m \s MEERESKUNDE X AMMLUNG VOLKSTÜMLICHER VORTRÄGE BA ZUM VERSTÄNDNIS DER NATIONALEN BEDEUTUNG VON MEER UND SEEWESEN HEFT 91 DURCH MAGELLAN ERINNERUNGEN VON GUSTAV GOEDEL S.Jahrgang 7. Heft Lb: BERLIN 1914 ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN KÖNIGLICHE HOFBUCHHANDLUNG KOCHSTRASSE 68-71 ^ MEERESKUNDE ^ SAMMLUNG VOLKSTÜMLICHER VORTRÄGE Bisher erschienen folgende Hefte: Zur Einführung, Das Museum für Meereskunde. Von Prof. Dr. A. Penck. Die Meeresräume, ihre Wasserfüllung und ihre Küsten. Flaschenposten, treibende Wracks und andere Triftkörper in ihrer Bedeutung für die Enthüllung der Meeresströmungen. Von Prof. Dr. O. Krümmel. Das Eis des Meeres. Von Dr. L. Mecking. Die deutschen Seeküsten in ihrem Werden und Vergehen. Von Dr. Fr. Solger. Die Küste der englischen Riviera. Von H. Spethmann, Unsere Kalisalzlager, ein Geschenk des Meeres an den deutschen Boden. Von W. Stahlberg. Der Deichschutz an Deutschlands Küsten. Von Dr. Walter Behrmann. Der Golfstrom in seiner historischen, nautischen und klimatischen Bedeutung. Von Dr. Ludwig Mecking. Meer und Küste von Rügen bis Alsen. Von H. Spethmann. Tier- und Pflanzenwelt des Meeres. über marine Sedimente und ihre Benutzung zur Zeitbestimmung. Von Dr. G. Braun. Die Meeressäugetiere. Ihre Stammesgeschichte. Von Prof. O. Abel. Die westindischen Korallenriffe und ihr Tierleben. Von Dr. R. Hartmeyer. Das Reich des Todes im Meer. Von Walter Stahlberg. Tierische Wanderungen im Meere. Von Prof. R. Woltereck. Die Scholle, ein Nutzfisch der deutschen Meere. Von Dr. V. Franz. Gefiederte Bewohner des Meeres. Vögel des Atlantischen Ozeans. Von Dr. K. Wenke. Das schwimmende Leben der Hochsee. Von Dr. G. H. Fowler. Tierisches Licht in der Tiefsee. Von Prof. Dr. E. Mangold. Neue Forschungen über die Biologie der Tiefsee. Von Professor Dr. F. Doflein. Die zoologische Station in Neapel. Von Prof. Dr. Arminv.Tschermak. Geschichte, Entdeckungsgeschichte, Seekriegsgeschichte. Die deutsche Handelsmarine im 19. Jahrhundert. Von Dr. W. Vogel. Die Anfänge der Nordpolarforschung und die Eismeerfahrten Henry Hudsons. Von Dr. P. Dinse. Zeitalter der Entdeckungen und die Beteiligung der Deutschen daran. Von S. Günther. Der Seeraub. Eine geographisch-historische Skizze. Von Dr. P. Dinse. Die Kontinentalsperre in ihrer geschichtlichen Bedeutung. Von Rob. Hoeniger. Nordische Seefahrten im früheren Mittelalter. Von Dr. W. Vogel. Die Abschaffung des britischen Sklavenhandels im Jahre 1806/07. Ein Kapitel aus der britischen Schiffahrtspolitik. Von Dr. Franz Hochstetter, MEERESKUNDE SAMMLUNG VOLKSTÜMLICHER VORTRÄGE ZUM VERSTÄNDNIS DER NATIONALEN BEDEUTUNG VON MEER UND SEEWESEN ACHTER JAHRGANG SIEBENTES HEFT Durch die MagcUanstraßc. Erinnerungen von Gustav Goedel. m Herbst 1913 drückte Präsident Wilson im Weißen Hause in Washington auf einen elek- trischen Knopf und machte damit die Gewässer des Atlantischen und Pazifischen Ozeans ineinander- fließen; denn dieser Druck bedeutete die Vollendung des Panamakanals, Die wird zur Folge haben, daß der natürliche Verbindungsweg zwischen d*en beiden Ozea- nen, die Magellanstraße, wieder in ihre frühere Einsam- keit zurücksinkt und wenig mehr befahren wird. Um so mehr darf eine kurze Beschreibung einer solchen Fahrt auf teilnehmende Leser rechnen, Sie geschah Anfang 1878 auf S, M, Fregatte „Leip- zig", einem Seekadetten-Schulschiff, das auf einer Erd- umseglung begriffen war, jetzt aber den nächsten Zweck hatte, an einer bewaffneten Demonstration gegen Nica- ragua teilzunehmen. Wir verließen Montevideo mitten im Sommer, am 15, Januar 1878, und sichteten nach wenigen Tagen das Jungfrauen-Vorgebirge, das den Eingang zur Magellan- straße bezeichnet. Die Spanier und Portugiesen des Zeitalters der Entdeckungen hatten die Gewohnheit, neu entdeckte Plätze nach den Kalenderheiligen des Entdeckungstages zu benennen. Weil nun Ferdinand Magellan den solange ersehnten und gesuchten Punkt Meereskunde, Vorträge. VIII. Heft 7. 1 2 Meereskunde. endlich am 21, Oktober 1520 erblickte, so nannte er ihn, nach der Tagesheiligen Ursula, die mit ihren Jungfrauen bei der Belagerung von Köln durch die Hunnen den Märtyrertod gestorben sein soll, cabo de las virgines. Als wir das Vorgebirge umschifften und nun Kurs direkt nach Westen nahmen, beschäftigte mich lebhaft der Gedanke an den kühnen Entdecker, der zuerst dieses Weges gekommen ist. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß er ein Mann von germanischer Abstammung war: sein Vorname, sein Familienname, in dem die beiden deutschen Namen Michel und Hans stecken, seine Gesichtszüge, seine Charaktereigentümlichkeiten; auch die Tatsache, daß überhaupt sehr viele tapfere Männer germanischen Blutes an den großen Fahrten jener Zeit teilgenommen haben. Ich halte mich daher für berechtigt, den Namen Magellan, entsprechend der neuhochdeutschen Über- setzung Grotjohann und gemäß den Gesetzen deutscher Betonung, mit dem Ton auf dem ersten a auszusprechen und nicht wie die Südländer auf dem letzten a oder gar wie die Engländer auf dem e. Welche Entschlossenheit, welche Ausdauer, Stand- haftigkeit und Festigkeit mußte ein Mann besitzen, der ein solches Ziel erreichen wollte. Die Verzagten mußte er aufrichten, die Furchtsamen stärken, die Feigen schrecken, allen imponieren. Er hatte viel von der un- verzagten Art, wie sie vor dreihundert Jahren der Ad- miral von Sehestedt beim Deichbau an der Jade be- wiesen hat. Es waren da einmal die Deicharbeiter in den Ausstand getreten und hatten sich drohend zusam- mengerottet. Da trat ihnen der Admiral entgegen, ,,Was wollt ihr? Es trete einer vor und sage, was euer Be- gehr ist!" Ein baumlanger Kerl meldete sich. Den nahm er am Kragen, prügelte ihn kräftig durch und Durch die Magellanstraße. 3 schob ihn beiseite. Dann sprach er zu dem Haufen: „Ist da vielleicht noch einer, der etwas will oder zu sagen hat, der trete vor!" Aber keiner meldete sich, alle wichen zurück und gingen ruhig wieder an ihre Arbeit, Mit solcher Wucht der Persönlichkeit mußte Magellan in kritischen Augenblicken wiederholt auf- treten. Zuletzt verbot er bei Todesstrafe von der Um- kehr zu reden; er selbst werde nicht eher an sie denken, als bis jedes seiner Schiffe jeden seiner Masten zweimal verloren habe. So sind die Männer, die Großes erreichen. Wahr- lich, es ist dem Magellan der Augenblick zu gönnen, in dem er mit klopfendem Herzen dieses Vorgebirge umsegelte. Aber nun wollten seine Leute erst recht heim. Man habe das Gesuchte ja nun gefunden. Er aber hielt es mit dem Wahlspruch Karls V,, der ihn ausgesandt hatte: „Mehr! Weiter!" und ist so der erste geworden, der die Straße, die billig seinen Namen trägt, nicht nur gefunden, sondern auch durchfahren hat. Das war und ist für Segelschiffe keine Kleinigkeit. Namentlich wegen der andauernden starken West- stürme und wegen der reißenden Strömungen, Die Stürme sind oft ,, einfach klotzig", wie der Seemann sagt. Wir haben Sommer und kommen mit Hilfe des Dampfes glatt weiter, in die Possession-Bai hinein, wo wir der Stromverhältnisse wegen über Nacht vor Anker gehen. Da der Strom bis zu 9 Seemeilen in der Stunde laufen kann, so ist es hier nicht nur ratsam, sondern ge- boten, mit dem Strom zu schwimmen, also sich den Gezeiten anzupassen. Es kann trotzdem noch hart genug hergehen. Gerade ein Jahr vorher hatte die Fre- gatte ,,Vineta" auf dieser Strecke vergeblich versucht, gegen den Weststurm anzukommen. Wiewohl sie mit allen Kesseln dampfte, kam sie doch rückwärts statt Meereskunde, Vorträge. VIII. Heft 7. 2 Meereskunde, ''• " J CD O) w CD L. -f-» -f CO a> - c '^^ n OJ ■OüO ; -is Durch die Magellanstraße, 5 vorwärts und mußte schließlich einfach umkehren und hinter dem Jungfrauen-Kap Schutz suchen. Uns gelingt es, bis zur Possession-Bai vorzudringen. Es sieht hier auch noch gar nicht so einsam und öde aus. Die allerdings schon bergige Küste ist noch grün be- wachsen, und die See ist noch reich bevölkert. Der Albatros zieht seine Kreise, der Pinguin widmet sich in unzählbarer Menge auf Sandbänken dem ewig- gleichen Geschäft des Fressens und Verdauens, und der Walfisch ist uns bis hierher als angenehmer Gesell- schafter gefolgt. Er braucht zu seinen Spielen und lustigen Purzelbäumen einen weiten Spielplatz, Den hat er bisher gehabt. Nun wird's enge, da verläßt er uns. Frühmorgens steuern wir geradeswegs auf die erste Enge los. Noch tut sich kein Weg auf, wir sehen nur eine lange großartige Felsenmauer vor uns. Aber was Magellan konnte, können wir erst recht, zumal wir gute Karten und einen tüchtigen Lotsen haben. Es ist eine Durchfahrt da, und wir finden sie, Rechts hohe, steile, nackte Felsen, links desgleichen, dazwischen tiefes, dunkles Wasser, stellenweise so dunkel, daß wir uns nicht wundern, wie die alten Seefahrer auf den Ge- danken an das düstere Schattenreich des Hades gekom- men sind. Es wird einem da so eigentümlich düster und traumartig zumute, daß man sich kaum wundern würde, sich auf einem Böcklinschen Bilde zu sehen, oder wenn Charon mit seinem Boote aus jener düsteren Grotte herauskäme und zum Einsteigen einlüde. Man stelle sich das Bode-Tal zwischen Hexentanzplatz und Roß- trappe in mächtiger Vergrößerung und Verlängerung und Zerklüftung vor, um eine Vorstellung von dieser Durch- fahrt zu gewinnen, ' die manchem seefahrenden Manne nicht zur Durchfahrt werden wollte; er mußte froh sein, T 6 Meereskunde. daß er wieder zurückfand und vor dem wütenden Sturm das offene Meer gewann. „Seemannsfriedhof" nennen die Blaujacken der ganzen Welt diese unholden Regio- nen, und mancher Mutter Sohn hat da sein kühles See- mannsgrab gefunden. Noch vor kurzem ist da ein Schiff aufgefunden worden, das ein Vierteljahrhundert verschollen war. In welchem Zustande! Der Bericht darüber lautet: Wir ruderten um eine Landzunge in eine tief gespaltene Klippenbucht, Vor uns auf dem Wasser sahen wir ein Segelschiff stehen, mit kärglichen Fetzen von Segeltuch an Rahen und Gaffeln, Wir signalisierten. Keine Ant- wort, Wir hielten darauf zu, konnten aber keine Seele an Bord entdecken, Masten und Rahen hatten eine aus- gesprochen grüne Farbe, es war das Grün des Verfalls, des Vermoderns, der Verwesung, Das Schiff lag wie in einer Wiege eingebettet. Der Anblick, der sich den suchenden Augen bot, war schauererregend. Am Steuer- rade lag das Skelett eines Mannes, Beim Lukengang drei weitere. In der Messe wurden die Überbleibsel von zehn Körpern gefunden; sechs andere, davon einer — wahrscheinlich der Kapitän — allein für sich, lagen auf der Brücke, Es herrschte eine geisterhafte Stille an Bord, Einige wenige Überbleibsel und Reste von Büchern wurden in der Kajüte gefunden. Auch ein ver- rostetes Entermesser lag da. Nur mit großer Mühe war der Schiffsname zu entziffern: „Marlborough, Glasgow." Es ist gar nicht auszudenken, was diese Schiffbrüchigen ausgestanden haben, und wie lange sie noch am Leben geblieben sind, denn das große Segelschiff war für die lange Reise von Australien nach England für 37 Men- schen mit Proviant ausgerüstet und hatte eine volle Ladung von gefrorenem Hammelfleisch an Bord. — Unsere „Leipzig" fuhr sicher und stolz zwischen Durch die Magellanstraße, 7 der Enge mit ihren Windungen und Wendungen, Riffen und Klippen, kleinen Inseln und Untiefen hindurch. Wenige Wochen vorher war ihr in einer Sturmnacht im Golf von Biskaya das Ruderreep gebrochen, und sie wurde steuerlos hin und her geworfen, 28 Kleider- schränke der Fähnriche gingen da im Unterrichtsraum spazieren. Jetzt war es still und friedlich. Aber un- heimlich, besonders wegen der reißenden Strömung. Die erste Enge erweitert sich zu einer Bai, die nach dem Könige genannt ist, für den Juan d'Austria 1571 die berühmte Seeschlacht bei Lepanto gewann. Damals wäre der Halbmond leicht aus Europa zu entfernen ge- wesen. Statt dessen fing Philipp II, den 80jährigen Krieg mit den Niederlanden an, der Spanien so herunter und seine Seegeltung in Verfall gebracht hat. — Die Philipps- Bai durchfahren wir wie einen großen Binnensee mit vielen Buchten und Bänken, Im ganzen Umkreis ist nur Land zu sehen. Vor uns hat sich noch kein Tor aufgetan, und das hinter uns, durch das wir gefahren sind, hat sich wieder geschlossen. Da könnte man sagen: wir liegen wie in Abrahams Schoß, wenn die drohenden Sturmböen nicht wären, und wenn nicht der größte Feind des Seemanns — das Land wäre. Und hier hat das Land die steilen schroffen Höhen, von denen häufig und ganz plötzlich furchtbare Wirbelwindstöße, die sogenannten ,,Williwaws", heruntersausen. Wehe dem Segler, der, um schnellere Fahrt zu machen, zuviel Tuch gesetzt hat! — Die erwähnte ,,Vineta" ist von solchen Böen 18 mal in einer Stunde um ihren Anker gewirbelt worden. Und drüben, hinter jenem Felsen- vorsprung, ist's totenwindstill. Die schwedische Fre- gatte „Eugenie" fuhr auf der Flucht vor solchen Willi- waws um eine Ecke : da war es so kalm, daß sie sich von ihren Beibooten auf den Ankerplatz rudern lassen mußte. 8 Meereskunde. Die zweite Enge tut sich vor uns auf, Sie ist kürzer, aber nicht heimlicher als die erste. Wir haben rechts das Festland Patagonien, links das Feuerland, von Ma- gellan so genannt, weil er es für einen südlichen Konti- nent hielt, und weil er auf ihm nachts viele Feuer bren- nen sah. Jetzt wissen wir, daß es Inseln sind, und der Name ist in Feuerlands-Inseln geändert worden. Aber die Feuer brennen noch wie in jener Nacht des 21, Ok- tober 1520, Die vom Festlande auf diese unwirtlichen Inseln verdrängten Pescherähs stehen auf allerniedrig- ster Kulturstufe, können kein Feuer anmachen und müssen daher, wenn ihnen eins durch einen wohltätigen Blitz zuteil wird, es Tag und Nacht brennend erhalten, in ihren Höhlen, ihren Laubhütten, ihren Baumrindenkanus, Von der zweiten Enge an wendet sich das Fahr- wasser ziemlich direkt nach Süden zu. Wir kommen bald rechts an einer größeren Insel vorbei, deren Name Bände redet von der Geschichte der Seefahrt, Sie heißt Elisabeth-Insel, zu Ehren der jungfräulichen Königin von England, die den Dreizack so fest in ihre weiße Hand genommen hat. Der erste Erdumsegler war eins von Magellans Schiffen, die ,, Victoria", Er selbst war aber nicht mehr am Leben, auf den Philippinen hatte sein ans Tollkühne grenzender Kampfesmut ihn um die Frucht seiner Arbeit gebracht. Ein anderer brachte ,,die größte Neuigkeit, seit Gott den ersten Menschen erschuf" nach Madrid und heimste die entsprechenden Ehren ein. — Den zweiten und dritten Erdumsegler hat Elisabeth aus- gesandt, Sir Francis Drake 1577 und Thomas Cavendish 1586, Man sieht, welchen Weg der Stern der Seeherr- schaft nahm. Und der vierte und fünfte waren Hollän- der; man sieht, wie derselbe Krieg, der Spanien arm machte, die Niederländer emporbrachte und zu den kühnsten Seeunternehmungen begeisterte. Der Name Durch die Magellanstraße. 9 des fünften war Georg Spielberg, Mit Stolz und mit Wehmut sagen wir: er war ein Deutscher, Mit Stolz, denn er hat dem deutschen Namen zur See Ehre ge- macht; mit Wehmut, denn er hat nicht unter deutscher Flagge die Erde umsegelt. Es könnte verwunderlich erscheinen, daß zwischen der ersten und zweiten Erdumseglung mehr als 50 Jahre liegen. Das ist nicht zufällig, vielmehr hatten die Spa- nier ein Interesse daran, die Magellanstraße in Ver- gessenheit geraten zu lassen, zu tun, als wäre sie nie entdeckt worden, oder als habe etwa ein Erdbeben den Eingang versperrt. Man fürchtete die Konkurrenz, ja noch Schlimmeres, ,,Goldcastilien", wie die Westküste von Südamerika hieß, war auf dem von Baiboa am 25, September 1513 entdeckten Panamawege, nachdem jenseits der Landenge erst Schiffe gebaut waren, denn doch bequemer, sicherer zu erreichen als durch diese fürchterliche Straße da unten, die zu finden und zu haben und als ,,den spanischen Weg" nach den Moluk- ken zu befahren, nur so lange Sinn und Bedeutung hatte, als man mit Portugal in Feindschaft lebte und ,,den por- tugiesischen Weg" nach den strittigen Inseln nicht fahren durfte. Das hörte bald auf, Portugal wurde sogar selbst spanisch, und man hätte aus Furcht vor den aufkom- menden Engländern gerne die ganze Magellanstraße zu- gesperrt. Die Furcht war nicht unbegründet. Plötzlich erschien Sir Francis Drake, drang mit wunderbarem Mute durch die Straße, gab der Elisabeth-Insel ihren Namen und fuhr, wie der Habicht zwischen die Tauben stößt, mitten unter die Silberschiffe, Unermeßliche Beute nahm er ihnen ab und legte sie, durch die Südsee und ums Kap der Guten Hoffnung fliegend, seiner Köni- gin zu Füßen, Von der Elisabeth-Insel geht's stracks nach Süden 10 Meereskunde. im schönen weiten Fahrwasser der „breiten Strecke", doch nahe der Küste der Braunschweig-Halbinsel, die schönen Schutz gegen die Westwinde gewährt. Es ist daher kein Wunder, daß an dieser Leeküste eine chile- nische Niederlassung, ja man kann sagen eine Stadt ent- standen ist, die südlichste Stadt der Erde, 53° südl. Breite, Sie heißt wegen der Sandbank wie so viele spanische Plätze ähnlicher Lage: Punta Arenas; frei- lich nur eine chilenische Verbrecherkolonie, aber sie wird uns immerhin einige an Bord fehlende Annehmlich- keiten bieten, wenn wir da nun zu Anker gehen. Wir sollten recht enttäuscht werden. Schon vom Schiff aus war, auch als wir näher kamen, kaum etwas von menschlichen Wohnplätzen zu sehen, nur eine Kirche, Wir hatten ja in Montevideo etwas von einer Meuterei gehört, aber so schlimm hatten wir es nicht gedacht. Der ganze Ort war eine Ruine. Der Aufstand war von den Soldaten, die die De- portierten bewachen sollten, aber gemeinschaftliche Sache mit ihnen machten, ausgegangen, Sie behaup- teten, ihre richtige Verpflegung nicht bekommen zu haben, die Offiziere hätten das Geld dafür in die Tasche gesteckt. Anfänglich ging es noch mit einiger Ordnung zu. Als die Meuterer aber erst einen Branntweinladen geplündert und sich betrunken hatten, ging alles in Flammen auf, Sie flüchteten dann vor dem chilenischen Kriegsschiff in die wilden Wälder und sind da, der Indianerpfade unkundig, sicher elend umgekommen. Schließlich fanden wir doch einige Patagonier, denen wir Straußen- und Guanakofelle abkauften. Es waren aber Patagonierinnen; die Männer dazu trauten sich offenbar nicht aus dem Dickicht hervor, wahrscheinlich weil sie wegen der Meuterei oder der Meuterer kein gutes Gewissen hatten. Die Frauen kannten aber auch Durch die Magellanstraße. 11 den Wert des Geldes, wohl auch den Fluch des Geldes; schenken taten sie uns nichts. Mächtige, breite, hohe Gestalten, Schön waren sie nicht. Aber das lag nicht etwa an der rotbraunen Farbe, sondern an den allzu kräftigen, plumpen Ge- sichtszügen, Als ich diese Frauen sah, konnte ich es verstehen, daß die patagonischen Männer einst von den Phot, ür. A. Hartwig. Abbild. 1. Punta Arenas. ersten Besuchern dieser Gegend für gewaltige Riesen ausgegeben worden waren. Die hochgespannten Er- wartungen jener Zeit, die von der wilden Landschaft angeregte Phantasie der Seeleute, ihr Wunsch, denen daheim Spannendes und Aufregendes erzählen zu kön- nen und das Verlangen der Landratten nach Neuem und Außergewöhnlichem erklärt gewisse Übertreibungen ^) Für diese und die anderen beigegebenen Abbildungen hat Herr Dr. A. Hartwig in Berlin-Steglitz in entgegenkommender Weise seine photographischen Aufnahmen zur Verfügung gestellt. Ihm sei auch an dieser Stelle dafür der Dank des Instituts für Meereskunde ausgesprochen. Der Herausgeber. Meereskunde, Vorträge. VIII. Heft 7. 3 12 Meereskunde, hinreichend. Die Einbildungskraft der Zurückgebliebe- nen hat dann noch etwas nachgeholfen, und so ist die berühmte Karte vom Jahre 1640 entstanden, die Män- ner zeigt, neben denen die Bäume wie Topfpflanzen aus- sehen; wir würden uns gar nicht wundern, wenn einer plötzlich solchen Baum ausrisse und seinem Nebenmann um die Ohren schlüge, — Übrigens haben wir einen festen Anhaltspunkt für die Länge jener Riesen, Ma- gellan hatte einen gefangen, der krank war und an Bord starb. Er maß als Leiche elfmal seine eigene Spanne, also sicher mehr als dritthalb Meter, — Da nun unsere zeitgenössischen Patagonier nicht zu uns kamen, machten wir uns auf den Weg zu ihnen. Natürlich bis an die Zähne bewaffnet. Auch gedachten wir dabei einen amerikanischen Löwen, ein Guanako (Lama), einen Kasuar zu erlegen. Aber wir hatten weder mit den Menschen, noch mit den Tieren Glück, Das Urwalddickicht wurde bald für uns undurchdring- lich. Wir mußten froh sein, daß wir überhaupt den Weg zur Küste wieder zurückfanden, — Punta Arenas ist inzwischen wieder aufgebaut und ein ganz verkehrs- reicher Hafen geworden. Ein Blick ins Reichskursbuch zeigt uns, daß die Hamburger ,,Kosmos"-Linie zweimal wöchentlich, die Bremer ,,Roland"-Linie zweimal monat- lich da anläuft, aber, wie gesagt, seitdem Präsident Wilson auf seinen Knopf gedrückt hat, ist es abzu- sehen, daß es damit vorbei ist. Wir gehen Anker auf und setzen unseren Kurs nach Süden fort. Die Strecke heißt die breite: broad reach. Nach einiger Zeit wird sie vorübergehend unübersehbar breit, denn es geht da links in eine weite Bucht hin- ein, von der Magellan wohl denken mochte, sie bilde die Durchfahrt zum jenseitigen Ozean, Er schickte darum eines seiner Schiffe, den ,,San Antonio", ab, die Durch die Magellanstraße. 13 Gelegenheit zu untersuchen. Die fand keinen Ausgang, kehrte um, und zwar, da sie das Geschwader angeblich nicht wiederfinden konnte, gleich so gründlich, daß sie, ehe man sich's versah, wieder in Spanien war und die erste Kunde von dem Erreichten verbreitete. Wir folgen den Spuren Magellans und erreichen Fhot. Dr. A. Hartwig. Abbild. 2. In der Gegend des Hungerhafens. eine Strecke, die uns schon durch ihren Namen eine gewisse Scheu einflößt, Hungerstrecke heißt sie und erzählt uns von langen und schweren Leiden, Der Hunger nach Gold und nach Rache an den Engländern hat 400 Spanier hierhergeführt, und am Hunger nach Brot sind sie elend zugrunde gegangen. Der Einbruch Drakes in ihr Gebiet hatte die Goldkastilianer, ja alle Spanier mächtig aufgeschreckt, Ihr nächster Gedanke war, die schreckliche Straße durch Forts zu sperren. Der Vizekönig schickte von Callao aus einen Unter- st 14 Meereskunde, nehmenden Kapitän namens Sarmiento hin, um womög- lich den Erzpiraten auf seiner Rückkehr in jenen engen Gewässern abzufangen. Er war aber, wie wir wissen, auf einem anderen Wege wieder in sein Land gezogen. Doch hat sich Sarmiento sonst sehr nützlich gemacht. Seine geographischen und kartographischen Arbeiten haben die Kenntnis dieser schwierigen und verworrenen Gebiete mächtig gefördert. Da drüben an der Ostküste der Braunschweig-Halbinsel, da, wohin gerade unser Auge sich richtet, an einer einigermaßen geschützten Stelle suchte er einen Platz aus für ein Fort und für eine zu gründende Stadt, von der er sich eine glänzende Zu- kunft versprach. Er gab dem Ort den Namen seines Königs, fuhr dann nach Spanien und brachte für die Ausführung seines Vorhabens eine gewaltige Flotte zu- sammen, 23 Schiffe, das Gegenstück der Armada, die man damals anfing zu bauen, und mit der sie das gleiche Schicksal erduldete. Mit einem einzigen Schiffe kam er hier, an seinem Ziele, an; die anderen hatte er alle in Sturm und Ungemach eingebüßt. Er baute zunächst ein Fort aus Baumstämmen und Laubhütten für die An- siedler. Die wurden bald von dem grausamen Winter überfallen, froren bis ins Mark ihrer Knochen und hatten nichts zu essen, Sarmiento war freilich ausge- fahren, um Proviant herbeizuholen, gab sich dabei auch alle erdenkliche Mühe, wurde aber von unerhörten Widerwärtigkeiten verfolgt, verlor sein Schiff, geriet in englische, dann in französische Gefangenschaft. Man kann sich denken, wie es inzwischen den hier Zurück- gebliebenen ergangen war. Die Feder sträubt sich, es niederzuschreiben. Die letzten hat man später ver- hungert, in ihre Kleider gehüllt, zwischen Muschel- schalen liegend aufgefunden. Ehe sie starben, hatten sie aber die Kanonen des Forts Philipp vergraben, damit Durch die Magellanstraße. 15 sie den Engländern nicht in die Hände fielen. Welche Seufzer mögen die Felsen da drüben gehört haben von Leuten, die die freundlichen Gestade des Guadalquivir mit diesem düsteren Himmel vertauscht hatten. Vor- über, vorbei! — Wir nahen uns dem südlichsten Punkte der Straße und unserer Fahrt, der Südspitze des südamerikani- schen Festlandes, Sie heißt Kap Froward und trägt den Namen mit Recht, Trotzig ragt die Felsenecke un- mittelbar aus dem tiefen Meer senkrecht und himmel- hoch in die Höhe, Wir können ganz nahe um sie her- umfahren, so tief ist das Wasser, Ist es atlantisches, ist es pazifisches Wasser? Hier eben fließen die beiden Ozeane zusammen. Wir sind an einem der großen Marksteine der Erde angelangt, dergleichen die Säulen des Herkules für die Alten bedeuteten, das Kap der Guten Hoffnung uns trotz Suezkanals noch immer be- deutet. Der hoffnungsfrohe Name des letzteren kommt von den großen Erwartungen, die man daheim an seine Entdeckung knüpfte, die Entdecker selbst, denen da unten die schweren Stürme ums Haupt wehten, hatten es cabo tormentoso, das stürmische Vorgebirge, nennen wollen. Wahrlich, ein solches haben wir auch hier vor uns, wenn auch als das eigentliche Gegenstück zu jenem gewöhnlich das Kap Hoorn angesehen wird, von Män- nern aus Hoorn in Holland jetzt vor 300 Jahren zuerst umschifft. Man sieht, wie der Gang, den die Seeherr- schaft in Europa genommen hat, sich in den fernsten Meeren widerspiegelt. Wir haben die steile Felswand des Kap Froward rechts; links tut sich uns eine besonders großartige, reich gegliederte Landschaft auf: Inseln, Buchten, Engen, Klippen, Höhen, aufgerollte Landzungen, zerstückeltes Gestein, Es ist, als ob ein gigantisches Weltgewittcr 16 Meereskunde. durch einen mächtigen Blitz einen Teil der Cordilleren abgesprengt, zersplittert und durcheinander gewirbelt hätte, so sind die einzelnen Teile wild durcheinander geworfen, gegeneinander gezwängt, übereinander ge- türmt, ineinander geschachtelt. Aber alles wird über- ragt von dem 7330 Fuß hohen Sarmiento; auch jetzt im Phot. Dr. A. Hartwig. Abbild. 3. Kap Froward, von Osten gesehen. Sommer schneebedeckt, hochragend, glockenförmig. Um dieser Form willen hieß er anfänglich, weil einer aus Flandern namens Roldan ihm zuerst seine Aufmerk- samkeit widmete, la campana de Roldan, Roidans- glocke, Er war von der Magellanschen Expedition, be- fand sich auch unter denen, die auf der ,, Victoria" heim- gekehrt sind, und wir hätten es unserem halben Lands- mann gegönnt, wenn dieser mächtige Bergriese der Welt "seinen Namen dauernd ins Gedächtnis gerufen hätte. Aber Sarmiento klingt ja auch nicht übel. Durch die Magellanstraße. 17 Nachdem wir um die Amerikaecke, wie man nach Analogie von ,,Hoek (Ecke) van Holland" sagen kann, herum sind, fahren wir wieder aufwärts, mit nordwest- lichem Kurs, und fangen an, der Südsee zuzusteuern. Es geht zwar im ganzen von hier ab immer in der gleichen Richtung weiter, im einzelnen aber macht das enge, felsenumlagerte Fahrwasser mit den vielen Inseln h-hot. Ur. A. Hartwig. Abbild, 4. Kap Froward, von Süden gesehen. und Inselchen viel Ausweichen, also viel Vorsicht nötig. Kommen wir doch bald an eine Strecke, die den ver- heißungsvollen Namen ,,die krumme" führt. Doch vor- her dürfen wir noch einmal vor Anker gehen, und zwar in einem richtigen, nach Westen zu geschützten Hafen, der auf der englischen Seekarte Port Gallant heißt und hinter dem Kap Gallant gelegen ist. Es ist uns auch etwas Stille und Ruhe zu gönnen, denn seitdem wir das Kap Froward umschifft haben, zeigte uns der Nordwest- sturm mit aller Macht, was er kann. Er blies uns direkt entgegen, ,,in die Nase", sagt der Seemann, und trieb uns soviel Schaum und Gischt und Sprühregen ins Ge- 18 Meereskunde, sieht, daß, wenn man mit der Zunge die Lippen be- rührte, diese ganz salzig schmeckten, nach richtigem Kochsalz, Chlornatrium nennen's die Gelehrten, aber woher das Meer zu seinem Kochsalzgehalt kommt, wissen sie uns noch immer nicht zu sagen. Wir lassen es also dahingestellt sein und atmen die salzhaltige Luft mit dem angenehmen Bewußtsein ein, daß Ostende, Scheveningen, Helgoland, Sylt e tutti quanti uns darum beneiden könnten. Unserem Ankerplatz gegenüber liegt eine Gruppe zahlreicher Inseln, die Karls-Inseln heißen, sei es nach dem hingerichteten Bruder der Winterkönigin, sei es nach ihrem ,, Hammelfleisch essenden" Neffen, Nicht weit davon ist sogar ihr seefahrender Sohn durch den Namen Ruperts-Insel verewigt, Prinz Ruprecht von der Pfalz hatte in zorniger Übereilung einen Schwur getan, nie wieder seiner Väter Schloß zu Heidelberg zu betreten, da fiel ihm die undankbare Aufgabe zu, als Admiral unstät und flüchtig die Sache seines Oheims und seines Vetters zu Lande und zu Wasser zu führen und zu verfechten. Die schöne Prinz-Ruperts-Bai auf Dominica führt auch seinen Namen, Port Gallant zeigt uns eine postalische Merk- würdigkeit, einen Briefkasten, der mit keinem Postamt etwas zu tun hat und nur der Diskretion des Publikums, d, h, der hier ankernden Schiffe vertraut ist. Er hängt an einer weithin sichtbaren Felsenecke, Wer Briefe ihm einverleibt, sieht erst zu, ob nicht welche von anderen Schiffen drin sind, die er am Orte seiner Be- stimmung bestellen oder aufgeben könnte. Aus den Schiffsnamen, die da angebracht waren, konnte man sehen, wie gering zu jener Zeit doch eigentlich der Schiffsverkehr durch die Straße war. Um so über- raschender war eine Begegnung, die das Jahr zuvor Durch die Magellanstraße. 19 hier stattfand. Die bereits erwähnte deutsche Fregatte „Vineta" lag hier vor Anker, Da kam ein großes Schiff mit vollen Segeln vor dem Winde heran, das sich als die deutsche Fregatte ,, Gazelle" herausstellte, die unter dem Kommando des Kapitäns z. S. Frhrn. v, Schlei- n i t z eine meereswissenschaftliche Reise in die Südsee gemacht hatte und nun auf dem Heimwege war. Da konnten die Briefe an Muttern, die die von der ,, Vineta" jenem Kasten anvertraut hatten, bald besorgt werden. Wir bekommen hier aber ebenfalls Besuch, Da drüben lösen sich von einer kleinen Insel einige Boote los und kommen auf uns zu. Höchst primitive Baum- rindenkanus, aber regelrecht von geübter Hand frei- händig gerudert, also eigentlich ,, gepaddelt". Die Hand entpuppt sich beim Näherkommen als eine Frauenhand, Die Frauen taten die Arbeit, und die Männer saßen mit hochgezogenen Beinen im Bug, Man sieht sofort, wer hier der Herr der Schöpfung ist; Naturbursche von der Fußsohle bis zum ewig ungekämmten Scheitel, Wir haben es mit richtigen Feuerländern, Pescherähs, zu tun, an deren näherer Bekanntschaft uns gelegen ist. Wir laden sie durch Zuwinken ein, sich mit ihren Kanus längsseit des Schiffes zu legen und herauf an Deck zu kommen. Sie verstehen uns auch schnell genug, und die Frauen erhalten die nötige Weisung, besser: den entsprechenden Befehl. Die Männer kommen an Bord, die Frauen halten derweilen die Boote unten an der Bordwand fest, stillen die Kinder und unterhalten das Feuer, das sie auch im Boot auf einer Sandunterlage mit sich führen, — Unter Mittelgröße, von schmutzig-brauner Hautfarbe, langen Armen, vom vielen Hocken zusammengeknickten, ein- wärts gestellten Beinen und Füßen, strähnigem, schwar- zem Haar, rundem, unschönem Gesicht, breiten Backen- 20 Meereskunde. knochen, bartlos, in minimaler Kleidung, bestehend aus unsauberem Lendenschurz und nicht viel reinlicherem Seehundsfell über der Schulter, aber nicht ohne einige Intelligenz im Ausdruck, so stehen unsere neuen Freunde vor uns an Deck, Große Augen machen sie jetzt, man sieht ihnen aber an, daß sie für gewöhnlich klein und halb geschlossen sind. Mit kindlicher Neugier lassen sie sie überall umherwandern. Es gibt hier ja auch soviel Neues, Unerhörtes zu sehen. Besonders die Schiffsdampfmaschine hat es den großen Kindern an- getan und fesselt sie, daß sie immer wieder zu ihr zu- rückkehren, Sie blitzt ja auch so schön blank. Aber das größere und wichtigere Wunder ist ihnen doch ein schwedisches Streichholz. Man denke: Leute, die kein Feuer anmachen können, sehen plötzlich ein solch kleines Holz aus sich selbst heraus lichterloh brennen! Wir schenken ihnen eine Schachtel und machen sie stolz und glücklich. Alles andere, was man ihnen scherzeshalber gab: ein alter Zylinderhut von der Linientaufe her, ein Papierkragen, ein Paar alte, weiße Zwirnhandschuhe, diente zur Befriedigung eines schnell angelernten Luxusbedürfnisses, aber die kleinen Schwe- den versprachen auf lange Zeit hinaus die bequemste Befriedigung eines Naturbedürfnisses, Aber das ist der Fluch der Kultur: sie weckt immer neue Bedürfnisse. Hatte der Wilde erst eine Schachtel Streichhölzer, so mußte er auch eine Hose haben, in deren Tasche er sie stecken konnte. Er bekam sie auch, und wiewohl er so gar nicht ,, dabei hergekommen" war, kam er doch einigermaßen damit zurecht, als er sie kurzer Hand ihrer Bestimmung zuführte. Hartbrot nahmen sie ebenfalls mit Freuden, wenn auch nicht mit Dank an und ließen sich's auf der Stelle schmecken. Zu ihrer Ehre muß aber gesagt werden, Durch die Magellanstraße. 21 daß sie Altruismus genug hatten, auch an die in den Booten Zurückgelassenen zu denken und große Stücke hinabzuwerfen, und zwar, noch ehe der eigene Hunger gestillt war; woran sich mancher Alkoholiker daheim, der Weib und Kind darben läßt, um seinem Laster zu frönen, ein Beispiel nehmen könnte. Ich sah eine Frau ein Stück geschickt auffangen, in den Mund stecken, tüchtig kauen und es dann so zubereitet ihrem Kinde ins Mäulchen schieben. Die ließ sich jedenfalls von ihrem Manne nicht in den Schatten stellen. Mütterliche Fürsorge feiert in der ganzen Welt, auch bei den ge- ringsten und niedrigsten Frauen, ihre Triumphe, Inzwischen entwickelte sich auf dem Achterdeck der ,, Leipzig" ein bewegtes Bild, allzu bewegt für das, was der Assistenzarzt mit unseren Gästen vorhatte. Es kam damals gerade die Liebhaber-Photographie auf, noch nicht mit Momentaufnahme, sondern mit langer Belichtung, Die Pescherähs sollten demgemäß eine Gruppe, eine stillhaltende Gruppe bilden. Dazu waren sie aber sehr schwer zu bewegen, schon weil ihnen nicht verständlich zu machen war, was der Zweck dieser umständlichen Übung wäre. So dauerten die Vorbereitungen ziemlich lange. Einer, der schon saß, verfiel auf den Zeitvertreib, den die Butjer am Kieler Hafen und sonstige Bollwerksbrüder auch üben, indem sie je und dann ins Wasser spucken. Nur daß hier eine Decksplanke bedacht wurde. Ich nahm mir den Mann ernstlich vor, deutete auf ihn, deutete auf das corpus delicti und führte dem Missetäter unmißverständlich zu Gemüte, daß auf S. M, S. Achterdeck so etwas unerhört wäre. Er war auch ganz gut von Begriff, sah mich ver- ständnisvoll an, bückte sich und redressierte die Sache in des Wortes wörtlichster Bedeutung, Der Schaden war jedenfalls gründlich gebessert, 22 Meereskunde. und nun konnte auch die Aufnahme vor sich gehen; der Doktor knipste mit wichtigem Gesicht und zählte bis 20. Als aber der angehende Liebhaber - Photograph seine Leistung besehen wollte, stellte sich heraus, daß er die Platte vergessen hatte einzuschieben. Zum zweiten Male waren die Herren nicht wieder für die Mahnung: ,,Nun bitte recht freundlich!" zu haben und mußten daher unverewigt bleiben, Mit einem unserer Gäste hatte ich noch ein Er- lebnis von religionswissenschaftlicher Bedeutung und Wichtigkeit, Ich trug an der Uhrkette einen goldenen Bleistift, Den sah er sich lange sinnend und fragend an. Offenbar beschäftigte es ihn, was das für ein Ding sei, das dieses Bleichgesicht an so hervorragender, aus- gezeichneter Stelle an seinem Leibe mit sich herum- trage; es müsse jedenfalls etwas sehr Wichtiges vor- stellen. Endlich kam ihm ein erleuchtender Gedanke, Er deutete lebhaft erst auf den Bleistift, dann auf mich, legte dann die beiden Handflächen aneinander, reckte die Arme gen Himmel, hob das Angesicht empor, knickte mit den Beinen ein — kurz, er machte die Ge- bärden andächtiger Verehrung, Das sollte offenbar be- deuten: ich weiß jetzt. Was du da hast, es ist dein Gott, dein Fetisch, den du anbetest. Hochbedeutsam, Ich hatte also das Glück, festzustellen, was Darwin, der hier lange zu Forschungszwecken geweilt hat, nicht finden konnte, daß selbst diese allerniedrigsten und un- kultiviertesten Menschen doch noch eine Ahnung von Religion haben; zwar eine schwache und mangelhafte Vorstellung von einem höheren Wesen, aber doch eine Vorstellung, einen gewissen Begriff von etwas Über- natürlichem, Verehrungswürdigem, wenn auch die Missionare sagen, ein Wort für Gott nicht bei ihnen gefunden zu haben. Wir verdanken ihnen aber einige Durch die Magellanstraße. 23 Angaben über die wahrscheinliche Zahl der Bevölke- rung der Feuerlands-Inseln, Danach zerfällt sie in drei Stämme, von denen die Yagha 3000, die Alukulu 4000 und die Ona 2000 Köpfe zählen, Sie befehden sich untereinander, ganz wie die großen Vettern auf der anderen Seite der Straße, und reiben sich gegenseitig auf, zumal sie einer ausgedehnten Blutrache dienen. In absehbarer Zeit wird man vergeblich nach ihnen suchen, Sie wohnen in Höhlen, waschen sich nie, schmieren sich zum Schutz vor der grimmigsten Kälte mit Fett und Tran ein und sollen, was wir nicht so genau feststellen mochten, sehr unter Ungeziefer leiden. Ein kümmer- liches Geschlecht, das sich notdürftig von Wurzeln und Fischen nährt, übrigens auch Menschenfleisch nicht ver- schmäht, ,,so man hat". Ja, es muß leider gesagt werden, unsere Freunde essen sogar ihre eigenen Eltern auf. Man hatte sich schon immer gewundert, stets nur verhältnismäßig junge Leute hier zu Gesicht zu bekom- men, nie ältere. Das hat sich traurig genug dahin auf- geklärt, daß Vater und Mutter, ehe sie ganz alt und mager werden und keine Wurzeln mehr graben, keine Fische mehr fangen können, den Kindern zur Speise dienen müssen, Darwin sagte einem auf den Kopf zu, er halte mehr von seinem Hunde als von seiner Mutter. Der leugnete das auch gar nicht, sondern meinte in nackter Interessenpolitik: „Mein Hund fängt mir Fisch- ottern zum Essen, das kann meine Mutter nicht," Ge- mütsmensch! Natürlich hatten unsere Gäste die selbst für manchen Kulturmenschen schwere Kunst nicht gelernt, die rechte Zeit zum Aufbruch zu erkennen und den „Dreh" dazu zu finden. Wir mußten also mit der Ver- abschiedung ziemlich deutlich werden, Sie nahmen das 24 Meereskunde. aber nicht übel, warfen noch einen letzten Blick in den Maschinenraum durch das Deckslicht und zogen hoch- beglückt und mit fremden, für sie sehr überflüssigen Schätzen reich beladen von dannen, schon auf der Fall- reepstreppe sich ihren Frauen in der feinen Auf- machung selbstgefällig präsentierend. Wir verfolgten mit den Gläsern ihre Rückfahrt und Landung, Sie vollzog sich, wie nach der uns bekannt gewordenen Stellung der Frau zu erwarten war. Die Frauen ruderten wieder allein, setzten die Männer trockenen Fußes an Land, fuhren dann eine Strecke zurück, verankerten das Boot mit einem Stein und wateten dann mit Kind und Feuer durchs Wasser. Der Stein, mit dem die Frauen ihre Kanus ver- ankerten, erinnert uns lebhaft an die Zeit, da die Römer den angeblich von den Tyrrheniern erfundenen, in Wirklichkeit von den Griechen stammenden Anker noch nicht nach Deutschland gebracht hatten. Da sagten unsere Väter anstatt Anker senchil und senchil- stein, Senkstein, und legten, genau wie diese Frauen hier, ihr Fahrzeug fest, indem sie ein Tau um einen Stein banden und diesen auf den Grund senkten. Am Sockel des Kaiser- Wilhelm-Denkmals bei Holtenau sieht man ein Wikingerschiff, das einen solchen Stein als Anker am Bug hängen hat, er ist aber künstlich durchbohrt und das Ankertau durch das Loch gezogen. Also schon ein Fortschritt, Man kann aber auch heute noch an deutschen Küsten zuweilen in einfachen Ver- hältnissen genau das Verfahren dieser Wilden beob- achten. Ehe wir von ihnen für immer Abschied nehmen, wollen wir der Gerechtigkeit und der Wahrheit die Ehre geben und noch von einem überraschenden Zug ihrer Höflichkeit erzählen. Als wir ihnen am Nachmittag Durch die Magellanstraße. 25 unseren Gegenbesuch auf ihrer Wigwaminsel machten, empfingen sie uns mit deutlichen Zeichen der Freude, und da einer von uns sich eine Zigarre anzustecken anschickte, sprang der mit der Hose zu, fuhr in die Tasche, holte die schwedische Schachtel heraus, strich ein Holz an und überreichte es brennend und mit Grazie dem, der rauchen wollte. Da mußte ich wieder an Dar- win denken und begriff, wie er unaufhörlich überrascht wurde von kleinen Charakterzügen dieser Leute, welche ihm zeigten, wie ähnlich ihre geistigen Eigenschaften den unseren sind. Es stiegen sogar leise Zweifel in mir auf, ob mein Freund bei uns zu Hause in ähnlicher Lage so prompte Bedienung gefunden hätte. Und auch Fitzroy kam mir nicht mehr allzu gutgläubig vor, der den Pescherähs den Glauben an eine gerechte Gottheit zuschreibt, die Unheil sendet als Strafe für begangene Verbrechen, Ja, bei näherem Nachdenken kam es mir vor, daß das Unvermögen, Feuer anzumachen, vielleicht ^ar nicht auf Mangel an Intelligenz beruhe. Unsere Freunde wären gewiß klug genug gewesen, auch einen Feuerbohrer, dieses erste Siegeszeichen der Zivilisation, zu erfinden, so gut wie andere Naturvölker, aber der Vorteil wäre doch an der hohen Dampfsättigung der Luft, an der ewigen Feuchtigkeit des Holzes gescheitert. Arme Hyperboräer! Die Bezeichnung ist zwar ziemlich kühn, weil es für sie über den Boreas hinaus nur besser, heller und wärmer werden kann, aber so gut man auf dem Vogelsberg sagt: Der Nordwind bläst aus allen vier Himmelsrichtungen, so gut und noch besser kann es auch in der Magellanstraße gesagt werden. Und wenn die Chinesen als Söhne der Mitte und der Sonne uns Europäer in übel angebrachtem Mitleid über die Achsel ansehen, weil wir fern am verlorenen Ende der Welt wohnen, wo man die Sonne kaum kennt, so 26 Meereskunde. müssen wir in Wahrheit Mitleiden haben mit diesen sonnenlosen, lichtarmen, in dauernder Dämmerung woh- nenden, von dichten Nebeln umfluteten, von trüben Wolken umschatteten Brüdern, Unsere Nordseekriegs- hafenstadt, die neuerdings so sehr in Schwung gekom- men ist, hat wenig landschaftliche Reize, Wenn dar- über von den dahin Kommandierten geklagt wird, dann streichen die Eingeborenen den weiten Blick, die grünen Marschwiesen und den goldenen Reifen, wie sie den Deich nennen, mächtig heraus; zum Schluß heißt es stets — ■ die Wendung ist schon formelhaft geworden — ,,und dann die Wolkenbildung!" — Wenn es auf die ankommt, damit ist man hier unten reichlich bedacht, und oft genug hängt einem diese Bildung dicht über dem Haupte; schwer und trübe. Jetzt, im Sommer, mag es noch gehen, wiewohl die Sonne sich auch recht rar macht, aber wehe den Armen, denen alles ringsumher in eisiger Winterkälte erstarrt und dauernd im Düsteren versinkt. Als Magellan auf seiner Entdeckungsfahrt zu Anfang des Winters 1520, es war am 31, März, auf 51° südl, Br. die St, Julians-Bai fand, beschloß er da zu überwintern. Seine Leute wollten aber nun endlich heim, Sie hätten jetzt das Menschenmögliche getan, mehr könne der König nicht von ihnen verlangen, das Land ginge offenbar nun so in gerader Richtung weiter bis zum Südpol, man spüre seine Nähe wahrlich schon deutlich genug an den Stürmen und der Kälte, Magellan mußte ihnen zu- gestehen, der Winter sei ,, etwas rauh", aber es müsse durchgebissen werden. Etwas rauh, ja, das können wir uns denken, erst recht noch einige Grad weiter südlich in der Straße und zwischen den unzähligen Inseln; rauh und sehr trübe. So empfand ihn auch der englische Kapitän Fitz- Durch die Magellanstraße. 27 r o y , der hier mit seinem Schiffe jahrelang aushalten und vermessen mußte. Wir begreifen, daß es ihm schließlich zuviel des Trüben ward, so daß er in Schwermut fiel und auf Selbstmordgedanken kam. Er hat sich aber den Dank der ganzen seefahrenden und wissenschaftlichen Welt verdient. Als Europa sich Na- poleons entledigt und die ,, Bellerophon" ihn nach St, Helena gebracht hatte, konnte man sich wieder an friedliche Unternehmungen machen, ,,Es wurde in der Mitte der zwanziger Jahre eine ganz eingehende und umfassende Untersuchung der Küste Patagoniens, der Magellanstraße und des Feuerlandes angeordnet und von den ausgezeichneten Marine-Kapitänen P, P, King und R. Fitzroy in Begleitung des großen Naturforschers Darwin innerhalb zehn Jahren ausgeführt," Die Schiffe hießen ,,Adventure" und „Beagle", ,,King und Fitzroy besegelten und durchforschten sämtliche Küsten, Meeresarme, Kanäle und Inseln der Südspitze Amerikas und bestimmten ihre Gestaltung und geo- graphische Breite und Länge, welch letztere bei den früheren Expeditionen noch immer mehr oder weniger geschwankt hatte, Sie brachten die Südspitze Ameri- kas erst in ihre richtige Position und Weltlage, Sie be- richtigten und vervollständigten die Entdeckungen Sar- mientos in den Archipelen und Insel-Labyrinthen der Westküste, wo sie alte Namen wieder aufleben ließen und neue erteilten," Wer ihre prachtvollen Seekarten mit einiger Aufmerksamkeit betrachtet, erkennt bald, woher sie die neuen Namen genommen, und daß sie dabei auch sich selbst nicht vergessen haben. Und wer die vielen tausend in die See eingezeichneten Zahlen sieht und bedenkt, daß jede einzelne eine gemessene Tiefe, also eine mühsame Lotung bedeutet, der nimmt den Hut ab vor solcher Arbeitsleistung. — 28 Meereskunde. Früh am Morgen müssen wir Anker auf, denn wir müssen heute noch bis in die Südsee. Zunächst freilich durchfahren wir wieder mehrere Engen, die zwar offi- ziell nicht so heißen, aber doch eng genug sind. Es wird auch wieder einsam, düster, schroff, drohend, schauerlich. Es ist eben nicht die liebe, heimliche Ein- samkeit und feierliche Kirchenstille des deutschen Wal- des, in dem hier ein Vogel singt, da eine Blume blüht und dort droben einsam Rehe grasen, sondern Felsen- wüste, vom Heulen und Pfeifen des Sturmes erfüllt; nicht das so wohltuende Alleinsein in einem der lieb- lichen Seitentäler des Rheins empfindet man hier, son- dern so etwas wie die Verlassenheit unter vielen Tausenden von Menschen auf der Friedrichstraße, wo einer an dem anderen sich kalt und fremd vorüber- drängt und nichts nach seinem Schmerze fragt. Felsen ringsum, nichts als Felsen, oft scheinbar ohne Ausweg. Der schöne, breite, der sich da drüben rechts auftut, ist keiner, der führt in das Otway-Gewässer, das die Braunschweig-Halbinsel zur Halbinsel macht, aber, wie ein Blick auf die erwähnte Karte zeigt, nirgends einen Ausgang hat. Also weiter den schmalen Weg vor uns. Nur mit verhaltenem Atem kann ich daran denken, was sich uns auf ihm für herrliche Naturschönheiten ent- schleiern werden. Als die Uhr etwa acht war, wichen die Wolken vor der Morgensonne zurück, und sie kam in strahlender Schönheit hinter uns her. Freiligrath läßt den aus Italien Zurückkehrenden singen: ,,Als ich sah die Alpen wieder glüh'n hell in der Morgensonne", und was glänzt und gleißt und glitzert in ihr dort drüben auf der Höhe? Was strahlt und scheint und leuchtet? Gewaltige Gletscher! Von der Sonne nicht nur be-, sondern durchleuchtete, durchdrungene und das Son- nenlicht wieder von sich ausgehen lassende Gletscher. Durch die Magellanstraße, 29 Wir sehen es mit bloßem Auge, es ist ja ganz nahe, uns gerade gegenüber: was die Berge bedeckt, ist hier nicht, wie so vielfach bisher, ewiger Schnee, sondern richtiger Gletscher, Die Seekarte verzeichnet an mehreren Stellen nur einfach das Wort, Aber was bedeutet es uns, die wir des Anblickes der Sache gewürdigt sind! Von der lichten Höhe ziehen sich zahlreiche mit Glet- ^ !)r. A. Hartwig. Abbild. 5. Glacierbay an der Südwestküste der Cordova- halbinsel. Die Kosmosdampfer laufen hier regelmäßig an, um Eis zu nehmen. schereis ausgefüllte Vertiefungen herab ins tiefdunkle Wasser, Und damit wir auch ja recht lebhaft an die Alpen erinnert werden, stürzen sich Gießbäche von der Sommersonne geschmolzenen Schneewassers weiß- schäumend von schwindelnder Höhe in weitem Bogen herab in unser Fahrwasser, Unser Kommandant, der nachmalige Admiral Paschen, hatte, wie in seinem Buche ,,Aus der Werdezeit zweier Marinen" zu lesen ist, 1864 bei Helgo- land und 1866 bei Lissa m.itten im Kugelregen seinen 30 Meereskunde, Mann gestanden, war wetterhart und feuerfest und hielt sich mit Sentimentalitäten nicht auf, aber hier brach er doch plötzlich auf der Kommandobrücke laut in die Worte aus: ,,Nein, ist das schön!", als wollte er die ganze ihm unterstellte Schiffsbesatzung auffordern, sich auch an diesem Anblick zu freuen. Dabei sah er sich um, zu sehen, ob auch recht viele es mit ihm täten. Er war aber mit ihrer Zahl nicht zufrieden und ließ dann im Kommandoton die Frage laut werden: ,,Wo sind denn die Seekadetten?!" Ja, wo waren die? Sie saßen in ihrer Messe beim Frühstück, Das ist einem richtigen Seekadetten recht wichtig, wichtiger als Alpenglühen und Gletscherleuch- ten, Der Sinn für Naturschönheit muß auch geweckt und gepflegt werden, und von dem Alter eines solchen Jünglings kann man kaum das Vergessen eines Früh- stücks einer schönen Aussicht zuliebe erwarten. Was soll man aber von den Männern sagen, die ich als Welt- reisende in der japanischen Inlandsee, einer der schön- sten Gegenden der Erde, getroffen habe, und die auch da nichts Höheres und Besseres wußten als ihren Dauer- skat? Und selbst, während ihr Schiff durch die wunder- schöne Straße von Shimonoseki fuhr, saßen sie unten in der Kajüte und droschen ihren Skat weiter. Auf solche paßt, was der fleißige Verfasser der ,,Cosmo- graphey", Sebastian Münster, in seiner Vorrede schreibt: ,,Ich darff sagen, daß ein wohlbeleßner unn verstendiger Mann etwann mehr weiß zu sagen von einem frembden Land, darin er doch nit kommen ist mit seinem Leib, denn mancher grober Mensch, der gleichwol solches Land durchwandlet hat, aber keines Dinges acht gehabt," — Was aber unsere Seekadetten betrifft, so mußten sie nun auf Befehl des Kommandan- ten an Deck kommen und die Aussicht genießen. Und Durch die Magellanstraße, 31 dann ward ihnen aufgegeben, von nun an Zeichnungen sehenswerter Punkte anzufertigen; Vertonungen sagt der Seemann, Auf den Karten der Magellanstraße sind, wie oft auf Seekarten, am Rande oder wo gerade Raum ist, zahlreiche Bilder von markanten Küstenstrecken zu sehen, die man leicht erkennen, nach denen man sich als Landmarken beim Absetzen des Kurses richten kann. Kirchtürme und Windmühlen, die auf den heimischen Karten so beliebt sind, gibts hier unten freilich nicht, dafür aber auffallende Felsenbildungen genug. Tonen ist ein gemein-niederdeutsches Wort, das Zeigen be- deutet; Tonbank ist der Ladentisch, auf dem die Waren gezeigt werden. Eine Vertonung ist also eine Zeich- nung, die die Landmarke zeigt. ^) So mußten sich nun die Gletscher auch von solchen Händen vertonen lassen, denen Albrecht Dürers Gabe nicht eigen war. Es ist aber auch für solche ein Vorteil dabei: sie sehen sich die zu zeichnenden Objekte ge- nauer an und prägen sie sich fester ein. Letzteres habe ich für mein Teil so gründlich getan, daß das Bild der bestrahlten und strahlenden Eisfelder mir immer wieder vor die Seele tritt. In Griechenland ging eine Sage, wer einmal den olympischen Zeus des Phidias gesehen habe, der könne nie in seinem Leben ganz unglücklich werden; er nehme von diesem wunderbaren Kunstwerk, darstellend den Vater der Götter und Menschen, wie er segnend die Hände über sein geliebtes Hellas aus- ^) Vgl, Gustav Goedel, „Etymologisches Wörterbuch der deutschen Seemannssprache", Kiel 1902, Beiläufig sei bemerkt, daß neuerdings die Musiker das Wort unserer Seemannssprache ausspannen und für „in Musik setzen" gebrauchen wollen, aber das brauchen wir uns nicht gefallen zu lassen, wir hatten es eher und wollen es besetzt halten; vertonen für komponieren ist übrigens auch falsch, es müßte, so wie bei den Malern tönen, vertonen heißen. 32 M kund« eereskunüe. breitete, in seiner Seele ein Bild mit hinweg, das ihm immerdar erhebend und tröstend vorschwebe. Ich lernte etwas von dieser Sage verstehen und verstehe sie immer besser, so oft ich an diese hehre Schönheit zurückdenke. Bald geht es nun stracks auf die Südsee los. Schon i'hot. Dr. A. Hartwig. Abbild. 6. Im westlichen Ausgang der Magellanstraße. haben wir auch wieder Gesellschaft; stumme, aber fröh- liche, Walfische begleiten uns wieder; keine atlanti- schen, es sind pazifische, die uns entgegenkommen und willkommen heißen. Wir necken unsere jungen japani- schen Seeoffiziere, daß ihr Gruß besonders ihnen gelte als Anwohnern ihres Ozeans, wenn auch am jenseitigen Ende. Daß ich von diesen unseren Japanern noch ein Wort sage, so waren es ihrer acht, die sich bei uns im Seemännischen belernen wollten, Japan fing damals gerade an, die Folgerungen aus seiner insularen Lage Durch die Magellanstraße, 33 ZU ziehen und sich eine Marine zu schaffen. Daß die acht Offiziere, die wir an Bord hatten, vor die rechte Schmiede gekommen waren, kann man daraus erken- nen, daß im russisch-japanischen Kriege der eine an der Seeschlacht bei Fushima als Vize-Admiral hervor- ragenden, ja entscheidenden Anteil genommen hat, wäh- Fhot. Dr. A. Hartwig. Abbild. 7. Am Westeingang der Magellanstraße. rend ein anderer während jenes Krieges Marineminister war und jetzt Reichskanzler ist. Nun fängt rechts die Küste an zurückzutreten, die Straße erweitert sich, der Weg wird frei. Zwar haben wir links noch hohe Felsenküste in weiter Ausdehnung, aber da drüben, da vorne erglänzt das Meer weit hin- aus. Beachten wir dieses Glänzen- Das Wort Meer ist ein gemein-germanisches, dessen älteste Form mari ist. Leute, die offenbar das Meer nicht kennen und nicht lieben, haben behauptet, dieses mari sei aus der 34 Meereskunde. Wurzel mar (sterben) entsprossen, also mit morior und Mord verwandt; das Meer sei ja auch im Gegensatz zum Festlande mit seinem reichen Leben, Grünen, Blühen und Fruchtbringen, tot. Das ist aber einfach nicht wahr. Das Meer ist vielmehr des reichsten Lebens voll, wie schon der 104. Psalm sagt: „Das Meer, das so groß und weit ist, da wimmelt es ohne Zahl," Und, wie gesagt, das Meer ist die Mutter alles Lebens und alles Lebendigen, auch auf dem festen Lande, Mit dem Mord ist's also nichts. Eine andere Wurzel leuchtet besser ein, sie heißt zwar auch mar, bedeutet aber glänzen, schimmern, leuchten, strahlen. Das muß des Rätsels Lösung sein. Es fällt uns auch, nachdem wir aus den engen, dunklen Wassern heraus sind, als erstes auf dieses helle Glänzen und Glitzern, das uns von ferne grüßt, Meer. — Und nun sind wir Kap Pillar gegenüber. Hohe Felsensäulen und Pfeiler bezeichnen uns das Ende der Magellanstraße, Was mag der Mann, dessen Namen sie verdienterweise verewigt, empfunden haben, als er dieses Vorgebirge sah, ,,das Vorgebirge des anderen Meeres", das Gegenstück zum Jungfrauen-Kap, Er wurde von großer Freude ergriffen, „daß ihm die Tränen in die Augen traten"; er dankte Gott und nannte diese Pfeiler el cabo deseado, das ersehnte Vorgebirge, „Er hielt sich für den glücklichsten Menschen, der je auf Erden existiert habe und konnte sich vor Freude nicht fassen darüber, daß ihm nun die Wege zu der asiati- schen Inselwelt und um den Globus herum offen ständen. Er dachte auch an seinen König Karl und an die großen Gnaden und Belohnungen, die er ihm erteilen würde." Wir wissen, daß er das nicht erlebt hat. Ob das nicht vielleicht ihm große Enttäuschungen erspart hat? Der Entdecker des Kaps der Guten Hoffnung mußte sie Durch die Magellanstraße. 35 schmerzlich genug erleben. Er sah die dorten von ihm so hoffnungsfreudig aufgerichteten Wappensäulen nie wieder. Ein anderer führte zehn Jahre später die por- tugiesischen Schiffe dieses Weges, ,,Die portugiesische Regierung blieb der richtigen, aber ungroßmütigen Po- litik getreu, nie den verdienstvollen Entdecker mit der Ausführung der nächsten großen Fahrt zu belohnen. Weil so viele entdeckten, wurde man keinem die Last des ganzen Dankes schuldig," Magellan war am 20, September 1519 mit den Schiffen ,,Santjago", ,, Victoria", ,,Conception", ,,San Antonio", ,,Trinitad" und im ganzen 239 Personen, deren Namen bei Navarrete zu lesen sind, in See gegangen, und am 6, Dezember 1522 kehrte Delzano mit der „Victoria" und 18 Mann zurück. Man muß dabei in Betracht ziehen, daß es wirkliche Seeschiffe für große Fahrt damals noch gar nicht gab- So groß und hoch- bordig diese Fahrzeuge auch aussahen, sie waren im Grunde alle nur für Binnengewässer und die Küsten- schiffahrt gebaut und geeignet. Um so größere An- erkennung verdienen die Männer, die auf ihnen den Kampf mit den Ozeanstürmen, ja mit den Orkanen der Magellanschen Meere aufgenommen haben, Navigare. necesse est, . , . Mit gütiger Erlaubnis von Miß Isabella Bird fahren wir jetzt auf die hohe Südsee hinaus. Diese unternehmende Engländerin hat die Sandwich-Inseln bereist und ein Buch darüber geschrieben, in welchem sie behauptet, diese Inseln lägen nicht in der Südsee, Sie hält sich sehr darüber auf, wie man so etwas sagen könne, da sie doch nördlich vom Äquator lägen. Hätte sie gewußt, an welcher Stelle und unter welchen Um- ständen Baiboa dieses Meer zuerst erblickt und ihm den Namen Südsee gegeben hat, nämlich nördlich vom 36 Meereskunde. Äquator, sie hätte die Sandwich-Inseln ruhig in der Südsee liegen lassen. Wer aus der stürmischen Magellanstraße kommt, begreift aber erst recht den anderen Namen dieses weiten Meeres; ,,Der stille Ozean", er ist still u;id friedlich (pacifico) im Vergleich zu dem, was wir hinter uns haben. Und blau, wunderbar blau. Ein Jahr später kam S, M, S, ,, Prinz Adalbert" mit dem Prinzen Hein- r i c h des Weges, Der Marinemaler Saltzmann war auch an Bord und stellte hernach in der Kieler Kunsthalle verschiedene Seestücke aus diesen Regionen aus. Da wunderten sich viele und meinten, s o blau könne das Meer gar nicht sein. Es ist aber so blau. Warum? Ja, warum ist das Meer überhaupt blau? Das ist auch so eine Frage, auf die auch die Gelehrten lange keine Antwort geben konnten. Tausende und Millionen sind auf dem Meer gefahren und haben diese Frage gar nicht einmal gestellt, weil sie diese Färbung als etwas Selbstverständliches, das keiner Erklärung bedürfe, angesehen haben. Unsere Meereskunde ist aber jetzt so weit, daß wir sie nicht nur stellen, sondern auch beantworten, nämlich mit dem Hinweis auf das verschiedene Verhalten des Meerwassers zu den ver- schiedenen Strahlen des gebrochenen Lichtes, Es ver- schluckt die gelben und roten eher als die blauen, die leuchten dann in dem tiefen uns umgebenden Wasser, bei dem hellen, über uns lachenden Himmel, in dem Blau, das zu bewundern wir nicht müde werden, nach all dem Grau in Grau, — Und dann Valparaiso, — Gedruckt in der Königlichen Hofbuchdruckerei von E, S. Mittler & Sohn Berlin SW68, Kochstraße 68—71. (^ MEERESKUNDE SAMMLUNG VOLKSTÜMLICHER VORTRÄGE IJä Die Fahrten eines deutschen Seemanns um die Mitte des 19. Jahr- hunderts. Aufzeichnungen des Segelschiff-Kapitäns G.W. Kroß. Die Schiffahrt auf den Karolinen und Marshallinseln. Von Dr. P. Hambruch. Die Namen der Schiffe im Spiegel von Volks- und Zeitcharakter. Von Dr. W.Vogel. Ein Ausflug nach Sansego in der Adria. Von Dr. L. Glaesner. Deutschlands Lage zum Meere im Wandel der Zeiten. Von Dr. W. Vogel. Handelswege im Ostseegebiet in alter u. neuer Zeit. Von Chr. Reuter. Ostseehandel und Landwirtschaft im 16. und 17. Jahrhundert. Von Chr. Reuter. Die Nautik im Altertum. Von Dr. Aug. Kost er. Kriegsmarine. Kiel und Wilhelmshaven. Von Kontreadmiral Ed. Holzhauer. Kohlenversorgung und Flottenstützpunkte. Von Kontreadmiral Ed. Holzhauer. Vierzig Jahre Schwarz- Weiß-Rot. Von Geh. Admiralitätsrat P. Koch. Große und Kleine Kreuzer. Von Kapitän zur See a. D, R. Wittmer. Die Torpedowaffe. Von Kapitän zur See a. D. R. Wittmer. Kriegsschiffsbesatzungen in Vergangenheit und Gegenwart. Von Kapitän zur See a. D. R. Wittmer. Unterseebootsunfälle unter besonderer Berücksichtigung des Unfalles auf „U3'. Von Fregattenkapitän Michelsen. Die Zusammensetzung und Taktik der Schlachtflotten. Von Kapitän zur See a. D. R. Wittmer. Die Deutsche Eisenindustrie und die Kriegsmarine. Von P. Koch. Volks- und Seewirtschaft, Die Seehäfen von Marokko. Von Theobald Fischer. Marokko. Wirtschaftliche Möglichkeiten und Aussichten. Von Dr. Joachim Graf v. Pfeil. Die deutsche Hochsee-Segelfischerei. Von H. Lübbert. Der Hafen von New York. Von Professor Dr. Albrecht Penck. Lübeck, sein Hafen, seine Wasserstraßen. Von Dr. Franz Schulze- Lübeck. Eine Wanderung durch altniederländische Seestädte. Von Dr. W. Vogel. Die Freie Hansestadt Bremen, ihre Hafenanlagen und Verbindungen mit der See und dem Hinterlande. Von Baurat Prof. G. d. Thierry. Die Häfen der Adria. Von Dr. N. Krebs. Tsingtau. Von Professor Dr. Albrecht Penck. Auf den Färöern. Von Prof. D. Dr. Edward Lehmann. Der Suezkanal. Von Dr. P. Neubaur. Valparaiso und die Salpeterküste. Von Dr. Rud. Lütgens. Die festländischen Nordsee -Welthäfen. Von Dr. H. Michaelsen. Die deutsche Seekabelpolitik. Von Dr. R. Hennig. '^ MEERESKUNDE ^ SAMMLUNG VOLKSTÜMLICHER VORTRÄGE Das Meer als Nahrungsquelle. Von Prof. Dr. H. Hcnking. Kriegsrüstung und "Wirtschaftsleben. Von P. Koch. Die großbritannische Hochseefischerei. Von H. Lübbert. Triest und die Tauernbahn. Von Prof. Dr. F. Heiderich. Von Singapur bis Yokohama. Von L. Mecking. San Franzisko. Von A, Rühl. Wohlfahrtseinrichtungen in der Seefischerei. Von F. Duge. Seeklima und Seebäder. Die Heilkräfte des Meeres.. Von Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Albert . Eulenburg. Land- und Seeklima. Von Dr, A. Merz. Seewesen und Schiffahrt. Der Kompaß in seiner Bedeutung für die Seeschiffahrt wie für unser Wissen von der Erde. Von Dr. Fr. Bidlingmaier. Die Post auf dem Weltmeer. Von 0. Klaus. Die Segelschiffahrt der Neuzeit. Von Prof. W. Laas. Schiffsordnungen und Schiffsbräuche einst und jetzt. Von Dr. Fr. Schulze. Der Dienst des Proviantmeisters. Von Dr. G. W. v. Zahn. Innerer Dienst an Bord. Von Dr. G. W. v, Zahn. Auf einem Segler um Kap Hom. Von Dr. R. Lütgens. Nautische Vermessungen. Von Dr. E. Kohlschütter. Sicherheitsdienst an Bord. Von Dr. G.W. v. Zahn. Der Kreisel als Kompaßersatz auf eisernen Schiffen. Von Prof. Dr. H. Maurer. Der Fährverkehr zur See im europäischen Norden. Von Prof. Dr. G. Braun. Auf S. M. S. „Möve". Von Kapitänleutnant Schlenzka. Riesenschiffe. Von Dr. H. Michaelsen. Technik des Seewesens. Die Entwicklung der Schiffsmaschine. Von Prof. P. Krainer. Auf einem deutschen Kabeldampfer bei einer Kabelreparatur in der Tiefsee. Von W. Stahlberg. Femgespräche über See. Von Dr. A. Ebeling. Ansführliche Verzeichnisse mit Abbildungen stehen kostenlos zur Verfügung. Für die nächsten Hefte sind in Aussicht genommen: Politische Probleme des Mittelmeerbeckens, Von Dr. P. Mohr. Überland und Übersee im Wettbewerb. Von Dr. Richard Hennig. Der Chilesalpeter und seine Bedeutung in der Weltwirtschaft. Von Dr. A. Hartwig. Die Farbe des Meerwassers. Von Dr. E. Öttinger. Landengen und Meerengen und der Verkehr. VonProf.Dr. K.Hassert. Wehr und Schutz der Meerestiere. Von Dr. L. Glaesner. D Jedes Heft 50 Pf. Ein Jahrgang von 12 Heften M 5, D Gedruckt in der Königlichen Hofbuchdruckerei von E. S. Mittler & Sohn, Berlin SW68, Kochstr. 68—71.