerten sechsten Gliede umschlossen. Gl. marginata Leach. Sphaerotherium Brdt. Körper aus 13 Segmenten gebildet, mit 21 Beinpaaren, 2 Gruppen gehäufter Punktaugen vor den 7gliedrigen Fühlern, Zahlreiche Arten von den Sundainseln und aus Afrika. Sp. elongatum Brdt., Cap. Bei Sphaeropociis Brdt. sind die Fühler nur 6gliedrig. Zephronia ovalis Gray. 682 2. Ordnung. Chilopoda. 2. Ordnung. Chilopoda^), Ohilopodeii. Tausendfüsse von meist flachgedrückter Leibesform, mit langen viel- gliedrigen Fühlern und grossem zum Kopfe getretenen Kieferfusse , mit einem Gliedmassenpaare an jedem Leihesringe. Der langgestreckte meist flachgedrückte Leib erhärtet an der Rücken- und Bauchfläche der Segmente zu festen Ghitinplatten , welche durch weiche, die Stigmen umfassende Zwischenhäute verbunden sind. In der Regel entwickeln sich einige der Rückenplatten zu grössern Schildern, welche die kleinen da- zwischen gelegenen Segmente dachziegelförmig überdecken. Niemals über- steigt die Zahl der Beinpaare die der gesonderten Segmente, da sich nur ein einziges Paar an jedem Ringe entwickelt. Die Fühler sind lang und vielgliedrig, unter dem Stiinrande eingefügt. Die Augen sind mit Ausnahme der Gattung Scutigera, welche Facettenaugen besitzt, einfache oder gehäufte Punktaugen. Die Mandibeln tragen unterhalb des gezahnten Kaurandes einen Bart-ähnlichen Schopf von Haaren. Auf das Maxillenpaar , welches nur eine Lade und einen mehrgliedrigen Tasterstummel trägt, folgt ein vom nachfolgenden, aus vier Segmentanlagen hervorgegangenen Brustabschnitt ( Basalsegment ) empor- gerücktes tasterartiges Beinpaar (Unterlippe vieler Autoren), welches von einem zweiten viel umfangreichern und mit mächtiger Klaue endigenden Gliedmassen- paare, dem Kieferfuss, überdeckt wird. Durch Verwachsung seines Hüftgliedes entsteht eine umfangreiche mediane Platte, an der rechts und links die grossen 4gliedrigen Raubfüsse mit einschlagbarer Endklaue und Giftdrüse hervorstehen. Diese liegt im letzten und vorletzten Beingliede, ist sackförmig und mündet an der convexen Seite der Klauenspitze. Am hinteren Theile des grossen zum Kopfe getretenen Abschnitts entspringt das vordere Beinpaar, welches nicht selten verkümmert. Die übrigen Beinpaare heften sich an den Seitentheilen der nachfolgenden Leibesringe an , das letzte häufig verlängerte Paar streckt sich weit nach hinten über das Endsegment hinaus. Die Stigmen liegen in der seitlichen Verbindungshaut der Segmente, können jedoch dorsalwärts empor- rücken {Scutigera). Längsstämme sind am Tracheensystem meist vorhanden. Die Geschlechtsorgane — beim Weibchen ein langes darmförmiges Ovarium mit ein oder zwei Oviducten und doppeltem Receptaculum , beim Männchen ein bis drei Hodenschläuche mit gelappten Anhangsdrüsen — münden am Ende des Leibes in einfacher Oeffnung; männliche Begattungswerkzeuge fehlen ; die Befruchtung wird durch Spermatophoren vermittelt. Die embryo- nale Entwicklung beginnt mit totaler Dotterklüftung, welche zur Bildung des Blastoderms und eines sich einfaltenden Keimstreifens führt. Am Embryo bildet sich eine viel grössere Zahl von Gliedmassen aus, als bei den Chilognathen, von denen die Embryonalentwicklung auch darin abweicht, dass der Nahrungs- dotter nicht ausserhalb, sondern innerhalb des Darmcanals gelagert ist. Die 1) Newport, Monograph of the class Myriapoda, order Chilopoda. Linnean Transactions. Tom. XIX. L. Koch, Die Myriapoden-Gattung Lithobius. Nürnberg. 1862. V. Bergsoe, og Fr. Meinert, Daninarks Geophiler. Schiödte's Naturh. Tidsskrift. 3. Raeck. Tom. IV. 1866. Fr. Meinert, Danmarks Scolopendres og Lithobier. Ebendas. 3. Ser. Tom. V. 1868. V. Classe. Hoxapoda. ausschlüpfenden Jungen besitzen bereits 6 (Lithohius) oder mehr Gliedmassen- paare. Scolopendra soll lebendige Junge mit vollzähliger Körpergliederung gebären (Gervais, Lucas). Die Chilopoden nähren sich durchweg von Thieren, welche sie mit den Kieferfüssen beissen und durch das in die Wunde einfliessende Secret der Giftdrüse tödten. Einzelne tropische Arten sollen bei ihrer bedeutenden Körpergrösse selbst den Menschen empfindlich verletzen können. 1. Fam. Geophilidae. Körpersegmente gleichartig und sehr zahlreich. Segment des Kieferfusses von dem des vordem Beinpaares gesondert. Beine kurz mit eingliedrigen Tarsen. Fühler 14gliedrig. Augen fehlen. Geophilus Leach. Maxillen klein. Kieferfussklaue kurz. G. electricus L. G. fer- rugineus Koch. G. longicornis Leach, Himantarium Koch. Mit 2 Furchen der Dorsal- platten. H. subterraneum Leach. ScoUophanes Berg., Meint. Maxillen gross. Kiefer- klaue kurz. Sc. )naritimus Leach. Sc. acuminatus Leach. Sc. foveolatus Berg. Meint. 2. Fam. Scolopendridae. Köi-per meist mit ungleichartiger Gliederung und vier Ocelien. Rückenschiene des Kieferfusssegmentes mit dem nachfolgenden verschmolzen. Antennen schnurförmig , 17— 20gliedi-ig. Cryptops Leach. Gliederung gleichartig. Ocelien fehlen. Antennen 17gliedrig. 21 Segmente und Beinpaare. Tarsen eingliedrig. Ch. hortensis Leach. Cr. agilis Berg. Meint. Scolopendra L. Auf den Kopf folgen 21 ungleichartige Körpersegmente. Vier Augen. Antennen 18— 20gliedrig. Tarsen 2gliedrig. 21 Beinpaare. Sc. morsitans Gerv., Italien, Dalmatien. Sc. gigantea L. , Ostindien. Verwandt sind: Cormocephalus Newp. , New- portia Gerv., Heterostoma Newp., Scolopendrella Gerv., Eucorybus Gerst. u. a. 3. Fam. Lithobiidae. Körper ungleichartig gegliedert, mit 9 grössern und 6 kleinern Rückenschildern. Lithohius L. Ocelien jederseits in grosser ZahL Fühler vielgliedrig. Unterlippe (der Kieferfüsse) gezähnt. Fünfzehn 7gliedrige Beinpaare. Analfüsse zuweilen mit 2 Krallen. L. forficatus L. L. calcaratus Koah. Analfüsse mit 3 Krallen. Ifewicops Newp. {Lamyctes Meint.). Nur ein Auge jederseits, u. z. a. A. 4. Fam. Scutigeridae {Cemiatiidae = Schizotarsia). Die borstenförmigen Fühler länger als der Körper. Facettenaugen anstatt der Ocelien. Beine sehr lang, nach dem hintern Körperende zu an Länge zunehmend, mit geringeltem 2theiligen Tarsus. Scutiyera Lam. {Cermatia Illig). Körper mit nur 8 freiliegenden Dorsalplatten imd 15 Ventral platten und ebensoviel Beinpaaren. Leben mehr in den wärmern Ländern. Sc. coleoptrata L., schon in Süddeutschland. Sc. araneoides Fall. Sc. violacea L. Koch, Neuholland. V. Classe. Hexapoda') = Insecta, Insecten. Luftathmende Arthropoden , deren Leib in Kopf, Brust und Abdomen gesondert ist, mit einem Antennenpaare am Kopf und mit drei Beitipaaren, meist auch zwei Flügelpaaren an der dreigliedrigen Brust, mit zehngliedrigem, oft freilich redu^irtem Abdomen. Der Körper der hisecten bringt die drei als Kopf, Brust und Hinterleib unterschiedenen Leibesregrionen am schärfsten unter allen Gliederthieren zur 1) Joh. Swammerdam, Historia Insectorum generalis. Utrecht. 1669. Derselbe, Bijbel der natuure. Lugd. Bat. 1737 — 38. Reaumur, Memoires pour servir ä Fhistoire des Insectes. Paris. 12 Vols. 1734—42. Ch. Bonnet, Traite d'Insectologie. 2 vols. Paris. 1740. A. Röselvon Rosenhof, Insectenbelußtigungen. Nürnberg. 1746—1761. Ch. de 684 Hexapoden. Kopf. Antennen. Mandibeln. Ausprägung und Sonderung. Auch erscheint die Zahl der Segmente und Gliedmassen bestimmt fixirt, indem in die Bildung des Kopfes wegen der vier vorhandenen Gliedmassenpaare mindestens 4 Segmente eingehn und die Brust aus 3 (beziehungsweise 4), das Abdomen aus 10 (9) Segmenten zu- sammengesetzt wird. Mit Recht wird man diese vollendete Heteronomität der Gliederung, die besondere Gestaltung und constante Zusammensetzung des Leibes auf eine hohe Stufe der innern Organisation und der gesamniten Lebens- erscheinungen , besonders aber auf die vollkommene Locomotionsfähigkeit und auf das Flugvermögen beziehen dürfen, welches wir unter den Arthropoden auf die Insecten beschränkt finden. Der vom Thorax fast durchgängig scharf abgesetzte Kopf bildet eine un- gegliederte feste Kapsel, an der verschiedene Regionen unterschieden und nach Analogie des Wirbelthierkopfes als Gesicht, Stirn, Wange, Kehle, Scheitel, Hinterhaupt etc. bezeichnet werden. Die obere Seite trägt die Augen und Fühler, die untere in der Umgebung des Mundes drei Paare von zu Mund- werkzeugen verwendeten Gliedmassen. Die Facettenaugen haben morphologisch mit Gliedmassen nichts zu thun und können — ebensowenig wie die gestilten Facettenaugen der Krebse — nicht zum Beweise eines fünften in die Bildung des Kopfes eingegangenen Ursegmentes herangezogen werden. Die vordersten Gliedmassen sind vielmehr die Fühler, welche bei den Insecten aus einer einfachen Gliederreihe bestehen, in Form und Grösse aber sehr mannich- fach variiren. Dieselben entspringen gewöhnlich auf der Stirn und dienen nicht nur als Tastorgane, sondern vorzüglich zur Vermittlung anderer Sinnes- eindrücke, insbesondere des Geruches. Nach der verschiedenen Form unter- scheidet man zunächst gleichmässiye (mit g^eichgestalteten Gliedern) und un- illeichmässiye Fühlhörner. Erstere sind am häufigsten borstenförmig , faden- förmig, schnurförmig, gezähnt, gesägt, gekämmt; die ungleichmässigen Fühl- hörner, an welchen besonders das zweite Glied und die Endglieder eine ver- änderte Gestalt besitzen, sind am häufigsten keulenförmig, geknöpft, gelappt, gebrochen. Im letztern Falle ist das erste oder zweite Glied als Schaft sehr verlängert, und die Reihe der nachfolgenden kürzern Glieder als Geissei winklig abgesetzt {Apis). An der Bildung der Mundwerkzeuge, welche die Mundöffnung von allen Seiten umstellen , nehmen folgende theils unpaare , theils paarige Gebilde An- theil: die Oberlippe (Labrum), die Oberkiefer {Mandihulae) , die Unterkiefer {Maxillae) , die Unterlippe (Labium). Die Oberlippe ist eine am Kopfschilde meist beweglich eingelenkte Platte, welche die Mundöffnung von oben bedeckt. Unterhalb der Oberlippe entspringen rechts und links die Mandibeln oder Ober- Geer, Memoires pour servir a l'histoire des Insectes. 8 Vols. 1752 — 76. H. E. Straus- Dürklieim, Considerations generales sur l'anatomie comparee des animaux articules (Melolontha vulgaris). Strassbourg. 1828. Fr. Leydig, Vom Baue des thierischen Körpers. Tübingen. 1861, nebst 10 Tafeln. W. Kirby and W. Spence, Introduction to Entomology. 4 Vols. London. 1819 — 1822. H. Bur meist er, Handbuch der Entomologie. Halle. 1882. J. 0. Westwood, Introduction to the modern Classification of Insects. London. 1739—1840. J. T. Ch. Ratzeburg, Die Forstinsecten. 3 Bde. Berlin. 1837—1844. 0. Heer, Die Insectenfauna der Tertiär gebilde von Oeningen etc. Leipzig. 1846—1853. Maxillenpaare. Haiiptfoimen der Mundwerkzeuge. 685 kiefer, das erste Paar der als Fressvverkzeuge umgestalteten Gliedmassen. Die- selben bilden zwei tasterlose, meist zangenartig gegen einander gestellte Kau- platten, welche jeglicher Gliederung entbehren, aber desshalb bei der Zer- kleinerung der Nahrung um so kräftiger wirken. Gomplicirter erscheinen die Unterkiefer oder MaxiUen gebaut, deren Zusammensetzung aus zahlreichen Stücken eine zwar vielseitigere aber schwächere Leistung beim Kaugeschäft zur Folge hat. Man unterscheidet an denselben ein kurzes Basalglied (6'a>f/o), einen Stil oder Stamm (Stipes) mit einem äussern Schuppengliede {Squama palpkjera), welchem ein mehrgliedriger Taster {Palpus maxiUuris) aufsitzt, ferner am obern Rande des Stammes zwei zum Kauen dienende Platten als äussere und innere Laden {Lohns cxternus, internus). Die Unterlippe entspringt an der Kehle und ist als das dritte Paar von Mundgliedmassen anzusehen, als ein zweites Paar vonMaxillen, deren Theile in der Mittellinie verschmolzen sind. Selten lassen sich freilich alle einzelnen Abschnitte des Unterkieferpaares an der Unterlippe wiedererkennen , da mit der Verschmelzung in der Piegel Verkümmerung und Ausfall gewisser Theile verbunden ist, indessen gibt es Fälle, welche diesen Nachweis vollständig gestatten. Während die Unterlippe meist auf eine einfache Platte mit zwei seitlichen Tastern {Falpi labiales) reducirt ist, unterscheidet man an der Unterlippe der Orthopteren ein unteres an der Kehle befestigtes Stück (Submentum) von einem nachfolgenden die beiden Taster tragenden Abschnitte als Kinn {Mentum) , auf dessen Spitze sich die Lippe oder Zunge {Glossa) zuweilen noch mit Nebenzungen {Faraglossae) er- hebt. Das Unterkinn entspricht nachweisbar den verschmolzenen Angel- gliedern, das Kinn den verschmolzenen Stilen, die einfache oder zweispaltige Zunge den Innern Laden, die Nebenzungen den getrennt gebliebenen äussern Laden. Mediane Hervorragungen an der innern Fläche der Oberlippe und Unterlippe werden als Epipharynx und Hypopharynx unterschieden. Während die besprochenen Verhältnisse zunächst auf die kauenden oder beissenden hisecten Bezug haben , treten überall da, w^o eine flüssige Nahrung aufgenom- men wird, so auffallende Umformungen einzelner oder aller Mundtheile ein, dass erst der Scharfblick von Savigny*) ihre morphologische Uebereinstim- mung nachzuweisen vermochte. Während man früher schlechthin kauende und saugende Mundwerkzeuge entgegenstellte, scheint es gegenwärtig nach eingehender Erforschung der zahlreichen im Einzelnen sehr abweichenden Ein- richtungen zweckmässig , neben den kauenden mindestens drei durch Ueber- gänge verbundene Formen von Mundtheilen zu unterscheiden. Den Bciss- werkzeugen, die in den Ordnungen der Coleopteren, Neuropteren und Orthopteren auftreten, schliessen sich zunächst die Mundtheile der Hymenopferen an, welche nach R. Leu ckart als leckende bezeichnet werden. Oberlippe und Mandibeln stimmen mit den Kauwerkzeugen überein und dienen zum Zerkleinern fester Stoffe, dagegen sind Maxillen und Unterlippe mehr oder minder beträchtlich verlängert und werden zum Lecken und Aufsaugen von Flüssigkeiten gebraucht. Saugende, ausschliesslich diesem Zwecke dienende Mund- werkzeuge treten bei den Lepidopteren auf, deren Maxillen sich zu einem 1) J. C. Savigny, Memoires sur les animaux sans vertebres. Paris. 1816. 686 Hexapoden. Thorax. Beine. Saugrüssel zusammen legen , während die übrigen Theile mehr oder minder verkümmern. Die stechenden Mundtheile der Dipteren und Rhynchoien endlich besitzen ebenfalls einen meist aus der Unterlippe hervorgegangenen Saug- apparat, aber zugleich stiletförmige Waffen , vermittelst deren sie sich Zugang zu den aufzusaugenden Nahrungsflüssigkeiten verschaffen. Als Stilette erscheinen sowohl die Mandibeln als die Unterkiefer, selbst Hypopharynx und Epipharynx in zahlreichen später noch näher zu erörternden Modificationen verwendet. Da diese Stechwaffen aber auch vollständig verkümmern, wenigstens functions- unfähig werden können , so begreift es sich , dass auch zwischen stechenden und saugenden Mundtheilen keine scharfe Grenze zu ziehen ist. Uebrigens gibt es weiterhin zahlreiche Modificationen ^), welche die beissenden in saugende Mundtheile überführen {Phri/r/aniden , Thrips eic). Der zweite Hauptabschnitt des Insectenleibes, die Brust, verbindet sich mit dem Kopfe meist durch einen engern Halstheil und besteht aus drei Segmenten, welche die drei als Beine verwendeten Gliedmassenpaare und auf der Rückenfläche in der Regel zwei Flügelpaare tragen. Bei den Hyme- nopteren und vielleicht allen Diptern geht freilich auch noch das vordere Abdominalsegment in die Bildung des Thorax ein. Diese Segmente, als Prothorax , Mesothorax und Metathorax bezeichnet , sind selten einfache hor- nige Ringe, werden vielmehr in der Regel aus mehrfachen durch Nähte ver- bundenen Stücken zusammengesetzt. Man unterscheidet zunächst an jedem Segment eine Rückenplatte (Notum) und Bauchplatte {Sternum), und bezeichnet dieselben nach den drei Brustring^n als Pro-, Meso- und Metanotum, Pro- Meso- und Metasternum. An dem mittlem und hintern Brustringe stossen Rücken -und Sternalplatte nicht direct aneinander, sondern werden durch Ver- mittlung von Seitenstücken (Pleurae) verbunden. Diese zerfallen oft wieder in ein vorderes {Episterniim) und ein hinteres Stück {Epimerum). Auf dem Mesonotum hebt sich nicht selten eine mediane dreieckige Platte als Schildchen, Scutellum, bei den Käfern an der Wurzel der Flügeldecken, ab, auf welches ein ähnliches aber kleineres Hinterschildchen , Postscutellum , am Metanotum folgen kann. Die Art, wie sich die drei Thoracalabschnitte mit einander ver- binden, wechselt nach den einzelnen Ordnungen insofern ab, als bei den Goleopteren, vielen Orthopteren und Rhynchoten der grosse Prothorax als Hals- schild frei beweglich bleibt, während die Vorderbrust in allen andern Fällen als ein relativ kleinerer Ring mit dem nachfolgenden Segment zu einem gemein- samen Abschnitt verschmilzt. An der Bauchfläche der drei Brustsegmente lenken sich die drei Bein- paare in Ausschnitten des Hautpanzers, den sog. Hüftpfannen, zwischen Sternum und Pleurae ein. Mehr als in irgend einer andern Arthropodengruppe er- scheinen die Glieder des Insectenbeines der Zahl und Grösse nach fixirt, so dass man überall fünf Abschnitte unterscheiden kann. Ein kugliges oder walzenförmiges Coxalglied (Coxa) vermittelt die Einlenkung und freie Bewegung der Extremität in der Gelenkpfanne. Diesem folgt ein zweiter sehr kurzer Ring, 1) Vergl. Gerstfeld, üeber die Mundtheile der saugenden Insecten. Mitau und Leipzig. 1853. Fitigel. 687 der zmveilen in zwei Stücke zerfällt, in andern Fällen mit dem nachfolgenden Abschnitte verschmilzt, der Schenkelring (Trochanter). Der dritte durch Stärke und Umfang am meisten hervortretende Abschnitt ist der langgestreckte Schenkel (Femur), dem sich das dünnere, aber ebenfalls gestreckte, an der Spitze meist mit zwei bew^eglichen Dornen (Caleuria) bewaffnete Schienbein {T'ihia) anschliesst. Der letzte Abschnitt endlich, der Fuss {Tarsus) ist minder beweglich eingelenkt. Derselbe bleibt nur in seltenen Fällen einfach und wird in der Regel aus einer Reihe (meist 5) hinter einander liegender Glieder zu- sammengesetzt, von denen das letzte mit beweglichen Krallen, Fussklauen und wohl auch lappenförmigen Anhängen, Afterklauen und Haftläppchen {Pelottae) endet. Die specielle Gestaltung des Beines erscheint nach der Form der Be- wegung und des besondern Gebrauches so verschieden, dass man Lauf-, Gang-, Schwimm-, Grab-, Spring- und Raubbeine gegenüberstellt. Bei den letzteren, welche nur die Vorderbeine betreffen, werden Schienbein und Fuss gegen den Schenkel, wie die Klinge eines Taschenmessers gegen den Schaft, zurück- geschlagen [Matdis, JSepa). Die Springbeine characterisiren sich durch die kräftigen Schenkel des hintern Extremitätenpaares {Acridium), w'ährend die Grabbeine vorzüglich an der vordem Extremität zur Entwicklung kommen und an den breiten schaufelartigen Schienen kenntlich sind {Gryllotalpa). An den Schwimmbeinen sind alle Theile flach und dicht mit langen Schwimm haaren besetzt {Naucoris). Die Gangbeine endlich unterscheiden sich von den ge- wöhnlichen Lauf beinen durch die breite , haarige Sohle des Tarsus {Lamia). Untereinander sind die 3 Beinpaare selten vollkommen gleich, insbesondere zeigen die Vorderbeine und Hinterbeine dem besondern Gebrauche angepasste Modificalionen. Eine zweite Form von Bewegungs Werkzeugen, welche ebenfalls am Thorax entspringen, sind die in ihren Modificalionen als Charactere der Ordnungen ver- wertheten Flügel. Dieselben treten nur am ausgebildeten geschlechtsreifen Insect auf und heften sich an der Rückenfläche von Meso- und Metathorax zwischen Nolum und Pleurae in Gelenken an. Die dem Mesothorax zugehörigen Flügel heissen Vorderflügel, die nachfolgenden des Metathorax Hinterflügel. Mor- phologisch deutete man in früherer Zeit die Insectenflügel als modificirte Extremitätenpaare. Thatsächlich fehlt einer solchen Auffassung jeglicher Anhalt und es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, dass der Ausgangspunkt für die Entstehung des Flugorganes in der paarigen indifferenten Hautduplicatur zu suchen ist, wie sie schon bei Crustaceen an bestimmten Segmenten sowohl zum Schutze weichhäutiger Theile als zur Vergrösserung der respiratorischen Oberfläche so häufig auftritt. Als solche allmählig wachsende Duplicaturen erscheinen die Flügelanlagen schon im Larvenalter bei den mit unvollkommener Metamorphose sich entwickelnden Orthopteren, z. B. bei den Schaben und Termiten. Im letztern Falle finden sich sogar an allen drei Thoracalsegmenten stummeiförmige Seitenblätter, welche ähnlich wie die blattförmigen Kiemen- tracheen der Eintagsfliegen Tracheen aufnehmen und sich mit Ausnahme des vordem Paares zu den Flügeln umgestalten. Und in \vesentlich gleicher Weise, jedoch vornehmlich im letzten als Puppe bezeichneten Larvenstadium, ent- wickeln sich die Flügelanlagen der sog. metabolischen Insecten als vielfach 688 Hexapoden. Form und Beschaifenheit der Flügel. gefaltete eingestülpte Wucherungen des Integuments. Ihrer Form und Bildung nach sind die Flügel dünne, flächenhaft ausgebreitete Hautplatten , welche aus zwei am Rande continuirlich verbundenen, fest aneinander haftenden Lamellen bestehen und meist bei einer zarten, glasartig durchsichtigen Beschaffenheit von verschiedenen stark chitinisirten Leisten, Adern oder Rippen, durchzogen werden. Diese nehmen meist einen sehr bestimmten und systematisch wichtigen Verlauf und sind nichts als Zwischenräume beider Flügelplatten mit starker chitinisirter Umgebung zur Aufnahme von Bluiflüssigl'eit ^ Nerven und besonders Tracheen, deren Ausbreitung dem Verlaufe der Flügel- adern entspricht. Daher entspringen die letztern durchweg von der Wurzel des Flügels aus mit 3 oder mehr Hauptadern und geben besonders an der obern Hälfte ihre Aeste ab, welche mit einander Verbindungen eingehn und dadurch zellige Felder umgrenzen. Die erste Ader, welche unterhalb des obern oder vordem Flügelrandes verläuft, heist Randrippe (Costa) und endet oft mit einer hornigen Erweiterung, Flügelpunkt, mehr oder minder w^eit vor der Flügelspitze. Unterhalb derselben verläuft eine zweite Hauptader, an welcher der Aussenrand oder Saum mit dem Vorderrand zusamraenstösst, der Radius, und hinter demselben eine dritte, die Hinterrippe oder Cuhitus, welche selten einfach bleibt, sondern meist schon vor der Mitte gabelförmig in Aeste zerfällt, die sich häufig ebenfalls von neuem spalten, so dass auf der obern Hälfte des Flügels ein einfaches oder complicirteres Maschenwerk von Feldern entsteht. Dieselben unterscheidet man wiederum in Randfelder oder Radiahellen und in Unterrandfelder oder CuhitaUellen. Dazu kommt die Subcosta , nahe der Wurzel des Radius entspringend , an der Vorderseite des- selben , und die Postcosta. Letztere verläuft unter Bildung von Nebenrippen und Feldern {BrachiaUellen) bis zur Mitte des untern Flügelrandes. Ziemlich regelmässig verbindet eine Querrippe den Radius und Gubitus oder Ausläufer derselben {Radius sector, Cuhitus anticus). Von dieser Querader wird das Gebiet der Discoidalzellen begrenzt. Uebrigens sind die Verhältnisse des Flügel- geäders so mannichfach und complicirt, dass die Bezeichnungen der Adern und Felder in den einzelnen Ordnungen vielfach auseinanderweichen, und eine ein- heitliche morphologische Durchführung kaum möglich ist. Ebenso wie der Verlauf der Rippen und die durch ihre Ausläufer gebil- dete Felderung grosse Abweichungen erleidet , bietet auch die Flügelform und die Beschaffenheit der Substanz mehrfache und systematisch wichtige Unter- schiede. Die Vorderflügel können durch stärkere Ghitinisirung der Haut, wie z. B. bei den Orthopteren und Rhynchoten pergamentartig werden , oder wie bei den Coleopteren eine feste hornige Beschaffenheit erhalten und als Flügel- decken {Etytra) weniger zum Fluge als zum Schutze des weichhäutigen Rückens dienen. Bei vielen Käfern verwachsen sogar die Elytren, während die hintern Flügel hinwegfallen (Gibbium). Grossentheils hornig, nur an der Spitze häutig sind die Vorderflügel in der Rhynchotengruppe der Hemipteren, während die Hinterflügel auch hier häutig bleiben. Behalten beide Flügelpaare eine häutige Beschaffenheit, so wird ihre Oberfläche entweder mit Schuppen dicht bedeckt {Lepidopteren und Fhryganiden der NeuropterengY\x^\>Q)., oder sie bleibt nackt mit sehr deutlich hervortretender Felderung , welche sich nicht selten wie bei Abdomen, 689 den Netzflüglern [Neuropieren) zu einem dichten, netzartigen Maschenwerk gestalten kann. In der Regel ist die Grösse beider Flügelpaare verschieden, indem die Insecten mit pergamentartigen Vorderflügeln und mit halben oder ganzen Flügeldecken weit umfangreichere Hinterflügel besitzen, bei den Insecten mit häutigen Flügeln dagegen die Vorderflügel an Grösse meist bedeutend überwiegen. Indessen besitzen viele Neuropteren ziemlich gleichgrosse Flügel- paare, während bei den Dipteren die Hinterflügel zu Schwingkölbchen {Halteren) verkümmern. Im Allgemeinen ist überall die Tendenz nachweisbar, beim Flug ein einziges Plattenpaar herzustellen. Dem entsprechend finden sich bei den Insecten mit gleichartigen und ziemlich gleichgrossen Flügelpaaren an den anstossenden Säumen der Vorder- und Hinterflügel sogenannte Halt- apparate oder Retinacula, ineinandergreifende Häkchen oder Falzleisten, durch welche beide Flügelpaare zu gemeinsamer Wirkung verkettet sind. In andern Fällen wird ein Flügelpaar als Flugorgan beseitigt , sei es wie bei den Käfern das vordere, oder wie bei den Dipteren das hintere Paar. Selten fehlen die Hinterflügel ganz, unter den Orthopteren bei Cloe diptera, unter den Neu- ropteren beim Weibchen von Hemer ohius dipterus. Endlich gibt es in allen Insectenordnungen Beispiele von vollständigem Flügelmangel in beiden Ge- schlechtern oder nur beim Weibchen. Der dritte Leibesabschnitt , der den grössten Theil der vegetativen und alle reproductiven Organe in sich einschliesst , ist der Hinterleib {Abdomen). Beim ausgebildeten Insect meist gliedmassenlos, kann derselbe im Larvenleben, selten sogar am geschlechtsreifen Thiere {Japyx) kurze Extremitäten tragen. Im Gegensatze zu der gedrungenen, durch den Einfluss der Musculatur be- stimmten Form der starren, in ihren Theilen kaum verschiebbaren Brust zeigt der Hinterleib eine bedeutende Streckung und scharf ausgeprägte Segmen- tirung. Die zehn Leibesringe, welche in die Bildung des Abdomens ein- gehen, sind unter einander durch weiche Verbindungshäute sehr bestimmt abgegrenzt und setzen sich aus einfachen Rücken- und Bauchschienen zu- sammen , welche seitlich ebenfalls durch weiche , eingefaltete Gelenkhäute in Verbindung stehen. Ein solcher Bau gestattet dem segmentirten, den grössten Theil der Eingeweide und Geschlechtsorgane in sich einschliessenden Abdomen eine bedeutende Ausdehnung, die in vollem Umfang bei der Schwellung der Ovarien {Meloe, Termes) eintritt, in geringerm Masse aber sowohl für die Respiration *) als für die Anfüllung des Darmes nothwendig wird. Häufig tritt das vordere Abdominalsegraent in eine nähere Verbindung beziehungsweise Verschmelzung mit dem Metathorax, während die hintern Segmente durch mancherlei Anhänge eine complicirtere Gestaltung gewinnen. Am letzten Bauchringe oder zwischen dessen Theilen liegt überall der After, selten mit der Ausmündung der Geschlechtsorgane zu einer Kloake vereinigt. Die Geschlechts- öffnung mündet meist gesondert an der Bauchseite. Anhänge des Hinterleibes sind die Appendices anales, welche als gegliederte Fäden, Reife etc. dorsal am 1) Vergl. H. Rathke, Anatomisch- physiologische Untersuchungen über den Athmungsprocess der Insecten. Schriften der physik.-oek. Gesellschaft zu Königsberg. Jahrg. J. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 44 690 Hexapoden. Körperbedeckung. Nervensystem. letzten Ringe neben dem After entspringen. Man hat dieselben als Tastorgane betrachtet und gewissem! assen als Antennen am Hinterende des Körpers gedeutet, hidessen werden dieselben, wenn sie in Zangenform auftreten, auch als Greiforgane verwendet, besonders beim Männchen (Ohrwurm). Die Appen- dices genitales, welche die »armure genitale« bilden, wurzeln an der Bauch- seite und gruppiren sich in der Umgebung der Geschlechtsöffnung beim Männchen zur Bildung von Klappen, beim Weibchen als Legescheiden, Lege- bohrer und Legestacheln. Freilich können dieselben auch verkümmern oder ganz ausfallen. Ihrem Ursprung nach sind dieselben Anhänge der Segmente, die sich durch Wucherungen der subcuticularen Zellschicht, beziehungs- weise als hnaginalscheiben, bei Hymenopteren und Heuschrecken am 8ten (1 Paar) und 9ten (2 Paare) Abdominalsegmente anlegen. Damit ist freilich noch keineswegs die Gleichwerthigkeit dieser zu Begattungs- und Legeapparaten verwendeten Anhänge mit Gliedmassen erwiesen. Bei den Legeröhren {Dipteren) kommen unzweifelhaft eine Anzahl von eingezogenen Segmenten in Betracht. Die Körperbedeckung , als chitinisirte Cuticula von einer weichen sub- cuticularen Zellenschicht abgesondert, durchläuft sehr verschiedene Stufen der Stärke, von einer zarten homogenen Membran an (insbesondere bei den im Wasser lebenden Mückenlarven) bis zu einem mehrfach geschichteten, un- durchsichtigen iHautpanzer. Seltener scheinen Kalksalze zur Erhärtung des Chitinpanzers beizutragen. Während die äussere Oberfläche wie bei den Krustern sehr mannichfache Sculpturen und Zeichnungen in Form von poly- gonalen Feldern, Wellenlinien, Riefen, Höckern zeigt, wird die Dicke der häufig gefärbten Substanz bei einiger Stärke sehr allgemein von feinern und gröbern Porencanälen durchsetzt, auf denen im letzteren Falle sich meist Guticular- anhänge verschiedener Form als Borsten, Haare, Schuppen etc. erheben. Unterhalb des Panzers, zum Theil in der weichen subcuticularen Zellenschicht, welche häufig als Träger von Pigmenten zu der Färbung des Körpers beiträgt, liegen sehr allgemein einzellige oder zusammengesetzte Hautdrüsen, deren Secret in der Regel durch gröbere Poren entleert wird , seltener wie bei den Bärenraupen in die Hohlräume von cuticulären Anhängen hineindringt. Hier nehmen die hohlen Haare das Secret von flaschenförmigen Drüsen auf, deren Ausführungsgänge je in einen Haar tragenden Poi'us eintreten. Das Nervensystem ^) der Insecten zeigt bei hoher Entwicklungsstufe eine überaus mannichfaltige Gestaltung, und es kommen alle Uebergänge von einer langgestreckten, 12 Ganglien in sich einschliessenden Bauchkette bis zu einer einfachen Ganglienmasse der Brust vor, in welche selbst das suboesophageale Ganglion eingezogen sein kann {Hydrometra). Dieses kleine in der Regel gesonderte Ganglion ist genetisch auf die Ganglien der drei Kiefersegmente 1) Vergl. ausser Newport und Job. Müller: Fr. Leydig, Handbuch der vergl. Anatomie. I. Tübingen. 1864, nebst den dazu gehörigen Tafeln, ferner die Abhandlungen von L. Dufour, Me'm. Acad. de sc. 1833—1851, und Ed. Brandt etc. Horae Soc. Entom. Ross. 1879, insbes. lieber die Metamorphosen des Nervensystems der Insecten, sowie die vergleich, anatom. Skizze des Nervensystems der Insecten. Ebend. Gehirn. 691 zurückzuführen. In gleicher Weise dürfte das umfangreiche letzte Abdominal- -ganglion aus einer Verschmelzung von 2 oder 3 Ganglien hervorgegangen sein; nur ausnahmsweise erscheint auch das vorletzte Bauchganglion grösser und seiner Genese nach auf mehrere Ganglien zurückführbar. Von besonderem Umfang und complicirtem Baue stellt sich das obere Schlundganglion dar, welches schon seit langer Zeit dem grossen Gehirn der Vertebraten gleichgestellt wurde, weil dasselbe die Sinnesnerven entsendet und Sitz des Willens sowie psychisches Centrum zu sein scheint. Im Larvenleben einfach und einem Ganglion der Bauchkette ähnlich , bildet dasselbe im aus- gebildeten Zustand mehrere Reihen von Anschwellungen, die sich am schärfsten bei den psychisch am höchsten stehenden Hymenopteren ausprägen. Fast regelmässig kann man ausser den primären Hirnlappen seitliche, die Sehnerven entsendende Sehganglien {Lohi optici) und obere beziehungsweise vordere die Fühler innervirende Antennenlappen {Lohi olfact07-ii) , zu denen noch eigen- thümlich gefaltete übrigens nach Lage und Grösse variirende Scheitelabschnitte als pihhutförmigc Körper kommen , unterscheiden. Letztere betrachtet man als Sitz der psychischen Funktionen ( Projectionscentrum erster Ordnung). Ganglienzellen und Faserzüge (Punktsubstanz) sind stets in der Art vertheilt, dass diese als Marksubstanz die centralen Partien ausmachen, während jene als »Rindenbelag« die Oberfläche einnehmen, beziehungsweise in gewundenen Faltungen (pilzhutförmige Körper) zwischen jene einrücken. Das Suboeso- phagealganglion ( untere Gehirnportion ) , welches die Mundtheile mit Nerven versorgt und die den Mundsegmenten des Kopfes zugehörigen Ganglien in sich enthält, wurde neuerdings dem kleinen Gehirn und dem verlängerten Marke der Wirbelthiere verglichen, wie dasselbe denn auch nach den Versuchen von Faivre an Dytiscus die Bewegungen zu regeln und zu coordiniren scheint. Wahrscheinlich erfahren in demselben die von dem Gehirn eingetretenen Fasern eine Kreuzung. Die Bauchganglienkette, welche mit ihren Seitennerven dem Rückenmarke mit seinen Spinalnerven zu vergleichen ist, bewahrt die ursprüngliche gleichmässige Gliederung bei den meisten Larven und sodann am wenigsten verändert bei den Insecten mit freiem Prothorax und lang- gestrecktem Hinterleibe. Hier bleiben nicht nur die drei grössern Thoracal- ganglien, welche die Beine und Flügel mit Nerven versehen, sondern auch eine grössere Zahl (bis 8) von Abdominalganglien gesondert. Von diesen entsendet das grosse zusammengesetzte Endganglion zahlreiche Nerven an den Ausführungs- gang des Geschlechtsapparates und an den Mastdarm. Die allmählich fort- schreitende, auch während der Entwicklung der Larve und Puppe zu verfolgende Concentrirung des ßauchmarks erklärt sich sowohl aus der durch Verschmel- zung verminderten Zahl der Abdominalganglien als aus der Verschmelzung der 1) Vergl. ausser Leydig und Rabl-Rückhard: M. J. Dietl, Organisation des Arthropodengehirns. Zeitschr. für wissens. Zool. Tom. XXYII. 1877. J. H. L. Flöget, Ueber den einheitlichen Bau des Gehirnes in den verschiedenen Insectenordnungen. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. XXX. 1878. E. Berger, Untersuchungen über den Bau des Gehirns und der Retina der Arthropoden. Ai-beiten aus dem zool. Inst. etc. Wien. Tom. I. 1878. 44* 692 Hexapoden. Eingeweidenenensystem Sinnesorgane. Brustganglien, von denen zuerst die des Meso- und Metathorax zu einem hintern grössern Brustknoten und dann auch mit dem vorderen Ganglion des Prothorax zu einer gemeinsamen Brustganglienmasse zusammentreten. Vereinigt sich endlich mit dieser oder mit dem hinteren Thoracalganglion auch noch die ver- schmolzene Masse der Hinterleibsganglien , so ist die höchste Stufe der Gon- centration, wie sie sich bei Dipteren und Hemipteren findet, erreicht. Die aus den Ganglien austretenden Seitennerven enthalten motorische und sensible Fasern, welche aus verschiedener Tiefe, jene mehr dorsal, diese mehr ventral zu entspringen scheinen. Auch sprechen Versuche Yersin's und Baudelot 's für die Deutung des obern oder dorsalen Ganglienabschnitts als Sitz des Bewegungscentrums. Indessen gehören die Fasern der Seitennerven ihrem Ursprung nach theilweise vorausgehenden Ganglien, beziehungsweise dem Gehirn an, mit welchem die Brücke der Schlundcommissur die Verbindung vermittelt. Das Eingeweidenervensystem zerfällt in das System der Schlundnerven und den Sympathicus der Respirationsorgane. An dem erstem unterscheidet man einen unpaaren und paarige Schlundnerven. Jener entspringt mit zwei Nervenwurzeln von der Vorderfläche des Gehirnes und bildet an der vordem Schlinge seiner beiden Wurzeln das sog. Ganglion frontale, in seinem weitem Verlaufe aber auf der Rückenfläche des Schlundes eine Menge feiner Nerven- geflechte in der Muskelhaut des Schlundes , sowie endlich ein grosses Ganglion in der Magengegend. Die paarigen Schlundnerven entspringen jederseits an der hintern Fläche des Gehirnes und schwellen zur Seite des Schlundes in meist umfangreichere Ganglien an, welche ebenfalls die Schlundwandung mit Nerven versehen. Die Deutung dieser Schlundmagennerven als Sympathicus wird durch die Thatsache gestützt, dass nach Zerstörung des Gehirns die Aus- führung von Schlingbewegungen keineswegs aufgehoben ist, deren Gentrum im Ganglion frontale zu liegen scheint. Newport und Leydig stellen die Schlundmagennerven dem Vagus der Wirbelthiere an die Seite und be- trachten ein System von blassen , durch ihre mikroskopische Structur kennt- lichen Nerven, welche zuerst Newport als Nervi respiratorii oder transversi beschrieb, als Sympathicus im engern Sinne. Dieselben zweigen sich in der Nähe eines Ganglions der Bauchkette von einem medianen zwischen den Längs- commissuren, aber an deren oberer Fläche verlaufenden Nerven ab, welcher in demselben , häufiger in dem vorausgehenden Ganglion wurzelt und hier zu- weilen ein kleines sympathisches Ganglion bildet. Nach ihrer Trennung er- zeugen sie abermals seitliche Ganglien , deren Nerven in die Seitennerven der Bauchkette eintreten, von diesen aber sich nachher wieder absondern und unter Bildung von Geflechten die Tracheenstämme und Muskeln der Stigmen versorgen. Von den Sinnesorganen erlangen bei den Insecten die Augen ^) eine all- gemeine Verbreitung und den höchsten Grad der Vervollkommnung. Die 1) Ausser den Arbeiten von Job. Müller, Gottsche, Claparede, Leydig und M. Schultze vergl.: S. Exner, üeber das Seben von Bewegungen und die Tbeorie des zusammengesetzten Auges. Sitzungsb. der K. Akad. der Wissenscb. Wien. 1875. H. Punktaugen. Facettenaugen. 693 kleinern unicornealen Augen (Punktaugen oder Ocelli) treten vorzugsweise im Larvenleben auf, finden sich indessen auch als Nebenaugen auf der Scheitel- fläche des ausgebildeten Insectes, im letztern Falle meistens in dreifacher Zahl. Die Facettenaugen (Netzaugen) nehmen die Seitenflächen des Kopfes ein und gehören vorzugsweise dem geschlechtsreifen ausgebildeten Insecte an. Die unicornealen sog. PunJctaugen besitzen immerhin einen complicirtern Bau als die einfachen Augen niederer Krebse und Würmer und würden mit den Augen der Spinnen und Scorpione als zusammengesetzte Äugen mit gemein- samer Cornealinse zu bezeichnen sein. In den hintern Theil des von einer Art Sclera umgebenen Augenbulbus tritt der Sehnerv ein und strahlt in Fasern aus, welche in die kolbig angeschwollenen Endzellen mit ihren cuticularen Stäbchen (Stäbchenschicht) eintreten. Vor dem Nervenapparat breitet sich der schon von Joh. Müller gekannte Glaskörper aus, eine aus langen radiär gestellten Hypodermiszellen gebildete Schicht, in deren peripherischen Theilen Pigmente angehäuft sind. Die grössern Facettenaugen unterscheiden sich von den Punktaugen zu- nächst durch die gefelderte, facettirte Cornea, welche für jeden durch eine Pigmentscheide gewissermassen isolirten Nervenstab eine besondere Linse bildet. Dazu kommt die Zusammensetzung des Nervenstabes (Retinula) aus mehreren, gewöhnlich aus sieben Nervenzellen, deren cuticulare Stäbchen zu einem ge- meinsamen in die Axe fallenden »llhahdom« verschmelzen können, endlich die Abscheidung eines Krystallkegels aus der zwischen Nervenstab und Gornea- facette gelegenen Gruppe von Glaskörperzellen. Trotz dieser bedeutenden Complication finden sich somit im Wesentlichen die Elemente des unicornealen Auges auch im Facettenauge wieder, welches von jenem aus durch Zwischen- glieder als modificirte höhere Augenform abgeleitet werden kann. Auch am Facettenauge unterscheidet man hinter der zuweilen aus Tausenden von Facetten (Linsen) gebildeten Hornhaut einen von einer derben Sclerotica um- grenzten Bulbus, an dessen Hinterwand der eingetretene Sehnerv zunächst eine gangliöse oder Körnerschicht, sodann eine Faserbündelschicht bildet. Die Fibrillen der letztern scheinen in das Hinterende der Nervenstäbe oder Retinulae einzutreten , an deren Vorderseite die Krystallkegel liegen. Diese bestehen aus vier der Länge nach verschmolzenen Segmenten, welche als Ausscheidungen von ebensovielen Zellen entstanden sind. Zwischen den ausstrahlenden Nerven- fasern und sogenannten Stäben, Retinulae, verlaufen noch feine Tracheenzweige, dessgleichen breiten sich in der Umgebung dieser Elemente sowie im Umkreis der Krystallkegel Pigmentzellen aus, welche auch noch an der Innenwand der Sclerotica eine zusammenhängende becherförmige Pigmentlage bilden können. Indessen gibt es neben diesen euconen Augen (Grenacher) vereinfachte Formen von Facettenaugen , in denen die Krystallkegel fehlen (acone), oder nur durch eine flüssige Ausscheidung der vier Mutterzellen vertreten sind (pseudacone). Die bei Schnaken, Wanzen, Ohrwürmern etc. auftretenden aconen Augen Grenacher, Untersuchungen über das Sehorgan der Arthropoden. Göttingen. 1879. V. Graber, Das unicorneale Tracheatenauge etc. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XVII. 1879. 694 Hexapoden. Facettenaugen. Antennen. Gerachsorgan. Gehörblasen. nehmen auch in so fern die tiefste Stufe ein , als die Verbindung der sieben Retinulazellen des sog. Nervenstabes auf eine lose Nebeneinanderlagerung beschränkt bleibt, eine der Zellen central liegt, und es noch nicht zur Bildung eines einheitlichen Rhabdom's kommt. Ein solches fehlt auch noch den für die Museiden charakteristischen pseudaconen Augen und kommt erst bei den euconen Augen zur einheitlichen Gonsolidirung. Facettenaugen und Unicornealaugen stehen aber mit Rücksicht auf die Art und Weise, wie sie die Perception von Bildern vermitteln, in einem scharfen Gegensatz, welchen zuerst J oh. Müller in seiner Theorie vom musivischen Sehen klar legte. Freilich haben Leydig, Glaparede u. A. aus histolo- gischen und physiologischen Gründen diese Theorie bekämpft, deren Richtig- keit indessen durch die neuern Untersuchungen nahezu ausser Frage gestellt wurde. Die bereits Gottsche bekannten umgekehrten Bildchen, welche hinter den Gornealinsen projicirt werden, müssen bei der besondem Gestaltung der hinterliegenden Krystallkegel durch diese wieder zerstört werden , sodass nur der durch reflectirtes Licht möglichst verstärkte Axenstrahl von der Retinula percipirt werden kann. (Vergl. pag. 40). Jedenfalls sind die Augen für die grosse Mehrzahl der luftlebenden hisecten die vorzüglichsten Sinnesorgane (Libellen , Tabaniden) , während sie bei solchen Formen , welche unterirdisch oder in dunkeln Räumen leben, mehr zurücktreten (Arbeiter der Ameisen), beziehungsweise ganz rückgebildet werden (Bünde Grotteninsecten). Nächst dem Auge dürften als Sinneswerkzeuge die Antennen eine her- vorragende Bedeutung haben, nicht nur als Vermittler einer feinen Tastempfin- dung, sondern in erster Linie als Spür- und Geruchsorgane. Zahlreiche Er- fahrungen beweisen, dass die Insecten ein ausgebildetes Riechvermögen besitzen und Stoffe, welche für ihren oder ihrer Nachkommen Lebensunterhalt wichtig sind, aus der Entfernung wittern (Necrophorus, Aas-, Blumenfliegen etc.). Als Träger dieses Spürsinnes gelten schon lange und gewiss mit vollem Rechte die überaus beweglichen und frei in das äussere Medium vorstehenden Fühl- hörner. Während man früher nach Erich son 's Vorgang die Vertiefungen und Gruben, wie sie sich beispielsweise an den blattförmigen Fühlergliedern der Lamellicornier finden , als Riechgruben deutete , betrachtet man jetzt im Anschluss an Leydig und in Uebereinstimmung mit der Deutung ähnlicher Gebilde an den Grustaceenfühlern eigenthümlich gestaltete , mit Nerven und Ganglienzellen in Verbindung stehende Guticularanhänge als die Vermittler dieser Sinnesfunktion. Freilich liegen dieselben oft einzeln oder gruppenweise in grubenförmigen Vertiefungen oder selbst blasenähnlichen Höhlungen der Antennenfläche, sodass sie im letztern Falle (Fliegen) eine gewisse Aehnlichkeit mit Otocysten erlangen können. Sinnesorgane nach dem Typus der Gehörblasen mit Otolithen, wie sie insbesondere bei Würmern, Krebsen und Mollusken vorkommen, sind bislang nur bei gewissen Insecteniarven in vereinfachter Form nachgewiesen. Im letzten und vorletzten Hinterleibssegmente der Larve von Ftyclwptera ^) finden 1) Vergl. C. Grobben, lieber bläschenförmige Sinnesorgane etc. von Ptychoptera contaminata. Sitzungsber. der K. Akad. Wien. 1875. V. Graber, üeber neue oto- Organe der Schallempfindung. 695 sich 2 Paare der vorgewölbten Chitinhaut angelagert , in welchem 2 oder 3 hellglänzende Kugeln schwimmen. An die untere Seite jedes Bläschens tritt ein zarter zu einer spindelförmigen Ganglienzelle angeschwollener Nerv heran. Aehnliche Sinnesorgane, die vielleicht die Bedeutung von Gehörblasen haben, kehren auch bei Tabanus- und andern Fliegenlarven am Ende des Hinterleibs wieder. Sicher besteht die Fähigkeit der Schallempfindung für zahlreiche und insbesodere für diejenigen Insecten, welche Geräusche und Töne hervorbringen, bei denen man daher auch das Vorhandensein von Organen für die Perception von Schalleindrücken seit langer Zeit voraussetzte und nach entsprechenden Sinnesorganen sich umsah. In der That sind bei den Äcridiern *), Locustiden und Gryllodeen Organe vorhanden , welche zwar nach einem andern Typus als die Gehörblasen gebaut, aber höchst wahrscheinlich als akustische Apparate zur Empfindung der Schallwellen bestimmt sind. Es sind die sog. tympanalen Sinnesorgane. Bei den Äcridiern findet sich an den Seiten des ersten Ab- dominalsegmentes dicht hinter dem Metathorax ein horniger Ring, über welchem eine zarte dem Paukenfell vergleichbare Membran, oft von einer Hautfalte deckelartig überragt, ausgespannt ist. An der Innenseite der Membran er- heben sich mehrere stark chitinisirte zapfenförmige Vorsprünge, welchen eigen- thümliche Nervenenden eines aus dem dritten Brustganglion entspringenden Nerven eingelagert sind. Der Nerv schwillt vor seinem Eintritt in die areo- lären Räume des Ghitinzapfens in ein Ganglion an und lässt aus diesem strang- artige Ausläufer der Ganglienzellen hervorgehen , in deren kolbig erweiterten Enden glänzende Stäbe oder Nervenstifte eingebettet sind. Erweist sich der Nerv aus der Art seiner Endigung entschieden als Sinnesnerv, so spricht für seine Bedeutung als Gehörnerv die für Schallwellem empfängliche Membran, sowie das Hinzukommen eines Resonanzapparates, welcher als grosse Tracheen- blase dem Nerven und Trommelfell anliegt. Ein ähnlich gebautes Organ findet sich bei den Gryllodeen und Locustiden in den Schienen der Vorderbeine dicht unter dem Gelenke des Oberschenkels. Zwiscken zwei seitlichen trommelfell- artigen Membranen , die noch von einem muschelförmig gewölbten Hautblatte (mit vorderer Spalte) überdeckt sein können, erweitert sich ein Tracheenstamm zu einer Blase, an welcher das in ähnliche Nervenenden auslaufende Ganglion eines aus dem ersten Brustganglion entspringenden Nerven liegt. Neuerdings wurden auch an den Vorderbeinen von Sphinx atropos (Todtenkopf) ähnliche Bildungen beobachtet. Wahrscheinlich nimmt also der zu einer Tonproduktion befähigte Schwärmer ebenfalls Schall und Geräusche wahr. Ob die eigenthüm- lichen Sinnesorgane, welche von Leydig in dem Hinterflügel der Käfer und cystenartige Sinnesorgane der Insecten. II. Neues Organ einer Fliegenmade. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XVI. 1) Ausser Joh. Müller vergl. v. Siebold, lieber das Stimm- und Gehörorgan der Orthopteren. Archiv für Naturg. 1844. Leydig, Müller's Archiv. 1855 und 1860. V. Hensen, Ueber das Gehörorgan von Locusta. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XVI. \866. V. Graber, Die tympanalen Sinnesorgane der Orthopteren. Denkschriften der K. Akad. der Wissensch. Wien. 1875. 696 Hexapoden. Tastsian. Darmcanal. in den Halteren der Fliegen nachgewiesen worden sind, in ihrer Bedeutung dem Gehörorgane der Zirpen und Heuschrecken entsprechen , muss vorläufig dahin gestellt bleiben. Auch hier sind in den der Ganglienzelle folgenden Endschläuchen stäbchenförmige Nervenstifte eingelagert. Aehnliche Nervenstifte wurden neuerdings von demselben Forscher auch in den Nerven der Antennen, Palpen und Beinen aufgefunden, unter Verhält- nissen, welche die Bedeutung derselben als Tastnerven am wahrscheinlichsten machen. Der Tastsinn wird nämlich vorzugsweise durch die Antennen und Taster der Mundtheile, sowie durch die Tarsalglieder der Beine vermittelt, in- dessen können auch Anhänge an der Oberfläche der Segmente wie die mit Nerven und Ganglien in Verbindung stehenden Tastborsten an der Haut zarter Insectenlarven [Corethra) zum Tasten dienen. Wahrscheinlich ist häufig auch der Eingang des Mundes und die Mund- höhle selbst Sitz einer feinern Gefühls- und Tastempfindung, wie auch möglicher- weise durch besondere Gruppen zarter mit Nervenenden verbundenen Cuticular- gebilden an dieser Oertlichkeit eine Art Geschmacksempfindung vermittelt wird. Am genauesten sind derartige Sinnesorgane nach Structur und Lage durch Wolf f^) am Mundeingang der Honigbiene bekannt geworden, wenn freilich die Deutung derselben als Geruchsorgane unhaltbar erscheint. Ein solches Sinnesorgan liegt vor dem Uebergang der Mundhöhle in den Schlund als eine herzförmige segelartig aufgewulstete Platte, die von einer Menge mit Nerven und Ganglienzellen in Verbindung stehender Härchen besetzt ist. Auch an der Zungenbasis des Bienenrüssels , sowie an dem polsterförmig vor- springenden Hypopharynx von Orthopteren und Goleopteren findet sich eine reiche auf Sinnesempfindung hinweisende Nervenausbreitung. Der Darmcanal ^) zeigt überall die bekannte Drei-Gliederung in Munddarm, Mitteldarm und Afterdarm, kann jedoch in einzelnen Fällen Rückbildungen erfahren. Einige wenige Insecten nehmen ausschliesslich im Jugendzustand Nahrung auf und entbehren in der geflügelten Form der Mundöffnung (Ein- tagsfliegen, Aphidenmännchen), andere besitzen im Larvenzustand einen blind- geschlossenen mit dem Enddarme nicht communicirenden Magendarm {Hyme- nopteren {Äculeata), Pupiparen , Hemer obiiden , Ameisenlöwe). Der von den Mundwerkzeugen umstellte Mund führt in eine enge Speiseröhre, in deren vorderen als Mundhöhle zu bezeichnenden Theil ein oder mehrere Paare umfangreicher schlauchförmiger oder traubiger Speicheldrüsen^) einmünden. Die Beschaffenheit und Bedeutung dieser Drüsenpaare ist keineswegs überall die gleiche. Bei den Raupen ist das eine der beiden Drüsenpaare zu einer Spinndrüse geworden. Nach Lage und Verlauf unterscheidet man bei 1) 0. J. B. Wolff, Das Riechorgan der Biene etc. Nova Acta Leop. Carol. Tora. XXXVIII. 1875. 2) Ausser den altem Schriften von Ramdohr, St. Dürkheim. Siderot u. a. vergl.: F. Plateau, Recherches sur les phenomenes de la digestion chez les insectes. Bruxelles. 1874. 3) Basch, Untersuchungen über das chylopoetische und uropoetische System von Blatta orientalis. Sitzungsberichte der K. Akad. der Wissenschaften. Tom. XXXIII. Wien. 1858. Kropf. Kaumagen. Chylusdarm. 697 den Hymenoptern eine Brust-, Kiefer- und Zungenspeicheldrüse, von denen die letztere an der Unterlippe ausmündende die wichtigste zu sein scheint, zumal sich dieses Drüsenpaar überall und auch da, wo nur eine Speicheldrüse vorhanden ist {Orthopteren) wiederfindet. Rücksichtlich der chemischen Ein- wirkung des Drüsensaftes wurde zuerst für die Blattiden nachge\viesen , dass sich dieselbe keineswegs auf eine rein saccharificirende (Umsetzung von Stärke- mehl in Zucker) beschränkt, sondern auch auf Verdauung von Eiweisskörpern bezieht. Bei der Honigbiene scheint sich das Sekret der mächtig entwickelten Speicheldrüsen sowohl an der Honigbereitung als an der Bildung des Futter- saftes zu betheiligen, mit welchem die Brut ernährt und aufgezogen wird. Bei zahlreichen saugenden Insecten erweitert sich das Ende der langen Speiseröhre in einen seitlichen kurz gestilten dünnhäutigen Sack (mit Unrecht Saugmagen genannt), bei andern in eine mehr gleichmässige als Kropf bekannte Auf- treibung, in welchem die Nahrungsstoffe eine Zeitlang verweilen und eine Art Vorverdauung unter dem Einfluss der Speichelsecrete erfahren. Bei Raub- insecten, insbesondere aus den Ordnungen den Coleopteren und Neuropteren folgt auf den Kropf ein Kaumagen von kugeliger Form und kräftiger Muskel- wandung, dessen hmenhaut als chitinisirte Guticula eine besondere Dicke gewinnt und mit stärkern Leisten, Zähnen und Borsten besetzt ist. Doch scheint die Bedeutung oft nur die eines Apparates zu sein, welcher den Rück- tritt der Speisetheile verhindert. Aehnliche Bildungen finden sich bei Gryllus, Lociista etc. unter den Orthopteren. Der auf den Oesophagus folgende, bald gerad-gestreckte , bald mehrfach gewundene Darm verhält sich nach der verschiedenen Lebensweise der ein- zelnen Ordnungen ausserordentlich verschieden und zerfallt überall wenigstens in einen längern, die Verdauung besorgenden Magendarm {Chylusdarm), welcher mit Rücksicht auf seine Functionen sowohl dem Magen als dem Dünndarm ent- spricht, und in einen längern oder kürzern die Kothballen absondernden Enddarm. Die Zahl der Abschnitte wird jedoch häufig eine grössere. Auch der Chylus- darm, an welchem sich vorzugsweise die verdauende und resorbirende Drüsen- zellenschicht auf Kosten der Muskellage und der völlig schwindenden Intima entwickelt, nimmt häufig noch besondere Drüsen auf, deren Secret die Ver- dauung der Eiweisskörper besorgt, wenn es auch nach Art des Lebersecretes Gallenfette und Farbstoffe enthält und somit zugleich durch die Ausscheidung solcher Substanzen aus dem Blute die Function der Leber mit besorgt. Ent- weder sind eine grosse Zahl solcher Drüsen in dichter Häufung an der Darm- wand gleichmässig vertheilt, sei es, dass sie äusserlich nicht bemerkbar werden, sei es, dass sie als kleine Blindsäckchen hervortretend der Aussenfläche des betreffenden Darraabschnltts ein zottiges Aussehn verleihen (Raubkäfer) , oder am Anfange des Mitteldarmes sitzen mehrere grössere Blindschläuche nach Art von Leberschläuchen auf {Orthopteren). Die Grenze von Chylusdarm und Enddarm wird durch die Einmündung langgestreckter fadenförmiger Blindschläuche, der als Harnorgane betrachteten 3Ialpighischen Gefässe, bezeichnet. Auch der mit der Insertion dieser Fäden beginnende Enddarm zerfällt meist während seines Verlaufes in 2, seltener in 3 Abschnitte, welche als Dünndarm, Dickdarm und Mastdarm, unterschieden 698 Hexapoden. Malpighische Gefässe. werden. Der letzte Abschnitt besitzt eine starke Muskellage und enthält in seiner Wandung vier, sechs oder zahlreiche Längsvvülste , die (an Kiemen- tracheen erinnernde) Bectaldmsen '). An der Oberfläche dieser Wülste findet sich eine hohe, den übrigen Partieen des Mastdarms fehlende Epitelschicht, während in der Tiefe derselben zahlreiche Tracheenbüschel und Nerven ein- treten. Im Larvenleben und überall da, wo die Rectaldrüsen fehlen, wird der Mastdarm von einer gleichmässigen Epitelschicht ausgekleidet. Bei vielen Käfern münden noch unmittelbar vor der am hintern Körperpole gelegenen Afteröffnung zwei Drüsen (die Analdrüsen) in den Mastdarm ein, deren Secret durch seine ätzende und übelriechende Beschaffenheit als Vertheidigungsmittel benutzt zu werden scheint. Die am Anfang des Afterdarms einmündenden sog, -»Malpighischen Gefässe« sind fadenförmige, nicht selten verzweigte und mit ihren Aesten anastomosirende Drüsenschläuche, welche früher für Gallenorgane gehalten wurden, zweifelsohne aber, nach der Beschaffenheit des Inhalts zu schliessen, als Harn-absondernde Organe fungiren. Man Unterscheidet überall eine zarte peritoneale Hüllhaut, in welche Tracheen , Muskelfasern und Nerverfasern des Sympathicus übergehn, die homogene Tunica propria und einfache dieser an- haftende grosse Secretionszellen , deren Kerne in der Regel vielfach verästelt sind. Zuweilen soll nach Schindler ^) eine von Poren durchsetzte Intima das Lumen auskleiden. Der von den grosskernigen Drüsenzellen secernirte oft durch Dehiscenz austretende Inhalt (welcher durch den Enddarm nach aussen entleert wird ) , hat meist eine braungelbliche oder weissliche Färbung und erweist sich als eine Anhäufung sehr feiner Körnchen und Goncremente, welche grossentheils aus Harnsäure bestehen. Auch wurden Krystalle von oxalsaurem Kalk und Taurin, sowie Kugeln von Leucin und harnsaurem Natron im Inhalt der Malpighischen Gefässe nachgewiesen. Die neuerdings besonders durch Leydig vertretene Ansicht, dass ein Theil derselben mit abweichender Beschaffenheit und Färbung des Secretes Galle bereite, enthält nichts Unwahr- scheinliches, denn die Insertion dieser Fäden am Anfang des Enddarmes, an einer Stelle, wo die Veränderung und Resorption der Nahrungsstoffe im Wesentlichen vollzogen ist, kann nicht zur Widerlegung verwerthet werden, seitdem wir wissen , dass die Gallenbestandtheile die Verdauung eher hemmen als befördern , nur fehlt der bestimmte Nachweis von der Natur jener Farb- stoffe als Gallenproducte. Die Zahl und Gruppirung der meisten sehr langen, am Ghylusdarme in Windungen zusammengelegten Fäden wechselt übrigens mannichfach. Während in der Regel 4 oder 6 , seltener 8 sehr lange Harn- röhren in den Darm einmünden, ist die Zahl derselben besonders bei den Uymenopteren und Orthopteren eine weit grössere; im letztern Falle kann 1) C. Chun, Ueber den Bau, die Entwicklung und physiologische Bedeutung der Rectaldrüsen bei den Insecten. Frankfurt. 1875. 2) E. Schindler, Beiträge zur Kenntniss der Malpighi'schen Gefässe der Insecten. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. XXX. Mit Rücksicht auf die Endigungsweise der Nerven an den Drüsenzellen vergl. Fr. Leydig, Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XII. Spinn-, Gift- und Wachsdrüsen. 699 selbst ein gemeinsamer Ausführungsgang {Gryllotalpa) die übrigens kurzen Fäden zu einem Büschel vereinigen. Als Ahsonderungsorgane der Insecten kommen insbesondere sog. Glan- dulae odoriferae, die Wachsdrüsen, die ausschliesslich den Larven eigen- thümlichen Spinndrüsen und endlich die Giftdrüsen in Betracht. Höchst charakteristisch für die Structur ^) der meisten dieser Drüsen ist die cuticulare an die Tracheen erinnernde Intima des Ausführungsganges sowie der Special- cuticularröhrchen für die Drüsenzelle selbst. Die Stinkdrüsen, zu denen auch die bereits erwähnten Analdrüsen der Käfer, Formiciden etc. gehören, liegen unter der Körperbedeckung und sondern meist zwischen den Gelenkverbin- dungen verschiedene stark riechende Säfte ab. Bei der Bettwanze ist es eine unpaare birnförmige Drüse im Metathorax, welche ihr intensiv riechendes Secret durch eine Oeffnung zwischen den Hinterbeinen austreten lässt und den berüchtigten Gestank verbreitet. Bei Syromastes und anderen Baumwanzen mündet die Stinkdrüse neben den Mittelbeinen und wurde von Fieber für ein Thoralstigma gehalten. Eigenthümliche Drüsensäckchen ^), deren Salicylsäure- haltiges Secret in kleinen Tropfen an der Hautoberfläche hervortritt, wieder- holen sich paarweise an den Körpersegmenten der Larven und Puppen von Ghrysomela populi. Aehnliche Drüsensäckchen finden sich unter warzigen In- tegumentalerhebungen am Rücken einzelner Körperringe gewisser Bombyciden- raupen, während die Raupe vom Gabelschwanz {Harpyia) im Protothorax einen ansehnlichen Drüsensack birgt , aus dessen Oeffnung sie ein stark saures Secret zur Vertheidigung hervorspritzt. Auch würden hier die vorstülpbaren drüsenreichen Hautanhänge verschiedener Raupen (am Nacken von Papilio machaon) und Falter ^) (Stinkwülste am Hinterleib der Maracujäfalter), welche einen eigenthümlichen Geruch verbreiten, endlich die sog. Duftschuppen auf den Flügeln einiger brasilianischer Falter-Männchen anzuschliessen sein. Einzellige Hautdrüsen (mit cuticularem im Protoplasma beginnenden Ausführungsgang) sind an sehr verschiedenen Oertlichkeiten des Insecten- körpers nachgewiesen worden und scheinen, den Talgdrüsen der Wirbelthiere vergleichbar, eine ölige die Gelenke geschmeidig erhaltende Flüssigkeit abzu- sondern. Langgestreckte als Wachsdrüsen zu bezeichnende Drüsenschläuche, welche gruppenweise unter warzigen Erhebungen der Haut zusammenliegen, secerniren weissliche Fäden und Flocken , welche den Leib wie mit einer Be- kleidung von Puder oder feiner gekräuselter Wolle umgeben ^) {Fflansenläuse, Cicaden etc.). Bei den Bienen sind es cylindrische Drüsenzellen , welche als 1) Vergl. insbesondere Fr. Leydig, Zur Anatomie der Insecten. Müller's Archiv für Anatomie. 1859. 2) C. Cialis, Ueber die Drüsen von Ghrysomela populi. Zeitschr. für wissenschaftl. Zool. Tom. XI. 3) Vergl. Fr. Müller, Die Stinkkölbchen der weiblichen Marjacujä-Falter. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXX. 1877. Derselbe, Ueber Haarpinsel, Filzfleckchen und ähn- liche Gebilde auf den Flügeln männlicher Schmetterlinge. Jen. naturwiss. Zeitschrift. Tom. XI. 1877. 4) C. Claus, Ueber die Wachsbereitenden Hautdrüsen der Insecten. Marburger Sitzungsberichte. No. 8. 1867. 700 Hexapoden. Spiandrüsen. Giftdrüsen. Blutflüssigkeit. lamellöser Belag den Vorderplatten der Bauchschienen anliegen und durch dieses »Wachshäutchen« hindurch die zarten Wachsplättchen ausscheiden. Die Spinndrüsen, deren flüssiges Secret beim Luftzutritt zu Fäden er- härtet, kommen fast ausschliesslich im Larvenleben vor und dienen zur Ver- fertigung von Geweben und Hüllen, welche der Larve und ganz besonders der Puppe einen gesicherten Schutz bieten. Diese Drüsen sind wohl überall da, wo sie als zwei mehr oder minder angeschwollene und langgestreckte Schläuche {Serieferien) hinter dem Munde sich öffnen, einer besondern Form von Speichel- drüsen gleichzustellen, zumal da sie denselben auch in ihrer Structur sehr nahe stehen. Die Larven des Ameisenlöwen und der Hemerohiiden haben freilich ihr Spinnorgan an dem entgegengesetzten Körperpole, indem die Wandung des vom Ghylusmagen abgeschlossenen Mastdarms die Stelle der Sericterien vertritt. Endlich kommen bei vielen Weibchen von Hymenopteren Giftdrüsen vor. Dieselben bilden zwei einfache oder verästelte Schläuche mit einem gemeinsamen Ausführungsgang, deren Anfangstheil zu einem blasenähnlichen Reservoir für die secernirte, aus Ameisensäure bestehende Flüssigkeit an- schwillt. Das Ende des Ausführungsganges steht mit den äussern, aus ver- änderten Anhängen des Hinterleibes hervorgegangenen Geschlechtstheilen im Zusammenhang , welche in diesem Falle als Giftstachel ^) bezeichnet werden. Die meist farblose, zuweilen jedoch auch grünliche, gelbliche oder röth- liche Blutflüssigkeit enthält constant körperliche Elemente vielgestaltiger amoebenähnlich beweglicher Blutzellen und strömt in bestimmten Bahnen der Leibeshöhle. Die Vereinfachung des auf ein Rüchengefäss beschränkten Cir- culation sapparates steht im Zusammenhang mit der ausgedehnten Verbreitung und reichen Verästelung der Respirationsorgane, welche als luftführende Röhren, Tracheen, nach allen dem Stoffwechsel unterworfenen Organen ihre Verzweigungen senden und in diesen das frei die Gewebstheile umspühlende Blut gewissermassen aufsuchen. Das Rüchetiyefäss liegt in der Medianlinie des Abdomens und ist durch quere Einschnürungen in zahlreiche (häufig 8) den Segmenten entsprechende Kammern abgetheilt, welche mittelst zarter bindegewebiger und muskulöser Fasern, sowie der seitlichen sog. Flügelmuskeln an das Hautskelet der Rückenfläche befestigt sind. Durch ebensoviel Paare seitlicher Spaltöffnungen strömt das Blut während der Diastole der Kammern in das Rückengefäss ein , welches sich allmählig von hinten nach vorn zu- sammenzieht und das aufgenommene Blut in gleicher Richtung aus einer in die andere Kammer forttreibt. Die vordere Kammer setzt sich in eine mediane, bis zum Kopf verlängerte Aorta fort , aus welcher sich das Blut frei in den Leibesraum ergiesst und in vier Hauptströmen, zwei seitlichen, einem dorsalen unterhalb des Rückengefässes und einem ventralen in der Umgebung der Ganglienkette, unter Abgabe zahlreicher Nebenbahnen in die Extremitäten etc. 1) Vergl. C. Kraepelin, Untersuchungen über den Bau, Mechanismus und Ent- wicklungsgeschichte des Stachels der bienenartigen Thiere. Zeitschr. für wiss. Zool. 1873. A. Forel, Der Git'tapparat und die Analdrüsen der Ameisen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXX. Supplementband. Femer die Aufsätze von SoUmann, Dewitz etc. Herz. Respiration. 701 nach dem Herzen zurückfliesst. Nur ausnahmsweise gehen vom hintern Ende des Herzens arterienartige Röhren aus , wie bei gewissen Mückenlarven {Pty- choptera), deren Herz nur aus einer einzigen Kammer besteht und bei den Epliemeridenlarven , deren Schwanzfäden Arterien aufnehmen. Histologisch besteht das Herz aus einer von einer Bindegewebshülle umkleideten Muskelhaut mit schräg ringförmig angeordnetem Verlauf der quergestreiften Fibrillen und aus einer homogenen zarten Intima. Die Ränder der Ostien bilden längere oder kürzere in das Lumen des Herzens vorspringende Ventilklappen, eine vordere und eine hintere, welche während der Diastole der Kammer aus- einanderweichen, eventuell zugleich als Interventricularklappen den Rückfluss des Blutes aus der vorliegenden Kammer verhindern, bei der Systole dagegen die seitlichen Spalten verschliessen. Indessen sollen nach Grab er bei Mücken- larven {Chironomus) noch zwischen je zwei benachbarten Kammern besondere nach Art von Taschenklappen wirkende Interventricularklappen vorhanden sein. Uebrigens können die seitlichen Klappenpaare auf lippenförmige Ver- dickungen der von einem Muskelringe umsäumten Ostien reducirt sein. (Heu- schrecken). Was den Befestigungsapparat des Herzens anbelangt , so wird derselbe vornehmlich durch eine die Seiten und die Dorsalfläche des Rückengefässes umspinnendes muskulöses Fasernetz hergestellt , welches direkt in die binde- gewebige Umhüllungshaut des Herzens übergeht. Im Gegensatz zu diesem muskulösen Suspensorium kommt den sogenannten Flügelmuskeln nach Gräber^) eine ganz andere Function zu. Dieselben bilden die flügeiförmigen Seitentheile eines zusammenhängenden unter der Ventralseite des Herzens dachförmig ausgespannten Septums, welches von fensterartigen Lücken durch- brochen , einen obern pericardialen Sinus von der Leibeshöhle abgrenzt. Die Gontraktion der Flügelmuskeln kann demnach nicht , wie die altern Autoren glaubten, die Diastole der Herzkammern bewirken, sondern wird die Ab- flachung des schräg ausgespannten Suspensoriums zur Folge haben und dem- gemäss den Raum des Pericardialsinus auf Kosten der Leibeshöhle vergrössernd, die Blutströmung der letztern nach dem Herzen hin unterstützen. Eine dem Pericardialseptum entgegengesetzte Wirkung würde einem ventralen oberhalb der Bauchkette ausgespannten Diaphragma zukommen , durch dessen Anspan- nung der ventrale nach hinten gerichtete Blutstrom befördert werden müsste. Selbstverständlich würde — die Richtigkeit der Ausführungen Graber 's vor- ausgesetzt — die abwechselnde An- und Abspannung der beiden Diaphragma auch auf den Füllungszustand der den entsprechenden Räumen angehörigen Abschnitte des Tracheensystems nicht ohne Einfluss bleiben. Die Respiration erfolgt allgemein durch überall verbreitete, vielfach ver- zweigte Tracheen ^) , welche ihren Luftbedarf durch paarige , meist in den Verbindungshäuten der Segmente gelegene Stigmen unter deutlichen Athem- 1) V. Grab er, Ueber den propulsatorischen Apparat der Insecten. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. IX. Derselbe, Ueber den pulsirenden Bauchsinus der In- secten. Ebendas. Tom. XIL 2) J. A. Palmen, Zur Moi-phologie des Tracheensystems. Helsingfors. 1877. 702 Hexapoden. Tracheen. bewegungen des Hinterleibes aufnehmen. Der Structur nach zeigen die Tracheen eine grosse Aehnlichkeit mit den Drüsen, indem ihre Wandung aus einer äussern Zellenschicht und einer cuticularen hitima besteht , welche an den Stigmen direct in die integumentale Chitinhaut übergeht. Die Stigmen sind runde oder längliche Spaltöffnungen mit aufgewulstetem, ringförmigem und verhorntem Rande und sehr mannichfachen Einrichtungen des Schutzes und Verschlusses ^) , welcher unter dem Einfluss des Nervensystems durch beweg- liche Klappen und Hebel regulirt werden kann. Entweder sind es 2 Thür- flügel-ähnliche Lippen , welche am Eingang der Tracheenröhre vorstehen und durch ihre Vibration summende Töne veranlassen (Fliegen), oder schalenartig gekrümmte Platten {Orthopteren und Neuropteren), oder weit hinter der durch übereinander greifende Haare und Borsten geschützten Stigmenspalte wird das Tracheenrohr durch eine gekrümmte Ghitinleiste (den Verschliessbügel) ein- geschnürt, welche mittelst bewegbaren Hebels in ihrer Lage verändert werden kann (Käfer, Schmetterlinge). Am ersten Brustsegment scheint überall im ausgebildeten Stadium (Imago) das Stigmenpaar geschwunden, während dasselbe bei den meisten Larven der holometabolischen Insecten vorhanden ist. Dahingegen fehlen diesen, wie z. B. den Ptaupen und Käferlarven, die offene Stigmen an den beiden nachfolgenden Brustsegmenten, an denen sie erst beim Eintritt in das Imagostadium als Oeffnungen hervortreten. Sind die beiden thoracalen und acht abdominalen Stigmenpaare vorhanden, so bezeichnet man die Form des Tracheensystems als eine holopneustische (Imagostadium der hemimetabolischen und vieler holometabolischen Insecten). Bleiben ein- zelne der Stigmen unentfaltet, so ist das Tracheensystem peripneustisch, wenn die Stigmen des zweiten und dritten Brustsegments fehlen (Raupen, Käfer- larven etc.), hemipneustisch, wenn Stigmen der Abdominalsegmente geschlossen sind. Die Zahl der Stigmen variirt ausserordentlich , doch finden sich niemals mehr als 10 und selten weniger als 2 Paare. Während dieselben am Kopfe (an dessen Segmenten jedoch am Embryo der Lepidoptercn die Anlagen von drei Stigmenpaaren nachgewiesen wurden) und an den beiden letzten Hinter- leibsringen (9 und 10) stets fehlen, gehören dem Thorax 1 oder 2 Paare, dem Abdomen höchstens 8 Paare von Luftlöchern an, die überdies zuweilen eine sehr versteckte und geschützte Lage haben. Bedeutend sinkt die Zahl der Luftlöcher bei den wasserbewohnenden Larven von Käfern und Dipteren, welche nur 2 Stigmen am achten Segmente des Hinterleibes häufig auf einer einfachen oder auch gespaltenen Röhre besitzen (metapneustisch). Indessen können zu den Oeffnungen dieser Athemröhren noch zwei Spaltöffnungen am Prothorax hinzukommen (amphipneustisch). Auch einige Wasserwanzen, z. B. Nepa, Ranatra etc. tragen am Ende des Hinterleibes 2 lange, aus Halbcanälen gebildete Stäbe, welche am Grunde zu den zwei terminalen Luftlöchern führen, neben denen aber noch vorausgehende Stigmen persistiren. Endlich können bei wasserlebenden Insectenlarven Luftlöcher vollständig fehlen, so dass das 1) Vergl. H. Landois, Der Stigmenverschluss bßi den Lepidoptercn, Müller's Archiv. 1866, ferner H. Landois und W. Thelen, Der Tracheenverscbluss bei Tenebrio jnolitor. Ebend, Luftsäcke. Trftcheenkjemen. 703 Tracheensystem vollständig geschlossen erscheint und als apneustisch bezeichnet werden kann (Gorethralarve , Larven von Neuropteren und Orthopteren mit Tracheenkiemen), ein früher mit Unrecht als ursprünglich gedeuteter, in der That jedoch secundärer, durch Obliteration sämmtlicher Spaltöffnungen be- dingter Zustand. Die Tracheen, deren Lumen durch die feste zu Spiralringen verdickte und nicht selten als Spiralfaden darstellbare Ghitinhaut der Wandung klaffend erhalten wird , sind stets mehr oder minder prall mit Luft gefüllt und daher meist von silberglänzendem Aussehen. Die cuticulare, von der äussern zarten und kernhaltigen Zellhaut erzeugte Ghitinhaut wird bei jeder Häutung zugleich mit der Ghitinhaut des äussern Integuments abgestreift und durch eine bereits früher gebildete neue hitima ersetzt. Nicht selten treten im Verlauf der Tracheen blasenförmige Erweiterungen auf, welche sich bei guten Fliegern, z. B. Hymenopteren , Dipteren, auch Tauchern {Hydrophüus) etc. zu Luftsäcken von bedeutendem Umfange vergrössern und mit Recht den Luftsäcken der Vögel verglichen werden. Diese Blasen besitzen eine zartere, des Spiralfadens entbehrende Ghitinhaut, coUabiren daher leicht und bedürfen zu ihrer Füllung besonderer Respirationsbewegungen, welche z. B. bei den verhältnissmässig schwerfälligen Lamellicorniern vor dem Emporfliegen leicht zu beobachten sind. Die Anordnung und Verbreitung des Tracheensystemes lässt sich in ein- facher Weise mit dem Ursprung der Hauptstämme in den Stigmen in Ver- bindung bringen. Jedes Stigma führt in einen (seltener auch in mehrere) Tracheenstamm, welcher zu den benachbarten Stämmen Querbrücken sendet und einen Büschel vielfach verzweigter Röhren an die Eingeweide ausstrahlen lässt. In der Regel entstehen auf diese Art zwei selbständig verlaufende Seiten- stämme, welche durch quere Verbindungsröln^en communiciren und zahlreiche Zweige nach den Innern Organen entsenden. Die feinern Verästelungen der Seitenzweige legen sich nicht nur äusserlich an die letztern an, sondern durchsetzen dieselben theilweise und dienen zugleich als Mesenterium , um die Eingeweide in ihrer Lage zu befestigen. Eine besondere , mit dem Aufenthalt im Wasser und dem völligen Aus- fall der Stigmen im Zusammenhang stehende Form von Respirationsorganen sind die sog. Trachtenhiemen zahlreicher Larven von Neuropteren mid Orthop- teren. In der Nähe der obliterirten strangförmigen Stigmengänge erheben sich an zahlreichen Segmenten des Abdomens blattförmige oder fadenähnliche oder selbst verzweigte Anhänge , in denen sich ein oder mehrere Tracheen- stämmchen äusserst fein verästeln. Bei den Larven der Eintagsfliegen tragen die sieben vordem Abdominalsegmente blattförmige Anhänge , welche in un- unterbrochenen Schwingungen die Strömung der umgebenden Wassertheile unterhalten und erst mit dem Eintritt in das Subimagostadium obliteriren. Während ihre frühern Ansatzstellen als geschlossene Narben kenntlich bleiben, sind neben denselben nunmehr die Enden der Stigmengänge als Stigmen- spalten geöffiiet. Die Perlariden ^) wie Pteronarcys, Neniura und Diamphipnoa 1) Pictet, Hist. nat. des Insectes Neuropteres, Perlides. Gereve. 1841. Newport, On the Anatomy and Affinities of Pteronarcys regalis. Transact. Lin. Soc. Tom. XX. 1851. 704 Hexapoden. Tracheen. Fettkörper. bewahren auch im ausgebildeten Zustand als geflügelte Insecten neben den Stigmenpaaren ansehnliche Reste ihrer Tracheenkiemen. Am geschlossenen Tracheensystem geschieht die Erneuerung der Luft indlrect durch Vermittlung des Wassers, aber nicht nur an den besonders mit Tracheen erfüllten Hautanhängen, sondern auch an der gesammten Körperoberfläche, die bei fehlenden Tracheen- kiemen ausschliesslich als Respirationsorgan zurückbleibt. Endlich können auch innere, mit Wasser in Berührung tretende Flächen des Darmes zur Athmung dienen, wie insbesondere bei den Larven und Puppen von Äeschna und LibcUula der geräumige Mastdarm als Respirationsorgan fungirt. Hier erscheinen die Wandungen des Mastdarmes durch ihre kräftige Musculatur zu einem regelmässigen Aus- und Einpumpen von Wasser (einer Art Respirations- bewegung) und dann durch ihre zahlreichen, mit Tracheenverzweigungen dicht gefüllten Hautfalten zur Athmung vorzüglich befähigt. Wahrscheinlich sind die Tracheen ihrer Entstehung nach auf metamerisch sich wiederholende Büschel von Hautdrüsen zurückzuführen, welche vielleicht ein gasförmiges Excretionsproduct absonderten und durch die paarigen Spalt- öffnungen exspirirten. Die Homologie dieser Drüsengänge mit dem Wassergefäss- system der Würmer dürfte freilich, so nahe auch die Annahme derselben liegt, insbesondere unter Bezugnahme auf die Tracheenvertheilung von Peripatus so gut als widerlegt erscheinen. Die Aufnahme oder Inspiration von äusserer Luft durch die Stigmenspalten würde erst als secundär hinzugetreten und den zu hydrostatischen Diensten verwendeten Apparat zu einem vollständigen Athmungsorgan ergänzt haben. Dem entsprechend dürfte auch die holopneu- stische Form des Tracheensystems in morphologischer Hinsicht der ursprüng- lichen am nächsten stehn, die Ausbildung der Längsstämme und segmentalen Queranastomosen aber ebenso wie die Obliteration einzelner oder sämmtlicher Stigmenpaare nebst auftretenden Tracheenkiemen auf secundäre Anpassungen zurückzuführen sein. (Palmen). In der innigsten Beziehung zu der Respiration und auch zu dem Er- nährungsprocess steht der sog. FettJcörper. Derselbe erweist sich dem un- bewaffneten Auge als eine Anhäufung fettartig glänzender meist gefärbter Lappen und Ballen, welche sowohl unter der Haut als zwischen allen Organen — besonders reich während der Larvenperiode — im Leibe ausgebreitet sind und nebenbei offenbar zur Verpackung und Befestigung der Eingeweide dienen. Die Hauptbedeutung dieses aus ünregelmässigen fetthaltigen Zellen zusammen- gesetzten Organes beruht auf seiner Verwendung beim Stoffwechsel. Als eine Ansammlung überschüssigen Nahrungsmateriales scheint der Fettkörper so- wohl zur Ernährung und zur Erzeugung von Wärme," als besonders während der Ausbildung des vollkommenen Insectes zur Bildung neuer Körpertheile und zur Entwicklung der Geschlechtsorgane verwendet zu werden. Der Reichthum an Tracheen , welche sich in überaus feinen Verzweigungen zwischen und an den Fettzellen verbreiten, weist schon auf einen ausgedehnten Sauerstoff ver- brauch und daher auf einen lebhaften Stoffumsatz hin, der vollends durch das Gerstäcker, Üeber das Vorkommen von Kiementracheen bei ausgebildeten Insecten. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXIV. 1874. Leuchtorgane. Geschlechtsorgane. 705 häufige Vorkommen von stickstofflialtigen Zersetzungsproducten insbesondere von Harnsäure bewiesen wird. Dem Fettkörper schliessen sich ihrem Baue nach die sog. Leuchtorgane ') der Lampynden und wohl auch der westindischen Elateriden an. Die erstem sind paarige zarte Platten , welche bei Lampyris an der Bauchfläche verschie- dener Hinterleibssegmente liegen und theils aus blassen eiweissreichen , theils aus körnchenreichen harnsäurehaltigen Zellen bestehen, zwischen denen sich Tracheen und Nerven, erstere in äusserst reichen Verzweigungen ausbreiten. Die blassen Zellen setzen die untere ventrale Schicht der Platte zusammen, welcher ausschliesslich das Leuchtvermögen zukommt und sind im Zusammenhange mit den überaus zahlreichen Tracheen-Endzellen als die thätigen Elemente anzusehen, deren Stoffumsatz unter dem Elnfluss des zugeführten Sauerstoffes in gewisser Abhängigkeit von den nervösen Elementen die bekannten Licht- erscheinungen hervorruft. Die obere nicht leuchtende Schicht der Platten erscheint dem unbewaffneten Auge undurchsichtig und weisslich in Folge der zahlreichen in den Zellen dicht angehäuften lichtbrechenden Körnchen, welche nach Kölliker u. a. harnsaure Verbindungen entlialten, die wahrscheinlichen Endproducte des Stoffumsatzes, von welchem die Lichterscheinungen ab- hängig sind. Männliche und weibliche Geschlechtsorgane sind stets auf verschiedene Individuen vertheilt , correspondiren aber in ihren Theilen und in ihrer Lage, sowie hinsichtlich der Ausmündung an der Bauchseite des vorletzten Körper- segmentes unterhalb der Afteröffnung (von der dorsal gelegenen Genitalöffnung der StrepsipterenweWichQn abgesehen). Dieselben bestehen aus Eierbereitenden und Samenerzeugenden Schläuchen , aus deren paarigen Ausführungsgängen und aus einem gemeinsamen , in der Regel mit Anhangsdrüsen verbundenen ausführenden Endabschnitt, welchem sich die äussern Begattungstheile an- schliessen. Paarig bleiben die Ausführungsgänge der Geschlechtsdrüsen bis zur Ausmündung bei den Ephemeriden, welche demnach doppelte Geschlechts- öffnungen und äussere Geschlechtstheile haben (N, Joly^), Palmen), ein wahrscheinlich ursprüngliches, auf das hohe Alter der Ephemeriden hinweiä'endes Verhalten. Die Anlage der Geschlechtsorgane lässt sich bis auf das Leben des Embryo's im Eie zurück verfolgen, ihre Ausbildung erfolgt indessen erst in der letzten Zeit des Larvenlebens , oder bei den Insecten mit sog. vollkommener Metamorphose während des Puppenzustandes. Selten unterbleibt die volle Entwicklung und Reife der Geschlechtsorgane, wie bei den zur Fortpflanzung meist unfähigen sog. geschlechtslosen Hymenopteren (Arbeitsbienen, Ameisen) und Termiten. Männchen und Weibchen unterscheiden sich auch durch 1) Vevgl. Kölliker, Berliner Monatsberichte. 1857. Max Schnitze, Zur Kenntniss des Leuchtorgans von Lampyris splendidula. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. I. 1865. A. Targioni-Tozzetti, Osservazioni etc. Mem. della soc. ital. di scienze naturale. Milano. 1866. Owsjannikow, Ein Beitrag zur Kenntniss der Leuchtorgane von Lampyris noctiluca. Petersburg. 1868. 2) N. Joly, Etüde sur l'appareil reproducteur des Ephemerines. Comptes rendus 1876, ferner Palmen 1. c. pag. 78. Claus, Zoologie. 4. Auflage. 45 706 Hexapoden. Weibliche Geschlechtsorgane. äusserliche mehr oder minder tiefgreifende Abweichungen zahlreicher Körper- Iheile, welche zuweilen zu einem ausgeprägton Dimorphismus der Geschlechter führen. Fast durchweg besitzen die Männchen eine schlankere Körperform, eine leichtere und raschere Bewegung, vollkommenere Ausbildung der Sinnes- organe , grössere Augen und Fühler und eine lebhaftere mehr in die Augen fallende Färbung. In Fällen eines ausgeprägten Dimorphismus bleiben die Weibchen flügellos und der Form der Larve genähert ( Coccidc» , Psychiäen^ Äcidaiia, Slrepsipteren, Lanipyris) , während die Männchen Flügel besitzen und die Geschlechtsform des Imugo erlangen. An den weiblichen ^) Geschlechtsorganen unterscheidet man die Ovarial- röhren, die Tuben oder Eileiter, den unpaaren Eiergang, die Scheide und die äusseren Geschlechtstheile. Die ersteren sind röhrenartig verlängerte Schläuche, in denen die Eier entstehen und von dem blinden Ende nach der Mündung in die Tuben zu an Grösse wachsend , in einfacher Reihe perlschnurartig hinter- einander liegen, häufig mit Gruppen von »Dotterbildungszellen« alternirend, welche besondere Kammern erfüllen. Die Anordnung dieser Eiröhron w^echselt ausserordentlich und führt zur Entstehung einer ganzen Reihe verschiedener Ovarialformen, die namentlich auf dem Gebiete der Käfer durch Stein bekannt geworden sind. Auch ist die Zahl derselben höchst verschieden, am geringsten bei einigen Ehynchoten und dann bei den Schmetterlingen, welche letztere jederseits nur 4, freilich sehr lange und vielfach zusammengelegte Eiröhren besitzen. Mit ihrem untern Abschnitt, welcher mit der Reife und Ablage der Eier bei Insecten von längerer Lebensdauer (Biene) eine Zusammenziehung und Rückbildung erfährt, laufen die Eiröhren jederseits kelchartig {EierJcdch) in den erweiterten Anfangstheil eines Ganais, Eileiters, zusammen, welcher sich mit dem der entgegengesetzten Seite zur Bildung eines gemeinschaftlichen Eiergangs vereinigt. Dieser letztere ist in seinem unteren Ende zugleich Scheide und nimmt sehr häufig in der Nähe der Geschlechtsöffnung die Ausführungs- gänge besonderer Kitt- und Schmierdrüsen {Glandulae sebaceae) auf, deren Secret zur Umhüllung und Befestigung der abzusetzenden Eier dient. Ausser diesen fast regelmässig vorhandenen Drüsen ist der unpaare Ausführungsgang des Geschlechtsapparates sehr allgemein mit einem blasigen Anhang versehen, dessen Bedeutung erst durch v. Siebold bekannt geworden ist und dazu bei- getragen hat, manche Räthsel in der Zeugungsgeschichte der Insecten zu lösen. Es ist die in einfacher oder auch in mehrfacher Zahl auftretende meist gestilte Samentasche, das lleceptaculum seminis, welches den vom Männchen während der Begattung häufig in Form sog. Spermatophoren abgesetzten Samen auf- nimmt und wahrscheinlich unter dem Einfluss des Secretes einer Anhangs- drüse längere Zeit — selbst Jahre lang (Bienenkönigin) — befruchtungsfähig 1) Ausser Joh. Müller, v. Siebold und Leon Dufour vergl. besonders F. Stein, Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insecten. I. Die weiblichen Ge- schlechtsorgane der Käfer. Berlin. 1847. J. Lubbock, On the ova and Pseudova of Insects. Philosoph. Transactions. 1857. Fr. Leydig, Der Eierstock und die Samentasche der Insecten, Dresden. 1866. Ferner die Aufsätze von Leuckart, Claus und AI. ßrandt. Männliche Geschlechtsorgane. 707 erhält. Unterhalb dieses Samenbehälters sondert sich zuweilen von der Scheide eine grössere taschenartige Aussackung, die Begattungstasche {Bursa copu- latrix), welche die Function der Scheide übernimmt und nach der Begattung die Samenflüssigkeit in das Receptaculum seminis überti-eten lässt. In der Umgebung der Geschlechtsöffnung, welche meist hinter den Bauchschienen des 9. Segmentes, indessen häufig auch an einem frühern Segmente liegt, bilden durch Imaginalscheiben während des Larven- und Puppenlebens entstandene 2^pfen und Stäbe des 8. und 9. Segmentes die als Leyescheide, Legebohrer oder Giftstachel bekannten äusseren Genitalorgane ^). Ziemlich allgemein scheinen 2 Paare von Zapfen dem vorletzten und ein Paar dem drittletzten Segmente anzugehören. Diese Theile ohne weiteres Gliedmassen paaren gleichzusetzen, dürfte offenbar zu weit gegangen, jedenfalls verfrüht sein. Die Entstehung aus sogenannten Imaginalscheiben, d. h. in letzter Instanz Hypodermiswucherungen beweist direkt nur die Beziehung zu Theilen des Integuments. Auch Kopf und Thorax der Museiden entstehen aus Imaginalscheiben und schliesslich dürften die kleinern Subcuticularwucherungen und Einstülpungen, welche als Matrix grö.sseren Borsten und Guticularanhängen Entstehung geben, als Anfänge von Imaginalscheiben anzusehen sein. Das Gliedmassenpaar wird seiner ersten Entstehung nach auch auf einen paarigen zur Abgliederung gelangten Haut- anliang zurückgeführt werden müssen, trotzdem aber wird es sich möglicher- weise wie bei den Flügeln und Tracheenkiemen der Ephemeridenlarven doch nur um den Gliedmassen analoge Organe handeln. Die männlichen Geschlechtswerkzeuge bestehen aus paarigen Hoden, deren Vasa deferentia, aus einem gemeinsamen Ductus ejaculatorius und dem äusseren Begattungsorgan. Die Hoden lassen sich ebenfalls auf Blindschläuche und Röhren zurückführen, welche jederseits in einfacher oder vielfacher Zahl auftreten , meist eine sehr bedeutende Länge erreichen und knäuelförmig zu- sammengedrängt, ein scheinbar compactes, rundes oder birnförmiges Organ von lebhafter Färbung darstellen. Die Hodenröhrchen setzen sich jederseits in einen meist geschlängelten Ausführungsgang, Vas deferens, fort, dessen unteres Ende beträchtlich erweitert und selbst blasenförmig aufgetrieben erscheinen kann und dann als Samenblase bezeichnet wird. Bei ihrer Vereinigung zu dem gemeinschaftlichen musculösen Ductus ejaculatorius ergiessen in den letztern häufig ein oder mehrere Drüsenschläuche ihr gerinnbares Secret, welches Samenballen als Spermatophoren mit einer Hülle umgibt. Die Ueberführung der Spermatophoren in den weiblichen Körper wird durch eine hornige Röhre oder Rinne vermittelt, welche das Ende des Ductus ejaculatorius umfasst. Dieselbe liegt in der Ruhe meist in den Hinterleib eingezogen und wird beim 1) Vergl. Lacaze-Duthiers, Recherches sur rarniure genitale des Insectes. Ann. scienc. nat. 1849—1854. C. Kraepelin, tTntersuchungen über den Bau, Mechanismus und Entwicklungsgeschichte des Stachels der bienenartigen Tliiere. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXlIl. 1873. H. Dewitz, üeber Bau und Entwicklung des Stachels und der Legescheide der Hymenoptera und der grünen Heuschrecken. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXV. 1875. Derselbe, üeber Bau und Entwicklung des Stachels der Ameisen. Ebend. Tom. XXVIH. 1877. 45* 708 Hexapoden. Ei -Entwicklung. Hervorstülpen von äusseren Klappen oder Zangen scheidenartig umfasst, welche wohl überall aus Segnientanhängen hervorgegangen, den besondei-s zur Befe- stigung dienenden Theil des Gopulationsorganes darstellen. Nur ausnahms- weise {Libellen) kommt es vor, dass die eigentlichen zur Uebertragung des Sperma's dienenden Begattungs werk zeuge ähnlich wie bei den männlichen Spinnen von der Geschlechtsöffnung entfernt, an der Bauchseite des zweiten blasig aufgetriebenen Abdominalsegmentes liegen (Rathke). Ovarien und Hoden scheinen aus der gleichen Anlage eines schon früh- zeitig im Embryo auftretenden anfangs indifferenten Keimlagers hervorzugehn. Dasselbe besteht aus einer Zellenanhäufung, deren Elemente sich später in Form von Strängen anordnen, welche eine Tunica propria, sowie eine äussere peritoneale Umkleidung erhalten und im einen Falle zu Samenschläuchen , im andern zu Ovarialröhren werden. Die peripherischen Zellen kleiden die Hülle als einschichtiger epitelialer Belag aus, während die centralen das Lumen des Drüsenrohres erfüllen und dort zu Spermatoblasten, hier zu Eizellen werden. Die Brut der Spermatoblasten, die Samenzellen, gestalten sich in die bündel- weise zusammenliegenden meist fadenförmigen Spermatozoen ^) , welche nicht selten paketwelse in bestimmten Abschnitten der drüsigen Samenleiter von einem an der Luft erstarrenden Sekrete umschlossen , als Spermatophoren bei der Begattung übertragen werden. In den Anlagen der Ovarialröhren bedingen die stärker wachsenden Eizellen hintereinander folgende Auftreibungen, die sog. Eikammern, die follikelartig von dem cylindrischen Ovarialepitel ausgekleidet, ein grosses Ei umschliessen. Nur am obern (vom Leitungswege abgewendeten) Endtheil der Ovarialanlage unterbleibt die Bildung von Eizellen und Eikammern, derselbe wächst zu dem dünnen sog. Endfaden aus, welcher zur Befestigung der Ovarien dient und früher irrthümlich als ein mit dem Herzen verbundenes bluterfülltes Gefäss gedeutet wurde. Da wo der Endfaden in die Ovarialröhre übergeht, liegt die Bildungsstätte neuer Eizellen, demnach der Vegetationspunkt für die Verlängerung der Ovarialröhren, deren Eikammern nach dem.Oviduct zu continuirlich an Grösse zunehmen. In der Regel liegen noch am obern Ende jeder Eikammer eine grössere oder geringere Anzahl von eigenthümlich deformirten Eizellen, welche nicht zu Eiern werden, sondern als Dotter-bildende oder Nährzellen fungiren , indem sie wie die Nährzellen in den Ovarien der Cladoceren dem wachsenden Ei Dottermaterial zuführen. Diese auch als Abortiv- eier betrachteten Zellen können an Zahl und Umfang so bedeutend zunehmen, dass sie oberhalb der Eikammer eine besondere kammerartige Auftreibung veranlassen. lnso\chenFäi\\en{Lepidoptereii, Hymenopteren, Dipteren, manche Coleoptereii und Netiropteren) folgen im Verlaufe der Ovarialröhre Nährkammern (fälschlich auch als Keimfächer bezeichnet) und Eikammern regelmässig alter- nirend. Bleibt die Ovarialröhre verhältnissmässig kurz* so können auch sämmt- liche Nährzellen in einer Endkammer enthalten sein und gruppenweise strang- 1) Vergl. ausser v. Siebold, Kölliker, Schweigger-Seidel vornehmlich: Bütschli, Vorläufige Mittheilung über Bau und Entwicklung der Samenfäden bei In- secten und Krebsen. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. XXI. 1871. De la Valette St. George, üeber die Genese der Samenkörper. 3. Archiv für niikrosk. Anatomie. Tom. X. Embryonale Entwicklung. Parthenogenese. 709 förmige Fortsätze nach den einzelnen auf einander folgenden Eikammern ent- senden {Aphidcn). Das Gylinderepitel, welches die Wandung jeder Eikammer auskleidet, scheint in den Jüngern Kammern in gleicher Weise zur Abscheidung von Nährmaterial das Wachsthum der centralen Eizelle zu unterstützen, während dasselbe später, wenn sich aus dem Protoplasma des Eies die Dottermembran zu biliien beginnt, über dieser Hülle die dickere cuticulare Schalenhaut (Ghorion) abscheidet , deren Sculptur gewissermassen als Abdruck der epitelialen Zellen- schicht erscheint. Mit dem Uebertritt des reifen Eies in den Oviduct scheint nicht nur eine Schrumpfung, sondern auch die Rückbildung der Kammerwand verbunden zu sein, deren Epitelreste den schleimigen Ueberzug der Eischale liefern dürften. Auch die Nähi-zellenreste , zu einer gelblichen Masse, dem Corpus luteum, verschrumpft, werden mit dem Austritt der Eier abgestossen oder bleiben an der Peritonealhülle haften (v. Siebold). Die Insecten sind fast durchgehends ovipar, nur wenige wie die Tachinen, einige Ocstriiien und Käfer {Siaphijlinen) , sodann die Strepsipteren , die Pupi- pann und gewisse Aphid&ngenera.t\oncn gebären lebendige Junge. In der Regel werden die Eier vor Beginn der Embryonalentwicklung kurz nach der Befruchtung, selten mit bereits fertigem Embryo im Innern ihrer Hüllen, nach aussen abgelegt. Im letzteren Falle werden die Vorgänge der Furchung und Embryonalbildung im Innern der Vagina durchlaufen. Die Befruchtung des Eies erfolgt meist während seines Durchgleitens durch den Eiergang an der Mündungsstelle des Receptaculum seminis, welches in diesem Momente eine geringe Menge von Sperma austreten lässt. Da die Eier bereits an ihrer Bildungsstätte von einer hartschaligen Haut, dem Chorio)/, umkleidet werden, so müssen besondere Vorrichtungen bestehen, welche die Befruchtung, d. h. die Vermischung der Samenfäden mit dem Ei- inhalte, trotz der hartschaligen Umkleidung des Eies möglich machen. Dieselben finden sich in der That in Gestalt eines oder zahlreicher feiner Poren, welche meist an dem obern , dem blinden Ende der Eiröhre zugekehrten Pole in sehr characteristischer Form und Gruppirung als Micropylen *) (zum Eintritt der Samenfäden ) das oft auch von feinen respiratorischen Poren übersäte ühorion durchsetzen. Bei zahlreichen Insecten konnte indessen auch die spontane Ent- wicklung unbefruchteter Eier nachgewiesen werden, theils gelegentlich {Bomhyx mori), theils als regelmässige, durch mehrfache Generationen zu verfolgende Erscheinung. Als gesetzmässige Form der Entwicklung gilt die Parthenogenese ^) für die Psychiden {Psyche) und manche Tlneiden (Soletiobia) , für Cocciden (Lecanium, Aspidiotus) und Chermes, ferner für zahlreiche Hymenoptereti, ins- besondere für die Bienen, Wespen (Folisfes), Gallwespen, Blattwespen {Nematus). Während die Cocciden, Blattläuse und Gallwespen parthenogenetisch beiderlei Geschlechtsthiere erzeugen, entstehen bei den in sog. Thierstaaten lebenden Hj/menopferen aus den unbefruchteten Eiern ausschliesslich männliche Formen. Die Rindenläuse {Chermes) und Gallwespen^) bieten gleich - 1) R. Leuckart, üeber die Micropyle und den feinern Bau der Schalenhaut bei den Insecten. Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Befruchtung. MüUer's Archiv. 1855. 2) Die oben citirten Schriften von Siebold und Leuckart. o) Adler, Generationswechsel der Cynipiden. Deutsche Entomol. Zeitschr. 1877. 710 Hexapoden. Fortpflanzung der Aphiden. Cecidomyialarven. zeitig ein Beispiel für die Heterogonie, indem in ihrer Lebensgeschichte drei verschiedenartige eierlegende Generationen aufeinander folgen. Bei Phylloxera kommt zu den ungeflügelten und geflügelten Eier-legenden Generationen eine Herbst-Generation rüsselloser und darmloser Männchen und Weibchen, letztere mit nur einem Winterei. In gleicher Weise ist die Fortpflanzung der nahe ver- wandten Blattläuse {Aphiden) als Heterogonie zu erklären, obwohl dieselbe dem Generationswechsel ähnlich erscheint. Auch hier haben wir Sommergenerationen von einer geschlechtlich ausgebildeten Herbstgeneration zu unterscheiden, deren im Herbst abgesetzte befruchtete Eier überwintern. Aus den letztern entwickeln sich im Frühjahr vivipare Blattläuse, welche häutig geflügelt sind und rJ.ck- sichtlich ihrer Organisation den Weibchen sehr nahe stehen, indessen an ihren abweichend gebauten Fortpflanzungsorganen der Samentasche entbehren. Da sich dieselben niemals begatten , die Möglichkeit der Befruchtung also ver- loren haben , wurden sie früher auch als mit Keimröhren versehene Ammen betrachtet und ihre Vermehrung als ungeschlechtliche aufgefa.sst. Indessen besitzt nicht nur der Keimapparat dieser sog. Blattlausammen eine vollkommene Gleichwerthigkeit mit dem weiblichen Geschlechtsapparat der Insecten, sondern es erscheint auch die Anlage und Entstehung des Keimes mit der des Eies über- einstimmend, so dass wir die viviparen Aphiden morphologisch als eine beson- ders gestaltete Generation von Weibchen aufzufassen haben, deren Genital- apparat einige auf Parthenogenese wie berechnete (natürliche Züchtung) Ver- einfachungen erfahren hat. Immerhin mag es passend sein, in diesem Falle das Ovarium Fseudovariiim und die in demselben entstehenden hefruchtungs- uttfähigen Eier, mit deren Wachsthum die Embryonalbildung zusammenfällt, Pseiidova zu nennen. Uebrigens ist für gewisse Gallenläuse [Femphigus terc- hintki) durch Derbes das Auftreten einer ebenfalls darm- und rüssellosen Geschlechtsgeneration (im Frühjahr) bekannt geworden, so dass hier die Homo- logie der Generationen mit Fhylloxera eine vollkommene wird. Noch weit inniger schliesst sich dem Generationswechsel die Fortpflanzungs- weise einiger Dipteren an {Heteropez(x, Miastor), welche nicht nur als Geschlechtsthiere , sondern bereits als Larven zeugungsfähig sind. ' Die von N. Wagner entdeckte Fortpflanzung von Cecidomgiden-Lsirwen, welche in die Zeit des Winters und Frühlings fällt , knüpft nicht wie man anfangs glaubte, an den Fettkörper, sondern an einen Keimstock, welcher nichts anders als die Anlage der Geschlechtsdrüse ist. Diese Anlage erfährt eine sehr frühzeitige Differenzirung und erzeugt die Elemente des Ovariums schon im Larvenkörper. Aus jeder Keimdrüse gelangt eine Anzahl von Keimfachern mit Dotterbildungs- zellen , Epitelzellen und je einem Ei zur Isolirung. Mit der Grö.ssenzunahme dieser frei in der Leibeshöhle flottirenden Körper wächst das eingeschlossene Ei auf Kosten der umgebenden Zellen mehr und mehr und lässt ähnlich wie die sog. Pseudova der Aphiden sehr frühzeitig die Entwicklung des Embryo's beginnen, welche unter ganz ähnlichen Verhältnissen wie im Insectenei ihren Ablauf nimmt. Das Wachsthum der allmählig zu Tochterlarven ') werdenden Embryonen geschieht auf Kosten des Fettkörpers und der zerfallenden Organe 1) V. Baer (und mit ihm v. Sieboldj nennt diese Fortpflanzungsweise Pacrfo^ßwcst«. Entwicklung des Embryo's. 711 der Mutterlarve, Avelche (wie bei Rhabditis) zuletzt nur noch mit ihrer Körper- haut als Schlauch in der Umgebung der Brut zurückbleibt. Schliesslich durch- brechen die Tochterlarven die leere Haut und erzeugen entweder in gleicher Weise eine neue Brut oder bereiten sich durch Verpuppung zum Uebergang in das geflügelte Insect vor. Sehr interessant ist die von O. v. Grimm ^) an Puppen von Ghironomus entdeckte Fortpflanzungsweise. Dieselben legen eine Reihe von Eiern in eine glashelle Masse eingebettet ab, welche sich partheno- genetisch zu neuen Larven entwickeln. Die Entwicklung des Embryo's^) geschieht in der Regel ausserhalb des mütterlichen Körpers nach der unter sehr verschiedenen Verhältnissen erfolgten Absetzung des Eies und nimmt je nach Temperatur und Jahreszeit eine grössere oder geringere Zeitdauer in Anspruch , kann sogar einen auf längere Zeit aus- gedehnten Stillstand erleiden. Während man im Anschluss an Weismann's das Dipterenei betreffenden Angaben längere Zeit annahm, dass eine Dotter- furchung am hisectenei wegfalle und die Embryonalbildung mit dem Auftreten eines peripherischen KeimhmUblastems beginne, hat man neuerdings diese Auf- fassung als irrthümlich erkannt und aufgegeben. Nach den übereinstimmenden Beobachtungen, insbesondere vonBobretzky und Graber, kann es als fest- stehend gelten, dass der Blastodermbildung im Innern des Insecteneies ähnliche Vorgänge wie im Spinnenei vorausgehn und eine Art endovitelline (von E. Ha ecket wenig passend als superficiale bezeichnete) Furchung dies Zellen- material entstehen lässt, welches wenigstens zum Theil an die Oberfläche gelangt und das Blastoderm erzeugt. Es handelt sich auch hier um einen Zellenwucherungsprocess, der an dem ersten Furchungskern und die denselben umgebende Protoplasmaschicht anknüpft, aber sich im Innern des trüb- körnigen Deutoplasma's der directen Beobachtung entzieht. Wahrscheinlich bleibt jedoch ein Theil dieser Zellen auch nach der Bildung des Blastoderms, welche keineswegs überall gleichmässig, vielmehr in der Regel von einem Pole an beginnt und allmählig nach dem andern fortschreitet, im Dotter zurück und verursacht später das Zerfallen des letztern in Dotterballen. Bobretzky betrachtet dem entsprechend die letztern als wahre Zellen und lässt aus den- selben das Entoderm entstehen, während das Blastoderm zunächst die Embryonal- hüllen und den Keimstreifen erzeugt. Die Anlage des letzteren ist ein schmaler langgestreckter Abschnitt des Blastoderms, dessen Zellen durch ihre bedeutende Höhe sich von der aus platten Zellen gebildeten Umgebung auszeichnen. Diese erhebt sich im Umkreis des Keimstreifens als ringförmige 1) Die ungeschlechtliche Fortpflanzung einer Chironomusart etc. St. Petersbourg. 1870. 2j Ausser den altern Werken von M. Herold vergl. besonders: Zaddach, Ent- wicklung des Phryganideneies. 1854. A. Weismann, Die Entwicklung der Dipteren. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XIII. E. Metschnikoff, Embryolog. Studien an Insecten. Ebendas. Tom. XVII. A. Kowalevsky, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Petersbourg. 1871. B. Hatschek, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge. Jenaische naturw. Zeitschr. Tom. XI. 1877. N. Bobretzky, Ueber die Bildung des Blastoderms und der Keimblätter bei den Insecten. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXXI, 1878. Sodann verschiedene Aufsätze von Ganin, A. Brandt, A. Dohrn u. a. 712 Hexapoden. Mesodermbildung. Keimwülste. Falte, welche über demselben zu einer sackartigen Umhüllung verwächst und somit oberhalb der Embryonalanlage eine zweiblättrige Decke bildet. Das äussere , in die den Dotter umschliessende Blastodermblase übergehende Blatt wird mit Recht als seröse Hülle ') von dem unterliegenden in den Keimstreifen übergehenden Blatte, dem Amnion oder Deckblatt, unterschieden. In einigen Fällen freilich {Rliynchoten, Thysumiren, Libellen) wächst der Keimstreifen von einer Verdickung des Blastoderms aus in das Innere des Dotters hinein (Metsch- nikoff, Brandt). Man hat mehrfach auf diesen Gegensatz der Keimlage einen grossen Werth gelegt und nach demselben die Insecten in 2 Gruppen (mit äussern! und innerm Keimstreifen) theilen wollen. In Wahrheit aber handelt es sich um minder wesentliche AVachsthumsunterschiede , die durch Uebergangsformen vermittelt zu werden scheinen. Zudem kehren auch bei der Innern Lage des Keimstreifens die beiden Embryonalhüllen wieder, die durch Verwachsung an der Einstülpungsöffnung zur Sonderung gelangen. Die Mesodermbildung beginnt erst verhältnissmässig spät , nachdem sich der Keimstreifen mit dem Amnion von der Serosa getrennt hat und wird nach den übereinstimmenden Angaben Kowalevsky's und Bobretzky's durch eine mediane Rinne vorbereitet, in deren Boden sich Zellen vom Keimstreifen ablösen und sich unterhalb desselben seitwärts ausbreitend, in Form zweier Bänder unterhalb und seitlich von den Keimwülsten anordnen. Durch die mediane Vertiefung (Primitivrinne) heben sich am Keimstreifen zwei sym- metrische Hälften, die Keimivülste, von einander ab. Diese erfahren entsprechend der vorausgegangenen Gliederung der Mesoderm stränge eine Segmentirung und erzeugen zunächst — hinter den sog. Scheitelplatten des Vorderkopfes mit den Antennenanlagen — drei Kopfsegmente mit den als Auswüchse auftretenden Anlagen der Mundgliedmassen , hinter welchen sich später die übrigen 10 Ur- segmente des Leibes, die vordem eventuell auch noch mit Gliedmassen-Anlagen, der Reihe nach abgrenzen. Indem sich weiterhin unter mehrfachen , im Ein- zelnen hier nicht näher zu erörternden Differenzirungen die Keimwülste stark contrahiren, ziehen sie ihren dorsalen umgeschlagenen Endtheil mehr und mehr nach der unteren Spitze des Eies herab und umwachsen allmählig mit ihren Seitentheilen den Dotter zur Bildung des Rückens. Mit diesen Veränderungen gewinnt der Embryonalkörper eine geschlossene Form, vor deren Vollendung aber die wichtigsten Innern Organe zur Sonderung gelangt sind. Das Nerven- system entsteht vom Ectoderm der Keimwülste , an denen sich die Zellen in eine oberflächliche und tiefe Lage sondern. Die letztere stellt jederseits einen bis zu den Kopflappen reichenden Strang dar (Seitenstränge Ha tschek's), welcher segmentweise Anschwellungen , die Anlagen der Ganglien , bildet. Zu denselben kommt aber noch ein durch tiefere Einstülpung der primitiven Rinne entstandener Mittelstrang hinzu, welcher die medianen Querbrücken der Gan- glien erzeugt, während paarige Verdickungen der Kopflappen im Zusammen- hange mit dem obern Abschnitt der Seitenstränge die beiden Hälften des Gehirns hervorgehn lassen. Die bandförmigen seitlich stark verdickten 1) V^ergl. C. Kupffer, Ueber das Faltenblatt an den Embryonen von Chironomus. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. VII, ferner Melnikow, Bobretzky u. a. Metamorphose. 713 Mesodermstränge gewinnen (wie bei den Hirudineen) in den Segmenten Aus- höhlungen, welche zur Bildung der Leibeshöhle zusammenfliessen. Der durch die Entodermzellen gegebenen Anlage des Mitteldarms wachsen als Einstül- pungen des Ectoderms Munddarm und Afterdarm entgegen und treten mit denselben in Verbindung. Die Speicheldrüsen entstehen ebenso wie die Tracheen als Ectoderm Wucherungen, während die Malpighischen Gefässe Aus- stülpungen des Afterdarras (nicht des Mitteldarms ) entsprechen. Die Zellen des Mesoderms erzeugen die Muskelbekleidung sowohl der Haut als des Darm- canals sowie das Rückengefäss. Die freie Entwicklung erfolgt in der Regel mittelst Metamorphose, indem Körperform, Organisation und Lebensweise der aus dem Eie ausgeschlüpften Jungen vom geschlechtsreifen Thiere verschieden ist. Nur die am tiefsten stehenden, theilweise parasitischen und in beiden Geschlechtern flügellosen Apteren verlassen das Ei mit der bereits fertigen Organisation {Insecta umetahola). Bei den einer Verwandlung unterworfenen Insecten ist übrigens die Art und der Grad der Metamorphose sehr verschieden, so dass die aus früherer Zeit überkommene Bezeicimung einer unvollkommenen (halben) und vollkommenen Metamorphose in gewissem Sinne berechtigt erscheint. Im ersteren Falle (/. heminietahola , Rhynchoten, OrOiopteren) wird der Uebergang der aus- schlüpfenden Larven in das ausgebildete Insect continuirlich durch eine Anzahl frei beweglicher und Nahrung aufnehmender Larvenstadien vermittelt, welche unter Abstreifung der Haut auseinander hervorgehen, mit zunehmender Grösse Flügelstumrael erhalten , die Anlage der Geschlechtsorgane weiter aus- bilden und den geflügelten Insecten immer ähnlicher werden. Im einfachsten Falle schliesst sich auch die Lebensweise der jungen Larven schon ganz an das Geschlechtsthier an, z. B. Hemipteren und Heuschrecken, in andern Fällen weicht diese allerdings beträchtlich , wenn auch nicht in so hohem Grade als bei den Insecten mit vollkommener Metamorphose ab, indem z. B. die Larven der Ephemeren und Libellen in einem andern Medium leben und unter ab- weichenden Ernährungsbedingungen gross werden. Vollkommen aber wird die Verwandlung erst durch das Auftreten eines der Nahrungsaufnahme ent- behrenden sog. P/t/^/ze^stadiums , mit welchem das Larvenleben abschliesst und das Leben des geflügelten Insectes (Imago), freilich erst unter Abwicklung einer Reihe von Umformungen der Innern Organe, beginnt. Die Larven der Insecten mit vollkommener Metamorphose entfernen sich in Lebensweise und Ernährungsart, in der Gestalt des Körpei-s und in der Einrichtung der gesammten Organisation so sehr von den Geschlechtsthieren , dass wenn auch bereits die dem geflügelten Insecte eigenthümlichen Körpertheile während des Larven- lebens vorbereitet und angelegt werden, doch eine kürzere oder längere Ruhe- periode, gewissermassen ein wiederholtes Embryonalleben nothwendig erscheint, während dessen sowohl die wesentlichen Umgestaltungen der Innern Organe als die Gonsolidirung der neu angelegten äussern Körpertheile ihren Ablauf nehmen. Freilich haben oft noch solche Puppen eine freie Locomotion (Mücken), zuweilen nur im letzten Stadium vor dem Uebergang in das geflügelte Insect ( Mantispa , Fhryganiden ) , so dass die nahe Beziehung zu den jedenfalls ursprünglichem Larvenfoimen mit Flügelstummeln unverkennbar hervortritt. 714 Hexapoden. Hyperraetamorphose. Larvenformen. Nach dem Vorgange Fahre 's hat man als Hypermetamorphose eine Ent- wicklungsart unterschieden, welche durch das Auftreten mehrfacher Larven- formen (und puppenartiger Ruhestadien) gewissermassen noch über die voll- kommene Verwandlung hinausgeht. Dieselbe kommt bei den Meloiden vor und ist am vollständigsten durch die Beobachtungen Fahre's für Sitaris humeralis ') bekannt geworden. Offenbar steht dieselbe aber mit der vollkom- menen Metamorphose durch zahlreiche Zwischenglieder in Verbindung, da auch hier schon oft die einzelnen Larvenstadien nach den verschiedenen Häutungen in Formgestaltung und sogar der Ernährungsart nach verschieden sein können {Museiden, Mantispa). Bei Mantispa beobachtet man zuerst Öbeinige beweg- liche Larven, später unförmige Larven mit Fussstummeln (Brauer). Auch die Pteromalinen haben nach G an in 's Beobachtungen in dem Sinne eine Hypermetamorphose, als sie mehrere Larvenformen durchlaufen. In ihrer Körperform erinnern die Insectenlarven durch die homonome Segmentirung an die Ringelwürmer, mit denen sie auch eine mehr gleichmässige Gliederung der Ganglienkette gemeinsam haben, erweisen sich jedoch nach Form und Bau überaus verschieden. Wie zuerst Brauer^), später Lubbock und Packard im Wesentlichen übereinstimmend erörtert haben, werden die- jenigen Larven , welche nur wenig von dem hnagostadium abweichen , als die ursprünglichsten, am wenigsten abgeänderten Formen anzusehen sein. Es sind dies die relativ vollkommen beweglichen, mit wohlgegliederten Extremitäten, Mundwerkzeugen und Fühlhörnern versehenen Campodeen-'dhwMQhim Larven- formen {Termiten, Blattiden — Ephemeriden, Perliden). Von diesen aus werden sich durch Anpassung an besondere, von den ursprünglichen abweichende Lebens- und Ernährungsbedingungen, die plumpern unbehülflichen Raupen, die erucaeformen Larven (der Lepidopteren , Goleopteren, vieler Neuropteren, Dipteren und Hymenopteren) entwickelt haben , welche noch an ihren Brust- segmenten gegliederte Extremitäten, häufig aber auch an den Hinterleibs- segmenten eine grössere oder geringere Zahl von Fussstummeln, sog. Afterfüsse besitzen. Am Kopfe derselben finden sich stets 2 Antennenstummel und eine verschiedene Anzahl von Punktaugen. Die Mundtheile sind in der Regel beissend, auch da, wo die ausgebildeten Insecten Saugröhren besitzen, bleiben freilich — mit Ausnahme der Mandibeln — gewöhnlich rudimentär (Fressspitzen). Endlich erreicht die Rückbildung ihre höchste Steigerung in den fusslosen culiciformen und acephalen Maden vieler Dipteren und Hymenopteren, die am weitesten vom Imagostadium abweichen und somit die vollkommenste Um- wandlung zu durchlaufen haben. Der einfache continuirlich fortschreitende Wachsthumsvorgang wurde erst secundär durch Zusammenziehung mehrerer aufeinander folgender Stadien durch Einschiebung sog. Puppenformen zu einem scheinbar discontinuirlichen. Die sog. vollkommene Metamorphose ergibt sich 1) Fabre, Memoire sur l'hypermetamorphose et les moeiirs des Meloides. Ann. des Sciences natur. 4 ser. Tom. VII. 1857. 2) Fr. Brauer, Betrachtungen über die Verwandlung der Insecten im Sinne der Descendenztheorie. Verhandl. der zool. bot. Gesellschaft. Wien. 1869. J. Lubbock, Origin and Metamorphoses of Insects. London. 1874. Packard, The Ancestry of Insects. Salem. 1873. Ernährungsart der Larven. Häutung. 715 als eine secundäre, erst erworbene Entwicklungsvvelse , mit welcher zugleich eine höher ditferenzirte vollkommene hnagoform erreicht werden konnte. Für die Richtigkeit dieser Zurückführung dürften die Vorgänge der sog. Hypermetamorphose, in welcher campodeenähnliche Larven unter Einschiebung von Puppenstadien in erucaeforme oder madenähnliche Larven übergehn, ein überaus wichtiges Zeugniss ablegen. Die Ernährungsart der Larve wechselt übrigens sehr mannigfach, doch prä- valiren als Nahrungsmittel vegetabilische Substanzen, welche in ausreichendem Ueberflusse dem rasch wachsenden Körper zu Gebote stehen. Derselbe besteht meist vier oder fünf, selten nur eine (Ameisen) oder sehr zahlreiche (Chloeon) Häu- tungen, und legt im Laufe seines Wachsthums den Körper des geflügelten hisectes vollständig an, freilich nicht überall, wie man früher glaubte, durch unmittelbare Umbildung bereits vorhandener Theile, sondern wie zuerst die Beobachtungen Weismann 's') für die Dipteren erwiesen haben, unter wesentlichen Neu- bildungen , welche den Zusammenhang des Imagostadiums und der Larve als minder continuirlich und die individuelle Einheit beider gestört erscheinen lassen. Indessen zeigen sich selbst innerhalb derselben Ordnung in dem Masse der Neubildungen sehr bedeutende Gegensätze, deren Extreme bei den Dipteren durch die Gattungen Corethra und Miisca repräsentirt werden, hn erstem Falle verwandeln sich die Larvensegmente und die Gliedmassen des Kopfes direct in die entsprechenden Theile der Mücke, während die Beine und Flügel nach der letzten Larvenhäutung als Wucherungen der Hypodermis gebildet werden. Es sind scheibenförmige Zellenplatten, an deren Rand sich die Hypo- dermis in Form einer tiefen napfförmigen Grube einwärts zurückstülpt, während die Ausstülpung selbst zur Gliedmasse wird. Die Anhänge entstehen im An- schluss in innigem Gonnex mit einem Nerven, dessen Scheide das mesodermale Zellenmaterial zu liefern scheint. Die Muskeln des Abdomens und die übrigen Organsysteme gehen unverändert oder mit geringen Umgestaltungen in die des geflügelten Thieres über , die Thoraxmuskeln dagegen entstehen als Neu- bildungen aus bereits im Eie angelegten Zellsträngen. Mit diesen geringen Veränderungen steht das aktive Leben der Puppe und die geringe Entwicklung des Fettkörpers in nothwendiger Gorrelation. Bei Miisca dagegen, deren ruhende Puppen von einer tonnen förmigen Hülle (der abgestreiften Larvenhaut) eingeschlossen liegen und einen reichlichen Fettkörper enthalten, soll der Körper des ausgebildeten Thieres mit Ausnahme des Abdomens unabhängig von der äussern Haut der Larve entstehen. Nicht nur die Gliedmassen der Brust, sondern auch die Wandung von Kopf und Thorax werden aus Imaginalscheibcn erzeugt, die bereits im Eie angelegt, an der Umhüllungshaut von Nerven oder Tracheen zur Entwicklung gelangen. Die Körperwandung der Larve soll hier keinen Antheil an der Anlage der hnaginalscheiben nehmen , sondern ausschliesslich 1) Weismann, lieber die Entstehung des vollendeten Insectes in Larve und Puppe. Frankfurt. 1863. Derselbe, üeber Corethra plumicornis. Zeitschrift für wiss. Zool. Tom. XVI. 1866. M. Ganin, Materialien zur Kenntniss der postembryonalen Entwicklung der Insecten. Warschau. 1876. (Russisch). Vergl. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXVIIL pag. 386. H. Dewitz, Beiträge zur embryonalen Gliedmassenbildung bei den Insecten. Ebend. Suppleraentband XXX. 716 Hexapoden. Puppenstadium. das Zellengewebe der Nerven- beziehungsweise Tracheenumkleidung das Material zum Aufbau dieser Körpertheile sein. Indessen ist nicht einzusehn, wie ein mesodermales Gewebe auch zur Neubildung der ectodermalen Leibeswand ver- werthet werden kann, es dürfte vielmehr (nach Analogie der Seeigelentwicklung) wahrscheinlich sein, zumal die phylogenetische Erklärung diese Voraussetzung verlangt, dass auch Hypodermiswucherungen an der äussern Bekleidung dieser Scheiben betheiligt sein möchten. In der That stehen nach den Beobachtungen von Dewitz auch die Imaglnalscheiben der Museiden mit der Hypodermis durch einen Strang in Verbindung, welcher als Ueberrest einer durch Wucherung des Ectoderms entstandenen Einstülpung aufzufassen wäre. Erst während des Puppenstadiums verwachsen die Imaginalscheiben zur Bildung von Kopf und Brust. Jedes Brustsegment wird aus zwei (einem dorsalen und ventralen) Scheibenpaaren zusammengesetzt, deren Anhänge die spätem Beine und Flügel darstellen. Sämmtliche Organsysteme (mit Ausnahme des centralen Nerven- systems) sollen während des langdauernden Puppenzustandes durch einen als Histolyse bezeichneten Process aufgelöst und durch Neubildungen unter Ver- mittlung des Fettkörpers und der aus den zerfallenen Geweben entstandenen Körnchenkugeln ersetzt werden. Ganin, welcher nicht nur die Dipteren, sondern auch Goleopteren und Hymenopteren {Formica) auf die entsprechenden Umwand- lungen untersuchte, bestreitet den Vorgang der Histolyse im Sinne Weismann 's. Nach diesem Forscher dienen die Zerfallproducte der Larvengewebe zur Her- stellung von Nahrungsmaterial und bilden keineswegs die neuen Gewebselemente des Imago, welche vielmehr von entsprechenden Organtheilen der Larve geliefert werden. Bei den Ameisen wie Museiden (Anthomyla) hat man beispielweise die Anlage für die Neubildung des Mitteldarms in dem Larvenstadium aufzusuchen, welches aufgehört hat, Nahrung zu sich zu nehmen. Man findet dieselbe hier in hellen wenig auseinander gelegenen Zellen des Darmepitels, um welche sich nach Abstossung des Epitels eine Hülle ablagert. Später treten dieselben durch Theilung vermehrt mit einander in Gontact und werden von der neu gebildeten Mesodermschicht des Mitteldarms umgeben. Nach Ga n in unterliegen die Gentral- theile des Nervensystems sowie das Herz während der Metamorphose nur einem Innern Umwandlungsprocess , während der Darmcanal grossentheils eine Neu- bildung erfährt, wie auch die Körperwandung mit den Extremitäten (Imaginal- scheiben), den Facettenaugen und der äussern Geschlechtsorgane neugebildete Theile sein sollen. Die aus der Peritonealhülle des Tracheenastes oder aus dem Neurilenmia des Nerven hervorgegangene Scheibe zerfällt durch eine Höhlung in eine äussere und innere Wand, welche letztere sich wieder in ein dickeres ecto- dermalos Aussenblatt und ein inneres Mesodermblatt sondern soll. Der äussern Wand wird nur eine provisorische Bedeutung zugeschrieben, während sie nach Dewitz bei Hymenopteren nach der Vorstülpung der Extremität die Körper- wandung liefert. Vor dem Uebergang in die Puppe verfertigen sich die Larven zahlreicher Insecten mittelst des Secretes ihrer Spinndrüsen über oder unter der Erde ein schützendes Gespinnst, in welchem sie nach Abstrclfung der Haut in das Stadium der Puppe {Chrysalis) eintreten. Liegen die äussern Körpertheile des geflügelten Insectes der gemeinsamen hornigen Puppenhaut in der Art an, dass sie als solche Hermaphroditen. Lebensweise. 717 ZU erkennen sind {Lepidopteren), so heisst die Puppe Vupa obtecta, stehen die- selben bereits frei vom Rumpfe ab (Cokopteren), so wird die Puppe als Pupa liberu bezeichnet. Indessen ist dieser Unterschied sehr untergeordneter Art, indem auch bei den erstem unmittelbar nach der Häutung anfangs die Gliedmassen frei liegen und durch die erhärtende cuticulare Schicht verkittet Aveiden. Bleibt die Puppe auch noch von der letzten Larvenhaut umschlossen, {Museiden) ^ so heisst dieselbe Vupa coarctata. Uoberall liegt bereits der Körper des geflügelten Insects mit seinen äussern Theilen in der Puppe scharf umschrieben vor, und es ist die besondere Auf- gabe des Puppenlebens, die Umgestaltung der Innern Organisation und die Reife der Geschlechtsorgane zu vollenden. Ist diese Aufgabe erfüllt, so sprengt das allmählig consolidirte geflügelte Insect die Puppenhaut, arbeitet sich mit Fühlern, Flügeln und Beinen hervor und breitot die zusammengefalteten Theile unter dem Einfluss lebhafter Inspiration und Luftanfüllung der Tracheen ausein- ander. Die Ghitinbekleidung erstarrt mehr und mehr, aus dem Enddarm tropft das während des Puppenschlafes entstandene und aufgespeicherte Harnsecret aus, und das Insect ist zu allen Geschäften des geschlechtsreifen Thieres tauglich. Von besonderm Interesse ist das gelegentliche Vorkommen von Herma- phroditen^), insbesondere bei den Lepidopteren und Hymenopteren , deren Körper auf der einen Seite männliche, auf der andern weibliche Charaktere zeigt. Auch gibt es Deformitäten 2) , welche auf abnormer Persistenz von Larvenoiganen beruhen (Schmetterling mit Raupenkopf etc.). Die Lebensweise der Inseclen ist so mannichfach, dass sich kaum eine allgemeine Darstellung geben lässt. Zur Nahrung dienen sowohl vegetabilische als animalische Substanzen, welche in der verschiedensten Form, sei es als feste Stoffe oder als Flüssigkeiten, sei es im frischen oder im faulenden Zustande aufgenommen werden. Insbesondere werden die Pflanzen von den Angriffen der Insecten und deren Larven heimgesucht, und es existirt wohl keine Pha- nerogame , welche nicht ein oder mehrere Insectenarten ernährte. Bei der grossen Fruchtbarkeit, welche unter gewissen Bedingungen zu einer übergrossen Vermehrung der Individuen führt, bringen die an Gulturpflanzen , Obst- und Waldbäumen lebenden Insecten zuweilen grossen Schaden , indem sie Blätter und Blüthen, Halme und Früchte vollständig zerstören und die Ursache selbst von Miserndten und Hungersnoth werden können. Derartigen Verheerungen wirken wiederum in ausgedehntem Masse andere Insecten entgegen , welche als Larven im Leibe jener schädlichen Insecten schmarotzen und von deren Säften und Körpertheilen sich ernähren [Tachinen, Ichneumonen u. a). Anderer- seits erscheinen die Insecten wiederum für das Gedeihen der Pflanzenwelt nützlich und nothwendig, indem sie wie zahlreiche Fliegen, Bienen und Schmetterlinge durch Uebertragung des Pollens auf die Narbe der Blüthen die Befruchtung 1) Vergl. J. Westwood, Herrn aphrodite Insects. Londons Magaz. Nat. Hist. vol. 4. 1831. C. Th. E. V. Siebold, lieber die Zwitterbildung der Insecten. Stettin, entom. Zeitung. 1854. 2) H. A. Hagen, On some Insect Deformities, Memoirs of the Museum of Compar. Zoologie at Harvard College Cambridge, vol. II. 718 Hexapoden. Tnstinct. Kunsttriebe. vermitteln. Endlich erweisen sich zahlreiche hisecten durch die Erzeugung verwendbarer und wichtiger Stoffe als nützlich , wie z. B. die Seidenspinner, die Scharlachläuse , die Bienen. Mit Rücksicht auf die gesammten Lebenserschei» migen nehmen die Insecten unstreitig unter den Wirbellosen neben den Decapoden und Gephalopoden die höchste Stufe ein. Der Nahrungsverbrauch erscheint bei den zum Fluge be- fähigten Thieren in gleichem Masse bedeutend als der Stoffwechsel energisch, und ebenso ist die Consumption von Sauerstoff orwiesenermassen eine so reiche, dass man bei manchen hisecten von einer Eigenwärme ') des Körpers reden kann. Mit Hecht giU die Biene (Bienenstocl) ala wurniblütigea Thier. Den vorgeschrittenen Leistungen der vegetativen Organe entsprechen die vielseitigen und oft wunderbaren, auf psychische Lebensäusserungen hin- deutenden Handlungen. Dieselben werden allerdings grossentheils unbewusst auf reflectorischem Wege durch den Mechanismus der Organisation ausgeführt, durch den Instinct, wie man sich auszudrücken pflegt, beruhen zum Theil aber entschieden auf psychischen Vorgängen, indem sie neben dem sehr ausgeprägten Perceptionsvermögen der Sinnesorgane, Gedächtniss und Urtheil voraussetzen. Mit dem Instincte tritt das Insect von der Natur (durch Vererbung) ausgestattet in die Welt, ohne zu demselben durch Erfahrungen und Vorstellungen geleitet zu werden {Grubwespe), zu den auf Gedächtniss und Urtheil beruhenden Handlungen hat sich dasselbe die psychischen Bedingungen eist auf dem Wege der Sinnesperception und Erfahrung zu erwerben (Biene). In der ererbten Organisation aber sind alle jene Fähigkeiten eingeschlossen , welche im lang- samen Processe phylogenetischer Gestaltung auch unter Aufwand von psychi- schen Kräften erworben , im häufigen zuletzt automatischen Gebrauche rein mechanisches Eigenthum des Organismus wurden. Die instinctiven und psychischen häufig sehr schwer abzugrenzenden Handlungen beziehen sich zunächst auf die Erhaltung des Individuums, indem sie Mittel und Wege zum Erwerbe der Nahrung und zur Vertheidigung schaffen, ganz besonders aber als sog, Kunsttriehe auf die Erhaltung der Art und die Sorge um die Brut. Am einfachsten offenbart sich die letztere in der zweck- mässigen Ablage der Eier an geschützten Plätzen und an bestimmten dem ausschlüpfenden Thiere zur Nahrung dienenden Futterpflanzen. Gomplicirter (freilich sind diese Fälle seltener) werden die Handlungen des Mutterinsectes überall da, wo sich die Larve in besonders gefertigten Räumen entwickeln und nach ihrem Ausschlüpfen die erforderliclie Menge geeigneter Nahrungsmittel vorfinden muss [Sphex sabulosa). Am wunderbarsten aber bilden sich die Kunsttriebe bei einigen auch psychisch am höclisten stehenden Orthopteren und Hymen opteren aus, welche sich weiter um das Schicksal der ausgeschlüpften Brut kümmern und die jungen Larven mit zugetragener Nahrung (Futterbrei) grossziehen. In solchen Fällen vereinigen sich eine grosse Zahl von Individuen zu gemeinsamem Wirken in sog. Thierstaaten mit ausgeprägter Arbeitstheilung ihrer männlichen, weiblichen und geschlechtlich verkümmerten Generationen (Termiten, Ameisen, Wespen, Bienen). 1) M. Girard, Ann. scienc. nat. 5 Ser. Tom. XI. 1. Ordnung. Orthoptera. 719 Einige Insecten scheinen zu Tonproduktionen ') befähigt, die theilweise wenigstens als Aeusserungen einer Innern Stimmung aufzufassen sein dürften. Man wird bei solcher Deutung von den summenden Geräuschen der im Fluge befindlichen Hymenopteren und Dipteren (Vibriren der Flügel und blattförmiger Anhänge am Anfang der Stigmengänge),. ebenso wohl von den knarrenden Tönen zahlreicher Käfer, welche durch die Reibung bestimmter Körpersegmente an- einander (Pronotum und Mesonotum, Lamellicornier) oder mit der Innenseite der Flügeldecken entstehen, abstrahiren können, obwohl es möglich bleibt, dass sie zur Abwehr feindlicher Angriffe eine Beziehung haben. Eigenthüm- liche Stimmorgane, welche Locktöne zur Anregung der Begattung erzeugen, finden sich bei den männlichen Singzirpen (Cicada) am Hinterleibe und bei den männlichen Gryllodcen und Locustiden an der Basis des Vorderflügels. Aehnliche wenngleich schwächer zirpende Töne produciren indessen auch beide Geschlechter der Acrididen durch Reiben der Schenkel der Hinterbeine an einer Firste der Flügeldecke. Die Verbreitung der Insecten ist eine fast allgemeine vom Aequator an bis zu den äussersten Grenzen der Vegetation , freilich unter beträchtlicher Abnahme der Artenzahl, der Grösse und Farbenpracht der Arten. Einige Formen sind wahre Gosmopoliten , z. B. der Distelfalter. Die Zahl der gegen- wärtig bekannten Insectenarten wird auf mehrere 100,000 geschätzt. Auch fossile Insecten finden sich von der Steinkohlenformation an bis zum Tertiär- gebirge an Artenzahl zunehmend. Am schönsten erhalten sind die Einschlüsse im Bernstein und die Abdrücke des lithographischen Schiefers. 1. Ordnung. Orthoptera 2), G-eradflügler. Insecten mit heissenden Mundtheilen, mit zwei meist ungleichen geäderten Flüyelpaaren und unvollkommener Metamorphose. Der den Flügeln entlehnte Name der Ordnung ist keineswegs allgemein anwendbar, zumal die Beschaffenheit der Flügel mehrfache Abweichungen bietet , wie auch in Bezug auf den gesammten Bau und die Lebensweise eine grosse Mannigfaltigkeit herrscht. Es fehlt überhaupt ein gemeinsamer Typus in der äussern Erscheinung und Innern Organisation, wie wir ihn in andern Ordnungen der Insecten beobachten. Im Allgemeinen trägt der grosse Kopf lange vielgliedrige Fühlhörner und besitzt meist ansehnliche Facettenaugen sowie auch Punktaugen. Die Mundwerkzeuge sind zum Kauen und Beissen eingerichtet; als besonders characteristisch kann die Bildung der Unterlippe 1) H. Landois, Die Tun- und Stimmapparate der Insecten. Leipzig. 1867. Derselbe, Thierstimmen. Freiburg. 1874. 2) J. W. Zetterstedt, Orthoptera Suecica etc. Luud. 1821. A. Serville, Histoire naturelle des Insectes Orthopteres. Paris. 1839. T. de Charpentier, Orthoptera doscripta et depicta. Leipzig. 1841. L. H. Fischer, Orthoptera Europae. Leipzig. 1853. Leon Dufour, Recherches anatomiques et physiologiques sur les Orthopteres. Mem. pres. Paris. Tom. VIL 1841. C. Brunner von Wattenwyl, Monographie der Pha- neropteriden. Wien. 1878. Vergl. ferner die Aufsätze von H. Rathke, Joh. Müller, V. Siebold, Leydig, V. Graber u. A, 720 Orthopteren, ßau und Organisation. angesehen werden, an der sich die beiden Kieferhälften mit ihren Theilen ziemlich vollständig erhalten haben. Während in einigen Fällen die Zunge aus zwei durch eine mediane Längsnath verschmolzenen Hälften be.steht, sind in der Regel die vier Laden, zuweilen selbst ihre Träger {stipites) von einander getrennt. Häufig wird die äussere Lade der Maxillen helmförmig (galea) und überragt die Innenlade beträchtlich. Der sehr verschieden grosse Prothorax zeigt sich durchweg frei beweglich und gelenkig auch vom Mesothorax abge- setzt. Die Form und Bildung der Flügel schwankt ausserordentlich. In ein- zelnen Fällen können die Flügel vollständig fehlen; häufig sind die Voiderflügel pergamentartige Flügeldecken oder wenigstens stärker und dickhäutiger als die grössern und zusammenlegbaren Hinterflügel , in andern Fällen dagegen sind beide gleichartig gebildete Flügelpaare durch ihr reiches Adernetz den Flügeln von Neuropteren ähnlich. Ebenso verschieden verhalten sich die Beine, deren Tarsen selten nur aus zwei, meist aus drei, vier oder fünf Gliedern bestehen. Der stets in seiner ganzen Breite festsitzende Hinterleib bewahrt sich meist die ursprüngliche vollständige Segmentirung und endet sehr allgemein mit Zangen-, griffet-, faden- oder borstenförmigen Gaudalanhängen, meist gehen sogar 10 Segmente in seine Bildung ein, von denen das 9te die Geschlechts- öffnung, das lote den After umschliesst. Am weiblichen Abdomen findet sich zuweilen (Heuschrecken) eine Legescheide; dieselbe entspringt am vorletzten und drittletzten Segment und besteht jederseits aus einer obern und untern Scheidenklappe und einer Innern, der obern Scheidenklappe anliegenden auf einer Rinne am obern Rande der untern Scheidenklappe laufenden Stachelstab. Die untere Scheidenklappe entsteht durch das Zapfenpaar des drittletzten Segmentes, die obere dagegen durch das äussere, der anliegende Stachelstab durch das innere Zapfenpaar des vorletzten Segmentes. Auch das Aftersegment hat seine Griffel oder Seitenanhänge. Der Verdauungskanal zeichnet sich weniger durch beträchtliche Länge als durch Gliederung in zahlreiche Abschnitte aus , indem viele Orthopteren eine als Kropf zu bezeichnende Erweiterung der Speiseröhre und einen mit Chitinspitzen bewaffneten Kaumagen besitzen, auf welchen der häufig mit einigen Blinddärmchen beginnende Chylusmagen folgt. Die Speicheldrüsen sind oft ausserordentlich umfangreich und mit einem blasen förmigen Reservoir versehen. Die Zahl der Malpighischen Gefässe ist mit einzelnen Ausnahmen eine sehr beträchtliche. Eine sehr complicirte Gestaltung zeigt das Tracheen- system namentlich bei den Orthopteren mit vollkommenem Flugvermögen, in- dem sich zwischen die Stämme der Luftröhren blasenförmige Erweiterungen einschieben, durch welche sowohl die Respiration als die Flugbewegung be- günstigt wird. Fast überall sind 10 Stigmenpaare vorhanden , von denen 2 dem 2ten und 3ten Brustringe angehören. Das Nervensystem zeigt meist ein sehr langgestrecktes Bauchmark mit einem kleinen Suboesophagealknoten, drei grössern Brustganglien und sechs bis acht Ganglienknoten im Abdomen. Einige besitzen tympanale Sinnesorgane. Für die Geschlechtsorgane gilt im Allgemeine eine grosse Zahl langer Eiröhren und Hodenschläuche, in deren Leitungskanäle mächtige Drüsen einmünden. Eine besondere Bursa copulatrix Embryonale Entwicklung. 721 fehlt. Alle durchlaufen eine unvollkommene Metamorphose, welche sich bei den auch im ausgebildeten Zustande flügellosen Formen bis zur directen Entwicklung vereinfacht. Beide Geschlechter unterscheiden sich — von der Verschiedenheit der äussern Gopulationsorgane und des Hinterleibsumfangs abgesehn — zuweilen durch die Grösse der Flügel {Periplaneta) oder durch den Mangel der Flügel im weiblichen Geschlecht {Heterogamia, Pneumora) , sowie bei vielen springenden Orthopteren durch die Ausbildung eines Stimmorgans am Körper des Männchens. Wahrscheinlich dienen die schrillenden Geräusche des letztern dazu, die Weibchen herbeizulocken und zur Begattung anzuregen. Man will von dem Feldheimchen beobachtet ^) haben, dass das Männchen am Eingang seiner Höhle so lange zirpt, bis sich ein Weibchen nähert, dann soll ein leiseres Geräusch folgen, während das Männchen das Weibchen mit seinen Antennen liebkost. Selten kann jedoch auch das Weibchen den Stimmapparat in vollkommener Ausbildung besitzen {Ephippiyera unter den Locustiden). Die Eier werden unter sehr verschiedenen Verhältnissen bald in die Erde , bald an an äussere Gegenstände an feuchten Orten oder im Wasser abgesetzt. Die Embryonalbildung ist für die Libelluliden näher verfolgt worden, und hier mit dem Auftreten eines inneren Keimstreifens verbunden (A. Brandt). Die Larven der geflügelten Formen verlassen das Ei ohne Flügelstummel und stimmen entweder bis auf die Zahl der Fühlerglieder und Hornhautfacetten in ihrer Form und Lebensweise mit den Geschlechtsthieren überein, oder weichen auch in diesen Beziehungen beträchtlich ab {Ephemeren, Libellen)^ indem sie provisorische Einrichtungen des Nahrungserwerbes und der Athmungsorgane (Kiementracheen) haben und im Wasser leben. Die Entwicklung dauert in der Regel fast ein Jahr, oft aber mehrere Jahre. Die meisten ernähren sich im ausgebildeten Zustand von Früchten und Blättern, einige wenige von thierischen Substanzen. Sind als die ältesten den Stammformen am nächsten stehenden Insecten zu betrachten, vor allen die flügellosen Campodeen unter den Thysa- nuren , welche in Körperform an die Tausendfüsse erinnern und auch Fuss- stummel am Abdomen tragen. Fossile Orthopteren treten schon im Devon und in der Steinkohlenformation auf und zwar in Formen, die vielfache Beziehungen zu den Neuropteren bieten. Merkwürdig ist der Fund eines fossilen Insectes^) (aus der Devonischen For- mation von New-Braunschweig) , welches bereits den Stridulationsapparat der männlichen Locustiden zeigt. Ein Orthopterenrest aus dem Steinkohlengebirge Schottlands, Lithomantis carbonarius , soll nach H. Woodward auch am Prothorax kurze Flügelansätze getragen haben. 1) Bates, The Naturalist on the Amazons. Vol. I. 1863, ferner Westwood, Modern Classification of Insects. Vol. III, sodann über den besondern Bau der Stimm- organe; Landois 1. c. 2) Scudder, Transact. Entomol. Soc. 3. ser. Vol. II. Claus, Zoologie. 4. Auflage. lA 722 1. Unterordnung. Thyisanora. 1. Unterordnung. Thysanura ^). Körper mit behaarter oder beschuppter Oberfläche , ohne Flügel , mit Ocellen, ausnahmsweise mit Netzaugen, mit borstenförmigen Anhangsfäden am Hinterleibsende, die bauchwärts eingeschlagen als Springapparat zum Fort- schnellen benutzt werden können. Sie entwickeln sich ohne Metamorphose. Fühler verschieden lang, borstenförrnig. Mundtheile wenig entwickelt, oft eigenthümlich modificirt, zum Kauen dienend. Das Tracheensystem ist oft (Poduriden) sehr reducirt und soll nach Lubbock bei Smynthurus nur aus 2 Büscheln mit 2 Stigmen bestehn. Die letztern liegen jedoch nach Tullberg nicht am Kopf, sondern am Prothorax. Unter den Campodiden finden sich bei Campodea 3 Stigmenpaare, von denen das dritte zwischen Metathorax und erstem Hinterleibssegment liegt und mit seinen Tracheenästen ausser dem dritten Beinpaar das Abdomen versorgt. Anastomosen zwischen den 3 Paaren von Tracheengruppen scheinen nicht vorhanden zu sein, somit fehlen noch die seitlichen Längsstämme (Palmen). Dagegen besitzen die Lepismiden (auch Japijx) das normale holopneustische Tracheensystem mit 10 Stigmenpaaren. Das Nervensystem besteht aus dem Gehirn, dem Suboesophagealganglion und 3 gesonderten Brustganglien , zu denen noch eine grössere Zahl von Ganglien im Abdomen hinzukommen können (Lepisma). Bei den Poduriden fehlen gesonderte Abdominalganglicn , und das letzte Brustganglion entsendet die Nerven in das Abdomen (Smynthurus). Die Hoden sind jederseits gewundene Schläuche und erweitern sich an ihrer Vereinigungsstelle zur Bildung einer kugligen Samenblase, deren Ausführungsgang ebenso wie der Eileiter in den Mastdarm mündet. Am Bauche findet sich oft ein eigenthümliches röhren- förmiges Haftorgan. Nach der Begattung wachsen die Weibchen der Poduren bedeutend und legen dann die Eier ab. 1. Farn. Campodeidae. Körper langgestreckt mit lOgliedrigem Abdomen, welches mit 2 Fäden endet. Antennen vielgliedrig, borstenförrnig oder fadenförmig. Mandibeln kräftig bezahnt. Maxillen mit 2 Laden und Taster. Unterlippe mit Zunge, Nebenzunge und kurzen Tastern. Die Brustbeine mit 2 Krallen bewaffnet. Die Abdominalsegmente haben rudimentäre Beinpaare. Erinnern durch die Form der flachen Leibesringe an die Larven von Chilopoden und sind wenn nicht als die Stammformen der Insecten , so doch diesen nahe stehend betrachtet worden (Brauer). Japyx Hai. Augenlos. Maxillartaster 2gliedrig. Antennen borstenförrnig. J. gigas Br., Cypern. J. solifugus Hai. Campodea Westw, Antennen fadenförmig. Maxillar- taster ungegliedert. Campodea staphylinus Westw. 1) Latreille, De l'organisation exterieure et comparee des Insectes de l'ordre des Thysanoures. Nouv. Annales du Mus. d'hist. nat. Tom. L 1832. H. Nie ölet, Essai sur une Classification des Insectes apteres de l'ordre des Thysanoures. Annales de la sog. entom. 2 ser. Tom. V. Derselbe, Recherches pour servir a l'histoire naturelle des Podurelles. Neufchatel. 184L J. Lubbock, Notes on the Thysanura. Transact. of the Linn. Soc. 1862—1867. E. v. Olfers, Annotationes ad anatomiam Podurarum. Diss. inaugur. BeroL 1862. Meine rt, On the Campodea a family of Thysanura. Naturh. Tidsskrift. 3 Ser. vol. IIL 1865. Tullberg, Sveriges Podurider. Kongl. Svensk. ventensk akad. Forhandl. 1872. Derselbe, Collembola borealia. Ebend. 1876. Poduridae. Lepismidae. 2. Unterordnung. Orthoptera genuina. 723 2. Fam. Podaridae, Springschwänze. Körper gedrungen kuglig oder langgestreckt, mit 4— Sgliedrigen Fühlern und meist 4 — 8 Ocellen jederseits. Hinterleib meist auf wenige Segmente reducirt, mit bauchständigem Haftorgan und mit langer bauch wärts umgeschlagener Springgabel endend. Die starken Beine enden mit eingliedrigen 21appigen Tarsen und einer gespaltenen Klaue. Mundöffnung mit Oberlippe und untex-er Mund- klappe nebst 4theiliger Unterlippe. Unter den Mundklappen versteckt liegen die Man- dibeln und tasterlosen Maxillen. Sie leben an feuchten Orten, auch auf der Oberfläche des Schnees und springen geschickt. 1. Subf. Smynthurinae. Körper kurz, fast kuglig. Die Segmente mit Ausnahme des Prothorax verwachsen. Smynthurus Latr. Fühler 4gliedi-ig, lang. Ocellen jederseits 8 {Dicyrtoma Bourl. mit 8gliedrigen Antennen). Sm. signatus Latr. Papirius Lubb. 2. Subf. Podurinae. Körper gestreckt, mit getrennten Segmenten. Podura L. Fühler kurz und dick, 4gliedrig. Springgabel kurz. Füsse mit einer Klaue. P. aquatica Deg. Orchesella Tempi. Fühler ögliedrig. Springgabel sehr lang und schmal. O.fastuosa Nie. Tomocerus Nie. Degeeria Nie. Fühler 4gliedrig. Körper mit keulenförmigen Haaren besetzt. 8 Ocellen jederseits. Abdominalsegmente ungleich. Deg. nivalis L. Lepidocyrtus Bourl. Desoria Ag. u. a. G. Lipura Burm. Springgabel kurz, zum Springen nicht befähigend. Zahlreiche Ocellen jederseits. L. ambulans L. Bei Änura Gerv. sind Mandibeln und Maxillen ver- kümmert. A. muscorum Tempi. 3. Fam. Lepismidae, Borstenschwänze. Körper gewölbt, langgestreckt, mit metallisch schimmernden Schuppen dicht bedeckt. Die borstenförmigen Fühler lang und vielgliedrig. Mundtheiie mit der Unterlippenbildung der Orthopteren, mit 5- bis 7glied- rigen Maxillartastern und 4gliedrigen Labialtastern. Prothorax gross. Beine mit 2- bis 4gliedrigen Tarsen. Das lOgliedrige Abdomen endet mit einer längern Mittelborste und 2 schwächern seitlichen Borsten. Erinnern durch die Bildung der Brust und der Beine an die Schaben und bewegen sich rasch laufend, theilweise springend. Lepisma L. Augen klein, nur aus Ocellen zusammengesetzt. Unterkiefer mit helmförmigem Aussenlobus und hakiger Innenlade, mit ogliedrigem Taster. Unterlippe 41appig. Hinterleib ohne Springorgan. L. saccharina L. , Zuckergast, Silberfischchen. Bei Nicoletia Gerv. fehlen die Augen ganz. Machilis Latr. Netzaugen vorhanden. Kiefertaster Tgliedrig. Neuntes Abdominal- seginent zu einer Springgabel umgestaltet. M. polypoda L. M. annulicornis Latr. 2. Unterordnung. Orthoptera genuina '). Vorderflügel schmal und derb, zuweilen lederartig erhärtet zum Schutze der Hinterflügel und der Rückenfläche. Die Hinterflügel dünnhäutig und breit, der Länge nach zusammenfaltbar. Kopf gross und mächtig entwickelt, die starken Mandibeln ungleich bezahnt. Die Maxillen mit horniger, an der Spitze 1) G. Gene, Saggio di una monografia della Forficula indigene. Padova. 1822. H. Rathke, Zur Entwicklungsgeschichte der Blatta germanica. MeckeUs Archiv für Anat. und Phys. Tom. VL 1832. Leon Dufour, Recherches anatomiques sur les Labi- doures ou Perce-oreilles. Ann. des scienc. nat. Tom. XIII. C. Cornelius, Beiträge zur nähern Kenntniss der Periplaneta orientalis L. Elberfeld. 1853. L. H. Fischer, Orthoptera europaea. Lipsiae. 1852. J. 0. Westwood, Catalogue of Orthopterous Insects in the collection of the Brit. Museum. London. 1859. 46* 724 t'orficulidae. Blattidae. gezahnter Innenlade, diese von der helmförmigen häutigen Aussenlade (Galea) überdeckt, mit Sgliedrigem Taster. Unterlippe bald mit freien, bald mit ver- schmolzenen Laden und Sgliedrigen Tastern. Tracheensystem holopneustisch, mit Stigmen am Mesothorax und Metathorax, sowie an den 8 vordem Ab- dominalsegmenten. Bauchkette mit 3 Ganghen im Thorax und 5, 6 oder mehr Ganglien im Abdomen. Anhänge des letzten Abdominalsegmentes entwickelt, die untern Griffel fehlen freilich zuweilen. Weibchen oft mit Legescheide, die aus den Ventral platten des 8ten und 9ten Segmentes gebildet wird. Die Larven nähren sich stets von festen Stoffen und sind durchaus Landbewohner. L Gruppe. Cursoria. Mit Laufbeinen. 1. Farn. Forficulidae, Ohrwürmer {Dermatoptera). Von langgestreckter Körper- form mit 4 ungleichen Flügeln, von denen die vordem kurze hornige Flügeldecken sind, welche dem Körper horizontal aufliegen und die zarthäutigen durch Gelenke eingeschla- genen Hinterfiügel bedecken. Kopf ohne Ocellen mit fadenförmigen vielgliedrigen Fühlern. Oberlippe gross. Unterlippe bis zur Basis der Stipites gespalten mit jederseits ver- wachsenen Laden. Beine mit Sgliedrigen Tarsen. Nervensystem mit 3 Brust- und 6 Abdominalganglien. Der 9gliedrige Hinterleib endet mit einer Zange, deren Arme beim Männchen stark ausgebogen sind. Sie ernähren sich von Pflanzenstoffen, besonders Früchten und verkriechen sich am lag in Schlupfwinkeln, aus denen sie in der Däm- merung hervorkommen. Von Linne wurden die Ohrwürmer zu den Coleopteren und zwar in die Nähe der Staphylinen gestellt. Indessen lassen sie sich am besten von den Campodeen aus (Japyx) ableiten. Forficula L. Fühler meist 12gliedrig. Nach der Zahl der Antennen glieder hat Serville eine grosse Zahl von Untergattungen aufgestellt. F. miricularia L. Die "Weibchen sollen nach Degeer die Eier beschützen und die Jungen wie die Henne ihre Küchlein unter ihrem Körper aufnehmen. F. minor L. u. z. a. A. Labidura glyantea Fabr. Von Afrika über Europa bis nach Vorderasien verbreitet. 2. Fam. Blattidae. Von flacher länglich ovaler Körperform, mit breitem schild- förmigen Prothorax, langen vielgliedrigen Fühlern und starken Gangbeinen mit be- stachelten Schienen und 5gliedrigen Tarsen. Der Kopf wird von dem grossen Vorder - brustschilde überdeckt und entbehrt in der Regel der Ocellen. Aussenlade der Maxillen schnabelförmig verlängert. Unterlippe gespalten, ihre Aussenladen doppelt so gross als die Innern. Die Vorderflügel sind grosse übereinander greifende Flügeldecken, können aber sammt den Hinterflügeln beim Weibchen oder auch in beiden Geschlechtern voll- kommen fehlen. Abdomen mit 2, seltener 4 gegliederten Analfortsätzen (Ralfen). Die Schaben leben von festen pflanzlichen und thierischen Stoffen und halten sich lichtscheu am Tage in dunkeln Verstecken auf. Viele Arten sind über alle Welttheile verschleppt und richten bei massenhaftem Auftreten in Bäckereien und Magazinen grossen Schaden an. Besonders gross sind die tropischen Formen. Die Weibchen legen ihre Eier meist kurz vor dem Ausschlüpfen der Jungen in Kapseln ') ab, welche bei Periplaneta orientalis circa 40 Eier in einer Doppelreihe gelagert, umschliessen. Die Metamorphose soll hier 4 Jahre dauern. Polyzosteria Burm. Körper ungeflügelt, sehr flach, mit breitem Kopf und halb- kreisförmigem Prothoiax. Zwischen den Klauen ein Haftlappen. F. limbata Charp., Süd- europa. P. decipiens Germ., Südeuropa. Heterogamia Burm. Körper des Weibchens flügellos. Fühler kürzer als der Leib. Der Haftlappen zwischen den Klauen fehlt. H. aegyptiaca L. Ferisphaeria Burm. (Mit Haftlappen zwischen den Klauen). F. stylifera Burm. 1) Vergl. G. Duchamp, Observations sur la structure et le developpement de la capsule ovigere de la Blatta orientalis. Revue Scient. Nat. Montpellier. Tom. VH. N. 4. Mantidae. Phasmidae. 725 Blabera Serv. Körper geflügelt, ohne Haftlappen zwischen den Klauen. Flügel- decken lederartig, verhältnissmässig dünn. Bl. gigantea L. , Südamerika. Periplaneta Burra. Körper geflügelt, mit Haftlappen zwischen den Klauen. Flügel des Männchens länger, des Weibchens kürzer als der Leib. Männchen mit langen Grifieln am Endsegment. P. orientalis L., gemeine Schabe, soll aus dein Orient in Europa eingewandert sein. P. americana Fabr., Epilampra Burm., Hormetica Burm. u. a. Blatta L. Verschieden durch die in beiden Geschlechtern gleichlangen Flügel und den Mangel der Analgriffel des Männchens. B. lapponica L., B. germanica Fabr. u. a. kleinere einheimische Arten. Thyrsocera spectabüis Burm. 2. Gruppe. Gressoria. Mit Schreitbeinen. 3. Fam. Mantidae, Fangheuschrecken. Von langgestreckter Körperform mit freiem Kopf, langen borstenförmigen Fühlern und vorderen Raubfüssen, deren gesägte Schienen gegen den gezähnten Schenkel eingeschlagen werden. Mittel- und Hinterbeine einfache Gehfüsse mit 5gliedrigen Tarsen Drei Ocellen vorhanden. Die vier Laden der Unterlippe gleich gross. Flügel fast blattförmig. Hinterleib mit 2 gegliederten Raifen. Sie leben vom Raube anderer Insecten und sind Bewohner der wärmern und heissen Klimate, nur kleinere Arten erstrecken sich bis in das südliche Europa. Die Weibchen legen ihre Eier klumpenweise an Pflanzen ab und umhüllen dieselben mittelst eines zähen bald zu einer Kapsel erhärtenden Secretes, welches von fadenförmigen Anhangs- schläuchen des Oviductes abgeschieden wird. Nach Coquerel werden die Eier während des Ablegens von kleinen Glanzwespen der Gattung Pahnon angestochen. Mantis L. Prothorax verlängert und bucklig erhoben. Fühler bei Männchen und Weibchen einfach borstenförmig. M. religiosa L., Gottesanbeterin, im südlichen Europa. M. Strumaria L. , Ostindien. Empusa Hl. Kopf klein, triangulär. Männliche Fühler doppelt gekämmt. Vorder- kopf mit einem Fortsatz. Schenkel der Mittel- und Hinterbeine lappig erweitert. E. pauperata Fabr., Südeuropa. Schizocephala Serv. Kopf klein mit stark hervortretenden kegelförmigen Augen. Prothorax mehr als 3 mal so lang als Mittel- und Hinterbrust. Seh. oculata Fabr., Ostindien. Eremiaphila Leteb. Prothorax nicht länger als Mesothorax , viereckig. Fühler von halber Körperlänge. Vorderflügel nicht länger als das erste Segment des plumpen eiförmigen Hinterleibes. Hinterbeine sehr lang. Schienen mit 2 Dornen bewaffnet. E. Ehrenbergii Burm., von der Farbe des weissen Sandes, Afrika. Metaleuca splendida West., Malabar. 4. Fam. Phasmidae'), Gespenstheuschrecken. Körper gestreckt, in der Regel linear mit freiem geneigten Kopf, fadenförmigen Fühlern und langen Schreitbeinen, deren ögliedrige Tarsen zwischen den Endklauen einen grossen Haftlappen tragen. Aeussere Lade der Unterlippe viel grösser als die innere. Prothorax viel kürzer als der verlängerte Mesothorax. Flügeldecken und Flügel häufig abortiv oder fehlend. Anal- fäden nicht gegliedert. Leben in den Tropengegenden und ernähren sich von Blättern; die flügellosen Formen gleichen verdorrten Zweigen , die geflügelten trocknen Blättern. Bacillus Latr. In beiden Geschlechtern ungeflügelt. Körper langgestreckt, ohne Lappen und Stacheln, beim Männchen viel dünner. Kopf länger als der kurze Prothorax, ohne Ocellen. Fühler kürzer als die Brust, beim Männchen dünner und länger mit dickem grossen Basalglied. Abdomen des Weibchens am Ende verengt, des Männchens 1) Joh. Müller, Ueber die Entwicklung der Eier bei den Gespenstheuschrecken und eine neu entdeckte Verbindung des Rückengefässes mit den Eierstöcken. Nova Act. Tom. XIL 1825. Derselbe, Ueber ein eigenthümliches dem Nervus sympath. analoges Nervensystem der Insecten. Ebendas. Tom. XIV. 1828. G. R. Gray, Synopsis of the species of Insects belonging to the family of Phasmidae. London. 1835. 726 Acrididae. kolbig. B. Bossii Fabr., Südeuropa und Nordafrika. B. gallicus Charp., Südfrankreich und Spanien. Bacteria Latr. Fühler so lang oder länger als der Körper. B. calamus Fabr., Surinam u. z. a. A. Cladoxerus Gray. Männchen geflügelt, mit kurzen Flügeldecken. Weibchen flügellos, viel dicker und plumper als das langgestreckte dünne Männchen. Gl. phyllinus Gray, Brasilien. Phasma 111. Beide Geschlechter geflügelt, Flügel in beiden Geschlechtern beinahe gleich. Fühler borstenförmig, so lang oder länger als der Körper. Ph. fasciatum Gray, Brasilien. Phyllium 111. Flügeldecken und Hinterleib einem trocknen Blatte ähnlich. Beine zusammengedrückt, blattförmig erweitert. P. siccifolium L. , Ostindien. 3. Gruppe. Saltatoria ^). Die hintern Extremitäten sind Springbeine. 5. Farn. Acrididae, Feldheuschrecken. Körper gestreckt und seitlich comprimirt, mit senkrecht stehendem Kopf und stirnständigen kurzen, schnür- oder fadenförmigen Fühlern, die nicht leicht die halbe Körperlänge erreichen. Nebenaugen fast immer vor- handen. Oberlippe sehr gross, am grössten unter allen Insecten, in der Mitte des untern Randes ausgeschnitten. Maxillartaster Sgliedrig. Unterlippe mit Sgliedrigem Taster und dicker fleischiger Zunge. Die derben Vorderflügel sind nur wenig breiter als das Vorderfeld der hintern, welche fächerförmig eingeschlagen in der Ruhelage von jenen vollkommen bedeckt werden. Selten fehlen die Flügel. Beine mit 3gliedrigen Tarsen und Haftlappen zwischen den 2 Endkrallen. Schenkel der Hinterbeine am Grunde verdickt, nur die Gattung Pneumora entbehrt der Springbeine. Der Hinterleib besteht aus Segmenten, von denen das erste an der Bauchseite sehr innig mit dem Metathorax verschmolzen ist. An diesem, vor dem Abdominalsegmente, liegen jederseits die Gehör- organe. Den Weibchen fehlt eine vorstehende Legescheide, sie besitzen aber eine obere und untere je aus 2 hornigen Griffeln zusammengesetzte Genitalklappe, legen ihre Eier im Herbst, von erhärtetem Secret überzogen, in Klumpen in Erdlöcher ab. Die Männchen produciren ein lautes schrillendes Geräusch, indem sie den gezähnten Innenrand der Hinterschenkel an vorspringenden Adern der Flügeldecken herabstreichen. Aber auch bei den Weibchen ist dieser Stridulationsapparat wenngleich rudimentär und nicht stärker ausgebildet als bei den Larven vorhanden, auch die Weibchen mancher Arten vermögen schwache zirpende Töne hervorzubiängen. Sie halten sich vorzugsweise auf Feldern, Wiesen und Bergen auf, im Frühjahr und Sommer als Larven, im Spät- sommer und Herbst als Geschlechtsthiere , fliegen mit schnarrendem Geräusch in der Regel nur auf kurze Strecken und ernähren sich von Pflanzentheilen. Tettix Latr. Vorderrand der Brust aufgeworfen, den Mund umgürtend. Vorder- rücken sehr gross, hinten in eine vorspringende Spitze verlängert. Flügeldecken sehr klein, unter dem Vorderrücken versteckt. Kein Haftlappen zwischen den Krallen. T. subulata L., T. bipunctata Charp. Pneumora Thnbg. Hinterbeine nicht zum Sprunge iimgebildet. Männchen ge- flügelt mit blasenförmig aufgetriebener Hinterleibsbasis und mit 2 vorspringenden ge- zähnelten Leisten des Abdomens, gegen welche die Hinterschenkel gestrichen werden. Weibchen flügellos mit kegelförmigem Hinterleib. Pn. ocellata Thnbg. u. a. südafri- kanische Arten. Gomphocercus Burm. {Stenobothrus Fisch.). Antennen nicht zugespitzt. Körper sehr gestreckt, der hervorragende Vorderkopf mit einer kleinen schmalen Grube vor jedem Auge, mit wagerechtem Scheitelfortsatz. Prosternum ohne Höcker. G. thalas- sinus Fabr., Südenropa. G. biguttulatus Charp. G. pratorum Fieb. u. z. a. A. 1) H. d. Saussure, Melanges orthopteroliques Fase. I — VI. Mem. Soc. de Phys. et d'hist. nat. de Geneve. Locustidae. 737 Oedipoda Latr. Kopf fast ganz senkrecht, sehr dick und breit, Mandibeln ohne Zähne. Prosternum ohne Höcker. Vorderrücken mit abgerundeten Seitenkanten. Oe. tuberculata Fabr., Oe. coerulescens L., Oe. {Pacliytylus) stridula L. Oe. migratoria L., Wanderheuschrecke, im südl. und östl. Europa. Ungeheuere Schwärme unternehmen gemeinsame Züge und verbreiten sich verheerend und zerstörend über Getreidefelder. Caloptenus italicus Burra. Acridium Latr. Vorderbrust mit geradem oder gekrümmtem Höcker, Mandibeln und Maxillen scharfgezackt. Vorderrücken mit winkligem Vorder- und Hinterrand. A. tataricum L., Südeuropa. A. cristatum L., Brasilien. Tnixalis Fabr. Fühler Skantig, 15 — 20gliedrig, gegen das Ende zugespitzt. Kopf kugelförmig, mit Skantigem Vorsprung. Flügel über die Hinterleibsspitze reichend. Tr. nasuta Fabr., Südeuropa. Tr. variabilis Kl., ebendaselbst. 2V. flavipes Burm., Brasilien. Tr. {Pyrgomorpha) rosea Charp. Proscopia Kl. Körper sehr lang und dünn, flügellos, P/mswa- ähnlich. Pr. gigantea Kl., Brasilien. 6. Fam. Locustidae'), Laubheuschrecken. Körper langgestreckt, meist grasgrün oder braun gefärbt, mit senkrecht stehendem Kopf, meist ohne Ocellen, mit sehr feinen Fühlern und meist vertical dem Körper anliegenden Flügeldecken. Die Beine besitzen 4gliedrige Tarsen und entbehren der Haftlappen zwischen den Krallen, die Hinterbeine sind stets sehr lange Springbeine. Oberlippe kreisrund, Mandibeln mit mehreren spitzen Zähnen und einem grössern untern Mahlzahn. Maxillen schlank mit sehr langen Sgliedrigen Tastern. Unterlippe lang gezogen mit gestilter tief getheilter Lippe, deren kleine Innenlade hinter der dicken Aussenlade zvirückbleibt. Vorderrücken sattelförmig. Gehörorgane in den Schienen der Vorderbeine. Hinterleib in der Mitte stärker aus- gedehnt mit schmalen fa.st quadratischen Bauchschienen und zwei grossen Ralfen. Die Weibchen besitzen eine säbelförmige weit vorragende Legescheide, welche aus einer rechten und linken Doppelklappe des 8ten und 9ten Segmentes besteht, zwischen sich aber noch einen Stachelstab einschliesst, welcher dem 9ten Segmente angehört. Begattungs- öffnung am 8ten Segment zwischen den 2 untern Stäben der Legescheide. Die im Spät- sommer oder im Herbst in der Erde abgesetzten Eier überwintern. Die Larven schlüpfen im Frühjahr aus und werden nach mehrfachen Häutungen erst im Spätsommer zu ge- flügelten Geschlechtsthieren. Die Laubheuschrecken leben in Wald und Gebüsch, auch wohl auf dem Felde und sitzen hoch auf dem Gipfel der Halme oder Sträucher. Die Männchen, selten auch die Weibchen {Ephippigera), bringen lautschrillende Töne durch Aneinanderreihen der Flügeldecken hervor, an deren Basis das Stimmorgan liegt. Stets trägt der rechte Flügel die Trommelhaut, deren vorspringende Nerven durch einen gesägten Nerven des darüber liegenden linken Flügels in Vibration gesetzt werden. Meconema Serv. Mit spitzem kegelförmigen Höcker zwischen den sehr langen Fühlern und mit stark vortretenden Augen. Flügeldecken ohne Stimmapparat, länger als die Hinterflügel. Beine sehr lang, die Schienen mit 2 Stachelreihen und langen Haaren , Legescheide aufwärts gebogen. M. varium Fabr. , überall in Deutschland. Acridopeza Guer. Phaneroptera Serv., Ph. macropoda Burm. u. a. südeurop. Arten. Xiphidium Serv. Kopfzipfel abgerundet breit. Flügeldecken sehr schmal, häutig, kürzer als die Flügel oder der Hinterleib. Schenkel unbewehrt, die der Hinterbeine sehr dick. X. fuscum Fabr., X. dorsale Charp., Mitteleuropa. Decticus Serv. Kopf mit stumpfem Stirnfortsatz. Am Grunde der ersten Glieder der Hinterfüsse 2 Haftlappen. Beine sehr lang. Vorderschenkel mit 3 Reihen wenig zahlreicher Stacheln. Flügeldecken weichhäutig, grossmaschig. D. verrucivorus L., Deutschland. D. apterus Fabr., Nordeuropa u. z. a. A. 1) V. Siebold, Ueber das Stimm- und Gehörorgan der Orthopteren. Archiv für Naturg. 1844. V. Hensen, Ueber das Gehörorgan von Locusta. Zeitschr. für wissens. Zoologie. Tom. XVL 1866. 0. Schmidt, Die Gehörorgane der Heuschrecken. Archiv für mikrosk. Anatomie. Tom. XL 1875. V. Graber 1. c. 728 Gryllidae. Locusta L. Kopfzipfel am Grunde zusammengedrückt. Vorderschienen mit drei Stachelreihen, die äussere Reihe nur mit 2 oder 3 Stacheln. Vorder- und Mittelbrust mit 2 langen Stacheln. Flügeldecken häutig, grossmaschig. L. viridissima L., Heupferd. L. cantans Charp., Schweiz und Holstein. Listroscelis longispina Burm. , Brasilien. Saga Charp. Kopf stark geneigt. Vorderrücken nicht sattelförmig. Körper sehr langgestreckt. Schenkel mit 2 Stachelreihen. Fussglieder sehr breit. S. serrula Fabr., Südeuropa. Callimenus Stev. Fuss flach, mit breiter Sohle und gespaltenem vorletzten Tarsal- gliede. Kopf sehr gross mit wulstförmig aufgetriebener Stirn. Fühler unter den Augen inserirt , kürzer als der Leib. Prosternum mit 2 stachelförmigen Höckern. Flügellos. C. dasypus 111. , Griechenland. Ephippigera Serv. Pronotum sattelförmig. Prosternum unbewaffnet. Flügeldecken schuppenförmig. Scheitel mit 2 Tuberkeln. Eph. cucuUata Charp., Nordafrika, Portugal. Eph. perforata Ross. , Italien und Süddeutschland. Barbitistes Charp. B. serricauda, Fabr., Süddeutschland. Bhaphidophora Serv. Körper glatt, ohne Spur von Flügeln. Kopf mit oblongem Scheitelkamm zwischen den Augen und mit sehr langen Fühlern. Tarsen comprimirt. VordeiTÜcken convex. Beine sehr lang. Rh. palpata Sulz., Sicilien. Bh. cavicola Koll., Adelsberger Grotte. Stenopelmatus Burm., Änostosloma Gray, Schizodactylus monstrosus Fabr., Bengalen. 7. Fam. Gryllidae '), Grabheuschrecken. Von dicker walziger Körperform mit freiem und dickem Kopf, meist langen borstenförmigen Fühlern und kurzen horizontal aufliegenden Flügeldecken , welche von den eingerollten Hinterflügeln weit überragt werden. Oberlippe kreisrund, ohne Ausschnitt, die Mandibeln mit hakiger Spitze und kurzen Zähnen am Innenrande. Lade der Unterkiefer zuweilen {Gryllotalpa) nur mit 2 anstatt der 3 Zähne. Die äussern Laden der Unterlippe meist breit, die Innern bedeckend, seltener schmal und linear {Xya, Gryllotalpa). Taster wie bei den Locustiden. Beine mit Sgliedrigen Tarsen. Die Vorderbeine sind zuweilen Grabfüsse, von gewöhnlichem Bau, aber auch zum Graben verwendbar, im letztern Falle sind die Hinterbeine Spring- beine mit sehr verlängertem ersten Tarsalgliede , das ebenso wie das Ende der Schiene bewegliche Stacheln trägt. Das Männchen bringt durch Aneinanderreihen beider Flügel- decken, die übrigens die gleiche Bildung haben (Zähne einer Flügelader der Unterseite und vorspringende glatte Ader der Oberseite) schrillende Töne hervor, wahrscheinlich zum Heranlocken des Weibchens, nnd heftet während der Begattung . an die weibliche Geschlechtsölfnung eine kolbige Spermatophore , welche ähnlich wie bei den Crustaceen bis zur Entleerung umhergetragen wird. Weibchen mit gerader drehrunder und am Ende spindelförmiger Legescheide, seltener ohne Legescheide. Sie leben meist unter- irdisch in Gängen und Höhlungen und ernähren sich sowohl von Wurzeln als von ani- malen Stoffen. Die Larven schlüpfen im Sommer aus, überwintern in der Erde und bestehen im Frühjahr die letzten Häutungen. Gryllotalpa Latr. 2 Ocellen. Fühler lang borstenförmig, vielgliedrig. Vorderbeine zum Graben umgestaltet, mit flach ovalem Schenkel und dreieckiger fingerförmig ge- zähnter Schiene. Prothoi'ax gross. Abdomen mit 2 Ralfen, beim Weibchen ohne Lege- scheide. Gr. vulgaris Latr., Werre, Maulwurfsgrille. Auf Feldern und in Gärten ver- breitet und sehr schädlich, legt etwa 200 bis 300 Eier in einer verklebten Erdhülle ein- geschlossen am Ende der unterirdischen Gänge ab. X.ya Latr. Verschieden durch den kleinen Körper, 3 Ocellen, die fadenförmigen lOgliedrigen Fühler und 4 Hinterleibsanhänge. X. variegata Charp., Südeuropa. 1) Vergh L. Dufour, Histoire naturelle du tridactyle etc. Ann. d. scienc. 1814. H. Rathke, Zur Entwicklungsgeschichte der Maulwurfsgrille. Müller's Archiv. 1844. Ch. Lespes, Memoire sur les spermatophores des Grillons Ann. d. scienc. natur. 1855- 3. Unterordnung. Orthoptera. Pseudo-Neuroptera. 729 Myrmeeophila Latr. Vorderbeine nicht umgestaltet. Weibchen mit vortretender gerader Legescheide. Ocellen fehlen. Körper kurz eiförmig, mit vertical stehendem Kopf, ungeflügelt. Hinterschenkel dick. M. acervorum Panz. , lebt in Ameisenhaufen unter Steinen. Gryllus L. {Acheta Fabr.). Körper walzenförmig mit Flügeln. Kopf kuglig mit convexer Stirn. Fühler meist länger als der Leib. Die Flügeldecken reichen bis an das Ende des Hinterleibes, mit Stiuimorgan an der breiten Spitze. Schienen der Hinterbeine 2reihig gedornt. Gr. campestris L. , Feldgrille. G. domestieus L. , Hausheimchen. G. sylvestris Fabr. Grapterus H. S., Südeuropa. Gr. vastatrix Afzl. , Cap. Bei Oecanthus Serv. ist der Kopf klein und der Prothorax vorn enger als hinten. Üe. italicus Fabr. Trigonidium cieindeloides Serv., Südeuropa. Brachytrypes megacephalus Kef. , Italien. 3. Unterordnung. Orthoptera Pseudo-Neuroptera. Flügel dünnhäutig, beide Flügelpaare gleichgebaut, meist nicht zusammen- faltbar, mit spärlichem oder dichtem Adernetz. Tracheensystem holopneustisch. Nervensystem mit langgestreckter Ganglienkette , an welcher ausser dem sub- oesophagealen und den 3 thoracalen 5 bis 8 Ganglien des Abdomens geson- dert bleiben. 1. Gruppe. Physopoda '). Körper langgestreckt, von geringer Grösse, schmal und flach, mit ziemlich gleichen, zart bewimperten Flügeln, mit borsten- förmigen Mandibeln und saugenden Mundtheilen. 1. Fam. Thripsidae, Blasenfüsse. Kopf cylindrisch mit nach vorn gewandtem Scheitel und fadenförmigen 8- bis 9gliedrigen Fühlern, mit 3 Ocellen zwischen den grossen Facettenaugen. Mundtheile zum Saugen eingerichtet, mit hornigen borsten- fÖrmigen Mandibeln und flachen, dreieckigen Unterkiefern, welche einen 2— 3gliedrigen Taster tragen. Ober- und Unterkiefer zu einem Rüssel zusammengelegt. Unterlippe gross mit 2gliedrigen Labialtastern. Flügel schmal lanzetförmig , am Rande mit feinen Haaren besetzt, wie gefranzt. Die 2gliedrigen Tarsen enden statt der Krallen mit einem saugnapfähnlichen Haftlappen. Einige vermögen mittelst des 9gliedrigen Hinter- leibes zu springen. Sie leben auf Pflanzen, besonders in Blumen, vom Pollen und Honig, aber auch an Blättern, und saugen dieselben in der Art an, dass sie gelbe Flecke be- kommen und absterben. Phloeothrips Halid. Letztes Hinterleibssegment röhrenförmig. Antennen Sgliedrig. Maxillartaster 2gliedrig. Flügel fast ganz ohne Adern. P. ulmi Fabr., P. aculeata Fabr. Thrips L. Weibchen mit 4klappiger verborgener Legescheide. Vorderflügel derber mit 2 Längsadern. Fühler Sgliedrig. Hinterleib glatt. T. manicata Halid. , auf Gras- ähren. T. physapus L. , in den Blumen der Cichoreen. T. cerealium Kirb. Heliothrips Halid. Flügel nur mit einer Längsader. Fühler lang, Sgliedrig. Leib durch feine Leistchen gegittert. H. haemorrhoidalis Bouche, auf Malvaceen. Seriothrips Halid. Melanothrips Halid. Fühler 9gliedrig. Vorderflügel mit 3 Queradern. M. obesa Halid. Aeolothrips Halid. , 2. Gruppe. Corrodentia. Flügel wenig geädert, zuweilen ganz ohne Querader. Kopf mit starken am Innenrande gezähnelten Mandibeln. Unter- kiefer mit hakigem Kaustück , dessen Spitze mit 2 Zähnen besetzt ist und mit häutigem Aussenlobus. Nähren sich von trockenen vegetabilischen und thierischen Substanzen. 1) A. H. Haliday, An epitome of the British genera in the order (Physopoda) Thysanoptera etc. Entomol. Magaz. Vol. 3. 1836. E. Heeger, Beiträge zur Natur- geschichte der Physopoden. Wien. Sitzungsberichte. Tom. 9. 1852. 730 Psocidae. Embidae Terrnitidae. 1. Faiii. Psocidae '), Bücherläuse. Kopf sehr gross mit blasrig aufgetriebener Stirn, langen 8- bis lOgliedrigen borstenföraiigen Fühlern und 3 Nebenaugen. Tarsen 2- oder Sgliedrig. Hinterflügel kleiner als die Vorderflügel, beide in der Ruhe dachförmig aus- gebreitet. Kiefertaster vielgliedrig. Unterlippe in der Mitte tief gespalten, mit dünner häutiger Zunge und rudimentärer lappenförmiger Aussenlade (ob Lippentaster ?). Troctes Burni. Flügel und Ocellen fehlen. Stirn flach. Augen nicht vorragend. Fühler lOgliedrig. Tarsen Sgliedrig. T. pulsatorius L. , Bücherlaus, in Insecten- sammlungen und zwischen Papieren. T. fatidicus L. Psocus Latr. Stirn stark blasig aufgetrieben mit .3 Ocellen. Fühler Sgliedrig. Tarsen 2gliedrig. Leben an Holzwänden und Baumstämmen. Ps. domesticus Burm., Ps. striffosus Curt. u. z. a. A. Flügel beschuppt bei Perientomon Hag. und Aniphiento- mum Pictet. A. paradoxum, fossil im Bernstein, nahe verwandt ceylonicum Nietn. Lachesilla Westw. Ohne Nebenaugen mit 2gliedrigen Tarsen. Clothilla Westw. Atropos Leach. 2. Fam. Embidae. Kopf wagerecht gestellt mit kleinen Augen, ohne Neben- augen, schnurförmigen 11- bis SOgliedrigen Fühlern und 5gliedrigen Kiefertastern. Unter- lippe gross mit tief getheilter Lippe, deren Innenlade sehr klein ist und mit 3gliedrigem Labialtaster. Die Flügel gleichgross, reichen bis an das Hinterleibsende. Tarsen iJgliedrig. Hinterleib 8- bis 9gliedrig, mit 2gliedrigen grossen Ralfen. Leben in den Tropen. Embia Latr. Fühler ITgliedrig. E. Savignii Westw., Egypten. Olyntha Gray. Qligotoma Westw. 3. Fam. Terrnitidae ^), Termiten oder weisse Ameisen. Mit vielgliedrigen schnur- förmigen Fühlern, meist 2 Nebenaugen und starken am Innem-ande 4- bis Gzähnigen Mandibeln. Kiefertaster 5gliedrig. Unterlippe mit 4 fast gleichgrossen Laden, dickem fleischigem Hypopharynx und .3gliedrigen Lippentastern. Die gleichgrossen zarten Flügel liegen in der Ruhe parallel dem Leibe auf. Die kurzen Beine mit einem eigenthüm- lichen Sinnesorgane? (Fr. Müller) in den Schienen enden mit 4gliedrigen Tarsen. Hinterleib 9g]iedrig, ohne Anhänge. Tracheensystera holopneustisch mit 10 Stigmen- paaren. Nervensystem mit 3 gesonderten Brustganglien und 6 kleinern Ganglien des Abdomens. Ein Paar von Speicheldrüsen mündet an der Unterlippe. Oesophagus mit Kropf und schwachem Kaumagen. Mitteldarm weit, einfach gekrümmt. Enddarm mit 4 Paaren von Malftighischen Schläuchen und ansehnlichem Blinddarm. Die Termiten leben gesellig in Vereinen verschieden gestalteter Individuen, von denen die geflügelten Geschlechtsthiere sind und einige Wochen nach ihrer letzten Häutung das Nest verlassen, die ungeflügelten theils den Larven und Nymphen der erstem entsprechen, theils einer ausgebildeten aber (bei Calotermes&viQn und Termes lucifugus) geschlechtlich verkümmerten männlichen und weiblichen Formengruppe. Diese gliedert sich wieder in Soldaten mit grossem viereckigem Kopfe und sehr starken Mandibeln, welche die Vertheidigung besorgen und in Arbeiter mit kleinerm rundlichen Kopf und weniger vortretenden Mandibeln, denen die übrigen Arbeiten im Stocke ob- liegen. Möglicherweise fehlen diesen bei Eutermestirten jegliche Spuren von Geschlechts- organen. Dazu kommt noch das vollkommen geschlechtsreife , der Flügel bis auf die Basalstummel verlustig gegangene Königspaar , durch den grössern Hinterleib , der bei der Königin zu enormen Umfang anschwillt, kenntlich. Indessen gibt es auch unter den 1) Ch. L. Nitzsch, Ueber die Eingeweide der Bücherlaus. Germar's Magaz. Tom. VI. 1821. P. Huber, Memoire pour servir ä l'histoire desP.soques. Mem. de la soc. de Phys. et de Hist. nat. de Geneve. Tom. X. 1848. J. Curtis, British Entomology. 2) H. Smeathman, Some account. of the Termites which are found in Africa and other hot cliuiates. Phil. Transact. Londen. 1781. H.Hagen, Monographie der Termiten. Liu. Entomol. Tom. X. u. XIV. Ch, Lespes, Recherches sur Torganisation et les moeurs du Termite lucifuge. Ann. d. scienc. natur. 4 ser. Tom. V. 1856. F. Müller, Beiträge zur Kenntniss der Termiten. Jen. aat. Zeitschr. Tom. YII. 1873 und IX. 1875. Termitidae. Perlidae. 731 Nymphen Formen, die nach Fr. Müller wahrscheinlich als Ersatzmännchen und Weibchen fungiren können, falls König und Königin fehlen (Vergl. Cleistocarpe Blüthen). Es sind dies Nymphen mit kurzen Flügelansätzen, welche überhaupt niemals wahre Flügel gewinnen und demnach den Stock nie verlassen. Einzelne Arten leben schon in Südeuropa, z. B- im südlichen Frankreich, die meisten aber gehören den heissen Gegenden Afrikas und Amerikas an, wo sie durch ihre Zerstörungen und Bauten berüchtigt sind. Die letztern legen sie entweder in Baumstämmen , oft nur unter der Rinde , oder auf der Erde in Form von Hügeln an, die sie ganz und gar von Gängen und Höhlungen durchsetzen. Am unvollkommensten sind die Nester der Calotermesarien , sie nagen eben nur enge Gänge im Holze, die meist der Achse des Baumes gleichlaufen. Ein besonderer Raum für die Königin ist nicht vorhanden. Die Wand der Gänge ist meist mit einer dünnen Kothschicht bekleidet. Bei Eutermesavten mit spitzköpfigen Soldaten werden die Gänge so dicht, dass an Stelle des Holzes die Kothwände ausschliesslich zurückbleiben. Treten dieselben aus dem Baume hervor, so entstehen die sogenannten kugeligen Baumnester. Indessen gibt es auch den Bäumen von aussen angeklebte, aus Erde oder Lehm gefer- tigte Nester. Andere Eutermes^rien legen die Nester in Erdhöhlungen unter Wurzeln von Palmen an. Hügelbauten endlich führt z. B. Anoplotermes pacificus aus. Hier fehlt der Soldatenstand. Männchen und Weibchen verlassen kurze Zeit, nachdem sie die Nymphenhaut abgestreift haben , den Termitenstock , und erheben sich in dichten Schwärmen in die Luft. Nachher fallen sie zu Boden, verlieren ihre Flügel bis auf die kurzen Basalstummel und suchen paarweise ein Nest wieder zu gewinnen, in welchem sie als König und Königin aufgenommen werden. Nur eine minimale Zahl erreicht dies Ziel, die bei weitem grösste Menge geht unt«r den Nachstellungen von Vögeln, Ameisen und anderer Feinde zu Grunde. Die Begattung dürfte erst im Stocke erfolgen, da die Männchen zur Zeit des Schwärmens nur winzige Hoden haben, die später zu bedeutendem Umfang anschwellen. Die Begründung neuer Termitenstöcke durch Männchen und Weibchen nach der Schwärmzeit ist bei der Hülflosigkeit dieser Thiere mehr als un- wahrscheinlich und nach Fr. Müller nur für Calotermesarten als möglich annehmbar. Nach der Begattung schwillt die Königin zu colossalen Dimensionen des Hinterleibes an und beginnt häufig in besonderen Räumen des Stockes die Eier abzusetzen, die alsbald von den Arbeitern fortgeschafft werden. Durch das Zernagen von Bäumen und trockenen bereits zu Geräthschaften und Bauten verarbeiteten Holzes richten die Termiten grosse Zerstörungen an. Termes L. Randfeld ungeadert, Kopf ohne Nasenvorsprung. Haftlappen fehlen zwischen den Klauen. T. lucifugus Ross., Südeuropa. T. fatalis L., im tropischen Afrika, baut Erdhügel von 10 bis 12 Fuss Höhe. Eutermes Heer. Von Termes dadurch verschieden, dass Mediana und Submediana sehr genähert sind. E. inqiiüinus Fr. M. Calotermes Hag. Randfeld geädert. Mit Haftlappen. C. flavicollis Fabr., Süd- europa. C. canella Fr. Müll., Brasilien. C. rugostis Hag. Bei einzelnen Formen {Ter- mopsis Hr.) fehlen die Ocellen. Bhinotermes Hag. Kopf mit nasenartigem Vorsprung. Anoplotermes pacificus Fr. Müll. 3. Gruppe. Amphibiotica. Die Larven leben im Wasser und tragen meist Tracheenkiemen , während die Stigmen geschlossen sind. 1. Fam. Perlidae'), Afterfrühlingsfliegen. Körper langgestreckt und flach, mit breiter Kopfscheibe, seitlich stehenden Augen, 3 Nebenaugen und borstenförraigen Fühlern. 1) Pictet, Histoire naturelle des Insectes Neuropteres. Monographie. Familie des Perlides. Geneve. 1841. Derselbe, Memoire sur les Larves des Nemoures. Ann. d. scienc. nat. Tom. XXVI und XXVIU. Newport, On the Anatomy and Affinities of 732 Ephemeridae. Die Flügel sind ungleich, die verbreiterten Hinterflügel faltbar mit nach unten ein- schlagbarera Hinterfeld. Mandibeln oft klein und schwach, die Maxillen mit hornigem 2zähnigen Kaustück und langem 5gliedrigen Taster. Unterlippe mit gespaltenem 21ap- pigen Endtheil und Sgliedrigen Tastern. Die 3gliedrigen Tarsen mit breitem Haftlappen zwischen den Krallen. Tracheensystem holopneustisch mit 10 Stigmenpaaren. Tracheen- kiemen persistiren als verschrumpfte Rudimente am Imago. Abdomen lOgliedrig, mit 2 langen gegliederten Ralfen. Männchen oft mit verkümmerten Flügeln. Die Weibchen tragen die Eier eine Zeit lang in einer Vertiefung des 9ten Abdominalseginentes umher und legen sie dann im Wasser ab. Die Larven leben unter Steinen und ernähren sich vornehmlich von Ephemeridenlarven. Sie tragen meist Büschel von Tracheenkiemen nicht nur an den Seiten des Abdomens, sondern auch am Thorax und zu den Seiten der Schwanzfäden (Analkiemen). Nemura Latr. {Semblis Fabr.). Körper sehr lang und gestreckt. 2tes Tarsenglied sehr kurz. Oberkiefer stark, hornig, mit 3 spitzen Endzähnen, stumpfem Mittelzahn und basalem Mahlzahn. Kaustück der Maxillen verhornt mit 2 feinen Zähnen. Schwanz- faden rudimentär. Larven oft mit schlauchförmigen Prosternalkiemen, welche am Imago- stadium persistiren. N. nebulosa L. N. cinerea Oliv. N. lateralis Pict. N. variegata Oliv. (Larve ohne Tracheenkiemen). Taeniopteryx Pict. Perla Geofifr. 2 Schwanzfäden. Mandibeln und Kaustück der Maxillen häutig. Kiefertaster lang, mit dünnen Endgliedern. Die Sgliedrigen Labialtaster nach dem Ende verschmälert. P. viridis Fabr. P. bicaudata L. P. microcephala Pict. (Larven ohne Tracheenkiemen). Pteronarcys Newm. Mit Büscheln von Tracheenkiemen am Thorax, Abdomen und zu den Seiten der Schwanzfäden. Pt. reticulata Burm., Sibirien. Pt. regalis Newm. Chloroperla virescens Pioi. Dictyopteryx Pict. 2. Fam. Ephemeridae '), Eintagsfliegen, Hafte. Mit schlankem weichhäutigen Körper, halbkuglichen Augen, 3 Ocellen und kurzen borstenförmigen Fühlern. Die Vorderflügel gross, die hintern klein, gerundet, zuweilen mit den vordem verwachsen oder ganz ausgefallen. Mundtheile rudimentär. Tarsen 4- bis Sgliedrig. Die Aus- führungsgänge der Geschlechtsorgane bleiben bis zum Ende paarig. Die Männchen mit sehr langen Vorderfüssen. Das Tracheensystem holopneustisch mit 10 Stigmenpaaren, (2 am Meso- und Metathorax, 8 am Abdomen), die im Larvenleben geschlossen sind und sich erst im Subimagostadium öff'nen. Der Hinterleib besteht aus 10 Segmenten und endet mit 3 langen Afterfäden, von denen der mittlere hinwegfallen kann. Die weiblichen Geschlechtsorgane münden zwischen dem 7. und 8. Segmente. Das vorletzte Abdorainalsegment des Männchens mit 2 gegliederten Copulationszangen. Die Eintagsfliegen leben im geflügelten Zustande nur kurze Zeit, ohne Nahrung aufzunehmen, ausschliesslich dem Fortpflanzungsgeschäfte hingegeben. Man findet sie oft an warmen Sommerabenden in grosser Menge die Luft erfüllend und tritt't am andern Morgen ihre Leichen am Ufer angehäuft. Die Larven leben auf dem Grunde klarer Gewässer vom Raube anderer Insecten , besitzen einen grossen Kopf mit starken Man- dibeln und gezähnten Maxillen; am Abdomen tragen sie 6 bis 7 Paare schwingender Platten, die als Tracheenkiemen fungiren und enden mit 3 langen gefiederten Schwanz- Pteronarcys regalis Newm. Transact. Lin. Soc. Tom. XX. 1851. Gerstäcker, Ueber das Vorkommen von Tracheenkiemen bei ausgebildeten Insecten. Zeitschr. für wissens. Zool. Tom. XXIV. 1874. 1) J. Swammerdam, Ephemerae vita. Amsterdam. 1675. Reaumur 1. c. Degeer 1. c. L. Dufour 1. c. Burmeister l. c. Pictet 1. c. II. Monographie. Familie des Ephemerides. Geneve. 1845. Cornelius, Beiträge zur nähern Kenntniss der Palingenia longicauda Oliv. Elberfeld. 1848. J. Lubbock, On the development of Chloeon diniidiatum. Transact. Linn. Soc. Vol. XXIV. Eaton, A Monograph on the Ephemeridae. Tnvnsact. Entom. Soc. London. 1871. Palmen 1. c. Libellulidae. 733 borsten. Hier häuten sie sich oftmals (bei Chloeon mehr als 20 mal) und sollen nach Swammerdam 3 Jahre brauchen bis zum Uebergang in das geflügelte Insect. Nach dem Abstreifen der mit Flügelstummeln versehenen Nymphenhaut sammt Tracheen- kieuien erfährt das geflügelte Insect als Subimago eine nochmalige Häutung und wird erst mit dieser zum Imago. Ephemer a L. Stets 4 mit zahlreichen Queradern versehene Flügel. Augen des Männchens nicht vereinigt, einfach. 3 gleichlange Schwanzborsten. Die Larve mit büschelförmigen Kiementracheen und langem Mandibularfortsatz E. vulgata L. E. lineata Eaton. Ephemerella ignita Pod. Falingenia Burm. Von Ephemera vornehmlich dadurch verschieden, dass die mittlere Schwanzborste verkümmert. Larve mit stark von-agenden Mandibeln und blatt- förmigen Kiementracheen. P. longicauda Oliv. Polymüarcys virgo Oliv. Baetis Leach. Augen des Männchens vereint, einfach. Flügel schmal, mit zahl- reichen Queradern. Meist mit 2 Schwanzborsten. Die Larven mit 7 Paar Kiementracheen und nicht hervorragenden Mandibeln. B. reticulata Burm. B. fiavida Pict. , Spanien. Chloe Leach. Männchen mit 4 Netzaugen. Flügel mit spärlichen Queradern. Hinterflügel sehr klein. Cl. pumilum Burm. CJiloeopsis Eat. Mit nur 2 Flügeln. C. diptera L. Potamattthus Pict. Augen des Männchens verbunden, doppelt. Drei gleichgrosse Schwanzborsten. P. luteus L. Oligoneuria Pict. Vier trübe Flügel fast ohne Queradern. 3 ungleiche Schwanz- borsten. 0. rhenana Imh. Caenis Steph. 3. Fam. Libellnlidae '), Wasserjungfern. Grosse schlankgebaute Insecten mit quer-walzigem frei beweglichen Kopf, kurzen pfriemenförmigen 6- bis Tgliedrigen Fühlern und 4 grossen netzförmig gegitterten Flügeln. Die Augen sind sehr gross, kuglig ge- wölbt und können auf dem Scheitel zusammenstossen. Ocellen vorhanden. Mundtheile sehr kräftig entwickelt und von der grossen Oberlippe bedeckt. Die Unterkiefer mit verwachsener horniger Lade und eingliedrigem sichelförmigen Taster. Die Unterlippe mit einfacher oder getheilter Innenlade und getrennten mit dem 2gliedrigen Taster verwachsenen Aussenladen. Prothorax schmal ringförmig. Flügel gleichlang, glasartig, dicht gegittert, mit Stigma vor der Spitze. Tarsen 3gliedrig. Der lOgliedrige Hinter- leib mit 2 ungegliederten zangenartig gegenüberstellbaren Analgritfeln am letzten Segmente. Tracheensystem holopneustisch , mit 3 Paaren von Längsstämmen (einem dorsalen, visceralen und ventralen), welche unter einander vielfach anastomosiren. Die dorsalen sind die Hauptlängsstämme, welche die Seitenäste zu den Stigmen abgeben. Diese sollen (Palmen) im Larvenleben geschlossen sein. An der gestreckten Ganglien- kette unterscheidet man 7 abdominale Ganglien, neben denen jedoch ein kleines in den Thorax gerücktes und mit der hinteren Gruppe der Brustganglien verschmolzenes Gan- glion ursprünglich dem Abdomen angehört haben möchte. Die Libellen leben in der Nähe des Wassers vom Raube anderer Insecten, sind meist in beiden Geschlechtem verschieden gefärbt und haben einen ausdauernden raschen Flug. Bei der Begattung umfasst das Männchen mit der Zange seines Abdomens den 1) H. Rathke, De Libellularum partibus genitalibus. Regiomonti. 1832. v.Siebold, Ueber die Fortpflanzung der Libellen. Archiv fürNaturg. Tom. IV und VII. L. Dufour, Etudes anatomiques et physiologiques sur les larves des Libellules. Ann. scienc. nat. 3 ser. Tom. XVII. 1852. T. v. Charpentier, Libellulinae Europaeae descriptae et depictae. Lipsiae. 1840. De Selys-Longchamps et Hagen, Revue des Odonates ou Libellules d'Europe. Bruxelles. 1850, sowie deren Monographie des Calopterygines et Gomphines. Bruxelles. 1854 und 1857. Hagen, Neuropteren des lithograph. Schiefers in Baiern. Palaeonthographica. Tom. XV. A. Gerstaecker, Zur Morphologie der Orthoptera amphibiotica. Berlin. 1873. Fr. Brauer, Verzeichniss der bis jetzt bekannten Neuropteren (im Sinne Linne's). VerhandL der zool. botan. Gesellschaft. Wien. 1868. 734 Agrioninae. Acschniuae. Libellulinae. Nacken des Weibchens, und dieses biegt seinen Hinterleib nach der Basis des männlichen Abdomens um. An dieser liegt von der Geschlechtsöffnung entfernt das bereits vorher mit Sperma gefüllte Copulationsorgan. Die Eier werden zuweilen in das Parenchym von Wasserpflanzen abgelegt (Calopteryx, Agrion). Die Larven leben im Wasser und ernähren sich ebenfalls vom Raube, zu dem sie besonders durch den Besitz eines eigen- thümlichen durch die Unterlippe gebildeten Fangapparates befähigt werden. Diese liegt in der Ruhe nach unten eingeschlagen und bedeckt einer Maske vergleichbar das ganze Gesicht, kann dann aber durch Streckung eines knieförmigen Gelenks weit vor- geschlagen werden und vermag dann mit den äussern Laden wie mit einer Zange die Beute zu ergreifen. Von nicht geringerer Bedeutung sind die eigenthümlichen Athmungs- organe, welche bei den kleineren Agrionlarven als blattförmige Tracheenkiemen am Ende des Hinterleibes, bei den meist grössern Larven der Aeschninen und Libellulinen aber als zahlreiche mit Iracheen durchsetzte Blättchen im Mastdarm liegen; die Wasser- menge, welche diese Organe umspült, wird in rhythmischem Wechsel durch die grosse mit Klappen versehene Afteröffnung ausgestossen und wieder eingezogen. Auch bei den erstem Larven (Calopteryx) macht der Mastdarm klappende Bewegungen und besitzt ein auf drei Wülste reducirtes Rudiment von Mastdarmkiemen. 1. Subf. Agrioninae. Vorder- und Hinterflügel gleich gross, in der Ruhe auf- recht oder halbaufrecht. Augen getrennt. Seitenladen der Unterlippe mit beweglichem Endgliede. Mittellappen der Unterlippe mit tiefem Einschnitt. Färbung nach dem Geschlecht meist verschieden. Larven meist mit 3 äussern blattförmigen Tracheenkiemen am Schwanzende. Calopteryx Charp. Flügel sogleich von der Basis aus verbreitert, mit sehr feinem Adernetz. Beine lang mit einer Doppelreihe langer Stacheln. Ralfen des Männchens dünn. Larve zugleich mit Darmathmung. C. virgo L., C. parthenias Charp., C. dimi- diata Barm., Nordamerika. Bei Haeterina Hag. (Südamerik. Calopterygine) haben die Männchen carminrothe Flecke an der Flügelbasis. Agrion Fabr. Flügel lang und schmal, an der Basis gestilt, mit grössern meist quadratischen Maschen. Beine kürzer, mit kleinen Stacheln. Ralfen des Männchens kurz und dick. A. tuberculatum Charp., A. für catum Char^p. ■=. piiella L., A. barbarum Charp. Platyenemis lacteum Charp. 2. Subf. Aeschninae. Flügel in der Ruhe horizontal. Hinterflügel zumal am Grunde breiter als die vordem. Kopf mehr halbkuglig. Innenladen der Unterlippe meist nicht getheilt, nicht viel breiter als die mit beweglichem Griffel endenden Aussen- laden. Lippentaster Sgliedrig. Larven mit Darmathmung und flacher Maske. Gomphus Leach. Netzaugen durch den Scheitel getrennt. 3tes Tasterglied lang. Innenlappen der Unterlippe ohne Spalte. Larven mit kurzem flachen Hinterleib. G. forcipatus L. , G. flavipes Charp. u. a. A. Aeschna Fabr. Netzaugen in der Mitte des Scheitels zusammenstossend. Drittes Tasterglied viel kürzer als das zweite. Der breite Innenlappen der Unterlippe mit medianer Einkerbung. Weibchen mit grosser Legescheide. Flügel breiter mit deutlich entwickelter Bindehaut. A. grandis L., A. juncea L. Anax Leach. 3. Subf. Libellulinae. Flügel in der Ruhe horizontal. Lippentaster 2gliedrig. Seiteolappen der Unterlippe ohne Zahn und beweglichen Endgritfel, aber viel grösser als der Mittellappen. Augen meist auf dem Scheitel zusammengewachsen. Weibchen niemals mit Legescheide. Larven mit Darmathmung, ohne Mittelstück der Maske, welche den ganzen Vorderkopf überwölbt (Helmmaske). Libellula L. Die grossen Augen bilden am Hinterrande keinen Fortsatz. Hinter- leib an den Seiten scharfkantig, nach hinten verschmälert. Flügel in beiden Geschlechtern gleich, ohne Ausschnitt am HinteiTand. L. vulgata, flaveola, depressa, quadrimaculata L. u. a. bei uns einheimische Arten. Cordulia Leach. {Epophthalmia Burm.). Netzäugen am Hinterraiide mit kleinem Fortsatz. C. aenea L. u. a. A. C. [Epitheca) himaculaterlschnur förmig, behaart. Stirn mit 3 Ocellen. Flügel auf allen Adern lang und dicht behaart. Die Larve mit fast geraden Saugzangeu lebt im Wasser unter Steinen. 0. maculatus Fabr. Nemoptera Latr. {Nematoptera Burm.). Mundgegend schnabelförmig verlängert. Mandibeln stumpf zahnlos. Die 3 Endglieder der Kiefertaster sehr verkürzt. Vorder- flügel breit, Hinterflügel sehr lang linear, nach dem Ende zu verbreitert. Meist süd- afrikanische Arten. iV. coa L. , Klein- Asien und Türkei. 4. Farn. Myrmeleontidae , Ameisenlöwen. Mit senkrecht gestelltem grossen Kopf und an der Spitze kolbig verdickten Fühlern. Ocellen fehlen. Prothorax kurz, hals- fbrmig. Mesothorax auft'allend gross. Flügel gleich gross. Erstes Tarsalglied nicht immer länger als die folgenden. Abdomen mit 9 Segmenten, beim Männchen oft mit 2 ungegliederten Raifen. Die Larven mit grossem Kopfe, gezähnten aus Mandibeln und Maxillen zusammengesetzten Saugzangen und kurzem breiten Abdomen leben auf leichtem Sandboden, in dem sie Trichter aushöhlen. Zur Verpuppung spinnen sie eine kugelige Hülse. Myrmeleon L. Fühler kurz und dick, allmählig kolbig anschwellend. Augen halbkuglig, einfach, ohne eingedrückte Querlinie. Lippentaster lang, Endglied derselben fein zugespitzt. M. formicarius L. M. formicalynx Fabr. Die Larve, von deren Lebens- weise bereits Reaumur eine treffliche Schilderung gegeben hat, ist als Ameisenlöwe bekannt und gräbt Trichter in den Sand am Saume von Wäldern. Im Grunde des Trichters steckt sie im Sande, die Saugzangen hervorgestreckt, auf Ameisen lauernd, deren Herabfallen sie durch aufgeworfene Sandtheile zu bewirken vermag. Larven anderer Art graben keine Trichter, halten sich aber unter der Oberfläche des Sandes auf iipd laufen auch vorwärts. Nahe verwandt ist Palpares Ramb. Fühler gedrungener und dicker. Die 4 ersten Tarsalglieder sehr verkürzt. P. Ubelluloides L. , Südeuropa. Ascalaphus Fabr. Körper gedrungener mit dickerem Kopf. Fühler sehr lang, am Ende geknöpft. Die grossen Augen durch eine Furche getheilt. Vorderflügel länger als die Hinterflügel. Männchen mit zangenförmigen Raifen. Die Larve lebt zwischen Moos auf Wiesen und scheint sich besonders von Raupen zu ernähren. Ä. italicus Fabr., A. barbarus Fabr., Südwest-Europa u. a. A. 2. Unterordnung. Trichoptera ^). Flügel mit Haaren oder Schuppen heldeidet, die hintern in der Regel faltbar. Mundtheile mit verkümmertem Oberkiefer , durch die verschmolzenen Unterkiefer und Unterlippe eine Art Saugrüssel bildend. Die Trichopteren oder Phryganiden sind gewissermassen die Lepidopteren unter den Insecten mit unvollkommener Metamorphose, denen (Tineiden)sie auch in dem Flügelgeäder nahe stehen. Tracheensystem holopneustisch, mit 2 thora- calen und 8 abdominalen Stigmenpaaren , welche im Larvenleben geschlossen sind. Die Larven leben im Wasser. Einige entbehren der Tracheenkiemen überhaupt. Die meisten tragen Büschel schlauchförmiger Tracheenkiemen an den vordem und mittlem Abdominalsegmenten (eine Hydropsyche-Kvi auch am Meso- und Metathorax), welche an der Puppe meist persistiren und selbst noch am Imago in Resten nachweisbar sind {Hydropsyche). In manchen Fällen {Oestropsiden, Brauer) werden während des Puppenzustandos ausser den Man- dibeln auch Kiefertaster und Unterlippe rückgebildet. 1) Ausser Rösel, Reaumur, Degeer vergl. J. Pictet, Recherches pour servir ä l'histoire et l'anatomie des Phryganides. Geneve. 1834. J. Curtis, Descriptions of some non descript. British species of May-flies. Lond. and Edinb. phil. magaz. Tom. IV. 1834. H. Hagen, Synopsis ot the British Phryganidae. Entomol. Annual. for 1859, 1860 u. 1861. ' R. Mac Lachlan, A monogr. Revision and Synopsis of the Trichoptera of the European Tauna. London. 1874. Ph. de Rougemont, Helicopsyche si^erata. Neuchatel. 1879. 3. Ordnung. Strepsiptera. 739 1. Farn. Phryganidae, Frühlingsfliegen. Der kleine senkrecht gestellte Kopf mit langen borstentormigen Fühlern und halbkuglig vortretenden Augen. Kiefertaster meist Sgliedrig, beim Männchen oft mit verringerter Gliederzahl. Lippentaster Sgliedrig. Pro- thorax sehr kurz, ringförmig. Die beschuppten Flügel mit nur wenigen Queradern, dach- förmig dem Rücken aufliegend. Beine mit gespornten Schienen und ögliedrigen Tarsen, welche mit zwei seitlichen und einem mittleren Haftlap|)en enden. Das Hinterleibsende des Männchens mit zangenförmigen oder grifi'elähnlichen Ruifen. Die Larven leben im Wasser und zwar in röhrenförmigen, bei Hydropsyche und Ehyacophila an Steinen befestigten Gehäusen, in deren Wandung sie Sandkörnchen, Pflauzentheile und leere Schneckengehäuse aufnehmen, haben beissende Mundwerkzeuge und fadenförmige Kiemen- tracheen an den Leibessegmenten. Aus diesen Röhren strecken sie den hornigen Kopf und die drei mit Beinpaaren versehenen Hrustsegmente hervor und kriechen umher. Die Nymphe verlässt das Gehäuse, welches ihr auch als Puppenhülle dient, um sich ausserhalb des Wassers zum geflügelten Insecte zu entwickeln. Dieses gleicht in mehr- facher Hinsicht den Lepidopteren und hält sich in der Nähe des Wassurs an Blättern und Baumstämmen auf. Das Weibchen legt die Eier klumpenweise in einer Gallerthülle eingeschlossen an Blättern und Steinen in der Nähe des Wassers ab. Sericostoma Latr. (Sericostominae). Fühler kürzer als die schmalen dichtbehaarten Flügel, mit kurzem dicken Basalglied. Die Vorderschienen mit 2, die hinteren mit 4 Sporen. Kiefertaster des Weibchens 5gliedrig, des Männchens 2- bis 3gliedrig, masken- artig das Gesicht bedeckend. P. Latreilli Gurt. S. eollare Sehr. Barypenthus Burm. Flügel gross und breit. Schienen ohne Mittelsporen. Kiefertaster des Männchens Sgliedrig. B. rufipes Buvm., Brasilien. Helicopsyche Bremi. Hinterflügel schmal, scalpelförmig. Erstes Fühlerglied so lang als der Kopf. Larvengehäuse schneckenförmig gewunden. H. sperata Mac Lachl. , Italien. Limnophilus Leach. {Limnophilinae). Fühler so lang als die sparsam behaa,rten Flügel. Schienen der Vorderbeine mit 1, der Mittelbeine mit 3, der Hinterbeine mit 4 Sporen. Männliche Kiefertaster Sgliedrig. L. rhombicus L. Hydroptila Dalm. (Hydroptilinae). Die dicken perlschnurartigen Fühler kürzer als die schmalen Flügel. Diese sind dicht und lang behaart und nicht faltbar. Schienen der Vorderbeine ohne Spore. Kiefertaster des Männchens 4gliedrig. H. tineoides Dalm. Phryganea L. {Phryganeinne). Fühler so lang als die behaarten Flügel. Schienen der Vorderbeine mit 2, der hintern Beine mit 4 Sporen. Kiefertaster des Männchens 4gliedrig, des Weibchens Sgliedrig. P. pilosa Oliv. P. varia Fabr. P. striata L. Bei Olostomis Perch. sind die Flügel unbehaart und sehr breit. Neuronia Leach. Agrypnia Gurt. Mystacides Latr. (Leptocerinae). Fühler fadenförmig, viel länger als die Flügel. Kiefertaster mit langen Haaren dicht besetzt, in beiden Geschlechtern Sgliedrig. Schienen der Mittel- und Hinterbeine mit 2 Sporen. M. qtiadrifasciatus Fabr. M. alhicornis Scop. Ehyacophila Pict. Bh. vulgaris Pict. Hydropsyche Pict, {Hydropsychinae). Fühler sehr dünn, etwas länger als die fein und anliegend behaarten Flügel. Hinterflügel nni Grunde breit faltbar. Das Endglied der Sgliedi-igen Kiefertaster sehr lang, secundär gegliedert. Schienen der Vorderbeine mit 2, der Hinterbeine mit 4 Sporen. H. variabilis Pict. Philopotamus Leach. S.Ordnung. Strepsiptera i) , Fächerfl-ügler. Insecten mit stummeiförmigen an der'Spitse aufgerollten Vorderflügeln, grossen der Länge nach faltbaren IJinterfliigeln, rudimentären 3IundtverJc0eugen, im weiblichen Geschlecht ohne Flügel und Beine, als Larven im Leibe von Hymenopteren schmarotzend. 1) W. Pickering, Observations of the Economy of the Strepsiptera. Transact. Ent. Soc. London. Tom. I. 1836. J. 0. Westwood, Description of a Strepsipterous 47* 740 Strepsiptera. Körperbau. Stylopidae. Die Ordnung umfasst nur wenige Insecten, welche sich eben so sehr durch iliren ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus als durch die eigenthümliche parasitische Lebensweise der Larven und Weibchen auszeichnen. Die Mund- theile sind im geschlechtsreifen Alter verkümmert und zum Kauen untauglich. Dieselben bestehen aus zwei spitzen übereinander greifenden Mandibeln und kleinen mit der Unterlippe verschmolzenen Maxillen nebst 2gliedrigen Maxillar- tastern. Vorderbrust und Mittelbrust bleiben sehr kurze Ringe, dagegen ver- längert sich der Metathorax zu einer ungewöhnlichen Ausdehnung und über- deckt die Basis des 9gliedrigen Hinterleibs. Die Tarsen sind 2- bis 4gliedrig. Am Nervensystem sind die Brustganglien und vordem Abdominalganglien zu einer Masse verschmolzen, nur ein Abdominalganglion bleibt gesondert. Die Männchen besitzen kleine aufgerollte Flügeldecken und sehr grosse der Länge nach fächerartig faltbare Hinterflügel. Die augenlosen Weibchen dagegen bleiben zeitlebens ohne Flügel und Beine, von wurmförmiger Körper- form, einer Made ähnlich, verlassen weder ihre Puppenhülle, noch geben sie ihren parasitischen Aufenthalt im Hinterleib von Wespen und Hummeln auf, aus denen sie nur ihren Vorderkörper hervorstrecken. Die Männchen besitzen ein hervorstehendes Gopulationsorgan und sollen mittelst desselben die anfangs geschlossene Rückenröhre des Weibchens bei der Begattung öffnen. Die Eier- stöcke entbehren des Eileiters und verharren, wie es scheint, auf einem frühern Entwicklungsstadium, indem sie vielleicht ähnlich wie die der viviparen Geci- domyialarven Eier erzeugen. Diese fallen frei in die Leibeshöhle, werden befruchtet und entwickeln sich (möglicherweise aber auch zum Theil partheno- genetisch) zu Larven, welche durch den erwähnten Rückenkanal ihren Weg nach aussen nehmen und auf Bienen und Wespenmaden gelangen. Die Larven sind sehr beweglich und besitzen wie die jungen Gantharidenlarven 3 wohl- entwickelte Beinpaare , sowie 2 Schwanzborsten am Hinterleibe und bohren sich in den Leib ihrer neuen Träger ein. Etwa 8 Tage später verwandeln sie sich dann unter Abstreifung der Haut in eine fusslose Made von walziger Form, welche erst in der Hymenopterenpuppe zur Puppe wird und sich als solche aus dem Hinterleibe jener mit dem Kopfe hervorbohrt. Die Männchen verlassen die Puppenhülle, suchen die Weibchen auf und scheinen nur eine kurze Lebensdauer zu haben. 1. Farn. Stylopidae. Mit den Characteren der Ordnung. Xenos Ross. Fühler 4gliedrig, drittes Glied langgestreckt, mit langem Nebenast an seiner Basis. Augen kurz gestilt. Tarsen 4gliedrig. X. Rossii Kirb. (X. vesparum Ross.), schmarotzt in Polistes gallica. Stylops Kirb. Fühler Ggliedrig, drittes Glied gross, blattförmig, mit Sgliedrigem Seitenast. Augen länger gestilt. Taster 4gliedrig. St. melittae Kirb. Insect. Transact. Entom. Soc. London, Tom. I. W. Kirby, Strepsiptera, a new order of Insects. Transact. Linn. Soc. Tom. X. W. Leach, On the Rhipiptera of Latreille. Zool. Miscell. Tom. III. v. Siebold, Ueber Xenos sphecidarum und dessen Schmarotzer. Beiträge zur Naturg. der wirbellosen Thiere. 1839. Derselbe, Ueber Strepsiptera. Archiv für Naturg. Tom. IX. 1843. Curtis, British Entomology. London. 1849. V, Siebold, Ueber Paedogenesis der Strepsipteren. Zeitschr. für wissensch. Zoologie. Tom. XX. 1870. i 3. Ordnung. Rhynchota. 741 Halictophagus Gurt. Fühler 7gliedrig. Tarsen 3gliedrig. Myrmeeolax Westw. Elenchm Cuvt. Fühler 4gliedrig. Tarsen 2gliedrig. E. tenuicornis Kirh. TriaenaMenge. Fossil im Bernstein. 4. Ordnung. Tlliynchota 0 (= Hemiptera), Schnabelkei'fe. Insecten mit yc Blattläuse. Fühler 5- bis Tgliedrig, von ansehnlicher Länge. Der Sgliedrige lange Schnabel ist in beiden Geschlechtern meist wohl entwickelt, in- dessen gibt es auch bei einigen Arten rüssellose Geschlechtsthiere, welche im Gegensatz zu den viviparen sog. Ammen keine Nahrung aufnehmen. In der Regel finden sich 4 durchsichtige wenig geäderte Flügel, die jedoch dem Weibchen, selten auch dem Männchen fehlen können. Die langen Beine mit 2gliedrigen Tarsen. Die Blattläuse leben von Pflanzensäften an Wurzeln, Blättern und Knospen ganz bestimmter Pflanzen, häufig in den Räumen gallenartiger Anschwellungen oder Blatt- Deformitäten, die durch den Stich der Blattläuse erzeugt werden. Viele besitzen auf der Rückenfläche des drittletzten Abdominalsegmentes zwei »Honigröhren« , aus denen eine süsse von Ameisen eifrig aufgesuchte Flüssigkeit, der sog. Honigthau, secernirt wird. Die abgestreiften Larvenhäute mit ihren weissen schimmelähnlichen Wachsflaum kleben mittelst jenes süssen Saftes an Stengeln und Blättern fest und bilden das, was man im gewöhnlichen Leben als »Mehlthau« bezeichnet. In mehrfacher Hinsicht liemerkenswerth sind die Eigenthümlichkeiten der Fortpflanzung , die theilweise schon im vorigen Jahr- hundert von Reaumur, Degeer und Bonnet beobachtet waren. Vor allem ist es der Polymorphismus und die mit demselben sich verbindende Parthenogenese, welche diese Erscheinungen bedingt. Ausser den in der Regel flügellosen Weibchen , welche meist erst im Herbst zugleich mit geflügelten Männchen auftreten und nach der Begattung befruchtete Eier ablegen, gibt es vivipare, meist geflügelte Generationen, die vorzugs- weise im Frühjahr und Sommer verbreitet sind und ohne Zuthun von Männchen ihre lebendige Brut erzeugen. Bonnet sah bereits 9 Generationen viviparer Aphiden auf einander folgen. Sie unterscheiden sich von den echten Weibchen nicht nur in Form und Färbung und häufig durch den Besitz von Flügeln, sondern durch wesentliche Eigenthümlichkeiten des Geschlechtsapparates und der Eier {Pseudova , Keime), indem ein Receptaculum seminis fehlt, und die Eier bereits in den sehr langen Eierröhren (Keimröhren) mit fortschreitendem Wachsthum die Embryonalentwicklung durchlaufen. Die viviparen Individuen werden desshalb als eigenthümlich gebaute, im Zusammen- hang mit der Parthenogenese vereinfachte Weibchen, nicht aber als Ammen (Steenstrup) zu betrachten sein. Die Richtigkeit dieser Auffassung ') wird durch die Fortpflanzung der Rindenläuse {Chermes), bei denen mehrere Generationen eierlegender Weibchen vor- kommen vmd durch die Bildungsweise der Pseudova bewiesen. Vivipare und ovipare Aphiden folgen meist in gesetzmässigem Wechsel, indem aus den befruchteten über- winterten Eiern der Weibchen im Frühjahr vivipare Aphiden hervorgehen, deren Nach- kommenschaft ebenfalls vivipar ist und durch zahlreiche Generationen hindurch lebendig gebärende Formen ei'zeugt. Im Herbste erst werden Männchen und ovipare Weibchen geboren, die sich mit einander begatten. Von manchen Formen scheinen vivipare In- dividuen (in Ameisenhaufen, Brauer) zu überwintern. Wahrscheinlich als Nachkommen solcher überwinterter sog. Ammen können auch im Frühjahr die beiderlei Geschlechts- thiere (zur Zeit der Geburt bereits vollkommen reif, flügellos und ohne Rüssel) auftreten, wie solches durch Derbes für Pemphigus terehinthi nachgewiesen wurde. Hier folgt nachher die Generation der ungeflügelten sog. Ammen, welche die Gallen erzeugen und als Nachkommen derselben die sich zerstreuenden (und überwinternden) geflügelten sog. Ammen. 1) Ausser R. Leuckart u. a. vergl. Balbiani, Observations sur le Phylloxera du ebene. Ann. scienc. nat. Tom. XIX. 1874. Derbes, Note sur les aphides du pistachier terebinthe. Ebend. 1872. 2) Für diese zuerst nachdrücklich von C. Claus vertretene Auflassung ( Ueber Generationswechsel und Parthenogenese. Marburg. 1868. Derselbe^ Beobachtungen über die Bildung des Insecteneies. Zeitschr. für wiss. Zool. 1864) sind nunmehr auch andere Forscher, insbesondere R. Leuckart (Die Fortpflanzung der Blatt- und Rinden- läuse. 1874), eingetreten. 748 Aphidae. Psyllidae. Die Fortpflanzung der Rindenläuse weicht insofern ab, als wir hier anstatt der viviparen Generationen eine besondere ovipare Geschlechtsform und somit eine wahre Heterogonie, verbunden mit der Fähigkeit parthenogenetischer Entwicklung beobachten. Die weibliche flügellose Tannenlaus überwintert an der Basis der beschuppten jungen Tannenknospe, wächst im Frühjahr an derselben Stelle beträchtlich, häutet sich mehr- mals und legt zahlreiche Eier ab. Die ausgeschlüpften Jungen stechen die geschwollenen Nadeln des Triebes an und erzeugen die Ananas-ähnliche Galle. Später entwickeln sie sich zu geflügelten Weibchen. Bei Phylloxera quercus treffen wir ausser geflügelten und ungeflügelten Generationen noch eine im Herbst auftretende Generation sehr kleiner Männchen und Weibchen (ohne Saugrüssel und Darm), die aus kleinen und grossen an den Wurzeln abgelegten Eiern entstanden sind. Das Weibchen legt nach der Begattung nur ein Ei ab. Aehnlich verhält sich die berüchtigte Reblaus, Ph. vastatrix. Aus dem unter der Rinde des Rebstocks abgelegten Winterei schlüpft im Frühjahr eine Form, weiche an den Blättern lebt, Gallen erzeugt und sich parthenogenetisch fortpflanzt. Die Nach- kommen sind wieder flügellos, erzeugen aber später eine Generation, welche die Wurzeln ansaugt. Diese soll theilweise zu geflügelten Formen werden, welche an der Unterseite von Blättern einige Eier von zweierlei Grösse ablegen. Aus den grossen gehen die Weibchen, aus den kleinen die darmlosen Männchen hervor. Bei Ph. quercus entstehen die Geschlechtsthiere aus Eiern, welche nicht nur die geflügelten, sondern auch die un- geflügelten ablegen. Erstere sollen ausschliesslich männliche oder weibliche Eier er- zeugen. Die Hauptfeinde der Blattläuse sind die Larven von Ichneumoniden (Aphidius) , Syrphiden, Coccinelliden und Hemerobiden. a. Blattläuse s. str, Schizoneura Hartg. Fühler 7- oder 6gliedrig. Der Radius (Costalrippe) entspringt aus der Mitte des Stigtna's. Cubitus (Subcostalrippe) 2theilig, Seh. lanigera Hartg., Apfelbaum. Seh. lanuginosa Hart. Lachnus 111. Fühler ögliedrig. Der Radius entspringt aus der Spitze des linearen Stigma's. Cubitus Stheilig. Mit Höcker an Stelle der Honigröhre. L. pinilj., L. juglan- dis L., L. fagi L. Bei L. rohoris fand bereits v. Heyden eine Geschlechtsgeneration ohne Rüssel. Aphis L. Fühler 7gliedrig, länger als der Körper. Der Radius entspringt aus der Mitte des spindelförmigen Stigma's. Cubitus Stheilig. Hinterleib mit 2 Honigröhren. A. brassicae L., A. rosae L. , A. tiliae L., u. z. a. A. Tctranem'a Hartg. Fühler ögliedrig. Cubitus einfach mit Radialzelle. Hinterleib ohne Honigröhren und Höcker. Unterflügel mit einer Querader. Leben in Gallen und kuglig aufgetriebenen Blättern. T. ulmi Deg. Pemphigus Hartg. Unterflügel mit 2 Queradern. P. bursarius L. , Pappel. Khizobius Burm. Leib flügellos. Fühler ögliedrig, kaum halb so lang als der Körper. Hinterleib kurz und dick, ohne Honigröhren. Bh. pini Burm. I{h. pilosellae Burm. Forda v. Heyd. Paracletus v. Heyd. b. Rindenläuse. Chermes Hartg. Fühler ögliedrig. Cubitus einfach, ohne Radial- zelle. Unterflügel mit einer Querader. Beine kurz. Ch. abietis L. Erzeugt die ananas- ähnüchen Gallen der Fichte. Gh. laricis Hartg. Phylloxera Boy. de F. Fühler Sgliedrig. Cubitus einfach, ohne Radialzelle, ünter- flügel ohne Querader. Ph. coccinea (quercus) v. Heyd. An Eichblättern. Ph. vastatrix '), Reblaus. 3. Fam. Psyllidae ') (Psyllodes), Blattflöhe. Fühler lang, lOgliedrig, mit 2 dicken 1) Ausser Balbiani vergl. besonders Signoret, Phylloxera de la vigne Ann. de la soc. ent. de France. 1869. Tom. IX. 1870. Tom. X etc. J. Lichtenstein, Beiträge zur Biologie der Gattung Phylloxera. Stet. Ent. Zeitung. 1875. 1876 2) A. Förster, Uebersicht der Gattungen und Arten aus der Familie der Psyl- loden. Verhandl. des naturh. Vereins der Pr. Rheinlande. Tom. V und VIII. Fr. Low, Beiträge zur Kenntniss der Psylloden. Verh. der zool. bot. Ges. Wien. Tom. 27. 1877. 3. Unterordnung. Cicadaria. 749 Grundgliedern. Rüssel weit nach hinten gerückt. Im ausgebildeten Zustand stets geflügelt. Die hintern Beine dienen zum Sprunge. Geben durch ihren Stich häufig Veranlassung zu Deformitäten von Blüthen und Blättern. Psylla Geoffr. Randader 2ästig. Stigma des Flügels deutlich. P. dlni L. P. ulmi L. , u. z. a. A. Trioza Forst. Aryiaina För.st. Livilla Gurt. Vorderflügel lederartig runzlig. Flügelstigma fehlt X. iiUcis Gurt. Aphlara Forst. Khinocola Forst. Livia Latr. Netzaugen flach. Erstes Fühlerglied stark verdickt und verlängert. L. juncoriim Latr. 3. Unterordnung. Cicadaria (Homoptera) , Cicaden, Zirpen. llhynclwten mit langem dreigliedrigen Rüssel, kurzen borstenförmigen Fühlern, mit lederartigen und häutigen Flügelpaaren, häufig mit Sprungbeinen. Beide Flügelpaare sind in der Regel von häutiger Beschaffenheit, zuweilen wenigstens im vordem Paare undurchsichtig lederartig und gefärbt und liegen in der Ruhe dem Körper schräg auf. Die Fühler sind kurz, borstenförmig, 2— 7gliedrig. Meist finden sich zwei, selten drei Nebenaugen zwischen den Facettenaugen. Der Kopf ist verhältnissmässig gross und oft in Fortsätze ver- längert. Der Schnabel entspringt stets weit nach unten scheinbar zwischen den Vorderbeinen und besteht aus drei Gliedern. Die Beine enden meist mit dreigliedrigen, selten mit zweigliedrigen Tarsen, bei vielen zeichnen sich die Hinterbeine durch eine bedeutende Länge aus und sind Sprungbeine, mit denen sich die Thiere vor dem Fluge fortschnellen. Am Verdauungskanal bildet der sehr langgestreckte Mitteldarm eine Schlinge , deren hinteres Ende ^) an die Haut des Vormagens befestigt, beziehungsweise unter derselben fortläuft (Cicada). Die Speicheldrüsen sind mächtig entwickelt und bei den Sing- cicaden in doppelter Zahl vorhanden. Die vier Malpighischen Gefässe ver- laufen bei den Cicaden und Cercopiden theilweise zwischen den Darmhäuten versteckt. Das Tracheensystem ist holopneustisch, wahrscheinlich überall mit voller Stigmenzahl. Bei den Männchen der Singcicaden findet sich am Abdomen ein tympanales Organ, dessen Schwingungen die Ursache des Gesanges dieser Thiere sind. Die Trommelhaut hat genau die gleiche Lage jederseits am ersten Abdominalsegment , wie das Tympanum der Acridier und wird von einem schuppenförmigen Deckel überwölbt. Ein mächtiger Muskel befestigt sich an einem stilartigen Fortsatz der angespannten Trommelhaut und versetzt dieselbe bei plötzlicher Abspannung in Schwingungen, während der mit Luft gefüllte Hinterleib als Resonator wirkt. Die Weibchen besitzen einen Legestachel und bringen die Eier oft unter die Rinde und in Zweige von Pflanzen ein. Die Larven grösserer Arten können als solche mehrere Jahre leben. 1. Fam. Cicadellidae ') , Kleinzirpen. Mit frei vortretendem Kopf, dessen breite Stirn frei bleibt uHd nach vorn gewandt ist. Die kurzen Fühler sind Sgliedrig (das 1) Vergl. ausser L. Dufour: Doyere, Ann. scienc. nat. Tom. XI. 1839. 2) J. F. M ecket, Anatomie der Cigale. Beiträge zur vergleichenden Anatomie. 1808. L. Dufour, Recherches anatomiques sur les Cigales. Annales d. scienc. Tom. V. 1825. M. Medici , Osservazioni anatomiche et fisiologiche intorno l'apparecchio sonoro della C'icala. Nuovi Annali d. seienz. nat. di Bologna. 2 ger. Tom- VTII. 1847. E. F. Germar, 750 Membracidae. Fulgoridae, Endglied borstenförmig) und entspringen an der obern Ecke der Wangen vor den Augen. Der Prothorax bedeckt den Mesothorax bis zum Scutellum. Oberflügel lederartig. Hinter- beine verlängert. Ocellen können fehlen. Die Larven mancher Arten (Schaumcicaden) hüllen sich in einen blasigen Schaum (Kukuksspeichel) ein , der aus dem After hervor- treten soll. 1. Subf. Jassinae. Hüftglieder der Hinterbeine quer ausgezogen. Schienen winklig. Jassus Fabr. Scheitel dreiseitig. Ocellen frei an der Vorderseite des Kopfes. Stirn schmaler als die Augen, platt. Schienen der Hinterbeine mit grössern und kleinern Dornen. /. atomarius Fabr. J. biguttatus Fabr. J. ocellatus Scop. Ledra Fabr. Kopf gross, scheibenförmig, scharf gerandet, mit langer breiter Stirn und breiten Wangen. Frothorax jederseits mit einem schräg aufgerichteten ohrförmigen Fortsatz. Hinterschienen nach aussen verbreitet, sägeförmig. L. aurita L. Tettigonia Geoffr. Stirn blasig aufgetrieben. Fühlerborste sehr lang. Hinter- schienen 3kuntig und vieldornig. T. viridis L. T. rutilans Fabr. T. erythrocephäla Germ. T. vittata L. 2. Subf. Cercopinae. Hüftstücke der Hinterbeine kurz. Schienen cylindrisch. Aphrophora Germ. Stirn blasig aufgetrieben. Prothorax trapezoidal (Teckig). Flügeldecken lederartig. Hinterschienen mit 3 starken Dornen. Ä. spumaria L. A. bifasciata L. A. lineata Fabr. Cercopis Fabr. Prothorax 6eckig. Flügeldecken bunt. Hinterschienen mit einem Dornenkranz am Ende. C. haematina Germ. G. sanguinolenta L. Orthoraphia Westw. u. z. a. G. 2. Fam. Membracidae, Buckelzirpen. Kopf nach abwärts gerückt, von dem grossen mit buckeiförmigen Fortsätzen versehenen Prothorax überragt. Letzterer sehr mannigfach gestaltet, den Thorax und selbst das Abdomen überdeckend. Scheitel von der Stirn nicht abgegrenzt, mit 2 Ocellen. Fühler kurz Sgliedrig, unter dem Stirnrande verborgen. Vorderflügel meist häutig. Mit Ausnahme der sehr verbreiteten Gattung Centrotus amerikanisch. Centrotus Fabr. Der buckeiförmig gewölbte Prothorax überdeckt den Mesothorax bis zum Scutellum und zieht sich nach hinten in einen langen Dorn, seitlich in 2 ohr- förmige Fortsätze aus. Oberflügel glasartig. C. cornutus L. Heteronotus Lap. Membracis Fabr. Der hochgewölbte Prothorax blattförmig comprimirt. Oberflügel lederartig. M. lateralis Fabr. M. foliata L., Brasilien. Stnilia Germ, Prothorax bis an das Körperende verlängert. Sm. inflata Fabr., Brasilien. Hoplophora Germ. 3. Fam. Fulgoridae, Leuchtzirpen. Kopf mit halbkugligen Facettenaugen und grossen zuweilen stark aufgetriebenen Fortsätzen. Meist sind 2 Ocellen vorhanden. Stirn vom Scheitel scharf abgesetzt. Fühler kurz, Sgliedrig , unterhalb der Augen ein- gelenkt. Schienen dreikantig, häufig mit Dornen bewaffnet. Die Schienen der Hinter- beine mit einem Stachelkranz am Ende. Vorderflügel häufig gefärbt. Bei vielen bedeckt species Cicadarum etc. Thon's Entomol. Archiv. Tom. H. 1830. Derselbe, Bemerkungen über einige Gattungen der Cicaden. Mag. der Entomol. Tom. HL 1818. und Tom. IV. 1821, H. Hagen, Die Singcicaden Europas. Stett. entom. Zeitschr, Tom, XVI. 1856. J. 0. Westwood, On the family Fulgoridae etc. Transact. Linn. Soc. Tom. XVHI. L. Fairmaire, Revue de la tribu des Membracides. Annales de la soc. entomol. 2 ser. Tom, IV, 1846. V. Signoret, Revue iconographique des Tettigonides. Annales de la soc. entom. 3 ser. Tom. I. II. III. 1853 — 1855. C, Lepori, Nuove ricerche anatomiche et physiologiche sopra l'organo sonoro della cigale, Bulletino della soc. italian. entom. 1869. F. X. Fieber, Katalog der europäischen Cicadinen. Wien. 1872, Derselbe, Les Cicadines d'Europe d'apres les originaux et les publications les plus recentes. Revue et Magazin de Zoologie. 1875 und 1876. V. Graber, Die abdominalen Tympanalorgane der Cicaden und Gryllodeen. Denkschr. der K. Acadeinie der Wis-sensch. Wien. 1876, Cicadidae. 751 sich der Hinterleib dicht mit langen Wuchssträngen und Wachsflaum, welches bei einer Art (Flata limhaia) in so reicher Menge secernirt wird, dass dasselbe gewonnen wird und als >Chinesisches Wachs« in den Handel kommt. Die meisten Arten leben in den Tropen. Fulgora L. Unterseite des Kopfes mit Sfachenx Kiel. Stirnfortsatz sehr mächtig, kegelförmig oder blasig aufgetrieben. Die ganz kurzen Fühler mit rundem Endglied und feiner Endborste. Die lederartigen Vorderflügel schmäler und länger als die hintern. F. laternaria L., der Laternenträger aus Suriaam, sollte nach den irrthüralichen Angaben Merian's aus dem laternenförmigen Stirnfortsatz Licht ausstrahlen. F. candelaria L., Chinesischer Laternenträger. F. (Pseudophana) europaea Burm. Lystra Fabr. Kopf kurz mit quadratischer Stirn. Augen wie gestilt. Wachs- stränge am Hinterleib. L. lanata L. u. z. a. amerikanische Arten. Flata Fabr. Kopf mit langer schmaler Stirn, vom Vorderrand des Prothorax über- eeckt. Fühler mit 2 langgestreckten Gliedern. Flügel breit. Fl. limbata Fabr., China. Fl. nigricornis Fabr., Ostindien. Poeciloptera phalaenoides Fabr., Südamerika. Delphax Fabr. Stirn breit mit gabiigem Mittelkiel. Die beiden untern Fühler- glieder verlängert. Vorderflügel glasartig mit vielen gabiigen Längsrippen. D. mar- ginata Fabr. Cixius Latr. Fühler ganz kurz, die beiden untern Glieder dick. Stirn zugespitzt mit scharfen Seitenkanten. C. nervosus L. Dictyophora europaea L. Issus Fabr. Vorderflügel bucklig, breit, lederartig, mit starken gegitterten Rippen. Fühler dicht unter den Augen eingelenkt, zweites Glied napS'örmig. Stirn breit mit Längsleiste. I. coleoptratus Fabr., Südeuropa. 4. Fam. Cicadidae r=^ Stridulantia, Singcicaden. Der plum^ie Körper mit kurzem breiten Kopf, blasig aufgetriebener Stirn imd 3 Ocellen zwischen den grossen Facetten- augen. Fühler kurz Tgliedrig mit borstenförmigem Endgliede. Die Flügel von ungleicher Grösse, die zwei vordem weit länger und schmäler als die hinteren. Thoracalhaut mehr- fach aufgewulstet. Schenkel der Vorderbeine verdickt, unten bestachelt. Der dicke Hinterleib beim Männchen mit Stimmorgan, welches einen lautschrillenden Ton hervor- bringt. Jederseits unter einer halbmondförmigen Platte , dem Stimmhöhlendeckel, liegt in einem Hornringe ausgespannt eine elastische Membran (Trommelhaut) , welche durch die Sehne eines starken Muskels in Schwingungen versetzt wird ') (Reaumur). Die Weibchen sind stumm. (»Glücklich leben die Cicaden, da sie alle stimmlose Weiber haben«. Xenarchus). Die Cicaden sind auf die wärmern Klimate beschränkt und kommen vornehmlich in grossen Arten in den Tropen vor. Als scheue Thiere halten sie sich am Tage zwischen Blättern versteckt. Sie leben von den Säften junger Triebe und können durch ihren Stich das Ausfliessen süsser Pflanzensäfte veranlassen, die zu dem Manna erhärten {Cicada orni Esch. , Sicilien). Die Weibchen haben einen säge- förmigen Legebohrer zwischen zwei gegliederten Klappen. Die ausschlüpfenden Larven kriechen in die Erde, in der sie sich mit ihren schaufeiförmigen Vorderbeinen eingraben und saugen Wurzeln an. Cicada L. ( Tettigonia Fabr.). Kopf breit mit grossen Augen und abgesetztem Scheitel. C. orni L., Südeuropa. C. fraxini Fabr. C. tibicen L. C. septemdecim Fabr., Brasilien. C. sanguinea Fabr. C. haematodes L. , Süddeutschland. Cystosoma Westw. Kopf schmal mit zugespitztem Scheitel. Hinterleib blasig aufgetrieben. C. Saundersii Westw., Australien. 1) Vergl. die Controverse von L. Landois, Thierstimuie 1. c. und Lepori, Brauer, Gräber und P. Mayer. 752 4. Unterordnung. Hemiptera. 4. Unterordnung. Hemiptera '), Wanzen. Rhynchoten, deren vordere Flügelpaare dem Körper horizontal aufliegen. Manche Arten entbehren der Flügel, ebenso die Weibchen einiger im männlichen Geschlecht geflügelter Arten. Der erste Brustring ist gross und freibeweglich. Der Rüssel entspringt frontal und liegt in der Ruhe meist unter der Brust eingeschlagen. Die Fühler sind in der Regel 4- oder Sgliedrig. Die Tarsen der Beine bestehen meist aus 3 Gliedern. Viele verbreiten einen inten- siven Geruch durch das Secret der Stinkdrüse im Metathorax, die übrigens bei einigen Formen {Coreus, Pyrrhocoris) paarig auftritt. Ausser denselben finden sich an jungen Larven drei am Rücken mündende Drüsensäckchen, die am aus- gebildeten Insecte verödet erscheinen. Die abgesonderte Flüssigkeit dürfte ein ätherisches Oel sein. Die enge Speiseröhre steht mit dem complicirten Aus- führungsapparat gelappter Speicheldrüsen in Verbindung und führt in den magenähnlich erweiterten Mitteldarm, dessen unterer Abschnitt wiederum stark verengert, als Dünndarm mehrere Windungen bildet. Zwei Malpighische Gefässe münden jederseits in den oft blasenartig angeschwollenen Afterdarm. Das Tracheensystem ^) scheint allgemein 2 Paare von thoracalen und 8 (eventuell 7) Paare von abdominalen Stigmenpaaren zu besitzen. Die männlichen Geschlechtsorgane bestehen jederseits aus 7 zusammen- gedrängten Hodenschläuchen, deren blasig aufgetriebene Samenleiter sich zu einem kurzen Ductus ejaculatorius vereinigen. Dieser nimmt ein Paar An- hangsdrüsen auf und führt zu einem complicirten Gopulationsapparat. Den Hoden entsprechend sind beim Weibchen 7 Ovarialröhren vorhanden. Dem Ausführungsgang, der zwischen dem achten und neunten Segment mündet, sitzt ein Receptaculum seminis und ein Paar fingerförmig gelappte Schmier- drüsen an. Einzelne Wanzen (Reduvinen) erzeugen ein schrillendes Geräusch, so Pirates stridulus durch die Bewegung des Halses am Prothorax. Für die Entwicklung der Hemipteren ist das Auftreten eines innern vom Blastoderm aus einwachsenden bandförmigen Keimstreifen characteristisch , der aber bei Corixa nur kurze Zeit vom Dotter bedeckt bleibt und in seiner Krümmung der Form des Eies folgt. 1) Vergl. ausser J. C. Fabricius, Amyot et Serville, C. W, Hahn, Bur- meister, L. Dufour, W. S. Dallas, List of Hemipterous Insects in the collection of the British Museum. London. 1851 — 1852, F. X. Fieber, Die Europäischen Hemipteren nach der analytischen Methode bearbeitet. Wien. 1860. Derselbe, Entomologische Monographieen. 1844. G. Flor, Die Rhynchoten Livlands in systematischer Folge be- schrieben. Dorpat. 1860 — 1861. A. Dohrn, Zur Anatomie der Hemipteren. Stettincr Entomol. Zeitschr. Tom. XXVII. L. Landois, Anatomie der Bettwanze. Zeitschr, für ■Wissenschaft!. Zoologie. Tom. XVIII und XIX. J. W. Douglas and J. Scott, The British Hemiptera vol. I. London. 1865. M. J. K (in ekel, Recherches sur les organes de la secretion chez les insectes de l'ordre des Heiuipteres. Comptes rendus. 1866. N. 10. Paul Mayer, Anatomie von Pyrrhocoris apterus. Archiv für Anatomie. 1874 und 1875. 2) Schiödte, On some new fundamental principlos in the morpholy and classi- ^cation on Rhyngota. Ann. and. Mag. of Nat. Hist. 4 Ser. Tom. VI, Notonectidae. Kepidaf. Galgulidae. Hydrometridae. 753 I.Gruppe. Hydrocores = Hydrocorisae, Wasserwanzen. Fühler kürzer als der Kopf, 3- oder 4gliedrig, mehr oder minder versteckt. Rüssel kurz. Ocellen fehlen. Tarsen theihveise nur 2- oder Igliedrig. Nähren sich von thierischen Säften. 1. Farn. Notonectidae, Rückenschwimmer. Rücken dachförmig gewölbt, von den Flügeldecken überlagert. Bauch flach und meist behaart, beim Schwimmen nach oben gewendet. Fühler meist 4gliedrig und unterhalb der Augengegend zurückgeschlagen. Schienen und Fuss der Hinterbeine flach, beiderseits mit langen Haaren besetzt. Plea Leach. Fühler kurz 4gliedrig, ganz versteckt. Rüssel kurz. Schildchen gross. Tarsen Sgliedrig, mit 2 Krallen. Fl. minutissima Fabr. Anisops Spin. A. pro- ductus Fieb. Corixa Geoifr. Fühler kurz 4gliedrig. Tarsen der Vorderbeine eingliedrig, breit und beborstet, ohne Krallen. Schildchen vom grossen Prothorax verdeckt. C. striata L. Sigara Leach. (Schildchen deutlich). S. minuta Fabr. Notonecta L. Fühler 4gliedrig, kurz und dick. Rüssel stark. Hinterbeine sehr verlängert, zum Rudern geeignet. Die Tarsen derselben nur 2gliedrig und ohne Kralle. Schildchen gross. N. glauca L., Wasserwanze. 2. Fam. Nepidae , Wasserscorpione. Die Vorderbeine sind kräftige Raubfüsse, deren Schiene und Tarsus gegen den verdickten Schenkel eingeschlagen werden. Die Weibchen einiger Formen tragen die Eier auf dem Rücken. Naiicoris GeofFr. Körper oval, flach, mit breitem Kopf. Fühler 4gliedrig. Zweites und drittes Glied verdickt. Tarsus der Vorderbeine sehr kurz, eingliedrig. Hinterbeine schmal. N. cimicoides L. Belostoma Latr. Körper länglich, flach. Fühler 4gliedrig. Zweites bis viertes Glied hakenförmig. Tarsen der Vorderbeine 2gliedrig mit 1 Kralle. Hinterbeine breit und flach. Grosse tropische Arten. B. grande L. , Surinam. B. indieum Lep. Serv., Ostindien. Bei Diplonyclius Lap. enden die Vordertarsen mit 2 Krallen. D. rusticus Fabr., Ostindien. Nepa Fabr. Fühler Sgliedrig, sehr kurz. Tarsen eingliedrig. Eine lange Athem- röhre. Körper flach elliptisch mit grossem Schildchen. Raubbeine mit dicken Hüften. Schiene von Schenkellänge. N. cinerea L. , Wasserscorpion. Ranatra Fabr. Fühler Sgliedrig, drittes Glied lang. Tarsen eingliedrig. Eine Athemröhre. Körper linear mit kurzem Schildchen. Vorderbeine mit dünnen langen Hüften. Schienen kaum halb so lang als der Schenkel. B. linearis L. 3. Fam. GalguHdae, Uferscorpionwanzen. Der flache Körper mit eingesenktem Kopf, grossen vortretenden Facettenaugen und 2 Ocellen. Fühler 4gliedrig. Schenkel der Vorderbeine verdickt. Galgulus Latr. Tarsen eingliedrig, mit 2 Klauen. G. ociilatus Fabr. u. a. ameri- kanische Arten. Mononyx Lap. Pelogonus Latr. 2. Gruppe. Geocores, Landwanzen. Fühler vorgestreckt, mittellang und 4- oder Sgliedrig. Schnabel meist lang. Tarsen meist Sgliedrig. Meist scheue überaus behende Thiere. 1. Fam. Hydrometridae {Ploteres). Körper linear gestreckt, fein behaart. Kopf ohne halsförmige Einschnürung, fast so breit als die Brust. Schnabel meist Sgliedrig. Mittel- und Hinterbeine zur Seite der Brust eingelenkt, verlängert. Klauenglieder vorn gespalten. Tarsen 2gliedrig, das erste Glied sehr kurz. Fühler 4gliedrig. Laufen auf der Oberfläche des Wassers und ernähi-en sich von andern Insecten. Die Weibchen legen längliche Eier reihenweise an Wasserpflanzen. Claus, Zoologie. 4. Auflage. ^g 754 Reduvidae. Acanthiadae. Capsidae. Hydrometra Fabr. = Gerris Latr. Schnabel vielgliedrig. Ocellen und Flügel vorhanden. Hinterleib langgestreckt, schmal. Mesothorax vom Prothorax bedeckt. Mittelbeine von den vordem weit abgerückt. Erstes Fühlerglied am längsten. H. la- custris L. {Limnometra Mayr.) Limnobates Burm. {Hydrometra Latr.). Fühler mit verlängertem driti^en und vierten Gliede, letzteres am längsten. Klauen am Ende der Tarsen. L. stagnorum L. Hebrus Westw. Velia Latr. Ocellen fehlen. Flügel vorhanden. Beine ziemlich gleichweit ab- stehend, die vordem kaum verkürzt. Schenkel der Hinterbeine verdickt, beim Männchen bedornt. V. rivulorum Latr. Halobates Esch. Ohne Flügel und Ocellen. Vorderbeine mit verdickten Schenkeln. Abdomen kegelförmig. Marine Arten. H. sericeus Esch., stiller Ocean. Hier schliessen sich die Leptopodae {Biparii) an mit den Gattungen Salda Fabr. und Leptopus Latr. 2. Fam. Reduvidae {Reduvini), Schreitwanzen. Kopf frei vortretend, an der Basis halsförmig verengert. Ocellen vorhanden. Fühler 4gliedrig. Schnabel bogen- förmig abstehend , meist mittellang. Die starken Beine mit kurzen 3gliedrigen Tarsen, die vordem zuweilen zu Raubbeinen gestaltet. Stechen sehr empfindlich und nähren sich von Insecten. Nabis Latr. Rüssel bis zu den Mittelbeinen verlängert. Basalglied der Fühler etwas verdickt. N. ferus L. Meduvius Fabr. Körper gestreckt eiförmig. Rüssel bis zu den Vorderbeinen reichend. Vorderflügel ganz häutig mit 2 oder 3 Zellen. Erstes Glied der borsten- förmigen Fühler kaum dicker als das viel längere zweite und dritte Güed. Endglied sehr dünn. B. personatus L. Bei Pirates Burm. reicht der Rüssel bis zur Mitte der Brust, und enden die Beine mit starker Klaue und Haftborste. P. stridulus Fabr., Südeuropa. Pygolampis Germ. Körper schmal und flach. Fühler gebrochen mit verdicktem, vorgestrecktem Basalgliede. Fussklauen ungezähnt. Erstes Glied des Schnabels doppelt so lang als das zweite. P. pallipes Fabr. Harpactor Lap. Brust mit stumpfen Ecken. Erstes Glied der Fühler so lang als die beiden folgenden Glieder. Fussklauen gezähnt. H. cruentus Lap. Hier schliessen sich die durch den Besitz von Raubbeinen ausgezeichneten Eme- sidae an. Emesa Fabr. Ploiaria Scop. (Emesodema). PI. domestica Scop., Südeuropa. 3. Fam. Acanthiadae (Membranacei) , Hautwanzen. Mit flachgedrücktem Leibe, 4g]iedrigen an der Spitze meist geknöpften Fühlern und Kehlrinne, in welcher der Sgliedrige Schnabel eingelegt wird. Tarsen 2gliedrig, ohne Haftlappen. Hautabschnitt der Flügeldecken geädert. Zuweilen flügellos. Ocellen fehlen meist. Acanthia Fabr. {Ciniex Latr.). Fühler borstenförmig , fein behaart, die beiden Endglieder schlank, Flügel fehlen. Ä. lectularia L. , Bettwanze. A. hirundinis H. S. A. pipistrelli Jen. Aradus Fabr. Fühler dick, fadenförmig, zweites Glied am längsten, Prothorax seitlich erweitert. Flügel vorhanden. Hauttheil der Vorderflügel mit 4 oder 5 Adern. A. depressus Fabr. {corticalis L.). Tingis Fabr. Fühler geknöpft. Drittes Glied sehr lang. Brust und Vorderflögel seitlich verbreitert. T. echii Fabr. T. pyri Fabr. Syrtis Fabr. Ocellen vorhanden. Vorderbeine zu Raubfüssen umgebildet. Fühler kurz mit langem keulenförmigem Endglied. S. crassipes Fabr. und zahlreiche ameri- kanische Arten. 4. Fam. Capsidae, Blindwanzen. Mit kleinem dreieckigen Kopf, ohne Ocellen, mit 4gliedrigen borstenförmigen Fühlern und 4gliedrigem Schnabel. Oberlippe ver- längert. Die Tarsen undeutlich 3gliedrig. Der hornige Theil der Vorderflügel mit Lygaeidae. Coreidae. Pentatomidae. 755 starkem Anhang, der Hauttheil mit 2 ungleichen Zellen. Kleine und meist langgestreckte weichhäutige Wanzen, welche sich auf Pflanzen aufhalten und meist der gemässigten Zone angehören. Capsus Fabr. Fühler lang. Zweites Glied länger als die übrigen zusammen- genommen, gekeult. Die beiden Endglieder dünn. C. trifasciatus L. Heterotoma Latr. Miris Fabr. Fühler borstenförmig mit dickem Basalglied. Körper langgestreckt linear. Hinterbeine verlängert mit dickem Schenkelglied. 31. en-aticus L. 5. Farn. Lygaeidae iLygaeodes), Langwanzen. Kopf eingesenkt mit 2 Ocellen. Fühler 4gliedrig, fadenförmig, auf der Unterseite des Kopfes eingelenkt, oft mit ver- dicktem Endgliede. Scutellum von gewöhnlicher Grösse. Membran der Flügeldecke mit Längslinien. Schnabel mit 4 ziemlich gleichlangen Gliedern. Tarsen Sgliedrig. Fussklauen meist mit 2 Haftlappen. Lygaeus Fabr. Körper gestreckt, ziemlich flach. Fühler kaum halb so lang als der Körper, leicht gekeult. Membran der Vorderflügel mit 4 bis 5 Längsadern. L. equestris L. Fachymerus Lep. Schenkel der Vorderbeine verdickt. P. pini L. Geocoris Fall. {Ophthalmieus Hahn.). Kopf gross mit stark vortretenden Augen. Endglieder der Fühler verdickt, Membran der Deckflügel ungeadert oder fehlt ganz. Hinterflügel fehlen. G. grylloides L. Pyrrhocoris ') Fall. Fühler von Körperlänge, die beiden Grundglieder gleichlang. Ocellen fehlen. Membran der Flügeldecken kurz mit zwei Zellen und vielen Adern, kann fehlen. P. apterus L., Feuerwanze. 6. Farn. Coreidae (Coreodes), Randwanzen. Fühler am Rande des Kopfes ein- gelenkt. Das erste Glied des 4gliedrigen Schnabels meist am längsten. Thorax mit scharfrandigen oft aufsteigenden und verbreiterten Seitenflügeln. Membran der Flügel- decken von vielen Adern durchsetzt. Coreus Fabr. {Syromastes Latr.). Kopf klein viereckig. Erstes Fühlerglied dick, gekrümmt, zweites und drittes schmal, letztes kurz. Thorax und Hinterleib flügeiförmig verbreitert. C. marginatus L. Stenocephalus Latr. Alydus Fabr. Körper schmal und gestreckt, mit dreieckigem Kopf. Letztes Fühler- glied beträchtlich länger als die vorhergehenden. Schenkel der Hinterbeine stark ver- dickt, stachlig bedornt. A. calcaratus L. Anisoscelis Latr. Kopf dreieckig. Thorax mit scharfen Ecken. Fühler dünn, von Körperlänge. Die Schienen der verlängerten Hinterbeine blattförmig verbreitert. A. bilineata Fabr., Brasilien. Pachylis Lep. Kopf viereckig mit entfernten Ocellen. Abdomen mit dornartig ausgezogenen Ringen. Drittes Fühlerglied herzförmig. P. Pharaonis Fabr. u. a. süd- amerikanische Arten. 7. Fam. Pentatomidae, Schildwanzen. Fühler meist Sgliedrig, das zweite Glied der 4gliedi-igen Rüsselscheide am längsten. Scutellum sehr gross, mindestens von halber Länge der Flügeldecken. Pentatoma Latr. {Cimex Fabr.). Der dünne Schnabel reicht bis zum Ende des Thorax und liegt mit seinem ersten Gliede in einer Kehlrinne. Schienen fein behaart. P. junipera L. , P. rufipes L. , P. oleracea L. Aelia acuminata Fabr. Phloea Lep. {Phloeocoris Burm.). Fühler Sgliedrig, Körper ganz flach und seitlich gelappt. Fussklauen ohne Haftlappen. Ph. corticata Drur. Cydnus Fabr. Körper fast elliptisch. Brust mit dreieckigem Scutellum , welches halb so lang ist als die Vorderflügel. Fühlerglieder gleich lang. Schienen dicht be- stachelt. C. morio L. 1) Vergl. F. Hausmann, Bemerkungen über Lyg. apterus Fabr. II liger Magazin für Insectenkunde. 1802, sowie P. Mayer l. c. 48* 756 5, Ordnung. t)iptera. Tetyra Fabr. Körper fast elliptisch, das Scutellum bedeckt das Abdomen bis zur Spitze. Fünftes Fühlerglied doppelt so lang als das vierte. Das dritte Fnhierglied am kürzesten. T. maura L. Pachycoris Burm. Körper kurz und dick mit feinen Fühlern. Scutellum den ganzen Hinterleib bedeckend. P. Fabricii L. u. a. brasilianisch«? Arten. Scutellera Latr. Die beiden ersten Glieder der 5gliedrigen Fühler kurz, die nach- folgenden lang. Scutellum sehr breit, den Hinterleib und die Flügel bedeckend. Sc. nobilis Fabr., Ostindien. Sphaerocoris Bsrm. u. z. a. G. 5. Ordnung. Diptera i) (Antliata), Z\veifiügler. Insecten mit saugenden und stechenden Mundtheilen und verwachsenem Frothorax, mit häutigen Vorderflügeln, zu Schivingkolhen verhiimmerten Hinter- flügeln und mit vollkommener Metamorphose. Die Bezeichnung dieser Ordnung ist der am meisten in die Augen fallenden Flügelbildung entlehnt, ohne freilich — wie auch die ähnlich gebildeten Namen anderer Insectenordnungen — dem Sachverhältniss genau zu entsprechen. Allerdings sind die vordem Flügel ausschliesslich zu grossen häutigen Schwingen entwickelt, allein auch die Hinterflügel bleiben in rudimentärer Gestalt als gestilte Knöpfchen , Schwingkolben (Haltercs) , vorhanden. Die Vorderflügel sind nackt, meist von glasartiger Beschaffenheit und vorzugsweise in der Längs- richtung geädert. Indessen sind auch Queradern vorhanden, welche sich mit den erstem zur Bildung von Zellen verbinden. An dem hmenrande der Vorder- flügel markiren sich durch Einschnitte zwei Lappen , ein äusserer {Älula) und ein innerer {Squama), der die Hinterflügel überdecken kann. Die letztem bestehen aus einem dünnen Stil und einem kugligen Kopf. Leydig beschrieb in der Basis der Halteren ein Ganglion mit Nervenstiften und deutete dasselbe als Gehörapparat. Uebrigens gibt es auch flügellose Brachyceren und Nemato- ceren (die Fliegen von den Kerguelen). Der frei bewegliche Kopf hat meist eine kuglige Form, ist mittelst eines engen und kurzen Halsstils eingelenkt und zeichnet sich durch die grossen Facettenaugen aus , welche im männlichen Geschlecht auf der Mittellinie des Gesichtes und Scheitels zusammenstossen können. Selten rücken die Augen auf lange Stile der ausgezogenen Seitentheile des Kopfes bei Diopsis. In der Regel sind drei Ocellen vorhanden. Die Fühler weichen nach zwei verschie- 1) J. C. Fabricius, Systema Antliatorum. Brunsvigae. 1805. J. W. Meigen, Systematische Beschreibung der bekannten Europäischen zweiflügligen Insecten. 7 Theile. Aachen. 1818—1838. Wiedemann, Aussereuropäische zweiflüglige Insecten. 2 Theile. Hamm. 1828—30. Macquart, Hist. natur. des insectes Dipteres. 2 Vols. Paris. 1834-3.5. Derselbe, Dipteres exotiques nouveaux ou peu connus. 2 Vols et 5 Suppl. Paris. 1838—1855. H. Loew, Dipterologische Beiträge etc. Berlin. 1845—1861. Derselbe, Beschreibung europäischer Dipteren. Tom. I. Halle. 1869. F. Walker, Insecta Britannica. Diptera. 3 Vol. London. 1851 — 1856. R. Schiner, Fauna austriaca (Fliegen). Wien. 1860. L. Dufour, Anatomie generale des Dipteres. Ann. des scienc. nat. 3 ser. Tom. I. 1844. Derselbe, Recherches anatomiques et physiologiques sur les Dipteres. Mem. pres a l'acad. de sc. de Paris. Tom. XI. 1851. Lacaze-Duthiers, De Tarmure genitale femelle des Insectes. Dipteres. Ann. des sc. nat. 3 se'r. Tom. XIX. N. Wagner, Ueber die vivi^mren Gallmückenlarven. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XV. 1865. Nervensystem. Darmkaual. 757 denen Richtungen auseinander, indem sie entweder klein bleiben , aus drei Gliedern bestehen und häufig an der Spitze eine Fühlerborste (Aristo) tragen, oder seh nur form ig, von bedeutender Länge und aus einer grossen Gliedeizahl zusammengesetzt sind. Da jedoch im erstem Falle das Endglied wieder in kleine Glieder getheilt erscheint, so ist eine scharfe Abgrenzung beider Fühler- formen um so weniger möglich, als auch die Fühlerborste gegliedert sein kann. Die Mundwerkzeuge bilden die als Schöpfrüssel (Prohoscis, Ilaustellum) be- kannte Form von Saugröhren, in denen die Kiefer und eine unpaare der Ober- lippe anhaftende Gräte {Epipharynx) als hornige borsten- oder messerförmige Stechorgane auftreten können. Da wo nur die Maxillen als paarige Stäbe vor- handen sind, scheint das unpaare Stechorgan den verwachsenen Mandibeln zu entsprechen. Die Saugröhre, vorzugsweise aus der Unterlippe gebildet, endet mit einer schwammig aufgetriebenen Zunge und entbehrt der Lippentaster, während die Unterkiefer Taster tragen , welche allerdings bei Verschmelzung der Unterlippe dem Schöpfrüssel aufsitzen. Brust und Hinterleib zeigen im Allgemeinen eine gewisse Concentrirung ihrer Theile. Die Puliciden aus- genommen sind alle Thoracalsegmente zu einer festen Brust verschmolzen , in die auch noch das vordere Abdominalsegment mit aufgenommen ist. Vom Prolliorax treten die Seitentheile in Form zweier Schulterschwielen hervor; das meist mit Dornen besetzte Schildchen überdeckt den Metathorax ; das Ab- domen ist häufig gestilt und besteht aus fünf bis neun Ringen. Die Beine besitzen fünfgliedrige Tarsen , welche mit Klauen und meist mit sohlenartigen Haft läppen (Pelotten) enden. Das Nervensystem ^) erscheint in sehr verschiedenen Formen der Con- centrirung, je nach der Streckung des Leibes. Stets ist ein kleines gesondertes Suboesophagealganglion vorhanden , dessen Nerven die Mundtheile versorgen. Während bei den Fliegen {Faplparae, Oestridae, Musciäae) die Ganglien des Abdomens und der Brust zu einem gemeinsamen Brustknoten verschmelzen oder nur wenige kleine Bauchganglien hinter dem gemeinsamen Brustknoten getrennt bleiben {Tahaniden, Syrphiden) , erhalten sich bei langgestreckten Dipteren nicht nur 2 oder 3 Brustganglien, sondern auch mehrere, fünf, sechs, sogar acht Abdominalganglien wohl gesondert. Ueberall sind jedoch mit dem dritten Brustganglion ein oder mehrere Bauchganglien verbunden. Sind zwei Brust- ganglien vorhanden, so ist das vordere aus dem prothoracalen und mesothora- calen gebildet {Bonibyliidae, Iherevidae, Dolichopodidae etc.). Getrennt sind die Ganglien des Pro- und Mesothorax bei vielen JSematoceren {Chiro)ioinus, Sciara) sowie bei den Puliciden, die im weiblichen Geschlecht 7, im männ- lichen 8 getrennte Bauchganglien besitzen. Das sympathische Nervensystem besteht aus dem Ganglion frontale und zwei (zuweilen verbundenen) Paaren von Pharyngealganglien. Der Sympathicus des Bauchstrangs verläuft nicht gesondert. Für den Darmkanal dürfte das Auftreten eines gestilten sog. Saugmagens als Anhang des Oesophagus sowie die Vierzahl der Malpighischen Gefässe her- 1) Ausser L. Dufour, Leydig u. a. vergl. Ed. Brandt, Vergl. anatomische Untersuchungen über das Nervensystem der Zweiflügler. Hör. Soc. entoujol. rossic. Petersburg. 1879. 758 Diptera. Geschlechtsorgane. Tonproduktion. Entwicklung. vorzuheben sein. Die beiden Tracheenstämme erweitern sich im Zusammen- hang mit dem ausgebildeten Flugvermögen zu zwei grossen blasigen Säcken in der Basis des Hinterleibes und nehmen durch eine verminderte Zahl von Stigmen die Luft auf, indem die letzten und auch das prothoracale Stigma (der amphipneustischen Larve) hinwegfallen. Das Tracheensystem ist unvoll- kommen holopneustisch in Folge des Schwundes der Larvenstigmen während der Metamorphose. Die Larven aber sind mest amphipneustisch mit 1, 2 oder 3 hintern Stigmenpaaren des Abdomens {Musca, Sarcophaga). Nur wenige Dipterenlarven haben ein ganz geschlossenes Tracheensystem (Corethra), einige sind metapneustisch {Eristalis, Culex etc)., andere peripneustisch {Bibioniden, Cccidomyia , Stratiomys). Die männlichen Geschlechtsorgane bestehen aus zwei häufig gefärbten ovalen Hoden mit kurzen Ausführungsgängen , denen sich feste Begattungs- theile nebst Copulationszangen anschliessen ; die Ovarien entbehren einer besonderen Begattungstasche, tragen dagegen drei Samenbehälter an der Scheide und enden oft mit einer einziehbaren Legeröhre. Bezüglich der äussern sog. Genitalbewaffnung sollen nach Weis mann bei Corethra die zwei- gliedrigen Zangen des Männchens sich ebenso wie die Anhänge des Weibchens aus zwei lanzetförmigen Blättchen der Puppe entwickeln, welche als Ventral- anhänge dem vorletzten Segmente angehören. Die beiden Geschlechter sind selten auffallend verschieden. Die Männchen besitzen in der Regel grössere Augen , die zuweilen median zusammenstossen, häufig ein abweichend gestaltetes Abdomen, ausnahmsweise (Bibio) auch eine besondere Färbung. Auch die Mundtheile können Abweichungen bieten, wie z. B. die männlichen Bremsen der messerförmigen Mandibeln entbehren, welche im weiblichen Geschlechte die Hauptwaffe bilden. Auch die männ- lichen Guliciden entbehren der Stechwaffen und besitzen behaarte vielgliedrige Fühler, während die Fühler der Weibchen fadenförmig sind und aus einer geringern Gliederzahl bestehen. Bei Elaphomia aus Neu-Guinea sowie bei dem Männchen von Trypeta abrotani treten unterhalb der Augen geweihartig verästelte Stirnfortsätze auf. Viele Dipteren produciren beim Fliegen summende Töne und zwar durch Vibrationen verschiedener Körpertheile, theils der Flügel, theils der Segmente des Abdomens unter Betheiligung der Stimmapparate an den vier Stigmen der Brust. Hier bildet unterhalb des Stigmenrandes der Tracheenstamm eine Blase mit zwei zierlich gefalteten Blättchen, welche unterhalb zweier äusserer Klappen (Brummklappen) durch die Luftexspiration in Schwingungen versetzt werden (H. Landois). Rücksichtlich der Embryonalbildung *) vertreten die Diptern den Typus mit äusserem Primitivstreifen, der vom Amnion überwachsen wird. Daher 1) A. Weismann, Die Entwicklung der Dipteren. Leipzig. 1864. Derselbe, Die Metamorphose der Corethra plumicornis. 1866. C. Kupifer, Ueber das Faltenbhitt an den Embryonen von Chironomus. Arch. für niikr. Anatomie. Tom. III. El. Metsch- nikoff. Embryologische Studien an Insecten. Ueber die Entwicklung der viviparen Ceci- domyialarve. Ueber die Embryologie von Simulia. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XVI. 1. Unterordnung. Brachycera. 759 erfährt der Embryo keine Umstülpung , wohl aber in der Regel nach Ausbil- dung der Keimwülste eine halbe Umdrehung um seine Längsachse. Von den Gliedmassen legen sich zuerst an den Kopfsegmenten die drei Kieferpaare, dann die Antennen an. Die Verwandlung ist eine vollkommene; die meist fusslosen Larven besitzen entweder einen deutlich gesonderten mit Fühlern und Ocellen versehenen Kopf (die meisten Nematoceren), oder der Kopf ist ein kurzer meist eingezogener Abschnitt ohne Fühler und Augen (höchstens mit einem x-för- migen Pigmentfleck) mit ganz rudimentären Mundwerkzeugen, zuweilen mit zwei zur Befestigung dienenden Mundhaken, hn erstem Falle haben die Larven kauende Mundtheile und nähren sich vom Raube anderer Thiere, im letztern saugen sie als »Maden« Flüssigkeitea oder breiige Substanzen ein. Man kann mit Brauer^) zwei Gruppen von Dipterenlarven unterscheiden: 1. Cyclorapha, Maden ohne Kopf mit oder ohne Schlundgerüst. Die Haut der Larve wird in bogenförmiger Naht gesprengt {Muscaria, Pupiparen). % Orthorajyha, Larven mit Kieferkapsel, unvollständigem oder vollständigem Kopf; die Haut der Larve reisst in geradliniger Naht ein {Tanystomata, Nema- toceren). Nach mehrfachen Häutungen, mit denen selbst wieder mannigfache Organisationsabweichungen der Larven verbunden sind, verwandeln sie sich entweder in der erhärteten Larvenhaut zur Puppe, oder bilden sich unter Ab- streifung der ersteren in bewegliche, oft frei im Wasser schwimmende Puppen {Pupue obtectae) um, welche Tracheenkiemen besitzen können. Auf die Ver- schiedenheiten, welche die Entwicklung des geflügelten Insectes aus dem Organismus der Larve in beiden Gruppen darbietet (deren Kenntniss wir den Untersuchungen We ismann's verdanken), ist schon bei einer frühern Gelegen- heit hingewiesen. 1. Unterordnung. Brachycera, Fliegen. Körper sehr verschieden gestaltet, häufig dick und gedrungen, mit 5- bis Sgliedrigem Hinterleib. Fühler kurz, meist Sgliedrig, mit grossem, meist secundär gegliedertem Endgliede, an welches sich eine einfache oder geringelte Borste anschüesst. Flügel meist vorhanden. Die Larven leben in faulenden Stoffen der Erde und im Wasser, theilweise auch als Parasiten, sind grossen- theils Maden mit Kieferhaken und verpuppen sich meist in der abgestreiften tonnenförmigen Larvenhaut. Viele bilden jedoch eine Pupa obtecta. Das Nervensystem der Larve zeichnet sich durch die dicht zusammengedrängten, beziehungsweise zu einer strangförmigen Ganglienmasse verschmolzenen Knoten des Bauchstrangs aus. 1. Gruppe. Pupiparae^), Lausfliegen. Die drei Thoracalsegmente ver- schmolzen, das Abdomen breit und oft abgeflacht. Die Fühler entspringen in 1) Fr. Brauer, Kurze Charakteristik der Dipternlarven. Verh. der zool. botan, Gesellschaft. Wien. 1869. 2) L. Dufour, Etudes anatomiqueä et physiologiques sur les Insectes Dipteres de la famille des Pupipares. Ann. de scienc. nat. 2 ser. Tom. ill. 1843. Chr. L. Nitzsch^ 760 Braulidae. Nycteribiidae. Hippoboscidae. einer Grube vor den Augen und bleiben kurz, häufig nur 2gliedrig. Der Saug- rüssel wird von der Oberlippe unter Betheiligung der Maxillen gebildet. Die Unterlippe ist ungegliedert. Die kräftigen Beine enden mit gezähnten Klammer- krallen. Die Flügel können rudimentär sein oder fehlen. Die Entwicklung des Embryos und der Larve geschieht in der Uterus-ähnlichen Scheide. Die aus dem Eie hervorgegangene Larve mit 3 offenen Stigmenpaaren in den hintern Segmenten (ohne Schlundgerüst und Mundhaken) schluckt das Sekret ansehn- licher Drüsenanhänge des Uterus, besteht mehrfache Häutungen und wird vollständig ausgebildet unmittelbar vor der Verpuppung geboren. Schmarotzen wie die Läuse an der Haut von Warmblütern, selten von hisecten. 1. Fam. Branlidae, Bienonläuse. Der grosse querovale Kopf ohne Augen, mit kurzen 2gliedrigen Fühlern. Flügel fehlen. Beine mit langen dichtgezähnten Fuss- klauen. Hinterleib rundlich, 5gliedrig. Braula Nitzsch. Br. coeca Nitzsch., Bienenlaus, vornehmlich auf dem Körper der Drohnen, an deren Haaren sie sich mit ihren kammtörmigen Klauen festhält. 2. Fam. Nycteribiidae , Fledermausfliegen. Kopf frei beweglich, rückwärts in den ausgehöhlten Thorax einlegbar, ohne oder mit kleinen Augen und kurzen 2gliedrigen Fühlern. Körper mit breiter platte nförmiger Brust, ohne Flügel, aber mit geknöpften Schwingkölbchen. Saugrüssel mit grossem Taster. Beine lang, seitlich eingelenkt, mit starken 2zähnigen Fussklauen. Vor dem zweiten Beinpaare eigenthümliche kammför- mige Organe. Abdomen ßgliedrig. Leben vornehmlich in der Achsenhöhle der Fleder- mäuse. Nycteribia Latr. N. Latreillei Gurt. Augenlos, auf Vespertilio- Arten. Nach Mac Leay kommen in Ostindien Nycteribien mit verkümmerten Flügeln vor. 3. Fam. Hippoboscidae, Lausfliegen. Der querovale Kopf mit grossen Augen und ganz kurzen Fühlern. Saugrüssel tasterlos mit kurzer Unterlippe. Füsse mit kräf- tigen 2- oder .Szähnigen Klauen. Melnpliagus Latr. Körper flügellos. Kojjf breit mit schmalen Augen, ohne Ocellen. Saugrüssel von der Länge des Kopfes. Klauen 2zähnig. M. ovinus L., Schafzecke. Anapera Meig. Flügel schmal und kurz, über den Hinterleib kaum hinausragend. Fusskrallen 3zähnig. Ocellen fehlen. A. pallida Meig., auf Schwalben. Stenopteryx Leach. Kaymondia Frld. Ormthnmyia Latr. Kopf mit 3 Ocellen, vom queren Thorax umfasst. Flügel weit über den Hinterleib hinausragend mit 6 hornigen Längsadern. Fussklauen 3zähnig. 0. aviculan'a L., Bussard. Ornithobia Meig. {Lipopteva Nitzsch.). Ocellen vorhanden. Flügel mit 3 Längs- adern, hinfällig. Fussklauen 2zähnig. 0. cervi L. Hippohosca Latr. Ocellen fehlen. Flügel länger als der Hinterleib mit vielen Adern. Fussklauen 2zähnig. G. equina L., Pferdelaus. 2. Gruppe. Muscaria. Fliegen mit Stirnblase. Rüssel meist mit fleischigen Endlappen. Maxillen in der Regel verküunnert. Larven (cycloraph) teio- oder amphipneustisch mit Schlundgerüst, ohne Kieferkapsel, meist mit 2 bis 4 Mund- haken. Stets Tönnchenpuppen. Die Familien und Gattungen der Thierinsecten. Germar's Magazin der Entomologie. Tora. HL J. 0. Westwood, On Nyctoribia etc. Transact. zool. soc. of London I. 1835. J. Egger, Beiträge zur bessern Kenntniss der Braula coeca Nitzsch. Verh. des zool. botan. Vereins zu Wien. Tom. HL 1853. R. Leuckart, Die Fortpflanzung und Ent- wicklung der Pupiparen. Abh. der naturf. Gesellsch. zu Halle. Tom. IV. Plioridae. Acalypterae. Muscidae. 761 1. Farn. Fhoridae. Fühler Sgliedrig, dicht über dem Munde entspringend. Taster vorstehend, borstig. Kandnerven des Flügels dick, die 3 bis 4 feinern Längsnerven ent- springen aus dem verdickten zweiten Längsnerven des Randes. Hinterleib Ggliedrig. Larven parasitisch in Pilzen. Phora Latr. Endglied des Fühlers mit langer Borste. Thorax bucklig. Beine kräftig mit verlängerten Hüften und breiten Schenkeln. Ph. incrassata Meig. als Larve im Bienenstocke lebend. 2. Farn. Acalypterae. Meist gestreckte Formen, bei denen an der Spitze des Flügels eine Quernaht fehlt und die erste Hinterrandsader bis zum Rande in gerader Richtung läuft. Schüppchen klein oder fehlend. Halteren daher frei. Die Larven leben meist von faulenden Stoffen. Trypeta Meig. {Trypetinae) , Bohrfliegen. Kopf halbkreisförmig mit breiter Stirn, weit abstehenden Augen und genäherten anliegenden Fühlern. Untergesicht kurz vmd kahl. Das Sgliedrige Abdomen des Weibchens mit horniger vorstehender Legeröhre- Flügel meist schwarz gebändert und gefleckt. Die Larven leben in Stengeln einjähriger Pflanzen und in den Samen der Compositeen. Tr. Cardui L. , Tr. stylata Fabr. , Tr. signata Meig., in Kirschen u. z. a. A. Loxocera Fabr. Toxotrypana Gerst. Chlorops Meig., Halmfliege. Kopf quer, Stirn wohl doppelt so breit als die grünen Augen, üntergesicht zurückweichend. Fühler hängend , Endglied kreisrund mit meist nackter Borste am Grunde. Larven oft in den Halmen der Gräser. Ch. lineata Fabr., Weizenfliege. Lipara splendens Meig. Sepsis Fall. Kopf rund, mit weitabstehenden Augen. Untergesicht fast senkrecht, mit einigen Borsten seitwärts über dem Munde (Knebelbart). Abdomen fast walzen- förmig, nackt und glänzend, 4gliedrig. Flügel aufrecht, beständig vibrirend. S. punctum Fabr., Glanzfliege. Diopsis L. Kopf seitlich in 2 dünne lange Stile ausgezogen, an deren Ende die Augen und Fühler liegen, Scutellum und Seiten des Thorax mit 2 langen Dornen. Hinter- leibsbasis stark verengt. D. ichneumonea L. Scatophaga Latr. , Kothfliege. Augen rund , in beiden Geschlechtern durch die breite rothgestreifte Stirn getrennt. Knebelbart vorhanden. Fühler mit schmalem langen Endglied und meist gefiederter Borste. Flügel aufliegend und weit länger als das Sgliedrige Abdomen. Flügelschuppen klein. Sc. stercoraria L. , Dungfliege, auf Düngerhaufen. Piophila Fall. Augen rund. Knebelbart vorhanden. Endglied der Fühler elliptisch mit nackter Fühlerborste. Hinterleib Sgliedrig. P. casei L. , Käsefliege. Tetanocera ferruginea Fall. Borborus subsaltans Fabr., Düngerfliege. Änthomyia {Antliomyinae) , Blumenfliegen. Larven leben im Dünger, einzelne in Zwiebeln. A. rußceps Meig., Forstschädlich durch Zerstören der Wurzeln von Weiden- und Pappelkeimlingen. 3. Fam. Muscidae. Endlappen des Rüssels fleischig, eine weiche polsterförmige Anschwellung bildend. Die erste Hinterrandsader läuft gekrümmt oder in gebrochener Linie zur Flügelspitze. Halteren bedeckt. Larven an Excrementen und faulem Fleisch, aber auch parasitisch in Insecten (Tachinarien). MuscaL. Kopf kurz, breit, mit grossen beim Männchen zusammenstossenden Augen. Erste Hinterrandsader unter spitzem Winkel gebrochen. Hinterleib oval gedrungen. Fühlerborste bis zur Spitze gefiedert. M. domestica L. , Stubenfliege. M. Caesar L., Goldfliege. M. vomitoria L., Brechfliege, mit glänzend blauem Hinterleib. M. cadaverina L. , Aasfliege. Sarcophaga Meig. Kopf schmal. Augen in beiden Geschlechtern getrennt. Fühler- borste mit nackter Spitze. Brust mit mehreren dunkeln Rückenstriemen. S. cainaria L., Fleischfliege, vivipar. S. mortuorum L. Mesemhrma Meig. Erste Hinterrandsader unter stumpfem Winkel gebogen, in die Flügelspitze mündend. M. meridiana L. Tacliina Meig. Körper stark mit Borsten besetzt. Augen beim Männchen grösser, die Stirn verschmälert. Fühler mit nackter aber gegliederter Boi'ste. Die Larven 762 Conopidae. Oestridae. Syrphidae. schmarotzen vornehmlich in Raupen. T. (Nemorea) puparum Fabr., T. {Chrysosoma) viridis Fall., T. grossa L., T. larvarum L. Phasia Latr. Gonia Meig u. v. a. G. Dexia Meig. (Dexiariae). Körper schlank mit kleinem Kopf und kurzen Fühlern, deren schmales Endglied eine dicht gefiederte Borste trägt. Hinterleib spitzoval. D. rustica Fabr. 4. Fam. Conopidae. Fühler winklig abstehend. Rüssel fadenförmig vorstehend, einfach oder doppelt gekniet. Die Endlappen des Rüssels sind derbe Chitinblätter. Schwingkölbchen unbedeckt. Hinterleib 5 — ögliedrig. Die Larven leben im Hinterleib anderer Insecten, besonders Wespen und Acridier. Conops L. Scheitel blasig aufgetrieben, ohne Punktaugen. Rüssel am Grunde gekniet. Endglied der kopflangen Fühler mit kurzem 2gliedrigen Endgriftel. C. fla- vipes L., C. quadrifasciatus Deg. (Bombus) , C. rufipes Fabr. {Oedipoda). Myopa Fabr. Kopf in der Wangengegend aufgeblasen mit 3 Ocellen und kurzen Fühlern, deren kugliges Endglied einen kleinen Dorsalgriffel trägt. Rüssel doppelt gekniet. Hinterleib abwärts gebogen. M. ferruginea L., M. testacea L. Hier schliessen sich die Stomoxyidae an, deren Schwingkölbchen von doppelter Schuppe bedeckt ist, Stomoxys Geott'r. Drei Ocellen vorhanden. Rüssel an der Basis gekniet, wage- recht vorgestreckt. Fühler mit Rückenborste. Hinterleib 4gliedrig. St. calcitrans L., Stechfliege, auch der Stubenfliege ähnlich. Auch die Pipunculiden würden hier folgen mit Pipunculis campestris Latr. Larven in Kleinzirpen parasitisch. 5. Fam. Oestridae, Biesfliegen '). Rüssel verkümmert. Fühler kurz, in Aus- höhlungen der Stirne entspringend, Endglied desselben mit nackter oder gefiederter {Trypoderma) Borste. Abdomen behaart, 4- oder 5gliedrig. Die Weibchen haben eine Legeröhre und bringen ihre Eier oder (und dann fehlt die Legeröhre) die bereits lebendig geborenen Larven an bestimmte Stellen von Säuge thieren , z. B. in die Nüstern der Hirsche, an die Brust der Pferde. Die Larven mit gezähnelten Körperringen und häufig mit Mundhaken leben in der Stirnhöhle, unter der Haut, selbst im Magen bestimmter Säugethiere parasitisch. Unter der Haut erzeugen sie die sog. Dasselbeulen. Uypoderma Latr. Fühler tief eingesenkt, durch eine Scheidewand gesondert, mit kurzem dicken Endglied. Flügelschuppen gross und nackt. Larven nur bei der Geburt mit Mundhaken, unter der Haut von Säugethieren. H. bovis L. , H. Actaeon Br. , am Edelhirsch. H. tarandi L. Cuterebra {Trypoderma Wied.). Fühlerborste gefiedert, Rüssel eingezogen, gekniet. Flügelschuppen gi-oss, nackt. Larven mit Mundhaken. Letzter Ring im verhergehenden eingezogen, auf Nagern. Dermatobia hominis Goudot, auf Wiederkäuern, Katzen (Jaguar) und auf dem Menschen in Südamerika. Oestrus L. {Cephenomyia Latr.). Nur die Basis der Fühler getrennt. Beine kurz. Larven mit Mundhaken. 0. auribarbis Wied. Die Larve wird von der Fliege in die Nasenhöhle des Edelhirsches gebracht. 0. trompe Fabr., im Rennthier. Cephalomyia Ovis L. , Stirnhöhle des Schafes. Gastrus Meig. (Gastrophilus). Flügelschüppchen verkümmert. G. equi Fabr. Das Ei wird an die Brust des Pferdes abgesetzt und von diesem abgeleckt, die ausschlüpfende Larve hängt sich an der Magenwandung mittelst ihrer Mundhaken auf, besteht mehrfache Häutungen und wird vor der Verpuppung mit den Excrementen entleert. G. pecorum Fabr. , G. nasalis L. 6. Fam. Syrphidae, Schwebfliegen. Lebhaft gefärbte, meist mit hellen Binden und Flecken versehene dickleibige Fliegen mit fleischigem Ende des Rüssels und drei oder vier Kieferborsten. Taster eingliedrig. Endglied der Fühler einfach und zusammen- gedrückt, meist mit Rückenborste. Drei Punktaugen. Abdomen Sgliedrig. Die Larven 1) S. H. Schreiber, Vergl, Anatomie und Phys. der Oestridenlarven. Sitzungs- bericht der Wien. Acad. 1860 und 1861. P. Brauer, Monographie der Oestriden, Wien. 1863. Platypezidae. Dolichopodidae. Empidae. 763 leben im morschen Holz oder auf Blättern von Blattläusen oder in schlammigen mit faulenden Stoffen erfülltem Wasser und haben im letztern Falle eine lange Athemröhre (Eristalis). Die ausgebildeten Thiere ernähren sich von Pollen und Honig. Syrphus Latr. Kopf halbkuglig. Endglied der Fühler eiförmig mit kurzer fein- haariger Borste. Abdomen flachgedrückt. Beine zart. Die Larven leben von Blattläusen. S. pirastri L., Schwebfliege. S. ribesü L., S. balteatus Deg. Volucella Latr. Endglied der Fühler gestreckt eiförmig mit langgefiederter Borste. Hinterleib breit, stumpf herzförmig, gewölbt. F. bombylans L. =^ plumata Deg., Feder- fliege. Larve in Hummelnestern. V. pellucens L. Bhingia Scop. Das rundliche Endglied des Fühlers mit nackter Borste. Unter- gesicht in einen kegelförmigen Schnabel ausgezogen. Rüssel sehr lang. Bh. rostrata L. Eristalis Meig. Endglied des kurzen nickenden Fühlers fast kreisrund mit nackter oder behaarter Borste. Untergesicht höckrig, behaart. Abdomen kegelförmig oder eirund. Larven mit Athemröhre in Kloaken und stehendem Wasser. E. tenax L., E. aeneus Fabr. 7. Fam. Platypezidae, Pilzfliegen. Mit kurzen Sgliedrigen Fühlern, deren End- glied eine kahle Endborste trägt. Beine kurz. Tarsen der Hinterfüsse meist stark ver- dickt. Flügel mit 6 Längsadern. Abdomen 6gliedrig. Die Larven leben in Schwämmen. Platypeza Meig. Körper kurz und gedrungen. Fünfte Längsader des Flügels am Ende winklig gebrochen. Fl. boletina Fall. Callomyia Meig. Körper schlank. Erstes Tarsenglied der Hinterfüsse verlängert. Fünfte Flügelader verläuft gerade. G. eZer/a/JS Fabr. 3. Gruppe. Tanystomata. Rüssel meist lang mit stiletförmigen Kiefern zum Raube. Larven mit Kieferkapseln nnd hakigen Kiefern. a. Orthocera. Larven mit Kieferkapsel, stets amphipneustisch. Puppe meist frei. 1. Fam. Dolichopodidae. Rüssel kurz und fleischig, zurückziehbar, ohne freie Maxillen, mit eingliedrigem Taster. Fühler kurz, mit End- oder Rückenborste. 3 Ocellen vorhanden. Abdomen 6gliedrig, schlank. Beine lang und dünn. Flügel aufliegend mit nur 5 einfachen Längsadern. Die Larven leben in der Erde oder in faulem llolz. Doliehopiis Latr. Fühler mit ungegliederter feinhaariger Rückenborste. Vierte Längsader des Flügels geknickt. Schienen lang bestachelt. Genitalring des Männchens unter den Leib gebogen mit 2 bewimperten Lamellen. D. pennatus Meig., D. nobilitatus L. Medeterus Meig. (Rückenborste 2gliedrig). Porphyrops Meig. Fühler mit geknieter Endborste. Vierte Längsader des Flügels geschwungen. Genitalring des Männchens mit 2 Faden. P. diaphanus Fabr. Ba- phium Meig. 2. Fam. Empidae, Tanzfliegen. Kopf klein kuglig, mit Ocellen. Die 2- oder Sgliedrigen Fühler mit Endborste oder Endgritfel. Rüssel sehr lang und hornig, senk- recht nach unten vorstehend, zum Saugen dienend, aber auch mit Stechborsten. Beine kräftig, Tarsen mit 2 Pulvillen. Flügel parallel aufliegend, Abdomen 8gliedrig. Nähren sich vom Raube, theilweise auch von Blüthensäften. Die Larven leben in der Erde. Hilara Meig. Drittes Fühlerglied pfriemenförmig mit 2gliedrigem Endgriffel. Rüssel kürzer als der Kopf. U. globulipes Meig. Empis L. Drittes Fühlerglied kegelförmig, mit 2gliedriger Endborste. Rüssel dünn, fast von halber Körperlänge , nach unten gerichtet. E. tesselata Fabr. Brachy- stoma Meig. Tachydromia Meig. (Tachydromidae). Körper klein, Fühler 2gliedrig in Folge der Verwachsung der beiden Grundglieder, mit Endborste. Schenkel der Mittelbeine stark verdickt und gezähnelt. Rüssel kurz. Hemerodromia Meig. Vorderbeine mit verlängerten Hüften, zu Raubbeinen um- gestaltet. H. mantispa Fabr., Tanzfiiege. Hybos Meig. {Hybotidae). Fühler kurz, die Grundglieder schwer zu unterscheiden. Endglied eiförmig, mit dünner Endborste. Rüssel wagerecht vorgestreckt. Ocellen gross auf einem Höcker. Brust buckeiförmig aufgetrieben. Schenkel der Hinterbeine verdickt. H. inuscarius Fabr., Buckelfliege. 764 Asilidae. Bombyliidae. Henopiidae. Therevidae. 3. Farn. Asilidae, Raubfliegen. Körper kräftig und langgestreckt, mit walzigem Sgliedrigen Hinterleib. Augen gross, seitlich vorstehend. Fühler 3gliedrig, mit End- borste oder gegliedertem Griffel. Untergesicht mit borstigem Knebelbart. Rüssel kurz, wagerecht vorgestreckt mit horniger Unterlippe, messerförraigen Maxillen und starkem unpaaren Stechorgan. Taster 2gliedrig. Tarsen meist mit 2 Pulvillen. Leben vom Raube anderer Insecten. Die Larven leben in Wurzeln und Holz. L Subf. Dasypogoninae. Die dritte Längsader des Flügels mündet in den Aussenrand. Leptor/aster Meig. Ohne Pulvillen, anstatt derselben eine feine Borste zwischen den Klauen. Abdomen sehr lang, linear. Hinterbein mit verdicktem Endtheil des Schenkels und der Schiene. L. cylindricus Deg. Dasypogon Meig. Endglied des Fühlers lang und dünn, mit gegliedertem End- griffel. Schienen der Vorderbeine oft mit starkem hornigen Endhaken. D. teutonus L., D. hrevirostris Fall. Dioctria Meig. Drittes Glied der Fühler mit 2gliedrigem Endgriffel. Hinterbeine unten bewimpert. D, oelandica L., D. rufipes Deg. 2. Subf. Asilinae. Die dritte Längsader mündet in die zweite ein. Äsilus L. Endglied des Fühlers mit nackteni borstenartigen Endgriffel. Schienen stachlig. A. germanicus L., A. crabroniformis L. Laphria Meig. Drittes Fühlerglied keulenförmig, ohne Endgriffel. Beine stark. Hinterschienen gebogen. L. gibbosa Fa.hr., L. flava Fsihr. Dasyllis Loe-w. My das Fahr. Dolichogaster Macq. u. z. a. G. 4. Fam. Bombyliidae, Hummelfliegen. Körper gedrungen, dicht behaart. Rüssel lang, hornig, nach vorn gerichtet, mit borstenförmigen Maxillen. Fühler nach auswärts abstehend. Endglied mit oder ohne Griffel. 3 Ocellen. Vierte Längsader des Flügels gegabelt. Abdomen meist 7gliedrig. Flügel auseinander gesperrt. Sangen freischwebend Blüthensäfte. Die Larven leben theilweise (Anthrax) in den Nestern von Bienen. Anthrax Scop. Rüssel nur wenig vorgestreckt oder zurückgezogen. Fühler kurz, am Grunde abstehend. Augen in beiden Geschlechtern schmal. Flügel gescheckt. A. morio Faflr. (sinuatus Fall.). Larve lebt in den Nestern von Megachile muraria und üsmia tricornis. A. seviiatra Panz. Lomatia Meig. Anisotatnia Macq. Nemestrina Latr. Bombyliu6 L. Körper hummelähnlich, dicht behaart. Kopf klein mit zu.sammen- stossenden Augen im männlichen Geschlecht. Rüssel viel länger als der Kopf, faden- förmig. Fühler an der Basis dicht genähert. B. major L. , B. medlns L. 5. Fam. Henopiidae [Acroceridae). Der kleine abwärts gerückte Kopf ganz von den Augen bedeckt, mit Ocellen und ganz kleinen Fühlern. Hinterleib hoch aufgetrieben, .5- bis 6gliedrig. Rüssel lang und unter den Thorax geschlagen, oder ganz rudimentär. Halteren von grossen glockenförmigen Schuppen verdeckt. Larven im Hinterleib von Spinnen (Glubiona, Cteniza). Henops Meig. [Oncodes Latr.). Fühler kurz 2gliedrig, dicht über dem Munde ent- springend. 2 Ocellen. Rüssel ganz und gar verkümmert. H. gibboaus L., Mund- hornfliege. Acrocera Meig. Fühler kurz 2gliedrig, auf dem Scheitel entspringend. 3 Ocellen. Rüssel i'udimentär. A. orbiculus Fabr. Lasia Wied. Fühler ogliedrig mit langem cylindrischon Endgliede. Der ftiden- förmige Rüssel länger als der Körper. L. flavitarsis Wied. 6. Fam. Therevidae (Xylotomae), Stiletfliegen. Rüssel mit fleischigen Endlippen, kurz und wenig vortretend, mit zarten Stechborsten. 3 Ocellen vorhanden. Die kurzen vorgestreckten und 3gliedrigen Fühler mit Endgriftel. Beine schwach. Vierte Längsader des Flügels gegabelt. Abdomen 7— Sgliedrig. Die dünnen langen Larven leben in der Erde. Puppen mit Dornfortsätzen. Thereva Latr. Körper schlank, mit Haaren besetzt. Zweites Fühlerglied sehr kurz, drittes kegelförmig mit 2gliedrigeiM Griffel. Th. anmüata Fabr. Th. plebeja L. Th. nobilitata L. Hier schliesst sich die zu einer besondern Familie gestellte Gattung Sceno- pinus Msjig. an. Fühler ohne Borste. Maxillen verkümmert. Sc. fenestralis L. Tabanidae. Leptktae. Xylophagidae. Stratiomyidae. 765 b. Cyclocera '). Larven mit vollkommen difFerenzirtem Kopf. Puppe frei oder in der Larvenhaut. 1. Fam. Tabanidae, Bremsen. Körper breit und etwas niedergedrückt, mit grossem breiten Kopf und flachem Sgliedrigen Abdomen. Augen des Männchens zu- sammenstossend. Endglied der Fühler gegliedert, ohne Borste und Griffel. Rüssel kurz wagerecht vorstehend mit 6, beziehungsweise 4 (Männchen) Stiletten und 2gliedrigem Taster. Beim Männchen fehlen die messerförmigen Mandibeln. Die Tarsen der schwachen Beine mit 3 Pulvillen. Die walzigen Larven leben in der Erde. Die Bremsen stechen empfindlich und saugen Blut. Chrysops Meig. Die beiden ersten Fühlerglieder gleich lang. Endglied an der Spitze 4gliedrig. 3 Ocellen vorhanden. Flügel dunkelgebändert. Schienen der Hinter- beine gespornt. Ch. coecutiens L. Tabanus L. Erstes Fühlerglied kurz, Endglied an der Spitze Sgliedrig. Ocellen fehlen. Taster des Männchens mit kugligem, des Weibchens mit zugespitztem End- gliede. Schienen der Hinterbeine unbewaffnet. T. bovinus L., Rinderbremse. T. taran- diniis L. 2\ autiimnalis L. Haeviatopota Meig. Erstes Fühlerglied des Männchens verdickt, des Weibchens lang und dünn , Endglied an der Spitze nur Sgliedrig. Ocellen fehlen. Schienen der Hinterbeine unbewaffnet. H. phcvialis L., Regenbremse. 2. Fam. Leptidae, Schnepfenfliegen. Rüssel kurz, vorstehend, mit fleischigen Endlippen und freien Stechborsten. Taster 2gliedrig. Letztes Fühlerglied kiirz , mit einer Borste. Tarsen mit 3 Pulvillen. Abdomen Sgliedrig. Flügel abstehend. Die Larven mit 2 kurzen Afterröhren leben in der Erde. Leptis Fabr. Endglied der Fühler zugespitzt mit langer feiner Borste. Taster haarig, linear, dem Rüssel aufliegend. Beine ziemlich lang. L. scoJopacea L.. Schnepfen- fliege. L. vermileo L. , Südeuropa. Die Larve gräbt im Sande Trichter und fängt in denselben wie der Ameisenlöwe Insecten. 3. Fam. Xylophagidae, Holzfliegen. Drittes Fühlerglied verlängert und secundär in 8 Glieder getheilt. Abdomen aus 7 bis 8 Gliedern gebildet. XyJophagus Meig. Schildchen unbewaffiiet. Taster lang, 2gliedrig, aufgerichtet. Abdomen schmal. X. maculatus Fabr., Larve im Buchenholz. X. ater Fabr. Berts Latr. Schildchen am Rande mit 4 bis 8 Stacheln. B. clavipes L. Acan- thomera Wied. Cliiromyza Wied. u. a. G. 4. Fam. Stratiomyidae, Waffenfliegen. Endglied der Fühler langgestreckt nnd secundär in höchstens in 5 Glieder getheilt , oft mit Endborste oder Endgriffel. Taster 2- bis Sgliedrig. Rüssel mit fleischig angeschwollener Endlippe, zurückziehbar. Scu- tellum meist mit Dornen bewaffnet. Abdomen meist flach, Sgliedrig. Larven mit deut- lichem Kopf, im Wasser oder im morschen Holze. Stratiomys Geoffr. Kopf gross mit zusammenstossenden Augen beim Männchen. Drittes Fühlerglied verlängert, Sgliedrig. Flügel mit 4 Hinterrandsadern. St. chamae- leon L. St. Odontomyia M. (Erstes Fühlei-glied sehr kurz) hydroleon L. Oxycera Meig. Endglied des Fühlers 4gliedrig mit 2gliedrigem Endgriffel. Hinter- ieib kreisrund. 0. leonina Panz., Dornfliege. Nemotelus Meig. Schildchen ohne Dornen. N. pantherinus L. Sargus Fabr. Schildchen unbewaffnet. Drittes Fühlerglied rund, ogliedrig, mit Endborste. Abdomen schmal. S. cuprarius L. S. {Chrysoniyia Macq.) formosus Schrk. Pachygaster Meig. {Vappo Latr.). Schildchen unbewaffnet. Drittes Fühlerglied kuglig, 4gliedrig. Flügel mit 3 Hinterrandsadern. P. ater Panz. 1) Vergl. Beling, Beitrag zur Metamorphose der zweiflügligen Insecten. Archiv für Natur». 187-!). 766 2, Unterordnung. Nemocera. 2. Unterordnung. Nemocera (Tipulariae) , Langhörner. Zart und schlank gebaute, langgestreckte Formen mit vielgliedrigen meist schnurförmigen, im männlichen Geschlechte zuweilen buschigen Fühlern, langen dünnen Beinen und grossen , theils nackten , theils behaarten Flügeln. Taster meist von beträchtlicher Länge, 4— 5gliedrig. Rüssel kurz und fleischig, selten fadenförmig, oft mit Stechborsten bewaffnet. Halteren frei, niemals von Schuppen bedeckt. Hinterleib 7 — 9gliedrig. Die Larven meist mit vollkommen differenzirtem Kopfe (Eucephala), seltener mit einziehbarer Kieferkapsel (Tipu- liden, Cccidomyien), leben im Wasser, in der Erde und auch in vegetabilischen Stoffen (Gallen, Pilzen) und besitzen theilwelse eine Athemröhre. Die 12 Ganglien des Bauchstrangs sind gesondert. Nach Abstreifung der Larvenhaut bilden sich die eucephalen Larven in eine ruhende oder auch freibewegliche Puppe um , letztere dann mit Kiementracheen im Nacken und am Schwanz. Das ausgeschlüpfte Insect schwimmt bis zur Erhärtung der Flügel auf der geborstenen leeren Puppenhülle wie auf einen Kahn herum. Die Weibchen mancher Arten ( Stechmücken ) saugen Blut und werden , wo sie in grossen Schaaren vorkommen , in bestimmten Distrikten zu einer wahren Plage. 1. Farn. Bibionidae (Musciformes). Körper fliegenähnlich. Fühler 6- bis llgliedrig. Hinterleib 7gliedrig. Kopf meist mit 3 gleichgrossen Ocellen. Bibio Geoff'r. Fühler kurz und dick, Ogliedrig. Taster Sgliedrig. Augen des Männchens über den ganzen Kopf ausgedehnt, des Weibchens klein. 3 Ocellen. Schienen der Vorderbeine mit einem dicken Enddorn. Färbung der Geschlechter oft auffallend verschieden. Die Larven leben im Dünger und in der Erde, sind peripneustisch, borstig, ohne Fuss am zweiten Ring, Nymphe ruhend. B. marci L. B. hortulanus L. Männchen schwarz, Weibchen ziegelroth mit schwarzem Kopf. Diloplius Meig. Fühler llgliedrig. Äspistes Meig. (Fühler Sgliedrig). Chionea Dalm. Flügellos, jedoch mit Halteren. Beine lang, dicht behaart. Taster 4gliedrig. Fühler mit 3 Hauptgliedern und Tgliedrigem Fühlergritfel. Ch. araneoides L. Läuft im Winter auf dem Schnee umher. Simulia Meig. Fühler kurz, llgliedrig. Taster 4gliedrig mit langem Endgliede. Ocellen fehlen. Oberlippe und Epipharynx stiletförmig. Weibchen blutsaugend. Larven dick, zweiter Ring mit Fussstummel. S. reptans L. S. columbacschensis Fabr., Kolumbaczer Mücke, überfällt in Ungarn schaarenweise die Viehheerden. S. ornata Meig. S. pertinax Koll., Mosquitos, in Südamerika. 2. Farn. Pungicolae, Filzmücken. Fühler fadenförmig, 16gliedrig. Ocellen un- gleich gross. Taster meist 4gliedrig. Rückenschild ohne Quernaht. Schienen mit 2 Enddornen. Hinterleib Tgliedrig. Puppen ruhend. Die Larven, ohne Fussstummel am zweiten Ring, leben in Pilzen. Sciara Meig. {Molohrus Latr.) , Trauermücke. Die dünnen fein behaarten Fühler kürzer als der Leib. Taster 3gliedrig. 3 Ocellen. Die Längsader des Flügels gegabelt. Sc. Thomae L. Die Larven unternehmen vor dem Verpuppen in ungeheuerer Zahl, zu einem schlangenförmig sich fortwälzenden als »Heerwurm« bekannten Bande zusammen- gedrängt, Wanderungen am Erdboden. Scßavipes Meig. Sc. pyri Schm., im Kernhaus von Birnen. Mycetophila Meig., Pilzmücke. Mit nur 2 Ocellen und bestachelten Schienen der Hinterbeine. M. lunata Fabr. M. fusca Meig. Sciophila Meig. , Schattenmücke. Mit 3 Ocellen und fein bestachelten Schienen. Sc. maculata Fabr. Macrocera Meig., Langhornmücke. Fühler länger als der Leib, borstenförmig, mit feinem Ende. Mit 3 Ocellen. M. fasciata Meig. Mycetöbia Meig. Bolitophila Meig. u. a. G. Noctuiformes. Culiciformcs. Culicidae. Gallicolae. Limnobidae. 767 3. Farn. Noctuiformes , Eulenartige Mücken. Körper dicht behaart , von der Gestalt kleiner Noctuiden, mit 14 — 16gliedrigen Fühlern und 4gliedrigen Tastern. Flügel mit zahlreichen Längsadern, ohne Queradern, dicht behaart mit lang befranztem Saum. Larven amphipneustisch , am Hinterende mit kurzer Athemröhre, in faulen Pflanzen- stoflFen. Psychoda Latr. Ps. phalaenoides L. , Ps. ocellaris Latr. Hier schliesst sich an: Ptychoptera Meig., Faltenmücke. Fühler lOgliedrig, beim Männchen doppelt so lang als beim Weibchen. Flügel am Hinterrande umgeschlagen. Endglied der Tarsen länger als die vorhergehenden. Pt. contaminata L. 4. Fam. Culiciformes. Kopf nicht schnauzenförmig verlängert. Fühler des Männchens federbuschähnlich behaart. Rüssel kurz und fleischig, meist mit 4gliedrigem Taster. Maxillen meist mit der Unterlippe und auch der Oberlippe verwachsen. Die Larven leben im Wasser, in morschem Holz oder in der Erde. Ceratopogon Meig., Bartmücke. Fühler ISgliedrig, die 8 ersten Glieder beim Männchen mit langen Haaren besetzt, die 5 letzten Glieder verlängert. Taster 4gliedrig. Oberlippe und Maxillen frei. C. pulicaris L. Tanypus Meig. Fühler 14gliedrig, mit verdicktem runden Endgliede. Das vor- letzte Glied beim Männchen sehr lang. T. varius Fabr., T. monilis L. Chironomus Meig., Federmücke. Fühler des Männchens ISgliedrig, des Weibchens 6gliedrig. Taster 4gliedrig. Larven mit Athemröhre am Aftersegment. CIi. plumosus L. Corethra Meig. Fühler 14gliedrig. Flügel mit vielen theilweise gegabelten Längs- adern fast wie bei Culex. Larve mit geschlossenem Tracheensystem und 2 Paar Luft- blasen im Verlauf der Langstämme (3tes und lOtes Segment), welche als hydrostatischer Appax'at fungiren. Aftersegiuent mit 4 fingerförmigen Schläuchen und Borstenfächer. Der Brustkasten des Imago bildet sieh aus 4 Segmenten. C. plumicornis Fabr. 5. Fam. Culicidae, Stechmücken. Rüssel langhörnig, vorgestreckt mit 6 Stech- borsten und ogliedrigen Tastern. Fühler 14gliedrig, beim Männchen federbuschähnlich behaart. Flügel mit vielen Längsadern, von denen 2 bis 3 gegabelt sind. Die Weibchen stechen. Larven im Wasser mit Athemröhre und Anhängen am Hinterleibsende. Culex L. Taster des Männchens buschig und länger als der Rüssel. C. pipiens L., Singmücke. C. atinulatus Fabr. Anopheles Meig. A. maciiUpennis Meig. Aedes Meig. 6. Fam. Gallicolae, Gallmücken. Fühler perlschnurförmig, quirlförmig behaart. Kopf nicht schnauzenförmig verlängert, Flügel breit und behaart, mit 2 bis 3 Längs- adern. Die Larven mit einziehbarer Mundkapsel und Kieferrudimenten leben in Pflanzen und Gallen. Cecidomyia Meig. Flügel meist mit 3 Längsadern. Ocellen fehlen. Taster 4gliedrig. Schienen ohne Spore. C. destructor Say. , Hessenfliege. Seit 1778 in den vereinigten Staaten als Weizenverwüster berüchtigt (eingeschleppt (V) im Stroh von den hessischen Soldaten). C. secälina Loew. C. tritici Kirb. , im Weizen. C. Salicis Schrk. u. z. A. Die viviparen jLarven gehören der Gattung Miastor an. 7. Fam. Limnobidae , Schnaken. Kopf schnauzenförmig verlängert, mit faden- förmigen Fühlern. Taster 4gliedrig, eingekrümmt. Beine lang und dünn. Abdomen Sgliedrig. Die Larven mit grösserer, aus lose verbundenen Platten zusammengesetzter Kieferkapsel, meist mit Haftfuss. Tipula L. Fühler 13gliedrig. Letztes Tasterglied viel länger als die vorher- gehenden. Ocellen fehlen. Larven in der Erde oder in faulem Holze. T. gigantea Schrk., T. oleracea L., Kohlschnake, T. pratensis L., T. hortulana Meig. Trichocera Meig. Die Endglieder des Fühlers bilden eine Borste. Tr. hiemalis Deg., Winterschnake. Limnobia Meig. Fühler 15— 17gliedrig. Die 4 Tasterglieder gleich lang. L. punctata L., L. nubeculosa Meig. Ctenophora Meig., Kammmücke. Fühler ISgliedrig, beim Männchen vom 4ten Gliede an gekämmt. Letztes Tasterglied sehr lang. Cl. atrata L. 768 3. Unterordnung. Aphaniptera. 6. Ordnung. Lepidopfera. 3. Unterordnung. Aphaniptera ^) , I'löhe. Mit seitlich comprimirtem Körper und deutlich getrennten Thoracalringen. Flügel fehlen, dagegen finden sich 2 seitliche platten förmige Anhänge an Meso- und Metathorax. Fühler sehr kurz, in einer Grube hinter den einfachen Punkt- augen entspringend. Die Larven mit gesondertem Kopf und Kiefern. 1. Fam. Pulicidae. Oberlippe fehlt. Mandibeln zu sägeartig gezähnten Stech- borsten umgebildet, mit der feinen unpaaren Stechborste in der Rüsselscheide liegend. Diese wird aus der gespaltenen, tasterartig gegliederten, Sgliedrigen Unterlippe gebildet. Die Maxillen sind breite freiliegende Platten mit 4gliedrigem Taster. Beine mit ver- längerten Hüften und stark comprimirten Schenkeln, die hintern kräftige Springfüsse. Hinterleib Sgliedrig. Sind im ausgebildeten Zustande stationäre Parasiten an dem Körper von Warmblütern, deren Blut sie saugen. Pulex L. Unterlippe von der Länge der Mandibeln. Rücken des Männchen concav, zur Aufnahme des grössern Weibchens. P. irritans L., Floh des Menschen. Die grossen fusslosen Larven haben einen deutlich abgesetzten Kopf und leben in Sägespänen und zwischen Dielen, wo auch die länglich ovalen Eier abgesetzt werden. Säugethiere, wie Hund, Katze, Maulwurf, Igel, Maus, Fledermäuse haben ihre besondern Floharten, ebenso unter den Vögeln das Haushuhn. SarcopsyUa Westw. {Bhynchoprion Oken). Unterlippe undeutlich. S. pcnetrans L., Sandfloh (Chigoe), lebt frei in Südamerika im Sande. Das Weibchen aber bohrt sich in die Haut des menschlichen Fusses, auch verschiedener Säugethiere ein und setzt hier die Eier ab, deren ausschlüpfende Larven Geschwüre veranlassen. 6. Ordnung. Lepidoptera^), Schmetterlinge. Inseden mit saur/enden, zu einem spiraligen Rüssel mmje formten Mand- werkzcuyen, mit 4 gleichartigen, meist vollständig beschuppten Flügeln, mit verwachsenem Prothorax und vollkommener Metamorphose. Der frei eingelenkte, dicht behaarte Kopf trägt grosse halbkuglige Facetten- augen und zuweilen zwei Punktaugen. Die Antennen zeichnen sich in der 1) A. Duges, Recherches sur les characteres zoologiques du genre Puce. Ann. de scienc. nat. Tom. XXVIL 18.32. W. Seils, Observations upon the Chigoe or Pulex penotrans. Transact. entom. soc. Tom. IL 1839. H. Karsten, Beitrag zur Kenntniss des Rhynchoprion penetrans. Archiv für path. Anatomie. Tom. XXXII. L. Landois, Anatomie des Hundeflohes. Nova Acta Acad. Leop. Gas. 1866. 2) Ausser den Werken von J. C. Sepp, P. Gramer und Jablonsky vergl. : E. J. G. Esper, Die europäischen Schmetterlinge in Abbildungen nach der Natur, mit Beschreibungen. 7 Bde. Erlangen. 1777 — 1805. M. B. Borkhausen, Naturgeschichte der europäischen Schmetterlinge nach systematischer Ordnung. 5 Theile. Frankfurt a. M. 1788—1794. F. Ochsenheimer und F. Treitschke, Die Schmetterlinge von Europa. 10 Bde. Leipzig. 1807 — 1835. J. Hübner, Sammlung Europäischer Schmetterlinge, nebst Fortsetzung von G. Geyer. Augsburg. 1805—1841. J. Hübner, Sammlung exotischer Schmetterlinge. 3 Bde. Augsburg. 1816 — 1841. W. Herrich-Schäffer, Systematische Beschreibung der Schmetterlinge von Europa. 5 Bde. Regensburg. 1843 — 1855. Der- selbe, Lepidopterorum exoticorum species novae aut minus cognitae. Regensburg. 1850 — 1865. Ad. und Aug. Speyer, Die geographische Verbreitung der Schmetter- linge Deutschlands und der Schweiz. Leipzig. 1858 — 1862. G. Koch, Die Indo-Ger- manische Lepidopterenfauna im Zusammenhange mit der Europäischen. Leipzig. 1865. 0. Staudinger und M. Wocke, Catalog der Europäischen Schmetterlinge. Dresden. I Körperbai'. Flügel und Beine. 769 Regel durch eine ansehnliche Grösse ans und sind stets ungebrochen, viel- gliedrig, in ihrer Form aber mehrfach verschieden. Am häufigsten erscheinen sie borsten- oder fadenförmig, auch wohl keulenförmig, und nicht minder selten gesägt oder gekämmt. Die Mundtheile sind ausschliesslich zum Aufsaugen einer flüssigen Nahrung, besonders süsser Honigsäfte eingerichtet, zuweilen aber sehr verkürzt und kaum mehr zum Gebrauche befähigt. Während Oberlippe und Man- dibeln zu kleinen Rudimenten verkümmern, verlängern sich die Unterkiefer in Gestalt von dicht gegliederten Halbrinnen und legen sich zu dem spiralig auf- gerollten Rüssel (RoJhunge) zusammen, welcher mit den feinen Dörnchen seiner Oberfläche zum Aufritzen der Nectarien und mit seiner Höhlung zum Aussaugen der Honigsäfte benützt wird. Während die Kiefertaster in der Regel rudimentär (mit Ausnahme der Tineiäcn) oder als zweigliedrige Stummel versteckt bleiben, höhlen sich die gestreckten Ladentheile an ihrer Innenseite rinnenförmig aus und bilden durch festes Aneinanderlegen einen Ganal, in welchem der Blüthensaft unter dem Einfluss pumpender Bewegungen der Speiseröhre nach der Mundöffnung aufsteigt, hi der Ruhe liegt dieser Rüssel unterhalb der Mundöffnung zusammengerollt , seitlich von den grossen drei- gliedrigen dichtbehaarten, oft buschigen Lippentastern begrenzt, welche an einer rudimentären , als dreieckiges Plättchen erscheinenden Unterlippe auf- sitzen. Die drei Ringe der Brust sind innig mit einander verschmolzen und wie fast alle äussern Körpertheile auf ihrer Oberfläche dicht behaart. Die meist umfangreichen, nur selten ganz rudimentären (Spannerweibchen) Flügel, von denen die vordem an Grösse hervorragen, zeichnen sich durch theilweise oder vollständige Ueberkleidung mit schuppenartigen Haaren aus, welche dachziegel- förmig über einander liegen und die äusserst mannichfache Zeichnung, Färbung und h"isirung des Flügels bedingen. Dieselben sind kleine meist fein gerippte und gezähnelte Blättchen, welche mit stilförmiger Wurzel in Poren der Flügelhaut stecken und als Guticulargebilde, verbreiterten Haaren vergleichbar, während der Puppenperiode ihre Entstehung nehmen. Die Aderung der Flügel ist systematisch von Bedeutung geworden und lässt sich auf eine grosse von der Wurael entspringende Mittelzelle zurückführen, aus welcher 6 — 8 radiäre Adern nach dem seitlichen äussern Rande hinziehen , während ober- und unterhalb der Mittelzolle einzelne selbständige Längsadern dem obern und untern be- franzten Rande parallel verlaufen. Beide Flügelpaare sind häufig durch Reti- nacula mit einander verbunden, indem vom obern Rande der Hinterflügel Dornen oder Borsten in ein Bändchen der Vorderflügel eingreifen. Die Beine sind zart und schwach, ihre Schienen sind mit ansehnlichen Sporen bewaffnet, ihre Tarsen allgemein Sgliedrig. Der 6 — 7gliedrige Hinterleib ist ebenfalls dicht behaart und endet nicht selten mit einem stark vortretenden Haarbüschel. 1871. A. Kowalevsky, Enibryologisclie Studien an Würmern und Arthropoden. Zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren. St. Petersbourg. 1871. A. Weis mann, Ueber den Saison-Dimorphisraus der Schmetterlinge. Leipzig. 1875. Fr. Müller, Ueber Haar- pinsel, Filzflecken und ähnliche Gebilde auf den Flügeln männlicher Schmetterlinge. Jeuaische Zeitschrift. Tom. XI. 1877. Derselbe, Die Stinkkölbchen der weiblichen Maracujä-Falter. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XXX. 1877, (;iaus, Zoologie. 4. Auflage. 49 770 Lepidopteren. Nervensystem. Darmkanal. Geschlechtsorgane. Das Nervensystem *) besteht ausser dem Gehirn nebst kleinem Suboeso- phagealganglion aus 2 oder 3 Brustknoten und 5 Bauchganglien, von denen die beiden letzten Ganglien dicht zusammengedrängt liegen. Nur bei Hepiolus liegen dieselben in weitem Abstand entfernt. Das prothoracale Ganglion bleibt stets gesondert, während die hintere Brustganglienmasse überall noch die zwei vordem im Larvenzustand getrennten Bauchknoten aufnimmt. Die Raupe besitzt 11 oder 12 gesonderte Ganglien der Bauchkette. Der Darmkanal zeichnet sich durch eine lange enge Speiseröhre aus , an deren Ende ein gestilter blasenförmiger Kropf , der sog. Saugmagen, aufsitzt. Ausser den beiden meist schlauchförmigen Speicheldrüsen (Mandibeldrüsen) sind zwei in der Larve mächtig entwickelte Spinndrüsenschläuche ^) (Unter- lippendrüsen) oder Sericterien vorhanden, die in der Puppe rückgebildet werden. Der Mitteldarm ist meist kurz und weit und besitzt ringförmige Einschnürungen, in den Anfang des dünnen gewundenen Afterdarms münden 6 mehrfach ge- wundene Malpighische Gefässe, und zwar jederseits drei mit einem gemeinsamen Ausführungsgange. Das Tracheensystem des Imago ist holopneustisch , im Jugendzustand dagegen peripneustisch , indem die Stigmen am zweiten und dritten Thoracalsegment der Larven geschlossen sind. Vielleicht ist das Tracheen- system der mittelst Tracheenkiemen athmenden Raupen von Nymphula und Acentropus (Crambiden), welche an Wasserpflanzen leben, apneustisch. Die Ovarien bestehen jederseits aus vier sehr langen vielkammerigen Eiröhren, welche eine sehr grosse Zahl von Eiern bergen und hierdurch ein perlschnur- artiges Aussehen erhalten. Der Ausführungsapparat besitzt stets ein lang- gestiltes Receptaculum seminis mit Anhangsdrüse und eine grosse birnförmige Begattungstaschc , welche unterhalb der Genitalöffnung nach aussen mündet. Die beiden langen Hodencanäle werden zu einem unpaaren meist lebhaft ge- färbten Körper verpackt , aus dem die beiden vielfach geschlängelten Vasa deferentia entspringen, welche vor ihrer Vereinigung zum Ductus ejaculatorius zwei accessorische Drüsenschläuche aufnehmen. Als äussere Geschlechtswerk- zeuge sind 2 zangenförmige Seitenstücke und eine obere Deckklappe hervor- zuheben. Nicht selten entfernen sich beide Geschlechter durch Grösse, Färbung und Flügelbildung in auffallendem Dimorphismus. Die Männchen sind oft mit lebhafteren und prachtvolleren Farben geschmückt (Schillerfalter, Aurorafalter), die ihnen möglicherweise als Reizmittel bei der Bewerbung um die Begattung dienen ; einige sollen unter einander um den Besitz des Weibchens kämpfen. Merkwürdigerweise kommt auch im weiblichen Geschlechte bei mehreren Schmetterlingen ein Dimorphismus oder gar Polymorphismus vor. So bieten die Malayischen Papilioniden Beispiele des Auftretens von 2 oder 3 verschieden gestalteten Weibchen, welche als Varietäten oder gar als Arten unterschieden worden sind. (P. Memnon. Weibchen mit spateiförmigem Schwanz der Hinter- flügel und Weibchen ohne denselben mit blasserer Färbung, dem Männchen 1) G. New p ort, On the nervous System of Sphinx ligustri. Philos. Transact. 1833 und 1834, Ed. Brandt, Vergl. anat. Untersuchungen über das Nervensystem der Lepidopteren. Hör. soc. entom. rossic. 1879. 2) Helm, Zeitschrift für wiss. Zool. Tom. XXVI. Entwicklung. Raupen. 771 ähnlicher. P. Pamnon mit 3 weiblichen Formen, Wallace. Von nord- amerikanischen Papilioniden soll P. Glaucus eine zweite weibliche Form von P. Turnm sein). Manche Arten zeigen in beiden Geschlechtern nach der Jahreszeit bedeutende Verschiedenheiten der Färbung (Saisondimorphismus). Parthenogenese kommt ausnahmsweise bei Spinnern {Bomhyx mori), regel- mässig bei vielen Sackträgern (Psyche) und einigen Motten (Solenobia) vor. Nach Kowale vsky 's Beobachtungen ^) bildet der Keimstreifen noch vor Auftreten der Embryonalhäute vom Kopfende aus eine Rinne, d. h. eine in den Dotter eindringende Falte, von der aus das zweite Keimblatt wie auch bei den Käfern, Hymenopteren und andern hisecten seinen Ursprung nehmen soll. Noch bevor die Rinne geschlossen ist , zerfällt der Dotter in secundäre Ballen, mit dem Schlüsse derselben schliesst sich auch die Falte der Embryonalhäute über dem Keimstreifen , der ganz frei mit seinem Amnion im Dotter liegt , da sich zwischen diese und die seröse Hülle Dotterballen eingeschoben haben. Alsdann wächst der Keimstreifen sehr rasch in die Länge , bildet im Dotter eine kreisförmige mit der Längsseite nach der serösen Hülle gerichteten Krüm- mung und treibt die Extremitätenknospen hervor. Später nach Schliessung des Rückens und Darmes biegt sich das Schwanzende auf die Bauchseite mii, und der gesammte Embryo vertauscht die ursprüngliche ventrale Krümmung mit der entgegengesetzten, so dass er nun seine Rückenfläche der serösen Hülle zuwendet. Ueber die Bildung des Nervensystems , sowie der Speicheldrüsen und Tracheen hat jüngst Hatschek Aufschluss gegeben und auch die Anlagen von 3 Stigmenpaaren an den Kiefersegmenten nachgewiesen. Die ausgeschlüpften als Raupen bekannten und sowohl durch die Schönheit der Färbung als mannichfache Behaarung und Bewaffnung aus- gezeichneten Larven besitzen kauende Mundworkzeuge und nähren sich vor- zugsweise von Pflanzentheilen , Blättern und Holz. An ihrem grossen hart- häutigen Kopfe finden sich dreigliedrige Antennen und 6 je dreitheilige Punkt- augen. Ueberall folgen auf die 3 fünfgliedrigen conischen Fusspaare der Brustringe noch Afterfüsse, entweder nur 2 Paare, wie bei den Spannerraupen, oder 5 Paare, welche dann dem dritten bis sechsten und dem letzten Abdominal- ringe angehören. Die Raupen befestigen sich vor der Verpuppung an geschützten Orten oder spinnen sich Gocons und verwandeln sich in sog. Pupae obtectae, aus denen entweder nach wenigen Wochen oder nach der Ueberwinterung im folgenden Jahre die geflügelten Insecten hervorgehen. Diese letztern haben in der Regel eine kurze Lebensdauer, indem sie nach der Begattung resp. Eier- lage zu Gnmde gehen. Einige überwintern indessen an geschützten Orten (Tagfalter). Dem Schaden einiger sehr verbreiteter Raupenarten an Waldungen und Gulturpflanzen wird durch die Verfolgungen ein Ziel gesetzt, welche diese Arten von Seiten bestimmter Ichneumoniden und Tachinarien zu erleiden haben. Fossile Reste von Schmetterlingen kennt man aus der Tertiärformation und aus dem Bernstein. 1) Vergl. M. Herold, Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge. Cassel und Marburg. 1815. Ferner Kowalevsky und Hatschek I.e. 49* 772 1. Unterordnung. Mikrolepidoptera. I.Unterordnung. Mikrolepidoptera'), Kleinschmetterlinge. Sehr kleine zart gebaute Schmetleilinge mit meist langen borstenförmigen Fühlern. Halt- apparat der Flügel vorhanden. Vorderflügel mit ein, seltener zwei Dorsalrippen. Hinlerflügel mit drei Innenrandsrippen. Selten ist einer der letzteren ver- kümmert. Die Raupen besitzen meist 16 Beine, von denen die des Abdomens rings um die Sohle einen Kranz von Häkchen tragen. Viele bohren Gänge im Parenchym der Blätter, andere leben in zusammengewickelten Blättern, wieder andere in Knospen, wenige im Wasser, wie Nymphula und andere Pyraliden. Die meisten halten sich am Tage verborgen. 1. Farn. Pterophoridae, Federgeistchen. Kopf kugelig mit borstenförmigen Fühlern. Flügel tederartig in fein gefiederte Lappen gespalten. Rüssel stark mit vorstehendem, zugespitztem Taster, dessen Mittelglied verlängert ist. Beine zart und lang. Hinter- schienen viel länger wie die Schenkel. Raupen nackt, löfüssig. Pterophorus Fabr. Vorderflügel nur im obern Abschnitt gespalten, 21appig, Hinter- flügel Slappig. Ocellen fehlen. PL (Aciptilia) pentadactylus L., Pt. pterodactylus L., Pt. tetradactylus L. Alucita L. Vorder- und Hinterflügel bis auf den Grund in 6 lineare Strahlen gespalten. Ocellen vorhanden. A. hexadactyla L. u. a. 2. Fam. Tineidae. Mit borstenförmigen Fühlern und meist stark entwickelten buschig beschuppten Lippentastern, welche den Kopf um mehr als seine Länge über- ragen. Auch die Kiefertaster sind lang und mehrgliedrig. Die Flügel schmal und zu- gespitzt, meist lang gefranzt, in der Ruhe wagerecht aufliegend oder um den Körper gewickelt. Die Raupen besitzen 14 oder 16 Beine, leben theils in selbstgefertigton Röhren (Solenobia) , theils im Marke von Stengeln und im Innern von Blüthenknospen und Blättei-n, die sie unterminiren , oder sie leben an verschiedenen thierischen Sub- stanzen, wie Pelz und Wolle (Pelzmotte); sie verpuppen sich in Gespinnsten. (Entliält allein 170 europäische Genera). Depressaria Hwth. Taster gross. Hinterleib flach. Rand der Hinterflügel ein- gebogen. Raupen zwischen zusammengesponnenen Blättern. D. nervosa Hwth., Kümmel- schabe. D. Heracliana Deg. Coleophora laricinella Hb., Minirmotte. Yponomeuta Latr. Taster klein, nicht länger als der Kopf. Ocellen fehlen. Die Raupen leben gesellig in Gespinnsten, mehrere Arten auf Obstbäumen. 1'. cvonymella L., Spindelbaummotte. Y. padella L., Y. cognatella Hb. Adela Latr. Die Fühler besonders des Männchens sehr lang und dicht neben ein- ander entspringend. Lippentaster kurz, behaart. A. Degeerella L. Solenobia Zell. Fühler des Männchens borstenföi-mig bewimpert. Raupe in Säckehen. Ocellen fehlen. Lippentaster verkümmert. Weibchen flügellos. Die Raupen leben als »Sackträger« in kurzen Säcken. Pflanzen sich theilweise parthenogenetisch fort. S. pineti = lichenella L., S. triquetrella Fisch. R., S. clathrella Fisch. R., Talaeporia pubi- cornis Hwth. Tinea L. Kiefei-taster sehr entwickelt. Lippentaster aufgerichtet, länger als der Kopf. Fühler kürzer als die Vorderflügel. Rüssel kui-z, verkümmert. T. granella L., Kornmotte, legt die Eier an Getreide. Die ausschlüpfenden Raupen, unter dem Namen »weisser Kornwurra« bekannt, fi-essen die Körner aus. T. peUionella L., Pelzmotte. T. tapezella L., Tapetenmotte. 1) Ausser Herrich Schaeffer L c. vergl. A. Guenee, Species general des Lepi- dopteres. Paris. 1852 — 1857. H. Frey, Die Tineen und Pterophoren der Schweiz, Zürich. 1856. H. T. Stainton, The Natural history of the Tineina. Vol. I— IX. London, 1858 — 70. Heinemann, Schmetterlinge Deutschlands. IL Abtheilung: Microlepidoptera. Tom. I u. IL Braunschweig. 1862—1876. A. S. Packard, A Monograph of the Geometrid Moths or Phalaenidae of the United States. Washington. 1876, Tortricidae. Pyralidae. — 2. Unterordnung. Geometrina. 773 3. Fam. Tortricidae, Wickler. Fühler borstenförmig. Die Maxillartaster sind ver- kümmert. Lippentaster meist gross, vorstehend, mit kurzem Basalglied, längerm vorn verdickten Mittelglied und dünnem Endgliede. Ocellen meist deutlich, Rüssel kurz, Flügel länglich, viereckig bis triangulär, dachförmig aufliegend, die geschulterten Vorderflügel 2 bis 3 mal so lang als breit, nur mit einer Dorsalrippe, häufig bunt und metallisch glänzend. Die 16beinigen Raupen leben in der Regel zwischen versponnenen Blättern oder auch in Knospen und Früchten und verpuppen sich in einem Gespinnste, zuweilen auch in der Erde. Tortrix L. Mittelrippe der Hinterflügel unbehaart. Der zweite Rippenast der Vorderflügel entspringt aus dem mittlem Drittel der hintern Mittelrippe, der siebente Ast mündet in den Saum. Die innern Sporen der Hinterschienen länger als die äussern. T. ciridana L., Eichenwickler. Die Raupen im Mai auf Eichen. Bei Teras Tr. mündet die 7te Rippe in den Vorderrand aus. T. caiidana Fabr. GraphoUtha Tr. Mittelrippe der Hinterflügel an der Wurzel behaart. Der Mittel- ast der Vorderflügel entspringt gesondert vom vierten Ast. Gr. dorsana Fabr., Erbsen- wickler. Gr. funehrana Tr., in Pflaumen. Gr. (Carpocapsa) pomonella L., Apfelwickler, in Aepfeln. Gr. {Penthina) pruniana Hb., Zwetschenwickler. Conchylis Roserana Tr., Traubenwickler. 4. Fam. Pyralidae, Zünsler. Die Fühler der Männchen häufig gekämmt. Lippentaster meist sehr gross und rüsselförmig vorgestreckt. Maxillartaster meist deutlich, 3gliedrig. Vorderflügel länglich dreieckig, am Vorderrande nicht ausgeschweift, in der Ruhe dach- förmig in Form eines Dreiecks ausgebreitet. Beine oft verlängert, die Hinterbeine mit starken Sporen. Die 14- bis 16beinigen Raupen sind mit Warzen und vereinzelten Haaren besetzt und leben theils in zusammengesponnenen Blättern, theils im Marke von Pflanzen oder an verschiedenen thierischen Stoßen , wo sie meist überwintern. Sie verpuppen sich über der Erde in einem Gespinnste. Cramhus Fabr. {Crambidae). Taster der Maxillen wohl entwickelt, aufsteigend. Labialtaster horizontal, gross, vorstehend. Rüssel schwach. Cr. pascuellus L. Botys Latr. Fühler in beiden Geschlechtern borstenförmig. Rüssel stark. B. ur- tiealis L. Galleria Fabr. Kiefertaster klein. Ocellen fehlen. Körper mottenähnlich. G. mellionella L. Raupe lebt vom Honig in Bienenstöcken {G. cereana L.). Achroia al- vearia Fabr. Raupe vom Wachs lebend. Pyralis L. Rüssel verkümmert. Lippentaster länger als der Kopf. Ocellen fehlen. P. pingninalis L., Fettschabe. Äsopia Tr. Rüssel stark, aufgerollt. Ocellen fehlen. A. farinalis L., Mehlzünsler. Scopula frumentalis L., Saatmotte. 2. Unterordnung. Geometrina, Spanner. Meist von schlankem Körper- bau, mit grossen und breiten, aber zarten, in der Ruhe dachförmig ausgebrei- teten Flügehi. Kopf klein, mit kleinen Augen, ohne Ocellen. Fühler borsten- förmig mit verdicktem Wurzelgliede, Taster wenig vorstehend. Maxillartaster nicht entwickelt. Vorderflügel mit einer Innenrandsrippe, Hinterflügel mit Haft- borste und höchstens 2 Innenrandsrippen. Die Raupen mit 10 bis 12 Füssen, bewegen sich spannerartig, während sie in der Ruhe mit den Afterfüssen fest- sitzen. Viele sind den Obstbäumen schädlich. L Fam. Phythometridae. Die Costalrippe der Hinterflügel entspringt aus der vordem Mittelrippe. Larentia Tr. Vorderflügel mit vollständig geschlossener Mittelzelle und getheilter Anhangszelle. Männliche Fühler gewimpert. L. prunata L., Raupe auf Stachelbeeren. L. populata L. Cheimatobia brumata L., Frostschmetterling. Das Weibchen mit ver- 774 3. Unterordnung. Nocturna. kümmerten Flügeln legt im Spätherbst die Eier an den Stamm der Obstbäume. Ani- sopteryx aescularia Hb. Weibchen flügellos. Eupithecia Gurt. Hibernia defoliaria L., der grosse Frostspanner u. z. a. G. 2. Fam. Dendrometridae. Die Costalrippe der Hinterflügel entspringt selbstständig. Aeidalia Tr. Hinterschienen mit 2 Sporen. A. ochreata Scop. Ptychopoda Steph. (Schienen des Männchens ungespornt). Pt. aversata L. Boarmia Tr. Mit starkem hornigen Rollrüssel und starken Beinen. Hinterschienen lang, mit 2 Paar Sporen. Taster den Kopf meist überragend. Männliche Fühler ge- kämmt. B. repandata L. Fidonia Tr. Beine und Hinterschienen kurz. Rüssel ziemlich schwach. Körper dunkel bestaubt. F. piniaria L. , F. wawaria L. Amphidasis Tr. Körper plump, spinnei'artig. Kopf und Thorax dicht wollig be- stäubt. Männliche Fühler mit starken gefranzten Kammzähnen. Schenkel und Schienen langhaarig. A. bctularia L. Geometra L. Körper schlank, grün. Männliche Fühler kammzähnig. Hinterschienen in beiden Geschlechtern mit 4 Sporen. Vorderflügel breit, ohne Anhangszelle, mit 12 Rippen. G. papilionaria L., Ahraxas {Zerene) grossulariata L., Harlekin. Urania Latr. Mit sehr langen Fühlern, schlanken verlängerten Labialtastern und sehr breiten Flügeln. Brasilianische Arten. 3. Unterordnung. Noctuina, Eulen. Nachtschmetterlinge mit breitem nach hinten verschmälerten Leib und düster gefärbten Flügeln. Kühler lang, borsten form ig, beim Männchen zuweilen gekämmt. Nebenaugen fast stets vor- handen. Rüssel und Taster ziemlich lang und stark. Flügel in der Ruhe dachförmig. Vorderflügel mit einer Dorsalrippe. Hinterflügel mit Haftborste (Retinaculum) und 2 Dorsalrippen. Beine lang mit stark gespornten Schienen. Die bald nackten bald behaarten Raupen besitzen meist 16, seltener durch Verkümmerung oder Ausfall der vordem Bauchfüsse 14 oder 12 Beine und verpuppen sich grossentheils in der Erde. 1. Fam. Deltoidcae. Körper dem der Zünsler ähnlich, mit weit vorstehenden Labialtastern. Hinterflügei mit 2 Innenrandsrippen. Hypena Tr. Vorderflügel 3eckig. Schienen dünn und lang , unbewehrt. H. pro- boscidalis L. 2. Fam. Ophiusidae, Ordensbänder. Körper schlank, an die Spanner erinnernd, mit grossen Flügeln. Mittelzelle besonders der Hinterflügel kurz. Beine kräftig, mit Sporen. Raupen mit reducirten vordem Bauchfüssen, den Spannerraupen ähnlich, ver- puppen sich zwischen Blättern. Catocala Sehr. Mittelbeine mit Dornborsten. Hinterflügel gerundet. C. para- nytnpha L., gelbes Ordensband. C. fraxini L., blaues Ordensband. G. nupta L. , C. sponsa L., C. promissa Esp., rothe Ordensbänder. Euclidia mi L. , E. glyphica L. Catephia alchymista Fabr. •3. Fam. Plusiadae , Goldeulen. Kopf etwas eingezogen. Thorax ohne Längs- kamm, hinten mit Schopf. Hinterleib schlank, mit Haarschöpfen. Flügel mit metallisch glänzenden Flecken. Schenkel und Schienen behaart, letztere aber unbedornt. Plasia Tr. Augen an den Rändern bewimpert. Männliche Fühler sehr kurz bewimpert. Vorderflügel ohne aufgeworfene Schuppen. PI. jota L. , PL gamma L. , PI chrysitis L. 4. Fam. Agrotidae. Körper ki-äftig, mit flacher Stirn und unbeschopftem coni- schen Hinterleib. Rüssel stark, Beine kräftig. Schienen der Mittel- und Hinterbeine mit Dornborsten. Die nackten dicken Raupen sind theilweise sehr schädlich und ver- puppen sich in der Erde. Orthosiadae. CucuUiadae. Hadenidae. Acronyctidae. — 4. Unterordnung. Bombycina. 775 Ägrotis Tr. Thorax an den Seiten gerundet. Hinterleib conisch. Schienen der Vorderbeine auf beiden Seiten mit Dornborsten. A. segetum Tr., Saateule. A. tritiei L., A. exdamationis L. Bei Graphophora Ochsh. treten am Thorax Vorderecken hervor. Gr. triangulian Tr., Gr. c-nigrum L. Triphaena Tr. Hinterleib flach gedrückt. Endglied der Taster kurz. Vorder- schienen zuweilen ohne üornborsten. 2'. janthina Tr., T. pronuba L. 5. Farn. Orthosiadae. Thorax etwas gewölbt, mit stark anliegender Behaarung, ohne Längskamm. Schienen der Vorderbeine unbewehrt, die der Mittel- und Hinter- beine selten mit Dornborsten. Amphipyra Tr. Augen nackt, unbewimpert. Hinterleib flach. Schienen unbe- wehrt. A. pyramidea L., A. perflua Fabr. Trachea piniperda, Kieiereule. Orthosia Tr. Augen an den Rändern bewimpert, Rüssel stark, Hinterleib nicht flach. Schienen unbewehrt. 0. jota L., 0. ruticilla Esp. Calymnia trapezina L., Xanthia citrago L., Charaeas graminis L., Raupe an Graswurzeln. Cerastis Ochsh., Taenio- campa Gn. u. a. G. 6. Fam. CucuUiadae. Halskragen kapuzenförmig erhoben. Hinterleib lang und zugespitzt. Vorderflügel lanzetförmig. Schienen ohne Dornborsten. Cucullia Sehr. , C. verbasci L. , C. absynthii L. Die Cleophanidae haben ebenfalls eine Capuze des Halskragens, indess einen kürzern Hinterleib und keine lanzetförmigen Vorderflügel. Cleophana Bsdv. , Xylocampa Gn. 7. Fam. Hadenidae. Kopf kaum eingezogen, Halskragen gerundet oder aus- geschnitten. Thorax gewölbt, vorn und hinten mit getheilten Schöpfen. Vorderflügel Seckig. Hadena Tr. Augen nackt und unbewimpert. Schienen ohne Dornborsten. Rüssel stark. H. atriplicis L., H. adusia Esp., H. ypsilon Tr. Marnestra Tr. Augen behaart. Hinterleib des Weibchens endet stumpf. M. pisi L., Erbseneule. M. genistae Borkh. , M. brassicae L., Kohleule. Episema Ochsh., Dichonia Hb., Miselia Steph. , Xylina Tr. u. a. G. 8. Fam. Acronyctidae, Spinnerartige Eulen, Augen nackt und meist unbewimpert. Thorax vorn gerundet, behaart, hinten mit gestutztem Schöpfchen. Beine behaart, Schiene ohne Dornborsten. Acronycta Ochsh. Taster kurz und grob behaart mit kurzem geneigten Endgliede. A. leporina L. , A. psi L., A. rumieis L. , A. aceris L. , Ahorneule. Diloba Bsdv. Körper vom Ansehn der Spinner. Kopf eingezogen. Augen bewim- pert. 2>. coeriileocephala L. , Raupe Obstbäumen schädlich. Clidia Bsdv. , Diphthera Ochsh., Cymatophora Tr. , Thyatyra Ochsh. Bryophila lebt von Flechten. 4. Unterordnung. Bombycina, Spinner. Nachtschmetterlinge von plumpem Körperbau, mit dicht und oft wollig behaarter Oberfläche, mit borstenförmigen beim Männchen gekämmten Fühlern. Nebenaugen fehlen fast stets. Die Flügel sind ziemlich breit und meist ohne Retinaculum, in der Ruhe dachförmig. Die schwerfälligem grössern Weibchen fliegen wenig, um so beweglicher aber sind die schiankern und oft lebhafter gefärbten Männchen, welche selbst am Tage ungemein rasch und hastig fliegen und die Weibchen in ihren Verstecken auf- spüren. In einigen Fällen verkümmern (Orgyia) oder fehlen (Psyche) die Flügel im weiblichen Geschlecht. Aus den Eiern, die häufig in Klumpen abgesetzt werden und mit einer wolligen Masse überkleidet sind, schlüpfen meist dicht behaarte 16beinige Raupen aus, welche sich später in vollständigen Gespinnsten über der Erde verpuppen. Die Raupen einiger Arten leben gesellschaftlich in gemeinsamen beutelartigen Gespinnsten, einige wenige {Fsychinen) verfertigen einen Sack , in welchen sie ihren Körper verbergen. Bei diesen kommt Par- thenogenese vor. 776 Lithosiadae. Euprepiadae. Liparidae. Notodontidae. Bombycidae. Saturniadae. 1. Farn. Lithosiadae. Körper schlank mit be-wimperten Fühlern i;nd kleinen an- liegenden Tastern. Auyen nackt. Rollrüssel meist ziemlich stark. Vorderflügel schmal mit abgerundeter Spitze und wurzelwärts nicht gega,belter Dorsalrippe. Hinterflügel sehr breit, kurz gefranzt, mit 2 Dorsalrippen. Die bunten Raupen mit behaarten Warzen, von Flechten lebend. Lithosia Fabr. Vorderflügel mit 10 oder 11 Rippen. L. quadra L. Boeselia cucullatella L. , Setina irrnreUa L. 2. Farn. Euprepiadae. Fühler bewimpert, beim Männchen oft kammzähnig. Hinterschionen fast immer mit 2 Paar Sporen. Nebenaugen vorhanden. Dorsalrippe der Vorderflügel nicht gegabelt. Hinterflügel kurz gefranzt mit Haftborste und 2 Innen- randsrippen. Raupen sehr langhaarig, als Bärenraupen bekannt. Euprepia Ochs. = Arctica Schreb. Fühler des Männchens kammzähnig. Hinter- schienen mit 4 Sporen. Hinterflügel mit 8 Rippen. E. menthastri Ochsh. , E. urticae Esp., E. caja L. , E. plantaginis L. u. z. a. A. Callimorpha Latr. Fühler in beiden Geschlechtern bewimpert, Vorderflügel mit Anhangszelle. C. domimda L. 3. Fam. Liparidae. Fühler kurz, sägezähnig oder doppelt kammzähnig. Roll- rüssel schwach oder verkümmert. Dorsalripjje der Vorderflügel ungegabelt. Hinterflügel breit kurzfranzig, mit Hnftborste und 2 Innenrandsrippen. Raupen meist mit behaarten Warzen. Liparis Ochs. Hinterschienen mit 4 Sporen. L. monacha L. , Raupe auf Laub- und Nadelholz sehr schädlich. L. dispar L. Orgtjia Ochs. Die Hinterschienen nur mit Endsporen , Vorderflügel mit Anhangs- zelle. Raupen mit Haarpinseln. O. antiqua L. Weibchen flügellos. 0. {Dasychira) pudibunda L. 4. Fam. Notodontidae. Körper meist stark behaart. Männliche Fühler mit Kamm- zähnen. Schenkel langhaarig. Vorderflügel schmal, mit Rippen. Hinterflügel nicht lanzetförmig , mit Haftborste und 2 Innenrandsrippen. Costalrippe frei aus der Wurzel entspringend. Raupen nackt oder dünn behaart. Notodonta Ochsh. Hinterschienen mit 4 Sporen. N. ziczac L. N. dromedarius L. Cnethocampa processionea L. , Processionsraupe auf Eichen. Harpyia Ochsh. Flügel weiss oder grau. Hinterschienen nur mit Endsporen. Rollrüssel kurz. Raupen mit Kehldrüse und 2 vorstreckbai'en Afterfäden. H. vinula L., Gabelschwanz. H. erminea Esp., H. MilJiattseri Fabr. u. a. G. 5. Fam. Bombycidae. Fühler in beiden Geschlechtern gekämmt. Taster völlig behaart, schnabelförmig vorstehend. Hinterschienen nur mit kurzen Endsporen. Vorder- flügel mit 12 Rippen ohne Anhangszelle. Dorsalrippe nicht gegabelt. Hinterflügel mit 2 Innenrandsrippen ohne Haftborste. Raupen mit weichen Haaren dicht besetzt. Gastropacha Ochsh. Augen vorn nackt. Vorderflügel mit dunklem Mittelpunkte und dunklen Monden. G. quercifolia L., Kupferglucke. G. potatoria L., G. quercus L., G. pini L. , G. rubi L. Clisiocampa neustria L. , Lasiocampa Dumeti L. u. z. a. A. Bombyx L. Vorderflügel mit dunklem Fleck zwischen 2 geschwungenen Quer- linien, mit sichelförmiger Spitze und tiefem Ausschnitt des Hinterrandes. Rollrüssel fehlt. B. morih., Seidenspinner, ursprünglich in Südasien heimisch, wird jetzt auch im süd- lichen Europa und China zur Gewinnung der Seide gezüchtet. Die Raupe, Seidenwurni, lebt von den Blättern des Maulbeerbaums. Krankheit der Seidenraupe, Muscardine, {Botrytis Bassiana). 6. Fam. Saturniadae. Körper wollig behaart. Männliche Fühler doppelt gekämmt. Beine kurz. Hinterschienen ohne Sporen. Vorderflügel mit 10 oder 12 Rippen, ohne Anhangszelle. Hinterflügel breit, kurz gefranzt, ohne Haftborste, mit nur einer Innen- randsrippe. Saturnia Sehr. Taster zwischen den Haaren versteckt. S. pyri Borkh. , grosses Nachtpfauenauge. S. carpini, spini Borkh., mittleres und kleines Nachtpfauenauge. 5. Uiiterürdnung. Sphingina. 777 Attacus cynthia, Cecropia u. a. werden zur Gewinnung von Seide gezüchtet. Aglia tau L. , Endromis versicolor L. 7. Fam. Psychidae. Männliche Fühler doppelt gekämmt. Taster und Rüssel fehlen. Vorderfiügel mit einer wurzelwärts gegabelten Dorsalrippe. Hinterflügel mit 3 Innenrandsrippen und Haftborste. Die Raupen tragen Säckchen mit sich herum und verpuppen sich in denselben. Parthenogenese. Psyche Sehr. Weibchen raadenförmig. Hinterschienen nur mit Endsporen. Dorsal - rippe der Vorderflügel nach aussen gegabelt. Das Weibchen bleibt im Sacke und begattet sich in demselben. P. hirsutella Ochsh., P. atra L. Bei Echinopteryx Hübn. haben die Hinterschienen 2 Paar Sporen. E. bombycella Ochsh. Bei Cochlophanes v. Sieb, sind die Säcke spiralig gewunden , mit einer zweiten seitlichen Oeffnung versehn und in beiden Geschlechtern verschieden. C. helix v. Sieb. Fumea Hwth. Weibchen mit Fühlern, Beinen und Legestachel, aus dem Sacke auskriechend. F. nitidella Hb. 8. Fam. Zyg'aenidae. Fühler gekeult oder gezähnt. Nebenaugen vorhanden. Vorderflügel schmal mit 2 Innenrandsrippen. Hinterflügel kurz gefranzt mit 3 Innen- randsrippen. Rollrüssel stark. Die Raupen leben an Kleearten. Gehen durch tropische Zwischenformen in die Euprepiden über und lassen wie diese gelbe Tropfen bei der Berührung an den Gelenkstellen der Extremitäten austreten. Zygaena Fabr. Fühler gekeult. Hinterschienen mit 2 Paar Sporen. Z. lonicerae Esp., Z.filipendulae L., Ino Leach., Aglaope Latr., Gorytia Bsvd., Glaucopis Latr. u. a. A. 9. Fam. Cossidae. Rüssel fehlt. Vorderflügel mit 2 freien Innenrandsrippen, mit Haftborste und 3 Innenrandsrippen. Die Raupen leben im Marke von Pflanzen. Cossus Fabr. Hinterschienen mit 2 Paar Sporen. Flügel mit eingeschobener Zelle. C. ligniperda Fabr., Zcuzera aesculi L., Limacodes testudo Fabr., Pielus Steph. 10. Fam. Hepialidae. Körper langgestreckt. Fühler einfach kurz. Taster sehr kurz. Flügel mit 12 Rippen und eingeschobener Zelle. Die Raupen leben in Wurzeln. Hepialus Fabr. H. humili L., Raupe in Hopfenwurzeln. H. sylvinus L., H. Jiectus L. 5. Unterordnung. Sphingina, Schwärmer. Mit langgestrecktem am Ende zugespitzten Leib, mit meist sehr langem Rollrüssel, verhältnissmässig schmalen aber sehr langen Vorderflügeln und kurzen Hinterflügeln, von pfeilschnellem Fluge. Die kurzen Fühler sind in der Regel an der Spitze verdünnt. Ocellen fehlen meist. Die Flügel liegen in der Ruhe dem Körper horizontal auf und besitzen stets ein Retinaculum. Schienen der Hinterbeine an der Innenseite mit doppeltem Sporenpaar. Die platten mit einem Afterhorn versehenen Raupen haben 16 Beine und verpuppen sich in der Erde. Die Schwärmer fliegen in der Dämmerung, einige auch am Tage {Macroglossa) und umschwärmen die Blüthen , mit denen sie mittelst des langen entrollten Rüssels unter zitternden Flügelschwingungen Honig einsaugen. 1. Fam. Sesiadae. Bienenähnlich mit glashellen Flügeln. Hinterflügel breit, kurz gefranzt, mit 2 oder 3 Innenrandsrippen ohne Costalrippe. Nebenaugen vorhanden. Die Raupen leben meist im Innern von Pflanzen. Sesia Lasp. Fühler nach aussen allmählig verdickt, beim Männchen mit Winiper- pinseln. S. spheciformis Fabr., Raupe in Erlenstämmen. S. tipitliformis L. S. {Trochi- lium Scp., Rollrüssel weich, kurz) apiformis L., S. bemheciformis Hb. Bembecia Hb. 2. Fam. Sphingidae. Fühler meist nach dem Ende zu verdünnt. Ocellen fehlen. Augen nackt. Vorderflügel mit einer wurzelwärts gegabelten Dorsalrippe. Hinterflügel mit 2 Innenrandsrippen und schrägem Verbindungsast zwischen Costal- und Subcostal- rippe. 778 6. Unterordnung. Rhopalocera. Macroglossa Ochsh. Vorderflügel relativ kurz. Fühler keulenförmig mit Haarpinsel am Ende. Hinterleib mit Haarschopf am After. M. stellatarum L. , Taubenschwanz. M. fuciformis L., 31. homhyliformis Ochsh. Sphinx L. Fühler mit Haarpinsel am Ende. Rollrüssel lang. Abdomen ohne Haarschopf. S. celerio L. , S. elpenor L. , S. porcellus L. , Weinschwärmer. S. Nerii, Oleanderschwärmer. S. convolvuli L. , Windig. S. euphorbiae L. u. a. A. Acherontia Ochs. Rollrüssel kurz, nicht länger als der Kopf. A. atropos L., Todten- kopf. Raupe auf Kartoffeln. Bringt mit dem Rüssel einen eigenthüuilichen Ton hervor und dringt dem Honig nachstellend in Bienenstöcke ein. Smerinthus Latr. Fühler gegen die Wurzel etwas verdünnt, ohne Haarpinsel am Ende. Rollrüssel weich und schwach. S. populi L., Pappelschwärmer. S. tiliae L., Lindenschwärmer. S. ocellatus L., Nachtpfauenauge. Pterogon oenotherae Fabr. Thyreus Sws., Perigonia ßsdv. u. a. G. 6. Unterordnung. Rhopalocera, Tagfalter. Schmetterlinge von schlanker Körperform mit umfangreichen meist lebhaft gefärbten Flügeln. Fühler keulen- förmig oder am Ende geknöpft. Ocellen fehlen. Rollrüssel stark und hornig, ohne Maxillartaster. Beine dünn. Schienen und Tarsen meist mit 2 bis 4 Reihen kleiner Dornen, die Schienen der Vorderbeine verkürzt, zuweilen verkümmert. Schienen der Mittel- und Hinterbeine meist mit Endsporen. Vorderflügel meist mit 12, selten mit 10 oder 11 Rippen, einer Dorsalrippe. Hinlerflügel mit freier Costalrippe, einer oder zwei Dorsalrippen, ohne Haftborste. Die Falter fliegen am Tage und tragen in der Ruhe die Flügel aufrecht, oft zusammengeschlagen. Die IGfüssigen Raupen sind nackt oder mit Dornen und Haaren besetzt und bilden sich meist frei ohne Cocon nnd mit Fäden an fremden Gegenständen befestigt in die oft metallisch glänzende bucklige Puppe um. 1. Fam. Hesperidae. Kleine Tagfalter mit plumpem Körper und nackten halb- kugligen Augen. Fühler kurz mit länglicher Keule. Taster mit zugespitztem fast nackten Endgliede. Vorderflügel mit 12 Rippen. Vorderbeine wohl ausgebildet. Die Raupen verwandeln sich in einem Gewebe. Hesperia Latr. Hinterschienen mit 4 Sporen. Endglied der Taster schräg auf- wärts gerichtet. H. comma L., H. sylvanus Sehn., H. actaeon Esp. Syrichthus Bsdv. Endglied der Taster geneigt. S. malvarum Ochsh., S. alveus Hübn., Cyclopides Hb. u. a. G. 2. Fam. Lycaenidae (Polyommatidae), Bläulinge, Röthlinge. Kleine dunkelbraune, im männlichen Geschlecht meist blaue oder rothe und dann metallisch glänzende Falter, mit ovalen Augen, kolbigen Fühlern und 6 vollkoiumen entwickelten Beinen, von denen die vordem etwas kleiner als die mittlem sind. Vorderflügel mit 10 oder 11 Rippen. Hinterflügel mit 2 Innenrandsrippen und sehr feiner Querrippe. Die asseiförmigen Raupen (Schildraupen) verwandeln sich in eine plumpe Puppe. Polyommatus L. Vorderflügel mit 11 Rippen. P. Euphemus Ochsh., P. Arion L., P. Dämon Fabr. , P. virgaureae L. Theda Fabr. Vorderflügel mit 10 Rippen. Hinterflügel in der Regel geschwänzt. T. rubl L., T. quercus L., T. betulae L. Danis Fabr., Myrina Gad. u. z. a. G. Hier schliesst sich die Familie der Eryciniden an , deren Taster klein bleiben. Netneobius lucina L. 3. Fam. Satyridae. Falter mit düstergefärbten meist Augenflecken tragenden Flügeln und verkümmerten Vorderbeinen. Taster wenig länger als der Kopf. An der Wurzel der Vorderflügel sind eine, zwei oder drei Rippen aufgeblasen. Die Hinterflügel mit 2 Innenrandsrippen. Raupen kurz und dünn behaart, leben von Gräsern und ver- puppen sich meist frei (am After befestigt). Nymphalidae. Pieridae. Danaidae. Heliconiidae. Equitidae. 779 Satyrus Latr. Schienen der Mittelbeine viel kürzer als der halbe Fuss, am Ende mit einem Hornstachel. Oberseite der Flügel braun oder schwarz, meist mit heller Binde vor dem Saume. Unterseite der Hinterflügel marmorirt. S. Briseis L. , S. Hermione L. Erebia Bsdv. {Hipparchia Fabr.). Mittelschienen meist wenig kürzer als der Fuss, nur die Vorderrandsrippe aufgeblasen. E. ligea L. , E. Euryale Esp. Epinephele Hb. E. hyperanthus L., E. Janira L u. a. A. Coenonympha Hb. Auf den Vorderflügeln sind 3 Rippen aufgeblasen. C. pam- philus L. , C. hero L. Pararge maera L. 4. Fam. Nymphalidae. Taster wenig länger als der Kopf, Sgliedrig, mit zuge- spitztem Endgliede. Vorderbeine verkümmert. Vorderflügel mit 12 Rippen. Hinter- flügel mit 2 Innenrandsrippen. Raupen mit dornigen Auswüchsen, selten feinhaarig, die Puppe hängt am After befestigt. Apatura Fabr., Schillerfalter. A. ins L. Neptis lucilla L. Libythea Fabr. Taster ungewöhnlich lang. Vorderbeine nur beim Männchen ver- kümmert. Mittelzelle der Hinterflügel nicht geschlossen. L. celtis Esp. Limenitis populi L., Eisvogel. Vanessa Fabr. Mittelzelle der Hinterflügel durch eine feine Querrippe geschlossen. Fühler mit länglich eiförmigem Endkolben. Augen behaart, V.prorsaL. {V. levana ist die Frühlingsgeneration). V. cardui L. , Distelfalter. V. atalanta L , Admiral. V. an- tiopa L., Trauermantel. V. io L., Tagpfauenauge. V. urticae L., kleiner Fuchs u. z. a. A. Argynnis Fabr., Perlmutterfalter. Augen nackt. Mittelzelle der Hinteiflügel durch eine feine Querrippe geschlossen. Endkolben des Fühlers eiförmig abgesetzt. .4. latonia L., A. paphia L., A. aglaia L. Melitaea cinxia L. 5. Fam. Pieridae, Weisslinge. Weisse oder gelbe Falter mit meist ganzrandigen an der Spitze abgerundeten Flügeln, mit Sgliedrigem Taster und vollkommen entwickelten Vorderbeinen. Die kurz und dünn behaarten Raupen verpuppen sich mittelst eines um den Leib geschlungenen Fadens befestigt, den Kopf nach oben gerichtet. Pieris Latr. Weiss mit schwarzer Flügelspitze und nicht eckigem Flügelsaum. P. crataegi L., der Heckenweissling. P. brassicae L., Kohlweissling. P. napi L. , P. cardamines L., Aurorafalter. Colias Ochsh. Vorderflügel mit 11 Rippen, auf der Oberseite orangegelb bis grünlich weiss, mit breitem, braun schwarzem, oft geflecktem oder geripptem Saume und gerun- deter Spitze. Hinterflügel mit gelbem Mittelfleck. C. hyale L., C. ediisa L. Gonopteryx Leach. Vorderflügel gelb mit orangegelbem Mittelfleck und scharf- eckig vortretender Spitze. G. rhamni L. , Citronenvogel. 6. Farn. Danaidae. Vorderbeine verkümmert. Taster kurz, auseinanderstehend. Formen aus den warmen und heissen Regionen, deren Puppen mit dem Kopf nach unten aufgehängt sind. Danais Bsdv., D. Chrysippus L., Griechenland. 7. Fam. Heliconiidae. Vorderbeine verkümmert. Vorderflügel lang und schmal, Hinterflügel eiförmig gestreckt. Taster länger als der Kopf. Meist brasilianische Formen. Die Weibchen verbreiten einen widerlichen Geruch, der vom Sekret eines dorsalen Drüsenwulstes herrührt. Die Raupen leben an Arten von Maracujä. Heliconius Latr. H. Phyllis Fabr. 8. Fam. Eqnitidae, Ritter. Fühler kurz, stumpf, kolbenförmig endend. Die grossen Vorderflügel mit 11 oder 12 Rippen, Hinterflügel mit nur einer Innenrandsrippe, meist geschwänzt. Die vordem Beine gleich den hintern wohl entwickelt. Die Raupen mit ausstreckbarer fleischiger Gabel im Nacken verpuppen sich mit dem Kopf nach oben gerichtet von einer Schlinge umgürtet. Papilio L. Taster kurz, anliegend, mit undeutlichem Endgliede. Vorderflügel breit dreieckig, mit 12 Rippen, gelb mit schwarzer Zeichnung. P. Podalirius L., Segel- spitze. P. Machaon L., Schwalbenschwanz. P, Memnon L., mit ungeschwänzten Hinter- flügeln, hat 3 weibliche Formen. 780 7. Ordnung. Coleoptera. Doritis Fabr. Taster vorstehend mit deutlichem Endgliede. Vorderflügel mit 11 Rippen. D. Apollo L. Die Weibchen tragen am Hinterende einen taschenförmigen Anhang (Begattungszeichen, v. Siebold). Thais Fabr. (mit 12 Rippen). Th. Polyxena Ochsh. 7. Ordnung. Coleoptera »), Käfer. Tnsenten mit hauenden Miindwerlizeugen und liorniyen Vorderflügeln {Flügeldecken) , mit freiheweglichem Frothorax und vollkommener Metamor- phose. Die Hauptcharactere dieser sehr umfangreichen, aber ziemlich scharf um- grenzten hisectengruppe beruhen auf der Bildung der Flügel ^), von denen die vordem als Flügeldecken {Elytra) in der Ruhe die häutigen der Quere und Länge nach zusammengelegten Hinterflügel bedecken und dem Hinterleibe horizontal aufliegen. Die letztern kommen beim Fluge aus.schliesslich in Betracht und bieten entfaltet meist eine bedeutende Flugfläche , wie andererseits auch ihre Muskeln an dem kräftig entwickelten Metathorax eine umfangreiche und feste Insertionsfläche gewinnen. Die Vorderflügel hingegen sind zu Schutz- werkzeiigen geworden und entsprechen meist in Form und Grösse dem weich- häutigen Rücken des Hinterleibes, von dem indessen zuweilen das letzte Segment {Pggidium) bei ahgestutzten, oder auch mehrere Segmente (Stajdiylinen) bei abgekürzten Flügeln unbedeckt bleiben. In der Regel schlie.ssen in der Ruhe die geradlinigen Innenränder beider Flügeldecken unterhalb des Schildchens dicht aneinander, während sich die Aussenränder um die Seiten des Hinter- leibes umschlagen, doch können auch die Innenränder sowohl klaffen als über- einandergreifen und sich decken. Auch kommt die Verwachsung der innern Flügelränder vor, durch welche das Flugvermögen vollkommen aufgehoben wird. Selten fehlen die Flügel vollständig. Der zuweilen freie, in der Regel aber in den freibeweglichen Prothorax eingesenkte Kopf trägt sehr verschieden gestaltete meist llgliedrige Fühler, welche im männlichen Geschlechte eine ansehnliche Grösse und bedeutende Oberfläche besitzen. Nebenaugen fehlen mit seltenen Ausnahmen. Die Facettenaugen werden dagegen nur bei einigen Höhlenbewohnern vermlsst. Die Mundtheile sind beissend und kauend, zeigen jedoch zuweilen Uebergänge zu denen der Hymenopteren. Die Kiefertaster sind gewöhnlich 4gliedrig , die Lippentaster Sgliedrig , bei den Raubkäfern erhalten 1) J. Ch. Fabricius, Systema Eleutheratorum. 2 Tom. Eäliae. 1801. G. A. Olivier, Entomologie etc. Coleopteres. 8 vols. Paris. 1789—1808. .T. F. W. Herbst, Die Käfer (Natursystem aller bekannten Insecten von Jablonsky). 10 Bde. 1789—1806. J.H.Straiiss-Dürkheim, Considerations generales sur l'anatomie comparee des animaux articules etc. (Melolontha) 1828. W. F. Erichson, Naturgeschichte der Insecten Deutsch- lands, fortgesetzt von Schaum, Kiesewetter und Kraatz. 1848 — 1865. Derselbe Zur systematischen Kenntniss der Insectenlarven. Archiv für Naturg. Tom. VH. VIII und Xlll. Th. Lacordaire, Genera des Coleopteres. Paris. Tom. I — XII. L. Redten- bacher, Fauna Austriaca, die Käfer. Wien. 3. Aufl. 1873. Gemminger und Harold, Catalogus Coleopterorum etc Monach. 1868. Kowalevsky 1. c. Entwicklungsgeschichte des Hydrophilus. Vergl. femer L. Dufour, Stein, Leydig etc. 2) Vergl. 0. Roger, Das Flügelgeäder der Käfer. Erlangen. 1875. Nerven- und Tracheensystem. Darmcanal. Entwicklung. 781 jedoch auch die äussern Kieferladen eine tasterartige Form und Gliederung. Die durch Reduction ihrer Theile vereinfachte Unterlippe verlängert sich selten zu einer getheilten Zunge. Der umfangreiche, als llalsschild bekannte Pro- thorax lenkt sich dem meist schwachen Mesothorax auf einem Stile freibeweglich ein; an ihm sowohl wie an den übrigen Brustringen rücken die Pleurae auf die Sternalfläche. Die äusserst verschieden gestalteten Beine besitzen am häufigsten ögliedrige, seltener 4gliedrige Tarsen. Auch können die zwei vor- dem Beinpaare mit ogliedrigen, die hintern Beine mit 4gliedrigen Tarsen enden. Selten ist der Fuss aus einer geringern Gliederzahl zusammengesetzt und 3- bis Igliedrig. Der Hinterleib schliesst sich mit breiter Basis dem Metathorax an und besitzt stets eine grössere Zahl von Rückenschienen als Bauchschienen, von denen einzelne mit einander verschmelzen können. Die kleinern End- segmente liegen meist eingezogen in den vorhergehenden verborgen. Das Nervensystem ') der Käfer weicht durch die grössere oder geringere Goncentration des Bauchmarks nach drei Richtungen auseinander. Entweder folgen auf das suboesophageale Ganglion und die drei gesonderten Thoracal- ganglien 1 bis 8 gesonderte Hinterleibsganglien oder es verschmelzen die beiden letzten Thoracalganglien zu einem grössern Nervenknoten, hinter welchem 1 — 8 Hinterleibsganglien folgen, oder es sind sämmtliche Knoten zu einer länglichen Masse vereint (gewisse Lamellicornier wie Rhizotroyns). Das Tracheensystem erscheint meist holopneustisch , im Larvenleben peripneustisch, indem hier die Stigmen von Meso- und Metathorax geschlossen sind. Einzelne Larven sollen vorübergehend apneustisch sein (Elmis). Die Larven von Gyrhtns besitzen Tracheenkiemen an allen Hinterleibssegmenten. Endlich gibt es auch zahlreiche metapneustische Käferlarven {HydrophUiis, Dytiscui). Der lange, gewundene Darmcanal erweitert sich bei den fleischfressenden Käfern zu einem sog. Kaumagen, welchem der zottige Chylusdarm folgt. Die Zahl der MaJp'tghisclien Gefasse beschränkt sich wie bei den Schmetterlingen auf 4 oder G. Männchen und Weibchen sind leicht durch die Form und Grösse der Fühler, sowie durch die Bildung der Tarsalglieder und durch beson- dere Verhältnisse der Grösse, Körperform und Färbung zu unterscheiden. Beim Weibchen vereinigen sich zahlreiche Eiröhren unter sehr verschiedener Anordnung, und am Ausführungsapparat tritt oft eine Begattungstasche auf. Die Männchen besitzen einen umfangreichen hornigen Penis, welcher während der Ruhe in den Hinterleib eingezogen ist und mittelst eines kräftigen Muskel- apparates vorgestülpt wird. Ueber die Entwicklung des Eies haben die Untersuchungen Kowalevsky 's an Hydrophilus zu wichtigen Resultaten geführt, durch die zuerst besonders rücksichtlich der Entstehung der Keimblätter eine merkwürdige Analogie mit der Bildung des Wirbelthierembryos aufgedeckt wurde. Nachdem sich das Blasto- derm als einschichtige Zellumhüllung des Dotters angelegt, an der Rückenseite verdünnt, an der spätem Bauchseite verdickt hat, entsteht am hintern Ende 1) Vergl. Ed. Brandt, Vergl. anat. Untersuchungen über das Nervensystem der Küfer. Hör. Soc. entoni, rossic. Petersburg. 1879. 782 Coleopteren. Gestaltung der Larven. der letztem ein aus 2 fast parallelen eine Rinne umgebenden Verdickungen gebildeter Schild, dessen Ränder auf das Hinterende übergreifend am hintern Eipole eine centrale Vertiefung umgrenzen. Durch Aneinanderlegen der Ränder schliesst sich die Rinne zunächst in der Mitte und am hintern Ende, wo sich eine Falte, Schwanzfalte, zu erheben beginnt. Nur am Vorderende bleibt die so gebildete Röhre durch einen Spalt geöffnet, nach hinten setzt sich dieselbe fort und gelangt unter den Anfang der Schwanzfalte , welche zugleich mit den seitlichen Verdickungen des Blastoderms Duplicaturen darstellt , durch deren weiteres Wachsthum auf der Bauchseite des Embryo's die beiden Blätter der Emhryonalhülle , seröse Hülle (Amnion) und Amnion (Deckblatt), gebildet werden. Wenn sich die Kopfanlagen des Embryo's bilden, dessen Hinterende nach der Rückenseite nach Art eines Innern Keimstreifens in den Dotter ein- wächst, beginnen sich die Zellen der vorn geöffneten Röhre nach vollständigem Schwunde des Lumens an der Innenseite der äussern Zellenwandung als in- neres Blatt auszubreiten. Die Segmentirung des Embryos und die Anlage der sog. Kopflappen tritt deutlich hervor, wenn die Embryonalhüllen einen schon bedeutenden Theil des Embryos bedecken. Im Ganzen gelangen 18 Segmente zur Sonderung, von welchen die 4 vordem dem Kopfe, die 3 folgenden dem Thorax angehören und ausser diesen auch noch das erste Bauchsegment eine bald wieder verschwindende Extremitätenanlage erhält. Wenn sich dann aus den Keimblättern die Organe anlegen und die Extremitätensprossung beginnt , erfährt der Keimstreifen eine so bedeutende Zusammenziehung , dass Kopf und Schwanzende von den Eipolen ab auf die Bauchseite rücken. Das obere Blatt zerfällt in Nerven- , Medullär- (Ganglien) und Seitenplatten und bildet durch Einstülpung die Stigmen und Tracheen- stämme, Mund und Speiseröhre, After und Enddarm; ebenso nimmt die ge- sammte äussere Körperbedeckung aus demselben ihren Ursprung. Das untere Blatt liefert aus seinem Zellmaterial das Neurilem und die Muskulatur des Leibes und zerfällt in seinem untern dem Dotter anliegenden Theil in eine Darmdrüsen- und Darmfaserplatte, von denen die erstere durch Ausstülpung die Malpighischen Gefässe liefert. Nachdem die Embryonalhülle gerissen ist, erhebt sich vom Hinterende der als Rückenplatte verdickten Rückenseite eine Falte, welche nach vorn fortwachsend einen Blindsack bildet, welcher sich röhrenartig verengert und vom Integumente gelöst zu der später wieder eine Rückbildung erfahrenden Rückenröhre wird. Der allmählig stark verlängerte Keim liegt mit seinem Hinterende auf der Rückenseite, bald wird jedoch dieser Abschnitt wie auch bei andern Insecten und besonders bei den Schmetterlingen wiederum bauchwärts umgeschlagen. Unter gleichzeitigen Umgestaltungen der Extremitäten erscheint somit der Larvenkörper zum Ausschlüpfen reif. Die Käferlarven ^) besitzen durchweg beissende Mundwerkzeuge , selten Saugzangen , und nähren sich , in der Regel verborgen und dem Lichte ent- zogen , unter den verschiedensten Bedingungen , meist in ähnlicher Weise wie die ausgebildeten Insecten. Dieselben sind entweder madenförmig ohne Füsse, aber mit deutlich ausgebildetem Kopf (Gurculioniden) oder besitzen ausser den 1) E. Perris, Ann. Soc. Linn. Lyon. Tom. XXII und XXIII. 1877 und 1878. 1. Cryptotetramera. Coccinellidae. Endomychidae. 783 drei Fusspaaren der Brust auch noch Stummel an den letzten Hinterleibsringen. Anstatt der noch fehlenden Facettenaugen treten Ocellen in verschiedener Zahl und Lage auf. Einige Käferlarven haben wie die Larven von Dipteren und Uymenopteren eine parasitische Lebensweise und nähren sich im Innern der Bienenwohnungen von Eiern und Honig {Meloe, Sitaris). Die Puppen der Käfer , welche entweder aufgehängt und befestigt sind oder auf der Erde oder in Höhlungen liegen, lassen die Gliedmassen frei hervorstehen. Fossile Goleopteren finden sich schon im Steinkohlengebirge, besonders zahlreich aber im Bernstein. Die von Latreille eingeführte Eintheilung der Käfer nach der Zahl der Tarsenglieder in Fentanieren, Tetrameren, Trimeren und Heteromercn führt keineswegs zur Sonderung natürlicher Abtheilungen und muss der Unterschei- dung natürlicher Familien weichen , für deren Gruppirung freilich wiederum die Zahl der Tarsenglieder, wenn auch nicht durchgreifend, verwendet werden kann. 1. Gruppe. Cryptotetramera^). Die Tarsen setzen sich aus 4 Gliedern zusammen, von denen ein Glied rudimentär bleibt, sie wurden von Latreille für SgUedrig gehalten. 1. Farn. Coccinellidae, Marienwürmchen. Mit kurzem Kopf, an dessen Vorder- rande die keulenförmigen , meist llgliedrigen Fühler entspringen. Körper fast halb- kugelig gewölbt, meist lebhaft gefärbt, mit 5 Bauchschienen des Hinterleibes. Thorax furchenlos. Die lebhaft gefärbten Larven besitzen Sgliedrige Fühler und jederseits 3 bis 4 Ocellen, halten sich besonders auf Pflanzen auf und ernähren sich von Aphiden. Ihre Verpuppung erfolgt im Freien nach vorausgegangener Anheftung des hintern Körper- endes. Die Käfer lassen bei der Berührung an den Gelenken der Beine einen gelben Saft austreten. Coccinella L. Drittes Tarsenglied versteckt. Fühler llgliedrig, mit abgestutzter Keule. Körper halbkugelig, unbehaart. C. septempunctata L. Chilocorus Leach. Körper stark gewölbt und unbehaart. Fühler 9gliedrig. Ch^ bipustulatiis L. Epilachna Redt. Körper halbkugelig, behaart. Fühler llgliedrig. Oberkiefer 3- bis 4zähnig. E. chrysomelina Fabr. Litliophüus Fröl. Drittes Tarsalglied frei. Körper länglich flach, behaart, mit verwachsenen Elytren und lOgliedrigen Fühlern. L. connatus Panz. Novius Muls. Lasia Muls. u. z. a. G. 2. Fam. Endomychidae, Pilzkäfer. Die gekeulten Fühler entspringen auf der Stirn des schnauzenförmig verlängerten Kopfes. Thorax mit 3 Furchen an der Basis. Die Schienen zeigen oft bedeutende Geschlechtsunterschiede. Hinterleib mit 5, bisweilen 6 freien Bauchschienen. Käfer und Larven leben in Pilzen. Endomychus Panz. Von ovaler Körperform mit llgliedrigen Fühlern. Oberkiefer mit gespaltener Spitze. E. eoccineus L. Lycoperdina Latr. Oberkiefer am Innenrande mit kleinem Zahn. Vorderschienen des Männchens innen zahnartig erweitert. L. succincta L. Trochoideus Westw. Fühler 4gliedrig, mit grossem keulenförmigen Endgliede. Drittes Tarsalglied frei. Oberkiefer dreispitzig. T. Dalmani Westw., auf Madagascar. Leiesles Redt. , Corylophus Steph. u. a. G. 1) E. Mulsant, Species des Coleopteres securipalpes. Lyon. 1851. A. Gerstäcker, Monographie der Endomychiden. Entomographieen. Tom. I. 1858. 784 2. Cryptopentamera. Chrysomelidae. 2. Gruppe. Cryptopentamera. An den fünfgliedrigen Tarsen ist ein Glied verkümmert und versteckt, 1. Farn. Chrysomelidae '), Blattkäfer. Mit kurzem gedrungenen gewölbten rund- lichen Körper, dessen Prothorax den Kopf theilweise mnfasst. Fühler meist llgliedrig, faden- oder sohnurförmig, mittellang. Oberkiefer in der Regel mit gespaltener Spitze. Hinterleib mit ö Bauchschienen. Die meist lebhaft gefärbten Käfer leben von Blättern und sind in circa 10,000 Arten über die ganze Erde verbreitet. Die Larven sind von walziger gedrungener Körperform, sehr allgemein mit Warzen und dornigen Erhebungen besetzt und besitzen stets wohl entwickelte Beine. Sie ernähren sich ebenfalls von Blättern, deren Parenchym einige {Hispa) miniren und haben zum Theil die Eigen- thümlichkeit, ihre Excremente zur Verfertigung von Hüllen und Gehäusen zu benutzen, die sie mit sich umhertragen {Clythra, Cri/ptocephalns). Vor der Verpuppung befestigen sie sich meist mit ihrem Hinterende an Blättern. Cassida L. Fühler mit verdickten Endgliedern. Kopf bis zum Mundrande in die halbkreisförmige Vorderbrust eingezogen. Körj^er flach schildförmig. Die ganz flachen und breiten Larven thürmen die Excremente auf dem Rücken auf. ü. equestris Fabr., G. vibex L. Hispa L. Fühler fast fadenförmig, dicht neben einander auf der vorragenden Stirn entspringend. Kopf vorragend. Prothorax breiter als lang, seitlich erweitert und ebenso wie die Elytren bestachelt. H. atra L. Haltica 111. Fühler fadenförmig, so lang als der halbe Körper. Hinterschenkel stark verdickt, zum Springen geeignet. H. oleracea Fabr. , schädlich auf Kohlblättern. Galeruca Geoffr. Fühler fadenförmig, von halber Körperlänge. Prothorax jeder- seits mit grubenförmiger Vertiefung. Oberseite dicht punktirt. G. sagittariae Gyllenh. Agelastica Redt. Fühler fadenförmig, meist länger als der halbe Leib. Kopf vor- gestreckt. Prothorax doppelt so breit als lang, mit leicht ausgebuchtetem Vorderrand. Fussklauen in der Mitte oder an der Wurzel zahnförmig erweitert. A. alni L. Lina Redtb. Fühler gegen die Spitze verdickt. Kopf vorragend, mit ovalen Augen. Prothorax mit scharfem Hinterwinkel , nach vorn verengert. Flügeldecken eiförmig, Fussklauen ungezähnt. L. populi L. , L. collaris L. Chrysomela L. Körper länglich eiförmig. Fühler fadenförmig. Kopf bis zu den Augen im Prothorax versteckt. Seitentheile des Prothorax oft wulstig verdickt. Füsse mit bürstenartiger Sohle und einfachen Fussklauen. 67t, decemlineata Laq. Flügeldecken ledergelb mit je 5 schwarzen Längsstreifen. Larve an den Blättern von Solanumarten. Von Amerika nach Europa importirt. Kartoffelfeldern verderblich. Ch. fastuosa L., Ch. i-arians Fabr., Ch. violacea Fabr. Timarcha Latr. Körper ungeflügelt. T. coriaria Fabr. Pachyhrachys Redt, Cryptocephalus Geoffr, Fühler fadenförmig. Kopf kurz walzig, nach vorn etwas verschmälert, Kopf vom kuglig gewölbten Thorax eng umschlossen. C. coryli Panz., (7. sericeus L, Froetophysus lobatus Fabr., Crysochus pretiosus Fabr., Lamprosoma Kirb., Clythra Lcht. Crioceris Geoffr. Fühler fadenförmig, so lang als der halbe Körper, Kopf mit tief gefurchter Stirn. Prothorax nel schmäler als die Flügeldecken. Schildchen drei- eckig. Füsse mit 2 vollkommen getrennten Klauen. Cr. merdigera L., Cr. brunnea Fabr. Bei Lema Fabr. sind die 2 Fussklauen am Grunde verwachsen. L. cyanella L. Donacia Fabr. Fühler fadenförmig. Kopf so breit als der 4eckige Prothorax. Schildchen eckig. Flügel viel breiter als der Prothorax, mit stumpf vorragenden Schultern. Schenkel der Hinterbeine verlängert und meist auch verdickt. D. crassipes Fabr. , V. sagittariae Fabr. 1) Th. Lacordaire, Monographie des Col^optere.^ subpentameres de la famille des Phytophages. Tom. I u. II. Paris. 1845—1848. Cerambycidae. 785 2. Farn. Cerambycidae'), Bockkäfer {Longicornia). Körper langgestreckt, mit vorgezogenem Kopf. Fühler llgliedrig, lang, fadenförmig, gesägt oder gekämmt, beim Männchen meist bedeutend verlängert. Schienen mit Enddornen. Viele sind lebhaft gefärbt und halten sieh am Tage im Sonnenschein auf Blüthen und Pflanzen auf, die düstern und einfarbigen Arten dagegen verlassen meist erst zur Dämmerungszeit ihre Schlupfwinkel. Einige (Lainia) erzeugen durch Reiben des Kopfes am Prothorax ein eigenthümliches Geräusch. Die langgestreckten madenförmigen Larven besitzen einen hornigen Kopf mit kräftigen Mandibeln, aber kleinen Fühlern und entbehren meist der Ocellen und Beine. Sie leben im Holz, bohren Gänge in demselben und richten zuweilen starken Schaden an. 1. Subf. Lepturinae. Kopf halsartig eingeschnürt. Vorderhüften zapfenfÖrmig. Leptura L. Fühler fadenförmig, beim Männchen fast so lang als der Körper. Prothorax so lang als breit, vorn und hinten stark verengt. Flügeldecken viel breiter als der Prothorax, gegen die Spitze zu verengt. Beine schlank. Zi. cincta Schönh. Toxotus Serv. Fühler fadenförmig, nicht länger als der Leib. Viertes Glied viel kürzer als die 2 benachbarten Glieder, vor den Augen eingefügt. Prothorax so lang oder länger als breit, mit Mittelrinne, jederseits mit einem meist stumpfen Höcker. Beine schlank, mit wenig verdickten Schenkeln. T. meridianus L., T. tnaculatus L. Bhagium Fabr. Fühler fadenförmig, halb so lang als der Körper, drittes und viertes Glied ziemlich gleich lang. Prothorax jederseits mit einem spitzen Dorn. Bh. mordax Fabr. Bhamnusium Latr. , Desmocerus Dej. u. a. G. 2. Subf. Saperdinae. Hüftglieder der Vorderbeine kugelig, in geschlossenen Hüft- pfannen. Saperda Fabr. Stirn senkrecht abfallend. Fühler borstenförmig , so lang oder länger als der Körper. Kopf so breit als die Vorderbrust, mit stark ausgerandeten Augen. Prothorax kurz walzig, ohne Seitenhöcker, schmäler als die Flügeldecken. S. populnea L. , S. carcharias L. Lamia Fabr. Fühler borstenförmig, nicht länger als der gedrungene Körper. Erstes und drittes Glied gleich lang. Prothorax gewölbt mit kurzen Höckern. L. textor L., Äcrocinus longimanus Fabr., Südamerika. Molorchus Fabr. Stirn stark geneigt. Flügeldecken sehr verkürzt {Molorchinae). Fühler 11- oder r2gliedrig, mit sehr kleinem zweiten Gliede, von halber Körperlänge. Schenkel an der Spitze keulenförmig verdickt. Hinterleib sehr lang. M. major L. 3. Subf. Cerambycinae. Hüften der Vorderbeine kugelig in geöffneten Pfannen. Stirn kurz. Thorax nicht gerandet. Clytus Fabr. Fühler selten länger als der halbe Leib. Prothorax kugelig gewölbt, an den Seiten erweitert, ohne Höcker und Stacheln. Schenkel etwas keulenförmig ver- dickt, die der Hinterbeine verlängert. Gl. arcuatus L., Gl. mysticus L. Callidium Fabr. Drittes Fühlerglied fast 3 mal so lang als das zweite. Augen stark ausgerandet. Flügeldecken breit und flach. Schenkel keulenförmig verdickt. C. violaceum L. Aromia Serv. Fühler des Männchens länger als der Körper. Prothorax breiter als lang, mit kleinen Erhabenheiten, vorn und hinten gerade abgestutzt. Schildchen spitz 3eckig. Beine lang. Ä. moschata L., der Moschusbock. Bosalia alpina L., Calli- chrotna Latr., mit zahlreichen amerikanischen und afrikanischen Arten. Gerambyx L. {Hammaticherus Serv.). Die ersten Fühlerglieder knopfartig verdickt. Kopf weit vorgestreckt, mit stark ausgerandeten Augen, schmäler als der Prothorax, dieser so lang als breit, grob runzlig, mit einem Dorne am Seitenrande. Schildchen 1) E. Mulsant, Histoire naturelle des Coleopteres de France. I. Longicornes. Lyon. 1839. J. Thompson, Essai d'une Classification de la famille des Cerambj'cides. Paris. 1860. Claus, Zoologie, i. Auflage. 50 786 Bostrychidae. Curculionidae. stumpf Seckig. Q. heros Scop., C. cerdo Fabr., Trachyderes thoracicus Oliv., Brasilien u. z. a. G. 4. Subf. Prioninae. Hüftglieder der Vorderbeine quergezogen, in oifenen Hüft- pfannen. Thorax gerandet. Aeussere Maxillartaster fehlen in der Regel. Prionus Geoffr. Fühler llgliedrig, beim Männchen 12gliedrig, beschuppt. Kopf schmäler als der Prothorax, dieser doppelt so breit als lang, ziemlich flach, mit 3 starken Zähnen am Seitenrand. P. coriarius Fabr. Spondylis Fabr. Fühler schnurförmig , llgliedrig, wenig über den Hinterrand des Prothorax hinausragend. Kopf mit den Augen fast so breit als der glatte Prothorax. Flügeldecken walzenförmig. Sp. buprestoides Fabr. Macrodontia Serv. u. z. a. G. 3. Farn. BostryoMdae '}, Borkenkäfer. Von geringer Grösse und walziger Körper- form, meist braun, mit dickem in den Prothorax zurückgezogenen und vorn abgestutzten Kopf, kurzen gekämmten am Ende knopfförmig verdickten Fühlern und starken vor- stehenden Mandibeln. Die Larven sind gedrungen walzig, ohne Beine, mit stellver- tretenden behaarten Wülsten, denen der Curculioniden ähnlich. Käfer und Larven bohren Gänge im Holz, von denen sie sich ernähren. Sie leben stets gesellig und gehören zu den gefürchtetsten Verwüstern der Nadelholzwaldungen. Sehr eigenthümlich ist der für die einzelnen Arten charakteristische und die Lebensweise bezeichnende Frass in der Rinde. Beide Geschlechter begegnen sich in den oberflächlichen Gängen, welche das Weibchen nach der Begattung fortführt und verlängert. Die Eier werden hier in besondern ausgenagten Grübchen abgelegt. Die ausschlüpfenden Larven fressen sich dann seitliche Gänge aus, die mit der wachsenden Grösse der Larve und der weitern Entfernung vom Hauptgang breiter werden und der Innenseite der Rinde die charak- teristische Sculptur verleihen. Hylurgus Erichs. Fühler mit eiförmigem geringelten Endknopf und 6gliedriger Geissei. Körper von länglich walziger Form. H. ligniperda Fabr., H. piniperda L. Hylastes Erichs. Fühler mit kurz-eiförmigem geringelten Endknopf und 7gliedriger Geissei. Schienen am Aussenrand gezähnt. H. angustatus Herbst. Hylesinus Fabr. Fühler mit länglich -zugespitztem geringelten Endknopfe und 7gliedriger Geissei. Kiefertaster 4gliedrig. Körper walzenförmig gewölbt, Bauch nicht abgestutzt. H. fraxini Fabr. Bostrychus Fabr. Fühler mit grossem geringelten Endknopfe und Sgliedriger Geissei. Unterlippe schmal Seckig, mit 3gliedrigem Lippentaster. Flügeldecken an der Spitze meist gezähnt. B. chalcographus L. , B. typographus L., unter der Rinde von Fichten. B. stenographus Duft. u. z. a. A. Scolytus Geoffr. {Eccoptogaster, E. destructor), Piatypus Herbst, u. a. G. 4. Fam. Curculionidae ^), Rüsselkäfer. Körperform sehr mannichfach. Der Vorder- kopf verlängert sich rüsselförmig imd trägt an der äussersten Spitze die kleinen durch gedrungene Taster characterisirten Mundtheile. Die meist geknickten und am Ende keulenförmig angeschwollenen Fühler entspringen in einer Grube oder Furche des Rüssels. Die Flügeldecken umschliessen den Körper. Abdomen mit 5 Ventralschienen, von denen die 2 vordem häufig verschmolzen sind. Die Larven sind walzenförmig, ohne oder mit sehr rudimentären Beinen und Ocellen und nähren sich fast ausnahmslos phytophag und zwar imter den verschiedensten Verhältnissen, die einen im Innern von Knospen und Früchten, die andern unter der Rinde oder auf Blättern oder im Holze. Einige erzeugen gallenartige Deformitäten. 1. Subf. Curculioninae. Fühler gebrochen mit langem Basalglied. Rüssel stets mit Fühlerrinnen. 1) Erichson, Systematische Auseinandersetzung der Familie der Borkenkäfer. Arch. für Naturg. Tom. IL J. C. Ratze bürg, Forstinsecten. Tom. L L c. , 2) C. J. Schönherr, Genera et species curculionidum. Paris. 1833 — 1844. Curculioninae. Orthocerinae. 787 Calatulra Clairv. Rüssel dünn, fadenförmig. Fühler ziemlich lang mit 6gliedriger Geissei und lanj^er eiförmiger Kolbe. Hüften aller Beine von einander entfernt. Vorder- schienen am Innenrande mit kleinen Kerbzähnen. C. granaria L., im Getreide, als schwarzer Kornwurm bekannt. C. palmarum L. Cionus Clairv. Körper kurz und gedrungen , stark gewölbt. Rüssel dünn faden- förmig. Fühler ziemlich kurz, 9- bis lOgliedrig, mit ogliedriger Geissei. Flügel nur wenig länger als breit, den ganzen Hinterleib bedeckend. C. verbasci Fabr. Ceutorhynchus Schönh. Rüssel lang fadenförmig, an eine Rüsselfurche der Brust anlegbar, mit nach unten laufenden Fühlerfurchen. Fühler dünn , mit meist 7gliedriger Geissei. Prothorax vorn verengt, an den Seiten gerundet und erweitert. Drittes Tarsal- glied 21appig. Schienen des Männchens unbe wehrt, des Weibchens meist gespornt. C. echii Fabr., C. boraginis Fabr., C. sulcicollis Gyllh. Baridius Schönh. Rüssel walzig dick, mit nach der Rückenseite stark conver- girenden Fühlerfurchen. Fühler mit Tgliedriger Geissei. Prothorax am Hinterrand doppelt gebuchtet. Schienen seitlich gespornt. B. chloris Fabr., Larve in den Stengeln des Raps. Balaninus Germ, Rüssel sehr dünn und lang. Fühler lang und dünn, mit läng- lichen Gliedern und Tgliedriger Geissei. Prothorax breiter als lang, nach vorn etwas verengt. Schenkel gegen die Spitze keulenförmig verdickt. B. iiucum L. Anthonomus Germ. Rüssel lang und dünn, wenig gebogen. Fühler etwas vor der Mitte des Rüssels eingefügt mit Tgliedriger Geissei, deren 5 Endglieder sehr kurz sind. Prothorax breiter als lang, vorn verengt. Vorderbeine länger und stärker als die übrigen. A. pomorum L. Lixus Fabr. Körper gestreckt walzenförmig, mit rundlichem wenig gebogenen Rüssel, dessen Fühlerfurchen sich an der Unterseite vereinigen. Augen seitlich, eiförmig. Prothorax länglich, mit geraden Seitenrändern. Hinterrand mit kleiner Spitze. Schenkel ungezähnt. L. Ascanii L. Otiorhynchtts Germ. Rüssel kurz, an der Wurzel der Fühler läppen artig erweitert. Fühler mit langem dünnen Schaft und Tgliedriger Geissei. Augen seitlich, rund, ünter- flügel fehlen. 0. niger Fabr. 0. longicollis Schönh. Hylohius Germ. Rüssel lang, ziemlich rund, gegen die Spitze erweitert. Fühler kräftig, Fühlerfurche gerade zu den Augen aufsteigend. Prothorax an den Seiten ge- rundet, vorn und hinten abgestutzt. Schildchen deutlich. Beine ziemlich lang. Schienen an der Spitze mit einem kräftigen Haken. H. abietis Fabr. Cleonus Schönh, Rüssel kürzer als der Prothorax, fast immer gekielt oder gefurcht, Fühler ziemlich kurz und dick, mit Tgliedriger Geissei. Schildchen klein. Vorderrand der Brust ausgeschnitten. Schenkel ungezähnt. Vorderschienen an der Spitze mit einem nach innen gerichteten Hornhaken. Cl. cinereus Fabr. Phyllobius Schönh. Rüssel sehr kurz und dick, mit sehr langer Fühlerfurche. Die ziemlich langen und dünnen Fühler mit Tgliedriger Geissei. Prothorax breiter als lang, vorn und hinten abgestutzt. Schenkel oft gezähnt. Schienen ohne Hornhaken. Ph. calcaratus Fabr., Ph. oblongus L. 2. Subf. Orthocerinae. Fühler nicht gebrochen, das erste Glied wenig länger als die folgenden, bald in eine Keule endigend, bald fadenförmig. Apion Herbst. Körper birnförmig. Rüssel cylindrisch. Fühler dünn, mit ovaler Endkolbe. Prothorax länglich walzenförmig. Schildchen klein, punktförmig. Schenkel und Schienen ungezähnt. Drittes Tarsalglied 2 lappig. A. apricans Herbst, A. pisi Fabr. u. z. a. A. Bhynchites Herbst, Kopf hinter den Augen etwas verlängert, aber nicht einge- schnürt. Fühler llgliedrig, mit 3 grössern Endgliedern. Prothorax kaum länger als breit, nach vorn verengt. Schildchen klein. Bh. betulae L., Bh. cuprexts L., Bh. betuli Fabr. u. z. a. A. Attelabus L., A. curculionoides L. 50* 788 Bruchidae. Oedemeridae. Meloidae. Apoderus Oliv. Kopf hinter den vorspringenden Augen stark verlängert, hinten halsförmig eingeschnürt. Fühler 12gliedrig mit 4gliedriger Keule. Rüssel kurz und dick. H. coryli L. Brenthus 111. Br. canaliculatus Fabr., Brasilien. Arrhenodes Stev. u. a. G. 5. Fam. Brachidae. Von kurzer gedrungener Körperform, mit schnauzenförmig verlängertem Kopf, grossen vorragenden Augen und langen llgliedrigen, zuweilen ge- zähnten oder gekämmten Fühlern. Schliessen sich im Habitus ihres Leibes und auch in der Gestalt imd Ernährungsart der Larven den Rüsselkäfern an. Anthribus Geoffr. Kopf dreieckig flachgedrückt. Rüssel so breit als der Kopf, an der Spitze tief ausgerandet. Fühler dünn , an den Seiten des Rüssels vor den Augen inserirt, beim Männchen länger als der Körper. Prothorax breiter als lang, kaum schmäler als die walzenförmigen Flügeldecken. Drittes Fussglied von dem tief aus- geschnittenen zweiten Gliede aufgenommen. A. alpinus Fabr. Brachytarsus Schönh. Rüssel breit, an den Seiten scharfrandig , an der Spitze nicht ausgerandet. Die 3 Endglieder der Fühler breit. Prothorax vorn verengt, mit abgerundeten Vorderecken und 2 mal leicht ausgebuchtetem Hinterrande. Füsse kurz, das 3te Glied von dem 2ten umschlossen. Die Larven leben von den Eiern der Coccus- weibchen. Br. varius Fabr. Bruchus L. Körper eiförmig, mehr oder minder quadratisch. Kopf nur wenig rüsselförmig verlängert. Fühler gegen die Spitze hin verdickt und häufig gesägt. Kiefer- taster 4gliedrig, fadenförmig, mit langem schmalen Endgliede. Zunge halb häutig in 2 Lappen gespalten. Br. granarius L. , häufig in der Rossbohne. Br. pisi K. u. a. A. 3. Gruppe. Heteromera. Die Füsse der beiden vordem Beinpaare sind aus 5 , die des hinteren Beinpaares aus 4 Tarsalgliedern gebildet. 1. Fam. Oedemeridae. Körper langgestreckt, schmal. Fühler dünn und faden- förmig, wenigstens so lang als der halbe Körper, 11- oder 15gliodrig. Beine schlank und lang. Vorletztes Fussglied herzförmig oder 21appig, selten einfach. Thorax schmal. Flügeldecken langgestreckt, den Hinterleib meist unvollständig umschliessend. Die Larven gleichen denen der Cerambyciden , besitzen einen hornigen Kopf, 4gliedrige Fühler und ägliedrige Beine, leben im Holze abgestorbener Bäume. Oedemera Oliv. Fühler llgliedrig, vor den runden Augen eingefügt. Prothorax kurz, rückwärts verengt. Flügeldecken gegen die Spitze mehr oder minder zugespitzt. Hinterschenkel der Männchen fast immer stark verdickt. Schienen mit 2 Enddornen an der Spitze, üe. virescens L., Oe. flavescens L. Hier schliesst sich die kleine Familie der Salpingidae an. Mycterus Clairv., Sal- pingus Hl., Lissodema Curt., Rhinosinus Latr. 2. Fam. Meloidae ') {Cantharidae). Mit breitem halsförmig eingeschnürten Kopf und breiten oft klaffenden Flügeldecken, die den Körper oft nicht ganz bedecken. Fühler meist llgliedrig und fadenförmig. Unterkieferladen hornig. Zunge ausgebuchtet oder 21appig. Hüften der Vorder- und Mittelbeine sehr gross, zusammenstossend. Fuss- klauen in zwei ungleiche Hälften gespalten. Hinterleib mit 6 bis 7 Bauchschienen. Die Käfer ernähren .sich meist von Blättern und werden wegen der blasenziehenden Eigenschaft ihrer Säfte zur Bereitung von Vesicantien benutzt. Die Larven leben theils parasitisch an Insecten, theils frei unter Baumrinde, und durchlaufen th«ilweise eine complicirte von Fahre als Hypermetamorphose bezeichnete Verwandlung, indem sie zuerst 3 Fusspaare besitzen, dieselben aber in spätem Stadien verlieren und eine walzige Körperform erhalten. Meloe L. Kopf sehr gross, mit hoch gewölbtem Scheitel, hinter den Augen stark verlängert. Fühler meist schnurförmig, öfters gegen die Spitze zu verdickt oder in der 1) Vergl. Newport, On the natural history, anatomy and development of Meloe. Transact. Lin. Soc. Tom. XX und XXI. Fahre, Memoire sur l'hypermetamorphose et les moeurs des Meloides. Ann. scienc. nat. 4 ser. Tom. VII und IX. Rhipiphoridae. 789 Mitte ruit vergrösserten Gliedern, vor den Augen eingefügt. Die Nahtränder der Flügel- decken liegen an der Wurzel übereinander. Hinterflügel fehlen. Hinterleib gross, von den Flügeldecken unbedeckt. Die Käfer leben im Grase und lassen bei der Berührung eine scharfe Flüssigkeit zwischen den Gelenken der Beine austreten. Die ausgeschlüpften Larven kriechen an Pflanzenstengeln empor, dringen in die Blüthen von Asclepiaceen. Primulaceen etc. ein und klammern sich an den Leib von Bienen fest (Pediculus melittae Kirby), um auf diesem Wege in das Bienennest getragen zu werden, in welchem sie sich vorwiegend von Honig ernähren. M. proscarabaeus L., M. violaceus Marsh. Cerocoma Geotfr. Von ähnlicher Körperforin, mit 9gliedrigen nahe am Munde ein- gefügten Fühlern. Mittelglieder derselben beim Männchen ganz unregelmüssig. End- glied gross, breit gedrückt. Die äussere Unterkieferlade verlängert. C. Schaefferi L., Mylahris Fabr., Lydus Latr. Lytta Fabr. {Cantharis Geoffr.l. Fühler llgliedrig , mindestens halb so lang als der Leib. Oberkiefer mit einfacher Spitze, ünterkiefevladen und Taster kurz. Fro- thorax breiter als lang, gerundet oder vorn eckig erweitert. L. vesicatoria L., spanische Fliege. L. syriaca L. Sitaris Latr. Fühler llgliegrig, fast von Körperlänge, fadenförmig. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Innenladen des Unterkiefers kürzer als die äussere. Kiefertaster weit länger. Prothorax quer 4 eckig , an den Ecken abgerundet. Flügeldecken nach rückwärts pfriemenförmig verengt, an der Naht weit klaffend, die Flügel theilweise unbedeckt. Fussklauen ungezähnt. S. humcralis Fabr., Südeuropa. Beide Geschlechter begatten sich im August in den Gallerien eines Bienenbaues {Anthophora püipes), in denen auch Ostnia hicornis, Melecta armata, sowie als Parasit der Osmia eine Fliege, Anthrax sinuata, schmarotzen. In demselben Monat erfolgt die Eierlage, aber erst gegen Ende September schlüpfen die jungen Sitariden aus und überwintern unter den Eischalentrümmern. Diese jungen Larven besitzen 3 lange zum Anklammern eingerichtete Beinpaare, 4 Augen- punkte, lange borstenförmige Fühler, kräftige Mandibeln und Schwanzfäden, welche ihnen zum Fortschnellen dienen. Ende April klammern sich dieselben an dem behaarten Thorax der zuerst ausschlüpfenden Anthophoram-Annchen an und gelangen im nächsten Monat während der Begattung von den Männchen auf den Körper der später ausge- schlüpften Weibchen. Während der Eiablage geht die Larve vom Körper der Biene auf das Ei über und gelangt in die mit Honig gefüllte bedeckelte Zelle, zerbeisst die Ei- schale , nährt sich nach Tmonatlicher Fastenzeit vom Eiinhalt und erfährt hierauf die erste Häutung. Nach Abstreifung der Haut erscheint sie unter einer ganz andern Form als walzige Made, ohne Augenpunkte, zur parasitischen Ernährung von Honig eingerichtet. Sie verzehrt den Inhalt der Zelle und verwandelt sich innerhalb der Larvenhaut in eine ruhende Puppe (Pseudochrysalide), aus welcher nach kurzer Zeit oder im nächsten Jahre die dritte Larvenform ausschlüpt, die nun erst nach Abstreifung ihrer Haut die wirk- liche Puppe mit abstehenden Gliedmassen hervorgehen lässt. 3. Fam. Rhipiphoridae '). Kopf senkrecht, mit 10- bis llgliedrigen, beim Weibchen meist gesägten, beim Männchen gekämmten Fühlern. Oberkiefer ohne Hautsaum. Die häutigen Laden der Unterkiefer sind an der Basis verwachsen. Flügeldecken klaff'end oder verkürzt. Die Larven leben in Wespennestern (Metoecus) oder im Hinterleibe von Schaben (Rhipidius). Ehipiphorus Fabr. Fühler am Innenrande der Augen eingefügt, beim Weibchen einreihig, beim Männchen zweireihig gesägt oder gewedelt. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Prothorax vorn verengt, hinten olappig. Flügeldecken so lang als der Hinter- leib. Vorderschienen mit einem , Hinterschienen mit 2 Enddornen. Bh. bimaculatus Fabr., Südeuropa. Nahe verwandt ist Metoecus Gerst. M. paradoxus L. 1) A. Gerstäcker, Rhipiphoridum coleopterorum familiae dispositio systematica. Berolini. 1855. 790 Mordellidae. Pyrochroidae. Melandryidae. Cistelidae. Tenebrionidae . Bhipidius Thnbg. Fühler vom vierten Gliede an fächerförmig gekämmt. Kopf klein, mit sehr grossen Augen. Mundtheile bis auf 2 fadenförmige Taster verkümmert. Schienen ohne Enddom. Weibchen wurmförmig, ohne Flügel und Flügeldecken, mit kleinen Augen und fadenförmigen Fühlern. Rh. blattarum Sundv. Ptiliphorus Dej., Pelecotoma Fisch, u. a. G. 4. Fam. Mordellidae. Kleine längliche, nach hinten keilförmig verschmälerte Käfer mit fadenförmigen, nicht selten nach innen schwach gesägten oder nach der Spitze zu verdickten Fühlern. Oberkiefer innen mit häutigem Saum. Unterkieferladen häutig und bis zur Basis getrennt. Endglieder der Kiefertaster beilfÖrmig. Hinterschienen mit langen Enddornen. Die Larven leben in Pilzen oder in trockenen Zweigen und besitzen nur kurze undeutlich gegliederte Beine. Mordella L. Fühler nach innen schwach gesägt. Prothorax breiter als lang, vorn zugerandet, der Hinteirand gegen das Schildchen gerundet und erweitert. Flügeldecken nach hinten stark verengt. Hüften der Hinterbeine sehr gross, eine grosse abgerundete Platte bildend. Fussklauen gezähnt oder gespalten. M. fasciata Fabr. Anaspis GeofFr. Fühler fadenförmig, gegen die Spitze verdickt. Prothorax am Hinterrand schwach gerundet, gegen das Schildchen kaum erweitert. Flügeldecken nur wenig nach hinten verengt. A. frontalis L. 5. Fam. Pyrochroidae (mit Einschluss der Anthicidae). Kopf stark geneigt, breiter als der Vorderrand des an der Spitze stark verengten Prothorax, hinten hais- förmig verengt. Fühler llgliedrig, vor den Augen an den Seiten des Kopfes eingefügt» zuweilen gesägt oder gekämmt. Flügeldecken breiter als die Brust. Fussklauen einfach. 1. Subf. Anthicinae. Hüften der Vorderbeine ziemlich weit von den Mittelhüften, die Mittelbrust freilassend. Anthicus Payk. Kopf gerundet oder viereckig. Prothorax fast immer länglich, nach hinten verengt. Schildchen klein. Fühler schwach gegen die Spitze verdickt. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze. A. hispidus Ross. 2. Subf. Pyrochroinae. Hüften der Vorder- und Mittelbeine stark genähert, die Mittelbrust bedeckend. Fühler gesägt oder gekämmt. Pyrochroa GeofFr. Kopf hinter den Augen eckig erweitert. Oberkiefer mit sichel- förmig gebogener und gespaltener Spitze. Aeusserer Lappen des Unterkiefers länger und breiter als der innere. Zunge in 2 häutige abgerundete Lappen gespalten. Beine einfach, dünn und lang. Schienen unbedornt. P. coceinea L. Hier schliesst sich die kleine Familie der LagrUden an. Lagria Latr. L. hirtä L. 6. Fam. Melandryidae. Kopf 3eckig, mehr oder minder in den Prothorax ein- gezogen. Dieser am Hinterrand fast immer so breit als die Flügeldecken, nach vorn verengt. Fühler ziemlich kurz, 10- bis llgliedrig. Kiefertaster gross. Alle Hüften zapfenförmig aus der Gelenkpfanne vorragend. Conopalpus Gyllh. Fühler lOgliedrig. Prothorax viel breiter als lang, nach vorn verengt und zugerundet. Vorletztes Fussglied 21appig. C. flavicollis Gyllh. Melandrya Fabr. Körper länglich. Fühler fadenförmig, llgliedrig. Oberkiefer mit 3zähniger Spitze. Unterkiefer mit 2 sehr kurzen Lappen und sehr langen Tastern. M. caraboides L. Xylita Payk. Mycetoma Dej. Orchesia Latr. u. a. 7. Fam. Cistelidae. Kopf geneigt, hinter den Augen nicht halsförmig eingeschnürt. Fühler llgliedrig. Vorderhüften meist aneinanderstossend. Fussklauen kammförmig gezähnt. Cistela Fabr. Oberkiefer mit getheilter Spitze. Vorder- und Mittelhüften durch einen Fortsatz der Brust von einander getrennt. Prothorax halbkreisförmig, vorn ab- gerundet. Schildchen 3eckig. Drittes Fussglied nicht lappenförmig. C. fulvipes Fabr., G. murina L. Prionychus Sol. , Mycetochares Latr., Hymenoriis Muls. 8. Fam. Tenebrionidae. Körper länglich, halbwalzenförmig, flach gewölbt. Fühler llgliedrig, schnür förmig oder allmählig gegen die Spitze verdickt oder mit 3 grossen Endgliedern, Die kugligen oder ovalen Vorderhüften durch einen Fortsatz der Vorder- Pimeliidae. Xylophaga. 791 brüst getrennt. Fussklauen stets einfach. Larven langgestreckt, etwas flach gedrückt, mit 4gliedrigen Fühlern, mit 2 bis 5 Ocellen jederseits und Sgliedrigen Beinen. Tenebrio L. Drittes Glied der schnurformigen Fühler am längsten. Oberkiefer mit getheilter Spitze. Unterkiefer mit 2 kurzen hornigen Lappen. Endglied der 4gliedrigen Kiefertaster schräg abgestutzt. Prothorax breiter als lang. T. molitor L. , Larve als Mehlwurm bekannt. Boras Herbst., Menephilus Muls. u. a. G. Hier schliesst sich die Familie der Helopiden an mit Enoplopus Sol , Helops Fabr., Laena Latr. u. a. G. , ferner die Diaperiden mit Bolitophagus 111. , Diaperis Geoffr., Phaleria Latr., Ammohius Guer. u. a. G. 5. Fam. Pimeliidae. Körper fast immer ungeflügelt mit verwachsenen Flügel- decken, deren umgeschlagener Seitenrand den Körper umgreift. Fühler meist llgliedrig, vor den Augen eingefügt. Kinnplatte meist sehr gross, den Mund bedeckend, Vorder- hüften durch einen Fortsatz der Mittelbrust getrennt. Vorder- und Mittelhüften kuglig oder oviil in den Gelenkpfannen eingeschlossen. Klauen stets einfach. Abdomen mit 5 Bauchschienen. Opatrum Fabr. Fühler allmählig gegen die Spitze verdickt, der innere Maxillar- lappen mit einem grossen stark gekrümmten Hornhaken an der Spitze. Endglied der Kiefertaster sehr kurz und dick. 0. sabulosum L. Blaps Fabr. Fühler kaum gegen die Spitze verdickt, die 4 letzten Glieder fast kuglig. Endglied der Kiefertaster stark. Prothorax mehr oder minder 4eckig. Schildchen äusserst klein. Bl. mortisaga L. , Bl. fatidica Strm. Pedinus Latr. , Isocerus Mgrl., Plattjscelis Latr. u. z. a. G. 4. Gruppe. Pentamera. Mit vorherrschend Sgliedrigen Tarsen. 1. Fam. Xylophaga. Kleine Käfer meist von cylindrisch gestrecktem Körper, mit zurückgezogenem Kopf und kräftigen Kiefern. Die Fühler entspringen vor den Augen und sind meist llgliedrig und im weiblichen Geschlechte fadenförmig, im männlichen kammförmig. Hüften der Vorder- und Mittelbeine kugelig oder oval, wenig oder gar nicht aus den Gelenkpfannen vorragend. Füsse zuweilen noch 4gliedrig. Die Larven ernähren sich theils von todten thierischen Stofl:en, theils bohren sie im Holze cylin- drische horizontale Gänge und sind sowohl hölzernen Geräthschaften und Baumaterial als lebenden Gehölzen verderblich. Lymexylon {Lymexylonidae). Körper lang, walzenförmig. Fühler in der Mitte verdickt. Alle Hüften einander genähert, die der Vorder- und Mittelbeine stark ver- längert. Prothorax länger als breit. Letztes Glied der Kiefertaster mit einem quasten- förmigen Büschel von schmalen länglichen Blättchen. L. navale L., auf Schiffswerften in Eichenholz. Cis Latr. (Cisidae). Fühler lOgliedrig, mit drei grossen von einander abstehenden Endgliedern. Füsse 4gliedrig. Erstes Tarsenglied sehr klein und versteckt. Leben in Schwämmen. C. boleti Fabr. Anobium Fabr. (Anobiidae). Köi-per walzenförmig. Fühler llgliedrig, die 3 End- glieder lang und breit gedrückt. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze. Kiefertaster 4gliedi-ig mit schräg abgestutztem Endgliede. Endglied der ögliedrigen Lippentaster erweitert. Füsse sämmtlich ögliedrig, das letzte Tarsalglied oft herzförmig. Die Larven leben im Holz. A. pertinax L. , Todtenuhr, erzeugt im Holz ein tickendes Geräusch. PtUinus Geolfr. Köi'per langgestreckt, walzenförmig. Fühler llgliedrig, des Männchens gekämmt, beim Weibchen spitzig gesägt. Endglied der Lippentaster nicht erweitert. Die innere Lade der Unterkiefer schmal und kurz. Zunge in 2 lange bewim- perte Nebenzungen gespalten. Pt, pectinicornis L. Ptinus L. (Ptinidae). Körper des Weibchens länglich eiförmig, des Männchens walzenförmig. Fühler llgliedrig, fadenförmig. Oberkiefer dick dreiseitig, mit einfacher Spitze. Laden der Unterkiefer kurz, mit langen gekrümmten Borstenhaaren besetzt, Pt. für L., Pt. rufipes Fabr. 792 Cleridae. Malacodermata. 2. Farn. Cleridae. Meist schlanke rauhhaarige bunt gefärbte Käfer mit Uglied- rigen oft gesägten Fühlern. Flügeldecken walzenförmig. Beine mit 5- oder 4gliedrigen Tarsen, welche eine breite schwammige Sohle und lippenähnliche Anhängsel besitzen. Das vorletzte Tarsalglied 21appig. Die ebenfalls bunt gefärbten Larven leben unter der Rinde grösstentheils von andern Insecten. Clerus Geoffr. Fühler allmählig gegen die Spitze verdickt, mit eiförmig zuge- spitztem Endglied. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze. Prothorax fast herzförmig, hinten stark eingeschnürt. Füsse undeutlich 5gliedrig, das erste Glied grossentheils in der Schiene versteckt. Cl. formicarius L., Gl. mutillarius Fabr. Trichodes Herbst. Fühler mit ogliedriger Endkolbe und grossem, schräg abge- stutzten Endglied. Prothorax nach hinten verengt. Flügeldecken fein runzlig, punktirt. Tarsen 4gliedrig, mit lappenförmigen Anhängen an der Unterseite der 3 ersten Glieder. Tr. apiarius L. Die Larve schmarotzt in Bienenstöcken. Tr. ahearius Fabr. Corynetes Payk. Oberkiefer mit einem kleinen Zähnchen hinter der Spitze. Lippen- taster Sgliedrig. Flügeldecken walzenförmig, mit etwas erhöhten Schulterecken und mit Punktstreifen oder Punktreihen. Füsse scheinbar 4gliedrig, indem das kleine vierte Glied in dem zweilappigen dritten Gliede versteckt ist. C. rufipes Fabr. 3. Farn. Malacodermata '). Käfer mit weicher lederartiger Haut, 10 — 12gliedrigen, säge- oder kammförmigen Fühlern. Oberkiefer kurz. Tarsen Sgliedrig, die vordem beim Männchen zuweilen 4gliedrig. Hinterleib mit 6 bis 7 freien Bauchschienen. Die Larven nähren sich fast durchweg von thierischen Stoffen. 1. Subf. Melyrinae. Fühler llgliedrig, an den Seiten der Stirn vor den Augen eingefügt. Körper zuweilen mit seitlichen ausstülpbaren Fleischwarzen. Malachius Fabr. Fühler mehr zwischen den Augen auf der Stirn eingefügt. Ober- kiefer mit 2zähniger Spitze. M. aeneus Fabr. Attalus Erichs., Anthocomus Erichs., Dasytes Payk. u. z. a. G. Nahe verwandt ist die Gattung Drilus Oliv, (mit eingezogenem Kopf). Dr. pecti- natus Schönh. Die lang behaarte Larve lebt von Schnecken. 2. Subf. Telephorinae. Fühler llgliedrig, faden- oder borstenförmig, selten gesägt, auf der Stirn entspringend. Hüften zapfenförmig vorragend. Malthinus Latr. Fühler nahe dem Innenrande der Augen eingefügt. Oberkiefer mit ziemlich grossem Zahn in der Mitte des Innenrandes. M. flaveolus Payk. Cantharis L. {Telephorus Schaff.). Prothorax mit einfachen Hinterwinkeln und abgerundeten Vorderecken. Flügeldecken die Flügel und den Hinterleib bedeckend. Viertes Tarsalglied 21appig. Fussklauen einfach , oder nur die äussere an der Wurzel zahnförmig erweitert. C. violacea Payk. , C. fusca L. , auf Blüthen sehr gemein , nährt sich ebenso wie seine Larve räuberisch von Insecten. Lampyris Geoffr., Leuchtkäfer. Kopf unter dem vorn abgerundeten Prothorax ver- steckt. Fühler auf der Stirn einander genähert. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Flügel- decken des Männchens so lang als der Hinterleib. Weibchen ungeflügelt oder nur mit 2 kleinen Schuppen. Im Hinterleib finden sich Leuchtorgane, die besonders umfangreich beim Weibchen entwickelt sind. Die Lampyriden, vornehmlich artenreich in Amerika vertreten, leben am Tage versteckt. Die Larven nähren sich räuberisch von Schnecken. L. splendidula L. Weibchen mit 2 kleinen Schuppen anstatt der Flügeldecken. L. nocti- luca L., Johanniswurm. Bei Phosphaenus Lap. sind die Flügeldecken des Männchens 1) Erichson, Entomographien. Tom. I. 1840. A. Laboulbene, Note sur les caroncules thoraciques du Malachius bipustulatus. Ann. de la soc. entom. 3 ser. Tom. VI. H. V. Kiesewetter, Beiträge zu einer Monographie der Malthinen. Linn. Entom. Tom. VII. Newport, On the natural history of the Glow-worm. Journ. Proc. of the Linn. Soc. 1857. Ferner die Arbeiten über das Leuchtorgan von Lampyris vonKölliker und M. Schnitze u. a. Lap orte, Essai d'une revision du genre Lampyris. Ann. de la soc. entom. Tom. II. Elateridae. Buprestidae. 793 sehr verkürzt, bei Luciola Lap. bedeckt der Prothorax den Kopf nur theilweise. L. italica L. Lamprocera Lap. (Beide Geschlechter geflügelt). L. Latreillei Kirb., Süd- amerika. Ätnydetes plumicornis Latr., Brasilien. 3. Subf. Lycinae. Fühler lang, zwischen den Augen entspringend. Oberkiefer unbewehrt. Vornehmlich in den Tropen einheimisch. Lycus Fabr. L. latissimus L., Südafrika. Dictyopterus rubens Redtb. Hier schliessen sich die Familien der Cyphonidae {Cyphon lividus Fahr.), Atopidae (Dascillus cervinus L.), Cebrionidae [Cebrio Oliv., Phyllocerus Lep. Serv. und Rhipiceridae {Bhipicera Latr.) an. 4. Fam. Elateridae '), Schnell- oder Springkäfer. Fühler fadenförmig, gesägt, gewedelt oder gekämmt. Hinterecken des Prothorax mehr oder minder in einen spitzen Dorn ausgezogen. Abdomen mit 5 Bauchschienen. Der langgestreckte Körper zeichnet sich aus durch die sehr freie Gelenkverbindung zwischen Pro- und Mesothorax, sowie durch den Besitz eines Stachels am Prothorax, welcher in eine Grube der Mittelbrust passt. Beide Einrichtungen befähigen den auf dem Rücken liegenden Käfer, welcher sich mittelst der kurzen Beine nicht wieder umdrehen kann, zum Emporschnellen, in Folge dessen der Käfer nach dem Falle wieder auf die Bauchfläche gelangt. Durch Ein- krümmung des Rückens tritt nämlich zuerst der Bruststachel aus seiner Grube hervor und stemmt sich gegen den Vorderrand der Mittelbrust; dann wird plötzlich die Brust zurückgeschlagen, der Stachel schiesst in die Grube ein, und das Thier fliegt in Folge des Rückstosses empor. Die Larven leben unter Baumrinde vom Holze, theilweise aber auch in den Wurzeln des Getreides und der Rüben und können sehr schädlich werden. Agriotes Eschsch. Fühler fadenförmig oder stumpf gesägt, 2tes und 3tes Glied -von den folgenden wenig verschieden. Stirn breit, vorn nicht erhaben gerandet. Der hoch- gewölbte Prothorax an den Seiten mehr oder minder erweitert. Schildchen rund. A. obscurus Gj'llh. A. lineatus K. Die Larven sind dem Getreide schädlich. Corymbites Latr. Fühler mit kleinem 2ten Gliede. Stirn ohne aufgeworfenen Vorderrand. Prothorax von der Mitte an nach vorn verengt, mit etwas nach aussen gerichteten Hinterecken. Fussglieder und Klauen einfach. C. haematodes Fabr. Lacon Lap. 2te8 und 3tes Fühlerglied klein, kugelig. Endglied eiförmig. Schildchen eiförmig , stumpfspitzig. Flügeldecken gewölbt , länglich eiförmig. L. murinns L. Adelocera Latr. {A. varia Fabr.), Agrypnus Eschsch., Limonius Eschsch. u. z. a. G. Elater L. ( Ampedus Germ.). 2tes und 3tes Glied der schwachgesägten Fühler kleiner als die folgenden. Stirn breit, erhaben gerandet. Schildchen länglich. Fortsatz der Vorderbrust gegen die Mittelbrust scharf zugespitzt. Hüften der Hinterbeine nach innen stark erweitert. Fussklauen am Grunde mit einem zahnförmigen Höcker. E. san- guineus L. Pyrophorus noctilucus L., auf Cuba, mit blasig aufgetriebener leuchtender Vorderbrust. Hier schliesst sich die Familie der Eucnemiden an, im Habitus der Käfer mehr den Elateriden, in dem der Larven den Buprestiden näherstehend. Erstere entbehren des Sprungvermögens, ihre Fühler sind zwischen den Augen in 2 Gruben eingefügt. Die Larven leben in morschem Holz. Eucnemis Ahr. E. capucinus Ahr. Xylobius Latr. Phyllocerus Lep., Pterotarsus Eschsch., Melasis Oliv. u. z. a. G. h. Fam. Buprestidae, Prachtkäfer. Körper langgestreckt, nach hinten zugespitzt, oft lebhaft gefärbt und metallisch glänzend. Auch hier findet sich an der Vorderbrust zwischen den kugeligen Hüften ein flacher Fortsatz, wegen dessen die Buprestiden mit den Eucnemiden und Elateriden von Latreille zu einer gemeinsamen Gruppe der Sternoxia vereinigt wurden. Kopf klein bis zu den Augen in die Vorderbrust eingesenkt. 1) J. Eschscholtz, Elaterides, Eintheilungen derselben in Gattungen. Thon's Entom. Arch. Tom. IL 1829. F. Germar, Ueber die Elateriden mit häutigen Anhängen der Tarsenglieder. Zeitechr. für Entomol. Tom. L Erichson, Ueber Elateriden. Zeitschr. für Entomol. Tom. U und UL E. Candeze, Monographie des Elaterides. Liege. 1857. 794 Lamellicornia. Fühler llgliedrig, gesägt oder gekämmt. Von den 5 Bauchschienen des Abdomens ver- schmelzen die beiden vordem. Die langgestreckten wurmförmigen Larven entbehren der Ocellen und in der Regel auch der Füsse und besitzen eine sehr verbreiterte Vorder- brust. Sie leben ähnlich wie die Cerambycidenlarven, denen sie überhaupt gleichen, im Holze und bohren flache ellipsoidische Gänge. Die grössern und prachtvoll glänzenden Arten gehören den Tropen an, nur kleinere Formen kommen in späi-licher Artenzahl in der gemässigten Zone vor. Sie fliegen besonders in der Mittagssonne, durch Licht und Wärme aus ihren Verstecken hervorgelockt. Trachys Fabr. Körper kurz, stumpf dreieckig. Schildchen sehr klein dreieckig. Die 2 ersten Fählerglieder verdickt, die folgenden 4 dünn, die 5 letzten nach innen sägeförmig erweitert. Kiefertaster sehr dick, keulenförmig. Die mit Beinen versehenen Larven miniren das Parenchym von Blättern. Tr. minuta L., Tr. nana Fabr. Agrilus Gurt. Körper linear, oben flach. Fühler nach innen stumpf gesägt. Pro- thorax viel breiter als lang, mit tief ausgerandetem Hinterrand. Schildchen 3eckig. Fortsatz der Vorderbrust breit und kurz. Füsse lang und dünn, die 4 ersten Fussglieder unten gelappt, das erste Glied der Hinterfüsse viel länger als das zweite. Ä. biguttatus Fabr., A. angustulus 111. Anthaxia Eschsch. Körper flach. Fühler nach innen stumpf gesägt. Prothorax breiter als lang, mit geradem Hinterrande. Flügeldecken so breit als der Vorderrücken mit abgerundeter gekerbter Spitze. Ei-stes Tarsalglied der Hinterfüsse länger als das zweite. A. nitidula L. , A. 4 punctata L. Buprestis L. Fühler nach innen stumpf gesägt. Schildchen klein, rund. Prothorax mit -geraden Seiten, nach vorn verengt. Fortsatz der Vorderbrust kegelförmig, stumpf- spitzig. Tarsalglieder der Hinterfüsse schmal, untea lappig erweitert, das erste Glied viel länger als das zweite. B. rustica Fabr., B. flavomaculata Fabr. Poecilonota Eschsch., Dicerca Eschsch. u. z. a. G. Euchroma gigantea L., Brasilien. 6. Farn. Lamellicornia ^), Blatthomkäfer. Eine sehr artenreiche und zugleich die grössten Formen in sich einschliessende Familie, in welcher der Dimorphismus der beiden Geschlechter wie in keiner andern Familie zur Ausbildung gelangt. Während die sehr variabele Körperform meist gewölbt und gedrungen erscheint, bewahren die Fühlhörner einen sehr characterischen Typus, von welchem die Bezeichnung der ganzen Gruppe entlehnt wurde. Dieselben sind 7- bis llgliedrig, mit grossem Basalgliede und fächer- förmig verbreiterten (3—7) Endgliedern. Bei vielen sind die Vorderbeine zum Graben eingerichtet. Die Hinterflügel zum Tragen des massigen Leibes mit bedeutender Flug- fläche. Die weichhäutigen Larven mit hornigem Kopf, langen 4gliedrigen Fühlhörnern und gekrümmtem Bauche, ohne Ocellen, aber mit mittellangen Beinen und sackförmig erweitertem Hinterleibsende, nähren sich theils von Blättern und Wurzeln, theils von putrescirenden pflanzlichen und animalen Substanzen, von Aas und Excrementen und verpuppen sich nach 2- bis Sjähriger Lebensdauer in einem Cocon unter der Erde. Die ausgebildeten Thiere nähren sich grossentheils von Pflanzenstoffen und zeichnen sich durch die Länge ihres Darmcanals und die zahlreichen blasenförmigen Erweiterungen der Tracheen aus, welche das Flugvermögen unterstützen. Die Männchen sind in der Regel nicht nur weit grösser als die Weibchen, sondern besitzen auff'allende Abweichungen in der Bildung der Fühler, Kiefer und Beine, sowie eigenthümliche zangenartig gegen einander wirkende Hörner und Auswüchse an Kopf und Vorderbrust. 1. Subf. Lucaninae (Pectinicornia). Fühler gekniet, lOgliedrig, mit kammförmiger Fühlerkeule. Oberkiefer in beiden Geschlechtern meist ungleich. Lucanus L. Kopfschild zwischen den Oberkiefern in einen Fortsatz verlängert, der die Oberlippe ganz bedeckt. Die 4 bis 6 letzten Fühlerglieder nach innen kammförmig erweitert. Oberkiefer des Männchens länger als der Kopf, an der Spitze gabelförmig 1) H. Burmeister, Handbuch der Entomologie. Tom. III— V. Berlin. 1842—1855. E. Mulsant, Histoire nat. des Coleopteres de France. Tom. II. Lamellicornes. Lyon. 1842. Coprinae. Aphodiinae. Geotrupinae. Trogiaae. Melolonthinae. 795 gespalten. Laden der Unterkiefer pinselförmig. Innenlade sehr klein. Nebenzungen in Form zweier horniger pinselartig behaarter Zipfel vorragend. L. cervus L., Hirschkäfer, Schröter. Larve im Mulm alter Eichen. Der Käfer nährt sich von dem ausfliessenden Saft der Eiche. L. capreolus Sulz, ist eine kleine Varietät. Dorcus M. Leay , D. pa- rallelipipedus L. Platyceriis Geoffr. , PI. caraboides L. Aesalus Fabr. , Ae. scaraboidea Fabr. Sinodendron Fabr. , S. cylindricutn Fabr. Ceruchus M. Leay , Scortizus Westw., Chiasognathus Steph. u. z. a. G. Bei Passalus Fabr. , einer zahlreiche tropische Arten umfassenden Gattung, ist der mit einer Mahlfläche versehene Oberkiefer in beiden Ge- schlechtern gleich. 2. Subf. Coprinae. Fühler gekniet, 9- bis lOgliedrig, mit einem aus 3 Blättern gebildeten Endknopfe. Vorderbeine zum Scharren umgebildet. Abdomen mit 6 Bauch- schienen. Mittelbeine weit von einander entfernt. Hinterschienen mit 1 Enddorn. Ateuchus Web. Körper breit. Fühler 9gliedrig. Augen klein, in eine obere und untere Hälft« getheilt. Vorderbeine mit fingerförmig gezähnten Schienen ohne Tarsen. Leben in wärmern Gegenden der Welt und legen die Eier je in einer aus Mist gedrehten Kugel ab (Pillendreher). Diese Kugeln werden unter der Erde vergraben. A. sacer L., Südeuropa und Nordafrika. Sisyphus Latr. Fühler Sgliedrig. S. Schaefferi L. , Süddeutschland. Copris Geoff"r. Körper gewölbt mit halbkreisf()rmigem 2zähnigen Kopf. Fühler 9gliedrig. Kiefertaster lang, fadenförmig. Pronotum des Männchens jederseits mit einem Home und einem mittleren Höcker. Vorderschienen mit 3 grossen Zähnen am Aussenrande. Graben Erdgänge und legen in dieselben einen Ballen Mist mit je einem Ei ab. C. lunaris L. Onthophagus Latr. Fühler 9gliedrig. Hinterbeine verlängert mit an der Spitze verbreiterten Schienen und unten bewimperten Füssen. Erstes Glied der Lippentaster kleiner als das zweite. 0. ovatus L. , 0. coenobita Fabr. Oniticellus Lep. Serv. 3. Subf. Aphodiinae. Unterscheiden sich von den Copriden vornehmlich durch die einander genäherten Hüften der Mittelbeine und 2 Enddornen der Eünterschienen. Aphodius 111. Oberkiefer mit einem aus hornigen Blättern zusammengesetzten Mahlzahne. Flügeldecken walzenförmig, den Hinterleib bedeckend. Füsse fadenförmig mit deutlichen Klauen. A. fossor L., A. subterraneus Fabr. Ammoecius Muls., Chiron M. Leay, Hybalus Br., Hybosorus M. Leay (mit lOgliedrigen Fühlern, Hybosoridae). , 4. Subf. Geotrupinae. Fühler llgliedrig. Nebenstücke der Hinterbrust frei. Geotrupes Latr. Erstes Fühlerglied mit einzelnen sehr langen Haaren besetzt. Pronotum in beiden Geschlechtern ohne Höcker. Zunge 21appig. Vord erschienen am Aussenrande vielzähnig. Leben im Dünger auf faulenden Pflanzenstofi"en. G. vernalis L., G. stercorarius L. , G. sylvaticus Fabr., G. {Ceratopius) Typhoeus L. Lethrus Scop., L. cephalotes Fabr., in den Weinbergen Ungarns, den jungen Trieben des Weinstockes schädlich. Odontaeus Klug., Bolboceras Kirby. ö. Subf. Troginae. Abdomen mit nur 5 Bauchschienen. Nebenseitenstücke der Hinterbrust versteckt. Trox Fabr. Fühler kurz lOgliedrig, mit Sblättriger eiförmiger Keule. Flügel- decken uneben, mit Höckerchen oder Haarbüscheln reihenweise besetzt. Vorderschienen am Aussenrande mit 2 bis 3 Zähnen. Leben in alten trocknen thierischen Ueberresten und stellen sich bei der Berührung todt. Tr. sabulosus L., Tr. scaber L. Glaresis Erichs., Omorgus Erichs., Acanthocerus M. Leay u. z. a. G. 6. Svibf. Melolonthinae {Phyllophaga). Fühler 7 — lOgliedrig, meist mit drei- blättriger Keule. Kopfschild in der Regel durch eine Naht von der Stirn getrennt. Unterkiefer gewöhnlich nur mit einem hornigen Lappen, da die Innenlade verkümmert. Hoplia 111. Fühler 9 — lOgliedrig , mit kleiner Sblättriger Keule. Die Aussenlade des Unterkiefers mit 7 scharfen Zähnen bewaff'net, von denen die 6 uutern in 2 Reihen stehen. Hinterfüsse bloss mit einer grossen Klaue. H. praticola Duft., H. argentea Pz. Rhizotrogus Latr. Fühler 9- bis lOgliedrig, mit 3blättriger Keule, drittes und viertes Glied fast gleich. Lippentaster an der Aussenfläche der Unterlippe angeheftet, 796 Dynastinae. Cetoniinae. ßyrrhidae. mit eiförmigem Endgliede. Fussklauen an der Basis mit kleinem Zahn. Bh. solstitialis L. Anoxia De Gast. {A. pilosa Fabr.) Polyphylla Harr. Fühler lOgliedrig, die Keule des Männchens aus 7, des Weibchens aus 5 Blättern zusammengesetzt. Die äussere Lade des Unterkiefers mit 6 scharfen Zähnen. P. fullo L. Melolontha F&hr. Fühler lOgliedrig, beim Männchen mit 7blättriger, beim Weibchen mit 6blättriger Fühlerkeule. Unterkieferlade mit 3 bis 4 Zähnen bewafhet. Jede Fuss- klaue an der Wurzel mit einem grossen Zahne. M. vulgaris Fabr., Maikäfer. Die Larve, als Engerling bekannt, nährt sich in der ersten Jugend gesellig lebend von modernden Pflanzenstoffen, später im 2ten und 3ten Jahre von Wurzeln, durch deren Zerstörung sie grossen Schaden anrichtet. Gegen Ende des 4ten Sommers entwickelt sich meist der Käfer aus der in einer glatten runden Höhle liegenden Puppe, verharrt aber bis zum nächsten Frühjahr in der Erde. M. hippocastani Fabr., Pachypus Latr., Elaphocera Gene. Hier schliessen sich die durch ihre langen fadenförmigen Füsse ausgezeichneten Glaphyrinen an. Glaphyrus Latr., Anthypna Latr. u. a. G. Die als Butelinen gesonderten Gattungen unterscheiden sich durch die ungleichen Fussklauen und dadurch, dass die 3 letzten Stigmenpaare des Hinterleibs mehr nach aussen gelegen sind als die vordem. Anisoplia Lep. Ser. A. crucifera Herbst., Anomala Sam. A. vitis Fabr. Phyllopertha Kirby. Ph. horticola L. 7. Subf. Dynastinae. Kopfschild durch keine Naht von der Stirn getrennt. Flügeldecken die Hinterbrust und den Hinterleib umfassend Die 3 letzten Hinterleibs- stigmen nach aussen gerückt. Vorderhüften walzenförmig, zum grossen Theil frei. Hierher gehören die riesigsten Käfer, vornehmlich aus dem tropischen Amerika, mit sehr ausgeprägtem Geschlechtsdimorphismus. Dynastes Kirby. Stirn des Männchens in ein Hörn verlängert, gegen welches ein noch längeres Hörn des Pronotum bewegt wird. D. Hercules L. , Herkuleskäfer, Süd- amerika. Megasoma elephas Fabr. Oryctes 111. Fühler lOgliedrig mit 3blättriger Keule. Oberkiefer am Aussenrande gefranst. Unterkieferlade unbewehrt. Männchen mit Stirnhorn. Alle Füsse mit 2 gleichen Klauen. 0. nasicornis L. , Nashornkäfer. Die Larve lebt in der Lohe. Phyl- lognathes Silenus Fabr., Südeuropa. Pentodon Hop., Calicnemis Lap. 8. Subf Cetoniinae {Melitophila). Von den Dynastinen vornehmlich dadurch ver- schieden, dass die Vorderhüften halb versteckt liegen und mit dem freien Theile zapfen- förmig vorragen. Cetonia Fabr. Kopfschild mehr oder weniger 4eckig. Pronotum beinahe Seckig, nach vorn stark verengt. Schildchen gross, Seckig. Aussenrand der Vorderschienen mit 3 Zähnen. C. aurata L., C. marmorata Fabr. Oxythyrea Muls. 0. stictica L. Gno- rimus Lep. Serv. G. nobilis L. Osmoderma Lep. Serv. 0. eremita Scop. Trichius Fabr. IV. fasciatus L. Valgus Sor., V. hemipterus L. Hierher gehört auch die durch die gewaltige Länge der männlichen Vorderbeine ausgezeichnete Gattung Euchirus Burm. E. longimanus L., Amboina. Hier schliessen sich an die Familien der Heteroceriden {Heterocerus Fabr.), Par- niden (Elmis Latr., Stenehnis Duf., Parnus Fabr.). Letztere, von einem Haarkleid bedeckt, leben von Wasserpflanzen. Georyssiden {Georyssus Latr.j. 7. Farn. Byrrhidae, Pillenkäfer. Körper kugelig bis eiförmig. Fühler 10- bis llgliedrig, allmählig verdickt oder mit mehreren grössern Endgliedern. Die 3 ersten der 5 Bauchschienen unbeweglich. Schenkel mit einer Rinne zum Einlegen der Schienen, Fühler und Beine meist in eigne Rinnen einlegbar. Stellen sich bei der Berührung todt. Nosodcndron Latr. Kopf vorgestreckt. Fühler llgliedrig mit grosser 3gliedriger Keule. Oberkiefer mit grossem Mahlzahn am Grunde. Beine sehr breitgedrückt und an den Körper anlegbar. N. fasciculare Fabr. Byrrhus L. Kopf in den Prothorax eingezogen. Fühler llgliedrig, vom 4ten Gliede an allmählig verdickt. Oberkiefer mit mehrzähniger Spitze und kräftigem Mahlzabn an Dermestidae. Cryptophagidae. Cucujidae. Colydiidae. 797 der Basis. B. gigas Fabr. Myorchus Erichs. , Limnichus Latr. , Aspidiphorus Latr. u. z. a. G. Hier schliesst sich die Familie der Trogeiden an. 8. Farn. Dermestidae , Speckkäfer. Von länglich ovalem Körper. Fühler meist llgliedrig, keulenförmig, auf der Stirn eingefügt. Stirn meist mit einem Nebenauge. Vorderhüften zapfenförmig hervorragend und sich nahezu berührend. Abdomen mit 5 Bauchschienen. Ziehen bei der Berührung Fühler und Beine ein und stellen sich todt. Die langgestreckte :i Larven mit langer zuweilen buschig gruppirter Haai-bekleidung, kurzen Fühlern und Beinen , leben von todten Thierstoflfen. Aehnlich ernähren sich meist auch die Käfer, wenngleich einige auf Blüthen und in morschem Holze leben. Die haarige Larvenhaut bleibt der Puppe als Hülle. Attagenus Latr. Stirn mit einfachem Nebenauge. Fühler llgliedrig mit 3 grossem Endgliedern. Mittelbeine genähert. Schienen am Aussenrande mit kleinen Dörnchen, A. pellio L. , Pelzkäfer. Dermcstes L. Stirn ohne Nebenauge. Fühler llgliedrig mit 3 grössern Endgliedern. Fussklauen einfach. Oberkiefer nicht gezähnt, mit einfacher Spitze und bewimperten Hautsaum am Innenrand. Die Männchen haben in der Mitte des 4ten oder des 3ten und 4ten Bauchringes eine kleine Grube, aus welcher ein kleiner Borstenbüschel her- vorragt. V. laräarius L., Speckkäfer. D. murinus L. Anthrenus Geoffr. Stirn mit einfachem Nebenauge. Fühler llgliedrig mit Sglied- riger Keule, oder Sgliedrig mit 2gliedriger Keule, oder 5gUedrig mit keulenförmigem Endgliede. Oberkiefer stumpf gekerbt. Seiten der Vorderbrust mit tiefen Fühlergruben. A. scrophulariae L., A. tmiseorum L. Trinodes Latr. Orphihis Erichs, u. a. G. 9. Fam. Cryptophagidae. Meist von länglicher Körperform. Fühler vorwiegend llgliedrig mit 1- bis -Sgliedriger Keule. Vorder- und Mittelhüften kugelig, in den Gelenkgruben eingeschlossen, die hintern Hüften quer walzenföi-mig, etwas von einander abstehend. Füsse ^- bis 5gliedrig, im männlichen Geschlecht mit verminderter Zahl. Die langgestreckten Larven leben von faulenden Pflanzenstoffen. Mycetophagus Hellw. (Mycefophagidev). Fühler gegen die Spitze verdickt, mit 4 bis 5 grössern Endgliedern. Hinterfüsse mit 4 unten behaarten Gliedern. Vorderfüsse des Männchens gewöhnlich nur Sgliedrig. Oberkiefer mit 2zähniger Spitze, mit einer Haut am Innenrande und einer glatten Mahlfläche am Grunde. Die Larven leben in Baumschwämmen. 31. pustulatus L. Lathridius Herbst. {Lathridiinae). Fühler mit 3 grössern Endgliedern. Alle Füsse mit nur 3 einfachen Gliedern. Oberkiefer von zarter fast häutiger Substanz, mit feiner einfacher Spitze, am Innenrande mit bewimperter Haut. L. lardarius Deg., L. minutns L. Cryptophagus Herbst. Fühler mit 3 grossem Endgliedern. Oberkiefer hinter der Spitze gekerbt. Füsse Sgliedrig, die Hinterfüsse des Männchens mit 4 Gliedern. Cr. cellaris Sc. Lyctus Fabr. L. canaliculatus Fabr. Diphyllus Redtb. u. a. G. 10. Fam. Cucujidae. Körper lang und flach. Fühler llgliedrig, meist faden- förmig oder mit 3 gi-össern Endgliedern. Hinterfüsse des Männchens öfters nur 4gliedrig, selten alle Füsse 4gliedrig. Hüften von einander entfernt. Cvcujus Fabr. Fühler kurz schnurförmig. Kopf hinter den Augen nach rück- wärts und auswärts lappenförmig erweitert. Hinterfüsse des Männchens 4gliedrig. G, sanguinolentus L. Prostomis Latr., Brontes Fabr., Dendrophagus Schönh., Laemophloeus Dej. u. a. G. 11. Fam. Colydiidae. Körper meist von langgestreckter Form. Fühler 8- bis llgliedrig, sehr selten 4gliedrig. Füsse mit 4 einfachen Gliedern. Hüften der Vorder- beine kugelig, der Hinterbeine querstehend. Colydium Fabr. Fühler llgliedrig mit 3 grössern Endgliedern. Erster Bauchring länger als die folgenden. Oberkiefer mit getheilter Spitze, mit bewimperter Haut am Innenrande und quergestreifter Mahlfläche am Grund. Pronotum mit 3 Längsfurchen. C. elongatum Fabr. 798 Nitidulidae. Histeridae. Trichopterygidae. Silphidae. Sarrotrium 111. Fühler lOgliedrig, spindelförmig, 4te8 bis Otea Glied kurz, boratig. S. clavicorne L. Corticus Latr. 12. Fam, Nitidulidae '). Fühler meist llgliedrig, gerade, keulenförmig. Füsse 5gliedrig, die Hinterfüsse selten 4gliedrig. Larven langgestreckt, mit 2gliedrigen Fühlern und 3 Ocellen jederseits. Nitidula Fabr. Unterkiefer einlappig. Die 8 ersten Fussglieder erweitert, 4tea Fussglied klein. Flügeldecken mindestens bis zum letzten Hinterleibssegmente ragend. N. obscura Fabr. Meligethes Kirby. Körper eiförmig mit feinem Haarüberzug. Vorderschienen gezähnelt. M. rufipes Gyllh. Ips Fabr. Oberlippe nicht sichtbar. Bei den Weibchen sind meist die Flügel- decken hinten an der Naht in eine Spitze ausgezogen. I. guttata Fabr., Rhizophagus Herbst, Peltis GeoflFr. u. z. a. G. Hier schliessen sich die Phalacriden an. Phalacrtis Payk. Ph. corruscus Payk. 13. Fam. Histeridae, Stutzkäfer. Fühler gekniet mit einem geringelten End- knopf. Pronotum vom ausgerandet, hinten genau an die kurzen hinten abgestutzten Flügeldecken angepasst. Erster Bauchring sehr lang. Beine einziehbar. Füsse 5gliedrig. die hintern sehr selten 4gliedrig. Leben in faulenden Stoffen, auch in Ameisencolonien, Hister L. Körper dick. Kopf zurückzieh bar, unten von einem gerundeten Fortsatz der Vorderbrust bedeckt. Fühlerkeule oval comprimirt. Hinterschienen am Aussen- rand reihenweise mit kleinen Dörnchen besetzt. H. maculatus L., H. terricola Germ. Ontophilus Leach. Fühler auf der Stirn eingefügt. Letztes Glied der Kiefertaster lang, spindelförmig. Afterdecke ganz auf die Bauchseite geschoben. Pronotum und Flügeldecken mit leistenartigen Streifen. 0. striatus Fabr. Abraeus Leach. , Plega- derus Erichs, u. a. G. Hier schliessen sich an die Familien der Scaphidiinen {Scaphidiutn Oliv.). 14. Fam. Trichopterygidae, Haarflügelkäfer. Fühler llgliedrig mit 3 gi-össern Endgliedern, am Rande mit langen Haaren versehen. Füsse 3gliedrig. Klauenglied mit einer Haftborste. Trichopteryx Kirby. Körper breit und flach, seidenartig behaart. Mittelbrust gekielt. Flügeldecken abgestutzt. Flügel mit sehr langen Fiederborsten. Tr. atomaria Deg. Ptenidium Erichs., Ptilium Erichs. Hier schliessen sich die Familien der Sphaeriiden an. Sphaerius Waltl. 15. Fam. Silphidae. Fühler 10- bis llgliedrig, selten fadenförmig, meist mit schwacher Endkeule. Abdomen mit 6 Ringen. Vorderhüften zapfenförmig aus den Gelenkgruben hervortretend. Die flachen länglich ovalen Larven besitzen 4gliedrige Fühler und nähren sich von Aas. Auch die Käfer leben von faulenden thierischen und wohl auch vegetabilischen Stoffen und legen an dieselben ihre Eier ab, einige fallen selbst lebende Insecten und Larven an. Angegriffen vertheidigen sich viele durch den Auswurf eines stinkenden Analsekretes. Silpha Fabr. Fühler allmählig und deutlich verdickt oder mit 3 grössern End- gliedern. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Unterkiefer mit einem Hornhaken an der Spitze der Innern Lade. S. littoralis Fabr., S. thoracica Fabr., S. obscura Fabr. Necro- philus Latr., N. subterraneus Hl. Adelops Tellh,, Leptoderus Schm. (Augenlos). Necrophorus Fabr., Todtengräber. Fühler kurz mit grossem 4gliedrigen durch- blätterten Endknopf. Innere Kieferlade ohne Hornhaken. Flügeldecken abgestutzt. Männchen mit erweiterten Vorderfüssen. Erzeugen durch Reibung der Flügeldecken ein Geräusch und wittern auf weite Entfernung hin Aas, welches sie mit den abgelegten Eiern in der Erde verscharren. N. vespillo Fabr., N. gertnanieus Fabr., N. mortuorum Fabr. 1) Erichsou, Versuch einer systematischen Eintheilung der Nitidularien. Germar's Zeitschrift für Entomol. Tom. IV. P8elaphidae Staphylinidae. 799 Hier schliessen sich an die Familien der Anistomiden {Agathidium III., Liodes Erichs., Cyrtusa Erichs., Anistoma Knoch.) und der in Ameisencolonien lebenden Scyd- maeniden {Scydmaenus Latr.), Mastigus Latr. u. a. G. 16. Fara. Pselaphidae. Kleine zierliche Käfer mit verkürzten Flügeldecken und nur 2- oder Sgliedrigen Füssen. Fühler meist llgliedrig, keulenförmig verdickt. Kiefer- taster sehr gross. Der kurze aus 5 Ringen zusammengesetzte Hinterleib bleibt grossen- theils unbedeckt. Leben im Dunkeln unter Steinen und in Ameisencolonien. Pselaphus Herbst. Kopf vom in einen Höcker vorspringend, auf welchem die Fühler eingelenkt sind. Klauenglieder mit nur einer Klaue. Kiefertaster fast so lang als die Fühler. Ps. Heisei Herbst. Tychus Leach. , T. niger. Tyrus Aub. , Batrisus Aub. , Bryaxis Kugl. u. a. A. Hier schliessen sich die Olcivigeriden an mit nur Ggliedrigen Fühlern und sehr kleinen Tastern. Clavigev testaceus Preyssl. Sodann die den wärmern Gegenden an- gehörigen Paussiden, die ebenfalls besonders in Ameisencolonien angetroffen werden und wie die Carabiden die Fähigkeit des Bombardirens besitzen. Paussus thoracicus Don., Bengalen u. z. a. G. 17. Farn. Staphylinidae '), Kurzdeckflügler. Körper vorwiegend langgestrekt, mit meist llgliedrigen Fühlern und sehr kurzen Flügeldecken. Hinterleib aus 6 oder 7 freien Segmenten zu.sammengesetzt. Füsse meist 5gliedrig, doch auch mit nur 4 oder 3 Gliedern. Die langgestreckten Larven besitzen 4- bis Sgliedrige Fühler und 2 ge- gliederte Griffel am Hinterleibsende. Larven und Käfer nähren sich von faulenden Stoffen, Mist, Pilzen etc., viele suchen Ameisennester auf. 1. Subf. Aleocharinae. Fühler vorn am Innenrande der Augen eingefügt. Aleochara Gra\. Kopf klein, gegen die Vorder brüst geneigt. Oberkiefer mit ein- facher Spitze. Lippentaster 4gliedrig. Alle Füsse 5gliedrig. A. fuscipes Fabr., A. rufi- pennis Erichs. Dinarda Mannerh. , Lomechusa Grav. , L. strmnosa Grav. Homalota Mannerh. Innenlade der Unterkiefer an der Spitze mit gekrümmten Börstchen besetzt. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Zunge gespalten. Vorderfüsse mit 4, Hinterfüsse mit 5 Gliedern. H. cuspidata Erichs. Oxypoda Mannerh. , Tachyusa Erichs, u. a. G. Myrmedonia. Oberkiefer mit einfacher Spitze. Die äussere Lade des Unterkiefers lang, linear. Unterlippe mit kurzen, mit der gespaltenen Zunge gleichlangen Neben- zungen. Leben unter Ameisen. M. canaliculata Fabr. Falagria Leach. 2. Subf. Tachyporinae. Fühler unter dem Seitenrande der Stirn eingefügt. Ober- lippe ganzrandig. Tachyporus Grav. Oberkiefer mit 2 halbhornigen an der Spitze bebarteten Lappen. Zunge in 2 vollkommen abgerundete Lappen getheilt. Füsse ögliedrig. T. erythropterits Erichs., Conurus Steph., Tachinus Grav., Boletobius Leach., Mycetoporus Mannerh. u. a. G. 3. Subf. Staphlininae. Fühler am Vorderrande der Stirn innerhalb der Ober- kiefer eingefügt. Othius Steph. Fühler gerade. Unterkiefer mit fadenförmigen Tastern. Unterlippe mit schmalen Nebenzungen. Hinterleib gleichbreit. O.püicornis Fa,jk., Xantholinus I>a,h]m. Staphylinus L. Fühler gerade. Kopf gerundet viereckig. Oberkiefer sichelförmig gebogen. Unterkiefer 21appig, die Taster lang fadenförmig. Unterlippe mit häutiger, in der Mitte ausgebuchteter Zunge und schmalen langen Nebenzungen. Hüften der Mittelbeine von einander abstehend. St. maxillosus L. Ocyptis Steph. , Philonthus Leach., Quedius Leach. , Oxyporus Fabr. u. a. G. 4. Subf. Paederinae. Fühler unter dem Seitenrand der Stirn eingefügt. Lathrobium Grav. Körper schmal langgestreckt. Fühler gerade fadenförmig. Oberlippe kurz 21appig. Oberkiefer sichelförmig gebogen, in der Mitte mit starkem Zahne. L. elongatumL. Litocharis Boid. Lac, StilicusLatr., PaederusFa.hr. P. riparius L. 1) Erichson, Genera et species Staphylinorum. Berolini. 1840. 800 Hydrophil idae. Dytiscidae. 5. Subf. Steninae. Fühler zwischen den Augen oder am Vorderrande der Stirn eingefügt mit 3 verdickten Endgliedern. Stenus Latr, Kopf viel breiter als der Prothorax, mit grossen vorragenden Augen. Flügeldecken viel breiter als das Pronotum. Fühler zwischen den Augen eingefügt. Oberkiefer sichelförmig gebogen, hinter der Spitze gezähnt. St. biguttatush., Dianous Leach. 6. Subf. Oxytelinae. Fühler unter dem Seitenrande des Kopfes eingefügt. Vorder- hüften kegelförmig vorragend. Füsse Sgliedrig, selten Sgliedrig. Bledius Leach. Fühler meist gekniet mit langem ersten Glied. Füsse Sgliedrig. Hinterleib mit aufgeworfenem Seitenrande, unten gewölbt. Die Männchen häufig mit gehörntem Kopf oder Pronotum. B. tricornis Herbst. Oxytelus Grav., Trogophloeus Mannerh. u. a. G. Hier schliessen sich die Piestinen und Phloeocharinen an. 7. Subf. Omalinae. Fühler unter dem Seitenrande des Kopfes eingefügt. Stirn mit 2 Nebenaugen. Füsse Sgliedrig. Anthophagus Grav. Körper länglich, flach gewölbt. Fühler dünu, fadenförmig. Oberkiefer vor der Spitze gezähnt. Zunge 21appig häutig. Fussklauen innen mit freiem Hautläppchen. A. alpinus Fabr. Omalium Grav. Fühler gegen die Spitze leicht verdickt. Oberkiefer ungezähnt. 0. rivulare Payk. Anthobium Leach. u. z. a. G. Die Proteininen unterscheiden sich vornehmlich durch den Mangel der Neben- augen. Proteinus Latr., Micropeplus Latr. u. a. G. 18. Fam. Hydrophilidae ') {Palpicornia). Mit kurzen 6- bis 9gliedrigen keulen- förmigen Fühlern und langen Maxillartastern, welche oft die Fühler überragen. Grossen- theils träge Thiere, welche sich von Pflanzen ernähren und in Pfützen unbehülflich schwimmen. Einige halten sich auch auf dem Lande unter Moos, in Mist etc. auf. Die Eier werden oft in einer Art Cocon abgelegt. Hydrophilus Geoffr. Körper lang eiförmig. Fühler 9gliedrig, zweites Glied kegel- förmig. Prothorax nach vorn vei-engt. Spitze der Hinterbrust über die Hinterhüften weit hinausragend. Hinterbeine Schwimmbeine. H. piceus L., in stehenden Gewässern, mit grossem eiförmigen Körper, deren dichtbehaarte Brustfläche von den zahlreichen zwischen den Haaren suspendirten Luftbläschen eine silberglänzende Beschaffenheit er- hält. Eine grosse Tracheenblase zwischen Brust und Hinterleib unterstützt das Schwimm- und Flugvermögen. Die Eier werden in einer birnförmigen Kapsel abgelegt , deren gekrümmten röhrenartig verlängerten Hals das Weibchen an Wasserpflanzen befestigt. Die langgestreckten mit grossen Beisszangen ausgestatteten Larven leben von Schnecken und verpuppen sich am Ufer in feuchter Erde. H. aterrimus Eschsch. Hydrous cara- boides L., Hydrobius fuscipes L. Hydrochus Germ. Fühler 7gliedrig mit Sgliedriger Keule. Flügeldecken meist mit stark erhabenen Streifen. Von den 5 Ringen des Bauches sind die 4 vordem der Quere nach gekielt. H. angustatus Germ. Ochthebius Leach. Fühler 9gliedrig mit SgJiedriger Keule. Lippentaster sehr kurz. Vorderbrust nicht gekielt. 0. pygmaeus Fabr. Cercyon Leach. Körper eiförmig oder halbkuglig. Erstes Fussglied länger als die übrigen. Fühler 9gliedrig mit 3gliedriger Keule. C. haemorrhoidale Fabr. Sphae- ridium Fabr. u. a. G. 19. Fam. Dytiscidae "), Schwimmkäfer. Mit abgeflachtem ovalen Körper, faden- förmigen 10- oder llgliedrigen Fühlern und breiten mit Borsten besetzten Schwimm- 1) Vergl. ausser Mulsant L c. Solier, Observations sur la tribu des Hydro- philiens etc. Ann. de la Soc. entom. Tom. III. Miger, Memoire sur la ponte et les mötamorphoses du grand Hydrophilus piceus. Ann. du mus. d'hist. nat. Tom. XIV. 2) Erichson, Genera Dysticorum. Berolini. 1822. Gyrinidae. Caiabldae. 801 Deinen, von denen besonders die weit zurückstehenden Hinterbeine durch den dichten Besitz von Schwimmhaaren zum Rudei-n tauglich werden. Die Hinterbeine sind nur in wagerechter Richtung beweglich. Mundtheile kräftig entwickelt, mit tasterförmiger Aussenlade der Maxillen. Der Hinterleib mit 7 freien Bauchschienen, von denen die 3 ersten verschmolzen sind. Im männlichen Geschlechte erscheinen die 3 vordem Tarsal- glieder des ersten Beinpajires zu Haftscheiben erweitert. Die langgestreckten Larven besitzen 4gliedrige Fühler, lange ögliedrige Brustbeine und 6 Ocellen jederseits am Kopf. Ihre Mundwerkzeuge sind zum Beissen und Saugen zugleich eingerichtet, indem die 2 grossen und spitzen sichelförmigen Mandibeln von einer in den Oesophagus führenden Saugröhre durchsetzt werden. Larven und Käfer leben im stehenden Wasser, athmen mit emporgehaltenem Hinterleibsende, schwimmen vortrefflich und nähren sich vom Raube kleiner Wasserthiere. Viele fliegen aber ebenso geschickt und verlassen in der Dunkelheit das Wasser, überwintern auch theilweise unter Moos. Sie besitzen Glandulae odoriferae, welche am Rande des Prothorax eine stinkende milchige Flüssigkeit zur Vertheidigung austreten lassen. Die grössern Arten greifen die Brut von Fi'öschen, Tritonen und Fischen an und werden Fischteichen sehr schädlich. Haliplus Latr. Fühler lOgliedrig, auf der Stirn eingefügt. Hinterhüften blatt- förmig erweitert. Körper länglich eiförmig , dick. Hinterrand des Pronotums an Stelle des fehlenden Schildchens in eine Spitze verlängert. H. flavicollis Sturm. Hyphydrus 111. Körper kuglig eiförmig. Fühler llgliedrig. Schildchen nicht sichtbar. Die 4 vordem Füsse nur mit 4 deutlichen Gliedern. Hintei'füsse mit 2 un- gleichen Klauen. U. ovatus L. Hydroporus Clairv. Von Hyphydrus durch die 2 gleichen beweglichen Klauen der fadenförmigen Hinterfüsse verschieden. H. inaequalis Fabr. Colymbetes Clairv. Schildchen deutlich. Fortsatz der Vorderbrust gegen die Hinterbrust spitzig. Vordei'füsse ögliedrig, bei dem Männchen erweitert. Hinterfüsse mit 2 ungleichen Klauen. C. fuftcus L. Dytiscus L. Körper länglich eiförmig, flach gewölbt. Schildchen deutlich. Letzter Bauchring am After deutlich ausgerandet. Flügeldecken des Weibchens meist gefurcht. D. latissimits L. , D. marginalis Sturm. Cybister Roeselii Fabr., Acilius sulcatus L., Hydaticus cinereus L. 20. Farn. G-yrinidae. Fühler mit ohrförmigem Grundglied , aus welchem die übrigen Glieder in Form einer kleinen Spindel hervorragen. 2 Augen an der Oberseite und 2 an der Unterseite des Kopfes. Bauch aus 6 Ringen gebildet. Schwimmen in kreisender Bewegung an der Oberfläche stehender Gewässer. Gyrinus L. Letzter Bauchring frei , an der Spitze gerundet. Flügeldecken mit Punktstreifen. G. mergtis Ahr., Orectochüus Eschsoh., Enhydrus Lap., Gyretes Br. u. a. G. 21. Fam. Carabidae'), Laufkäfer. Mit llgliedrigen fadenförmigen Fühlern, kräftigen zangenförmigen Mandibeln und Laufbeinen. Die innere hornige Maxillarlade ist am freien Rande gebartet und endet zuweilen mit beweglichem Zahne (CicindeUnen), die äussere Lade ist 2gliedrig und tasterförraig. Im männlichen Geschlechte sind die Tarsalglieder der vorderen, seltener der mittleren Beine erweitert. Der Hinterleib zeigt 6 bis 8 Bauchschienen, von denen die 3 vordem verwachsen sind. Alle nähren sich von animalen Substanzen und sind Raubkäfer, worauf sowohl der Bau der Kiefer als die Bildung des Nahrungscanales hinweist. Dieser zeichnet sich durch den Besitz eines Kropfes am Ende des Oesophagus und eines muskulösen Vormagens, sowie durch einen zottigen Chylusdarm aus. Der Enddarm nimmt die Ausführungsgänge zweier Analdrüsen auf. Das Flugvermögen ist im Allgemeinen weniger ausgebildet und fallt hier und da im Falle verwachsener Elytren vollkommen hinweg, dagegen laufen alle 1) Dejean, Species general des Coleopteres etc. Tom. 1 — V. Paris. 1825—31. Claus, Zoologie, i. Anflage. 51 802 Carabidae. rasch und behend, gehen aber der Mehrzahl nach erst Nachts auf Beute aus. Die lang- gesti'eckten Larven besitzen 4gliedrige Fühler, 4 bis 6 Ocellen jederseits, sichelförmig vorstehende Fresszangen und ziemlich lange 5gliedrige Beine. Sie nähren sich ebenfalls vom Raube. Betnbidium [Bemhidinidae). Innenrand der Vorderschienen mit tiefem Ausschnitt vor der Spitze. Vorderschienen aussen einfach. Hinterleib in beiden Geschlechtern au8 6 sichtbaren Ringen gebildet. Endglied der Kiefertaster sehr klein, pfriemenförmig, Vorderfüsse des Männchens mit 2 schwach erweiterten Gliedern. B. areolatum Crtz., B. flavipes L. Anillus Jacq. Val. Trechus Clairv. (Trechitiae). Körper unbehaart. Kopf mit langen Fühlern, 2 starken Längsfurchen auf der Stirn und grossen Aixgen. Pronotum mehr oder minder herzförmig. Endglied der Kiefertaster mindestens so gross als das vorausgehende Glied, zugespitzt. Vorderfüsse des Männchens mit 2 erweiterten dreieckigen oder herzförmigen Gliedei'n. Tr. palpalis Dej. Anophthalmus Strm. (Blinder Höhlenbewohner). Harpalus Latr. {Harpalinae). An den Fühlern sind nur die 2 ersten Glieder un- behaart. Vorderfüsse des Männchens mit 4 erweiterten Gliedern. Oberlippe kaum aus- gerandet. Flügeldecken nicht abgestutzt. Letztes Tasterglied spindelförmig. H. aeneus Fabr., H. azureus Fabr., H. ruficornis Fabr. Feronia Latr. (Feronimae). Vorderfüsse des Männchens mit 3 sehr stark erwei- terten Gliedern. Klauen einfach. Vorderschienen mit einem Dorn an der Spitze. Letztes Glied der Kiefertaster walzenförmig, abgestutzt. F. metallica Fabr. Anchomenus Bon. Endglied der Taster walzenförmig. Viertes Fussglied dreieckig, oder schwach herzförmig. Kinnzahn mit einfacher Spitze. A. prasinus Fabr. Chlaenius Bm. (Chlaeniinae). Körperform länglich. Vorderfüsse des Männchens mit 2 bis 3 erweiterten abgerundeten oder 4eckigeh Gliedern. Endglied der Taster walzenförmig. Kinnzahn an der Spitze getlieilt. Flügeldecken meist grün. Ch. vestitus Fabr. Clivina {Searitinae). Vorderschienen mehr oder minder ausgerandet mit tiefem Ausschnitt vor der Spitze. Vorderschenkel bedeutend verdickt. Innenrand des Ober- kiefers in der Mitte mit mehreren Zähnen. Endglied der Taster spitz eiförmig. Cl. fossor L. Brachinus Web. (Brachininae). Vorderschienen aussen einfach. Hinterleib des Weibchens aus 7, des Männchens aus 8 äusserlich sichtbaren Ringen zusammengesetzt. Ausrandung des Kinns ohne Zahn. Fussglieder und Klauen einfach. Br. crepitans K., Bombardirkäfer. Lebia Latr. {Lebiinae). Hinterleib öringelig. Flügeldecken am Ende abgestutzt. Ausrandung des Kinns ohne Zahn. Fussklauen kammförmig gezähnt. L. cyanocephdla L. Zabrus gibbus, Getreidelaufkäfer. Carabus L. (Carabinae). Vorderschienen ohne Ausschnitt mit 2 Enddoi-nen an der Spitze. Ausrandung des Kinns mit einem spitzigen den Seitenlappen gleich langen Zahn. Vorderbrust zwischen den Mittelhüften erweitert. C. auratus L. Procrustes coriaceus li. , Calosoma inquisitor L. , C. sycophanta L., Nebria Latr., Leistus Fröhl., Cychrus Fabr. Elaphrus Fabr. Augen stark vorspringend. Kopf breiter als das Pronotum, dieses schmäler als die Flügeldecken. Ausrandung des Kinns mit einem doppelten Zahn. Mittel- brust ohne Grube. E. riparius Fabr. Omophron Latr. {Omophroninae). Körper kurz-eiförmig, hochgewölbt. Schildchen von dem Hinterende des Prothorax bedeckt. Vorderbrust in eine breite mit der Hinter- brust zusammenstossende und die Mittelbrust ganz bedeckende Platte endigend. 0. lini- batum Fabr. Mormolyce Hagb. Kopf sehr flach und langgestreckt, mit sehr langen Fühlern. Pronotum fast rhomboidal mit gezacktem Seitenrand. Flügeldecken sehr breit, blatt- förmig ausgedehnt. M. phyllodes Hagb., Java. 8. Ordnung. Ilynieiioptera. 803 Cicindela {Cicindelidae). Oberkiefer mit 3 Zähnen hinter der Spitze, ünterkiefer- lade mit beweglichem Nagel an der Spitze. Lippentaster viel kürzer als die Kiefertaster. Die Larven graben Gänge unter der Erde, besitzen einen breiten Kopf, sehr grosse sichelförmig gekrümmte Kiefer und tragen am Rücken des achten Leibessegmentes 2 Hornhaken zum Festhalten in dem Gange, an dessen Mündung sie auf Beute lauern. C- campestris L. Manticora Fabr., Megacephala Latr. 8. Ordnung. Hymenoptera ') , Hautflügler . Ivsecten mit heissenden und leckenden Mtmdiverks engen, mit verivachsenem Proihorax, mit vier häutigen, tvenig geäderten Flügeln und vollkommener MefamorpJwse. Der Körper hat in der Regel eine langgestreckte, oft lineare Gestalt und besitzt einen frei beweglichen Kopf mit grossen, im männlichen Geschlechte fast zusammenstossenden Netzaugen und drei Ocellen. Die deutlich hervortretenden Fühler lassen gewöhnlich ein grosses gestrecktes Basalglied (Schaft) und 11 bis 12 nachfolgende kürzere Glieder (Geissei) unterscheiden, oder sind un- gebrochen und bestehen dann aus einer grössern Giiederzahl. Die Mundwerk- zeuge sind beissend und leckend. Oberlippe und Mandibeln sind wie bei Käfern und Orthopteren gebildet, die Maxillen und Unterlippe dagegen verlängert, zum Lecken eingerichtet, in der Ruhe häufig knieförmig umgelegt. Bei den Bienen kann die Zunge durch bedeutende Streckung die Form eines Saugrüssels ge- winnen, in diesen Fällen verlängern sich auch die Kieferladen in ähnlicher Aus- dehnung und bilden eine Art Scheide in der Umgebung der Zunge. Die Kiefer- taster sind meist Ggliedrig, die Labialtaster dagegen nur 4gliedrig, können sich aber auch auf eine geringere Gliederzahl reduciren. Wie bei den Lepidopteren und Dipteren tritt der Prothorax in eine feste Verbindung mit den nachfolgenden Brustringen, indem wenigstens das Pro- notum mit Ausnahme der Blatt- und Holzwespen mit dem Mesonotum ver- schmilzt, während das rudimentäre Prosternum freibeweglich bleibt. Am Meso- thorax finden sich über der Basis der Vorderflügel zwei kleine bewegliche 1) J. L. Christ, Naturgeschichte, Classification und Nomenclatur der Insecten vom Bienen-, Wespen- und Ameisengeschlechte. Frankfurt. 1791. P. A. Latreille, Hist, nat. de Fourmis. Paris. 1802. J. C. Fabricius, Systema Piezatorum. Braunschweig. 1804. P. Huber, Recherches sur les moeurs des Fourmis indigenes. Geneve. 1810. G. R. Treviranus, Biologie. Tom. V. 1818. C. Gravenhorst, Ichneumologia Europaea. Vratislaviae. 1829. Lepeletier de St. Fargeau, Hist. nat. des Insectes. Hymenopteres 4 vols. Paris. 183(5—46. J. Th. C. Ratzeburg, Die Ichneumonen der Forstinsecten. 3 Bde. Berlin. 1844—52. G. Dahlbom, Hymenoptera Europaea, praecipue borealia. Lund. 184.5. Ganin, Ueber die Embryonalhülle der Hymenopteren- und Lepidopteren-Embryonen. Mem. de l'Acad. St. Petersbourg. VII. Ser. Tom. XIV. 1869. Derselbe, Beiträge zur Kenntniss der Entwicklungsgeschichte bei den Insecten. Zeitschr. für wiss. Zool. 1869. 0. Bütschli, Zur Entwicklungsgeschinhte der Biene. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XX. 1870. KTowalevsky 1. c. v. Siebold, Beiträge zur Parthenogenesis der Arthropoden. Leipzig. 1871. 51* 804 Hymenopteren. Flügel. Nervensystem. Deckschuppen (Tegulae), und hinter dem Scutellum bildet sich der vordere Theil des Metanotum zu dem Hinterschildchen {Fosi scutellum) aus. Auch das erste Abdominalsegment wird in die Bildung des Thorax mit eingezogen. Beide Flügelpaare sind häutig, durchsichtig und von wenigen Adern durch- setzt, die vordem beträchtlich grösser als die hinlern, von deren Aussenrand kleine übergreifende Häkchen entspringen, welche sich an dem untern Rande der Vorderflügel befestigen und die Verbindung beider Flügelpaare herstellen. Zuweilen fehlen sie einem der beiden Geschlechter oder bei den gesellig lebenden Hymenoptern den Arbeitern. Die Beine besitzen Sgliedrige meist verbreiterte Tarsen mit langem ersten Tarsalgliede. Selten schliesst sich der Hinterleib nahezu in seiner ganzen Breite dem Thorax an (sitzend), in der Regel verengert sich das erste oder die beiden ersten Segmente des Abdomens zu einem dünnen die Befestigung mit dem Thorax vermittelnden Stile (gestilt). Im weiblichen Geschlechte endet der Hinterleib mit einem in der Regel eingezogenen Legestachel (Terehra) oder Giftstachel (Äculeus). Dieser entwickelt sich aus 6 Wärzchen , von denen 4 der Bauchseite des vorletzten , 2 der des drittletzten Segmentes angehören. Der Stachel besteht aus der Stachelrinne, zwei Stechborsten und zwei Stachelscheiden (nebst oblongen Platten) und wird im Ruhezustand eingezogen. Erstere mit ihrer Rinne nach unten gewendet, entsteht aus dem innern Warzenpaar des vorletzten Segmentes, während die Stechborsten, welche an den Rändern der Stachelrinne laufen, dem Zapfen- paare des drittletzten Segmentes entsprechen. Uebrigens nehmen auch die Segmente selbst in sofern an der Stachelbildung Antheil, als sie kräftige Stütz- platten des Stachels (die quadratische Platte und Winkel) liefern. Das Nervensystem *) besteht aus einem grossen complicirt gebauten Gehirn, zwei (wenn die Ganglien des Meso- oder Metathorax verschmolzen sind) oder drei Brustknoten und fünf bis sieben Ganglien des Hinterleibes. An der obem Fläche der Hemisphärenlappen erlangen die pilzhutförmigen (gestilten) Körper '^) mit ihrem Belage kleiner Ganglienzellen vornehmlich bei den gesellig lebenden Formen, wie Bombus, Apis, Formica, einen mächtigen Umfang. Das Sub- oesophagealganglion bleibt relativ klein und bei der Kürze der Gommissuren dem Gehirn dicht angelagert. Ueberall gehen noch ein oder zwei Bauchganglien in die Bildung des hintern Thoracalknotens ein. Gesondert erhalten sich die drei Brustknoten bei den meisten Terebrantien , welche auch die grösste Zahl (die Phytophagen 7 , die Entomomophagen 6) von Bauchganglien bewahren und somit dem Larvencharakter des Nervensystems , welcher wie bei den Raupen auf dem Vorhandensein von 12 Ganglien der Bauchkette beruht, am nächsten stehn. Bei den Aculeaten verschmelzen die Brustknoten des Meso- und Meta- thorax in der Regel und nehme» zugleich die zwei vordem Abdominalganglien auf. Die Reduktion in der Zahl der Abdominalganglien ergibt sich als Folge 1) Ausser L. Dufour, Leydig 1. c. vergl. Ed. Brandt, Vergl. anat Unter- suchungen über das Nervensystem der Hymenoptern. St. Petersbourg. 1879. 2) Strauss-Dürkheim, Traite pratique et theoretique d'anatomie coniparative. Paris. 1842. Fei. Dujardin, Memoire sur le Systeme nerveux des inseetes. Ann. scienc. nat. 3. Ser. Zool. 1850. Ferner Leydig, Eabl-Rückhart, Dietl, F lögel, Berger 1. c Darm. Geschlechtsorgane. 805 von Zusammendrängung der zwei {Bonibus), drei (Apis), vier (Mutillamännchen) oder fünf {Cymps) hintern Ganglien zu einer gemeinsamen Masse , an welcher die entsprechenden Ganglienheerde wie an der Brustmasse scharf unterscheidbar bleiben. Die Zusammenziehung kann in den Individuengruppen, beziehungs- weise Geschlechtern, derselben Art verschieden vollständig sein, so z. B. besitzen die Weibchen von Bombus sechs Bauchganglien , welche bei dem Männchen durch Zusammenziehung der beiden letzten Ganglien auf fünf reducirt sind. Bei der Honigbiene haben beide Geschlechtsthiere vier , die Arbeiter dagegen fünf Ganglien etc. Der zuerst von J. Fr. Brandt *) an Bombus und Apis näher untersuchte Sympathicus besteht ausser dem Ganglion frontale aus 2 Pharyngealganglien, von denen das vordere (übereinstimmend mit E. Blanchard's Angaben des entsprechenden Ganglions der Käfer) das Rückengefäss innervirt, das zweite die Tracheen des Kopfes mit Nerven versorgen soll. Der abdominale Sympathicus bildet kleine mediane Ganglien am Vorderrande jedes Bauchknotens und seit- liche den Nervenslämmen anliegende Knoten und Geflechte (Leydig). Der Darm erreicht häufig eine bedeutende Länge, namentlich bei den Hautflüglern, welche sich bei einer längern Lebensdauer um die Pflege und Er- nährung der Brut kümmern. Meist sind mehrere oft drei Paare von umfang- reichen Speicheldrüsen vorhanden. Der enge Oesophagus erweitert sich häufig zu einem Saugmagen, seltener zu einem kugeligen Kaumagen (Ameisen). Die Zahl der in den Dünndarm einmündenden kurzen Malpighischen Gefässe ist eine sehr beträchtliche. Dem ausdauernden Flug vermögen entspricht die Gestaltung des Tracheen- systems mit seinen blasigen Erweiterungen, von denen zwei an der Basis des Hinterleibes durch ihre Grösse hervortreten. Meist ist das Tracheensystem holopneustisch und im Larvenleben peripneustisch , indem die Stigmen von Mesothorax und Metathorax geschlossen sind. Einzelne Larven sind jedoch holopneustisch {Sircx), andererseits kann auch die peripneustische Form am Imago persistiren (Ichiwunioniden). Indessen können an der Larve auch — wie bei Corethra unter den Diptern — sämmtliche Stigmen fehlen, und die Tracheenröhren der Luftfüllung noch entbehren {Microgastcr, Anomalon). Dann öffnen sich erst die Stigmen mit dem Uebergang in die Puppe. In vielen Fällen sind die Larven peripneustisch mit geschlossenen hinteren Stigmen- paaren (Cynipiden). Die weiblichen Geschlechtsorgane besitzen meist sehr zahlreiche (bis zu hundert) vielfachrige Eiröhren und ein grosses Receptaculum seminis mit An- hangsdrüse, während eine gesonderte Begattungstasche fehlt. Da wo ein Gift- stachel auftritt, sind fadenförmige oder verästelte Giftdrüsen mit gemeinsamer Giftblase und in die Slachelscheide mündenden Ausführungsgängen vorhanden. Im männlichen Geschlechte verbinden sich mit den Samenleitern der beiden Hoden zwei accessorische Drüsen, während der gemeinsame Ductus ejaculatorius mit einem umfangreichen ausstülpbaren Penis endet. 1) J. Fr. Brandt und J. Ratzeburg, Medio. Zoologie. Tom. II. 1833. 806 Hymenopteren. Larven. Lebensxveise. Mit Ausnahme der Blattwespen und Holzwespen sind die Larven fusslos und leben entweder parasitisch im Leibe von Insecten (die Pteromalinen unter Vorgängen einer Art Hypermetamorphose verschiedene Larvenformen durch- laufend) oder von Pflanzen, oder in Bruträumen sowohl von pflanzlichen wie von thierischen Stoffen. Jene, den Schmetterlingsraupen ähnlich, haben ausser den sechs Thoracalbeinen sechs bis acht Paare von Abdominalfüssen und leben frei von Blättern; diese sind madenförmig, finden das Nahrungsmateria! in ihren Zellen und werden zum Theil während ihres Heranwachsens gefüttert. Meist besitzen sie wie z. B. die Larven der Bienen und Wespen einen kleinen ein- ziehbaren Kopf mit kurzen Mandibeln und Fressspitzen (Kiefer vmd Unterlippe). Auch entbehren sie der Afteröffnung, da der blindgeschlossene Magen mit dem die Malpighischen Gelasse aufnehmenden Enddarm nicht communicirt. Die meisten Larven spinnen sich zur Verpuppung eine unregelmässige Hülle oder einen festeren Cocon aus seidenartigen Fäden. Die der Wespen und Bienen erfahren dann bald eine Häutung (unter Entleerung ihrer Auswurfsstoffe) , mit der sie jedoch erst in ein Vorstadium der Puppe, von Siebold »Pseudo- nymphe«. ^) genannt, eintreten. Die Pseudonymphe ist noch larvenähnlich, mit kurzen Extremitäten- und Flügelstummeln. Innerhalb des Larvenkopfes bilden sich die Mundtheile, hinter demselben die Facettenaugen und Gliedmassen der Nymphe aus. Die Lebensweise der Hymenopteren ist durch die complicirten Leistungen der Weibchen, welche vorzugsweise auf die Erhaltung der Nachkommenschaft Bezug haben, reich an interessanten Zügen. Wohl die meisten Hymenopteren- weibchen begnügen sich damit, passende Orte zum Ablegen der Eier aufzu- suchen, welche den ausschlüpfenden Larven Nahrung und Schutz, die Haupt- bedingungen zur Entwicklung, gewähren. Die Gallwespen z. B. setzen die Eier unter die Oberhaut bestimmter Pflanzen, die sie mittelst ihrer Legestachel durch- bohrt haben, im Pflanzenparenchyme ab und veranlassen die Entstehung von Gallen , welche den ausschlüpfenden Larven zum Aufenthalt und zur Nahrung dienen. Die Schlupfwespen stecken die Haut anderer Insecten an und legen die Eier in deren Leibesraum oder auch oberflächlich ab, ja es gibt unter ihnen Formen (Hemiteles) , deren Eier an Larven von anderen Schlupfwespen {Bra- coniden), welche in Schmetterlingsraupen schmarotzen, abgesetzt werden. Andere dringen in Nester von Bienen, Wespen und Hummeln ein und bringen ihre Eier in deren Zellen , wo die ausschlüpfenden Larven entweder von der Brut der Bewohner {Ckrysis in den Wohnungen von Grabwespen oder von solitären Bienen) oder von dem zur Ernährung der Brut angehäuften Proviante leben (die Schmarotzerbienen: JS'omada, Melecta). In anderen Fällen aber bauen die weiblichen Hymenoptern Wohnungen für ihre Brut und tragen in dieselben geeignetes Ernährungsmaterial. Die Grabwespen legen Gänge und Röhren in sandigem Erdboden an und höhlen in deren Grunde zellige Räume aus, in welche sie bestimmte, durch den Stich zwar gelähmte, aber noch lebende •insecten zur Ernährung der Brut hineinschaffen. Die solitären Wespen und 1) Vergl. Swammerdam, sowie Ratzeburg, Ueber Entwicklung der fusslosen Hymenopterenlarven. Nova Acta Leop. Carol. Akad. Tom. XVI. 1832. Brutpflege. Embryonale Entwicklang. 807 Bienen bauen ebenfalls in sehr verschiedener Weise Nester in der Erde und im Sande oder in trockenem Holze und zwar für jedes Ei eine besondere Zelle, welche sie meist mit Honig und Pflanzenstoffen , seltener mit animalen Sub- stanzen füllen. Während z.B. die Holzbiene (Xylocopa violucea) im morschen Holze Röhren bohrt und diese durch Querscheidewände in eine Anzahl mit je einem Ei und Proviant besetzter Zellen abtheilt, baut die Mauerbiene {Chalico- doma inuraria) aus Thon und verkitteten Sandkörnern wie aus einer Art Mörtel Nester, welche sie an Mauern hängt oder zwischen Steine befestigt. Eine andere Biene {M. centuncularis) gräbt Löcher in die Erde und verfertigt in denselben ihre Zellen aus abgebissenen und verklebten Stückchen von Rosen- blättern. In zahlreichen Fällen aber bauen sich viele Weibchen in der Nähe an und gründen gemeinsame Gallerien und grössere Wohnungen. Aus der Lebensweise solcher zusammenlebender Hymenopteren , die wir noch zu den solitären rechnen, weil eine auf Arbeitstheilung gegründete staatliche Organi- sation fehlt, lässt sich vielleicht die Einrichtung und Lebensweise der in orga- nisirten Gesellschaften vereinigten Hymenopteren, der Ameisen, zahlreicher Wespen, der Hummeln und der Honigbiene ableiten, indem sich die Zahl der eierlegenden Weibchen reducirt, dagegen eine Generation von geschlechtlich verkümmerten Weibchen auftritt, welcher die Besorgung der Arbeiten, der Bau der Wohnungen, die Vertheidigung und Herbeischaffung von Nahrungs- niaterial obliegt. Die Existenz dieser dritten Formengruppe neben den Ge- schlechtsthieren ist wesentliche Bedingung für das Zusammenleben in grössern Gesellschaften mit streng gegliederter Arbeitstheilung. Die Arbeiter, früher mit Unrecht für vollständig geschlechtslos gehalten und desshalb Neutra genannt, sind Weibchen mit verkümmerten Geschlechts- und Begattungs- organen , meist geflügelt , zuweilen indess auch flügellos. Dieselben können aber bei den verschiedenen Arten mehr oder minder häufig unbefruchtete, zu männlichen Hymenopteren sich entwickelnde Eier legen. Die Wohnungen der gesellig in Staaten vereinigten Hymenopteren werden aus verschiedenen Stoffen (zernagtem Holz, Wachs) in der Erde und in hohlen Bäumen, oft mit grosser Regelmässigkeit und bewunderungswürdiger Kunst angelegt, und die ausgeschlüpften Larven mit wenigen Ausnahmen in ihren Zellen mit pflanz- lichen und animalen Substanzen gefüttert. Die mannichfachen Formen des Einsammelns der Nahrung und der Brutpflege sind wohl erst auf dem Wege der Anpassung entstanden. Man hat Grund unter den Bienen die Frosopis- arten als die gemeinsame Grundform der Apiden zu betrachten und diese wie auch die Vespiden von Grabwespen abzuleiten. Die embryonale Entwicklung ist vornehmlich am Ei der Honigbiene ver- folgt worden. Hier entstehen die ersten Blastodermzellen am obern etwas breitern Eipole als schwache mit Kernen versehene Erhebungen des Proto- plasmas (Kowalevsky). Wenn der ganze Dotter von der Zellhaut des Blasto- derms bedeckt ist, bildet sich zuerst am vordem, später auch am Hinterende zwischen Blastoderm und Dotter ein mit Flüssigkeit gefüllter Raum , sodann entsteht am Vorderende eine ähnliche schildförmige Verdickung wie bei Hydro- philiis nebst Querfalte (Kopflfalte) und Längsrinne , die sich vorn durch Ver- wachsung der Ränder schliesst und nur am hintern Theile offen bleibt. Auch 808 1. Unterordnung. Terebrantia. die Embryonalhäule bilden sich ähnlich wie dort, doch mit dem Unterschiede, dass der Vorgang viel näher am Eipole stattfindet. Abweichend gestaltet sich die embryonale Entwicklung der Pteromalinen, deren Eier des Ernährungsdotters entbehren und auf einer bestimmten Ent- wicklungsstufe 3 Zellen umschliessen, von denen die Gentralzelle die Embryonal- anlage, die 2 andern das Amnion bilden. 1. Unterordnung. Terebrantia. Weibchen mit Legeröhre oder Lege- bohrer (Terebra), der frei am Hinterleibsende hervorsteht und zuweilen zurück- gezogen werden kann. a. Phytophaga. Abdomen sitzend. Trochanteren zweiringelig. Larven phytophag, raupenähnlich. 1. Fam. Tenthredinidae '), Blattwespen. Mit ungebrochenen, vielgliedrigen , an der Spitze verdickten , beim Männchen zuweilen gekämmten Fühlern und sitzendem, achtringligem Hinterleib, an dessen Bauchfläche der kurze Legebohrer entspringt. Der- selbe besteht aus einer zweiklappigen Scheide und dem eigentlichen Bohrer, der wieder aus einem rinnenförmigen Dornstück und 2 sägeartig gezähnten ventralen Borsten zu- sammengesetzt ist. Unterkieterladen getrennt; Zunge tief dreitheilig. Vorderschienen mit 2 Dornen. Die Larven selten mit 3, meist mit 9 bis 11 Fus.sparen, raupenähnlich. Die Weibchen ritzen mit ihrer Säge die Oberhaut von Blättern und legen die Eier in die Blätterhaut ein ; der Stich veranlasst einen Zufluss von Pflanzensäften , durch deren Imbibition das Ei an Grösse zunimmt. Die ausschlüpfenden Larven nähren sich von Blättern, leben in der Jugend oft in gemeinsamen Gesellschaften und verpuppen sich in einem Cocon. Von den Raupen unterscheiden sie sich durch die grössere Zahl der Fuss- paare und durch die beiden Punktaugen des hornigen Kopfes. Einzelne Larven leben in wallnussgrossen Weidenholzgallen. Nematus populi Klg., iV. gallarum Klg. Cimhex Oliv. Körper gross und kräftig. Fühler kurz, keulenförmig, 5 — Tgliedrig. Flügel mit 2 (Rand) Radial- und 3 (ünterrand) Cubitalzellen. Larven mit 22 Füssen. C. femorata L. = variabilis Klg. Die grossen grünen Larven mit dunkeln Rücken- striemen leben auf Weiden, Birken, Erlen und verpuppen sich in einem festen Cocon. Äbia Leach. A. sericea L. Hylotoma Fabr., Bürstenhornblattwesije. Fühler Sgliedrig, mit sehr langem End- gliede, welches beim Männchen bürstenartig behaart ist. Flügel mit 1 Radial- und 4, beziehungsweise 3 (Ptilia) Cubitalzellen. Larven auf Laubhölzern. H. rosarum Fabr., Rosenblattwespe. Nematus Jur. Fühler Ogliedrig. 1 Radialzelle. Die 2 rücklaufenden Adern ent- springen der zweiten Cubitalzelle. Leben besonders an Fichten. N. ventricosus Klg., Larve auf Stachelbeeren. Die Eier entwickeln sich parthenogenetisch. N. ahietum, Fichten- Idattwespe. Bei Dolerus und Emphytus Klg. finden sich 2 Radial- und 3 Cubitalzellen. Tenthredo L. Fühler 9— llgliedrig. Flügel mit 2 (Rand) Radial- und 4 (ünter- rand) Cubitalzellen. Larven mit 20 — 22 Füssen. T. Scolaris Klg., auf Weiden. T. (Athalia) spinarum Fabr., Larven auf Raps, selten auf Rosen. T. {Seiandria) cerasi L., T. {Alaritus) nigerrima Klg., auf Eschen. Lophyrus Latr. , Buschhornblattwesi)e. Mit 17 — 22gliedrigen, gesägten, beim Männchen gekämmten Fühlern. Flügel mit nur 1 Radial- und 4 Cubitalzellen. Larven mit 22 Füssen. L. pini L., Kiefernblattwespe. 1) F. Klug, Die Blattwespen nach ihren Gattungen und Arten zusammengestellt. Mag. der Gesellsch. naturf. Freunde. II. VII. Vlll. Dalilbom, Conspectus Tenthredini- dum, Siricidum etc. Scandinaviae. Havniae. 1885. T. Hartig, Die Familien der Blatt- wespen und Holzwespen. Berlin. 1837. Vergl. ferner die Arbeiten von Fallen, Ratze- burg 1, c. u. a. üroceridae. Cynipidae, 809 Lyda Fabr., Gespinnstblattwespe (Pamphllius Latr.). Fühler 19 — 36gliedrig, borsten- förniig. Hinterleib flach eiförmig. Flügel mit 2 Radial- und 4 Cubitalzellen. Die Schienen der Hinterbeine mit 3 Seitendornen. Die Larven haben ausser den hornigen Brustfüssen nur 2 Schieber hinten am Abdomen, leben gesellig in Gespinnsten und verpuppen sich in der Erde, ohne Cocon. L. betulae L., L. campestris Fabr., auf Kiefern. Xyela Dalm. {Mastigoeera Klg.), Mit vorstehender Terebra und logliedrigen Fühlern. Tarpa Fabr. Mit 15— ISgliedrigen Fühlern und nur 2 Seitendornen der Hinter- schienen. T. plagiocephala Fabr. 2. Farn. Uroceridae '), Holzwespen. Fühler ungebrochen, fadenförmig, vielgliedrig. Vorderschienen mit einem Enddorn. Hinterleib walzenförmig oder abgeflacht, 9ringelig mit gespaltener erster Dorsalplatte und meist langem, freivorstehendem Legebohi-er. Dieser besteht aus 2 seitlichen plattenartigen Stäben und 3 gesägten an einander ver- schiebbaren Stacheln. Die Larven mit nur 3 Beinpaaren. Die Weibchen bohren Holz an und legen ihre Eier in dasselbe. Die ausschlüpfenden Larven bohren sich im Holze weiter und haben eine beträchtliche Lebensdauer. Cephus Fabr. Fühler 22gliedrig, gegen die Spitze hin verdickt. Hinterleib seitlich comprimirt. Flügel mit 2 Radial- und 4 Cubitalzellen. Kiefertaster lang 6gliedrig. Lippentaster 4gliedrig. C. pygmaeus L., Getreidehalmwespe. Larve dem Weizen schädlich. Sirex L. Fühler lang, 16 — 24gliedrig. Kiefertaster rudimentär, 1- selten 2gliedrig. Lippentaster 2— Sgliedrig. Flügel mit 2 Radial- und 3 bis 4 Cubitalzellen. Hinterleib des Weibchens walzig, des Männchens etwas niedergedrückt. S. gigas L., Riesenholz- wespe. S. juvencus L., Kiefernholzwespe. Oryssus Latr. Fühler unmittelbar über den Mandibeln entspringend, 10 — llgliedrig. Maxillartaster lang, .5gliedrig. Lippentaster Sgliedrig. Flügel mit 1 Radial- und 2 Cubitalzellen. Hinterleib länglich eiförmig mit haarfeinem Legebohrer. 0. vespertilio Fabr. b. Gallicola *). Hinterleib gestilt. Flügel minder reich geädert. Larven madenförmig, fuss- und afterlos, meist in Pflanzenzellen lebend. Es scheint die Fortpflanzung durch Heterogonie verbreitet, indem parthenogenetisch sich fortpflanzende oft flügellose Generationen mit den geflügelten Geschlechtsthieren wechseln. Nach Adler erzeugen die Weibchen von Neurothcrus fumipennis (Parthenogenetische Wintergeneration) Gallen, aus denen sich die beiderlei Geschlechtsthiere von Spaihegaster alhixies entwickeln. Biorhisa aptera ist die flügellose parthenogenetische Generation zu Andricus. Auch sollen Äphi- lothrix radicis in demselben Verhältniss zu Andricus noduli, Aph. Sieboldi zu Audr. testaceipes stehen. Endlich wurde gleiches auch von Dryophanta acutellaris und Trigonaspis crustalis nachgewiesen. 1. Farn. Cynipidae, Gallwespen. Fühler nicht gebrochen, fadenförmig, lang, 13- bis lögliedrig. Kiefer mit breiter häutiger Lade und 4— 6gliedrigem Taster. Vorder- flügel mit 1 Radialzelle und 2 oder 3 nicht scharf gesonderten Cubitalzellen spärlich geädert. Auch flügellose Formen kommen vor. Thoi-ax buckeU'örmig erhoben. Hinter- leib meist kurz, seitlich comprimirt, die hintern Segmente in die beiden vordem ein- gezogen. Der an der Bauchseite desselben entspringende Legebohrer wird in der Regel 1) L. Dufour, Recherches anatomiques sur les Hymenopteres de la famille des Urocerates. Ann. scienc. nat. IV. Ser. Tom. I. 2) Th. Hartig, Ueber die Familie der Gallwespen. Germar's Zeitschr. für Entom. Tora. II. III. IV. 1840-1843. G. Mayr, Die Einmiethler der mitteleurop. Eichengallen. Verh. zool. bot. Gesellsch. Wien. 1872. Adler, Beiträge zur Naturg. der Cynipiden. Berl. Entom. Zeitschr. 1877. Derselbe, Legeapparat und Eierlegen der Gallwespen. Ebendas. 810 Pteromalidae. eingezogen und besteht aus einer 2klappigen Scheide und 3 bogenförmig gekrümmten Borsten, die im Wesentlichen die Stacheltheile der Biene wiederholen. Eine iinpaare der Giftdrüse der Aculeaten gleichwerthige Drüse besitzt bei den Gallwespen die Funktion als Kittdrüse, eine zweite Drüse soll als Schmierdrüse zur Einöluhg der Chitintheile dienen. Die Ablage des Eies soll nach Adler im Gegensatz zu Hartig's Darstellung so erfolgen, dass nur der Stil durch den Stachel bewegt wird, während das Ei ausser- halb des Stachelcanals frei herabhängt. Die Weibchen bohren Pflanzentheile an und erzeugen durch den Reiz einer ausfliessenden scharfen Flüssigkeit unter abnormen Zu- fluss von Pflanzensäften die als Gallen bekannten Auswüchse , in denen entweder eine oder zahh-eiche fusslose Larven ihre Nahrung finden. Wegen des Gehaltes an Gerbsäure finden gewisse Gallen eine officinelle Verwendung, namentlich die kleinasiatischen (Aleppo) Eichengallen. Von manchen Arten sind bis jetzt nur Weibchen bekannt, deren Eier sich parthenogenetisch entwickeln. Manche Larven leben freilich auch in Dipteren und Blattläusen parasitisch, Cynips L. Fühler 14gliedrig, die 7 bis 8 Endglieder kürzer und dicker. Kiefer- taster 5gliedrig, Lippentaster Sgliedrig. Thorax bucklig, behaart. Radialzelle der Vorderflügel lanzetförmig. Erstes Hinterleibssegment sehr gross. Die Weibchen erzeugen durch ihren Stich Gallen. C. quercus folii L. erzeugt die kugeligen Gallen der Eich- blätter. C. gallae tinctoriae erzeugt die zur Dinte benutzten Levantischen Gallen an Quercus infectoria. C. corticis K. Bhodites Hrtg., Bh. rosae L. erzeugt den Bedeguar der Rosen, pflanzt sich parthenogenetisch fort. Biorhiza aptera Fabr., an Wurzeln. Andricus Hrtg. u. a. G. Die folgenden Gattungen enthalten nur Schmarotzer: Synergus Hrtg. Fühler 14 — 15gliedrig, Kiefertaster Sgliedrig, Lippentaster 2gliedrig. Brustseite und Basis des grossen ersten Hinterleibsringes fein gefurcht. Vorderflügel mit breiter und kurzer Radialzelle. Die Weibchen legen ihre Eier in Gallen ab. S. vulgaris Fabr. Figites Latr. Fühler des Männchens I4gliedrig, des Weibchens 1 Sgliedrig, Kiefer- taster Sgliedrig, Lippentaster Sgliedrig. Am Hinterleib ist der zweite Ring sehr gross. Radialzelle sehr breit. F. scutellaris Latr., Parasit der Sarcophagamade. Ibalia Latr. Körper langgestreckt, mit langem messerförmigen Hinterleib und kräftigen Hinterbeinen, Ichneumon-ähnlich. Fühler des Männchens 15gliedrig, des Weib- chens ISgliedrig. Radialzelle sehr lang und schmal. I. cuUellator Latr. c. Entomophag'a ^). Hinterleib gestilt. Weibehen mit frei vorstehendem Legestachel. Larven meist in Larven anderer Insecten schmarotzend. 1. Farn. Pteromalidae '). Meist sehr kleine bunt gefärbte Schlupfwespen mit gebrochenen 6 — 15gliedrigen Fühlern. Vorderflügel nur mit devitlich ausgeprägter Vorder- randsader ohne rücklaufende Ader. Kiefertaster meist 4gliedrig. Lippentaster 2- bis Sgliedrig. Hinterleib der Männchen meist Tgliedrig, der Weibchen Sgliedrig. Der Lege- bohrer entspringt zuweilen (Chalcidinae) weit von dem Hinterleibsende entfernt. Die Larven schmarotzen in allen möglichen Insectenlarven , häufig auch in Parasiten und 1) Gravenhorst, Ichneumologia Europaea, S vol. Vratislaviae. 1829. Ratze- burg, Die Ichneumonen der Forstinsecten. Berlin. 1844—1852. Tom. I. II. III. 2) Ausser Spinola, Dahlbom, Gravenhorst, Ratzeburg vergl. Boheman, Skandinaviska Pteromaliner. Vet. Akad. Handl. 18S3 und 1835. F. Walker, Mono- graphia Chalciditum. Entom. Mag. Tom. I — V. G. Newport, On the anatomy and developement of certain Chalcididae and Ichneu monidae. Transact. Lin. Soc. Tom. XXI. A. Förster, Beiträge zur Monographie der Pteromalinen. Aachen. 1842. Derselbe, Hymenopterologische Studien. 2. Heft. Aachen. 1856. Ganin, Beiträge zur Erkenntniss der Entwicklungsgeschichte bei den Insecten. Zeitschr. für wiss. Zoologie. Tom. XIX. 1869. Braconidae. Ichneumonidae. 811 durchlaufen eine complicirte durch die Aufeinandeffolge sehr verschiedener Stadien höchst merkwürdige Metamorphose. Bei einem in Cecidomyialarven parasitischen Platijgaster erinnert die erste Larvenform an Copepoden oder noch mehr an Botiferen und ist von Ganin geradezu als Cyclopsähnliche Larvenform bezeichnet worden. Dieselbe besitzt ein grosses mit 2 kleinen Antennen und 2 grossen KrallenfUssen besetztes Kopfsegment und 5 nach hinten verschmälerte Leibesringe, von denen der letzte mit Furca-ähnlichem Schwanzanhange endet. Die zweite nach erfolgter Häutung frei gewordene Larvenform hat das letzte Abdominalsegment nebst der Furca, sowie die Gliederung der Leibes- segmente eingebüsst und erfährt eine Reihe merkwürdiger Veränderungen, welche an die Embryonal Vorgänge des Insectenei's erinnern. Es bildet sich ein Keimstreifen mit Seitenplutten des Kopftheils, ferner die Anlage der Geschlechtsdrüsen, Schlund und Speicheldrüsen. Nach abermaliger Häutung tritt die dritte Larvenform hervor mit gegliedertem aus 14 Segmenten bestehenden Leib, kleinen hakenförmigen Mandibeln, mit Tracheen, Fettkörper und Imaginalscheiben. Nun häutet sich die Larve noch ein- mal und geht unter der abgehobenen zur Puppenscheide gewordenen Haut in die Puppe über. Aehnlich verhält sich die Entwicklung bei Teleas. Pteromalus Swed. Fühler an der Spitze befestigt, beim Männchen länger. Brust meist mit schuppig punktirter Sculptur. Abdomen fast sitzend mit verborgenem Lege- bohrer. Hinterschienen mit Enddorn. Pt. puparum L. , PL bimaciilatua Spin. Teleas Latr. Fühler dicht über dem Munde eingefügt, 12gliedrig, mit etwas ge- krümmter Geissei. Hinterleib undeutlich gestilt. Hinterbeine mit verdicktem Hüftglied. T. clavicornis Latr., T. terebrans Ratzbg. Platijgaster Latr. Fühler mehr als 2 mal so lang als der Kopf, meist lOgliedrig, mit langem Schaft und am Ende verdickter Geissel. Kiefertaster 2gliedrig. Flügel ohne Adern. Farbe schwarz. Pt. nodicornis Nees, Pt. contorticornis Ratzbg. Perilampus Latr. Fühler kurz, 11 gliedrig. Thorax mit Grübchen. Hinterleib kurz, eiförmig, sitzend. Farbe metallisch. P. auratus Dalm. Eurytoma Hl. Fühler 9- bis lOgliedrig. Hinterleib kurz gestilt. Kiefertaster Sgliedrig. Lippentaster 3gliedrig. E. nodularis Dalm. Ghalcis Fabr. . Leucospis Fabr. u. z. a. G. 2. Fam. Braconidae '). Fühler lang und meist vielgliedrig. Flügel mit einem zurücklaufenden Nerven , meist mit 2 oder 3 Cubitalzellen. Die erste Cubitalzelle von der Discoidalzelle getrennt. Kiefertaster 5 — ögliedrig. Lippentaster o- und 4gliedrig. Hinterleib oft nur aus 3 bis 4 Segmenten zusammengesetzt. Verfolgen vornehmlich die im absterbenden Holze lebenden Käferlarven. Aphidius Nees. Kopf nach unten geneigt. Fühler 12— 24gliedrig. Mesothorax stark gewölbt. Hinterleib gestilt. Leben grossentheils von Blattläusen. A. rosarum Nees, A. aphidivorus Ratzbg. Mierogaster Latr. Fühler lang, meist ISgliedrig. Kopf mit engem Scheitel und grossen stark behaarten Augen. Radialnerv unvollständig. Hinterleib sitzend. M. glommeratus L. u. z. a. A. Bracon Fabr. Kopfschild tief ausgeschnitten, zwischen demselben und dem Ober- kiefer eine runde Oeßnung. Scheitel breit. Fühler vielgliedrig. 2te Cubitalzelle lang.* Hinterleib sitzend mit verengter Basis. Legebohrer und Klappen vorstehend, oft lang. Br. impostor Scop., Br. palpebrator Ratzbg. o. Fam. Ichneamonidae '). Fühler lang, vielgliedrig. Vorderflügel mit 2 zurück- laufenden Nerven. Die erste Cubitalzelle mit der dahinter liegenden Discoidalzelle ver- schmolzen, die zweite wenn vorhanden sehr klein. Hinterleib mit mindestens 5 Segmenten, mit meist vorstehender Legeröhre. 1) C. Westmael, Monographie des Braconides de Belgique. Bruxelles. 1835. 2) Nees ab Esenbeck, Hyinenopterorunl Ichnetimofiibus affirlium ttiOnographiae. 2 Vol. Siuttgartiae. 1834. 812 Evaniadae. 2. Unterordnung. Aculeata. Ichneumon Grav. Körper kräftig und schlank. Die 2te Cubitalzelle Seckig. Schildchen flach. Hinterleib deutlich gestilt, langgestreckt. Legebohrer versteckt. I. incuhitor L. , I. stimulator Grav., /. (Trogus) lutorius Ratzbg. Tryphon Grav. Fühler von Körperlänge. Zweite Cubitalzelle klein, Seckig oder verkümmert. Hinterleib fast gestilt, seitlich wenig comprimirt mit sehr kurzem Lege- bohrer, l'r. nigriceps Grav. CryptusFiihr. Fühler und Beine sehr lang und dünn. Männchen mit lanzetförmig linearem, Weibchen mit länglich eiförmigem gestilten Hinterleib. Legebohrer vorstehend. Zweite Cubitalzelle öeckig. Cr. cyanator Grav. Hemiteles Grav. H. fulvipes Grav. Pimpla Fabr. Fühler dünn, höchstens so lang als der Körper, zweite Cubitalzelle deutlich. Hinterleib langgestreckt, oben gewölbt, sitzend, mit langem frei vorstehenden Legebohrer. P. flavipes Grav. , P. (Ephialtes) manifestator L. Ophion Fabr. Fühler lang, meist mehr als 60gliedrig. Die erste Cubitalzelle nimmt beide rücklaufende Nerven auf. Hinterleib gestilt, seitlich comprimirt. Op/i. luteus L. 4. Farn. Evaniadae '). Fühler mit höchstens 16 Gliedern. Hinterleib am vordem Theil des Metathorax eingefügt , mit langem oft vorragenden Legebohrer. Vorderflügel mit deutlichen Radial- und 1 — 3 Cubitalzellen. Hinterflügel beinahe ohne Adern. Evania Latr. Flügel mit nur 1 Cubitalzelle. Hinterleib sehr kurz, dünn gestilt, am Vorderrande des Metathorax entspringend, ohne vortretenden Legebohrer. E. appen- digaster L. Foenus Fabr. Flügel mit 2 Cubitalzellen. Hinterleib sehr lang, hinten erweitert mit haarfeinem Legebohrer. F. jaculator L. Aulacus Jur. Flügel mit 3 Cubitalzellen. Hinterleib in der Mitte des Metathorax angeheftet. A. str latus Jur. 2. Unterordnung. Aculeata. Mit zurückziehbarem durchbohrten Gift- stachel und mit Giftdrüse im weiblichen Geschlecht. Der Hinterleib stets gestilt, die Fühler der Männchen meist ISgliedrig, der Weibchen 12gliedrig. Die Larven fusslos und ohne Afteröffnung. 1. Fam. Formicidae *), Ameisen. Fühler geknickt, im männlichen Geschlecht oft mit sehr kurzem Schaft, häufig gegen die Spitze verdickt. Oberkiefer kräftig, die Unter- lippe mit kleiner häutiger Zunge und 2- bis 4gliedrigen Liiipentastern. Flügel mit einfacher Cubitalzelle und einfachem Gerader. Darmcanal mit Kaumagen, dessen Chitin- leisten mehr oder minder complicirt sind und systematisch verwerthbare Modificationen bieten. Am Hinterleibe bildet das vordere Segment 1 oder 2 Schuppen. 1) J. 0. Westwood, On Evania and some allied. genera of Hymenopterous Tnsects. Transac. Ent. Soc. Tom. 111. 2) P. Huber, Recherches sur les moeurs des Fourmis indigenes. Geneve. 1810. Latreille, Histoire naturelle des Fourmis. Paris. 1802. F. Smith, Essay on the genera and species of British Formicidae. Transact. Ent. Soc. 2 Ser. Tom. III und IV. Derselbe, Catalogue of Hymenopterous Insects in the coli, of the Brit. Museum. London. 1858. Mayr, Die Eluropäischen Formiciden. Wien. 1861. Aug. Forel, Les fourmis de la Siiisse. Zürich. 1874. Derselbe, Der Giftapparat und die Analdrüsen der Ameisen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXX. Suppl. Emery, Saggio di un ordi- namento naturale dei Myrmicidei et considerazioni suUa filogenesi delle Formiche. Bull. Ent. Ital. Ann. IX. Aug. Forel, Etudes myrmecologiques en 1878—79. Bull, de la Soc. Vaud. sc. nat. 1878. C. Emery et Aiig. Forel, Catalogue des Formicides d'Europe. 1875—1879. J. Lubbock, Observations on the habits of Ants, Bees and Wasps. Journ. Linn. Soc. Tom. XII bis XIV. H. Dewitz, Ueber Bau und Entwicklung des Stachels bei den Ameisen. Zeitschr. für wiss. Zool. Tom. XXVIII. Formicidae. 813 Die Ameisen leben gesellig in gemeinsamen Staaten, welche neben den geflügelten Männchen und Weibchen ungeflügelte Arbeiter mit stärkerm Prothorax vind von gerin- gerer Grösse, aber in Ueberzahl enthalten. Nach der Grösse des Kopfes und der Kiefer zerfallen die letzteren zuweilen wieder in zwei Formenreihen, in Soldaten und eigent- liche Arbeiter. Wie die Weibchen sind auch die Arbeiter als verkümmerte Weibchen mit einer Giftdrüse versehen, deren saures Secret (Ameisensäure) sie in die von den Mandibeln gemachte Wunde einspritzen {Formicä). Der Giftstachel besteht im Wesentlichen aus denselben Theilen wie bei der Biene, bleibt jedoch bei Formica und Verwandten rudimentär und erscheint fast ganz mit den Hinterleibssegnienten verschmolzen, so dass er nur einen Stützapparat für die Mün- dung der Giftblase darstellt, aus welcher das Gift in feinem Strahle ausgespritzt wird. Scheidenpaar und Rinnenpaar, welche aus Imaginalscheiben des vorletzten Segmentes hervorgehn, werden als gespaltenes Gliedmassenpaar dieses Leibesringes betrachtet. Die Stacheln sind ganz verkümmert und abgerundet. Auch die der Schmierdrüse des Bienen- stachels entsprechende Drüse ist vorhanden. Zuweilen (Dolichoderinae) treten noch 2 Analdrüsen auf, welche ein klebriges und zugleich stark riechendes Secret absondern. Eine ansehnliche Entwicklung erlangen die Giftstacheln bei Myrmica [Myrmicinen), Ponera {Ponerinen) und andern Gattungen und werden hier auch als Stech wafFen benutzt. Die Giftblase mit dem zugehörigen Drüsenapparat zeigt zwei bereits von Meinert beschriebene Typen, von denen die eine mit dem sog. Polster die Camponotinen characterisirt. In diesem Falle liegt ein guter Theil des Drüsencanals aufgewickelt der Giftblasenwand äusserlich an. Bei dem zweiten, viel verbreitetem Typus, der Giftblase mit sog. Knopf, erzeugt der schlingenförmig gewundene Drüsenschlauch am obern Pol der Giftblase eine Einstülpung der Blasenwand. Die Bauten der Ameisen bestehen aus Gängen und Höhlungen, welche entweder in morschen Bäumen oder in der Erde und in hügelartig aufgetragenen Haufen, an- gelegt sind. Wintervorräthe werden in diese Bäume nicht eingetragen, da die Arbeiter- ameisen, die mit den Königinnen allein in der Tiefe ihrer Wohnungen überwintern, in eine Art Winterschlaf verfallen. Im Frühjahr finden sich neben den Arbeitern Königinnen, aus deren Eier Larven hervorgehn, welche von den Arbeitern sorgfältig gepflegt, ge- füttert und vertheidigt werden. Dieselben verwandeln sich in eiförmigen seidenzarten Cocons zu Puppen (Ameiseneier) und entwickeln sich theils zu Arljeitern, theils zu den geflügelten Geschlechtsthieren. Nach Dewitz werden die Flügel auch in den Arbeiter- larven als Imaginalscheiben angelegt, die jedoch später rückgebiklet werden. Die beiderlei Geschlechtsthiere erscheinen bei uns früher oder später im Laufe des Sommers und begatten sich im Fluge. Nach der Begattung gehen die Männchen zu Grunde, die Weibchen aber verlieren die Flügel und werden von den Arbeitern in die Bauten zur Eierablage zurückgetragen oder gründen auch mit einem Theile der Arbeiter neue Staaten. In den Tropengegenden unternehmen die Ameisen oft in ungeheuren Schaaren gemeinsame Wanderungen und können zu einer wahren Plage werden, wenn sie in die Häuser eindringend alles Essbare zerstören. Sauba in Brasilien {Atta cephalotes). Besonders schädlich werden manche Formen (Oecorfowaarten) dadurch, dass sie junge Bäume und Pflanzen entlauben. Nützlich aber erweisen sich einige Formen sowohl durch die Kämpfe mit den Termiten, als durch Zerstörung anderer schädlicher Insecten, wie Blattiden, selbst in den Wohnungen des Menschen. Viele Arten, insbesondere der Gattung Eciton, sind Raiabameisen und überfallen andere Ameisencolonien. Gewisse Arten sollen sich in Kämpfe mit fremden Ameisenstaaten einlassen, deren Brut rauben und zur Dienstleistung in ihren eigenen Bauten erziehen (Amivzonenstaaten , F. rufa). Manche Formen, wie F. rufencens, sind so abhängig von den Leistungen ihrer Sclaven, dass sie nicht ohne dieselben leben können. Unbestreitbar ist die relativ hohe Lebens- stufe, über welche die eingehenden Beobachtungen P. Huber's, J. Lubbock's u. A. Aufschluss gegeben haben. Man kann nach diesem kaum bezweifeln, dass Ameisen Gedächtniss haben, dass sie sich unter einander erkennen, Mittheilungen austauschen 814 Chrysididae. und sich zu gemeinsamen Arbeiten ermuntern. Sie halten sich Blattläuse gewisser- massen als zu melkende Kühe, tragen Vorräthe in ihre Wohnungen, bauen Strassen und errichten Tunnels selbst unter breiten Flüssen, sie ziehen in geordneten Colonnen in den Kampf aus und opfern ihr Leben todesmuthig für die Gesammtheit. Im Contrast zu den Raubzügen der Sclavenstaaten stehen die freundschaftlichen Beziehungen der Ameisen zu anderen Insecten, welche als Myrmecophilen in den Ameisenbauten sich aufhalten (Larven von Cetonia, Myrmecophila, zahlreiche kleine Käfer und deren Larven). Die Nahrung der Ameisen ist sowohl eine vegetabilische als animale, besonders lieben sie süsse , zuckerhaltige Pflanzensäfte , Früchte imd die Excreraente (?) der Blattläuse (deren sog. Honigröhi-en Wachs absondern sollen. Huber und Forel). Auch die Leich- name kleinerer und grösserer Thiei-e verzehren sie in kurzer Zeit bis auf die festen Ueberreste. 1. Subf, Camponotinae (Formicinae). Stachel ganz rudimentär. Giftblase mit Polster. Nymphen in Cocon. Camponotus M. Das erste Hinterleibssegment bildet eine linsenförmige Schuppe. Formica L. F. rufa L. F. fusca L. F. sanguinea Latr. F. herciilaneus L. F. ligni- perdus Fabr. Lasius Fabr. L. niger L. 2. Subf. Dolichoderinae. Stachel winzig klein. Giftblase mit Knopf. 2 Anal- drüsen vorhanden. Hinterleibsstil einfach. Nymphen stets nackt. Dolichoderus Lund. D. quadripunetatus L. Tapinoma Foerst, T. erraticum Latr. 3. Subf. Ponerinae. Stachel wohl entwickelt. Stil einfach, knotenförmig. Hinter- leib zwischen dem zweiten und dritten Segment eingeschnürt. Nymphen in Cocon ein- geschlossen. Ponera contractu Latr. Andere Arten bewohnen die Tropen. P. foetens Fabr. 4. Subf. Myrmicinae. Stachel wohl entwickelt. Hintei'leibsstil mit 2 knoten- förmigen Gliedern. Nymphen stets nackt. Myrmica rubra L. Strongylognathus testa- ceus Schenk. Myrmecina Latreillei Gurt. Verwandt ist die Gattung Cryptocerus Latr., deren Arten in hohlen Aesten wohnen. Die grossen Arbeiter mit monströsen Köpfen sieht man immer müssig, ihre Funktion ist nicht bekannt. Cr. clypeatus Fabr. 5. Subf. Dorylinae. Stil ein- oder 2gliedrig. Giftstachel wohl entwickelt. Facettenaugen nur beim Männchen. Atta Fabr. {Typhlatta). A. cephalotes Fabr., Südamerika. Typhlopone oraniensis Latr. Eeiton Latr., Raubameisen, deren Arbeiter in Grossköpfige und Kleinköpfige sich scheiden. Erstere haben bei manchen Arten sehr lange Kiefer. E. hamata Fabr. , E. legionis Bates, Brasilien. 2. Fam. Chrysididae '), Goldwespen. Körper metallisch glänzend, mit grünen, blauen oder kupferrothen Farben. Fühler gebrochen, mit kurzem Stile, ISgliedrig. Ocellen deutlich. Maxillartaster ögliedrig, Lippentaster Sgliedrig. Trochanteren einfach. Vorderflügel mit sehr reducirtem Geäder und einer nach aussen nicht geschlossenen Cubitalzelle. Hinterleib kurz gestilt, die letzten Segmente in der Ruhe eingezogen. Die Weibchen legen ihre Eier in die Nester anderer Hy menopteren , namentlich Grab- wespen, mit denen sie bei dieser Gelegenheit Kämpfe zu bestehen haben. Chrysis L. Mandibeln mit einfacher Spitze. Unterlippe nicht ausgerandet. Hinter- leib Sringelig, unten ausgehöhlt, Endsegment mit gezähntem Rande. Ch. ignita L. Parnopes Latr. Zunge und Unterkiefer zur Bildung eines einlegbaren Rüssels verlängert, mit kleinen verkümmerten Tastern. Hinterleib unten ausgehöhlt, beim Männchen mit 4, beim Weibchen mit 3 Ringen. P. carnea Latr. 1) Klug, Versuch einer systematischen Aufstellung der Insectenfamilie der Chry- sididae. Berlin. Monatsber. 1839. W. Schuckard. Description of the genera and speciea of Brit. Chrysididae. Entom. Mag. IV. G. Dahlbom, Hymenoptera Europaea praecipue borealia. Tom, II. Berolini. 1854. Heterogyna. Fossoria. 815 Hedychrum Latr. Mandibeln Szähnig. Kiefertastor 5gliedrig, Lippentaster 3gliedrig. Zunge herzförmig. Hinterleib last halbkugelig, unten ausgehöhlt, Sringelig. H. luci- dulutn Fabr. Cleptes Latr. Fühler kurz. Mandibeln 2spitzig. Hinterleib unten nicht ausge- höhlt, zugespitzt eiförmig, beim Männchen Sringelig. Gl. semiaurata Latr. 3. Farn. Heterogyna ') {Mutillidae, Scoliadae). Männchen und Weibchen in Form, Grösse und Fühlerbau sehr verschieden. Fühler der Männchen lang, der Weibchen kurz. Ocellen vorhanden. Kiefertaster Ggliedrig, Lippentaster 4gliedrig. Die Weibchen mit verkürzten Flügeln oder flügellos, leben solitär und legen ihre Eier an andern Insecten oder in Bienennestern ab, ohne sich um die Ernährung und Pflege der Brut zu kümmern. Mutilla L. {Mutillidae). Weibchen ungeflügelt. Beine stachlig und behaart. Fühler gebrochen, erstes Glied beim Weibchen stark verlängert. Thoracalringe des Weibchens verschmolzen. Hinterleib länglich eiförmig. M. europaea L. Methoca Latr. Fühler in beiden Geschlechtern ungebrochen. Weibchen ameisen- ähnlich, Männchen {Tengyra Latr.) mit langem zugespitzten Hinterleib. M. ichneu- monea Latr. Scolia (Scoliadae). Beide Geschlechter geflügelt. Fühler des Männchens lang und gerade, des Weibchens kurz und gebrochen. Vorderbrust mit tief ausgerandetem Hinter- rand. Die 3te Cubitalzelle, vfexin vorhanden, klein und Seckig. Beine dicht behaart und sta'jhlig. Sc. hortorum Fabr. Die Larve lebt an der des Nashornkäfers parasitisch. »Sc. hicincta Boss. Tiphia Fabr. Schenkel und Schienen des Weibchens sehr kurz. Flügel mit nur 2 Cubitalzellen, von denen die erste fast doppelt so lang als die zweite ist. T. femorata Fabr. Sapyga Latr. Fühler des Männchens nur wenig verlängert. Die 2te Cubitalzelle am kleinsten, 4eckig. Die Beine nicht bestachelt , glatt. S. pacca Fabr. , Parasit von Osmia. 4. Farn. Fossoria *), Grabwespen. Solitär lebende Hymenopteren mit ungebrochenen Fühlern und verlängerten Beinen, deren Schienen mit langen Dornen und Stacheln bewaffnet sind. Ocellen meist deutlich. Kiefertaster 6gliedrig. Der gestilte Hinterleib zeigt meist 7 Segmente und endet mit einem glatten , der Widerhaken entbehrenden Giftstachel. Die Weibchen , von Honig und Pollen lebend , graben Gänge und Röhren meist im Sande und in der Erde, jedoch auch im trocknen Holze, und legen am Ende derselben ihre Brutzellen an , welche je mit einem Eie und thierischem Ernährungs- material für die ausschlüpfende Larve besetzt werden. Einige [Bembex) tragen den in offenen Zellen heranwachsenden Larven täglich frisches Futter zu, andere haben in der geschlossenen Zelle soviel Insecten angehäuft, als die Larve zur Entwicklung braucht. In dem letztern Falle sind die herbeigetragenen Insecten nicht vollends getödtet, sondern blos durch einen Stich in das Bauchmark gelähmt. Meist ei'beuten die einzelnen Arten ganz bestimmte Insecten (Raupen, Curculioniden , Buprestiden, Acridier etc.), die sie in 1) J. 0. Westwood, lUustrations of some species of Australian Thynnidoeus Insects. Arch. Ent. Tom. II. H. Burmeister, Uebersicht der ßrasilian. MutiUen. Abb. der naturf. Gesells. zu Halle. 1854. Derselbe, Bemerkungen über den allgemeinen Bau und die Geschlechtsunterschiede bei den Arten der Gattung Scolia. Ebendas. H. de Saussure, Description de diverses especes nouvelles de la genre Scolia. Ann. soc. Entom. 3 ser. Tom. VI. 2) Ausser Smith, Dahlbom, v. Siebold u. ». vergL: W. Schuckard, Essay on the indigenous fossorial Hymenoptera. London. 1837. C. Wesmael, Revue critique des Hymenopteres fouisseurs de Belgique. Bull. Acad. Belg. Tom. XVIII. L. Dufour, Observations sur les metamorphoses du Cerceris bupresticida etc. Ann. des scienc. nat. 2 Ser. Tom. XV. Fabre, Observations sur les moeurs des Cerceris, sowie Etudes sur l'instinct et les metamorphoses des Sphegiens. Ebendas. 4 ser. Tom. IV. und Tom. VI. 816 Pompilinae. Sphecinae. Crabroninae. höchst überraschend ei- Weise bewältigen und lähmen. Cerceris bupreslicida geht z. B. auf Raub von Buprestis aus, während C. Dufourii den Cleonus ophthalmicus wählt. Die Grabwespe ergreift den Kopf des Käfers mit den Mandibeln und senkt den Gift- stachel zwischen die Einlenkungsstelle des Prothorax, in die Ganglien der Brust ein. Sphex flavipennis, welche dreizellige Räume am Ende eines 2 bis 3 Zoll langen hori- zontalen Ganges anlegt, geht auf Raub von Gryllen, Sphex albiseeta auf Erbeutung von Oedipodasirien aus. Die erstere gewinnt nach mehrfachem Umher wälzen die Bauch- fläche der Grylle , fasst das Ende des Hinterleibes mit den Kieferzangen , stammt die Vorderbeine gegen die Hinterschenkel, die Hinterbeine gegen den Kopf und sticht so- wohl in die Einlenkungsstelle des Kopfes als in die Verbindungshaut von Pro- und Mesosternum. Mit Leichtigkeit trägt sie das gelähmte Insect nach dem Brutraum, legt dasselbe zuerst am Eingange nieder, untersucht die Räume der Wohnung und schafft erst dann den unbehülflichen Körper in die Zelle. Ammophila holosericea versorgt jede ihrer Brutzellen mit 4 bis 5 Raupen , A. sabulosa und argentata nur mit einer sehr grossen Raupe , welche durch einen Stich in ein mittleres fussloses Körpersegment gelähmt worden ist. Oxybelus uniylnmis sticht Dipteren an, wird aber von Tachinarien {Miltogramma conica) heimgesucht. Bembex rostrata füttert ihre Larven mit Fliegen. Es gibt indessen auch Schmarotzergrabwespen, deren Weibchen ihre Eier in die gefüUteu Brutzellen anderer Sphegiden legen, z. B. Tachytes tricolor. 1. Subf. Pompilinae. Prothorax vergrössert und seitlich bis zur Flügelwurzel verlängert. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen. Beine sehr stark verlängert. Salius Fabr. Körper sehr schmal, Prothorax hinten ausgerandet, fast frei. S. bicolor Fabr. Pompilus Fabr. Kiefertaster beträchtlich verlängert, hängend. Oberlippe unter dem Kopfschild mehr oder minder versteckt. P. viaticus L. 2. Subf. Sphecinae. Prothorax ringförmig, nicht zur Flügelwurzel reichend. Vorderflügel mit 3 geschlossenen Cubitalzellen. Bembex Fabr. Fühler kurz gebrochen. Oberlippe schnabelförmig vorstehend. Mandibeln sichelförmig, Kiefer und Unterlippe rüsselförmig verlängert, mit kurzen Tastern. B. rostrata L. Cerceris Latr. Fühler gegen die Spitze leicht verdickt, gebrochen. Zweite Cubital- zelle klein, gestilt. Mittelschiene mit einem Sporn. Erster Hinterleibsring schmal und stark abgeschnürt, auch die nachfolgenden Ringe sind scharf abgesetzt. C. arenaria L. C. bupresticida L. Duf. Ammophila Kirb. Fühler fadenförmig. Kopf breiter als der Thorax. Mandibeln stark verlängert. Taster lang und dünn. Mittelschienen mit 2 Sporen. Hinterleib mit langem 2ringeligen Stil. Die zweite 5eckige Cubitalzelle nimmt beide rücklaufende Nerven auf. A. sabulosa L. Sphex Fabr. Fühler fadenförmig. Kopf von Thoraxbreite. Mandibeln lang, gebogen. Hinterleib kurz gestilt. Sp. maxillosa Fabr. Sp. Latreilli Guer., Chile. Pelopoeus Latr. Erstes Hinterleibssegment .stilförmig, so lang als der folgende Hinterleib. Schenkel lang und geschwungen. Die zahlreichen Arten leben in warmen Gegenden und bauen Lehmnester. P. vindex Lep. Hier schliessen sich die nur mit 2 Cubitalzellen versehenen Gattungen Dinelus Jur., Pemphredon Latr. u. a. an. 3. Subf. Crabroninae. Prothorax ringförmig, die Flügelwurzel nicht erreichend. Vorderflügel mit nur einer Cubitalzelle. Oxybelus Latr. Kopf quer. Fühler kurz, kaum gebrochen. Hinterschildchen jederseits mit vorstehender Schuppe, in der Mitte mit einem starken Dorn. 0. tmi- glumis L. Das Weibchen trägt Fliegen ein. An ihren Larven leben die Maden von Miltogramma conica, einer Tachinarie, parasitisch. Crabro Fabr. Kopf dick mit kurzen gebrochenen Fühlern. Postscutellum unbe- wehrt. Cr. cribrarius L. Vespidae. 817 5. Farn. Vespidae '), Faltenwespen. Mit schlankem glatten Leibe und schmalen der Länge nach zusammenfaltbaren Vorderflügeln. Fühler meist deutlich gebrochen, meist 12- oder ISgliedrig. Oberkiefer hervorstehend und schief abgestutzt. Unterkiefer und Unterlippe oft Ycrlängert, letztere mit rundlich verdickter Zunge und Nebenzungen und mit 3- bis 4gliedrigem Taster. Kiefertaster Ggliedrig. Die Vorderflügel mit 2 bis 3 Cubitalzellen. Innenrand des Auges tief eingeschnitten. Leben bald in Gesellschaften, bald solitär, im erstem Falle sind auch die Arbeiter geflügelt. Die Weibchen der solitär lebenden Wespen bauen ihre Brutzellen im Sande, auch an Stengeln von Pflanzen aus Sand und Lehoi und füllen sie sehr selten mit Honig, in der Regel mit herbeigetragenen Insecten, namentlich Raupen und Spinnen, wodurch sie sich in ihrer Lebensweise den Grabwespen anschliessen. Die gesellschaftlich vereinigten Wespen nähern sich in der Organisation ihres Zusammenlebens den Bienen. Ihre Nester bauen sie aus zernagtem Holze, welches sie zu papierartigen Platten verarbeiten und zur Anlage regelmässig 6eckiger Zellen verkleben. Entweder werden die aus einer einfachen Lage aneinander- gefügter Zellen gebildeten Waben frei an Baumzweigen oder in Erdlöchern und hohlen Bäumen aufgehängt oder mit einem gemeinsamen blättrigen Aussenbau umgeben, an dessen unterer Fläche das Flugloch bleibt. In diesem Falle besteht der Innenbau häufig aus mehreren wagrecht aufgehängten Waben, welche wie Etagen übereinander liegen und durch Strebepfeiler verbunden sind. Die Oetfnungen der 6eckigen vertical gestellten Zellen sind nach unten gerichtet. Die Anlage eines jeden Wespenbaues wird im Früh- jahr von einem einzigen, im Herbste des verflossenen Jahres befruchteten und über- winterten Weibchen angelegt, welches im Laufe des Frühjahrs und Sommers Arbeiter erzeugt, die ihm bei der Vergrösserung des Baues und bei der Erziehung der Brut zur Seite stehen und nicht selten auch, namentlich die grössern im Laufe des Sommers er- zeugten Formen, an der Eierablage sich betheiligen und parthenogenetisch zu männlichen Wespen sich entwickelnde Eier legen. Die Larven werden mit zerkauten Insecten gefüttert und verwandeln sich in einem zarten Gespinnst innerhalb der zugedeckelten Zellen in die Puppen. Die ausgebildeten Thiere nähren sich in der Regel von süssen Substanzen und Honigsäften, die sie auch gelegentlich eintragen sollen (Polistes). Erst im Spätsommer treten Weibchen und Männchen auf, welche sich im Fluge hoch in der Luft begatten. Die letztern gehen bald zu Grunde, wie sich überhaupt der gesammte Wespenstaat im Herbste auflöst, die befruchteten Weibchen dagegen überwintern unter Steinen und Moos, um im nächsten Jahre einzeln neue Staaten zu gründen. Schaden durch Fressen an Obst und Benagen bezw. Entrinden junger Stämme. L Suhl. Masarinae. Solitäre Wespen, deren Vorderflügel nur 2 Cubitalzellen besitzen und nur unvollkommen faltbar sind. Masaris Fabr. Fühler des Männchens lang gekeult, des Weibchens kurz und wenig deutlich gegliedert. Kiefertaster rudimentär. Unterlippe ohne Nebenzungen. M. vespiformis Fabr., Ceramius Latr., Celonites Latr, 2. Subf. Eumeninae. Solitäre Wespen mit 3 Cubitalzellen der Vorderflügel, mit meist schmalen Mandibeln und gezähnten Fussklauen. Odynerus Latr. Hinterleib kurz gestilt. Zunge lang , zweizipfelig , mit kürzern Nebenzungen, die mit einer zweizähnigen Klaue endigen. Basalglied der Lippentaster verlängert. 0. parietum L., verfertigt kuglige Sandzellen. Eumenes Latr. Oberkiefer sehr lang und zugespitzt , scheerenförmig übereinander greifend. MaxiUartaster ögliedrig. Zunge 21appig mit langen fadenförmigen Paraglossen, 1) H. de Saussure, Etudes sur la famille des Vespides. 3 Vol. Paris. 1852 — 1857. Derselbe, Monographie des Guepes sociales. Paris. Geneve. 1858. C. Moebius, Die Nester der geselligen Wespen. Abhandl. der naturf. Gesells. in Hamburg. Tom. IL 1856. Ch. Hörne und Fr. Smith, Transactions of the zoolog. Soc. of London. Tom. VII. 1870. (Bauten exotisch. Wespen). Ferner v. Siebold 1. c. Claus, Zoologie, i. Auflage. 52 818 Apidae. deren beide Basalglieder sehr verlängert sein können. Basalglied des Hinterleibes dünn stilfönnig, viel enger als das zweite. E. coarctata Panz. versorgt ihre BrutzcUen mit Honig. E. Saundersii West, füttert die Brut mit Raupen. Pterochilus Klg. , Synagris Latr., Bhaphiglossus Sauss. u. a. G. 3. Subf. Polistinae. Sociale Wespen mit Arbeitern ausser den Männchen und Weibchen, mit breiten Oberkiefern, 3 Cubitalzellen der Vorderflügel und einfachen Fuss- klauen. Polistes Latr. Kopfschild herzförmig. Mandibeln kurz, mit bezahnter Spitze. Zunge vorn erweitert, tief 2spaltig, viel länger als die dünnen Nebenzungen. Hinter- leib kurz gestilt, P. gallica L. Nester ohne Umhüllungsblätter aus einer gcstilten Wabe bestehend. Die überwinterte befruchtete Wespe erzeugt nach v. Siebold anfangs nur weibliche Nachkommen, deren Eier unbefruchtet bleiben und sich parthenogenetisch zu Männchen entwickeln. Folgbia Lep. P. sedula Sauss., Brasilien. Epipone ehartaria Latr. [nitidulans Fabr.), Brasilien. Icaria Sauss. Ischnogaster Sauss. u. a. G. Vespa L. Kopfschild abgestutzt, etwas ausgerandet. Zunge kurz, dreitheilig, kaum länger als die Pai-aglossen. Basis des walzenförmigen Hinterleibes vorn stark ab- fallend. V. crabro L., Hornisse. V. vulgaris L., baut im Erdboden, ebenso V. rufa L. F. germanica und F. sexanica hängen ihre Nester an Baumzweige. 6. Farn, Apidae ') , Bienen. Fühler beim Männchen meist minder deutlich ge- brochen, länger und dicker als beim Weibchen. Schienen und Tarsen besonders der Hinterbeine verbreitert, das erste Tarsalglied vornehmlich der Hinterbeine an der Innen- seite bürstcnförmig behaart. (Fersenbürste). Vorderflügel nicht zusammenfaltbar. Leib behaart. Die Haare an den Hinterbeinen oder am Bauch als Sammelapparat des Pollens dienend. Schienensammler oder Bauchsammler. Die Unterlippe und Unterkiefer er- reichen oft eine sehr bedeutende Länge. Letztere legen sich scheidenförmig um die Zunge und haben nur rudimentäre Taster. Die Bienen leben sowohl solitär als in Gesellschaften und legen ihre Nester in Mauern, unter der Erde und in hohlen Bäumen an und füttern ihre Larven mit Honig und Pollen. Einige bauen keine Nester, sondern legen ihre Eier in die gefüllten Zellen anderer Bienen. Schmarotzerbienen. 1. Subf. Andreninae, tichenke]s-Amm\ci\ Unterlippe mit kurzer breiter Zunge, aber mit meist stark verlängertem Kinn, mit 4gliedrigen Labialtastern. Prosopis Fabr. Körper klein und schlank, wenig behaart, fast kahl. Hinterbeine nur am untern Schienenabschnitt behaart. Mandibeln ohne Zahn am Innenrand. Zunge breit und stumpf. Kiefertaster länger als die Lade. Flügel mit 2 Cubitalzellen. Kleiden ihre Bruthöhle mit Schleim aus, der zu einer dünnhäutigen Zelle erhärtet {Colletes). P. annulata L. Sphecodes Latr. Körper schlank und wenig behaart. Hinterschine stärker behaart. Fühler des Männchens knotig. Zunge zugespitzt, lanzetförjuig und behaart. Maxillar- lade kurz. S. gibbus L. Die Larve lebt in den Nestern von Halictus parasitisch. HaUctus Latr. [Uylaeus Fabr.). Körper stärker behaart. Behaarung der Hinter- beine zu Fersenbürsten umgestaltet. H. quadricinctus Fabr. Andretza Fabr., Erdbiene. Zunge dreieckig bis lanzetförraig , viel länger als die stabförmigen Paraglossen. Kiefertaster länger als die Lade. Flügel mit 3 Cubitalzellen. A. cingulata Kirb. A. einer aria L. Dasypoda Latr. Zu.nge scharf zugespitzt, mit kurzen Paraglossen. Kör])er dicht behaart. Sammelapparat an Schienen und Fersen sehr entwickelt. Kiefertaster nicht 1) W. Kirby, Monographia apum Angliae. 2 Vol. Ipswich. 1801. Klug, Kritische Revision der Bienengattungen. F. Smith, Catalogue of Hymenopterous Insects in the coUection of the Brit. Museum. London. 1854. 1876. H. Müller, Anwendung der Darwin'schen Lehre auf Bienen. Verh. des acad. Vereins der preuss. Rheinlande. 1872. Vergl. ferner zahlreiche Schriften von Klug, Nylander, Schenk, Morawitz, F. Smith u. z. a. Nomadinae. Anthidiinae. Eucerinae. Apinae. 819 so lang als die Lade. Hinterschienen meist sehr lang und behaart. Flügel mit 2 Cubitalzellen. B. Mrtipes Fabr. Macropis Panz. Schienen und Fersen der Hinterbeine mit kurzen Sammelhaaren, trafen bereits Honig durchtränkte Poilenballen, Kann schon als Schienensammler gelten. 2. Subf. Nomadinae , Schmarotzerbienen. Körper ziemlich nackt. Zunge lang. Die 2 Endglieder der Igliedrigen Lippentaster kurz. Weibchen ohne Sammelborsten am Leib oder an den Hinterbeinen , legen ihre Eier in die Zellen anderer Bienen ab. In dem Bau der Mundtheile scheinen sie der ursprünglichen Stammform am nächsten zu stehen. Nomada Fabr. Körper schlank, fast kahl, wespenähnlich. Maxillartaster Ögliedrig. Zunge lang und spitz^ mit sehr kurzen Nebenzungen. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen, N. ruficornis Kirb. Mehcta Latr. Körper gedrungen und dicht behaart, mit eirundem Hinterleib. Paraglossen lang, borstenförmig. Kiefertaster Sgliedrig. M. punctata Fabr. Epeolus Latr., Crocisa .Tur., Coelioxys Latr. u. z. a. G. 3. Subf. Anthidiinae, Bauchsammler. Zunge lang, die Endglieder der -igliedrigen Lippentaster kurz. Die Weibchen mit dicht gestellten Borstenreihen an der Bauchseite der letzten Hinterleibssegmente, an denen sie Pollen einsammeln. Anthidium Fabr. Mandibeln breit, 3— .5zähnig. Zunge spitz, doppelt so lang als die Lippentaster. Paraglossen kurz. Kiefertaster Igliedrig. Flügel mit 2 Cubitalzellen, Hinterleib kurz, kuglig. A. manicatum L. Megachile Latr. Kopf sehr breit. Oberlippe lang. Kieferlade säbelförmig. Bauch dicht behaart. Maxillartaster sehr kurz, 2gliedrig. M. argentca Lep. M. centuncularis, Blattschneidei-biene. Verfertigt fingerhutförmige Brutzellen aus Blättern. M. {Chalico- doma) muraria Lep. Osmia Panz. Körper ganz behaart. Mandibeln 2— 3zähnig. Zunge kürzer. Kiefer- taster 3— 4gliedrig. 0. bicornis L. Chelostoma Lep. 4. Subf. Eucerinae, Schienensaumiler. Zunge lang. Labialtaster -tgliedrig, mit kurzen Endgliedern. Aeussere Seite der weiblichen stark verbreiterten Hinterschienen und Tarsen mit Sammelhaaren besetzt. Leben solitär. Eucera Fabr. Fühler des Männchens von Körperlänge. Vorderflügel meist mit 2 Cubitalzellen. Kiefertaste^ 6gliedrig. Zunge fast doppelt so lang als die Lippentaster. E. longicornis Fabr. Macrocera Latr. Anthophora Latr. Körper dick, lang und dicht behaart. Zunge sehr lang und schmal, doppelt so lang als die Labialtaster. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen. Bauen in Mauerspalten imd in Lehmboden. A. pilipes Fabr. wird von Melecta punctata heim- gesucht. A. hirsuta Latr. Xylocopa Latr., Holzbiene. Kopf des Weibchens sehr dick. Kiefertaster ßgliedrig. Hinterleib an den Seiten lang behaart. Hinterschienen nur an der vordem Endecke mit einem Sporn. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen, von denen die Innern oft unvoll- ständig geschieden sind. X. violacea Fabr. , baut senkrechte Gänge in Holz und theilt sie durch Querwände in Zellen. 5. Subf. Apinae. Gesellig lebende Bienen mit langer Zunge. Dichte Behaarung am Aussenrand der verbreiterten Hinterschienen und an den Hintertarsen. Pollen- anhäufung an der glatten Aussenfläche der Hinterschienen (Körbchen). Stehen im Bau der Flügel und Mundtheile den Bauchsammlern am nächsten. Bambus ') Latr. , Hummel. Körper plump , pelzartig behaart. Hinterschienen mit 2 Enddornen. Kiefertaster klein, 2gliedrig. Zunge länger als die Lippentaster, mit 2 1) 0. Schmiedeknecht, Monographie der in Thüringen vorkommenden Arten der Hymenopterengattungen Bombus. Jen. naturw. Zeitschr. Tom. XIL 1878, ferner die Schriften von Kriechbaumer und Dalla Torre. 820 Apinae. kurzen Paraglossen. Die Nester werden meist in Löchern unter der Erde angelegt und umfassen eine nur geringe Zahl, etwa 50—200, selten 500 Arbeitshummeln neben dem befruchteten Weibchen. Sie bauen keine künstlichen Waben, sondern häufen unregel- mässige Massen von Pollen an, welche mit Eiern besetzt werden und den ausschlüpfenden Maden zur Nahrung dienen. Dieselben fressen in den Pollenklumpen zellige Höhlungen aus und bilden ausgewachsen eiförmige, frei, aber unregelmässig neben einander liegende Cocons. Auch das Hummelnest wird von einem einzigen überwinterten Weibchen ge- gründet, welches anfangs die Geschäfte der Brutpflege allein besorgt, später betheiligen sich an denselben die ausgeschlüpften verschieden grossen Arbeiter, die selbst auch un- befruchtete Eier ablegen. B. lapidarius L. , Steinhummel. B. muscorum L. , Acker- hummel. B. terrestris L., Erdhummel. B. hortorum L., Gartenhummel. B. hypnorum L., Mooshummel u. z. a. A. Die Gattungen Apathus und Psitlirjrus Lep. umfassen Schmarötzerhummeln, die sich durch die Bogenstellung der Nebenaugen und durch den Mangel der Fersenhenkel (Fortsatz der Hinterferse) unterscheiden. Apis^) L., Honigbiene. Mandibeln mit fast löffeiförmig verbreitertem Ende. Maxillartaster sehr klein. Vorderflügel mit 3 Cubitalzellen. Die Hinterschienen ohne die beiden Enddornen. Die Arbeiter mit seitlich getrennten Augen, mit eingliedrigen Kiefertastern. Die Aussenfläche der Hinterschienen grubenartig eingedrückt, von ein- fachen Randbörsten umstellt (Körbchen), die Innenfläche des breiten Tarsus mit regel- mässigen Borstenreihen besetzt (Bürstchen). Das Weibchen, Königin, mit kürzerer Zunge, längerem Hinterleib, ohne Bürstchen. Das Männchen, Drohne, mit grossen zu- sammenstossenden Augen, breitem Hinterleib und kurzen Mundtheilen, ohne Körbchen und Bürstchen. A. mellifica L., Hausbiene, weit über Europa und Asien nach Afrika verbreitet. Die Arbeitsbienen bauen im freien Naturleben in hohlen Bäumen oder in sonst geschützten Räumen, unter dem Einfluss der Cultur des Menschen dagegen in zweck- mässig eingerichteten Körben oder in Stöcken und zwar stets senkrechte Waben. Das zum Wabenbau verwendete Wachs erzeugen sie im Stoft'wechsel ihres Organismus als Umsatzproduct des Honigs und schwitzen dasselbe in Form kleiner Täfelchen zwischen den Schienen des Hintei'leibes aus. Die Waben bestehen aus zwei Lagen von horizon- talen 6seitigen Zellen, deren Boden aus drei Rhombenflächen gebildet wird. Die kleinern Zellen dienen zur Aufnahme von Vorräthen (Honig und Blüthenstaub) und zur Arbeiter- brut, die grössern für die Aufnahme von Honig und Drohnenbrut. Ausserdem finden sich am Rande der Waben zn bestimmten Zeiten eine geringe Anzahl von grossen un- regelmässigen Königinnenzellen (Weisel wiegen), in welchen die Larven der weiblichen Bienen aufgezogen werden. Wenn die Zellen mit Honig gefüllt sind oder die in ihnen befindlichen Larven die Reife zur Verpuppung erlangt haben, werden sie bedeckelt. Eine kleine Oefthung am Grunde des Stockes dient als Flugloch, im Uebrigen sind alle Spalten und Ritzen mit Stopf wachs verklebt, und es dringt kein Lichtstrahl in das Innere des Baues. Die Arbeitstheilung ist in keinem Hymenopterenstaate so streng durchgeführt als in dem der Bienen. Nur eine befruchtete Königin ist da und besorgt einzig und allein die Ablage der Eier, von denen sie an einem Tage mehr als 3000 abzusetzen im Stande ist. Die Arbeitsbienen theilen sich in die Geschäfte des Honig- erwerbes, der Wachsbereitung, der Fütterung der Brut und des Ausbaues des Stockes. Die Drohnen, überdies nur zur Schwarmzeit in verhältnissmässig geringer Zahl vor- handen (200—300 in einem Stocke von 20000 bis 30000 Arbeitern) haben das Privileg des Genusses und besorgen keinerlei Arbeit im Stock. Nur die Drohnen gehen im Herbst zu Grunde (Drohnenschlacht) ; die Königin und die Arbeitsbienen überwintern, von den angehäuften Vorräthen zehrend unter dem 1) F. Huber, Nouvelles observations sur les Abeilles zool. Paris. 1814. Dzierzon, Rationelle Bienenzucht. Brieg. 1848. A. v. Berlepsch, Die Biene und die Bienenzucht. Mühlhausen. 2. Aufl. 1865. Eichstädter Bienenzeitung mit Aufsätzen von Dzierzon, v. Siebold, Leuckart u. a. Apinae. 821 Wärmeschutze des dichten Zusammenlebens im Stocke. Noch vor dem Reinigungs- ausflug in den ersten Tagen des erwachenden Frühlings belegt die Königin zuerst die Arbeiterzellen, später auch Drohnenzellen mit Eiern. Dann werden auch einige Weisel- wiegen angelegt und in Intervallen jede mit einem weiblichen (befruchteten) Eie besetzt. In diesen letztern werden die Larven durch reichlichere Nahrung und königliche Kost (Futterbrei) zu geschlechtsreifen begattungsfähigen Weibchen, Königinnen, erzogen. Bevor die älteste der jungen Königinnen ausschlüpft, — die von der Absetzung des Eies bis zum Ausschlüpfen 16 Tage nöthig hat, während sich die Arbeiter in 20, die Drohnen in 24 Tagen entwickeln — verlässt die Mutterkönigin mit einem Theile des Bienenvolkes den Stock (Vorschwarm). Die ausgeschlüpfte junge Königin tödtet ent- weder die noch vorhandene Brut von Königinnen und bleibt dann in dem alten Stock oder verlässt ebenfalls, wenn sie von jenem Geschäfte durch die Arbeiter zurückgehalten wird und die Volksmenge noch gross genug ist, vor dem Ausschlüpfen einer zweiten Königin den alten Stock mit einem Theile der Arbeiter (Nachschwarm oder Jungfern- schwarm). Bald nach ihrem Ausschlüpfen hält die junge Königin ihren Hochzeitsflug, und kehrt mit dem Begattungszeichen in den Stock zurück. Nur einmal begattet sich die Königin während ihrer ganzen auf 4 bis 5 Jahre ausgedehnten Lebensdauer, sie ist von da an im Stande, männliche und weibliche Brut zu erzeugen. Eine flügellahme zur Begattung untaugliche Königin legt nur Drohneneier, ebenso die befruchtete Königin im hohen Alter bei erschöpftem Inhalt des Receptaculum seminis. Auch Arbeiter können zum Legen von Drohneneiern fähig werden (Drohnenmütterchen), die Larven der Arbeiter aber im frühen Alter durch reichliche Ernährung zu Königinnen erzogen werden. Als Parasiten an Bienenstöcken sind hervorzuheben: der Todtenkopfschwärmer, die Wachsmotte, die Larve vom Bienenwolf {Trichodes apiarius) und die Bicncnlaus {Braula coeca). Die bekannten Varietäten der Honigbiene sind A. ligustica, die italienische und A. fasciata, die egyptische Biene. Andere Arten sind A. indica Fahr., A. doisata Fabr. Die Gattungen MeliponalW. [M. scuteUarisLa.it.), Trigona^) {T. lineata Leu.) u. a. umfassen kleine amerikanische, stachellose Bienenarten, scheinen jedoch der Gattung Apis minder nahe zu stehen als man bislang glaubte. Bezüglich des Haushaltes besteht eine der ausfallendsten Abweichungen darin, dass sie ihre Brutzellen schon vor Ablage des Eies mit Honig füllen und nachher zudeckein, sodass die ausschlüpfende Made alles Nähr-Material vorfindet. (Fr. Müller). Auch verfertigen die Bienen zur Aufspeicherung des Honigs grosse fassförmige Behälter, welche von den sechsseitigen Zellen der Brut- waben wesentlich verschieden sind. Diese sind horizontal gestellt, unter einander durch Pfeiler verbunden und enthalten nur eine Zellenlage, sind auch räumlich mit dem die Honigkrüge enthaltenden Bau nicht unmittelbar verbunden. Unter jenen Gattungen gibt es wie bei Bambus Formen, welche keine Nester bauen, sondern ihre Eier in die Nester anderer Arten legen. 1) Vergl. F. Smith, Transact. entom. Soc. of London. 3. Ser. I., ferner Fr. Müller, und Herm. Müller, Jahresb. Zool. Section Westf. Verein. Münster. 1875. Tomaschek, Ein Schwärm der amerikanischen Bienenart Trigona lineata lebend in Europa. Zool. Anzeiger. 1880. No. 42. 48. Pag. 128 >> 195 „ 197 „ 198 >j 199 j> 203 >> 291 ,, 292 „ 306 „ 310 „ 312 „ 313 „ 337 „ 343 » 314 344 ,, 345 „ 345 „ 345 „ 352 )» 368 ,, 445 ,, 459 >» 473 „ 475 >» 480 ,, 485 „ 512 Sinnstörende Druckfehler im ersten Bande. 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