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HANDBOLND AT THE

LNI\ T.RSITY OF TORONTO PRESS

FORTSCHPilTTE DER MATHEMATISCHEN WISSENSCHAFTEN

IN MONOÜKAPHIEN

HERAUSGEGEBEN VON OTTO BLUMENTHAL ^==^^^==1 HEFT 3 r=i=z=^ii=^=

GRUNDZÜGE EINER ALLGEMEINEN THEORIE DER LINEAREN INTEGRALGLEICHUNGEN

VON

DAVID HILBERT

LEIPZIG UND BERLIN ^ j^

DRÜCK UND VERLAG VON B. G.TEUBNER

1912

ALLK RECHTE, EINSCHLIESSLICH DES ÜBERSETZUNGSRECHTS, VORBEHALTEN.

Vorwort.

Im vorliegenden Buche bringe ich meine sechs Mitteilungen „Grund- züge einer allgemeinen Theorie der linearen Integralgleichungen" im wesentlichen so, wie ich sie während der Jahre 1904 1910 in den Nachrichten der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen ver- öflFentlicht habe, zum Wiederabdruck.^) Die in diesen Mitteilungen ent- haltene Theorie ist seitdem von meinen Schülern und anderen jüngeren Mathematikern durch wertvolle Untersuchungen ergänzt und in wesent- lichen Punkten weitergeführt worden. Ich sehe von allen besonderen An- gaben hinsichtlich der an meine Mitteilungen anknüpfenden Literatur ab und erwähne nur, daß Herr 0. Toeplitz ein umfassendes Lehrbuch der Theorie der linearen Integralgleichungen und der unendlichvielen Variabein gegenwärtig bearbeitet.

Neu hinzugefügt habe ich zum Schluß ein Kapitel über kinetische Ga.stheorie. Während es bisher bei allen zahlreichen Anwendungen der Theorie der Integralgleichungen stets eine Differentialgleichung gewesen ist, die die Theorie der Integralgleichungen vermittelte, erscheint in der •Gastheorie die lineare Integralgleichung primär als direkte Folgerung aus der Stoßforme], und da sich überdies die Theorie der Integralgleichungen zur systematischen Begründung der Gastheorie als unentbehrlich heraus- stellt, so erblicke ich in der Gastheorie die glänzendste Anwendung der ■die Auflösung der Integralgleichungen betreffenden Theoreme.

Die vorausgeschickte sachlich geordnete Inhaltsangabe^) soll zu- gleich als ein Leitfaden für die gesamte Theorie der Integral- gleichungen und ihrer Anwendungen dienen, wie sich diese gegenwärtig systematisch aufbauen und am übersichtlichsten darstellen läßt.

Göttingen, Juni 1912.

David Hilbert.

1) Erste Mitteilung (Gott. Nachr. 1904, S. 49—91), zweite Mitteilung rGött. Nachr. 1904, S. 213—259), dritte Mitteilung (Gott. Nachr. 1905, S. 307—338), vierte Mitteilung ((iött. Nachr. 1906, S. 157—227), fünfte Mitteilung (Gott. Nachr. 1906, S. 439—480), sechste Mitteilung (Gott. Nachr. 1910, S. 355—417): den sechs Mit- teilungen entsprechen die sechs Abschnitte dieses Buches.

2; Gott. Nachr. 1910, S. 595—618.

a*

Sachlich geordnete Inhaltsangabe.

(Die riiiiiisclieii Zahleu bezt-ichuen di»- Kapitelnummern.) Hauptteile A F:

A. Tlieorie der Funktionen unendlich vieler Veränderlicher (l.— l.).

B. Tfieorie der linearen Intcgralgldehimgen fS. 11.^.

C. Annendunii auf f/eNÖhnJiche Bifj'ermtialgleidimujen (\2. 19.^.

D. Anaendung auf partielle Ditfcrentialgleichungen (20. 2b.).

E. Anivendung auf die Theori<: der Fmiktionen einer komplexen Variabein (2Q.—28,)^

F. Anivtndnng auf Variationsrechnung, Geometrie, Hydrodynamik und Gastheorie (29.-32.).

A. Theorie der Funktionen unendlich Tieler Teränderlicher.

1. Definition der Beschränktheit. Eine Funktion von unendlich vielen Veränderlichen Fix^, x^, x^, . . .) heißt beschränkt, wenn ihr w-ter Ab- schnitt FiXy, x^, . . . x^, 0, 0, . . .) dem absoluten Betrage nach für alle Wertsysteme x^, x^, . . ., für die

(P=l, 2, •■)

•ist, unterhalb einer festen, von n unabhängigen Schranke M liegt. Speziell ist eine Linearform

a^x^ -\- «o.To +

dann und nur dann beschränkt, wenn

Ol Ol

a^- + af -\

konvergiert; eine Bilinearform

(p, 9 = 1, 2/.\.f

wenn

p, 7 = 1,2,...«

unterhalb einer von n unabhängigen Grenze 31 liegt. Eine lineare Transformation

Vp = ^^^y, (P = 1, 2, . . .)

Iv = 1,2,. .':/

A. Theorie der Funktionen unendlich vieler Veränderlicher. 2. 4. V

heißt beschränkt, wenn die zugehörige Bilinearform

(J>,q=l, 2, . A) '^

beschränkt ist. Eine solche Transformation führt jedes Wertsystem mit konvergenter Quadratsumme in ein ebensolches über. (XI. S. 125 126.)

2. Die FaUungssätze besagen, daß die sukzessive Ausführung, d. h. „Faltung", zweier oder mehrerer beschränkter Transformationen selbst wieder eine beschränkte lineare Transformation ergibt, (XL S. 128) und ferner, daß dieser Zusammensetzungsprozeß assoziativ ist (XL S. 129). Wendet mau auf die Yariabeln einer beschränkten linearen, quadratischen oder bilinearen Form eine beschränkte lineare Transformation an, so ist das Resultat eine beschränkte Form derselben Art.

3. Eine orthogonale Transformation ist eine solche lineare Trans- formation

yp = ^o^^x^, [p = 1, 2, ...),

(v)

■die den beiden Bedingungen

0, ?^ + g

^0 0

(r) ^ ' {1, p = q

^0 0 =

genügt (XL S. 129—130). Zwei Linearformen

(p) ip)

heißen zueinander orthogonal, wenn

ist. Unendlich viele Linearformen bilden ein vollständiges Orthogonal- system, wenn ihr Koeffizientenschema dasjenige einer orthogonalen Transformation ist. Ein System von endlich oder unendlich vielen ortho- gonalen Linearformen kann durch Hinzufügung von endlich oder abzähl- bar vielen Linearformen zu einem vollständigen Orthogonalsystem ergänzt werden. (XL S. 141—143.)

Die Faltunor zweier Bilinearformen ist orthogonalen Transformationen gegenüber kovariant. (XL S. *131.)

4. VollsfetigJceit. Es seien

^ (1) ^ (1) ^ (1)

■^1 7 '*'2 1 '''Z } '

VI A. Theorie der Funktionen unendlich vieler Veränderlicher. 5.

unendlich viele Wertsysteme, deren Quadratsumme kleiner als 1 ist und die die ,,Häufungsstelle" x^, x^, x^, ... besitzen in dem Sinne, daß

Lx;"^ = x^

n = 00

ist: dann heißt eine Funktion F{Xi, x^, . . .) vollstetig, wenn für jede Folge solcher Wertsysteme

LF{x,^"\x,^"\ ..:) = F(x„ x„ ...)

n = 00

ist (XL S. 147, XIU. S. 174—175.) Jede beschränkte Linearform ist voU- stetig, indessen nicht jede beschränkte quadratische oder bilineare Form; so ist

v^x^^ + ^2^2' H

dann und nur dann vollstetig, wenn

7| = 00

während diese Form z. B. für

v^ = l, J'2 = 1 j noch beschränkt bleibt. (XL S. 148.) Die Bilinearform

(P- 9)

ist jedenfalls dann voUstetig, wenn

(P, 9)

konvergiert (XL S. 150—151, XIL S. 164).

Weitere hinreichende Kriterien für Vollstetigkeit beschränkter quadra- tischer Formen (XL S. 151. Satz 36).

Für vollstetige Funktionen gilt, wie bei endlicher Variabeinzahl, der Satz von der Existenz des Maximums (XL S. 148). Weiteres über voll- stetige Funktionen (XIII. S. 175 177).

5. Theorie der voUsfetigen Formen. Jede vollstetige quadratische Form läßt sich durch orthogonale Transformation ihrer Veränderlicheii auf die Form bringen

wobei

n = OB

ist; die k^^ sind die reziproken Eigenwerte (XL S. 148, Satz 35). Direkter independenter Beweis dieses Satzes (XL S. 148 150).

Analoge Sätze gelten für die simultane Transformation zweier quadratischer Formen, deren eine vollstetig und definit ist, während die andere die Form v^x^^ -\- v^x^^ -\- hat unter r„ die Werte + 1 ver- standen — (XIII. S. 156 162 Satz 38, 38*), sowie für die Transformation

A. Theorie der Funktionen unendlich vieler Veränderlicher. 6. 7. VII

der Hermiteschen und der schiefsymmetrischen Form auf eine Normal- form (XII. S. 162—164, Satz 39).

6. Vollstetige lineare Gleichungssysteme. Ist

eine vollstetige ßilinearform, so hat das Gleichungssystem (1 + a^^)x^ + a^^x, + a^^x^ -\ = a^,

^21 "^1 I i^ I ^22) "^2 I ^23 "^3 ~r ' ^^ ^2>

alle wesentlichen Eigenschaften der linearen Gleichungen mit endlich A'ielen Unbekannten; d. h. dieses Gleichungssystem hat entweder für jedes Wertsystem a^, a^, ... mit konvergenter Quadratsumme eine und nur eine Lösung x^, x^, ... von konvergenter Quadratsumme, oder das homo- gene Gleichungssystem, das aus ihm entsteht, wenn man

a^ =0, »2 = 0, . . . setzt, besitzt eine endliche Anzahl linear unabhängiger solcher Lösungen; im letzteren Falle besitzt das „transponierte" Gleichungssystem

i'j) genau ebenso viele linear unabhängige Lösungen, und das ursprüngliche inhomogene Gleichungssystem ist dann und nur dann auflösbar, wenn die rechten Seiten a^, a^, ... ebenso vielen linearen Bedingungen genügen (XII. S. 164—174, Satz 70).

7. Theorie der heschränMen quadratischen Farmen. Im Gegensatz zu den voUstetigen Formen bieten die nicht vollstetigen beschränkten Formen Verhältnisse dar, die denen bei endlicher Variabeinzahl nicht analog sind; doch gilt das folgende Theorem, das durch Grenzübergang vom algebrai- schen Problem (XL S. 111—112) aus gewonnen wird (XL S. 113ff.): In einer nicht vollstetigen beschränkten quadratischen Form

K{x) = K{x^, Ä'o, . . .) lassen sich die Variabein x^, x^, . . . stets so orthogonal in x^, x.^, . . . £j, I2; transformieren, daß

ir(.)=^.„.;^+/^^

I)

(»)

wird. Dabei ist das Integral (im Stieltjesschen Sinne) über eine perfekte Punktnienge s der u- Achse, das „Streckenspektrum", zu erstrecken, und die

Spektralform öf«; I) =^<yp/.«)l^l,^ bedeutet eine vom Parameter ju.

(p, ?)

VIII A. Theorie der Funktionen unendlich vieler Veränderlicher. 7.

abhängige positiv definite quadratische Form, deren Wert für jedes feste Wertsystem der t als Funktion von // von 0 bis ^b„" monoton wächst

und die die zu ihrer Charakterisierung hinreichenden Relationen

(r) (^) (») W

{') {1»

identisch für alle stetigen Funktionen t<(iii) erfüllt (XI. S. 145 146, Satz 33). Die aus dem Streckenspektrum, den Eigenwerten , , , , . . . d. h. dem

„Pi(nli.^peltru))i^' (XI. S. 119) und ihren Häufungsstellen bestehende Punkt- menge heißt das Speldrum von K{x) (XI. S. 122); für jedes dem Spektrum nicht angehörige X haben die aus der Form

(p) entspringenden inhomogenen Gleichungen

(7)

für jedes Wertsystem y von konvergenter Quadratsumme eine eindeutig bestimmte Lösung x^, x^, x^, ... von konvergenter Quadratsumme; diese wird mit Hilfe einer beschränkten quadratischen Form

K(A; X) = >;'^..W^Ä=2™ +

'rfg(^; I)

{P,<J) /- = 1,2,... J 1-

(■>■)

der „Resolvente" von K{x), dargestellt durch die Formeln

(7)

Für jedes Wertsystem der x ist K(A;a;) eine analytische Funktion von A. (XI. S. 137 138, Satz 32.) Die homogenen Gleichungen

^,~^2^,x,=0 (2>=1, 2, ...)

(7)

haben dann und nur dann eine Lösung von konvergenter Quadratsumme, wenn X ein Eigenwert ist, und so viele unabhängige Lösungen, als dessen Yielfachheit angibt (XL S. 147, Satz 34).

Ein Beispiel einer beschränkten Form mit Streckenspektrum (XL S. 153— ir)5).

Die Resolvente gewisser nicht beschränkter Formen (XL S. 124 bis 125, Satz 31).

B. Theorie der linoaren Tntegralgleichuugeii. 8.-9. IX

B. Theorie der linearen lutegralä^Ieichuiififeii.

8. Der Zusammenhang zivisclien unendlich vielen Variahein und Intefjral- gleichimgen wird vermittelt durch eiu vollständiges orthogonales Funktionensystem 0^{s), ^^i^), ... für das Intervall a^s-^h, d. h. ein System von abzählbar vielen Funktionen, die den Bedingungen genügen

f^(s)<^(s)ds=\ ^,(Orthogonalitätsrelationen),

^1 fu{s)0^^{s)ds\ -=Ju{s)-ds, {VollständifjJceitsrelafion)-

dabei muß die letztere Relation für jede stetige Funktion u(s) gelten. (XIII. S. 177 178.) Jeder endlichen und stetigen Funktion f(s) sind in bezug auf dieses System unendlich viele Größen, ihre „Foiirierkoeffisienten^' a zugeordnet vermöge der Gleichungen

o o o

b

a

jeder endlichen und stetigen Punktion K(s, f) von zwei Variabein s, f ebenso zweifach unendlich viele Größen

6 6

%'i -JS^^'^ 0 %{^) ^,{i)ds dt {p, ry = 1, 2, . . .) .

a a

Die a sind Koeffizienten einer beschränkten Linearform, die a Koeffi- zienten einer beschränkten und sogar vollstetigen Biliuearform (XIII. S. 181). Ist K(s,t) symmetrisch, so sind %q= ciqp'^ ^^'n.j Koeffizienten einer voll- stetigen quadratischen Form (XIV. S. 186).

9. Lineare Integralgleichungen zweiter Art. Setzt man

b a

SO liefert jede stetige Lösung der unhomogenen bzw. homogenen Integral- gleichung mit dem „Kern" K{s, /)

h

f{s)=^cp{s)+fK(s,t)cpit)dt

a

bzw.

b

0 = (p{s) + jK{s,t)(p{t)dt

a

eine und nur eine Lösung des inhomogenen bzw. homogenen Gleichungs- systemes

X , B. Theorie der linearen Integralgleichungen. 10.

(») bzw. \ (}i = 1, 2, . . .).

(v) >

Umgekehrt orehört zu jeder Lösung von konvergenter Quadratsumme des einen dieser Gleichungssysteme mit unendlich vielen Variabein eine und nur eine stetige Lösung der entsprechenden Integralgleichung, nämlich:

cp{s) = f{s)-2xjK{s, f)0/t)dt-

demnach liefern die Sätze von 6. die Fredholmschen Sätze über die Auf- lösung der unhomogenen und homogenen Litegralgleichung (XIIL S. 180 bis 185).

Ableitung der Lösungsformeln (Fredholmsche Formeln) unab- hängig von der Theorie unendlich vieler Variabler durch Grenzübergang vom algebraischen Problem aus fll. S. 8 13; IX. S. 68.)

Sätze über die aus K zusammengesetzten Kerne (IX. S. 67 70).

Ausdehnung auf unstetige Kerne (XV. S. 204; IX. S. 68).

Zusammenfassung zweier simultaner Integralgleichungen in eine Integralgleichung (XVI. S. 210).

10. Orthogonale lineare Integralgleichnny. In gleicher Weise liefern die Sätze von 5. die Theorie der Integralgleichung mit stetigem symmetri- schen Kern K{s,l) = K{t, s) und einem Parameter X (XIV. S. 185—194).

h

f{s) = (p{s)- xjK(s, t)(f{t)dt.

a

Jeder nicht identisch verschwindende Kern K(s, t) hat mindestens einen „Eigenicetf A, für den die gzuehörige homogene Integralgleichung [f = 0} eine nicht identisch verschwindende Lösung, die zugehörige „EigenfimJition'\ besitzt. (XIV. S. 188; zum ersten Male bewiesen III. S. 16.) Jeder Eigen- wert hat endliche Vielfachheit, d. h. es gibt nur endlich viele zu- gehörige linear unabhängige Eigenfunktionen. Falls der stetige Kern K(^s, ty nicht eine Summe von endlich vielen Produkten (Pp{s)(p (t) ist, so gibt es unendlich viele Eigenwerte, die sich nur gegen co häufen (XIV. S. 192^ IV. S. 22). Ist X kein Eigenwert, so hat die homogene Integralgleichung keine, die unhomogene eine und nur eine Lösung, die sich durch eine^ vom Parameter X analytisch abhängende „Resolvente" K(.s, t] X) in der Form

cp{s) = f(s)-hXfK{s,t;X)f{t)dt

a

ausdrückt (II. S. 12).

B. Theorie der linearen Integralgleichungen. 10. XI

Das zugehörige „Gaußsclie" Variationsproblem: das Maximum der Werte, die das Doppelintegral

h b J{u) =JJK{s, t)u{s)u{t)dsdt,

a a

die „quadratische Integralfortn", für alle der Bedingung

h

f(u{s)yds = 1

a

genügenden stetigen Funktionen u annimmt, ist gleich dem kleinsten positiven Eigenwert, die zugehörige Funktion u ist irgend eine der zum betreffenden Eigenwert gehörigen Eigenfunktionen; die weiteren Eigen- werte und Eigenfunktionen erhält man, indem man zu diesem Variations- problem noch sukzessive lineare Nebenbedingungen hinzufügt (XIV. S. 193; V. S. 28 30). Ist stets J{u) > 0, so heißt der Kern definit. Alle Eigen- werte sind dann positiv (V. S. 28).

Die sämtlichen Eigenfunktionen cp^{s), (f2{s), bilden ein orthogo- nales Funktionensystem (XIV. S. 187); unter Umständen ist es zugleich ein voUständiges (XIV. S. 193—194).

Jede durch Vermittlung einer stetigen Funktion g in der Gestalt

f{s)=^lK(s,t)g(t)dt

darstellbare Funktion f[s) läßt sich auf Fouriersche Weise in eine nach den Eigenfunktionen (p-^, (p^, ... fortschreitende, gleichmäßig und absolut; konvergente Reihe

b

(p) {p) «

b

(p) ^p ^

a

entwickeln. (XIV. S.190.) Speziellere Entwicklungssätze über „a&^esc/iZossme'' und „allgemeine^'' Kerne. (IV. S. 24 25.)

Die quadratische Integralform Jiii) gestattet für aUe stetigen Funk- tionen u{s) die Entwicklung

t dieselbe konvergiert für alle u{s), für die Ju^ds unterhalb einer Schranke

a

bleibt, absolut und gleichmäßig. (IIL, S. 19—20.)

XII C. Anwendung auf gewöhnliche Differentialgleichungen. 12—13.

Ableitung dieser Theorie unabhängig von der Theorie der Funktionen unendlich vieler Variabeln durch Grenzübergang vom entsprechenden algebraischen Problem aus (III. S 13—21; das algebraische Problem: I. s. 4 8). Darstellung der Resolvente K(s, f; l) als Quotient zweier ganzer transzendenter Funktionen von k, d. h. die Fredliohnschen Formeln (II. S. 11 13). Ergänzung betreffend mehrfache Eigenwerte (VI. S. 35 38).

Ausdehnung auf unstetige Kerne (VI. S. 30 35); (XV. S. 204).

Anwendung der Theorie auf die adjungierten Eigenfunktionen eines unsymmetrischen Kernes (XIV. S. 194).

11. Polare lineare Integralgleichungen.

Entwickhing der analogen Eigenwert- und Eigenfunktionentheorie

für die Integralgleichung

I)

f{s) = V{s)ip{s) - xjK{s, tMt)df,

a

vro Vis) stückweise + 1 oder 1 ist und K{s, t) einen symmetrischen positiv-definiten Kern bedeutet (XV. S. 195—204).

C. Anweiiduiig: auf gewöhnliche Ditt'ereutialgleiehimgeu.

12. Die Greensche Formel.

Für die allgemeinste sich selb.st adjungierte Differentialgleichung zweiter Ordnung

i(") - J. (p 1^) + = 0 ü'>0)

lautet die Greensche Formel, wie folgt (VII. S. 40):

J{vL{u) - uL{v) } dx = [p[v "^ - u '^.) |-

a

Die Grundlösung y{x, ^) ist in bezug auf x zweimal stetig differen- zierbar und genügt für alle von t, verschiedenen Werte x innerhalb des Intervalles a bis h der Gleichung L('u) -= 0; für x = 'g ist sie stetig, während ihre erste Ableitung den Abfall 1 aufweist. Sind ii^ix), Mgf^) zwei unabhängige Lösungen von L{ii) = 0, so stellt sich eine Grundlösung in der Gestalt dar:

(VII. S. 40).

13. Bandbedingungen.

Es kommen fünf Arten von homogenen Randbedingungen in Be- tracht (VII. S. 41—42):

C. Anwendung auf gewöhnliche Differentialgleichungen. 14. 15. XIII

I. /•(«) - 0, m - 0;

V. f{x) soll in der Nähe des Randpunktes x = a sich in der Form {x aY e{x) darstellen lassen, wo e{x) eine für x = a endlich bleibende Funktion bedeutet;

V*. f{x) soU bei der Annäherung an den Randpunkt x = a endlich bleiben.

14. Die Greensclie Funliion G{x, |).

Eine Grundlösung g{x, |) für das Intervall (a, h), die in bezug auf x und identisch in | an den Randpunkten zwei homogene Randbedingungen, befriedigt, heißt die zu diesen Randbedingungen gehörige Greensche Funk- tion der Differentialgleichung L{ii) = 0: ferner heißt der Quotient

G(x, h) = ,L die Greensche Funktion des Differentialausdruckes L(u)- (VII. S. 42—43).

Wenn eine Greensche Funktion nicht existiert, so besitzt die Differen- tialgleichung L{ii) = 0 eine nicht identisch verschwindende stetig differen- zierbare Lösung ■^^{x), die die betreffenden Randbedingungen erfüllt. Wir konstruieren dann ein Integral g{x, |) der inhomogenen Differentialgleichung-

6

L(u) =p{l)n^\x)ri^^{^), jVixfdx = 1,

a

dessen Ableitung an der Stelle x = h, den Abfall 1 erfährt, das an den Randpunkten die Randbedingungen erfüllt und die Gleichung

a

fg{x,^)tk'{x)dx = 0

b

befriedigt. Die Funktionen g{x, ^) und -— 4f werden als Greensche Funk- tionen im enveiterten Sinne bezeichnet. (VLI. S. 44 45, XVIII. S. 233.) Das Symmetriegesetz der Greenschen FunJction G {x, ^) = G (^, x)- (VII. S. 45).

15. Die Lösung der Bandwertaufgahe. Die Integralgleichung erster Art

f(x)=fG{x,h)<pmi

XIV C. Anwendung auf gewöhnliche Differentialgleichungen. 16.— 17.

wird durch die Formel

(p{x) = -Lf{{x))

gelöst; und umgekehrt gibt die Integralgleichung dasjenige Integral f{x) der Differentialgleichung, das dieselben Randbedingungen wie G{x, ^) er- füUt (VII. S. 45—47).

Die lösende Funktion der Integralgleichung

h

f{x) = ip{x)-XfG{x,l)cp{l)dl

ist gleich der zu denselben Randbedingungen wie G gehörigen Green- schen Funktion des Differentialausdruckes

A(u) = L{u) + Alt. <V1I. S. 47—49.)

16. Eigenicert- tind EigenfimMionentheorie der Differentialgleichung.

Die Differentialgleichung ^(m) = 0 besitzt unendlich viele Eigen- werte, d. h. es gibt unendlich viele Werte des Parameters X, für die die Differentialgleichung L{i() + 2w = 0 eine nicht identisch verschwindende Lösung, die zugehörige EigenfunUion, besitzt, die an den Randpunkten <3ie betr. homogenen Randbedingungen erfüllt (VII. S. 49 50).

Sind t''^'^\x), ^^'^\x), ... die zu irgend welchen Randbedingungen gehörigen Eigenfunktionen von Aiii) = 0, so folgt für jede stetige Funk- tion li{x) ans j

fh(x)t^'''\x)dx = 0 {m = 1, 2, . . .)

a

stets, daß h{x) identisch Null ist (VII. S. 50).

Jede zweimal stetig diff'erenzierbare und den Randbedingungen ge- nügende Funktion f{x) ist auf die Fouriersche Weise in eine nach den Eigenfunktionen fortschreitende gleichmäßig konvergente Reihe entwickel- bar (VII. S. 51).

Übertragung der Resultate auf die Differentialgleichung

ä^ {p "£) + («w + «w)» - 0,

wobei Jc{x)>0 ist. Beispiele. (2. S. 51—56.)

Differentialgleichungen, für die nur eine Greensche Funktion im er- weiterten Sinne existiert, und der zugehörige Entwicklungssatz. Beispiele. (VII. S. 55—56.)

17. Allgemeine Bifferentialgleicimngen.

Mittelst der Theorie der polaren Integralgleichungen werden die sämtlichen Resultate auf die Differentialgleichung

dx {P dl-) + <^5^^) + ^ ^(^^)" = 0 (p > 0)

C. Anwendung auf gewöhnliche Differentialgleicbungeii. 18. XY

ausgedehnt, wobei l-(x) eine endliche Anzahl von Malen sein Vorzeichen ändert. Existenz von unendlich vielen Eigenwerten (XVI. S. 205 206). 18. Systeme von simnltanen Differentialgleichungen.

Aus dem Variationsproblem

I,

JQ{ii\, u'o, Ui, u.^)dx = Min.,

a WO

-f 2q^^u\u^ + >*uMi^+ 2^12 Ml ^2 + r^iU^^, entspringen die linearen Differentialgleichungen 2. Ordnung (XVI. S. 206 bis 207):

/,(«„ «,) = 1 0-) - y^ = 0, L,K, „.) . ... (,1 (;^) - ^A^ = 0.

Die Greensche Formel für diese Differentialgleichungen (XVI. S. 207):

a

Das Greensche Funktionensystem für diese Differentialgleichungen ist ein System von Funktionen:

(?n («,!), Gi^{x,h,),

G^i^X, t,), (r22(:3:'', 5), die paarweise die Differentialgleichungen L^ = 0, Z^ = 0 sowie die Rand- bedingungen in bezug auf x befriedigen, und deren Ableitungen für x = h, einen gegebenen Abfall erfahren. (XVI. S. 207 208.)

Das Symmetriegesets dieses Funktionensjstems lautet: (XVI. S. 208)

G^^{x,^) = 6^22(1, a;). Die Lösung der Eandwertaufgahe: diejenigen Lösungen der Differential- gleichungen

Li (fi , fi) = (pi, L.2 ifi, Q = - 9'2 ; die bestimmte homogene Randbedingungen erfüllen, werden durch

t\{x) =/{ G,,{x, ^)cp,(X) + G,,{x, ^)cf,mdl,

a

Ux) =f{G,,ix, ^)cp,{^) + G,.M ^)g>S)](^'^

a

dargestellt, und umgekehrt, diese Integralgleichungen erster Art werden durch jene Funktionen (f^ix), (p^2{^) gelöst. (XVL S. 208.)

XM D. Anwendung auf partielle Differentialgleichungen. 19.— 20.

Eigenuoi- uni^ Eigmfunktimientheorie: diejenigen Funktioneupaare^ Uj(a:), n^{x), die an den Randpunkten homogene Randbedingungen erfüllen und das Gleichungssystem:

A^ = A(Wi, Wg) + ^ (^'ii(^)«i + ^"12 (^) «2) = 0,

y/g = Loi}^!, %) + ^ (^"2l(^)"l + ^'22 (^) "2) = 0

befriedigen, sind Eigenfunktionen der Integralgleichungen:

a

I,

U^{X) = A J{ (r2i(a:, ^){lnU, + ^-igWo) + Ö22(^, l)(^21«l + ä-22«*2)/<^I-^ a

(XVI. S. 209 211.) Die Existenz unendlich vieler Eigenwerte und Eigen- fimktionen; Entwicklungssätze. (XVI. S. 211.)

Greensche Funktionen im ericeiierten Sinne (XVI. S. 211 212).

19. Eine ^weipammetrige Bandivertaufgahe (Kleins Oszillationsiheorem). Treten in den Differentialgleichungen

;i (- äi) - (>■" + .«") •' - "

(2){x) > 0, a(x) > 0, für x^ ^x ^ x^) (n{^)>0, cc{i)>0, für l,£^<k)

die Parameter X, n nicht bloß in der Verbindung X + Cf^i auf (C = const.) auf, so existieren unendlich viele Paare von Werten l, [i, für welche das Diä'erentialgleichnngssystem ein Lösuugssystem y/,(x), >?/,(|) besitzt, derart daß y^{x) an den Enden und nicht überall im Inneren des Intervalles x^, x^, Vh{^) ^^ den Enden und nicht überall im Inneren des Intervalles li, I2 verschwindet; zugehöriger Entwicklungssatz. (XXI. S. 262 267.)

D. Amvendiiug auf partielle Differential gleithiiiigen.

20. Die Greensche Formel.

Für die allgemeinste sich selbst adjungierte Differentialgleichung zweiter Ordnung von elliptischem Typus

lautet die Greensche Formel, wie folgt (VIII. S. 59):

j { vUu) - uL{y) }dJ=^Jp (ti j;^-v^ ds,

wo J ein Gebiet der a;«/- Ebene mit der Randkurve C ist.

D. Anwendung auf partielle Differentialgleichungen. 21. 23. XVIT

Die Grundlösung ist eine Lösung der Differentialgleichung L(it) = 0 von der Gestalt

y{.x, y-, I, v) = ni^, ?/; 1. v) ^ log Vi^ iY +{y- vY + y^i^c, y- |, tj),

wobei Yi, y, zweimal stetig differenzierbare Funktionen sind, und außer- dem identisch in i,, >;

ist (VIII. S. 59-60).

21. Randbedingungen.

Es kommen fünf Arten von Randbedingungen in Betracht (VIII. S. 60

bis 61):

I. f{x, y) = 0 für alle Punkte ./ , y der Randkurve C;

II ^ = 0

dn " " " " " "

III. |^ + ;,^=o„

IV. (Ax,y)),-(M../)) ,. (|{\=-(^) für »Ue s,

"wobei s die Bogenlänge von einem beliebigen Punkte von C, l die Ge- samtlänge bedeutet;

V. f(x, y) soll bei der Annäherung an die Randkurve endlich bleiben.

22. Greensclie Funldion.

Eine Grundlösung g(x,y] ^.,1]), die als Funktion von x, y identisch in t], h, an der Randkurve C eine homogene Randbedingung befriedigt, heißt Greensche Funktion der Differentialgleichung L(u) = 0; ferner heißt

der Quotient ^'f.^'^l die Greensche Funktion des Differentialausdruckes

L{u). (VIII. S. 61.) Symmetriegesetz der Greenschen Funktion. (VIII. S. 62.)

Greensche Funktion im erweiterten Sinne. (XVIII. S. 233.)

23. Die Lösung der Randivertaufgahe. Die Integralgleichung erster Art

wird durch die Funktion

^'{x,y) = -T^L{f{x,y))

gelöst; umgekehrt stellt /"(jf, y) diejenige Lösung der Differentialgleichung dar, die denselben Randbedingungen genügt wie G{xy:,^i]). (^VUI. S. 62) Die lösende Funktion der Integralgleichung

f{x, y) = cp(x, y) - kj\r{xy; ^y])cp(^r})d^dr]

Math. Monogr. ;t: Hubert, lin. Iiitegralgleichungeu. D

XVIII D. Anwendung auf partielle Differentialgleichungen. 24.-25.

ißt die zu den nämlichen Randbedingungen gehörige Greensche Funktion der Differentialgleichung

A(u) = (Lu) + lH = 0.

Beweis der Existenz der Greenseben Funktion und der Lösbarkeit der Randwertaufgabe bei den Randbedingungen 1 und II (IX. S. 70 77). Existenz der Greenschen Funktion für die Randbedingung UI (IX. S. 78).

Andere Beispiele. Die sich gegenseitig auflösenden Integralgleichungen

erster Art:

+ x

"(I) = V- I v{x) cot g (;r ^ ^ ) '^^ -1

+ 1

V (I) = V- / w(^) cot g (ti ^~!^ ) dx.

(IX. S. 75.)

24. Eigenwert- und EigenfunJctionentheorie der partiellen Differential- gleichung.

Es gibt abzählbar unendlichviele reelle Werte die Eigenwerte des Parameters A, für die die Differentialgleichung

L{u) + Xu = 0 eine nicht identisch verschwindende Lösung die Eigenfunktion l)e- sitzt und die auf einer geschlossenen Randkurve homogene Randbedin- gungen erfüllt (VIII. S. 63); jede willkürliche Funktion ist auf die Fouriersche Weise in eine nach diesen Eigenfunktionen fortschreitende gleichmäßig konvergente Reihe entwickelbar. (VUI. S. 64.)

Auftreten eines Parameters in der Randbedingung. Es gibt unendlich viele Werte X, bei denen die vorgelegte DiÖ'erentialgleichuug L^u) = 0 eine nicht identisch verschwindende Lösung besitzt, die der Randbedingung

du . ^

cn

genügt; der zugehörige Entwicklungssatz (IX. S. 77 80).

25. Allgemeinere partielle Differentialgleichungen.

Verallgemeinerung auf partielle Differentialgleichungen, die zu Ge- bieten auf einer beliebigen krummen Fläche (statt zu ebenen Gebieten) gehören (VIII. S. 64—65).

Die Randwertaufgabe für das folgende System partieller Differential- gleichungen erster Ordnung von elliptischem Typus:

du dv , V,- = pu -f qv,

du . dv , , , dy dx

D. Anwendung auf partielle Differentialgleichungen. 25. XIX

Wenn diese Differentialgleichungen außer u = 0, v = 0, kein Lösuugs- system u, v besitzen, derart, daß u auf der gegebenen geschlossenen Kandkurve C verschwindet, so besitzen sie ein Lösungssystem u, v derart, daß u auf C die vorgeschriebenen Werte f{s) annimmt; im entgegen- gesetzten Falle existiert ein solches Lösungssystem dann und nur dann, Avenn/'(s) gewissen, endliehvielen Integralbediugungen genügt (XVII. S. 213 bis 219).

Definition des auf der Vollkugel regulären Differentialausdruckes ; seine Transformation und der adjungierte Diiferentialausdruck. (XVIII. S. 219 bis 223.) Die Methode der Parametrix. Die Parametrix ist eine symmetrische Funktion des Argumentpunktes s, t und des Parameterpunktes a, x auf der Kugel, die in allen 4 Veränderlichen beliebig oft differenzierbar ist, außer wenn Parameterpunkt und Argumentpunkt zusammenfallen, in welchem Falle sie in bestimmter Weise logarithmisch unendlich wird (XVIII. S. 223 2241 Konstruktion der Parametrix einer auf der VoUkugel resrulären Differentialgleichung und Nachweis ihrer Eigenschaften (XVIII. S.224 226). Wenn die auf der Vollkugel reguläre Differentialgleichung vom elliptischen Typus L{z) = 0 keine von Null verschiedene, auf der ganzen Kugel stetige Lösung besitzt, so hat die Differentialgleichung L{z)^=f, wo f irgend eine gegebene Funktion auf der Kugel bedeutet, stets eine solche Lösung. Yerallgemeinerung dieses Satzes für den Fall, daß L{z) =0 solche Lösungen besitzt (XVIII. S. 226 232). Konstruktion der Greenschen Funk- tion, d. h. einer Parametrix, die die vorgelegte Diffei*entialgleichung be- friedigt. (XVIII. S. 232 234.) Beweis der Existenz der Greenschen Funktion im „erweiterten Sinne". (XVIII. S. 233.) Es gibt unendlichviele Werte von X, ■derart daß L{z) + Xs ^= 0 eine auf der VoUkugel stetige Lösung, die zu diesem „Eigenwerte" gehörige „Eigenfunktion", besitzt; jede willkür- liche Funktion ist nach diesen Eigenfunktionen auf die Fouriersche Weise entwickelbar. (XVIII. S. 234 235.) Die sich selbst adjungierte ellip- tische Differentialgleichung Li/) -\- Iz = 0 hat nur eine endliche Anzahl negativer Eigenwerte (XVIII. S. 235—237).

Hängen die Koeffizienten in L{z) = {) von einem Parameter u ana- lytisch ab, so ist der /i-te Eigenwert eine stetige Funktion von ^ (XVIII. S. 238—241).

Mittelst der Theorie der polaren Integralgleichungen werden die sämtlichen in 23., 24. erwähnten Resultate auf die partielle Differential- gleichung

ausgedehnt, wobei k{x, y) in einer endlichen Anzahl von Teilgebieten verschiedene Vorzeichen besitzt (XVI. S. 206).

XX E. Anwendung auf die Theorie der Funktionen einer komplexen Yariabeln. 26.

E. Auwemluiig auf die Theorie der Fuuktionen einer komplexen

Yariabeln.

26. Allgemeines Riemannsches Problem.

Formulierung desselben: man soll Funktionen einer komplexen Variablen bestimmen, wenn zwischen den Real- und Imagiüärteilen der Funktionen auf einer gegebenen geschlossenen Randkurve C gegebene Relationen gelten sollen. Man bezeichne die Greenschen Funktionen zweiter Art der Poteutialgleichung ^(ii) = 0 für das Innere und Äußere der Kurve C bzw. mit Gj{x,y] !,■);) und G^{x,ij\, ^,7]) und definiere dann zwei Inteyralausdrücite, wie folgt

(C) Mw = jr- / " iv(6)d6,

(C)

wobei «((j) irgend einen komplexen Ausdruck auf der Kurve C bedeutet. Die Bedingung dafür, daß ein auf C definierter komplexer Ausdruck fj(s) die Randwerten einer innerhalb C regulären Funktion darstellt, ist

fj(s) = M/,+ \ffj{a)d6,

(C)

wobei l die Gesamtlänge der Kui-ve C bezeichnet; ein analoger Satz gilt für die Opei-ation M^w und das Äußere von C. Die Ausdrücke

IV -f Mjtv bzw. iv Mg^iv

stellen stets Randwerte einer innerhalb bzw. außerhalb C regulären Funk- tion dar. (X. S. 81—88.)

Durch die erlangten Hilfsmittel wird der Satz bewiesen, daß, wenn c{s) ein gegebener stetiger komplexer Ausdruck auf der Kurve C ist und c{s) den konjugierten Ausdruck bedeutet, entweder ein Paar von Funk- tionen fj{z), faiß) existiert, von denen die erstere innerhalb, die zweite außerhalb C regulär analytisch ist und welche auf C die Relation

faiß) = C{s)f^{s)

erfüllen, oder ein Funktionenpaar ^r^ (^) und ^^{z) von demselben Charakter^ deren Randwerte die Relation

9a{s) = c{s)gj(s)

erfüllen (X. S. 89 91). Von diesen beiden Fällen tritt der erste bzw. der zweite ein, je nachdem log c{s) beim Umlauf in positivem Sinne ent- lang C eine negative bzw. positive Änderung erfährt (X. S. 91).

E. Anwendung auf die Theorie der Funktionen einer komplexen Variabein. 27. XXI

Es gibt stets ein Paar von Funktionen f^z), fj{z), von denen die erste außerhalb C, die zweite innerhalb C den Charakter einer rationalen Funktion besitzt, während auf C die Relation

erfüllt ist (X. S. 91—92).

Untersuchung des Falles, wo c{s) an einer endlichen Anzahl von Stellen eine Unterbrechung der Stetigkeit aufweist (X. S. 92 94).

Aufstellung der Aufgabe: zwei außerhalb C und zwei innerhalb C reguläre analytische Funktionen f\, f\ bzw. f., f .^ sollen so bestimmt werden, daß sie auf C die Relationen

/;(s) = ^i(5)/'/^^) + c2(5)r/s)

faiß)-ö,{s)f,{s)^c\{s)f,{s) erfüllen, wobei q, f,? ^'i? c'2 gegebene komplexe zweimal stetig differen- zierbare Ausdrücke in s sind, deren Determinante

für alle i> von Null verschieden ausfällt (X. S. 94 95).

Es wird bewiesen, daß entweder die genannte Aufgabe eine Lösunsr besitzt, oder zwei Funktionenpaare ^^, g ^, g-^ g existieren, die auf C die Relationen

9'a- c\g^ + c\g^

erfüllen, wobei c^, c,, c\^ c\ die zu den gegebeneu Ausdrücken Cj, c^, c\, c^ konjugiert komplexen Ausdrücke bedeuten. (X. S. 95 98.)

Die Randwerte der soeben konstruierten Funktionen f^, f'^, fj^ /"-. bzw. g^, g'^, g^, g' sind auf C stetig diÖ'erenzierbare Funktionen von s, und die gestellte Aufgabe besitzt nur eine endliche Anzahl linear von- einander unabhängiger Systeme von Lösungen. (X. S. 98 100.)

Beweis des Satzes, daß es stets Funktionen f^, f'^, fj, f'j gibt, die innerhalb bzw. außerhalb C regulär analytisch sind mit etwaiger Aus- nahme einer Stelle innerhalb C, die für eine der Funktionen /"-, f'j oder für beide ein Pol ist, und die auf C die Relationen

fa = (^ifj + c^f'j

erfüUen (X. S. 100—102.)

27. Das liiemannsclie Gruirpenprohlcm.

Das speziellere Riemannsche Problem, die Existenz linearer Differential- gleichungen mit vorgeschriebener Monodromiegruppe zu beweisen, ist für Differentialgleichungen zweiter Ordnung äquivalent mit der folgenden Aufgabe: man verbinde die gegebenen singulären Punkte z^^\ 2'^^\ . . . z^"'^ der Differentialgleichung zweiter Ordnung durch eine reguläre analytische

XXII F. Anwendung auf Variationsrecbnuug, Geometrie und Hydrodynamik. 27. 29.

Kurve C; dann sollen zwei Fuuktioneupaare f]^, f a ^'^^- fp f'j bestimmt werden, die außerhalb bzw. innerhalb C vom Charakter rationaler Funk- tionen sind, derart, daß ihre Randwerte auf C überall stetig sind und auf dem Kurvenstücke zwischen s'^''^ und '' + ^) (// = 1, 2 . . . m) die Relationen

fa = n"% + 7,''rj

erfüllen, wobei }\^''\ 'y.2^''\ y\^''\ j'V'"' gej^ebene Konstante mit nicht ver- schwindender Determinante sind. (X. S. 102 1U4.)

Diese Aufgabe wird durch Einführung neuer Funktionen auf die in 26. am Schluß gelöste (wo die Substitutionskoeffizienten stetige Funktionen des Ortes sind) zurückgeführt (X. S. 104 106).

Durchführung des Existenzbeweises (Riemannsches Gruppenproblem) {X. S. 106—108).

28. Problem aus der Theorie der automorphen Funldionen. Automorphe Funktionen mit reeller Substitution, die vier gegebene

Werte oo, a, h, c auslassen. Beweis des Satzes: es gibt uneudlichviele Werte A, so daß der Quotient zweier Lösungen der Differentialgleichung

A ((^ -a){x- h) {X - c) ^^) +{x-Vl)y^O

beim Umlauf der Variabein x um die singulären Stellen a, b, c Sub- stitutionen mit reellen Koeffizienten erfährt. (XX. S. 258 262.)

F. Anwendung auf Variationsrechnung, Geometrie, Hydrodynamik und Gastheorie.

29. Variationsprobleme.

Zusammenhang zwischen dem Dirichletschen Variationsproblem

b

/[i>(f3-2«^>' = Min.

a

bei der Nebenbedingung

b

Ju^dx = 1

a

und dem Gaußschen Variationsproblem (s. oben, 10)

6 6

ffG{x, ^)a{x)o3{^)dxd^ = Max.

bei der Nebenbedingung

fa^dx = 1.

F. Anwendung auf Variationsrechnung, Geometrie und Hydrodynamik. 30. XXUI

(VII. S. 56 58.) Das gleiche Problem für zwei unabhängige Variable. (VIII. S. 66.)

Das Dirichletschc Variationsprohlem auf der Kugel: das absolute

Minimum des über die Vollkugel erstreckten Integrals

^ J Veg-f-

bei der Nebenbedingung

JzHh = 1

ist gleich dem kleinsten Eigenwert der Differentialgleichung

j^U\ = «-^s.s- + 2&g^, + eztt + {a, + b^z» + JK + Q^:^ + »^^ _l A^ = 0

Veg-r-

Verallgemeinerung dieses Satzes. (XVIII. S. 237—238.)

30. Minlxowskis Theorie von Volumen und Oberfläche. Das Volumen V eines konvexen Körpers K ist

V=ifH{H,H)dk,

wobei H(cc, ß, y) diejenige auf der Kugel definierte homogene Funktion bedeutet, die die Entfernung der Tangentialebene des Körpers vom Null- punkt mit den Richtungskosinus cc, ß, y angibt, und wobei allgemein für zwei beliebige homogene Funktionen V(x, y, z), W{x, y, z)

{yv, V)

^Vyy y^z 2 W,z Vy, + W,, F,

yy

W,, Vy,j - 2 W,y V^y + Wyy F„

gesetzt ist. (XIX. S. 242—245.) Das gemischte Volumen dreier konvexer Körper

und ihre S\'mmetrieeigenschaften. (XIX. S. 245.)

Ist H eine gegebene homogene Funktion, so stellt

L{Sl) = ( W, H), W{x, y, z) = ^/x''^f^z'-£l{x, y, z) einen für ü linearen Difierentialausdruck auf der Kugel dar, der sich selbst adjungiert und vom elliptischen Typus ist. (XIX. S. 245 247.)

Beweis der Sätze: Jede auf der Vollkugel stetige Lösung von i(ü) = 0 ist eine lineare Kombination der drei Lösungen

i^ = a;, i^ = ?/, il = z. (XIX. S. 247 250.) Die partielle Differentialgleichung

L{Sl) + X ^^^^^ ' P- = 0, {H= l/a;2 + F+ <^^H)

XXIV F. Anwendung auf Variationsrechnung, Geometrie und Hydrodynamik. 31.— 32.

besitzt A = 1 als einfaclien, A = 0 als dreifachen Eigenwert, und die zugehörigen Eigenfunktionen sind H bzw. x, y, z\ die übrigen Eigen- werte sind positiv. (XIX. 250 2ö4.)

Beweis der Minkowskischen Ungleichung

F(fi, H, Gy ^ V{H, H, H) V{H, G, G), wobei das Gleichheitszeichen nur dann statthat, wenn der eine Körper aus dem anderen durch Parallelverschiebung und Ahnlichkeitstransforniation hervorgeht. (XIX. S. 254—257.)

Die Ungleichungen:

0-^3 V3I, HP ^ 4-T 0, 0- ^ 36 .-r T'-,

Avobei 0 die Obertiäche, V das Volumen und

^^= ■'/(>:>'

03

die mittlere Krümmung eines konvexen Körpers bedeutet, und das Gleich- heitszeichen nur statthaft, wenn der konvexe Körper die Kugel ist. <XIX. S. 257—258.)

31. Ein Problem der Hydrodynamik.

Anwendung des Entwicklungssatzes in 23. (Parameter A in der Rand- bedingung) auf das Problem der kleinen Schwingungen einer der Schwere unterworfenen Flüssigkeit. (IX. S. 80 81.)

32. Begründang der Gastheorie.

Aus der Maxwell-Boltzmannschen Stoßforuiel entspringt eine lineare (orthogonale) Integralgleichung zweiter Art mit symmetrischem Kern; diese spielt beim Aufbau der Gastheorie die fundamentale RoUe, indem sie die Lösung der Stoßformel durch sukzessive Approximationen ermög- licht. (S. 268 tf.)

Inhalt.

E rster Abschnitt. Allgemeine Theorie der linearen Integralgleicliungen.

Seite

Kapitel I. Lösung des algebraischen Problems 4

U. Lösung des transzendenten Problems 8

in. Das transzendente Problem, welches der orthogonalen Transformation

der quadratischen Form in eine Quadratsumme entspricht .... 13

,, IV. Entwicklung einer willkürlichen Funktion nach Eigenfunktionen. . 21 V. Das Variationsproblem, das der algebraischen Frage nach den

Minima und Maxima einer quadratischen Form entspricht .... 28

VI. Ergänzung und Erweiterang der Theorie 30

Zweiter Abschnitt. Anwendung der Theorie auf lineare Differentialgleichungen.

VII. Gewöhnliche Differentialgleichungen zweiter Ordnung 39

VIII. Sich selbst adjungierte partielle Differentialgleichungen zweiter

Ordnung von elliptischem Typus 58

IX. Existenz der Greenschen Funktion. Auftreten eines Parameters in

der Randbedingung bei partiellen Differentialgleichungen 66

Dritter Abschnitt. Anwendung der Theorie auf Probleme der Fuiiktionentheorie,

X. Riemanns Problem in der Theorie der Funktionen einer komplexen

Veränderlichen 81

Vierter Abschnitt. Theorie der Funktionen von unendlich vielen Variabein.

XI. Theorie der orthogonalen Transformation einer quadratischen Form

mit unendlich vielen Variabein lOi)

XII. Simultanes System quadratischer Formen, die Hermitesche Form, die schiefsymmetrische Form und die Bilinearform mit unendlich vielen Variabein Iö6

Fünfter Abschnitt.

Neue Begründung und Erweiterung der Theorie der

Integralgleichungen.

,, XIII. Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern ....... 174

XIV. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung 185

XXVI Inhalt.

Kapitel XV. Die Theorie der polaren Integralgleichung 195

XVI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen auf Diffe- rentialgleichungen und auf Sj'steme von simultanen Differential- gleichungen 205

Sechster Abschnitt.

Auwendung der Theorie auf verschiedene Probleme der Analysis,

Geometrie und Gastheorie.

J Seite

,, XVI. Die Randwertaufgabe für ein System simultaner partieller Diffe- rentialgleichungen erster Ordnung von elliptischem Typus . . . 213

,, XVni. Eine neue Methode der Zurück fübrung von Differentialgleichungen

auf Integralgleichungen. Begriff der Parametrix 219

XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche 242

,, XX. Anwendung auf ein Problem der Theorie der automorphen Funk- tionen 258

XXI. Eine zweiparametrige Randwertaufgabe (Kleins Oszillations-

theorem") 262

XXn. Begründung der kinetischen Gastheorie 2G7

Erster Abschnitt. Allgemeine Theorie der linearen Integralgleichungen.

Es sei K(s, t) eine Funktion der reellen Veränderlichen >, t] f(s) sei eine gegebene Funktion von s und (p{s) werde als die zu bestimmende Funktion .von s angesehen; jede der Veränderlichen s, t möge sich in dem Intervalle a bis h bewegen: dann heiße

b

f{s-) = fK(s,t)cp{t)dt

a

eine Integralgleichung erster Äri und

6

f(s) = cp{s)- lfE(s, t) (p (t) dt

<i

eine Integralgleichung zweiter Art] dabei bedeutet k einen Parameter. Die Funktion K{s,t) heiße der Kern der Integralgleichung.

Durch die Randwertaufgabe in der Potentialtheorie wurde zuerst (jauß auf eine besondere Integralgleichung geführt; die Benennung „Integralgleichung" hat bereits P. du Bois-Reymond^) angewandt. Die erste Methode zur Auflösung der Integralgleichung zweiter Art rührt von C. Xeumann-) her; dieser Methode zufolge erscheint die Funktion (p{s) direkt als eine unendliche Reihe, die nach Potenzen des Parameters X fort- schreitet und deren Koeffizienten gewisse durch mehrfache Integrale definierte Funktionen von s sind. Eine andere Formel zur Auflösung der Integralgleichung zweiter Art fand Fredholm ^j, indem es ihm gelang, (p (s) als Bruch darzustellen , dessen Zähler eine beständig konvergente Potenzreihe in l mit gewissen von .s abhängigen Koeffizienten ist, während als Nenner eine beständig konvergente Potenzreihe in A mit numerischen Koeffizienten auftritt. Den direkten Nachweis der tjbereinstimmung der

1) Bemerkungen über Jz = 0. Journ. f. Math. Bd. 103 (1888..

2) Über die Methode des arithmetischen Mittels. Leipz. Abb. Bd. 13 (1887).

3) Sur une classe d'equations fonctionnelles. Acta mathematica Bd. 27 (1903), und die daselbst zitierte Abhandlung über denselben Gegenstand ans dem Jahre 1899.

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 1

2 Einleitung zu Kap. I— YI.

Formeln von C. Neumann und Fi-edbolm erbrachte auf meine Anreffunor hin Kellogg*). In dem besonderen Falle gewisser Randwertaufgaben in der Potentialtheorie hat Poiucare-) als der Erste den Parameter A eingeführt, und ihm gelang es auch zuerst nachzuweisen, daß die Lösung notwendig als Quotient zweier beständig konvergenter Potenzreihen in X darstellbar sein muß. Eine dritte Methode zur Lösung der Integralgleichung zweiter Art, die auch zugleich auf die Inteorralgleichung erster Art an- wendbar ist, werde ich in Kapitel XIII auseinandersetzen. Die Auflösung besonderer Integralgleichungen gelang Volterra^). In gewissen Fällen läßt sich die Integralgleichung erster Art auf die zweiter Art nach einer von mir angegebenen Methode'*) zurückführen.

Die nähere Beschäftigung mit dem Gegenstande führte mich zu der Erkenntnis, daß der systematische Aufbau einer allgemeinen Theorie der linearen Integralgleichungen für die gesamte Analysis, insbesondere für die Theorie der bestimmten Integrale und die Theorie der Entwicklung willkürlicher Funktionen in unendliche Reihen, femer für die Theorie der linearen Differentialgleichungen und der analytischen Funktionen sowie für die Potentialtheorie und Variationsrechnung von höchster Bedeutung ist. Ich beabsichtige in diesem Buche die Frage nach der Lösung der Integral- gleichungen zu behandeln, vor aUem aber den Zusammenhang und die allgemeinen Eigenschaften der Lösungen aufzusuchen, wobei ich meist die für meine Resultate wesentliche Voraussetzung mache, daß der Kern K{s^ t) der Integralgleichung eine symmetrische Funktion der Veränderlichen s, ^ ist. Insbesondere im vierten Kapitel gelange ich zu Formeln, die die Entwicklung einer willkürlichen Funktion nach gewissen ausgezeichneten Funktionen, die ich Eigenfunktionen nenne, liefern: es ist dies ein Resultat, in dem als spezielle Fälle die bekannten Entwicklungen nach trigonometrischen, Besselschen, nach Kugel-, Lameschen und Sturm- schen Funktionen, sowie die Entwicklungen nach Funktionen mit mehreren Veränderlichen enthalten sind, wie sie zuerst Poincare (a.a.O.) bei seinen Untersuchungen über gewisse Randwertaufgaben in der Potentialtheorie nachwies. Meine Untersuchung tvird zeigen, daß die Theorie der Ent- ivicliung tvillkürlicher Fanltionen durchaus nicht die Heranziehung von gewöhnlichen oder partiellen Diff'erentialgleichungon erfordert, sondern daß

1) Zur Theorie der Integralgleicbunj^en. (xött. Nachr. 1902.

2) Sur les equations de la physique mathematique. Kendiconti del circolo di Palermo t. 8 (1894). La methode de Neuraann et le probleme de J)irichlet. Acta mathematica Bd. 20 (189(5—97).

3) 8opra alcune questioni di inversione di integrali definiti. .\nnali di mate- matica 8 2 t. 25 (1897.)

4) Vgl Kellogg, Zur Theorie der Integralgleichungen. Inangural-Dissertation, (Jöttingen 1902, sowie Math. Ann. Bd. 5«.

Einleitung zu Kap. I— VI. 3

die Integralgleichung es ist, die die notwendige Grundlage und den natürlichen Ausgangspunlt für eine Theorie der ^Reihenentivicklung bildet und daß eben jene eruiihnten Enticicldungen nach Orthxjoncdfunliioncn nur Spezialfälle eines allgemeinen Integralsatzes sind eines Satzes überdies, der als die direkte Erweiterung des bekannten algebraischen Satzes von der orthogonalen Transformation einer quadratischen Form in die Summe von Quadraten anzusehen ist. Das merkuärdigde h'esulfat ist, daß die EntwicJcelharkeit einer Funktion nach den zu einer Integral- gleichung sn-eiter Art zugehörigen Eigenfnnktionen als ahhängig erscheint von der Lösharkeit der entsprecliendcn Integralgleichung erster Art.

Zugleich erhält dabei die Frage nach der Existenz der Eigenfunk- tionen eine neue und vollständigere Beantwortung. In dem besonderen Fall der Randwertaufgaben der Potentialtheorie hat bekanntlich die Existenz der Eigenfunktionen zuerst H. Weber^J auf Grund des Dirichlet- ThomsonsL'hen Minimalprinzipes zu beweisen gesucht, und sodann hat Poincare (a. a. 0.) den Existenzbeweis mit Benutzung der von H. A. Schwarz ausgebildeten Methoden wirklich erbracht. Durch Amvendung meiner Theoreme folgt flicht nur die Existenz der Eigenfunktionen im allgemeinsten Falle, sondern meine Theorie liefert zugleich in einfacher Form eine not- icendigc und hinreichende Bedingung für die Existenz unendlich vieler Ei gen funkt iomn.

Die Methode, die ich in den folgenden Kapiteln I— VI anwende, besteht darin, daß ich von einem algebraischen Problem, nämlich dem Problem der orthogonalen Transformation einer quadratischen Form von n Variabein in eine Quadratsumme, ausgehe und dann durch strenge Aus- führung des Grenzüberganges für n = <x> zur Lösung des zu behandeln- den transzendenten Problemes gelange.^) Dieselben Theoreme über Integral- gleichungen mit symmetrischem Kern werde ich in Kapitel XIV auf einem anderen Wege mittels der Methode der unendlichvielen Variabein entwickeln.

Der leichteren Faßlichkeit und der kürzeren Darstellung wegen habe ich mich bei Darlegung der allgemeinen Theorie stets auf den Fall einer Integralgleichung mit einfachem Integrale beschränkt. Doch sind die Methoden und Resultate auch gültig, wenn in den oben angegebenen Integralgleichungen an Stelle der einfachen Integrale Doppel- oder mehr- fache Integrale stehen und K sodann entsprechend eine symmetrische Funktion zweier Reihen von Variabein bedeutet.

1) Über die Integration der partiellen Differentialgleichung _/*< -f- /.-« = 0. Math. Ann. Ed. 1. (1868.)

2) Die Grundidee dieser Methode habe ich seit W.-S. 1900 1901 wiederholt im Seminar und in Vorlesungen zum Vortrag gebracht.

1*

4 Kap. I. Lösung des algebraischen Problems.

Erstes Kapitel.

Lösung des algebraischen Problems.

Es mögen K(s, t), f(s), (f'{s) die zu Anfang dieser Mitteilung an- gegebene Bedeutung haben; jedoch nehmen wir das Intervall der Variabein s, f der Einfachheit halber als das Intervall 0 bis 1 an; außerdem sei K(6, t) eine symmetrische Funktion in s,f. Ferner verstehen wir unter ^i eine bestimmte positive ganze Zahl und benutzen für die folgenden Beweis- führungen die abkürzenden Bezeichnungen:

A;, = z(f, :) o,,2=i, 2, ...,«)

Kxij = A'nX,!/, + K^,.r,y, + Iü,x,y, -!-■■■ + ^„.a.i/,.

J\.X^ = Jy^iX^ -\- J\.22^'2 I "t" -"-in^n}

Es ist offenbar

Kxy = [Kx, ij\ = \Ky, x'].

Wir legen nun das algebraische Problem zugrunde: es seien aus den n linearen Gleichungen

/"l = 9^1 - K^U<5Pl H h J^XaVn),

f. = Cp2- KK^^ffl + 4- Kln^n),

(1)

oder kürzer

fn-Vn-(^Vv

die n Unbekannten q)^, c/.^, .... y,^ zu ermitteln, während die Werte f^ und die Koeffizienten /C gegeben sind und l ebenfalls als ein bekannter Parameterwert anzusehen ist. Wir ziehen zugleich die Eigenschaften der Lösungen und den Zusammenhang mit dem Problem der orthogonalen Transformation der quadratischen Form Kxx in Betracht.

Kap. I. Lösung des algebraischen Problems. 5

Um dieses algebraische Problem zu lösen, gebrauchen wir die Deter- minanten

il-/Ä',,, -IK,, -IIk„\

-

-iJku -

-IK,

,2? ■>

1 -

-IK,.

0

^1,

^iJ

^n

(^'

1 =

Vi,

1 -

. . .,

-7

IK IK

deren erste die Diskriminante der quadratischen F'orm

[x, x\ IKxx

ist. Bezeichnen wir mit D il, j^ j diejenige Determinante, die aus Dil,) entsteht, wenn man darin allgemein y durch

^yp = ^piyi + ^^2?/2 + + i'^p„y„

ersetzt, so gilt, wie leicht ersichtlich ist, identisch in x, y und / die Gleichung:

(3) d{l) ix, y]+B [l, ^) - ID (I, ^^ = 0.

Unser Problem bestand nun darin, aus den Gleichungen (1) oder (2) die n Unbekannten y^, cp^, . . ., 9?„ zu ermitteln, d. h. eine Linearform

[x, (p] = x^cpi + x.,cp.^ H h ä:,,^„

zu finden, die identisch in x die Gleichung

[f, ^] = [f, ^] K^^ff, -^1 erfüllt.

Diese Gleichung wird, wie aus (3) immittelbar einleuchtet, durch die Formel:

(4) [x,<p] = -- y^

gelöst. Wenn also der Parameterwert / so beschaffen ist, daß d{l) 4= 0 ausfällt, so sind die Koeffizienten der Linearform (4) die gesuchten Werte der Unbekannten qp^, q)^, . . ., cp„. Dieses Resultat ist von der Voraus- setzung der Symmetrie K = K unabhängig. Bekanntlich sind die Wurzeln der Gleichung

d(l) = 0 ßämtlieh reell; wir bezeichnen sie mit

U'\ W, . . ., ZW und nehmen an, daß sie voneinander verschieden sind.

Q Kap. I. Lösung des algebraischen Problems.

Bedeuten d^^(l), . . ., d^^(l) die Unterdeteraiinanten der Determinante rf(Z) in bezug auf ihre n Diagonalelemente und ist d'(I) die Ableitung von d{l) nach /, so gilt identisch in / die Gleichung

dnil^ + -- + d^Äi) = ndil)-ld'il), und hieraus folgt für / = Z^''^

(5) ,/^^(/('.)j + ... + rf,j/(/0) = _/(/-),/'(;(")).

Da unserer Annahme zufolge d'{W'h nicht Null sein kann, so sind auch die links stehenden Unterdeterminanten gewiß nicht sämtlich Null, d. h. die homogenen Gleichungen

q)^ lK(pi = 0,

(6)

besitzen für / = !'■'''> ein gewisses Lösungssystem

9, = <\ . . ., T,. = ^i'^, das bis auf einen allen diesen n Größen geraeinsamen Faktor eindeutiff bestimmt ist. Da wegen (3) die Koeffizienten von i/j, . . ., y^^ in dem Ausdruck

D (i<«), ;)

unabhängig von den Werten x^, ... x^^ Lösungen der homogenen Glei- chungen (6j sein müssen, so gilt der Ansatz

D{U"\^) = [rP^"\x][<pi"\yl

Avo der erste Faktor rechts eine lineare Form in x^, . . ., x^ bedeutet. Hieraus folgt wegen der Symmetrie des Ausdrucks linker Hand bei Ver- tauschung von X mit y

wo unter C eine von x, y unabhängige Konstante zu verstehen ist, und wenn wir den vorhin erwähnten gemeinsamen Faktor geeignet gewählt denken, so finden wir

(7) n{i'"\^) = ±[cp^"\^][cp^"\yl

Aus dieser Gleichung schließen wir durch Vergleich der Koeffizienten der Produkte

iCj^/j , . . ., x^y^

auf beiden Seiten die speziellere Formel

(8) d,,{m)-^...i-d,,,{m)^ + [g>^''\cpi% und wegen (5) ist somit

(9) [(p^"\ cp^"y\ = ± li")d\m), {h=l, 2, .. ., n)

Kap. I. Lösung des algebraischen Problems. 7

und sodann nach (7)

(10) ""^LlyUM'i^^J^^y} fk==i ^> n)

Die Gleichung (0) zeigt an, daß in den Gleichungen (7), (8) das obere bzw. das untere Vorzeichen auf der rechten Seite zu nehmen ist, je nach- dem W''>d\W''>) positiv oder negativ ausfällt. Die Gleichungen (6) schreiben wir als Identität in x, wie folgt

(11) [cp^''\x] = l^''\(p^''\Kx]

und entnehmen daraus, weil W'^ und U^^ bei ungleichen Indizes verschieden

sind, die Beziehung

Um endlich den Zusammenhang mit der Theorie der orthoo-onalen Transformation der quadratischen Form zu erhalten, gehen wir von dem Ausdruck

HK)

w

d(J) V

aus. Da der Zähler eine Funktion (w l)-ten Grades in / und der

Nenner vom wten Grade in l ist, so erhalten wir nach den Regeln der Partialbruchentwicklung unter Benutzung von (10)

D {', ■;) ini^,^ ^ D{i'%;) .

'd{l) d'(Z'i') l V^>'^ ■■+ d'il.^"^) l ¥''i

eine Formel, die identisch in x, y, l erfüllt ist. Für Z = 0 gehen hieraus die Formeln

(12) [X, y] nvd'^Hl)^ + + In) d' (l(n)^

^ ^ f(p<i), 9)<i'j ~r -r j-^(„,^ ^,„)j

hervor. Setzen wir hier an Stelle von y die lineare Kombination Ky , so erhalten wir mit Rücksicht auf (11) die Identität

(14) Kxy = [Kx, y] == [x, Ky] = ^^a^-^^r^ + + ^jin^WW^)

,1Ö^ _[<P';^.£l[?"i2/] , ^W'"\x\W'^\y]

Wir fügen noch die besonderen Formeln hinzu, die aus den beiden letzteren durch Gleichsetzen der x mit den y hervorgehen:

Kap. II. Lösung des transzendenten Problems.

„(1)1 I 1 i(H) r („)

Zweites Kapitel.

Lösung des transzendenten Problems.

Wir erinnern an die Bedeutung der Größen K^^^^, wie sie am Anfange vom ersten Kapitel aus der Funktion K{s, t) gebildet worden sind, und nehmen an, daß K{s, t) eine stetige Funktion der Variabelu s, t in den be- trachteten Intervallen 0 bis 1 sein möge. Unsere Methode erheischt die strenge Durchführung des Grenzüberganges für n = <x>. Der im ersten Kapitel zunächst erledigten algebraischen Aufgabe entspricht das tran- szendente Problem, die Integralgleichung zweiter Art

1 f{s) = (p(s) - ljK{s, t)(p{t)dt

Q

aufzulösen. Wir beschränken uns in diesem zweiten Kapitel im wesent- lichen darauf, nach unserer Methode die zur Auflösung der Integral- gleichung nötigen Formeln zu gewinnen, wie sie von Fredholm zuerst angegeben worden sind. Hierbei wird die Symmetrie von K(s, t) noch nicht vorausgesetzt.

Entwickeln wir d(l) nach Potenzen von ?, wie folgt:

d{l)== 1 -dj + dP ±dj%

so ist, wenn Jt irgendeinen der Indizes 1, 2, . . ., n bedeutet.

d^ = _^ "^PiP^^^p-iPi '^P".Ph (.Pi,Pi, ^p/i)

PhPi PhPi ' ' ' PhPh

u ~PvP2,- ■,Pn= ^,'^,- ■, «

Die Summe rechter Hand besteht aus L ] Determinanten; nach einem be- kannten Satze ^) überschreitet der absolute Wert einer jeden Determinante

1) Hadamard, Bulletin des sciences mathematiques (2) XVII (1893).

Kap. II. Lösung des transzendenten Problems. 9

gewiß nicht die Grenze yh!'K'', wo K das Maximum der absoluten Be- träge der Funktionswerte K{s, t) bedeutet. Hieraus entnehmen wir

H„iä(:)v//-A".^>;';'(»iQ'.^('^f)'

d. h. es ist

' d'' /eK\l<

Andererseits finden wir leicht, wenn // festgehalten wird, in der Grenze bei unendlich wachsendem n

119) L^, = S„

WO d,^ die Bedeutung eines /i- fachen Integrales hat: 1 1 K{s„ s,), K{s^, s,), ■■■, K{s„ sj ö;,= ;';j--J ds,-ds,.

« " , ^(s,, 5i), K{s„ So), ■, K[s^ sj Aus (18) und (19) folgt auch

(^«) :**^(i)"-

Wir führen nun die von Fredholm zuerst angegebene und Avegeu (20) beständig konvergente Potenzreihe

8{X) = 1 - d^A + ö.,l- - d-^X' + ein und stellen dann folgenden Hilfssatz auf:

Hilfssatz 1. Der Ausdruck d i \ konvergiert bei unendlich wachsen-

_dem n gegen di^l), und zwar ist diese Konvergenz eine gleichmäßige für alle Werte von l, deren absoluter Betrag unterhalb einer beliebig gewählten positiven Grenze A gelegen ist. In demselben Sinne konver- giert der Ausdruck d' i ) gegen <5'(/l).

Um diesen Hilfssatz zu beweisen, nehmen wir inl Gegensatz zu dem- selben an, es existiere eine positive Größe e derart, daß für unendlich viele ganzzahlige n und zugehörige Werte von X mit absoluten Beträgen unterhalb A stets

ausfällt. Nunmehr wählen wir die ganze Zahl m so groß, daß folgende Bedingungen erfüllt sind: es soll für alle X, deren absoluter Betrag unter- halb A liegt,

sein; ferner sollen die Ungleichungen

10

(22) (23)

Kap. II. Lösung des transzendenten Problems.

m > (ßeKAf ' < ^

erfüllt sein-, dann ist gewiß im Hinblick auf (1.^) und (22) für jedes n auch

"[':.) =

' i +

1 - "' ;. +

"1 im I

m+ 1

'S-

+ '\

(O^^^l)

oder wegen (23)

(^4) 'Ml)-'(i

H n I A

Nachdem die ganze Zahl m in dieser Art bestimmt worden ist, wählen wir die ganze Zahl n so groß, daß

(25)

n H- w

-(i -d,A ^b^}? ±b„i"^ < l

ausfällt; wegen der Gleichung (19) ist eine solche Bestimmung von n gewiß möglich. Die Ungleichungen (21), (24), (25) zeigen nun, daß der

Unterschied zwischen d ( ) und ö (A) absolut genommen weniger als s

betragen muß; diese Folgerung widerspricht unserer Annahme, und damit ist Hilfssatz 1 bewiesen.

Um zu erkennen, wie sich für die Determinante Dil/ j der Grenz- übergang zum transzendenten Problem gestaltet, verstehen wir unter x{s) und y{s) zwei willkürliche stetige Funktionen der reellen Variabein s im Intervall 0 bis 1 und setzen allgemein

in jene Determinante D (l, ) ein. Sodann entwickeln wir dieselbe nach Potenzen von /, wie folgt:

und finden leicht in der Grenze bei unendlich wachsendem n, wenn A festbleibt,

D,

L

1

z/,

C).

wo z/j i 1 die Bedeutung eines /<■ fachen Integrales hat:

Kap. II. Lösung des transzendenten Problems. 11

, ^1 0, x{Si), x{s,^,) ... x(s,)

i,{s,), Kis„s,), K{s„ 62), . . ., K{s„ s,) i Führen wir nun die beständig konvergente Potenzreihe ein:

^K)=m;)-m;)>-+^'0^'----'

so folgt durch einen entsprechenden Beweis wie vorhin der folgende Hilfssatz :

Hilfssatz 2. Der Ausdruck —Di , ) konvergiert bei unendlich

n \n ' y / °

wachsendem n gegen ^ (l, \, und zwar ist diese Konvergenz eine gleich- mäßige für alle A, deren absoluter Betrag unterhalb einer beliebig ge- wählten positiven Grenze A gelegen ist.

Wie man sieht^ ist z/ (l, j eine Potenzreihe in A, deren Koeffizienten

noch von den willkürlichen Funktionen x{s), y^s) abhängen.

Wir gehen dazu über, in der Formel (ß) den Grenzübergang für n = 00 zu vollziehen.

Bedenken wir, daß zufolge der eingangs eingeführten Abkürzungen

Ky,, == Kp, !h + ^^22/2 + + Kp,y„

-^(;:'-^)n'.)+^'(r':)^(:)+- ■+M^:>(^)

ist, so erhalten wir durch das nämliche Verfahren, das zu den Hilfs- sätzen 1 und 2 führte, die Formel

ZVn'-^in' Ky) ^^ Jj^T. ^ [n^ }_Ky)

n

\ \ ' y J \y(s)=(K{s,t),j{t)dt

0

^ \ \ 'y l\Tj(s) = K[..t) ^"^ '

Setzen wir daher in der Formel (3) Z = ein und dividieren dieselbe durch w, so liefert der Grenzübergang für unendlich wachsende n\

(26) 8{}:)jx{s)y{,)äs + ^(a,;) - ij \a (^,^)l,,)^^(,,,y(0^^^ = 0.

Diese Formel ist eine Identität in l und gilt, wenn 2'(.s-), y{s) irgend- welche stetige Funktionen ihres Argumentes sind. Setzen wir in dieser Formel (26)

12 Kap. II. Lösung des transzendenten Problems.

x{r) = K{s, r) und ijfr) = KU, t) ein und benutzen die Abkürzung

(27) ^a; s,t)==k [^{l, y))^^^^^,^,^^^ - öa)K{s, t),

SO geht (26) über in

1

(28) d{X) K(s, t) + z/(A; s, t) - Xjzl{l; s, r) K{r, t) dr = 0.

0

Setzt mau endlich

so erhält man

1

(29) K{s,t)^K(s,t)-kfK(s, r) K(r, t) dr.

0

Ebenso erhält man, von der zu (3) analogen Identität .m[^,y] + [D{1, ;)] - ; [D{1, ;)],^.j,^,,^= 0,

der D gleichfalls genügt, ausgehend, die Gleichung

1 (29') , K(s, t) = K(5, t) - xJK{s, r) K(r, t) dr.

0

Im vorstehenden sind zl{X]S,t) und K(5, ^) Funktionen der reellen Veränderlichen s, t, die noch den Parameter A enthalten; die Formeln (28), (29) und (29') gelten identisch in s, t und X.

Die Funktion K{s, t) heiße die lösende Funktion für den Kern K{s, t); mittels derselben läßt sich nämlich die zugrunde gelegte Integral- gleichung zweiter Art

1

/•(s) = (p{s)- Xj'K{s, 0 9>(0 ^^

0

auflösen, wie folgt:

1

(f(s) == fis) + Xj'K(s,t) f{t) dt.

0

Man erkennt dies sofort durch Einführung der rechten Seite der letzten Formel in die voranstehende Integralgleichung; zugleich erkennen wir, da auch umgekehrt die zweite Integralgleichung durch die erste auf- gelöst wird, die Eindeutigkeit der Auflösung der Integralgleichung zweiter Art für solche X, die nicht Nullstellen von d{X) sind.

Für z/(X; s, t) erhalten wir aus den obigen Angaben die Reihen- entwicklung

z/(A; .s, t) = - K(s, t) + ^,{s, t) X - /l.^{s, t) X' + ,

wo

Kap. III. Transzendentes Analogou zur Orthogonaltransfonnation. 13

^ ^ K{s, t), K{s, s,), ..., K{s, s,) ^^^'^ 0 = ^ /• •/ j ^^'''^^' ^^''''^^' '■■' ^^'^^'"^ : ds, . . . ds,

bedeutet. Aus dieser Formel folgt leicht die Identität in l:

1 (30) d'(X)=fzJ{X-s,s)ds.

0

Die so erhaltenen Formeln sind nichts anderes als die bereits mehr- mals erwähnten Formeln von Fredholm.

Drittes Kapitel.

Das transzendente Problem, welches der orthogonalen Trans- formation der quadratischen Form in eine Quadratsumme

entspricht.

Unsere wichtigste Aufgabe besteht darin, diejenigen algebraischen Untersuchungen im ersten Kapitel, welche die orthogonale Transformation der quadratischen Form Kxx betreffen, durch Ausführung des Grenz- überganges für n = oo auf das transzendente Gebiet zu übertragen. Von hier ab machen wir die wesentliche Voraussetzung, daß K(s, t) eine symmetrische Funktion in s und t ist.

Zu dem Zwecke beweisen wir zunächst folgeiide Sätze über die XuU- stellen von d(V).

Satz 1. Die Funläion d{X) besitzt Jceine komplexen Nullstellen.

Zum Beweise nehmen wir im Gegenteil das Vorhandensein einer solchen Nullstelle- an, schlagen dann um dieselbe als Mittelpunkt in der komplexen A- Ebene einen Kreis, auf dessen Peripherie und in dessen Inneres keine weitere Nullstelle von d(A) fällt und auf dessen Peripherie

überdies Ö'{X) von Null verschieden ist. Da d (— | nach Hilfssatz 1 für

unendlich wachsendes n gleichmäßig gegen ö{l) und "''(—) g^g^D '^ (^) konvergiert, so müßte für genügend große Werte von n auf der ganzen

Peripherie jenes Kreises der Quotient Tyv ^^^^ ^^^ ^^^ Werten des

fi' (V\ Quotienten -~r- um beliebig wenig unterscheiden, und ebenso würde dann

auch der Unterschied der über die Kreisperipherie erstreckten Integrale

14 Kap. III. Transzendentes Analogen zur Orthogonaltransfonnation.

vi

" ~ rs'm

/^^,-T- dl und / "" . „(1) -'^'''

beliebig nahe an Null liegen; dies aber wäre unmöglich; denn das erste

Integral hat den Wert Null, da die Nullstellen von d i ) sämtlich reell

sind, das letzte Integral dagegen wird derjenigen ganzen Zahl gleich, die die Vielfachheit der Nullstelle von d(A) im Kreismittelpunkt angibt.

In ähnlicher Weise erkennen wir auf Grund der in Hilfssatz 1 an- gegebenen gleichmäßigen Konvergenz auch folgende Tatsache:

Satz 2. Wir denlcn uns für jede der Gleiclimiyen d{I) = 0 ihre n Wurzeln dem absoluten Betrage nach geordnet

IW, ..., ^('0

derart, daß, wenn entgegengesetzt gleiche Wurzeln vorhanden sind, die positive vorangeht und überdies beim Vorhandensein mehrfacher Wurzeln jede so oft gesetzt werden soll, als ihre Vielfachheit beträgt. Ebenso ordne man die Niillstellen von 8{X), soiveit solche da sind: alsdann ist

X wZW = kW, L nV-^ = 2(2), L nm = )S''\ ....

«=00 n=00. H=M

Man darf jedoch aus Satz 2 keineswegs auf die Existenz von Null- stellen von 8{).) schließen, da sehr wohl der Fall eintreten könnte, daß bereits nl^ für unendlich wachsendes n absolut über alle Grenzen zu- nimmt.

Wir führen hier noch folgende Bezeichnungen ein: die Nullstellen von d(X) mögen die zum Kern K{s, t) gehörigen Eigenwerte heißen.

Unter K{s, t) wurde bisher irgendeine symmetrische Funktion der reellen Veränderlichen s, t verstanden; wir machen nun in diesem dritten Kapitel durchweg die Annahme, daß die zu K{s, t) gehörige Funktion d{X) keine mehrfache Nullstelle besitzen möge, so daß für eine jede Wurzel der Gleichung d(k) = 0 gewiß d\l) von Null verschieden ausfällt.

Wir haben ferner zu beachten, daß die gegen Schluß des ersten Kapitels entwickelte Transforuiationstheorie der quadratischen aus K(^s, t) gebildeten Form

Kxx=:^Ki^, -Dx^x,^ (p, q = 1,2 . . ., n)

zur Voraussetzung hatte, daß die Determinante d{l) keine mehrfache Null- stelle besitzt. Sollte nun für irgendwelche Werte von n die zu K{s, t) gehörige Determinante d(l) eine mehrfache Nullstelle aufweisen, so ver- fahre man in folgender Weise: man denke sich für jeden solchen Wert von n an Stelle von K{s, t) eine modifizierte Funktion K{s, t) gesetzt,

Kap. III. Transzendentes Analogon zur Orthogonaltranaformation.

15.

so daß die Nullstellen der entsprechend gebildeten Determinante d{l) für K(s, t) sämtlich einfach ausfallen; doch sollen die Werte der modifizierten Funktion K{s, t) sich von denen des ursprünglichen Kerns K{s, t) nur so wenig unterscheiden, daß für alle Werte der Variabein s,t, für alle Indizes [h= 1,2, . . . , n) und für alle Paare von stetigen Funktionen x{s), y(s) die Ungleichungen

\K{s,t)-K(s,t)\<^, I (h-d, I < 1,

I /('')- ZW I <

D,{l)-D,{l)\<3I(x).3I(y)

(/.= l,2,...,n)

erfüllt sind; dabei bedeuten d^, D,i j die Koeffizienten der entsprechend für K(s,t) gebildeten Determinanten dQ,), Dil, ' ), ferner l*^''^ die ent- sprechenden Nullstellen von d(l) und 31 {x), 3i{y) sollen die Maxima der absoluten Werte der Funktionen x{s) bzw. y{s) sein. Offenbar nälieru sich dann die Ausdrücke

^ ' ^ \ /( / ' n \ n ' y j

für unendlich wachsendes n gleichmäßig; den Grenzen bzw.

d. h. den nämlichen Grenzen, wie die mittels des nicht modifizierten Kernes gebildeten Ausdrücke. Wir sind dadurch in den Stand gesetzt, auch diejenigen Formeln der im ersten Kapitel entwickelten Theorie der quadratischen Form Kxx anzuwenden, zu deren Gültigkeit das Nicht- vorhandensein mehrfacher Nullstellen von d(l,) eine notwendige Voraus- setzung war. Obwohl wir in den fraglichen Fällen mit den modifizierten Ausdrücken operieren müssen, wollen wir doch fortan bei unserer Dar Stellung der größeren Übersicht halber die ursprünglichen Ausdrücke ohne die Querstriche beibehalten.

Es bezeichne A^''' die //"^ Nullstelle von 0(1) unter Beachtung der S. 14 festgesetzten Reihenfolge; aus (26) folgt

(31) ^ (i«, -) = .»./{^ (a«, ;).)_^^,^^.,, ,^Korf«,

und wegen der Symmetrie des Ausdruckes d il, ' ) in bezug auf x{s), y{s) ist daher auch:

j (Xi') ^) = ;.(/') ?(z/ (a(''), ^)] x(s)ds

16 Kap. III. Transzendentes Analogen zur Orthogonaltransformation,

lind, wenn wir hierin y(r)^= K{r,t) einsetzen:

J^(aw/^)1 = l('')f\^Uw^)] x(s)ds

\ \ ' .V ' J;/(r) = A-(r,0 J l \ ' V / ) i(r) = K{r, ,) ^''

0 ,j(r) = K{r,t)

oder im Hinblick auf (27)

(32) j J (aO), ;) j ^^^^^ __ ^^^ ^^ ./^Ci«; ,, t^ ,is) ,U.

Aus (31) und (32) erhalten wir

(33) J U''\ ^) = ;W/ /z/(;W; s, t)x{s)y{t)dsdt.

^ 0 0

Zugleich ergiebt sich, wenn wir in (32) x{r) = K(r. s) einführen, im Hinblick auf (27)

(34) z/(F'); s, t) = Z('')/z/(;L('')5 r, t) K{r, s) dr.

0

Nunmehr bezeichne W'^ die A*® Nullstelle von d(l) unter Beachtung der oben festgesetzten Reihenfolge. Wegen Formel (7) ist allgemein

und hieraus folgt in der Grenze für unendlich wachsendes n

(a(^^)^(a("),^;) = z^(zw ;,)^(aw

y

y / \ y / \ or/ \ ' if

wenn hierin a;*, ?/* ebenso wie x, y stetige Funktionen ihres Argumentes vorstellen, und folglich im Hinblick auf (27)

(35) ^(X(''); s, t) z/(A(''); s* i*) = z/(;.W; s, 5*) z/(A('"; /, /*). Wegen (30) ist

(36) /z/(/lW; 5, s) ds = (JX^^^''^, 6

und da unserer Annahme zufolge die NuUstellen von d(Ä) sämtlich ein- fach sind, so fällt d'(/l('')) von Null verschieden aus, und folglich ist auch gewiß z/ (/.(''); 6', s) nicht identisch für alle Werte von s Null; es sei s* ein solcher spezieller Wert, daß z/(Z(''); s*, s*) von Null verschieden ausfällt. Alsdann setzen wir

dadurch ist (p^'''>(s) als eine stetige Funktion der Variabein s definiert: sie heiße die ßu dem Eigenwerfe X^''^ gehörige EigenfimMion. Wir ge- winnen aus (35), (37), wenn wir noch f^ durch s* ersetzen, die Gleichung

(38) X(") z/(AW; s, 0 = + (p^''Ks) ^^'\t).

Kap. III. Transzendentes Analogon zur Orthogonaltransformation. 17

Mit Hilfe von (06) folgt mitbin

0 und daraus erkennen wir, daß in den beiden letzten Gleichungen das obere oder untere Vorzeichen gilt, je nachdem k^''^ö'(X'^'>) positiv oder negativ ausfällt.

Unter Hinzuziehung von (33) leiten wir noch die Formeln ab:

^ (aW, ^^) = ±f<p^''\s)x{s)ds ■f(p^''\s)y(s)ds ^0 0

und

X(A) , * ) f (p"') (s) xis)ds fcp^'>^ (s) II is) d i

y } h 0

I

Endlich ergibt die Formel (34) in Verbindung mit (38) nach Weglassung des Faktors (p^''\t)

9,(A)(s) = li'Of K{s, t) (p^''\t) dt, 0

und hieraus leiten wir, wenn (p^''\s) die zu einem anderen Eigenwerte A'*)

gehöricre Eigenfunktion bezeichnet, sofort die Gleichung ab:

jV'^(s)9^*^(s)^s = 0, (h^lc). 0

Oftmals ist es im Interesse einer kürzeren Schreibweise vorzuziehen,

an Stelle der Eigenfunktionen cp^''\s) die Funktionen

<p"'>(s)

t^''\s) =

]/.Acp

"'>(«))« ds

einzuführen; dieselben mögen normierte EigenfunJctionen oder, wenn ein Mißverständnis ausgeschlossen erscheint, Eigenfunktionen schlecht- weg heißen: sie genügen den Gleichungen ^

(39) WöcSf =ft^"Ks) x{s) ds .ft^"\s) y{s) ds,

^ ' Q 0

1

f(t^''\s)yds=- 1,

D

J^('')(s)^(*)(s)f?s = 0, (h^l-)

0

1

(40) tp^'^^s) = A('')/ä'(s, 0 ^^"^(0 d*-

0

Math. Monogr. 3: Hilbert, IIa. Integralgleichvmgea.

18

Kap. III. Transzendentes Analo{?on zur Ürthogonaltransformation.

Nunmehr haben wir die Vorbereitungen beendet, um diejenige Frage- stellung zu erledigen, welche aus dem alfi^ebraischen Problem der ortho- gonalen Transformation der quadratischen Form beim Grenzübergange für unendlich wachsendes n entsteht.

Wir haben am Schluß des ersten Kapitels die Formeln erhalten:

[x, x] =

+

(h=l,2,...,n).

Die letzte Formel zeigt, daß jedes Glied der Summe rechter Hand im Ausdruck für [x, x] positiv ausfällt; mithin gilt, wenn m irgendeine ganze Zahl unterhalb n bedeutet, die Ungleichung:

(41)

B{f-^\l) V[,i«*'\l)

l)^'(7{m+l)\ +

+ ••• +

Da wegen notwendig

^ [^> ^]-

i)(>)

X

ly^

<^r

ist, so folgt, indem wir (41) anwenden

i)(z('"+^^) d(/('"+^^)

i('»+i)d'(z("'+i))

+

Z("'+2)d'(z("'+2))

+ ••• +

D U"

'y

zC^d'Cze«))

<^([x,x] + [y,y]),

und mithin ist um so mehr die Summe der n m letzten Glieder auf der rechten Seite der Formel (14) absolut nicht größer als

demnach ist mit Rücksicht auf jene Formel (14) auch

(42)

Kxy

In dieser Formel wollen wir, wie bereits früher geschehen ist, P'i \n ' n / P \n/' ^p -^ \n /

I

Kap. III. Transzendentes Analogen zur Orthogonaltransformation. 19

eingesetzt denken und sodann nach Division durch n^, während ni fest- bleibt, den Grenzübergang für « = oo ausführen. Berücksichtigen wir die Grenzgleichungen:

n =00 " - ~ 0 0

und beachten wir, daß den Hilfssätzen 1 und 2 gemäß die Ausdrücke ^ D{~, J und Vr^'(yr) gleichmäßig für alle unterhalb einer festen

Grenze liegenden X gegen ^ U, ) bzw. d'(A) konvergieren, so geht die Ungleichung (42) in die folgende über:

(43) I j J Eis, 0 x{s) y{f) dsdt- -^^^^ - (X^^^^ -

a"»))2ä'(A("'>)

Nunmehr benutzen wir die Tatsache, daß die Eigenwerte A^'"), falls es ihrer unendlich viele gibt, mit unendlich wachsendem m absolut ge- nommen selbst über jede Grenze wachsen, und erkennen dann mit Hilfe der Formel (39), indem wir noch statt der Integrationsgrenzen 0,1 die allgemeineren Grenzen a, h einführen, folgendes grundlegende Theorem:

Tlieorem. Es sei der Kern K(s, t) einer Integralgleichung zweiter Art

b

f{s) = (p{s) ljK{s, t)(p(t) dt

a

eine symmetrische stetige Funktion von s, t-^ ferner seien A^'') die zu K{s,i) gehörigen Eigenwerte und ijj^''\s) die zugehörigen nor- mierten Eigenfunktionen; endlich seien x{s), y{s) irgendwelche stetige Funktionen von s: alsdann gilt die Entwicklung

h Ij h b

(44) J jK{s,t)x{s)yit)dsdt = ^4) ß^'Ks)xis) ds •ß('\s)yis)ds

< 9 lii^v [Ax(ß)fds + j {y{sj)-ds)

+ I?2) f¥'Ks)^{s)ds ■ß^\s)yis)ds + ■■;

wobei die Reihe rechter Hand absolut und gleichmäßig für alle Funktionen x{s), yis) konvergiert, für welche die Integrale

20 Kap. III. Transzendentes Analogen zur Orthogonaltransformation.

b b

f{x{s)yds, f(y(s)yds

a a

unterhalb einer festen endlichen Grenze bleiben.

Dies ist dasjenige Theorem, das für x{s) = y(s) dem im ersten Kapitel genannten algebraischen Satze über die Transformation einer quadratischen Form in die Quadratsumme von linearen Formen entspricht.

Einige unmittelbare Folgerungen dieses Theorems sind folgende:

Die nämlichen Eigenwerte 2*''^ und Eigenfunktionen ^•(''^(s) können nicht noch zu einem anderen von K{s, t) verschiedenen Kern gehören; die A^*' und ^(''^(s) bestimmen vielmehr in ihrer Gesamtheit den Kern K{s,t) vollständig.

Setzt man in die Formel des Theorems an Stelle von y(t) das Inte-

gral fK{r,f)y()-)dr ein, so entsteht mit Rücksicht auf (40) die folgende Formel :

h b h b

J jKK{s,t)x{s)y{t)dsdt = ^^^^, ß^'\s)x{s)ds •/^(i)(s)i/(s)rfs

a a a a

b h

+ äk^ f^^'Ks)x{s)ds .ft^'\s)y{s)ds + . •,

a a

wobei zur Abkürzung

6

KKis, t) =JK{s, r) Kit, r) dr

a

gesetzt ist; diese Funktion KK{s,t) möge der aus K{s,t) zweifach zu- sammengesetzte Kern heißen. Aus Formel (44) erkennen wir, daß der aus K[s, t) zweifach zusammengesetzte Kern dieselben Eigenfunktioneu besitzt, wie K(s,t), während die Eigenwerte die Quadrate der zu K{s,t) gehörigen Eigenwerte sind.

Es möge hier noch eine Verallgemeinerung der Formel (29) Platz finden. Bringen wir nämlich die Abhängigkeit der lösenden Funktion K (s, t) vom Parameter ). zum Ausdruck, indem wir für dieselbe die Bezeichnung K{l]S,t) anwenden, und setzen wir zur vorübergehenden Abkürzung

h

F{s, t) == K(>1; s, i) - K(/t; S, t) + (/t - A)/K(A; s, r) K(.(i; r, t) dr,

a

so erhalten wir mittelst wiederholter Anwendung von (29') die Identität

b

F{s, t) - lfK{r, s) F{r, t) dr = 0

a

und diese zeigt zu Folge einer Bemerkung am Schluß von II, daß F{s, t) jedenfalls für jeden solchen Wert von A verschwindet, der von den Eigen-

Kap. IV. Entwicklung nach Eigenfunktionen. 21

werten )S'''> verschieden ausfällt. Daher ist F{s, t) notwendig für alle Argumente X, n, s, t identisch Null, d. h. es gilt die allgemeine Formel

b

(45) K{l-s,t)- K(.a; s, f) = {^ - i[t)/K(A; s, r) K(/t; r, t) dr.

a

Diese Foi-mel können wir auch in der Gestalt schreiben:

b

(46) K(.u; s, t) = K(;/ + /t; s, t) - kfK{X + .u; s, r) K(.(t; r, t) dr-

a

hieraus folgt, daß, wenn wir K \ s,i) als Kern für eine Integralgleichung zweiter Art nehmen, die zugehörige lösende Funktion notwendig K(A -r i^; s, 0 ist. Zugleich finden Avir

a

und erkennen hieraus, daß zum Kern K(,a;5, ^) dieselben Eigenfunktionen wie zum Kern K(s, t) gehören, während die zugehörigen Eigenwerte die Größen A^''^ u sind.

Viertes Kapitel.

Entwicklung einer willkürlichen Funktion nach Eigenfunktionen.

Die erste wichtige Anwendung des im dritten Kapitel bewiesenen Theorems geschehe zur Beantwortung der Frage nach der Existenz der Eigenwerte A^^l Diese Frage ist von besonderem Interesse, weil die ent- sprechende speziellere Aufgabe in der Theorie der linearen partiellen Differentialgleichungen, nämlich der Nachweis der Existenz gewisser aus- gezeichneter Werte für die in der Differentialgleichung oder in der Rand- bedingung auftretenden Parameter bisher wesentliche Schwierigkeiten ver- ursacht hat. Durch Heranziehung unseres Theorems wird die weit all- gemeinere Frage nach der Existenz der Eigenwerte, die zu einer Integral- gleichung zweiter Art gehören, auf einfache und vollständige Weise beantwortet. Nehmen wir nämlich an, ee gäbe keine oder nur eine endliche Anzahl, etwa m Eigenwerte, so ist die in dem Theorem auftretende Reihe (44) eine endliche mit m Gliedern und, da die Formel (44) des Theorems für alle stetigen Funktionen x(s) und y[s) gelten soU, so folgt aus derselben mit Notwendigkeit

Kis, 0 = ^ t^'\s)n,i'\t) + + ^ ^('»)(s)^('»)(0,

22 Kap. IV. Entwicklung nach Eigenfunktionen.

d. h. K(s, t) vermag, weun man eine der beiden Variablen, etwa f , als Parameter auffaßt und diesem irgendwelche konstante Werte erteilt, nur tn linear unabhängige Funktionen der anderen Variabein s darzustellen. Umgekehrt, wenn K(s, t) diese Besonderheit aufweist, so verschwinden, wie man sieht, alle Koeffizienten der Potenzreihe Ö{X), die mit einer höheren als der w-ten Potenz von l multipliziert sind, d. h. d{l) wird eine ganze rationale Funktion in A, und es gibt dann gewiß nur m Eigen- werte. Wir sprechen somit den Satz aus:

Satz 3. Die zu K(s,t) gehörigen Eigenuerte sind stets in unendlicher Anzahl vorhanden es sei denn, daß K{s. i) als eine endliche Summe von Produkten darstellbar ist, deren einer Faktor nur von s, deren anderer nur von t ahhängt; tritt dieser Fall ein, so ist die Zahl der Eigenwoie gleich der Anzahl der Summanden in jener Summe, und d(/,) ist eine ganze rationale Funktion von einem Grade gleich dieser Anzahl.^)

Wir wenden uns nunmehr zu der Frage der Entwicklung jener will- kürlichen Funktion in eine unendliche Reihe, die nach Eigenfunktionen fortschreitet. Führen wir in die Formel (44) unseres Theorems

yit)=^K{r,t) ein und setzen

6 h

/•(r) ==ffK{s, t) K(r, t) x (s) ds dt,

a a

bedenken wir sodann, daß mit Rücksicht auf (40 )

ff(r) t^C") (r j dr = ^^L^J'^is) ?^-('") (s) (7..-

a a

wird, so geht die Formel (44) unseres Theorems über in

/, h

f{r) ^Jf{s)^^'\s)ds - t^'Hr) + ff{s)4>^'){s)ds-i^^'\r) -f •,

a a

d. h. es gilt der Satz:

Satz 4. Wenn eine Funktion f(s) sich in der Gestalt

b h

f(s) =JjK(:r, t) K(s, t) h{r) drdt

a a

do/rstellen läßt, wo h(r) eine stetige Funktion von r ist, so läßt sie sich auf

1) Der von mir hier zuerst aufgestellte und bewiesene Satz von der Existenz eines Eigenwertes für jeden nicht identisch verschwindenden Kern bildet einen integrieren- den Bestandteil meiner Theorie und ist, als ich meine Untersuchungen über Integral- gleichungen begann, eines meiner frühesten Ergebnisse gewesen; in neueren Arbeiten findet sich offenbar versehentlich eine gegenteilige Behaui^tung ausgesprochen.

Kap. IV. Entwicklung nach Eigenfunktionen. 23

die Fouriersche Weise in eine nach EigcnfarMionen des Kernes K (s, t) fortschreitende Beihe entwickeln, ivie folgt

f{s) = c,^,^'){s)^c,xl>(%s) + ...-

h

c„,-ffis)tp('-){s)ds.

a

Diese Reihe konvergiert ahsolut und gleichmäßig})

Die in diesem Satze gemachte Voraussetzung über f(s) ist gleich- bedeutend mit der Forderung, es soll eine stetige Funktion h{s) geben, so daß die Integraldarstellung

/. f{s)=jKK{s,t)h{t)dt

a

gilt, oder auch mit der Forderung, es soll zwei stetige Funktionen g{s) und li{s) geben, so daß

b

f(s)^jK{s,t)g{t)dt,

a b

g{s)=jK{s,t)h{t)dt

a

wird.

Wenn K{s, t) eine solche symmetrische Funktion von s, t ist, daß die Gleichung

b

fK(s,t)g{s)ds^O

a

sich niemals durch eine stetige von Null verschiedene Funktion g{s) identisch in t erfüllen läßt, so heiße K{s^ t) ein abgeschlossener Kern. Es ist leicht, aus Satz 3 zu erkennen, daß zu einem abgeschlossenen Kern stets unendlich viele Eigenwerte gehören. Ferner können wir für einen abgeschlossenen Kern folgende Behauptungen aufstellen:

Satz 5. Es sei K(s, t) ein abgeschlossener Kern und i'^^'^s) die zugehörigen Eigen funltionen: trenn dann h{s) eine stetige Funktion ist, so daß für alle m die Gleichung

I, Jh{s)xp^"'\s)ds = 0

a

erfüllt ist, so ist h(s) identisch Null.

1) Das soll heißen: die Reihe der absolut genommenen Glieder konvergiert gleichmäßig.

24 Kap, IV. Entwicklung nach Eigenfimktionen.

Um diesen Satz zu beweisen, setzen wir

g{s)=fK(s,t)h{t)dt,

a

f{s)=jK{s,t)g{t)dt.

a

Nach Satz 4 gestattet f{s) die Entwicklung nach den Eigenfunktionen t/^<'")(s), und zwar erhält man für die Koeffizienten dieser Entwicklung

a a a

folglich ist f[s) identisch Null. Da K{s, t) ein abgeschlossener Kern sein sollte, so folgt hieraus zunächst g{s) = 0 und sodann auch ^(5) = 0.

Satz 6. Es sei K{s,t) ein abgeschlossener Kern und f(s) irgend- eine stetige Funktion: wenn sich alsdann herausstellt, daß die in Fourier- scher Weise gebildete Beihe

c^tl,W(s) + c,i>('\s)-^-'-,

h

c,,=ffis)ip^'^)(s)ds

a

gleichmäßig konvergiert, so stellt sie die Funktion f(s) dar.

In der Tat erweist sich die DiiFerenz von f(s) und der durch jene Reihe dargestellten Funktion von s unter Benutzung des Satzes 5 als Null.

Für die Entwickelbarkeit einer willkürlichen Funktion f(s) nach Eigenfunktionen haben wir in den Sätzen 4 und (3 gewisse Kriterien auf- gestellt. Wir können die Bedingungen des Satzes 4 wesentlich verein- fachen; es gilt nämlich der Satz:

Satz 7.^) Jede unter Vermittlung einer stetigen Funktion g{s) durch das Integral

f{s)=jK{s,t)g{t)dt

darstellbare Funktion ist in eine nacli Eigenfunktionen fortschreitende Beute auf Fouriersche Weise enttvickelbar, ivie folgt

6

c,,=Jf{s)i'^"'\s)ds.

a

Diese Beihe konvergiert absolut und gleichmäßig.

1) Vgl. die auf E. Schmidt bezügliche Anmerkung in Kapitel XIV sowie den von n Variabein.

Kap. IV. Entwicklung nach Eigenfunktionen. 25

Den Beweis führen wir liier nur unter einer gewissen Voraussetzung über den Kern K{s, t). Wir wollen nämlich eine symmetrische stetige Funktion K(s, t) dann einen allgemeinen Kern nennen, wenn es möglich ist, zu jeder stetigen Funktion g{s) und zu jedem beliebig kleinen posi- tiven £ stets eine stetige Funktion h{s) zu ermitteln, so daß, wenn

h x{s)^g (s) -jK{s, t) h {t) dt

a

gesetzt wird, die Ungleichung

6

» f{x{s)y(ls < s

a

gilt, d. h. der Kern K(s, t) heißt allgemein, wenn das Integral

jK{s,t)}i{t)dt

a

bei geeigneter Wahl der stetigen Funktion h (s) jede stetige Funktion g (s) in dem eben bezeichneten Sinne angenähert darzustellen fähig ist. Nun- mehr bezeichnen wir mit s irgendeine beliebig kleine positive Größe-, sodann bedeute M das Maximum der Funktion

b

J{K{s,t)ydt,

a

wenn die Variabele s sich im Intervall a bis h bewegt. Da K{s, t) ein allgemeiner Kern und g (s) eine stetige Funktion sein soll, so läßt sich eine stetige Funktion li (s) finden, so daß, wenn

h

x{s)^g (s) -J'K{s, t) h (0 dt

a

gesetzt wird, die Ungleichung

a

erfüllt ist. Wir setzen

b

g*{s)=jK{s,t)h{t)dt,

a

r{s)^jK{s,t)g*{t)dt

a

Nach Satz 4 gestattet die Funktion f*{s) die Reihenentwicklung nach Eigenfunktionen

26

Kap. IV. Entwicklung nach Eigenfunktiouen.

und wecen der gleichmäßigen und absoluten Konvergenz dieser Reihe ist es gewiß möglich, eine ganze Zahl 7n zu finden, so daß für alle 6^

(48) l/'*(s) - c\i'^'Ks) - cln^^'Hs) Cxp^'-\s)\< l

ausfällt und auch die Ungleichungen noch gelten, die entstehen, wenn man m hierin durch eine größere Zahl ersetzt. Nun ist

I fKis, t)x{t)dt ' £ y J\K{s, t)fdt Jixitifdt und mit Rücksicht auf (47) mithin

Wegen

(49) f(s) = r'is) -\-j'K(s, t) X [t) dt

haben wir folglich die Ungleichung

(50) \fis)-r-{s)\£l-

Andererseits ist wegen (49)

c, - c/ ^ffKis, t) tpO\s) X (t) dt = ^ JVW(0^(0 dt

a a «■

und folglich

h b

(51) (c,. - c/) i>^^{s) =JV'Ks)x{s)ds -jKis, t) xlj^^\t)dt.

a CL

Nehmen wir /,

^^<^{s)x{i)ds 4 /T 6

A = " ,-^ =^ , B = y J{x{s)Y ds fKis, t) i^W (t) dt,

y f{x{s)y'ds

a

so folgt wegen

aus (51) die Ungleichung

(52)

AB 1 ^ V {A^ + B^)

(c.-c/)i/;W(s)|^

yl{x{s)yds

{x{s)yds (fK{s,t)rlJ^>\t)dt

Kap. IV. Entwicklung nach Eigenfunktionen. 27

Wir wenden uns nunmehr zu der Formel (16) zurück. Da jedes Glied der Summe auf der rechten Seite dieser Formel (16) ^ 0 ausfällt, so ojilt für m < n die Unc^leichuncr

D (,.. -) D (ir,, -) D (,„.,, -)

Denken wir uns in dieser Formel wieder, wie früher

P'i \n' n / ' P \n /

eingesetzt und sodann nach Division durch n, während m festbleibt, den Grenzübergang für w = oo ausgeführt, so entsteht die Ungleichung

lft^'^{s)x{s)ds\ + \ß^'\s)x{s)ds\ +

(53) ^" \^ ^

4- /^-C") (6-) a; (s) (?s ^ /(.r (s))^ rfs . U J 0

Mit Benutzung dieser Ungleichung, in der wir wieder die lutegrations- grenzen a bis h eingeführt annehmen, folgt, wenn wir (52) für j = 1, 2, . . ., m bilden und summieren:

V

2; (<j - c*) i/;W (5) 1 ^ i- ]/ j{x {s)y ds (l-f 31)

j = 1, . . ., 711 a

oder im Hinblick auf (47)

d. h. es ist auch

(54) qT^(i)(s) + + c„M"'Hs) - c>(i)(s) ^^^(s) I ^ J

Aus (48), (50), (54) folgt für alle s

I fis) - c, i/;(^)(s) - c,^^^^^{s) c,„i/;("0(s) ] < e,

und man sieht zugleich, daß diese Ungleichung gültig bleibt, wenn man auf der linken Seite statt m eine größere Zahl wählt; damit ist der Be- weis für unseren Satz unter den gemachten Voraussetzungen erbracht.

Auf Grund des eben bewiesenen Satzes 7 läßt sich auch zeigen, daß die unendliche Reihe

, h .2,h V 2

J^^'\s)x{s)ds\ + (Jxl;^''\s)x{s)ds\ +

konvergiert und den Wert

h

f{x{s)yds

a

besitzt; dabei ist wiederum K{s, t) als allgemeiner Kern vorausgesetzt, und x(s) bedeutet eine beliebige stetige Funktion.

28 Kap. V. Das zugehörige Variationsproblem.

Fünftes Kapitel.

Das Variationsproblem, das der algebraischen Frage nach den Minima und Maxima einer quadratischen Form entspricht.

Die im dritten uud vierten Kapitel entwickelte Theorie ist für die Variationsrechnung von besonderer Bedeutung. Ich möchte jedoch hier nur dasjenige transzendente Problem behandeln, welches der algebraischen Frage nach den relativen Maxima und Minima einer quadratischen Form bei Konstanz einer zweiten anderen Form entspricht: es ist dies das Problem, diejenigen Funktionen a:(s) zu finden, für welche das Doppelintegral

b b

J (a;) = JjK{s, t) x{s)x{t)dsdt

a a

minimale oder maximale Werte besitzt, Avähreud die Nebenbedingung

h

(55) J{x{S)fds = 1

a

erfüllt ist.

Wenn der Kern K{s, t) die Eigenschaft hat, daß das Integral J(x) nur positive Werte besitzt, was auch x{s) für eine stetige Funktion sei, und Null nur für x(s) = 0 wird, so heiße der Kern K(s, t) definif. Wir machen im folgenden die Annahme, daß K{s, i) ein definiter Kern sei.

Wenn für eine gewisse stetige Funktion x{s) identisch in allen s

h

jKis,t)x{t)dt = 0

a

wird, so folgt offenbar J{x) = 0 und hieraus auch x{s) = 0, d. h. ein definiter Kern ist stets auch ein abgeschlossener Kern; es gibt für ihn also gewiß unendlich viele Eigenwerte und Eigenfunktionen.

Die Eigenwerte eines defhiiten Kerns sind stets positiv. Denn fiele im Gegenteil etwa X^''^ negativ aus, so würde sich aus

(56) J{x) = ^4 { J V^'' (s) ^ (s) ds I + ^4 { j V^-) (s) x {s) ds I +

für x{s) = ip^'''>(s) der Wert des Doppelintegrals J(x) negativ ergeben. Betreffs der Minima und Maxima von J(x) gelten folgende Sätze: Satz 8. Es gibt keine stetige Funktion x(s)f welche das Doppcl- integral J{x) zu einem Minimum macht, während die Nebenbedingung (55) erfidlt ist.

In der Tat, die Eigenfunktionen iIj^^^s), ^(-^(s), . . . erfüllen sämtlich die Nebenbedingung (55); wegen

Kap. Y. Das zugehörige Variationsproblem. 29

könnte daher der gewünschte Minimalwert nur gleich Null sein; diesen Wert nimmt J{x) aber nur für x{s) = 0 an.

Satz 9. De)' größte Wert, dett das Boppelintegral J{x) annimmt, falls x{s) eine stetige der Nebenhedinguny (55) genügende FunJdion sein soll,

ist Y(T)', denselben nimmt das Doppel integral für a;(s) = i^(^)(s) an.

Sei nämlich im Gegenteil x{s) eine Funktion, die der Nebenbedingung (55) genügt und für welche

ausfiele, so müßte sich eine ganze Zahl m so wählen lassen, daß auch die

Summe S(x) der ersten m Glieder rechter Hand in (5(i) größer als iyj-,

wird. Nunmehr setzen wir

x(s) = q^(^)(s) 4- c^tl^^'Ks) + + r,„t/;("')(s) + tj(s), wo zur Abkürzung

Ck -f¥"\s) X (s) ds (/» = 1, 2, . . ., m)

a

gesetzt ist und demnach

6

/^(*)(s) y (s) ds = 0 (h = 1,2,..., m)

a

ausfällt; wir finden dann leicht

h h

(57) f(x(ß)yds = c^ -I- c^, + . . . + cl +f(y(s)yds,

a a

(58) S{x) = ^ + §, + ...-Vp,- Aus (57) folgt mit Rücksicht auf (55)

um so mehr ist also

^1 -f -£i j + S'_ < J_

und diese Gleichung steht mit (58) in Widerspruch, da S{x) größer als

rjY) sein sollte; die ursprünglich gemachte Annahme trifft mithin nicht zu.

In analoger Weise erkennen wir die Richtigkeit des folgenden all- gemeineren Satzes:

30 Kap. VI. Ergänzung der Theorie.

Satz 10. Der größte Wert, den das Doppelintegral J(x) annimmt, falls x(s) eine stetige FiinWvn sein soll, die den Nehenhedingungen

h

J{x{s)yds = i,

a

./>('') (s) X (s) r75 = 0 = 1, 2, . . . . w - 1)

a

genügt, ist ,,„, ; denselben nimmt das Doppelintegral für 3c{s) = t^"'\s) an.

Durch ähnliche Schlüsse erlangen wir auch die Lösung weiterer Maximalprobleme. Beispielsweise gelingt ohne wesentliche Schwierigkeit die Auffindung der Funktion x(s), die das Integral J{x) zu einem Maximum macht, wenn außer der Nebenbedingung (55) noch die folgende Nebeu- bedingung

(59) ff{s)x{s)ds = 0

a

erfüllt sein soll, wobei f(s) irgendeine gegebene Funktion bedeutet.

Wenn der Kern K{s, t) die Eigenschaft besitzt, stets positive Werte anzunehmen, sobald x(s) eine dieser Nebenbedingung (59) genügende stetige Funktion ist, so heiße er kurz relativ definit.

Unter den Eigenwerten eines relativ definiten Kernes ist höchstens einer negativ. Denn wären etwa 1^^) und X^^^ negativ, so bestimme man die Konstanten Cj, Co derart, daß die Funktion

rc(s) = Ci 1/^(1) (s) + c^i)^^\s)

der Nebenbedingung (59) genügt, und überdies c\ -\- c\ = 1 ausfällt: als- dann fällt nach (56) gewiß J{x) negativ aus.

Sechstes Kapitel.

Ergänzung und Erweiterung der Theorie.

Wir haben bisher im ersten bis fünften Kapitel stets vorausgesetzt, daß K{s, t) eine stetige Funktion der Veränderlichen s, t sei; es ist unsere nächste Aufgabe, festzustellen, inwie^veit sich diese Annahme beseitigen läßt. Wenn es eine endliche Anzahl von analytischen Linien L s = F(t) oder t= G{s) in der s^-Ebene gibt, so daß K(s, t) in den Punkten dieser Linien unstetig oder unendlich wird, während für einen gewissen positiven, unterhalb .V liegenden Exponenten a das Produkt

(s - F{t)yK{s, t) bzw. {t - G{s)YK(s, t)

Kap. VI. Ergänzung der Theorie.

31

daselbst stetig bleibt, so sagen wir, daß K{s, t) Singularitäten von niederer als der -l^ten Ordmirif/ besitzt. Dabei setzen wir voraus, daß K{s, t) außerhalb der Linien L durchweg stetig sei. Nunmehr stellen wir die Behauptung auf:

Die sämtlichen im dritten bis fünften Kapitel bewiesenen Resultate sind gültig, auch ivenn der Kern K(s, t) der zugrunde gelegten Integralgleichung Singularitäten von niederer als der Iten Ordnung besitzt. Zugleich dürfen auch die in unserer Theorie auftretenden Funldionen x(s), y{s) solche Funk- tionen sein, die an einer endlichen Anzahl von Stellen von niederer als der ^ien Ordnung unendlich iverden, wenn sie sonst stetige FtmMionoi von s sind.

Die Methode, mittelst der wir die Gültigkeit dieser Behauptung er- kennen, besteht darin, daß wir die Linien L durch Gebietsstreifen der s^-Ebene von beliebig geringer Breite s ausschließen und alsdann eine Funktion ^"^(5, t) konstruieren, die innerhalb jener Gebietsstreifen Null ist, während sie außerhalb derselben mit K(s, t) übereinstimmt. Die Funktion KJs, t) ist überall stetig mit Ausnahme der Grenzlinien jener Gebiets- streifen, in denen sie, wie man sieht, sprungweise Wertänderungen erfährt. Für einen solchen Kern wie K^(s, t), dessen Werte überall unterhalb einer endlichen Grenze bleiben und nur in gewissen Linien unstetig werden, sind unsere früheren Beweise unverändert gültig. Um ihre Gültigkeit für den Kern K{s, t) zu erkennen , bedarf es der Ausführung des Grenzüber- ganges für £ = 0. Wir wollen im folgenden auseinandersetzen, wie dies zu geschehen hat.

Zu dem Zwecke wenden wir uns zunächst zu den Potenzreihen d{X)

S. 9 und z/ il, n S. 11. Die Koeffizienten d,^ bzw. -^hi) derselben

lassen sich für den Kern K{s, t) gewiß dann nicht bilden, wenn K{s, s) als Funktion von s keine Bedeutung hat, d. h. sobald die Linie s = t oder ein Teil derselben zu den singulären Linien des Kerns gehört. Diesem Übelstande helfen wir dadurch ab, daß wir an Stelle der früher angewandten

Formeln für d\ S. 9 bzw. z/^ r\ S. 11 die folgenden eingesetzt denken

j 0 , K{s„ Sg), . . ., K{s^, sj K{s^,s^), 0, . .., K{s^,s,)

hf- f

ds,-- ds,^,

K{s^ sj, K{s,, S2), . . ., 0

I 0 , x{s^) , x{s^) , ..., x{s^) 1 1 1 2/(sj, 0 , K{s„ S2), . . ., K{s,, s,.)|

ds,.

y{h\ J<^{.h, h), ^{s„ S2),

0

32 Kap. VI. Ergänzung der Theorie.

Wie man sieht, unterscheiden sich die neuen Ausdrücke für d^ bzw. z/j ( ) von den frühereu nur dadurch, daß in der Determinante die Ele- mente der Diagonalreihe überall 0 sind. Die mit den neuen Koeffizienten gebildeten Potenzreihen ö(k) bzw. zJ Ix, ) stimmen mit den früheren bis auf einen unwesentlichen Exponeutialfaktor übereiu, der für ö(A) und

\ y) derselbe ist und daher bei der Bildung des Quotienten x(r^~ wegfällt.^)

Hilfssatz 3. Die neuen Ausdrücke d^ und z/,^ ( j haben für unsern

Kern K{s, t) stets einen Sinn und die mit ihnen gebildeten Potenz- reihen d{l) und .i:/ (/l, I in k sind beständig konvergent.

Wir wollen der Einfachheit halber den Beweis hierfür nur in dem Falle erbringen, daß s = t die einzige singulare Linie von K(s, t) ist. In dem Ä-fachen Integrale für d,^ sollen die Integrationsveränderlichen Sj, . . ., s^ alle Werte zwischen 0 und 1 durchlaufen. Wir betrachten zunächst den M-ten Teil T dieses A-dimensionalen Integrationsgebietes, der durch die Ungleichungen

«1 > §2 > > S^

charakterisiert ist. Wir denken uns dann in der /<- reihigen Determinante, die im Ausdruck für d,^ auftritt, die Elemente

der ersten Horizontalreihe mit | (s^ s^" j

zweiten { | {s^ - s,)-" i + ! («2 - hY" I } "^

dritten { | {s, - .s,)"' \ + {s, - s, )"« } "^

^'-ten . I (s,,_i - 5,)'^ i

multipliziert; dadurch entsteht eine Determinante, deren Elemente, wie man leicht sieht, gewiß sämtlich für alle Werte der Variabein absolut genommen unterhalb einer endlichen positiven Größe K liegen. Der Wert der letzteren Determinante ist gewiß ^ ]////' K\ und folglich ergibt sich für das über T erstreckte A- fache Integral als obere Grenze der Ausdruck

(60) y}7'K"f. . ./ {s, - s,)-" I { I (5, - s,)-" ; + i (s, - s,)- 1 }

{ 1 («2 - Sa)"" ' + I (^3 - h)~" ]■•■ (S/.-1 - S/.)~" ^s,ds., ds,„

l > «1 > 5. > > 5, > 0.

Wenn wir in dem /i- fachen Integral hier die neuen Veränderlichen

1) Vgl. Kellogg, Zur Theorie der Integralgleichungen, §5. Göttinger Nachr. 1902.

Kap. VI. Ergänzung der Theorie. 33

einführen und die Produkte uuter den Integralzeichen ausmultiplizieren, so erkennen wir, daß jenes Integral sich aus 2''~- /«-fachen Integralen von folgender Gestalt zusammensetzt:

(61) /• -Jö^' ag» ö^i' dö^ da,- do^,

'6^ > 0, (52 > 0, . . ., 6,^ > On

Ö,-\-0,^ h (?A < 1>

wo die Exponenten a^, a», . . ., a,^ die Werte 0, a oder 2cc haben, ihre Summe a^-\- a^-\- + «^ jedoch stets gleich ha ausfällt. Die Berechnung des Integrals (61) liefert für dasselbe als obere Grenze einen Ausdruck

r(l_|- /,_«/,) < h/,n-a)>

wo Ä, B gewisse von h unabhängige positive Größen bedeuten, und hieraus folgt für (60) eine obere Grenze

(62

JM^-oc)'

wo C wiederum eine von ]i unabhängige positive Größe darstellt. Der Ausdruck (62) ist zugleich eine obere Grenze für den über T erstreckten Teil des /i- fachen Integrales, das in ^^ auftritt. Da aber alle übrigen Jil 1 Teile jenes /<- fachen Integrales, wie sich bei Vertauschung der Integrationsveränderlichen zeigt, den gleichen Wert besitzen, so folgt, daß das vollständige /(-fache Integral, das in d,^ auftritt, den mit /<! multiplizierten Ausdruck (62) zur oberen Grenze hat, d. h. es ist

Wegen cc < i- folgt hieraus die Richtigkeit des Hilfssatzes 3 in betreff der Potenzreihe ö(l)})

Die nämliche Beweisführung gelingt für die Potenzreihe ^ U, j

Wir kehren nun zu dem Kern K^(s, t) zurück; erinnern wir uns, wie KJ^s, t) aus K{s, t) durch Ausschalten der singulären Stellen entstand, so erhellt, daß K^{s, t) als abhängig von der Streifenbreite e zu betrachten ist. Da für ein bestimmtes e KJs, t) absolut genommen stets unterhalb einer endlichen Grenze bleibt, so ist unsere frühere Theorie für /^^s, t) unverändert gültig. Wir bezeichnen die hier zu K^{s, t) gehörigen Potenz- reihen in l mit 0^(1) bzw. z/^ (l, J. Da offenbar die Ungleichung (63)

1) Die Darstellung dieses Beweises in den früher genannten Dissertationen von Kellogg und Andrae ist unrichtig.

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 3

34 Kap. VI. Ergänzung der Theorie.

und die entsprechende für jJ,^ i ) um so mehr für die Koeffizienten der

Potenzreihen ö^{).) bzw J^ iX, ' ) gültig sind, so erkennen wir durch das

nämliche Schlußverfahren, wie wir es zum Beweise des Hilfssatzes 1 (Kap. II) angewandt haben, die Richtigkeit der folgenden Tatsache:

Hilfssatz 4. Die Funktionen d^l) bzw. ^, (A, ) konvergieren für

£ = 0 gegen d{X) bzw. z/ (A, |, und zwar ist diese Konvergenz eine gleich- mäßige für alle Werte von l, deren absoluter Betrag unterhalb einer beliebig gewählten positiven Grenze A gelegen ist.

Es ist nicht schwer, nach diesen Vorbereitungen die Gültigkeit unseres ijrundleorenden Theorems S. 19 auf den Fall auszudehnen, daß der Kern K{s,t) Singularitäten von niederer als der ^-ten Ordnung aufweist.

Für den Kern K^(s, t) ist unser Theorem bereits als gültig erkannt, vorausgesetzt, daß die Nullstellen der zugehörigen Funktion dX^) sämt- lich einfach sind. Sollte diese Voraussetzung für einen Kern K^s^ t) nicht zutreffen, so denke man sich ähnlich wie zu Beginn des dritten Kapitels ausgeführt worden ist den betreffenden Kern /^(s, t) ein wenig modifiziert, so daß jener Voraussetzung genügt wird und doch die modi- fizierten Ausdrücke für £ = 0 nach denselben Gi-enzeu K(s,t) bzw. diX)

z/ (A, ) gleichmäßig konvergieren.

Es sei jetzt A irgendeine positive Größe; aus Hilfssatz 4 kann dann geschlossen werden, daß diejenigen Xullstellen A"'' von d^X), deren ab- solute Beträge auch für f = 0 unterhalb A bleiben, in der Grenze für £ = 0 in die Xullstellen ?S''^ von ö(A), die absolut genommen unterhalb yl liegen, übergehen, und daß die zu jenen Nullstellen A^''' zugehörigen Werte

von z:/j \^f\ ) bei diesem Grenzübergang £ = 0 in die bezüglichen Werte von z/ (X'^''\ ) übergehen.

Wir bezeichnen nun die zum Kern K^s, t) gehörigen Eigenfuuktionen mit tp'f\s), i^'f''(sj, .... Da wegen (53) S. 21 für jedes noch so große m die Ungleichung.

P^'{s)x{s)ds\ + Ji'f{s)x{s)ds\ +■■■■

+ \jM^'f{s)x{s)ds\ £f{x{s)yds gilt, so ist auch gewiß:

Kap. VI. Ergänzung der Theorie. 35

(64) ^ \ß["\s)x{s)ch\ £f{x{^j)-\ls.

Nunmehr setzen wir in der Formel (44) unseres Theorems an Stelle von y(s) die Funktion x{s) ein und schreiben die entstehende Formel dann in der Gestalt

(65) fjX{s,t)x{s)xit)dsdt=^ ^i\fn.l'-\s)x{s)ds

+ 2 ^r.\h\s)x{s)ds\

dabei soll die erstere Summe rechter Hand über alle Eigenfunktionen ip'^''(s) erstreckt werden, deren zugehörige Eigenwerte X'^" absolut genommen unterhalb A bleiben, während die zweite Summe rechter Hand ebenso wie die Summe linker Hand in (04) alle übrigen Glieder enthält. Wegen (64) folgt aus (65) die Gleichung:

J jKXs,t)x{s)x(t)dsdt = V ^Aj^T{s)x{s)ds\ ± ^f{x(s)yds,

und durch Grenzübergang für £ = 0 entsteht hieraus:

f fK(s,t)x{s)x{t)dsdt= ^ j^Afi<('0(^s)x{s)ds\±^f{x(s)fds.

Wenn wir nun ^ über jede Grenze zunehmen lassen, so ergibt sich die Formel (44) unseres Theorems für den Kern ^(5, t), im Falle x(s) = t/{s) benommen wird. Die letzte Einschränkung läßt sich sofort beseitigen.

Wir erkennen ohne Schwierigkeit auch alle früheren Folgerungen unseres Theorems für den Kern K(s, t) als gültig, insbesondere die Sätze 4 und 7 über die Entwickelbarkeit willkürlicher Funktionen nach den Eigen- funktionen, die zu K(s^ t) gehören.

Sollte der vorgelegte Kern K(s, t) singulare Linien von höherer als der .Vten und niederer als erster Ordnung besitzen, so bedürfen unsere Sätze gewisser Modifikationen; man erkennt diese leicht, wenn man die zweifach bzw. mehrfach aus K(s, t) zusammengesetzten Kerne (vgl. S. 20) biklet: bedenkt man, daß unter diesen Kernen stets solche Kerne vor- handen sein müssen, für die unsere oben dargelegte Theorie gültig ist, so ergeben sich die gewünschten Folgerungen für den Kern K(s, t).

Wir haben bisher durchweg auch in den Entwicklungen dieses Kapitels VI die Voraussetzung gemacht, daß für den zugrunde

3*

36 Kap. VI. Ergänzung der Theorie.

gelegten Kern K(s, t) die Potenzreihe d(A) nur einfache NulLstellen be- sitzt. Es sind nunmehr die Modifikationen zu ermitteln, die unsere Theorie erfährt, wenn wir diese beschränkende Annahme fallen lassen.

Zu dem Zwecke sei Ä"(.s, t) ein solcher Kern, zu dem X'^''^ als w^-facher Eigenwert gehört, d. h. X^''^ sei genau eine w^-fache Xullstelle von 0(1). Sodann bietet es keine erhebliche prinzipielle Schwierigkeit, einen Kern 7ir^,(.s, <) von folgenden Eigenschaften zu finden: /^„(s, t) sei eine solche Potenzreihe von ju, deren Koeffizienten stetige symmetrische Funktionen von s, t sind, die für genügend kleine Werte von /t konvergiert und für /i = 0 in K{s,t) übergeht. Es sei d^Xl) die fragliche zum Kern K^^{s,t) gehörige Potenzreihe, so daß ÖJX) für ,u = 0 in die zu K{s, t) gehörige Potenzreihe ö{X) übergeht; ö^^).) wird, wie man aus dem früheren Beweise leicht erkennt, eine Potenzreihe in X, die für alle X und genügend kleine ,u konvergiert; diese Konvergenz ist außer- dem für alle absolut unterbalb einer endlichen Grenze A liegenden X bei genügend kleinem u gewiß eine gleichmäßige, so daß d (/) auch als Potenz- reihe in X und fx darstellbar ist. Endlich gestatte so sei der Para- meter a gewählt die Gleichung

in der Umgebung von X = A^'') die folgenden «^ Auflösungen:

hierin sollen ^(ft), ^i(/i), ••• ^«/,_i(.u) Potenzreihen in u bedeuten, und unter diesen seien keine zwei in ^i einander identisch gleich. Die letztere Festsetzung bringt die für die nachfolgenden Entwicklungen wesentliche Eigenschaft der Funktion K {s,t) zum Ausdruck, die darin besteht, daß für alle genügend kleinen, von Null verschiedenen Werte des Parameters /i die Funktion K^^{s, t) einen Kern darstellt, der lauter ein- fache Eigenwerte besitzt. Wir bilden nunmehr für K^^ {s, f) nach Art von (27) die Potenzreihe ^^^{X]S,t), die für ,u = 0 in die zu K{s,t) ge- hörige Potenzreihe ^{X-^s,i) übergeht. z/„(A: s, i^) ist gewiß für alle X und genügend kleine ,u ebenso wie ö^^(X) gleichmäßig konvergent und auch als Poteuzreihe von X und /t darstellbar. Endlich konstruieren wir für K^{s, t) die zu

Ah) (A + l) (/, + „/,_!)

gehörigen normierten Eigenfunktionen

Kap. \l. Ergänzung der Theorie. 37

indem wir in (3„(/l) und zJ ^^{l-^ s, t) an Stelle von l der Reihe nach aus {<d&) die Werte für Xf, X'y'\ . . ., Alf + "'--'> als Potenzreihen in .u ein- setzen; wir erhalten zunächst

darin bedeuten e, ßj, ... e„^,_i gewisse ganze rationale Exponenten, die ^ 0 sind; ferner bedeuten die Ausdrücke ^(s, t) auf der rechten Seite stetige Funktionen von s, t. Es fällt nicht schwer, hieraus für die ge- suchten Eigenfunktionen Formeln von folgender Art abzuleiten:

(<57)

darin bedeuten wiederum f, f^,. . . ., /"«/,-! gewisse ganze rationale Ex- ponenten, die ^ 0 sind. Ferner bedeuten die Ausdrücke i/;(')(s) auf der rechten Seite stetige Funktionen von s, und insbesondere dürfen wir an- nehmen, daß von den Funktionen

(68) t^''Ks), t/'^^ + '^Cs), •, T/^('' + "''-^)(s)

keine für alle s identisch gleich Null sei. Da andererseits für alle ge- nügend kleinen von Null verschiedenen ^i die Gleichungen

6 h

J{xi^'l:' (jsjf ds^i, ..., /(^(f + «^ - ^) {s)y ds = 1

a a

bestehen müssen, so folgt, daß die Exponenten /", f^, . . ., fn^^-i sämtlich Null sind, und die Formeln (67) lehren dann, daß die Funktionen

für n = 0 stetig in die Funktionen (68) übergehen. Diese Funktionen (68) heißen die zum rif-fachen Eigenicert X^''> gehörigen FAgenfunhtionen; sie erfüllen, wie man aus den Formeln für die Eigenfunktionen i'u\s), ^If* (s), . . . durch Grenzübergang zu u = 0 sofort erkennt, die folgenden Gleichungen:

/(t^W(5))2rf6-=l, a h

/l/,(*)(s)l/;(*')(s)c?S = 0, a

ik^h,hi-l, ... h-^n,-l- /c' + A-).

38 Kap. VI. Ergänzung der Theorie.

Wir wenden nunmehr die Formel (43) auf den Kern K^^^j 0 ^ii> wobei ji einen genügend kleinen von Null verschiedenen Wert bedeutet. Mit Rücksicht auf (39) erhalten wir

11 11

,\'jKJs,t)x{s)ij{t)dsdt - ^ ßl^\s)x{s)ds-ß[,}'(s)tj(s)ds

0 0

1

-:^/ß'i^'(s)x(s)ds-ß',V(s)y(s)ds ^Ji;l':%^)x(s)ds-ft\T'(s)y(s)ds

'^ 0 0 0 0

^2y4'^i {M'^y'^' ^j\y{s)yds^ ;

wenn wir hierin zur Grenze jii = 0 übergehen und alsdann 7n über jede Grenze wachsen lassen, so erkennen wir, daß auch für den Kern K{s, t) die P"'ormel (44) des grundlegenden Theorems unverändert gültig bleibt; man hat nur nötig, für den Fall eines n,^-faclien Eigenwertes X^''^ rechter Hand in (44) der Reihe nach jede der n^^ verschiedenen, zu X^'''^ gehörigen Eigenfunktionen zu berücksichtigen, so daß in jedem dieser »^ Glieder der reziproke Wert desselben Eigemvertes ?S'''^ als Faktor zti stehen kommt.

Eine einfache Methode zur Berechnung der Eigenfuuktionen (68) gewinnen wir, indem wir von der Formel

h b « f>

ffK(X;s,t)x{s)y{t)dsdt = ^ ^^,,^ß^''\s)x(s)ds-ß''\s)y{s)ds

" « (/( = 1, 2, . . .) "■ "■

ausgehen. Setzen wir hierin

ein, multiplizieren dann die Formel mit X 2^'') und gehen zur Grenze X = X^''"! über, so erhalten wir schließlich :

\-^?rr, = ^^"HsW\t) + ^(" + ^)(.)t^(^ + i)(0 +

I M ^W ). = ;<") +t/,("+"/--i)(,),^(" + «.-i)(0.

Durch diese Gleichung sind die zu dem ?/-^- fachen Eigenwerte A<'') gehörigen Eigenfunktionen (68) eindeutig bestimmt, wenn man von einer unwesent- lichen orthooronalen Kombination derselben mit konstanten Koeffizienten absieht.

Mittelst der eben bewiesenen Verallgemeinerung unseres grund- legenden Theorems sind wir imstande, auch die anderen im Falle mehr- facher Eigenwerte entstehenden Fragen ohne Schwierigkeit zu beantworten.

Kap. VII. Gewöhnliche DifiFerentialgleichungen. 39

Zweiter Abschnitt.

Anwendung der Theorie auf lineare Differentialgleichungen.

In dem ersten Abschnitt haben wir die Theorie der Integralglei- chungen zweiter Art

b

f(s) = (jp(s) xJK(s, t)(p{t)dt

a

behandelt und sind dabei zu einer Reihe allgemeiner Resultate über die Entwicklung willkürlicher Funktionen nach den zum Kern K{s, {) ge- hörigen Eigenfunktionen gelangt; wir behaupteten in der Einleitung, daß in diesen Resultaten als spezielle Fälle die Entwicklungen nach trigono- metrischen, Besselschen, nach Kugel-, Lameschen und Sturmschen Funk- tionen, sowie die Entwicklungen nach denjenigen Funktionen mit mehr Veränderlichen enthalten sind, wie sie zuerst H. Poincare bei seinen Untersuchungen über gewisse Randwertaufgaben in der Potentialtheorie nachwies. In dem folgenden zweiten Abschnitt, soll diese Behauptung durch Erörterung einiger Anwendungen der Theorie im Gebiete der ge- wöhnlichen und partiellen DifiFerentialgleichungen begründet werden; dabei werden die schönen und wichtigen Resultate E. Picards^), soweit diese die linearen Diiferentialgleichunoren betreflFen, auf das engste berührt.

Siebentes Kapitel.

Gewöhnliclie Differentialgleichungen zweiter Ordnung.

Es sei u eine Funktion der Veränderlichen x, deren zwei erste Ab- leitungen innerhalb des Intervalles x = a bis x ^ h sowie an den Grenzen dieses Intervalles stetig sind; ferner sei p irgendeine innerhalb jenes Intervalles nebst der ersten Ableitung stetige Funktion von x, die überdies innerhalb des Intervalles positiv ausfällt; endlich sei q irgendeine inner- halb jenes Intervalles stetige Funktion von x: dann ist der allgemeinste homogene lineare, sich selbst adjuugierte Differentialausdruck zweiter Ordnung von der Gestalt

T / \ \ dxj , d^u , dp du ,

1) Vgl. insbesondere Trait»5 d'analyse t. III chap. VI.

40 Kap. YII. Gewöhnliche Differentialgleichungen.

Bedeutet v ebenfalls eine Funktion' von x mit stetiger erster und zweiter Ableitung, so gilt die sogenannte Greensche Formel

(1) ßvL(,u)-uL(v)]d.^[p[v'^^-u''/Jl

il

Der Kürze halber benutzen wir folgende Ausdrucksweise: Wenn eine Funktion die erste Ableitung besitzt und diese Ableitung stetig ist, so heiße die Funktion (einmal) stetig differenzierbar und, wenn auch ihre zweite Ableitung existiert und stetig ist, so heiße sie ztveimal stetig differentiierbar.

Es sei ylx, |) eine Funktion der Yariabeln x und des Parameters |, die in bezug auf x zweimal stetig differenzierbar ist und für alle von h, verschiedenen Werte von x innerhalb des Intervalles a bis h der Differential- gleichung

L(u) = 0

genügt, die ferner für x = i, stetig verläuft, während ihre erste Ableitung für a? = ^ den Abfall 1 aufweist^), so daß

i^L^^4=^+. .ü(,L^4

= - 1

wird: eine solche Funktion y^Xfh,) werde eine Grundlösung der Diffe- rentialgleichung L(ii) = 0 für das Intervall x = a bis x = b genannt. Sind u^^x), «2(^) zwei unabhängige partikuläre Lösungen von L(u) = 0, so läßt sich eine Grundlösung offenbar in der Gestalt darstellen

So besitzt beispielsweise die Differentialgleichung

die Grundlösung

y{x,^) = --\'x-l',

ferner besitzen die Differentialgleichungen .

d^u du ^

dx^ dx '

1) Diese Unstetigkeit hat wohl E. Picard (1. c), den Begriff der Greenschen Funktion einer Veränderlichen dagegen H. Burkhardt zuerst eingeführt, Bull. soc. math. de France Bd. 22 (1894). Vgl. ferner die Inauguraldissertation von Ch. M. Mason, Randwertaufgaben bei gewöhnlichen Differentialgleichungen, Göttingen 1903, sowie dessen Arbeit ,,Zur Theorie der Randwertaufgaben" Math. Ann. Bd. 58.

Kap. VII. Gewöhnliche Ditferentialgleichungen. 41

, , t( = 0 bzw. die Gruudlösungen

Zu einer vorgelegten Differentialgleichung gibt es offenbar unendlich viele Grundlösungen; diese werden sämtlich aus einer von ihnen erhalten, wenn man derselben ein beliebiges Integral der Differentialgleichung hinzufügt, das an jeder Stelle innerhalb des Intervalles stetig differenzier- bar ist. Für unsere weiteren Entwicklungen sind diejenigen Grundlösungen von besonderer Bedeutung, die an den Randpunkten x = a und x = b des IntervaUes gewisse homogene Bedingungen erfüllen. Die besonders in Betracht kommenden homogenen Randbedingungen sind folgende:

I. m-o, m-o,

IV. fia)-km, P«^m,.r'f'\^.J

Bei der Anwendung dieser Randbedingungen I IV* ist stets die Annahme zu machen, daß die Funktionen p(x) und q(x) auch in den Randpunkten X = a und x = h stetig sind und ebenda die Funktion i>(a;) von Null ver- schieden ausfällt. Ist diese Voraussetzung für einen Randjmnkt oder beide Randpunkte nicht erfüllt, so wähle man als Randbedingung eine solche Forderung, durch welche an dem betreffenden Randpunkt ein Integral von L(h) = 0 bis auf einen konstanten Faktor eindeutig bestimmt wird. Die einfachsten in unseren späteren Beispielen zur Anwendung kommenden Randbedingungen dieser Art bestehen für den Randpunkt x = a in einer der Forderungen:

V. fix) soll bei der Annäherung an den Randpunkt x = a endlich bleiben.

42 Kap. VII. Gewöhnliche Diifereatialgleichungen.

Diese Randbedingung ist zulässig, falls die Differentialgleichung L(u) = 0 an der Stelle a: = a ein endlich bleibendes Integral besitzt und außerdem die Funktion 2^ in der Nähe von x = a sich in der Gestalt

p{x) = (a; ayE{x) * darstellen läßt, wo s einen Exponenten ^ 1 und E{x) eine für x = a

endlich bleibende Funktion bedeutet. In der Tat, bezeichnet ii^ ein end- lich bleibendes Integral, so stellen sich die von Uy unabhängigen Integrale der Differentialgleichung L{ii) = 0 in der Form

/dx

dar, und diese wachsen wegen 5^1 gewiß über alle Grenzen; die Be- dingung der Endlichkeit bestimmt mithin ein Integral von L{u) = 0 bis auf einen konstanten Faktor eindeutig.

V*. f{x) soll in der Nähe des Randpunktes x = a sich in der Form (x aye(x) darstellen lassen, wo e(x) eine für x = a end- lich bleibende Funktion bedeutet.

Diese Randbedingung ist zulässig, falls die Differentialgleichung L(u) == 0 an der Stelle x = a Integrale von eben jener Form (x a^eix) besitzt und außerdem die Funktion^ in der Nähe von x = a sich in der Gestalt

p{x) = (rc ayE(x)

darstellen läßt, wo s einen Exponenten ^1 2r und E(x) eine für X = a endlich bleibende Funktion bedeutet. Der Beweis dafür, daß unter diesen Umständen die Forderung V* ein Integral von L(u) = 0 bis auf einen konstanten Faktor eindeutig bestimmt; wird leicht wie im vorigen spezielleren Falle geführt.

Die Randbedingungen I V (V*j sind stets so zu verstehen, daß f[x) (bzw. e{x)) in dem betreffenden Randpunkt einmal stetig differenzier- bar ist.

Die genannten Randbedingungen können noch in verschiedenster Weise miteinander kombiniert werden.

Eine Grundlösung g(x, |) für das Intervall x = a bis x = h, die an den llandpunktcn zwei homogene Randbedingungen der genannten Art erfüllt, heiße die zu diesen Randbedingungen gehörige Greensche Funktion der Differentialgleichung L{u) = 0] ferner heiße der Quotient

die zu jenen Randbedingungen gehörige Greensche Funktion des Differentialausdruckes L(u)] wir bezeichnen die Greenschen Funktionen

Kap. VII. Gewöhnliche Differentialgleichungen. 43

je nach den Randbedingungen, zu denen sie gehören, auch als GreenscJie Funlfio7ien G\ G'\ G^\ (9^^ oder G^.

Beispielsweise lautet die Gi-eensche Funktion G^ für den Differential- ausdruck

d. h. die zu den Randbedingungen I gehörige Greensche Funktion, für das Intervall 0 bis 1

= (l-:r)|, (a;>|).

Noch einfacher wird die Greensche Funktion für jenen Differential- ausdruck, wenn wir am Randpunkt x = 0 die Bedingung I und am Rand- punkt X = 1 die Bedingung II wählen; sie lautet dann

G(x, I) = X, (x ^ I), = 1, (x>^).

Ferner wird die Greensche Funktion G^ desselben Differentialausdruckes

für das Intervall 1 bis -f 1 durch die Formel

G{x,l)^-^\x-t + xl-\] dargestellt.

Die Greensche Funktion G^^ (Ji = 1 ) für denselben Differential- ausdruck und das Intervall 0 bis 1, die also den Randbedingungen

genügt, lautet

Die Greensche Funktion des Differentialausdruckes -r / , d'^ii , du

für das Intervall x = 0 bis x = 1, die am Randpunkt x = 0 der Be- dingung Y und am Randpunkt x = 1 der Bedingung I genügt, lautet:

G{x,i)==l^, {x£^), = lx, (^^^j- Ein weiteres sehr interessantes Beispiel liefert der Differentialausdruck: d I /^ ox du] 4a^

L(u) = ^- 1(1 X^)-^] y~" ^U, ^ ^ dx [ ' dx) 1 a;" '

WO u irgendeine positive Konstante bedeuten soll; die Greensche Funktion G^ für das Intervall x = 1 bis x = -{- 1 ist:

44 Kap. VII. Gewöhnliche Differentialgleichungen.

Für die unendliche Gerade x = -yj bis a = -f oo besitzt der Differentialausdruck

die Greensche Funktion (r^"

Es kann vorkommen, daß für einen Differentialausdruck L(u) bei gewissen Randbedingungen keine Greensche Funktion im eben definierten Sinne vorhanden ist; in diesem P'alle existiert, wie aus den späteren all- gemeinen Entwicklungen im Kap. IX sowie Kap. XVIII folgt, eine nicht identisch verschwindende Lösung tp^'^Hx) der Differentialgleichung L(u) = 0, die überall innerhalb des Intervalles stetig differenzierbar ist und den betreffenden Randbedingungen genügt; dabei sei der noch willkürliche kon- stante Faktor so bestimmt, daß

/(i/;W(a;))2^j;= 1

wird. Wir konstruieren dann ein Integral (j{x, |) der inhomogenen Differentialgleichung

dessen Ableitung an der Stelle x = ^ den Abfall 1 erfährt, während g(x, I) an allen anderen Stellen innerhalb des Intervalles stetig differenzier- bar ist, an den Randpunkten die betreffenden Randbedingungen und über- dies die Gleichung

b

Jg{x,lW\x)dx=^0

erfüllt; die Funktion

genügt der Differentialgleichung

X(m) = t/;(»)(^)^W(|).

Diese Funktionen g(x, |) bzw. G(.r, |) leisten die nämliche;i Dienste wie sonst die Greensche Funktion und werden daher in dem vorliegenden besonderen Falle als Greensche Funktionen im erweiterten Sinne bezeichnet. Existiert auch diese Funktion nicht, so kann man einen ana- logen weiteren Schritt tun, um zu einer geeigneten Greenschen Funktion zu ffelangen.

Kap. VII. Ge"wöhnliche Diiferentialgleichungen, 45

Als Beispiel diene der Differentialausdruck

mit den Randbedingungen IV (Ji = 1) für das Intervall 1 bis -f- 1, so daß die Bedingungen lauten:

In der Tat existiert hier eine von Null verschiedene Lösung der homogenen Differentialgleichung, nämlich t^o(a;) = , die die Randbedingungen er- füllt, und die Greensche Funktion im eben erklärten erweiterten Sinne wird:

Ein anderes Beispiel für das letztere Vorkommnis liefert der Differential- ausdruck

^{(l_^.j^l

7- / \ i dx\ ^^''^ = J-x

für das Intervall 1 bis -]- 1 bei den Randbedingungen V. Auch hier

ist xL'Ax) = =, und die Greensche Funktion im erweiterten Sinne lautet

G{x, rj = - -vM(i - ^) (1 + 1)} + c, (^ ^ ij,

wo c den numerischen Wert 12 -|- bedeutet.

Setzen wir in der Greenschen Formel (\) an Stelle von u{x), v(x) bzw. die Funktionen G{x, |j, G{x, ^*) und berücksichtigen die Unstetigkeit der Ableitungen dieser Funktionen an der Stelle a; = | in gehöriger Weise, indem wir dieselbe in ein kleines Intervall einschließen und dann den Grenzübergang zum verschwindenden Intervall ausführen, so finden wir leicht das Symmetriegesetz der Greenschen Funktion eines Diffe- rentiahi usdruckes

In allen oben berechneten Beispielen bestätigt sich dieses Symmetrie- gesetz.

Bezeichnet q)(x) eine gegebene stetige Funktion der Variabein x, und verstehen wir unter f eine überall stetig differenzierbare Lösung der in- homogenen Differentialgleichung (2) L(f) = -cp{x),

die einem Paar unserer Randbedingungen I V genügt, setzen wir dann in der Greenschen Formel (Ij an Stelle von u die Lösung f und an Stelle

46 Kap. YII. Gewöhnliche Differentialgleichungen.

von V die zu jenen Randbedingungen gehörige Greensehe P'unktion des Differentialausdruckes L(u), so finden wir für jede der fünf Arten von Randbedingungen

a

und hieraus ersehen wir mit Rücksicht auf das Symmetriegesetz der Greenschen Funktion, daß die Lösung f(x) sich folgendermaßen durch ein bestimmtes Integral darstellt:

(3) fix)=fG(x,^)cpi^)dl

a

Daß die so dargestellte Funktion f(x) wirklich den betreffenden Rand- bedingungen genügt, ist offenbar, weil G{x,t) denselben genügt; die durcli (3) dargestellte Funktion /"uj genügt aber auch der Differentialgleichung! 2 i, wie durch Rechnung leicht gezeigt wird. Wenn somit eine zweimal stetig differenzierbare und einem Paar unserer Randbedingungen I Y genügende Funktion f(x) und irgendeine stetige Funktion (f(x) durch die Relation (2) miteinander verknüpft sind, so folgt für dieselben notwendig auch die Relation (3), und umgekehrt, wenn für zwei solche Funktionen f{x) und q)(x) die Relation (3) besteht, so folgt für sie notwendig auch die Relation (2). Hieraus entnehmen wir sofort, daß einerseits die Funktion /' unter Hinzu- nahme der betreffenden Randbedingungen durch die Differentialgleichung (2), wobei q) gegeben, und andrerseits die Funktion (p(x) durch die Integral- gleichung (3j, wobei /" gegeben, eindeutig bestimmt ist.

Die Gleichung (3) ist eine als Integralgleichung erster Art; G[X, ^) ist der Kern dieser Integralgleichung und wegen des Symmetriegesetzes eine symmetrische Funktion der Argumente.

Wir fassen die Ergebnisse der vorstehenden Entwicklungen, wie folgt, zusammen:

Satz 11. Wemi die Greensehe Funktion eines Differentialausdrmlies L(u) für irgendein Paar der Randbedingunyen I V als Kern einer Integral- gleichung erster Art

f{x)=jG{x,l)cp{l)dl

a

genommen wird, wo f{x) eine gegebene zweimal stetig dijfercnzierhare Funktion ist, die den betreffenden Randbedingungen genügt, so besitzt diese Integral- gleichung eine und nur eine Lösung (fix), und man erhält ihre Lösung durch die Formel

(p(x) =^ - Lifix));

Kap. \U. Ge-wöhnliche Differentialgleichungen. 47

umgekehrt, ivenn fp(x) irgendeine stetige Funktion ist, und eine Lösung f{x) der Differentialgleichung

L(f{xj) + (p(x) = 0 gefunden werden soll, die einem ausgeivählten Paar von Bandhedingungen I V genügt, so ist diese Lösung dadurch eindeutig hestimmt, und man erhält sie durch die Formel

f(x)^JG{x,l)q>{i)dl.

a

Aus diesem Satze entnehmen wir leicht, daß die Greensche Funktion G{cc, Ij einen Kern darstellt, der nach der im ersten Abschnitt Kap. IV einojeführten Ausdrucksweise sowohl abgeschlossen wie auch all- gemein ist.

In der Tat, sei (p(x) eine solche Funktion, daß

jG{x,l)<p{l)di

a

identisch für alle x verschwindet, so müßte die Funktion f'(x) = 0 der Differentialgleichung L(f) = q) genügen, und hieraus folgt, daß cp(x) identisch für alle x verschwindet, d. h. G(x, |) ist ein abgeschlossener Kern. Andrerseits sei g(x) irgendeine stetige Funktion; wir wählen dann eine zweimal stetig differenzierbare und den Randbedingungen genügende Funktion g'^ix) derart, daß

b

f(g{x)— g*{x)ydx

kleiner als die beliebig kleine positive Größe e ausfällt: die stetige Funktion h{x) = Lig^ixj) erfüllt dann dasjenige Erfordernis, das unserer Definition zufolge einen allgemeinen Kern charakterisiert.

In den vorstehenden Betrachtungen spielte die Integralgleichung erster Art eine wesentliche RoUe: wir werden zu einer Integralgleichung zweiter Art gelangen, wenn wir neben L(ti) noch den Differentialausdruck

A(u) ^ L{u) -\- Xu betrachten, wo l einen Parameter bezeichnet. Es sei wie bisher Gix, ^) die zu gewissen Randbedingungen gehörige Greensche Funktion des Aus- druckes L(u), und r(x, ^) die zu den nämlichen Randbedingungen gehörige Greensche Funktion des Ausdruckes yl(u). Sodann wenden wir die Greensche Formel (1) an; nehmen wir

u(x) = G{x, i), v(x) = rix, I*), so erhalten wir

48 K!ap. VII. Gewöhnliche Differentialgleichungen.

-[p(.){r(.j*)?^^»-G(.,l;^-r&l!))X.

Wir erörtern zunächst die Randbedingungen I lY; wenn wir dem- gemäß die Annahme machen, daß die Funktionen p, q in den Randpunkten sich regulär verhalten und daß überdies ^j in den Randpunkten von XuU verschieden ausfällt, so verhalten sich auch die Integrale der DiflFerential- gleichungen L(u) = 0 und yi(u) = 0 und somit auch die Funktionen G{x,^) und r(x, ^*) in den Randpunkten regulär, und wir erkennen hieraus, daß die eckige Klammer auf der rechten Seite der Formel (4) verschwindet.

Nunmehr erörtern wir den Fall, daß für den Randpunkt x = a die Bedingung V bzw. V* gestellt sei; demgemäß nehmen wir an, daß die Difierentialgleichungen L(u) = 0 und yi{i() = 0 je ein partikuläres Integral besitzen, welches in der Nähe des Randpunktes x = a sich in der Form

u(x) = (x ay'e{x)

darstellt, und daß p in der Nähe des Randpunktes x = a von der Form {x aYE(x) sei, wo s einen Exponenten ^1 2r bedeutet. Es wird dann

r{x, ^*) ^-^^ - G(x, ^) ^i-^ = (x - are^ix) ,

wo e* wiederum für x = a endlich bleibt, und es ist daher gewiß L^PW [n., ?*) ^-'^) - G(x, i, ?^^il))] = 0.

Nehmen wir schließlich, damit das bestimmte Integral in (4) gewiß einen endlichen Wert erhält, den Exponenten r > .V an, so erhalten wir in jedem Falle aus (4) die Formel

ni r) - (?(i* I) = xfG(x, ^)rix, r) (ix

a

oder, wenn wir die Buchstaben K, K bzw. an Stelle von G, F setzen: K(>^, I) - K{x, l) = kjKix, r)K(|, r)^l*.

a

Dabei werde hervorgehoben, daß K{x, |j und Kix, |) stetige Funktionen ihrer Argumente sind, außer für die Randbedingung V*; in diesem Falle aber sind wegen unserer Annahme r > ^ die auftretenden Singularitäten von K(x,^) und K(a:, |) von niederer als der Vteu Ordnung, und daher erscheinen jene Greenschen Funktionen als Kerne von Integralgleichungen zweiter Art unmittelbar zulässig. Die eben erlangte Formel stimmt genau

Kap. YII. Gewöhnliche Differentialgleichungen. 49

mit derjenigen überein, die wir im ersten Abschnitt untersucht haben. Wir sprechen somit den Satz aus:

Satz 12. Wenn die Greensclic Funktion des Diff'crentialausdruckcs L(u) für irgendein Paar der Uandbcdinfjungen I V als Kern der Integral- gleichung ^Heiter Art

I,

(5) fix) = cp{x)- lfK{x, I) (p{^)dl

a

genommen icird, so erhält man die lösende Funktion K{x, |) dieser Integral- gleichung, indem man die zu den nämlichen Bandbedingungen gehörende Greensche Funktion des Differentialansdruckes

^{ii) = L{u) + Xu bildet.

Da nach Satz 11 die den Randbedingungen genügende Lösung der Differentialgleichung

(6) A(u) -\-<p(x) = 0

unmittelbar aus der Greenschen f'unktion des Differentialausdruckes yl{u) gefunden wird, so erweisen sich also die Integration dieser Differential- gleichung (6) bei gegebenen Randbedingungen und die Lösung der Integralgleichung (5) zweiter Art als äquivalente Probleme.

Indem wir die in Kapitel I VI entwickelte Theorie der Integral- gleichungen heranziehen, gelangen wir zu einer Reihe bemerkenswerter Resultate über lineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung und er- kennen zugleich die Bedeutung, die den Eigenwerten und Eigenfunktionen der Intesralcrleichuno- (5) für die lineare Differentialgleichung y4(u) == 0 zukommt.

Da die lösende Funktion K(x, |) sich in der Form eines Bruches

in\ darstellt, dessen Nenner nur für die Eigenwerte A =^ k^''^ ver- schwindet, so folgt unter der Voraussetzung, daß der Differentialausdruck L{ii) eine Greensche Funktion für die betreffenden Randbedingungen be- sitzt, daß es auch stets eine solche für den Differentialausdruck A{u) gibt, es sei denn X ein Eigenwert A^"'^ der Integralgleichung (5); in dem letzteren Falle bezeichne ijj^"'\x) eine normierte zum Eigenwert A^'") gehörige Eigen- funktion des Kerns K(x, |); dann ist

b

' ^^i'")(x) = l'^"-^fKix, |)^("*)(|) d^,

a

und wegen

K{x, l) = G{x, I)

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 4

50 Kap. VII. Gewöhnliche Differentialgleichungen.

folgt aus Satz 11, daß i^("'^(a;J ein überall innerhalb des Intervalles stetig difFerenzierbares Integral der homogenen Differentialgleichung

(7) L(u) + A("')n = 0

ist, welches die betreffenden Randbedingungen erfüllt. Umgekehrt, wenn die homogene Differentialgleichung yi(u) = 0 für den Wert A = A^'") ein Integral besitzt, das die betreffenden Randbedingungen erfüllt, so ist X'-'"^ ein Eigenwert, und das Integral ist eine zugehörige Eigeufunktion für den Kern K{x, h,); der Differentialausdruck ^i(») aber besitzt für diesen Wert A = A("'^ keine Greensche Funktion im ursprünglichen engeren Sinne.

Wir bezeichnen den Wert A^"'^ auch kurz als einen Eigentvert der Biffcrentialgleicliung A[ii) = 0 und jene Lösungen T/;('")(.r) auch als Eigcnfunkiion dieser Differentialgleichang für die hetreffenden Randbedingungen.

Da die Differentialgleichung (7) überhaupt nur zwei voneinander unabhängige Lösungen besitzt, so ist A^'") höchstens ein zweifacher Eigenwert. Ist A^"') ein zweifacher Eigenwert, so müßten sämtliche Integrale der Differentialgleichung (7) die betreffenden Randbedingungeu erfüllen, und da dies offenbar nur im Falle der Randbedingung IV statthaben kann, so ist in allen anderen Fällen jeder Eigenwert gewiß nur ein ein- facher.

Da der Kern K(x, ^) ein abgeschlossener ist, so gibt es jedenfalls unendlich viele Eigenwerte der Differentialgleichung ^(«) = 0. (Vgl. Kapitel IV.) Wegen desselben Umstandes entnehmen Avir aus den Sätzen 5 und 6 in Kapitel IV die Tatsachen:

Satz 13. Wenn 'h{x) eine stetige Funktion von x bezeichnet, so daß für alle EigenfunMionen ^('"^(a:) der Differentialgleichung A(ti) = 0 die

Gleichung

I,

Jh{x)i^^"'\x)dx = 0

a

erfüllt ist, so ist h(x) identisch Nidl.

Satz 14. Wenn die in Fourierscher Weise gebildete Beihe

c,il;^'\x) + c,t^%x) -{-■■■,

h

c^=ffix)t^"^\x)dx

a

gleichmäßig konvergiert, so stellt sie die Funktion f(x) dar.

Nach S. 47 ist K(x, |) auch ein allgemeiner Kern. Da ferner wegen Satz 11 jede zweimal stetig differenzierbare und den Randbedingungen genügende P^unktion f{x) die Darstellung

Kap. VII. Gewöhnliche Differentialgleichungen. 51

a

gestattet, sobald raari

<p(x) = - L(f\x))

wählt, so folgt aus Satz 7 der ersten Mitteilung das folgende wichtige Resultat:

Satz 15. Jede ziveimdl stetig differcnzierhare und den betreffenden HandhedingHngen f/enügende FunMion f{x) ist auf die Fouriersche Weise in eine BeiJie entwicTiclhar, die nach den Eigen fnnktionen i<^"'Hx) der Differential- gleichung A{ii) = 0 fortschreitet; diese Beihe konvergiert absolut und gleichmäßig.

Die Sätze 13, 14, 15 schließen den wesentlichen Teil der in neuerer Zeit insbesondere von W. Stekloff^) und A. Kneser^) gefundenen Re- sultate über die Entwickelbarkeit willkürlicher Funktionen in Sturm- Liouvillesche Reihen ein.

Ist statt des Ditferentialausdruckes A(u) ein Differentialausdruck von der allgemeineren Gestalt

L(u) + Iku ^ -\f^ + {l + U-) u

vorgelegt, wo h irgendeine innerhalb des Intervalles positive Funktion von X bedeutet, so setze man

V

M = =

und multipliziere dann den erhaltenen Ausdruck mit —_•. dann entsteht

ein Ausdruck von der früheren Gestalt, nämlich

^*(ü) = L*-{v) + Iv,

wo

^ p

ist.

"■* " Vi <a V - ä.-\ + 1 = ^: ^ (iTi)

1) Vgl. z. B. Annales de la faculte des sciences de Toulouse (2) III (1901).

2) Math. Ann. Bd. 58 (.l'JOS).

4*

52 Kap. YII. Gewöhnliche Differentialgleichungen.

Als erstes Beispiel dienen die Differentialausdrücke

die zur Randbedingung I gehörige Greenscbe Funktion für den Differential- ausdruck L{u) im Intervall a; = 0 bis j; = 1 ist bereits oben (S. 43) auf- gestellt worden; wir nehmen sie als Kern:

Die zur Randbedingung I gehörige Greenscbe Funktion J(u) in demselben Intervall lautet

^ sin [VH^ ij}_pyU) (, ^ 5)

yx sm yl

= ^'AVb'^^ - ^)}-sin(|/Ü) , a; > n

Nach Satz 12 ist sie zugleich die lösende Funktion für den Kern K(Xj |) und werde als solche mit K{x, |) bezeichnet. Um die Eigenwerte und Eigenfunktionen der Differentialgleichung y/(w) = 0 zu berechnen, setzen wir

T-!/ j-\ !• / -\ J(X: X, ä)

r(x, I) = K{x, 5) = ^~^.

Hier bestimmen sich z/ als Funktion von 2, x, | und d als Funktion von k allein eindeutig durch die Forderungen

/^(A; X, x) dx = '^ und d(0) = 1,

0

und zwar ergibt sich

sin { "j/X (1 a;) ) sin (j/i |)

(^^1),

^ ^ yx

Hieraus folgen die Eigenwerte

2(1) = I^t;^ A(2) = 2'^ii\ A(3) = S^-r^ . . . und vermöge

A("')z/(/l('»); a:, I) = + g)("')(a;)^("')(|)

die bzw. zu jenen Eigenwerten gehörigen Eigenfunktionen sin nx , sin 2'jtx, sin Sjtä;, . . ..

Unser Satz 15 über die Entwicklung nach Eigenfunktionen der Differential- gleichung A{u) = 0 läuft auf die Aussage hinaus, daß jede zweimal stetig

Kap. YII. Gewöhnliche Differentialgleichungen. 53

differenzierbare Funktion von x, die für x = 0 und x = 1 verschwindet, sich in eine absolut und gleichmäßig konvergente Reihe entwickeln läßt, die nach den Sinus der ganzen Vielfachen von jtx fortschreitet. Als weiteres Beispiel wählen wir die Diiferentialgleichung

d^u , du , . r^

x -,- . -\- -, \- Ixu = 0 dx- dx

und fragen nach ihren Eigenwerten und Eigenlimktionen für das Intervall X = 0 bis .r = 1, wenn an dem Randpunkte x = 0 die Bedingung V und an dem Randpuukte x = 1 die Bedingung I erfüllt sein soll. Nach einer früheren Bemerkung (S. 51) haben wir die Substitution

II = _ anzuwenden; wir gewinnen so die Differentialausdrücke

yx

^(^) = ^^ + iV^ ^' ^*C^') ^ ^*(^) + ^^-

dx- ix^

Die Greensche Funktion des Differentialausdruckes L*{v), die in a; = 0 der Randbedingung V* i'" = y) nnd in x=l der Randbedingung I ge- nügt, lautet:

K(x, i) = v^m, (x ^ I),

und die zu den nämlichen Randbedingungen gehörige Greensche Funktion des Differentialausdruckes yi(v) ist, wenn in der üblichen Weise

J(x) und K(x) = J{x)l{x) + F{x)

die Besselschen Funktionen erster und zweiter Art bezeichnen:

_ -,/:;:? /(IT/I) } j{Vl)K{xyl) - j{xyi)K{yi) ] .

Diese Funktion K(x, |) ist mithin nach Satz 12 die lösende Funktion des Kerns K, und wir finden hieraus

mithin sind die NuUstellen ?S"'^ von j{yT) die gesuchten Eigenwerte und, wenn mau diese für A in den Zähler des Ausdruckes für K{x, ^) einführt, so ergeben sich die zugehörigen Eigenfunktionen

Unser Satz über die Entwicklung nach Eigenfunktionen des Differential- ausdruckes u4(h) läuft, wenn wir nachträglich die zu entwickelnde Funktion durch yx dividieren und den Faktor "/.r ebenfalls in allen Eigenfunktionen

54 Kap. YII. Gewöhnliche Differentialgleichungen.

fortlassen, auf die Aussage hinaus, daß im Intervalle 0 bis 1 jede zweimal stetig differenzierbare Funktion von x, die für x = 1 verschwindet, sich in eine absolut und gleichmäßig konvergente Reihe entwickeln läßt, die nach den Besselschen Funktionen j{xyx^"'^) foi-tschreitet.^)

Weitere interessante Beispiele für unsere Theorie erhalten wir, wenn wir die Differentialgleichungen der Zylinder- und Kugelfunktionen höherer Art heranziehen; so führt die früher (S. 44) aufgestellte Greensche Funktion:

zu der neuen Definition der Kugelfunktion P«"'

-1 und zu der Tatsache der Entwickelbarkeit einer jeden zweimal stetig differen- zierbaren Funktion in eine Reihe, die nach den Kugelfunktionen P«"* fortschreitet.

Tritt der oben (S.' 44) behandelte besondere Fall ein, daß zum Ditferentialausdruck L bei den betreffenden Randbedingungen eine Green- sche Funktion im engeren Sinne nicht existiert, so gelten unsere Ent- wicklungen für die Greensche Funktion in dem dort erklärten erweiterten Sinne. Bezeichnet nämlich wie oben t/;(*^)(a;) die alsdann vorhandene, den Randbedingungen genügende, überall stetig differenzierbare Lösung der Gleichung L{u) = 0, so ergibt sich durch Anwendung der Greenschen Formel (1) an Stelle des Satzes 11 leicht die folgende Tatsache:

Satz 16. Wenn f eine zweimal stetig differensierbare, den Band- hediwjungen und der Bedingung

b

Jf{x)^^''\x)dx = Q

a

genügende Funldion bedeutet, so ist die Integralgleichung erster Art

h

f{x)^jG{x,^)cp{l)dX

a

lösbar und ihre Lösung gewinnt man durch die Formel

q>{a^ = -L(m).

1) Neuerdings hat A. Kneser die Entwickelbarkeit einer willkürlichen Funktion nach Besselschen Funktionen nach einer Methode bewiesen, die derjenigen analog ist, die er in der oben genannten Abhandlung auf die Sturm -Liouvillescheu Reihen angewandt hat. Archiv der Math, und l'hys. 1903.

Kap. VIT. Gewöhnliche Differentialgleichungen. 55

Diesem Satze IG entsprechend müssen wir auch in den Voraus- setzungen des Satzes 15 über die Entwickelbarkeit nach Eigenfunktionen der Differentialgleichung //(«) = 0 für die zu entwickelnde Funktion f{x) die Bedincpung .

a

hinzufügen; lassen wir jedoch im vorliegenden Falle 1 = 0 als Eigenwert und die Funktion ^^^Hx) als zugehörige Eigenfunktion gelten, so bleibt unser früherer Satz 15 auch bei unverändertem Wortlaut sültiff.

Als einfachstes Beispiel für das zuletzt behandelte Vorkommnis dienen die Differentialausdrücke

Wenn wir die Randbedingungen IV (h = 1) für das Intervall 1 bis -f 1 wählen, nämlich

/■(+i) = A-i), /•'(+!) =r(-i),

dauu wird tp^^^x) = 1, und der Ausdruck der Greenschen Funktion im weiteren Sinne ist bereits oben (S. 45) angegeben worden. Wir erhalten dieselben Eigenwerte wie im ersten Beispiel (S. 52); jedoch ist jeder dieser Eigenwerte zweifach: allgemein gehören zu X^'"'^ = m'^Tc- die zwei Eigenfunktionen sin miix, cos rnnx. Zu diesen kommt, den letzten Ausführungen entsprechend, / = 0 als einfacher Eigenwert der Differential- gleichung yl{ii) = 0 mit der zugehörigen Eigenfunktion il)^^\x) = —^ hinzu.

y2

Als zweites Beispiel für das in Rede stehende besondere Vorkommnis mögen die Differentialausdrücke

mit den Randbedingungen V für das Intervall 1 bis + 1 dienen. Wir haben bereits oben (S. 45) für L{u) die Greensche Funktion G{x, |) im erweiterten Sinne aufgestellt. Da die Legendreschen Polynome P^"'^ {m = 0, 1, 2, 3, . . .) die Differentialgleichungen

erfüllen und an den Randpunkten endlich bleiben, so sind sie die zu den

Eigenwerten ,, , , ^.

o X("') = m (m + 1)

gehörigen Eigenfunktionen; die so entstehende neue Definition für die Kugelfunktion P('"):

PW(^) = A(™)/G^(a:, |)P('")(|) d^, (m = 0, 1, 2, . . .) -1 oder einfacher:

56 Kap. VII. Gewöhnliche Differentialgleichungen.

+ 1 pH(a;) = X^^^jG^-{x, |)P("')(|) dl, {m = 1, 2, . . .) -1 wo

G*{x,l) = -U{{\-x){\Jrl)], {x£i),

ist, kann als Grundlage für die Theorie der Kugelfunktionen dienen. Unser soeben verallgemeinerter Satz 15 liefert die Entwicklung einer beliebigen zweimal stetig differeiitiierbaren und an den Randpunkten + 1, 1 endlich bleibenden Funktion nach Legendreschen Polynomen.

Wir haben im Vorstehenden den engen Zusammenhang zwischen der Theorie des DifFerentialausdruckes

A{ii) = L{u) -j- )At

und der Theorie der Integralgleichung zweiter Art mit dem Kern K{.i', i) kennen gelernt. Dieser enge Zusammenhang zeigte sich am klarsten in der Übereinstimmung der Eigenfunktionen der Differentialgleichung A{u) = 0 mit denjenigen jener Integralgleichung.

Nun erscheint bekanntlich die Differentialgleichung A{u) = 0, wenn man nach den Regeln der Variationsrechnung das folgende (Dirichletsche) Variationsproblem löst: man soll eine den Randbedingungen I genügende Funktion u von x derart bestimmen, daß das Integral

(8) i)(«)=/{;,(^j:y-,»=jrfx

a

ZU einem Minimum wird, während die Nebenbedingung

(9) Ju^dx = 1

a

erfüDt ist. Andererseits haben wir in Kapitel V allgemein erkannt, wie durch meine Theorie der Integralgleichungen zweiter Art das folgende (Gaußsche) Variationsproblem gelöst wird: es ist ein definiter Kern ge- geben; man soU diejenige Funktion (x}(x) finden, für welche das Integral

/) h

(10) J(a) -JjK{x, I) a {x) a (|) dxdi,

a a

seinen größten Wert besitzt, während die Nebenbedingung

b

(11) /(o(a;))2f7a;= 1

n

erfüllt ist.

Kap. VII. Gewöhnliche Differentialgleichungen. 57

Wir wollen den engen Zusammenhang zwischen diesen beiden Variations- problemen kurz darlegen. Zu dem Zwecke bestimmen wir zunächst eine Konstante c derart, daß für alle Punkte x, y innerhalb J

c-q>0

ausfällt. Denken wir uns dann in (8) an Stelle von q die Funktion c q eingesetzt, so unterscheidet sich das Variatiousproblem, das so modifizierte Integral bei der Nebenbedingung (9) zum Minimum zu machen, in nichts von dem ursprünglichen Variationsproblem; d. h. wir dürfen in unserem ersten Variationsproblem von vornherein q^O annehmen, ohne die Allgemeinheit zu beeinträchtigen.

Nunmehr setzen wir zwischen irgend zwei Funktionen n und co, mit denen wir die Integrale (8) bzw. (10) bilden, die Beziehung

(12) L{u{x)) = - a{x) fest. Bedenken wir, daß

G(x, I) = K{x, I)

die Greensche Funktion des Differentialausdruckes L(it) ist, so folgt nach

Satz 11 aus (12)

/>

(13) u(x)=^jK(x,i)o3{^)d^,

a

und hieraus entnehmen wir wegen (10), (12) und (13), da

b

I)(u) = JuL{u)dx

a

ist, die Gleichung

B{u) = J{a).

Wegen 2' ^ 0 ist D{u) nur positiver Werte fähig; mithin ist K{x, |) ein definiter Kern und seine Eigenwerte X^'^\ l^^\ X^^\ . . . sind sämtlich positiv (vgl. Abschnitt 1, Kap. V). Setzen wir nun

6

C;, = Cc3{x)tp^''\x)dx,

a

wo ^(^^(ic), tl)^^\x\ il}^^\x), . . . die normierten Eigenfunktionen des Kerns K(x, I) bezeichnen, und entwickeln wir u(x) in eine nach diesen Eigen- funktionen fortschreitende Reihe, so erhalten wir unter Berücksichtigung der Gleichung

die Reihe

a

58 Kap. VIII. Partielle Differentialgleichungen.

und folglich

* c* c-

f(u{x))-dx = ^-^Y* + (T(^)p + ■•

a

Andererseits ist wegen (10)

<^(ö) = inr + ;t(') +•••• Nunmehr wird die Reihe rechter Hand, wenn wir die Nebenbedingung (9)

1_ J 2_ I . . . _ 1

stellen, ihren Minimalwert für

Cl = /^^'^, C2 = 0, 6'3 = 0, ... und, wenn wir die Nebenbedingung (11)

^ r 2 r 1

CJ + q + = 1

stellen, ihren Maximalwert für

Cy= \, C^ = 0, Cg = 0, ...

erhalten, wobei X^^^ den kleinsten Eigenwert bedeutet. Demnach werden

u{x) = •^(^)(.'r) und co{x) = i/;(^^(a;) die gesuchten Lösungen der beiden Variationsprobleme.

Wir sehen also, daß vermöge der Transformation (12) oder (13) das Integral (8) in das Integral (10) übergeht, dagegen nicht zugleich die Nebenbedingung (9) in die Nebenbedingung (11). Wollen wir letztere Nebenbedingung erhalten, so müssen wir vielmehr in dem ersten Variations- problem an Stelle von (9) die Nebenbedingung

/, f(Liu)ydx= 1,

a

wählen, wobei it an den Randpunkten x = a und x = h verschwinden soll; in der Tat überzeugt mau sich leicht, daß die daraus nach den Regeln der Variationsrechnung entspringende Differentialgleichung wiederum keine andere als jd(co) = 0 wird, wo co = L(u) ist. Das letztgenannte Variations- problem erscheint in diesem Sinne mit dem erstgenannten Variations- probleme äquivalent.

Achtes Kapitel.

Sich selbst adjungierte partielle Differentialgleichungen zweiter Ordnung von elliptischem Typus.

Die in Kapitel VII entwickelte Theorie der gewöhnlichen Differential- gleichungen zweiter Ordnung läßt sich vollkommen auf die sich selbst

Kap. VIII. Partielle Differentialgleichungen. 59

adjungierten partiellen Differentialgleichungen zweiter Ordnung von eUip- tisehem Typus übertragen, da ja, wie wir in der Einleitung zu Kapitel I bemerkt haben, unsere Methoden und Resultate über die Integralgleichungen auch gültig sind, wenn in denselben an Stelle der einfachen Integrale mehrfache Integrale stehen und dementsprechend der Kern K eine symmetrische Funktion zweier Reihen von Variabein bedeutet.

In der a:?/-Ebene sei eine geschlossene Kurve C durch die Gleichungen X = a{s), y = h (s)

gegeben, wo a(s), h(s) stetige Funktionen der Bogenlänge s sind, deren Ableitungen von einer endlichen Anzahl von Werten s abgesehen ebenfalls stetig ausfallen. Das von dieser Kurve C umschlossene endliche Gebiet der xy-^hene werde mit J bezeichnet, die Kurve C heiße die Randkurve des Gebietes J. Der allgemeinste homogene lineare, sich selbst adjungierte, partielle Differentialausdruck zweiter Ordnung von elliptischem Typus kann stets auf die Form

^^-"^^ + "17-' + ^" . , dp du . dp du , ^^^'' + dxdx-^d^d^^^''

gebracht werden. Wir machen über die in L(u) auftretenden Funktionen folgende Annahmen. Es sei u eine Funktion der Veränderlichen x, y, deren zwei erste Ableitungen innerhalb des Gebietes ./, sowie an der Randkurve C stetig sind; ferner sei p irgendeine innerhalb jenes Gebietes einmal nach x und y stetig differenzierbare Funktion von x^ y, die über- dies innerhalb «7 positiv ausfällt; endlich sei q irgendeine innerhalb J stetige Funktion von x, y.

Bedeutet v wie u eine zweimal stetig differenzierbare Funktion von x, y, so gilt die sogenannte Greensche Formel

(14) f{vL(u) - uL{v)}dJ=^fp[u^^- V ^]ds;

iJ) (C)

darin ist das Integral links über das Gebiet J, das Integral rechts über

die Randkurve C zu erstrecken, und t^— , ^r- bedeuten die Ableitungen nach

der ins Innere gerichteten Noi-male der Randkurve C; dJ bedeutet das Flächenelement von J, und ds das Längenelement von C.

Es seien /j, y^ solche Funktionen der Variabein x, y und der Para- meter ^, rj, die innerhalb J und auf der Randkurve C in beziig auf x, y zweimal stetig differenzierbar und von der Art sind, daß der Ausdi'uck

QQ Kap. Till. Partielle Differentialgleichungen.

yixy, |ry) = - yj(y{x -iy-+ (r/^^;?) + n

in bezug auf das Variabelnpaar x, y wenn nicht gerade x = ^, y = i] wird der Differentialgleichung

L{ii) = 0 genügt; außerdem sei identisch für alle |, iq

Ein solcher Ausdruck y{xy,i,ri) werde eine Grundlösung der Diffe- rentialyleichung L(u) = 0 für das Gebiet J" genannt.^)

So besitzt zJ(ii) = 0 die Grundlösung /(p), und für die Differential- gleichung zJ(u)-\-u = 0 ist K{q) eine Grundlösung, wenn K die be- reits oben (S. 53) benutzte Besselsche Funktion zweiter Art bedeutet.

Setzen wir in der Greenschen Formel (14) für u irgendeine Lösung der inhomogenen Differentialgleichung

L{u{xy)) = 2n(p{xy)

und an Stelle von v eine Grundlösung y(xy, ^tj) ein, wobei |, r^ einen festen Punkt innerhalb J darstellt, so ergibt sich die Formel

(15) u{iri) = ->~- fyi^y, kri)(p(xy) dJ

(CO 2' = ''(•')

Zu einer vorgelegten Differentialgleichung L(u) = 0 werden offenbar aus einer Grundlösuug unendlich viele erhalten, wenn man ein beliebiges Integral von L{u) = 0 hinzufügt, das an jeder Stelle innerhalb J stetig ist. Für unsere weiteren Entwicklungen sind diejenigen Grundlösungen von besonderer Bedeutung, die an der Randkurve C gewisse homogene Randbedingungen erfüllen, und zwar kommen dabei insbesondere diejenigen Randbedingungen in Betracht, die den Randbedingungen I V* (S. 41) in der Theorie der gewöhnlichen Differentialgleichungen entsprechen. Wir heben hier nur folgende fünf Arten von Randbedingungen für eine Funk- tion f{xy) hervor:

I. f{xy) = 0 für alle Punkte x, y der Randkurve C.

n -^ = 0

1) Dieser Begriff der Grundlösung ist zuerst von A. Sonamerfeld eingeführt worden, vgl. Mathematische Enzyklopädie Bd. II, S. 515. Hinsichtlich ihrer Existenz vgl. E. Holmgren, Math. Ann. Bd. 58 S. 404.

Kap. VIII. Partielle Differentialgleichungen. 61

lU. j^ + hf = 0 für aUe Punkte x, y der Randkurve C.

dabei bedeutet der Parameter s die Bogenlänge der Randkurve C von einem festen Punkte s = 0 an bis zu einem beliebigen Punkte derselben gerechnet, während l die Gesamtlänge der Randkurve C bezeichnet.

V. Ist die Randkurve C singulare Linie der Difif'erentialgleichung L{u) = 0 von gewisser Art (NuUinie von p), so ist als Randbedingung die Forderung zulässig: es soll f{xy) bei der Annäherung an die Randkurve endlich bleiben.

V*. Wird die bisherige Betrachtungsweise in der Weise verall- gemeinert, daß an Stelle der a;?/-Ebene eine beliebige geschlossene singnlaritätenfreie Fläche tritt (vgl. diesen Abschnitt S. 64), so kann die Randbedingung für f{xy) durch die Forderung ersetzt werden, daß die Funktion fixy^ sich überall auf der Fläche regulär verhalten soll.

Diese Randbedingungen können noch in verschiedenster Weise mit- einander kombiniert werden derart, daß auf einem Teile der Randkurve C die eine, auf einem anderen Teile eine andere Randbedingung erfüllt ist.

Eine Grundlösung g(xy,i,i]) für das Gebiet J, die als Funktion von X, y an der Randkurve C eine homogene Randbedingung der genannten Arten erfüllt, heißt die zu dieser Eandhedingung gehörige Green- scJte Funktion der Differentialgleichung L(ii) = 0; ferner heiße der Quotient

die zu jener Bandbedingung gehörige Greensche Funktion des Bifferentialausdruckes L(u).

Wenn für einen Differentialausdruck L(u) keine Greensche Funktion im eben definierten Sinne existiert, so verfahren wir genau analog, wie in dem entsprechenden Falle in der Theorie der gewöhnlichen Differential- gleichungen (S. 44): ist dann nämlich ip^^^xy) eine von Null verschiedene überall stetige Lösung der Differentialgleichung L{iC) = 0, die die be- treffende Randbedinguno;, sowie die Relation

J{ti,m{xy)ydJ= 1

erfüllt, so konstruieren wir eine Lösung g(xy, ^r]) der inhomogenen Differentialgleichung

L(u) = 27cpar^)ip'^'){xy)i^^'K^v),

die an der Stelle a; = |, y = r] in derselben Weise wie eine Grundlösung

62 Kap. Vni. Partielle DifFerentialgleichung^n.

loo-arithmiscli unendlich wird, auf C die betreffende Randbedinorunor und überdies die Gleichung

erfüllt. Die Funktion

genügt der Differentialgleichung

i(M) = 2:r^W(a:.v)^W(|i?).

Die Funktionen g{xy, ^tj), G{xy, ^tj) werden als Greensche Funktionen im erweiterten Sinne bezeichnet. Man sieht leicht ein, wie die Definition der Greenschen Funktion weiter zu verallgemeinern ist, wenn auch im eben definierten Sinne eine Greensche Funktion nicht existiert.*)

Wie oben (S. 45) gewinnen wir leicht das Symmetriegesetz der Greenschen Funktion eines Differentialausdruckes

und sodann unter Heranziehung der Formel (15) die folgende Tatsache: Satz 17. Wenn die Greensche Funliion eines Differentialausdruckes L{u) für eine gewisse Randbedingung als Kern eitler Integralgleichung erster Art

fixy) = fG{xtj, t,ri)ip{i ri) dJ (•>)

genonmien wird, wo f(xy) eine gegebene ziveimal sielig differenzierbare, jener Randbedingung genügende Funldion ist, so besitzt diese Integralgleichung eine und nur eine Lösimg <p{xy), und man erhält diese Lösung durch die Formel

(p{xy) = - ^^ L(f{xy)y,

umgeJcehrt, ivenn (p(xy) irgendeine stetig differenzierbare Funktion ist und eine Lösung der Differentialgleichung

Lifixy)) -\-2n(p (xy) = 0

gefunden werden soll, die der getvählten Randbedingung genügt, so ist diese Lösung dadurch eindeutig bestimmt, und man erhält sie durch die Formel

f{xy) = fG{xy, iri) (p{^rj) dJ. {J) Aus diesem Satze entnehmen wir leicht wie oben (S. 47), daß die Greensche Funktion G(xy, ^1]) einen Kern darstellt, der nach der im

1) Über den Existenzbeweis der erweiterten Greenschen Funktion vergleiche Kap. IX, und Kap XVIII.

Kap. VIII. Partielle Differentialgleichungen. (33

ersten Abschnitt eingeführten Ausdrucksweise sowohl abgeschlossen als auch allseniein ist.

Nunmehr gehen wir zur Behandlung des Differentialausdruckes J{i() = L{u) + 27cXu über und erhalten genau wie oben (S. 46—51) durch die analogen Schlüsse der Reihe nach folgende Sätze:

Satz 18. Wenn die Greensche FunMion eines Differentialausdruckes L{u) für eine geivisse Bandbedingung als Kern der Integralgleichung zn-eiter Art (16) f{xy) = cp{xy)- l fK{xy, ^ i?) qo (5 r[) dJ

0) genommen wird, so erhält man die lösende Funldion K{xy, l^rf) dieser Integral- gleichung, indem man die zu der nämlichen Eandhedingung gehörende Greensche Fwiktion des Dijferentialausdruclies

A{u) -ZI: L{ii) + 2%ku bildet.

Wir bezeichnen die Eigenwerte X^'"^ und Eigenfunktionen ■4j'''"\xy) der Integi-algleichung zweiter Art (16) auch als die Eigeniverte bzw. Eigen funJctionen der Differentialgleichung J{u) = 0 für die be- treffende Bandbedingung})

Satz 19. Wenn h(xy) eine stetige Funliion von x, y bezeichnet, so daß für alle Eigenfunliionen xl;^'^\xy) der Differentialgleichung A{u) = 0

die Gleichung

Jh(xij)7lJ^"'\xy)dJ=0

erfüllt ist, so ist h(xy) identisch 0.

Satz 20. Wenn die in Fourierscher Weise gebildete Beilie

c^xi^^'-\xy) + c^i^^^\xy) -\- ,

c,,==Jf{xy)i>^-^\xy)dJ iJ) gleichmäßig Iconvergiert, so stellt sie die Funldion f(xy) dar.

1) Die Eigenfunktionen der Differentialgleichung ^ a -\-lu^ 0 hat H. Poincare untersucht und als „fonctions harmoniques" bezeichnet. Seit dem Erscheinen seiner grundlegenden Abhandlung „Sur les equations de la physique mathematique, Rendiconti del Circolo matematico di Palermo (1894) haben sich zahlreiche Forscher mit dem Beweise für die Existenz jener fonctions harmoniques und mit dem Problem der Entwickelbarkeit willkürlicher Funktionen nach denselben erfolgreich beschäftigt: u a. Le Roy (Annales de TEcole normale superieure 1898), W. Stekloff (Annales de la faculte de Toulouse 1900), S Zaremba (Annales de l'Ecole normale superieure 1899, Journ. de Math. 1900), A. Korn (Abhandlungen zur Potentialtheorie i. Berlin 1902). Wie es scheint, umschließen die im folgenden gewonnenen allgemeinen Sätze die wesentlichen Resultate der genannten Forscher.

64 Kap. YIIT. Partielle Differentialgleichungen.

Satz 21. Jede ziveimal stetig differenzierbare und den betreffenden Mandbedingungen genügende FunJction ({xxj) ist auf die Fouriersche Weise in eine Beihe entuicl'elbar, die nach den Eigenfunkt iouen ip^'^\xy) der Differentialgleichung A(u) = 0 fortschreitet; diese Reihe konvergiert absolut und gleichmäßig.

Ist statt des Differentialausdruckes A{u) ein Differentialausdruck von der allgemeineren Gestalt

./ du\ „/ du\

L{u) + Xku = '-^^-^ + ^1^ + (g + AÄ;)m

vorgelegt, wo k irgendeine innerhalb des Gebietes J positive Funktion von X, y bedeutet, so setze man

V

u = -—

und multipliziere dann den erhalteneu Ausdruck mit - ; dann entsteht ein Ausdruck von der früheren Gestalt, nämlich

J*(v) = L*(v) -\- Iv, wo

I A

i

(.) =

d

dx)

X "^

dy

2)* =

p

k'

q* =

^h^

(i^)

ist.

Die Betrachtungen dieses Kapitels VIII lassen sich leicht auf den Fall übertragen, daß das Integrationsgebiet J auf einer beliebigen Fläche im Räume gelegen ist: an Stelle des bisherigen Differentialuusdruckes für das ebene Gebiet J inii dann eine gewisse Verallgemeinerung des Beltra- mischen Differentialparameters, nämlich der Differentialausdruck

rr \ 1 \di ^dx~'dy\, dl ^dy~'d^']\,

darin bedeuten x, y die krummlinigen Koordinaten der Fläche und e, f g in bekannter Weise die Koeffizienten des Quadrates des Linienelementes

ds^ = edx^ + 2fdxdy -f- gdy^ der Fläche; p bedeutet eine innerhalb J positive stetig differentiierbare Funktion und q irgendeine stetige Funktion auf der Fläche. Die Green- sche Formel (14) gilt für irgendein Gebiet J auf der Fläche mit der Randkurve C unverändert in der bisherigen Gestalt.^)

1) Vgl. G. Darboux, Theorie generale des surfaces liv. VII chap. I.

I

Kap. YIII, Partielle Differentialgleichungen. 65

Ist insbesondere die Fläche geschlossen und singularitätenfrei, so kann die Randbedingung für eine Funktion f{xy) durch die Forderung ersetzt werden, daß die Funktion f{xy) sich überall auf d6r Fläche regulär verhalten soll (Randbedingung V* S. 42). Auch in diesem Falle lehrt unsere Theorie die Existenz der Eigenfunktioneu und die Entwickelbarkeit einer willkürlichen Funktion auf der Fläche nach jenen Eigenfunktioneu der Fläche.^)

Als Beispiel diene die Kugel K mit dem Radius 1. Wählen wir für X, y die Polarkoordinaten %-, cp, so erhält wegen

f=0, g = sin^-O"

unser DiflFerentialausdruck für jo = ir-? <7 = 0 die Gestalt:

■^ 2 TT ^ ^

^W = 2^ Un-^ ä^ («^^ ^aW + sin^ m' Die Greensche Funktion gißcp, -9^*9?*) im erweiterten Sinne hat wegen w,(o) = ^ (Jer Gleichung

L(g) = ^

■^"^ 4 TT

ZU genügen. Bedeutet q die kleinste sphärische Entfernung der Punkte d-, cp und d-*, (p* auf der Kugel, so ergibt sich

5r(^^,^*9*) = -?(2sin 5);

dieselbe erfüllt in der Tat- das Symmetriegesetz.^)

Die Eigenwerte zum Kern G = 2ng d. h. die Eigenwerte der Diffe- rentialgleichung

A{u) = L{ii) -\- Xu = 0 sind

= «(?L±;), („ = 0, 1, 2, . . .)

und zwar wird allgemein A^"^ ein 2n 4- 1 facher Eigenwert, indem zu A^"' als Eigen funktionen die 2n -\- l Kugelflächenfunktionen P(") vom titen Grade gehören; die letzteren erfüllen mithin die Differentialgleichung

L{u) + yl(")«. = 0

1) Vgl. Kap. XVm.

2) Diese Greensche Funktion für die Kugelfläche haben bereits E. Zermelo, Hydrodynamische Untersuchungen über die Wirbelbewegungen in einer Kugelfläche, Zeitschrift für Math, und Phys. Bd. 47 (1902) und J. Hadamard, Propagation des ondes, Paris 190.3, berechnet. Bezüglich der Existenz eines Potentials auf einer ge- schlossenen Fläche vgl. E. Picard C. K. (Paris, 1900 und 1903.)

Math. Monogr. ä: Hubert, lin. Integralgloichungon. 5

66 Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion.

und die Integralgleichung

;(n) Jp («)(>* ^*) G(>g^, ^*<p*) dK = PW(^9))

oder

n

- m(w + 1) / /P("^(^*95*) / (2 sin-|-) sin ^^(prf^ = P^''\^(p). 0 0^

Unser Satz 21 lehrt, daß jede zweimal stetig diiferenzierbare Funktion auf der Kugel nach den Kugelflächeufunktionen eutwiekelbar ist.

Schließlich sei noch erwähnt, daß die Bedeutung der Eigenfunktionen als Lösungen gewisser Variationsprobleme, sowie alle hiermit in Zu- sammenhang stehenden Tatsachen, wie sie für den Fall gewöhnlicher Differentialgleichungen am Schluß des Kapitels VII angedeutet sind, ent- sprechend auch für den gegenwärtigen Fall der partiellen Differential- gleichungen zutreffen.

Neuntes Kapitel.

Existenz der Greenschen Funktion.

Auftreten eines Parameters in der Randbedingung

bei partiellen Differentialgleichungen.

Auch die Untersuchungen dieses Kapitels betreffen die Integration partieller Differentialgleichungen mit zwei unabhängigen Yariabeln x, //; doch soll nicht wie in Kapitel VIII die Differentialgleichung den Para- meter X enthalten, sondern wir nehmen vielmehr an, daß der Parameter A in der Randbedingung auftritt. Es wird sich zeigen, daß auf gewisse dann entstehende Fragen ebenfalls die im ersten Abschnitt entwickelte Theorie der Integralgleichungen erfolgreiche Anwendung findet.

Wenn die zu einer Randbedingung gehörige Greensche Funktion G bekannt ist, so wird stets eine gewisse zuorehörisre Randwertaufgabe lösbar. Setzen wir beispielsweise in der Formel (15) (S. 60)

wo G^{xy, |r/) die zur Randbedingung I gehörige Greensche Funktion des Differentialausdruckes L{u) bezeichnet, und wählen dann für u irgend- eine Lösung der Differentialgleichung L{ii) = 0, so entsteht die Gleichung

diese Formel löst die Aufgabe, das stetige Integral u jeuer Differential- gleichung L{u) = 0 im Innern des Gebietes J zu finden, wenn seine Werte auf der Randkurve G gegeben sind.

Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion. 67

In entsprechender Weise bezeichnen wir mit G^^(xy, ^tj) die zur Randbedingung II gehörige Greensche Funktion des Differentialausdruckes Z/(m) und setzen in Formel (15) (S. 60j

wählen wir dann für u wiederum eine Lösung der Differentialgleichung Z(?t) = 0, so wird

(17) «,lv) lf[p^^y) '-'^f^G^'i^y, iv)l.^,äs;

(C) y = 6(,)

diese Formel löst die Aufgabe, das Integral u jener Differentialgleichung L(ti) = 0 im Innern des Gebietes J zu finden, wenn die Werte »seiner normalen Ableitung auf der Randkurve C cregeben sind.

Umgekehrt sieht man sofort wie in der Potentialtheorie ein, daß, wenn die letztgenannten Randwertaufgaben als lösbar erkannt sind, daraus mit Hilfe einer Grundlösung stets die Existenz der Greenschen Funk- tionen G^ bzw. G^^ folgt.

Ehe wir nun der Frage nach der Existenz der Greenschen Funktionen näher treten, schicken wir einige Betrachtungen voraus, die sich auf den Zusammenhang zwischen gewissen Kernen von Integral- gleichungen beziehen. Wie in Kapitel III werde, wenn K{s,t) irgend- ein Kern ist, die Funktion

6

KK{s, t) =JK{s, r) K{t, r) dr

a

als der aus K(s, t) ziveifach zusammengesetzte Kern bezeichnet. Eine Reihe von Eigenschaften lassen sich von dem Kern K{s, t) aussagen, wenn die entsprechenden Eigenschaften von KK(s, t) bekannt sind; hier mögen nur folgende Sätze erwähnt werden:

Satz 20. Wenn der aus K(s,t) zweifach zusammengesetzte Kern ahgescJdossen oder allgemein ist, so ist stets auch der Kern K(s, t) ab- geschlossen hzzv. allgemein.

Satz 21. Wenn K(s, t) ein abgeschlossener Kern ist und die Integral- gleichung erster Art mit dem Kern KK(s, t) lösbar ist, so ist es aucA die Integralgleichung erster Art mit dem Kern Kis, i).

In der Tat, aus

1)

f{s)^fK{s, t)(p(t)dt

a

folgt durch Multiplikation mit K{r, s) und Integration nach s die Gleichung

b h

fK{r, s) f{s) ds =fKK{r, t) cp {t) dt.

a a

6*

ß8 Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion.

Wenn f{s) eine gegebene Funktion ist, so wird die linke Seite dieser Gleichung ebenfalls eine bestimmte Funktion, und aus dieser folgt die Funktion (p(t) durch Lösung der Integralgleichung erster Art mit dem Kern KK(s, t).

Satz 22. Wenn KK{s, f) ein allgemeiner Kern ist, so läßt er sich stets in eine Reihe cntiviclceln:

KK(S, t) = ^^Yi) 1 xiif 1 >

wobei l^^\ )S^\ . . . imd H>^^\s), ip^^\s), . . . die zn KK{s, t) gehörigen Eigen- fmiktionen hziv. Eigenwerte bedeuten.

Zum Beweise wende man Satz 7 des ersten Abschnittes auf den Kern K{s, t) an und setze in der so entstehenden Entwicklung an Stelle der Funktion g(t) den Kern K{t, r) ein.

Da in den Entwicklungen des Kapitels II imd in Kap. VI die Sym- metrie des Kernes K{s, t) nirgends vorausgesetzt wurde, so existiert für eine Integralgleichung zweiter Art, auch wenn ihr Kern K{s, t) un- symmetrisch ist, eine lösende Funktion, d. h. eine Funktion K(s, /) von der Art, daß

b

K{s, t) = K (s, t) - ljK{s, r) K (r, t) dr

a

wird, aUemal dann, wenn K{s, t) nur Singularitäten von niederer als der •|-ten Ordnung besitzt. Ebenso folgt, daß eine Integralgleichung zweiter Art, deren Kern K{xy, ^ri) eine Funktion zweier Variabeinpaare ist, ge- wiß eine lösende Funktion besitzt, wenn der Kern K{xy, ^iq) nur Singulari- täten von niederer als erster Ordnung besitzt.

Wenn der Kern K{s, t) bzw. K{xy, ^ri) einer Integralgleichung nicht symmetrisch ist, so verstehen wir unter dem aus K(^s, i) bzw. K{xy, t,ri) zweifach zusammengesetzten Kern die Funktionen

h

KK{s, t) =JK{s, r) K{r, t) dr

a

bzw.

KK{xy, U) =jK(xy, l\))K{ii), bi)dJ. iJ) Auch die BegrifiFe Eigenivert und Eigenfunktion sind unmittelbar auf den unsymmetrischen Kern übertragbar. Es kann nun vorkommen, daß der zweifach zusammengesetzte Kern KK{s, t) bzw. KKixy, |»j) an den SteUen

5 = ^ bzw. a; = ^, y = rj

nur von niederer als der ^teu. bzw. der ersten Ordnung singulär ist, während dies für den ursprünglichen Kern Kis, t) bzw. K(xy, 1?^) nicht

Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion. 69

zutrifft.-') In diesem Falle können wir von folgenden Sätzen Gebrauch machen, die von dem Zusammenhange zwischen den Integral- gleichungen zweiter Art mit dem ursprünglichen und dem zweifach zusammengesetzten Kern handeln:

Satz 23. Wenn A = 1 ein Eigenivert der lntegral(jleicliung zweiter Art mit dem Kern KK{s, t) ist, so gibt es unter den zu diesem Eigen- ucrt gehörigen Eigenfmiktionen geiviß eine solche EigenfunMion q){s), die entweder die Integralgleichung

h

(p(s) = +JK{s, t) (p(t) dt

a

oder die Integralgleichung

b

cp{s) = -fK(s,t)(p{t)dt

a

befriedigt.

Zum Beweise setzen wir

b

(18) jp(s)^fK{s,t)cp{t)dt;

a

dann wird

6 h

fK(r, s) tis) ds ^fKK{r, t)(p{t) dt

a a

oder, da (p(s) als Eigenfunktion von KK{s,t) der Gleichung

h

(19) tp{s) ==jKK{s, t) (fit) dt

a

o;enüo;t:

b

(20) cf{r)=jK{r,s)tp{^ds.

a

Tragen wir diesen Wert von ^(r) in die rechte Seite von (18) ein, so entsteht

b

iP{s)=^fKK{s,t)i^(t)dt,

a

d. h. die Funktion i^(s) erfüUt die nämliche Integralgleichung wie cp{s). AVir nehmen der Kürze wegen an, es gäbe nicht zwei voneinander linear unabhängige Lösungen cp{s) der Gleichung (19); alsdann folgt notwendig

^{s) = c(p{s),

1) Diese Tatsache ist bereits von I. Fred ho Im bemerkt und in ähnlicher Weise wie hier zur Auflösung von Integralgleichungen benutzt worden, wenn der Kern für s = t bzw. «^1, y = r\ sich singulär verhält, vgl. Acta math. Bd. 27 S. 384.

70 Kap. IX. Existenz der Gieenschen Funktion.

wo c eine Konstante bedeutet. Die Berücksichtigung dieser Beziehung in (18) und (20) führt zu der Gleichung c- = 1, womit die in Satz 23 auf- gestellte Behauptung bewiesen ist. Ebenso leicht gestaltet sich der Nach- weis ohne jene Annahme.

Satz 24. Wenn die Integralgleichung zweiter Art mit dem Kern KK{s, t) für den Parameterwert 1 = 1, d. h. die Integral gleichimg

I,

(21) F{s) = (p{s) -fKK{s, t) <p(t) dt

a

lösbar ist und ?. = 1 nicht gerade einen Eigenwert des Kerns KK{s, t) hedeutet, so ist auch die Integralgleicliung zweiter Art mit dem Kern K{s, i), nämlich die Integralgleichung

(22) fis) = <p(s)-jK{s,t)cp{t)dt

a

lösbar.

Zum Beweise setzen wir, wenn /"(s) eine gegebene Funktion bedeutet,

6

F(s) = f(s)+ffif)K{s,t)dt

a

und bezeichnen mit q)(s) die Lösung der mit diesem F(s) gebildeten Integralgleichung (21). Bilden wir dann die Funktion

h

(23) t{s) =jK{s, t)cp{t) dt + f{s)

a

und setzen dieselbe in (21) an Stelle von ^{s) ein, so ist die entstehende Gleichung genau dieselbe wie die, die man aus (21) durch Multiplikation mit K{r, s) und Integration nach 5 erhält. Daraus folgt, daß auch i\>{s) eine Lösung von (21) sein muß. Da aber A = 1 kein Eigenwert des Kerns KK{s, t) sein sollte, so besitzt diese Integralgleichung nur eine Lösung; daher muß (p{s) mit t/^(s) übereinstimmen, d. h. wegen (23): (p{s) ist zugleich die gesuchte Lösung der Integralgleichung [22).

Nach diesen Vorbereitungen stellen wir uns nunmehr die Aufgabe, für ein beliebiges Gebiet J mit der Randkurve C die Greensche Funktion erster Art, d.h. diejenige Greensche Funktion G^{xy, |tj), die zu der Randbedingung I gehört, für einen beliebigen Diffe- rentialausdruck L{ii) zu konstruieren.

Zu dem Zwecke betrachten wir zunächst den Differentialausdruck

^ -' dx^ dy ox dx dy cy '

Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion. 71

wo P eine beliebige innerhall) J und auf der Randkurve C stetig diffe- renzierbare Funktion sein möge. Wir nehmen nun an, es sei die zur Randbedingung I gehörige Greensche Funktion für den DiflFerentialausdruck

x-y + ]g-^ bekannt, und bezeichnen dieselbe mit r{xy, h,ri). Ist dann u

eine innerhalb J zweimal stetig differenzierbare und auf C verschwindende

Funktion, und setzen wir

(24) D(iO = f{xy),

so entnehmen wir aus der Formel (15) die Gleichung

und unter Anwendung der Regel für die Integration eines Produktes:

, ^jg(r(.,,^,)||) a(r(.,,|,)||)

'y^"^)- 2nJ I dx ^ dy '

u{xy)dJ

(J)

d. h. die der Randbedingung I genügende innerhalb J stetige Lösung u(x, y) der Differentialgleichung (24) genügt der Integralgleichung

(25) F(|r?) = u(^rj) - J K{xy, It?) u{xy) dJ,

wo zur Abkürzung

{J)

K(xy, In)--^ I äi- + ry 1

gesetzt ist.

Wir betrachten nun den aus K{xy, i,ri) zweifach zusammengesetzten Kern KK{xy, |^). Da der Kern K{xy, 1?;) für x = t,, y = i] von der ersten Ordnung unendlich wird, so folgt leicht, daß der Kern KK(xy, i,rj) für a; = I, y ^ yj nur logarithmisch unendlich wird. Nach dem oben Gesagten (S. 68) ist daher die Integralgleichung zweiter Art

F*(xy) = u*(xy) ij KK{xy, i,ri)u*{^ri)dJ (J) für den variablen Parameter X auflösbar.

Wäre l = \ ein Eigenwert für diesen Kern KK{xy, |>?), so müßte nach Satz 23 eine Eigenfuuktion (p{xy) existieren, die zugleich auch eine der Integralgleichungen

fp{xy) = ±jK{xy, lri)(p{i,i])dJ (J)

72 Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion.

befriedigt; daim aber wäre cp^'i]) ein auf der Randkurve C verschwindendes Integi"al einer der beiden Difierentialgleicbungen

a^* , ^M /dP du_ dP^ cu\ ^ Q cx^ dy^ \dx dx dy dy)

Da aber für jede auf C verscbvrindende Funktion u die Identität

(J) (J)

gilt, so würde sich (f{xy) notwendig als Konstante und mithin gleich Null ergeben, was nicht der Fall sein sollte. Die Annahme, daß A = 1 ein Eigenwert für den Kern KK{xy, |»;) sei, ist somit als unzutreffend erkannt.

Nunmehr lehrt Satz 24, daß auch die Integralgleichung (25) eine Lösung besitzt; diese Lösung u{xy) ist das gewünschte Integral der Differentialgleichung (24), welches auf der Randkurve C verschwindet.

Es sei zur Abkürzung gesetzt:

T> " -^ \-o •!/

p d'Pi^ri)

'in cr\^

+ lU 3 P/ + P ,r - 2 P^ , + 2 P,^„^. } (:. - I) 2

h .^6 { P|^ + 3P,; + 2P^^ - 2P,^,^ ] {y - ,^y. Wegen

folgt durch eine leichte Rechnung, daß Dlf^l—j eine auch an den

Stellen x = ^, y ^^ V stetige Funktion wird. Wir bezeichnen mit y^ irgendeine Funktion von x, y, die innerhalb J zweimal stetig differenzier- bar ist und auf der Randkurve C dieselben Werte wie y^l—: annimmt,

und konstruieren alsdann nach dem Vorstehenden die auf C verschwindende Lösung der Differentialgleichung (24) für

f{xy) = J)(y^l~-y.^',

ist ^3 diese Lösung, so stellt offenbar

G^ = Yi^— r2 Yz

die zur Randbedingung I gehörige Greensche [Funktion der Differential- gleichung D{ii) = 0 dar.

Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion. 73

Mit Hilfe des Satzes 18 und unter Berücksiclitigung einer früheren Bemerkung (S. 64^ folgt dann aucli die Existenz der zur Randbedingung I gehörigen Greenschen Funktion für den beliebigen Differentialausdruck Z(zt).

Wir wenden uns nun zu der Frage nach der Existenz der zur Randbedingung II gehörigen Greenschen Funktion und betrachten zunächst den spezielleren Differentialausdruck

./ du\ r.1 du\

der aus L(;u) entsteht, wenn man q = 0 nimmt. Ist u eine der Differen- tialgleichung i*(w) = 0 genügende Funktion, so gibt es offenbar eine Funktion v der nämlichen Veränderlichen x, y von der Art, daß

d u d V

■^ dx dy '

du cv

^ly^ ~Jx

■wird. Die Funktion v ist hierdurch bis auf eine additive Konstante be- stimmt; sie genügt der Differentialgleichung

^ ■' ex dy

und heiße die zu u konjugierte Funktion.

Wenn durch s, n irgend zwei von einem Punkte ausgehende Rich- tungen bezeichnet werden, die in dem Sinne wie die positiven Richtungen der X' und !/- Achse zueinander senkrecht stehen, so ist stets

du dv du 1 dv

^ CS dn ' cn p es

Nehmen wir nun an, es gäbe für den Differentialausdruck ilf*(ü) eine zur Randbedingung I gehörige Greensche Funktion (r-"-, so existiert notwendig für den Differentialausdruck L*(ii) eine zur Randbedingung II s;ehörige Greensche Funktion G^^.

In der Tat läßt sich die zweite Randwertaufgabe für L^iii) = 0 auf die erste Randwertaufgabe für Ji"*(v) = 0 zurückführen. Bezeichnen wir

nämlich mit f(s) die für ^r— vorgeschriebenen Werte auf der Randkurve C, SO muß notwendig

Jpf(s) ds = 0

ausfallen, und daher stellt

9(ß) = -fpf{s)ds

74 Kap. IX. Existenz der Greenscben Funktion.

eine stetige Funktion auf der Randkurve C dar. Wir bestimmen nun das Integral v der Difierentialgleichung 31* (v) = 0 mit den Randwerten g{s)] ist alsdann ii die zu v konjugierte Funktion, so besitzt u offenbar die vorgeschriebenen normalen Ableitungen auf der Randkurve C.

Wir wenden jetzt die Greenscbe Formel (14) an, indem wir in der- selben für V die eben konstruierte Greenscbe Funktion G^^ und für u irgendeine stetige Lösung von L*(u) = 0 nehmen. G^^ ist im gegen- wärtigen Falle der Differentialgleichung L*(u) = 0 eine Greenscbe Funk- tion im erweiterten Sinne, da die Konstante eine Lösung von L*{ii) == 0 mit verschwindender normaler Ableitung liefert; wir haben demgemäß

L*{G^') = ^,

fG^{xy,lri)dJ=0, (J) worin J den Flächeninhalt des Gebietes J bedeutet. Die Greenscbe Formel (14) liefert

nnri) = - ^ f\pt^ G'A ds + 4- fudJ.

^^ '-' '■Inj [J- cn Jx = a(«) J J

Setzen wir

(C) y=b{,s) [J)

[u{xy)\x = a{B) = ^l(s),

y=6(«)

[Vixy)]x = a(s) =V{S), y=b{s)

[G^\xy, iri)'\^ = a{A, l = aio) = G^\s, a),

g=b (*), >; = 6 (o)

so folgt

(26) u{0) = ^/^^ G^\s, a)ds + c„,

wo c„ eine durch die Funktion u bestimmte Konstante bedeutet.

Andererseits gehen wir von der Gleichung 31* (v) = 0 aus und be- zeichnen mit II^^[xy, |?j) die zugehörige Greenscbe Funktion für die Rand- bedingung II und mit IP^(s, ö) die betreffende aus ihr entsprechend hervorgehende Funktion von s, 6. Da offenbar die zu v(xy) konjugierte Funktion ii{x,y) wird, so erhalten wir nunmehr die Gleichung

(27) v{6) = - ^J'^H^^s, a) ds -f c,,

wo c^ wiederum eine Konstante bedeutet.

Die gefundenen Gleichungen (ß6), (27) sind Integralgleichungen erster Art mit den symmetrischen Kernen G"(s, &), H^-^i^^ ß). Diese Kerne sind von der Gestalt

Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion. 75

Cl{\s (?|) + S(S, 6),

WO c eine Konstante und S(s, (?) eine stetige Funktion von s, a bedeutet. Mittelst (27) folgern wir dann, daß v(6) gewiß einmal stetig diiferentiier-

bar ist, sobald " einmal, d. h. sobald u{s) zweimal stetig differentiier-

bar ist. Da unter dieser Voraussetzung die Formel (27) die Integral- gleichung (26) auflöst, so schließen wir leicht, daß der Kern (r^^{s, 6) der Integralgleichung (26) sowohl abgeschlossen wie allgemein ist.

Als Beispiel wählen wir den Fall ^ = 1, wo die Gleichung L*'[ii) = 0 ~ die bekannte Potentialgleichuug wird; als Gebiet J diene der Kreis mit dem Radius 1. Die Rechnung ergibt das Statthaben der Relationen

n / \ 1 Cduis) 1 (c * ^\\ j

wobei u{s) die Werte des Realteiles, v{s) diejenigen des Imaginärteiles einer analytischen Funktion auf der Kreisperipherie bedeuten, während die Gleichungen

ß

u(s)ds = 0,

j v(s)ds =

0

erfüllt sind.

Setzen wir an Stelle der Veränderlichen s, 6 bzw. ^x, -x |, so nehmen die gefundenen Formeln die Gestalt an

(28) z<|)= ^/-^|^?(2|8in^^,)rf^ = -i/K^)cotg(:r^y^,

-1 -1

+ 1 +1

(29) HI) = -^/^^f «(^1^^^^^)^^= l/H(^)cotg(^V^)rf:r.

-1 -1

Die letztere Formel (29) geht durch Produktintegration und Differentiation nach X in die Formel

^.^(|) = _ L C^'ff l (2 ' sin ^ ^--^l) dx

d^ nj dx* \ 2 |/

76 Kap. IX. Existenz der Greenschen Funktion.

über. Die Einsetzung dieses Wertes von -j— in die erstere Formel (28) liefert

(30) u(^ = -^,ß^[ß (2 sin. t;y)l {2 sin.^") rf, ) rf.;

-1 -1

diese Formel gilt für jede zweimal stetig differenzierbare Funktion u, die von 1 bis -f 1 integriert Null liefert.

Wenden wir nun Satz 11 (S. 46) auf den Diflferentialausdruck , »

an, indem wir als Greensche Funktion die zu den Randbedingungen IV gehörige, oben (S. 45) berechnete Funktion wählen, so' folgt für jede zweimal stetig differenzierbare, jenen Randbedingungen genügende Funk- tion u die Identität

+ 1

(31) u(x) = - J{ -X x-l-]-i[x-^iy+^} ^ dx.

-1 Aus den Formeln (30) und (31) entnehmen wir durch eine sehr leichte Überlegung, daß notwendig

--1- a;-| -f i(a;-^)^+^ = ^Jz(2'sin;r^^^)z(2Jsin;r"^-^j)(^y

-1 sein muß; wenn wir also die symmetrischen Funktionen

Z'(^,|) = i-?(2sin:r^^i),

als Kerne auffassen, so ist der letztere derjenige Kern, der aus dem erstercn durch zweifache Zusammensetzung entsteht. Der Kern K{x, ^) muß mithin dieselben Eigenfunktionen besitzen, wie KK{x, |); dieselben sind nach dem Obigen (S. 55j

sin niTix, cos mnx, (m = 1, 2, 3, . . .).

Die Eigenwerte von K(x, |) sind die Quadratwurzeln aus den Eigenwerten des Kerns KK{x, |), d. h. da jener Kern definit ist, gleich den ganzen positiven Vielfachen von tc. Diese Eigenwerte sind zweifach; doch ist der Eigenwert Null, zu dem die Konstante als Eigenfunktion gehört, noch als einfacher Eigenwert hinzuzurechnen.

Die Formeln (28), (29) sind wegen ihrer fruchtbaren Anwendung auf die Theorie der analytischen Funktionen von besonderer Wichtigkeit.-^)

1) Vgl. 0. D. Kellogg, Zur Theorie der Integralgleichungen, Inauguraldisser- tation Göttingen 1902, wo einige der in den Vorlesungen des Verfassers dargelegten Anwendungen berührt werden.

Kap. IX. Parameter in den Randbedingungen. 77

Wir haben oben die Greensche Funktion G^^ipcy, |?/) für den Differential- ausdruck L*(h) konstruiert. Wenn aber die Gleichung i*(«) = 0 eine zur Randbedingung II gehörige Greensche Funktion besitzt, so folgt aus Satz 18 unter Heranziehung einer früheren Bemerkung (S. 64) auch die Existenz der Greenschen Funktion G^^{xy, |7j) für den allgemeinen Differeutialausdruck

L{u) = L*{u) + qn.

Wir kommen endlich auf das zu Beginn dieses Kapitels in Aussicht gestellte Problem zurück.

Es sei für das Gebiet J der it;?/- Ebene die sich selbst adjungierte Differentialgleichung L{u) = 0 vorgelegt; man soU dasjenige Integral dieser Differentialgleichung finden, welches auf der Randkurve C des Gebietes J die Randbedingung

(32) f^ + Z.. + /Ks) = 0

erfüllt, wo X den Parameter und ]i{s) eine gegebene Funktion der Bogen- länge s auf der Raudkurve C bedeutet. G^{xy, |r;) bezeichne wiederum die zur Randbedingung II gehörige Greensche Funktion, so daß überall auf der Randkurve C

dn

wird; alsdann gilt die Formel (18) und wegen (32) erhält diese die Gestalt

u{i,Tfl) = -^ \\j){xy){lu{xy) + Ms)) G^\xy, b]y]x=a{s)ds'^

(^) /

diese Formel werde mit yi^d"»?) multipliziert und in ihr ^ = «((?), ?/ = &((?) genommen. Setzen wir dann zur Abkürzung

ri = b{a)

y = b(s\ i] = b(a) '/ 2/ =6(4), n-=b[a)

(C)

SO erhält sie die einfache Gestalt

(33) fip) = (p ((?) - ljK{s, 6) cp (s) ds .

Da wegen des Symmetriegesetzes der Greenschen Funktion auch die Funktion K{s, g) in den Veränderlichen s, a symmetrisch wird, so er-

78 Kap. IX. Parameter in den Randbedingungen.

kennen wir in der Gleichung (33) eine Integralgleichung zweiter Art, die genau von derjenigen Gestalt ist, wie wir sie im ersten Abschnitt be- handelt haben. Der Kern K{s, 6) dieser Integralgleichung ist in den Variabein s, 6 stetig außer für s = 6, wo K{s, a) wie der mit einer Kon- stanten multiplizierte Logarithmus von \s 6\ unendlich wird.

Wir bezeichnen die Eigenwerte ?S"''> und Eigenfunktionen il}^"'\s) der Integralgleichung (33) auch als die Eigenwerte bzw. Eigenfunktionen

der Randbedingung

du . . f.

■^ \- Xu = 0 on

für die Differentialgleichung L(u) = 0.

Da K(s, ö) nach der obigen Bemerkung (S. 75) ein abgeschlossener und allgemeiner Kern ist, so folgen, wenn wir die oben (S. 74) gefundene Auflösung der Integralgleichung erster Art (26) berücksichtigen, aus den Sätzen 3 7 des Abschnittes I eine Reihe von Tatsachen, unter denen der Kürze halber nur die folgende hervoroehoben werde:

Satz 25. Jede zweimal stetig differenzierbare FunMion auf der Rand- Jcurve C ist in der Fourierschen Weise in eine Reihe entivickelbar, die nach den EigenfunJctionen der Randbedingung

du ^

on

fortschreitet; die Reihe konvergiert absolut und gleichmäßig.

Aus den letzten Betrachtungen kann zugleich die Existenz einer zur Randbedingung III gehörigen Greenschen Funktion G^^ gefolgert werden. Da wir oben unter der Annahme der Greenschen Funktion G^ für die

Potentialgleichung ^^ ^" ä' 2 ^ ^ ^^^ Existenz von G^ und G^^ für den all- gemeinen Differentialausdruck L{ii) bewiesen haben, so können wir zu- sammenfassend folgendes Resultat aussprechen:

Satz 2Q. Für einen Differential ausdruck L(ti) gibt es stets die Green- schen Funktionen G^, G^^, G^^, die zu den Randbedingungen bzw. \, II, III gehören, wobei besonderenfalls der Begriff der Greenschen Funktion im er- tveiterten Sinne zu verstehen ist.

Um noch kurz das zugehörige Variationsproblem zu berühren, nehmen wir an, es sei q eine innerhalb J nirgends positive Funktion-, alsdann wird das Integral

^w=/{'K(i-:/+(i-:))-«-i'*'^

gewiß niemals negative Werte erhalten. SoUen wir nun diejenige Funk-

Kap. IX. Parameter in den Randbedingungen. 79

tion u bestimmen, die !)(«) zu einem Minimum macht, während für die Randwerte von u die Bedingung

l'pu^ds = 1

(C)

erfüllt ist, so führt die Variationsrechnung auf die Differentialgleichung L(ii) = 0, während am Rande die Gleichung

■^ \- lu = 0 (A = konst.)

gelten muß. (Dirichletsches Variationsproblem.)

Setzen wir, wenn ii(xy) irgendeine Lösung der Differentialgleichung L{iC) = 0 bedeutet, zur Abkürzung

so ist wegen Formel (17)

n = b(o) ./ '- ^^' Jx=a(«), § = a((T)

' ^' tfi) t/ = b(>),'l = H")

= —JK{s, 6)(x){s)ds.

(C)

Andererseits wird

D(ti) = I uL(u)dJ— j pu -^ ds

= J JK{s, ö) a (s) G}{6)dsd6.

iC) {C)

Hiernach geht das vorige Variationsproblem in folgende Aufgabe über: man soll eine Funktion (a(s) bestimmen, für welche das Integral

J JK{s, <s) c3 (s) 03 (ö) dsdö

((■) in

ein Minimum wird, wenn die Nebenbedingung

J{fK{s,6)o{s)dsyd6 = l

iC) (C)

erfüllt ist. (Gaußsches Variationsproblem).

Die Formel (34) lehrt, daß bei unseren Annahmen der Kern K{s, 6) definit ist und daher die Eigenwerte sämtlich positiv ausfallen; wir be- zeichnen die Eigenwerte und die Eigenfunktionen des Kerns K{s, ö) mit A(^), 2(2), . . . bzw. i^(i)(s), ^(2)(s), ....

In ganz analoger Weise, wie in Kapitel VII (S. 57 58) ausgeführt wurde, erkennen wir nunmehr leicht, daß

(d(s) = iWti^W^s)

80 Kap. IX. Parameter in den Randbedingungen.

das gewünschte Minimum liefert; mitbin ist:

[Vpixy)u{xy)]r=a{i) = t^^\s).

Eine interessante Anwendung findet unser Satz 25 zur Lösung des Problems der kleinen Schwingungen einer in einem Gefäße befindlichen, der Schwere unterworfenen Flüssigkeit.-^) Hierbei handelt es sich um die Auffindung des Geschwindigkeitspotentiales V. Dasselbe ist eine Funktion des Ortes x, y und der Zeit t, die im Innern der Flüssigkeit für alle Zeiten t der Gleichung

.TT d-U . d'U ^

-^^^a.^ + aV^^'

an der festen Wand für alle t der Bedingung

on und auf der Horizontalen y = 0 für alle t der Gleichung

a- C/ _ _ ^

dt^ dy

genügt, während für t = 0 die freie Oberfläche in der Horizontalen y = 0 liegen und daselbst die vertikale Geschwindigkeit ,.- als Funktion von x etwa == f{x) gegeben sein soll. Der Ansatz

U = u cos ()/Ä t)

liefert für die von t unabhängige Funktion u an der festen Wand die Bedingung

an und an der Horizontalen y ^ 0 die Bedingung

^ + ;.M = 0, (A = konst.),

während im Inneren der Flüssigkeit überall yJu = 0 sein muß. In der voransteheuden allgemeineren Entwicklung haben wir mithin 2) = 1, q = 0 zu nehmen und das Randintegral nicht über die ganze Randkurve C, sondern nur über die Horizontale y = 0 zu erstrecken. ' Bedeutet also G^^(xy, h,r/) die zur Randbedingung II gehörige Greensche Funktion für das von der Gefäßwand und der Horizontalen y = 0 begrenzte Gebiet, so lautet der in Betracht kommende Kern

1) Vgl. insbe.gondere Poincare, Journ. de Math., 1896.

Kap. X. Eiemanns Probleme in der Funktionentheorie. 81

Bezeichnen wir mit l^'^\ X^^\ . . ., ^(^^(a;), ip^^'>(x), . . . die Eigenwerte bzw. die Eigenfunktionen dieses Kerns und entwickeln wir die gegebene Funktion f\x) nach diesen Eigenfunktionen, wie folgt

so wird das hydrodynamische Problem durch die Formeln

r|^1 = c,xp^'){x) cos (VXWt) + c.,ilj(''\x) cos (Y^S^H) +

[P],=« = "4^"^ '^os (Vm) + '^^^ cos (^0 + . .

gelöst.

Die Ausdehnung unserer Untersuchungsmethode auf mehr als zwei Veränderliche bietet keine prinzipielle Schwierigkeit.

Dritter Abscliuitt. Anwendungen auf Pi'oblenie der Funktionentheorie.

Zehntes Kapitel.

Riemanns Probleme in der Theorie der Funktionen einer komplexen Veränderlichen.

Riemanu hat in seiner Inauguraldissertation (Abschnitt 19) die all- gemeine Aufgabe gestellt, Funktionen einer komplexen Veränderlichen innerhalb eines von einer gegebenen Randkurve begrenzten Gebietes der komplexen Ebene zu bestimmen, wenn zwischen den Real- und Imaginär- teilen der Funktionen auf jener Randkurve Relationen gelten sollen, deren Koeffizienten auf der Randkurve sich stetig ändernde gegebene Funktionen sind. Die Theorie der Integralgleichungen bietet die Mittel zur Lösung dieser Riemannschen Fragestellung für den Fall, daß die auf der Rand- kurve ffegebenen Relationen lineare sind.^)

Die Methode der Integralgleichungen ist auch auf weit allgemeinere Probleme anwendbar; sie führt insbesondere nicht nur zum Ziele, wenn für die Werte der gesuchten Funktionen selbst auf der Randkurve lineare homogene oder inhomogene Relationen vorgeschrieben sind, sondern auch, wenn noch die Ableitungen erster oder höherer Ordnung der gesuchten

1) Man vgl. einen Vortrag des Verfassers „Über eine Anwendung der Integral- gleichungen auf ein Problem der Funktionentheorie. Verhandlungen des III. Inter- nationalen Mathematiker-Kongresses Heidelberg 1904", sowie die Dissertationen von Kellogg und Haseman, Göttingen VJ02 u. 1907; vgl. auch den Auszug aus der Disser- tation von Haseman: Math. Ann. Bd. 66.

Math. Monogr. 3; Hubert, lin. Integralgleichungen. 6

82 Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

Funktionen mit den Funktionswerten auf der Randkurve in linearer Weise verknüpft auftreten. Durch Behandlung solcher Aufgaben wird, wie mir seheint, der Theorie der Funktionen einer komplexen Variabein ein neues dankbares Kapitel hinzugefügt.

Die in dem oben zitierten Vortrage zur Erläuterung der Methode gewählte Aufgabe ist freilich Avegen ihrer besonderen Einfachheit auch ohne dieses Hilfsmittel lösbar, und zwar, indem man zweimal die ge- wöhnliche Randwertaufgabe aus der Theorie des logarithmischen Potentials anwendet.

Das dort behandelte Problem besteht darin, innerhalb einer ge- schlossenen Kurve C mit stetig sich ändernder Tangente und von der Gesamtbogenlänge l eine regulär analytische Funktion der komplexen Veränderlichen 2 = x -]- iy

f{z) = u{xy) -\- iv(xy) zu finden, deren Real- und Imaginärteil m(s) bzw. v(s) auf C der linearen Relation

a{s)u{s) i- h{s)v(s) -f c(s) = 0

genügen; dabei sind a{s), ?>(s), c(s) als stetig differenzierbare Funktionen der Bogenlänge s mit der Periode l die erstereu beiden o(s), b(s) ohne gemeinsame Nullstelle gegeben.^)

Ich will nun kurz zeigen, wie man eine dieser Aufgabe genügende Funktion findet, die innerhalb C (nicht notwendig auf C) den Charakter einer ganzen Funktion besitzt. Zu dem Zwecke bezeichne ich mit 2ni7t die Änderung, die l(a{Sj + ih{s)) beim positiven Umlauf längs der ge- schlossenen Kurve C erfährt. Durch den Imaginärteil von I{a(ß) -\- ih{s)), d. h. durch einen Zweig des Ausdruckes

(1) ^^W>'

wird dann eine reelle Funktion auf C dargestellt, die von .5 stetig ab- hängt mit Ausnahme eines Punktes, etwa des Punktes 5 = 0, wo ein Sprung ihrer Werte um 2njt stattfindet.

Mittelst der bekannten Randwertaufgabe in der Theorie des logarith-

1) Aus dem oben zitierten Heidelberger Vortrage geht unmittelbar nur hervor, daß überhaupt eine der Aufgabe genügende Funktion vom Charakter einer rationalen Funktion existiert. Es ist jedoch leicht möglich, durch eine geringe Modifikation des dort angegebenen Verfahrens die etwa innerhalb C auftretenden Pole auf die Kurve C selbst zu verlegen. Ebenso leicht kann man übrigens, indem man den Begrifl" des Cauchy sehen Index heranzieht oder wie hier weiterhin im Text verfährt, feststellen, wann eine Funktion der Aufgabe genügt, die überall innerhalb und auf dem Rande von C den Charakter einer ganzen Funktion hat, und wie groß die Mannigfaltigkeit solcher Lösungen ist.

Kap. X. Eiemanns Probleme in der Funktionentheorie. 83

misclaeii Potentials bestimme man nun eine analytische Funktion F{s)^ die sich innerhalb der Kurve C wie eine ganze Funktion verhält und deren Imaginärteil die Randwerte (1) besitzt. Wird dann

G{s) = e^(^) = ü{xy) + i V{xif) gesetzt, während

die Randwerte dieser Funktion G{z) bezeichnen, so erkennen wir auf der Kurve C die Übereinstimmung der Imaginärteile von

KUis) + iV{s)) und l{a{s) + ib{s)), d. h. es ist auf der Kurve C

a{s)V(s)-h{s)Uis) = 0.

Endlich konstruieren wir eine analytische Funktion f*{s), die inner- halb C den Charakter einer ganzen Funktion hat und deren Realteil auf C die Randwerte

c{s) ü{s) e{s) Vis)

besitzt; dann ist

a{s){ü'{s) + VHs)) b{s)iUHs) + VHs))

eine analytische Funktion, die das vorgelegte Problem löst.

Die gefundene Funktion f{z) hat innerhalb C den Charakter einer ganzen Funktion; sie besitzt jedoch, wenn n negativ ausfällt, auf C im Punkte s = 0 einen Pol 2n ter Ordnunff.

Wir wenden uns nunmehr zu einer Aufgabe, welche als eine der einfachsten Aufgaben in der Theorie der Funktionen einer komplexen Ver- änderlichen im Sinne der Riemannschen Fragestellung angesehen werden kann: es ist dies die Aufgabe, eine außerhalb der geschlosseneu Kurve C regulär analytische Funktion /'„(^) und eine innerhalb C regulär analy- tische bzw. sich wie eine rationale Funktion verhaltende Funktion /,,(^) zu finden, so daß die Randwerte beider Funktionen auf der Kurve C selbst iji einem gegebenen komplexen Verhältnis stehen, d. h. daß

wird, wo in dem komplexen Ausdrucke

c{s) = a(s) -f ih(s) Real- und Imaginärteil (i(s), b(s) als zweimal stetig diflFerenzierbare Funktionen der Bogenlänge s ohne gemeinsame Xullstelle gegeben sind. Die Kurve C werde der Einfachheit halber analytisch vorausgesetzt. Um diese Aufgabe zu lösen, konstruieren wir zunächst eine Green- sche Funktion Gj(xij, |jj) von folgender Art: sie soll in bezug auf .rp innerhalb C überall der Gleichung

6*

34 Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

dx- c}i- genügen, ferner au der innerhalb C gelegenen Stelle 1?; logarithmisch unendlich werden derart, daß bei dem Ansätze

(2) G^{xy, U) = - log VW-^Y^i.y - nf' + ^{^y, U)

die Funktion A{xy, ^tj) regulär analytisch in cc, y, |, ?; ausfällt, und end- lich soll die in Richtung der inneren Normalen genommene Ableitung von GAxy, ^1]) auf C einen von s unabhängigen Wert x besitzen. Lassen wir den Punkt xy bzw. die Punkte xy und ^y] in die Randpunkte s bzw. 5 und 6 wandern, so mögen die betreffenden Werte der Greenschen Funktion mit

Gj(s, ^7y) bzw. Gj(s, 6) bezeichnet werden.

Wenn Uj{xy) irgendeine innerhalb G der Gleichung

d-uj d~uj ^ /.

genügende stetige Funktion, ^^^ ibre in Richtung der inneren Normalen

genommene Ableitung auf G und Uj{s) ihre Randwerte auf C bezeichnen, so liefert die Greensche Formel in bekannter Weise:

(3)

' «A^/) =

i

0

' '^ dn

+

0

s)ds,

WO l

die

Gesamtlänge

von C bedeutet. Für

«r

= 1 folg

t hieraus

X =

27r

" T'

Nunmehr sei Vj(xy) eine zu Uj(xy) konjugierte Poteutialfunktion, so daß , \ , / \

eine innerhalb G reguläre analytische Funktion der komplexen Variabein z

bedeutet. Bezeichnet v(s) deren Randwerte, so ist

cuj dvj{s)

dn ds

Mit Rücksicht hierauf entsteht aus der Gleichung (3), Aveun wir den Punkt i,!] in den Randpunkt 6 wandern lassen:

; i

0 0

oder bei Yertauschung von s, o:

i i

(4) n,(s) = + ,^J'öX^, s) ';^ da + ^j\ij{6)da.

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie. 85

Aus (2) entnehmen wir^)

Giipy s) = - 2 log ^ sin y (ff - s) + A*-{6, s), wo A*{ö, s) eine reguläre analytische Funktion von 6, s ist. Demnach wird (o) -- -- ^ = 2 y cotg y (s - ö) + -^/-^^ .

Unter Anwendung der Formel für die Produktintegration nimmt (4)

die Gestalt an:

i i

0 0

wo für das erste Integral rechter Hand sein Cauchyscher Hauptwert zu nehmen ist; derselbe existiei't gewiß stets dann, wenn vXe) eine stetig differenzierbare Funktion von 6 ist.

Die eben gefundene Formel (6; gilt, wenn Uj{s) -\- ivj(s) die Rand- werte auf C irgendeiner Funktion der komplexen Veränderlichen 2

fjiz) =Uj{x,y) + iv^{xy) sind, die innerhalb C den Charakter einer ganzen Funktion hat. Wenden wir diese Formel auf die Funktion ifjiß) an, so entsteht:

i i

0 0*

wo wieder für das erste Integral rechter Hand der Cauchysche Hauptwert zu nehmen ist.

Ist also der Realteil Uj(s) einer innerhalb C regulären Funktion auf C bekannt, so findet man die Randwerte des Imagiuärteiles v-(s) durch die Formel

0

wobei über die additive Konstante in Vj{s) alsdann derart verfügt ist, daß

Vj(6)d6 = 0

0

ausfällt. Ist andererseits der Imaginärteil Vj{s) einer innerhalb C regulären Funktion auf C bekannt, so findet man die Randwerte des Realteiles Uj{s) durch die Formel

1) Vgl. E. E. Levi, Nachr. der Kgl. Ges. der Wiss. zu Göttingen 1908, S. 249. In meiner ursprünglichen VeröflFentlichung war im folgenden irrtümlich der Faktor 2 weggeblieben.

ß

Kap. X. Riemanus Probleme iu der Funktionentheorie.

(7**) «,(.) = - .'J"'^^!^ v,{.)d<,,

0

wobei über die additive Konstante in w,(s) alsdann derart verfügt ist, daß

1 U^{6)d6 = 0 0

ausfallt.

Wir führen nunmebr, wenn W{s) irgendeinen komplexen Ausdruck auf C bedeutet, die Abkürzung ein:

i

0

Die Formeln (6) und (7) lassen sich dann in die folgende zusammen- fassen

Us)==M/, + {ff,{a)d6,

wobei

fjis) = Uj{s) + ivj{s)

gesetzt ist. Hiernach stellt also das Integral

wiederum wesentlich die Funktion fj{s) dar, diese nur um eine komplexe Konstante derart vermehrt, daß das über die Kurve C erstreckte Integral verschwindet. Man sieht auch zugleich, daß diese letztere Dar- stellung eine hinreichende Bedingung dafür ist, daß der kom- plexe Ausdruck

fj{s) = m/s) + ivj{s)

den Randwerten einer innerhalb C regulären Funktion der komplexen Veränderlichen gleich ist.

Endlich gilt die Tatsache, daß, wenn iv(s) einen willkürlichen kom- plexen Ausdruck auf ü bedeutet, der Ausdruck

w + Mjiv stets die Randwerte einer innerhalb C regulären Funktion der komplexen Variabein darstellt. Wir erkennen dies, indem wir für w(s) erst einen reellen und dann einen rein imaginären Ausdruck nehmen und jedesmal bzw. (7*), (7**) anwenden.

Nunmehr konstruieren wir eine Greensche Funktion G^{xy, 1?;) von folgender Art: sie soU in bezug auf x, ij außerhalb G überall der Gleichung

Kap. X. Riemanus Probleme in der Funktionentheorie. 87

genügen, ferner an der außerhalb C gelegenen Stelle |?; logarithmisch unendlich werden, derart daß bei dem Ansätze

Gai^y, U) = - log i Vix - ly +{y- rjY ! + B(xy, |^)

die F wnkt'ion B(xy, ^rj) regulär analytisch in x,y,l,ri ausfällt, und end- lich sollen die in Richtung der äußeren Normalen genommenen Ab- leitungen von G^{xy, ^r^) auf C einen von s unabhängigen Wert l besitzen. Lassen wir den Punkt xy bzw. die Punkte xy und i,r] in die Raudpunkte 5 bzw. s und 6 wandern, so mögen die betreuenden Werte der Greenschen Funktion mit

Ga(s, h) bzw. G^{s, ö) bezeichnet werden.

Wenn u^(xy) irgendeine außerhalb C der Gleichung *

genügende stetige (auch im Unendlichen endlich bleibende) Funktion,

-TT-^ ihre in Richtung der äußeren Normalen genommenen Ableitungen

du ° o o

auf C und Ua{s) ihre Randwerte auf C bezeichnen, so erhalten wir in

bekannter Weise

i i

(8) uj^^rj) = - -JgSs, bl) '^ ds + {Ju^{s)ds.

0 0

Nunmehr sei v^{xij) eine zu Uai^y) konjugierte Potentialfunktion, so daß

^a{^y) + ^v^ixy)

eine außerhalb G reguläre Funktion der komplexen Veränderlichen z be- deutet. Bezeichnet t\{s) die Randwerte von v^(xy), so ist

dn ds '

und mit Rücksicht hierauf folgt aus (8)

/ i

(9) u^{s) = - ^J^G^{6, s) %i^-) da + ^Ju^{a)d6.

0 0

Setzen wir

G^ {6, s) = - 2 log I ^ sin ^ - s) I -f ^ {6, s),

wo B*{6, s) eine stetig differenzierbare Funktion von a, s ist, so wird

(10) - -^-^— = 2 -^- cotg y (5 - (5) + - -^^— Die Formel (9) transformieren wir in die Gestalt

88 Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

/ I

(11) uM = 2^/^"'?!?" ''^^'^'^^ + ]ß'a(^)d^

0 u

und fügen dieser die entsprechende Formel für ?„(s) hinzu:

i i

0 0

In den beiden letzten Formeln sind für die er.sten Integrale rechter Hand die Cauchyschen Hauptvverte zu nehmen.

Wir führen nunmehr, wenn W{s) irgendeinen komplexen Ausdruck auf C bedeutet, die Abkürzung ein: ^

34 W = J- ß^^- W{6)da.

"■ 231,/ CG ^ ^

0

Die beiden Formeln (11) und (12) lassen sich dann in die folgende zu- sammenfassen

a^)--Mj^ + \Jfj6)d6,

wobei

gesetzt ist. Hiernach stellt also das Integral

ai a

wiederum wesentlich die Funktion fa{s) dar, diese nur um eine komplexe Konstante derart vermehrt, daß das über die Kurve C erstreckte Integral verschwindet. Man sieht auch zugleich, daß diese Darstellung eine hinreichende Bedingung dafür ist, daß der komplexe Ausdruck

den Randwerten einer außerhalb C regulären Funktion der komplexen Veränderlichen gleich ist.

Endlich erkennen wir noch, daß, wenn iv{s) einen wiUkürlicheu komplexen Ausdruck auf C bedeutet, der Ausdruck

w Jf, i.C

a

stets die Randwerte einer außerhalb C regulären Funktion der komplexen Veränderlichen darstellt.

Wegen (5) und (10) ist für jeden komplexen Ausdruck W identisch

i (13) BI^ W = 3Ij W -\-fn{6, s) W(6)d6,

0

wo D(6, s) eine regulär analytische Funktion der reellen Variabelu a, s mit rein imaginären Werten bedeutet.

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie. y9

Nuniuehr kehren wir zu unserer Aufgabe zurück, die Funktionen fa{z), f^{z) zu finden derart, daß ihre Randwerte auf C die Relation

(14) fa(s) - <s)t){s)

erfüllen. Wir setzen unter Fortlassung des Argumentes s

F = f 4- M f

^^^ ' F,=^-f,+ 3I/. + y,

wo y eine noch zu bestimmende Konstante Ijedeutet, und ferner

(16) c(6) = c(s) + c(ö, s) sin y (s ^),

wo c((j, s) eine komplexe Funktion bedeutet, die wegen der angenommenen zweimaligen stetigen Differenzierbarkeit von €(s) gewiß einmal stetig differenzierbar nach s, 6 wird.

Wenden wir nun auf (14) die Operation il/^ an, so entsteht mit Rücksicht auf (13) die Gleichung

Kfa = mcQ +jDiP, S)c{0)f,{6)d6, 0

und hieraus entnehmen wir wegen (16)

(17) MJ^ = c{s) M/, ^Je{6, S^f,{6)d6,

0

wo E{6, s) eine stetig differenzierbare Funktion von 6, s wird.

Multiplizieren wir die zweite der Gleichungen (15) mit c(s) und addieren sie zur ersten, so folgt mit Rücksicht auf (17) und (14)

i Fa - cF^ = /•, + c/-, +jE{0, s)f,{6)da - cy

(18) \

0

Da c(s) unserer Annahme zufolge nirgends verschwindet, so stellt

eine stetig differenzierbare Funktion von <?, s dar. Wir betrachten die Integralgleichung zweiter Art mit dem komplexen Kern K{^, s)

i

(20) \=^f)-JK{6,S)t)(6)d6',

0

auf dieselbe sind die Fredliolmschen Formeln in gleicher Weise anwend- bar, wie wenn der Kern eine reelle Funktion von a, s wäre, und wir schließen hieraus, daß diese Integralgleichung gewiß eine Lösung

90 Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

besitzen muß, und zwar entweder, indem wir die Konstaute y von Null verschieden setzen oder falls gerade 1 eine Wurzel der transzendenten zu jener Integralgleichung zweiter Art gehörigen Gleichung, d. h. ein Eigenwert für den Kern K{6, s) wird indem wir für die Konstante y den Wert Null setzen. Aus der Tatsache, daß der Kern der Integral- gleichung stetig differenzierbar ist, folgt , wie leicht zu erkennen ist daß gewiß auch die Lösung der Integralgleichung d. h. die Funktionen w(s), Vj(s) stetig differenzierbare Funktionen sind.

Nunmehr bilden wir aus /^(s) nach (14) den Ausdruck fjs) und alsdann nach (15) die Ausdrücke FJs), Fj{s). Ergeben sich diese beiden Ausdrücke F^{s), Fj(s) identisch gleich Null, so zeigen die vorhin ge- fundenen Resultate (vgl. S. 86 und S. 88), daß die Ausdrücke f^ bzw. /^ die Randwerte einer außerhalb bzw. innerhalb C regulären Funktion der komplexen Veränderlichen darstellen; unsere Aufgabe ist mithin in diesem Falle gelöst.

Ergeben sich nicht beide Ausdrücke F^{s), Fj{s) identisch gleich Null, so betrachten wir die zu fj bzw. f^^ konjugiert komplexen Aus- drücke fj bzw. f\. Nach den oben gefundenen Resultaten (vgl. S. 86 und S. 88) stellen für beliebige tv die Ausdrücke

tv -f Mjtf bzw. iv M^^iv

stets Randwerte gewisser innerhalb bzw. außerhalb C regulär analytischer Funktionen dar. Nehmen wir für iv die komplexen Ausdrücke fj bzw. f^, so erkennen wir hieraus, daß gewiß die zu Fj bzw. F^^^ konjugiert kom- plexen Ausdrücke F, bzw. F^ Randwerte gewisser innerhalb bzw. außer- halb C regulär analytischer Funktionen gj{z) bzw. g^{2) sind. Da anderer- seits unter Vermittlung von (19), (20) aus (18)

F^-cF, = 0,

d. h. wenn c den zu c konjugiert komplexen Ausdruck bedeutet,

F. = cF,

folgt, sind gj{3), Hai/) analytische Funktionen der komplexen Variabein, die die Bedingungen unserer Aufgabe erfüllen, wenn wir in der für den Rand vorgeschriebenen Relation an Stelle von c{s) den konjugiert imagi- nären Ausdrucjü c{s) setzen, d. h. unsere Aufgabe ist alsdann bei dieser Modifikation lösbar.

Zusammenfassend sprechen wir das Resultat aus: Satz 27. Wenn c{s) ein gegebener Iwmplexer Ausdruck auf der Kurve C ist, so gibt es entweder ein Paar von Funkfionrn f/ß), fai^), von

Kap. X. Kiemanns Probleme in der Funktionentheorie. 91

denen die erste innerhalb, die ziveite außerhalb der Kurve C regulär analytisch ist, deren Randiverte auf C stetig sind und die Relation

fa(s) = C{s)fj{s)

er fidlen, oder ein Funktionenpaar g^{z), gjß) von demselben Charakter, deren Randiverte auf C stetig sind und die Relation

9a{s) = c{s)gj{s) erfüllen.

Um zu entscheiden, welcher von beiden FäRen eintritt, bedenken wir daß die Änderung, die log/^(s) bzw. log fj(s), beim positiven Umlauf entlang der Kurve C erfährt, gleich 2i7tn_^ bzw. 2ixnj ist, wo n^, n^ die Anzahl der Nullstellen der Funktionen f^{z) bzw. f^iz) bezeichnen. Dem- nach ist 2i:t(ji^ + n^) gleich der Änderung, die

log^«|==logc(s)

beim Umlauf im positiven Sinne erfährt, und es wird demnach der erste Fall eintreten, wenn die Änderung von log c(s) beim Umlauf im positiven Sinne entlang C negativ ausfällt, dagegen tritt der zweite Fall ein, wenn jene Änderung positiv ausfällt.

Ist insbesondere jene Änderung von log c{s) gleich Null, so existiert sowohl ein Paar außerhalb bzw. innerhalb C holomorpher Funktionen fa{^\fj(/), die die Relation

(21) /;(s) = c{s)f.{s)

erfüllen, als auch ein Funktionenpaar ^^(.e), (5r^(^) von diesem Charakter

mit der Relation

(22) g^s) = c(s)ör,(s).

Um dies einzusehen, bedenken wir, daß nach dem vorhin bewiesenen Satze jedenfalls ein Funktionenpaar FJ^z), F^{ß) existieren muß, das die Relation

F^s) = c{s)c{s)F,{s)

erfüllt, da ja c{s]c{s) mit dem konjugierten Ausdrucke übereinstimmt. Ist nun etwa die Gleichung (21) lösbar, so ist wegen unserer Annahme über c{s) notwendig die Anzahl n^-{- nj = 0, d. h. fa{ß),fj{^) besitzen keine Nullstellen, und folglich sind

ebenfalls regulär analytische Funktionen; dieselben befriedigen die Relation {22).

Die Funktionenpaare jf^(^),/'^.(^) und gai^), gj(ß) sind, wie man über- dies sofort sieht, im eben betrachteten besonderen Falle bis auf je einen konstanten Faktor eindeutig bestimmt.

92 Kap. X. Riemauns Probleme in der Funktionentheorie.

Die gleiche Überlegung dient zum Nachweise, daß es stets bei be- liebig gegebenem c(s) ein Paar von Funktionen fai^),fji^) giht, von denen die erste außerhalb C, die zweite innerhalb C den Charakter einer ratio- nalen Funktion hat, während auf C die Relation

erfüllt ist.

Wenn ^(s) = log c{s) eine eindeutige Funktion von s wird, so ge- hingen wir durch Logarithmierung zu der Aufgabe, ein Paar von Funk- tionen f„(2), fj(^) zu finden, von denen die erstere außerhalb C, die letztere innerhalb C regulär analytisch ist und für die die Differenz ihrer Randwerte auf C einem gegebenen komplexen Ausdrucke y{s) gleich wird. Wie wir sehen, hat diese Aufgabe stets eine Lösung. Im Falle die Kurve C ein Kreis ist, läßt sich die Lösung auch durch die Entwicklung von y(s) in eine trigonometrische Reihe ableiten.

Es bedarf endlich noch der Umstand einer näheren Untersuchung, daß die Funktion c(s) an einer endlichen Anzahl von Stelleu eine Unter- brechung ihrer Stetigkeit aufweist.

Wir fassen zunächst einen Punkt der Kurve C ins Auge; derselbe sei der Koordinatenanfang und zugleich der Anfangspunkt für die Ab- messung der Bogenlänge s. Da die Kurve C keine Ecke besitzt, so er- halten wir die Punkte auf C in der Umgebung des Koordinatenanfangs für genügend kleine positive oder negative Werte von s durch die Formel

(23) ^(s) = C,s + C,s'- + C353 + . . .

dargestellt, wo rechter Hand eine Potenzreihe steht, deren erster Koeffi- zient C^ von Null verschieden ausfällt.

Alsdann handelt es sich zunächst darum, irgendeine innerhalb C nirgends verschwindende, regulär analytische Funktion f*{ß) und irgend- eine außerhalb C nirgends verschwindende, regulär analytische Funktion f^{z) zu bestimmen, so daß der Quotient der Randwerte dieser beiden Hilfsfunktionen auf C

in der Umgebung von ^ = 0 den folgenden Bedingungen genügt: £i(s) soll für genügend kleine positive s durch eine nach Potenzen von s fort- schreitende Reihe D^fs) und für genügend kleine negative s durch eine andere nach Potenzen von s fortschreitende Reihe 0_(s) darstellbar sein derart, daß der Quotient dieser beiden Potenzreihen die Kongruenz

(24) ^^^^qo + QiS^q,sMs')

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie. 93

erfüllt; dabei sind q^, q^, q^ gegebene komplexe Konstante, q^^^O, und diese Kongrueuz bedeutet, daß

eine durch s^ teilbare Poteuzreihe werden soll.

Um die Bestimmung solcher Funktionen //'f-^), /"„*(^) zu ermöglichen betrachten wir die Funktion

cpj[z) = log(0)

innerhalb der Kurve C; die Werte derselben in der Umgebung von z = 0 auf C stellen sich, wie folgt, dar:

<Pj{s) = - i7t + l(s) + J, + J,s + JoS^ + •, (s > 0),

wo l{s), l{— s) die reellen Logarithmen und J^, J^, J^^ ... gewisse komplexe Koeffizienten bedeuten. Ferner betrachten wir außerhalb der Kurve C die Funktion

'P„(^) = log(^--^-^),

wo Pj einen innerhalb C gelegenen Punkt bedeutet; die Werte dieser Funktion in der Umgebung von s = 0 auf C stellen sich, wie folgt, dar:

9'«(s) = i^ + Ks) + A + As + Ä,s' + . . .^ (s > 0), = Z(- 5) + A + As + As' + •, (s < 0),

wo l{s), l{— s) wiederum die reellen Logarithmen und J^, Ä^, Ä^, ... gewisse komplexe Koeffizienten bedeuten.

Nunmehr bestimmen wir die ganze rationale Funktion K^^(2) vom zweiten Grade in der komplexen Veränderlichen .* derart, daß vermöge (23)

(25) -|f^|i - „i, li% + ?,,. + i,s% (s")

wird, und ferner die ganze rationale Funktion Kj{2) zweiten Grades in der komplexen Veränderlichen ^ derart, daß vermöge (23)

(26) K^i^is)) ^ ^ l{q, + q,s + q.s'), (s^)

wird.

Setzen wir nunmehr

SO erfüllen diese Funktionen der komplexen Veränderlichen 2 alle ver- langten Bedingungen. In der Tat haben wir auf C in der Umgebung von 0 = 0

94 Kap. X. Hiemanns Probleme in der Funktionentheorie.

fais) - 9P>(*0 = 2/;r + (A- «^o) + (-^i - Jx)s + {A.^-J.^s''+ (s>0) (A- Jo) 4- (A -Ji)s + (A -J^)s'+... (s<0); folglich gilt mit Rücksiclit auf (25) und (26) auch die Kongruenz (24).

Die gefundenen Funktionen fj^'{s)jf^'{^) sind, wie man sieht, auch auf der Kurve C, vom Punkte s = 0 abgesehen, regulär analytisch.

Es sei nun in dem vorgelegten, oben behandelten Problem c{s) ein komplexer Ausdruck, der an einer Stelle, etwa für s = 0, eine Unter- brechung seiner Stetigkeit bzw. stetigen Differenzierbarkeit erleidet derart, daß die Darstellung der Werte von c{s) in der Umgebung von s = 0 durch zwei voneinander verschiedene Potenzreihen ^^.(s) und ^_(s) be- wirkt wird, je nachdem s > 0 oder s < 0 ist. Alsdann bestimmen wir drei Konstante q^, q^, r/, aus der Kongruenz

(27) ^io+?i^ + ^As2^|i|j

und bilden dann in der eben angegebenen Weise zu diesen Konstanten loy Q.ii Q.2 d^® analytischen Funktionen f*{z), fj^'{z), so daß deren Rand- wertquotient 0(s) die Kongruenz (24) erfüllt und folglich mit Rücksicht auf (27) auch

C_(s) - H5-(«) oder.

wird. Setzen wir

so lehrt (28), daß C{s) auch für s = 0 zweimal stetig differenzierbar wird; mithin ist nach dem Früheren das Problem, eine innerhalb und eine außerhalb der Kurve C reguläre Funktion F^^{z) bzw. F^{z) mit der Randbedingung

F,Xs) = C{s)F,{s) zu finden, lösbar; wegen

e(.) = D(:s)/;*(s)

erfüllen die P^unktionen

die Randbedingung

und lösen daher unser vorgelegtes Problem.

Die Aufgabe, die wir nunmehr in Angriff nehmen, besteht darin, zwei außerhalb der geschlossenen Kurve C regulär analytische Funktionen /„(^), fä{^) lind zwei innerhalb C regulär analytische bzw. sich wie

Kap. X. Eiemanns Probleme in der Funktionentheorie.

95

(29)

rationale Funktionen verhaltende Funktionen fj{z), fji/) zu finden, so daß die Randwerte dieser beiden Fuuktionenpaare auf der Kurve C selbst eine gegebene lineare Transformation mit komplexen Koeffizienten erfahren, d. h. daß

fa{s)=-C,{s)f,{s)+C,{s)f;{s\

f:(.s) = c,'{s)f,{s)-{-c,\s)f;{s)

wird, wo c^{s), €2(8), Cj^{s), c./(s) gegebene komplexe, zweimal stetig differenzierbare Ausdrücke in s sind, deren Determinante

c,(s)c.;is)--C2(s)c,'{s) für alle *" von Null verschieden blei))t. Die Kurve C werde der Einfach- heit halber wiederum analytisch vorausgesetzt.

Zur Lösung der Aufgabe setzen wir, indem wir der Kürze halber das Argument *• fortlassen:

wo y eine noch zu bestimmende Konstante bedeutet, und ferner

( Tt

(30)

(31)

c^{p) = c^is) + c^X(5, s) sin y (s (?), c/((?) = c/(s) + Ci'((?, s) sin y (s - (?),

wo nun die Funktionen c^((j, s), Cg ((?,.<>), c^'{(3,s), c.2\(}, s) gewiß für alle Argumente <3, s einmal stetig differenzierbar nach diesen Argumenten sind. Wenden war auf (29), indem wir uns die Randwerte fa,fa,fpfj als stetig differenzierbare Funktionen von s denken, die Operation J/^ an, so entsteht mit Rücksicht auf (13) und (31)

(32)

0

l

wo E^{6,s),E^{<5,s),E{{(3,s),E.y'{a,s) stetig differenzierbare Funktionen von (?, s sind und das Argument s wiederum der Kürze halber weg- gelassen worden ist.

Multiplizieren wir die in der unteren Zeile von (30) stehenden zwei Gleichungen einmal mit Cj, Cg und ein anderes Mal mit —c^, c^' und addieren sie das erste Mal zu der ersten und das zweite Mal zu der

96

Kap. X, Kiemanns Probleme in der Funktionentheorie.

m

zweiten der darüber stehenden Gleichungen, so ergibt sich mit Rücksicht auf (32)

K - <^xF-c,F;==t\ + cj^ + c,f; +f(E,{ö,s)fj{ö) + E,{6,s)f;ip))ä6-c,y,

f:-c,'f.- c:f;= /•;+ c;t) + c:f;+fiE,'{ö, sf^io + e,\6, s)f;{6))d6-c,'r,

0

und mit Hilfe von (29)

K - c,Fj - c,F; = 2{cJ) + c,f;) +f(E, 6, s)f,{6, + E,'6, s)f;iö))d6-c, y,

b

F^-c;F^-C^F;=2{c,'f,+ C.y;)+J{E^{6,S)f^{6)+E^{6)f;{6,S))d6-C,'y.

Setzen wir die rechten Seiten dieser beiden letzten Formeln gleich Null, so erhalten wir durch Kombination der so entstehenden Gleichungen da ja die Determinante c^c^ CoC/ unserer Annahme zufolge für keinen Wert von s verschwindet Gleichungen von der Form

(34)

0

/

wo K^iöjS), K^{6,s), K^(6,s), K.^{a^s) ebenfalls stetig differenzierbare Funktionen von 6, s sind. Diese Gleichungen lassen sich in eine einzige Integralgleichung zweiter Art

2/

(35) y{s) = cp{s) -JK{6, S)cp{ö)d6

6

zusammenfassen, indem wir die Funktionen y(s), (p{s), K(6, s), wie folgt definieren:

= 0, l<s£2l-

^^{s) = f\(s), 0£s£l

= f;(s-i), l<s£2l-

0<s<l

n

Kap. X. Riemanus Probleme in der Funktionentheorie. 97

Die Anwendung der Fredholmsclien Formeln zeigt, daß die Integral- gleichung (35) stets eine Lösung gp(s) besitzen muß, und zwar entweder, indem wir der Konstanten y irgendeinen von Null verschiedenen Wert erteilen oder falls gerade 1 ein Eigenwert für den Kern -E^((?, s) wird indem wir für die Konstante y den Wert Null wählen, wodurch die Integralgleichung zu einer homogenen wird. Diese Lösung <f{s) liefert die Lösungen /],(s), f'jis) der Gleichungen (34), und die so gewonnenen Funktionen fj{s\ f'jis) sind gewiß ebenfalls stetig differenzierbar wie aus der stetigen Differenzierbarkeit der Funktionen K-^^ß^s), K^{6,s), K^{(5, s), K^'ip, s) sofort zu erkennen ist, indem man allgemein zeigt, daß Integrale von der Gestalt

fK*(ö, s)q){a)d6

0

gewiß notwendig stetig differenzierbare Funktionen von s darstellen, so- bald q){(3) stetig in ö und K*(0, s) stetig differenzierbar in bezug auf beide Variable 6, s ist.

Nunmehr bilden wir aus fj(s), f/{s) nach (29) die Ausdi'ücke /'^(s), fJis) und alsdann nach (30) die Ausdrücke F^(s), F^'(s), Fj{s), Fj'(s). Ergeben sich diese vier Ausdrücke F^(s), FJ{s), Fj(s), Fj(s) sämtlich identisch gleich Null, so zeigen unsere obigen Resultate (vgl. S. 86 und S. 88), daß die Ausdrücke f^, fj und fj, fj die Randwerte außerhalb bzw. innerhalb C regulärer analytischer Funktionen der komplexen Veränderlichen darstellen; unsere Aufgabe ist mithin in diesem Falle gelöst.

Ergeben sich nicht alle vier Ausdrücke F^^{s), FJ(s), Fj(s), Fj(s) identisch gleich Null, so betrachten wir die zu f^, f- und f^, f^ konjugiert komplexen Ausdrücke f j, f '. bzw. f^, f ^. Nach den oben gefundenen Resultaten (vgl. S. 86 und S. 88) stellen für beliebige iv die Ausdrücke

■W -f- M^V bzw. IV ^a'^v

stets Randwerte gewisser innerhalb bzw. außerhalb G regulärer analytischer Funktionen dar. Nehmen wir für iv die komplexen Ausdrücke f ^y f '■ bzw. f a') f ai '^^ erkennen wir hieraus, daß gewiß die zu jP^-, F- bzw. F^, F^ konjugiert komplexen Ausdrücke F j, F ■, F^, Fj Randwerte gewisser innerhalb bzw. außerhalb C regulärer analytischer Funktionen ^y(^), 9j'{^) bzw. g^{z), (läiz) sind. Da andererseits unter Vermittlung von (32), (34) aus (33) offenbar

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 7

98 Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

folgt und mithin, wenn Cj, c«, c/, r.,' die zu q, c^, c^', c^' konjugiert komplexen Ausdrücke bedeuten, auch

f, = c,Fj + c,f;, f:=c,'f;+c,'f;

wird, so sind offenbar g/z), ()-{z), f/„(^), oäi^) analytische und auf C gewiß stetige Funktionen der komplexen Variabein z, die die Bedingungen unserer Aufgabe erfüllen, wenn wir in den für den Rand vorgeschriebenen linearen Relationen an Stelle der Koeffizienten c^, Cg, q', c^ die konjugiert komplexen Ausdrücke c,, c^, c/, Cg' setzen, d. h. unsere Aufgabe ist als- dann bei dieser Modifikation gewiß lösbar.

Zusammenfassend sprechen wir das Resultat aus:

Satz 28. Wenn Cj, c^, c^', c^ gegebene Lomplexe ziveimal stetig differen- zierhnre Ausdrücke auf der Kurve C sind, so gibt es entweder zwei Funlc- tionenpaare fj(z), f/{^) und fa(/), fa{^)j ^'^^ denen die ersteren innerhalb, die letzteren außerhalb der Kurve C regulär analytisch sind, deren Rand- werte auf G stetig sind und die Relationen

fä=Cifj+C,'f;

erfüllen, oder zwei Funldionenpaare ebenfalls von regulärem Charakter inner- halb bzw. außerhalb C: gj{z), g/i^) und gjz), g,^{z), deren Randwerte auf C stetig sind und die Relationen

üa = Ci gj + H 9j',

erfüllen, ivo c^, c^', c^', c^ die zu den gegebenen Ausdrücken q, Cg, c/, c^ bzw. konjugiert komplexen Ausdrücke bedeuten.

Wir fügen diesem Resultate noch folgende Bemerkungen hinzu.

Es seien f^{z), f^^iz), fji/), f-{z) außerhalb bzw. innerhalb von C stetig differenzierbare Funktionen, deren Randwerte auf C stetig differen- zierbare Funktionen von s seien und den Betlingungen (29) genügen mögen: dann gelten, wie vorhin gezeigt, für die Randwerte f^^, f^, fj, fj die Gleichungen (32). Ferner ist unseren früheren Ausführungen (vgl. S. 86

bis S. 88) zufolge

i i

fa + Mj, - \ffMda = 0, f: -f Mj:-\Jf:(ö)d6 = o,

ü 0

l l

fj- ^'>f>- lfm''« = 0. /;- w; - ^ffH'^y« = o-

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie. 99

Multiplizieren wir hier die in der unteren Zeile stehenden zwei Glei- chungen einmal mit Cj, Cg und ein anderes Mal mit q', c^ und addieren sie das erste Mal zu der ersten und das zweite Mal zu der zweiten der darüber stehenden Gleichungen, so gelangen wir mit Rücksicht auf (32) und bei Benutzung von (29) zu Gleichungen der Gestalt

i 2(ci/- + c^fl) +J\G,{6,S)fj{^) + G,{6,s)f;{6))d6 = 0,

0

l

K<fj + <-\f;) +f{GiiG,s)f^i&) + G,'(6,s)f;(6))d6 = 0:

0

und durch deren Kombination entstehen die Integralcrleichungen:

(36)

fj -J\L,{6,s)f){ö) + mö,s)fj\a))da = 0,

/•; -J{L,'{ö,S)fj{6) + L^{a,S)f;{6))d6 = 0;

dabei sind G^{a,s), G2{ö,s), Gi{o,s) G^{6jS) und mithin auch L^{6,s)j L^iö^s), L^i6,s), L.2{6,s) stetig differenzierbare Funktionen von 6,s. Die Integralgleichungen (36) lassen sich wieder in analoger Weise wie früher die Integralgleichungen (34) in eine homogene Integralgleichung zweiter Art zusammenfassen, wenn wir wie dort an Stelle der Funktionen /^, f- eine Funktion cp(ß) einführen. Da aber eine Integralgleichung zweiter Art gewiß nur eine endliche Anzahl linear von einander unab- hänfficrer Lösungen besitzt, so folgt, daß es auch nur eine endliche Anzahl von Funktionenpaaren /"_,, f- und zugehörigen f^, f^ von der in Rede stehenden Beschaffenheit geben kann.

Setzen wir von den Randwerten f^, f^, f- f' der analytischen Funk- tionen f^{z), f^{/), fj{^), fj{^) nicht die stetige Differenzierbarkeit, sondern nur Stetigkeit in s voraus, so können wir diese Randwerte f^, f^, f., f^ doch stets durch gewisse Ausdrücke f^''\ /^'('"^ fl^''\ f-^''^ in s gleichmäßig annähern, welche die Randwerte von analytischen außerhalb und auf G bzw. innerhalb und auf C regulären Funktionen in z sind und welche daher in s analytisch ausfallen.

Um dies etwa für die Randwerte fjj f- einzusehen, seien Z=^{z) oder z = (f{Z)

die analytischen Beziehungen zwischen den komplexen Veränderlichen z, Z, vermöge derer das Innere der Kurve C in der komplexen ^-Ebene auf das Innere des Einheitskreises in der komplexen Z-Ebene konform abgebildet wird. Alsdann stellen für r < 1 die Ausdrücke

/;.(9P(r0(^r))), f:((p{r0(M)

7*

] 00 Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

innerhalb und auf C regulär analytische Funktionen von z dar, deren Randwerte auf C

W = fj{(Pir^is))) , /"/e-) = f;(cp(r 0{s))) beim Grenzübergange zu r = 1 gleichmäßig gegen die Randwerte fj, fj konvergieren.

Entsprechend gelangen wir für die Randwerte f^, f^ zu gleichmäßig annähernden Randwerten fJ;-''\ fj^''^ von der gewünschten Art.

Bestimmen wir nun vier Funktionen c/'"), Cg^''^ c/^'"^ Cg'^'"^ auf C, die noch von dem Parameter r abhängen und für r = 1 bzw. iu c^, r-^, c^', c^' übergehen, während für alle r die Relationen

gelten, so müssen unserer obigen Überlegung zufolge die Werte f^^''\ fj^'''> gewisse entsprechende Integralgleichungen von der Gestalt (36) erfüllen, die für >• = 1 in die Integralgleichungen (o6) übergehen. Hieraus er- kennen wir, daß die Funktionen /'., fj die Integralgleichungen (36) be- friedigen, und erschließen so ihre stetige Differenzierbarkeit.

Wir fassen diese Bemerkungen in folgendem Satze zusammen:

Satz 29. Wenn t\{z), fäi/), fji/)} f/i^) außerJtalb hzw. innerlialh C regulär analytische Funktionen von z und ihre Randwerte auf C stetige, den Relationen (29) genügende Funktionen von s sind, so sind diese Rand- werte auf C notwendig auc1h stetig differenzierhare Funktionen von s.

Es gibt gar keine oder nur eine endliche Anzahl linear voneinander unabhängiger Systeme von Funktionen fa(z), f^'i^), fj{^), fjiß)j ^^^^ außer- halb bziv. innerhalb C regulär analytisch sind und auf G stetige, den Re- lationen (29) genügende Randwerte besitzen.

Wir wenden uns nun zu der Frage, ob es stets Funktionen f^i^), fa(.^)f fji.^)} fji^) ^^^ stetigen und den Relationen (29) genügenden Rand- werten auf C gibt, wenn wir von fg(z), fj{z) wiederum regulär analyti- schen Charakter außerhalb C, dagegen von den Funktionen fXz), f-{z) nur verlangen, daß sie innerhalb C den Charakter rationaler Funktionen besitzen.

Um diese Frage zu beantworten, fassen wir diejenigen Systeme von Funktionen gjz), gä(/), 9j{^)j 9j(/) ^^^ -^^ge, die außerhalb bzw. inner- halb C regulär analytischen Charakter besitzen, deren Randwerte auf C stetig sind und den Relationen

9a = c^g. + c^g'

^9a -Cl9j+C29j

genügen, wo c^, Cg, c/, Cg' die zu den gegebenen Ausdrücken bzw. Cy, Hl ^i> ^i konjugiert imaginären Ausdrücke bedeuten. Nach dem eben

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie. 101

bewiesenen Satze gibt es nur eine endliche Anzahl linear unabhängiger P'unktionensysteme solcher Art, und deswegen fällt es uns leicht, wenn 3=p. einen irgendwie gegebenen Punkt innerhalb 0 bedeutet, eixie ganze positive Zahl n zu finden, so daß gewiß kein Funktionensystem g^i/)} 9 '(^)> 9{^)} 9- {^) ^^^ ^^ Rede stehenden Art existiert, wobei die Funk- tionen g{/), g'i/) ioi Punkte ^ = Pj von der wten Ordnung Null sind. Bezeichnen wir nun die Randwerte der Funktion (2 p^)" auf C mit ö, so gibt es sicherlich kein System von Funktionen g*{2), g^'*(z\ g*{3), g'*{^), <lie außerhalb bzw. innerhalb C regulär analytisch sind und stetige, den Relationen

gj^- = c^ß)gf-^c^&gj*,

^./* = c^'iogf" + c^'äg

'*

genügende Randwerte auf C besitzen; denn andernfalls wären

9a(^) = 9a*i^) ; 9a'i^) = 9a"^{^)

g.{z) = {z-p;)-gf^{ß), g/iz) = (z-p;)-g;%z)

regulär analytische Funktionen, deren Randwerte den Relationen (37) ge- nügen und von denen gj{z), gji^) im Punkte z = Pj eine Nullstelle nter Ordnung besitzen, was nicht der Fall sein sollte.

Auf Grund der eben festgestellten Tatsache schließen wir wegen Satz 28, daß es gewiß ein System von Funktionen f,^^'{z), fä*{^)j tT^)' f'*{z) geben muß, die außerhalb bzw. innerhalb C sich regulär analytisch verhalten und stetige, den Relationen

genügende Randwerte auf C besitzen, wobei den zu ö konjugiert kom- plexen Ausdruck auf C bedeutet.

Nunmehr bestimmen wir was unseren Ausführungen auf S. 91 zufolge möglich ist eine außerhalb G und eine innerhalb C regulär analytische Funktion t„(^) bzw. tj{^), deren Randwerte auf C stetig sind und der Relation

genügen.

F'unktionen der verlangten Art mit stetigen und den Relationen (29) ge- nügenden Randwerten auf C.

ta =

WM

Dann sind

offenbar

a^) =

^aC^)/"/

i^l

fa'i^) =

= u^)f:

%0)

m =

{^-P.i)"

f*(^),

/•;(^) =

(^-Pjr

fr{^)

102 Kap. X. Eiemanns Probleme in der Funktionentheorie.

Wir sprechen daher den Satz aus:

Satz 30: Es gibt stets Funldionen fj^z), fäiß)^ fji^)} fj'i^) der kojn- plexen Variahein z, die auf der Kurve C stetige, den Belationen (29) ge- nügende liandiccrte besitzen und die außerhalb bzw. innerhalb C von regulär analytischem Charalier sind mit etwaiger Ausnahme einer Stelle inner- halb C, die für eine der Funktionen fj(z), fj{z) oder für beide ein Pol ist.

Zum Schhiß mache ich von dem eben bewiesenen Satze eine An- wendung auf den Beweis für die Existenz linearer Differentialgleichungen mit vorgeschriebener Monodromiegruppe, d. h. auf die Lösung des beson- deren der Theorie der linearen Differentialgleichungen entsprungenen Rie- mannschen Problems^). Zu dem Zwecke verbinde ich die gegebenen singulären Punkte z^^\ z^^\ . . . z^"*^ der linearen Differentialgleichung in der komplexen ^'- Ebene in dieser Folge zyklisch mittels einer geschlossenen analytischen Kurve C: es kommt dann darauf an wir haben der Ein- fachheit halber den Fall einer linearen Differentialgleichung zweiter Ord- nung im Sinn^) , ein Paar von Funktionen f(z), f'{z) zu konstruieren, die sich überall in der Ebene, insbesondere auch auf dem zwischen z'^'"^ und ^W = ^^('"■'"1) verlaufenden Stücke der Kurve C wie rationale Funktio- nen der komplexen Veränderlichen z verhalten und nur in den zwischen ^(^) und z^^\ z^^^ und z^^\ . . . , ^r('"~^) und ^('"^ verlaufenden Kurvenstückeu ein singuläres Verhalten zeigen, insofern ihre Werte auf der äußeren Seite dieser Kurvenstücke aus defi Werten auf der inneren Seite durch lineare homogene Kombinationen mit oregebenen konstanten Koeffizienten abzuleiten sind. Bezeichnen wir die Funktionen f{z), f'iz) innerhalb bzw. außerhalb C mit fjiz), fj{^) ^^^iw. f„{^), f„'{z) und bedenken, daß die für das Kurvenstück zwischen z'-"''> und z'-^'' geltende Forderung

1) Diesen Gedanken zur Lösung des besonderen lliemannschen Problems bat der Verfasser bereits in Vorlesungen über Integralgleichungen (Wintersemester 1901/02) entwickelt; 0. Kellogg hat ihn dann in einer Note („Unstetigkeiten bei den linearen Integralgleichungen mit Anwendung auf ein Problem von Riemann", Math. Ann. Bd. tJO) auszuführen gesucht. Kürzlich hat L. Schlesinger (,.Zur Theorie der linearen DiflFerentialgleichungen im Anschlüsse an das Riemannsche Problem", Journ. für Math., Bd. 130 und Math. Ann., 63) die Kontinuitätsmethode zum Beweise für die Lösbarkeit des besonderen Riemannschen Problems heranzuziehen gesucht. Man vgl. ferner die Abhandlung von Plemelj „Riemannsche Funktionenscharen mit gegebener Monodro- miegruppe", Monatshefte für Math, und Phys. XIX., wo eine vereinfachte Darstellung meiner Lösung des speziellen Riemannschen Problems gegeben wird.

2) Für den Kenner der Determinanteutheorie gilt dann die Schlußweise zugleich für den Fall einer linearen Differentialgleichung j(ter Ordnung.

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie. 103

Ja ^^ ij ' f ' = f der identischen Substitution gleich kommt, so gelangen wir zu der fol- genden Aufgabe:

Man soll außerhalb der Kurve C die Funktionen f^{z), f^{z) und innerhalb C die Funktionen fj{z), f-{z) vom Charakter rationaler Funk- tionen derart bestimmen, daß die Randwerte f^^, fj, fj, fj dieser Funktio- nen auf C überall stetig sind und bzw. für die Kurvenstücke

zwischen z^''^ und .^(^^^^ (A = 1, 2, . . . , m) die Relationen

erfüllen, wobei

y/^\ J.,(^), y/("), y^^") (h = 1, 2, . . . , m)

ö-esrebene Konstanten mit nicht verschwindender Determinante sind. Der doppelten Schreibweise des Punktes

entsprechend werde noch

gesetzt.

Zur Lösung dieser Aufgabe setzen wir zunächst

wo Z"^^*, Z"^'* Hilfsausdrücke in s sind, berechnen hieraus die Werte von f., f und führen dieselben rechter Hand in (38) ein. Die so aus (38) und (39) entstehende Substitution

f,: = r^^'^fa^ + r/(^)/-;*

schreiben wir nun in der Form

indem wir der Kürze halber annehmen, daß die Elementarteiler der zu jener Substitution gehörigen charakteristischen Determinante demgemäß ausfallen. Bei Gebrauch von (39) werde identisch:

104

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

dabei bedeuten die Größen T, F' bzw. M, M' bzw. iV, Is' Konstante jede.smal mit nicbt verschwindender Determinante und u, u von Null verschiedene Konstante.

Nunmehr konstruieren wir in ähnlicher Weise, wie dies oben (vergl. S. 92) geschehen ist, innerhalb bzw. außerhalb von C regulär analytische Hilfsfunktionen, deren Raudwertquotienten auf C in den Punkten z^'''> ge- wisse Uustetigkeiten aufweisen.

Zunächst bilden wir die innerhalb bzw. außerhalb G regulär analy- tischen Funktionen

cp/'K^) = l{z - ^(")) bzw. 9>,/")(,) = l (? T^) ,

wo p wiederum irgendeinen, innerhalb C gelegenen Punkt bedeutet. Setzen wir dann

WO für Z/i-C'), Ifi'^''^ diejenigen Werte des Logarithmus zu nehmen sind, für die unter 91 (fC')), %l(a^''^) Realteil von e^''\ e'^''^ verstanden

0<9i (£(''))<!, 0<^(£'W)^1

ausfällt, und bilden die Funktionen:

so sind die Funktionen i'J''\s), ta'^''K^) außerhalb C, die Funktionen 'tl}S''\z), ^y'^z) innerhalb C und sämtliche Fimktioneu überdies auch auf C regulär analytisch mit Ausnahme jedesmal des Punktes s = z^''\ Ferner bestimmen wir die ganzen rationalen Funktionen von z

A^''){z), Ä^'-\z), J(''\z), J'^''\z), (/i = 1, 2, . . . , m)

in der Weise, daß sie folgende Kongruenzen erfüllen:

A^''){z) = \, {z-z^^^Y'

^W(^) = 0, (z-z^'^^Y

Ä^''){z)^l, {z-z^'''^f

A'^''){z) = 0 , {z- z^'^y fh, /.• = 1, 2, . . . , m

Ji''){z) = l, (z-zC'^y' \ h^k

J-('')(^) = 0, {z-z^'^f

J'i>'){z)^l, (z-z^'^y

j'W{z) = o, {z-z^'^y,

(42)

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie, und setzen dann der Kürze halber

105

(43)

J/2'(^) = ^W(5)lf/W +

isr^(^) = ,7(i)(^)iVjW +

t^,(^)=J-(i)(^)^/)(^) +

+ ^("')(^)^^W(^),

Endlich denken wir uns nötigenfalls die Kurve C ein wenig variiert derart, daß auf der variierten Kurve die wiederum analytisch sei, die Punkte 0^^^, . . . , ^("') enthalte und auch kurz mit C bezeichnet werde die Funktionen

^/^),t/;;(^),t^,(4t^;(^),Jf,(^),iTf/(^); 3I,(,),M,X^),N,(,)N,X,)- N,(z),N,\z)

überall mit etwaiger Ausnahme dieser Punkte ^(^), . . . , ^("') von NuU ver- schieden ausfallen.

Bezeichnen wir dann mit 5^''^ den zu 0^''^ gehörigen Wert der Bogen- länge s, so gelten wie oben (vgl. S. 93) auf C in genügender Nähe von s = s^^^ die Entwickelungen

M")

(44)

9>,

{'')

- i% + lis - .sW) + Ji^>) + J^(.''){s - s(^)) + . . . , (s > s("))

1% + ?(S - sC')) + A'''^ + ^1^''^(S - S^'O + ; (5 > S^''0

Z(s('') - s) + ^0^'' + ^^''\s - s^'O + •••,(«< s^''\) »

wo Z(s s('')), Z(s('') s) die reellen Logarithmen und JqC'^ J^^'^, . . . A^'-''^ Ä^^''\ . . . gewisse komplexe Koeffizienten bedeuten.

Bezeichnen wir die Randwerte ^r Funktionen '4>J''\s), H^ä''''\z), {/'.('')(-?), ■4)-''''\z) auf C bzw. mit 1^^/''), t\y'\ i'/'\ ^j'^''\ so gelten demnach auf C in genügender Nähe des Punktes s = s^''^ die Entwickelungen

106

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

(45)

_g£"'^Z(s'A'-s)5p(/,)

_ gf'A>Z(s"'' S)m (A)

(s > sC')) (s<sW),

(S > 6-(''^)

(s<sW), (s > sC')) (s<s('')), (s > s('')) (s<s('')),

wo ^/'), ^/W, ^/'), ^„'(') reguläre, nach Potenzen von .s - s<''^ fort- schreitende, für s = .s<'') nicht verschwindende Potenzreihen sind.

Wenden wir uns nach diesen Vorbereitungen zu der ursprünglich vorgelegten Aufgabe zurück und führen statt der gesuchten Funktionen fai^)} fai^) ^^® Funktionen g„{^)} oäi^) vermöge der Gleichungen

(48)

(49)

M.'WSz) + M^{z)f:{z)^rl.:{z)g:{z)

und statt der gesuchten Funktionen fj{z), f-iz) die Funktionen gjiz), g'iß) vermöge der Gleichungen

^;{z)f,{z) + h\:{z)f;{z) = i^;{z)g;{z)

ein, so geht die ursprünglich vorgelegte Aufgabe in die Aufgabe über, die Funktionen ga{z), gä^z), 9j{^)'.^ 9j^^) außerhalb bzw. innerhalb der Kurve G vom Charakter rationaler Funktionen derart zu bestimmen, daß ihre Randwerte g^, gj, g^ g^' auf G die Relationen

9a = c,gj-{-c^gj',

9a = ^i'r/i + (^^9j

erfüllen, wobei die Koeffizienten q, c,, c/, Cj' gewisse endliche Ausdrücke in s mit von Null verschiedener Determinante sind, die leicht aus (38) vermittels (48) und (49) berechnet werden können.

Zur Lösung dieser letztereu Aufgabe können wir unseren Satz 30 anwenden, da die Koeffizienten c^, i\, c^, Cg' zweimal stetig differenzierbare Ausdrücke in .9 werden. Den Nachweis hierfür erbringen wir, wie folgt.

Da die Kurve C als analytisch angenommen war, so erhalten wir die Punkte auf G in der Umgebung von z = z^''^ durch die Formel

z{s) = ^('0 + G,{s- sC')) -\-G,{s- s(''))2 + . .,

(50)

Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie. 107

wo rechter Hand eine reguläre nach Potenzen von s s^''^ fortschreitende Reihe steht. Die Kongruenzen (42) werden demnach, wenn wir die Variable z in die Umgebung von 2^'''> auf C wandern lassen, unmittelbar in Kon- gruenzen für die entsprechenden Randwerte nach dem Modul (s s^''^)* übergehen.

Wir erweitern noch den Begriff der Kongruenz auf allgemeinere Ausdrücke S^^, S,^ in s, indem wir, wenn in einer Formel

8,- S,=^{s- 6C'))C ^ + (s - s^'Y'^' beide Exponenten e, e' Realteile ^ 3 bzw. ^ 4 besitzen und ^, Sß' reguläre Potenzreihen in s s^''^ sind, ebenfalls

S,^S,, (s-sW)3 bzw.

schreiben.

Alsdann folgt aas (48), wenn wir die Variable 2 in die Umgebung von ^(^) auf C wandern lassen, mit Rücksicht auf die Kongi'uenzen (42) und (43):

Andererseits folgt aus (49) mit Rücksicht auf (42) und (43):

Ni^'^j + N^^'^f/ ^ ^;^'^9;, {s - s^"yy,

und hieraus ergibt sich wegen (41)

Nunmehr unterscheiden wir die beiden Fälle, ob s < s'^''^ oder s > s^*^ ausfällt. Im ersteren Falle liefert (38) die Relationen

d. h. mit Benutzung der Hilfsausdrücke (3*')

f =f*

I a I a 1

I a I a 1

folglich ergeben (51) und (52) die Kongruenzen

K'"^9a = ^P9p (s - sW)*

und, wenn wir hier die Bedeutung der Ausdrücke tj^''^ ta^''K ^'/'^ ^/^''^ bei s < «('') aus (45) berücksichtigen und bedenken, daß die Realteile der Exponenten von s^''\ f'C') zwischen 0 und 1 liegen.

108 Kap. X. Riemanns Probleme in der Funktionentheorie.

Ferner, im jsiveiten Falle s > s^''^, liefert (38) die Relationen

dies sind mit Benutzung der Hilfsausdrücke (39) die Formeln (40), und folglich ergeben jetzt (51) und (52) die Kongruenzen

Berücksichtigen wir hierin die Bedeutung der Ausdrücke i>J'''\ ^,/^''^ 4'j '' 4'.'^''^ bei s '^ s^''^ aus (45) und bedenken, daß die Realteile der Ex- ponenten s^''\ a'^''^ zwischen 0 und 1 liegen, so wird bei Forthebung von ^^''\ ft'C') wiederum

Da ^/'), ^,W, '^/\ ^,J') reguläre nach Potenzen von s - s^'') fort- schreitende und überdies für s = s^'') nicht verschwindende Potenzreihen sind, so erkennen wir aus (58) und (54), daß, gleichviel ob s < s^''^ oder s > s^''^ ausfällt, die Kongruenzen

gelten müssen. Durch Vergleichung dieser Kongruenzen mit der Sub- stitution (50) folgen für die Koeffizienten dieser Substitution die Kongru- enzen

C2 = 0, (S-SW)3,

und diese zeigen, daß die Ausdrücke c^, c.j, c/, c^' beim Durchgang durch den Punkt s = s'-''- gCAviß zweimal stetig differenzierbare Funktionen sind. Damit haben wir unsere Behauptung, wonach c^, c^, c/, c^ in (50) zweimal stetig differenzierbar in s sind, als richtig erkannt und zugleich das besondere liiemannsclte Problem der Auffh>dung von FunJdionensysßfnen mit vo7-geschriebener Monodrom}egrup];)e vollständiy gelöst.

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 109

Vierter Abschnitt.

Theorie der quadratischen Formen mit unendlich vielen Variahein.

In diesem und dem folgenden Abschnitt wollen wir eine neue Methode zur Behandlung der Integralgleichungen entwickeln, die auf einer Theorie der quadratischen Formen mit unendlich vielen Variabein beruht.

Die systematische Behandlung der quadratischen Formen mit unend- lich vielen Variabelu ist auch an sich von großer Wichtigkeit und bildet eine wesentliche Ergänzung der bekannten Theorie der quadratischen Formen mit endlicher Variabeinzahl. Die Anwendungen der Theorie der quadratischen Formen mit unendlich vielen Variabein sind nicht auf die Integralgleichungen beschränkt: es bietet sich nicht minder eine Berührung dieser Theorie mit der schönen Theorie der Kettenbrüche von Stieltjes') dar, wie andererseits mit der Frage nach der Auf- lösung von Systemen unendlich vieler linearer Grleichungen, deren Unter- suchung Hill, Poincare, H. v. Koch und andere erfolgreich in Angriff genommen haben. Auch zu den Untersuchungen Minkowskis über Volumen und Oberfläche findet in methodischer Hinsicht nahe Beziehung statt. Vor allem aber eröffnet die Theorie der quadratischen Formen mit unendlich vielen Variabeln einen neuen Zugang zu den allgemeinsten Entwicklungen willkürlicher Funktionen in unendliche Reihen nach Fourier- scher Art, wie am Schlüsse von Kapitel XI angedeutet werden wird.^)

Elftes Kapitel.

Theorie der orthogonalen Transformation einer quadratischen Form mit unendlichvielen Variabein.

Es seien

Kl ^ hp' wo jeder der beiden Indizes p, q die Reihe aller ganzen Zahlen 1, 2, . . . durchläuft, beliebig gegebene reelle Konstanten, dann stellt

K{x) =^Jc XX

eine quadratische Form mit den unendlich vielen Variabein x^, x^, . . , dar; die Konstanten Ti heißen die Koeffizienten dieser quadratischen Form. Ein Ausdruck

1) Recherches sur le3 fractions continues, Ann. de Toulouse Bd. 8 (1894).

2) Man vergleiche zu der hier entwickelten Theorie die Habilitationsschrift von Hellinger „Neue Begründung der Theorie der quadratischen Formen von unendlich vielen Veränderlichen". Journal für Math. Bd. 136.

110 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

^(^, y) =2%<i^py,

mit irgendwelchen Koeffizienten a heißt ein hilinearer Ausdruck oder eine bilineare Form der unendlich vielen Variabein x^, x^, . . ., y^, y.^, . . .. Der Ausdruck

K{:x, y) ^^k X y

(p, 5 = 1,2,..?) ^

heißt die zu K(x) gehörige Bilinearform der unendlich vielen Variabein

x^, x^, . . ■, Pi) y2f ••

Lassen wir die Indizes jj, q nur die Werte 1, . . ., )i, durchlaufen, wo n eine endliche Zahl bedeutet, so entspringen die Formen mit der end- lichen Variabeinzahl n, wie folgt:

{p,q = l, . . .,7t)

K„{x, y) =-2\,,Xj,y^.

{p,q=l,..., 7f)

Die Formen K^(x), K^(x, y) mögen die Abschnitte der Form K(x) bzw. K(x, y) heißen und auch, mitunter, ohne den Index n ausdrücklich hinzuzusetzen, mit [^K] bezeichnet werden.

Wenn irgendein bilinearer Ausdruck mit endlicher Variabeinzahl

Ai^, y) =2%,Xpy.,

{p. q = \, . . ., n)

vorgelegt ist, so heiße die Summe aller Koeffizienten der Glieder x y^ die Faltung des Ausdruckes A^{oc,y^ und werde mit A^{.,^ bezeichnet; es ist also

(p=l, ...,«)

und insbesondere

-^»(•;-) = ^'iiH ^- ^'«n-

Ist

Bn{x,y)=2\qXpyq

(P,q=l,2, ..nf

eine zweite Bilinearform, so bilden wir in diesem Sinne die Faltung des als Bilinearform der z^ und z' betrachteten Produktes A^{x, z)-Bj^iz',y):

{p, g,r=l,..n)

und bezeichnen diese Bilinearform der x^, y kurz als Faltung von A,, und B^,

Außer den allgemeinen quadratischen Formen K, K^ ziehen wir noch die besonderen quadratischen Formen

{x, x) = x^^ + x^^ ^ ,

[X, x)„ = X^' -\- ' -t x„

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. H]

und die besonderen Bilinearformen

{x, y) = x^y^ + x^y,

in Betracht.

Die Diskriminaute der Form

{x,x\-XK,^{x) d. b. die Determinante

1 lli^^, lk\,^, . . ., AA'j„ I

n) D (X) = ~ ^\n 1 ~ ■^^'"•22) -J ~ ^\n

ist bekauutlicb eine ganze rationale Funktion wten Grades in A mit lauter reellen Nullstellen; diese mögen mit

bezeichnet werden und die Eigenwerte der Form K^ heißen; die Ge- samtheit dieser n Eigenwerte heiße das Spektrum der Form K^. Wenn ein reeller Wert l so beschaffen ist, daß in ihm oder in beliebiger Nähe desselben noch für unendlich viele n Eigenwerte von K^ liegen, so heiße die.ser Wert X ein Verdichtungswert von K. Wenn die Beträge der absolut größten Eigenwerte von K^^ mit wachsendem n über alle Grenzen wachsen, so soll der Wert X = oo ebenfalls als Verdichtungswert der Form K gerechnet werden.

Wir bilden nun aus (1) durch Ränderung die Determinante

1 Xk^^, . . ., ^'hn' ^i

I^n{^\ ^; y) =

A/i-,^^, . . ., 1 Xk^^, x„

yi7 } y/i)

0

und nennen den Quotienten

bzw.

die Besolvente der quadratisclien Form Ä",/, die Koeffizienten von x^^, . . ., x^ in KJ^{X•, X, y) geben, wenn X kein Eigenwert ist, die Lösung der linearen Gleichungen

Xp- X{k^,x, + + k^,^x„) = y^, (p = 1, . . ., w);

wir drücken dies durch die Identität aus:

K„(A; X, y) - XK,^{x, .)K„(A; . , y) = {x, y).-

|]^2 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation."

Es ist offenbar (2) K„{l;x, y) = {x, y\ + XK,{x, y) + l'^KX^, v) + X'K^K^^i^> !/) + ••% wo K^.K^, E^K^^K,,, . . . die aus Z^, durch fortgesetzte Faltungen ent- stehenden Formen

K„K^{x, y) = KJx, .)K„{. , y) ^y^rK^^^y,,

{p,g,r = l,...,n)

K„K„KJx, y) = K^x, .)E„K„{. , y) -2V<rA,^,y,,

(p, ■:, r, s = l, . . ., n)

bedeuten. Für die Resolvente K„ gilt die Partialbruchdarstellung

(3) K„(A; X, y) = A^i^J^/) + . . . + ^'« J^^ W^

WO L/"), . . ., X„^") gewisse lineare Formen der Variabein rCj, . . ., x^ mit reellen Koeffizienten, die „Eigenformen" von K,^ bedeuten. Insbesondere gelten mithin die Formeln:

(^, y\ = ^-1^1 + + ^nVn = W%x)L,^^\y) + . + i„(")(^)i„(")(t/),

(4) A„(a:, «/) = ^^ + H ;^-(-«)

{x, x\=x,^-V--- + x,:- = {L,^'Hx)y + + (A/"n^))^

Z r:r^ - (^/1(^^ , . . . , (^..''^(^^

(5) TTÄ-rr^ {W-\x)r- {WHx)?

TT TT TT r.'^ - (-^i^"'(^))' 4- -U (V^M*

Aus (4) folgen die Orthogoualitätseigenschaften der Linearformen

LM\ . . ., LJ^h

wo L^QL,j{.) die Faltung der Bilinearform LJ^^^x) LJ-'^^y) bedeutet, und alsdann wiederum ergibt sich durch Faltung

^ ^ ^n-'^nV)-) '^^'^pr'^rp "^ n («n2 "T" ' ' ' ' H («jf«'

■"-n-'^n-'^ni' f) "^ ^ '' pr'^r s'^sp^^ n {n)\S "^ ' ' ' ' (l <-")\S>

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 113

Unsere erste wichtige Aufgabe besteht darin, den Begriff der Resolvente der Form K^^ auf die Form K zu übertragen und zu der Partialbruchdarstellung (3) das Analogon für die Form ^ mit unendlich vielen Variabein aufzusuchen.

Zu dem Zwecke bedienen wir uns eines allgemeinen Hilfssatzes aus dem Gebiete der stetigen (gleichmäßigen) Konvergenz.^)

Hilfssats 1. Es sei J ein ganz im Endlichen gelegenes Intervall für die Variable s, ferner

(7) fMUi^lfM,---

eine unendliche Reihe von Funktionen der Variabein s, die in J stetig sind, deren Werte absolut genommen unterhalb einer endlichen Grenze bleiben und deren Differenzenquotienten sämtlich unterhalb einer endlichen Grenze bleiben, so daß für alle s, ^ in J" und für alle h

<E

s t

gilt, wo E eine endliche von h und von der Wahl der Argumente s, t unabhängiffe Größe bedeutet:

Alsdann lassen sich aus ebendieser Reihe von Funktionen (7) un- endlich viele Funktionen

/•i*(4/'2*(4/"3*(^),---

auswählen derart, daß die Reihe dieser Funktionen für jeden beliebigen Punkt in J gegen einen endlichen Grenzwert, und zwar stetig (mithin auch gleichmäßig) konvergiert, woraus ersichtlich ist, daß der Limes

x/;*(5)

^ = 00

eine in J" stetige Funktion von s darstellt.

Zum Beweise bestimmen wir auf die Art, wie es in § 5 der oben zitierten Abhandlung über das Dirichletsche Prinzip geschehen ist, aus der Reihe (7) eine Reihe von Funktionen fi*{s), f2*(s], . . . derart, daß die Reihe dieser Funktionen für jeden Punkt einer in J überall dichten ab- zählbaren Punktmeuge P* sregen einen endlichen Grenzwert kouvergiert : die so ausgewählten Funktionen sind, wie wir nun zeigen woUen, von der im Hilfssatze verlangten Art.

In der Tat bezeichnen wir mit s^, Sg, . . . irgendeine unendliche Reihe von Punkten aus J, die gegen einen bestimmten Punkt s konvergiert. Bedeutet dann e irgendeine beliebig kleine positive Größe, so bestimmen wir zunächst einen Punkt s* der Punktmenge P* derart, daß

1) Vgl. die Abhandlung des Verf. „Über das Dirichletsche Prinzip", Math. Ann. Bd. 59 (1904).

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 8

114 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation,

wird; wegen der Konvergenz der VVertreihe

läßt sich alsdann gewiß eine Zahl JN' finden, so daß für alle N über- schreitenden Indizes p, q

(9) /,*(^*)-/:;(^)l<Y

wird; wegen der Konvergenz der Punktreihe s^, So, . kann diese ganze Zahl N zugleich auch so groß gewählt werden, daß für alle N über- schreitenden Indizes p, q

ausfällt. Mit Hilfe von (8) folgt hieraus für alle N überschreitenden Indizes p, q

(10) i«*-^. <r^. \s^-s^[< '

4.E Andrerseits ist nun wegen der Voraussetzung unseres Hilfssatzes

*{s*)

S ' ^^ Sn I S So

S' ^^ I s Sq

und folglich mit Hilfe von (10)

I /.*(^*) - /p*(^.) i< i J /;*(^*) - /:;(^v) ' < 4-

Addieren wir diese Gleichungen zu (9), so folgt für alle N überschreiten- den Indizes 2^, Q

\f*is*) - /;*(s*) I + I4*(s*) ! - /,*(.,) I + |/;*(s*) - /;*(5^) < s,

und um so mehr

i/;*(s.)-/;*(^,) <^-

Da £ eine beliebig kleine Größe war, so folgt hieraus, daß die Wertreihe gegen einen endlichen Grenzwert konvergiert, d. h. die Funktionenreihe

h*{s\ f,\s), . . .

konvergiert stetig an jeder Stelle s des Intervalles J", womit der Hilfssatz vollständig erwiesen ist.

Wir kehren zur Theorie der quadratischen Formen zurück, und zwar nehmen wir im folgenden zunächst an, es sei A = oo nicht Ver- dichtungswert von K, d. h. es sei K eine solche Form, daß die sämtlichen Eigenwerte von K, für alle n in dem endlichen Intervalle J liegen. Wir definieren sodann gewisse zu K^^ gehörige Funktionen der Variabein X, wie folgt: es werde allgemein

J

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 115

an V"^W = o für x^V") j ^

V^('^) = (V"^(^))'('^ - V"0 für i > a;-) r '■■"**

und

gesetzt; dann sind x^^") und folglich auch x^") stetige Funktionen von X, die nirgends negativ ausfallen und bei wachsendem Argument X und fest- gehaltenem n niemals abnehmen; die Differenzenquotienten dieser Funk- tionen, d. h. die Ausdrücke

X u sind, wie wir ebenfalls sofort sehen, nirgends negativ und nehmen, wenn eines der Argumente A, \i fest bleibt und das andere wächst, niemals ab, und zwar gelten die Gleichungen

= ;r^(i;")(a;)y

und folglich

% a

wo ;ri, . . ., %^ zwischen 0 und 1 liegende, von A, [i abhängige Größen bedeuten. Aus dieser Gleichung folgt unmittelbar die Ungleichung

oder Avegen (5)

(12) I ^[_^ \^x^^^■■■^r x,^.

Endlich bemerken wir noch, daß auf jeder Strecke, die keinen der Eigenwerte A^(") von K^ enthält, die Funktionen xJ-"'>{X) und folglich auch die x*"^(A) lineare Funktionen von l sind. Für alle außerhalb auf der negativen Seite von J gelegenen l ist 3t(")(A) identisch Null; daher ist mit Rücksicht auf (12) stets:

wo J" die Länge des Intervalles J bezeichnet. Auf der positiven Seite außerhalb von J ist

x('')(A) = A(V+--- + a:/)+C„(^),

wo C„(^) eine von A unabhängige Form bedeutet. In bezug auf die Variabein x^, . . ., x^^ ist x^") eine quadratische Form.

Es seien nunmehr unendlich viele Variable a\, x^, ... vorgelegt; wir ziehen dann diejenigen speziellen Wertsysteme in Betracht, die entstehen, wenn wir irgendeine dieser Variabein gleich 1 und alle übrigen gleich 0,

116 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

oder wenn wir irgend zwei dieser Variabein gleich —= und alle übrigen

gleich 0 setzen. Wir denken un.s alle diese speziellen Wertsysteme der unendlich vielen Variabein x^, x^, ... in bestimmter Weise in eine Reihe geordnet und bezeichnen sie in dieser Reihenfolge als erstes, zweites, drittes usf. spezieües Wertsystem der unendlich vielen Variabein a\, x^, . . . Für alle diese speziellen Wertsysteme gilt wegen (12) die Ungleichung

(13) . ^'"'W-^'"'(f^) I < i_

Wir betrachten nun die Formenreihe

(14) x^')(X), x(2)^A), x^')(?^, ...

und wenden, indem wir für die Variabein x^, x^, ... das erste spezielle Wertsystem eingesetzt denken, unsern Hilfssatz 1 an: wir sehen, daß dann im Intervalle J für A die Werte der Formeureihe (14) sämtlich unterhalb einer endlichen Grenze liegen müssen und wegen (13) auch die weitere Voraussetzung unseres Hilfssatzes erfüllt ist. Diesem Hilfssatz zufolge läßt sich daher aus (14) gewiß eine unendliche Reihe von Formen

(15) x(^*)(;L), ü^'*\k), «(3*)(;t), . . .

auswählen, die, wenn wir darin für die Variabein x^, x^, ... das erste spezielle Wertsystem einsetzen, gegen eine gewisse stetige Funktion von ?. in dem Intervalle J gleichmäßig konvergiert.

Sodann wenden wir unsern Hilfssatz auf die -Formenreihe (15) an. Diesem Hilfssatz zufolge läßt sich aus jener Formenreihe gewiß eine unendliche Reihe

(16) '^^'**K^\ x(2**)(A), ;c(3**)(yl), . . .

auswählen, die, wenn wir darin für die Variabein x^, Xo, ... das zweite spezielle Wertsystem einsetzen, gegen eine gewisse stetige Funktion von A gleichmäßig konvergiert. Indem wir ferner unsern Hilfssatz auf die Funktionenreihe (IG) anwenden, gelangen wir durch Auswahl zu einer Funktionenreihe

5,(i-*)(2)^ ;.(2-*)(A), x(3*-)(;.), . . .,

die nach Einsetzung des dritten speziellen Wertsystems gegen eine ge- wisse stetige Funktion von l gleichmäßig konvergiert.

Endlich betrachten wir, indem wir uns das Verfahren unbegrenzt fortgesetzt denken, die Formenreihe

(17) yß*\X), xi-^-)(l), x(^-*)(A), . . .;

dieselbe konvergiert in X gleichmäßig, sowohl wenn wir darin für die Variabein ä;^, x.^, ... das erste, als auch wenn wir das zweite, als auch wenn wir das dritte spezielle Wertsystem usf einsetzen. Da sich aber aUgeniein der Koeffizient von x x, einer quadratischen Form linear aus

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Trane form ation. 117

den drei Werten zusammensetzen läßt, die die quadratische Form für

x„, X , = 1,0 bzw. 0,1, bzw. -^, = annimmt, während man alle übrisren

P i t/2 1/'2

Variabein gleich 0 setzt, so folgt, daß auch allgemein der Koeffizient von XX in der Formenreihe (17) gegen eine gewisse in k stetige Funktion X (A) konvergiert. Wir setzen

^,9 = 1,2. ..

so daß y.{X^ eine quadratische Form der unendlich vielen Variabein x^, x^, . . bedeutet, deren Koeffizienten stetige Funktionen von A sind. Diese Funktionen von X sind zunächst nur innerhalb J definiert; da wir aber statt J ein beliebig großes, J enthaltendes Intervall wählen dürfen, so ist damit die Definition jener Funktionen für alle endlichen Werte von l gegeben.

Die Werte irgendeines Abschnittes einer quadratischen Form mit unendlich vielen Variabelu sind als lineare Kombinationen derjenigen Werte darstellbar, die die quadratische Form für unsere speziellen Wertsysteme annimmt. Daraus folgt, daß, wenn wir in den Formen der Formenreihe (17) a\, . . ., Xj^ beliebig lassen, die übrigen Variabein a^^^i, ^„ + 2? * sämt- lich = 0 setzen, d. h. von jeder Form in (17) denselben Abschnitt nehmen, diese aus den Abschnitten gebildete Reihe gewiß ebenfalls gleichmäßig konvergiert, und zwar gegen denjenigen Wert, den der betreffende Ab- schnitt von x(/l) annimmt. Wenn wir noch

1* = nii, 2** = Wg, 3*** = Wg, . . . setzen, so gilt also die Gleichung:

X [x('"A)(A)] = [<A)].

A =00

Der Kürze und Übersicht halber wollen wir im folgenden bei einer Gleichung oder einer Ungleichung die eckigen Klammern fortlassen, d. h. nach dieser Festsetzung ist eine Gleichung oder Un- gleichung zwischen Formen mit unendlich vielen Variabein stets so zu ver- stehen, daß sie identisch für aUe Variabein gilt, wenn man in der Formel auf beiden Seiten die gleichen Abschnitte der Formen nimmt; so lautet die letzte Gleichung (18) L x('"/')(A) = x{X).

/l =00

Zugleich bemerken wir, daß die obengenannten Eigenschaften der Funktionen x^"\X) als Funktion von A sich sofort auf einen beliebigen Abschnitt [z(l)] der Form x(A) übertragen, wenn wir diesen als Funktion von A betrachten. Wir erkennen so, daß die Funktion [3<(A)] ebenfalls nirgends negativ ausfällt und bei wachsendem Argument A niemals ab-

I 18 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

nimmt, ferner, daß der Differenzenquotient dieser Funktion d. b. der Aus- druck

[xa)]-[x(^)]

wiederum nirgends negativ wird, und, wenn eines der Argumente )., u fest bleibt, wäbrend das andere wäcbst, niemals abnimmt. Wegen (12) folgt für jenen Diöerenzenquotienten die Ungleicbung

(19) ü(|ri^) ^ (^, ^).

Innerhalb eines Intervalles, das keinen Verdichtungswert der Form K enthält, wird [j£(A)] eine lineare Funktion von /l. Außerhalb J ist auf der negativen Seite [3<(A)] identisch Null, auf der jjositiven Seite gleich ?.[{x,x)] + Cix).

Wir denken uns nun in der Form x(V) das erste spezielle Wert- system eingesetzt und bezeichnen die so entstehende Funktion von A mit x(A)i. Nach den obigen Ausführungen wird, wenn wir l festhalten und [i einen A übersteigenden Wert beilegen, der Differenzen quotient von oi{X)^, sobald ^ gegen A hin abnimmt, gewiß nicht wachsen und mithin, wenn

II nach A fällt, einem Grenzwert zustreben, d. h. Jc(A)^ besitzt gewiß für jedes A einen vorderen Differentialquotienteu; wir bezeichnen denselben mit f(+)(A)i. In derselben Weise wird gezeigt, daß J£(A)^ für jedes A einen hinteren Differentialquotienten besitzt; wir bezeichnen denselben mit !(~)(A)j.

Aus den obengenannten Tatsachen über die Differenzeuquotienten von y,{l\ folgt zugleich, daß sowohl !(+)(A)i, wie !^")(AX Funktionen von A sind, die nirgends negativ ausfallen, mit wachsendem Argument A nicht abnehmen und überdies stets den Ungleichungen

.20) !(-)(AX ^ !(+)(/.), für A^ it.,

!(+)(AX £ t^-Kl^\ für A < iii genügen.

Da ferner wegen (13) die Differentialquotienten t^'^\X\, i^~K^\ den Wert 1 nicht überschreiten können, so gilt dasselbe um so mehr für die Differenz vom vorderen 'und hinteren Differentialquotienten an der näm- lichen Stelle A, und wir ersehen hieraus, daß, wenn m irgendeine ganze Zahl bedeutet, höchstens m Stellen A vorhanden sind, für welche

fW(A),-f(-)(A),^i

gilt. Wegen dieser Tatsache ist die Menge derjenigen Werte A, für welche vorderer und hinterer Differentialquotient voneinander verschieden aus- fallen, notwendig abzählbar.

Nunmehr denken wir uns in x(X) das zweite spezielle Wertsystem eingesetzt, verfahren mit der so entstehenden Funktion x(A)o, wie vorhin

Kap. XL Theorie der orthogonalen Transformation. 119

mit y.(X\ geschehen ist, und suchen diejenige Menge von Stellen A, für welche der vordere und hintere Differentialquotient voneinander ver- schieden ausfallen. Die Menge dieser Stellen Ä ist gewiß wiederum ab- zählbar. Mit Benutzung des dritten speziellen Wertsystems erhalten wir entsprechend eine abzählbare Menge von Stellen ?. usf. Die Gesamtheit aller solchen Stellen ist wiederum abzählbar; sie mögen die Eigcniverte der Form K heißen und mit X^, Ag, ... bezeichnet werden. Die Stellen /j, A,, ... und ihre Verdichtungsstellen sind gewiß Verdi chtungs werte der Form K, da ja 3f(AX, ii{k\, außerhalb der Verdichtungs werte lineare Funktionen von X sind und folglich die vorderen und hinteren Differentialquotienten daselbst einander gleich ausfallen. Die Gesamtheit der Stellen Aj, X^, ... werde das PnnJctspelfrum oder das dislcon- ti Ulli crl't che Spehtrum der Form ^ genannt.

Da die Koeffizienten einer quadratischen Foi-m sich linear aus den Werten zusammensetzen lassen, die die quadratische Form für die Reihe der speziellen Wertsysteme der Variabein annimmt, so schließen wir, daß die sämtlichen Koeffizienten 7,^,^ der Form %{X) ebenfalls sowohl vordere wie hintere Differentialquotienten besitzen, und daß dieselben für jede SteUe mit Ausnahme der Stellen A^, Ao, ... einander gleich sind; die vorderen und hinteren Diöerentialquotieuten von y. mögen mit f^,"^ bzw. f^~j bezeichnet werden. Für jede von A^, X.-^, ... verschiedene Stelle A stimmen diese beiden Differentialquotienten miteinander überein; wir

setzen daselbst

« «(+) t(-).

^pq ^P1 '■PI '

die quadratischen Formen mit den Koeffizienten fp,j, fp^ mögen mit !(+)(A) bzw. !'~^(A) bezeichnet werden. Für jede von Aj, X^, ... verschiedene Stelle setzen wir

!(A) = f(+)(A) = !(-)(A).

Wir bilden nun allgemein für die Stelle A^ die Differenz f^,! f^~' und nehmen diese Differenz als Koeffizient von x^x,^-^ die so entstehende quadratische Form mit unendlich vielen Variabein, deren Koeffizienten jedenfalls nicht sämtlich verschwinden, werde die zum Eigenivert X^^ gehörige quadratische Eigenform von K genannt und mit Ej^ be- zeichnet. Offenbar ist für jeden Eigenwert A^

(21) !W(V - i^-^ W = £,,

und da auch zu (20j analog

!(-)(A) ^ !(+)(/.) für A^a, ^ ^ fW(A) ^ !(-)Ca) für A < a

gelten muß, so fällt gewiß

(23) i;^o

120 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

aus. Andererseits folgt aus (19), wenu wir für f< einen X übersteigenden Wert wählen und diesen gegen A konvergieren lassen,

(24) f(+)(;yl)^(a-, a;).

Wir betrachten nunmehr irgend m nach zunehmender Größe ge- ordnete Eigenwerte der Form jfiT, etwa

und die diesen zugehörigen Eigeuformen

^Pi' •••' -^Pm- Wegen (21) haben wir

(25) !(+)(A,; - t-\l,) = E^^ (/. = 1, 2 . . , m) und wegen (22)

(26)

Die Addition von (25) und (26) ergibt

(27) tW(;iJ_f(-)(iJ^i;^ + ... + £,___,

und diese Ungleichung lehrt, da [f^~^(A)] nirgends negativ ist, wegen (24) die weitere Ungleichung

(28) E^^+.---\-E^^^<(x,x).

Aus (23) und (28) erkennen wir, daß die über alle Indizes p er- streckte Summe ^\ßp\ konvergiert, und zwar gegen eine quadratische Form der n Variabein x^, , . ., a;„, die ^ x^' -\- -\- xj ausfällt, d. h. es ist

:se^£(x,x).

Wir definieren jetzt folgende Formen der unendlich vielen Variabein

^i> -^2; ••

tW-2E^,

vW=yE^U-X^,

wo die Summen rechter Hand über alle diejenigen Indizes p zu erstrecken sind, für die A < A ausfällt. Die Koeffizienten von rj (A) sind stetige Funktionen von A. Die Abschnitte [efA)], ['»?(A)] dieser Formen sind Funktionen von A, die, wie sich ohne Schwierigkeit mit Benutzung von (23) und der Konvergenz von ^[-EJ ergibt, folgende Eigenschaften besitzen :

Kap. XL Theorie der orthogonalen Transformation. 121

[e(X)] ist nirgends negativ nnd nimmt mit wachsendem X niemals ab; außerhalb J ist [e(A)] auf der negativen Seite Null, auf der positiven gleich ^\E^.

[e(>l)] ist an allen Stellen stetig, die nicht Eigenwerte sind; für den Eigenwert A^ besitzt [e(A)] einen endlichen Sprung, und zwar ist bei positivem gegen Null abnehmendem t:

r=0

r = 0 ff

[jj(/l)] hat sowohl einen vorderen, wie einen hinteren Differential- quotienten; diese stimmen an allen Stellen, die nicht Eigenwerte sind, miteinander überein und haben den Wert [e(A).j; für den Eigenwert l ist der hintere Differentialquotient ie(X^iJ. der vordere [e (A.)] -f- [-E' ] , so daß der Überschuß des vorderen Differentialquotienten über den hinteren \E^ beträgt.

Aus (27) folgt, wenn )! , /l">/l' keine Eigenwerte sind:

!(r) -!(;/)> >^£:; (/■'< 'p < n nun ist

a'<;.^;<;/^ und folglich auch

(29) f(;/') - f(A') ^ e(r) - e(/l').

Ist eine der Größen /', A" ein Eigenwert, bzw. sind beide Eigen- werte von K^ so folgt ebenso statt (29) eine entsprechende Ungleichung. Setzen wir nun

p(;0 = x.a)-7?(A),

so besitzt mit Rücksicht auf (21) die Funktion [q ().)] vordere und hintere Differentialquotienten, die für jede Stelle A miteinander übereinstimmen, und dieser Differentialquotient ist überdies, wie aus (29) bzw. aus der entsprechenden Ungleichung folgt, eine mit wachsendem Argument nicht abnehmende Funktion von A; daher stellt dieser Differentialquotient eine Funktion dar, die in A stetig ist. Setzen wir also

(30) <A) = ya^^^x^^x.^ = '"^^ = !(A) - e(A),

so ist jeder Abschnitt der Form ö'(A) eine stetige, nicht negative, mit wachsendem A nicht abnehmende Funktion von A. Die Form (?(A) der unendlich vielen Variabein, deren Koeffizienten 6 , stetige Funktionen von A sind, heiße die Speliiralform von K.

122 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

Wegen (24) gilt die Ungleichung

(31) 6{l) + ^{X)£{x,x).

Die Formen t(X), e(A), a{?J) werden für alle außerhalb auf der nega- tiven Seite von J liegenden Werte X identisch gleich Null; auf der positiven Seite gehen sie in von A unabhängige Formen über, die wir bzw. mit f(-f- oü), e(4- oc), (j(-f oc) bezeichnen wollen. Wegen (30) haben wir

(32) (?(+ oo) = !(•+ oo) - e(+ oo).

Da [»«(A)] rechts von J in l[[x, x)] -f- C(x) übergeht, so haben wir

(33) !(+ oo) = {x, X) und, wie früher bemerkt ist,

e(+ ^) =^J^^-

Wir wählen jetzt solche reelle Werte / aus, in deren beliebiger Nähe noch Punkte A' existieren, für die nicht identisch in allen Variabein

*</ j , Xt) , . . .

^(;j = 6(k')

ausfällt. Die Menge s aller solchen Punkte l ist perfekt (abgeschlossen und in sich dicht); sie heiße das Strechenspehtrum oder das kontinuier- liche Speldrum der Form K. Außerhalb der Verdichtungswerte von K sind die Koeffizienten von x(/l) sämtlicii linear in A, diejenigen von e(A) konstant, und folglich werden auch die Koeffizienten von (J(A) konstant, d. h. das Streckenspektrum liegt gewiß innerhalb der Verdichtungswerte der Form K. Das Punktspektrum nebst den Häufungsstellen der Eigen- werte und das Streckenspektrum zusammengenommen heiße das Speiet mm der Form K.

Setzen wir nun

+ 00

ö(+ oo) =Jd6{l) = fdöiX),

so erhalten wir aus (32), (33)

(x, x) = e(+ oo) +Jd6{l)

oder

(34) ix,x) = :SE^-i-fdö(X),

wo die Summe über alle ]) zu erstrecken ist.

Wir kehren nunmehr zu der quadratischen Form K^ mit endlicher Variabeinzahl n zurück. Bedeutet X eine komplexe oder eine von sämt- lichen Eigenwerten Xj"'' der Form 7f^ verschiedene reelle Größe, so er- halten wir aus der Definition (11) der Funktion y.J-"^ sofort die Gleichung

Kap. XI. Theorie der orfchogoualea Transformation. ] 93

+ 00 + X

die Integration ist hier reell von ^t = oc bis a = + oo , im Falle eines reellen A jedoch mit kurzer Umgehung des Punktes A in der komplexen /(-Ebene auszuführen, wobei man beachte, daß x ^"\^) in der Umgebung des Punktes A als lineare Funktion auch für komplexe fi definiert ist. Durch Summation über p = 1, . . . , n finden wir

(35) r j^M. ,7„ _ 1 I (W"\^)y- , , (Lj-Hxr- \

^ ^ J {(^-xr'^^ ~ 2 \ii,^^iy^T + ■■■+ v^^rzrrj .

50

wobei die Integration wie vorhin auszuführen ist. Andererseits ist, wie

aus (3) und (5) folgt,

foa-^ K„{X,x)-{x,x)„ _ (L^^^^xy {W^\x)Y

i^^J i - '\^-^r + + X^'^nrr-

Wenn wir in (35), (36) für n die besonderen Zahlen m^, m^, . . . einsetzen und auf beiden Seiten einen bestimmten Abschnitt nehmen, ferner unter l irgendeine komplexe Größe oder eine solche reeUe Größe ver- stehen, die nicht zum Spektrum der Form K gehört, so erhalten wir wegen (18) durch Grenzübergang die Formel

+ 00

-r [K»i^(^,a;)] [(a;,a;)mj r [«(u)]

(37) Jj i -^/ (j,z:iy3«f^;

^=~ -=0

die Integration ist hier wiederum reell von /i = oo bis ja = -|- oo, im Falle eines reellen A jedoch mit kurzer Umgehung des Punktes A in der komplexen /i- Ebene auszuführen, wobei man l)eachte, daß z([i) in der Umgebung des Punktes A als lineare Funktion auch für komplexe ^ de- finiert ist. Infolgedessen stellt das Integral rechter Hand eine Funktion von A dar, die für alle komplexen und für die nicht zum Spektrum von K gehörigen reellen A regulär analytischen Charakter in bezug auf A besitzt.

Wir setzen

+ 09

(38) K(A, x) = {x, x) -f 2lJ-~^^^ d^i

00

und nennen diesen Ausdruck die Resolvente der Form K; jeder Ko- effizient oder Abschnitt derselben ist ebenfaUs für alle komplexen und für die nicht zum Spektrum von K gehörigen endlichen reellen Werte von A regulär analytisch, und man sieht auch, daß derselbe für A = oo regulär analytisch ist.

124 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

Die oben gefundene Gleichung (37) geht über in

Aus der Definition der Form 7;(X) entnehmen wir die Gleichung

(39) J>i,''. = ^W"H<'''=iiT;^' ,

wobei unter A irgendeine komplexe Größe oder eine solche reelle Größe zu verstehen ist, die nicht zum Spektrum der Form K gehört, und die Intecrration nach ^ im Falle eines reellen X mit kurzer Umgehung des Punktes A in der komplexen |U--El)eue ausgeführt werden soll.

^(^) = - dl

erhalten wir durch wiederholte Produktintegratiou und Einführung einer naturgemäßen Erweiterung des Integi-albegriffes

4-a, +00 +00 +00

J i^xr '^^' -J iu - 1? '^^' ^ J ¥^=^^^^ 2 J i^rrip ^^^ - T j 7_T

(40)

Aus (38), (39) ergibt sich und hieraus mit Rücksicht auf (34)

ß

ip tj II

(*■)

Diese Formel ist das gesuchte Analogon zu der Partial- bruchdarstellung (3) der Resolvente K„(A, a;) der Form K^ mit der endlichen Variabeinzahl n.

Wir fassen die gefundenen Resultate in folgender Weise zusammen:

Satz 31: Die Resolvente einer quadratischen Form K, für ivelche A = oo niclit Verdichtimgsuert ist, ist eine cßiadratiscJie Form mit unendlich vielen Variahein ,.., ^ x^ix /i\

7'. y deren Koeffisienten für alle außerhalb des SpeJctrums der Form K gelegenen Argumente A regulär analytische FunJctionen dieses Argumentes sind.

Ist m^, mo, . . . eine geivisse Reihe ms Unendliche zunehmender ganzer Zahlen, so gilt für jeden Abschnitt der Resolvente die Gleichung (41) L K„,^{X, X) = K{X, x) ,

/( = 00

ivo K,nf, die Resolvente der Form Km,, bcdeutd.

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 125

Die Resolvente K yestattet folgende Barstellung (für jeden Abschnitt)

(42) Hi,x) = :s—'j-+ r^;

dabei ist die Summe über das gesamte Funldspelärum von K, d. h. über alle Eigenwerte von K zu erstrecken; E^ bezeichnet allgemein die zu l gehörige quadratische Eigenform; sie ist eine Form, deren Abschnitte für leinen Wert der Variahein x^, x^, . . . negativ sind. Das Integral ist über das Streclicnspelitrum von K zu erstrerl'en. Die Spelitralform ö{X) ist eine Form, deren Koeffizienten stetige Funlctionen in X, und deren Abschnitte bei wachsenden Argument X innerhalb des Streckenspelärums s von be- sonderen Werten der x^, x^ ... abgesehen nachsende Fnnläionen von X, in jedem außerhalb s gelegenen Intervcdle aber sämtlich Iwnstant sind. Endlich gilt die Gleichung (für jeden Abschnitt)

(43) (x,x)=-2E^+fd<j(X).

iP) (s)

Wenn die sämtlichen Abschnitte einer quadratischen oder einer bi- linearen Form mit unendlich vielen Variabein x^, x.2, . . . , y^, y2, absolut genommen unterhalb einer von der Wahl des Abschnittes unabhängigen endlichen Grenze liegen^ sobald man die Variabein den Bedingungen

(44) ix,x)<l, (y,y)<l

unterwirft, so heiße die quadratische bzw. bilineare Form eine beschränkte Form.

Die zu einer beschränkten quadratischen Form gehörige bilineare Form ist ebenfalls eine beschränkte Form.

Beispielsweise sind wegen (23) und (28) die Eigenformen E^ stets beschränkte Formen, und da nach (31) die Ungleichung

(?(2) + e(A) <(x,x)

gilt, so sind auch die Spektralformen (j[X), ebenso wie die Formen f(A) und e(A) beschränkte Formen. Endlich ist, wenn X einen außerhalb des Spektrums von K{x) liegenden Wert bedeutet, die Resolvente K(A, x), und zwar sowohl der Summen- wie der Integralbestandteil von K{X, x) für sich, eine beschränkte Form.

Ein wichtiges spezielles Beipiel einer beschränkten quadratischen

Form ist y*>;^'^ .i)

1) Die von mir gegebene und zuerst von H. Weyl (Inauguraldissertation, Göttingeu 1908, S. 83) publizierte Beweisidee hierfür ist kurz folgende: Es gibt identisch in

126 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

Die Begriffe „Abschnitt" und „beschränkt" können offenbar in gleichem Sinne auch für lineare Formen mit unendlich vielen Variabein angewandt werden. Eine lineare Form

L{x) = \x^ + Ux^ +

ist dann und nur dann eine beschränkte P^oim, wenn die Summe der Quadrate ihrer Koeffizienten

V^ +/,- + ■•• endlich bleibt.

Die Richtigkeit hiervon erkennt man leicht mit Hilfe der beiden folgenden Tatsachen:

L Wenn Wj, u^, . . und i\, y«, . . . irgendwelche Größen sind, so gilt stets die Ungleichung

{ti, t-)^ ^ («, li) (y, v).

II. Wenn u^, u.^, . . . irgendwelche Größen sind, ferner 31 eine end- liche positive Zahl bedeutet und überdies für alle der Bedingung (44) genügenden Werte x^, x^, . . . die Ungleichung

(ii, x) ^ M stattfindet, so ist stets

Fortan ziehen wir durchweg nur solche Wertsysteme der unendlich vielen Variabein x^, x^, . . . y^, y.,, ... u. s. f. in Betracht, die der Bedingung (44) genügen. Ist a^, a^, . . . ein solches Wert- sjstem, so existiert, wenn L{x) eine beschränkte lineare Form ist, gewiß der Limes des «ten Abschnittes [i(a)]„ derselben für n = oo; Avir setzen

Ua) = L [X(a)L;

n = oc

somit haben wir erkannt, daß eine beschränkte Linearform der unendlich vielen Variabein ä\, x.,, . . . für alle in Betracht kommenden Wertsysteme

^ ^pV'i { ""4:7 ~~ ; _ f j "= / 17 [~ ■*'! ^^° ^ + 2/1 cos e + x,_ sin 2t y^ cos 2t 1 dt,

(j), S = 1, 2, . . . n) - 71

wobei für » = q anstatt linker Hand 0 zu nehmen ist. Die rechte Seite dieser

P (l Identität ergibt sich, indem wir unter dem Integral t vor der Klammer durch Tt er- setzen, durch kurze Rechnung kleiner als ■x{.i\^-\- x., *-|- |- .'•„*+ y, *+ J/s*-] h ?/«*)i

d. h. kleiner als 2«. Setzen wir Xp = yp, so erhalten wir daher unmittelbar

Qu, V = 1, . . ?/)

Andere Beweise sowie Erweiterungen dieses Satzes sind gegeben worden von F. Wiener (Math. Ann. Bd. 68, S. 361), J. Schur (Journ. f. Math. Bd. 140, S. 16), 0. Toeplitz (Gott. Nachr. 1910, S. 489).

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 127

dieser Variabein einen bestimmten endlichen Wert annimmt und demnach eine Funltion der unendlich vielen Variabein x^^, x^, . . . darstellt.

Es heiße allgemein eine Funktion F(Xi, x^, . . .) der unendlich vielen Variabein x^, x^, . . . an der Stelle a^, a^, . . . stetig, wenn der Wert von F{a^ + fj, «2 + fg, . . .) gegen den Wert von -F(ai, %,-•■) konvergiert, sobald die Summe der Quadrate der Größen f^, fj, . . . nach Null abnimmt, d. h. wenn

L F{a^ + hy «2 + «2; •) = -^(«U %; •)

(fi- + ^2^ + = 0)

wird.

Wir sehen sofort, daß die beschränkte Linearform L{x) eine stetige Funktion der unendlich vielen Variabein darstellt.

Die entsprechenden Sätze gelten auch für eine dcschränlie Bilinear- form. Um dies zu erkennen, bezeichnen wir mit A{x, y) eine beschränkte Bilinearform und mit a^, a.2, . . . und &j, h^, . . besondere Wertsysteme der unendlich vielen Variabein, sodann setzen wir

r ' = 0 r' = 0 r' = ""+ - r "^+* t -^ t 0 t' 0

nia "-nm "■nm

Vi = K •■■, yn = K, Vn+l = ö, 2/„+2 = 0, . . .

, , ' = 0 ?/' = 0 w' = ^^^+^ ?v' = ^"+- 7/' _ - ^'L „' _ 0 ?/' 0

Vi ^} -y if n ^; y n+1 fl y y n+2 ß y -y y m~ ß y V m+i ^y y m+2 ^y

rn rii rn m rn m

^nra = V^'n+l + «'n+2 + " ' ' + a^„ , ^ra = y?>';+l + ^^'„+2 + ••• + &'«,

worin w und m > n irgendwelche ganze Zahlen bedeuten. Nun ist, wenn wir mit [^],„, [^]„ die betreffenden Abschnitte von A bezeichnen,

\A{<^y &)L = -^(^ + ^n^a^'y y + ßn,ny')y

= {.M<^y ^)\ + ('nmA^'y y) + ßnv^^{^y /) + ^arnßn.Ai^'y /)•

Da Ä(x',y), Ä{x,y'), Ä(x',y') absolut unterhalb einer von n, m unab- hängigen Grenze bleiben und überdies «„„^, ß^^^^ mit wachsenden w, m verschwinden, so folgt, daß [Ä{a, fe)]^, mit wachsendem )i gegen einen Grenzwert konvergieren muß; derselbe werde kurz mit Ä(a,h) bezeichnet. In analoger Weise folgt, daß die durch A{x,y) dargestellte Funktion der unendlich vielen Variabein x^, x^, . . . und y-i, y-jy stetig ist.

Insbesondere schließen wir, daß auch eine beschränkte, quadratische Form unendlich vieler Veränderlichen x^, a^g, ... stets eine stetige Funktion derselben darstellt.

Wir entnehmen aus den eben bewiesenen Sätzen noch folgende Tat- sache: Wenn auf beiden Seiten einer Formel eine endliche Anzahl

128 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

quadratischer oder bilinearer bescliränkter Formen von unendlich vielen Variabein steht und die durch die Formel dargestellte Gleichung oder Ungleichung für alle Abschnitte beider Seiten gültig ist, so ist sie über- haupt für alle Wertsysteme der unendlich vielen Variabein gültig wobei stets nur solche Wertsysteme dieser Variabein gemeint sind, die den Be- dingungen (44) genügen.

Wenn wir in der beschränkten Bilinearform A{x, y) die Variabein Vi} V-'j sämtlich Null setzen mit alleiniger Ausnahme der einen Varia- bein y , der wir den Wert 1 erteilen, so entsteht eine beschränkte Linear- form der Variabein x,, .r,, . . .; dieselbe werde mit . bezeichnet.

Da A(x, y) beschränkt ist, so folgt auch, daß für n ^ m

c[A{x,xj)]„ d[_A{x,y)\

absolut unter einer endlichen, von n und m unabhängigen Grenze liegt, und mit Rücksicht auf die oben angeführte Tatsache II liegt mithin auch

unterhalb einer von n und ni unabhängigen Grenze. Nehmen wir nun zuerst n = oo und dann m = oo, so erkennen wir, daß die Quadratsumme /dÄ{x,y)y ^ /dÄ{x,y)y ^

gegen eine endliche Größe konvergiert. Ist nun B(x, y) ebenfalls eine beschränkte Bilinearform, so bleibt auch die Quadratsumme /dBix,y)y ^ /dB{x,y)y ^

unterhalb einer endlichen Grenze, und folglich muß mit Rücksicht auf die oben angeführte Tatsache I auch die unendliche Reihe dÄ{Xj^y) dB{x,y) dA{x,y) dB{x^ -[-••.

absolut konvergieren; dieselbe stellt dann notwendig wiederum eine Bi- linearform der Variabelu x^, x.^,.,., y^, y.2, dar, die wir analog wie oben bei endlichen Formen mit

Ä(X,.)B(.,2J)

bezeichnen und die Faltung der Bilinearformen A, J? nennen.

Die Faltung ist gewiß eine beschränkte Bilinearform, und zwar er- kennen wir mit Rücksicht auf die oben angeführten Tatsachen I und II aus der voranfjehenden Betrachtung? die Richtiofkeit des folejenden Satzes:

o o o o

Hilfssatz 2. Wenn ili, N zwei positive Konstanten bedeuten, so daß für alle Xi^, x.,, . . . und y^, y.,, . . .

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 129

\Ä{x,y)\£3I, \B{x,y) £N ausfällt, so genügt die Faltung notwendig der Ungleichung

\Ä(x,.)Bi.,y)\£3IN. Zugleich stellen wir folgende Hilfssätze auf, deren Richtigkeit un- mittelbar einleuchtet.

Hilfssatz 3. Für jeden Abschnitt der Faltung zweier beschränkter Bilinearformen Ä, B gilt

[A{x,:)B{.,y)\^== L [AJx,)B,X.,y)\,

W = 00

wo rechts unter dem Limes der mio, Abschnitt der Faltung der wten Ab- schnitte von A, B steht. Der Wert der Faltung ist demnach:

A{x,.)B{.,y)= L L [AS^,)BS-Mm-

111 = CO n = 00

Es folgt daraus insbesondere:

A{x,.){.,ij) = A{x,y),

d. h. jede Bilinearform reproduziert sich durch Faltung mit (ic, y) ; wir

können daher auch den Wert der Bilinearform darstellen als:

A/ \ dA , dA . SA , dA ,

A {X, y) = y^^^+y,~-^-^+...^X, -^- + cc, j^^ +

Hüfssats 4. Wenn A, B, C, . . . beschränkte Bilinearformen sind und mit denselben wiederholt der Prozeß der Faltung ausgeführt wird, so ist das Resultat von der Reihenfolge der einzelnen Faltungen unabhänorior ; es ist beispielsweise

{A{x,.)B{.,.))C{.,y) =^ A{x,.){B{.,.)Ci.,y<).

Wir entwickeln nunmehr die einfachsten Begriffe und Tatsachen über orthogonale Transformationen unendlich vieler Variabler. Bedeuten

{p, 2 = 1, 2, . . .)

irgendwelche unendlich viele, den Relationen

(5 = 1,2,...)

und

(/. = 1,2,...)

2 %rO,r = 0 (P + ü)

('• = 1,2,...)

genügende Konstanten, so definieren die Formeln

Math. Monogr. ;i: Hubert, lin. Integralgleichungon.

130 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

(45)

und

U/2 ^^21 ^ 1 i~ ^22 2 l" ' ' ' ? ^ 1 =^ ^11 ^l \ ^21 ^^2 I * ' " ?

je eine orthogonale Transformation; die letztere Transformation ist die Umkehrung der ersteren. Die Ausdrücke rechter Hand sind beschränkte Linearformen der unendlich vielen Variabein x^', x.^, . . . bzw. x^, X2, . .■ Die Bilinearform

0(X,X) = ^Op^XpX,^

heiße die zur orthogonalen Transformation (45) zugehörige Bilinearform; dieselbe ist, wie man leicht aus der oben angeführten Tatsache I erkennt, gewiß eine beschränkte Form. Es gelten nach Hilfssatz 3 die Formeln

(46) 0[,,x)0(,,y) = {x,y), 0{.,x)0{. ,y) = {x,y)-

insbesondere wird:

^{0pix\ + 0 ga:'^ H y = {x, x),

(p)

^{OipX^ 4- o^pX^ H )- = {x, x).

ip)

Wenn wir auf irgendeine beschränkte Linearform L[x) die ortho- gonale Transformation (45) anwenden, so entsteht die Linearform

L'{x)==LQO{.,x');

mithin entsteht, wenn wir beide Variabeinreihen irgendeiner beschränkten

Bilinearform Ä(x, y) jener Transformation unterwerfen, die Bilinearform

Ä'{x,y') = Ä{.,.)Oi.,x)0{.,y).

Sind Ä{x, y), B{x, y) irgend zwei beschränkte Bilinearformen, setzen

C{x,y) = A{x,.)B{.,y) und berechnen die orthogonal transformierten Formen A'{x',y) = A{.,.)0(,,x')0{.,y'), B{x', y) = J?(o , *) 0(o , x) 0{^ , y') , C'{x',y') = C{.,.)0(,,x)0{.,y'), so finden wir als Faltung der transformierten Formen

Ä'{x, o)JB'(o, y) = Ä(.,.)Oi., x) 0(. , o)5,L :.) OU, o) 0(„ y) und mit Benutzung des Hilfssatzes 3 und 4 und der Formel (46) Ä{x,,)B'{^,y)^A{.,,)B{,,,.^)0{.,x)0{^,y) = C{.,^)0{.,x)0{^,y)

und mithin

(47) Ä{x,)B\.,y)^C\x,y)

Kap. XL Theorie der orthogonalen Transformation. 131

d. h. die Faltung zweier Bilinearformen ist eine Kovariante gegenüber einer orthogonalen Transformation.

Wenn die Summe der Koeffizienten von x^y^ einer Bilinearform A{x,y) konvergiert, so bezeichnen wir diese Summe allgemein wie bei end- lichen Formen mit ^4(. ,.).

Wir erwähnen hier noch folgende ebenfalls leicht zu beweisende Tatsache:

Hilfssatz 5. Wenn

K{x) = ^ K1V9

eine quadratische Form von solcher Art ist, daß

(p,q = l,2,...)

2

gegen einen endlichen Grenzwert konvergiert, so stellt derselbe eine In- variante gegenüber einer orthogonalen Transformation von K(x) dar; d. h. jener Grenzwert stimmt mit

überein, wobei

(p,q = l,2,-..)

K'{X')= 2 Kq^>'q

(j),q = 1,2,...)

die durch orthogonale Transformation aus K(x) hervorgehende quadratische Form bedeutet.

Wir kehren nunmehr zu der oben entwickelten Theorie der quadra- tischen Form K(x) zurück und nehmen an, daß diese quadratische Form K{x) eine beschränkte Form sei.

Bedeutet wiederum -r^ , ^ r-r^/ \-.

den «ten Abschnitt von K{x), so ist der größte Wert, den K^{x) absolut

genommen annimmt, gleich („, , wenn A^^") den absolut kleinsten der

n Eigenwerte von £„(«■) bezeichnet. Da K{x) eine beschränkte Form sein soll, so gibt es eine positive Konstante M, so daß für alle Werte n und iedes Variabeinsystem , ^-. , . , . ,,

ausfällt, und mithin gilt auch oder

d. h. die absoluten Beträge der Eigenwerte von K^{x) bleiben sämtlich oberhalb einer von NuU verschiedenen positiven Größe, und es gehört

132 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

somit A = 0 ge^'iß nicht zum Spektrum von K{x). Nehmen wir um- gekehrt von einer quadratischen Form Kix) au, daß A = 0 nicht zu ihrem Spektrum gehöre, so müssen sämtliche Eigenwerte l^^^ ihrer Abschnitte KJ^{x) von einem gewissen n an absolut genommen oberhalb einer von Null verschiedenen positiven Grenze m bleiben, und hieraus wiederum

foM daß die Maxima , („, . der absolut genommenen Abschnitte K^ix)

unterhalb der Grenze bleiben müssen, d. h. die Form Kix) ist not-

wendig eine beschränkte.

Die soeben gemachte und im folgenden stets beibehaltene Annahme, daß K{x) eine beschränkte Form sei, ist also damit völlig äquivalent, daß A = 0 nicht zum Spektrum von K{x) gehöre, während die absoluten Beträge der Eigenwerte von K{x) sehr wohl über alle Grenzen wachsen dürfen.

Wir bestimmen nun eine Größe a so klein, daß auch X = ic nicht

dem Spektrum von K{x) angehört. Da dann die Nullstelleu der Diskrimi-

nanten der Abschnitte von

{x, x') XK(x)

sich an der Stelle X = a nicht häufen, so werden diejenigen der Ab- schnitte von / \ 1 f / \ x-/ M

{x, X) X{ {x, X) aK{x) ]

absolut genommen nicht über alle Grenzen wachsen, d. h. die quadratische

K*{x) = [x, x) aK{x) hat >l = oo nicht zum Verdichtungswert; diese ist zugleich auch be- schränkt. Bezeichnen wir mit K^{X'^x,y) die Resolvente von K^^ix) und mit K*j^{X\x,y) diejenige von K^^ipc), so finden wir unmittelbar aus der Definition der Resolvente die Gleichung:

(48)

K„a;^,!/) =— ~r •^n* {x-^'^^>y)'

Wenden wir nun unseren Satz I auf die Form K^{x) an und be- zeichnen die Eigenwerte, Eigenformen, ferner das Streckenspektrum und die Spektralform von K*{x) bzw. mit

80 ergibt sich* für alle außerhalb des Spektrums von K* liegenden Werte von A* die für jeden Abschnitt bestehende Gleichung

(49) ;,f^„'^™^^'^'^^ t^l__^* ' / l_>*

(»*)

und ebenso

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 133

Setzen wir in (49)

ein, wobei

X*

X ~ X-a'

1 *

Ip

Xp-a'

1

1-A

II* = -

1 '-^

X* X

1 ^ 1

wird, inid bezeichnen mit s die Menge der Punkte ^, die der Menge 6* der Punkte ,it* entspricht, so ergibt sich mit Rücksicht auf (48) die für jeden Abschnitt bestehende Gleichung:

'' (P,»)l -

X,

dabei sind dann A als die Eigenwerte, Ep = E^* als die zugehörigen Eigenformen, s als das Streckenspektrum, 6{}l) = 6'\{ii*) als die Spektral- form von K{x) zu bezeichnen, und* es ist A = oo als Eigenwert, E^^ als zugehörige Eigenfunktion von K{x) mitzurechnen, falls 2* = 1 Eigenwert von K*(x) war. Aus der obigen Formel für (x, x) wird

(50) (^' .^) = ^.^ -^j« + Jd6{l).

Die beiden letzten Formeln stimmen mit (42), (43) überein, wenn K{x) nicht X = oo zum Verdichtungswert hat; in der Tat folgt dann aus der Definition von K*{x), daß A* = 1 nicht Verdichtungswert und daher auch nicht Eigenwert von K* ist; demnach ist A = oo gewiß nicht Eigenwert von K{x).

' Bleibt K{x, y) für alle Variabein x absolut unterhalb der endlichen Grenze M, so entnehmen wir aus (2) und Hilfssatz 2, daß auch für alle m

K (^5 ^, y) = (*•; y)<n + ^^rn(.^, V) + ^^K.l^m{x, «/) + •••

gilt, wo

«<m, A| <^, - 1<'^„<+ 1

ist. Mit Rücksicht auf Hilfssatz 3 erhalten wir dann, wenn wir für x, y solche feste Werte nehmen, die von einem endlichen Index an sämtlich verschwinden, für m = m,^ in der Grenze h = oo die Formel

134 Kap. XL Theorie der orthogonalen Transformation.

L k«a(^; ^> y) ^ (^; y) + ^-^''^^ y) + ^-^^ipc, y) + ■■■

und hieraus für n = oo

X K«,(A; a:, ^) = (a:y) + kK(x, y) + ^^^^^(a:, y) + ---

A = oo

Die so gewonnene Formel sowie die Tatsache, daß jeder Abschnitt der Resolvente außerhalb des Spektrums regulär analytisch in k ist, zeigt, daß die Resolvente

K{l;x,ij) = L Y.,n^{l; X, y)

A = 00

der Form K(x, y) eindeutig durch K{x) bestimmt ist, und hieraus wiederum folgt, indem wir auf den Beweis für die Existenz des Grenz- wertes

L K,n,,{l; X, y)

A = 00

zurückgreifen, daß auch allgemein der Grenzwert

L K„.(^; X, y)

m = 00

existiert und dem obigen Grenzwert gleich sein muß. Die letzten Formeln gelten stets für jeden Abschnitt der in Betracht kommenden 'Formen. Aus (51) schließen wir, daß die Differenz

(52) K(A;x,i/)- {{x,y)-^XK{x,y)^l'KK{x,y) + --- + )-KK...K{x,y)\ eine Form ist, bei welcher der absolute Betrag jedes Abschnittes für 1 ^ I < nr unterhalb der Größe

1 ''IM\ bleibt. Durch Faltung jenes Ausdruckes (52) mit K{x, y) ergibt sich dann nach Hilfssatz 2, daß der Ausdruck

K{x,)K{k-.,y) - [K{x,y) + lKK{x,y) ^ ^ + X'KKKix, y) 4- + V'KKK . . . K{x, y) \

absolut genommen im gleichen Sinne die Größe

nicht überschreitet. Setzen wir in (52) die Zahl n -f 1 an Stelle von n und subtrahieren dann davon das A- fache des Ausdruckes (53), so ent- steht der Ausdruck

K(A; X, y) - lK{x, .)K(A; .,y)- {x, y), und dieser Ausdruck bleibt demnach absolut genommen unterhalb der

Größe

2 \XM\''+-

1 IIMI

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 135

Da nun diese Größe für n = oc gegen Null konvergiert, so ist damit die Gültigkeit der Gleichung

(54) K(yl; x,ij) - lK{x,.)K{X- .,y) = (x, y)

für A I < -^ und für jeden Abschnitt, und einer oben gemachten Be- merkung (S. 127) zufolge daher auch für beliebige Werte der unendlich yielen Variabein bewiesen.

Wir sind vorhin zu der Gleichung

(55) K(X; X, y) = {x, y) + lK{x, y) + X-KK(x, ?/) + •••

gelangt und haben die Gültigkeit derselben für jeden Abschnitt und für I A I < ,^ erkannt. Aus diesem Umstände wiederum schließen wir, daß für beliebige Werte der Variabein und 'f- < ^ jeder Abschnitt von

(56) K(A: x,y)-[ {x, y) -f XK{x, y) + + l^KK . . . K{x, y) ] absolut kleiner als

(57) "'*^'

1—X3I

ausfällt, und daher muß einer oben (S. 127) gemachten Bemerkung zufolge auch jener Ausdruck (56) selbst für beliebige Werte der unendlich vielen Variabein absolut kleiner oder gleich der Größe (57) bleiben. Hieraus folgt, indem wir n ins Unendliche zunehmen lassen, daß die Gleichung (55) für beliebige Werte der unendlich vielen Variabein x^^, x^, . . . und y^yy^, >

und für ; A ] < y, gültig ist.

Die Gleichung

(58) K(A, a:)

ist ebenso wie (50) vorhin nur in dem Sinne als gültig erkannt worden, daß man darin auf beiden Seiten die nämlichen Abschnitte ge- nommen denkt; wir wollen nun zeigen, daß diese Gleichung für beliebige Werte der unendlich vielen Variabein gilt vorausgesetzt, daß l einen außerhalb des Spektrums von K gelegenen Wert bedeutet.

Es sei «j, agj--- ein bestimmtes Wertsystem der unendKch vielen Variabein x^, x^, . . .\ dann bezeichne

den Wert, den E^ bzw. der nie und mte Abschnitt von Ep für jenes be- stimmte Wertsystem annimmt. Wegen (50) liegt

2 [^p(«)]n (p = l /')

136 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

unterhalb der von n und F unabhängicren endlichen Grenze {a, a); wir setzen

2 [^p^a)\n = ^(n, P),

(p = /' + 1, P + 2, . . .)

WO s{n,P) eine Größe ist, die bei festem )i für P = oo nach Null kon- vergiert. Da bei festem, außerhalb des Spektrums gelegenen ?. die Größen

1

sämtlich eine endliche obere Grenze G haben, so ist, wenn

V t^''";!" - n(n, P)

^ , '■

(p = P + l,P + 2,...) - j^

1

1

gesetzt wird, die Größe rj/w, P) ebenfalls eine solche, die bei festem n für P = oo nach Null konvergiert.

Da andererseits

^V -^/'(^)

Zj , i

eine beschränkte Form ist, und zwar derart, daß die absohiten Beträge ihrer Werte sämtlich unterhalb der von P unabhängigen Grenze G bleiben, so folgt aus unseren früheren Betrachtungen (S. 127), daß

(j)= i,...,p)l

> X" = WV^^ « + 1 + Ö^ « + 2 H 1- « m >

p

l {p = i,...,P) 1 ^^

(m > n)

wird, worin {G) eine zwischen endlichen von n, m, P unabhängigen Grenzen gelegene Größe bedeutet.

Aus den beiden letzten Gleichungen ergibt sich

(p= 1, ...,/') 1 —y"' (i'=i,2...)l y-

und wenn wir hierin zuerst m = oo und zuletzt n = oo werden lassen, so erhalten wir

Ä..,i-

(p = l,2,...) A , " ~(p = l,,2,...)l— y-

Andererseits wenden wir die oben (S. 127) zum Beweise der Konver- genz von Ä(a, h) dargelegte Schlußweise auf die Bilinearform ff(Z; x, y) an. Da mit Rücksicht auf (31)

[6{ii;x,y)\<l

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 137

folgt und mithin für alle Werte von ^v bei beliebigen x^, x.^, . . . und

sein muß, so folgt durch jene Schlußweise zugleich in bezug auf alle ^ die Gleichmäßigkeit der Konvergenz von [(3(ß-, x, y)]^ gegen 6{}i; x, y); mithin stellt die Bilinearform ö(ii]X,y) für jedes Wertsystem der un- endlich vielen Variabein x^, x.^, . . . und yi,y2,--- eine stetige Funktion von /i dar, und hieraus wiederum folgt

Mit den beiden letzteren Limesgleichungen ist unsere Behauptung er- wiesen, d. h. die Gültigkeit der Partialbruchdarstellung von K(A; x) auf beliebige Werte der unendlich vielen Variabelu erweitert.

Die soeben als allgemeingültig erwiesene Partialbruchdarstellung von K(il;a;) läßt zugleich erkennen, daß der Wert der Resolvente K(A, a;) für jedes beliebige System der unendlich vielen Variabein rr^jiCg, ... eine in X außerhalb des Spektrums regulär analytische Funktion ist.

Setzen wir in K(2;a:, y) allgemein an Stelle von x den Ausdruck

^ ' -, so entsteht die Faltung: dyp ' °

und daher stellt auch diese für jedes Wertsystem der unendlich vielen Variabein x^, x.^, . und ^1,^0,... eine in X außerhalb des Spektrums regulär analytische Funktion dar.

Aus diesen Tatsachen folgern wir die Gültigkeit der Gleichung f54) nicht nur für beliebige Wertsysteme der unendlich vielen Variabein a:"j, x^, ... und y-iiy^, •■) sondern auch für alle außerhalb des Spektrums liegenden Werte von X.

Wir fassen die wichtigsten der gewonnenen Resultate, wie folgt, zusammen:

Satz 32. Es sei K{x) eine beschränkte quadratische Form der un- endlich vielen Variahein x^, x^, . ... Die Resolvente K(A; rc) vom K{x) ist eine eindeutig bestimmte quadratische Form eben dieser Variabein x^, x^, . .

K{X,x)==2K^{X)x^x,^,

deren Koeffizienten Kj,^(A) für alle außerhalb des Spektrums von K gelegenen Wert^ X regulär anahjtische Funktionen von X sind.

Die Besolvente K(/l; x) ist, icenn X einen außerlialb des Spektrums von K gelegenen WeH bedeutet, eine beschränkte Form; sie stellt für jedes he-

138 Kap. XL Theorie der orthogonalen Transformation.

liebige Wertsystem der unendlich vielen Variabein x^, Xo, . . . eine analytische Fmiktion von A dar.

Die Resolvente Y<[^k, x) gestattet für beliebige Werte der unendlich vielen Variahein x^, x^, . . und für genügend Meine Werte von k die Potenz- reihenentwicldung

(59) K(A, x) = {x, x) + XK{x) + )}KK{x) + '■■,

und ferner gilt ebenfalls für beliebige Werte der unemllicli vielen Variabein und überhaupt für alle außerhalb des Spektrums von K gelegenen Werte l die Partialbruchdarstellung

(60) K{L x)=2 ^,- + T-'^'^V

(i».»)! - J i i

ip (") fi

Dabei ist die Summe über das gesamte PunJctspeMrum von K, d. h. über alle Eigeniierte eventuell mit Einschluß des Eigenwertes oo zu erstrechen; E bezeichnet allgemein die zu A^ gehörige quadratische Eigenform; sie ist eine beschränJcte Form, die für kein Wertsystem der Variabein x^^, x^, . . . negativ ausfällt. Die Spektralform (?(A) ist eine beschränkte Form der unendlich vielen Variabein x^, Xo, . . ., und zwar stellt sie für jedes Wert- system derselben in bezug auf X eine Funktion dar, die stetig ist und bei ivachsendem A innerhalb des Streckenspektrums s von besonderen Werten der x^, x^, . abgesehen ivächst, in jedem außerhalb s gelegenen Intervalle aber konstant bleibt.

Insbesondere gelten die Gleichungen

(61) {x,x)==^E^+Jdö{X),

iß, «>) w

(62) ^w=2:t+y-i^-

Die Resolvente K(X, x) ist mit K{x) durch die Relation

(63) K(A; X, y) - XK{x, .)K(A; .,y) = (x, y)

verknüpft, die für alle außerhalb des Spektrums von K liegenden Werte von X gültig ist.

Setzen wir

K(A; X, y) = (c^x^ -{- cc^x.^ -\ ,

wo «1, «2) gewisse lineare Funktionen von yi,y2, - niit konvergenter

Quadratsumme sind, so folgt aus (63) durch Gleichsetzung der Koeffizienten

von X :

ccp - X ^kp,^a^ = yp (p = 1, 2, . . .),

(?)

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 139

d. h. a^, Ko, . . lösen diese inhomogenen*, aus der quadratischen Form (x, x) XK{x) (wo X außerhalb des Spektrums liegt) entspringenden un- endlich vielen Gleichungen, wenn xj^, y^, ... irgendwelche Größen mit konvergenter Quadratsumme sind; sie sind die einzige Lösung mit kon- vergenter Quadratsumme.

Wir wollen nunmehr das Verhalten der Resolvente K(il, x) für einen innerhalb des Spektrums von K liegenden Wert von X untersuchen.

Zu dem Zwecke setzen wir

X = V -\- iv j wo V, V reelle Zahlen bedeuten, und fragen, ob das Produkt

für v' = 0 einem Grenzwerte zustrebt.

Es sei zunächst v eine Verdi chtungsstelle der Eigenwerte von K{x), aber nicht gleich einem Eigenwerte von K(x)-^ dann setzen wir

ip)

und bezeichnen mit r,„ denjenigen unter den Eigenwerten Xj, . . ., A,,^, der dem Werte v am nächsten liegt. Nehmen wir nunmehr m so groß, daß gerade noch

ist, so wird

lUr « < m \-. r < -. < j : < Vv

Xf-p A t-p V I V,„ V\ '

und für |j ^ m gewiß '■. ^ 1

und daher auch

l'' - ^2j^ ^ ^^^-^^ + + ^J + K. <V7-\-B,^. (p) Da nun für v = 0 notwendig m über alle Grenzen wächst und daher i?„, gegen Null konvergiert, so folgt

(64) ,.L{(—>-)2^->.]-^-

(P)

Die letztere Grenzgleichung gilt gewiß auch, wenn v weder Verdichtungs- stelie der Eigenwerte von K(x) noch selbst gleich einem Eigenwert ist.

Aus diesen Tatsachen entnehmen wir andererseits, daß, wenn v dem Eigenwerte X gleich ist, stets notwendig

(p) ausfällt.

140 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

Es sei jetzt v ein Punkt des Streckenspektrums s und ju' eine reelle Zahl > V. Nehmen wir alsdann

V = (v ii'Y,

so erhalten wir durch eine ähnliche Abschätzung des bis /t' erstreckten Integrales

(66) L{(v-«7f^')) = 0.

a(i)

Ebenso folgt auch

(67) ij(,_,)jl«(.)) = 0.

f7(-oo)

Wegen

folgt aus (64), (65), (66), (67), daß

(68) ' ' = 0

bzw. = /l„E„

ist, je nachdem v keiner der Eigenwerte von K{x) ist bzw. dem Eigen- wert A„ gleich wird.

Als Ergänzung hierzu tritt, wenn

A = «'v' gesetzt wird, die Grenzgleichung

iK(/l, a;) = 0

(69) »'==0 ^

bzw. = jE"« ,

je nachdem A = oo kein Eigenwert ist oder als solcher gerechnet werden muß. Um dies einzusehen, dienen die analogen tJberlegungen wie vorhin: man nehme bei der Untersuchung der Summe m so groß, daß gerade noch V > vj'y wenn v^ den absolut größten der Eigenwerte Aj , . . . 2„, bedeutet, und nehme bei der Untersuchung des Integrale v = [i^.

Bedeutet [i irgendeinen außerhalb das Spektrums von K^ liegenden Wert, so folgt aus (6l>) durch Faltung mit K(.«; a', i/)

A^(.,.)K(A;.,a;)K(.«;.2/) = Ka;.,r^-)K(u;.,y)-KCu;:r,«/).

Aus dieser Formel und derjenigen, welche aus ihr durch gleichzeitige Ver- tauschung von A; rTj, a'g, ... mit ii-^ Vi, V»' - entsteht, finden wir die Formel

(70) (A - iu)K(A; rr,.)K(/i; i/, .) = AK(A; x, y) - .«K(/t; x, y). Bedenken wir nun, daß die Faltung

K(A;^,.)K(^;.,?/)

Kap. XL Theorie der orthogonalen Transformation. 141

denjenigen Ausdruck bedeutet, der entsteht, wenn wir in K(A; x, y) an Stelle der Variabein ^1,2/2, bzw. die Werte

eintragen, so erkennen wir aus (68), daß bei festgehaltenem u und für X = X -\- iv'' die Limesgleichung

(71) Lil^- 2)K(A: x,.)K(^r,.,y) = l^E/x,.)K(ß', . ,y)

gelten muß. Da andererseits ebenfalls mit Rücksicht auf (68) in gleichem Sinne

(72) i:(A^- ;0 { AK(Z; x, y) - .«K(a-, x,y)] = l^E^^x, y)

v'= 0 /' >'

wird, so folgt aus (71), (72) wegen (70), wenn wir noch X statt u schreiben;

(73) E^ix, .) K(A; jy , .) = ^^-^^ E^{x, y).

Setzen wir in dieser Gleichung wiederum l = X -}- iv', so folgt aus ihr durch Multiplikation mit l X und Anwendung von (68) die Formel

('4) E^{x,:)E^{.,y)=^E^{x,y).

Nehmen wir jedoch zuvor in (73) an Stelle von p den von p ver- schiedenen Index ci und verfahi-en dann in gleicher Weise, so folgt

(75) E^(x,)E,^{.,y) = 0, (p^q).

Mit Benutzung von (69) erkennen wir in gleicher Weise, daß die Formeln (74), (75) auch gültig sind, wenn statt E die ev. zu X = 00 gehörige Eigeuform E^ gesetzt wird.

Setzt man den Wert von K{X; x, y) aus (60) in (73) ein, so folgt aus (74), (75), daß identisch in X die Gleichung

(76) E/x,.)p-^^-0

w

erfüllt ist; dieselbe Gleichung gilt auch ev. für die Eigenform E^.

In der nachfolgenden Betrachtung verstehen wir allgemein unter einer Eiyizelform eine solche beschränkte quadratische Form E, deren Punktspektrum im Endlichen nur aus dem einen Punkte 1 besteht und die kein Streckenspektrum besitzt. Wenden wir unsere Darstellung {Q2) auf die Einzelform E an, so folgt, daß E selbst die zum Eigenwert 1 gehörige Eigenform ist und mithin wegen (74) der Relation (77) E{x,)E{.,y)=^E{x,y)

142 Kap. X[. Theorie der orthogonalen Transformation.

genügen muß. Umgekehrt, wenn eine beschränkte quadratische Form E der Relation (77) genügt, so erhalten wir für ihre Resolvente bei An- wendung der Formel (59) den Ausdruck

(x, x) + lE+r-E + (x, x)-E-\- ^^^^,

und hieraus erkennen wir mit Rücksicht auf (68), (69), daß E nur den einen endlichen Eigenwert 1 besitzt, und sodann folgt auch das Nicht- vorhandensein eines Streckenspektrums; d. h. E ist eine Einzelform. Wenn

irgendwelche Linearformen in endlicher oder unendlicher Zahl bedeuten, deren Koeffizienten den Relationen

{>■)

L,(,)L^(.) = yi,rhr=0 ip + q)

{'■)

genügen, so heiße jenes Formensystera ein System orthogonaler Linear- formen oder kurz ein orthogonales System.

Der enge Zusammenhang des so definierten Begriffes mit dem Be- griff der Einzelform wird erkennbar durch den folgenden Satz:

Jede Einzelform ist als Summe von Quadraten der Linearformen eines orthogonalen Systems darstellbar, und umgekehrt stellt die Summe der Quadrate der Linearformen eines orthogonalen Systems stets eine Einzelform dar.

Zum Beweise der ersten Aussage bedenken wir, daß, wenn

E{x) =^2ep,x^x^

gesetzt wird, wegen (77)

^11 ^^ ^ll' ~r ^12"" r ^13 "!"•■■ sein muß; wenn daher die Variabele Xy in E überhaupt vorkommt, so ist gewiß der Koeffizient von x^^ in E positiv. Setzen wir

so erhalten wir wegen (77)

L,(,)E{x,.)^L,(x),

AQA(.) = i-

Bilden wir daher

(78) E,ix) = Eix)-rL,{xy,-

80 ergibt sich

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 143

(^^^ E,{x,.)E,(,,y)^E,(x,y),

d. h. E^ ist ebenfalls eine Einzelform; da E^ als solche eine definite Form ist und wegen (78) der Koeffizient von x^^ in E^ den Wert Null hat, so kommt die Variable x^ in E^ überhaupt nicht vor.

Wenden wir das nämliche Verfahren statt auf E nunmehr auf E^ an, so gelangen wir zu einer Linearform L^ und der Einzelform

E,{x) = E,(x) - L,(xy = E(x) - L,(xf - L.ixf, die die Variablen x^, x., nicht enthält; zugleich folgt aus (79)

Schließlich ergibt sich der Ausdruck

E{x) - L,(xy - L,(xf

als eine definite beschränkte Form, die keine der Variabein x^^, x.^, enthält und daher identisch NuU ist, d. h. es ist

E{x) = L,(xf ^L,(xf + --- Um die umgekehrte Aussage des Satzes zu beweisen, bilden wir zu- nächst aus den ersten 7n Linearformen X,,...,iv,„ des vorgelegten ortho- gonalen Systems den in x^fX^,... linearen Ausdruck

3I(x) = (x, y) - L,(x)L,(ij) L^{x)LJy).

Da die Quadratsumme der Koeffizienten von M{x)

M{:)M(:) = (tj, y) - L,(yf LJy?

wird, so folgt, daß hier auch die rechte Seite positiv ausfällt; mithin stellt auch die endliche bzw. unendlich fortgesetzte Formenreihe

L,{yf + L,{j)-f + - eine beschränkte quadratische Form dar, und wegen der Orthogonalitäts- eigenschaften der Linearformen L^, L^, . . folgt sodann, daß diese Form die Relation (77) erfüUt.

Die Einzelform (x, x) und nur diese besitzt auch A = oo nicht als Eigenwert.

Wir wenden nun die vorstehenden Ergebnisse auf die Eigenformen der quadratischen Form K{x) an. Lidern wir die sämtlichen Eigen- formen Ep bzw. Ej^, E^ von K(x), die wegen (74) Einzelformen sind, als Summen von Quadraten linearer orthogonaler Formen :c/, x^', . . darsestellt denken, orelansen wir in iolojender Weise zu einer orthogonalen Substitution der Variabein j\, x^, ....

Wir bilden zunächst die Form

(Xf Xj x^ ~ x^ 1

144 K^ap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

dieselbe genügt der Relation (77) und ist daher eine Einzelform der Yariabeln x.^, Ci\, . . .: setzen wir dieselbe in die Gestalt t^- -f ^g" + " ' '? wo I,, Ig? ebenfalls ein orthogonales System linearer Formen bedeuten, die auch zu x^, x{ . . . orthogonal sind, so haben wir

{X, X) = xC'^Xp^- . + 1^2^ 1,2^ . . .,

und mithin definieren die linearen Formen x^, x^^ . . ., 1^, ^2> zusammen- genommen eine orthogonale Substitution der Variabein x^, x^, . . .

Da die Gleichung (7G) gewiß für alle in genügend kleiner Umgebung von A = 0 liegenden Werte von l gelten soll, so schließen wir, da man jede stetige Funktion w{)x) in dem 0 nicht enthaltenden Intervall s durch

lineare Aggregate von Funktionen 1 gleichmäßig approximieren kann, daß auch für jede stetige Funktion iv{\i)

Ep{x,.)fw(ß)d6i)L',.,y)=^0 (') und folglich auch für alle /t

(80) E/x,.)ö(ß',.,y) = 0

sein muß. Denken wir nun hierin an Stelle der Variabein x^jX^, ... die Variabein x{, x^, . ., $1,^2» eingeführt, so lehrt (80) mit Rücksicht auf die Kovarianz der Faltung bei orthogonaler Transformation, daß die so transformierte Spektralform von den Variabein x^, x.^', . . . frei ist; wir bezeichnen sie mit ^f/t; |). Die Formel (60^ nimmt alsdann die Gestalt an

wo \, A"2, . . die betreffenden reziproken Eigenwerte bedeuten, nachdem sie in eine einfach unendliche Reihe gebracht worden sind, wobei derselbe Wert mehrfach vorkommen kann.

Um die charakteristischen Eigenschaften der Spektralform l(ji-, |) zu finden, tragen wir in (70) den eben gefundenen Ausdruck (81) für die Resolvente ein; wir erhalten

J 9 J Q

'rfr(pj,»l) .. /^d^(Q;^,ri)

^ ^ I . l^

-J Q 'J Q

und mit Rücksicht auf die Identität

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 145

X ^ a 1 1

Q e 1 1

Q Q

folgt

Da diese Gleichung für alle Werte von X, ^ gültig sein soll, so schließen wir wie oben, daß auch für beliebige stetige Funktionen u{q), v(q)

fu{Q)d^{Q] ^,.)J'v(Q)dti9].,v) -ß(.Q)v(Q)dt(Q] I, v)

gilt; für u(q) = v{q), | = f? nimmt die gefundene Relation die Form an f(tliQ)ydt(Q] I) =fu{Q)dtiQ] l.)fuliQ)dt{Q;.,^).

Weiterhin folgt aus (81), für 1 = 0

(|,|)=pe(^;|). W

Da umgekehrt aus der vorletzten Relation die vorhergehenden und mithin schließlich auch (70) und daraus mit Hilfe der letzten Gleichung auch (63) gefolgert werden kann, so erkennen wir, daß die beiden zuletzt gefundenen Bedingungen zur Charakterisierung der Spektralform t, auch hinreichend sind. Aus (68), (69), (74) folgt die eindeutige Bestimmtheit von 2 , E,,, und andererseits schließen wir, daß auch die Spektralform durch die obigen für sie charakteristischen Relationen und durch die Forderung, es solle K die Darstellung (62) gestatten, eindeutig bestimmt ist; denn die eben angedeutete von den Eigenschaften der Spektralform ausgehende Betrachtungsweise ergibt, daß die Resolvente durch (60) dar- gestellt ist, und daß also wegen deren eindeutiger Bestimmtheit auch

/— ^ y für aUe A und daher auch die Spektralform selbst eindeutig

W

bestimmt ist.

Wir fassen die orewonnenen Resultate wie folgt zusammen:

Satz 33. Jede beschränJde quadratische Form K unendlich vieler

Variablen läßt sich stets und nur auf eine Weise durch eine orthogonale

Substitution in die Gestalt bringen

K = iw+'W+---+ß~^t'^''

Math. Monogr. 3: Hubert, Ud. lategralgloichungcu. 10

146 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

WO l\, Jc2, ... gewisse absolut iinterhalh einer endlichen Grenze liegende Größen {die reziproJcen Eigemverte) bedeuten und die Speliralform (j(ju; ^) die zu ihrer Charakterisierung hinreichenden Belationen

(82) f{ui[i)yd6ir, 5) =fuifi)da{^;^,.)fu(^u)da{p-.,l),

(*) {*) (.")

(I, I) = fda{^', I)

(h identisch für alle stetigen Fmikiionen «(ft) erfüllt

Setzen wir in (63) X = X -\- iv, so folgt uacli Multiplikation mit Ajj A für V = 0 wegen (68) :

Wenn wir E als Quadratsurnnje eines orthogonalen Systemes darstellen:

so ergibt sich durch Faltung mit Lp,^(y):

d. h. die Gleichung

lLQK(x,.) = L{x)

kann durch eine beschränkte Linearform L gewiß dann identisch in x^^a'o,... befriedigt werden, wenn l einer der Eigenwerte von K ist. Ebenso folgt aus (69), daß

L{.)K(x,.)==0

gewiß dann befriedigt werden kann, wenn X = oo ein Eigenwert ist.

Wir können uns jetzt auch umgekehrt davon überzeugen, daß die obige Gleichung nur in diesem Falle durch eine beschränkte Linearform lösbar ist. Mit Rücksicht auf Satz 33 bedarf es dazu nur des Nachweises, daß, wenn L eine beschränkte Linearform der Variabein |j, 1,; ist, die Relation

w für keinen Wert von X statthaben kann. Bezeichnen wir die Koeffizienten von L mit l, so nimmt die letztere Relation die Gestalt an

aJ^^'') = (I,0-

Hiervon subtrahieren wir die Relation

p<^t;|,Z) = (|,Z)

und erhalten so die Relation

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 147

J(l- '^)da{^-ll)-0, (■*) die ebenfalls identisch in |j, I2? erfüllt wäre. Nehmen wir nun in (82)

n(ii) = 1 , so folort hieraus

/(

i--^ydö(^i',i)=o,

und dies ist, da

fdadr, l) = (l, l)

ist und da 6 nie abnimmt, nur möglich für (?, ^) = 0; wir gewinnen so folgende Tatsache:

Satz 34. Wenn K irgendeine 'beschränJde quadratische Form ist, so ist die Belation

XL{.)K{x,.) = L(x)

durch eine heschränJcte Linearform L dann und nur dann lösbar, wenn l ein Eigenwert von K ist.

Insbesondere ist die Gleichung

L(.)Kix,.) = 0

dann und nur dann lösbar, wenn A = oo ein Eigenwert von K ist. Ist A = 00 kein Eigenwert, diese Gleichung also nicht lösbar, so heiße die quadratische Form abgeschlossen.

Wir wollen uns fortan in diesem Kapitel XI mit gewissen zwei Spezialfällen des Satzes 33 ausführlicher beschäftigen.

Wir nennen eine Funktion F(x^, oc^, . . .) der unendlich vielen Variabein x^^, x^, . . . für ein bestimmtes Wertsystem derselben vollstetig, wenn die Werte von F(x^ + ^i? ^2 + ^2» •) g®»®^ ^®^^ Wert F(x^, X2, . . .) kon- vergieren, wie man auch immer s^, ^2; ^^^ ^^^^ ^^ Null werden läßt d. h. wenn

LF{X^ + £1, 0^2 + «2» •) = F(^U ^27 •) f 1 = 0, f j = 0, . . .

wird, sobald man £^, e^, . . . irgend solche Wertsysteme £^^''\ £3'^^ durch- laufen läßt, daß einzeln

h = oa h aa

i.st. Wenn eine Funktion für jedes Wertsystem der Variabein mit kon- vergenter Quadratsumme vollstetig ist, so heiße sie schlechthin vollstctig. An den Begriff der Vollstetigkeit knüpfen sich unmittelbar folgende Schlüsse.

10*

148 Ka^p. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

Hat eine rollstetige Funktion F die Eigen.scliaft, absolut genommen für alle Werte der Yariabeln unterhalb einer endlichen Größe zu bleiben, so besitzt sie wie leicht durch das bekannte für endliche Variabeln- zahl angewandte Verfahren bewiesen werden kann ein Maximum. Be- deuten ferner L^{x), . . ., i„,(^) noch m weitere vollstetige Funktionen der Variabein x^, x^, ... und werden nur diejenigen Wertsjsteme dieser Variabein zugelassen, die den Bedingungen

genügen, so besitzt F ein relatives Maximum; dabei sind die Variabein stets an die Ungleichung

{x, x) -^l gebunden.

Eine beschränkte Linearform der Varial)eln x^, Xc^, ... ist, wie man sofort sieht, auch vollstetig in diesen Variabelu. Wir schließen daraus leicht, daß eine vollstetige Funktion der Variabein x^, x^, ... durch orthogonale Transformation derselben wiederum eine voUstetige Funktion der neuen Variabein wird.

Ist eine beschränkte quadratische Form K vollstetig, so ist offenbar, daß ihre Eigenwerte sich im Endlichen nicht häufen; zugleich läßt sich zeigen, daß ein Streckenspektrum überhaupt nicht vorhanden sein kann. Aus Satz 33 gewinnen wir mithin folgendes Resultat:

Satz 35. Wenn eine hescJiränJde Form K vollstetig ist, so läßt sie sich stets durch eine orthogonale Substitution in die Gestalt bringen

(83) K{x) = \ x^- -^-^x^--] ;

dabei sind die Größen \, 1:^, . . . die reziproken Eigenwerte von K und besitzen, falls sie in unendlicher Anzahl vorkommen, Null als einzige Vir- dichtungsstclle.

Wegen der mannigfaltigen und wichtigen Anwendungen dieses Satzes

O Od o O

geben wir hier für ihn einen sehr einfachen und von der obigen Theorie unabhängigen Beweis.

Wir nehmen zunächst an, daß K eine positiv definite Form sei; alsdann seien

Xj ^= 11; ^2 12?

solche Werte der Variabein, für welche K{x) das Maximum l\ erlangt. Offenbar fällt die Quadratsumme dieser Werte gleich 1 aus, da wir ja sonst den Wert der Form ohne Verletzung der Bedingung (x, x) ^ 1 vergrößern könnten. Wir setzen

Kap. XL Theorie der orthogonalen Transformation. 149

und bestimmen, indem wir nunmehr den Variabelu die Bedingung

auferlegen, das relative Maximum /r« von K(x)'^ dasselbe werde für die Werte

X^ = t2i j -^2 ^^ ^22 >

erlangt, deren Quadratsumme wiederum gleich 1 ausfallen muß. Ferner setzen wir

J-'2 \^) '^^ '21 *^i ~r ^22 '^2 ~r

und bestimmen, indem wir den Variabein die Bedingungen

L,{x) = 0, L^{x)==0 auferlegen, das relative Maximum Ä'g von K{x)-^ dasselbe werde für

'^l "^^ ^31 j ^2 ^^ '32 ; * erlangt. Wir setzen dann

■^SV^) ^^ ''31 "^1 "r '32''^2 I *

und erhalten durch Portsetzung dieses Verfahrens ein System von linearen Formen L^, L^, L^, . . . mit den Orthogonalitätsei genschaften

L,{.)L,i.) = 0 0 + g).

Auf Grund der früheren Betrachtungen (S. 143) bestimmen wir zu diesen Linearformen ein solches System von Linearformen

3I,ix), M,ix), ..., daß

»A/i -^-^1 V / J

X2 = 1^2 i."^) f

y^-=3I^(x), y^^M^ix),

eine orthogonale Substitution der Väriabeln x^, x^, . . . bilden. Die ver- möge dieser orthogonalen Substitution transformierte Form K{x) be- zeichnen wir mit K(x', y). Der Koeffizient von xp in K{x, y) muß offen- bar gleich Ä:^ ausfallen. Andererseits dürfen weitere x^ enthaltende Glieder in K{x', y) nicht vorkommen, da ja die Differenz

K{:»f, y) - \ {x^' + x;^ + . . . -^- ^^2 ^ ^^^ _^ . . .) = K{x) - \ (x, x)

für alle Werte der Variabein x^, x^, . ., y^, y2, negativ oder Null ausfallen soU. Da die nämlichen Überlegungen für x.2, x^, . . . gelten, so haben wir

Kix, y) = l^.xC- + A-2<2 -h + R{y),

150 Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation.

■WO jR(y) eine quadratische Form bedeutet, die allein die Variabein y^yy^, . . enthält.

Da K vollstetig ist, so gilt dies auch von der Form

K{x% 0) = h^x^^ + h^xp + •, und mithin müssen die Größen /.j, Ic^, . . ., falls sie in unendlicher Anzahl vorkommen, gegen Null konvergieren; denn sonst würde es eine Reihe von Werten von K{x'0) geben, die gegen einen von Null verschiedenen Wert konvergiert, während jedes der Argumente x^', a;/, . . . für sich gegen Null konvergiert.

Gäbe es nun ein Wertsystem y^ == m^, y^ = m^, . . ., für welches Il{'»i) > 0 ausfiele, so könnte man q so bestimmen, daß auch IKjn) > A' wird. Alsdann würde für

V = 0, < = 0, . . ., 7j^= m^, y.^ = m,, . . . auch K^li^ ausfallen; die Gleichungen

A(^) = ^j •^2(^) = ö> •• M^{x) = m^, M^ioc) = Wg, . . . würden mithin ein Wertsystem der Variabelu x^, x<^, ... bestimmen, für welches insbesondere die Bedingungen

L,{x) = Q, ..., Ivi(^) = 0 erfüUt sind und zugleich K^l;^ ausfällt; dies widerspricht der Be- stimmungsweise von k^, und mithin ist Il(y) nicht positiver Werte fähig.

Wegen „.„ . ,-,. .

K{0, y) = R{y)

ist jR(y) gewiß auch negativer Werte nicht fähig, und folglich ist B,{y)

identisch gleich Null; d. h. es ist

K{x) = hW{x) + \W{x) + •.

Wird K{x) nicht als eine definite Form angenommen, so führt die nämliche Überlegung auf die Darstellung

K{x) = \L,\x) + h,W{x) + + B{y), wo jR(«/) positiver Werte nicht fähig ist. Da sodann -R(«/) als positiv definite Form eine Darstellung derselben Art zuläßt, so erhalten wir schließ- lich auch für K eine Darstellung durch die Quadrate orthogonaler Linear- formen, und damit ist der Beweis für den Satz 35 vollständig erbracht.

Ein hinreichendes Kriterium für die Vollstetigkeit einer Form ge- winnen wir durch folgenden Satz.

Satz 36. Wenn für eine quadratische Form K eine der Summen

(P, <j) {P, 9)

p, q, r, «)

Kap. XL Theorie der orthogonalen Transformation. ]51

endlich bleibt oder wenn für eine definite quadratische Form K eine der Summen

(p)

(P. <1, '■)

endlich bleibt, so ist K eine beschränkte vollstetige Form.

lu der Tat, ist K eine quadratische Form, deren Koeffizienten eine endliche Quadratsumme besitzen, so folgt wegen

notwendig

^(^)!^V'JV

{p,g)

Durch Anwendung dieser Tatsache auf die quadratische Form

Rix) - K^ix) =2^\,x^x^, ip.'j)

wo rechts p, q alle ganzzahligen Wertepaare, abgesehen von solchen, für die zugleich jj ^ n und q^n ist, durchläuft, finden wir

\K{x)-K^{x)\<-\/2^r,)T,^,\ und hieraus entnehmen wir, da doch

wird, die verlangte Vollstetigkeit von K{x). Ist K eine definite Form, so muß

sein, und es ist mithin

(p, g) (p)

wenn also bei einer definiten Form ^k„„ endlich bleibt, so haben ihre

Koeffizienten gewiß auch eine endliche Quadratsumme, und die Form ist

nach der vorigen Betrachtung wiederum eine vollstetige Funktion der

Variabein.

Nunmehr erkennen wir leicht der Reihe nach folgende Tatsachen: 1. Wenn eine beschränkte quadratische Form K nicht vollstetig ist,

so ist sie auch für das besondere Wertsystem 0, 0, . . . nicht vollstetig.

Diese Behauptung folgt durch Anwendung der Formel K{x + a) = K{x) + 2K{x, a) + K{a),

]^52 Kap XL Theorie rier orthogonalen Transformation.

wenn darin für a, , a^, . . ein Wertsystem genommen wird, für welches K nicht vollstetig ist mit Berücksichtigung des Umstandes, daß K(x, a) als eine beschränkte Linearform gewiß vollstetig ist.

2. Wenn K eine vollstetige quadratische Form ist, so ist es auch die Form KK] dies ergibt unmittelbar der Satz 35.

3. Wenn K eine vollstetige, 7l* irgendeine quadratische Form ist und für alle Wertsysteme x^, x^, . . die Ungleichung

K*(x) £\K{x)\ gilt, so ist auch K''- vollstetig; denn aus dieser Ungleichung folgt die Vollstetigkeit für das Wertsystem 0, 0, ....

4. Wenn K eine vollstetige, Ä^* eine beschränkte Form ist, so ist die Faltung beider Formen vollstetig; wegen

I K{x, .)K'^{x, .) ^ V{KK{x)){K''K*{x))

ist nämlich diese Faltung für das Wertsystem 0, 0, . . . gewiß vollstetig, da nach 2 die Form KK vollstetig ist.

5. Wenn die Faltung KK einer quadratischen Form K mit sich selbst vollstetio- ist, so ist es auch die Form K selbst; dies ergibt sich ebenso vermöge 1 aus der Ungleichung

\K{x)\^yKK{x).

6. Ist eine der Formen, die durch wiederholte Faltung aus der be- schränkten Form K entstanden sind:

K^^)=KKK, K^')=KKKK, K'^)=KKKKK, ...

vollstetig, so ist auch K vollstetig. Denn ist etwa K^^'> vollstetig, so sind wegen 4 auch die Formen

^(/+i\ K(^+'\ ...

vollstetig; wählen wir unter diesen eine Form aus, für die die Faltungs- zahl eine Potenz von 2 ist, etwa ÜT'^ \ so schließen wir durch ^- malige Anwendung von 5 auf die Vollstetigkeit von K.

7. Wenn K eine beschränkte definite Form ist, so sind auch die Faltungen K'-^\ K'^^\ . . . definit; denn es entsteht beispielsweise X'^^ aus K,

indem wir in K{x) an Stelle der Variabein x^ die Ausdrücke g^ "

einsetzen.

Da nun allgemein s^ nichts anderes als die Invariante Ä''-^^(. , .) d. h. die Summe der Koeffizienten von xj^ in K'-^^ ist, so folgt aus 6 und 7, da der Fall /"= 1 bereits zuvor erledigt worden ist, die Richtigkeit des Satzes 36 allgemein.

Aus Satz 35 und 36 entnehmen wir die folgende Tatsache:

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. 153

Satz 37. Eine quadratische Form K, die eine der Voraussetzungen des Satzes 36 erfüllt^ gestattet gewiß die orthogonale Transformation (83) auf eine Quadratsumme.

Ein (Tegenstück zu dem iu deu Sätzen 35 37 behandelten Fall bildet die Annahme, daß die Form K kein Punktspektrum, sondern nur ein Streckenspektrum besitzt. Um hier nur deu ein- fachsten Fall der überdies typisch ist ins Auge zu fassen, fügen wir dieser Annahme noch die weiteren hinzu, daß das Streckenspektrum s aus einer endlichen Anzahl von Intervallen bestehen möge, daß ferner die Koeffizienten der Spektralform a{n, |) stetig differenzierbare Funktionen von n seien und endlich, daß, wenn

d6{iL,i)

= ^C«J)=^v,,(/^)l,l,0

gesetzt wird, i'^iß) innerhalb s nirgends verschwindet und, wenn der Kürze halber

^,(a) = ^iM, ^, = -%^, ...

ist, diese unendlich vielen Funktionen i-'ii^), il'^i^), . . . linear voneinander unabhängig ausfallen, in dem Siune, daß bei willkürlicher Wahl von u(ji) zwischen den Integralen

(84) Ju (ji) i^'j (fi) da , Ju (ju-) j^'2 (jit) du, ...

keine lineare Relation bestehen soll, deren Koeffizienten Konstanten mit endlicher Quadratsumme sind.

Führen wir in die Relation (82) diese Annahmen ein und setzen g,= l, ^,= 0, ^3 = 0, ..., und an Stelle von n((i) die Funktion

so ergibt sich

(85) J{u(g)Ydii= 2 [Ju{iv)i,/p.)d^i}\

und hieraus entnehmen wir die allgemeinere Formel

(86) fu(fi)v{(i)dti = ^ fu([i)ip^Xf^)d^ifv(fi)ii;^{ii)d^.

W (p=l. 2, ...)w M

Für

^■(/*) = %(^) folgt mithin

1) Diese Gleichungen und die daraus entspringenden gelten nur für jeden Abschnitt, da i|)(/x, |) nicht beschränkt ist.

154 Kap. XI, Theorie der orthogonalen Transformation.

(87) fu(^i)t,(ti)dii= ^ ftj,(fi)%((i)d(iftl;^((i)u([i)dii.

W (p = l, 2, ...)W (,,)

Aus unserer Anmihme über die lineare Unabhängigkeit der Integrale (84) erkennen wir, daß die Relation (87) identisch für alle Funktionen u(fi) nicht anders erfüllt sein kann, als wenn

(88) fitl^^wyd^^h

(')

Jt,{li)%{li)dii = 0 (j)^q)

ist.

Wegen des positiv definiten Charakters der Form il'{ii, ^) ist

(^u(^)^i + ^i2C")l2 H ti^i, ^)tn

oder

(89) (t, (^) I, + t, (^)S3 +---y£ii^, !)•

Andererseits haben wir wegen (88)

/(z^i^i + j/',§2 -i )-d^ = (^, I),

und, da auch ist, so wird

(■0

/{ tlj(^, I) - (rpM^, + t2(^% + ■y]d^ = 0.

(*) Da aber der hier unter dem Integralzeichen stehende Ausdruck nach (89) für keinen Wert von (i negativ ausfällt, so ist er stets gleich Null, d. h. es ist

tili, I) = (^1 '»§1 + t2(f^\l, + •)'■

Wir ersehen hieraus, daß unter den gemachten Annahmen die charakteristische Eigenschaft der Spektralform ö{u, ^) darin besteht, daß ihre Ableitung nach /a das Quadrat einer Linear- form wird, deren Koeffizienten die Orthogonalitätseigen- schaften (85) und (88) besitzen. Da umgekehrt eine solche Form alle charakteristischen Eigenschaften einer Spektralform erfüllt, so ist es hiernach leicht, eine quadratische Form K zu konstruieren, deren Spektrum aus einer Zahl gegebener Intervalle besteht: man bestimme für die Inter- valle s ein vollständiges System von orthogonalen Funktionen j/^^, t^, ... d. h. ein System solcher Funktionen, die den Relationen (85) und (88) genügen, was leicht geschehen kann (vgl. Kap. XIII) und setze dann

m)

Kap. XI. Theorie der orthogonalen Transformation. X55

Als einfachstes Beispiel diene die quadratische Form

(90) K(x) = x^x^ + x^x^ + x-^x^ H ;

diese besitzt kein Punktspektrum, und ihr Streckenspektrum besteht aus den Intervallen

A = bis 1 und -f 1 bis -]- oo. Wir finden

^/>")=]/~,7^sini?^, '^ ' " j/sm t

WO t den zwischen 0 und jr crelegenen Wert von arc cos bedeutet. In der Tat bestätigt sich dann durch Rechnung

(+1- ■•+~j

In Bestätigung von Satz 34 haben ferner, wie man erkennt, die unendlich vielen Gleichungen

X,-

Y ^2 =^,

x^

Y (^1 + ^s) = 0,

x^

j (x, + x^) = 0,

für keinen Wert von X Lösungen x^^, x^, . . ., deren Quadratsumme end- lich bleibt.

Ein anderes Beispiel liefert die quadratische Form .(... 2 , 4 , 6

( y 1 ) " Xi Xn "T" , Xa Xa ~\- Xo Xa -p * 1

das Spektrum ist das nämliche wie im ersten Beispiel. Wir finden

wo die P die Legendreschen Polynome sind. Setzen wir noch

wo die Q die zugehörigen Kugelfunktionen zweiter Art bedeuten, so er- hält die Resolvente von K folgende Gestalt:

K(A, x) = 2'^^t,{^)%,{^)Vr

156 Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen.

Die beiden quadratischen Formen (90) und (91) lassen sieh durch eine orthogonale Substitution der Yariabeln in einander überführen, wie aus ihrer Dar»telluug durch die Spektralform hervorgeht.

Läßt man die oben gemachte Annahme der linearen Unabhängigkeit der Funktionen i\(}i), 4'-2{^)) fallen, so wird die Ableitung der Spektral- form nicht ein Quadrat, sondern eine Summe von Quadraten linearer Formen von entsprechender Art.

Zwölftes Kapitel.

Simultanes System quadratischer Formen, die Hermitesche

Form, die schief symmetrische Form und die Bilinearform

mit unendlich vielen Variabein.

Die in Kapitel Xi entwickelten Methoden und Resultate lassen sich ohne prinzipielle Schwierigkeit auf allgemeinere Formen mit unendlich vielen Variabein ausdehnen. Wir betrachten zunächst den Fall eines simultanen Systems zweier quadratischer Formen, von denen die eine definiten Charakter hat, die andere als Aggregat von positiven und negativen Quadraten der Yariabeln vorgelegt ist. Mit Hilfe unserer Methode des Grenzüberganges, ausgehend von Formen mit endlicher Yariabelnzahl, können wir leicht die entsprechende Theorie entwickeln; wir heben nur folgendes Resultat hervor:

Satz 38. Es sei eine positiv deflnite, vollstetige, abgeschlossene quadra- tische Form K{x) und außerdem eine quadratische Form von der Gestalt

V{x) = ViX{^ + v^x^^ +

vorgelegt, tvo v^, v.^, ... bestimmte Werte -\- 1 oder 1 sind: alsdann gibt es stets eine unendliche Reihe von Null verschiedener Größen x^, x^, . . ., deren Vorzeichen bzw. v^, v^, . . . sind und die gegen JSidl Jconvergieren ihre reziproken Werte mögen Eigenwerte von K in bezug auf V heißen und von zugehörigen beschränkten Linearformen L^{x), L^{x), ... sie mögen die zugehörigen Eigenformen heißen von solcher Art, daß die „Polaritätsrelationen"

L^QVi.,.)L^(,) = v^,

erfüllt sind und daß ferner die vorgelegte quadratische Form die Darstellung

K{x) =\x, (Zi {x)f + 1 X2 : {U{x)f 4- gestattet.

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen. 157

Man kann diesen Satz 38 auch ohne den Grenzübergano^ von end- licher zu unendlicher Variabeinzahl leditrlich auf Grund des Satzes 35 mit Ausschluß neuer Konvergenzbetrachtung-en beweisen.

Zu dem Zwecke bringen wir die Form K{x) nach Satz 35 durch eine ' orthogonale Transformation der Variabein a\, ^r,, ... in die Gestalt einer Quadratsumme; wir bezeichnen die neuen Variabein mit x\, x\, ... und finden

K{x) = \a:'^- -\- l\x'^- + •,

wo dann l\, /lo, . . . lauter positive Griißen sind, die gegen Null konver- gieren. Ferner bezeichnen wir mit V'{x) die durch jene orthogonale Transformation aus V{x) hervorgehende quadratische Form der Variabein x\, x\, ... und endlich mit F'("|/Ä'|) diejenige quadratische Form der Variabein |j, Ig? •> ^^^ f^us V {x') hervorgeht, wenn wir in derselben an Stelle von x\, x'.^, die Ausdrücke "l/A'^^j, "[//;., t,? einsetzen.

Wir können nun leicht zeigen, daß V'iyic^) eine vollstetige Form der Variabein ^j, So, ... ist. In der Tat ist, wie man sieht, F'(a:') als Differenz zweier Eiuzelformen E^{x) und E^^x') darstellbar: diese ge- nügen als solche den Ungleichungen

JE*! {x) ^ (x, x'), E^{x') ^ {x', x).

Setzen wir an Stelle von x\, x\, . . . wieder "j/^'j^lj, "//.'olo? ^^^} so gehen diese Ungleichungen über in

E,(VH)<J^\'.^'+h^^+■■■,

E,{yii)<\l,'+h,l,'^---.

Wären nun diese Einzelformen nicht vollstetig in den Variabein t,^,^,.-,, . . ., so müßten sich auch Wertsysteme «/"), a.^^"\ . . . finden lassen, für die

7i = 00 n =x '

wird, während die Einzelformen, die ja positiv definit sind, für

1,= «/"), §2 =«,(«), ...

Werte erhalten müßten, die oberhalb einer positiven von n unabhängigen Größe bleiben; dies aber widerspräche den obigen Ungleichungen, da K{a^ vollstetig ist. Da demnach E^{'^hf), E.2{yii^ vollstetig in 1^, t^, ... sind, so ist dies auch F'(|'''Ä-|). Die Tatsache der Vollstetigkeit von E^y^h^, jBgd/^'b) in den Variabein |j, ^o, . . . folgt auch unmittelbar aus 4. auf S. 152.

Nunmehr transformieren wir nach Satz 35 die Variabein |^, Ig? orthogonal in die neuen Variabein ^j', So', derart, daß die Form V'iykl) die Gestalt

158 Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen.

erhält, worin x^, x,, . . . gewisse reelle Größen sind, die gegen NuU kon- vergieren. Bezeichnen wir nun diejenigen Linearformen von x^,x^, . . .y die aus den Formen £ '(^) hervorgehen, wenn wir darin für ^j, I2; bzw. die Ausdrücke yk^x^, y\x^j . . . einsetzen, mit %^\^)ix'\ so ist, da jene Formen eine orthogonale Transformation definieren,

K{x) = (A^;)2 + ^hx-f +

ferner wird:

.p (•) y iK^i, y^ ■) = " ^^^ a^^ + -^i; ^^ +

= i;(l/L)r(|/A'|,.),

und folglich wird

Aus dieser Formel schließen wir in gleicher Weise

'^;iVk .) r (. , .^;(Vk .) = x^.V(-.^ V(-)-

Wenn wir nun wieder zu den Variabein x^, x^, . . . zurückkehren und all- gemein mit A (x) diejenige Linearform von x^, x.2, - bezeichnen, die dabei aus i,'\ykx') wird, so erhalten wir

und das ist wegen der Orthogonalität der Formen |/(|) gleich x^ (p = q) oder gleich NuU (p+ö); andererseits wird

K(x) = yl^\x) + A^\x) + ■■'. Wäre Kp = 0, so müßte für alle x^, x^, . . .

sein, was der Abgeschlossenheit von K und von V widerspräche; folglich sind jCj, Xo, . . . lauter von Null verschiedene Größen.

W^ir können nunmehr die Summanden x^l^'^, Xglo'^i in der obigen Darstellung von F'()/A'|) derart angeordnet denken, daß allgemein -Ap das Vorzeichen von Vp besitzt. In der Tat: eine solche Anordnung jener Summanden wäre nur dann nicht ausführbar, wenn entweder die Anzahl der negativen (bzw. positiven) Einheiten in der Reihe i\,i\,... endlich und zugleich die Anzahl der negativen (bzw. positiven) Größen, die in der Reihe Xj, Xg, . . . vorkommen, größer als die erstere Anzahl ausfiele, oder wenn die Anzahl der negativen (bzw. positiven) Größen in der Reihe Xj, X2, . . . endlich und zugleich die Anzahl der negativen (bzw. positiven) Einheiten in der Reihe v^yV^, . größer als die erstere Anzahl ausfiele.

Wenn wir nun mit x^iyic^, x^i^k^, . . . diejenigen Linearformen in Ij, ^2,... bezeichnen, die aus x^{x'), x.2{x'), . . . entstehen, wenn wir für

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen. 159

a;/, x^', ... die Ausdrücke yh^^^, Ylc^i,^, . . . einsetzen, so ist identisch in

bl; &2>

da beide Seiten dieser Gleichung F'(}/^|) darstellen.

Wir nehmen entsprechend dem ersten Falle an, es seien t\, . . .,r^, negativ (bzw. positiv), v^^^, ^^^2? sämtlich positiv (bzw. ne- gativ), ferner x^, ...,x^^i negativ (bzw. positiv). Da die Formen |/(^), ^g'd), . eine orthogonale Substitution bestimmen, d. h. ein vollständi- ges orthogonales System von Linearformen wie wir sagen wollen bilden, so ist jede beschränkte Linearform von ^^, ^3, . . . als lineare Kom- bination der F6rmen li'(^)j l-/(.^)f darstellbar; wir setzen insbesondere

x.iVH) =«1 Jx'(^) + «12^2'a) + ■'->

wo «ji, »12» •} ^ei} ^e2; gewissc Koeffizienten bedeuten. Sodann be- stimmen wir solche nicht sämtlich verschwindende Größen a^,..., a^^^, die den e Gleichungen

genügen, und bilden die Gleichungen

re^2(l) = 0,

Die durch Auflösung dieser Gleichungen entstehenden Werte von |^, 12, würden einen Widerspruch ergeben, da sie in die vorhin aufgestellte Identität

v,{x,{ymy -f v,{x,{yk\)y -f = ^^{i,'{i)y + '^,{^^{i)T +

eingesetzt der linken Seite einen nicht negativen ('bzw. nicht positiven) Wert, der rechten Seite dagegen gewiß einen negativen (bzw. positiven) Wert erteilen würden.

Um den zweiten der oben genannten Fälle zu behandeln, gehen wir von der in a/, x^, . . identischen Gleichung

v,{x,{x)f + v,{x,(x)y + . . = X, (li'(^))V yc,[l,i^,j))' + . .:

160 Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen.

aus, wo l^'l -| I '(-~=\, . . . diejenigen Linearformen von x^', x^, . . . be- deuten, die aus li'(|), IgX^); entstehen, wenn wir an Stelle von Ij, t.,, . . . die Ausdrücke "^, -*^, . . . setzen. Da iedoch die Linearformen

tormen in x.

S/l _ 1 , 1, I ),... nicht notwendicr beschränkte Linearfc

-' \Vk )' '^ Via-/

x^', . . . werden, so hat obige Identität nur als Abschnittsgleiehung einen Sinn, und das im ersten Falle eingeschlagene Verfahren bedarf der fol- genden Modifikation.

Wir nehmen an, es seien jCi,...,x^ negativ (bzw. positiv), y-^^i, Xg^2f sämtlich positiv (bzw. negativ), ferner i\, . . ., v^*^ negativ (bzw. positiv). Alsdann setzen wir

\i/t) ''^li'^i ' '^<^12^2 r ■?

t'(^) = «a< + «.2^2' +

Ferner denken wir uns die Gleichungen

x^(x) = «j , . . . , x^^^(x) = a,^i, x^^^{x) = 0, x^^s(x') = 0, ...

nach x^', x^, . . . aufgelöst und stellen die Lösungen als Funktionen von «1, . . ., «x^^i, wie folgt, dar:

Endlich bestimmen wir für jedes 11 solche e + 1 Größen a^''"\ . . ., a^'^\^i , daß nach Eintragung dieser Werte von x^', x^, ... die e + 1 Gleichungen

«11^1' + + ^hn^n = 0,

für

«1 = V^; ..., a,+i = a("U

erfüllt sind.

Wählen wir nun solche n = n,^ aus, daß die Grenzwerte von a^"^^, . . . , ^^"''W ^^^ h = 00 existieren, und setzen die durch diese Werte a^'''^'>\ . . ., <^^"''\+i vermittelten Größen x^', . . . , x'^ in den «,^ten Abschnitt der obigen Identität

v,{x,ix')y + v,{x,(x)y + = >^i(^t'(^.)) V ^^2 (I2' (^^))'+

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen. 161

ein, so erkennen wir, daß die linke Seite dieser Identität, da sie eine be- schränkte Form der A'^ariabeln x^, x^, . . darstellt und als solche nach S. 127 stetig in diesen Yariabeln ist, in der Grenze für h = oo den Wert 1 erhält, während die rechte Seite beständig > 0 ausfüllt.

Hiernach sind beide Fälle als unmöglich erkannt, und wir dürfen also von vorneherein allgemein x^, vom .selben Vorzeichen wie i\, an- nehmen.

Setzen wir daher jetzt

y %p'

so sind die Linearfoi'men L^{x), L^ix), . . . von der im Satze 38 ver- langten Beschaffenheit.

Das nämliche Schlußverfahren ermöglicht die Behandlung einer nicht abgeschlossenen Form K.

Um dies einzusehen, bringen wir wiederum die Form K nach Satz 35 durch eine orthogonale Transformation der Variabein x^, x^, . . in die Oestalt einer Quadratsumme. Wir setzen

K{x) = l\X^'' + Ji2X.2^ + .

WO /.j,/..,,.. . teils positive, teils verschwindende Größen sind.

Wir bezeichnen wiederum mit V\x') die durch jene orthogonale Transformation aus V[x) hervorgehende quadratische Form der Variabein A\', X.2, . . . und endlich mit F'(]/Ä'|) diejenige quadratische Form der Vari- abein ^j, |o,- •, die aus V'(x') hervorgeht, wenn wir in derselben an Stelle Ton x^, X2 . . . die Ausdrücke Yk^h.^, Yk^^^j einsetzen. Da F'(|/Ä|) «ine vollstetige Form in |^, ^g; ist, so können wir nach Satz 35 die Yariabeln 1^, ^g? orthogonal in die neuen Variabein 1^', |./, . . . trans- formieren derart, daß

sind, worin x^, x», . . . gewisse teils positive oder negative teils verschwin- dende Größen sind, die, wenn in unendlicher Anzahl vorhanden, gegen Null konvergieren. Bilden wir endlich entsprechend wie vorhin die Aus- drücke S/(]/Ä"ic'j und bezeichnen allgemein mit Ap{x) diejenige Linearform, die aus ti'iykx) wird, wenn wir darin statt der Yariabeln Xy, x^, . . . wieder die ursprünglichen Yariabeln x^, x^, . . . einführen, so wird wie vorhin

K(x) = A,\x) + A,\x)+---,

yi^(.)F(.,.)4/.) = 0 04=?), bzw. =;., (jp = q). Wir sprechen dieses den Satz 38 ergänzende Resultat wie folgt aus:

3Iath. Monogr. :!: Hubert, lin, Integralgleichungen 11

162 Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen.

Satz 38*. Es sei eine positiv definite vollstetige quadratische Form K{x) und außerdem eine quadratische Form von der Gestalt

'V{x) = v^i\^ -\- v^xj^ + vorgelegt, ico v^.v^,. . . hestimmte Werte + 1 oder 1 sind: alsdann gibt es stets eine Beihe von teils positiven odei' negativen, teils verschuindendcn Größen y.^,y^, . . ., die, wenn in unendlicher Anzahl vorhanden, gegen Null Jionvergieren, und von ztigehörigen heschränlden Linearformen A^{x), A^ix), . . . derart, daß die Polarität srelationeti

M-)V{.,.)A,i.) = H„

A,{)A{.,.)A,{.) = 0, (p^q)

erfüllt sind, und daß ferner die vorgelegte quadratische Form die Dar- stellung

K(x) = A,\x) + A,\x) + . gestattet.

Unter einer Her mit eschen Form der unendlich vielen Variabein x^,. ^ij -filuy^y verstehen wir eine Bilinearform dieser Variabein von der Gestalt

H{x,y)= yh x„y

deren Koeffizienten hp,j komplexe der Bedingung

genügende Größen sind. Stellt sowohl Real- wie Imaginärteil von H(x, y) eine vollstetige Funktion der reellen Variabein x^,x.2....,y^,y.2,--. dar^ so lassen sich reelle, im Endlichen nirgends sich verdichtende Werte 1^, X^, ... die Eigenwerte von H und zugehörige Linearformen mit komplexen Koeffizienten L^{x),L^{x), ... die Eigenformen von H finden, so daß _ _

{x, y) = L, (x)L,{y) + L^{x)LM + ■'■>

H{x, y) = h(^\^^y\ + hMLM 4. . . .

wird, und daß die Orthogonalitätseigenschafteu

erfüllt sind; die horizontalen Striche deuten die Vertauschung von / mit i an. Der Beweis dieser Tatsache kann aualog wie unten der Be- weis des spezielleren Satzes 39 geführt werden.

Nehmen wir die Koeffizienten der Hermiteschen Form rein imaginär an und unterdrücken alsdann den Faktor /, so entspringt die schief-

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen. 163

symmetrische Form; unter einer schiefsymmetrischen Form verstehen wir mithin eine Bilinearform der Variabein x^, x.^^ . . . , yi,y<>, von der Gestalt

^{x,y)= yisp.x y

deren Koeffizienten reelle der Bedingung

genügende Größen sind. Die vorhin für eine Herraitesche Form aus- gesprochene Tatsache drückt sich für den besonderen Fall der schief- symmetrischen Form, wie folgt, aus:

Satz 39: Wenn die schiefsymmetrische Form S(x,y) vollstetig ist, so gibt es eine orthogonale Transformation der Variahein

/VI /y /y» /y.

•^1) ■^2> '*'3j ^4:!

in die neuen Variahein

SO daß, wenn die Variahein y^, y^, Vi, Va,, wiitteJst derselben orthogonalen Transformation simultan in die Variabein rj^, tj/, rj^, rj^', . . . übergehen, die Form S die Gestalt

S(x, y) = /ii(^i^?i' ^i'r^i) + A-^da^' - l^i]^) + erhält; dabei sind l\^ A'o, . . . Größen, die, falls sie in unendlicher Zahl vorJiommen, Null als einzige Verdichtungsstelle besitzen.

Zum Beweise betrachten wir 2S(x, y) als quadratische Form der unendlich vielen Variabein x^, y^, x^, y,^, . . . und erkennen sodann aus Satz 35 das Vorhandensein von Größen A*j, Ä'^, . . . und zugehörigen Linear- formen L^{x, y), L.2{x, y), . . . jener Variabein, so daß

2S(x;y) = \(L,(x, ij)y + i,{mx, y)y ^- und

(x, x) + {y, y) = (Li {x, yjf + (4 {x, ißf ^

wird. Mit Rücksicht auf die Eigenschaften der schiefsymmetrischen Form

S{x, y)= - S{y, x) ,

S(x,y) = -Si-x,y) folgt leicht, daß in der obigen Darstellung für 2S(x, y) zu jedem kp, Lp stets noch die Eigenwerte und zugehörigen Linearformen

K' = - ^v y h' (^' y) = ^i> (^' ^) 7

kp„ = - h , L^,.{x, y) = Lp{- X, y) ,

'•)'••• = - ''y = ^'p ^/""(•^'^ y^ = ^/>'(~ *■' ^) = A^(y' " *■)

vorhanden sein müssen, deren Vereinigung in der Darstellung von 2S(x, y) die Glieder

kp{{Lp(x, y)f - {Lpiy, x)y - (L/- x, y)f + (L^iy, - x))'}

11*

164 Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen.

und in der Darstellung von [x, x) + {y, y) die Glieder

{L,{x, y)Y + (L/y, x)f + {Lp{- X, y))' + (L,(y, - x))' liefert.

Setzen wir nun für jedes solche Quadrupel

L,(x,y)==^^^^(0,(x)-\- 0;(y)), ^

wo Op{x) eine lineare Form von x^, x^, . . . und 0/'(y) eine lineare Form von Vi, y^, ist, so gehen die obigen Darstellungen über in

S{x, y) = ^kp{Op{x)0;(tj) - 0;(.x)Op(y)), (x, x) + (y, y) = 2{0,{x))' + {0;{x)y + {0,{y)f + {0;{y)y, und da L^{x,y), L^(x,y),... zueinander orthogonal sind, folgt leicbt auch die Orthogonalität der Formen Oj, O2, . . ., 0/, Og', . . .: mithin be-

stimmen i,. - 0,.(x) , ?„' = Ö;(.-)

eine orthogonale Ti*ansformation von der verlangten Beschaffenheit.

Aus dieser Darstellung folgt durch eine einfache Überlegung, wie sie später ähnlich angestellt werden wird (S. 171), daß die aus (x, y) XS{x, y) entspringenden inhomogenen Gleichungen eindeutig lösbar sind, außer

wenn '^^1. , ,. , ■■• ist; für diese rein imaginären Eigenwerte der

Form S(x, y) haben die homogenen Gleichungen eine nicht identisch ver- schwindende Lösung, und zwar ist die Anzahl der voneinander unab- hängigen Lösungen stets endlich.

Was schließlich die Theorie der Bilinearform betrifft, so sehen wir zunächst ohne Schwierigkeit folgende Tatsachen ein:

Wenn die Bilinearform Ä{x,y) eine vollstetige Funktion der unend- lich vielen Variabein x^, x^, . . . , yi,y-,, - darstellt, so ist, wenn Ä^ den wten Abschnitt der Bilinearform A bezeichnet, für jedes Wertsystem der unendlich vielen Variabein

L A„{.,x)A,X.,x) = Ä{.,x)A{,,x),

n = 00

und zwar im Sinne gleichmäßiger Konvergenz, d. h. es ist (92) \A{.,x)A{.,x)-A,S,,x)A^{.,x) <e„,

wo s^ gewisse von den Variabein a;^ , x'g , . . unabhängige, mit unendlich Avachsendem n gegen NuU abnehmende Größen sind. Daraus folgt, daß die quadratische Form A(. ,x)A(. ,x) stets vollstetig ist, wenn die Bilinear- form A{x,y) vollstetig ist.

Eine Bilinearform A{x, y) ist stets vollstetig, wenn die quadratische Form A(.,x)A{.,x) vollstetig ist, also beispielsweise gewiß, wenn die

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen. 165

Summe der Quadrate der Koeffizienten von A endlich bleibt. In der Tat, fassen wir von Ä(x, y) als quadratische Form der Variabein x^^jX^,..., ?/i?!/a?-- ^"^j ^°^o^ ^^^*^ '■^^^' Ungleichung

\Äix,y) £VAi.,x)Ä(.,lc), durch die in 4. und 5. (S. 152) angewandte Schluß weise, daß Ä{x, y) voll- stetig ist.

Diesen Abschnitt wollen wir mit der Entwickelung eines Satzes be- schließen, der wie sieh im folgenden Abschnitt zeigen wird auf die einfachste Weise zur Auflösung der Integralgleichungen zweiter Art mit unsymmetrischem Kern verwandt werden kann; derselbe lautet:

Satz 40. Wenn

eine voUstetige Bilinearform der unendlich vielen Variahein x^, x^, . . ., Pi) y2) ^^^j ^^ Itahen geiviß eidtceder die unendlichvielen Gleichungen

(1 -f a^^)x^ -\- ttj^x^ + ••• = «!, (93) a.2iXy -f (1 + «22)^2 + = «2 7

für alle möglichen Größen a^, «,,... mit konvergenter Quadratsumme eine eindeutig bestimmte Lösung x^, x^, . . . mit konvergenter Quadratsumme oder die entsprechenden homogenen Gleichungen

(94) aoia^i + (1 + «22)^2 + = 0;

lassen eine Lösung x^, x^, . . . mit der Quadratsumme 1 zu.

Zum Beweise betrachten wir zunächst irgendein System von n line- aren Gleichungen und yi Unbekannten mit nicht verschwindender Deter- minante von der Gestalt

Bezeichnen ß^, . . ., ß^ die Lösungen dieser Gleichungen, so ist

(^11^1 + + hjj' + . + {h,^,ß, + + b„j„y

= hihlßl + ■■■+ hnßj + + KiKJi + + Knßn)>

und folglich wird

(hlßl + + ^nßnf + ■■■ + i^n.ß, + " " " + KJJ

Nunmehr sei m das Minimum der quadratischen Form

1QQ Kap. XII. Simultanes System quadratisclier Formen.

(b,,x, + + h,„xj + + (b^,x, + . + h„,^xy

bei der Nebenbedingung

(95) X,'- + ■■■-{- x„-=l und M das Maximum der quadratischen Form

{h,,x, + 4- b„,xj + . + (h,„x, -f . . . + 6,,^„y bei derselben Nebenbedingung: dann folgt aus der vorigen Ungleichung die Ungleichung

(96) ß^2_^...^ßJ^^(h^^^^...^h/)^_.

Wir wenden dieses Resultat auf die Gleichungen

(1 +«ii)^l +••• + «l„^« = «l;

(97)

«.1^1 H + (1 +««J^n = ««

an und bezeichnen zu dem Zwecke mit m^ das Minimum der quadra- tischen Form

((1 + a,,)X, + + a, ,xj + + {a^^x, + . . + (1 + a^jxj^ bei der Nebenbedingung (95) und mit M^, das Maximum der quadratischen

Form

((1 + a,,)x^ + + a„,xj + + (ai„^i + + -1 + a„^)xj

bei derselben Nebeubedingung.

Wegen der vorausgesetzten Vollstetigkeit der Biliuearform Ä(x, y) ist die quadratische Form der unendlich vielen Variabein rr^ , x^, ...

((1 + «1 Ja:i + «a^a^a H f -\- 1X2^1 + (1 + «22)-^2 H f H

gewiß eine beschränkte Form, und daraus ersehen wir, daß auch die Maxima il/,^ unterhalb einer endlichen, von n unabhängigen Größe M bleiben.

Was die Minima m^ betrifft, so sind zwei Fälle zu unterscheiden:

Erstens gebe es unendlich viele n, für die die Minima tn^^ sämtlich

größer als eine feste positive Größe m sind: dann sind für solche n die

Gleichungen (97) lösbar, und es folgt aus (96), daß die Quadratsumme

ihrer Lösungen unterhalb der endlichen von n unabhängigen Größe

(98) (a,a)^ liegt.

Bezeichnen wir nun für solche n mit

"1 7 •; "n

die Lösungen von (97), so können wir aus jenen n nach dem von uns oft angewandten Verfahren solche ganzen Zahlen Wj , »2, herausgreifen, daß die Grenzwerte

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen. 167

■existieren; die Größen cc^, a^, . . . haben eine ebenfalls unterhalb der Grenze

(98) liegende Quadratsumme und müssen wegen der Vollstetigkeit der Linearformen

gewiß jede der Gleichungen des voi-gelegten Systems (93) befriedigen.

Zweitens mögen die Minima ))i^, nio, gegen Null konvergieren; die Werte der Variabein mit der Quadratsumme 1, für welche diese Minima eintreten, seien

Xun ist

((1 + a,,)x, + . + a,„x,y + . + ia,^,x, + + (1 + a„„)xj

= AJ,,x)Ä„(.,x) -j- 2Ä,Xx, X) + (x, xX und folglich

(99) ÄS.,l^^"^)Ä„(.,^i"^) + 24,(^("),^a(")) + 1 = m„.

Nun denken wir uns wieder eine solche Reihe ganzer Zahlen u^, n.2, . . . herausscegriffen, daß die Grenzwerte

."l = L f^i^"''\ ^-2 = L i"2^"''^

/; = 30 /l =30

existieren; die Größen ß^, a.^, . . . genügen dann der Bedingung

(100) Cti, /^)^i-

Mit Rücksicht auf (92) und wegen der Vollstetigkeit der quadratischen Form Ä(x, x) folgt aus (99), wenn wir darin n^ an Stelle von n ein-; setzen und zur Grenze h = oo übergehen,

(101) Ä{.,ii)Ä{.,ß)-{-2A(u,ß)+l==0.

Wir betrachten nun die quadratische Form

((1 + ai^)x^ + «123-2 -i y + (a^iXj^ + (1 4- «22)^2 H T

^ "-^ = A{.,x)Ä(., x) + 2A{x, x) + {x, x) ;

<la dieselbe positiv definit ist, so folgt insbesondere (103) A{. , 11) A(, , .u) + 2A{ß, ß) + (j(i, (i)>0:

hieraus entnehmen wir wegen (101)

mithin ist wegen (100):

(/i, ^) = 1 .

Nunmehr erkennen wir wegen (101), daß auch

A(,,ii)A{.,ti) + 2A{^, ii) + (u, u) = 0

ist, d. h. im Hinblick auf (102), die Größen .Uj, Ug, . befriedigen die homogenen Gleichungen (94). Damit ist gezeigt, daß stets mindestens einer der in Satz 40 unterschiedenen Fälle stattfindet.

168 Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen.

Wenn die homogenen Gleietungen (94) eine Lösuug mit der Quadrat- simime 1 besitzen, so können die durch Transposition entstehenden in- homogenen Gleichungen

(1 + an)Xi + «21^2 H = f'i }

(104) «i2^'i + (1 + «22 '-^2 + = f'2>

gewiß nicht für alle a^, a.2, . . . mit endlicher Quadratsumme eine Lösung von endlicher Quadratsumme besitzen, da ja zwischen ihren linken Seiten eine lineare Identität besteht: es müssen daher dem eben Bewiesenen zu- folge alsdann die transponierten homogenen Gleichungen

(1 + rtii)a;i + ttai^o + = 0, (105) a^^_Xi + (1 + «22)^2 H = *^'? i

eine Lösung mit der Quadratsumme 1 zulassen. Also können die in homogenen Gleichungen (93) gewiß nicht für alle a^, a.^. . . . eine Lösung mit endlicher Quadratsumme besitzen; daher schließen sich die beiden Fälle des Satzes 40 wirklich aus, und die Lösung im ersten Falle ist ein- deutig. Damit ist der Beweis für unsern Satz völlig erbracht.

Um die Mannigfaltigkeit der Lösungen der homogenen Gleichungen (94) festzustellen, haben wir nur nötig, die in Kapitel XI entwickelte Theorie der orthogonalen Transformation der quadratischen Formen auf die Form (102) anzuwenden. Da ä(.,x)ä(. ,x) und A(XfX) vollstetige quadratische Formen sind, so ist dies auch die Form

A{.,x)A(.,x) + 2ä{x,x)', dieselbe besitzt daher den Wert 1 höchstens als Eigenwert von end- licher Vielfachheit; mithin besitzt die quadratische Form (102) den Wert nur als Eigenwert von endlicher Vielfachheit, d. h. es gibt eine ortho- gonale Transformation der Veränderlichen x^, x.2, . . . in x^,x,^,..., so daß jene quadratische Form (102) die Gestalt

'•'f + l^ e + l + ^'e + 2^ c + 2 + ' ' '

erhält, wo Ag^i, ^^^j^^, lauter positive, von Null verschiedene, gegen 1 konvergierende Größen und e eine endliche ganze Zahl bedeuten. Die Lösungen der homogenen Gleichungen (94) erhält man aus

1 ^^ 1 > > e ^^^ e } e+l ^^^ ' f + 2 ^^ / ' ' ' >

WO u^, . . . , 11^ willkürliche Konstanten sind, und wir ersehen daraus, daß es nur eine endliche Anzahl, und zwar genau e linear unabhängige Lösungen von (94 j gibt.

Wir erkennen ferner, daß, wenn e die genaue Anzahl der linear un- abhängigen Lösungssysteme der homogenen Gleichungen

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen. 169"

(106) Li,{x) = X/, + ttpi x^ + rt/,2 A'o H = 0 , (2? = 1, 2, . . .)

sind, zwischen den Linearformen L^^{x), L2{x), . . . genau e voneinander unabhängige lineare Identitäten von der Gestalt

(107) ß.C'^L, (x) + ß/U.,{x) + . = 0 , (h=l,..,e}

bestehen müssen, wobei die Koeffizienten ßi'''\ ßj^''^ ... in diesen Identi- täten eine endliche Qnadratsumme besitzen, und ferner, daß die inhomo- genen Gleichungen (18)

X,, -f- x^a^^ 4- x.^nj,^^ -j = a^,, [p = 1,2,. . .)

nur dann und stets dann lösbar sind, wenn die Größen a^, a.y, . . . die e Bedingungen

(108) ß,^")a, + ß.<^'')a, + = 0 , (/;, = 1, . . . , e). erfüllen.

In der Tat, es sei wie oben e die genaue Zahl der linear unab- hängigen Lösungen der homogenen Gleichungen (106) und f die Zahl der voneinander unabhängigen Identitäten von der Gestalt (107): dann lassen sich aus den Variabein x^^,x.^,... gewiß e solche auswählen, daß die Gleichungen (106) keine Lösung mehr besitzen, bei der die e ausgewähl- ten Variabelu sämtlich Null sind; wir bezeichnen die übrigbleibenden Variabein mit x^, x^', .... Wäre nun /"> e, so müßten sich aus den Linearforraen L^{cc), L^ix), . . . e solche aussuchen lassen, die lineare Kom- binationen der übrigen sind, während die übrigbleibenden unendlich vielen Linearformen, die mit L^'{x), L^'^x), . . . bezeichnet werden mögen, gewiß- noch einer linearen Identität von der Gestalt

(109) ß,L,'{x)i-ß,L,'{x) + ..- = 0

genügen, wo die Koeffizienten ß^, ß.^, . . . eine endliche Quadratsumme haben und nicht sämtlich NuU sind. Wir setzen nun in den Linear- formen L^'{x), L^{pc), ... die vorhin ausgewählten e Variabein Null und bezeichnen die so entstehenden Linearformen der Variabein x.^, x.^, mit Ly{x'), L^ {x), .... Endlich bestimmen wir irgendwelche Größen a^, ttg, . . . mit endlicher Quadratsumme, für welche

(110) ß,a,+ß,a,-^---^0 ausfällt.

Wir betrachten nun das Gleichungssystem

mx') = «1 ,

(111) L^{x')^a^,

mit den Unbekannten x^', x^, . . . ; dasselbe nimmt bei geeigneter Anord- nung der Gleichungen wieder die Gestalt des Gleichungssystems (9;5).

170 Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen.

an. Wir sehen dies am leichtesten ein, indem wir zum Gleichungs- System (106) den zugehörigen Bilinearausdruck

(112) y,L,{a^ ^ y,L,{x) -{■ = {x, y) + A{x, y)

bilden;, darin ist A{x, y) eine stetige Bilinearlbrm der Variabein x^ ^2} ' '7 y^yll^} ^6^ entsprechende Bilinearausdruck für das Gleichuugs- system flll)

y^L^ix) + y^'mx) H

entsteht dem Obigen zufolge, indem wir in [\\2) gewisse e von den Va- riabein x^, x^, . . . und gewisse e von den Variabein y^, y-2} Null setzen und die übrigbleibenden Variabein mit x^', x.^, . . . bzw. y^', y.^\ . . . be- zeichnen. Hierbei verwandelt sich nun {x,y), wenn wir noch nötigenfalls gewisse Produkte x,'y,'^ in endlicher Anzahl addieren, in

{x,y') = x^y^ -rxjy.: + •■■,

und da sich zugleich A{x, y) in eine vollstetige Bilinearform der Variabein j;/, x^ . . . , yi, y.y ', verwandelt, so haben wir

y^L^{x) -f y^Uix) ^ = [x\ y) -f A' {x\ y) ,

wo Ä{x,y) gewiß ebenfalls eine vollstetige Bilinearform von x^', x./ . . ., Vi 7 Vi wird; daraus folgt die behauptete Gestalt des Gleichungssystems (111). Aus (109), (110) erkennen wir, daß das Gleichungssystem (111) keine Lösung besitzt; da aber das aus ihm durch Nullsetzen der linken Seiten entstehende homogene Gleichungssvstem ebenfalls keine Lösung zuläßt, so zeigt dieser Widerspruch mit dem Satze 40 (S. 165), daß die Annahme fy-e unzutreffend war. Da die Anwendung des eben Be- wiesenen auf das transponierte Gleichungssystem zeigt, daß auch e > /' unzutreffend sein muß, so ist notwendig e = f. Zugleich erkennen wir auch die Richtigkeit der letzten oben gemachten Aussage.

Bei der Voraussetzung daß A(x, y) eine vollstetige Bilinear- form ist, kommen also dem Gleichungssysteme (93) alle wesent- lichen Eigenschaften eines Systemes von endlich vielen Glei- chungen mit endlich vielen Unbekannten zu.

Zum Schluß möge noch gezeigt werden, mit Avelch überraschender Elecjanz und Einfachheit der Satz 40 ohne irgendeine neue Kon- vergenzbetraohtung bewiesen werden kann, indem mau sich der Sätze 35 und 39 bedient.

In der Tat, aus Satz 39 leiten wir sofort folgende Tatsache ab:

Hilfssatz 6. Wenn Xj, Xg, . . . eine unendliche Reihe positiver Größen ist, die gegen 1 konvergieren und

S{x,y) = ysj,,jx^y,^

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formeu. 171

eine vollstetige schiefsyrametrische Form der unendlich vielen Variabein a'i, Xc^, . . ., y^, 1J2, . bedeutet, so gibt es stets eine vollstetige Bilinear- form T{x, y) der nämlichen Yariabeln, so daß

(113) [x(x,) + .S^(^,.)} {{.,y) + T{.,y)] = {x, y) wird, wo xix) die quadratische Form

x(a;) = y.^Xy' + y-^x^^ H

bedeutet. Die Relation (113) ist damit gleichbedeutend, daß das Gleichungs- systeni

'^l'^l I ^12'^2 ~r ^13'^3 "r ' " ' ^^ .'A '

(114) «21 a?! + Xo^o + «23^3 + = ?/2 ^

311 "T" ^so'^a "1 ^ä'^z I ^^ i/3 >

die Auflösungen

^1

=

^1 +

d T{x, y)

CXy '

X,

=

^2 +

c T{x, y)

dx^ '

besitzt.

Zum

Beweise

setzen

wir

in

>S'(a:,

y)

a:i =

1

^1'

■, X,

1

j X.2 j ...

2/1 =

1

/x~

Pi

, V:

ein und erhalten dann eine schiefsymmetrische vollstetige Form S\x,y), während y.{x) in (x',x') übergeht. Aus (114) wird ein Grleichungssystem von folgender Gestalt

^'1 1 S 1 2 '^'l I ^ 1 3 "^3 I ' ^ ^1 " 7 , . . _, S 21 Ä' 1 -j- % + S 23 .'^'3 + = ^2 ;

(115) , / , , / _ *

^ 3 1 "^1 "T ^ 3 2 ^2 "T '^3 T ^^ 1/3 " ?

Führen wir nunmehr in S' nach Satz 39 die orthogonale Transformation aus, so geht das zu S' gehörige Gleichungssystem (115) in ein Gleichungs- system von folgender Gestalt über:

li + KI1 -ni,

?2 ~l~ ''2 ^2 ^ '^2 > ~~ ""2^2 I '?2 "^ '^2 f

172 Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen.

Dieses Gleichungssystem besitzt, wie man sieht, die Auflösungen

.1 - '/l + ^^^ _ ,

?1 ~ '11 "T p fc ' }

^2 '/2 I - fc' >

wenn

Ä* * />• -

- 1 _p*"^2(^i%' - ^i ^h) r+^A^^ds^' ^2'%)

gesetzt wird. Da die Größen l\, J,\, . . . gegen Null konvergieren, so ist T eine vollstetige Form.

Die Rückkehr zu den Variabein x^', a\', . . . , ?//, ^/g', . . . und von diesen zu den ursprünglichen Yariabeln x^, x.2, . . . , y^, y^, . . , wobei aus T die Form T entsteht, lehrt die Richtigkeit des Hilfssatzes.

Um nunmehr Satz 40 zu beweisen, bedenken wir, daß das Gleichungs- system (93) in Satz 40 seine Gestalt behält, wenn wir auf die Yariabeln iCj, X», . . . irgendeine orthogonale Transformation ausführen und zugleich entsprechend die linken Seiten jener Gleichungen orthogonal kombinieren, da dies ja auf eine simultane orthogonale Transformation beider Yariabeln- reihen in Ä{x, y) hinausläuft. Der Einfachheit halber nehmen wir an, es sei bereits eine solche orthogonale Transformation der Bilinearform Ä{x,y) ausgeführt, daß die aus A(x, y) durch Gleichsetzimg der beiden Variabeinreihen entspringende quadratische, vollstetige Form A{x, x) nur die Quadrate der Yariabeln enthält und demnach in der Gestalt

Ä(x, x) = a.a,\" -f «^^"2^ + oder

(116) A(x, y) + Ä{y, a;>= '2{a^x^y^ + a^x^y, + •)

erscheint. Da hierin a^, a^, . . . gegen Null konvergierende Größen sind, so gibt es gewiß nur eine endliche Anzahl unter ihnen, die ^ 1 ausfallen; es sei etwa e eine ganze Zahl, so daß

(117) c.,+.>-l, (i)=l,2,...) ausfallt.

Alsdann sondern wir von den Gleichungen (93) in Satz 40 zunächst die ersten e Gleichungen ab und schreiben die übrigen in der Gestalt:

Kap. XII. Simultanes System quadratischer Formen. 1 73

(11^) ««+2,e+l ^e+l + K+2,.+2 + l)^.+2 + = y,+2 >

wobei zur Abkürzung

(11^) Ve+i = «.+2 - «.+2,1^1 «.+2,«^.;

gesetzt ist; diese Gleichungen (118) siud dann, da wegen (116)

a^, + a,^j, = 0 (29 + q)

p p p wird, mit Rücksicht auf (117) von der Gestalt (114) und gestatten dem- nach die Anwendung des vorhin bewiesenen Hilfssatzes.

Diesem zufolge gibt es eine vollstetige Bilinearform T(x, y) der Variabein x^^^, x^,^^, . . ., y^^^i, 2/^+2? derart, daß die Gleichungen (118) die Auflösungen

_ A_ _1ZL

'^ "^ e+ 1

(l^Ö) X =v +-^-

besitzen. Tragen wir diese Auflösungen unter Berücksichtigung der Werte (119) von y^j^^^, ye+-2} in die e ersten vorhin abgesonderten Glei- chungen des vorgelegten Systems (93) ein, so entsteht ein System von e Gleichungen mit den e Unbekannten x^, . . ., x^, wie folgt:

J^ii^i + + -Ai e ^c = -i^l ? (121)

E^,x, + -.- + E^^x, = E^, wo Ej^, . . . , E^ homogene Linearformen von a^, a.^, . . . sind, während J?^!, . . ., Egg in bekannter Weise durch die Koeffizienten von Ä(x, y) sich ausdrücken. Haben nun diese Gleichungen Lösungen x^, . . ., x^, so be- rechnen sich daraus vermöge (119) und (120) die Werte x^_^_i, aj^^, ? ■> und wir gelangen so zu den Lösungen des ursprünglich vorgelegten Gleichungssystems (93); im anderen Falle lassen sich gewiß die homo- genen Gleichungen

Eg,x,i-----{-EggXg = 0 durch solche Werte x^, . . ., x^ befriedigen, die nicht alle Null siud; neh- men wir alsdann an Stelle von a^, a», . überall die Werte Null, wodurch

in der Tat ^ ,^ ^

E,=0, ..., J5, = ()

174 Kap. Xin. Die Integralgleichung mit unBymmetriBchem Kern.

wird, so gelangen wir vermöge (119) und (120) zu solchen Werten *\.+i 7 ^e+2 7 7 ^^^ zuj^ammeu mit den gefundenen a.\, . . ., a\. ein Lösungs- system der homogenen Gleichungen (94) in Satz X ausmachen.

Damit ist Satz 40 Tollständig bewiesen.

Da oben auch der Satz 39 über die schiefsymmetrischen Formen lediglich mit Hilfe des Satzes 35 über die orthogonale Transformatioa Tollstetiger quadratischer Formen ohne irgendeine neue Konvergenz- beb-achtung bewiesen worden ist, so ergibt sich, daß auch die Theorie der Gleichungen von der Gestalt (93) und damit überhaupt die Theorie der vollstetigen Bilinearform lediglich auf die Theorie der orthogonalen Transformation vollstetiger quadratischer Formen ohne neue Konvergenz- betrachtungen l)egründet werden kann eine bemerkenswerte Tat- sache, die der Theorie der vollstetigen Formen von unendlich vielen Variabein eine wunderbare Durchsichtigkeit und Ein- heitlichkeit verleiht.

Fünft tT Abschnitt.

Neue Begriiiidiiiig der allgemeinen Theorie der linearen Integralgleiclinngen.

In den folgenden Kapiteln XIII >vVI wollen wir die in den Kapiteln XI XII entwickelte Theorie der linearen, der quadratischen und bilinearen Formen mit unendlich vielen Variabein auf die Theorie der linearen Integralgleichungen anwenden. Es werden durch dieses neue einfachere und durchsichtigere Verfahren nicht nur alle bekannten Resultate über Integralgleichungen wieder gewonnen werden, sondern es gelingt auch die Theorie der Integralgleichungen wesentlich auszudehnen und zu ver- vollkommnen. — Weiterhin entsteht dann die Aufgabe, die Methode der unendlich vielen Variabein direkt ohne Vermittlung der Integralgleichungen in die Theorie der Differentialgleichungen einzuführen.

Dreizehntes Kapitel.

Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern.

In Kapitel XP) haben wir den Begriff „vollstetig" für eine Funk- tion der unendlich vielen Variabein x^, x^, . . definiert^): wir nennen

1) Die in Kapitel XI und diesem Kapitel XIII angeregten Fragen aus der Theorie der Funktionen von unendlich vielen Variabein habe ich in meiner Abhandlung: Wesen und Ziele einer Analysis der unendlich vielen Variabein, Rendiconti del Circolo matematico di Palermo t. XXVII (1909), weiter ausgeführt.

2) In dem ursprünglichen Abdruck meiner „fünften Mitteilung-' hatte ich an Stelle des jetzt durchweg gebrauchten Wortes „vollstetig" das AVort „stetig" eingeführt.

Kap. XIII. Die Integralgleichung mit nnsymmetrischem Kern. 1 75

somit eiue Funktion F{x^, a^g? ■) ^^^ unendlich vielen Variabein Xi, x^, . . . für ein bestimmtes Wertsystem derselben vollstetig, wenn die W^rte von F{Xi + fi, x^ 4- fg, . . . ) gegen den Wert -F(Xj, x^, . . .) konvergieren, wie mau auch immer f^, e^, ... für sich zu Null Averden läßt, d. h. wenn

LF{Xi + s^, X2+ e2> •) = ^'X^U ^2> •)

f j = 0, f I = 0, ...

wird, sobald man fj, fg? irg^fd solche Wertsysteme £j(''\ £./''\ . . . durchlaufen läßt, daß einzeln

/( = 00 // = oo

ist; dabei sind die Variabein stets an die Ungleichuns;

x,'^x,'+---£l gebunden.

Wenn eine Funktion für jedes dieser Ungleichung genügende Wert- system der Variabein stetig ist, so heiße sie schlechthin vollstetig. Eine solche Funktion bleibt, wie man unmittelbar durch das bei endlicher Variabeinzahl angewandte Verfahren erkennt, für alle Werte der Variabein absolut genommen unterhalb einer endlichen "Grenze und besitzt stets ein Maximum.

Wenn wir in der Funktion F den Variabein x^_^^, ^n + 2> sämtlich den Wert 0 erteilen, so heiße die so entstehende Funktion der n Variabein ^if -7 ^n ^^^** '^"^^ Äh schnitt von F] derselbe werde mit [F]^^ oder mit F„ bezeichnet.

n

Ist F eine vollstetige Funktion von x^, x^, . . ., so konvergiert das

Maximum von

F-F^\

mit unendlich wachsendem n gewiß gegen Null. Im entgegengesetzten Falle nämlich müßte es unendlich viele Wertsysteme

a ("^ a ("'

1 J 2 ) ' ' '

gehen, so daß die Differenz

(1) \F{a^^)) - F^{ai^^)

für alle n oberhalb einer von Null verschiedenen positiven Größe ausfällt. Wählen wir aus jenen Wertsystemen nach einem im 4. Abschnitt oft an- gewandten Verfahren solche unendlich viele Wertsysteme

h^C') == a^^"n), &/') = «,("/-), . . . aus, daß

existiert, wo ft^, &2> gewisse Werte bedeuten, so ist wegen der Voll- stetigkeit der Funktion F

(2) LF{U')) = F{})).

A = 00

176 Kap. XIII. Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern.

Setzen wir mm allgemein

so ist

und folglieh auch

(3) L F(f')) = L i\ m) = Fih),

die Grenzgleichungen (2), (3) widersprechen aber der obigen Annahme, wonach (1) stets oberhalb einer von Null verschiedenen positiven Größe ausfallen sollte.

Aus der eben bewiesenen Tatsache, daß das Maximum von F F^ mit unendlich wachsendem n gegen Null konvergiert, folgern wir leicht folgende Sätze:

1. Die Abschnitte F^^(x) einer vollstetigen Funktion F{x) konvergieren gleichmäßig für alle x^, x^, ... gegen F{x).

2. Ist F{x^, X.2, . . ■) eine vollstetige Funktion von Xj^, x^, . . und werden a:^ (|), iCg (|), . . . solche vollstetige Funktionen der endlich vielen oder unendlich vielen Variabein |j, Ig, . . ., daß stets

{x,(^)y+{x,{i.y-+-..^i

ausfällt, so geht F in eine vollstetige Funktion der neuen Variabein über. Insbesondere geht daher eine vollstetige Funktion durch orthogonale Transformation der Variabelu wieder in eine vollstetige Funktion über. Wird allgemein

F{x,'%x,{^),...) = F(x{i)), F„{x,{i),...,x^{^) = FSx{^i) gesetzt, so konvergiert die Funktionenreihe

F,{x{^)), F^{x{i)), ... gleichmäßig für alle ^ gegen F(x(i,)).

3. Ist insbesondere eine vollstetige Linearform

vorgelegt, so ist der nie Abschnitt nichts anderes als die Summe der n ersten Glieder der unendlichen Reihe rechter Hand. Nach Satz 1 kon- vergiert diese Summe mit wachsendem n gleichmäßig für alle x^jX.,,... gegen L(x). Die Konvergenz jener unendlichen Reihe ist zugleich eine absolute; denn wenn wir die Variabein x^, x.2, . . . in irgendeiner anderen Anordnung mit x\, x^, . . . benennen, so müssen nach 1, da L[x) in eine vollstetige Funktion von x\, x'.^, . übergeht, die dieser neuen Benennung entsprechend gebildeten Abschnitte der Funktion L{x), d. h.

Kap. XIII. Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern. 177

die Summen der n ersten Glieder der entsprechend umgeordneten unend- lichen Reihe, ebenfalls gegen den Wert L{x) konvergieren. Ebenso lehrt 2, daß, wenn wir an Stelle von x^, i\, . . . stetige Funktionen von endlich vielen oder unendlich vielen Variabein h,^, ^2, . . . setzen, die der Bedinguno-

genügen, die Reihe

gleichmäßig luid absolut konvergiert. Wegen des linearen und homogenen Charakters von L(x) kann jene Bedingung auch durch die Bedingung

(x,{^)f+ix,{^)y-h---<M

ersetzt werden, wenn 31 irgendeine von den Yariabeln ^j, I.3, . , . unab- hängige Größe bedeutet.

Die in 3 aufgestellten Behauptungen sind auch leicht direkt be- weisbar.

Als Bindeglied zwischen der Theorie der Funktionen und Gleichungen mit unendlich vielen Yariabeln, wie sie im vierten Abschnitt entwickelt ist, und andererseits der Theorie der Integralgleichungen, die doch Rela- tionen für Funktionen einer Variabein s ausdrücken, bedarf es irgend- eines Systems von unendlich vielen stetigen Funktionen

der Variabein s, die im Intervalle s = a bis s = h die folgenden Eigen- Schäften erfüllen:

I. die sogenannte Orthogonalitäfs-Eigenscliaft:

h

CL

(4)

J{%(s)fds =1;

a

IL die VollständigJieits-Belation, die darin besteht, daß identisch für jedes Paar stetiger Funktionen u(s), v{s) der Variabebi s

h b b

Ju{s)v{s)ds =Ju{s)^^{s)dsJv{s)^^{s)ds

a a a

h b

-\-Ju{s) ^^{s)dsj'ü{s) 0.2{s)ds -i

a a

wird.

Wir bezeichnen ein solches System von Funktionen ^i(s), ^^(s), . . als ein orthogonales vollständiges Funhtionensystem für das Inter vall s = a bis s = b.

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen 12

178 Kap. XIII. Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern.

Ist u(s) irgendeine im Intervall s = a bis s = h stetige Funktion von 8, so mögen die Integrale

0 b

a "

die Fourier- Koeffizienten der Funktion u{s) in bezug auf das orthogonale vollständige Funktionensystem ^1(5), 0^{s), . . . heißen und kurz bzw. mit

bezeichnet werden, so daß allgemein

b

{u(*)}^=fu(s)0^(s)ds, {p=l,2,...)

a

ist. Bei Benutzung dieser Bezeichnungsweise nimmt die obige Voll- stäudigkeits-Relation die Gestalt an:

b

(5) fuis)v{s)ds = {u{*)],[vi*)},+ {u{*)},[v{*)},+ . . ..

a

Um für ein gegebenes Intervall s = a bis s = h ein orthogonales vollständiges Funktionensystem zu konstruieren, bestimme man zunächst irgendein System von stetigen Funktionen

die die Eigenschaft besitzen, daß für eine endliche Anzahl von ihnen niemals eine lineare Relation mit konstanten Koeffizienten besteht, und die überdies von der Art sind, daß, wenn u{s) irgendeine stetige Funktion von s, und f eine beliebig kleine positive Größe bedeutet, allemal eine endliche Anzahl von Konstanten q, c^, . . ., c,„ gefunden werden kann^ so daß

(6) f(u (s) - c, P, (s) - c, P, (ß) c„, P,„ (s)yds < £

a

ausfällt. Wie man sieht, bildet beispielsweise das System aller ganzen Potenzen von s

Pi(s) = l, P,{s) = s, P,{s) = s', . . . ein Funktionensystem von der verlangten Art. Wir setzen

und können dann, wie leicht ersichtlich, der Reihe nach die Konstanten 7i7 y^} Y'i'i ^3» ^3'; ?%"'■) so bestimmen, daß die Funktionen ^j, (P«» ^3^ •• -

Kap. XIII. Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern. 179

den Orthogonalitäts-Relationen (4) sämtlich Genüge leisten.^) Die so konstruierten Funktionen O^, 0^, ... erfüllen alsdann auch die Voll- ständigkeits-Relation (5 I.

Um dies einzusehen, bedenken wir zunächst, daß, wenn ii[s) eine stetige Funktion von s ist, die Summe der Quadrate aller Fourier- Koeffizienten von u[s) konvergiert und den Wert des Integrals

h

f(u(s)yds

a

niemals übersteigen kann. In der Tat ist für eine beliebige ganze Zahl n gewiß

b a

und mithin, wie die Rechnung lehrt,

also auch für die so entstehende konvergente Reihe

6 a

Wir zeigen sodann, daß genau

(7) {<*)],'+ {w(*)}/+ =fiu(s)rds

a

ausfällt. Wäre nämlich im Gegenteil

{ui*)}^' {ui*)],' + <f(u{s)yds

a

d. h.

(8) s =f(u{s)yds - {t<*)}i'- {<*)\2' > 0,

a

SO denken wir uns zu ti\s) und s in (ß) die Koeffizienten c^, . ... c„, be- stimmt; setzen wir

(9) U'(S) = C,P,(S) + + C^Prnis) = C;0,{S) + + C„;0,^is),

WO Cj', . . ., cj ebenfalls gewisse Konstanten bedeuten, so fällt

b

(10) /(m(s) u{s)yds < e

a

aus. Andererseits ergibt .sich mit Rücksieht auf (9) und (8)

1) Vgl. hiermit E. Schmidt, Entwicklung willkürlicher Funktionen usw., Inaugural-Dissertation (Göttingen 1905), § 3. Abgedruckt in Math. Ann. 63, S 442.

12*

180 Kap. XUI. Die Integi*algleicbung mit uuejmmetrischem Kern

h h

J{u(s) - u\s)yds =f(u{s) - c,'o,{s) c,;0jß)y-ds

a a

=ju{syds -2c;[ w(*) h 2c „, { ^<*) } ^ + c^ + + C'

a

= ^ + ({^*(*)}i-0^'+--- + ({<*)}.-0'+{<*)}Vi+{^(*)}^..2+-,

und folglich

6

J{u(ß) u'(ß)fds>e,

a

was der Ungleichung (10) widerspricht.

Damit ist die Gleichung (7) bewiesen, und aus dieser folgt, wenn wir einmal für u{s) die Summe und dann die Differenz irgend zweier stetiger Funktionen nehmen und die erhaltenen Gleichungen subtrahieren, auch die allgemeine Vollständigkeits-Relation (5).

Es sei noch erwähnt, daß man in analoger Weise auch für beliebige Intervallsysteme, ferner für mehrere unabhängige Variable und auf einer beliebigen Fläche ein vollständiges orthogonales Funktionensystem kon- struieren kann.

Wir zeigen zunächst, wie die Fredholmschen Sätze^) über die Lösung der Integralgleichungen mit unsymmetrischem Kern aus der im vierten Abschnitt entwickelten Theorie der linearen Gleichungen mit unendlich vielen Unbekannten folgen.

Es sei die Integralgleichung zweiter Art

(11) f{s) = cp{s)+jK{s,t)cp(t)dt

a

vorgelegt; in derselben bedeute der Kern K{s, f) eine stetige nicht not- wendig symmetrische Funktion von s, t, und f{s) sei ebenfalls als eine stetige Funktion gegeben-, f{s) möge überdies nicht identisch für alle Werte der Variabein Null sein; qp(s) ist die zu bestimmende Funktion. Wir bilden die Fourier-Koeffizienten von K{s, t), als einer Funktion von t und alsdann die Fourier-Koeffizienten der so entstandenen Funktion von s, wie folgt:

\(s) = {K(s,*)]^^jK(s,t)0fi)dt,

a

«.,= W*)], =ffK(s,t)0^{s)0^{t)dsdt.

1) Sur une classe d'equations foactionnelles. Acta mathematica Bd. 27 (1903).

Kap. XIII. Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern. 181

Setzen wir in der Yollständigkeits-Relation (5), indem wir t als Integrations- variable nehmen

u(t) = v(^) = K{s, t) ein, so finden wir

(12) J(K{s,t)fdt = {k,{s)f+ {Kis))'^- ■■..

a

Setzen wir andererseits in (5)

u{s) = v{s) = Ä-^(s), so ergibt sich

b a

Aus (12) entnehmen wir die Ungleichung

{h^s)f+ + iKMf£f{Kis, t)fdt-

a

mithin folgt aus der zuletzt gefundenen Gleichung für jedes m

^aJ<ff{K{s,t)ydsdt,

/p = l,2, . . .\ a a

\q = l, . . ., Vi)

und daher ist auch

2 «>,/ ^SJi^'s^ t)ydsdt.

{p, q \,2, . . .) a a

Diese Ungleichung lehrt mit Rücksicht auf eine Bemerkung in Kapitel XII (S. 165), daß die mit den Größen a^,^ als Koeffizienten gebildete Bilinearform

M^, y) = S^.^pVq

gewiß vollstetig in den unendlich vielen Variabein x^, x.^, •, y^, y^, ist. Setzen wir endlich noch

a

so wird

/(/■(S))2(/5 = <+«/+••••

Wegen der Stetigkeit der Bilinearform Ä(x, y) und der eben be- wiesenen Endlichkeit der Quadratsumme der a^, %, ■, ist die An- wendung des Satzes 40 (S. 165) in Kapitel XII auf jene Bilinearform A{x, y) und dieses Größensystem a^, a^, ... gestattet: es sei dem ersten Falle des Satzes 40 entsprechend

Ji'^ Cti « •X'Q 2? ' ' *

182 Kap. XIII. Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern.

ein Lösungssystem der Gleichungen (93) daselbst, d. h. es sei

(13) a^ + a^i «1 + a^gttg + = a^^, (p = 1, 2, . . .). Wegen der Endlichkeit der Quadratsumme der «j, a,, ... stellt die

Linearform

(14) ai:ri+ «2^2 +

eine stetige Funktion der unendlich vielen Variabein x^, x^, dar. Bezeichnen wir mit M eine endliche obere Grenze für die Werte des Integrales

f{K(s, fifdt

a

als Funktion von ,s, so sind wegen (12)

l\{s), h^{s), ... eine unendliche Reihe stetiger Funktionen von s, deren Quadratsumme den Wert M nicht übersteigt. Setzen wir daher diese' Funktionen in die Linearform (14) an Stelle der Variabein x^, x^. ... ein, so wird dieselbe nach dem zu Anfang dieses Kapitels XIII bewiesenen Satze 3 (S. 176) eine stetige Funktion von s: wir setzen

(15) a(s) = ßi/.-i(s) + «2^2(5) H

Hier konvergiert nach Satz 3 (176) die Reihe rechter Hand gleich- mäßig für alle s; multiplizieren wir demnach (15) mit ^ (s) und inte- grieren nach s zwischen den Grenzen s = a und s = &, so erhalten wir

6

und wegen (13)

^p-^f^pi^X^)'^^=^^'p

oder, wenn

(16) ^(s)=fis)-a{s) gesetzt wird,

S= (/■(*)},-{<*)}.= {g'W},

d. h. die Lösungen a^, «2, ... unserer linearen Gleichungen ergeben sich als die Fourier-Ko effizienten einer in s stetigen Funktion (p(s).

Nunmehr folgt unmittelbar, daß q){s) eine Lösung der ursprünrilich vorgelegten Integralgleiclmng (11) ist. In der Tat, setzen wir in der A'oll- ständigkeitsrelation (5), indem wir / als Integrations variable nehmen,

u(t) = cp{t), v{t)==K{s,t), so ergibt sich aus derselben

b

(17) J(p{t)K{s,t)dt = «1 Ä'i (s) + «2 A:2 {s)^ ,

Kap. XIII. Die Integralgleichung mit unsymmetrischem Kern. 133

d. h. wegen (15) und (16)

(18) Jcp(t)K(s,t)dt = f(s)-cp{s).

a

Umgekehrt, wenn cp(s) irgendeine in s stetige Lösung der Integral- gleictung (11) oder (18) bezeichnet und dann u^, cc^, . . . die Fourier- Koeffizienten dieser Lösung rp{s) bedeuten, so folgt nach der Vollständig- keits-Relation (5) zunächst (17) und wegen (18)

a^\{s) + cc^h^^s) -\- = f(s) (p(s). Da wegen

b CC^- H- «2^ -f =J(g)(s)ydS a

die Quadratsumme der a^, u.^., ... endlich ist, so stellt

eine vollstetige Funktion der unendlich vielen Yariabeln x^, x^, . . . dar, und somit entnehmen wir, wie vorhin, aus der letzten Gleichung durch Multiplikation mit ^^{s) und Litegration nach s das Gleichungssystem

«1 V + «2 «,.2 4- = ^,; - S' (P = 1, 2, . . .).

Wir erkennen somit, daß die Fourier- Koeffizienten einer Lösung der Integralgleichung stets auch ein System von Lösungen unserer linearen Gleichungen (13) und zwar ein solches mit endlicher Quadratsummc liefert.

Zugleich ist klar, daß, wenn irgend e linear unabhängige Lösungen der Litegralgleichung vorliegen, die aus diesen durch Bildung der Fourier- Koeffizienten entstehenden e Lösungssvsteme der linearen Gleichungen •ebenfalls voneinander linear unabhäno-jo- sind.

Trifft für die aus A{x, g) entspringenden linearen Gleichungen der zweite Fall des Satzes 40 im vierten Abschnitte (S. 165) zu, so gibt es diesem Satze zufolge ein Lösuugssystem der homogenen linearen Gleichungen (94) (S. 165); es sei alsdann

Xj^ = ßj , A 2 =^ C1C2 f ...

«in solches Lösungssystem mit der Quadratsumme 1. Nehmen wir nun- mehr in der vorigen Betrachtung

f(s) = 0, a^ = 0, «^ = 0, . . .,

so erweisen sich genau wie vorhin, die Lösungen a^, a.,, ... als die Fourier-Koeffzienten einer in s stetigen Lösung der homogenen hitegral- gleicliung

b

(19) cp{s)+jK{s,t)^{t)dt = i),

a

und wegen

184 Kap. XIII. Die Integralgleichung mit unsYmnietriscliem Kern.

n

erkennen wir, daß <p{s) nicht identisch verschwindet.

Umgekehrt, wenn (p{s) eine nicht identisch verschtvindende Lösung der homogenen Integralgleichung (19) ist, so liefern deren Fourier-Koefflzienten ein Lösungssystem unserer homogenen linearen Gleichungen.

Nunmehr sei, wie in Kapitel XII S. 168, e die genaue Anzalil der linear unabhängigen Lösungssysteme der homogenen Gleichungen

(20) L^{x) = x^, -f a^,,x, + a^,^x, + = 0 {p=l,2,..).

Die dort bewiesenen e linearen Relationen (107) sagen dann aus, daß die aus (20) durch Transposition entstehenden linearen homogenen Gleichungen

die e Lösungssysteme

(21) ^i = /3/'^ ^2-ß,^''\ ••• (A = l,,...,e> zulassen. Dieselben Schlüsse, die Avir oben auf die ursprünglichen linearen Gleichungen und deren Lösungssystem «j, a^, ... angewandt haben, lassen uns erkennen, daß die Größen (21) die P'ourier-Koeffizien- ten gewisser e linear voneinander unabhängiger in s stetiger Funktionen iiM\s), . . ., xp^^\s) sind, die der homogenen Integralgleichung mit dem transponierten Kern K(t, s) genügen. Infolge dieses Umstandes erhalten die e Bedingungen (108) die Gestalt

h b

(22) / t^'\s)fis)ds = 0, . . ., /^'W(5)/-(s)^s = 0.

a a

Nach den obigen Ausführungen zieht unsere Annahme, daß die homogenen Gleichungen (20) genau e linear unabhängige Lösungen be- sitzen, die Folge nach sieb, daß auch die homogene Integralgleichung (19) genau e linear unabhängige stetige Lösungen besitzt. Da ferner jedes System von Lösungen der inhomogenen linearen Gleichungen (13) eine Lösung der inhomogenen Integralgleichung (11) liefert und umgekehrt, so erweisen sich alsdann die e Bedingungen (22) /'///• die Funldion f(s) als notivendig und hinreichend für die Lösbarkeit der ursprünglich vorgelegten- inhomogenen hitegralgleicJmng (11); dabei sind die il^^^\s), . . ., ^(*)(s) die Lösmigen der homogenen Integralgleichung mit dem transponierten Kern K(t,s),

Die erhaltenen Lösungen der Integralgleichungen (11), (19) sind von, der Wahl des gerade benutzten besonderen orthogonalen vollständigen Funktionensystems fP^is), fP^Js), . . . wesentlich unal)hängig: in der Tat jede aus K{s, t) unter Vermittlung eines anderen orthogonalen vollständigen Funktionensystems entspringende Bilinearform geht aus der Bilinearformi

Kap. XIV. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung. 185

A{x,y) durch eine simultane orthogonale Transformation der Variabein X-^, X2, . . .; v/^; y^, . . . hervor, so daß auch das neue Gleichungssystem und dessen Lösungen sich von dem ursprünglichen Gleichungssysteme und dessen Lösungen nicht wesentlich unterscheidet.

Vierzehntes Kapitel.

Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung.

Derselbe Grundgedanke, der uns in Kapitel XIII zur Herleitung der Fredholmschen Sätze über die Lösung von Inteijralcrleichuncfen zweiter Art gedient hat, ermöglicht auch die Neubegründung der im ersten Abschnitt entwickelten Theorie der Integralgleichung zweiter Art mit symmetrischem Kern. Um dies einzusehen, sei eine Integralgleichung von der Gestalt

ö

(23) /■(«) = (p (s) - lfK{s, t) (p {t)dt

a

vorgelegt, worin K{s, t) eine stetige symmetrische Funktion von s, t, f(s) eine ebenfalls gegebene stetige Funktion von s, g)(s) die zu bestimmende Funktion von s und X einen Parameter bedeute. Der Kürze halber werde eine Integralgleichung von der Gestalt (23) mit symmetrischem Kern als orthogonale Integralgleichung bezeichnet.

Wir bilden zunächst durch Vermittlung des orthogonalen vollständigen Funktionensystems ^i(s), ^2(^0; ••• ^^^ ^®^ Kern K{s,t) eine Bilinear- form, indem wir wie in Kapitel XIII

(24) k^is) = {Kis, *)],=fKis, t)^fi)dt,

a

h b

(2d) h^^ ={/.-,(*)}, ^ffE{s,t)0^{s)^^(t)dsdt

a a

setzen. Wegen der Symmetrie des Kerns K{s, t) in s, t haben wir und demnach ist die mit den Koeffizienten Je gebildete Bilinearform

eine solche symmetrische Form, wie sie aus der quadratischen Form

(27) Kix) = :S^,^,^,

iP,'/) abgeleitet wird.

Analog wie vorhin in Kapitel XIII (S. 181) schließen wir aus der

wie dort folgenden Ungleichung

(26) K(^',y) = ^k„x^y,

186 Kap. XI V. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung.

mit Hilfe des Satzes 36 in Kapitel XI, daß die aus K(s, t) entsprungene quadratische Form Kix) eine vollstetige Funktion der unendlich vielen Variabein x^, X2, ... ist. Infolgedessen ist die Anwendung des Satzes 35 in Kapitel XI gestattet, und dieser Satz ergibt, daß jene quadi-atische Form durch eine orthogonale Substitution der Variabein i\, x^, . . . in die Variabein x^, x^, . . . die Gestalt

(28) K(x) = l\ a;/- + k^x^"- +

erhält. Die Variabein x^', x^', . sind lineare Formen der ursprünglichen Variabein x^, X2, ■■ Falls nun unter den Größen I,\, /r._,, . . . solche vor- handen sind, die den Wert Null haben, sondern wir die diesen Größen Je zugehörigen Liuearformen ab: es seien dies die Linearformen

x\^= 3Ii(x) = rn^^x^ -f m^^x^ -\ ,

x',^ = M2{x) = Wgi-^'i + m.,.2X.2 + •,

Die übrigbleibenden Größen /.■ bezeichnen wir mit Xj, y..,, . . r^ die zu •diesen Größen x zugehörigen Linearformen seien

^■',/, = Li (x) = /ji Xi + /i2.r,, H ,

a? Ld^yx) ^^ '21 '^i ~r '22*^2 I ' ' 'j

Die Formel (28) nimmt dann die Gestalt au

K{x) = y.i(L,(x)Y ^ X2{L.,{x)f + •■■,

und da die Liuearformen Ly{x), L^ix), . . ., 3Ii(x), M^ix), ... ein voll- ständiges orthogonales System bilden, so haben wir

(29) L/.)L/.) = 0, (j^^^q)

(30) Z/.)i^(.) = l,

i^(.)iJi-,(.) = 0,

Xi'+X2'+ = (AGr))2+ (4(^'))^4- . . + (jf^(a;))2+ (ilf^^^))2+ . . ..

C31^ ^1^1 + ^2^2 H = A(^) A W + ^2(^)^2(2/) H

. . + Miix)M2(y) + M,(x)3I,{y) + . .;

überdies ist

(32) K(x,.)L^{.) = x^^L^ix),

(33) K{x,.)3I^X-) = 0.

Da die Quadratsumme der Koeffizienten der Linearform L (x) nach (30) den Wert 1 hat, also endlich bleibt, so ist diese Linearform eine vollstetige Funktion der unendlich vielen Variabein x^, x^, . . ., und wir

Kap. XIV. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung. 187

können sie daher in derselben Weise wie oben S. 1S2 die Linearform (14) behandeln: wir finden dann, daß die Reihe

<34) L,im)^l,nK(s)-^l,Ms) + ---

gleichmäßig für aUe s konvergiert und also eine stetige Funktion von s bestimmt. Durch Multiplikation mit ^ (s) und Integration nach s er- halten wir wegen (24), (25) I,

a

Andererseits liefert die Vergleichung der Koeffizienten von x auf beiden

Seiten von (32) und fololich ist

Setzen wir

(35) Z/,/.(s)) = x^,^/5),

so ist, da ja >f^, + 0 ausfällt, (p (s) eine ebenfalls in s stetige Funktion, die die Gleichung

a

«rfüllt, d. h. die Koeffizienten l ., l <^, . . . der Linearform L (x) sind die Fourier-Koeffizienten einer gewissen stetigen Funktion (p {s) in bezug auf das vollständige orthogonale Funktionensystem ^^, (Pg? •• Nehmen Avir nun in der VoUstäudigkeits-Relation (5)

so lehrt diese

/,

a

und folglieh wegen (29) und (30)

i> f%>(s)(p,{s)ds = 0 (p=^q),

a

(37) fl<p,(s)yds =1,

a

d. h. die FunJdionen q}^ (s), gp^ (s), . . . bilden ein orthogonales FunMionensystcm. Nehmen wir ferner in der Vollständigkeits-Relation (Ji) t als Inte- grationsvariable und setzen

188 Kap. XIV. Die Theone der orthogonalen Integralgleichung,

so folgt mit Rücksicht auf (34) und (35)

b

(38) fK(s, t)cpß)dt = Jc,is)l^, + h(s)J^, + = x^cp^is),

a

oder, wenn wir

P einfüLren,

b

(39) cp^is) = xjK{s, t)^ß)dt,

a

d. h. die zu unserer ursprünglich vorgelegten Integralgleichung (23) gehörige

homogene Integralgleichung

b

(40) (p{s)-k fK(s, t) (f (t) dt = ()

a

besitzt für X = A^ die tvegen (37) geiviß nicht identisch verschivindende Lösung q:'(s) = (pp(s).

Wir wenden uns nun zu der wichtigsten Frage, nämlich zur Frage nach der Entwickelbarkeit einer willkürlichen Funktion in eine Reihe, die nach den Funktionen des orthogonalen Systems (Pi{s), (Pi{s), . . fortschreitet.

Da die Linearform M (x) eine vollstetige Funktion der unendlich-

vielen Variabein x^, x^, ... darstellt, so erkennen wir genau wie oben

S. 182, daß ., ., ^

M^X^Üs)) = m^, l; (s) + m^^^l; («) + •••

gleichmäßig für alle s konvergiert und eine stetige Funktion von s be- stimmt, und hieraus wiederum schließen wir wie oben

b fM^,{Jc{sj)0^^(s)ds = m^,\, 4- ni^,k,^ +■'■■

a

Durch Vergleichung der Koeffizienten von x, auf beiden Seiten von (33) erhalten wir

und folglich ist auch

6

f3I^XJc{s)) 0.^{s)ds = 0, (g = 1, 2, . . .);

a

hieraus aber schließen wir sofort, indem wir in der Vollständigkeits- Relation (5)

u{s) = v(s) = 3I^{Jc{s)) einsetzen,

f(M^{Ms)yds=^0,

Kap. XIV. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung. 189

d. h. es ist identisch für alle Werte s

Nunmehr wenden wir die Identität (31) an; wir betrachten zunächst den darin rechter Hand vorkommenden Ausdruck

(41) L,{x)LM + mx)my) + ..

Wenn wir hierin den Variabein x^, x^, . . irgendwelche konstante Werte mit endlicher Quadratsumme erteilen, so stellt wegen

{L,{x)y+{L,ix)y + --'£ix,x)

der Ausdruck (41) eine vollstetige lineare Funktion von L^dj), L^dj), . . dar; der Tatsache 3 (S. 176) zufolge muß (41) demnach gleichmäßig und absolut konvergieren für alle Wei'te von Pi, 1/2, ■, für die

unterhalb einer von y^^, y^, unabhängigen Grenze bleibt, und dies ist wegen

{L,(:y)y+{L,{y)y+---<{y,y)

gewiß immer der Fall, wenn {tj, y) unterhalb einer endlichen Grenze bleibt. Wir verstehen nunmehr unter y(s) eine willkürliche in s stetige Funktion und setzen in der Identität (31) an SteEe der Variabein x^, X2, ... die Konstanten

(42) ^,= {9i*)},, deren Quadratsumme

a

endlich ist, und an Stelle der Variabein y^, y.2, die in s stetigen Funktionen

(43) y,= \{^)-{K{s,*]^,

deren Quadratsumme

h

{\{s)y -{- {h,{s)Y + =/(^(s, tifdt

a

gewiß unterhalb einer von s unabhängigen Grenze, nämlich dem maxi- malen Werte M des rechts stehenden Integrales liegt. Mit Rücksicht auf die VoUständigkeits- Relation erhält dann die linke Seite jener Identität (31) den Wert

h

fK{s,t)y{t)dt.^

a

Andererseits wird bei Heranziehung der Gleichung (36) und der Voll- ständigkeits-Relation

190 Kap. XIY. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung.

b a

und da 3I^(k{Sj) identisch verschwindet, so geht die rechte Seite jener Identität (31) mit Rücksicht auf (35) nach der Substitution (42 j, (43) in

ij9(s)g^i(s)ds] (xi(3Pi(5:) + lfg(s)(pi(s)ih\ (x,(p^^{s)) +

über. Setzen wir daher

(44) f(s)=fK(s,t)g(t)dt

a

und, indem wir (38) berücksichtigen,

c^=ff(ß)(p^(s)ds = y^pj9{t)(Pp{t)dt,

a a

SO führt die Vergleichung beider Seiten jeuer Identität zu der Formel

f(s) = Cj9i(s) + c^cp^iß) H ,

wo die Reihe rechter Hand nach den obigen Ausführungen gleichmäßig und absolut konvergiert; d. h. jede durch Vermittlung einer stetigen Funktion g{s) in der Gestalt (44) darstellbare Funktion f{s) läßt sich auf Fouriersche Weise in eine nach den orthogonalen Funktionen q^ (s), (p^ (s), . . . fortschreitende, gleichmäßig und absolut konvergente Ficihe entivickeln})

Wir haben oben erkannt, daß die homogene Integralgleichung (40) für X ^ X eine nicht verschwindende Lösung besitzt; sie besitzt auch nur für diese Werte X = X^^ eine nicht verschwindende Lösung. In der Tat, ist X ein von X^, X^, ... verschiedener Wert und qp(s) eine stetige jener Integralgleichung (40) genügende Funktion, so lehrt diese Integralgleichung, daß (p{s) eine in der Gestalt (44) darstellbare Funktion ist: nach dem eben bewieseneu Entwicklungssatze haben wir mithin

b b

(45) (p (s) = gpi (s) J(p (s) (p^ (s) ds + (pc, (s) f(p (s) cp. (s) ds -\ .

a a

Nun finden wir andererseits, indem wir (39) mit X(p{s) multiplizieren und nach s integrieren, ferner (40) mit X w (s) multiplizieren und nach s integrieren imd endlich die so entstehenden Gleichungen voneinander subtrahieren

1) Diesen Entwicklungssatz hatte ich in der ursprünglichen Veröft'entlichung meiner „ersten Mitteilung" lediglich unter der Annahme eines „allgemeinen" Kerns bewiesen bzw. bei beliebigem Kern noch die Darstellbarkeit von f\si durch den zweifach zusammengesetzten Kein KK(s,t) als Bedingung hingestellt; E.Schmidt ist es zuerst in seiner Inaugural-Dissertation (Göttingen, 1905) gelungen, diese Ein- schränkung zu beseitigen.

Kap. XIV. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung. 19t

d. h. wegen A =f= A

6

ffpis)(Pp(s)ds = 0;

a

und folglieh wegen (45)

qp(s) = 0.

Da die oben S. 186 eingeführten Größen Ji\, Jc^, . . . dem dort an- gewandten Satze 40 in Kapitel XII zufolge notwendig gegen Xull kon- vergieren, so können die Werte A^, Ao, . . . im Endlichen keine Verdichtungs- stelle haben, und es kann daher insbesondere jedesmal nur eine endliche- Anzahl von gleichem Werte unter ihnen geben. Sei etwa ; ; ; ..._;

^•p~ % + l "~ % + 2 'V-|-«-l

und jeder andere Eigenwert von A verschieden, so sind die n linear von einander unabhängigen Funktionen

(46) (Pj,, (Pj, + i, ..., (pj,+,,.i

gewiß Lösungen der homogenen Integralgleichung für A = A . Es gibt nun für X = A aucJi keine andere Lösung jener Integralgleichung, die nicht eine lineare Kombinat ton der n Lösungen (46) teure. In der Tat, ist <p(s) irgendeine Lösung der Integralgleichung (40) für A = A , so könnten wir wie vorhin den Ansatz (45) machen; das entsprechende Verfahren führt

dann zu der Gleichung

>,

i^,-K)f9^(s)(p^(s)ds==0

a

d. h. es wird

h

ffp(s)%is)ds = 0

a

für alle Werte von q mit Ausnahme der n Werte

<1=P, i? + 1, ■, P + n- 1; damit ist die Behauptung bewiesen.

Was die inhomogene Integralgleichung (25) betrifft, so hat die- selbe nach den aUgemeiuen Ausfühiningen im vorigen Kapitel XIII für jedes von Xp verschiedene A eine und nur eine Lösung qp(s); für A = Ap jedoch ist sie nur lösbar, wenn f(s) genau n lineare von einander unab- hängige Litegralbedingungen erfüUt. Nun ergibt sieh aber, wenn wir die- Gleichung

6

(47) f(s) = cp{s)- 1,SK{s, t) <p (0 dt

a

mit (f,Js) multiplizieren und nach s integrieren

192 Kap. XIV. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung.

b I, I, I,

f(Pg(s)f{s)ds==f(p,j(s)(p(s)ds kpj JK{s, f)(p,j{s)(p{t)dsdt

a a a a

uiid mit Rücksicht auf die Symmetrie von K(s, f) wegen (39), wenn (pp(s) eine der n Funktionen (46) bedeutet:

b

f<p,jis)f(s)ds = 0 (q=p^pJ^l^.,,^p^u-l).

a

Biese n Bedingungen sind daher notivendig und hinreichend zur Lösbarkeit der inhomogenen Integralgleichung (47).

Die Werte Aj, Ag, . . . und die zugehörigen Funktionen cp^{s), (p^{s), . . . sind wesentlich durch den Kern K{s, t) bestimmt; ich habe sie Eigen- ■iverte bzw. Eigenfiinktionen des Kerns K{s,t) genannt.

Aus dem Entwickelungssatze folgt wegen

Jf(s)(pp{s)ds = ±Jg(t)(pp{t)dt (p = 1; . . ., n)

a a

i> b

f{s)=jK{s, t)g{t)dt = > I g{t)cp,(t)dt.ip,{s)

a a

b

+ l^j y{t)fpS) dt . (p,{s) H .

sofort

(48)

Besitzt ein Kern K(s, t) nur eine endliche Anzahl von Eigeniverten Xi, . . ., A„, so bricht die Reihe rechts beim wten Gliede ab, und da diese Gleichung für jede stetige Funktion g(t) statthaben muß, so ergibt sich

K(s, t) = fii']l-^S*l 4. . . . ^. ^nS^l^ii) ^

d. h. 'K{s, t) vermag , wenn man eine der beiden Variabein, etwa t, als Parameter auffaßt und diesem irgendwelche konstanten Werte erteilt, nur n linear unabhängige FunJäionen der anderen Variahein s darzustellen; ins- besondere ist gewiß ein Eigenivert immer vorhanden, ivenn nicht K(s, t) identisch in s, t verschivindet.

Schreibt man in (48) an Stelle von g{t) die willkürliche Funktion u(t), multipliziert diese Formel mit u{s) und integriert nach s, so entsteht

6 6 b

1 1 K{s, t) u (s) u{t)dscU = ^ { / w (0 9'i (0 dt

a a a

b

a

Setzen wir zur Abkürzung

Kap. XIV. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung. 193

J(u) = ffK{s, () u (s) u{t) dsdt,

a a h

np=fu{t)(pp(f)dt,

so nimmt jene Formel die Gestalt an

i, ^ L,

J^w = t + 5" +

Andererseits haben wir

b

J{n{s))'ds ^ Mi^ + Wg^ + .

a

und folglich

6

J{u) - j-f(uis)yäs ^ {l - j-) u.f + ((- - Ij „3« + . . . . .

a

Nehmen wir nun an, daß die Eigenwerte nicht sämtlich negativ seien und bedeutet dann l^ den kleinsten positiven Eigenwert, so fällt die rechte Seite dieser Formel gewiß nicht positiv aus; hieraus folgt, daß der größte Wert, den das Doppelintegral J{ti) annimmt, ivenn u{s) eine stetige, der Bedingung

b

f{uis)yds = 1

a

genügende FunMion sein soll, gleich dem reziproken Werte des kleinsten positiven Eigenwertes von K{s, t) ist; dieses Maximum tritt ein, trenn u(s) gleich der zugehörigen Eigenfunktion genommen wird.

Zum Schlüsse dieses Kapitels berühren wir noch die wichtige Frao-e, unter welchen Umständen die Eigenfunktionen (p^is), (p^is), . . . des Kerns K(s, t) ein vollständiges orthogonales Funktionensytem bilden. Wie schon in Kapitel IV angegeben ist, hilden die Eigenfunktionen gewiß dann ein vollständiges orthogonales Funktionensystem, tvenn der Kern K(s, t) der orthogonalen Integralgleichung allgemein (Kapitel IV S. 25) ist. In der Tat, ist g(s) irgendeine stetige Funktion von s, so gibt es dann eine stetige Funktion h(s), so daß die Ungleichung

f\g{s) —jK{s, t)h(t)dt \ ds<s

gilt; daher wird, indem wir

JK{s, t)h{t)dt = c^(p^{s) + C2 9Po(s) -\

a

einsetzen, auch

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. IS

194 Kap. XIV. Die Theorie der orthogonalen Integralgleichung.

b

f{9{s) - Ci9?i(s) - c.ip, (s) }'dt<s.

a

Da die linke Seite durch Subtraktion der positiven Größe

(ci f9is)(pi(s)dsj + (co fij(s)(p.2(s)ds\ -\

sicher nicht vergrößert wird, so folgt leicht

J(9{s)yds - (ffj{s)(p,{s)ds\ - (fg(s)(p,{s)ds\ <£.

Bedenken wir, daß diese Ungleichung für beliebig kleine positive e gelten muß, so ergibt sich sofort die zu beweisende Yollständigkeits- Relation.

Eine andere Bedingung dafür, daß die Eigenfunktioneu von K{s, i) ein vollständiges orthogonales Funktionensystem bilden, ist die Ab- geschlossenheit der aus K entspringenden quadratischen Form K(x). Man erkennt auch leicht, daß die aus einem allgemeinen Kerne K(s, t) ent- springende quadratische Form stets abgeschlossen sein muß, womit die soeben bewiesene Behauptung übereinstimmt.

Wie wir sehen, sind die Eigenwerte A^, Ag, . . . und Eigenfunktionen ^^(s), 9^2(^)7 ^^^^ deren Eigenschaften von der Wahl des gerade be- nutzten besonderen orthogonalen vollständigen Funktionensystems ^i{s)y ^2(5), •• wesentlich unabhängig: in der Tat, jede aus K(s, t) unter Ver- mittelung eines anderen orthogonalen vollständigen Funktionensystems entspringende quadratische Form geht aus der quadratischen Form K{pc} durch eine orthogonale Transformation der Variabein x^, x,^, . . . hervor,, so daß die neuen Linearformen von den ursprünglichen sich nicht wesent- lich unterscheiden.

Ist U{s, t) eine nicht symmetrische Funktion der im Intervall a bis h sich bewegenden Variabein s, t und setzt man

X{s, i) =0 für a ^ s < ft , a ^t < h,

= k{s,t-h^a) a^s< h, h£f £2h a,

= ^{tyS h + a) h£s£2h- a, a ^t<b,

= 0 b£s£2b-a, h£t^2h-a,

so stellt K{s, t) eine symmetrische Funktion der im Intervall a bis 2h a sich bewegenden Variabein s, t dar. Die Anwendung meiner Theorie auf diesen Kern K(s, t) führt unmittelbar zu den Entwickelungssätzen von E. Schmidt^), betreffend den unsymmetrischen Kern ^(s, t).

]) a. a. 0. 6 12— § 14

Kap. XV. Die Theorie der polaren Integralgleichung. 195

Fünfzehntes Kapitel.

Die Theorie der polaren Integralgleichung.

Wenn Jc{s) irgendeine gegebene Funktion von s bedeutet, so möge

allgemein

fj

f(s) = Jc(s)(p(s) - xjK{s, t)(p{t)(U

a

eine Integralgleichung dritter Art heißen. Es sei im folgenden K{s, t) eine symmetrische Funktion von s, t mit der Eigenschaft eines positiv definiten Kerns, d. h., wenn u(s) irgendeine stetige Funktion bedeutet, so möge immer

b b

JJK{s, t) u {s) u(t)dsdt^O

a II

ausfallen; ferner setzen wir insbesondere

wo y{s) eine Funktion von s bedeutet, die streckenweise abwechselnd die konstanten Werte + 1 oder 1 und überhaupt keine anderen Werte annimmt und zwar so, daß V^s) wenigstens an einer SteRe innerhalb des Intervalls a bis & und sicher nur an endlich vielen Stellen sein Zeichen ändert; die so entstehende Integralgleichung

6

(49) f{s) = Vis) cp (s) - xJK{s, t) cp (t) dt

a

mit symmetrischem definitem Kern werde der Kürze halber als polare Integralgleichung bezeichnet.

Mit Hilfe unserer Theorie der quadratischen Formen unendlich vieler Variabler gelingt es, für die polare Integralgleichung eine analoge Theorie zu entwickeln wie für die orthogonale Integralgleichung. Dabei bedarf es als Bindeglied und zur Verraittelung zwischen Integralgleichung und qua- dratischer Form irgendeines Systems von unendlichvielen Funktionen

n,{s), n,{s),...

der Variabein s, die im Intervall 5 = a bis s = 1) stetig ev. abteilungs- weise stetig mit endlichvielen Sprungstellen an bestimmten Punkten des Intervalles sind und die folgenden Eigenschaften erfüllen : I. die Polaritäts-Eigenschaft

b

J v{s) Ji, iß) n, (s) ds = 0 (ij + q),

im

Jv{s){n^{s)yds =vp,

a

13*

196 Kap. X\'. Die Theorie der polaren Integralgleichung,

wobei zur Abkürzung

t'l = + 1 , V., = —l, V3 = + 1 , V^ = l, Vr, = + 1, ...

gesetzt ist-,

II. die VollständigJceits-Iielation, die darin besteht, daß identisch für jedes Paar stetiger Funktionen u{s), v{s) der Variabein s

h h h

fV{s)u(s)ds = v^f V(s)u(s) ni(s)ds fV(s)v{s) ni{s)ds

a a a

h h

+ ^2 / V{s) II iß) JTg {s)dsj V{s) V (s) TTg (s) ds + ■'-

a a

wird.

Wir bezeichnen ein solches System von Funktionen n^(s), IJ^is), . . . als ein polares vollständiges FunJitionensystem für das Intervall s = a bis s = h.

Ist u(s) irgendeine im Intervall s = a bis s = & stetige Funktion von 5, so mögen die Integrale

h I,

^1 J V{s) ii{s) 77i (s) ds , V., f V{s) a (s) 11^ (s) ds, ...

a (I

die Fourier -Koeffizienten der Funktion u{s) in bezug auf das polare vollständige Funktionensystem n^{s), U^is), . . . heißen und mit

[w(*)]l, [m(*)12,---

bezeichnet werden, so daß allgemein

/< [**(*)]p = VpfV(s)u(s)n,(s)ds {p = 1,2,...)

a

wird.

Bei Benutzung dieser Bezeichnungs weise nimmt die obige Voll- ständigkeits-Relation die Gestalt an:

(51) Jr{s)u(s)v(s)ds = v,[ri{*)l\vi*)\ -\- ik[u{*M^i*)] + •••••

a

Um für das Intervall a bis h ein polares vollständiges Funktionen- system zu konstruieren, fassen wir einmal die Teilintervalle ins Auge, in denen

Vis) = + 1

ausfällt, und bestimmen für dieses IntervaUsystem ein orthogonales voll- ständiges Funktionensystem:

0P(s), 0,i'Ks), ...;

sodann fassen wir die Teilintervalle ins Auge, in denen

Vis) = - 1

Kap. XV. Die Theorie der polaren Integralgleichung. 197

ausfällt, und bestimmen für dieses Intervallsystem ebenfalls ein ortho- gonales vollständiges Funktionensystem

0/-)(s), ^,i-\s), .... Setzen wir nunmehr

77,(s)=*,(-)(s),

77.,(s) = 0,

JT,(s) = 0,

sobald s in einem der ersteren Teilintervalle liegt, und

77,(5) = ^,(-)(s), 773(5) = 0,

n,{s) = o,

sobald s in einem der letzteren Teilintervalle liegt, so erkemien wir sofort^ daß die so definierten Funktionen n^{s), 773(5), . . . sowohl die Polaritäts- Eigenschaft besitzen, als auch die Vollständigkeits-Relation erfüllen.

Wir bilden nun durch Vermittelung des polaren vollständigen Funk- tionensystems 77^ (s), Tljs), ... aus dem Kern K(s,t) der vorgelegten polaren Integralgleichung eine Bilinearform, indem wir analog wie in Kapitel XIV

k,{s) = [^(5, *)], = vJ'V{t)Kis,t)n,{t)dt, (52)

K'j = [K(*)']p = ^P^'JfHs) y(t)^(ß, t)n^{s)n^{t)dsdt

a a

setzen. Wegen der Symmetrie von 7^(5, t) in 5, t haben wir

und demnach ist die mit den Koeffizienten h^^ gebildete Bilinearform

eine solche, wie sie aus der quadratischen Form

(53) K{x) = ^k^,jXpX^

(p, 9) abgeleitet wird.

198 Kap. XV. Die Theorie der polafen Integralgleichung.

Nun ist unser spezielles Polarsystem /7i(5), H^is), . . ., wie sich un- mittelbar aus seiner Definition ergibt, auch zugleich ein orthogonales voll- ständicres Funktiouensvstera für das Intervall a bis b: für den in dieser Auffassung gel)ildeten Fourier- Koeffizienten einer Funktion u{s) ergibt sich leicht

/. b

{u{*)]p = fu{t)n^{t)dt = v,fv(t)u(t)nj,{t)dt = [ii{*)]p,

n n

und daher sind insbesondere auch Ä^^ als Fourier-Koeffizienteu von K{s, t) in bezug auf ein orthogonales System anzusehen; wir können also genau wie in Kapitel XIV (S. 186) schließen, daß K{x) eine vollstetige Funk- tion der unendlichvielen Variabein ist. Überdies ist K{x) eine positiv definite Form; denn der nte Abschnitt derselben läßt sich in die Gestalt bringen

h b

Kip) = 2 VpV.XpXg ff Vis) V{t)K{s, t)np{s)n,{t)dsdt

{p,q=l,2,...,n) ^^

b b

= JJK{s, t)P{s)P(t)dsdt,

a a

worin zur Abkürzung

' (p = l,2,...,n)

gesetzt ist; das letztere Doppelintegral besitzt aber gewiß keine nega- tiven Werte, da K(s, t) nach Voraussetzung ein positiv definiter Kern ist. Infolge dieser Tatsachen ist die Anwendung des Satzes 38* in Ka- pitel XII (S. 162) auf die Form K{x) und die mit abwechselnden Vor- zeichen gebildete Form

V{x) = v^x^^ + v^x^^ -\- = x.^^ ~ x^^ -\

gestattet, und dieser Satz liefert für jene quadratische Form eine Dar- stellung

(54) Kix) = J^\x) + J,Hx) + ;

darin sind ^i(^), ^d^(x) . . . stetige Linearformen, die den Relationen

(55) ^,(.)F(.,.;4X.) = 0 ip + q\

(56) J,{.)V(.,,)J,i.) = t,

genügen, wo f^, fg» •? wenn in unendlicher Anzahl vorhanden, gegen Null konvergente Größen sind. Aus (54), (55), (56) folgt überdies

(57) J,{.)V(.,.)K{,,x) = %J,{x).

Aus den obigen Bemerkunoren über die orthogonale Natur des Funk- tionensystems n^(s), /7o(s), . . . folgt auch wie oben

b

f((K(s, {)ydt = \\s) + i,\s) + .....

Kap. XV. Die Theorie der polaren Integralgleichung. 199

Setzen wir daher

Jp{x) = XpiX^ -f Xp^x^ -\ (i>.= 1, 2, •),

so finden wir analog wie in Kapitel XIV, daß die Reihe

(58) ylp{vl-{s)) = Xp,vjc,{s) + Xp,v,l-2{s) + •••

gleichmäßig konvergiert und also eine stetige Funktion in s bestimmt.

Durch Multiplikation mit ü,^ F(s) TZ^ (s) und Integration nach .s erhalten

wir wegen (52)

[Ap{vk(*))\ = Ipivjci + Ip^v^kj^ + ••••.

Andererseits liefert die Vergleichung der Koeffizienten von x.^ auf beiden

Seiten von (57)

V^i^'yi + ^p2^2^\ß + = ^pXpj, und folglich ist

(59) [M^k(*))l=%2,^^.

Ist nun insbesondere f = 0, so folgt aus (59) da ja nach einer obigen Bemerkung die Größen [^„(y^'C*))],^ auch zugleich Fourier-Koeffi- zienten in bezug auf ein orthogonales vollständiges System sind wie oben (S. 189), daß die Funktion A^^vhiß)) identisch Null ist. Anderer- seits bezeichnen wir die von Null verschiedenen Größen f^; mit x (p= 1,2,...) und die entsprechenden Linearformen A > mit A' sowie deren Koeffizienten mit yl' j, A' 2j •; setzen wir dann

(60) A'^ivk{s))=^ xjris)7t^is),

so sind :/rj(s), ^^2(^)7 abteilungsweise stetige Funktionen von s, für die wegen (59)

[n*)^(*«=(+i), '^

wird, wo (+ 1) den Wert + 1 oder 1 bedeuten soll, je nachdem y. positiv oder negativ ist.

Nehmen wir nun in der Vollständigkeits-Relation (51)

u(s) = V(s)7i^Xs), v(8) = F(s);r,/s), so lehrt dieselbe

fV(s):r.^Xs)^,^{s)ds = l)/± i\~^{v,X],,l',^, + v,k'^,,l\^, + •}

= (±iX(±i),-^^;(-)F(.,.)^;(.)

und folglich wegen (55) und (56)

fV{s)7t/s)7t,^(s)ds = 0 (i?H=7),

(61)

fr{s){^^{s)yds =(±1)/.

200 Kap. XY. Die Theorie der polaren Integralgleichung.

uegm des Bestehens dieser Gleichungen sagen wir, daß die Fmiktionen n^{s), Tt^{s), . . . ein polares FmiJiHonensystem hilden.

Nehmen wir ferner in der Vollständigkeits-Relation (51) / als Inte- grationsvariable und setzen

u{t) = K(s,t), i'(0=^(0^(0,

so folgt mit Rücksicht auf (58), (60) *

(62) fK(s] t)7t^(t)dt = 1)^--^ (vAis)^',, + v,k,{s)k'^, + . 0

= ^ V{s)Xp{s),

einführen,

(63) F(5)^/5) = kjK{s, t)7t^(t)dt-

a

d. h. die zu unserer ursprünglichen vorgelegten polaren Integralgleichung (49) gehörige homogene polare Integralgleichung

h

(64) V(s) (p (s) - ifKis, f) (p (t) dt = 0

a

besitzt für l = A die wegen (61) geiriß nicht identisch verschuindende Lösung (p{s) = ^ Js).

oder wemi wir

1

Wir wenden uns nun zu der wichtigsten Frage, nämlich der Frage nach der Entwickelbarkeit einer willkürlichen Funktion in eine Reihe, die nach den Funktionen des polaren Systems n^^{s)f 7t^{s)f . . . fort- schreitet.

Bei dieser Untersuchung legen wir die aus (54) hervorgehende Identität (65) K{x, y) = A, (x) A, (y) + A, (x) A,{y) +

zugrunde und wenden auf den hier rechts stehenden Ausdruck die analoge Betrachtung an, wie sie in Kapitel XIY auf den Ausdruck (41) angewandt worden ist. Wir verstehen dann wiederum unter g{s) eine willkürliche in s stetige Funktion und setzen in die Identität (65)

ein. Da mit Rücksicht auf die Vollständigkeits- Relation (51) mit Hilfe von (52)

Kap. XV. Die Theorie der polaren Integralgleichung. 201

b

a

= \ fK{s,*)g{s)ds

wird, so bekommt die linke Seite jener Identität (65) nach Einsetzung^ von (66) den Wert

i\\{s)

+ vJ{Js)

fK(t, *)g(t)dt

+

l> 0

=JjK{s, r) V{r)K{r, t)y{i)drdt.

Andererseits wird bei Heranziehung von (59) und der Vollständigkeits- Relation (51)

- ^J j;{v]c(s))9{s)ds

a

? /

= ^-^jy{s)^,{^)cj{s)ds.

Folglich geht die rechte Seite jener Identität (65) nach der Substitution (66) mit Rücksicht auf die Tatsache, daß A^{vli{s)) verschwindet, sobald !^ NuU ist, und mit Bemerkung von (60) in

V{s) Ui I Jfi i / V{s) %^ {s)g{s) ds ;tj (s) + Xg | JCg I /^(^) ^2 («) 9 («) ds ti^ (s) +

' a a

über. Setzen wir daher

(67) /•(«) =jjv{s)K{s, t) V{t)K{t, r)g{r)dtdr

a a b

=JVKVK(s,r)g{r)dr,

a

WO zur Abkürzung

6

VKVK{s, r) ==fr(s)K(s, t) V(t)K(t, r)dt

a

gesetzt ist, und setzen wir ferner, indem wir (62) berücksichtigen,

202 Kap. XV. Die Theorie der polaren Integralgleichung.

SO führt die Vergleichung beider Seiten der Identität (65) nach Multi- plikation mit V(s) zu der Formel

f(s) = Ci7li(s) -\- C^_7t.2{s) + ,

WO die Reihe rechter Hand nach den obigen Ausführungen stleichmäßig und absolut konvergiert; d. h. wir erhalten den Satz:

Satz 41. Jede durch Vermittlung einer stetigen Funktion g(s) in der Gestalt (()7) darstellbare Funktion f(s) läßt sich auf Fouriersche Weise in eine nach den FiinJctionen jt^i's), n.^{s), . . . fortsei ireit ende gleichmäßig und absolut konvergente Reihe

f{s) = Cialis) -\-c,:t,{^ + •••,

a

entivickeln.

Die Werte A^, I.2, ... wachsen, wenn in unendlicher Zahl vorhanden, absolut genommen über alle Grenzen; sie und die zugehörigen polaren Funktionen ^liß), n^is), . . . sind wesentlich durch K(s, t) und V{s) be- stimmt; wir nennen sie die Eigentverte bzw. Eigenfunktionen der polaren Integralgleichung (49). Den Eigenwerten und Eigenfunktionen einer polaren Integralgleichung kommen die entsprechenden Eigenschaften zu, wie wir sie oben in Kapitel XIV im Falle der orthogonalen Integralgleichung gefunden haben. Insbesondere erkennen wir durch ganz analoge Betrach- tungen folgenden Satz:

Satz 42. I)ie zur polaren Integralgleiclmng (49) gehörige homogene polare IntcgralgleicJiung (G4) besitzt nur für diese Eigenwerte l = X eine nicht verschuindende Lösung, und die zu X gehörigen polaren Eigenfunktionen bzw. deren lineare Komlnnationen sind auch die einzigen Lösungen der homogenen Integralgleichung (64).

Besitzt eine polare Integralgleichung nur eine endliche Anzahl von Eigenwerten Aj, . . ., A,,, so folgt aus dem Entwicklungssatze wegen

b h

%l'm Vis)7t^is)ds = ^fv{s)7t^Xs)9is)ds ip = 1, . . ., n)

a a

sofort

b

f{s) =^ JVKVKis, r)g{r)dr

a

b b

= XjV" J '^i'')^i(:^)9{r)dr.x^{s) -|- ■■■+xj^,j yi?-)^rh'^9(.r)dr-:ij^s\

a a

und da diese Gleichung für jede stetige Funktion g{r) statthaben muß, so ercfibt sich

Kap. XV. Die Theorie der polaren Integralgleichung. 203

VKrKis, t) = F(0{,-\~|;r,(s);r,(0 + + ,^ ,\^^ ^Js)^Ji)] oder nach Multiplikation mit V{s)

h

jK{s,r) V(:r)K{r,t)dr=V(s)V{t) {^^-^;r,(5);r,(^) + ...+^-i^;r„(s);r„(0),

d. h. Kis, t) ist eine derartige Funktion von s, t, daß, ivcnn man die Funktion

b K VK{s, t) =fK(s, f) V{r)K(r, t)dr

a

bildet und darin eine der beiden Variahein, etiva t, als Parameter auffaßt, diese Funktion KVK{s, t) für beliebige t nur n linear unabhängige Funktionen der anderen Variabein darzustellen vermag; insbesondere ist gewiß ein Eigeniveti der polaren Integralgleichung immer vorhanden, ivenn nicht K VK{s, i) identisch in s, t verschwindet.

Die letzte Aussage gestattet die Umkelirung. In der Tat, verschwindet KVK{s, t) identisch in s, f und besäße dann die homogene polare Integral- gleichung (64) für irgendeinen Wert von X eine Lösung ^(5), so würde durch Multiplikation derselben mit Kir, s) V(s) und Integration nach s

b h

jK{r, s)(p{s)ds - ijKVKir, t)cp{t)dt = 0,

a a

mithin

h

fK{r,s)(p(s)ds^O

a

und wegen (64)

' ^{s) = 0

folgen, d. h. die polare Integralgleichung besitzt geiviß keinen Eigenwert,

wenn KVK{s, t) identisch verschtvindet.

Nehmen wir beispielsweise das Intervall a = 0 bis b = \,

Vis) = + 1 für 0 ^ s < I,

V{s) = - 1 für \£s^l und

K{s, t) = K{s + -h t) = K{s, t + X),

so gewinnen wir eine polare Integralgleichung mit nicht verschwindendem Kern ^(5, t), die keinen Eigenwert besitzt, da, wie leicht erkannt wird, die Funktion KVK{s, t) identisch verschwindet.

Wird von dem Kern ^(5, t) der vorgelegten polaren Integralgleichung vorausgesetzt, daß er ein allgemeiner ist, so läßt sich leicht zeigen, daß, wenn f{s) eine beliebige stetige Funktion und £ irgendeine noch so kleine positive Größe bedeutet, stets mittelst geeigneter Koeffizienten eine solche

204 Kap. XV. Die Theorie der polaren Integralgleichung,

lineare Kombination f*{s) aus einer endlichen Anzahl der Eigeufimktionen

:rj(s), ^2(^)7 gebildet werden kann, daß

/, J'(fis)-risjyds<e

a

ausfällt. Ferner ist dann die quadratische Form K{x) abgeschlossen (S 194), und wir können daher in der obigen Entwicklung an Stelle des Satzes 38* in Kapitel XII den Satz 38 ebenda (S. 156) anwenden; wir finden so, daß in diesem Falle die polare Integralgleichung sonohl unend- lich viele positive als auch unendlich viele negative FAyemrerte besitzt.

Wie man unmittelbar sieht, bleiben die sämtlichen Entwicklungen und Resultate der Kapitel XIII, XIV, XV gewiß dann gültig, wenn der Kern K{s,t) Singularitäten von niederer als der .Vten Ordnung besitzt in dem Sinne, den wir in Kapitel VI (S. 31) festgesetzt haben; denn dann bleibt {Kis, tff integrierbar und daher die aus K{s, t) entstehende bilineare bzw. quadratische Form stetig.

Aber es zeigt sich sogar, daß im wesentlichen die al)solute Integrabilität des Kerns wenn dieser bei s -= t unendlich Avird für die Gültigkeit der Theorie genügt. Hier sei nur erwähnt, daß der Beweis hierfür wiederum in der einfachsten Weise mittelst der Methode der unendlich vielen Variabein durch eine geringe Modi- fikation des obigen Verfahrens gelingt, während, wie es scheint, alle bisher zur Auflösung der Integralgleichungen benutzten Methoden , ins- besondere auch die Methode von Fredholm nicht anwendbar sind, da für einen solchen Kern die im Nenner der „Fi-edholmschen Resolvente" auf- tretende Potenzreihe nicht konvergieren muß und auch für keinen der durch Iteration entstehenden Kerne die Konvergenz der entsprechenden Potenzreihe stattzufinden braucht. Um mittelst der Methode der un- endlich vielen Variabein die Lösung der Integralgleichung in diesem Falle zu erzielen, bedienen wir uns des Satzes, daß die aus einem Kern Kis, t) entspringende Bilinearform mit unendlich vielen Variabein gewiß voll- stetig ausfällt, sobald die Singularität des Kerns von der Art wie f{s t) ist, wo f{x) eine bei x = 0 absolut integrable, sonst stetige Funktion be- deutet. Man hat alsdann zum Beweise nur nötig, diejenige Integral gleichung heranzuziehen, der die Funktion

s

^(s) =J(p{s)ds

a

genügt.

Kap. XYI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen. 205 Sechszehntes Kapitel.

Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen auf

Differentialgleichungen und auf Systeme von simultanen

Differentialgleichungen.

Die im vorigen Kapitel XV gefundene Entwicklung willkürlicher Funktionen, die nach polaren Funktionen fortschreiten, bildet eine wesent- liche Ergänzung der bekannten Entwicklungen nach orthogonalen Funk- tionen; insbesondere kommen in der Theorie der Diiferentialgleichungen polare Funktionensysteme neben den orthogonalen Systemen zur An- wendung und erweisen sich dann als ein ebenso notwendiges Hilfsmittel, wie die in der Literatur bisher allein behandelten orthogonalen Funktionen- systeme.

So ist bisher in der bekannten Sturm-Liouvilleschen Theorie der Differentialffleichung ^)

(68) -^p +iq-{-Xk)u = 0

stets die Voraussetzung gemacht worden, daß A* eine im betrachteten Intervalle a bis b positive Funktion sei.^j Lassen wir diese Voraus- setzung fallen und nehmen vielmehr an, daß Je eine stetige Funktion sei, die im Intervalle a bis b eine endliche Anzahl von Malen ihr Vorzeichen wechselt, so führt, wenn q ^0 ausfällt, die in Kapitel VII— VIII dargelegte Methode nicht wie dort auf eine orthogonale, sondern auf eine polare Integralgleichung mit definitem Kern, und da dieser Kern überdies all- gemein ist, so zeigt die im vorigen Kapitel XV begründete Theorie, daß die DiflFerentialgleichung (68) nunmehr sowohl für unendlich viele positive, wie für unendlich viele negative Werte des Parameters X die so- genannten Eigenwerte Lösungen besitzt, die den betreffenden homo- genen Randbedingungen genügen und die Eigenfunktionen der Diffe- rentialgleichung heißen mögen. Diese Eigenfunktionen bilden, von dem Faktor y\k abgesehen, ein polares Funktionensystem, und es folgt der Satz, daß jede viermal stetig differenzierbare Funktion, die in den lland- punkten a, b und den Nullpunkten von Ic gewisse Bedingungen erfüllt, sich in eine nach jenen Eigenfunktionen fortschreitende Reihe entwickeln läßt. Wir erkennen somit, daß aUe wesentlichen Aussagen der Sturm-

1) Vgl. Kapitel VII.

2) Vgl. indes Bücher, Bulletin of tlie Amer. Math. Soc, Vol. IV (1898), pag. 307, wo das die Gleichung )j" = (p{x,X)y betreffende Oszillationstheorem bewiesen wird.

206 Kap. XVI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleicliuugen.

Liouvilleschen Theorie unabhängig von der Voraussetzung des definiten Charakters der Funktion Je gültig bleiben, wenn nur die Funktion ^9 den definiten Charakter besitzt und q ^0 ist.

Die in Kapitel VIII gegebene Theorie der partiellen Differential- gleichung

. du ^ du

^- + ^ + + ">-o

gestattet nunmehr die entsprechende Erweiterung auf den Fall, daß die stetige Funktion /.• in einer endlichen Anzahl von regulär begrenzten Teilgebieten innerhalb des Gebietes J verschiedene Vorzeichen besitzt. Wir erkennen wiederum genau auf dem eben angedeuteten Wege, daß diese partielle Differentialgleichung sowohl für unendlich viele positive, wie für unendlich viele negative Werte des Farameters A der betreffenden homogenen Randbedingung genügende Lösungen besitzt*), nach denen sich gewiß eine jede viermal stetig differenzierbare Funktion entwickeln läßt, wenn sie auf dem Rande sowie in den Grenzkurveu jener Teilgebiete gewisse leicht anzugebende Bedingungen erfüllt.

Die in Kapitel VII— VIII entwickelte Theorie der linearen gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen zweiter Ordnung läßt sich auch auf Systeme von simultanen linearen Differentialgleichungen aus- dehnen. Dies soll an dem Beispiel des Systems zweier Differential- gleichungen zweiter Ordnung mit einer unabhängigen Variabein gezeigt werden.

Es seien Ui{x), ««aC^) die zu bestimmenden Funktionen der unab- hängigen Variabein x und

+ 2qij^{x)Ui'u^ -f 2q^^Uy'u^ + 2q^^H^'u^ -\- 2q,,^u.2U^

ein homogener quadratischer Ausdruck in u^, u^ und den ersten Ableitungen

, dn^ {x) , du^ (x)

^^1 ^ d^' *'2 = -'i-^ y

dessen Koeffizienten Jhi^ P12; Ihiy '/m '/u'? 'hn ^22? ''m ^"12? ^22 gegebene stetige Funktionen von x sind und worin überdies p-^^^p^^ Pi-,^ für keinen Wert des Intervalles x ^^ a bis x = h verschwinden soll.

1) Die Existenz dieser Funktionen für die partielle Ditferentialgleichung ^u -\-Xku = (i hat bereits M. Mason nach einer von mir herrührenden Methode gezeigt; Journ. de Math. 1904.

Kap. XVI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen. 207 Durch Xullsetzen der ersten Variation des Intesfrals

D{ui, u.,) =jQ(uy, u^', Ui, u^dx

entsteht das System der zwei linearen Differentialgleichungen (69) L^{u^, Wo) = 0, 1-2 ("i? %) = 0,

Avenn zur Abkürzung

dQ

(70)

' dQ

gesetzt wird.

Bedeuten v^, i\ wiederum zwei Funktionen von x, so finden wir durch Anwendung der Produktiutegration das Analogon der Greenschen Formel, wie folgt

b

(71) J[v^L^{ii) u^L^{v) + v^UiiC) iL-^L^{v)\dx

_ 1 r, s3- 13 \ . '^^ ^<?t

- L ^ dii'i ^ dVi ou^ - dv^ Ja

Wir wollen nun die Lösungen u^^s), u^is) der Differentialgleichungen (69) bei homogenen Randbedingungen nach Analogie der in Kapitel VII (S. 41 42) aufgestellten Bedingungen I V unterwerfen. Der Kürze halber ziehen wir jedoch hier nur die Forderung des Verschwindens beider Funktionen an den Randpunkten a, h, also die Randbedingungen

^ ^ ii^{a) = 0, «2(6) = 0

in Betracht. Wir nehmen nunmehr an, es gäbe zwei den Parameter ^

enthaltende Systeme von Lösungen der Differentialgleichungen (69)

.-gx «1 = <^n{^, ^), i «1 = ^12 (^; !>),

U. = 6^21 {^, I), U.2 = G^,^{x, I) von folgender Beschaffenheit:

1. Die vier Funktionen G^^, G^i, G^^, G.^.^ ^^^^ sämtlich zweimal stetig differenzierbare Funktionen für alle x mit Ausnahme der Stelle x = ^ innerhalb des IntervaUes a bis ?>; für x = 'i sind jene vier Funktionen vielmehr von der Gestalt

Gj , (x, I) = - i.Tu (I) A' - I + >S;i {x), (?i2 {x, I) = - -i-;ri2 (I) -r - £ + S,^ {x\ Gn{x,i,) = -^r:t,,{t)\x-i> +S^,{x), G,,{x,i)==-^:i^,{t)\x-k\-^S,,{x\ wo rTij, -Tj2, HTgi, :r22 die aus den Gleichungen

208 Kap. XVI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen. '"^iiPu + ^2ii'i2 = 1 j ^nlhi + -T22P12 == Ö'

zu bestimmenden Funktionen des Parameters |, und ^u, S^^, S^^, S.,^ stetig differenzierbare Funktionen von .r sind.

2. Die beiden Funktionenpaare G^, (?.2i und (tjj, G^a genügen identisch in | den Randbedingungen (72).

Das System der vier Funktionen (73) heiße dann das Greensche System für die Differentialausdrücke L^, L^ hei den Rand- bedingungen (72).

Setzen wir in der Greenschen Formel (71)

ih=(x^i{x,^), Vi=6^i,(a;, ^*), «2 = G^2i (^j ^) ; ^'2 = ^21 (^> ^'') j

ferner

und endlich

Wj = Gii{x, I), i\ = Gi2(ä;, I*), *<'2 =■ G^2i (^j ^) ; «'2 = ^22 (^' ^*)

«2 = Ö22(^, I), «^2 = ^22 (^; ^*)>

SO finden wir leicht das Symmetriegesetz des Greenschen Systems der Differentialausdrücke L^, L.2,

^11 V^'} to) = ^11 (b; J^)}

G^^ix, I) = Gc^^i^^x),

Go^.2(x, I) = 6r22(|, ^).

Bezeichnen nun cp^(x), (p-iix) gegebene stetige Funktionen der Varia- bein X und verstehen wir unter fi(x), f^i^) Lösungen der inhomogenen Differentialcrleichungen

.^^x L,(f„f,) = -9>i(^),

die durchweg innerhalb des lutervalles stetig difierenzierbar sind und den Randbedingungen (72) genügen, so finden wir mit Hilfe der Greenschen Formel (71) ebenfalls leicht

f,(x) =/{ GJx, l)cp,{^) + G,.Xx, i)^-S)]dl, (75)

f,{x) =f{ G,,{x, ^cp.ii) + G,,{x, ^)cpS)}dl

tt

Umgekehrt, die so dargestellten Funktionen fi(x), fJx) sind Lösungen von (74) und genügen zugleich den Randbedingungen (72).

Kap. XVI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen. 209

Wir definieren jetzt folgende Funktion von x l)zw. .r, % in dem Inter- valle a bis 2& a\

fix) = /i {x) für a^x < h

= i\{x h -{- a) h ^x ^2h a,

(p (x) = (p^{x) a ^x <i h,

= q}2{x b -\- a) h ^x ^2b a,

G{x, ^) = G^^{x,l) a£x< h, a£^< h,

= 6ri2(a:, I 6 + a) a ^ x < b, & ^ | ^ 26 a,

= G21 (x b -i- a, ^) b^x^2b a, a^i,<.b,

= (to, (a: 6 -f a, I 6 + «) b ^x ^2b a, b ^ ^ ^2b a.

Alsdann stellen sich die Integralgleichungen (75) in der Gestalt der einen Integralgleichung dar (vgl. Kap. XIV, S. 194):

(76) fix)=fG{x,i)cp{l)dl

a

Die Funktion G{x, |) ist nach dem vorhin aufgestellten Symmetriegesetz symmetrisch in bezug auf die beiden Variabein x, |; sie stellt überdies einen Kern dar, der, wie wir aus (74) schließen, abgeschlossen und all- gemein ist.

Wir betrachten nun die durch Einfügung eines Parameters X er- weiterten simultanen Difierentialausdrücke

-^iK, ''2) = -^1(^1, M2) + l{kn{x)u^ + \^{x)n^^,

A{^h> ^2) = ^2(^*1» w^) + l{Ji2i(x)u^ + \2{x)u2),

wo Ä"^^, ^12 = ^''21 ; ^''22 gegebene stetige Funktionen von x sein mögen, deren

Determinante A^^^A^g A:^2^ ^^^ i^^ einer endlichen Zahl von Teilintervallen

verschiedene Vorzeichen besitzt.

Wir lösen nun die Gleichungen

^1= ^''11^1 + A-i2«2J

(78)

nach n^, n.^ auf, wie folgt

(79)

^2 = ^^21 '1 I %2^'27 \^12 ^^ '^21/7

und bestimmen dann a^^, «jg, Uo^, a.^^ als irgendwelche Funktionen von x derart, daß, wenn

«2 = «21 9^1 + ^22 ^2 gesetzt wird, in ^j, (jp, die Identität (81) ><n^i"+ 2xi2rir2-(- x22V.2-= Fi(a;)9:i2-f- r2(a;)9J22 **

Hatb. Monogr 3: Hubert, lin. lutegralgleichungen. 14

210 Kap. XVI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen.

besteht, wo Vi{oc), V^(x) Funktionen von .r sein sollen, die nur die Werte -f 1 oder 1 annehmen. Die Substitution (80) möge ferner die Identität

/g9X (^ll'^l{^)^\{^) + ^12*'l(^)^'2(^) + ^21^"2(^)^l(^) + ^22^2(^)^'2(b)

liefern, wo H^^, H^^, -öoi? -^22 Funktionen von x, ^ werden; endlich be- zeichne H{x, I) diejenige symmetrische Funktion von x, | im Intervalle a bis 2b a, die aus H^i, Uy,, H^^, H^^ ebenso gebildet ist, wie vorhin

G{X, I) aus (tji, (ti2, Cr^^, (^22-

Damit haben wir die Mittel zur Erledigung der Frage gewonnen, ob die homoffenen Differentialgleichungen

(83) A^iii^, a^) = 0, j1^{u^, 11^ = 0

außer Null Lösungen besitzen, die zugleich den Randbedingungen genügen. In der Tat, aus

ig i^h ,^2) = l (Ä'2i «1 + ^-22 «2)

. folgt nach (74), (75) u,{x)==xf{G,,(x,l^)(k,,{^)u,{^)-hl\.A)u2{^)) + G,,{x,^

a b

n2{x) = kf[G,,(x,l)ß-,,{i)u,{t>-\-Jc,2i^ni2{^)) + G2^^^^^

a

oder nach Ausführung der Substitution (78), (79)

0lii{x)v^{x) -f JCi2(^)^2(^) = ^J [G-ni^, i)^'i(^) + ^12 (^; 1)^2(1) }^^r

a b

J«2l(^)«^l(^) + 5f22(^)^2(^) = ^f{ 0^21 (^. 1)^1 U) + ^22(^; D^gd)}^!.

a

Wenden wir endlich auf die Funktionen v^, v^ die Substitution (80) an und kombinieren diese Gleichungen entsijrechend, so erhalten dieselben unter Zuziehung von (81), (82) die Gestalt

b

\\{x)cp,{x) = lf{H,,{x, ^)cp,{^) + H,,{x, l)cpS)]di,

a

},

\\{x)^.{x) = lj'{H,,{x, ^)^i(l) + H,,{x, |)(jP2(|)}^l,

a

oder

26 a

(84) V{x)q>{x) - xjH{x, l)(p{l)dl = 0,

a

wo (p, H die festgesetzte Bedeutung haben und V{x) durch die Gleichungen

Kap. XVI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen. 211

r(x) = V^{x), ((£x£ h,

= V.,{x h ^ d) , h^x<2h a definiert ist.

Aus (84) haben wir zimäclist (p zu bestimmen und daraus die Funk- tionenpaare 9?!, (p.^, alsdann nach (80) v^, v^ und schließlich aus (79) die gesuchten Integrale u^, u^ von (83) zu entnehmen. Hinsichtlich des Charakters der Integralgleichung (84) sind zwei FäUe zu unterscheiden, je nachdem Tix) für alle x dasselbe Vorzeichen darstellt oder nicht. Der erste Fall tritt ein, wenn die quadratische Form

^'"ll'^l" "T 2Z\2«iW2 + ^"22 ^'2"

für alle Argumente x positiv oder negativ definit ausfällt, d. h. wenn für

alle X

(85) \^ {x) ^"22 ipc) \^^ {x) > 0

ist. Die Integralgleichung (84) ist dann eine orthogonale, und es gibt unserer Theorie zufolge loieiicllicJi viele Werte von X die EigemveHe A^^^ , für die Lösungen der verlangten Art vorhanden sind die zugehörigen Eigenfunktionenpaare Uj^\ u^^^ jenes DifferenUalgleiclmngssijtems (83). Jedes Paar zweimal stetig differenzierbarer, in den Randpunkten verschwinden- der Funktionen t\{^^} f-ii^) ^^^^ ^^^^ i^ Reihen nach jenen Eigenfunktionen- paaren simultan mit gleichen Fourier-Koeffizienten entwickeln wie folgt

f,{x) = c,u,^%x) ^ c,u,^')(x) + ■,

f,{x) =^ c,u,('\x) + c,ii,('){x) -{- ■.

Ist die Bedingung (85) nicht erfüllt, so wird V(x) gewiß beide Werte + 1 und 1 annehmen. Die Integralgleichung (84) ist dann eine polare Integralgleichung mit definitem Kern, sobald die quadra- tische Form Q{iii, 1(2', Kl, «2) ^^^*' ^li® Variabeinwerte x hinsichtlich der vier Argumente u/, u.^, u^^ iL, positiv definiten oder negativ definiten Charakter hat. Ist diese Bedingung erfüllt, so findet die in Kapitel XV entwickelte Theorie der polaren Integralgleichung Anwendung, und wir erkennen, daß es wiederum unendlich viele und zwar sowohl unendlich viele positive als aucli unendlich viele negative Werte von k die Eigen- werte — gibt, für die Lösungen von der verlangten Art vorhanden sind die. zugehörigen Eigenfunldionenpaare jenes Differentialghicliungssystems (83). Jedes Paar viermal stetig differenzierbarer Funktionen, die in Rand- punkten und in den Nullstellen von /'■iiÄ'22— ^12^ gewissen Bedingungen genügen, läßt sich in Reihen nach jenen Eigenfunktionenpaaren simultan mit gleichen Fourier-Koeffizienten entwickeln.

Daß es für die simultanen Differentialgleichungen (69) stets ein Greensches Funktionensystem ev. im erweiterten Sinne (vgl. Kapitel VII

14*

212 Kap. XVI. Anwendung der Theorie der polaren Integralgleichungen.

S. 44) gibt, wird in derselben Weise gezeigt, wie im Falle einer einzigen Differentialgleichung.

Eine genau entsprechende Behandlung gestatten die Systeme simul- taner partieller Differentialgleichungen.

Was die Konstruktion Greenscher Funktionen für simultane partielle Differentialausdrücke betrifft, so können wir uns desselben Verfahrens bedienen, das ich im zweiten Abschnitt für einen einzelnen linearen partiellen Differentialausdruck entwickelt habe.*) Dieses Verfahren er- fordert aber nicht nur, daß der vorgelegte Differentialausdruck die Normal- form besitzt, sondern es setzt auch die Kenntnis der Greenschen Funktion für den Ausdruck A voraus zwei Umstände, die die Verallgemeinerungs- fähigkeit des Verfahrens erheblich beeinträchtigen. Es ist daher die Be- merkung von Wichtigkeit, daß bei jenem Verfahren die Eigenschaft der Greenschen Funktion, der Gleichung z/ = 0 zu genügen, gar nicht wesent- lich benutzt wird und daher in demselben die Greensche Funktion sich durch irgendeine Funktion der Variabeinpaare xy^ t,ri ersetzen läßt, die nur die übrigen für das Verfahren wesentlichen Eigenschaften der Green- schen Funktion besitzt. Auf diese Weise entsteht ein neues Verfahren,^) welches, wie mir scheint, eine sehr weite Anwendungsfähigkeit besitzt, indem es auch zum Ziele führt, wenn die Glieder zweiter Ordnung in den partiellen Differentialgleichungen nicht in der üblichen Normal- form vorgelegt sind, ja sogar auch auf Differentialgleichungen erster Ordnung, sowie auf partielle Differentialgleichungen von parabolischem und hyperbolischem Typus mit voUem Erfolge anwendbar ist. Im folgenden Abschnitt wird diese Methode an dem Beispiel der partiellen Differentialgleichung auf der Kugel ausführlich dargelegt werden (Kap. XVIII).

1) Betreffs der hier angedeuteten Methode der „Parametrix" vgl. den Bericht über einen von mir in der mathematischen (Gesellschaft zu Göttingen gehaltenen Vortrag, Jahresbericht der deutschen Mathematiker -Vereinigung, Bd. 16 (1907), S. 77—78.

2) Dieses von mir in Kapitel IX (zuerst Gott. Nachr. 1904, S. 247—250) dargelegte Verfahrfen ist dasselbe, dessen sich neuerdings auch E. Picard (Rendiconti del circolo matematico di Palermo, t. XXII, 1906, S. 2.ö0 254) zur Lösung der linearen partiellen Differentialgleichung, die auch erste Ableitungen enthält, bedient hat.

Kap. XVII. Simultane partielle Differentialgleichungen erster Ordnung. 213

Sechster Abscliniti

Ainveiiduiig der Theorie auf verseliiedeiie Probleme der Aiialysis und Geometrie.

In den folgenden Kapiteln XVU XXI behandeln wir zunächst die Randwertaufgabe für ein simultanes System von linearen Differential- gleichungen erster Ordnung von elliptischem Typus, sodann wird die Methode der „Parametrix^' zur Zurückführung von Differentialglei- chungen auf Integralgleichungen auseinander gesetzt \md zur Integration der allgemeinsten elliptischen linearen Differentialgleichung zweiter (3rd- nung auf der Kugel verwandt, wobei die Theorie der Eigenwerte und der Eigenfunktiouen auf der Kugel sowie das zugehörige Variations- problem vollständig erledigt wird. Die dann folgenden letzten drei Ab- schnitte beschäftigen sich mit besonderen, ganz verschiedenartigen Pro- blemen aus der Geometrie und Analysis, nämlich mit Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche, mit einem Problem aus der Theorie der automorphen Funktionen und endlich mit einer gewissen zweipara- metrigen Randwertaufgabe, die mit Kleins Oszillationstheorem in engster Beziehung steht: ich wollte durch die Auswahl dieser Beispiele die mannigfache Verwendbarkeit meiner Theorie der orthogonalen und polaren Integralgleichungen offenbar machen.

Siebzehntes Kapitel.

Die Randwertaufgabe für ein System simultaner partieller

Differentialgleichungen erster Ordnung

von elliptischem Typus.

In Kapitel VIII habe ich eine Methode angegeben, wie die Rand- wertaufgaben für eine partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung von elliptischem Typus mittels der Theorie der Integralgleichungen gelöst werden können. Diese Methode ist auch anwendbar, wenn ein System von simultanen partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung vorliegt: nur bedarf es dann einer entsprechenden Greenschen P'ormel, und an Stelle der früheren Greenschen Funktion mit logarithmischer Unendlichkeits- stelle X = ^, y = t] tritt ein System von Greenschen Funktionen, die an jener Stelle gewisse Singularitäten erster Ordnung aufweisen. Wir woUen hier die damit augedeuteten Modifikationen der Methode an dem folgen- den speziellen Probleme erläutern.

214 Kap. XVn. Simultane partielle Differentialgleichungen erster Ordnung.

In der ari/- Ebene sei eine geschlossene Kurve C durch die Gleichungen

X = a{s), y = h{s)

gegeben, wo a{s), h{s) zweimal stetig differenzierbare Funktionen der Bogenlänge s sind; das von C umschlossene Gebiet der xy-Yihene werde mit J bezeichnet. Es seien die zwei simultanen partiellen Differential- gleichungen

du dv

du , dv -, ^ j

dy ex

vorgelegt, wo jj, q, k, l gegebene innerhalb J einschließlich C zweimal stetig differenzierbare Funktionen der unabhängigen Variabelu x, y be- deuten; es wird nun nach zwei solchen Funktionen uixy), v{xy) ge- fragt, die innerhalb J den partiellen Differentialgleichungen (1) genügen, während u{xy) auf der Randkurve C gegebene viermal stetig differen- zierbare Werte

m(s) =/■(«) annimmt.*)

Für die linker Hand in (1) stehenden Differentialausdrücke erster Ordnung führen wir zur Abkürzung die Bezeichnungen

^ ' ^ dx dy'

n/rr \ du dv ^K ^)-Ty-^d-x

ein. Alsdann stellen wir die folgende, der bekannten Greenschen Formel entsprechende, für zwei willkürliche Funktionenpaare u{xy), v{xy), u*{xy). v*(xy) gültige Identität auf:

(2) f{ if" L {u, v) V* M{u, v) + u L (»*, if^) v 7l/(?**, ?;*) } dJ

wo das Doppelintegral linker Hand über J oder irgendein innerhalb J gelegenes Gebiet und das einfache Integral rechter Hand über die Rand- kurven dieses Gebietes zu erstrecken ist.

Es mögen nun G^(xy, %ri), G^{xy, ^/j) für die Differentialgleichung

. d-u . d*u ^

dx- dy

1) Die hier dargelegte Methode ist in der Inauguraldissertation von W. A. Hurwitz (Göttingen lülO) auch auf Systeme partieller Diöerentialgleichungen erster Ordnung von nicht elliptischem Typus sowie auf kompliziertere Randbedingungen ausgedehnt worden.

Kap. XVU. Simultane partielle Differentialgleichungen erster Ordnung. 215

die Greensehen Funktionen erster Art bzw. zweiter Art im erweiterten Sinne ^) sein; dies sind solche Funktionen der Variabeinpaare x, y. |, t/, deren jede die Form besitzt

- V log { {X - if + (y - 7i)^ } + r{xy, I ri) unter y eine für jeden innerhalb J liegenden Punkt t„ r, und für jeden innerhalb J oder auf C liegenden Punkt x, y zweimal stetig diöerenzier- bare Funktion verstanden , die ferner identisch in |, rj den Ditferential- gleichungen

dx^ + dy^

= 0,

dx^ oy-

2n ~ J

sowie den Randbedingungen bzw. der Integralbedingung

[G^{xy, |r?)]x=aw=0,

(3) r-^?n=.„rO' So^\«J.lnW=^

genügen, wo J den Flächeninhalt des Gebietes J bedeutet und unter n die Richtung; der inneren Normalen auf der Kurve C zu verstehen ist. Wir nehmen jetzt erstens

* _ _ ^ ^,, _ ggi ex ' dy '

sodaß

i(M* V*) = 0,

wird, und führen diese Werte in die Formel (2) ein, indem wir zuvor die ünendlichkeitsstelle t, r^ durch einen kleinen Kreis ausschließen. Der Grenzübergang bei Zusammenziehung dieses Kreises auf den Mittelpunkt ^, >; liefert dann die Gleichung

(>) (C)

•wo das Doppelintegral linker Hand über das Gebiet J und das einfache Integral rechts über dessen Randkurve C zu erstrecken ist^ während )i die Richtung der inneren Normale auf C bezeichnet. Nehmen wir zweitens

oy dx '

■wobei

1) Vgl. Kapitel IX, S. 70—75.

216 Kap. XVIi. Simultane pai-tielle Differentialgleichungen erster Ordnung, wird, so führt das entsprechende Verfahren zu der Formel

(5) f[^f^L{u,v)-^^^^M{u,v)-'-^ijdJ=ß{sf^^^

Hilfssatz. Wenn zwei Funktionen A(xy), B{xy) innerhalb J ein- schließlich des Randes C zweimal stetig differenzierbar und überdies von der Beschafi'enheit sind, daß für sie identisch in £, y] die zwei Integral- gleichungen

(6) <•"

erfüllt sind, so sind A und B selbst identisch Null.

Zum Beweise dieses Hilfssatzes bestimmen wir durch Berechnung des ebenen Flächenpotentials auf die in der Potentialtheorie übliche Weise eine Funktion u{xij), die innerhalb J einschließlich C der Differential- gleichung

. dA . dB

ex dy

genügt. Alsdann finden wir durch Integration sofort eine zugehörige Funktion c, so daß

{ L(ti, V) = A,

^'^^ i M{ii, v) = B

wird. Führen wir nun die so gefundenen Funktionen u{xy), v{xy) in (4) und (5) ein, so erhalten wir mit Rücksicht auf (7) und (6) die Gleichungen

^(^'^) = ^j ^(^) T^^ ^^^ + ]tJ ^{^y)dJ''

(O [J)

Die erstere Gleichung zeigt, daß n(xy) nichts anderes als dasjenige ebene Potential ist, das in J der Gleichung z/m = 0 genügt und auf C die Werte u(s) aufweist. Bringen wir andererseits die letzte Gleichung auf die Form

((■) {J)

80 erkennen wir, daß v dasjenige ebene Potential ist, dessen normale

/^ u d'ii ( ^)

Ableitungen ^ auf C gleich den AVerten r- sind, d. h. es ist v genau

Kap. XVII. Simultane partielle DiflFerentialgleichungen erster Ordnung. 217

ein zu ii konjugiertes ebenes Potential, so daß überall innerhalb ./ die

Differentialgleichungen

L{u,v) = 0, 31{u, V) = 0

gelten. Wegen (7) folgt hieraus, daß Ä und B identisch Null sind, und damit ist unser Hilfssatz bewiesen.

Um nunmehr die anfangs gestellte liandwertaufgabe für die Differential- gleichungen (1) zu lösen, betrachten wir das folgende System von Integral- gleichungen

V) in

(/) (f)

das sich auch in die Gestalt

(10)

i-n (to

.(^r?) + ([K,{bl,xy)u{xy) + K,{lri,xy)v{xy)]dJ=~^ß^^ G^'ds, (J) in

bringen läßt, wo zur Abkürzung

2.TÄ^i(^j, xy) = -^p{xy) - -.- l^ixy), 27cK,{i7i, xy) = -^ q{xy) - ^ l{xy), 27cKs{i 1], xy)= ^ p (xy) - -^ k (xy) , 2n-A^(|r?, xy) = .^ q(xy) - -.^ l(xy) - -j

gesetzt ist. Nehmen wir in (10) rechter Hand Null, so entstehen die zu (10) zugehörigen homogenen Integralgleichungen.

Wir machen nun zunächst die Annahme, daß diese homogenen Integral- gleichungen keine Lösung- besitzen. Nach dem bekannten von Fredholm aufgestellten Satze haben dann die inhomogenen Integralgleichungen (10) gewiß eine Lösung, d. h. es gibt stetige Funktionen u (h]), v{h,i]), die den Gleichungen (10) genügen. Da wegen der dreimal stetigen Differenzierbar-

keit der Funktionen f(s), —^- auch die rechten Seiten in (10) dreimal

stetig differenzierbare Funktionen von t, r, innerhalb J und auf C siud^ 80 folgt in der üblichen Weise durch dreimalige Iteration der Formeln (10), wonach sich u{tri), i'(|r/) schließlich als achtfache Integrale darstellen^

^18 Kap. XVII. Simultane partielle Differentialgleichungen erster Ordnung,

daß diese Funktionen «(!»/)> ^'(.^v) ebenfalls dreimal stetig differenzierbar innerhalb J und auf C sind.

Wegen der Symmetrie der Greeuschen Funktion G^ in den Variabein- paaren X, y und |, tj folgt nach (3), daß sie identisch in x, y verschwindet, sobald der Punkt t, i] in einen Punkt a der Randkurve C rückt, und mit- hin müssen dann auch K^(a, xy) und K.,{6, xy) identisch in x, y ver- schwinden; die erstere der beiden Gleichungen i lOj liefert mithin für die Funktion u die vorgeschriebenen Randwerte (11) u{6) = aa).

Nunmehr fähren wir die eben als Lösung der Integralgleichungen (10) erhaltenen Funktionen u, v sowohl in die Formeln (4), (5) wie in die Formeln (8), (9) ein. Subtrahieren wir dann (8) von (4) und anderer- seits (9) von (5), so entstehen unter Benutzung' von (11) Gleichungen von der Gestalt

f{^ ^(^^) + fy B(xy)]dJ= 0,

"WO zur Abkürzung

^^*'^) = dl ~ dy ~ ^P^ + ^^^'

^(-^) = 1^ + H - (^•" + ^^0,

gesetzt ist. Da hier offenbar Ä, B zweimal stetig differenzierbare Funk- tionen der Variabein x, y innerhalb J und auf C werden, so sind die- selben mit Rücksicht auf den oben bewiesenen Hilfssatz identisch Null, <1. h. die Funktionen, m, v genügen den anfangs vorgelegten partiellen Differentialgleichungen (1) erster Ordnung.

Nunmehr mögen entgegen der oben gemachten Annahme die zu (10) gehörigen homogenen Integralgleichungen eine Lösung «(^>?), v[h,ij) be- sitzen, so daß nicht zugleich u = 0, f = 0 ist. Dann zeigen die eben dar- gelegten Überlegungen, daß diese Funktionen Lösungen der Differential- gleichungen (1 ) sind, von denen die erstere, u(xy), die Randwerte Null besitzt. Ferner sind in diesem Falle wie die Theorie der Integral- gleichungen lehrt , die inhomogenen Integralgleichungen (10) «gewiß lösbar, sobald ihre rechten Seiten gewisse lineare Integralbedingungen erfüllen, d. h. bei der gegenwärtigen Annahme gibt es gewiß dann eine Lösung der partiellen Differentialgleichungen (1), wobei u die Rand- werte /'(s) hat, wenn f\s) gewissen linearen Integralbedinguugen ge- nügt. Doch sei bemerkt, daß unter besonderen Umstäntlen diese Integral-

Kap. XVIII. Methode der Parametrix. 219

bedingungen identisch von allen Funktionen f{s) erfüUt sein können; so besitzt offenbar das für

p = 0, q^O, /.=(», ? = 0

aus (1) hervorgehende Gleichungssystem stets Lösungen, wobei u beliebicr vorgeschriebene Randwerte f(s) aufweist, obwohl dieses Gleichungssy.stem die von m = 0, f = 0 verschiedenen Lösungen u = 0, v = 1 mit den Randwerten f(s) = 0 zuläßt.

Durch Zusammenfassung der erhaltenen Resultate gewinnen wir den Satz:

Satz 43. Wenn die partiellen Differentialgleichungen (1) außer m = 0, V = 0 liein Lösungssystem u, v besitzen, derart daß u auf der Randkurve G verschnindet, so besitzen sie stets notivendig ein Lösungssystem u, v derart, daß u auf der Handkurve^ C irgend vorgeschriebene Werte f{s) annimmt. Im entgegengesetzten Falle, d. h. ivenn es ein Lösungssystem u, v der partiellen Diff'erentialgleicliungen (1) derart gibt, daß u auf C verschwindet und die Funktionen u, v nicht beide überall in J Null sind, so existiert ein Jjösungssystem u, v, tiobei u auf C die vorgeschriebenen Randtverte f{s) einnimmt, sicher immer dann, wenn f{s) yetvissen linearen Integralbedingungen in endlicher Anzahl genügt.

Achtzehntes Kapitel.

Eine neue Methode der Zurückführung von Differential- gleichungen auf Integralgleichungen. Begriff der Parametrix.

Zum Schluß von Kapitel XVI habe ich auf eine neue Methode^) hincrewiesen , durch welche sich die Lösung linearer Differentialglei- «hungen mit Hilfe von Inteofralgleichuntren bewerkstelligen läßt. Diese Methode unterscheidet sich von dem in Kapitel VII VIII entwickelten Ver- fahren wesentlich dadurch, daß an Stelle der dort benutzten Greenschen Funktion die „Parametrix" tritt, d. h. eine Funktion, die ebenso, wie <]ie Greensche Funktion außer von den Variabein noch von Parametern abhängt, und auch die Unstetigkeits- und Randbedingungen wie die Greensche Funktion erfüllen muß, aber keineswegs Avie diese einer Diffe-

1) Vgl. auch die inzwischen erschienene scharfsinnige Abhandlung von E. E. Levi: I problemi dei valori al contorno per le equazioni lineari totalmente ellittiche alle derivate parziali. Rom 1909.

220 Kap. XVIII. Methode der Parametris.

rentialgleichmig zu genügen braucht. Die hierdurch gekennzeichnete Modifikation bringt den Vorteil mit sich, daß man bei der Integration der Differentialgleichung nicht nötig hat, zuvor die Lösbarkeit einer anderen Differentialgleichung vorauszusetzen, und daß es daher auch gelingt, solche partielle Differentialgleichungen auf Integralgleichungen zurückzuführen,, die nicht in derjenigen Normalform vorliegen, wie wir sie im zweiten Abschnitt stets angenommen haben.

Ich entwickle in diesem Kapitel die neue Methode an dem Beispiel der allgemeinsten linearen partiellen Differentialgleichung vom elliptischen Typus, während das Integrationsgebiet die Vollkugel ist.

Es seien s, t die unabhängigen Variabein und z, iv irgendwelche Funktionen derselben; als untere Indizes an einer Funktion mögen s, t bedeuten, daß die partiellen Ableitungen der Funktion nach s, t zu nehmen sind. Wir gehen aus von dem allgemeinsten linearen partiellen Ditterential- ausdruck zweiter Ordnung

2(^) = a^^^ + 2bz^f-{- cZf;-\- Iz^ + mz,-\- nz,

wo a, 6, c, I, m, n gegebene Funktionen von s, t sind. Der zu 2(^') adjungierte Differentialausdruck ist

m{z) ^ («4,+ 2(&4,+ {cz\- {lz\- (jnz\-^ nz; ferner mögen

^ = a{wz,— zn\) + b{irZf— zu\) + (Z «,— hf)wz, £l= h{ivz^— zw^ + ciwZt— ztVf) + (m h^— c^ivz

die zu 2(^) gehörigen Bilinearausdrücke heißen: es gilt dann bekannt- lich die Identität (12) iv^{z) - zm{tv) = ^\ + D,.

Wenn wir in 2 (2') statt .s, / irgendwelche neue Variable s, f' ein- führen und den Differentialausdruck dann mit der Funktionaldeterminante der ursprünglichen Variabein nach den neuen d. h. mit

multiplizieren, so heiße der so entstehende Diö'erentialausdruck

£'(^) = a'z/; + 2h'z^'f--\- c'Zf'i' + l'z^' + m'zi' + nz der transformierte Ausdruck von £(^); desgleichen heiße der aus W{2) durch Einführung der neuen Variabein /, f und Multiplikation mit jener Funktionaldeterminante entstehende Ausdruck ÜJi'(^) der trans- formierte Ausdruck von 9)Z(^). Endlich mögen die Ausdrücke

Kap. XVIII. Methode der Parametrix. 221

wenn man rechter Haud iu ^, C die neuen Variabein s-', f an Stelle von s, f einführt, die transformierten Ausdrücke von '^P, C heißen. Indem wir in der Identität statt s, t die neuen Variabein s', t' einführen, gelangen wir zu der Identität

tv2'i2) - 2m'(w) = ^v + DV

und von dieser führen leichte Überlegungen unter Berücksichtigung der Bauart der Ausdrücke ^, £<,, 'l^', C zum Beweise des folgenden Satzes:

Der transformierte Ausdruck Wt'{2) ist genau der zu ^'(z) adjungierte Ausdruck, und die transformierten Ausdrücke ^', O' sind genau die zu 2'(/) gehörigen Bilinearausdrücke.

Im folgenden wollen wir der Kürze halber die Koeffizienten a, h, c, l, m, n des Differentialausdruckes 2, desgleichen alle anderen vorkommenden Funk- tionen stets als beliebig oft differeuzierbar voraussetzen soweit nicht ausdrücklich Ausnahmen festgesetzt werden.

Es seien nun auf der Kugel mit dem Radius 1 irgend zwei einfach zusammenhängende Gebiete K^ und K^ gegeben, die in dem Gebiete K^^ übereinaudergreifen; s^, t^ seien irgendwelche krummlinige Koordinaten für das Gebiet K^ und s^, t^ irgendwelche krummlinige Koordinaten für J?o; ferner sei ^1^(2) ein Differentialausdruck in den Variabein s^, f^ und SgC-) ein Differentialausdruck in den Variabein s^, f. 2- Bezeichnen wir das Linienelement auf der Kugel in üblicher Weise mit

bzw. e.2ds^^-\- ^f^ds^dt^ -\- g^dt^^, so ist das Flächenelement der Kugel

dli = Ve^g^ f^^ds^dt^, bzw. = y'e^g^ f^-ds^dt^\

femer wird innerhalb des Gebietes K^^

ds^ dti asi dti _ Ve^g^—f^

r "1 Hl i\

und wegen . .,. . . . ^

folgt mithin _g,(.) __" g\(.)

Wenn nun der besondere Umstand zutrifft, daß der auf die Variabein ^2, ^2 transformierte Differentialausdruck Q\ mit ^2 identisch ist, so stellt die Formel

V^i 9i—fx

y^s 9i 1\

in Zg

222 Kap. XVIII. Methode der Parametiix.

in dem gemeinsamen Gebiete Ky^ (^en nämliclien Dilterentialausdruck dar; zugleich erweist sich der Wert dieses Ditl'erentialausdruckes Ll^z), wenn s eine Funktion einer innerhalb 7ij oder Ju gelegenen Stelle auf der Kugel bedeutet, als unabhängig von der Wahl der krummlinigen Koordinaten s, t. Ist die Vollkugel mit einer endlichen Anzahl von übereinandergreifenden Gebieten /i^, K^, . . . bedeckt und in diesen je ein regulärer Differential- ausdruck bzw. Sj, S2, . . . gegebeL von der Art, daß immer in dem ge- meinsamen Teile von je zwei übereinandergreifenden Gebieten der trans- formierte Differentialausdruck des einen Gebietes mit dem Differential- ausdrucke des anderen übereinstimmt, so definieren die Formeln

-^^ in lU,

Ve,g,-A'

eindeutig und widerspruchslos überall auf der Kugel einen Differential- ausdruck, dessen Wert, wenn z eine Funktion der Stelle auf der Kugel bedeutet, ebenfalls unabhängig von der Wahl der krummlinigen Koordi- naten s, t ausfällt; der Differentialausdruck L{z) heiße ein auf der Voll- Tiwjel regulärer Differentialausdrucl^. Wie man leicht erkennt, bestimmen die zu Sj, ßg, hzw. in K^, K^, ... adjuugierten Dififerentialausdrücke äRj, ü)?2, ... vermöge der Formeln

M(/) = ~^My.An K„ m A2,

y^ä 92 - /2

ebenfalls einen auf der Yollkugel regulären Differentialausdruck M(z)'j dieser heiße der zu L{z) adjungierte Dijferentialausdruck.

Wenn wir die Formel (12) in einem von beliebigen geschlossenen Kurven berandeten Gebiete G der Kugel mit den krummlinigen Koordi- naten s, t integrieren, so erhalten wir die Integralformel

(14) /■/{ H-^{z) - zm(iv)]dsdt =fißdt - £lds),

\<') w

wo das Doppelintegral linker Hand über das Innere von G und das Linienintegral rechter Hand über sämtliche Randkurven R und zwar jedes- mal in der Richtung hin zu erstrecken ist, daß das Gebiet G zur linken Hand bleibt.

Wenn wir in dem Liuienintegral rechter Hand an Stelle der Variabein s, t beliebig neue Variable s', t' einführen, so sind nach dem oben be-

Kap. XVIII. Methode der Parametrix. 223

wiesenen Satze die trauslbrmierten Ausdrücke ^\ D,' genau die zu S^"^)' gehörigen Biliuearausdrücke; mittels der Formeln (13) folgt hieraus die wichtige Tatsache, daß der Integrand des Linieniutegrals rechter Hand in (14) derselbe bleibt, wenn wir bei der Bildung derselben an Stelle von 2 den beliebig transformierten Ausdruck Ö' zugrunde leo-en.

Teilen wir jetzt die Vollkugel etwa durch den Äquator in die zwei Hälften K^, /C und wenden auf jede derselben die Formel (14) an, so entsteht wegen der eben bewiesenen Invarianz der Integranden in den Linieniutegraleu und da in dem Linieuintegral der zweiten Formel der Äquator in entgegengesetzter Richtung zu durchlaufen ist, wie bei der ersten Formel durch Addition die Formel

J'f{ ivQi^) - .^m(tv) } dsdt = 0,

wo das Doppelintegral über beide Kugelbälften zu erstrecken ist. Führen- wir hierin die auf der Kugel regulären Differentialausdrücke L(2), M{z) und das Flächenelement dli der Kugel ein, so erhalten wir

(15) J{icL {z) z M{w) \ dh = 0 ,

wo das Integral über die Vollkugel zu erstrecken ist.

Der Diff'erentialausdruck L heiße von ellipUscliem Typus, wenn überall in jedem der Ausdrücke ö für alle Werte der Variabein s, t die Ungleichung

(16) ac-&2>0.

erfüllt ist; wir nehmen zugleich a und c positiv an.

Unser Hauptproblem besteht zunächst in der Integration der Differentialgleichung von elliptischem Typus

L{z) = f, wo f eine überall auf der Kugel definierte Funktion bedeutet.

Um dieses Problem auf ein Problem der Theorie der lutegralglei- chungen zurückzuführen, bedarf es des Begriffes der Parametrix. Für den vorliegenden Fall verstehen wir unter einer Varametrix eine Funktion p{st, 6t) des Argumentpunktes s, t und des Param«terpunktes 6, r auf der Kugel von folgenden Eigenschaften:

1. Die Parametrix p{st, at) ist überall in den Koordinaten des Argumentpuuktes s, t und des Parameterpunktes 6, t stetig und beliebig oft differenzier bar, außer wenn der erstere mit dem letzteren zusammen- fällt, d. h. wenn gleichzeitig 5 = (7, t=x wird: alsdann wird p{st,6ry logarithmisch unendlich, wie folgt:

' 4wya(CT)c(<rT) ^&(ffT))* ^ '

224 Kap. X\1II. Methode der Parametrix.

•WO S{st, 6r) eine Funktion vom Argumeutpunkt s, t und vom Parameter- punkt 6, X auf der Kugel bedeutet, die für s = ö, t = r zwar stetig sein muß, deren zweite Ableitungen aber für s = <?, t = t von erster Ordnung uneudlicli werden dürfen während sonst überall mindestens dreimal stetige Dilferenzierbarkeit statt haben soll.

2. Die Parametrix ist symmetrisch in bezug auf Argumentpunkt und Parameterpunkt, d. h. es ist

p{st, 6x) p{Gt, st).

Um eine Parametrix zu konstruieren, betrachten wir die räumlichen Koordinaten .r, y, z eines Punktes der Kugel als Funktionen der krumm- linigen Koordinaten .s, t indem wir immer in jedem Teilgebiet auf der Kugel die demselben eigenen Koordinaten s, / derart wählen, daß überall auf der Kugel

(17) Vs^t-^^Vt^^i ^s^-^s^t^^^ ^sVt-Vs^t^^

ausfällt. Dann bestimmen wir aus den drei Gleichungen

Ax^' + By,' + Cz:^ = c{st)Veg-f\

(18) Ax,x, + By^y, + Cs,z, = - h{st)Veg-f,

Axf + %; + Cz:^ = a{st)Veg - f

die Größen A, B, C als Funktionen des Argumentpunktes s, t] dieselben sind o-ecrenüber einer Transformation der Koordinaten ,s, t invariant und stellen daher Funktionen auf der Kugel dar; aus (17) folgt leicht, daß die Determinante dieser Gleichungen

^/

Vs'

^/

^s^t

VsVt

^s^t

^/

yf

^/

stets von Null verschieden ist.

Nunmehr verstehen wir unter ^, ?;, t, die räumlichen Koordinaten des Parameterpunktes ö, x auf der Kugel, so daß |, ?/, t, bzw. ebenso von (>, r abhängen, wie x, y, z von s, i, und bilden dann den Ausdruck

rpißt, 6x) = A{x - lY + B{y - >;)' + C{z - ^)l Setzen wir hierin

x l = xXs ö) + x^t x)-i ,

y-n = Vsis - Ö-) + Ptii - -f) + •,

Z - t = ^si^ ^) + ^t{i - '^) -\

ein, so ergibt sich mit Benutzung von (18) die Entwicklung

ip{st,6x) = yeg-p{c{st){s-6y-2h{st){s-6)(t-x)^a{st){t-xy]i-{s-0,t-S = Veg-f{c{6x){s-6y-2b(6x){s-6){t-T)-]-a(6t){t-xy}-\-{s-0,t-

Kap. XVIII. Methode der Parametrix. 225

Vo beidemal (s ö, t r)~^ Ausdrücke mit Gliedern von dritter und höherer Ordnung in s 6, t x bezeichnen. Mit Rücksicht hierauf ist wegen (16) gewiß

(19) iist, ax) > 0,

sobald die Differenzen s <J, t x absolut genügend klein gewählt, aber nicht beide Null sind: es sei s eine so kleine Konstante, daß die Un- gleichung (19) statt hat, sobald

0 < (^- - |)^+ (2/ - r;)-^+ iz - ^f<B^ ist. Endlich sei y der absolut größte Wert, den il^ist, öx) annimmt, wenn der Argumentpunkt s, t und der Parameterpunkt ((?, t) beliebig auf der Kugel variieren: alsdann stellt der Ausdruck

W^sf, ör) = tisf, ax) + ]l { (X - 1)^ + (y - i^f + (z - ^f ] -

eine Funktion dar, die stets positiv ausfällt und nur für s = a, t = x verschwindet. Da andererseits

st,6x)='\/eg-f[c{6x){s-6y-2h{6x){s-i5){t-x) + a{6x){t-xy] {\-^\s-6,t-x\

wird, wo {s 6, t ^ x)^ einen für s = ö, ^ = r mindestens von der ersten Ordnung in s ö, t x verschwindenden Ausdruck bedeutet und, wie man sofort sieht, W(6x, st) sich in die gleiche Gestalt bringen läßt, so besitzt der Ausdruck

V(st öx) = ^ (_Jo^^gt^aT)^^ logWiat^st) \

-' ^ ' ^ Sii\ya{aT)ciar) (b{aT)y- ya{st)c{st) {b(st))-\

die für die Parametrix geforderten Eigenschaften; die Existenz einer Parametrix ist damit bewiesen.

Aus der oben aufgestellten Definition der Parametrix folgern wir «ine Reihe von Tatsachen analog wie dies in der bekannten Theorie des logarithmischen Potentials geschieht.

Erstens: der Ausdruck

M{p{st, 6x))

steUt eine Funktion dar, die für s = 6, t = x höchstens von der ersten Ordnung unendlich wird. Wenn man nämlich aUe diejenigen Glieder, die allein von der zweiten Ordnung unendlich werden, ausrechnet, so erkennt man, daß sie sich gegenseitig zerstören.

Zweitens: Wenn z^sf) irgendeine überall zweimal stetig differen- 2;ierbare Funktion auf der Kugel bedeutet, so ist stets

(20) J[pL{z) - zM(p)}dJc = - z(6x),

wo das Integral über die VoUkugel zu erstrecken ist.

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 15

226 ^^P- XVin. ]\Iethode der Parametrix.

Zum Beweise dieser Formel beschreiben wir um den Punkt 6, r au der Kugel einen Kreis A^ mit dem kleinen Radius r und zerlegen dadurch die Oberfläche der Vollkugel in das kreisförmig begrenzte Gebiet k^ und das außerhalb k^ gelegene Gebiet K/, dann wenden wir die Integral- formel (14), indem wir ic(sf) = p(stf öt) nehmen, auf das Gebiet K^ an und führen den Grenzübergang zu r == 0 aus.

Drittens: wenn wir unter 2 (st), wie soeben, eine Funktion auf der Kugel verstehen und ferner mit M denjenigen Ditferentialausdruck be- zeichnen, der aus 31 hervorgeht, wenn wir darin die Variabein s, t durch die Parameter 6, r ersetzen, so gilt die Formel

(21) N\{fzpdk} = ßM{p)dk z(6r),

wo die Integrale wiederum über die VoUkugel zu erstrecken sind.

Zum Beweise haben wir die in dem Ausdruck M linker Hand ge- forderten Differentiationen erster und zweiter Ordnung auszuführen. Da die Parametrix p(st, 6x) für s = 6, t = t nur logarithmisch unendlich wird, so sind die einmaligen Differentiationen nach (5, x linker Hand ohne weiteres durch Differentiationen unter dem Integralzeichen ausführ- bar. Aus der ersten Eigenschaft der Parametrix entnehmen wir nun die Gültigkeit von Gleichungen der Gestalt

(22) P.--PS+S

wo S, T solche Funktionen von s, t] ö, r sind, deren erste Ableitungen für s = ö, t = r höchstens von erster Ordnung unendlich werden. Zerlegen wir jetzt wiederum die Oberfläche der Vollkugel in die zwei Teile K^ und Zy und setzen dann in dem über k^ zu erstreckenden Integral die letzteren Ausdrücke für p^, p^ aus (22) ein, so entstehen bei geeigneter Anwendung der Produktintegration (partiellen Integration) Integralaus- drücke, bei denen eine nochmalige Diflerentiation nach (?, r unmittelbar durch Differentiation unter dem Integralzeichen möglich ist. Der Grenz- übergang zu r = 0 führt schließlich zu der angegebenen Formel.

Nunmehr sind wir imstande, das oben bezeichnete Integrations- problem zu lösen, indem wir den folgenden Satz aufstellen und beweisen.

Satz 44. Wenn die homogene Differentialgleichung

(23) i(^) = 0

keine von Null verschiedene, auf der ganzen Kugel stetige Lösung besitzt ^ so hat die Differentialgleichung

(24) L{z) = f,

tvo f irgendeine gegebene Funktion auf der Kugel bedeutet, stets eine stetige Lösung; die adjungierte Differentialgleichung

Kap. XVIII. Methode der Parametrix. 227

(25) M{z) = 0

läßt in diesem Falle geiciß Iceine Lösung su.

Besiizt dagegen die homogene Differentialgleichung (23) Lösungen, so lassen sich aus diesen stets eine gewisse endliche Anzahl, n, linear von ein- ander unabhängiger Lösungen auswählen, so daß jede Lösung von (23) eine lineare Kombination derselben ivird; die adjungierte Differentialgleichung (25) besitzt in diesem Falle auch genau n linear unabhängige Lösungen, und die Differentialgleichung (24) ist dmm und nur dann lösbar, tvenn die gegebene Funktion f die n Integralbedingungen

\26) jf^^dl^O (/i = l,2,3...w)

erfiält, tvo 4-\, . . ., il<^^ jene linear voneinander unabhängigen Lösungen von (25) bedeuten.

Zum Beweise setzen wir zunächst voraus, daß die Diöerential. gleicliung (23) keine Lösung besitzt. Eine Lösung z der Differential- gleichung (24) muß wegen (20) die Integralgleichung

f{2}f-zM{p)}dJc = z{6t) oder

(27) ßM{p)dJc - z{ax) =fpfdJc

befriedigen; der Kern 31(2)) dieser Integi'algleichung ist der ersten Be- merkung auf S. 225 zufolge eine solche Funktion von s, i, 6, x, die für 8 = 6, t = X von der ersten Ordnung unendlich wird. Die Gesetze über die Auflösung von Integralgleichungen sind, wie bereits Fredholm gezeigt hat, in diesem Falle in gleicher Weise gültig, wie wenn der Kern eine durchweg stetige Funktion wäre. Andrerseits läßt sich auch, ähnlich wie dies auf S. 217 218 geschehen ist, zeigen, daß eine Lösung der Integral- gleichung (27) beliebig oft stetig diflerenzierbar ist, falls diese Annahme für f zutrifft.

Nach der allgemeinen Theorie der Integralgleichungen hängt die Lösbarkeit der Integralgleichung (27) von der Beschaffenheit der ent- sprechenden homogenen Integralgleichung

(28) fzM(p)d]c -z{ax) = 0

ab. Die Anzahl der linear unabhängigen Lösungen dieser homogenen Integralgleichung sei JSl, und die Lösungen seien 0^, . . ., 0^- Wegen (20) haben wir dann

JpL{0,)dJc = O (A = l, ..., Ä),

oder wenn

(29) X,= Z(^J {h^l,...,N)

gesetzt wird, ,

15*

228 Kap. XVIII. Methode der Parametrix.

(30) fpX.ca- = 0 Qi = 1, . . ., X), d. h. die iV Funktionen X^, . . ., X.v genügen, für z eingesetzt, der Gleichung

(31) f2y2dk = 0,

und wegen (21) sind sie demnach auch Lösungen der homogenen Integral- gleichung

(32) ßM(i})dl--z{6T) = 0.

Diese homogene Integralgleichung ist aber diejenige, die aus der homogenen Integralgleichung (28) entsteht, wenn man in deren Kern die Argumente 5, t mit den Parametern ö, r vertauscht. Nun sind die N Funktionen X^, voneinander linear unabhängig, da ja sonst wegen (29) eine von Null verschiedene Lösung der Differentialgleichung (^23) existieren müßte. Nach den allgemeinen Sätzen über Integralgleichungen besitzt die Integralgleichung mit dem transponierten Kern M(p) genau ebenso viele linear unabhängige Lösungen wie die ursprüngliche; es ist mithin jede Funktion z, die der Gleichung (31) genügt, da sie dann auch (32) erfüllt, notwendig in der Gestalt

^ = 6;x, + -.- + avX.v

darstellbar, wo C^, . . . , Cx geeignete Konstante bedeuten.

Da hiernach die N Funktionen X^, die sämtlichen Lösungen der homogenen Integralgleichung (32) ausmachen, so sind nach der all- gemeinen Theorie der Integralgleichungen die notwendigen und hinreichen- den Bedingungen für die Lösbarkeit der inhomogenen Integralgleichung (27)

die folgenden .

J JX,{6t)pf(st)dkdz = 0, {h = l,...,N)

wo die Vollkugel sowohl bei der Integration nach dem Argumentpunkt s, t, als auch bei der Integration nach dem Parameterpuukt (?, r als Integrations- gebiet zu nehmen ist. Da aber wegen (30) diese Bedingungen stets er- füllt sind, so besitzt (27) stets eine Lösung; es sei g)* diese Lösung, so daß

(33) /V* M(p) dl- - 95* (öt) = Jpfdh

wird. Setzen w^ir dann andererseits in (20) z = 9?* ein und addieren die so entstehende Gleichung zu (33), so ergibt sich

Jp[L{cf^-f]dl^Q.

Wegen der vorhin gefundenen Tatsache folgt hieraus L{q>*) - f = CW + + CyXx, wo Cj, . . ., Ca- geeignete Konstanten sind. Wegen (29) ist demnach

eine Lösung der Diö'erentialgleichung (24).

Kap. XYEI. Methode der Parametrix. 229

0

Wir erkennen nunmehr auch leicht, daß (25) keine von Null ver- schiedene Lösung besitzt. Wäre nämlich i/- eine solche Lösung und be- stimmen wir dann was nach dem eben Bewiesenen stets möglich ist eine Funktion qp derart, daß

L{sf) = t^'

ist, so wird aus (15) für tv = ip, z = (p die Gleichung

J^^dh = 0,

die nicht statthaben kann, da ja t/- nicht identisch verschwinden sollte. Damit ist der erste Teil unseres Satzes bewiesen.

Zum Beweise des zweiten Teiles des Satzes bezeichnen wir mit (p^, ■, <Pn ein vollständiges System von n linear unabhängigen Lösungen der Diffe- rentialgleichung (23). Sodann betrachten wir wiederum die inhomogene Integralgleichung (27) und die zu ihr zugehörige homogene Integral- gleichung (28), Die letztere läßt, wie aus (20) sofort folgt, die Lösungen qpj, . . .^ (pJ^ zu. Außer diesen n Lösungen und deren linearen Kom- binationen kann die Integralgleichung (28) noch weitere Lösungen be- sitzen; unter diesen wählen wir ein System untereinander und von den Funktionen g?^, . . ., cp^ linear unabhängiger Lösungen 0^, . . ., ^n derart aus, daß alle Lösungen von (28) durch gj^, . . ., ^„, ^^, . . ., ^y linear darstellbar sind. Wir bilden nun, wie vorhin beim Beweise des ersten Teils unseres Satzes, die N Funktionen

(34) X,= iW (/.= !, ...,iY); dieselben genügen, wie aus (20) folgt, den Gleichungen

(35) Ji>X,(7Ä; = 0 {li = \,...,N)

und sind demnach, für z eingesetzt, wegen (21) auch Lösungen der homogenen Integralgleichung (32). Die jV Funktionen X^, . . ., X.v sind voneinander linear unabhängig, da sonst entgegen unserer Annahme aus (34) sofort das Bestehen einer linearen Relation zwischen gj^, . . ., y„, 0j, . . ., Os folgen würde.

Da die homogene Integralgleichung (28) genau n + N linear un- abhängige Lösungen besitzt, so muß nach der allgemeinen Theorie die Integralgleichung (32) mit dem transponierten Kern ebenfalls genau n + JS linear unabhängige Lösungen besitzen, d. h. außer den Funktionen X^, . . ., X,v gibt es noch genau n Funktionen %i, ., %„, die ebenfalls der Integralgleichung (32) genügen und mit X^, . . ., X.v zusammen ein volles System von n ■]- N Lösungen der Integralgleichung (32) bilden.

Die w Funktionen x^, . . ., %„ denken wir uns nun durch geeignete lineare Kombinationen ihrer selbst derart ersetzt, daß gerade für die V Funktionen i^, . . ., x^ {0 ^v ^n) ^\e Gleichungen

230 Kap. XVin. Methode der Parametrix.

(36) ■fpXndh=0 {h=^l,...,v) statthaben und überdies, falls Avir aus den übrigen n v Funktionen Xy + 17 -j Xn di^ n V Funktionen

^A -JpXfM {h = v+l, . ..,n)

bilden, diese n v Funktionen i\.j^i, . ., ^„ noch linear voneinander unabhängig ausfallen. Wegen (21) sind i^^+i, . . ., J/^'„ Lösungen der Differentialgleichung (25).

Nunmehr nehmen wir an, daß der zu beweisende Satz für alle Fälle, in denen die Anzahl der linear unabhängigen Lösungen der vorgelegten Differentialgleichung kleiner als n ausfällt, bereits als richtig erkannt sei; dann folgt, daß die Differentialgleichung (25) mindestens n linear unab- hängige Lösungen besitzen muß-, denn wäre ihre Anzahl kleiner als n, so würde unser Satz, auf (25) angewandt, aussagen, daß die zu (25) ad- jungierte Differentialgleichung (23) nur ebensoviel, gewiß also nicht n linear unabhängige Lösungen besitzen könnte, wie wir doch gegenwärtig vorausgesetzt haben. Es ist hiernach gewiß möglich zu den n v Funk- tionen ^,,^1, . . ., ^,1 noch V weitere Funktionen tx, -, i\. hinzuzufügen, derart, daß die Funktionen i^, . . ., i^„ ein System von n linear unab- hängigen Lösungen der Differentialgleichung (25) bilden.

Aus (15) folgt sofort, daß, wenn die Differentialgleichung (24) lösbar sein soll, notwendig die Integralbedingungen (26) erfüllt sein müssen. Andererseits besitzt die inhomogene Integralgleichung (27) der allgemeinen Theorie zufolge gewiß eine Lösung, wenn die n -\- N Bedingungen

(37) fJX,(ar)pf(st)dMy, = 0 (^ = 1, ., N),

(38) ffx,{6t)pfXst)dldx = 0 (h = l,...,v),

(39) J Jx,{6x)pfist)dhdx = 0 {h = v+\,...,n)

bestehen. Nun sind aber wegen (35), (36) die Gleichimgen (37), (38) für jede Funktion f erfüllt und die Gleichungen (39) erhalten die Gestalt

(40) fft,dk = 0 {h = v+l,...,7i).

Bedeutet also f eine diesen n v Bedingungen (40) genügende Funktion, 80 gibt es gewiß eine Funktion 2 = qp*, die der Integralgleichung (27) genügt. Addieren wir diese Gleichung zu derjenigen, die aus (20) für ja = (f* entsteht, so erhalten wir

(41) fp{L{<p*)-f}dk = 0, und hieraus entnehmen wir wie vorhin

Hcp*)-f=ca^ + ■■■ + c„x„+ c,x,+ . . . + c^x,v,

Kap. X.YÜI. Methode der Parametrix. 231

wo Cj, . . ., c,, C\, . . ., Cs geeignete Konstante bedeuten. Setzen wir aber diesen Ausdruck für L{(p'^) f m (41) ein, so folgt sofort mit Rück- sicht auf (35), (36 ) wegen der linearen ^Unabhängigkeit der n -- v Funk- tionen 1^'/^, daß

^v + i = 0, . . ., c„ = 0

sein muß. Wegen (34) befriedigt mithin

9? = ()t* Ci 01 Cs^x

die Differentialgleichung

Wir woUen nun zeigen, daß die weiteren der Funktion f aufzuer- legenden V Bedingungen

(43) Jfi^.dh = 0 {h=\,..., v) notwendig

(44) c, = 0, ..., 6v=0

zur Folge haben. Zu dem Zwecke setzen wir in (15) m,' = ^^^ (/i = 1, . . ., v) und z = (p-^ dann erhalten wir wegen (42)

J^jdh + cjtai^ijc + + cJtaJ^- = 0 ih = 1, . . ., 1^)

oder

(45) «;,ic, + + a,^c^. = A; (h = 1, . . ., v), wenn zur Abküi'zung

ßjdk = -Ä, {h=^l,...,v),

Jxp,j^d'k= a,j (h,l = l,...,v)

gesetzt ist. Da wir nun offenbar durch geeignete Wahl der Funktion f unter Wahrung der Bedingungen (40) den Größen A,^ beliebige Werte «rteilen können und nach dem eben Bewiesenen die Gleichungen (45) für alle solchen A^^ Lösungen q, . . ., c,, haben, so muß die Determinante der Größen a^^. notwendig von Null verschieden sein. Legen wir daher der Funktion /' noch die weiteren v Bedingungen (43) auf, d. h. nehmen wir

^ = 0, ..., ^,= 0,

so folgt aus (45) notwendig (44), d. h. wegen (42) ist g? eine Lösung ■der Differentialgleichung (24).

Um den Beweis unseres Satzes zu vollenden, bleibt nur noch übrig ■zu bemerken, daß die Gleichung (25) auch nicht mehr als n linear un- abhängige Lösungen haben kann. In der Tat, gäbe es noch eine von i^j, . . ., t^'^ linear unabhängige Lösung von (25), etwa tn + if ^^ würde, wie aus (15) sofort folgt, die Gleichung

232 Kap. XYIII. Methode der Parametrix.

noch eine weitere notwendige Bedingung für die Lösbarkeit von (24) darstellen, was dem eben Bewiesenen Aviderspricht.

Für die weitere Entwicklung unserer Theorie ist eine Bemerkung über die Beschaö'enheit der Funktion /' wichtig. Wenn nämlich /' in (24) eine nicht durchweg stetige Funktion ist, so bleiben bei geeigneten Voraus- .Setzungen dennoch alle bisher angestellten Überlegungen gültig: es sei etwa /' eine solche Funktion des Argumentpunktes s, t auf der Kugel, die überall stetig ist mit Ausnahme der Stelle s = 6, t = r, wo sie von der ersten Ordnung unendlich wird. Um bei dieser Annahme den Charakter der Lösung z der Integralgleichung (24) an der Stelle a, r festzustellen, bedenken wir, wie dies aus der Fredholmschen Methode der inhomogenen Litegralgleichung ersichtlich ist daß für die Beurteilung des Verhaltens jener Lösung z von (24) das Verhalten der rechten Seite der Integralgleichung (27) den Ausschlag geben muß. Nun ist diese rechte Seite, wie man durch eine leichte Untersuchung feststellen kann, bei der über /' gemachten Annahme eine solche Funktion des Argumentpunktes s, f, die an der Stelle a, r stetig ist und deren zweite Ableitungen daselbst von der ersten Ordnung unendlich werden; den gleichen Charakter an der Stelle (?, r zeigt also in diesem Falle die Lösung der Differentialgleichung (24).

Wir wollen dieses Ergebnis zur Konstruktion der Greenschen Funktion des Differentialausdruckes iu) anwenden; dabei sei der Kürze halber L{2) als ein sich selbst adjungierter Differentialausdruck voraus- gesetzt.

Es sind wie im obigen Satze 44 (S. 226 227) zwei Fälle zu unter- scheiden, je nachdem die Differentialgleichung (23) stetige Lösungen besitzt oder nicht. In letzterem Falle ist jederzeit eine geeignet gewählte Lösung der Integralgleichung (27), wenn wir darin f = L{p) nehmen, zugleich die Lösung der Differentialgleichung

L{z) = L{p). Bezeichnen wir diese Lösung mit (p, so befriedigt offenbar die Funktion

G{st, 6t) =i> 9>

die Differentialgleichung (23); G heiße die Greensche Furiktion des Diff'erentiakmsdrnckes L(z). Aus den obigen Darlegungen über das Ver- halten der Lösung (p an der Stelle 6, x erkennen wir, daß die Greensche Funktion G an der Stelle 6, x gerade die logarithmische Unstetigkeit be- sitzt, wie sie für die Parametrix verlangt worden ist; sie ist durch diese Eigenschaft, sowie durch die Forderung, der Differentialgleichung (23) zu genügen, völlig eindeutig bestimmt.

Kap. XVIII. Methode der Parametrix. 235

Die Symmetrieeigenschaft der Greenschen Funktion

G{st,6r) = G{6r,st)

folgt iu der üblichen Weise ^) mit Benutzung des Umstandes, daß der Diiferentialausdruck M{z) nach Voraussetzung mit L{s) identisch ausfällt. Xunmehr nehmen wir im Gegenteil an, die Differentialgleichung (2.')) besitze genau n voneinander linear unabhängige Lösungen g)j, . . ., 9? wir denken uns diieselben derart normiert, daß die Orthogonalitätsrelationen

f(f,cp,dl- = U {h,l=l,.. ., n, h H= T),

jVrf/.-=l {h=l,...,n) gelten. Nehmen wir dann

f(st) = L{p) - (p^{6x)(p,{st) 9'„(ö^)9'„(sO.

so erfüllt f, wie aus (20) sofort zu ersehen ist, die n Bedingungen

ff(pJJc = 0 {h = l,...,H),

und nach dem Früheren besitzt mithin die Differentialgleichung (24) eine Lösung z = (p, die an der Stelle <?, r stetig ausfällt und deren zweite Ableitungen daselbst von der ersten Ordnung unendlich werden. Wir setzen nunmehr

G{st, 6t)=p (p -f{p (p)(p^dk-(pi f(p-(p)(p^ßJc-(p,,-

dann erfüllt G die n lutegralbedingungen

(46) - J'G{st, ör)(p,(ist)dk = 0 = 1, . . ., n) und genügt überdies der Differentialgleichung

(47) L{G) = (p^(6r)(p^{st) + + (pjör)(p,(st).

G heiße die Greensche Funktion (im erweiterten Sinne) des Differential- ausdruckes L(z). Die Greensche Funktion G besitzt an der Stelle 0, x gerade die logarithmische Unstetigkeitsstelle, wie sie für die Parametrix verlangt worden ist; sie ist durch diese Eigenschaft, sowie durch die Forderung, der Differentialgleichung (47) und den Integralbedingungen (40 ) zu genügen, völlig eindeutig bestimmt. Auch gilt für sie das Symmetrie-

°®^^ ^ G(st, 6r) = G(0T, st).

Endlich zeigt man iu üblicher Weise, daß stets vermittels der Greenschen Funktion die Lösung der Differentialgleichung (24) durch die Formel

(48) z = -jGf{6r)dx

1) Vgl. den Beweis dieses Symmetriegesetzes im Falle einer Variabein, wie er iu Kapitel VII S. 45 angedeutet worden ist.

234 Kap. XVIII. Methode der Parametrix.

geliefert wird, und zwar in dem zuletzt erörterten Falle diejenige Lösung^ die die n Orthogonalitätsrelationen

(49) Jzq>„dh==Q {li = \,...,n) ■erfüllt.

Nachdem im Vorstehenden die Theorie der Integration der linearen partiellen Differentialgleichung vom elliptischen Typus auf der Kugel er- ledigt worden ist, soll nunmehr die in Kapitel I VI und XIV dar- gelegte Theorie der Integralgleichungen mit symmetrischem Kern und zwar die der orthogonalen Integralgleichungen auf die lineare Differential-

angewandt werden, wo L{s) einen sich selbst adjungierten elliptischen Differentialausdruck auf der Kugel bedeutet. Die Greensche Funktion G{st, 6t) dieses Differentialausdrucks L{z) wird nach dem Obigen sym- metrisch in bezug auf den Argumentpuukt s, t und den Parameterpunkt 6, x der Kugel. Unsere Theorie liefert nun, wenn wir G{st, 6x) als Kern einer orthogonalen Integralgleichung auf der Kugel nehmen, folgende Sätze:

Es gibt gewiß einen oder beliebig viele Werte }y^\ l^\ . . . und zu- gehörige Funktionen il.'^^\ Tp^'\ . . . auf der Kugel, so daß

(50) ^^'^^st) = X^"'^fG{st, öT)t^"'\6r)d}c

wird, die sogenannten Eigenwerte und EigenfunMioneu des Kerns G] die letzteren besitzen die Orthogonalitätseigenschaft.

Jede Funktion, die sich bei geeigneter Wahl der Funktion g{(3x) in der Gestalt

(51) f{st) =jG{st, 6x)g{6t)d^

darstellen läßt, ist in eine auf Fouriersche Weise gebildete Reihe nach den Eigenfunktionen i^(^\ ^(^*, . . . entwickelbar:

(52) /•=,^^w + ,,,^(2)+...,

wo Cj, Cg, . . . die Fourier-Koeffizienten von f in bezug auf das Orthogonal- system 7^^^\ ^l}^^\ . . . bedeuten.

Wir stellen nunmehr die Bedeutung der Bedingung (51) fest. Es seien (p^, (p^, . . ., tp^ die n zueinander orthogonalen Integrale der Gleichung

i(~^) = 0, dann muß wegen (46) jede in der Gestalt (51) darstellbare Funktion / die n Bedingungen

(53) fcp, ist)tXst)dk = 0, (A = 1, . . ., n)

erfüllen. Umgekehrt ist jede diesen n Bedingungen genügende mindestens zweimal stetig differenzierbare Funktion /' in der Gestalt (51) darstellbar.

Kap. XVm. Methode der Parametrix. 235

Setzen wir nämlich g = L{f), so genügt, wie aus (15) folgt, die Funktion g <ien n Bedingungen

fcp,gdk = 0 (/*=l,...,w),

und daher wird nach (48)

f^-^J'G^st, 6r)g{öt)dx eine den Bedingungen (49) genügende Lösung der Differentialgleichun»-

L{z)=g(st). Da aber diese Gleichung nur eine diesen n Bedingungen genüo-ende Lösung besitzen kann, so ist genau f* = f und mithin f in der Gestalt (51) darstellbar. Aus (50) und (46) schließen wir leicht, daß

f(p,t^'^dJc = 0 ausfällt; mithin bilden die Punktionen

(54) ^„ . . ., ^,„ ^W ^(2), . . .

€in System von Orthogonalfunktionen auf der Kugel. Wir setzen

A, = 0, ..., A,= 0, A„^,= AW A„^2=n---

und bezeichnen die Konstanten X^, X^, . . . als die Eigenwerte und die Funktionen cp^, (p^, ... als die zugehörigen Eigenfunktionen der Differential- gleichung

(55) L{z)-{-lz = 0,'

da sie das volle System stetiger Lösungen dieser Differentialgleichung bilden. Nach dem Obigen ergibt sich sofort:

Satz 45. Jede mindestens zweimal stetig differenzierbare Funktion auf der Kugel läßt sich in der Fourierschen Weise in eine nach den Eigen- fimktionen (p^, q)^, . . . fortschreitende Reihe entivickeln; die Anzahl der Eigenwerte und der Eigenfunktionen der Differentialgleichung (55) ist mithin unendlich.

Wir gehen nun dazu über, das zur Differentialgleichung (55) ge- hörige Dirichletsche Variationsproblem aufzustellen und zu unter- suchen.^) Da der Differentialausdruck

2{z) = a^,,+ ^hz^t-\- c^tt+ /^*+ ^~f+ "^ als sich selbst adjungiert angenommen worden ist, so haben wir

a,-^ht= l, h^^c,= m,

1) Vgl. die den Fall einer "Variabein betreffenden analogen Entwicklangen in Kapitel VII, S. 57 f.

236 Kap. XYUI. Methode Tier Parametrix. '

und es gilt die Identität

wo

der zu I2(^) gehörige quadratische DiflFerentialausdruck und

die zu ^(z) gehörigen Nebenausdrücke heißen mögen. Führen wir in %{z) an Stelle von s, t neue Variable s, f ein, so heiße der durch Multiplikation mit der Funktionaldeterminante

entstehende Ausdruck %'{z) der transformierte Ausdruck von %{z)\ ferner mögen die Ausdrücke

wenn man rechter Hand in ^, O die neuen Variabein .s', t' an Stelle von 5, t einführt, die transformierten Ausdrücke von ^, C heißen. Es besteht dann die Tatsache:

Der transformierte Ausdruck W{z) ist genau der zu 2'(~) gehörige quadratische Differenti'alausdruck, und die trans- formierten Ausdrücke ^s', C sind genau die zu ß'(^') gehörigen Nebenausdrücke.

Aus der DiflFerentialformel (56) ergibt sich durch Integration über ein Gebiet G mit der Randkurve B die Integralformel

JJ[z^{^) + %{z)]dsdt=^f{^dt-^ds),

CO («)

und indem wir diese entsprechend wie wir oben auf S. 222 223 beim Beweise der Formel (15) verfahren auf die zwei Hälften der Vollkugel anwenden, gelangen wir auf Grund der eben gewonnenen Tatsache zu der Formel

j J{z^{z) + %{z)]dsdt = (),

wo das DoppelintegTal über beide Kugelhälften zu erstrecken ist. Setzen wir nun entsprechend wie oben S. 222 bei der Definition des Ausdruckes L{z)

^ Veg-r Veg-r'

so ist, ebenso wie oben der Ausdruck L(z) , der quadratische Difierentialausdruck Ä(z) eindeutig und widerspruchslos überall auf der Kugel definiert, und, wenn z eine Funktion des Ortes auf der Kugel be-

Kap. XVIII. Methode der Parametrix. 237

deutet, so stellt Ä(2) einen von der Wahl der krummlinigen Koordinaten .v, t unabhängigen Wert dar. Durch Einführung von L(2) und Ä(z) nimmt die obige Integralformel die Gestalt an

wo das Integral über die Vollkugel zu erstrecken ist. Das Integral

(57) D{z) =fÄ(z)dk = -JzL{z)dh

heiße das zu Ij{s) gehörige Dirichletsclie Integral. Durch Variation von (57) erhalten wir leicht mit Rücksicht auf (15)

dD{z) = -2jL{z)8zdk. Wegen (16) ist, wenn wir noch a > 0 annehmen, gewiß stets az;-\-2hz^z,^cz;'>0. Bestimmen wir sodann eine solche Konstante C, die überall auf der Kugel die Werte der Funktion

Veg - r- Veg - f"-

übertrifft, so ist gewiß für alle Funktionen z

Ä(z) + Cz'>0 und folglich auch

f{Ä(z) 4- Cz'}dk =J{-zL{z) + Gz'^]dk > 0.

Insbesondere ergibt sich hieraus für z = g^^, mit Rücksicht auf die Oleichungen

f%rdk = 1 die Ungleichung

A, + C ^ 0 oder A, ^ - C,

d. h. es gibt zur Differentialgleichung (55) nur eine endliche Anzahl negativer Eigeniierte.

Wir denken uns die Eigenwerte von (55) der Größe nach geordnet, so daß l^ der kleinste wird und allgemein

ist.

Das zur Difierentialgleichung (55) gehörige Variationsproblem lautet nun: man soU eine Funktion z auf der Kugel derart bestimmen, daß D{z) zum Minimum wird, während die Nebeubedingung

(58) JzHk = 1

«rfüllt ist. Zur Lösung dieses Problems setzen wir an

238 Kap. XVni. Methode der Parametrix.

Wegen

D(2) = -JzL{z)dh wird

während die Nebenbedingung (58) die Gestalt

€,'+(^-+-■• = 1

erhält. Daraus entnehmen wir sofort den

Satz 46. Das Minimum des Dirichletsclien Integrals Di/) hei der Nebenhedingung (58) ist gleich dem Ueinstcn Eigenteert l^ der Differential- gleichung (55) und uird für z = cp^ angenommen, ao (p^ die zu k^ gehörige Eigenfunhtion von (55) bedeutet. Werdeti zu der yehenhedingung (55) nocJi die weiteren h 1 Nehenhedingungen

ftp^zdk = 0, . . ., fq),,_izdk = 0

hinzugefügt, so ist X,^ der Minimahvert von D{z); derselbe tvird für z = (p^^ angenommen.

Als einfachstes Beispiel für die vorstehende Theorie können die be- reits in Kapitel VIII behandelten Kugelfunktionen dienen.

Zum Schluß dieses Abschnittes beweisen wir noch folgenden Satz^ welcher besonders für die Anwendungen dieser Theorie von Wichtigkeit ist.

Satz 47. Wenn die Koeffizienten des linearen Differentialausdruckes L{z) für alle innerhalb und auf die Grenzen des Intervalles

fallenden Werte von fi regidär analytische Funktionen eines Parameters fi sind, und tvenn für eben diese Werte ^ auch stets die Ungleichung (16) gilt,, so ist allemal der h-te Eigenwert A,^ eine stetige Funktion von fi.

Da nach den oben bewiesenen Sätzen für jeden besonderen Wert iu = juq stets l^^ eine endliche und eindeutig bestimmte Größe darstellt, so kommt es nur darauf an, zu zeigen, daß A^^ als Funktion von u an der Stelle fi = ^Q auch stetig ausfällt. Zu dem Zwecke bezeichnen wir mit Lq(z) den Differentialausdruck L{z) für fi = juq und nehmen zunächst der Kürze halber an, daß die Eigenwerte der Differentialgleichung (59) L,(z) -\-kz = 0

sämtlich positiv ausfallen, so daß die Differentialgleichung

gewiß keine stetige Lösung besitzt; es sei Gq die zu Lq{z) gehörige Greensche Funktion, ferner p die nach der Vorschrift auf S. 224—225 konstruierte von .u abhängige Parametrix für L{z), und endlich bedeute

Kap. XVIII. Methode der Parametrix. 239

Pq den aus ^) für ii = ^^ entstehenden Ausdruck, so daß Pq zugleich die nach jener Vorschrift gebildete Parametrix für Lq ist.

Um nun die Greensche Funktion für L{z) zu bilden, wenden wir das oben S. 232f. eingeschlagene Verfahren an, indem wir in (27) an Stelle der dort mit p bezeichneten Parametrix den Ausdruck

p* = p-\- Gq- Po

nehmen, der ebenfalls die Eigen.«!chaften einer Parametrix für L(2) besitzt. Die so aus (27) entstehende Integralgleichung

(60) ßL(jp*)dJc - ^((?r) =fp^fdk

besitzt den Kern

K{st, 6v) = L{p^-) = L{p) + L(G,-p,) ^ ^ - L{l>) + L,{G, - p,) + Ca - ^i,)L{G, - p,),

wo L einen gewissen noch vom Parameter ^ abhängigen Differential- ausdruck zweiter Ordnung bedeutet. Da Gq p^ eine Funktion von s,f-^ 6,r ist, deren zweite Ableitungen für s = 6, t = r höchstens von der ersten Ordnung unendlich werden, so stellt L{Gq p^) eine Funktion dar, deren Produkt mit yis rf-^it xy gewiß absolut genommen für alle s, f; ö, r unterhalb einer von a unabhängigen Schranke bleibt. Andererseits ist, wenn wir

Hp) + h(Go-Po) = L(p) - L^ijpo) = (ft - ii^yL

setzen, L ebenfalls eine Funktion, deren Produkt mit |/(s 6y -\- {t r)^ absolut genommen gewiß für alle s, t-, 6, r unterhalb einer von /t unab- hängigen Schranke bleibt da ja L(p) für s == ö, f = r nur höchstens von der ersten Ordnung unendlich wird und Lq{pq) den Wert von L(p} für }i = .Uq bedeutet. Wegen (61) ist demnach auch K{st, 6r) = a^K{st, 6t),

wo K eine Funktion ist, deren Produkt mit "/(s öf -\- (t xf absolut genommen für alle s,t\ 6, r unterhalb einer von ,a unabhängigen Schranke bleibt. Infolge der letzteren Eigenschaft erkennt man, daß der aus K gebildete dreifach zusammengesetzte Kern KKK eine stetige Funktion von s, ^; 6, X wird, deren absolute Werte für alle s, t-^ a, x unterhalb einer von a abhängigen Schranke bleiben. Hieraus wiederum folgt-, daß der aus K gebildete dreifach zusammengesetzte Kern KKK ebenfalls stetig ist und überdies für ihn eine positive Zahl s gefunden werden kann derart,, daß die absoluten Werte von KKK für aUe s, t-, 6, x kleiner als .V bleiben,, sobald nur ;t innerhalb des durch die Ungleichung {6'2) \ji. }if,\^£

bestimmten Intervalles bleibt. Die so gefundene Tatsache bedingt, daß

240 Kap. XYIII. Methode der Parametrix.

unter dieser einschränkenden Bedingung (62) für u die inhomogene Integralgleichung

ßKdk - z(6t) = F(6r)

stets nach der Neumannschen Methode lösbar ist, und daß die Lösuns: z gleichmäßig für alle s, t- 6, r in jti stetig wird, während die entsprechende homogene Integralgleichung

ßKdk - z(6r) = 0

keine Lösung besitzt. Wenden wir dieses Resultat auf die lQte;^Talgleiehuiig(60) für f= L{p*) an, so erkennen wir, daß dieselbe, falls a der Bedingung (62) genügt, gewiß eine und nur eine Lösung (p besitzt, und daß diese Lösung für ^ = Hq gleichmäßig für alle s,t\ 6, r gegen Xull konvergiert da ja p* für ,u = jHq in Gq und demnach L{p^) für s,t =\= 6,x in Null über- geht. Nach dem von uns befolgten Verfahren ist

G = ^* _ ^

die Greensche Funktion von L{z), falls u der Bedingung (62) genügt. Hieraus folgt wegen der eben erkannten Beschaffenheit von (p, daß der aus G zweifach zusammengesetzte Kern GG gleichmäßig für alle s, /; 6,t in /t stetig ausfällt. Bilden wir daher nach Fredholm den Nenner der lösenden Funktion für die Integralgleichung

kJzGGdh - z{6x) = F{6r),

so erkennen wir, daß diese beständig konvergente Potenzreihe in l über- dies gleichmäßig für aUe der Bedingung (62) genügenden Werte von ^u. konvergiert. Da andererseits die Nullstellen dieser Potenzreihe sämtlich reell, und zwar die Eigenwerte des Kerns GG sind, diese aber nichts anderes als die Quadrate der Eigenwerte /Ij, X.2, . . . sind, so folgt, daß allgemein der // te Eigenwert l,'^ sich stetig in /i ändert; das gleiche gilt mithin auch von A^^, solange n auf das Intervall (62) beschränkt bleibt. Trifft die zu Anfang dieser Beweisführung gemachte Annahme, wonach die Eigenwerte der Differentialgleichung (59) sämtlich positiv ausfallen, nicht zu, so bezeichnen wir" mit l\ den kleinsten Eigenwert von Lq{z)'^ sodann setzen wir

Tß{z) = L{z) +[l\-l)z,

L*iz)^L,{z) + {l^,-l)z. Die Eigenwerte der Differentialgleichung

X*(^r) i- lz = 0 sind offenbar

A,-;.;+i = i,2,...),

und diejenigen von

L^'(z) + lz = 0

Kap. XYIII. Methode der Parametrix. 241

sind dalier sämtlich ^ 1; folglich läßt sich unsere bisherige Betrachtung auf den Diö'erentialaiisdruck L*{z) anwenden und lehrt, daß allgemein 1^ A^*'-|- 1 und mithin auch l,^ sich in der Umgebung von .u^ stetig mit II ändert.

Da /<j) Avillkürlich gewählt werden kann, so ist damit der Beweis des aufgestellten Satzes vollständig erbracht.

Endlich sei noch bemerkt, daß die eben entwickelte Theorie sich unmittelbar auf die Differentialgleichung

(63) L{z) + lqz = 0

übertragen läßt, wenn q eine beliebige überall positive (oder negative) Funktion auf der Kugel bedeutet. Es ist nämlich leicht ersichtlich, daß der Differentialausdruck

^ ^ V<i \Vd

wiederum sich selbst adjungiert ist, und durch Einführung dieses Differential- ausdruckes erhält die Differentialgleichung (63) die vorhin der Unter- suchung zugrunde liegende Gestalt

L*(2) + A^ = 0.

Wir führen die wesentlichen Sätze über die Differentialgleichung (G3) hier kurz, wie folgt, an.

Satz 48. Die Differentialgleichung (63) besitzt unendlichviele Eigen- werte A^, z,,, . . ., von denen jedoch nur eine endliche Anzahl negativ ausfällt. Die zu diesen EigemveHen gehörigen EigenfunJctionen besitzen die OrtJio- gomditätseigenschaft

fqcp^cp^dh = 0 (/* + 0,

fqcp.^dk = 1.

Jede ztveimal stetig differenzierbare Funliion f auf der Kugel läßt sich nach den zu jenen Eigenwerten gehörigen EigenfunJctionen (p^, ^,, ... auf Fouriersche Weise wie folgt

f=Ci(pi + c.2(p2-{ (c, = fqfcp, dk)

entivicheln.

Das Minimum des Dirichletschen Integrals D{z) hei den Nehen- bedingungen

Jqz^dk =1,

fq(p^zdk = 0, ..., fq(p,_i2dk = 0

ist A^^; dasselbe ivird für z = q),^ angenommen.

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 16

242 Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche.

Hängen die Koeffizienten in L{z) von einem Parameter ,u atmlytiscJi ab und denken fcir uns für jeden Wert von u die Eigeniverte yli, A,, . . . der Größe nach geordnet, so ist allgemein der hte Eigenicert X,^ eine stetige Funktion von u.

Neunzehntes Kapitel.

Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche.

Der folgende Abschnitt enthält eine Neubegründung der Minkowski- schen Theorie von Volumen und Oberfläche. Der Gedanke, die Kugel der gewöhnlichen Raumgeonietrie als Ort der Punkte gleicher Entfernungen von einem festen Punkte durch eine beliebige konvexe Fläche, die so- genannte „Eichfläche," zu ersetzen, bildet die Grundlage der arithmetischen Untersuchungen Minkowkis.^) Die mehr geometrische Verfolgung dieses Gedankens hat ihn zu dem fundamentalen Begrifi"e des gemischten Volumens Fj23 von drei Körpern geführt^), und den Kernpunkt seiner Theorie von Volumen und Oberfläche bildet dann die Entdeckung der Ungleichung

'112 ^ '^ 111 '^122>

einer Ungleichung, welche lediglich quadratischen Chai-akter besitzt, während der Beweis derselben von Minkowski auf Grund einer kubischen Ungleichung geführt wird. Die nachfolgende neue Begründung der Minkowskischen Theorie greschieht mittels der im vorigen Abschnitt ent- wickelten Sätze über die lineare sich selbst adjungierte partielle Diti^^'erential- gleichung auf der Kugel, und insbesondere der Nachweis jener quadra- tischen Ungleichung gelingt hierbei direkt auf Grund der Mininialeigen- schaft des Dirichletschen Integrals. Insofern gerade allein die quadratische Ungleichung es ist, die sich eines direkten Beweises mittels der Theorie der linearen Diiferentialgleichungen fähig erweist die kubische Un- gleichung erscheint als leichte Folge der quadratischen , scheint mir die Bedeutung der Minkowskischen Entdeckung durch den hier folgenden Beweis noch in helleres Licht gesetzt, und zugleich liefert diese Begrün- dung der Minkowskischen Theorie von Volumen und Oberfläche ein glänzen- des Beispiel für die Anwendung meiner Theorie der orthogonalen Integral- gleichungen.

Im folgenden wollen wir allgemein unter einer homogenen Funktion vten Grades der Variabein x, y, z eine solche Funktion W{x, y, z) ver- stehen, die für alle positiven Werte von // der Gleichung W{iix, ^y, // z) = ;i'' W{x, y, z)

1) Vgl. meinen Vortrag auf dem internationalen Mathematiker-Kongreß za Taris 1900, Nr. 4. Gott. Nachr. 1900.

2i Vgl. meine Gedächtnisrede auf Minkowski. Gott. Nachr. 1909, S. 16—17.

Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche. 243

genügt. Ist insbesondere W eine homogene Funktion ersten Grades und werden wieder partielle Ableitungen durch Indizes bezeichnet, so gölten die Identitäten

(64) xW,-{-y]\\+,\\\= ir,

(65) U'^^x.+ ^^..+ ^^.,= 0, Aus den Identitäten (65) folgt leicht

W^:,Wyy-W^y^ _ WyyW,,-Wy,^

und hieraus entnehmen wir, wenn V irgendeine andere homogene Funktion ersten Grades in x, y, z bedeutet, die weitere Identität

TFx-r Vyy - 2 W^y V^, + Wyy V^CX _ WyyV,, - 2Wy, Vy, + TT.. Vyy

Z^ x^

Wir setzen zur Abkürzung

(66) (W, F) =

x^

Wy,

F..-

2TTV

Vy.

+

TT.,

^yy

x^

w,.

r^cx-

2W,^

V,x

+

W:ox

V,,

y-

W^a

■^y'j~

-2W^y

Vx,

^^Vl

,Vxx

Es sei nunmehr im Xl'-Z'-Raum ein konvexer Körper gegeben, der den Nullpunkt im Inneren enthält; wir bezeichnen die Entfernung des NuUpunktes von derjenigen Tangentialebene dieses Körpers, deren Normale die Richtungskosinus a, ß, y besitzt, mit H{a, ß, y) und denken uns die so bestimmte Funktion H auf der Kugel mit dem Radius 1 ausgebreitet. Wir nehmen an, daß H eine mindestens zweimal stetig differenzierbare Funktion des Parameters auf der Kugeloberfläche sei. Die Gleichung jener Tangentialebene ist

aX+ ßY+yZ=H oder, wenn wir

Hix,y,z)==Yx^ + y^ + z''H( -^ ^ -, ~-=Ä..=.. , ~ ' \

V ,J, ) y ^j ^ Vya;*+2/* + ^»' ya;*+y*+^''' ya;* + 2/*+W

setzen,

xX-\-xjY -Y zZ= H{x, y, z),

wo H eine homogene Funktion ersten Grades in x^ y, z ist. Aus dieser Gleichung erhalten wir durch Differentiation nach x, y, z sofort die Koor- dinaten des Berührungspunktes der Tangentialebene als homogene Funk- tionen nullten Grades von x, y, z, wie folgt:

16*

244

Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche.

diese Gleichungen liefern zugleich eine Parameterdarstellung der Ober- fläche des Körpers.

Bezeichnen wir mit ^' ein ganz auf der oberen Hälfte .ä" > 0 der Einheitskugel verlaufendes Gebiet und lassen wir in den Gleichungen

den Faktor [i die Werte 0 bis 1 und .r, \j, z alle Punkte von S durch- laufen, so durchläuft der Punkt X, Y^ Z denjenigen Raumteil Q, der durch einen gewissen Kegel mit der Spitze im Nullpunkte aus unserem konvexen Körper ausgeschnitten wird. Um das Volumen von Q zu berechnen, führen wir statt der Koordinaten X, Z, Y die Variabein

ß, s = , f =

ein und erhalten dann

Vq =fffdXdYdZ = fffzJdiidsdt,

(,« =0, ..., 1)

i^2^2

XX7 yxi zx

TT TT TT

■"■xy: ^yyy ^ty

wo die Funktionaldeterminante den Wert

^ = ^^xs^ l^HysJ ^H^^

i*'Kt7 l^Hy^, liH^t

besitzt. Multiplizieren wir nun in der letzten Determinante die Elemente

der ersten Vertikalreihe mit -, die der zweiten mit ; und addieren sie

dann zur dritten, so erhalten wir mit Rücksicht auf (64), (65), genommen für W^H,

und demnach wird bei Ausführung der Integration nach ,a

V^-i- ffH(KxH,„ - H,;)zdsdt. '(■^) Wie eine leichte Rechnung zeigt, ist für die Kugel bei Verwendung der Parameter s, t (67) /,^— p_^3^

und demnach drückt sich das Oberflächenelement dh der Einheitskugel durch die Koordinaten s, t wie folgt aus

dJc = z^dsdt;

Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche. 245

wir ».rbalten daher schließlich

(68)

(•5)

(■^)

Da nun [H, H), wie aus der Definition (66) hervorgeht, überall auf der Kugel wohl definiert ist, so läßt sich in (68) jetzt das Integral über die ganze Oberfläche der Einheitskugel ausdehnen, und wir erhalten das Gesamtvolumen unseres konvexen Körpers in der Gestalt

V=^fH{H,H)dJc.

Ist Sl eine willkürliche Funktion auf der Einheitskugel, so stellt

W{x, y, z) = -|/^'' + y- + z^flipc, y, z)

eine willkürliche homogene Funktion ersten Grades von x, y, z dar. Nach (66) ist

(TF,i7) = ;, (Ti;,i/..,- 2 K;,fi,,+ W,..H^,\

und da hier der erste Ausdruck rechter Hand überall auf der Kugel für a; =1= 0, der zweite für ^ 4= Ö, der dritte für z =^^) definiert ist, so erkennen

im Sinne der Festsetzung zu Beginn des vorigen Kapitels XVIII ein auf der Kugel regulärer linearer Differentialausdruck ist; derselbe ist durch die Funktion H eindeutig bestimmt. Es gilt ferner

Satz 49. Der lineare Diff'erentialausdrucTi L(Sl) auf der Kugel ist sicJi seihst adjungiert und von elliptischem Typus.

Um die erstere Behauptung zu beweisen, denken wir uns wie vorhin auf einem Teilgebiet S der Kugel als krummlinige Koordinaten die Variabein

eingeführt und wollen dann den zu L(ß) gehörigen Differentialausdruck 2 (5i) in den Variabein s, t aufstellen. Zu dem Zwecke bedenken wir, daß in unserem Ausdrucke {W, H) die Differentiationen nach x, y, z so zu ver- stehen sind, daß dabei x, y, z drei unabhängige Variabele sind. Nun gewinnen wir W, H aus den ii, H, indem wir diese als Funktionen der krummlinigen Koordinaten s, f auf dem Teilgebiet S der Kugel auffassen, durch die Formeln

246 Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche.

W(x, y, z) = yx''+y^-\-^Sl

= zyY^s'^-fi^^{s, t), H{x,y,z)==^yx'-^f-^z'H

und da hiernach

^v^. = l (^ yi + s'+t'si{s, o),„

w^, = j, (zyTTs'-TT'sKs, t)l,

wird, so gelangen wir schließlich mit Rücksicht auf (67) zu dem Ergebnis (69) S(ii) = yeg-PL{a) = z\W, H)

= yi + s^Jrt' { {ViV^Vfsi),xvr+^^^' ^)tt

- 2{yi + s'+t' Sil, iyi-\-s'+f hX, + {yi + s'+ f ß),x/r+^5M^ Hj,, 1 .

Nehmen wir in dem allgemeinsten linearen Differentialausdruck ^(s) (S. 220) unter a irgendeine Funktion von s, t verstanden a = «,,, h = - a,„ c = a,^, Z = 0, m = 0, w = 0,

so sind die Bedingungen dafür, daß 2(^) sich selbst adjungiert ist, näm- lich die Gleichungen

m = h^ + c,, erfüllt; demnach ist der Ausdruck

und folglich mit Rücksicht auf eine S. 241 gemachte Bemerkung auch der Ausdruck (69) sich selbst adjungiert; das gleiche gilt mithin nach uuserer Festsetzung auch für den linearen Differentialausdruck L{fl) auf der Kugel. Um ferner den elliptischen Charakter des Differentialausdruckes L{ßl) zu erkennen, haben wir offenbar den Nachweis der Ungleichung

aO) H,.IIyy-ü.y'>^

Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche. 247

nötig. Nach den ÜberleguDgen, wie wir sie zu Anfang dieses Kapitels XIX (S. 243) angestellt haben, wurden die Tangentialebenen unseres konvexen Körpers durch die Gleichung

xX + j/Y-\-zZ= H{x, ij, z) •dargestellt. Dividieren wii diese Gleichung durch s und führen dann

^ X y

z z

ein, so erhält jene Gleichung die Gestalt

sX + tY ^ Z=^H{s,t, 1),

und folglich wird

X = ^,,

Wie wir hieraus ersehen, ist der Übergang von der Darstellung der Oberfläche unseres Körpers durch Punktkoordinaten, wobei Z als Funktion der unabhängigen Variabein X, 1' betrachtet wird, zu der Darstellung durch Ebenenkoordinaten, wobei H als Funktion der unabhängigen Varia- bein s, t betrachtet wird, nichts anderes als die in der Theorie der par- tiellen Differentialgleichungen übliche Legendresche Transformation. Die Theorie der Legendresehen Transformation lehrt bekanntlich, daß zwischen den Ableitungen zweiter Ordnung die Gleichunsf

^XX^Y)

gilt, und da wegen der Konvexität unserer Fläche der Nenner des Bruches rechter Hand positiv ausfällt, so folgt das gleiche für die linke Seite, und mithin gilt auch die Ungleichung (70).

Wir sind nunmehr in der Lage, die allgemeine Theorie des vorigen Kapitels XVIII auf den linearen Differentialausdruck L{ßl) anzuwenden. Was zunächst das Integrationsproblem betrifft (vgl, den allgemeinen S. 226 227 aufgestellten Satz 44), so bedarf es zu dessen Erledigung Tor allem der Kenntnis der folgenden wichtigen Tatsache:

Satz 50. Jede stetige Lösung der homogenen Differentialgleichmig auf der Kugel

(71) L{SI) = 0

ist eine lineare Kombination der drei Lösungen

Sl = X, Sl = y, Sl = z.

Zum Beweise nehmen wir an, es sei co eine stetige Funktion auf der Kugel, die der Differentialgleichung (71) genügt. Setzen wir sodann

248 Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche.

so wird /(• eine homogene Funktion ersten Grades von x, y, z^ die der Gleichung

(w,H) = 0

und daher wegen (ßQ) auch als Funktion der drei unabhängigen Yariabelni X, y, z den Gleichungen

genügt. Es sei jetzt x^, y^, z^ eine Stelle auf der Einheitskugel, an der die Funktion iv^ den kleinsten Wert auf der Kugel annimmt. Da iv^ homogen vom nullten Grade ist, so wird dieser kleinste Wert /.• zugleich auch das Minimum der Funktion u\ im Räume für die drei nuabhängigen, Variabehi x, y, z. Wir setzen

^ = X X-^y

l=- z - z^

und entwickeln iv^ in eine nach Potenzen von i,, -q, t, fortschreitende Reihe wie folgt

(73) iv^=h + N{%ri,l) + ----

hier bezeichne ^^ die in der Entwicklung vorkommenden Glieder niedrigster Dimension, und n sei der Grad dieses homogenen Ausdruckes N in ^, >/, t: dabei ist die Annahme gemacht, daß ii\ nicht konstant sei. Da w^ an der Stelle | = 0, 7^ = 0, ^ = 0 ein Minimum haben soU, so ist ^' not- wendig eine definite Form: es gilt für alle |, r], t, die Ungleichung

N{1 ij, t) > 0. Andererseits entwickeln wir auch w in eine nach Potenzen von §, r], ^ fortschreitende Reihe, wie folgt (T4) iv = c+ l{l, ri, t) + M{1, ^, 0 + •;

dabei bezeichne c eine Konstante, / die homogenen linearen Glieder und endlich M die nächst den linearen in der Entwicklung vorkommenden Glieder niedrigster Dimension; m sei der Grad dieses homogenen Aus- druckes M in ^, Ti, t,.

Wir bezeichnen nun die Werte der Ausdrücke

^xrJ ^yy> ^zzJ ^yzJ ^:x> ^xy

für £ = 0, >} = 0, ^ = 0 d. h. X = Xj^, y = y^, z = z^ bzw. mit

«; ß, y, ^j Ih ^\

Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche. 249

dann ergibt sich, indem wir (74) in die beiden letzten Gleichungen (72) einführen, durch Berücksichtigung der Glieder niedrigster Dimension

(75)

Es werde erstens angenommen, daß M ein Glied mit der Variabein | enthält: alsdann lehrt der Vergleich von (73) mit (74), daß

wird, und daraus wiederum ersehen wir, indem wir (75) nach | differen- zieren, daß auch N denselben Gleichung-en

(76)

iV..« - 2N^,^ + N^,y = 0

(77)

N^'^ß-2N^lv + N,^,^r,= 0

genügt.

Wir setzen nun

(78)

X=N,t'+Z

{0£h£ n),

wo N^ eine nicht identisch verschwindende Funktion vom n h-ten Grade in t, T; und Z eine Funktion von ^, ri, ^ ist, die den Faktor ^'' + ^ enthält. Indem wir diesen Ausdruck für N in (77) einführen, erkennen wir, daß auch N,^ der Gleichung (77) genügen muß.

Wegen der Konvexität der durch H dargestellten Fläche gelten für die Konstanten a, ß, y, jtt, v die Ungleichungen

«y - i"^>Ö, ccß - V- > 0;

die letztere zeigt, daß jede nicht konstante Lösung der partiellen Differential- gleichung (77) notwendig eine indefinite Funktion d. h. eine solche Funktion, von I, ')] ist, die sowohl positive wie negative Wei'te annimmt. Wenn aber Nj^ indefinit wäre, so wäre wegen (78) auch iV^ gewiß bei genügend kleinen Werten von ^ sowohl positiver, wie negativer Werte fähig, was dem oben festgestellten definiten Charakter von 'N widerspricht. Demnach müßte 'Ny^ notwendig eine nicht verschwindende Konstante und zugleich

sein. Die Einsetzung dieses Wertes für X in (76) lehrt aber, da « =1= 0 ist, die Unmöglichkeit hiervon.

Es bleibt also noch die zweite Annahme zu untersuchen übrig, daß 31 nur von |, rj abhängt. Die Einführung von M^ = 0 in (75) lehrt

M,: = 0, 31,^, =0 d. h. (79) M=Cvi,

wo C eine von Null verschiedene Konstante bedeutet. Nun genügt w als homogene Funktion ersten Grades in x, y, z der Identität

250 Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche.

X tc^ + y IV -\- ziv.= tc <1. h.

{pc^ -\- ^)iv, + (1/1 + 7i)w,^ + {z^ + ^)w:. = w

oder unter Berücksichtigung von (73), (74), (79)

(80) (a:,+^)(A- + .Y+---) + (!/x + ^)(^, + t7i; + --) + (% + e)(^^+C7; + --0

Sammeln wir auf beiden Seiten dieser Identität die Glieder erster Ordnung in I, 7;, l, so ergibt sich

y,Ct + z,Crt = 0, 2/1=0, z, = 0

und wegen

folgt

<i. h.

und folglich

Xi= ±1.

Durch Einführung dieser Werte verwandelt sich (80) in

{±l-^i){k + N4-...)-\-7j{l,. + Ct-{--) + t(l:+Cr, + -) = c-{-l + Cr,t+-- und wenn wir hierin die Glieder zweiten Grades auf beiden Seiteli «ammeln, so wird, je nachdem der Grad n von N gleich 2 oder größer als 2 ausfällt, die Gleichung

±N+C>]t+Cr,t-C>it oder die Gleichung

C7^t+Cy,t=Cy,t

«rfüUt sein müssen. Die letztere Gleichung ist unmöglich; die erstere

■ergibt

N= + Cr^t,

was dem definiten Charakter von N widerspricht.

Damit ist unsere ursprüngliche Annahme widerlegt: in der Entwick- lung (73) darf ein Glied N nicht auftreten, d. h. ir^ ist eine Konstante. Da in gleicher Weise auch tv und ir. Konstanten sein müssen, so folgt, daß tv nichts anderes als eine lineare Kombination der drei Funktionen j:, y, z ist.

Aus dem eben Bewiesenen folgt auf Grund des in Kapitel* XVIII (S. 226—227) aufgesteUten Satzes 44:

Satz 51. Die inhomogene Differentialgleichung auf der Kugel

L(ß)=-f, ist dann und nur dann lösbar, ivenn die gegebene Funltion f auf der Kugel die drei Integralhedingungen

Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen uud Oberfläche 251

Jfxdlc = 0,

Jfydli = 0,

Jfzdlc^O erfüllt.

Nehmen wir in X(ü) insbesondere

so wird

Z(5^) = ( W, E) = f, { (1 - y') Tr,, + 2xy W^,^ + (1 - x') W^^ ] (^ + 0);

da, wie eine einfache Rechnung lehrt, der Ausdruck rechts hier nichts anderes als die Summe der beiden Hauptkrüramungsradien der durch W gegebenen Fläche darstellt, so geht in diesem Falle unser allgemeiner Satz in einen bekannten von A. Hurwitz ^) aufgestellten und mittelst der Theorie ■der Kugelfunktionen bewiesenen Satz über.

Dem obigen Ausdruck V (S. 245) für das Volumen eines konvexen Körpers stellt Minkowski einen allgemeineren für das gemischte Volumen von drei konvexen Körpern zur Seite: sind Ii^^, H^, H^ die diese Körper bestimmenden homogenen Funktionen ersten Grades, so definiert Minkowski das gemischte Volumen dreier Körper durch das über die ganze Ein- heitskugel zu erstreckende Integral

V{H„ ff,, ff,) = F,,3 = ifffjff,, H,)dh.

"Setzen wir in Formel (15)

w = H^, 2 = ff 2 und berücksichtigen, daß unser DiflFerentialausdruck

L{Si) = iW,ff,)

sich selbst adjungiert ist, so zeigt dieselbe unmittelbar die Richtigkeit,

der Gleichung

fH,{H„ Hs)dk ==Jff,{ff„ ff^)dl

d. h. es ist

V = V

' 123 ' 213 >

und da offenbar auch

' 123 ^^ ' 132

wird, so findet sich damit der Minkowskische Satz bestätigt, daß das gemischte Volumen dreier Körper hei den Permutationen derselben seinen Wert beibehält.

1) Vgl. Ann. Ec. Norm. Sup. 19 (l'J02), S. 4U4.

252 Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche.

Da überall auf der Kugel

H > 0, (H,H)>0

ausfällt, so ist auch ^- eine durchweg positive Funktion, und daher

läßt sich unsere Theorie der partiellen Differentialgleichung auf der Kugel, wie sie in dem zum Schlüsse des Kapitels XVllI S. 241 2-J2 ausgesproche- nen Satze 48 gipfelt, auf die Differentialgleichung

(81) Lisi) + l ^^^ ß = 0

anwenden. Aus jenem allgemeinen Satze entnehmen wir unmittelbar^ daß diese Gleichung nur endlichviele negative, dagegen unendlichviele positive Eigenwerte hat. Nach dem vorhin Bewiesenen wissen wir ferner, daß X = 0 ein dreifacher Eigenwert ist. Außerdem sehen wir, daß A = 1 jedenfalls ein Eigenwert jener Differentialgleichung und ii = H eine zugehörige Eigenfunktion ist. Wir wollen nunmehr zeigen, daß A = 1 nur ein einfacher Eigenwert ist und außer ihm keine weiteren negativen Eigenwerte vorhanden sind. Zu dem Zwecke führen wir in (81)

ein; wegen

(i?, B) = 2

erhalten wir so die speziellere Differentialgleichung

(82) io(-ß) + 2Aß = 0, wo

(83) L,{Sl) = (W,R)=l-Ail-inW^^-^2xyW,,,+ {l-x')W^^^ (^ + 0)

ist.

Diese Differentialgleichung ist mit der Differentialgleichung der Kugel- funktionen identisch. Bezeichnet nämlich V eine homogene Funktion A-ten Grades, die der Potentialgleichung

(84) F,, + T;^ -f F., = 0 genügt, und setzen wir

so wird

-f {(A - 1)I{''-'^ {h - l)(h - 'd)x'R''-''] W.

Addieren wir hierzu die entsprechenden Ausdrücke für V^y, V^. und be- rücksichtigen dann die Identitäten (64), (65) entsprechend dem Um- stände, daß TF eine homogene Funktion ersten Grades ist , so erhalten wir auf der Kugel wegen 7^ = 1 die Gleichung

V.. -\-Vyy+V,= W^, -f- M\^ + TF, -f Qi - l){li + 2) W.

Kap. XTX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche. 253

Nun ist wegen (65) für i? = 1

W^^ + TT,^ + TF,, = ^{(l- f) W^^ + 2xy Ti;, + (1 - x'-) W^,^ ] ,

und mithin geht wegen (S3) die Potentialgleichung (84) über in die Ditfereutialgleichung

oder wenn

W = R^

gesetzt wird, iu

Zo(ß) + {h - l){h + 2)ß = 0.

Die Theorie der Kugelfunktionen lehrt, daß diese Gleichung keine anderen auf der Kugel stetigen Lösungen zuläßt als eben jene aus den homogenen Potentialen von den Graden

h = 0,l,2,...

•entspringenden Funktionen Sl, und da die Potentialgleichung (84) genau 2/^ + 1 solche Lösungen /t-ten Grades besitzt, so folgt, daß die Differential- gleichung (82) allgemein für h = 0, 1, 2, . . . die Größe

A = -H/*-l)(/i + 2)

als 2/i -f 1 fachen Eigenwert besitzt. Für h = 0 erhalten wir A = 1, für h = 1 ergibt sich X = 0 als dreifacher Eigenwert, womit sich das vorhin für die allgemeine Differentialgleichung (81) gefundene Resultat bestätigt. Darüber hinaus aber erkennen wir die wichtige Tatsache, daß die spezielle Differentialgleichung (82) den Eigenwert A = 1 als ein- fachen Eigenwert besitzt, und daß, von diesem Werte und 1 = 0 ab- gesehen, alle übrigen Eigenwerte positiv ausfallen, daß insbesondere der kleinste positive Eigenwert A = 2 (für h = 2) wird.

Es ist nun leicht vermöge des Satzes 47 über die stetige Änderung der Eigenwerte bei stetiger Änderuncr eines Parameters in der Differential- gleichung (S. 238) die eben gefundene Tatsache auf die allgemeine Diffe- rentialgleichung (81) zu übertragen.

Wegen (70) hat die in t quadratische Gleichung

keine reelle Wurzel, und da das gleiche von der quadratischen Gleichung

gilt, so besitzt auch die Gleichung

(/^-0,,-f- (1 - ^)It..y'+ 2(/^i4, -f (1 -.^)^.,)^ + .u.^^^+ (1 -.u)7?,,= 0,

wo II einen reellen auf das Intervall

(85) 0 ^ itt ^ 1

beschränkten Parameter bedeutet, keine reelle Wurzel t, und demnach ist

254 Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Tolumen und Oberfläche.

(i^^xx + (1 - M)^..) (l'H^y + vi - ." i?,,) - i^H^, + (1 - itt)i?.,)^ > 0; d. h. die sämtlichen durch die Funktionenschar

dargestellten Flächen sind konvex; mithin gelten die vorhin für L{Sl) entwickelten Tatsachen auch für den Ditferentialausdruck

und für die Differentialgleichung

(86) L^X^) + X ^"'-^y '^ = 0.

Die Differentialgleichung (86) geht für .a = 0 in (82), für .u = 1 in (81) über. Die Differentialgleichung (82) besitzt, wie wir sahen, vom kleinsten an der Größe nach geordnet, die folgenden Eigenwerte

A,= -l, X,= 0, l,= 0, A,= 0, ^5=2.

Die Heranziehung des vorhin genannten Satzes über die stetige Ände- rung der Eigenwerte (S. 238) und die Berücksichtigung des Umstandes, daß X = 0 für alle Werte des Parameters ,u genau ein dreifacher Eigen- wert sein muß, zeigt, daß, während ^ das Intervall (85) durchläuft, der fünfte Eigenwert stets positiv bleiben muß, insbesondere auch für ,a = 1. Wir fassen die gefundenen Resultate, wie folgt, zusammen:

Satz 52. Die partielle Bifferentialgleiclimig (81) auf der Kugel besitzt X = 1 als einfachen Eigemvert: die zugehörige Eigenfiinktion ist = H ; ferner ist für sie 2 = 0 ein dreifacher Eigemvert: die zugehörigen Eigen- fmiktionen auf der Kugel sind x, y, z; die übrigen Eigemverte sind positiv. Das System der Eigenfunldionen von (81)

c^,= H, ß, = ^, i\ = y, fl,= z, Sl,, .%, ...

bildet ein System von Funktionen, welches für H = 1 iti das System der Kugelf unldionen übergeht und als die Verallgemeinerung des letzteren an- zusehen ist, ivenn man im Sinne der Minhousliischen Geometrie die Kugel durch eine beliebige konvexe Fläche ersetzt. Denkt man ßj, Sl.^, ^3, •, tvie üblich, orthogonal normiert, so ist jede ivillkiirliche ztveimal stetig diffe- renzierbare Funldion f auf der Kugel nach jenen Eigenfunktionen auf Fourier- sche Weise enttvickelbar wie folgt:

f = c,i^, + c,^, + ^-3^3 + .. ., c, =/-^H^ f^^dk.

Nunmehr sind wir imstande, diejenige fundamentale quadratische Ungleichung zwischen den gemischten Volumina zweier Körper abzuleiten, die bereits in der Einleitung zu diesem Abschnitte erwähnt worden ist; dieselbe wird uns als Ausfluß der Tatsache erscheinen, daß der fünfte

Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche. 255

Eigenwert A5 der Differentialgleichung (81) positiv ausfällt. In der Tat, zufolge des am Schlüsse des Abschnittes XVIII aufgestellten all- gemeinen Satzes ist A5 das Minimum des Dirichletschen Integrales

D{Si) = -fH{W, W)dk

bei den Nebenbedingungen

(87) ß^J^- Si'dk =1,

(88) i{H,H)Sldli =0,

(89)

ß-'^ xSldl- = 0, ß^^^y^dh = 0,

J

^-^ z^dk = 0.

Es sei nun G eine beliebige homogene Funktion ersten Grades, die auf der Kugel, für ß eingesetzt, der Bedingung (88) genügt. Die durch G bestimmte Funktion auf der Kugel bezeichnen wir mit F. Wir wählen dann die drei Konstanten a, h, c derart, daß die Funktion (90) ^ = r + ax ^ hy i- C2

auf der Kugel die drei Bedingungen (89) erfüllt. Dies ist gewiß mög- lich, da im entgegengesetzten Falle solche Konstante a, &, c, die nicht sämtlich Null sind, existieren müßten, daß die lineare Verbindung ax -{■ hy -\- cz für ü eingesetzt die drei Bedingungen (89) erfüllt; dann aber wäre als Folge davon, wie man sofort sieht, auch

/'

(TT TT\

jj— (ax -\- hy -\- czfdk = 0,

und dies ist nicht der Fall, da der Integrand positiv ausfällt. Wegen

J{H, H) {ax -\-by + cz)dk -=JH{H, ax -{- hy + cz)dk = 0

erfüllt die in (90) dargestellte Funktion ü auch die Bedingung (88). Ist- nun die Funktion ü nicht identisch für alle Punkte der Kugel Null, was nur möglich ist, wenn G einer linearen Kombination von x, y, z gleich wird so können wir sie mit einer Konstanten derart multi- pliziert denken, daß auch die Bedingung (87) erfüllt wird. Wegen A5 > 0 folgt alsdann D{fl) > 0. Da aber

i)(i^) = _ fB(G + ax + by + cz, G -\- ax -\- hy -{- cz)dk

= -fH{G, G)dk

256 Kap, XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche.

wird, so gelangen wir zu dem Ergebnis: es gilt stets die Ungleichung

(91) fH{G,G)dJc£0,

wenn G eine beliebige homogene Funktion ersten Grades bedeutet, für die

fG{H, H}dl: = n

ausfällt, und dabei gilt in jener Ungleichung (91) das Gleichheitszeichen nur, wenn G eine lineare Verbindung der drei Funktionen x, y, z ist. Aus dieser Tatsache entnehmen wir, indem wir G = H F setzen, unmittelbar das weitere Ergebnis: es gilt stets die Ungleichung

(92) j'^(^' ^)^^^ >SH{F, I)dk,

wenn F eine beliebige homogene Funktion ersten Grades bedeutet, für die

fH{H, H)dli =JF(H, H)dk

ausfällt, und dabei gilt in jener Ungleichung (92) das Gleichheitszeichen nur, wenn drei Konstanten a, h, c existieren, derart daß

(93) F=H-h ax + hy -{-C2 wird.

Die Formeln für die Punktkoordiuaten X, Y, Z der Fläche, wie sie zu Anfang dieses Abschnittes S. 244 aufgestellt worden sind, lehren, daß, wenn zwei zu konvexen Körpern gehörige Funktionen F, H durch eine Relation der Gestalt (93) mit einander verbunden sind, der eine Körper durch eine bloße Parallel Verschiebung aus dem anderen Körper hervor- gegangen ist. Verstehen wir daher unter F eine zu einem konvexen Körper geh<)rige homogene Funktion ersten Grades, wie es H ist, so spricht sich das vorhin gefundene Resultat auch wie folgt aus: Wenn für zwei konvexe Körper, die durch R, F bestimmt sind,

(94) V{H, H, H) = V{H, H, F) ist, so gilt stets die Ungleichung

(95) V(H,H,H)^V{H,F,F),

und hier hat das Gleichheitszeichen nur statt, wenn der eine Körper durch eine bloße Parallelverschiebung aus dem anderen Körper hervorgegangen ist. Nunmehr seien irgend zwei konvexe Körper vorgelegt; die zu ihnen gehörigen Funktionen seien H, G. Wegen (r>0 ist die Konstante

}\H, H, G) = hfG{H, H)dk positiv und folglich auch die Funktion

V{H, H, G) Der durch F definierte Körper geht aus dem durch G definierten Körper, •wie man sieht, durch eine Ähnlichkeitstransformation hervor. Da außer-

I

Kap. XIX. Minkowskis Theorie von Volumen und Oberfläche. 257

dem F offenbar die Bedingung (94) erfüllt, so folgt aus dem Vorigen die Gültigkeit der Ungleichung (95), d. h. es ist

r{H, H, H) ä (;§f 4>)V(if, G, G)

oder

(96) V{H, H, Gf > V{H, H, H) V{H, G, G).

Es gilt mithin der folgende Satz, der den Kernpunkt der Minkowskischen 'Theorie von Volumen und Oberfläche ausmacht.

Für sivei Jcorivexe Körper besteht stets die quadratische Ungleichung (96), wobei das Gleichheitszeichen nur dann statt hat, wenn der eine Körper aus ■dem anderen durch Parallelverschiebung und Ähnlichheitstransformation hervorgeht.

Durch Vertauschung der beiden Körper folgt aus (96) die Ungleichung

<97) V{E, G, GY ^ V(G, G, G) V{H, H, G).

Durch Quadrieren von (96) und Multiplikation mit (97) folgt nach Fort- liebung des positiven Faktors V{H, G, Gf V{H, B, G) die Ungleichung (98) V{H, U, Gf ^ V{H, H, Hf V{G, G, G);

•d. h. es gilt der Satz:

Für zwei l'onvexe Körper besteht stets die lubische Ungleichung (98), wobei das Gleichheitszeichen nur dann statt hat, wenn der eine Körper aus dem anderen durch Parallelverschiebung und AJmlichJceitstransformation hervorgeht.

Ist wie früher

so stellt H -\- sB eine ParaUelfläche zu dem durch H definierten Körper im Abstände s dar. Da nun offenbar die Oberfläche 0 des durch H •definierten Körpers

^ _ V(H-\-£B, H-\-£B, H-\- sB) VjH, H, H) O L

« = o *

^wird, so erhalten wir

0 = 3 V(H, H, R) = l-f{E, IPjdk.

Andererseits ist

V{R, R, R) = ^fHdJc

= {j{R,H)dlc

-vvenn (>j, p, ^'^^ Hauptkrümmungsradien der durch H definierten Fläche amd da deren Oberflächenelement bedeutet; wir setzen

Math. Monogr. 3: Hilbert, lin. Integralgleichungen. 17

258 Kap. XX. Zur Theorie der automorphen Funktionen.

31=}, I (^ +-]d(o

'J \Qi QiJ und bezeichnen dieses Integral als das Integral der mittleren Krümmung und des konvexen Körpers.

Nehmen wir in den Ungleichungen (90), (97), (98) G = R imd nennen V das Volumen des Körpers, so erhalten wir

(100) 03^36^F^

und in diesen Ungleichungen gilt das Gleichheitszeichen nur, wenn der konvexe Körper aus der Einheitskugel durch Parallelverschiebimg und Alinlichkeitstransformation hervorgegangen ist, d. h. wenn er selbst eine Kugel ist. Hiernach drücken die Ungleichungen (99), (100) gewisse leicht zu formulierende charakteristische Minimaleigenschaften der Kugel aus. Die Minkowskischen Ungleichungen (96), (98) sind hiemach Verall- gemeinerungen solcher Eigenschaften, wie sie in einer Minkowskischen Geometrie gelten, wo statt der Kugel eine beliebige konvexe Fläche als Eichfläche genommen ist.

Zwanzigstes Kapitel.

Anwendung auf ein Problem der Theorie der automorphen

Funktionen,

In diesem Abschnitte will ich kurz an einem speziellen Beispiele zeigen, wie die orthogonalen Integralgleichungen auch in der Theorie der automorphen Funktionen erfolgreiche Anwendung finden können.

Die nächstliegende Verallgemeinerung der elliptischen Modulfunktion ist die einfachste automorphe Funktion mit reellen Substitutionen, die vier gegebene reelle Werte oo, a, h, c ausläßt. Die Aufgabe, diese zu konstruieren, führt zu der' allgemeineren, in der linearen Differential- gleichung zweiter Ordnung mit den vier singulären Stellen oo, a, h, c

den Parameter X so zu bestimmen, daß der Quotient zweier partikulärer Lösungen bei den Umläufen der komplexen Variabein x um die singulären Punkte stets Substitutionen mit reellen Koeffizienten erfährt.

Wir konstruieren nun diejenigen Potenzreihen, die bzw. nach Potenzen von X a, x h, X c fortschreiten, für ic = a, x = h, x = c den Wert 1 annehmen und in der Umgebung dieser Stellen reguläre anal3^tische

Kap. XX. Zur Theorie der automorphen Funktionen. 259

Lösungen der Differentialgleichung (101) darstellen. Diese Potenzreihen sind, wie die allgemeine Theorie der Differentialgleichungen zweiter Ord- nung lehrt, durch jene Forderungen eindeutig bestimmt; sie mögen bzw. mit y^, ijf^, m bezeichnet werden. Die anderen Lösungen der Differential- gleichungen sind dann in der Umgebung jener Stellen x = a, x = h, x = c bzw. in der Gestalt

-4y„ log (a: - a) + ^^{x-a),

By,log(x-h)-\-%{x-l),

Cy,\og{x-c) +^^{x-c)

darstellbar, wo Ä, B, C Konstante sind und '^_^, ^,,, ^^ Potenzreihen mit reellen Koeffizienten bedeuten. Hieraus folgt, daß insbesondere die Lösung y^, wenn wir x von a bis h zunehmen lassen, in der Nähe von h für X <.b die Darstellung

(102) y^ = ßy, \og{h - x) + £i(x - h)

gestattet, wo ß eine bestimmte Konstante, O eine Potenzreihe mit reellen Koeffizienten bedeutet und der Logarithmus reell zu nehmen ist. Nun- mehr setzen wir die Lösung y^ reell über den Punkt h hinaus in der Weise fort, daß wir für x > h unter y^ diejenige Lösung verstehen, die in der Nähe des Punktes h durch die Formel

Va -ßVb log {x-h)^£i{x - 6)

gegeben ist. Sodann stellen wir die Frage, ob der Parameter X in der Differentialgleichung (101) sich so bestimmen läßt, daß für denselben die in Rede stehende Lösung y^^ wenn x von h aus in den Punkt c hinein- wandert, dort endlich bleibt d. h. bis auf einen konstanten Faktor mit y^ übereinstimmt.

Ehe wir diese Frage untersuchen, woUen wir ihre Bedeutung für das vorhin gestellte, die reellen Substitutionen betreffende Problem feststellen. Zu dem Zwecke nehmen wir an, es sei /l = A^ ein Parameterwert, für den die Lösung y^ die obengenannte Eigenschaft besitzt; diese Lösung y^ die wir nunmehr kurz mit y bezeichnen wollen, hat dann die folgenden Eigenschaften: sie ist eine reelle stetige Funktion innerhalb des lutervalles

a ^x ^c einschließlich der Grenzen, mit Ausnahme des Punktes x = h, in dessen Nähe sie sich in der Gestalt

(103) y = ßy,\og x-h + C,(:r - &)

darstellen läßt. Hierbei ist die Konstante ß gewiß nicht Null. Denn in diesem Falle wäre y als Funktion der komplexen Variabein x in den Punkten o. h, c regulär analytisch und könnte daher auch nicht im Un- endlichfernen logarithmisch singulär sein; mit Rücksicht hierauf ergibt

17*

260

Kap. XX. Zur Theorie der automorphen Funktionen.

sich aber aus der Differentialgleichung, daß für y im Unendlichfernen die Entwicklung ^ .

!'-^ + *(^) C^+O)

gilt, d. b, y hätte den unendlicbfernen Punkt zur Nullstelle und wäre demnach überall gleich der Konstanten Null, was nicht angeht.

Neben dieser Lösung y betrachten wir nun die bei x = h reguläre Lösung y^, die nach dem eben Bewiesenen gewiß von Cy, wo C eine Konstante ist, verschieden ausfällt; lassen wir x von h nach a wandern, so wird in der Umgebung von x = a

(104) y, = ay log {x - a) + D^(a; - d) {x> a),

wenn andererseits x auf den Punkt c zu geht, haben wir

Vb = y*yc log {c -x)-{- £l,(a; - c) (x< c),

oder da y^ bis auf eine Konstante mit y übereinstimmen muß,

Vb = Vy log {c-x) + D,(ä: - c). Nunmehr untersuchen wir den Quotienten

riix)

iVb

an einer zwischen a und h gelegenen Stelle d als Funktion der komplexen

d

Variabein x: es zeigt sich dann, daß die analytische Funktion 7j(:r) beim Umlauf der Variabein x um eine jede der Stellen a, h, c stets eine lineare Substitution mit reellen Koeffizienten erfährt. In der Tat, bezeichnen wir mit S^ das Ergebnis des Umlaufes um den Punkt a, so wird

überdies ist wegen (104)

SaVb-yb+^^^c^y

und folglich

*^aV l_23ra7]'

Bezeichnet ferner S^ das Ergebnis des Umlaufes um den Punkt b, so wird wegen (102)

S,y = y + ^i^ßyb',

überdies ist

^byb = yb

und folglich

Nun lassen wir y von d aus einen Halbumlauf in positivem Sinne um &j machen bis zu einem zwischen h und c gelegenen Punkte e, dann eineiij

Kap. XX. Zur Theorie der automorphen Funktionen. 261

vollen Umlauf in positivem Sinne um c und alsdann einen Halbumlauf in negativem Sinne um h zum Punkte d zurück: dabei verwandelt sich der Reihe nach y in

y + i^ßVb,

y + ^^ß{yi> + "^i^yy) = (i - '^^^ßr)y + i^ßy^,

{1 - 2n'ßy){y - ixßy,) + iTißy,, = {l-27i'-ßy)y + 2i7t'ß'yy,. Bei derselben Wanderung der Variabein x wird aus y^^ der Reihe nach

yt,,

y,+ 2izyy,

y, + 2ijty{y - inßy^) = 2inyy -]- (1 + 2n^ßy)y,,

und folglich wird, wenn wir mit aS'^ das Ergebnis des Umlaufes um c bezeichnen:

Wie wir sehen, haben die sämtlichen drei Substitutionen /S,,, B,^, S^ reelle Koeffizienten, und wir können auch leicht schließen, daß umgekehrt dieser Umstand, wonach der Quotient zweier Partikularlösungen der Differential- gleichung (101) beim Umlauf der Variabein um die singulären Stellen Substitutionen mit reellen Koeffizienten erfährt, nur dann eintritt, wenn eine Lösung von den Eigenschaften wie y Endlichkeit in a, c und logarithmisches Verhalten gemäß (103) in & vorhanden ist.

Um nun die Frage nach der Existenz der Funktion y in Angriff zu nehmen, beweisen wir zunächst, daß es gewisse Werte von ?. gibt, für die die Lösung y^ der Differentialgleichung (101) nach ihrer reellen Fort- setzung gemäß (103) über b hinaus im Paukte c endlich bleibt. Wir beweisen erstens, daß dieses Verhalten gewiß nicht für jeden Wert von l stattfindet. In der Tat, nehmen wir dies an und bestimmen wir alsdann einen Wert von A, für den y^ im Punkte b endlich bleibt nach den Darlegungen des zweiten Abschnittes S. 55 am Beispiel der Kugelfunktion gibt es solcher Werte X notwendig unendlich viele so würde für einen Wert von l die Lösung y^ in allen Punkten a, b, c endlich sein, was nach dem vorhin Bewiesenen nicht zutreffen kann.

Es sei A = z (> c) ein Wert von der Art, daß y^, über b hinaus gemäß (103) fortgesetzt, in c nicht endlich bleibt: dann bleibt auch y^, über b hinaus gemäß (103) fortgesetzt, nicht endlich. Aus dem Umstände, daß y^, y^ Lösungen der Differentialgleichung

L(«) - /. {P "') + (- + -^)'J = (> sind, folgt leicht die Konstanz des Ausdruckes

262 Kap. XXI. Eine zweiparametrige Randwertaufgabe.

im ganzen Intervall a bis c. Da aber als Folge unserer Annahme über x der Quotient nicht konstant ist, so fällt die Konstante JN' von Xull verschieden aus. Setzen wir nun

so wird

und folglich ist G[x, |) die Greensche Funktion des Ditfereutialaus- druckes L{y), wenn man als Randbedingungen das Endlichbleiben in a und c und reelle Fortsetzung über h hinweg gemäß (K'3) verlangt.

Nehmen wir G{x, |) als Kern einer Integralgleichung zweiter Art, so führt die Anwendung meiner Theorie der orthogonalen Integral- gleichungen zu dem Satze:

Satz 53. Es gibt unendlich viele Werte X (die Eigemrerte des Froblems), so daß die Differentialgleichung (101) eine Lösung (die zugehörige Eigcn- funldion) besitzt, die bei reeller Fortsetzung über den Punkt b hinweg in den Punlien a und c endlich bleibt; für eben diese Werte X ist der Quotient ztveier Lösungen der Differentialgleichung eine analytische Funldion, die beim Umlauf der Variabein x um die singidären Stellen der Differential- gleichung Substitutionen mit reellen Koeffizienten erfäJtrt.

Die Kennzeichnung^ der unendlichvielen Eigenfunktionen durch OsziUationseigenschaften, sowie den Zusammenhang mit dem Problem der konformen Abbildung der nuUwinkligen Kreisbogenvierecke mit Orthogonal- kreis hat F. Klein ^) untersucht.

Eiuundz wanzigstes Kapitel.

Eine zweiparametrige Randwertaufgabe (Kleins Oszillations-

theorem).

Bei aEen bisherigen Anwendungen der Theorie der orthogonalen und polaren Integralgleichungen handelte es sich um Randwertaufgaben für gewöhnliche oder partielle Differentialgleichungen, wobei jedesmal ein Parameter X, sei es in der Differentialgleichung selbst, sei es in der Rand- bedinsuns als zu bestimmende Größe auftrat. Im folgenden möchte ich

1) Math. Ann. Btl. Ü4 (1907), S. 175.

Kap. XXT. Eine parametrige Randwertaufgabe. 263

an einem Beispiel zeigen, wie auch im Falle zweier zu bestimmender Parameter X, ,u die Theorie sich als anwendbar erweist.

Es seien für y als Funktion von x und für i] als Funktion von | zwei gewöhnliche Differentialgleichungen zweiter Ordnung vorgelegt von der Gestalt

(105) ^£^ + ila^!ih}i/ = 0 ix,£x£x,),

worin jj, a, b Funktionen der unabhängigen Yariabeln x und n:. a, ß Funktionen der unabhängigen Variabein £ bedeuten; diese Funktionen mögen sämtlich der Kürze halber als regulär analytisch angenommen werden, und die Funktionen p^ a; ;r, cc mögen überdies die Bedingungen erfüllen :

(107) j;(a;) > 0, a{x)>0 i^i^x^x^),

(108) ^a)>0, 0.(1) >0 (ii^i^y-

Alsdann multiplizieren wir die Differentialgleichung (105) mit ccy] und

(106) mit ay: durch Addition erhalten wir für die Funktion

die partielle Differentialgleichung

<109) <P^X-^ «(^^1)1+ ^{cch - aß)z = 0;

dieselbe ist wegen (107), (108) von elliptischem Typus und überdies, wie man leicht erkennt, sich selbst adjungiert. Da das zu dem Differential- ausdruck ,

(HO) c,{pzX-\- a(7th\

gehörige Dirichletsche Integral

ff{cip^J-\- a7izf)dxdi,

nur positiver Werte fähig ist, so besitzt auch die Greensche Funktion zu (110) definiten Charakter. Endlich ist

ah = 0 nur für eine endliche Anzahl analytischer Kurven erfüllt es sei denn, daß (IJ^j h{x) = Ca{x), ß{^) = Ca{l)

lusfäUt, wo C eine geeignete Konstante bedeutet; dieser Fall (111) ist iber auszuschließen, da ja alsdann die beiden ursprünglichen Differential- gleichungen (105j, (106) nur die eine Verbindung A + C^i der beiden Parameter enthielten.

264 Kap. XXI. Eine zweiparametrige Randwertaufgabe.

Wie diese Überlegungen zeigen, erfüllt die partielle Difterential- gleichung (109), in der der lineare Parameter ,a auftritt, alle Voraus- setzungen für die Gültigkeit des Satzes, den ich in Kap. XXI, S. 206 ausgesprochen habe. Diesem Satze zufolge besitzt die partielle Ditfe- rentialgleichung (109) für unendlich viele Werte des Parameters /t, die Eigenwerte, jU^, }i^, . . . Lösungen, die zugehörigen Eigenfunktioneu z^^ ^2, •, deren jede innerhalb des durch die Ungleichungen

bestimmten Rechteckes stetig ist und auf den Seiten dieses Rechteckes verschwindet: nach diesen Eigenfunktionen ist die Entwicklung einer will- kürlichen (gewissen Voraussetzungen unterworfenen) Funktion in diesem Rechteck auf die Fouriersche Weise möglich.

Ich betrachte nun die gewöhnliche Differentialgleichung

(113) ^^-f.u,?.y + Aay = 0,

die aus (105) entsteht, wenn darin für ^ der besondere Eigenwert /i^ von (109) eingesetzt wird. Da hierin p(x) und a{x) nach der Voraus- setzung (107) positive Funktionen sind, so folgt auf Grund meiner Theorie der orthogonalen Integralgleichungen, daß (113) unendlich viele positive Eigenwerte und zugehörige Eigenfunktionen

A A| A()

^^^^^ 3/(0;) = y,W(^), y,^"Kx),...

besitzt, wenn wir als Randbedingung das Verschwinden für x = a\ und X = Xo nehmen. Entwickeln wir insbesondere die zu u^^ gehörige Eigen- funktion Zf^ der partiellen Differentialgleichung (109), indem wir sie als. Funktion von x betrachten, auf Fouriersche Weise nach den Funktionen. yi^''\ y2''\ ■■> ^*^ ergibt sich

(115) < z,(x, I) == ri,^'Kl)y:"\x) + ri,^%i)y,^%x) -f .,

wo allgemeÄi

< 116) nJ\i) =Ja{x)z,{x, i)yj%x)dx

ist.

Wir setzen nun zur Abkürzung

Kap. XXI. Eine zweiparametrige Randwertaufgabe. 265

dann ist die linke Seite der partiellen Differentialgleichung (109), ge- nommen für ;/ = ,u^, identisch mit dem Ausdrucke

da Zj^ eine Lösung von (109) ist, so haben wir

«Z(")(^,) + aA^"\z^ = 0

und, wenn wir mit yj''' multiplizieren und zwischen den Grenzen a:, und x^ nach x integrieren

fam{z;)yJ^Hx +JaA^"\z,)yJ")dx = 0.

ar, Xi

Wenden wir hier auf das erste Integral die Greensche Formel an und führen wir sodann mittelst (116) die Funktion tj^''^ der Variabein | ein, so erhalten wir

ajh''\yj'))z,dx+ AMjlz,yJ')dx\ = 0 oder, indem wir berücksichtigen, daß

(in) Li"\%:) + K<^yJ"-o

wird, und alsdann vermittelst (116) die Funktion i^J''' der VariabeLn | einführen,

(118) ^'"Kri^'^) + <^KnnJ'^ = ^-

Da wegen (116) ^ij^'^^ eine für | = S^ und | = verschwindende Funktion ist, so wird das Produkt

riJmyJ'K^)

eine auf den Kanten unseres Rechteckes (112) in der x ^- Ebene ver- schwindende Funktion; dieselbe genügt, wie aus (117), (118) unmittelbar folgt, der partiellen Differentialgleichung (109) für ^u = ^,^. Andererseits besitzt diese Differentialgleichung gewiß nur eine endliche Anzahl linear unabhängiger Lösungen, nämlich die zu fi/^ gehörigen Eigenfunktionen; mithin dürfen unter den Funktionen zweier Variabein x, ^

%^"W, v/V\

gewiß nur eine endliche Anzahl linear voneinander unabhängiger Funk- tionen vorkommen. Da aber unter den Funktionen der Variabein x

yA y-A

gewiß keine lineare Abhängigkeit statt hat, so folgt, daß nur eine end- liche Anzahl von Funktionen der Variabelu t in der Reihe

'ix f 'li ) von Null verschieden ist, und die Gleichung (115) zeigt mithin, daß eine

266 Kap. XXI. Eine zweiparametrige Randwertaufgabe.

jede zu 2^ gehörige Eigenfunktion .2;^ der partiellen Differentialgleichung (109) sich durch eine endliche Summe von Produkten der Gestalt

darstellen läßt, wo jedes einzelne Produkt ebenfalls eine zu ,u^^ gehörige Eigeufunktion jener partiellen Differentialgleichung (113j ist. Wir denken uns nun in solcher Weise alle zu (1,^ gehörigen Eigenfunktionen von (109) durch Produkte dargestellt und alsdann aus den sämtlichen auftretenden Produkten solche ausgewählt, die voneinander linear unabhängig sind und durch die die übrigen Produkte sich linear ausdrücken lassen; die so ausgewählten Produkte bilden nach dem eben Bewiesenen offenbar ein volles System von Eigenfunktionen der partiellen Differentialgleichung (109 ) für den Eigenwert .«;,.

Die wesentlichsten der bisher gefundenen Resultate fassen wir wie folgt zusammen:

Satz 54. Ist ein System von zwei gewöhnlichen Differentialgleichiinfjen von der Gestalt (105), (106) vorgelegt, für die die Bedingungen (107), (108) erfüllt sind, und treten in denselben die zwei Parameter l, .it nicht bloß in der Verbindung l + C.u auf unter C eine Konstante verstanden, so existieren unoidlichviele Paare von Werten X, fi, für welche die Differential- gleichungen solche simultane Lösungen y,,{x), ■»?;,(l) haben, daß y,,[x) an den Enden und nicht überall im Inneren des Intervallcs x^x.^ und ebenso rij^i^ an den Enden und nicht überall im Innern des Intervalles l^^, ^■^'*' schivindet. Eine tvillkürliche (gewissen Voraussetzungen unterworfene) Funktion der Variabelti x, ^ ist in Fourierscher Weise in eine nach den Produlden yhi^)Vhi^) fortschreitende Reihe entwickelbar.

Ist noch die Bedingung erfüllt, daß die Funktion ccb innerhalb und auf dem Rande des Rechteckes nirgends verschwindet, so bedarf es zur Behandlung der partiellen Differentialgleichung (109) nur der Theorie der orthogonalen Integralgleichungen, und es ergibt sich dann, daß jede zweimal stetig differenzierbare Funktion der Variabein ./;, ^ in Fourier- scher Weise nach den Produkten der Lösungen der simultanen Differential- gleichungen (105), (106) entwickelbar ist.

Wir betrachten zum Schluß als Beispiel die Lamesche Differential- gleichung

^'y + 1 ( J I _i j_ 1 \ dy At-\-B ^ Q

dt- ~ - \t e,^ t e., t ej dt 4:{t e,)'.t e,) {t e,) ^

Wie die Anwendung unseres Theorems zeigt, lassen sieh hierin die Para- meter Ä, B auf unendlichviele Weisen so bestimmen, daß die Differential- gleichung eine Lösung y besitzt, die an den Endpunkten eines gegebeneu Intervalles t^t^ verschwindet und zugleich eine solche, die an den End-

Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie. 267

punkten eines anderen Intervalles t^ r, verschwindet ein Resultat, welches, wie wir sehen, im engsten Zusammenhange mit der Aussage des Kleinschen Oszillationstheorems steht. Dabei sind die Intervalle ^i /o und r^T, nur der Einschränkung unterworfen, daß sie einander ausschließen und keinen der Punkte 61,^2,63 enthalten; dagegen ist es für die Gültig- keit meines Theorems nicht nötig anzunehmen, daß die Intervalle durch einen der Punkte e^, e.^, e^ getrennt sind. Um dies einzusehen, nehmen wir etwa

e^ < 63 < ^3 < ^1 < ^2 < •^i < T2 an, wählen dann einen zwischen f^ und r^ gelegenen Punkt a und setzen einmal

t = a X (Xi = a t.2, x.2= a tj) und andererseits

t = a -{- ^ (li = Tj ff, I2 = '^2 ~ «)• Nehmen wir endlich

l = Ä, IX = + B,

so entstehen aus der Lameschen Gleichung die folgenden:

'^(41)

dl ^ ^' ^5i^5^§2;

wo

I

j) = ]/(«. X e-^ia X Co) (a x e^,

71 = y{a + I ej (a -f- t ^o) (a + ^ e^)

gesetzt ist. Da x und | in ihren Intervallen x^x., bzw. I^lg stets positiv bleiben, so sind die Bedingungen unseres Theorems erfüllt und damit die Existenz unendlich vieler Parameterpaare A, B von der verlangten Be- schaffenheit erwiesen.

Zweiundzwanzigstes Kapitel.

Begründung der kinetischen Gastheorie.

In allen bisher erörterten Anwendungen der Theorie der Integral- •gleichungen sei es auf analytische oder geometrische Probleme oder im Gebiete der theoretischen Physik war es stets eine gewöhnliche oder partielle Differentialgleichung oder ein System von solchen Differential- gleichungen, das uns bei der Aufstellung der Integralgleichung zur Ver-

268 Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie.

mittelung diente. Im folgenden mache ich eine neue direkte Anwen- dung der Theorie der linearen Integralgleichungen, indem ich zeige, daß- es eine gewisse lineare Integralgleichung zweiter Art mit sym- metrischem Kern ist, die die mathematische Grundlage der kinetischen Gastheorie bildet und ohne deren Erforschung nach den modernen Methoden der Integralgleichungstheorie eine systematische Begründung der Gastheorie unmöglich ist.

Wir führen zunächst folgende Bezeichnungen und Annahmen ein. Es seien x, y, z die rechtwinkligen Raumkoordinaten und i die Zeit: |, t^, t, seien die Geschwindigkeitskompoueuten der Moleküle; die Moleküle seien Kugeln vom Durchmesser 6. Zur Abkürzung werde ferner das Volumen- element im ./w/^- Räume mit

(U) = dxdy dz

und das Volumeuelement in ^);^-Raume mit

dio = di, dl] dt,

bezeichnet. Den gesamten Zustand des Gases sehen wir als gegeben an durch die Funktion F der sieben Argumente |, >;, t, x, y, z, t, wobei die Bedeutung dieser Funktion die ist, daß

Fdodco

die Anzahl der Moleküle angibt, deren Mittelpunktskoordinaten zur Zeit ^ bzw.

zwischen x und x + dx y y + dy

z z -\- dz

und deren Geschwindigkeitskomponenten zugleich bzw.

zwischen ^ und | + d^

V ^ + ^^

liegen oder kurz, die zur Zeit t in da und deren Geschwindigkeitspunkte I, 7j, l in dio fallen. Wir nennen diese Funktion F die Maxwellsche Fundame ntalfunktion.

Es .seien ferner J, t), § die Koordinaten eines Punktes der Einheitskugel

?' + t)- + S' = l (1)

und d% das Oberflächenelement dieser Einheitskugel. Bringen wir nun zwei Moleküle mit den Geschwindigkeiten ^, ri, t, und Ij, t/^, ^^ zum Zu- sammenstoß derart, daß im Moment ihrer Berührung die Richtungskosinusse ihrer Zentrilinie y, \), 5 sind, so werden die Geschwindigkeiten der beiden Moleküle nach dem Zusammenstoß durch die Formeln gegeben:

Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie.

269

und

wobei zur Abkürzung

r

= ^ + t) TT,

= n^ - l) 1^,

(2)

(3)

gesetzt ist. Diese Formebi (2), (3) stellen eine lineare homogene Trans- formation der sechs Variabein ^, i], t,, Ij, >;j, ^^ dar, die folgende Eigen- schaft besitzt:

Satz 1. Die Transformation ist mit ihrer inversen identisch; ihre Determinante ist gleich 1.

Satz 2. Vertauscht man in einem Ausdrucke, welcher |', ?/, ^', |j', 7^^', t,^ enthält, die Größen %, j], ^ bzw. mit |j, ij^, ^^ und umgekehrt, so ver- tauschen sich in jenem Ausdrucke gegenseitig |', tj', l' bzw. mit t,^, 1]^', ^/.

Satz 3. Unsere Transformation besitzt die vier Invarianten

l + ^n

e + ^i,

während TF bei ihrer Anwendung das Vorzeichen ändert.

Auch setzen wir noch fest, daß, wenn (b'/fc) irgend einen Ausdruck in I, 7], t, bedeutet, stets die folgenden abkürzenden Bezeichnungen gelten sollen :

und endlich definieren wir die Klammersymbole:

[F, G] = ^6\ W {F' G,' + F; G' - FG,- F,G)

[F, F\ = \6^\W' {F'F^ - ff;)

<75 07] C f,

dF . dF . . cF . dF

in letzterer Formel bedeuten rechts die Größen X, Y, Z die Komponenten der äußeren auf das Gas wirkenden Kraft, bezogen auf die Masseneiuheit; sie sind gegebene Funktionen von x, y, z, t.

Nunmehr lege ich meiner Untersuchung die Maxwell-Boltzmannsche P'undamentalformel

JJ[F,F]do.,cU^[F] (4)

270 Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie.

zugrunde; darin ist links die Integration da^ über den gesamten Ge- sell windigkeitsraum

bi; 'ä? ^1 = oo bis +

und die Integration (H- über die gesamte Oberfläche der Einheitskugel ( 1) zu erstrecken. Diese Gleichung (4) muß identisch für alle ^, ij, t., x, y, z, t erfüllt sein: sie stellt eine notwendige Bedingung dafür dar, daß die Funktion F der sieben Argumente |, i], t., a;, y, z, t die Maxwellsche Funda- mentalfunktion unseres einatomigen Gases ist.

Hierzu fügen wir für F noch folgende Bedingungen hinzu:

1. F darf keinenfalls negative Werte annehmen.

2. F muß verschwinden, sobald eines der Argumente |, i], t, positiv oder negativ unendlich wird.

3. F soll für alle Zeiten t endlich und stetig bleiben.

Die Bedingungen 1. und 2. ergeben sich unmittelbar aus der Be- deutung von F'^ die Bedingung 3. ist der Ausdruck für die Stabilität des Bewegungszustandes unseres Gases.

Um F auf die allgemeinste Weise als Lösung der Gleichung (4) zu bestimmen, könnte der Ansatz dienen:

^= ^0 + ^i(^ - V "rF.it- f,y -f- . . .. (5)

Da -^ in (4) nur rechter Hand auftritt, so folgen, wenn Fq eine willkür- lich gewählte Funktion von |, ij, ^, x, y, z ist, aus (4) offenbar in ein- deutiger Weise die weiteren Koeffizienten F^^, F^, . . als Funktionen eben- dieser sechs Argumente. Durch Abschätzung dieser Koeffizienten werden wir jedoch eine Konvergenz der Potenzreihe (5) nur dann erwarten dürfen^ wenn t ^ t^ absolut genügend klein ausfällt, und solche Lösungen würden der obigen Stabilitätsbedingung 3. widersprechen. Daher verwerfen wir die Entwicklung (5) und erzielen vielmehr die Auflösung dadurch, daß wir einen positiven Parameter l mittels des Ansatzes

in die Gleichung (4) einführen und die so entstehende Gleichung

[G, G) da'^d^ = A[(5] (6)

vermöge der nach Potenzen von X fortschreitenden Reihe

G= = O + ?p-A -f XA- H {!)

lösen was darauf hinausläuft, in der ursprünglichen Gleichung (4)

i^=y + ^+A'A -!-•■• (8)

einzusetzen; dabei bedeuten ^, W, X, . . . zu bestimmende Funktionen der sieben Argumente |, tj, ^, x, y, z, t, von denen jedenfalls die erste 0 noch

JJc

$

.

l

}

l

+ 'i^,

X

+ ^ +

XX,

Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie. 271

den obigen Bedingungen 1., 2., 3. zu genügen hat. In dem Poten/reihen- ansatze (8) erblicke ich die strenge Formulierung des Maxwellsclien Ge- dankens einer sukzessiven Approximation zur Berechnung seiner Funda- nientalfunktiou F: in der Tat sollen späterhin beim systematischen Aufbau der Gastheorie sukzessive die Abschnitte

(9)

in erster, zweiter, dritter Annäherung usw. als Ersatz an Stelle der Fundamentalfunktiou F genommen werden. Die Potenzreihe (8), die die Fundamentalgleichung (4) befriedigt, ist der allgemeinste Ausdruck für die Maxwellsche Fundamentalfunktion eines in stabilem Bewegunofszustand befindlichen Gases.

Unsere wichtigste allgemeine Aufgabe besteht darin, die Mannigfaltig- keit aller derjenigen Lösungen der Fundamentalgleichung (4) zu ermitteln,, die durch die Potenzreihenentwicklung (8) dargestellt werden.

Zu dem Zwecke tragen wir (7) in (6) ein; dann finden wir durch Vergleichung der Koeffizienten der Potenzen von l auf beiden Seiten

JJ[O,Q\d(a^d% = 0, (10)

Jj[^,W^d(o,rU = \[^], (11)

\0, X] + \{_W, W-\) dco, d^ = i[^], (12)

//([^

Die Gleichung (10) ist bereits von Boltzmann vollständig gelöst worden, wie folgt, Weo-en Satz 1. und Satz 2. auf S. 269 haben wir, wenn H ebenso wie F und G Funktionen der Argumente |, rj, t, bedeuten:

ffJ'H[F, G] d(D dc3, = JJJH, [F, G'] dco dco, d^

= -JJJH'{F, G^] da da, d§, = -JJJh; \F, G'] da da, cZg,

und daher wird

SfjH[F, G] da da, d^ = \JJJ{H-\- H- H'- H,')[F, G]da da,d^. (13)

Aus dieser Formel folgt für

ir=iog^,

F= 0), G=0,

mit Rücksicht auf (10)

272 Kap. XXn. Begrüadung der kinetischen Ga^theorie.

\JJJQ-o% 0 4- log ^1 log 0' log 0^') [^, 0] (7gj dco^ d§> = 0

JJf\ W log ^S (^' ^/ - 0 0,) dco dco, d^ = 0

4

oder

d. h., da der Integrand hier nirgends positiv ausfalleu kann,

0'O/- 00, =0.

Die allgemeinste dieser Gleichung genügende Funktion von |, i], ^, x, z, y, t mit den Eigenschaften 1. und 2. auf S. 270 ist, wie aus dem Satze 3. auf S. 269 leicht ei-kannt wird:

O = ae-*l(^-")' + (''-'')'+(^^-"')'l, (14)

wenn u, v, iv beliebige Funktionen von x, y, z, t und a, h solche Funk- tionen derselben Variabein x, y, z, t bedeuten, die nirgends negativ ausfallen. Nunmehr haben wir den soeben aus (10) gefundenen Ausdruck (14) für 0 in (11) einzutragen und aus der so entstehenden Gleichung die Funktion W zu ermitteln. Setzen wir zu dem Zwecke

•wo i\> eine neue zu bestimmende Funktion ist, und berücksichtigen die obige Relation

00^ = 0' 0^,

SO nimmt (11) die Gestalt an

4 ö^jjl W\ 00^ (i/^/ + t/^' - 1/^1 - V) da^ d^^\ \0]. (15)

Führen wir hier in dem Ausdrucke linker Hand an Stelle von

^; '/> ^j ^U '/l? ^1

bzw. die Argumente

ein, so geht derselbe über in

wo zur Abkürzung

J ^ff W\e- ^^' + '>' + '^^ + ^^^ + 'h' + -^) ((p-\.cp^-(p'- cp,') da^d^i (16)

gesetzt worden ist; darin hat q) die Bedeutung

. "^«"» = *(» + ;/^'" + ;r"' + jl;)-

Es ist nun für die Begründung der kinetischen Gastheorie von entscheidender Bedeutung, daß der Ausdruck (16) in die Gestalt

J=k(p +fK(lri^', li^eO'jPi^rai (1')

Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie. 273

CTebraclit werden kann und daß sieh daher die zur Bestimniuncr von i^' dienende Gleichung (15) als eine lineare (orthogonale) Integralgleichung zweiter Art herausstellt. Um dies zu zeigen, bemerken wir zunächst, daß

wird, und setzen

\\o)

so daß k eine gewisse nur von |- + ^/^ + ^ abhängige stets positive Funk- tion bedeutet:

Ferner führe ich in dem Integralausdrucke

J* =Jf W e- ^'r + '"^ + -') (p'dco, d^

statt des Integrales über die Oberfläche der Einheitskugel ein solches über das Innere derselben ein, indem ich in

1

0

statt r und der Richtungskosinusse die drei unabhängigen rechtwinkligen Koordinaten nehme j:, t), §. Wegen

r^drd^ = did\)di wird dann

J J J J I Vl^ + ^^ + i^

S J- + 11- + ä- ^ 1)

wo nunmehr

zu nehmen ist. Führen wir jetzt im Integral J* statt i,,, ij^, ^^ die neuen Integrationsvariablen

' J* + ^* + 3"

Vi—n

^i-E* + tj« +

"' i' + r + h'

ein, so erhalten wir

(0 ^ j^ + ir^ + j= g 1) ß-!('i.(s' + n'-i-ä^-) + Sp + c.'i(£^-i-t,^+ä')-i-.!)'+(.'.(r- + n^- + ^^) + ;vi (p' dl^ d ^^d i'^ d):d\]d'i,

wo

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 18

274 Kap. XXn. Begründung der kinetischen Gastheorie.

zu nehmen ist. Sodann wählen wir statt J, t), § die neuen Integrations- variablen

wegen

A2 + ^2 ^ ^2 _ (j2 _^ ^2 ^ g2) (^^^ ^ ^^^ ^ ^^^)

und da die Funktioualdeterminante

5>li , 5."i , i'^i + ij^i + ^svj I

wird, erhalten wir mit Rücksicht darauf, daß zu jedem Wertsystem A, a, v zwei Wertsysteme i, t), 5 gehören:

J J e/ J J J (iJ-i +fi.Ui + vvjä

(0 ^ r- + n'' + >■* ä i A, + /'i + V 11) (ly)

9p (I + ^ ^ + i^j ^ + 1') f^^ d^ dv dX^ d^i di\ . Um hierin die Integration nach X^, ^^, j^j auszuführen, bedenken wir, daß das Inteoral

IIA

'-niTTTT^T^n •*" V + ("' ;i^;+/.^,. + v., + '') + ("^ -(;!,+,«,.. + ,.., + ^) ] dX^ d^i, dv, eine Orthogonalinvariante der beiden Variabeinreihen

X, jit, V und l, T], ^ ist und folglich nur eine Funktion der drei Ausdrücke

x' + ii^^v', xi + ^7j + v^, V+n'^^'

werden kann. Um diese Funktion zu ermitteln, nehmen wir u = 0^ V = 0. Für A > 0 geht jenes Integral (20) dann über in:

*" '"° "°— . -^ - { <' + Ö' + ('■" + ")'^ (X * ')' } ''-li ''f. ä>,,

(U,)T

+ OC + 00 + «

OC 00 /

00_

Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie. 275

^ind mithin wird das Integral (20) notwendigerweise gleich

2 Jr . _ {^a + g) + /t(^ + i?) + i-(»' + ,^r

SiV' -\- ii' + vy

da ja dieser Ausdruck für u = 0, v = 0 den eben berechneten Wert bekommt. Infolgedessen wird, wenn wir endlich in J* anstatt k, jw, v die Argumente Ton qp, nämlich

li = I + A,

Vi =V -\- .«;

als Integrationsvariable einführen,

J*=fK^i^rj^',^^,ri,t,)cp,do,, (21)

wo

Tj^^ { gl (gl - ^) + 'h i'h - '/) + ^1 (^1 - ?) } "

^ "t/(i.-i)'+fa^.)-+a -;)''" *-«-H.-,,.Hi-o.

gesetzt ist.

Nunmehr behandeln wir das Integral

ähnlich, wie soeben das Integral t7*. Zunächst finden wir genau wie vorhin

0 s E^ + 1)- + a'^ ^ 1 ^ - ( ^1 {f + 1)^ + ä^) + '?)- + ("X (r- + D^- + ä^-) + ';r- + ("i (r- + 1)^- + s^) + 0= i ^/ f/ a^ d/i^ (7 v^ ^? j d\) rf§,

wo jetzt

/*i(5'+ if + ä") - 9(i-^i + i)i^i + an) + n, v,{f + 9' + s') - lirM + 9>«i + S^^i) + 0

2:u nehmen ist. Sodann wählen wir statt j, ^, 5 die neuen Integrations- variablen

^ = ^i(E^+ tf + ä^) - 0(i-A, + tl^a, + IV,),

V = n(?' + t)2 + s') - l{iK + 9^1 + an);

wegen

j/l + t).a + 5^ = 0,

und da die Funktionaldeterminante, abgesehen vom Vorzeichen,

9it*i+än, J.tti-2t)X„ Ej/i-2äAi I

t)Ai-2E^i, jAi + sv,, l)Vi-25ai =2(AAi4-u.«i+vvO(i-/li+l)^i + 5n) 5A,-2ei/„ ä/ii-2t)vi, jAj + l^.Ui

18*

276 Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie.

wird, erhalten wir durch Vergleich mit (19) das einfache Resultat

Mit Rücksicht auf (18), (21), (22) erhält der Integralausdruck (16) die Gestalt (17), wie oben behauptet worden ist, wo der Kern K die Bedeutung hat:

2 _ (li(gi-g) + '?i(vi- ';) + 1, (n - 0 } _M (2^\ ^ (s-,-l)' + (.;,-.;P + (fi-,T ^ ^

Unter Benutzung der Identität

(5; - F)^+S{S+S, - 2P) (S+ S, - P)*- ÄS.

(4i - ^Y + (rji - n? + (Ji - ^)' (li - ^r- + (^1 - rj)* + (?x - ö* '

wo

bedeutet, ersehen wir, daß K ein symmetrischer Kern der beiden Yariabeln- reihen ^, jy, t, und ^j, 7;^, ^^ ist Außerdem zeigt der eben gefundene Ausdruck (23), daß der Kern K für

nur von der ersten Ordnuncj unendlich wird und daher die gesamte Theorie der Integralgleichungen auf ihn anwendbar ist.

Insbesondere entnehmen wir hieraus, daß die Frage der Auflösung der Integralgleichung

J=mril), (24)

wenn /' eine gegebene Funktion von |, ?/, t, ist, notwendig durch die Kennt- nis der Lösungen der homogenen Integralgleichung

J = 0 (25)

bedingt ist. Um diese Lösungen zu ermitteln, multipliziere man den Aus- druck (16) für J mit qp und integriere nach ^, 1], t, über den unendlichen Geschwindigkeitsraum; nach Formel (13) wird dann, wenn wir in derselben

nehmen:

ftpJda = iffj W e- («^+ '^+^'+ >V-+ -;,= + ^.^) ((^ + g:^ _ ^' _ (p^yda da, d§.

Soll nun q) eine Lösung von (25) sein, so muß für ein solches q) auch das Integral rechts hier verschwinden, und dies ist nur möglich, wenn der Integrand Null ist, d. h. wenn

Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie. 277

wird. Dem Früheren zufolge gibt es lediglich die fünf linear voneinander unabhäncrigeu Funktionen

^(^) = 1,

#) = e,-

die jene Gleichung erfüllen, und damit ist bewiesen, daß die lineare homogene Integralgleichung (25) keine anderen Lösungen be- .sitzt als diejenigen, die aus jenen fünf Lösungen durch lineare hombination mit konstanten Koeffizienten entstehen.^)

Hiermit ist die Untersuchung der linearen Integralgleichung (24), auf welche wir durch die Gleichung (11) geführt wurden, beendet, und ich fasse die gefundenen Resultate, wie folgt, zusammen:

Die zur Bestimmung der FunMion tp dienende Gleichung (24) ist eine lineare {orthogonale) Integralgleichung zweiter Art mit symmetrischem Kern. Die zugehörige homogene Integralgleichung (25) hat genau die fünf linear voneinander unabhängigen Lösungen (26), und mitliin besitzt (24) dann und nur dann eine Lösung (p, wenn f die fünf Integralbedingungen {Orthogonalitäts- bedingungen)

fr^fdco = 0, (i = 1, 2, 3, 4, 5) erfüllt.

Auf Grund dieses Satzes ergibt sich als notwendige und hinreichende Bedingung für die Möglichkeit, 4.< aus (15) d. h. ^P aus (11) zu bestimmen, das Bestehen der fünf Gleichungen:

ft<')[0]d(o = 0, {i = 1, 2, 3, 4, 5). (27)

Dies sind, wie die Ausrechnung zeigt und schon von Maxwell erkannt worden ist, nichts anderes als die hydrodynamischen Gleichungen ein- schließlich der Kontinuitätsgleichung und der thermodynamischen Grund- gleichung für ein ideales Gas in erster Annäherung: die hydrodynami- schen Gleichungen erscheinen somit als die Orthogonalitäts- bedingungen für die Lösbarkeit unserer linearen Integral- gleichung; es sind fünf partielle Differentialgleichungen für die fünf Größen a, b, u, v, w (bez. Dichte, Temperatur und Geschwindigkeit) als

li Den schönen Beweis dieses Satzes hat zuerst Herr Dr. E. Hecke gefunden, dessen Hilfe er war in der von mir im Wintersemester 1911 12 über (.iastheorie <,'ehaltenen Vorlesung mein Assistent mir auch sonst bei der Ausarbeitung der hier entwickelten Theorie von g-roßem Werte war.

278 Kap. XXn. Begründung der kinetischen Gastheorie.

Funktionen von x, y, z^ f. Da die Determinante ihrer linken Seiten in bezug auf die zeitlichen Ableitungen

da dh cu cv dw oq\

dt' dt' dt' Ji' dt ^'^^^

sie ist im wesentlichen die aus den Elementen

/i/;W^W^r/«, 0;i=l, 2, 3, 4, 5)

gebildete Determinante nicht Null ist, so sind die Lösungen der fünf partiellen Differentialgleichungen (27) eindeutig bestimmt, wenn man die Werte von a, h, u, v, iv oder auch was offenbar auf das nämliche hinausläuft die Werte von

frp^^0da, {i = 1, 2, 3, 4, 5) (29)

für t = tQ als Funktionen von x, y, z willkürlich etwa gleich /"('^ vorschreibt; wir wollen die so erhaltenen allgemeinsten Lösungen von (27) mit a*, fe*, M*, v"^, «•* bezeichnen und überdies

setzen.

Nachdem wir so das erste Glied in der Entwicklung (8) von F auf die allgemeinste Weise bestimmt haben, führen wir die nämliche Aufgabe für das zweite Glied durch.

Es sei jetzt i\}^'^ diejenige völlig bestimmte Lösung der aus (15) hervor- gehenden linearen Integralgleichung

i(J-JJ W 0* 0* (ti + t' - ti- il') dco.cH = K^*]; für welche

yV«^"0*f^« = 0, (i = 1, 2, 3, 4, 5) wird; dann ist

diejenige völlig bestimmte Lösung der aus (11) hervorgehenden Integral- gleichung

fJ[0*,W]dco,cH = ^[0^], (30)

für welche

/t/;« W' da = 0, (^• = 1, 2, 3, 4, 5) (31)

wird, und die allgemeinste Lösung von (30) ist

W=W+0* ^cW ^w, (j = 1, 2, 3, 4, 5) (32)

wobei die fünf Größen d^^ willkürliche Funktionen von x, y, z, t bedeuten. Nunmehr schreiben wir die zur Bestimmung von X dienende Gleichung (12) wie folsrt

Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie. 279

//[0, X\ dco, ./§ = i [^] - Ifßw, W\ dco, d%, (33)

und tragen darin ^* an Stelle von 0 und den Ausdruck (32) an Stelle von W ein. Da diese Gleichung dieselbe Gestalt wie (11) oder (30^ auf- weist und daher ebenfalls auf die lineare Integralgleichuno- (24j zurück- führbar ist, so erhalten wir als notwendige und hinreichende Bedingung für die Möglichkeit, X zu bestimmen, die Gleichungen

/i^C) ['^] dco -jJß(^)[W, ^] dcodco.d^ = 0, (>• = 1, 2, 3, 4, 5)

oder, da wegen (13) das zweite Integral verschwindet,

ß^^lWjdco^O, (^• = 1, 2, 3, 4, 5) (34)

d. h. wenn (32) an Stelle von y^ eingetragen wird:

ß{'-)[W'+ 0*^cWt/;W](?ö = 0. (i = 1, 2, 3, 4, 5)

Dies sind fünf lineare partielle Differentialgleichungen für die fünf Funk- tionen c^-'\ Da die Funktionaldeterminante ihrer linken Seiten nach den zeitlichen Ableitungen (28) genau mit der oben betrachteten Determinante übereinstimmt und daher von Null verschieden ausfällt, so sind die Lösungen dieser Differentialgleichungen eindeutig bestimmt, sobald man die Werte von cW oder auch, was offenbar auf das nämliche hinausläuft die Werte von

JVW Wd(o, {i = 1, 2, 3, 4, 5) (35)

für t = t^ willkürlich als Funktionen von x, y, z etwa gleich g'^''^ vorschreibt; wir wollen die so erhaltene allgemeinste Lösung von (34) mit ^* bezeichnen.

So fortfahrend verstehen wir unter X^ diejenige völlig bestimmte Lösung der Integralgleichung (33), für welche

ß')X^ da = 0, {i = 1, 2, 3, 4, 5) (36)

wird; die allgemeinste Lösung von (33) ist dann

U) X = -f 0* ^cW t^(», (j = 1, 2, 3, 4, 5)

wobei die Größen c'-^^ willkürliche Funktionen von x, y, z, t bedeuten. Da jedoch wiederum die Orthogoualitätsbedingungen

/^W [X] da = 0, (/ = 1, 2, 3, 4, 5) (37)

erfüllt sein müssen, so bleiben nur die Werte von c") für ^ = ^q ^^'Ukür- lich: wir schreiben statt ihrer die Werte von

ß^Xda, (^ = 1, 2, 3, 4, 5) (38)

für f = tfj willkürlich als Funktionen von x, y, z etwa gleich 7t^'* vor und bezeichnen die so erhaltene allgemeinste Lösung von (37) mit X*.

280 Kap. XXII. BegrÜDflung der kinetischen Gastheorie.

Bei diesem Prozesse der Herstellung der allgemeinsten Lösung

F* = ^* + W* + X*A H (39)

der Fundamentalgleichung (4) treten in jedes einzelne Glied jedesmal fünf neue willkürliche Funktionen von x, y, z, nämlich die Funktionen (29), (3ö), (38), . . . ein; diese willkürlichen Funktionen erscheinen aber in dem Gesamtausdruck für /•' in der Weise kombiniert, daß derselbe in Wahrheit nur fünf willkürliche Funktionen der Variabein x, y, s enthält.

Um diese wichtige Tatsache einzusehen, bedenken wir, daß (39) eine der Fundamentalgleichung (4) genügende Potenzreihe von A ist derart, daß die Ausdrücke

ft^^F^da =-^^_!^ + J^(')?lf*^« + a/i^'«.Y*^cj + --- (i= 1,2, 3, 4,5)

für t = fff bzw. in die Potenzreihen:

^''•) = ^^' + /) + ^/^« 4- •, 0 = 1, 2, 3, 4, 5)

übergehen, \md daß es nur eine solche Potenzreihe gibt. Wir bestimmen jetzt andererseits nach dem eben dargelegten Verfahren eine der Funda- mentalgleichung (4) genügende Potenzreihe F von X derart, daß wir für die fünf Ausdrücke (29) für t = t^ nicht wie früher f^^^ sondern die Werte lA^'^ und sodann für (35), (38), ... an Stelle g^*\ M'\ . . . jedesmal NuU vorschreiben. Dieser Konstruktion zufolge wird F eine solche Potenz- reihe von A, daß die fünf Ausdrücke jxl^'^'iFdco ebenfalls für t = t^ iden- tisch für alle A in A^'^ übergehen. Folglich ist

F=F*-

wir erkennen also, daß auch F die allgemeinste Potenzreihenlösung der Fundamentalgleichung (4) darstellt, und damit ist unsere Behauptung be- wiesen. Die gefundenen Resultate fassen wir in folgendem Theorem zu- sammen:

In der Mannigfaltigheit aller nach Fotenzen von A fortschreitenden Lösungen der Fundamentalgleichung (4) ist eine Lösung F eindeutig hestijnmt, sobald, man für sie die Werte der fünf Integrale

ßi^Fda, {i = 1, 2, 3, 4, 5) (40)

für t = ^0 als Funktionen von x, y, z vorschreibt etwa gleich A^\

Man erhält diese Lösung durch folgendes Verfahren: zunächst nehme man für 0 den Ausdruck (14) und bestimme darin a, b, u, v, tv als Funk- tionen von X, y, z, t aus den fünf partiellen DiffcrcntialglcicJiungen (27), tcobei man für t = t^ die fünf Infegrahvcrte (29) gleich lA^'^ vorschreibt;

Kap. XXU. Begründung der kinetischen Gastheorie. 2*^ 1

sodann bestimme man diejenige Lösung W^ der linearen Integralgleichung (11), für uelche die fünf Bedingungen (31) erfüllt sind, setze

U) ?if = ?p-o + (D ^cW J/;W 0' = 1; 2, 3, 4, ;■))

und hesiiinme die fünf Funldionen c'-'"> von x, y, s, t aus den fünf linearen partiellen Differentialgleichungen (34), tvohei man für t = tQ die fünf Integral- iverte (35) gleicli Null vorschreibe] endlich bestimme man diejenige Lösung X" der linearen Integralgleichung (12), welche die fünf Bedingungen (36) er- füllt, setze

0)

und bestimme hierin die fünf Fmiktionen c^^'> von x, y, z, t aus den linearen imriiellcn Bifferentialgleichmgen (37), tvobei man wiederum für t = t^ die Integral (certe (38) gleich Null vorschreibe usw. Die Ausdrücke (9) stellen dann die Fundamentalfwiktion F in erster, zweiter, dritter Annäherung usw. dar.

Nach den Ausführungen auf S. 270 ist die Potenzreiheiientwicklung (8) nach X der mathematische Ausdruck für die Stabilität des Bewegungs- zustandes des Gases, und da F den Zustand des Gases für alle Zeit be- stimmt und die Kenntnis der Integralwerte (40) uns gerade die Dichte, Temperatur und Geschwindigkeit des Gases liefert, so entnehmen wir aus dem obigen Theorem das folgende für die Gastheorie grundlegende Resultat.

Der Zustand eines stabilen Gases ist für alle Zeit eindeutig bestimmt, wenn man für dasselbe zur Zeit t = t^ Dichte, Temperatur und Geschivindig- Jceit als Funktionen des Ortes kennt.

Wir haben früher auf S. 270 gesehen, daß bei der Entwicklung nach Potenzen von t Iq die Mannigfaltigkeit der Lösungen F der Fundamental- gleichung (4) eine weit höhere ist, als sie sich jetzt bei der Entwicklung nach Potenzen von X unserem Theorem zufolge herausstellt: damals durfte i*" für t = tQ willkürlich als Funktion von §, ^, ^, x, y, z vorgeschrieben werden, jetzt dagegen, nur die fünf Integralwerte (40) als Funktionen von X, y, z. Es ist also lediglich die Forderung der Stabilität in der von mir aufgestellten Formulierung auf S. 270, die die Mannigfaltigkeit der Lösungen der Fundamentalgleichung (4) so wesentlich einschränkt, daß dadurch eine Gastheorie mög- lich wird. Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen, wie sie zur Begründung der Fundamentalformel selber herangezogen werden, spielen hierbei keine Rolle. Zur weiteren Begründung der Gastheorie haben wir vielmehr nur nötig, die Vorschriften unseres oben aufgestellten Theorems auszuführen; dieses Verfahren bietet keinerlei Schwierigkeit und läßt nirgends einen Zweifel entstehen, welche Glieder bei Berechnung einer bestimmten An- näherung zu berücksichtigen sind. So liefert ohne Zuhilfenahme einer

Math. Monogr. 3: Hubert, lin. Integralgleichungen. 18"

282 Kap. XXII. Begründung der kinetischen Gastheorie.

neuen Annahme beispielsweise die Berechnung der zweiten Annäherung nicht nur den Beweis des zweiten Wärmesatzes und den Boltzmannschen Ausdruck für die Entropie des Gases, sondern auch die Bewegungs- gleichungen mit Berücksichtigung der inneren Reibung und der Wärme- leitung ^)-, dabei erscheinen die Reibungs- und Wärmeleituugskonstanten als Zahlen, die durch Auflösung gewisser Integralgleichungen numerisch zu berechnen sind.

Zum Schlüsse sei noch eines Ergebnisses Erwähnung getan, das ich eben gefunden habe und die elementare Theorie der Strahlung, insbe- sondere den bekannten Kirchhoffschen Satz über das Verhältnis zwischen Emission uud Absorption betrifft. Ich erkannte, daß es wiederum eine gewisse Integralgleichung zweiter Art mit symmetrischem Kern ist, die den Mittelpunkt dieser Theorie bildet, und während bei näherer Prüfung alle bisherigen Beweise des Kirchhoffschen Satzes sich als ungenügend herausstellten, gelingt mittelst jener Integralgleichung dieser Beweis auf Grund der elementaren Definitionen und Begriffe der Strahlungstheorie auf die einfachste und vollständigste Weise ein neues bedeutsames Zeugnis für die weitreichende Kraft, die der Theorie der linearen Integral- gleichungen innewohnt.

1) H. A. Lorentz hat in seinen anregenden uud tiefsinnigen Untersuchungen über Gastheorie das nämliche Ziel verfolgt; er gelangt dort zu einer Gleichung, die die Rolle der Gleichung (11) in meiner Theorie vertritt, und sucht die Eindeutigkeit der Lösung derselben durch Berufung auf einen Satz von Boltzmaun zu beweisen (vgl H. A.. Lorentz, Gesammelte Abhandlungen Bd. I S. 88); diese Schlußweise von H. A. Lorentz ist aber nicht stichhaltig, und auch seine weiteren Entwicklungen daselbst sind, selbst für den einfachsten Fall des einatomigen Gases, mathematisch unbegründet, nicht nur weil sie wesentlich die Tatsache der eindeutigen Bestimmtheit der Lösung benutzen, sondern vor allem auch weil die Existenz einer Lösung für die Lorentzsche Gleichung nicht erwiesen wird und ohne Heranziehung der Theorie der linearen Integralgleichungen auch nicht erwiesen werden kann.

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QA Hubert, David

431 Grundzüge einer allgemeinen

H55 Theorie der linearen

Integralgleichungen PHysical &

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