A EEELEEEREEEEEEEÄELZLLLTELEEBZLLBLLLEEEDGEEEE N Ey 1 I = D 4 y e DI AG))V, 6 N e I) 2 Ortober 1934 — E — a 2 E z 2 5 Kenneth X. Mackenzie * En a er er A IR 1 7 34 e- 5 5 8 * wi nn ne ee geſammlete Schufa, . Unterricht und Vergnügen, | aus der Naturforſchung und den Ba Be überhaupt, Ag Des neunten n Bandes r Stic. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Sachfifcher repbeit. uur. bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig bey Adam Heinr. Holle, 1752. 5 . e eee ini * au ans 2875 2 | 1 len Nb u 920 N un, Eine ieh EURE, NE id un un 5 N | SV SPEER 5 75 *. 2 / 5 * 9 % WS — N N D 10 2 * Kali Schnitt, verrichtet vg den bremiſchen Wundarzt Herrn Runge. 5 4 | wich eee To Herr x Hinrich Klener aus Dellmens 10 5 horſt, mit Bericht, daß feine | 1 Leebſte, ſeit eilf Jahren her, eeine Geſchwulſt in ihrer rechten Seite des Unterleibes ſitzen ge⸗ die 1 IR fh bey ihrer erſten Schwangerſchaft hervorgethan und nach und nach ſolchergeſtalt zuge⸗ nommen, 850 ihr Bauch entſetzlich dick und hart da⸗ 7 u ‚fie habe aber, ( erzählte er weiter) in 10 Bee davon kein beſonderes Ungemach ver⸗ bi, 10 85 tet ſie, in e ſechs geſunde Kinder zur 4 Rungens Nachricht zur Welt getragen; habe auch ſonſt von keiner i inner⸗ lichen Krankheit etwas vermerket, außer, daß von einem halben Jahre her, der Appetit allmaͤhlich geringer geworden, und ſie daher an Fett und Kraͤf⸗ ten merklich abgenommen: : doch ſey ſie bis dahin jederzeit im Stande geweſen, ihren gewoͤhnlichen Ge⸗ ſchaͤfften völlige Gnuͤge zu leiſten. Dieſen Morgen aber, (fuhr wohlgedachter Mann in ſeiner Erzaͤhlung fort) ſey ſie, ohne daß ſie ſich außerordentlich bewe⸗ get, auf einmal ganz uͤbel, entkraͤftet, und kurz darauf ohnmaͤchtig geworden; es habe ſich dabey auch eine heftige Kolik und ein Schmerz des ganzen Lei⸗ bes eingefunden, wie auch anhaltende Reizungen zum Brechen und Stuhlgang, und der Bauch, der bis- her ganz hart geweſen, ſey nunmehr überall ganz weich geworden. Noch bey dieſer Relation erinnerte ich mir, daß, als dieſe Frau ihr erſtes Kind geboh⸗ ren hatte, ſie mich, wegen der in ihrer rechten Seite ſitzenden Schwulſt conſuliret. Ich hatte dieſe Ge⸗ ſchwulſt damals ſehr hart, und wie eines Kindes Kopf dick, befunden, auch davon bey mir ſelbſt geur⸗ theilet, daß ſie wohl eine Empfaͤngniß in der Tuba ſeyn koͤnnte; weil auf keine andere Urſache zu geden⸗ ken ſtund, indem dieſe Frau ſehr groß, fett und ganz geſund war. Ich hatte ihr zur ſelbigen Zeit zugleich gerathen, daß ſie ſich vorerſt um dieſe Geſchwulſt nicht bekuͤmmern ſollte, wenn ſie aber ſehr zunehmen und ihr Beſchwerlichkeiten verurſachen wuͤrde, daß ſie ſich alsdenn wieder bey mir melden möchte. Da nun obige Erzählung angehoͤret, und was ich eben beruͤhret, anbey erwog; fo urtheilte ich, daß die in erwaͤhnter Seite ſo lange geſeſſene und nun ſo ſehr aus⸗ vom kaiſerlichen Schnitt. 5 sgebreitete Geſchwulſt, nebſt einem verdorbenen fhe oetu in einer großen Quantitaͤt Feuchtigkeit beſtuͤn⸗ de, welche ihr Behaͤltniß zerriſſen, und ſich in die Hohle des Bauchs ergoſſen, und, weil dieſe Er- gießung plötzlich geſchehen, die Feuchtigkeit auch bey ihrer langen Verweilung in ihrem Behaͤltniſſe nach und nach; am meiſten aber in dem letzten halben Jahre eine Schärfe angenommen, daß daher dieſer uor durch ſeine Schaͤrfe ſo wohl, als auch ſeine ſch leunige Ergießung an allen im abdomine befind- lichen Theilen, eine große Veränderung und alle die Zufälle gewirket hatte, welche in obiger Nachricht an- gegeben worden. Derowegen ſagte der Herr Klener, wie ich den Zuſtand ſeiner Frau Liebſten anmerkte, | daß, wenn ſie nicht von der in ihrem Bauche ausge tretenen Feuchtigkeit bald befreyet wiirde, und andere nöthige Huͤlfe erhielte, fie dem gewiſſen Tode anheim len müßte, und daß er nebft mir zugleich einen Miedicum zu conſuliren haͤtte, mit welchem ich mich ‚über dieſen ſchleunigen Zufall beſprechen koͤnnte. Da er nun den Herrn Doct. Block ernannte, und ich mit demſelben alles genau überlegt hatte; derſelbe auch der Meynung war, daß eine Oeffnung am Bauche das erſte und noͤthigſte Mittel, dieſer Patientinn zu helfen, waͤre, gaben wir ſolches vom Munde, und verſprachen, des folgenden Tages feine Liebſte, wenn ſie ſolches verlangte, zu befuchen. Dieſelbe nun, weil oben erwaͤhnte Zufälle immer ſtaͤrker wurden, verlangte und erwartete unſer mit Schmerzen. Als wir uns auch den folgenden Tag ben ihr einfanden, lag ſie in einem heftigen Fieber, Kolik, nebſt an⸗ derm s, und großer Mattigkeit der Glieder 383 darnie⸗ 6 Nungens Nachricht darnieder, fo, daß fie nicht im Stande war, fi ſich zu ruͤhren. Ich befuͤhlete ihren Bauch, fand ihn aber allenthalben weich » außer an der rechten Seite, wo⸗ ſelbſt man eine kleine Haͤrte, ungefähr einer Hand breit verſpuͤrte, und war er fo dick, wie bey einer Frau, ſo Zwillinge gebaͤhren ſoll, oder an einer Bauchwaſſerſucht aufs aͤußerſte laboriret. Die in- tegumenta brannten wie Feuer, und waren ſo ſchmerz⸗ lich, daß man fie kaum ein wenig hart berühren durfte. Wie nun die Operation das einzige Mittel war, ſie von ihrer Quaal zu befreyen, und wir 15 dieſes vorſtellig machten, war fie gleich willig, Dies ſelbe an ihr verrichten zu laſſen. Ehe ich aber das Werk ſelbſt angriff, ließen wir den daſigen Chirur⸗ gum Herrn Eller rufen, ihn zu fragen: ob er ſich bequemen wollte, nach vollzogener Operation, die Frau nach unſerer Vorſchrift zu verbinden? Und als er dieſes zu thun verſprochen, machte ich den Appa- ratum zur Operation fertig. Dieſer beſtund 1) in einer Lancette, (denn der Trocar wollte darum nicht brauchen, weil ich mir vorſtellete, daß eine, ſo viele Jahre, eingeſchloſſen geweſene Feuchtigkeit zu dick ſeyn, und die Oeffnung, ſo derſelbe hinter ſich Ab, zu kleine bleiben wuͤrde, um dieſelbe durch eine Turunde hin⸗ laͤnglich offen halten, auch dadurch wohl ſondiren zu koͤnnen); 2) in einer cylindriſchen filbernen Roͤhre, wel⸗ che am Ende zu, und an beyden Seiten mit laͤng⸗ lichen Löchern verſehen iſt, die Feuchtigkeit dadurch abfließen zu laſſen und damit zu ſondiren; 3) in einer mit des Arcaei Wundbalſam beſtrichener Turunde, an welcher oben ein Faden befeſtiget war; 4) in einem eben⸗ maͤßig mit Balſam beſtrichenen Federmeißel z) in einem klebenden vom kaiſerlichen Schnitt. 7 klcbenden Pflſer. 6) in zwo Compreſſen, ſo wohl die Wunde, als den ganzen Bauch damit zu bedecken. 7) in einer Serviette, den ganzen Verband damit feſt zu halten; und endlich 8) in einer Schale voll warm gemachten Brandteweins, die Compreſſe da⸗ mit anzufeuchten, und Gefäße, worinnen die aus ‚fürßende Feuchtigkeit aufgefangen ward. Weil nun dieſe Patientinn ſo im Bette lag, daß ſie uns ihre linke Seite praͤſentirte, der rechten aber nicht beyzukommen war; ſie auch uͤberdem nicht das Vermoͤgen hatte, ihre Lage veraͤndern zu koͤnnen: ſo machte ich die Inciſion an der linken Seite an dem Orte, welchen man bey Verrichtung der Paracentheſis zu er⸗ waͤhlen pflegt. Hierdurch ſtach ich die Röhre in den Bauch, u . eine große Quantitaͤt dickliches und grauliches Waſſer abfließen. Hierauf wurden die Wie⸗ ken, und alles das uͤbrige, ſo oben gemeldet, appliciret. N Als wir von dieſem Waſſer etwas auf dem Feuer in eis nem zinnernen Gefaͤße ſieden ließen, gerann ſolches, wie Eyerweiß zu thun pfleget, wenn man es aufs Feuer bringet. Der Herr Doct. Block verſah die Patien⸗ tinn mit Verordnung einer guten Diaͤt und noͤthigen Mitteln wider das inflammatorifche Fieber und die übrigen erregten Zufaͤlle; ich aber erſuchte den dafi⸗ gen Chirurgum, daß er zum oͤftern die Compreſſen in warmem Brandtewein naß machen und wieder an ih⸗ ren gehoͤrigen Ort bringen moͤchte, und nahmen da⸗ mit, für dieſes mal, unſern Abſchied. Wie ich den fol⸗ genden 23 beſagten Monats wieder zu der Patientinn kam, hatten ſich das Fieber und. alle übrige Zufälle ſehr gemindert, daß ſie etwas Ruhe gehabt. Als die Zurunde heraus gezogen, und die Röhre hinein ge⸗ A 4 ſteckt 8 Rungens Nachricht ſteckt worden, lief faſt eben fo viel Feuchtigkeit wieder heraus, als des vorigen Tages; daher ich Hr. Ellern beſchied, daß er noch ſelbigen Abend einmal, und fer⸗ nerhin drey mal des Tages, dieſe Patientinn verbin⸗ den, und, wenn nichts mehr bey jedem Verband flie⸗ ßen wollte, er eine große Clyſtirſpruͤtze voll warmen Waſſers mit ein wenig Brandtewein einſpruͤtzen, und das eingeſpruͤtzte allemal wieder durch die Roͤhre ab⸗ laufen laſſen ſollte. Auf dieſe Weiſe iſt bis auf den 25ſten verfahren, und die Frau Patientinn hat ſich ſehr erleichtert befunden. Eben dieſen Morgen uͤberſchrieb mir Herr Eller, daß er die Wieke nicht wohl mehr in die Wunde bringen koͤnnte, wie auch nicht die Roͤhre. Als ich nun den Nachmittag dahin kam, und ſondirte, fo fand, daß die Wunde eige ganz ans dere Figur angenommen, als ihr die Lancette gegeben. Denn, als ich mit der Sonde eben die Haut paſſirte, merkte ich, daß der fernere Gang ſich unter dem mu- feulo recto in die Queere nach der rechten Seite der Patientinn neigte, dahin ich ihr denn nothwendig fol: gen mußte. Kaum hatte ich die Sonde hinein ge⸗ bracht, und ihr vorderſtes Ende bis an die Seite ge⸗ fuͤhret, als dieſelbe einen harten Koͤrper beruͤhrte. Ich ſpruͤtzte in die Hoͤhle, und druͤckte alles, ſo viel moͤg⸗ lich, wieder heraus; ich wiederholte das Sondiren, und, weil ich bald an einen Koͤrper kam, welcher wie ein entbloͤßter Knochen anzufuͤhlen, bald an etwas hartes, welches als etwas uͤberzogenes zu bemerken war: ſo urtheilte ich gleich, daß es Ueberbleibſel ei⸗ nes zum Theil verweſeten foetus in der Tuba fallo- piana wären, notificirte auch ſolches gedachtem Chi⸗ rurgo ins geheim, mit Bedeuten, daß er gegen Pr man vom kaiſerlichen Schni E mand davon etwas erwaͤhnen moͤchte, abſonderlich nicht gegen die Patientinn, und daß, weil kein an⸗ der Mittel ſey, dieſe Frau beym Leben zu erhalten, als die Operation, ich ſolches mit dem Herrn Medico uͤberlegen, und wenn dazu reſolviret wuͤrde, wir es der Patientin durch ihre naͤchſten Freunde auf eine gelinde Weiſe zu hinterbringen trachten wollten. Da ich dieſes nun dem Herrn Doct. Block vorftellete, wa⸗ ren wir gleich einig, der Patientin die Operation an⸗ zurathen, und nahm ich es uͤber mich, es derſelben auf eine ſanfte Art kund zu machen. Dieſes, ſo bald es geſchehen, hatte den Effect, wegen des guten Ver⸗ | trauens, ſo ſie in meine Wenigkeit geſetzt, und weil ſie ſich ſchuldig erkannte, ihr Leben zu retten, daß ſie die Operation gleich eingieng. So bald wir dieſen ae. Entſchluß erhalten, bemuͤhete ſich der Herr D. Block, die Patientinn wohl zu praͤpariren, und ich ermangelte nicht, dieſelbe bey ihrer guten Mey⸗ nung zu unterhalten, abſonderlich ſie zu verſichern, daß ſie bey dieſer Operation nicht mehr Gefahr und Schmerz wuͤrde auszuſtehen haben, als etwa bey ei⸗ ner ſchweren Geburt zu befürchten und auszuhalten fen, und dachte indeffen fleißig nach, wie die Operation auf die gemaͤchlichſte und fertigſte Weiſe verrichten, und meine des Endes zu gebrauchende Bereitſchaft in behoͤrigen Stand bringen moͤchte. Dieſelbe beſtund nun in keinen andern, als denen Requiſitis, die wir big dem Raiferfchnite ſpecificiret haben. Den 30 Jul. als welcher der Tag war, den wir zu dieſem Werk erwaͤhlet hatten, erhohen gedachter Herr D. Block, ich, der damals noch lebende Chi⸗ | u Herr Eſtopey, 9 meinem Sohne Jeremias, 5 (wel: 10 Rungens Nachricht (welcher letztere, zu meinem großen Leidweſen, 20 Ta⸗ ge hernach in einer hitzigen Krankheit den Geiſt auf⸗ gab) uns fruͤhemorgens nach Dellmenhorſt zu dieſer Patientinn, und verrichteten unter goͤttlichem Bey⸗ ſtande, nachdem wir ſie auf ein Ruhebette geleget, das Angeſicht verbunden, und ſonſt alles behoͤrige in richtige Ordnung gebracht, die Operation auf nachfol⸗ gende Weiſe. 5 „ vi dh Erſtlich, ließ ich durch zween Gehülfen der Pa⸗ tientinn ihre Haͤnde anfaffen, und durch zween ande⸗ re die Fuͤße, wenn ſie etwa von einer Ungeduld uͤber⸗ eilet wuͤrde. Zweytens, mußte Herr Eſtopey vier Spruͤtzen voll warmen Waſſers mit ein wenig Brand⸗ tewein einfprüßen, (dieſe Spruͤtze faſſete 14 Pfund) zu dem Ende, daß der Leib dadurch ausgeſpannet, und zur Operation tuͤchtiger wuͤrde. Worauf ſich der Bauch unter dem Nabel, nicht allein ſehr erhoͤhete, ſondern auch zugleich ganz hart ward; und weil ſich die Stelle, wo man die Oeffnung bey der Paracen⸗ theſt machet, durch eine beſondere Erhabenheit einer guten Hand breit diſtinguirte, ſo bemerkte ich, daß, weil durch das eingeſpruͤtzte Waſſer, nicht der ganze Bauch, ſondern nur die Gegend unter dem Nabel auflief, ich dasjenige, was ich ſuchte, nicht in dem hohlen Leibe, ſondern in einem beſondern Behaͤltniſſe antreffen wuͤrde, und daß die dadurch verurſachte Er⸗ hoͤhung der beſte Ort wäre, daſelbſt die Inciſion zu machen. Diefemnach machte ich mit meinem Biſtouri am oberſten Theile dieſer Erhoͤhung den Anfang, und ſchnitt die Haut, das Fett, die Muſculn mit dem Peritonaeo, gute 5 Zoll lang, gerade nach unten zu durch; vom kaiſerlichen Schnitt. 1 durch; und weil ſich mir ein dunkelrother fleiſchichter per praͤſentirte, welcher, ehe man in die Höhle gelangen konnte, mußte durchſchnitten werden; ſo fing ich damit an dem oberſten Theile an; anſtatt aber, daß, meiner Meynung fach, das Meſſer durchdrin⸗ gen ſollte, gerieth deſſen Spitze auf einen harten und unbeweglichen Koͤrper; auf demſelben vollfuͤhrete mei⸗ nen Schnitt, ſo lang er war, und im Fortgange ge⸗ langete ich endlich in die Hoͤhle, da mir denn das eingeſprüͤtzte Waſſer entgegen lief. Ich ſteckete meinen Finger in die Oeffnung, und weil ich dadurch erfuhr, 1 Raum genug zum Schneiden vorhanden war, ſo e ich auch die Oeffnung unter dem harten Kör⸗ de a, daß ich meine Hand ohne Zwang hinein⸗ bringen konnte. Nachdem nun dieſelbe in dieſe Ca⸗ vitaͤt gefuͤhret, war meine erſte Bemuͤhung, den 8 Koͤrper los zu machen, welcher ſich ſo feſt mit Mutter ihren Theilen vereiniget, daß er ohne Gewalt von denſelbigen nicht getrennet werden konnte. Als dieſer endlich heraus gebracht, ließen ſich uͤber dem Otte, wo er geſeſſen, dieſe drey Backenzaͤhne finden, (man ſehe die Figur) welche mit ihren Wurzeln ſo feſt in der Mutter Theilen ſaßen, daß ich Mühe har⸗ te, ſie mit meinen Fingern los zu reißen. Um den einen ſaß noch ein duͤnnes Blatt vom Knochen, wo⸗ von einige Stuͤcke heraus kamen; einige Schiefern aber an ihrem Orte blieben, weil fie nicht konnten ge- faſſet werden, welches auch füglich geſchehen mochte, indem wir gar wohl wußten, daß die kuͤnftige Sup- puration denenſelben gewiß abhelfen wuͤrde. Im Grunde der Hoͤhle fanden ſich die Haare, wie die Figur weiſet, und dieſes war alles, was von dieſem foetu 12 Rungens Nachricht foetu noch unverſehrt uͤbrig blieben war. Damit aber die Patientinn und andere, denen daran gelegen, verſichert ſeyn moͤchten, daß nichts widernatuͤrliches zuruͤck geblieben ſey: ſo erſuchte ich Herr Doct. Blocken, daß er ſolches mit eigenen Haͤnden unterſu⸗ chen moͤchte; welches auch von Herrn Eſtopey geſche⸗ hen. Dieſe große Hoͤhle beſtund aus drey kleinern, wovon die erſte ſich an dem Orte zeigte, da die Tuba fallopiana ſonſt ihr Lager hat. Die zweyte war nach der rechten Seite gelegen, aber ziemlich in die Hoͤhe. Die dritte neigete ſich über dem utero nach der linken Seite hin. Die inwendige Oberflaͤche war hochroth anzuſehen, und im Angreifen konnte man zwiſchen ihr und dem utero, wenn ein Kind eben aus feinem Quartier geruͤcket, keinen Unterſchied finden. In ihrer Subſtanz war ſie ungemein dick und hart, ab⸗ ſonderlich trug ihre Dicke an dem Orte, wo ſie durch⸗ ſchnitten, wohl einen Zoll aus. Der Riß, wodurch die Feuchtigkeit ſich in der Patientinn hohlen Leib er⸗ goſſen, war nicht zu finden. Die Oeffnung aber, welche ich den 22ften am erſten gemacht, um den abdo- men von dieſer Feuchtigkeit zu befreyen, war nicht in den hohlen Leib, ſondern in dieſes Behaͤltniß ge⸗ gangen. Nachdem nun alles, was zur Operation felbft gehoͤrte, vollzogen war, ſo eilete ich zum Verband; hierbey aber achtete ich es fuͤr ganz unnoͤthig, dieſe Wunde zu heften; weil die inteſtina durch eine ſo gar Dicke und Haͤrte der Haut verlieren wuͤrde, ſchon von ſelbſt klein genug werden duͤrfte. Dero⸗ wegen reinigte ich dieſelbe nur vom Blute, und fuͤlle⸗ te die Hoͤhle mit Carpey und im Grunde nur loſe aus. Die Wunde aber verſah ich ſtark mit Feder⸗ meißeln, vom katſerlichen Schnitt. 13 meißeln, fo in Brandtewein naß gemacht, und zwi⸗ ſchen den Händen wieder ausgedrückt waren, über diefe wurde ein klebend Pflaſter, und fo denn die Compreſſen und Binden applicirt, wie ſchon an⸗ fangs geſchehen. Waͤhrender Operation hielt ſich dieſe Patientinn ſehr ſtandhaft, und hatte man gar nicht noͤthig, ſie feſt zu halten: ſo verſpuͤrte man auch gar keine Zeichen einiger Ohnmacht; am aller⸗ empfindlichſten war ihr das Abſchaͤlen des breiten Knochens, und das Abreißen der Backenzaͤhne ges weſen, welches auch leicht zu errathen ſteht. Als ich den ıften die Frau Patientinn wieder beſuchte, hatte ſie die Nacht wenig Schmerzen, und ziemliche Ruhe ge⸗ habt, und ihr Fieber war auch nicht von Wichtigkeit geweſen. In der großen Wunde ließ ich alles ſte⸗ cken, und legte nur ein Digeſtiv mit Federmeißeln druͤber. Aus der kleinen Wunde floß eine blutige Materie: ich verband ſie wieder mit einer Turunde, und ordinirte, daß dieſelbe drey mal des Tages ver⸗ bunden werden ſollte. Den 1 Aug. befand ſich alles, wie den vorigen Tag. Ich nahm alles aus der gro⸗ ßen Wunde, und fand dieſelbe dermaßen zuſammen⸗ gezogen, daß ich kaum meine beyden vorderſten Fin⸗ ger durch dieſelbe hinein zu bringen vermochte. Ich verband ſie mit Digeſtiv, und verfuhr uͤbrigens, wie ſchon gemeldet. Am ten ſah zwar die Wunde wohl aus, und fing an, zu ſuppuriren; die Frau Patientinn aber hatte wegen Kolik und Durchlauf und ſtaͤrkeres Fieber wenig Ruhe gehabt, und ihr bischen Appetit war ganz verſchwunden, wogegen ihr aber der Herr D. Block tuͤchtige Mittel ordinirte. Den zten hatten nd * und Diarrhoea abgenommen; das Biehe aber 14 Rungens Nachricht aber und der ſchlechte Appetit, wie auch die Schlaflo⸗ ſigkeit, hielten noch an. In die erſte Wunde ſpruͤtzte ich warmen Wein mit einer Wundeſſenz vermiſchet hinein, welches durch die große Wunde wieder aus⸗ loß, und verband übrigens wie vorhin. Die Wun⸗ de ſah ſehr wohl aus. Den 4 und 5 procedirte auf gleiche Art. Die Patientinn befand ſich noch in vo⸗ rigen Umſtaͤnden. Den erhob ſich der Leibesſchmerz und der Durchfall ftärfer, als vorhin, und hielten bis den 8 an; dieſen Nachmittag aber hörten dieſe Zus faͤlle ſehr plotzlich auf; und als ich den Verband oͤff⸗ nete, war eine Menge uͤbelriechender Feuchtigkeit aus der großen Wunde gefloſſen; den Unterleib aber fand ich ſehr beygefallen. Als ich den 9 wieder daſelbſt anlangte, ſagte ſie mir, daß eine dermaßen große Menge Feuchtigkeit durch die Wunde ausgetreten, daß ſie ganz naß darinn gelegen. Hierauf hatte ſich die Dicke des Bauchs merklich verlohren, und die Wunde fehr enge zuſammen gezogen. Den 10 druͤck⸗ te ich den Bauch von beyden Seiten zuſammen, wor⸗ auf noch eine große Menge uͤbelriechender, dabey aber weißlicher Materie aus der Wunde floß, und viele Winde mit fortſchlichen. Den u kbeſuchte Herr D. Block nebſt mir wiederum die Patientinn. Als ich den Bauch, wie ſonſt, wieder zuſammen druͤck⸗ te, floß nur wenig Feuchtigkeit heraus, und die Winde weheten auch ſo ſtark nicht mehr. In der Zeit vom 8 bis 12 waren alle verdrießliche Accidentien meiſt verſchwunden; nur, daß ſich der verlohrne Ap⸗ petit noch nicht eingeſtellet hatte. Vom 12 bis den 8 Octobr. iſt die Wunde mit balſamiſchen Eſſenzen und zuweilen auch andern iniectionibus ausgefprüßer 1 7 | en, vom kaiſerlichen Schnitt. j den, fo habe auch von dem Balſamo Indico Nigro zuweilen etwas warm in die Wunde laufen laſſen. Weil auch die Wunde zuenge werden wollte, ich mir aber gleich anfangs wohl vorſtellen konnte, daß die Aus⸗ heilung einer ſo großen Höhle nothwendig lange Zeit erfordern wuͤrde, vornehmlich, da das Gehaͤuſe, welches Br Höhle formirte, ſo entſetzlich dick und hart war/ und daher ſich nicht ſo leicht in ſeinen natuͤrlichen Zu⸗ ſtand verfugen duͤrfte; ſo machete hohle Turunden von Bley eines Fingers dick, welche ich vor der Applica⸗ tion mit Pflaſter umzog und mit des Arcaͤi Wund⸗ balſam beſtrich, um dadurch die Wunde offen zu hal⸗ ten und der Materie einen freyen Ausgang zu verſtat⸗ ten. Die Contrawunde aber ließ ich mit einer Turunde von Carpey gegen die Zuſammenheilung verſehen. In dieſer Zeit erholete ſich die Patientin nach und nach; doch nur bey geringem Appetit, und daß ſie zuweilen noch mit einem Fieber, Kolik und Galbrechen ae modiret worden. Weil aber dieſelbe in einem Hauſe ſeyn mußte, wo en des vielen Geſindes, auch vieler Verdruß vor⸗ fiel, welches ihr an ihrer Beſſerung hinderlich ſeyn konnte; ſo reſolvirte mich, und fuhr mit ihr hinein nach Bremen, in Hoffnung, ſie daſelbſt in einen beſ⸗ ſeren Zuſtand zu bringen. Welche denn auch durch des Hoͤchſten Gnade nicht fehl geſchlagen; indem ſie in einer Zeit von 5 Wochen in einen ſolchen Zuſtand verſetzet, daß ſie vergnuͤgt dasjenige Haus wieder be⸗ treten konnte, welches ſie in Jammer und Pein ver⸗ laſſen hatte. Waͤhrendem Hieſeyn hatte ich ſie ſo viel gelehret, daß ſie ſich ſelbſt verbinden, und alſo ferner⸗ | bin ihr eigner Chirurgus ſeyn konnte; wie ſie denn . auch 16 Rungens Nachricht auch ſo gluͤcklich geweſen, daß ſie ſich unter meiner Aufſicht ſelbſt geneſen hat. Doch iſt die gaͤnzliche Heilung erſt nach 11 Jahren erfolget. Die erſten Monate gab die Wunde ziemlich viele Materie, und zwar zu der Zeit, wenn ſich das Fieber und andere oben erwaͤhnte Zufaͤlle einſtelleten, gegen welche der Herr D. Block alles, was nur dienlich ſeyn konnte, verordnete; und weil alsdenn auch die meiſte Zeit ein uͤbeler Geruch an der Materie zu ſpuͤren war: ſo mi⸗ ſchete unter die iniectiones etwas von des Felix Wuͤr⸗ zens brauner Salbe, wornach ſich der uͤbele Geruch geſchwind verlohr und der ſtarke Abfluß auch abnahm. Weil man auch das Gehaͤuſe, worinnen der foetus logiret, nachdem der Bauch beygefallen, von außen fuͤhlen konnte; ſo wurde man dadurch gewahr, daß daſſelbe auch nach und nach kleiner und fleribiler wur⸗ de. Denn da man es anfangs mit beyden Haͤnden, ſo weit es von außen thunlich war, kaum faſſen konnte, ſo praͤſentirte es ſich am Ende des vierten Monats nur an Größe und Laͤnge in die Queere des Bauchs wie eine Goͤttinger Bratwurſt, welche in eine Schweins⸗ blaſe gefuͤllet iſt; und dieſe Größe nahm endlich ſo ab, daß nichts mehr davon zu fuͤhlen war. Und ſo ver⸗ lohr ſich auch die Materie, bis endlich die Wunde zuheilete, ohne daß man ſie im Anfange geheftet haͤtte. Innerhalb &tel Jahr hat dieſe Patientinn ihre völlige Kraft wieder erhalten, und alles, wie vorhin, in ihrer ſchweren Haushaltung verrichten koͤnnen. Ehe ich dieſe Obſervation ſchließe, kann ich nicht umhin, etwas hiehergehoͤriges noch anzumerken. Um dieſer Frau ihren Bauch wohl zu comprimiren, und denſelben zu⸗ gleich vor Kaͤlte zu bewahren, ließ ich ihr "a ingen fingen Becken machen, an Figur und Größe, daß es en ganzen Bauch und Verband wohl faſſen konnte, und auf das Pflaſter wurde auch eine Platte von Mes⸗ ing verfertiget, welche von der Mitte bis an ihr eines nde ausgehoͤhlet war, auf daß die Materie in dieſer Be deſto ungehinderter ihren Abfluß haben möchte, Damit man auch die iniectiones vermittelſt der Spruͤ⸗ tze beſſer in alle Höhlen eintreiben konnte, habe ich ſol⸗ che Mundſtuͤcke von Holz und Helfenbein an die Spruͤ⸗ tze machen laſſen, ſo die Figur einer Pyramide hat⸗ ten, welcherley Sorten hier zu ſehen ſind. In Sum⸗ ma, ich habe alles an dieſer Frauen gethan, was ich nur zu ihrem Vortheil erſinnen koͤnnen. Ich zweifle aber nicht, daß, wenn ich ſie von Anfang bey mir ge⸗ abt, und fie täglich ſelbſt beſehen koͤnnen, die Gene⸗ ſung viel geſchwinder wuͤrde von ſtatten gegangen ſeyn; abſonderlich, weil alsdenn auch der Medicus alles beſſer hätte einſehen und gegen ihre Zufaͤlle ſchleuni⸗ gere Huͤlfe leiſten koͤnnen. 8 A Erklaͤrung def Abbildungen von denen in der Tuba fal- lopiana gefundenen Stuͤcken des loetus. No. A. A. A. bezeichnet den harten Körper, welcher in der Tuba feſt gewachſen geweſen. A bildet dieſes Stuͤck von der Seite da es unmit⸗ telbar angewachſen war, und wo es die Geſtalt eines recht geſunden Knochens hatte. b ſtellet eben daſſelbe Stuͤck vor, wie es an der aus⸗ wendigen Seite, die allenthalben mit Haut uͤber⸗ zogen, geſtaltet war, woran zu merken: O Band. B 1) Die 18 8 Rungens Nachr. v. kaiſerl. Schnitt. 1) Die lange harte Anwachſung in der Mitte, woran einige Haare befindlich waren, deſſen innere Beſchaffenheit mir aber noch unbekannt iſt, weil ich ſie noch nicht unterſuchet habe, ſondern das Stuͤck im Spiritu Vini aufbehalte. 5 Die zween vollkommenen Backenzaͤhne an den 4 beyden gegenuͤberſtehenden Enden deſſelben. ec Iſt die Seite deſſelbigen Stuͤcks, welches in b nicht recht zu ſehen war. No. B. B. ſtellet die 3 Backenzaͤhne vor, welche über dem harten Koͤrper in der Subſtanz der Tuba feſt geſeſſen, wovon zween zuſammen ſizen. bb) zeiget eben dieſe 3 Backenzaͤhne auf der | andern Seite, No. C. find die Haare, welche in dem Grunde der Hoͤhle gefunden worden. Wübrigen lebet dieſe Frau annoch in dieſem wee Jahre friſch und geſund. ö II. Neue re, TE e 19 nnr Reue Erfahrungen von der Entfcsun des rothen Weins. u Fr Abgeleſenn in da öffentlichen Verſammlung der Königl. Societaͤt der Bi enſchaften zu Mompellier e ee. „ durch den Herrn Pepe. ee ie mehreſten ausgegohrene Pfanzgewächſe als der Wein, der Aepfel und Birnenmoſt, das Bier, der Honig, geben, wann man fie ab⸗ an enen Geiſt, der fich entzuͤnden kann, einen Schleim, ein ſaures weinſteinhaftes Salz, und eine Art von efelichtem und oͤhlichtem Weſen. Den Namen ein giebt man eigentlich dem aus den reifen Trau⸗ ben ausgedruckten und in Gaͤhrung gekommenen Saf- te. Paracelſus nennet ihn Erdenblut, den Saft der Vornehmſten unter den Pflanzen. Der Weinſtock waͤchſet in verſchiedenen Landern; man ma⸗ het Wein in Ungarn, in Portugall, Spanien, | anfeeich, Italien, in einem großen Theile De andes, und in Griechenland. Doch iſt in biefen verſchiebenen Ländern der Wein nicht von gleicher Staͤrke, noch von gleicher Farbe, auch hat er nicht uberall denſelben Geſchmack, welches ohne Zweifel von der Verſchiedenheit der . her⸗ ruͤhret, 20 Peyre, von Entfaͤrbung ruͤhret, da man den Weinſtock bauet. Alle Länder find nicht gleich warm; überall find die deute nicht von gleicher Geſchicklichkeit; an verſchiedenen Orten bauet man das Erdreich nicht mit ſo vielem Fleiße; an andern laͤſſet man den Moſt nicht hinlaͤnglich gaͤhren; in Frankreich ſelbſt ſind alle Weine nicht von gleicher Staͤrke, und ſie haben nicht alle einerley Farbe; es giebt einige drunter, die ſo ſtark ſind, daß man nicht vieles davon zu ſich nehmen kann; andere hingegen ſind ſo ſchwach, daß ſie faſt den Namen eines Weins nicht verdienen. Einige ſind hochroth, andere bleich⸗ roth, noch andere fallen ins ſchwarze. Ihre Farbe entſtehet nur aus den duͤnnen Haͤutlein der Trauben, mit welchen man ſie zuſammen gaͤhren laͤßt; da nun die Farbe dieſer Haͤutlein bloß durch die Saͤure ausge⸗ zogen wird, welche in dem Moſte enthalten iſt, ſo iſt leicht zu begreifen, daß dieſe Farbe zufallig ſey; die ſes iſt vermuthlich die Urſache, wodurch verſchiedene Naturkuͤndiger bewogen worden, die Entfaͤrbung des Weins ausfuͤndig zu machen; Allein nach vielen an⸗ geſtellten Unterſuchungen haben fie dennoch nur oben; hin die Sache entworfen. Der beruͤhmte und wegen ſeiner Erfindungen be: kannte Mariotte * hat eine Erfahrung gemacht, wel⸗ che mit dem Vorwurfe meiner Abhandlung eine große Aehnlichkeit hat. Er goß zween bis drey Tropfen zer⸗ ſchmolzenes Weinſteinſalz (Ol. Tart. per delig. ) in ein halb Glas voll ſehr ſchoͤnen Weins, wodurch dieſer die rothe Farbe verlohr, und dick und gelblich ward, als ein umgeſchlagener und verdorbener Wein. Nach⸗ dem er hierauf zween bis drey Tropfen Schwefelgeiſt, | | wel⸗ Mem. de l' Acad. Tem. X. p. 633 ſeqq. des rothen Weins. 21 her eine ſtarke Säure bey ſich hat, hineingegoffen, been dieſer Wein vollig fine ſchoͤne Farbe wieder. Auf die von Semeny i in ſeiner Abhandlung von ge⸗ heimen Kuͤnſten *, angeführte Erfahrung kann man ſich nicht auf gleiche Weiſe verlaſſen; denn nachdem ich ſelber mit der genaueſten Achtſamkeit dieſe Erfah⸗ rung habe ins Werk ſetzen wollen, ſo habe ich ſolche niemals zu Stande bringen Ta Dieſer Schrift⸗ ſteller ſaget, daß, wenn man Aſche von weiße Trau⸗ ben tragenden Weinreben uͤber rothen Wein ſtreue, derſelbe nach vierzig Tagen weiß werde, und wenn man hingegen Weinrebenaſche von einem rothe Trau⸗ ben tragenden Weinſtock uͤber weißen Wein ſtreue, dieſer in eben ſo viel Zeit roth werde. Dieß iſt die von Lemery angefuͤhrte Erfahrung, welcher, meines Erachtens, wenig zu trauen iſt. Herr James ſaget in ſeinem allgemeinen medicini⸗ chen Woͤrterbuche, daß die feuerfeſten Laugenſalze, als da ſind die Weinſteinaſche, die Pottaſche, das Weinſteinſalz, den rothen Wein entfaͤrben ſollen; ich habe aber aus der Erfahrung das Gegentheil befun⸗ den: denn ich habe ſelber verſchiedene male dieſen Verſuch angeſtellet, und noch dazu ſorgfaͤltig die Lau⸗ genſalze, die Weine und die Doſin veraͤndert. Zu⸗ weilen iſt es geſchehen, daß dieſer Wein wie ein um⸗ geſchlagener Wein, bisweilen auch wie ein Bleichert ausgeſehen: Einmal ward er dunkelrother; es fiel mir ein, dieſen Wein zu koſten, und ich befand des⸗ ſen Geſchmack von einer Saͤure, die etwas ſuͤßlichtes bey ſich hatte, w wodurch ich aa daß er * * Traité des Secrets, Mr 3. 22 Peyre, von der Entfärbung te mit Glette verſuͤßet oder klar gemacht worden ſeyn. Es fiel auch nach meiner Muthmaßung aus: Denn nachdem ich mich der Arſenikleber als eines Probier- ſteines bedienet, welche aus einem Theile Operment und zweenen Theilen ungelöfchten Kalk zubereitet wor⸗ den, und insgemein unter dem Namen Impregna- tio Auripigmenti bekannt iſt, und nachdem ich von dieſer Imprægnation über den mir verbächtigen Wein gegoſſen, fo fiel auf den Boden ein ſchwarzes Pulver, welches ein wahres Bley war. Junker in ſeinem Conſpectu Chimiæ p. 1083. verſichert, daß die Wir⸗ kung dieſer Inprægnation untruͤglich ſey, und die Er: fahrung hat ſolches bewieſen. 5 110 Der beruͤhmte Rohault ſetzet in ſeiner Naturlehre P. I. c. 24. daß die Form eines ſchmackhaften Koͤr⸗ pers in der Einrichtung und der Figur ſeiner Theile beſtehe, und fuͤhret zum Beweiſe dieſer ſeiner Mey⸗ nung folgende Erfahrung an. „Ich habe, ſaget er, „einen zinnern Topf genommen, deſſen Boden ich „durchgebohret, und das Loch mit einem Stuͤcke Tuch »zugeſtopfet; Hierauf habe ich ſehr duͤnnen Sand ge- „nommen, welchen ich zuvor fo rein gewaſchen hatte, daß er unvermoͤgend geweſen waͤre, ein durch daſſelbe »gegangenes Waſſer im geringſten zu faͤrben; nach⸗ „dem ich ſolchen nachher wohl getrocknet, habe ich un⸗ „gefaͤhr die Halfte des Topfes damit angefuͤllet. Dar: „auf habe ich ein halbes Maaß ziemlich dunkelrothen „Weins hinein gegoſſen, welcher vermittelſt des Bo⸗ „ denloches unten durchgetroͤpfelt: Zuerſt iſt beynahe »ein viertel Maaß einer dem Waſſer gleichende klare „und ungeſchmackte Feuchtigkeit herausgefloſſen. Als 551 * Stahl. Fundam. chimiæ part. II. p. 37. des rothen Weins. 23 ich hierauf wahrgenommen, daß die herunterfallende „Tropfen anfingen 5 roth gefaͤrbt zu werden, ſo habe „ich das darunter geſtellete Gefäß gegen ein anderes „verwechſelt, in welches letzteres beynahe auch ein 2 „‚biertel Maaß gefloſſen. Was auf dieſe Art heraus⸗ „gekommen, iſt bey weitem nicht ſo roth und ſo ſchmack⸗ „haft, als der Wein, geweſen, ehe er durch den Sand „gegangen. Endlich, nachdem ich dieſe letztheraus⸗ „gefloffene mit der erſtern ganz klaren durchſichtigen 2 euchrigfeit vermiſchet, iſt ein Ganzes daraus ent⸗ „ſtanden, welches nicht fo viele Farbe hatte, und wel: „ches überdem ſaſt ohne Gefehmakt gewesen. Aus allen ebenangefuͤhrten Erfahrungen erhellet, daß man es dahin gebracht hat, einige Veraͤnderun⸗ | gen in der Farbe des Weins zu wirken; allein bisher hat ſich noch niemand gefunden, der denſelben ganz ent⸗ f äͤrbet hätte. Rohault iſt der einzige, der aus einem halben Maaße rothen Wein beynahe ein viertel Maaß eines dem Waſſer gleichenden Weins herausgebracht. Die von mir angeſtellte Erfahrungen haben mich zu einer viel vollkommeneren Entfärbung, und zu ge⸗ meinnuͤtzigeren Erfindungen den Weg gebahnet. Ich werde fie der Welt mittheilen, in der Hoffnung, fie wer de mein Unternehmen guͤnſtig beurtheilen, und mit einigen Dank wiſſen, daß ich ihr dasjenige bekannt ma⸗ che, was einer von den gluͤcklichen, in der Chymie nicht ſelten vorkommenden ungefaͤhren Faͤllen, die in dieſer Kunſt ſchon viele Wunder hervorgebracht, mich gelehret hat. . Ein reiſender Spanier hatte mich unterrichtet, wle man den Alicantenwein nachmachen koͤnnte, und ich fing nach feinen Lehren an, 8 arbeiten. Dieſer Wein 24 Peyre, von der Entfaͤrbung iſt, wie man weis, roth und dick, er ſetzet an den Seiten der Flaſchen einen Weinſtein an, und wird fuͤr einen guten Magenwein gehalten. Man machet ihn nach, mit gutem alten rothen Weine, der ſtark von Farbe iſt, mit Armeniſchem Bolus, und mit einigen wenigen Rautenblaͤttern. Das war alles, was ich von dem Reiſenden lernete: 2 will ich ſagen, wie ich zu Werke gieng. Ich goß den ısten Julius 1748 in eine ſehr ſau⸗ bere glaͤſerne Flaſche, ungefaͤhr zwey Pfund alten guten rothen Wein ein, der ſtark von Farbe war, hier⸗ zu that ich ungefaͤhr 4 Unzen Armeniſchen Bolus, und ein Quentchen Rautenblaͤtter. Ich ſtopfete die Flaſche mit einem Korkenpfropfe zu, und ſtellete ſie an die Sonne, wobey ich nicht vergaß, dieſelbe acht Tage nach einander, morgens und abends zu ſchuͤt⸗ teln. Nachdem ich hernach dieſes Schuͤtteln acht Tage lang unterlaſſen, ſo ſah ich mit Verwunderung, daß dieſer Wein, anſtatt daß er hätte ſollen truͤber werden und mehr Farbe bekommen, vielmehr ſo rein und klar geworden, als ein abgefläreter weißer Wein. Ich machte die Flaſche auf, koſtete den Wein, und er ſchien mir etwas ſaͤuerlich zu ſeyn. Alſobald beſchloß ich, dieſen Verſuch zu RER len, in der Meynung, daß die Säure, fo der Wein angenommen hatte, daher ruͤhrete, weil ich die Fla⸗ ſche nicht mit aller moͤglichen Sorgfalt zugeſtopfet haͤtte; daß der dem Weine noch uͤbrig gebliebene ge⸗ ringer Anſtrich von einer Farbe, der Raute muͤßte zugeſchrieben werden; und daß ich, anſtatt des Ar⸗ meniſchen Bolus, mich einer Erde bedienen 1 5 wel⸗ des rothen Weins. 235 welche zu Merviel, einem zwo franzoͤſiſche Meilen von Montpellier liegenden Dorfe, gefunden wird. Der Wein iſt bekannter maßen um ſo viel dunke⸗ ler von Farbe, je dicker und weinſteinigter er an ſich iſt; Folglich ruͤhret die Farbe des rothen Weins von den weinſteinigten Theilen her. Der Weinſtein ſel⸗ ber iſt eine Zuſammenſetzung von dem weſentlichen Salze der Trauben, und den oͤlichten Theilen ihrer Haͤutlein. Daher habe ich geurtheilet, daß, wenn man eine Subſtanz ausfuͤndig machen koͤnnte, welche mehr mit gedachter ölichten Materie, als mit der damit ver: einigten Säure uͤbereinkaͤme, fo wuͤrde man dem Weine ſeine natuͤrliche Farbe benehmen; und dieß iſt es eben, was ich durch Hinzuthuung der Mervieliſchen e zum Weine ausgefunden habe: Denn dieſe Er⸗ de hat darum nur die Eigenfchaft, den Weinſtein weiß zu machen, weil ſie mehr mit ſeinem groben Oele, als mit feinem Sauerſalze überein kömmt. Da fie nun die Eigenſchaft hat, den Weinſtein in ſeine Beſtand⸗ theile aufzulöfen, fo iſt es kein Wunder, daß fie dem Beine feine natürliche Farbe benehme; und die Er⸗ N fahrung hat mich gelehret, daß dieſe Gedanken ihre Richtigkeit haben. Ich that nämlich den ıften Au⸗ guſt des obgedachten Jahres, in zwo ſaubere glaͤſerne Flaſchen, i in die eine vier Unzen zu Pulver geſtoßenen Armeniſchen Bolus, und in die andere vier Unzen ebenfalls zu Pulver geſtoßene Mervieliſche Erde. Dieſe Erde iſt eine Art von weißer Kreide, und beſtehet aus zweenen Beſtandtheilen, wovon der eine fett und ſei⸗ fenhaft, der andere aber, fo in geringem Maaße dar: unter befindlich, ſandigt iſt, dabey fo hart, daß er in flüßigen Materien nicht aufgeloͤſet werden kann. Ich B 5 goß 26 Peyre, von der Entfarbung goß in jede Flaſche zwey Pfund von gleicher Art Wein, ich ſtopſete fie aufs ſorgfaͤltigſte mit guten korkenen Pfropfen zu, welche ich mit einem Hammer hineintrieb; über die Pfropfen that ich einen von Ei erweiß und ungeloͤſchtem Kalk gemachten Kuͤtt; dieſes alles bedeckte ich mit einer Blaſe, welche ich mit ei⸗ nem Faden dicht zuband. In dieſem Zuſtande ſetzte ich dieſe beyde Flaſchen vierzehn Tage lang an die Sonne, und ſchuͤttelte fie die erften acht Tage durch, unausgeſetzt morgens und abends. Nach verfloſ⸗ ſenen vierzehn Tagen ward der Wein in beyden Fla⸗ ſchen entfaͤrbet, und ſah aus wie Waſſer. Der Satz hatte nicht dieſelbige Farbe; der eine war braunroth, der andere aber, welchen die Erde von Merviel > Bet hatte, war fleiſchfarbe. Da ich nun die Flaschen wieder geoͤffnet, ſo koſtete ich die darinn enthaltene Feuchtigkeit, und ich befand, daß ſie nicht mehr den vorigen Geſchmack hatte, ſondern nach einem ſehr waͤſſerigten Weingeiſt ſchmeckete. N Von dar an war ich bedacht, unter dem vermiſchten Körper aus den Gewaͤchſen, oder aus dem Thierrei⸗ che, oder aus den gegrabenen Dingen, nicht allein die Mittel ausfuͤndig zu machen, den Wein auf eine geſchwinde Art zu entfaͤrben, ſondern auch dem ge: meinen Brandtewein feine gewöhnliche Schärfe zu benehmen. Da dieſe beſondere Unternehmungen er⸗ fordern, daß ich noch einige von mir angefangene Er⸗ fahrungen ausfuͤhre, ſo werde ich einen beſondern Aufſatz davon verfertigen; in dieſem gegenwärtigen aber nur allein die Art und Weiſe an die Hand geben, wie man den entfaͤrbten Wein von Waſſer reinigen, und einen mit Laugenſalze gereinigten Wein Wee on⸗ | des rothen Weins. 27 me dieſer Abſicht brauche ich 600 das Mit⸗ 005 e Herr Boulduc bedienete, m zu beſtimmen, wie viel der Eßig Saͤure enthielte, und deſſen ſich auch Hoffmann, Boerhave, und alle Chyn ieverſtandige bis auf den heutigen Tag bedienet haben. Hieraus erſiehet man ſchon, daß ich das feu⸗ erfeſte Weinſteinſalz gebrauche, welches ich auf fol⸗ gende Weiſe zubereite. Ich ſtecke i in ein ungebrann⸗ s irrdenes Geſchirr, den rohen zu groben Pulver en Weinſtein; fo wie dieſes Geſchirr aus⸗ | brennet, wird der Weinstein zu Laugenſalz. Dieſes mache ich mit Waſſer zu einer gauge. Ich feige es, und la es abrauchen, bis der Satz trocken iſt, und ſetze a Feuer fort, bis das Salz weiß geworden. Dieſes alz reinige ich, indem ich es noch zweymal wieder aufloͤſe und wieder verkalche, und fo bekomme ich ein ſehr laugenbaftes und ſehr weißes Weinſteinſalz. Wenn man von dieſem feuerfeſten und vollkommen getrockneten Laugenſalze eine Unze in ein ſehr ſauberes glaſernes Gefäß thut, und an eine trockene zuft, an ei⸗ nen ri Ort, dahin nicht der geringſte Wind drin⸗ m 17* binſtelet, ſo findet man es, nach einigen agen, mit einer großen Menge Waſſer impraͤgniret; Nachdem ich es in eine glaͤſerne Retorte gefüllet, habe a n Recipienten daran gepaſſet, deſſen Fugen ich dohl verküttet, und habe alle Feuchtigkeit auf dem audbade davon getrieben. Nachdem ich darauf die Ge hatte kalt werden laſſen, fo habe ich im Re⸗ cipienten 3 Unzen Waſſer angetroffen; das Salz, wel⸗ ches in der Retorte geweſen, hat eine Unze gewogen. Hieraus ſiehet man, daß eine jede Unze Satz drey Un⸗ zen Feuchtigkeit in ſich ziehe. ot Aus * „Hit. de l' Acad. T. II. p. 335. 28 Peyre, von der Entfaͤrbung Aus dieſem Grunde habe ich 12 Unzen entfaͤrbten Weins, und 3 Unzen obgedachter maßen zubereiteten Weinſteinſalzes in eine Flaſche gethan, und dieſe zur geſtopfet. Nach ſtarkem Schuͤtteln iſt das Weine ſalz geſchmolzen und hat ſich auf den Boden geſetzt; den geiftigen Theil, welcher oben ſchwamm, habe ich mit einem Heber davon getrennet; die übrige Feuch⸗ tigkeit aber, ſo noch uͤbrig blieb, habe ich mit noch ei⸗ ner Unze Weinſteinſalz, das zum Theile darinnen ge ſchmolzen, vollends verzehret; und auf dieſe Weiſe ha⸗ be ich eine Unze 3 Quentchen mit Laugenſalze gelaͤuter⸗ ten Weingeiſtes bekommen, der das Schießpulver an⸗ geſteckt. Da man nun durch dieſe Erfahrung gewiß weis, wie viel Geiſt der entfaͤrbte Wein enthaͤlt, und wie viele waͤſſerichte Feuchtigkeit das Weinſteinſalz in ſich ziehet; ſo kann man daraus Brandteweine machen, welche mehr oder weniger ſtark ſind, je nachdem man mehr oder weniger waͤſſerichter Feuchtigkeit darinnen laͤſſet. Ein Pfund Brandtewein, der die Delprobe hält, fuͤhret fuͤnf Unzen Waſſer bey ſich. Ein Pfund gemeinen Brandtewein hat neun Unzen drey Quentchen Waſſer bey ſich. Man kann ferner vermittelſt des auf obgedachte Weiſe zubereiteten Weinſteinſalzes beſtimmen, wie viel Weingeiſt ein jeder Wein enthält, ehe er entfaͤr⸗ bet worden. Aus allen dem, was angefuͤhret worden, folget: 1.) Daß von allen denjenigen, welche an der Entfaͤr⸗ bung des Weines gearbeitet, bisher keiner es ſo weit gebracht, daß er den Wein voͤllig entfaͤrbet haͤtte. 2) Daß 0 des rothen Wein. 29 al 8 Def ich zu der vollkommenen Srfärbung des Weins gekommen. 3.) Daß ich ohne Huͤlfe des Feuers, aus dieſem tfarbten Weine, Weingeiſt abziehe. Endlich 4.) daß man augenblicklich beſtimmen koͤnne, wie viel Seit ein jeder Wein be ſich Bahr. ur NL .onnennsenuunnnnnnn nene. | Sendſchreiben | an Herrn Profeſſor Käſtnern, 1 en 7 f worinn die Aehnlichkeit des Auges { mit einem verſuſterten Zimmer | | en wird , von D. J., A. . 25 Wur. 9. verwerfen die Vergleichung des Auges mit einem verſinſterten Zimmer, die bisher, I fo viel ich weis, einen ganz allgemeinen A Beyfall gehabt hat. Ich habe mich in dem Befige dieſer Meynung fo ficher zu ſeyn geglaubt, daß es mir ganz unerwartet war, als ich nach der erſten Durchleſung Ihres Aufſatzes, faſt ſchluͤßig warhen Tee ſie aufzugeben. Ein hefenderer Eifer, die * Siche des 8 B. 4 St. S. 46 u ſ. f. 30 Von der Aehnlichkeit des Auges die Rechte meines Auges zu vertheidigen, hat mich auf den Entſchluß gebracht, diejenigen Ueberlegun⸗ gen, ſo ich nachher dieſer Sache wegen angeſtellet, Eur. H. zur Beurtheilung zu uͤbergeben, und es wird Ihnen zum wenigſten nicht misfallen konnen, daß ich mich einer Vergleichung annehme, die doch wohl noch am oͤfterſten den angehenden Arztneygelehr⸗ ten, die allzufruͤh die Phyſiologie hören, Gelegenheit giebt, noch bey Zeiten in ſich zu ſchlagen, und ſich vorher erſt mit der Mathematik und Naturlehre ein wenig bekannter zu machen. Ich will nicht ausmachen, ob alle Arztneyge⸗ lehrte die Vergleichung des Auges mit einem verfin⸗ ſterten Zimmer auf eben diejenige Art annehmen und auslegen, als ich voritzo hier thun werde. Vielleicht aber ſollte man fie von Rechts wegen nicht andere auslegen, als ſo, und in dieſem Falle wird Eur. H. Beyfall gewiß meine Meynung in allen phyſiologi⸗ ſchen Lehrbuͤchern allgemein machen koͤnnen. Die Einrichtung des Auges koͤmmt mit der Ein- richtung eines verfinſterten Zimmers uͤberein; daran zweifeln Sie nicht. Die ganze Schwierigkeit betrifft den Zuſchauer in dem verfinſterten Zimmer. „Dies ‚fer empfindet die Bilder, vermittelſt feiner Augen, „die Seele, vermittelſt des Nervenfafts = = der ge- „ſpannten Nervenfaſern - = mie man will; aber ges „wiß nicht vermittelſt anderer Augen, und alfo nicht „auf die Art, wie der Zuſchauer. , Da Eur. H. einen Einwurf von dieſer Art machen, ſo ſetzen Sie voraus, daß in der Vergleichung des Auges mit ei⸗ nem verfinſterten Zimmer, das netzfoͤrmige Haͤutchen in jenem, die weiße Wand in dieſem, und die Seele, | den mit einer verfinſterten Zimmer. 31 en Zuſchauer vorſtellen ſollte. Ich bin weit von dies er Vorſtellung entfernt. Die Vergleichung erſtreckt ſich nicht weiter, als bis an das netzformige Haͤutchen des Auges, und die weiße Wand im Zimmer. Der fremde Zuschauer muß ganz aus dem Zimmer hin⸗ weg. In dieſer Vergleichung des Auges bleibt das erfinſterte Zimmer ledig, und die empfindende Seele 1 5 im Auge wird von dem netzfoͤrmigen Haͤutchen eben fd wenig, als ihre Empfindungen von denjenigen Eine dtuͤcken unterſchieden, die die Bilder darauf machen. Kurz, ich vergleiche mit dem Auge ein ſolches verfin⸗ ſtertes Zimmer, darinn die weiße Wand ihre Ein⸗ druͤcke von den Bildern denkt, die ſich darauf abma⸗ len, und es iſt klar, daß hierbey der Zuſchauer in einem verfinſterten Zimmer gar keine Rolle befümmt. Solchergeſtalt iſt hier bie Frage gar nicht moͤglich, ob ſich die Seele die Bilder im Auge auf eben die Art vorſtellt, wie der Zuſchauer die Bilder auf der weißen Wand empfindet. Man kann vielmehr nur einzig und allein die Frage thun, ob die weiße Wand, wenn ſie daͤchte, die Bilder auf eben die Art empfin⸗ den würde, als fie das netzfoͤrmige Haͤutchen empfin⸗ det, und dazu ſage ich, in der Vergleichung, ohne Bedenken: Ja. Hat alſo die Aehnlichkeit des Gleich: niffes einen Mangel, fo beſteht er bloß darinn, daß das neßförmige Haͤutchen im Auge empfindlich, hin⸗ gen die weiße Wand im Zimmer, unempfindlich iſt. Ich unterſcheide alſo, ſo wie ich das Auge und finſtere Zimmer vergleiche, die Seele nicht von dem netzfoͤrmigen Haͤutchen: denn es iſt genug, daß dieſes empfindet, die Seele mag es damit anfangen, wie ſie will. Empfaͤnde die weiße Wand des . 5 h 5 32 Von der Aehnlichkeit des Auges fo hätte ſie gewiß auch eine Seele, und un itig, würde es uns eben fo unbekannt ſeyn, wie ihre Seele die Begriffe von den Bildern auf der Wand bekaͤme, als es uns von unſrer eignen Seele iſt. In diefem, Falle waͤre in dem finſtern Zimmer etwas vorhanden, das mit der Seele im Auge, in fo fern ſie von dem Netzhaͤutchen unterſchieden wird, in Vergleichung geſtellet werden koͤnnte. Bis dahin muß die Seele ganz aus der Vergleichung wegbleiben, oder ſie muß wenigſtens nicht mit dem fremden Zuſchauer, ſon⸗ dern mit der weißen Wand, verglichen werden. Nach dieſer Vorausſetzung fälle alles dasjeni von ſich ſelbſt weg, was E. H. S. 428 von der ( 925 pfindung der Bilder anfuͤhren. Die Seele empfin⸗ det die Sachen ſelbſt, nicht die Bilder: der Zu⸗ ſchauer empfindet die Bilder, nicht die Sachen: daraus folgt, daß es falſch ſeyn wuͤrde, die Seele mit dem Zuſchauer zu vergleichen, welches ich aber nicht thue, und auch den Schriftſtellern, die bier» von geſchrieben, nicht zutrauen will, ob ich gleich ißo nicht Zeit habe, fie nachzuſchlagen. Wenn man in der Vergleichung des Auges mit dem finſtern Zim⸗ mer, bis auf die Bilder gekommen iſt; ſo muß man nach meiner Einſicht, ungefaͤhr das Gleichniß alſo ſchließen: Die weiße Wand im Auge iſt empfindlich. Sie empfängt die Bilder auf eine uns unbegreifliche Art, das iſt, wie ſie empfindende Waͤnde empfangen, die die Figuren in Vorſtellungen verwandeln. Da⸗ her ſind in ihr die Eindruͤcke der Bilder Begriffe von Sachen. Wäre die Wand des Zimmers auch em⸗ pfindlich, ſo wuͤrden die Eindruͤcke der DU in ihr auch Begriffe von Sachen ſeyn. Ni: IF mit einem verfinſterten Zimmer. 33 Die Streitfrage der Aerzte, warum wir die Bil⸗ je die ſich doch umgekehrt abſchildern, aufgerichtet ſehen, koͤmmt nunmehr nur ganz weitlaͤuftig in den Zuſammenhang n mit der Frage, ob die Vergleichung 5 des Auges mit einem finſtern Gemache i in allen Stuͤ⸗ den ihre Richtigkeit babe? Aber ſie behaͤlt dem un⸗ tet noch immer die Schwierigkeit „ ſo ſie bisher gehabt hat. Ich ſchließe nicht, daß wir die Sachen verkehrt ſehen ſollten, weil ſie im finſtern Zimmer der Zuſchauer eben auch verkehrt ſieht; ſondern dieſe Fol⸗ gerung fließt aus ganz andern Betrachtungen, davon ich hier einen kurzen Abriß machen will. Alle Menſchen ſetzen einſtimmig zum Voraus, daß wir die Sachen ſo ſehen, wie ſie in der That ſind, und daß alle Menſchen einerley Sachen auch auf ei⸗ nerley Art ſehen. Wer laͤßt ſichs einfallen, daß das, was er rund ſieht, auch wohl ein Viereck ſeyn koͤnnte, oder daß ſein Nachbar, der von Jugend auf angewie⸗ ſen worden, eine gewiſſe Empfindung, die ich A nen⸗ nen will, eine grüne, eine andre B aber, eine blaue Farbe zu nennen, daß, ſage ich 4 dieſer, wenn er in ſeiner Stelle wäre, bey der gruͤnen Farbe, die Em⸗ pfindung B, bey der blauen aber die Empfindung A haben könnte, und daß alſo beyde beſtaͤndig ganz ver⸗ ſchiedene Farben ſaͤhen „ ob ſie gleich immer einerley Ausdruck behalten würden, So möglich. die Sache vielleicht an ſich ſelbſt ſeyn kann, ſo laͤcherlich wuͤrde uns derjenige vorkommen, der es zum erſtenmale im 8 behaupten wollte. Ich ſetze alſo voraus, daß die Menſchen durchgängig gewohnt find, nach fol⸗ * 1 Geundſätzen beym Sehen zu ſchließen: 1. Wir ſehen die Sachen, wie ſie in der That ſind. 2. Wir 9 Dand, C ſehen 34 Von der Aehnlichkeit des Auges ſehen alle einerley Sachen einerley, d. i., wir haben von einerley Sachen einerley Vorſtellungen. Hierzu koͤmmt der dritte Grundſatz, welcher ganz unſtreitig iſt, naͤmlich 3. daß unſre Empfindungen durch die Gliedmaßen der Sinne veranlaßt, und verändert werden. Aus dieſen Gruͤnden urtheilen wir, meines Erachtens, mit Recht, daß es in Abſicht der uͤbrigen Geſetze unſrer Empfindungen etwas ganz außerordentli⸗ ches fen, daß wir die Sachen nicht verkehrt ſehen. Die Folgen fließen ganz natuͤrlich aus einander. Ich nehme ein Auge, und loͤſe an deſſen Hintertheile die harte Haut ab; ſo kann ich ſehen, wie ſich die Bilder im Auge vorſtellen. Es zeigt ſich ein hoher Thurm, und ein Baum. Der erſte iſt im Bilde des Auges nach Proportion viel groͤßer, als der letzte. Ich ſehe mit eignen Augen, daß der Unterſchied der Groͤße dieſer Gegenſtaͤnde dieſelbige Proportion hat, wie die Bilder. Ich ſchließe vermoͤge des zweyten Grundſatzes, daß das Thier, dem das Auge zuge⸗ hoͤrte, eben daſſelbe erkannt hat, und hieraus ent⸗ ſpringt die allgemeine Folge: Wir ſehen die Größe der Dinge recht, weil die Bilder im Auge dieſe Groͤßen im Kleinen vorſtellen. Wir wollen nun⸗ mehr den Schauplatz verändern. Es zeigt ſich ne— ben dem runden Thurme ein viereckigtes Gebäude, So empfinde ich den Unterſchied beyder Geſtalten, und glaube, vermoͤge des erſten Grundſatzes, daß ich ſie recht empfinde. Ich ſehe, daß das Bild vom Hauſe in der That auch viereckigt, das vom Thurme hingegen rund erſcheinet, und ſchließe, vermoͤge des zweyten Grundſatzes, daß das Thier von den Ge: ſtalten beyder e „ diefelbigen Begriffe als ich, gehabt mit einem verfinſterten Zimmer. 35 gehabt habe. Dieſes fuͤhret mich auf den allgemei⸗ nen Satz: Wir ſehen die Geſtalten der Dinge, fo wie ſie ſich im Auge abbilden. Ich veraͤndre von neuem den Auftritt. Es erſcheint der blaue Himmel, und das gruͤne Feld. Ich ſehe blau und gruͤn, und glaube recht zu ſehen. (1. Gr.) Das was ich blau ſehe, er on auch im Auge blau, das Feld hingegen gruͤn. Gewiß hat das Thier dieſe beyden Farben eben fo gedacht, „als ich. (2. Gr.) Ich ſchließe alſo: daß wir die Farben der Dinge ſehen, ſo wie ſie in den Bildern des Auges erſcheinen. Ein gleiches bemerke ich bey den Bewegungen der Gegenſtaͤnde und Bilder, und ihren andern Veraͤnderungen, die immer einſtimmig bleiben; und wenn ich dieſes alles uſammen nehme; ſo ſchließe ich überhaupt, daß En die Gegenftände fo ſehen muͤſſen, wie fie die Bil; der im Auge vorftellen. Die einzige Ausnahme ift die, daß ſich im Auge alles verkehrt zeiget, da ich doch alles aufrecht ſehe, und gleichwohl verſichert bin, daß ich recht ſehe (1. Gr.), und das Thier fo gefer hen haben muß, wie ich (2. Gr.). Dieſes iſt die Urſache, warum man ſchuldig iſt, eine beſondre Er⸗ Flärung davon zu geben, warum wir die Sachen nicht verkehrt ſehen. Denn daß wir fie aufrecht ſehen, dies ſes widerſtreitet den uͤbrigen Geſetzen der Empfin⸗ dungen des Geſichts, nämlich daß die daher rührens den Vorſtellungen in allen andern Faͤllen ſich genan nach den Bildern im Auge richten; und daher iſt, meiner Meynung nach, die Erklärung dieſer außer⸗ or ntlichen Erſcheinung, in eben die Claſſe zu fegen, wohin Eur. H. die Frage rechnen, warum wir die Sachen nicht doppelt * Da Da jene ſo gar von den 7 2 Geſetzen 35 Von der Aehnlichkeit des Auges | Geſetzen des Sehens, dieſe aber nur von den Em⸗ pfindungsgeſetzen andrer Sinne eine Ausnahme zu machen ſcheinet. Damit ich wieder auf das verfuſterte Gemach komme; ſo will ich nur noch mit wenigem zeigen, wie man etwan in der Vergleichung des Auges mit demſelben, nach meiner Erklaͤrungsart, auf eben die vorigen Betrachtungen kommen koͤnnte. Die weiße Wand ſtellet das Hintertheil des vorigen Auges vor, und ich, als der e bilde mir ein, daß dieſe Wand beſeelet ſeyn eönnte, oder geweſen fer. Ich ſtelle alle die vorigen Beobachtungen in eben der Reihe an, und komme zuletzt auf dieſelbe Schwierig⸗ keit. Der Zuſchauer, den Eur. H. ſetzen, hat alle dieſe Betrachtungen nicht noͤthig. Er ſchließt ſo: die Seele empfindet die Bilder der Sachen, und muß alſo in ihren Vorſtellungen damit uͤbereinſtimmen. Ich ſtelle die Seele dieſer Wand vor, und meine Vorſtellungen ſtimmen mit ihren Bildern nicht uͤber⸗ ein. Da ich die Sachen gerade ſehe, und die Bil- der doch verkehrt ſtehen: alfo iſt hier eine Schwierig⸗ keit. Sie beweiſen ſelbſt, daß er dieſelbe aus fal⸗ ſchen Gruͤnden herleitet, und verwerfen alſo die ganze Schwierigkeit. Nach derjenigen Herleitung hinge⸗ gen, ſo ich davon gemacht habe, kann dasjenige, was Eur. H. anfuͤhren, die Schwierigkeit ganz und gar nicht vernichten, oder zu derjenigen in eine Claſſe ſetzen, die das Geheimniß der Vereinigung Leibes und der Seele betrifft. Ich wundre mich nicht, warum Zucker ſuͤße, und Eßig ſauer ſchmeckt, weil ich nicht finde, daß dieſes andern Geſetzen der Em⸗ pfindungen widerſpraͤche. Es wundert mich 55 N Bi da mit einem verfinſterten Zimmer. 37 daß wir die Sachen in Abſicht der Höhe und Tiefe anders ſehen, als ſie die Bilder im Auge vorſtellen, da wir die Groͤßen, Farben und Geſtalten der Sachen ſo ſehen, wie ſie die Bilder im Auge vor⸗ ſtellen, und wie wir e „ daß fie in der Na⸗ tur * babe alſo, wie ich glaube, dargethan, die Vergleichung des Auges mit einem | n Zimmer, ohne in Abſicht des Zuſchauers einen Irrchim zu begehen, vollkommen beybehalten werden koͤnne, und dieſes ſtreitet nur in dem Falle wider Eur. H. Aufſatz, wenn es nicht zu beweiſen teht daß ſchon jemand dieſen Fehler in der Ver⸗ gleichung ſollte begangen haben, indem Eur. H. dieſes zum Voraus ſetzen: theils, daß die Schwie⸗ rigkeit, bey der Frage, warum wir die Sachen nicht verkehrt ſehen, aus beſſern Gruͤnden, als Sie den Aezmeygelehtren beymeſſen, koͤnnen hergeleitet wer⸗ den, und endlich, daß dieſen Gruͤnden zu Folge, Bi noch nicht gehoben, oder in die Zahl der Geheimniſſe unſers Koͤrpers verſetzt ſey, ſondern einer beſondern Erklaͤrung beduͤrfe. Ich erſterbe, mit der dee Hoch⸗ achtung, u. . 1 . — - : u — . — IV. Er⸗ 38 Von der Aehnlichkeit des Auges * * * * U * ι⏑ K S | IV. e Erinnerungen gegen r von der Aehnlichkeit des Auges mit di nem verfinſterten Zimmer. 5 N err Doctor Unzer hat dieſen Kuffag, mir ef irn der Abſicht zugeſandt, meine Anmerkun⸗ A gen benzufuͤgen. Ich bediene mich hier dieſer Erlaubniß. Ob die Vergleichung des Auges mit dem verfinſter⸗ ten Zimmer, bis auf die Seele, von andern iſt getrie⸗ ben worden, waͤre bloß eine biftorifche Unterſuchung, und wenn gar niemand fie fo weit getrieben hätte, wuͤrde aller Vorwurf, der für mich daraus entftünde, dieſer ſeyn: daß ich einen Irrthum beſtritten haͤtte, den noch niemand oͤffentlich in Schriften geaͤußert, in den aber doch die Vergleichung des Auges mit dem verfinſterten Zimmer jemanden, der die Sachen nicht aufs genaueſte uͤberlegte, leicht verführen koͤnnte. Da man aber nicht allezeit fuͤr lauter große Geiſter ſchrei⸗ ben kann, und wenn man Deutſch ſchreibet, ſolches nicht allemal thun darf, ſo hoffte ich wenigſtens nichts unnüßers gethan zu haben, wenn ich einem Irr⸗ thume vorbauete, in den man verfallen koͤnnte, als Herr Dr. Unzer, wenn er in ſeinen allgemeinen Be⸗ trachtungen von den Krankheiten die Ontologie der Patho⸗ mit einem verſinſterten Zimmer. 39 Pathologie demonſtriret hat, die ſeinem eigenen Ge⸗ ſtaͤndniſſe nach von den Lehrern der Arzneykunſt vor: aus geſetzt wird, und folglich ihnen bekannt geweſen ſeyn muß. Aber ich kann mich auch rechtfertigen, daß der falſche Gedanke, den ich beſtreite, wirklich von einigen iſt vorgetragen worden. In Hr. Wiede⸗ burgs lateiniſchen Inſtitutionibus mathematicis, die zu Braunſchweig 1718 heraus gekommen, wird in der Optik die Vergleichung ausdruͤcklich bis auf den Zu⸗ ſchauer und die Seele getrieben, aber in ſeiner neuern deutſchen Einleitung zur Mathematik, hat er ſich be⸗ dachtſamer ausgedruͤckt. Daß die Seele ins Auge ngeſperrt fen, wie der Zuſchauer ins finſtere Zimmer, das hat ſich wohl niemand vorgeſtellt, und wenn Hr. Dr. Unzer mit den Worten: der fremde Zuſchau⸗ er muß ganz aus dem Zimmer weg, nichts wei⸗ ter hat lehren wollen, fo haben ſich die Lefer über ihn zu beſchweren, daß er ſie dieſes lehren will; aber das kann doch Hr. Dr. Unzer nicht laͤugnen, daß man ſich eine Aehnlichkeit zwiſchen der Art, wie der Zu⸗ ſchauer die Bilder auf der Wand ſiebt, und wie die Seele empfindet, vorgeſtellt hat. Dieſes beweiſe ich aus der Frage: warum wir die Sachen aufgerichtet ſehen? Hätte man die Seele nicht als den Zuſchauer betrachtet, fo waͤre man nie auf dieſe Frage gerathen, weil ſonſten zwiſchen dem verkehrten Stande des Bil⸗ des, und dem verkehrten Sehen kein Zuſannnenhaug iſt. Ich ſollte alſo wohl nicht meynen, daß ich eine falſche Vorſtellung richtig gemacht Härte, bie n mand geheget. W Ob aber jemand Hr. Dr. Unzers Vorſtellung vor ihm gehabt hat, weis ich nicht. Bald gerathe ich in l C 4 die 4e Von der Aehnlichkeit des Auges die Verſuchung, zu fagen, die Materialiſten haͤtten ſie vor ihm gehabt. Doch ich bin noch zweifelhaft, ob ſich etwas eine Vorſtellung nennen laͤßt, dabey man meiner Einſicht nach nichts denken kann, denn ſo et⸗ was iſt, ſo viel ich verſtehe, die weiße Wand, die ihre Eindruͤcke von den Bildern denkt. Von einer Wand, die denkt, habe ich keinen Begriff; ob de la Mettrie einen davon gehabt hat, weis ich nicht. Alſo wird Hr. Dr. Unzer mir verzeihen, daß ich die Frage: ob die weiße Wand, wenn fie dächte, die Bilder ꝛc. gar nicht beantworten kann. Wenn dieſe Ausdruͤckungen von dem Denken und Empfin⸗ den des neczfoͤrmigen Saͤutchens, u. d. g. nicht t materialiſtiſch ſeyn ſollen, fo muß Denken und Em⸗ pfinden bey Hr. Doctor Unzern das nicht heißen, was es bey den Leuten geheißen hat, die mich die Philoſo⸗ phie gelehret haben. Denn, nach den mir bekannten Bedeutungen dieſer Woͤrter, denkt und empfindet das netzfoͤrmige Haͤutchen ſo wenig, als die weiße Wand, es iſt nur ein Werkzeug eines denkenden und empfindenden Weſens. Wenn auch die weiße Wand eine Seele haͤtte, ſo wuͤrde alsdenn ihre Seele em⸗ pfinden, und nicht die weiße Wand. Wenn alſo Hr. Doctor Unzer etwas geſagt hat, das ich begreifen kann, ſo hat er bloß dieſes geſagt: daß in der Seele eine Empfindung entſtehet, welche ſich gewiſſermaßen nach dem Bildchen auf den Nervenhaͤutchen richtet, aber mit dieſem Bildchen auf eine Art zuſammenhaͤngt, die uns unbekannt iſt. Meynt er es fo, fo bin ich mit ihm, und mit vielen Schriftſtellern, die dieſes aus⸗ druͤcklich geſagt haben, eins. Ich glaube auch, ich habe mich dieſerwegen deutlich genug in meinem ” | uf⸗ mit einem verfinſterten Zimmer. 41 Aiffage erklaͤret. Bedeuten feine Ausdruͤckungen was geheimnißvollers, ſo verſtehe ich ſie nicht. Wie weit alſo aus Hr. Doctor Unzers Angeführ⸗ tem, das alles, was ich geſagt habe, von ſich ſelbſt wegfalle, wird man leicht beurtheilen. Ent⸗ weder er hat nichts angefuͤhrt, was ich nicht auch ſchon in meiner vorigen Schriſt angefuͤhrt habe, und was man mit dem geringſten Nachdenken aus dem von mir Angefuͤhrten herleiten kann, oder wenn ſeine em⸗ pfindende Wände was anders ſagen, fo find fiefür mich, und vielleicht für. noch andere Leute, unbegreiflich. Ich muß nun noch von der Art reden, wie Hr. Dr. Unzer zeiget, daß der verkehrte Stand des Bildes i im Auge, allerdings eine wichtige Schwierigkeit ſer. In ſeinen Grundſaͤtzen des Sehens, fümme mir eins und das andere noch unbeſtimmt vor. Ich moͤchte wiſſen, woher er wuͤßte, daß wir die Sa⸗ chen ſehen, wie fie find? Woher wiſſen wir denn, wie die Sachen find! Wir haben keine andere Nachrichten wie die Sachen ſind, als vermittelſt unſerer Sinne, und alſo kann der Ausdruck keinen andern Verſtand haben, als daß wir durch Verglei⸗ chung aller Sinne und Uebereinſtimmung derſelben, uns eine gewiſſe Vorſtellung machen, nicht ſowohl wie die Sachen ſelbſt ſind, als wie gewiſſe Empfin⸗ dungen, die wir von ihnen haben, mit andern Em findungen von ihnen verbunden ſind. Wenn uns ein perſpectiviſches Gemälde beym erſten Anblicke betroͤ⸗ ge, ſo wuͤrde uns das Gefuͤhl uͤberzeugen, daß wir es fuͤr etwas anders angeſehen haben, als es iſt, d. i. daß wenn wir alle Empfindungen zuſammen nehmen, die wir von dieſem Gemaͤlde erhalten koͤnnen, dieſe Em- C 5 pfindun⸗ 42 Von der Aehnlichkeit des Auges pfindungen zuſammen nicht mit denjenigen einerley ſind, die wir von einer wirklichen Allee von an Säufenftellung, u. d. g. haben koͤnnen. Bloß in dieſer Auslegung verſtehe ich den 8 die Sinne ſtellen uns die Sachen vor, wie ſie ſind: ſonſt denke ich mir nichts dabey, weil ich nicht anders weis, wie die Sachen ſind, als vermittelſt der Sinne. Aber wenn ich z. E. Conſtantinopel nicht weiter kenne, als aus den Nachrichten der Reiſenden, woher weis ich denn, daß Conſtantinopel mir von den Reiſenden ſo vorgeſtellet wird, wie es iſt? Gewiß aus nichts weiter, als aus der Vergleichung und Ue⸗ bereinſtimmung der Reiſebeſchreibungen. Eben das, iſt alle Sicherheit, die wir von den Berftellungen der Sinne haben koͤnnen. Gleich die lnwendung des erſten Grundſatzes aufs Au⸗ ge, zeigt, wie viel Unbeſtimmtes er enthält. Hr. Dr. Unzer ſchließt: wir ſehen die Groͤßen, weil die Bilder im Aue dieſe Groͤßen im Kleinen vor⸗ ſtellen. Die Verhaͤltniſſe der Groͤßen ſehen wir al⸗ ſo, aber nicht die Größen ſelber. Die Bilder verhal⸗ ten ſich wie die wirklichen Gegenſtaͤnde, daraus ſchließe ich, der Baum ſey kleiner, als der Thurm, aber wie groß wirklich Baum und Thurm ſind, welches Herr DoctorUnzers erſter Grundſatz zu verfprechen ſchei⸗ net, ſehe ich nicht. Ich vergleiche wiederum nur mei⸗ ne Empfindungen mie einander, von den Sachen ſelbſt weis ich nichts. Ich uͤbergehe hier die Schwierigkeit, daß das Bild eines weitentlegenen Thurmes nicht ‚größer ſeyn konnte, als das Bild eines nahen Bau⸗ mes, und wir dem ungeachtet von der Verhaͤltniß der Groͤße richtig urtheilen. Ich habe meine Gedanken davon F mit einem verfinſterten Zimmer. 43 davon zu anderer Zeit (Hamb. Mag. 4 » 3 Fe Art.) eröffnet, - Nun lehret uns die Erfahrung } daß das Bild i im Auge der Sache ſelbſt ähnlich iſt, daß es viereckicht iſt, wenn der Gegenſtand viereckicht ift, u. ſ. f. Dar⸗ aus folgert Hr. Doctor Unzer: alſo iſt es wider die Geſetze der Empfindung, daß das e Bild doch die Empfindung einer aufgerichteten e ver⸗ anlaſſet. Dieſer ſcheinbare Widerſpruch wird weg⸗ fallen, wenn man uͤberlegt, daß der Stand des Bil⸗ des gar nicht unter die Aehnlichkeiten gehoͤrt, die wir zwiſchen ihm und der Sache wahrnehmen. Er iſt et⸗ was Aeußerliches, das ſich nur auf die Lage des Bil- des, und der Sache gegen den Horizont, bezieht. Wie ein Portrait der Perſon, die es abſchildert, einmal ſo ähnlich bleibt, als das andere mal, man mag es auf den Kopf, oder auf die Fuͤße ſtellen , ſo iſt das mi im Auge dem Gegenſtande einmal fo aͤhnlich, als das andere, es mag im Bilde unten ſeyn, was im Gegenſtande oben iſt, oder nicht. Wenn man gleich als ein Geſetze der Empfindung annimmt, daß ſich das Sehen nach einem Bilde richtet, das der Sache ſelbſt aͤhnlich iſt; ſo ſchließt doch dieſes Geſetze nicht auch die Uebereinstimmung der Lage zwiſchen Bilde und Gegenſtande in ſich, und wir haben kein Recht, mehr Uebereinſtimmungen zu vermuthen, oder uns zu ver⸗ wundern, daß ihrer nicht mehr vorhanden ſind „ als uns die Erfahrung lehret. Wenn der Mittelpunkt des Bildes, und der Mit⸗ telpunkt des Gegenſtandes mit einer geraden Lie zu⸗ ſammen gezogen werden, ſo liegt ein gewiſſes Theil des Gegenſtandes, und der ihm zugehoͤrige Theil des Bil⸗ 44 Von der Aehnlichkeit des Auges Bildes, auf verſchiedenen Seiten dieſer Linie. Dar⸗ uͤber wundert man ſich. Sie ſollten auf einer Seite liegen. Warum? Weil das Bild dem Gegenſtande ähnlich iſt. Erinnert man ſich denn nicht aus der Geometrie, daß ein kleiner Triangel, deſſen Grund⸗ linie mit der Grundlinie eines großen Triangels par⸗ allel gehet, und durch dieſes Schenkel ihrer Lange nach beſtimmt wird, dem großen aͤhnlich iſt, es mag nun dieſe Grundlinie zwiſchen der Grundlinie des großen Triangels, und deſſen Spie, oder in den Ver⸗ ticalwinkel, den die verlängerten Winkel des großen Triangels machen, gezogen ſeyn? Kurz, es’ gehört gar nicht zur Aehnlichkeit mit dem Gegenſtande, daß das Bild eben die Lage gegen den Horizont habe, als er, und wenn uns die Erfahrung veranlaßt, Aehn⸗ lichkeit zwiſchen dem Bilde, und dem Gegenſtande zu vermuthen, ſo veranlaßt ſie uns nicht, Aehnlichkeiten zwiſchen beyden Lagen gegen den Horizont zu vermu⸗ then, oder nicht zu vermuthen. Wir konnen alſo, wenn wir ohne Erfahrung bloß das ſagen ſollen, was ſich aus den Begriffen von der Aehnlichkeit des Bil⸗ des und Gegenſtandes ſchließen laͤßt, nur ſagen: Non liquet? Alſo fehe ich nicht, was für Geſetzen der Em⸗ pfindung dieſer verkehrte Stand widerſtreitet, da wir keine Geſetze annehmen duͤrfen, als welche uns die Erfahrung lehret, und da aus den Geſetzen der Aehn⸗ lichkeit, welche die Erfahrung uns lehret, nichts von dem Stande folgt. Weil die Geſtalt zweyer Dinge uͤbereinſtimmt, fo ſollte auch ihre Lage gegen den Ho⸗ rizont uͤbereinſtimmen? So glaube ich nicht, daß man ſchließen kann. Die Vernunftlehrer würden conne- xionem antecedentis cum conſequente zu beweiſen fodern. mit einem verfinſterten Zimmer. 45 fodern. Eben fo wenig folgt, weil im Bilde unten iſt, was im Gegenſtande oben iſt, ſo ſollten wir un⸗ ten ſehen, was im Gegenſtande oben iſt. Denn die⸗ ſer Schluß ſetzte zum Voraus, daß wir des Gegenſtan⸗ Br durch eine ähnliche Lage des Bildes empfin⸗ den muͤßten, wie wir ſeine Geſtalt durch eine aͤhnliche Geſtalt des Bildes empfinden; das heißt, es ſetzte zum Voraus, weil ein gewiſſes Geſetz der Empfindung wahr iſt, das uns die Erfahrung lehret, fo ſollte auch ein gewiſſes anderes wahr ſeyn, das uns die Erfah⸗ rung nicht lehret, und das auf keine andere Art mit dem vorigen zuſammenhaͤngt, als, weil wir ſprechen, es ſollte ſo ſeyn. Und ließe ſich vielleicht dieſe Schwie⸗ rigkeit nicht alsdenn ſo aufloͤſen, wie ſie Scheiner in Oculo L.. III. p. 1. c. 37. aufloͤſet, daß wir die Sache in der Linie ſehen, welche der Geſichtsſtral angiebt, in dem ſie liegt, und alſo nothwendig oben ſe⸗ en, was oben iſt, weil ſich die Strafen durch⸗ kreuzen. Wir ſehen die Farbe und Geſtalt der Sa⸗ che vermittelſt eines Bildes, das eben die Geſtalt und Farbe hat: warum ſehen wir nicht die Lage gegen den Horizont, vermittelſt eines Bildes, das eben die Lage hat? Wenn wir die Lage des Gegenſtandes ge⸗ gen den Horizont empfinden ſollen, ſo muͤſſen wir den Horizont ſelbſt mit empfinden. Da ſich aber im Au⸗ ge alles verkehret, ſo iſt des Horizontes Bild im Au⸗ ge oben. Von dem hoͤchſten Theile des Gegenſtan⸗ des, von demjenigen, welcher am weiteſten vom wah⸗ ren Horizonte entfernt iſt, iſt auch das Bild am wei⸗ teſten von des Horizontes Bilde entfernt, das iſt, es iſt unter den Bildern der verſchiedenen Theile des Ge⸗ genſtandes das Hoͤchſte, eben wie bey unſern Gegen⸗ füßern das Hoͤchſte nach der Seite (in Abſicht auf den unend⸗ Pr 2 46 Von der Aehnlichkeit des Auges unendlichen Himmelsraum) zuliegt, nach welcher bey uns das Tiefſte liegt. So glaube ich, kann man ſich den Zuſammenhang dieſer Sache vorftelten. Die Empfindung des höchften Punktes im Gegenſtande, iſt mit dem hoͤchſten Punkte im Bilde verbunden, abel der hoͤchſte Punkt im Bilde iſt der, welcher am naͤch⸗ ſten nach unſern Fuͤßen zuliegt, well der Horizont ſich im Auge zu oberſt abbildet, weil das Bild der Ge⸗ genfuͤßer des Objects iſt. Wenn ich die Sache ſo be⸗ trachte, daß ich zugleich mit auf den Horizont und deſſen Bild ſehe, fo ſcheint mir die eingebildete Schwie⸗ rigkeit nicht nur leicht zu erklaͤren, ſondern eine noth- wendige Folge aus den Geſetzen des Sehens, ſo viel fehlt, daß ſie ſolche widerſprechen ſollte. Zieht man aber das nicht in Betrachtung, daß ſich der Horizont zugleich abbildet, ſo kann man, glaube ich, nichts erklaͤren, aber auch keine Erklaͤrung fodern. Denn ohne Abſicht auf den Horizont iſt kein Unten und Oben; ein Unten und Oben beym Objecte und Bilde annehmen und doch das Bild des Horizontes im Au⸗ ge nicht mit bedenken, heißt bey der Empfindung et⸗ was weglaſſen, das beym Gegenſtande iſt. | Habe ich mich nicht vielleicht ſelbſt hiedurch wider⸗ legt, da ich vorhin geſagt, man koͤnnte aus der Aehn⸗ lichkeit des Bildes die Aehnlichkeit ſeiner Lage nicht folgern? Im geringſten nicht. Denn da redete ich fo, wie Hr. Doctor Unzer die Sache vorgetragen hats te, von dem Bilde des Gegenſtandes, ohne an das Bild des Horizontes zu denken. Itzo denke ich dar⸗ an, daß ſich mit dem Gegenſtande der Horizont zu⸗ gleich abmalet. Mich deucht, dieſe Erklaͤrung iſt nicht ſo gar weit von Hr. Kruͤgers und Hr. Mylius in den 9258 Nachr. mit einem verfinſterten Zimmer. 47 Nachr. gegebenen Erklaͤrung unterſchieden, nur daß ich 1 Bilde des Bodens. Alſo brauchen wir unſern Koͤrper nicht mit umzukehren, da wir ihn nicht mit ſehen. Ueberhaupt muß ich erinnern, daß die Aehnlichkeit des Bildes mit dem Gegenſtande zwar ein Umſtand iſt, der vermöge der Erfahrung zum deutlichen Se: hen erfodert wird, daß wir aber gar nicht wiſſen, auf was für Art er damit zuſammenhaͤngt, da die mei⸗ ſten Menſchen von dieſem Umſtande gar nichts wiſſen, und doch vollkommen gut ſehen. Wir muͤſſen uns al⸗ ſo 48 Von der Aehnlichkeit des Auges ſo in acht nehmen, daß wir uns das Sehen nicht als ein Empfinden des Bildes vorſtellen. Diefe Vor⸗ ſtellung hat unſtreitig den Hr. von Buffon verleitet, in ſeiner Naturgeſchichte des Menſchen gerade weg zu be⸗ haupten, Kindern kaͤmen die Sachen umgekehrt vor, welches der Hr. von Haller in den Anmerkungen bey der deutſchen Ueberſetzung gruͤndlich widerleget hat. Wie ſehr man ſich in Schluͤſſen von dieſer Art in acht zu nehmen habe, und wie leicht man ſelbſt in Erfahrungen, die man anſtellt, die Sprache der Na⸗ tur falſch auslegen kann, beweiſt das Beyſpiel des berühmten Blinden dem Cheſelden, fein Geſicht wieder verſchafft. Es kam ihm die erſte Zeit ſeines Sehens vor, als beruͤhrten die Gegenſtaͤnde ſein Auge, und die Englaͤnder machten hieraus den Schluß, wir waͤren von Natur geneigt zu glauben, daß Sehen ein Fühlen vermittelſt des Auges ſey, bis die Erfahrung uns anders uͤberfuͤhrte: Aber ein Blinder, dem man bey dem Hrn. Reaumuͤr ſein Geſicht verſchaffte, hatte dieſe Vorſtellung nicht, und der Verfaſſer der lettres à un Ameriquain, welcher dieſes anfuͤhret, muthma⸗ ßet, daß vielleicht Cheſeldens Blinder, der zuvor gar keine Empfindung vom Lichte gehabt, durch die Wir- kung des Lichts im Auge anfangs etwas gefühlt, def- ſen wir uns nicht mehr bewußt ſind, weil wir es im⸗ mer gefühlt haben: dieſes haͤtte bey Reaumuͤrs Blin⸗ den nicht ſtatt gefunden, der zuvor doch Tag und Nacht unterſcheiden koͤnnen. | 3 Be Ich wuͤnſche, daß diefe Betrachtung etwas von Hrn. Dr. Unzers Beyfall erhalten moͤge, da er mit ſo viel Scharfſinnigkeit und Gruͤndlichkeit zu denken 1 gewohnt iſt. | Al. G. Röftner. V. Ein } 1 on PS 1 n . 5 aktzte . 5 49 * * * * * a * * * * * 5 . A u. a Ein Schreiben des Hrn. Arthur Dobbs Eſg. an Charles Stanhope, Ch. Mitglied der Koͤnigl. Geſellſchaft von den Bienen und ihre Art und Wei⸗ | | ſe das Wachs und das Honig men,, ar Mein err! 5. 50 a mir meine Abſicht vermittelſt Entdeckun⸗ 2 gen in der großen Welt etwas Gutes auszu⸗ richten, fehl geſchlagen iſt; ſo habe ich bey meinem einſamen Aufenthalte in dieſem kleinen Win⸗ kel derſelben, unter anderem Zeitvertreibe auf dem Lande, mich mit Betrachtung der Einwohner der klei⸗ nen Welt, und inſonderheit der nuͤtzlichen und fleißi⸗ gen Geſellſchaft der Bienen beſchaͤfftiget. Ich habe dabey Zeit gehabt, den merkwuͤrdigen, ſinnreichen und angenehmen Bericht, den der Herr Reaumur von dieſem unnachahmlichen Inſecte gegeben hat, nebſt ſei· nen curioͤſen Anmerkungen und Beurtheilungen dar⸗ über zu unterſuchen. Da er in feinen Verſuchen und. Betrachtungen, die er uͤber dieſe Creaturen ſo wohl als auch uͤber die meiſten andern 5 angeſtellet 9 Band. hat, 8 50 DerBinen rund Weiſe/, hat, ganz unermuͤdet geweſen iſt; fo halte ich dafür, daß ein jeder, der Zeit dazu hat, Anmerkungen zu ma⸗ chen, die zur Erkenntniß der Wahrheit befoͤrderlich ſeyn, und ſeine Naturhiſtorie der Inſecten vollſtaͤndig machen koͤnnen, verbunden ſey, das ſeinige dazu bey⸗ zutragen. Ich habe ſchon vor vielen Jahren Zeit und Gele⸗ genheit gehabt, einige Betrachtungen uͤber die Bienen anzuſtellen, und alle diejenigen, die ich angeſtellet ha⸗ be, beſtaͤtigen ſo wohl die allgemeine Theorie ſeiner microſcopiſchen Anmerkungen, als auch die, ſo er ver⸗ mittelſt der glaͤſernen Bienenſtoͤcke gemacht, wobey er weit beſſere Gelegenheit zu ſolchen Bemerkungen, als ich, gehabt hat. Da ſich indeſſen doch zwey Stuͤcke finden, darinn meine Bemerkungen von den ſeinen unterſchieden ſind; fo halte ich es für billig, dieſelben der gelehrten Welt mitzutheilen, damit der Herr Reaumur ſelbſt, wo er noch am Leben und im Stande iſt, ſeine Bemerkungen fortzuſetzen, oder falls dieſes nicht ſeyn ſollte, etwa ein andrer kuͤnftige Unterſu⸗ chungen anſtellen moͤge, um zu erfahren, ob meine Bemerkungen richtig ſind; zumal da ich geſtehen muß, daß ich, in Anſehung derſelben, mistrauiſch bin, weil ſie den Gedanken eines ſo richtigen, genauen und ſorgfaͤltigen Forſchers, wie er ſich in der ganzen Theo⸗ rie der Inſecten uͤberhaupt, und der Geſellſchaft un⸗ ſerer Gartenbienen inſonderheit, bewieſen hat, abgehen. Ich bitte daher um Erlaubniß, mein Herr, dieſe wenigen Anmerkungen die ich gemacht habe, ihnen vorzulegen, damit ſie, wenn ſie es der Muͤhe werth finden, dieſelben der Koͤniglichen Geſellſchaft, wovon ſie ein wuͤrdiges Mitglied ſind, darlegen, ober ſie auch dem das Wachs und Honig zu ſammlen. 51 dem Herrn Reaumur, wo er noch lebet, und ſeine Un⸗ terſuchungen fortfeget, mittheilen können. Im Fall alſo meine Bemerkungen gegründet befunden werden, ſo kann er die ſeinigen in ſo fern aͤndern; werden ſie aber nicht beſtaͤtiget, ſo werde ich mich ſeinen künfti⸗ gen Bemerkungen willig unterwerfen. Die beyden Dinge, worinn ich von dem Herrn Reaumni abgehe, ſind dieſe: Erſtlich, daß er, wie ich es einſehe, ſagt, die Bienen gehen, wenn ſie eine La⸗ dung ſammlen, von den Blumen einer Art zu den Blumen einer andern, daß alſo das Mehl, (die Farina) oder das rohe Wachs, ſo ſie auf ihre Beine laden, aus unterſchiedenen Arten von Blumen beſtehe, welches aber mit dem, was ich bemerket habe, ſtreitet. Das andre, darinn ich von ihm unter ſchieden bin, iſt dieſes, daß er ſagt, das Wachs werde in der Biene aus dem rohen Wachſe oder dem Mehle gemacht, und in dem Stuͤcke bin ich mit ihm einig; allein wenn er nach feie nen Bemerkungen ſagt, daß es nach der Verdauung aufwaͤrts aus dem Munde heraus gelaſſen werde; ſo ſind es nach meinen Bemerkungen die faeces, die Hul⸗ ſen oder Schalen des Mehls, oder des rohen Wach⸗ ſes, das nach der Verdauung aus dem Anu heraus gelaſſen wird. Was das erſte anbetrifft, fo bin ich oft einer Bien 8 die das Mehl, das Bienenbrodt, oder rohe Wachs auf ihren Beinen geladen hatte, durch einen Theil ei⸗ 2 Blumenfeldes gefolget, und auf derjeni⸗ n Blume, da ich ſie zuerſt ſich ſetzen und das Mehl ılen ſahe, blieb fie auch. Sie gieng ſo gar viele andere Arten von Blumen uͤber, ob derſelben gleich * dem Felde waren, „ohne ſich darauf zu ſetzen, oder 52 Der Bienen Art und Weiſe, oder davon zu laden, ungeachtet die Blume, die ſie waͤhlte, ſich viel ſeltener auf dem Felde fand denn die andern. Wenn ſie alſo anfing i einem Gaͤnſe⸗ bluͤmgen zu laden, ſo blieb ſie dabey, und uͤberhuͤpfte die Nelken, Geisblätter „Violen und andere. Eben ſo habe ich geſehen, daß ſie im Garten von Pfirſchen geladen haben, und Aprikoſen, Pflaumen und Kir⸗ ſchen vorbey gegangen ſind, wiewohl ſie unter einer Pfirſche und Mandeln keinen Unterſchied gemacht. Nun gedenkt der Herr Reaumur in ſeinem Me moire über das Honigmachen der Bienen der Anmer⸗ kung des Ariſtoteles, daß die Bienen von einer Art Blumen laden, ohne eine Veraͤnderung zu treffen, und ſaget, daß dieſelbe nicht gegruͤndet ſey, denn er hat vielfältig bemerket, daß Bienen in einem großen Blu⸗ mengarten haufig von Blumen verſchiedener Art ein- geſammlet haben. Iſt der Herr Reaumur der Mey⸗ nung, daß die Bienen, wenn ſie Honig ſammlen, ſolchen ohne Unterſchied von einer jeden Blume neh⸗ men, ſo habe ich nichts dawider zu ſagen, meynet er aber damit das, was die Bienen von dem Mehle auf ihren Beinen laden; ſo weis ich aus meinen Bemer⸗ kungen gerade das Gegentheil davon. Was meine Anmerkung weiter beſtaͤtiget, iſt dieſes, daß eine jede Ladung auf den Beinen einer Biene durchaus von einerley Farbe iſt, als von einem lich⸗ ten Roth, einer Drangenfarbe, einem Gelben, einem Weißen, einem Gruͤn, und daß ſich in verſchiedenen Theilen der Ladung nicht gerſchiedene Farben finden. iner eden Art von Blumen, wenn Hort einer Farbe iſt, fo iſt auch zu vermuthen, daß es von einer Art geſammlet ſey; denn denn waͤre es von verſchiedenen Arten, ſo wuͤrden die Theile der Ladung verſchiedene Farben haben. Noch eine Anmerkung, welche eben daſſelbe beftä- tiget, beſteht darinn, daß die Bienen in der beſten Jahrszeit mit ganz verſchiedenen dadungen zuruͤcke kommen. Einige haben Ladungen, wie kleiner Schrot, dahingegen die Ladungen der andern viel kleiner ſind. Nun iſt nicht zu vermuthen, daß dieſer Unterſchied von der Traͤgheit der Biene in Sammlung der $a- dung, ſondern vielmehr von der Seltenheit der Blu⸗ men berühre, 55 woben fie ihre Ladung zuerſt anger fangen hat. | Wenn ſich dieſes nun alſo verhält, und meine Be⸗ rkungen ihre Richtigkeit haben; ſo halte ich dafuͤr, daß die Vorſicht die Bienen zu einem Werkzeuge des Wachsthums der Pflanzen gemacht habe; denn ſon⸗ ſten würden fie ihrer Fortpflanzung ſehr ſchaͤdlich ſeyn, wie ſie denn auch zu gleicher Zeit zu der Geſundheit und dem Leben ihrer eignen Art ſehr vieles beytragen. Aus den neulichen Verbeſſerungen die durch Glaͤſer und Verſuche in der Betrachtung der Werke der Na⸗ tur gemacht worden, iſt bey nahe zu erweiſen, daß das Mehl auf der Oberflaͤche der Blumen ihr maͤnnlicher Saame ſey, der, indem er das piſtillum oder die ma- tricem der Blume durchgeht, das Ey ſchwaͤngert und es fruchtbar machet. Es iſt oͤfters noͤthig, daß Wind und trockenes Wetter ſeyn muß, dieſes Mehl nach dem piſtillo und von einer Blume zur andern zu wehen, um den Saamen fruchtbar zu machen. Wir finden auch in naſſen Jahrszeiten, daß Korn, Nuͤſſe und Feigen nicht ſo fruchtbar ſind, weil das Mehl nicht gehörig zu dem piltillo gebracht wird, wie ſol⸗ an D 3 ches 54 Der Bienen Art und Weiſe/, ches auch in ſehr heißem trockenen Wetter, von feuch⸗ tem Honigthau, oder ſuͤßern Ausduͤnſtungen aus den Pflanzen ſelbſt geſchieht, welches das Mehl beſchwe⸗ ret, und Brand oder Mehlthau verurſachet. Wenn nun Mehl von ganz andern Blumen in dem: piflillo’ Platz nehmen ſollte; ſo wuͤrde eben ſo, wie bey einer unnatuͤrlichen Begattung in der thieriſchen Welt, ent⸗ weder gar keine Zeugung, oder auch eine ungeartete erfolgen, oder es wuͤrde auch ein Individuum zu ei⸗ ner fernern Zeugung unfaͤhig werden. 100 Wenn nun die Biene von der Vorſicht beſtimmet iſt, bey jeder Ladung, zu Blumen von einerlen Art zu gehen; fo bringet fie, da das uͤberfluͤßige Mehl oft ihren ganzen Körper bedecket, daſſelbe von einer Blu⸗ me zur andern, und indem ſie auf dem piſtillo geht, und ihre Fluͤgel ſtark beweget; ſo traͤgt ſie gar vieles dazu bey, daß das Mehl in das piſtillum hinein ge⸗ het, und beuget zu gleicher Zeit der fremden Vermi⸗ ſchung des Mehls anderer Blumen mit demſelben vor, die ſie doch, wenn ſie ohne Unterſchied von einer Blu⸗ me zur andern gienge, zu Blumen von ganz verſchie⸗ dener Art bringen wuͤrde. 5 Außer dieſen augenſcheinlichen Vortheilen kann es auch fuͤr die eigne Art und Geſellſchaft der Bienen von großem Nuzen ſeyn: denn da dieſes Mehl die natuͤr⸗ liche und beſtaͤndige Nahrung der Bienen waͤhrend der einen Haͤlfte des Jahres iſt, und da aus derſelben, wenn ſie verdauet iſt, wie ſolches der Herr Reaumur genau bemerket hat, die Gallerte entſteht, die zur Nahrung der jungen Bienen aufgehoben wird, bis ſie Nymphen werden; ſo iſt auch nothwendig, daß ein Vorrath davon in den Fächern, fo an dem Honige lie⸗ gen, das Wachs und Honig zu ſammlen. 55 gen, zu ihrer Rahrung im Winter aufgehoben wer⸗ de, ohne welches, wie der Herr Reaumur anzeiget, ſie an einer Art vom Durchlaufe, als ihrer gefährlichſten Krankheit, ſterben wuͤrden. Es ſcheint alſo hoͤchſt vernuͤnftig zu ſeyn, zu glau- ben, daß verſchiedene Arten des Mehls auch verſchie⸗ dene phyſikaliſche Eigenſchaften haben, daß ſie alfo da⸗ durch, daß ſie Sammlungen von einerley Art in jedem Fache machen, gehörige Huͤlfsmittel für Krankheiten beſitzen, die uns unbekannt ſind, und die ſie ſonſt nicht haben wuͤrden, wenn ſie ſich mit allerley Arten von Blumen fülleten. Dieſe ferneren Vortheile, die ih⸗ nen von der Vorſicht angewieſen ſind, ſcheinen meinen Bemerkungen ein Gewicht zu geben und ſind ein muthmaßlicher Beweis von der Wahrheit derſelben. Das andere Stuͤck, worinn ich in meinen Bemer⸗ kungen von dem Herrn Reaumur unterſchieden bin, betrifft die Arten, wie das Wachs gemacht, und von den Bienen hervorgebracht wird. Darinn ſtimme ich vollkommen mit ihm uͤberein, daß das Wachs durch die Verdauung in dem Koͤrper der Bienen gemacht, von ihnen heraus gegeben und alsdenn Wachs werde, und daß es faſt unmöglich ſey, daß Wachs auf eine andre Art entſtehen koͤnne, es möchte denn das Wachs, ſo aus den Myrtenbeeren in America durch kochen ge⸗ macht wird, eine Ausnahme davon ſeyn. Die Bemerkungen des Herrn Reaumurs bringen ihn zu dieſer Meynung, daß, nachdem die Biene das Mehl oder das Bienenbrodt gegeſſen hat, und ſolches durch den erſten Magen gegangen, (welches das Be⸗ haͤltniß iſt, wo das Honig aufgehaben wird, und wo⸗ ber es in die Höhe durch den Mund in die Fächer D4 heraus 56 Der Bienen Art und Weiſe, heraus gegeben wird,) ſolches in den andern Magen komme, und dennoch, wenn es gleich daſelbſt iſt, ſeine ſphaͤriſche oder eyerfoͤrmige Geſtalt behalte und noch immer unverdauet bleibe, wie er ſolches durch ſeine Glaͤſer geſehen hat, und folglich muß es weiter ge⸗ bracht werden, ehe es vollkommen verdauet iſt, und die Theilgen muͤſſen gebrochen werden, doch hält erdafür, es werde wieder durch beyde Magen zurück in die Hoͤ⸗ he gebracht, und durch den Mund heraus gelaſſen. Er urtheilet ferner aus feinen Bemerkungen, daß die Biene, wenn ſie arbeitet, und die Faͤcherchen fertig ma⸗ chet, mit ihren Zaͤhnen das Wachs, da, wo es zu dicke, oder nicht recht geleget iſt, abnaget. Auch hat er ei⸗ ne Bewegung ihrer Zunge bemerket, wodurch gleich- ſam mehr Materialien hingelegt, und alsdenn, wie er glaubet, aus dem Magen durch den Mund der Biene hervorgebracht werde. Von dieſer ſeiner Meynung abzugehen bewegen mich die Bemerkungen ſo ich gemacht habe, daß naͤm⸗ lich die Excremente, ſo die Biene, nachdem das Mehl verdauet worden, durch den Hintertheil ihres Leibes von ſich giebt, wahres Wachs iſt. Wir koͤnnen mit Wahrheit glauben, daß das Mehl, welches der maͤnn⸗ liche Saame aller Pflanzen iſt, aus einem Geiſte, oder bewegenden Triebe beſtehe, fo in einem füßen Oele ſchwimmt, und von einer aͤußerlichen Haut oder Schale umgeben iſt, worinn ſich die Monas befindet, die das Korn oder die Frucht ſchwaͤngert und frucht⸗ bar machet; Daß nach der Trennung oder Verdau⸗ ung dieſer Geiſt und ſuͤßes Oel die Nahrung der Bie⸗ ne werde, welcher Geiſt von eben der Natur iſt, als die Thiergen i in dem männlichen Saamen der Thiere, | daß das Wachs und Honig zu ſammlen. 57 daß daraus die animaliſchen Geiſter in der Biene und andern Thieren entſtehen, und daß vielleicht das wahre Honig das ſuͤße Oel ſey, ſo in dem Mehle ein⸗ geſchloſſen iſt. Und gleichwie alle Pflanzen einen Ueberfluß an dieſen wachſend machenden und beleben⸗ den atomis haben, indem von manchen ein jeder Knoſpe fähig ift, jede Art fortzupflanzen; fo verur- ſachet das wahre Honig, wenn es durch die große Hitze ſeine Schale durchbricht, den Honigthau, der in heißem Wetter auf den Blattern und Blumen der meiſten Pflanzen bemerket wird, welches nichts mehr, N a eine Ausſchwitzung aus den Blaͤttern und Blu— men dieſer Gefäße iſt, die von der Hitze brechen, au- en was ſich auf den Spitzen der Blumen zei⸗ 1 6, und nachgehends die Frucht ſchwaͤngert. Von dieſer innerlichen Subſtanz des Mehls, ſo | hach der Verdauung mit Waſſer vermiſchet iſt, wird die Gallerte gemacht, welche die Bienen nach oben zu durch den Mund in die Faͤcherchen von ſich geben, um die jungen Bienen zu naͤhren, bis ſie Nymphen werden, da indeſſen die Schale, oder die aͤußere Haut durch den Hintertheil weggehen, und das e Wachs ausmachen. R Ich habe öffers die Bienen, wenn ſie ſchwaͤrm⸗ ten, ſich auf meine Haͤnde und Kleider ſetzen laſſen, da denn manche zu verſchiedenen malen ſich ihrer Ex⸗ cremente darauf entledigten. Ich nahm dieſelben ab, und fand, daß ſie eben das Weſen, als warmes Wachs, und 055 dieſelbe klebrichte Eigenſchaft hat⸗ ten, und daß fie nicht fo kruͤmelten, wie das Mehl. Ich konnte auch an dem Geruche die Eigenſchaften des . D 5 Wachſes 58 Der Bienen Art und Weiſe Wachſes daran erkennen, der aber viel ſtaͤrker, als gewoͤhnlich war, da ſie friſch und warm von der Wie⸗ ne kamen. Ich bin hierinn ferne durch dasjenige beſtätiget worden, was ich an den Bienen bemerket habe, wenn ſie auf ihren Scheiben in einem glaͤſernen Bienenſtocke arbeiteten. Ich habe beſtaͤndig geſehen, und muß es faſt für unmöglich halten, daß ein fo genauer Be⸗ merker, als der Herr Reaumur iſt, ſolches nicht wahrgenommen hat, daß verſchiedene Bienen gleich hinter einander mit eilenden Schritten, uͤber eine Scheibe, die in der Arbeit war, zwey oder drey Faͤ⸗ cher lang giengen, ihre Schwaͤnze auf die Scheibe richteten, und dieſelben mit einer wackelnden Bewe⸗ gung von einer Seite zur andern auf eine ſaͤgenfoͤr⸗ mige Art beſtrichen, wodurch ſie, wie ich uͤberzeuget war, ihre Excremente oder das Wachs gegen den Rand der Faͤcher, ſo wie ſie fort liefen, von ſich ga⸗ ben, und ſo lange wiederholten, als ſie was auszula⸗ den hatten, welches die Urſache iſt, daß man den aͤußern Rand der Faͤcher ſo dick und hart findet. Den Augenblick darauf kamen andere Bienen laͤngſt den Faͤchern her, die mit i ihren vier Fuͤßen die Raͤn⸗ der gleich Pappen in die Höhe richteten, und dieſelbe verduͤnneten, da indeſſen andere Bienen beſchaͤfftigt waren, mit ihren Zaͤhnen alle unordentliche Erhe⸗ bungen wegzuſchaffen, ſo daß fie die Abtheilungen der Faͤcher neben einander viel duͤnner machten, als den Rand, der allezeit von der Ausleerung der Ex⸗ cremente oder des Wachſes, ſo darauf geſchah, dick und ſtark war. Der das Wachs und Honig zu ſammlen. 50 Der Herr Reaumur hat gar recht bemerket, daß die Bienen außer den drey durchſichtigen glatten Au⸗ gen, welche ihnen in einem Triangel zwiſchen den antennis oben auf dem Kopfe ſitzen, auch noch an je⸗ der Seite des Kopfes ein Auge, oder vielmehr eine Menge von Augen haben, die aus ſehr vielen lenti- bus beſtehen, wovon ein jeder mit kurzen Haaren um⸗ geben iſt, welches fo wohl Swammerdam bekraͤfti⸗ get, als auch aus des Herrn Reaumurs eignen Ver⸗ fuchen erhellet; ingleichen, daß ungeachtet dieſe len- tes mit einer ſchwarzen dunkeln Subſtanz eingefaſſet ſind, ſie dennoch ihrem Geſichte ſo ſehr zu ſtatten kommen, daß, wenn ſie mit etwas, ſo daruͤber ge⸗ ſtreuet wird, verdunkelt werden, die Bienen alsdenn ihren Weg zum Bienenſtocke nicht finden koͤnnen, wenn er auch gleich nahe bey ihnen iſt, ſondern ſich gerade in die Hoͤhe ſchwingen, wie ſie denn auch ih⸗ ren Weg nicht finden koͤnnen, wenn die drey glatten Augen verdunkelt ſind. Miba 1 Es iſt aber eine Anmerkung, wovon ich nicht finde, daß der Herr Reaumur dieſelbe gemacht hat, woher es naͤmlich komme, daß die Gartenbienen faſt alle ihre Faͤcher zu unvollkommenen Sechsecken ma⸗ chen. Dieſe Anmerkung beſteht darinn, daß die dunkeln Augen an beyden Seiten des Kopfes aus vielen lentibus zuſammen geſetzt ſind, wovon ein jeder ein vollkommenes Sechseck iſt, und daß das ganze ige, wenn es durch ein Vergroͤßerungsglas geſe⸗ wird, recht wie eine Honigſcheibe ausſieht. Da nun die Augen, ſo aus dieſen ſechseckichten lentibus zuſammen geſetzet ſind, den andern Bienen ins volle Geſicht fallen; erhellet denn daher nicht, daß die . ’ Bor: Der Bienen Art und Weife, 3 dieſelben gleichſam zu einem Muſter be⸗ ſtimmet habe, dem die Bienen in der Bildung ih⸗ rer Scheiben folgen? Iſt es nicht gleichfalls ver⸗ nünftig, aus der Ungleichheit der Convexitaͤt zwi⸗ ſchen den drey glatten durchſichtigen, und den lenti⸗ bus der dunkeln rauhen Augen zu ſchließen, daß ſie zu verſchiedenen Endzwecken beſtimmet ſeyn? Warum ſollte man nicht dafuͤr halten koͤnnen, daß die lentes gleichſam große Vergröͤßerungsgläſer vorſtellen, um Dinge, ſo nahe ſind, zu ſehen, und Licht in die dun⸗ keln Scheiben hinein zu bringen, wo das Licht be⸗ ſtaͤndig noͤthig iſt, und daß die drey andern Augen zum Sehen entfernter Dinge dienen, wodurch ſie weit in die Felder und wieder zurück zu ihren Stocken gefuͤhret werden? In Anſehung der Geſtalt und des Gebrauchs des Ruͤſſels der arbeitenden Biene, und des Gebrauchs ihres Mundes, komme ich mit dem Herrn Reaumur uͤberein, daß ſie naͤmlich nicht ſaugen, ſondern mit ihrem rauhen Ruͤſſel wie die Hunde lecken. Ich habe aber niemals be⸗ merket, daß die Bienen die Spitzen der Blumen aufbre⸗ chen, um das Mehl heraus zu laſſen, wenn fie nicht vollig aufgebluͤhet ſind, wiewohl ich öfters mit Vergnügen beobachtet habe, wie die Biene das Mehl durch Le⸗ cken in ihrem Ruͤſſel ſammlete, und es hierauf auf das erſte Paar Beine legte, welche daſſelbe auf das andere Paar luden, da dieſes es hinwiederum mit er⸗ ſtaunlicher Hurtigkeit dem dritten Paare mittheilte, fo daß während der Zeit das andre Paar dem drftten ſeine Laſt auflegte, die Biene mehr geſammlet, und ſolches auf die vorderſten Beine geleget hatte, daß fü alſo alle in beſtaͤndiger Bewegung waren. 1 us das Wachs und Honig zu ſammlen. 6ı Aus den curieuſen Bemerkungen des Herrn Reau⸗ murs uͤber die Bildung und das Bezeugen der Bie⸗ nenföniginn, der männlichen Biene und der arbeiten⸗ den Bienen, die von keinem Geſchlechte ſind; uͤber die außerordentliche Fruchtbarkeit der Königinn „ daß fie 30 bis 40000 Eyer von arbeitenden Bienen in eis ner Jahrszeit legen kann, außer den Eyern von 800 maͤnnlichen Bienen, und 8 oder 10 Koͤniginnen oder Mutterbienen; über die Kaltſinnigkeit der maͤnnli⸗ chen Biene, die den Liebkoſungen der Koͤniginn ſo lan⸗ ge widerſteht; imgleichen über die unermuͤdete Arbeit und Haushaltung der arbeitenden Bienen, die jun⸗ gen Bienen zu ernaͤhren, die Honigſcheiben zu ma⸗ chen, und Vorrath von Mehl und Honig fuͤr den Winter aufzulegen, aus allem dieſen, deucht mir, koͤnnen ſehr gute Ur ſachen angegeben werden, warum die Koͤniginn ein Serail von einigen hunderten maͤnn⸗ lichen Bienen habe, warum die arbeitenden Bienen die maͤnnlichen toͤdten, wenn ſie nicht länger zur Fruchtbarmachung der Eyer der Mutterbienen noͤ⸗ hig ſind. Es erhellet nen fr aus der Haushaltung ——— „das die Vorſehung es fo geordnet habe, daß ſie ihren Vorrath mit dem menſchlichen te theilen ſollen, indem ſie dieſelben in jeder Gegend ſo fleißig gemacht hat, daß ſie ben bequemen Jahrszeiten einen noch einmal ſo großen Vorrath von Wachs und Honig anſchaffen, als fie zu ihrem Uns terhalte den Winter über noͤthig haben, und daß fie Scheiben fuͤr die Koͤniginn machen, worauf ſie ihre Eyer im Fruͤhlinge legen koͤnne, ehe neue Arbeit kann angefangen werden. Wegen der großen An⸗ zahl Pr 62 Der Bienen Art und Weiſe, zahl Eyer, welche die Königinn in einer Jahrszeit le⸗ get, iſt ſchlechterdings nothwendlg!, daß fie einen großen Vorrath vom maͤnnlichen Saamen haben muͤſſe, um ihre Eyer fruchtbar zu machen. Und da die Eyer in ihrem Leibe ſechs Monathe lang nach ihrer Begattung mit den Maͤnnern nicht merklich groß ſind, welche letztern im Auguſt ſterben, oder getödtet werden, und fie nicht eher, als im Februar oder Maͤrz an zu legen faͤngt; ſo iſt es daher noͤthig, daß ſie einen großen Vorrath maͤnnliches Saamens in ſich haben, alle Eyer fruchtbar zu machen, die ſie von der Zeit bis zum Junius oder Julius leget, wenn junge Maͤnnchen gehecket werden, die nicht zu ihrem Gebrauche, ſondern fuͤr die jungen Koͤniginnen be⸗ ſtimmet ſind, die mit den Schwaͤrmen davon gehen, oder für die junge Koͤniginn, die der vorigen in dem alten Bienenſtocke folget. Da die maͤnnlichen Bie⸗ nen große Freſſer und keine Arbeiter ſind; da ſie zu nichts weiter nuͤtzen, als der Koͤniginn einen zurei⸗ chenden Vorrath von Saamen zu geben; da die ar⸗ beitenden Bienen ſo viele Feinde haben, die ſie ihres Vorraths berauben, daß ſie auch den Winter uͤber nicht koͤnnten erhalten werden, wenn ihr Leben auch fo lauge dauren ſollte; da es wahrſcheinlich iſt, daß ein jedes Maͤnnchen ſich nur einmal mit der Koͤniginn begeht, da die Maͤnnchen ſo kaltſinnig ſind, und ſich vorher erſt ſo lange liebkoſen laſſen; da ſie, wie der Herr Reaumur bemerket, ſo gleich ſterben, wenn die Handlung der Beywohnung voruͤber iſt, darinn denn ohne Zweifel ihr ganzer Vorrath von Saamen erfchöpfet wird; fo find alſo, fo bald die Koͤniginn fo vielen Saamen in dem gehoͤrigen Behaͤltniſſe bekom⸗ men | das Wachs und Honig zu ſammlen. 63 men hat, der zureichend iſt, alle ihre kuͤnftigen Eyer fruchtbar zu machen, die maͤnnlichen Bienen nichts weiter nuͤtze; und wenn die, ſo der Koͤniginn beyge⸗ wohnet, ſterben, ſo werden die andern, die ſolches nicht gethan haben, weil ſie nichts weiter nuͤtze ſind, von den arbeitenden Bienen aus Sparſamkeit, um ih⸗ ren Wintervorrath aufzubehalten, getoͤdtet, da ſie doch vermuthlich von Natur nur noch wenig Tage länger hätten leben koͤnnen, wie wir denn finden, daß ſo wohl die Maͤnnchen als auch Weibchen von den Seidenwuͤrmern ſterben, fo bald ihre Eyer gelegt ſind. Es ſcheint daher nothwendig, daß die Koͤni⸗ ginn ſo viele maͤnnliche Bienen groß mache, wodurch, wenn ein jeder von ihnen ihr einmal beywohnet, alle ihre Eyer koͤnnen fruchtbar gebracht werden, und daß die arbeitenden Bienen ſie, ſo bald ſolches geſchehen, und ein Vorrath zuſammen gebracht ift, aus dem Wege raͤumen. Swammerdamm hat zwey Gefäße von bir Mut: . — beſchrieben, wovon der Herr Reaumur in ſeinen Memoires eine Abbildung in Kupfer gegeben hat. Eines davon findet ſich zwiſchen den beyden lobis des Ouarüi, wovon er glaubet, daß es eine Blaſe fen, die Luft enthält, Das andere iſt ein kugelformiges Ge⸗ faͤß, ſo nahe an dem gemeinen Gange ſitzet, worinn die Eyer aus den lobis des Ouarii fallen, wovon er glaubet, daß ſolches diene, einen Saft von ſich zu geben, um die Eher auf ihrem Wege anzufeuchten. Ich halte dafür, daß eines von dieſen, und aller Wahrſcheinlich⸗ keit nach, das letzte, das Behaͤltniß des maͤnnlichen Saamens ſey, worinn derſelbe, von der Handlung der Beywohnung an, aufbehalten wird, bis die Eyer groͤßer 64 Der Bienen Art und Weiſe, größer werden, und durch den daran ſtoßenden Gang von den beyden lobis des ouarii gehen. RR Da die Erhaltung und das Zunehmen der Bie⸗ nen von ſo augenſcheinlichem Nutzen iſt, ſo muß ich allerdings des Herrn von Reaumurs Anmeifung bil: ligen, die Bienen aus einem vollen Stocke in einen leeren zu treiben, wenn ſolches noch zeitig genug ge= ſchehen kann, um ſo viele neue Arbeit zu bekommen, daß die Koͤniginn ihre Eyer im Fruͤhlinge legen koͤn⸗ ne, indem ſie mit wenigen Koſten koͤnnen unterhal⸗ ten werden, wenn man nur dahin ſieht, ſie in einem mittlern Zuſtande der Unempfindlichkeit, weder zu heiß noch zu warm, den Winter uͤber zu halten. Noch beſſer aber gefaͤllt es mir, wenn er die Honig⸗ ſcheiben mit den Bienen theilet, die am beſten mit Honig verſehenen Scheiben heraus nimmt, und die⸗ jenigen, worinn die Nymphen und das Bienenbrodt find, zuruͤck laͤßt. Ich halte aber dafür, daß zur Wegnehmung der Scheiben ein ſicherer und leichteres Mittel koͤnnte gebraucht werden, als er an die Hand giebt, welches darinn beſteht, die Bienen mit Rau⸗ che dumm zu machen, ſie zu noͤthigen, ſich oben in der Spitze des Bienenſtocks zu haͤufen, und alsdenn den Stock aufzuheben, und die mit Honig angefuͤll⸗ ten Scheiben abzuſchneiden. Ich halte dafuͤr, es fen beſſer, den vollen Stock umzukehren, einen leeren daruͤber zu ſetzen, und die Bienen hinein zu treiben, als wenn man einen Rauch machet: denn ſolcherge⸗ ſtalt werden nur wenig Bienen in dem vollen Stocke bleiben; dieſe wenige koͤnnen dumm gemacht, die Bienen in dem leeren Stocke koͤnnen auf einen Tiſch geſetzet, und die Scheiben nach Bequemlichkeit und ohne Wachs und Honig zu ſummlen. 65 ohne Gefahr ausgeſuchet werden. Nachgehends kann man den leeren Stock umkehren, und den alten Stock wieder darüber ſetzen, damit fie alſo ohne Be⸗ denken wieder in ihren vorigen Stock gehen, und ih⸗ re Arbeit in Verfertigung neuer Scheiben wieder vor⸗ nehmen. Wenn denn die Koͤniginn den alten Stock noch nicht verlaſſen hat, wie ſolches oft geſchieht, ſo werden ſie ſich wieder zu derſelben begeben, und die Geſellſchaft wird nicht verlohren gehen, welches oft geſchieht, wenn man die Bienen in einen neuen Stock 2 treibt. Dieſes, mein Herr, ſind die wenigen Anmer⸗ kungen „die ich bey hmm der merkwuͤrdigen Gedanken des Herrn Reaumuͤrs über die Bienen ges macht habe. Ich habe es fuͤr eine Pflicht gehalten, ihnen dieſelben zu ſenden, um ſie ihrer gelehrten Ge⸗ ſellſchaft vorzulegen, wenn ſie vielleicht zur Vollkom⸗ menheit der Naturgeſchichte der Bienen etwas bey⸗ tragen Fönnen. Ich will mich ihrer Zeit nicht länger bedienen, als nur, ſie zu verſichern, daß ich mit der größten Achtung bin ꝛc. | | | Arthur Dobbs, VI. Ein 66 Robert More Schreiben, | * * * * * RK FR KA A Ein Schreiben des Herrn Robert More, Eſqu. i ' | an den 40 Praͤſidenten der kon. Geſellſchaft der Wiſſenſ. | morinnen verfchiedene | eig artige Bemerkungen auf ſeiner Reiſe durch Italien enthalten. - Aus den Philoſ. Tranſact. 495. N. VIII. Art. Mein Herr, | Dor Schreiben, welches ich vom Herrn Wat⸗ ſon erhalten, hat meine Reiſe durch Italien mir ſo angenehm gemacht, daß ich mich nicht enthalten kann, Ihnen nochmals mit dieſen Zeilen beſchwerlich zu ſeyn, und zugleich mei⸗ nen ſchuldigen Dank abzuſtatten. * Als ich zu Barcellona ankam, konnte ich keine Gelegenheit finden, gerade auf Neapel, wie ſie mir den Vorſchlag gethan, zu gehen, doch bedaure ich es nicht, daß ich durch den ſuͤdlichen Theil 0 rei von feiner Reife durch Italien. 67 iſen genoͤthiget wurde, indem auch hier, meiner eynung nach, verfhidene ſehenswürdige Dexter zu finden. Als ich in Italien anlangte „war es am zutraͤg⸗ lichſten fuͤr mich, nach Rom zu eilen, woſelbſt ich auch den Winter zubrachte, und von da zeitig wieder abreiſete, um zu Anfange des Fruͤhlings zu Neapel zu ſeyn, von wannen ich, nach Ihrer Anweiſung, Pam: Reife fortſezte. Es kann Ihnen nicht heftiger verdrießen, daß Sie die natuͤrlichen Seltſamkeiten dieſes Orts nicht geſehen haben, als mir der Schade, den die gelehrte Welt dadurch leidet, nahe geht. Die Reiſebeſchrei⸗ ber ſcheinen mir nicht ſattſam die Kraft und die Wir⸗ kungen des Dampfs, der durch die Ergießung der Quellen uͤber eine weite Oberflaͤche der fließenden Lava verurſachet werden kann, erwogen zu haben, und ſie halten ſich zu weitlaͤuftig bey dem Schwefel auf, in⸗ dem ſie ſich durch ein gewiſſes Salz, welches hin und wieder daſelbſt liegt, haben verführen laſſen. In der Solfatara hielt ich ein kalt Eiſen in den ausge« benden Dampf * und es floß ein Strom Waſſer her⸗ 5 Als ich in den Keſſel auf dem Gipfel des Ve⸗ s hinab ſtieg, war er voller Rauch. Doch merkte nicht, daß man davon erſticken koͤnnte, und des⸗ halben hielte ich ihn nur für einen Dunſt. Unſere Fuhrer verficherten die Englaͤnder, daß ein Mylord aus i ihrem Lande hier erſtickt wäre. Da man fie nach Namen deſſelben fragte, ſo glaubten ſie, es würde Mylord Plinio ſeyn. Das, was ſie den E2 Schwefel 63 Robert More Schreiben, Schwefel nennen, zerfloß, da ich es nach Hau brachte *. 3 Ihnen habe ich es auch zu danken, daß ich Be⸗ nevent, einen Ort, der voller Alterthuͤmer iſt, geſe⸗ hen habe. Auf dem halben Wege dahin, ſahe ich bey dem Staͤdtchen Arienzo Waͤlder von Schlag⸗ holze, von deren Baͤumen man Manna machte. Dieſe Baͤume ſind von der Art, welche unſere Gaͤrt⸗ ner bluͤhende Eſchen nennen. Das Manna wird zu⸗ wege gebracht, indem die Rinde zu gewiſſer Jahres⸗ zeit geritzt, und der Saft in ein Gefaͤß aufgefangen wird, welcher mit dem Anfange des Auguſts zu fließen, oder wie man dort ſchriftmaͤßig redet, piovere,, das iſt, zu regnen, anfaͤngt, und wenn die Jahres⸗ zeit trocken iſt, ſo ſammlen ſie ihn fuͤnf oder ſechs Wochen durch. Der Koͤnig hat hievon ein großes Einkommen; es waͤchſt aber auch dieſer Baum in England. | Ihrer Vorſchrift zu Folge war ich verpflichtet, fo wohl den untern als den obern Theil des Waſſerfalles zu Terni in Augenſchein zu nehmen. Ich ſtieg an 8 — ö der Die Italiener ſind ſolche Verwechslungen zu machen geneigt, wenn es die Reiſebeſchreiber ihnen nicht aus Bosheit nachſagen. In Ravenna iſt eine Kirche, de⸗ ren Gewoͤlbe oben einen Riß hat. Die Einwohner geben vor, ein gothiſcher Fuͤrſt, der feine Zuflucht darunter genommen, ſey daſelbſt vom Donner erſchlagen wor⸗ den. Addiſon fragte einen Abt, den er daſelbſt an⸗ traf, nach dem Namen dieſes Fuͤrſten: der Italiener beſann ſich eine Weile, und ſagte endlich, er glaubte, es ſey einer Ramens Julius Caͤſar geweſen. Addiſons Travel. R a von ſeiner Reife durch Italien. 69 der jähen Seite des Berges herab, welches, wie ich glaube, wenige gethan haben, denn ſonſt wuͤrden ſie ſich nicht, wie Miſſon, den Fall ſo geringe vorgeſtellet haben, ganz anders, als das Volk ſelbſt ihn nennet. Herr Addiſon hingegen, macht die Waſſerleitung zu Spoleto ſo viele Ellen groß, als ich es Spannen zu ſeyn glaube. Man findet in der That in allen Reiſe⸗ beſchreibern, auch die Sie noch mit Grunde, als die beſten, angeprieſen haben, ſeltſame Unrichtigkeiten, wenn man ſie uͤber dieſe Gegend nachlieſet. Einer unter dieſen vermuthet, die ſchoͤne aber nun verfallene Bruͤcke zu Narni, koͤnnte wohl eine Waſſerleitung geweſen ſeyn, da fie doch augenſcheinlich um das jähe Aufſteigen nach der Stadt zu, zu erleichtern, ſich den ganzen Weg durch, bis an dieſelbe hinaufwaͤrts er⸗ hebt. Doch wurde ich noch mehr beſtuͤrzt, als ich ſahe, daß Herr Addiſon einen lateiniſchen Vers aus dem Bembo, unrecht unter eine Bildſaͤule des Ba⸗ chus ſetzet, welche er, wo ich mich nicht irre, des Apollo nennet. | Ich glaube, die Akademie der Naturforſcher zu Bologna, iſt ſeitdem, daß Sie da geweſen, noch voll⸗ kommener geworden. Die vereinigten Sammlungen des Grafen Marſigli, des Markgrafen Coſpi, Als drovandus und anderer, machen das ſchoͤnſte Cabinet von natuͤrlichen Seltſamkeiten aus, ſo ich jemals ge⸗ ſehen, und es nimmt auch noch durch die Mildthaͤtig⸗ keit des itzigen Pabſtes zu. 15 Wegen ſchlechten Wetters wuͤrde ich gewiß aus der Acht gelaſſen haben, das unaufhoͤrliche Feuer auf dem apenniniſchen Gebirge zu ſehen, haͤtte ich nicht Ihrer Erinnerung MR muͤſſen. Das Feuer ) 3 zu 1 . Robert More Schr eiben, zu Fiorenzuola ſahe ich nur in einer Entfernung, aber ich brachte einen großen Theil der Nacht mit Betrach⸗ tung eines, wie ich hoͤrete, weit groͤßern zu, welches bey Pietra Mala, einem Staͤdtgen, ſo unter dem Schnee liegt, zu ſehen war. Dieſes iſt, wie mir deucht, mit dem Feuer, welches zu Broſely in Schropſhire uͤber einem kleinen Brunnen geſehen worden, und wovon, wie ich vermuthe, die Socie⸗ taͤt Nachricht empfangen hat, von einer Art; und es ſcheint mir auch mit demjenigen Feuer uͤberein zu kommen, welches von dem boͤſen Wetter aus den Kohlaruben des Herrn Jacob Lowthers entſtanden, und Ihnen gemeldet worden; wie auch mit dem Feuer, welches aus Feilſtaub und Vitrioloͤl erreget worden iſt. Die Flamme hievon war, da ich ſie ſahe, uͤberaus 80 ſie deckte eine Flaͤche von mehr als 3 Klaftern ng, 2 breit, und gieng über 4 Fuß in die Hoͤhe. Nach großem Regen und Schnee ſoll das ganze un⸗ fruchtbare Stuͤck Land, fo etwa 9 Klaftern im Durch: ſchnitte hat, im Feuer ſtehen. Der grobe Sand, aus welchem es hervorſteigt, iſt in einer geringen Tiefe ganz kalt. Es ſind drey ſolche Feuer in der Gegend, und noch eines war daſelbſt, welches das verloſchene heißt. Ich gieng an den Ort, um es wieder anzu⸗ zuͤnden, und verließ es brennend. Der letztere Ort hatte in der Mitten eine kleine Tiefe, in welcher ein ſumpfichtes Waſſer war, durch dieſes ſprudelte die Luft ſtark hervor. Doch wollte dieſe Luft kein Feuer faſſen; aber diejenige, die ſich durch die Feuchtigkeit und durch den feuchten und kalten Kieſel in die Hoͤhe zog, brannte lichterloh. Wenn man auch unweit jeder von dieſen Flammen die kieſelichte Bedeckung abraͤumte, von feiner Reiſe durch Italien. 27 abraͤumte, ließe ſich, was darunter War; durch Schwefelfaden entzuͤnden. m! a Erlauben Sie mir, Ihnen 8 für Ihren gütigen ene a wein 5 ® et mene zu nennen | | 10 Ae ah u sten Bac N. S. l 50. N 4 0 , e en Ihren verbundenſten und eher Bo 0 a Diener, ap ans vn 0 rte Robert More. n * * * * n BER Dun e VII. z | a Ein Theil eines € ch e des Herrn Robert More, Eau. NR 551 0 Sn nan den enen 1 116 Yan Herrn W. Watſon, an u) 200 Mitglied der königlichen Geſellſchaft der Bifenfhaften von der Neife, en wie das Manna unweit Nec | 9 6 N geſammlet wird. N 15 1 0 % Aus den blos True. N. 405. Art. XI. N * 0 traf bey Arienzo 2 einer Stadt wiſchen U N pel und Benevent, einen E )enwald 0 Bil an, welcher 8 bis 10 Jahre geftanden , und aus dieſem las man das Manna. Es hatte das ds uche, als wären. Ba. deshalben zwey 4 Jahre 72 R. More, wie das Manna Jahre zubereitet worden; die Aeſte waren jedes Jahr einen Zoll in die Breite und zween Fuß in die Hoͤhe abgeſchaͤlet worden; doch ſagte man mir, daß es auf jedes nalezu einem Zolle geſchehe. Man ſetzet unten an die Wunden ein Gefaͤß, welches alle fuͤnf Tage ausgeleeret wird. Aus dieſem Safte wird das Manna. Vor dieſem ließ man es auf dem Baume trocken werden; doch nach der itzigen Art wird es reiner erhalten. Mit dem Anfange des Auguſts faͤngt das Manna an zu fließen, (dort nennet man es nach der Redensart der Schrift, zu regnen;) und wenn die Jahreszeit trocken bleibt, fo ſammlet man es fünf. bis ſechs Wochen durch. Der Koͤnig von Neapel hat ſo reichliche Einkuͤnfte davon, daß er auch deshal⸗ ben ſehr ſorgfaͤltig Acht haben, und waͤhrend der Zeit die Waͤlder durch Sbirren bewachen laͤßt, welche ſo gar auf diejenigen Feuer geben, die ſich in dieſelben hinein wagen, und das Stehlen dieſes Saftes koſtet das Leben. Die Jahreszeit, in der ich zu Arienzo war, verhinderte, daß ich nicht beobachten konnte, zu was fuͤr einer Gattung der Eſche der Baum gehoͤrete. Ich glaube, daß es eben diejenige iſt, welche unſere Gaͤrtner die bluͤhende Eſche nennen; die Ausſicht der Rinde und der Knoſpen koͤmmt mit einer derſelben uͤberein, die in einem Garten zu Lindley ſteht. Der⸗ jenige, der mir das Holz zeigte, ſagte, daß es im Fruͤhling eine ſchoͤne Blüte truͤge. Zu Piſa zeigte man mir in dem Kraͤutergarten dieſen Baum, der eben bluͤhete, fuͤr die Manna Eſche. Er iſt in der Ge⸗ gend bekannt genug, und ich wundere mich, daß Herr Ray deſſelben unter den Pflanzen, die er da⸗ felbſt gefunden, nicht erwaͤhnet. Die Italiener nen⸗ nr nen 73 nen ihn Orno. Ein en zu Rom ſagte: es waͤre die Ornus officinarum. Ein Arzt zu Bene⸗ vento ſagte eben fo; daß es die Ornus wäre, die man in der Medicin brauchte. Ein Mann, der von Rom nach Neapel abgereiſet, hat verſprochen, es ſich aͤußerſt angelegen ſeyn zu laſſen, Ihnen Unter⸗ richt zu geben „ wie man es zur Arztney gebrauche. Er war ein vollkommener Chymicus, und lehrte mich vielerley Arten, daſſelbe auf verſchiedene Art nachzu⸗ machen. Die allergemeinſte iſt, durch Glaubers Salz und Zucker, vermiſcht mit ein wenig Manna. Das Manna ſoll, wie man mir ſagte, zu Neapel en (jeden zu 42 Pf. Sterl.) das Rotolo PR? ä (32 Engl. Unzen) koſten. KEN 6 —+6+ũ•21»11 VIII. Gedanken Schraubenſteinen. GIs, findet ſich unter den verſteinten Conchilien roch ein leerer Platz zu den verſteinten Schrauben. Man kann ſie unter des Walierü Cylindriten rechnen. Es ers waͤhnet keiner von den Schriftſtellern der natuͤrlichen Hiſtorie dieſer verſteinten Schrauben, ob ſie gleich ſo unbekannt nicht ſeyn a außer der Cramer, 5 der 74 Lieberoths Gedanken der ihrer in ſeinem Probierbuche nur im Vorbeyge⸗ hen gedenkt. Es iſt wahr, der unſterbliche Lin⸗ naus, fein ruͤhmlicher Nachfolger, der vortreffliche Wallerius, haben durch ihren großen und uner⸗ muͤdeten Fleiß , die natürlichen Körper zu beſchreiben, ſich einen ewigen Ruhm erworben. Und man kann ſicher behaupten, daß ihnen faſt kein Koͤrper in den Naturreichen unbekannt geblieben ſey, wenn ſie keine Menſchen waͤren; oder ein ſterblicher Verſtand zu einem ſolchen erſtaunenden Werke zureichen koͤnnte. Man bedenke nur, was es fuͤr eine unuͤberwindliche, ja unmoͤgliche Arbeit fuͤr einen Naturkuͤndiger ſeyn wuͤrde, alle Thiere, von dem Elephanten und Wall⸗ fiſche an, bis auf die Kaͤſemilbe und die kleinſten Waſſerinſecten zu beſchreiben: da von dieſen beyden Arten an, eine große, ja unbeſchreibliche Menge der Thiere den menſchlichen Augen verborgen bleibt. Nur denen, die ſich mit der Naturlehre wenig oder gar nicht bekannt gemacht haben, kann es laͤcherlich und unbegreiflich vorkommen, wenn man ſagte, daß die Kaͤſemilbe und das kleinſte Waſſerinſekt unter den Thiergen, Bi zu erkennen das menſchliche Auge nicht gemacht waͤre, eben das vorſtelleten, was der Elephant und Wallfiſch unter den ei ren find. Man wird ſich hierüber auch kein großes Gewiſſen machen duͤrfen; da der Schöpfer nicht ge: wollt, unſerm Verſtande und Sinnen weitere 8 zen zu ſetzen. Nur wenigen Menſchen wedeln das Gluͤck, einige, und zwar nur wenige Koͤrp der Welt fennen zu lernen, und man ſagt, daß bie 5 die glücklichſten ir „ die re: 7 geſcheutes Warum? Warum 2 einige Ah der Nn . N ſehr wenig iſt a was ſie entdecken. Denn ih 1 eg Ins nee der Natur dringt kein erſchaffner Sei — Zu glücklich wenn fie noch die außre Schale weiſt. Die verſteinten Schrauben finden. fih in den e e Eiſengruben. Ihre Figur gleicht 1 — durch die Hand verfertigten Schraube 1 daß man ey dem erſten Anblicke einer ſolchen verftein- ten Schraube nicht anders denken ſollte, ſie waͤre ch die Hand des Kuͤnſtlers gefehmiedet , abge⸗ 5 nd Ae worden. Ihre Figur iſt lind ie unterſcheiden ſich aber von den Seat darinne, daß ihre Einſchnitte oder Schraubengaͤnge nicht ſpiraliſch ſind, ſondern jeder Gang einen vor ſich beſtehenden Zirkel ausmacht: fo daß, wenn man ein Meſſer in einen Gang ein⸗ fest, man damit rund herum fahren kann, ohne in den andern Gang damit zu kommen. Wie denn auch die Muttern, in welchen dieſe verſteinten Schrauben liegen, eben dergleichen Beſchaffenheit haben. Sie beſtehen demnach aus lauter ſchief an einander geſetzten zirkelrunden, oder vielmehr linſen⸗ formigen Blaͤttgen, die allezeit einen merklichen Zwiſchenraum laſſen, ſo, daß ſie einer Schraube it engen Gängen vollkommen ahnlich find. Schläge man eines von dieſen Blaͤttgen ab, und betrachtet es: ſo findet man juſt in der Mitte deſſelben ein Loch, welches mit einem Rande eingefaßt zu ſeyn ſcheint. Von dieſem Rande gehen gerade Stri⸗ che 8 beyfammen‘, wie die Radü eines Zirkels, gegen 76 Lieberoths Gedanken gegen die Peripherie. Fünf kleine Erhöhungen bes merket man auf jedem Blaͤttgen, welche dieſelben zu⸗ ſammen zu heften ſcheinen. Sie ſind der Groͤße nach ſehr von einander verſchieden: doch ſind die größten kaum einen Zoll ſtark, und zween Zoll lang. Die kleinern haben kaum eines Strohhalmes Stärke, und ſcheinen fuͤnfeckicht zu ſeyn, weil die fuͤnf wie ſtarke Zwirnfaden geſtalte Fortſaͤtze an den kleinen beſſer, als an den großen wahrzu⸗ nehmen ſind. Wenn ſie noch ganz ſind, beſtehen ſie mehrentheils aus zwoͤlf bis ſechzehn uͤber einan⸗ der gelegten Blaͤttchen; ſo, daß man manche in ihrer ſteckenden Mutter oft hin und her, aber nicht heraus ſchrauben kann. 8 Betrachtet man nun dieſe Schraubenſteine et⸗ was genauer: ſo findet man ohne große Schwie⸗ rigkeiten, daß die in ihnen liegende Schrauben unter die verſteinten, allein uns unbekannten Thiere gehoͤren. Es iſt dieſes keine bloße Muthmaßung, ſondern es laͤßt ſich aus verſchiedenen Gruͤnden, ohne eine Steinquackerey zu begehen, behaupten. Es iſt die Meynung, alle Verſteinerungen von der allgemeinen Suͤndfluth herzuleiten, von den größten Naturkuͤndigern unſrer Zeiten gänzlich vers worfen worden. Die Natur redet in dieſem Stuͤ⸗ cke dieſen Maͤnnern ſelbſt das Wort, indem ſie bey dem ſo Mannigfaltigen die ſchoͤnſte Ordnung jeder⸗ zeit beobachtet. Man wird in jeder Steinbank, die Petrefacta in ſich hat, alles einpaarig und auf ſeinem Schwerpuncte liegend antreffen: man wird ferner jederzeit eine gewiſſe Art RN zu⸗ am⸗ von Schraubenſteinen. 77 ſammen verſteint finden: welches von keiner Fluth gemacht werden kann, die alles unter einander mengt. Dieſe Ordnung, die fo kuͤnſtliche Stru⸗ ctur, die bey den allermeiſten verſteinten Thieren angetroffen wird, nebſt ihrer Vielheit, lernet uns die wirklichen Petrefacta von den Naturſpielen ganz ſicher unterſcheiden. Daß die verſteinten Schrau⸗ ben wirkliche Thiere geweſen ſind, und nicht un⸗ = die Naturſpiele gerechnet werden koͤnnen, zeiget ihre ſo ordentliche Structur, theils ihre Renge fo wohl, als auch der einpaarige Stein, welches eine reiche Eiſenminer iſt, worinne nicht nur dieſe Schrauben ordentlich in ihrer Mutter einge⸗ Ten, ſondern auch verſteinte Muſcheln und Shneten als kleine Kammmuſcheln, Turbini⸗ und Entrochiten ſtecken. Es ſtellen die Mut⸗ 2 die Abdruͤcke, die Schrauben aber das Thier ſelber vor. Es ſind Thiere geweſen, die ſich, ver⸗ möge ihrer Structur, fürzer und länger machen koͤn⸗ nen, wie unſere Regenwuͤrmer, welches die fünf Sehnen, die bey jeder Schraube angetroffen wer⸗ den, eigentlich zu verrichten, da ſind. Das in der Mitte durch die Schraube gehende Loch ſtellet einen Canal vor, der aller Wahrſcheinlichkeit nach Mark und Nerven in ſich gehalten, welche benebſt den fünf Sehnen die Blattchen zuſammen zu ziehen, und wieder aus einander zu theilen verordnet ge⸗ weſen. Es koͤnnte ſeyn, daß dieſer Canal zu ei⸗ ner andern Verrichtung des Thieres noͤthig ge⸗ waͤre. Wer wird dieſes ſo genau beſtimmen tormen ? ? Gemwiß der beſte Naturkuͤndiger nicht. Und 78 Lieberoths Gedank. v. Schraubenſt. Und warum? Weil kein Sterblicher ſich wird ruͤhmen koͤnnen, dieſe Thiere ſo wenig, als die ſich in Ueberfluß findenden Ammonshoͤrner jemals lebendig geſehen zu haben. Man gebe einem Na⸗ turkuͤndiger ein wohlbereitetes Scelet von einem ihm unbekannten Thiere; man verlange von ihm, ſo wohl den Ramen, als auch die Handlungen dieſes Thieres zu wiſſen: ſo wird er, ohne ſcham⸗ roth zu werden, ſich mit einem ich weiß es nicht entſchuldigen. Wer wird mir es alſo verdenken, wenn ich behaupte, daß die verſteinten Schrauben, nach dem Anſehen ihres ſo ordentlich hinterlaſſe⸗ nen Scelets, unter die verſteinten Thiere gehoͤren: darinne aber, was es vor Thiere, und zu welchen Abſichten ſie beſtimmt geweſen, gerne meine Un⸗ wiſſenheit bekenne, und ohne eine Suͤnde zu bege⸗ hen ſage: das weiß ich nicht. Hettſtedt, den 28 Februar 1782. F. L. Lieberoth. 0 Med. Lie. f e eee ee ee a, 2 au * * * g 5 * * * 1 * * * Bun 15 1 e on den 1 2 5. G. ee e Betrachtung 1 ala am über die rt K el si des en S. ni fels aus dem Spießglaſe. | 7 er Hr. Docter Aer hat eine Abhandlung 2 vom mediciniſchen Gebrauche dieſes goldgel⸗ 1 ) ben Schwefels in dieſe Monatſchrift einruͤ⸗ 8 worinn er dieſer Arztney nicht nur die Kraft, die Materie einer Krankheit auszutreiben, ſondern auch die krampfichten Zuſammenziehungen zu lindern, und die heftigſten Bewegungen zu ſtillen, beylegt. Jedermann wird ihm zugeſtehen, daß dieſes zwo ganz vortreffliche Wirkungen ſeyn, deren man faſt bey den meiſten Krankheiten benoͤthiget iſt; allein es iſt nun⸗ mehr die Frage: ob der goldgelbe Schwefel Ar Spießglaſes dieſe beyden Kräfte wirklich beſitze. Der Hr. Doctor Unzer hat ſeine Beweiſe hiervon aus der Erfahrung hergenommen. Ich habe auch dawider nichts einzuwenden, es gefaͤllt mir aber doch immer beſſer, wenn man die Wirkungen eines Arztneymittels auch aus ſeiner Zuſammenſetzung begreiflich machen kann, denn ſo ſind wir gewiß, daß es ſein Anſehen betend behaupten, und nicht etwa mit der Zeit von andern 80 Kräfte des goldgelben Schweſels andern durch Gegenerfahrungen kann verwieſen wer⸗ den; das macht, die Erfahrungen in der Arztneywiſ⸗ ſenſchaft ſind mit gar zu vielen Schwierigkeiten ver⸗ knuͤpft, als daß man ſich nicht in einem oder dem andern Falle ſollte irren koͤnnen. Es faͤllt mir hier das wunderbare Schickſal des Zinnobers bey. Wie lange ift es, daß man ihn noch faſt in allen Recepten zu ſehen bekam, da man ihn fuͤr ein Mittel hielt, das ſich nicht nur in den meiſten Krankheiten ſchickte, ſon⸗ dern darauf man ſich recht verlaſſen koͤnnte, wenn man etwa mit den andern Sachen das rechte Fleckchen nicht getroffen haͤtte, warum aber? Die größten Maͤn⸗ ner hatten ihn in ihrer Praxi ſo befunden, und an⸗ dern angeprieſen. Er behielt ſein großes Anſehen ei⸗ ne ganze Zeit; die von Vorurtheilen gegen ihre Leh⸗ rer eingenommenen Aerzte fanden ihn immer ſo vor⸗ trefflich bey ihren Curen, als er ihnen von denſelben war geruͤhmet worden: allein eins fehlte noch immer, es hatte noch keiner, wie viele ſich auch darüber gemar⸗ tert hatten, die Wirkungen deſſelben aus ſeinen Be⸗ ſtandtheilen erklaͤret, und ſo kam ſein Fall, ehe man es ſich vermuthete. Es gerieth ein Mann uͤber ihn, der es fuͤr unanſtaͤndig hielt, alles zu glauben, was ſeine Vorgaͤnger geſaget und geglaubet hatten, ohne ſolches zu pruͤfen. Er unterſuchte ihn nach ſeiner Zu⸗ ſammenſetzung, und nach der Beſchaffenheit unſers Koͤrpers, und findet, und beweiſet, daß er gar nichts wirken kann. Iſt dieß nicht erſtaunend? Doch ich will dieſes nicht auf den Schwefel des Spießglaſes angewendet haben, oder dieſen mit jenem in eine Claſ⸗ ſe ſetzen, ich weiß, daß er wirklich Kraͤfte hat, die der Chymiſt darthun, und der Practicus 1 4 ann. aus dem Spießglaſe. Mar 21 E kann. Es iſt nur mein Vorhaben, zu unterſuchen, ob ihm wirklich alle Wirkungen zukommen, die der Hr. Doctor von ihm ruͤhmet. Es koͤmmt aber aller⸗ dings auf die beyden Hauptkraͤfte an, deren der Hr. Doctor erwaͤhnet, erſtlich, daß er die feſten Theile antreibt, (virtus ſtimulans) und dadurch die Ausfuͤh⸗ rungen befoͤrdert, 2) daß er die widernatuͤrlichen Be⸗ wegungen ſtillet, (ſedans) und dadurch eine Ordnung in einigen Krankheiten zuwege bringt. Die erſte von dieſen Wirkungen iſt allerdings gewiß, gegen die an⸗ dere aber ſteigen noch einige Zweifel bey mir auf. Es geſchieht dieſes aber keinesweges, um etwa mur zu wi⸗ derſprechen, ich bin mit dem Hrn. Doctor vollkommen eins, daß dieſes ſchoͤne Medicament ſchaͤndlicher Wei⸗ fe in einige Vergeſſenheit gerathen, und viel unnuͤtzes Zeug ihm mit groͤßtem Unrechte vorgezogen worden. Er verdienet daher Dank, daß er ſich bemuͤhet, dieſe Unbilligkeit abzuſchaffen. Meine Erinnerungen koͤn⸗ nen ihm hierbey gar nicht hinderlich ſeyn. Ich glau⸗ be vielmehr, daß wir es hierdurch gemeinſchaftlich in groͤßere Aufmerkſamkeit bringen, und ihm allein ein gegruͤndetes und dauerhaftes Anſehen verſchaffen koͤn⸗ nen. Ich werde zu meiner Unterſuchung noͤthig ha— ben, der Zubereitung unſers goldgelben Schwefels zu erwaͤhnen. Es wird aber dieſes Medicament auf gar verſchiedene Art zubereitet, jedoch koͤmmt alles dar⸗ inn uͤberein, daß der Schwefel vom Spießglaſe durch ein Laugenſalz aufgelöoͤſet, und die mit demſelben ver: bundene reguliniſche Theilchen von dem uͤbrigen me⸗ talliſchen Weſen des Spießglaſes geſchieden werden, und wenn nun bey der gewoͤhnlichſten Praͤcipitation das Laugenſalz ſich mit der Saͤure verbindet, ſo ſamm⸗ 9 Band. F let 82 Kräfte des goldgelben Schwefels let ſich der mit einigen reguliniſchen Theilchen ver⸗ miſchte Schwefel des Spießglaſes zu Boden, und dieſes iſt, was wir nennen (lulphur antimonii aura- tum) den goldgelben Schwefel aus dem Spießglaſe. Weil aber bey der erſten Praͤcipitation die ſchwereſten Theile, und alſo die meiſten reguliniſchen, zu Boden fallen, ſo iſt dieſer Schwefel noch zu heftig, und des⸗ wegen wird dieſe Arbeit zum andern und dritten male wiederholet, und gemeiniglich der letztere zum Ge⸗ brauche gezogen. Dieſe Methode iſt die gemeinſte, wiewohl man es freylich weniger muͤhſam haben koͤnn⸗ te, wenn man nach des berühmten Hrn. Prof. Tar⸗ theuſers Methode die ganze Solution erſtlich ſtehen ließe, da das Groͤbſte von ſelbſt zu Boden faͤllt, her⸗ nach aber aus der obenſtehenden klaren Solution mit ei⸗ ner Arbeit einen zarten, goldgelben Schwefel durch eine Saͤure praͤcipitirte, und ſich denn in der Doſi nach Art der Wirkung, die man von ihm verlangete, richtete. Dech, es iſt hier die Rede von einen gelin⸗ den goldgelben Schwefel, er mag nun auf eine oder andere Art zubereitet ſeyn, dieſer iſt, wie hieraus ſchon erhellet, und auch aus andern chymiſchen Ver⸗ ſuchen kann bewieſen werden, nichts anders, als ein Praͤcipitat, das groͤßtentheils aus dem Schwefel des Spießglaſes, und denn auch aus einigen zarten reguli⸗ niſchen Theilchen deſſelben beſteht, es muͤſſen alſo ſeine Wirkungen nothwendig von dieſen beyden Stuͤ⸗ cken (principiis) hergeleitet werden koͤnnen. Der res guliniſche Theil vom Spießglaſe iſt allerdings wirk⸗ ſam, dieſes wiſſen wir nicht allein aus der Zuberei⸗ tung anderer Medicamente aus dem Spießglaſe, da wir ſehen, daß ſolche ſtaͤrker oder ſchwaͤcher 5 N nach ⸗ aus dem Spießglaſe. 833 nachdem ſie von ſolchen Theilchen mehr oder weniger in ſich halten, oder ſolche auf dieſe, oder jene Art ein⸗ gewickelt werden, daß ſie ihre Wirkung aͤußern koͤn⸗ nen, oder daran verhindert werden. Er aͤußert aber ſeine Wirkung durch ein Anreizen der feſten Theile zur Bewegung (ſtimulando) und nachdem dieſes alsdenn in dieſen oder jenen Theilen unſers Koͤrpers geſchieht, werden die Ausführungen (exeretiones) befördert, die ſtockenden Säfte zertheilet, und alſo die Gefäße eroͤff⸗ net, und der Koͤrper gereiniget. Wenn ich nun die Krankheiten durchgehe, in welchen er von den erfah⸗ renſten Maͤnnern iſt angeprieſen worden, ſo finde ich, daß ſolche Wirkungen, wie itzo von ihm erzaͤhlt, al⸗ lerdings dazu erfordert werden. Der große Hofmann hat ihn ſonderlich in den Krankheiten des ſtockenden und verderbten Fließwaſſers, (lympha) in hartnaͤcki⸗ gen Geſchwulſten der Druͤſen, und in kraͤtzichten und 1. Ausſchlaͤgen fuͤr gut befunden. In den Krankheiten, da ihn andre ſchon gelobet, als im Steckfluſſe und dem Kopfweh, ſo die eine Seite ein⸗ nimmt, hat er eben ſolches bekraͤftiget, ja er hat deſ⸗ ſen Gebrauch ſchon in widerſpaͤnſtigen Wechſelfiebern und der convulſiviſchen Engbruͤſtigkeit angeprieſen “. Allein in allen dieſen Krankheiten wirket er noch auf obige Art: beym Steckfluſſe iſt dieſes offenbar. Die itztberuͤhrte Engbruͤſtigkeit (aſthma) und der Kopf⸗ ſchmerz, (hemicrania) entſtehen öfters von Zuruͤcktrei⸗ bung einer ſchädlichen Materie, wie der Hr. Doctor ſelbſt dieſe Arten anfuͤhret, und alſo kann er dabey durch verſtaͤrkten Trieb des Gebluͤts, und dadurch er⸗ folgte Austreibung, derſelben Huͤlfe ſchaffen. Bey F 2 den » Hofmanni Obſerv. chym. p. 292. 84 Kräfte des goldgelben Schwefels den eingewurzelten Fiebern, ſcheint Hofmann auf die Eroͤffnung der Eingeweide fe n Abſehen gerichtet zu ha⸗ ben. Der Hr. Doctor Unzer gedenkt auch wohl eini⸗ ger Wirkungen bey den Fiebern, die hiervon entſprin⸗ gen, als, daß er Stuͤhle und Brechen verurſachet, und es zeiget dieſes an, daß die Unreinigkeiten noch nicht genug losgemacht geweſen, und da hat dieſes Medicament freylich eine ſichere und ſchoͤne Wirkung, doch auf obige Art geaͤußert. Iſt dieſes bey dem Fie⸗ ber nicht mehr noͤthig geweſen, ſo hat er vermuthlich den Koͤrper vor dem Anfalle in Schweiß gebracht, und iſt alſo der Anfall gleichſam abgeſchnitten worden. Wegen der Recidive iſt man bey dieſer Methode wohl ſicher, da ohnedem der Gebrauch anderer dienlicher Mittel dabey erfordert wird. Ob ſie indeſſen mit der gewoͤhnlichen Methode durch die Fieberrinde in Ver⸗ gleichung zu ſetzen, und in einigen beſondern Faͤllen, wo dieſe vorzuͤglich Huͤlfe ſchafft, gar zu gebrauchen, will ich hier nicht ausmachen. Die Fieberrinde hat beynahe ſo viel Feinde, als Goͤnner gehabt, und alſo iſt es ihr ſauer zu ſtehen gekommen, ehe ſie ein ſo großes und gegruͤndetes Anſehen bekommen. Doch ich will darum die andere Methode nicht verwerfen. Es iſt aus unterſchiedlichen Urſachen fuͤr uns Aerzte gut, wenn wir mehrere Mittel haben, die wir bey ei⸗ ner Krankheit brauchen koͤnnen. Die bloße Veraͤn⸗ derung iſt uns manchmal vortheilhaft. Vielleicht ſchaffet auch dieſe Methode manchmal Nutzen, wo wir wegen gewiſſer Nebenumſtaͤnde die Rinde nicht ge⸗ brauchen koͤnnen, doch es wird hierinn noch auf meh⸗ rere Erfahrungen ankommen. Bis hieher bin ich mit dem Hrn. Doctor vollkommen eins, 5 nehme alle die aaus dem Spießglaſe. 83 die Wirkungen in den erzaͤhlten Krankheiten an, die er davon angemerket: aber es folget nun die andere Hauptwirkung des goldgelben Schwefels aus dem Spießglaſe, und davon kann ich mich noch nicht uͤber⸗ zeugen. Der Hr. Doctor will bemerket haben, daß er den Krampf lindern, und die heftigſten Bewegun⸗ gen ſtillen ſoll, und ſodenn muß er freylich in allen convulſiviſchen, hypochondriſchen und hyſteriſchen Be⸗ ſchwerden dienlich feyn. Wenn materielle Urſachen dabey ſind, laſſe ich ſolches gelten, weil die Wirkung wieder auf obige Art geſchieht, allein dieß iſt des Hrn. Doctors Meynung nicht, denn er eignet dem goldgel« ben Schwefel ſolche Wirkung nicht auf entfernte Art zu, (remotive) ſondern er will angemerket haben, daß er ſie auf die eigentlichſte Art aͤußere, und verlangt daher, daß man hernach auf Wegſchaffung der ma⸗ teriellen Urſachen muͤßte bedacht ſeyn. Nun kann die⸗ ſe Kraft von den reguliniſchen Theilen des goldgelben Schwefels nicht herkommen, weil deren Wirkung ge⸗ rade entgegen geſetzt iſt, ſie muͤßte alſo von den ſchwe⸗ felichten herzuleiten ſeyn. Der Schwefel des Spieß⸗ glaſes iſt, wie wir aus der Chymie wiſſen, dem ge⸗ meinen Schwefel völlig gleich, und hat der Schwer fel zwar eine Wirkung in unſern Koͤrper: es iſt aber ſolche nicht eben betrachtlich. Es geht der zaͤrteſte, und alſo der geringſte Theil von ihm ins Gebluͤt, wel⸗ cher darinn einige Bewegung erreget, und dadurch hoͤchſtens die unmerkliche Ausdünſtung befoͤrdert. Auf dieſe Art koͤnnen die ſchwefelichten Theile des goldgel⸗ ben Schwefels obgedachte Kraft nicht hervorbringen, weil er in gar zu geringer Doſi gebraucht wird, daß je in 35 der Wirkung auf unſern Körper, faum F 3 in 86 Kraͤfte des goldgelben Schwefels ic. in Betrachtung gezogen werden koͤnnen. Doch ſie ſind bey unſerm Medicamente durch ein Laugenſalz aufge⸗ ſchloſſen, und alſo zu beſſerer Aufloſung und Wirkung in unſerm Koͤrper zubereitet worden. Ich geſtehe die⸗ ſes zu: allein deswegen ſehe ich doch noch nicht, woher er die ſtillende Kraft bekoͤmmt. Sehe ich den oͤlich⸗ ten oder verbrennlichen Theil des Schwefels an, ſo kann dieſer in unſerm Körper nicht von der Miſchung des Schwefels getrennet werden, weil dieſes nur das Feuer verrichten kann; und wenn auch dieſes moͤglich waͤre, zweifle ich doch, daß ſie ſolche Eigenſchaft be⸗ ſitzen ſollten. Sie wuͤrden ſich meines Erachtens bald durch den Geruch offenbaren. Man gehe die Medi⸗ camente aus dem Pflanzen- und Thierreiche durch, die eine ſolche Kraft beſitzen, man wird bey allen einen ſtarken und eigenen Geruch antreffen. Ich kann mich deswegen noch nicht uͤberwinden, zu glauben, daß er bey den Fraͤulein, nach des Hrn. Doctors Meynung, die baldige und unvergleichliche Huͤlfe geleiſtet. Vielleicht hat ihn der Hr. Doctor, wie er in andern Faͤllen an⸗ gerathen, mit einigen hieher gehoͤrigen Arztneyen ver⸗ miſcht, und wer kann ihm alsdenn das Lob allein zu⸗ ſprechen, ich weiß zwar, daß der erfahrne Hr. Prof. Junker und Alberti in der ſchoͤnen Diflert. de & O uſu medico, dieſe Meynung auch zu haben ſcheinen: allein wer weiß, ob ſie ſolches nicht auf entfernte Art verſtehen, denn ich glaube, daß alle vortreffliche Wirkungen dieſes Medicaments, entweder von ſolchen herzuleiten (naͤmlich der Wirkung der reguliniſchen) oder daß fie von dem goldgelben Schwefel gar nicht herkommen. * X. Refle- 87 MER KH ecke Rh RR ce οονιο / X. Ä Reflections on Anltient 100 Modern Muſick, with the application to the cure of dieale. to which is ſubjoined an eſſay to ſolve the queſtion, wherein conſiſted tlie difference of antient Muſick from that of mo: dern time. iR d. i. Betrachtungen uͤber die alte und neue Muſik, mit deſſelben Anwendung zur Heilung der Krankheiten, nebſt einem Verſuche die Frage aufzuloͤſen: | Worinn der Unterſchied der alten und neuen Muſik beſtanden hat. London, 1749. 05 Stav, 82. Seiten. as erſte Capitel zeiget den Urſprung der Mu⸗ ſik, und wie ſie die Seele ruͤhret. Der Verfaſſer faͤngt mit der Anmerkung an, daß man der Muſik der Alten uͤber die neuere einen großen Vorzug zugeſtehen muͤſſe, wenn die er⸗ ſtaunlichen Wirkungen wahr waͤren, die von jener er⸗ zaͤhlet wuͤrden, daß man aber doch dieſes Vorzuges ungeachtet, ebenfalls merkwuͤrdige Proben von der Macht der neuern Muſik habe. Seine Abſicht iſt alſo hier zu unterſuchen „ob man ſich nicht von der neuern auch einige Hülfe bey Krankheiten verſprechen duͤrfe. Die Macht der Muſik zu erklaͤren haben ſich die Alten verſchiedene ſeltſame Vorſtellungen gemacht, Kah der Verfaſſer zum Theil erzaͤhlet. Der Apollo 54 Hygiaeus, 88 Betrachtungen Hygiaeus, den man auf Muͤnzen und Edelſteinen fin⸗ det, iſt ſeinen Gedanken nach ein Beweis, daß die Alten der Muſik das Vermoͤgen zugeſchrieben, das Gemuͤthe zu erheben, zur Weisheit faͤhiger zu ma⸗ chen, edle Geſinnungen zu erregen, und ſelbſt die Krankheiten des Koͤrpers dadurch zu heben. Er fuͤr ſich ſteht in den Gedanken, die Seele werde ihrer Natur nach durch gewiſſe Melodien ergoͤtzet, und durch andere misvergnuͤgt gemacht, wie bey andern Empfindungen uns ebenfalls gewiſſe Dinge angenehm, andere zuwider ſind. Ob der Grund davon nach eines andern Englaͤnders Gedanken auf die Verbindung der Einfoͤrmigkeit mit der Mannigfaltigkeit ankomme, laͤßt er unentſchieden. * 0 In dem zweyten Capitel von der Wirkung der Muſik auf die koͤrperlichen Werkzeuge, behauptet er vornehmlich, daß die Veraͤnderungen, welche die Muſik im Koͤrper verurſachet, nicht hauptſaͤchlich der zitternden Bewegung von Luftwellen, die bis an die Gehirnnerven geht, zuzuſchreiben ſey, ſondern in viel groͤßerm Maaße auf die Verfaſſung, in welche unſere Seele dadurch geſetzet wird, ankomme. Dieſes wahr⸗ ſcheinlicher zu machen, fuͤhret er an, daß ſich die Be⸗ wegungen des Koͤrpers, die Stellungen, der Ton der Stimme, u. d. g. nach den Umſtaͤnden richten, in denen ſich die Seele befindet, daß im Koͤrper oft viel groͤßere und heftigere Bewegungen entſtehen, als dieje⸗ nigen Bewegungen, die etwa in ſeinen Nerven erregt worden, verurſachen koͤnnten, und daß ſich die erſte Bildung des menſchlichen Koͤrpers unmoͤglich aus mechaniſchen Gruͤnden erklaͤren laſſe, und alſo von einem unmaterialiſchen und verſtaͤndigen wirkſamen | Weſen über die Muſik. 80 Weſen muß ſeyn veranſtaltet worden *, daher man deſto weniger Bedenken tragen darf, eben dergleichen Weſen ferner zur Beherrſchung des Koͤrpers anzunehmen. In dritten Capitel will der Verfaſſer die Wirkung der Muſik bey Unruhen des Gemuͤths, durch Erfah⸗ rungen beſtaͤtigen. Jede Verwirrung der Seele iſt mit gewiſſen Bewegungen im Koͤrper verbunden: „So treibt die Furcht die Lebensgeiſter nach des Cartes „Anmerkung auf eine folche Art nach den Mufkeln der „Knie, daß ſolche die Fuͤße mit unglaublicher Ge⸗ yſchwindigkeit aufheben, von dem gefaͤhrlichen Orte Ne 55 »weg⸗ * Doch vermuthlich nicht fo ein verſtaͤndiges und wirk⸗ ſames Weſen, als die Seele eines Kindes iſt, die kaum weiß, daß fie iſt, den Körper, den fie gebildet haben folk, mit Mühe gebrauchen lernet, und vielleicht erſt nach zwanzig Jahren, vielleicht auch nie, aus andern KRoͤrpern von der Art erfahrt, wie der ihrige inwendi beſchaffen iſt. Es iſt wahr, die mechaniſchen Erklaͤ⸗ rungen von der Zeugung, welche uns die Philoſophen bisher gegeben haben, ſind Romane, und die neueſte, die wir kennen, iſt noch etwas mehr, ſie iſt nach dem neueſten franzoͤſiſchen Geſchmacke, ein Hexenmaͤhrchen, wo die Theilchen die zum Kopfe gehoͤren, diejenigen, die in die Fuͤße ſollen, u. ſ. f. ſich mit ſo viel Weisheit zuſammen finden, als des Apollonius Tyanaͤus Drey⸗ fuͤße ſpazieren giengen, ohne anzuſtoßen: Wollte man aber deswegen mechaniſche Urſachen ganz fuͤr unzu⸗ laͤnglich halten, weil wir nicht begreifen koͤnnen, wie ſie ſo was machen ſollen, fo würden wir uns den Oſtiaken gleich ſetzen, die einen Bar, welcher durch ein innerliches Uhrwerk beweget ward, fuͤr einen Gott hielten. Es iſt beſſer hier unſere Unwiſſenheit zu ge⸗ ſtehen als die Seele zu Huͤlfe zu rufen, und doch her⸗ nach bey der Art, wie ſie dieſe Wirkungen hervor⸗ bringen fol, wieder unwiſſend zu ſeyn. K. 90 Betrachtungen „wegzukommen., Die Furcht aber kann fo wohl, als andere Leidenſchaften, immer wachſen, und zu einer Angewohnheit werden, wenn man ihr beſtaͤndig nach⸗ haͤngt, dadurch denn die koͤrperlichen Werkzeuge auf eine mechaniſche Art gewoͤhnet werden, ſich augen⸗ blicklich nach den Vorſtellungen der Seele zu richten. Die Griechen wußten die Furcht bey den Soldaten durch die Muſik zu vertreiben, und noch itzo hat das Spiel im Kriege eben dergleichen Wirkung. Den Zorn hat die Muſik ebenfalls zu erregen und zu be⸗ ſaͤnftigen gewußt, wovon bekannt iſt, was vom An⸗ tigenes u. d. g. erzaͤhlet wird. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit der Traurigkeit, der Wirkung der Einbil⸗ dungskraft, Krankheiten zu verurſachen, oder zu bes ben. In ſo fern der Zuftand des Körpers hier auf den Zuſtand der Seele ankoͤmmt, aͤndert die Muſik den erſtern, wenn ſie den letzten aͤndert. Der Verf. fuͤhret davon ein merkwuͤrdiges Beyſpiel an, welches ihm ein gelehrter und erfahrner Arzt zu Edinburg ver⸗ ſichert hat. Ein Schottlaͤnder ward mit feinen drey Soͤhnen ungluͤcklicher Weiſe in die Empoͤrung 1715 verwickelt, und wagte voll Eifer fuͤr die Sache, die er fuͤr gerecht hielt, den groͤßten Theil ſeines Vermoͤ⸗ gens fuͤr ſeinen eingebildeten rechtmaͤßigen Herrn, wo⸗ durch er von dem Praͤtendenten ausnehmende Merk⸗ maale der Hochachtung erhielt: aber als die Rebellen bey Dunblain geſchlagen wurden, blieben zween von feinen Söhnen, und er ſelbſt fiel verwundet in feiner Feinde Haͤnde. Man wartete ihn dem ungeachtet aufs beſte, daß er beym Leben blieb, und man ließ ihn alsdenn fuͤr ſich zu Edinburg leben. Ehrgeiz und Betruͤbniß machten, daß er in ein Nervenfieber, und eine über die Muſik. 91 eine ſolche Tiefſinnigkeit verfiel, daß er nicht einmal Speiſe zu ſich nehmen, noch mit Leuten reden wollte, Sein Arzt wußte, daß er ſich vor dem an der Harfe beſonders ergoͤtzt hatte, und beſorgte es, daß einer der geſchickteſten Harfenſpieler dem Kranken die ange⸗ nehmſten Toͤne, und die ihn ſonſt am meiſten ergoͤtzet hatten, darauf hoͤren ließ: kaum waren ein oder zwey Stuͤcke geſpielet worden, ſo zeigte der Kranke eine un⸗ gemeine Bewegung am Koͤrper und im Gemuͤthe, verwies es aber bald darauf ſeinen Freunden, daß ſie ihn fo in feinen Betrachtungen geſtoͤret haͤtten. Als man einmal ſo viel gewonnen hatte, mußte ſich der Harfenſpieler jeden Tag einige Zeit hoͤren laſſen, bis der Kranke nach und nach dahin gebracht wurde, daß er von gemeinen Sachen redete, und bald darauf ſol⸗ che Speiſen und Arztneyen zu ſich nahm, als ſich fuͤr ſeine Umſtaͤnde ſchickten, bis er endlich vollkommen geſund ward. Ein Kind, das noch nicht zwey Jahr alt war, und muſikaliſche Aeltern hatte, bezeigte ſich einftens, bey einigen muntern muſikaliſchen Stuͤcken ſehr ver⸗ gnuͤgt: dieſes veranlaſſete den Vater und Herrn Stan⸗ ley, die Gewalt der Muſik noch ferner zu verſuchen, nachdem ſie das Kind erſt auf dieſe Art ſehr luſtig ge⸗ macht hatten. Als aber die tiefen und traurigen Töne ſich hören ließen, fieng das Kind an melancholiſch und betruͤbt zu werden, welche Gemuͤthsverfaſſung ſich ſo bald aͤnderte, als es etwas luſtigeres hoͤrete. So konnten ſie das Kind nach Gefallen froͤhlich und be⸗ truͤbt machen. | Fianatiſche Entzuͤckungen, welche aus einer ver⸗ derbten Einbildungskraft entſtehen, laſſen ſich 1 falls 92 Betrachtungen: falls durch die Muſik erregen. So redeten die Bes geiſterten vor Alters in Verſen, mit praͤchtigen Wor⸗ ten, unter dem Schalle muſikaliſcher Inſtrumente; zu unſern Zeiten, ſaget der Verfaſſer, erſetzt eine ge⸗ zogene Stimme, die gezwungen durch Gurgel und Naſe geht, den Mangel der Muſik und hat oft eben die entzuͤckenden Wirkungen bey den Zuhörern . Die Erzaͤhlung der Leidenſchaften wuͤrde ſehr un⸗ vollſtaͤndig ſeyn, wenn die Liebe fehlete. Der Verf. haͤlt ſich bey ihren Wirkungen, bey der Eiferſucht, u. d. g. weitlaͤuftig auf. Mecaͤn verfiel, nach des Seneca Be⸗ richt, nachdem er Auguſts Liebe zu ſeiner Gemahlinn entdeckt hatte, in eine Melancholie mit beſtaͤndigem Wachen, welche weder die Macht des Weins, noch das Rauſchen ſanfter Waſſerfaͤlle lindern konnten, daß er drey ganzer Jahre keine Nacht ſchlief, bis ihn die fanften Töne entfernter Muſik endlich einſchlaͤferten! . Die Pythagoraͤer pflegten ſich, nach Cicerons Bericht, fruͤh durch die Muſik zu ermuntern, und Abends durch fie vor dem Schlafe zu erquicken. | Im vierten Cap. wird betrachtet, wie die Muſik Krankheiten hebt, die zugleich auf die Seele und 55 | | e * Man kennet in Deutſchland, und nun auch in Eng⸗ land, die Bruͤderſchaft, die in ihren Liedern ſo viel Getaͤndeltes in leeren Toͤnen hat, daß man ſich leicht vorſtellen kann, daß dergleichen Lieder, wenn ſie ge⸗ ſungen werden, bey Leuten, die kindiſch genug ſind, ſich dadurch ruͤhren zu laſſen, viel Eindruck machen koͤnnen. X. 5 | * Horazens Oden haben wohl nicht dürfen dazu geſun⸗ gen werden. Es wird aber wohl damals Dichter ge⸗ geben haben, wie zu unſern Zeiten, deren Lieder ſich Dabey vortrefflich geſchickt harten. X. uͤber die Musik. 93 Leib ankommen. Die Wahnſinnigkeit, von welcher der Verfaſſer erſt weitlaͤuftig handelt, und vieles zur Muſik gar nicht gehoͤriges anfuͤhret, laßt ſich auf dieſe Art lindern. Die Muſik erwecket die Aufmerkſam keit aufs angenehmſte, und beſaͤnftiget die Unruhe des Gemuͤths, indem ſie eine ganz andere Reihe von Vorſtellungen exreget, wodurch ſie eine Angewohns heit, die faſt unuͤberwindlich geworden war, ‚übers waͤltiget, und nach und nach die Faͤhigkeiten der Sea⸗ le zur ordentlichen Richtigkeit bringt. In den Schriften der koͤniglichen Akademie wird eine ſolche Begebenheit erzaͤhlet, da jemand bey einem hitzigen Fieber in Wahnwitz verfallen, und durch die Muſik wieder zu ſich gebracht worden, wobey merkwuͤrdig iſt, daß alle Zufaͤlle des Fiebers inne gehalten, ſo lange die Muſik gedauert, Buunpscl. d Wie der Verfaſſer allezeit bey feinen Erzaͤhlun⸗ gen der Krankheiten, wo die Muſik hilft, eine Men⸗ ge anderer, an ſich ſehr guter, aber mit der Muſik nicht zuſammen haͤngender Betrachtungen beybringt, fo erwaͤhnt er auch hier, daß die Tiefſinnigkeit in grofe ſer Verbindung mit der Atmoſphaͤre ſtehe. Er hat aus den londonſchen Todtenzeddeln erſehen, daß von ſechs Perſonen, die ſich ums Leben bringen, fuͤnfe es allezeit im Anfange des Winters oder am Ende thun, da man in England meiſtens Nord⸗ und Nordoſt⸗ wind hat, und die Luft ſehr neblicht iſt, welches, wie jedermann weiß, der ſich zu einer ſolchen Zeit in England aufgehalten hat, in das Gemuͤth einen groß ſen Eindruck macht. Außerordentliche Kaͤlte verur⸗ ſachet ebenfalls Melancholie. Thuanus erzaͤhlt von Heinrich III, daß deſſen Zufall allezeit bey Annaͤhe⸗ rung 94 Betrachtungen rung der Kaͤlte heftiger geworden. Mit der Hitze verhaͤlt es ſich eben ſo. Wenn der geſundeſte Euro⸗ päer nach dem feſten Lande von America ſegelt, ſo befaͤllt ihn, fo bald er ſich in einer gewiſſen Breite geſetzet hat, ein heftiges Fieber, das die Spanier Tabardillo nennen; uͤberlebt er dieſes, ſo koͤmmt es ſelten wieder, und die Säfte werden gleichſam gerei⸗ niget, und der Luft, die er beſtaͤndig in ſich zieht, ähnlich gemachet . Einem americaniſchen Spanier, der nach Europa gebracht wird, wiederfaͤhrt eben der⸗ gleichen. Die Wirkungen der verſchiedenen Erdſtri⸗ che ändern nicht nur die Farbe der Haut * und die Stimme; auch die ſittlichen Eigenſchaften der Seele richten ſich darnach. Die Nachkommen der Portugieſen, welche etwa vor 300 Jahren ſich am grünen Vorgebirge und den weſtlichen Küften von Africa geſetzet haben, haben nicht nur alle Aehnlichkeit mit den Geſichtszuͤgen ihrer Vorfahren verlohren, ſondern die africaniſchen Portugieſen haben auch kur⸗ zes lockichtes Haar, flache Naſen und dicke Appen, gerade wie die Schwarzen, denen ſich auch ihre Far⸗ be naͤhert. Hat die Beſchaffenheit des Himmels ſo viel Einfluß in die groben Theile des Koͤrpers, ſo wird ſie noch vielmehr in den zarten Gefaͤßen wirken i | koͤnnen, * Man ſehe von dieſen Krankheiten des Antonio de Ulloa Reiſe nach Suͤdamerica I. B. V. Cap. im 9. B. der deutſchen allgemeinen Sammlung der Reiſen zu Waſſer und Lande, 35 S. a Siehe die Anmerkungen über die verſchiedenen Ges ſtalten der Menſchen ꝛc. Hamb. Mag. 1 B. 1 St. 4 Art. und Mitchels Verſ. von den Farben der Men⸗ ſchen, daſ. 3 St. 1 Art. und 4 St. 2 Art. über die Muſik. 95 koͤnnen, die mit den Verrichtungen der Seele unmit⸗ telbarer verbunden find. Was fuͤr ein fer und kriegeriſch Volk die Gallograeci geweſen, erhellet aus Caͤſars Buͤchern; die Nachkoͤmmlinge derſelben wur⸗ den in Aſien weichlich und weibiſch. Unſere Franzo⸗ ſen ſtammen nicht von den alten Galliern, ſondern von nördlichen Voͤlkern her, und doch haben fie die Geſchicklichkeit, alles nachzuahmen, die aufgeweckte und unbeſtaͤndige Gemuͤthsart, die Caͤſar und Livius den damaligen Einwohnern dieſes Landes zuſchreiben. Die Englaͤnder, die itzo eine Vermiſchung von ſo viel Nationen find, zeigen noch den Charakter, den Caͤ⸗ ſar und Tacitus den alten Britten beygelegt haben. Ein engliſcher Ehemann iſt noch itzo ſo wenig ver⸗ moͤgend, auf feine Frau eiferſuͤchtig zu ſeyn, als es ein Britte vor 1800 Jahren war, der Vorzugsſtreit mit einer benachbarten Nation iſt noch, wie er zu des Agricola Zeiten war, und der Verfaſſer hoffet, er werde beſtaͤndig fo bleiben. Die Portugieſen, welche die Hälfte von dem faſt unbeſiegten ſpaniſchen Fuß⸗ volke ausmachten, das ſich in den Kriegen Spaniens wider die vereinigten Provinzen ſo viel Ruhm erwarb, hatten zu gleicher Zeit ſo weibliche Verwandten in Oſtindien, daß ein Hollaͤnder zwanzig ſolcher Portu⸗ giefen jagte“. Die Caſtilianer find zu Haufe wie vor Alters maͤßig, beherzt, beſtaͤndig in u 25 Zu⸗ * Warum ward aber der Holländer nicht auch weich⸗ lich, deſſen Vaterland doch noch viel weiter von Hſt⸗ indien unterſchieden war, als des Portugieſen? Vermuthlich iſt der Grund in was anderem zu ſuchen, als in der bloßen Himmelsgegend. Vielleicht hat ihn der Herr von Haller in einem aͤhnlichen Falle, und 96 Betrachtungen Zufaͤllen, in America zärtlich, verzagt und weibiſch *. Der Verſſſſer glaubt, man koͤnne ihm hier ein paar andere Exempel entgegen ſetzen, und ſucht ſolche aus dem Wege zu raͤumen. Als Rom von den nordi⸗ ſchen Voͤlkern verheeret wurde, verfielen nebſt andern koſtbaren Gebaͤuden auch die Waſſerleitungen, welche die: öffentlichen Plaͤtze von Unreinigkeiten befreyeten, die Luft fuͤllt ſich daher itzo oft mit ſolchen Ausduͤn⸗ ſtungen an, daß auch der geſundeſte Fremde, wenn er zu gewiſſen Zeiten dahin koͤmmt, gewiß von einer ö | heftigen wo keine Verpflanzung unter einen andern Himmel vorgegangen iſt, angezeiget: 8 | Als Rom die Siege noch 1 ſeinen Schlachten Mar Brey der Helden Speis, und Holz der Götter aus; 1 Als aber ihm das Maaß von ſeinem Reichthum fehlte | Trat bald der ſchwaͤchſte Feind den feigen Stolz f ins Graus. f Labat in ſeiner Beſchreibung der Antillen, meldet eben dieſes von den Creolen auf den franzoͤſiſchen Inſeln. Gleichwohl wuͤrde man den alten urſpruͤnglichen Einwohnern von America, den Peruanern u. d. g. Un⸗ recht thun, wenn man ihnen eben dieſe Weichlichkeit ſchuld geben wollte. Alſo ſcheint die bloße Himmels⸗ gegend wohl nicht allein Schuld zu haben. Der Ueberfluß, in welchem ſich die Europaͤer in America groͤßtentheils befinden, die Bequemlichkeit, die ſie da⸗ ſelbſt haben, die Nothwendigkeiten des Lebens mit leichter Muͤhe zu haben, der chriſtliche Gebrauch, daß eine Menge armer Africaner im groͤßten Elende leben muͤſſen, einige wenige Europaͤer in ihrer Faulheit und Wolluſt zu unterhalten; dieſes ſcheinen die wah⸗ ren Urſachen von der Weichlichkeit der americaniſchen Europaer zu ſeyÿn. R. n ber die Muſik. ö 97 heftigen Uebelkeit befallen wird, die oft ein trauriges Ende nimmt. Die Menge Aön Geiſtlichen, welche das Land erfuͤllet, verurſachet ferner, daß es an Haͤn⸗ den, das Feld zu beſtellen, fehler, und die Landſchaft um Rom, welche vormals die angenehmſte und fruchtbarſte Gegend von Italien war, öde und unge⸗ fund wird, da ſtatt bearbeiteter und fruchtreicher Fel- der nur wuͤſte Plaͤtze ſind, wo nur unfreundliche Daͤmpfe und Nebel aufſteigen! . Holland iſt itzo ebenfalls ganz anders beſchaffen, als es zu des Tacitus Zeiten war. Es war damals waldicht und ganz uneben, ein Arm des Rheins ſtroͤmete durch Utrecht in die See. 60 iſt das ganze Land eine einzige Ebene, mit unzäblichen Canaͤlen zertheilet, die beſtaͤndig fo viel ausduͤnſten, daß keiner in die See koͤmmt, ſon⸗ dern jeder endlich als ein Sumpf ſtehen bleibt: ſo ſind auch itzo die Hollaͤnder nicht mehr kriegeriſch, ſondern bloß zum Handel und zu Geldſachen aufge: legt, und verabſaͤumen alle männliche Uebungen, fo daß nach Pufendorfs Anmerkungen ein Hollaͤnder zu Pferde von allen . wird!“. Dieß * Abdiſon hat in feiner Reife durch Italien eben dieſe Anmerkung gemacht, und die Einwohner des kleinen freyen Staates von St. Marino auf ihrem unfrucht⸗ baren Berge gluͤcklicher geſchaͤtzet, als die Unterthanen des Pabſtes in dem ſchoͤnſten Theile von Italien. ** Wie das nun eben zuſammen hängt: Weil die Canale in Holland endlich als Suͤmpfe ſtehen bleiben, ſo ſind die Hollander nur zur Handlung geſchickt, kann ich nicht ſogleich abſehen. Uebrigens hatte vielleicht Pufendorf auf einem Schiffe ſo ſchlechte Figur ge⸗ macht, als ein Hollaͤnder 15 Pferde. 5 ie 98 Betrachtungen Dieß alles hat mit der Muſik nichts zu thun: aber die folgende Erinnerung bezieht ſich wieder dar— auf. Die Weibsperſonen im ſuͤdoſtlichen Theile von Welſchland, leiden bey der Chloroſi und den hyſteriſchen Zufaͤllen eben ſolche wahnſinnige Beſchwerungen, wie Perſonen, welche die Tärantel vergiftet hat, und werden auf eben die Art geheilet. (Mead in ſeiner Schrift von der Tarantel 109 S.) Dieſe Anmer⸗ kung, nebſt der Ungewißheit, welche ſich in den Er— zaͤhlungen vom Biſſe der Tarantel befindet, veran⸗ laſſet den Verfaſſer, zu fragen, ob der Wahnwitz, welcher einige Perſonen in Apulien jaͤhrlich befaͤllt, und durch Muſik geheilet wird, nicht vielmehr andern Urſachen, als dem Biſſe der Spinne zuzuſchreiben ſeyn moͤchte, da Apulien der heißeſte Theil von Ita⸗ lien iſt. Baglivius erzaͤhlt uns, nach dem Beyſpie⸗ le einiger allzu leichtgläubigen Alten, verſchiedene Be⸗ gebenheiten, welche in beſondern Theilen der Erzaͤh— lung Merkmaale von Wahrheit und Aufrichtigkeit zei⸗ gen. Ihm folgen eine Menge italieniſcher Moͤnche, deren Nachrichten mit fo viel ausſchweiſenden Bege⸗ benheiten erfuͤllet ſind, daß fie mehr Glauben erfor— dern, als Philoſophen zu haben pflegen. So erzaͤhlet Bocconi, kein Franciſcaner-Minorite ſey jemals von einer Spinne zu Brindiſi gebiſſen worden, aber viel Capuciner, und wenn ein Capuciner gebiſſen worden fo helfe ihm, wenn er die Franciſcanerkleidung . | | Sie Die Gedanken des Verfaſſers von der Herrſchaft der Himmelsgegend uͤber die Gemuͤthsbeſchaffenheit, ſind mit des Herrn von Monteſquiou ſeinen im Eſprit des loix meiſt einerley, welcher letztere fie ziemlich weit getrieben hat. | über die Muſik. 99 Sie ſchreiben dieſe Kraft St. Franciſcus Zelle zu, in welcher keine Spinnen gelebet haben. Ein Mann von vieler Aufrichtigkeit, der ſich vordem drey Jahre zu Gallipoli aufgehalten, hat, wie er den Verf. verſi⸗ chert, daſelbſt oft, ſowohl alte Weiber, als junge Maͤgdchen geſehen, die von einer Schwermuth be. fallen worden, die ſie den Biß der Tarantel nennen. Sie ward auf keine andere Art, als durch Muſik ge- hoben. Die Perſonen, die vormals damit befallen geweſen, mußten, ſo arm ſie auch ſeyn mochten, doch gegen die Annäherung der Jahreszeit ſich mit Mufif verwahren, denn bey Ruͤckkunft der Zeit verfaͤllt der Kranke wieder in eben die Umſtaͤnde, wenn das Huͤlfs⸗ mittel nicht gebraucht wird. Verſchiedenen Perſo⸗ nen helfen verſchiedene Toͤne, uͤberhaupt aber dienen die munterſten Weiſen am beſten, und die Muſik vermag ſo viel uͤber ſie, daß ſie oft dabey zu tanzen anfangen, ob ſie gleich zuvor kaum reden konnten, und gar nicht ſo ausſahen, als wenn ſie einiger Be⸗ wegung faͤhig waͤren, und in dieſer Entzuͤckung blei⸗ ben ſie, bis ſie wieder zu ihrer vorigen Geſundheit kommen. Der Verf. bemerket, daß beynahe eben dergleichen Zufall uͤber das italieniſche Frauenzim⸗ mer vorzeiten gekommen, und das Orakel eben die Heilung vorgeſchlagen, deren man ſich ißo bedienet. (Apollon. hiſt. c. 40.) Eine ans dere Cur des Wahnwitzes durch die Muſik, fuͤhret der Verf. aus der Hiſtorie der pariſ. Akad. der Wiſſ. 1708 an. Aretaͤus, ſeiner Sekte ein Pnevmatiker, der nach der Mundart, in welcher er geſchrieben hat, wie Hr. le Clerc behauptet, vor dem Julius Caͤſar, oder nicht lan. ge hernach muß gelebet haben, preiſet eben dieſes Huͤlfs⸗ g G 2 mittel, 15 Betrachtungen mittel, beſonders bey Liebhabern der Muſik an, (eg. Sepameızs ofewy madav, l. I. p. S5. Edit. Wiggan.) Celſus räth eben dieſes, (J. I. c. 18.) Der Verf. em: pfiehlt dieſe Betrachtungen ſonderlich denen, die uͤber Tollhaͤuſer geſetzt find. Bey dieſer ruͤhrenden Scene des menſchlichen Elendes, weiß die heutige Praxis faſt von nichts weiter, als Ausleerungen, Nerven⸗ ſtaͤrkungen und kaltem Baden. Die Erfahrung eh: ret, wie wenig dieſes zureichet, und ermahnet uns, das Verfahren der Alten wieder aufzubringen, das ein fo erſtaunender Erfolg begleitet hat. Die Ber ſchaffenheit der Wahnſinnigen in ihren ſchlimmſten Umſtaͤnden, erfodert in der That was mehr, als was insgemein dabey gethan wird, da treibende Mittel alsdenn wenig Wirkung auf die thaͤmiſchen Abſonde⸗ rungen haben. Der Verf. hat einem Wahnſinnigen einen Stuhlgang zu erregen, ihm oft ſechsmal ſoviel gegeben, als dem ſtaͤrkſten gefunden Manne wenigſtens ein halbes Dutzend wuͤrde verurſacht haben, und eben dieſes, ſowohl bey Opiatis, als andern Mitteln, be: merket. Wenn die Aufmerkſamkeit des Geiſtes un- terbrochen, oder auf etwas ungewoͤhnlich angeſtrenget iſt, ſo koͤnnen gewiſſe koͤrperliche Werkzeuge einen viel ſtaͤrkern Reiz ausſtehen, ehe die gewöhnlichen Abſon⸗ derungen und Abfuͤhrungen erfolgen. Daher halten Wahnſinnige eine ſtarke Kälte, oder eine lange Be⸗ raubung der Speiſen und aller Erquickungsmittel aus, ohne daß man an ihnen einen gegenwaͤrtigen Schaden bemerket. Könnte man nun die Unruhe des Gemuͤ— thes, und die Wuth der Einbildungskraft baͤndigen, und fo zu reden, durch die Muſik die vorige Vereini⸗ gung des Leibes und der Seele wieder herſtellen, ſo : | liegen über die Muſik. 101 ließen ſich in dieſer Zwiſchenzeit Arztneymittel mit Fort⸗ gang anbringen, und die materialiſche Urſache, wel: che Schaden thut, koͤnnte dadurch abgefuͤhret werden. Dr. Willis (cerebr. anat. c. 17.) hat dieſe Art, die Schwermuth zu uͤberwaͤltigen, ſchon angezeiget. Daß die Muſik uͤber die meiſten Menſchen, und über einige wegen eines beſondern Baues des Körs pers, der Gewohnheit, u. ſ. w. noch mehr Gewalt hat, erhellet daraus, weil ſie bey allen Menſchen wirkſam iſt, ſie zur Bewegung oder zur Ruhe zu brin⸗ gen. Die meiſten Arztneymittel wirken nur auf die abfuͤhrenden Werkzeuge, und die groͤbern Saͤfte, die Muſik ruͤhret den Geiſt ſelbſt. Und auf dieſe Art hilft vermuthlich nicht nur die Muſik im engen Verſtande, zur Geſundheit „ſondern alles, wo ſich Harmonie be⸗ findet, eine angenehme Yusficht, ſchoͤne Gebäude, Ge: maͤhlde, guter Geruch u. d. g. i Athenaͤus meldet uns aus einem verlornen Buche Theophraſts, daß man durch die phrygiſche Harmonie die Gicht, (malum iſchiadicum) gehoben. Caͤlius Aurelianus meldet, daß man die Muſik im Lenden⸗ weh nuͤtzlich befunden. Gellius erwaͤhnet, daß Theo⸗ yhraſt die Muſik bey gift chlangenbiſſen angeprie⸗ ſen, und Mohammede t es in einer noch nicht aus dem Arabiſchen uͤberſe hrift, die den Titel fuͤhret: de N Medicina prophet: jemand von einem Scor⸗ pion iſt vergiftet worden. Doch der Verfaſſer glau⸗ bet, da ſolcher Thiere Biſſe nicht allezeit giftig find, ſo waͤren wohl die, bey denen man dieſes Mittel ge⸗ brauchet, auch ohue die Muſik geſund geworden. Mar⸗ tianus Capella erzaͤhlet viele heilſame Wirkungen der Muſik, und Herophilus trieb die Ausſchweifung ſo G3 weit, 2 Betrachtungen weit, daß er glaubte, der Puls richte ſich nach einem harmoniſchen Geſetze. Das fuͤnfte Capitel ſoll von der Zuruͤckhaltung des Alters durch die Muſik reden. Da die Abnahme der Kraͤfte im Alter von dem Abgange der Lebensgeiſter herruͤhret, ſo muß man auf deren Erſetzung denken, oder doch bedacht ſeyn, ſie zu ſparen, und nicht durch Sorgen oder Ausſchweifungen zu verſchwenden. Die⸗ ſes zu erlaͤutern, bemerket der Verf. daß alle Perſonen, welche in den Geſchichten wegen langen Lebens bekannt ſind, Philoſophen, und wegen ihrer Enthaltung be⸗ kannt ſind. Demokrit, Plato, Parmeniades, Gor⸗ gias, Protagoras, Seneca, u. a. unter den Alten, un⸗ ter den Neuern beſonders Mathematikverſtaͤndige “. Baco verſichert, Maäpigkeit und ein pythagoriſches Le⸗ ben, dergleichen einige Moͤnche fuͤhren, tragen ſehr viel zur Vermehrunz unſerer Jahre bey. Plato aber war ſowohl, als Pythagoras, ein großer Meiſter in der Muſik und Geometrie, und der Verf. zweifelt nicht, daß der Gebrauch der erſtern, und oͤftere 1 merk⸗ * Wallis, Newton, der | „Als Greis ig ſtarb,̃ Straube. Leibnitz, Joh. Bernou lley, und verſchiedene mehr, von den Groͤßten in dieſer Wiſſenſchaft, zum Be⸗ weiſe, daß die Anſtrengung der Seelenkraͤfte das Le ben ſo ſehr nicht verkuͤrzet, wie es uns manche Arztney⸗ gelehrte, die vielleicht ſelbſt Luſt haben, lange zu leben, bereden wollen. Der beruͤhmte Dr. Hales zeiget noch itzo in einem ziemlich hohen Alter alle Lebhaftigkeit und Krafte eines gefunden Mannes. uͤber die Muſik. 103 merkſamkeit darauf, das Leben verlängern können *, Da die Muſik die Bewegung der Lebensgeiſter gehörig maͤßiget und ordnet, die Schwermuth vertreibt, und unſchuldige Ergögungen gewaͤhret. Der Verf. be⸗ kennt hiebey, daß er eben nicht viel Muſicos anfuͤhren koͤnne, die ein hohes Alter erreicht haͤtten; er beant⸗ wortet dieſen Einwurf auf eine ſehr beſondere Art. Diejenigen, welche ſich mit der Ausuͤbung der Mu⸗ ſik befchäfftigen, verlaſſen die Strenge und Regelmaͤſ⸗ ſigkeit der muſikaliſchen Compoſition, um ſich nach dem herrſchenden Geſchmacke zu richten, welcher in lebhaften Abſchilderungen und ſanften liebreizenden Toͤnen beſteht. Die Auffuͤhrung im ſittlichen Leben richtet ſich leicht nach den Grundſaͤtzen, die man ſich in theoretiſchen Kuͤnſten gemacht hat. Die Kuͤnſtler lernen die Ergoͤtzungen und Sol. des Lebens ken⸗ nen, und misbrauchen; fie lebeMMMeijtens bey Schau⸗ plaͤtzen, wo Ausſchweifungen unvermeidlich find ... Der Verf. mag dieſe Betrachtungen ſelbſt verantwor⸗ ten. Zuletzt fuͤhret er noch an, daß Roger Baco, und der Araber Abubethrus Rhazes, die Muſik ebenfalls angeprieſen, jener, das Gemuͤth im Alter zu ermun⸗ tern, dieſer, ſchwangere Weiber zu ergoͤtzen, wodurch, feiner Meynung nach, das Kind ſelbſt geſtaͤrket wuͤrde, (Khaz. ad Manſorem L. 4. c. 27.) In ſechſten Capitel wird der Unterſchied unter der alten und neuern Muſik unterſuchet. Was uns die Alten von der Gewalt der Muſik uͤber Menſchen und Thiere erzaͤhlet, gehoͤret unſtreitig unter die verlor⸗ G 4 5 nen Wie alle gemaͤßigte Ergoͤtzungen etwas dazu beyzutra⸗ den veimogend ſin d. 104 Betrachtungen | nen Künfte . Voſſius (de Poëm. cantu et Virib, Rhythmi p. 98.) giebt vornehmlich folgende Urſachen an: daß man in der neuern Compoſition zu wenig auf den Rhythmus oder die Abwechſelung des Zeitmaaßes, als die wahre Seele der Harmonie, ſehe; daß unſere Inſtrumente nicht vollkommen genug ſind, u. ſ. w. Aber der Verf. antwortet: die vortrefflichſten neueſten Stuͤcke beobachteten allerdings ſehr wohl die Geſetze des Rhythmus, und wer ſie hoͤrete, fuͤhlete ein ausneh⸗ mendes Vergnuͤgen, das von dieſer Urſache entſpraͤn⸗ ge. Er nennt dieſerwegen einige von Hendeln geſetzte Stuͤcke, als die vorzuͤglichſten. Den Vorzug der ale ten Inſtrumente raͤumet er dem Voſſius auch nicht ein; aber das geſteht er ihm zu, daß die Stuͤcken durch viele Laufer fo dunkel und verwirrt gemacht werden, daß der Zuhörer uſammenhang verliert, und nicht mehr fuͤhlet, ſich alles auf das Ganze be: zieht. In allen Ueberbleibſeln der Kunſtwerke der Alten zeigt ſich eine bewundernswuͤrdige Einfalt, eine forgfältige Nachahmung der Natur, und unſtreitig hat die Vortrefflichkeit der alten griechiſchen Tonkunſt auch darinn beſtanden, obwohl keine Ueberbleibſel der ſelben auf unſre Zeiten gekommen ſind. Der Verf. ſchließt dieſes aus einer Stelle des komiſchen Dichters Pherekrates, die Plutarch de muſica anfuͤhret, wo ſich der Schutzgeiſt der alten Muſik uͤber die Verderb⸗ niß beſchweret, welche von den Neuern durch allzu⸗ viele Kuͤnſteleyen verurſachet worden **. Eben dieſe ; Ein: Vielleicht unter die nie geweſenen. ’ Eben dieſes hat Bouilloud de Mermet in ſeiner Schrift von den Urſachen des verdorbenen Geſchmacks in der heutigen uͤber die Muſi . E. 305 | " Einfale der Suck der Alten laͤßt ſich auch aus der „Beſchaffenheit ihrer Inſtrumente darthun, wie Edel» feine ꝛc. uns ſolche darſtellen; dieſelben waren keiner ſolchen Mannichfaltigkeit von Toͤnen faͤhig, als unſe⸗ re, die ſo viel Saiten haben, und alſo ſo viel Unter⸗ abtheilungen von Noten faſſen. Es verhaͤlt ſich aber | mit der Muſik, wie mit der Malerey, ehe man ſich in beyden einen Geſchmack durch Fleiß und Uebung erworben hat, wird das Gemuͤthe von der erſten Em⸗ pfindungen außer ſich geſetzt, und die Neuigkeit macht den dauerhafteſten Eindruck. So muß jeder, der ein muſikaliſch Gehör hat, geſtehen, daß er anfangs mehr iſt entzuͤcket worden, wenn er einen einſachen Geſang gehoͤret hat, als bey dem kuͤnſtlichſten Concerte. Nach⸗ dem aber unſer Geſchmack feiner geworden iſt, ver⸗ gleichen wir die Verbindungen und Verhaͤltniſſe aller Theile, und die Unvollkommenheiten, welche wir be⸗ merken, die ſich in allen Kunſtwerken der Menſchen befinden, und uns vermittelſt unſerer Einſicht deſto mehr offenbar werden, vermindern das Vergnuͤgen in uns. Daher ergöͤtzet in allen Kunſtwerken ein mittel maͤßiges Stuͤcke einen großen Kenner viel weniger, als einen Mann von natuͤrlich gutem Geſchmacke, der aber noch nicht durch Regeln und Uebung iſt vollkommen gemacht worden, obwohl jenes Vergnuͤgen, das ſich auf Vernunft und Einſicht gruͤndet, dein legten weit vorzuziehen iſt. Daraus laͤßt ſich alſo vielleicht die Frage von den Wirkungen der alten Muſik auflöjen. Die Ergögungen einer 928 n ſind Ven heutigen Muſik, ringe eh Schrift 1749 in | Een deutſch herausgekommen iſt, 106 Betrachtungen über die Muſik. lich ſtaͤrker, aber nicht fo dauerhaft, als diejenigen, welche aus gelaſſener Ueberlegung entſpringen. Wo alles einfach iſt, entdecket die Seele bald den Zuſam⸗ menhang und die Verbindung dieſer Theile, aber die⸗ ſes einzuſehen, wird in einem mehr verwickelten Sy⸗ ſtem ſchwerer. Ob alſo gleich jemand von nur ordent⸗ licher Faͤhigkeit aus unſerer Muſik nicht ſo viel Ver⸗ gnuͤgen ſchoͤpfte, als vielleicht die alte gewaͤhret hat, ſo wird doch ein vollkommener Richter von beyden, die neuere ſo ſehr vorziehen, als folche an uͤbereinſtim⸗ mender Mannigfaltigkeit die alte uͤbertrifft. Wieweit der Verf. ſeiner Abſicht von den Wirkun⸗ gen der Muſik bey Krankheiten ein Genuͤgen gethan hat, laͤßt ſich hieraus leicht urtheilen. Sein Buch hat die Aehnlichkeit mit eines deutſchen Gelehrten Schrift beynahe von eben der Sache *, daß beyde von einer Menge anderer Dinge viel beſſer handeln, als von dem Gegenſtande, den fie hauptſaͤchlich ab» handeln wollen. | u ' A. G. K. * Albrecht, de effectu muſices in corpus aniniatum. XII. Aus⸗ SA: 107 * „ „ „ * * * 1 * * * * * * * * * * * * beueſten phyſtaliſhen Merkwuͤrdigkeiten. 1 Son einem anſteckenden dreytaͤgigen Fieber, auf der Inſul Minorca . Aus err Cleghorn, ein geſchickter Wundarzt, bes N ſchreibt dieſes Fieber, in feinen Beobachtun⸗ gen von den epidemiſchen Krankheiten auf der Inſel Minorca, mit ſolchen Zuſaͤtzen, welche den heutigen Aerzten angenehm ſeyn muͤſſen. Es uͤber⸗ fällt die Menfchen befonders im Fruͤhlinge und Som: mer, und reißt eine erſchreckliche Menge dahin. Es iſt eine der heftigſten Krankheiten, und eben ſo anſte⸗ ckend, als die Pocken, wenn ſie boͤsartig ſind. Die Zufälle, ſo dabey vorkommen, ſind ſehr veraͤnderlich, und es iſt bey dem allen doch um deſto gefaͤhrlicher, dieſe Krankheit nicht gleich anfangs zu erkennen, je vergeblicher gemeiniglich die ſpaͤten Huͤlfsmittel dabey angebracht werden. Man bemerket, wenn man ſie genau beobachtet, in ihrem Laufe eine genaue Regel⸗ maͤßigkeit, und ſie beſtaͤtiget augenſcheinlich die Lehre von a S. Obſervations on the Epidemical Diſeaſes in Minorea from the year 1744 to 745. etc. by Georg Cleghorn. London, 108 Auszug der neueſten c von den ungeraden critiſchen Tagen und den diebusin- dicatoriis, eine Lehre, welche der Schwierigkeit wegen, ſie aus vorausgeſetzten Theorien zu erklaren, unſern Syſtemſchreibern fo anſtoͤßig iſt, daß fie fie gern, der Er⸗ fahrung zum Trotze, aus ihren Lehrbuͤchern verbannen wurden, wofern es nur irgends moͤglich wäre. Man iſt bey dieſem Fieber im Stande, den Tag und die Stunde des Todes auf das genaueſte vorher zu ver⸗ kuͤndigen, und ſo untroͤſtlich dergleichen Weisſagungen den Kranken immer feyn mögen, ſo viel Ehre machen ſie doch der Kunſt und einem geuͤbten Arzte. Beym Anfange der Krankheit dienen gemaͤßigte abführende Arztneyen, und wenn der fünfte Zufall vorbey iſt, fo iſt die China ein faſt untrügliches Mittel, die gewal⸗ tigſten Fieber von dieſer Art zu überwinden; dahin⸗ gegen wenn man ſich allzulange auf die gute Natur verlaͤßt, eine in der erſten Woche ganz geringſcheinen⸗ de Krankheit von dieſer Art, gegen das Ende der zwey⸗ ten, auf einmal unuͤberwindlich und toͤdtlich wird. So viele wiederholte Erfahrungen muͤſſen doch endlich einmal den Beyfall, den man der Fieberrinde ſchuldig iſt, allgemein machen, indem ſie es außer Streit ſetzen, daß die uͤbeln Wirkungen ſo ihr zugeſchrieben werden, entweder ganz und gar nicht von ihr, oder doch nur von ihrem unrechten Gebrauche herruͤhren. Herr Cleghorn beweiſet, daß die ſchlimmen Folgen, wel⸗ che ihr Jagliv“ aufbuͤrdet, von der erſten Art ſind, indem ſie nicht von dem Gebrauche der Fieberrinde, ſondern von dieſer Krankheit ſelbſt ihren Urſprung nehmen. II. Von 5 Bagliv. Prax. Med. Lib. I. Cap. IX. de fb. aber ſpec. CxIII. PHPhyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 109 II. Von einigen neuern electriſchen Be o 0.2.2. Setzen gleich die electriſchen Verſuche in unfern Tagen wenige Zuſchauer und Leſer mehr in Erſtaunen, fo wäre es doch in der That viel zu fruͤh, und nim mermehr wird die rechte Zeit kommen, ſie zu vernach⸗ laͤßigen. Maͤnner, die den Wundern der Natur ih⸗ ren wahren Werth noch beyzulegen wiſſen, wenn ſie auch ſchon den Glanz der Neuigkeit verloren haben, forſchen unaufhoͤrlich, und entdecken noch öfters in längft bekannten Wirkungen derſelben neue Wunder, neue Nuͤtzlichkeiten. Es iſt nicht noͤthig, ſich deshalb auf diejenigen Entdeckungen zu berufen, womit die Herren Canton, Mitchel und Ringbt, die Naturlehre in Abſicht der Wunder des Magneten, bereichert haben. Der gelehrte Herr Prof. Winkler in Leipzig, be⸗ weiſet durch ſein Beyſpiel, wie wenig einem fleißigen Naturforſcher die bekannteſten Wahrheiten aus der Naturlehre alt und erſchoͤpft vorkommen koͤnnen. Nach fo. vielen ſchoͤnen Verſuchen, womit er die Lehre von der Electricitaͤt ſchon bereichert hat, melden die oͤffent⸗ lichen Blaͤtter, daß er noch drey bisher unbekannte, in Gegenwart vornehmer Zeugen angeſtellet, die die— ſer Lehre eine neue Aufmerkſamkeit zu wege bringen muͤſſen. Die Wirkungen ſeiner Verſuche find fol: gende geweſen: 1. eine Nachahmung der Ebbe und Fluth, welche auf electriſirtem Waſſer entſtehet, und fortruͤcket, indem über demſelben eine Kugel, als ein kuͤnſtlicher Mond beweget wird. 2. Der Durch- gang der Geruchſtaͤubgen durch die unſichtbaren und der Luft verſchloſſenen Zwiſchenraͤumgen des Glaſes, da der Geruch eines in einer Glaskugel wohl verwahr⸗ 8 sen 10 Auszug der neueſten ten Spiritus durch dieſelbe alfobald durchgedrungen, fo bald man die Kugel electriſiret hat. 3. Durch die Electrieitaͤt erkegte Donnerſtrahle, welche bey hellem Tage einen durchdringenden Blitz geben, und ein dunkles und weites Zimmer voͤllig erleuchten; durch viertel, halbe, ganze und etliche Ellen in der Länge hinfahren, Figuren von beliebiger Art und Groͤße vorſtellen, und mit einem Knalle hervorbrechen, wel⸗ cher einem Piſtolenknalle an Staͤrke nahe kommt. Gleichwie nun hieraus zur Genuͤge erhellet, daß das Wunderbare in der Lehre von der Electricitaͤt noch nicht erſchoͤpfet ſey: ſo lehren noch anderweitige Ver⸗ ſuche, daß die Nutzen derſelben in der practiſchen Arzt— neywiſſenſchaft in der That größer find, als man ſich bisher eingebildet. Unter die neueſten Beobachtun⸗ gen von dieſer Art muͤſſen folgende gerechnet werden: Der Herr Pr. Scrinci in Drag electriſirte eine Frau von 80 Jahren, deren linker Arm mit der Hand gänzlich gelahmet war; fo daß fie ihn weder bewegen, noch die Finger ausſtrecken konnte, welche gekruͤmmt in der Hand langen. Gleich auf das erſtemal konnte ſie die Finger wieder ausſtrecken. Als man ſie des folgenden Tages zum zweytenmale electriſirte, ſo konnte ſie auch den Arm ausſtrecken, und nach dem Kopfe hinauf führen. Als der Verſuch zum drittenmal wie: derholt worden, iſt fie voͤllig geneſen. Wir erinnern uns hierbey eines gewiſſen jungen Menſchen von un⸗ gefahr 30 Jahren, deſſen rechte Hand von Jugend auf gelaͤhmet war, und welcher nur mit der linken ſchreiben konnte. Nach wiederholtem Electriſiren be: kam nicht allein die gelaͤhmte Hand einige Empfind⸗ lichkeit, ſondern er lernte auch ziemlich fertig damit ſchreiben. Herr Pagani hat noch mehr ſonderbare | | Ver⸗ phoſſkaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. un Verſuche von dieſer Her bekannt gemacht * Er hat einen Nachtwanderer durch taglich iederholtes electriſiren gefund gemacht. Eine Perfor, die in dem Knie 05 gelaͤhmt war, daß fie nicht ohne Stütze gehen koͤnnen, iſt dadurch wieder auf freyen Fuß geſtellet wor⸗ den; und ein Huͤftenſchmerz, der ſich von oben bis in den unterſten Fuß herunter gezogen, und wobey der Kranke weder ſitzen, noch die Knie beugen koͤnnen, iſt glücklich davon verſchwunden. Der D. Bing ** be⸗ weiſet endlich auch, daß die Electrification die Aus⸗ duͤnſtung vermehre, welches der zweyte obangeführte Verſuch des Herrn Pr. Winklers beſonders zu be⸗ ſtaͤtigen ſcheint, imgleichen, daß ſie den Kreislauf des Gebluͤts erleichtern und einen fanften Schlaf befoͤr⸗ dern koͤnne. Wer allen dieſen Verſuchen ihren Werth, und die hiſtoriſche Glaubwuͤrdigkeit aus keinem andern Grunde abſpricht, als weil ihm das Electriſiren beym Krankenbette noch nicht ernſthaft genug vorkommt, der wird nicht zu bedauren ſeyn, wenn er dereinſt, mit denen, Die Bacchus edlen Saft geltenden Beſtraft wird, durch die Gcht, Mit lahmen Füßen, krummen Haͤnden Und kupfrigem Geſicht; und wenn, nachdem er alles vergeblich angewandt hat, alle ſeine Aerzte den Verſuch zu laͤcherlich finden, ihn noch zu guter letzt zu electriſiren. * S. Aggiunta alla ſtoria de fonnambulo publicata dal Sgr. D. Giov. Mar. Pigati, col. racconto della di lui guarigione, per mezzo della virtu elettrica 5 0. M. Pa- gani. Medico fifico, Vicent. 1751. S. Electriciorum effectuum explicatio, quam ex prin- cipiis Neutonianis deduxit, nouis experimentis ornauit, D. Andr. Bina, Mediolanenfi s Padua 1751 in 8. 1 | ib May Inhalt Jihalt | des erſten Stückes im neunten Bande. | I. Runge, “al Faiferlichen Schnitte Seite 3 II. Peyre, neue Erfahrungen von der Entfaͤrbung des rothen Weins 10 III. Unzer, von der Aehnlichkeit des Auges mit ei⸗ nem verfinſterten Zimmer IV. Kaͤſtners Erinnerungen gegen vorherſtehende Bere gleichung 38 V. Stanhope, von der Bienen Art und Weiſe, 17 Wachs und das Honig zu ſammlen VI. More, artige Bemerkungen auf ſeiner Reiſe nu Italien VII. More, wie das Manna unweit Neapel 5 ſammlet wird VIII. Lieberoths Gedanken von den SD nen IX. Hoppe, von den Kräften des goldgelben ec fels aus dem Spießglaſe X. Betrachtungen uͤber die alte und neue Muſik 55 XI. Auszug der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤrdig⸗ keiten 107 Hamburgiſches geſammlete Schriften, | zum Unterricht und Vergnuͤgen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Des neunten Bandes zweytes Stuͤck. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Sachfifcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig bey Adam Heinr. Holle, 1752. * Ne * | A ö — — en 33 — 8 MIER a \ un | Erfahrungen und Theorie von der Wirkung der Windmuͤhlen und der Wendung ihrer Fluͤgel, aufgeſetzt von C. G. Schober. s it ein Schade vor das Maſchinen⸗ weſen, daß die, die in der Theorie der Mechanik die mehreſte Wiſſen⸗ ſchaft haben, von der Ausuͤbung ins⸗ | a gemein nicht viel wiſſen; und dieſer Fehler iſt, wie ich dafiir halte, Schuld daran, daß die größten Theoretici an den nüglichften Erfindun⸗ gen wenig Antheil haben, ſondern insgemein erſt hinter her daran kommen, wenn die Sache ſchon da iſt, oder wenn ja auch manchmal einer mit der Spe⸗ 2 culation 16 Erfahrungen und Theorie culation auf was geraͤth, ſo wird doch um deswillen nichts daraus, weil man in der Ausuͤbung fehlet, und die Sache nicht auf den rechten Weg anzugeben weiß: ja es geſchieht wohl eher, daß eine gute Erfin⸗ dung aus eben der Urſache zum Gelaͤchter wird, wie es Herrn Leibnitzen mit dem Windgoͤpel bey den Berg- werken alſo ergangen iſt. Von alle dem, was wirklich iſt, erlaubet uns die Natur weiter nichts zu wiſſen, als was wir mit den Sinnen empfinden; ja ſie iſt auch in dem noch nicht ſo freygebig, ſondern es iſt vielmal nur ein Gluͤck, wenn wir es ſo empfinden, wie es in der That iſt. Selbſt die Meßkunſt, die vollkommenſte unter allen Wiſſenſchaften, reichet nicht weiter, als nur auf Groͤßen, die nur in unſerer Einbildung Beſtand ha⸗ ben, mit dieſen weiß ſie rein umzugehen. Man gebe aber dem groͤßten Meßkuͤnſtler eine Statuͤe oder an⸗ dern irregulairen Koͤrper, wie er wirklich iſt, den Inhalt deſſelben ausfindig zu machen. Die mehreſten Sachen find deswegen fo beſchaf⸗ fen, daß das Zifferblatt allein dabey nicht viel aus⸗ zurichten vermag, ſondern ſie wollen mit Erfahrung und Vernunft zugleich gemacht ſeyn; und alle unſer Wiſſen iſt dabey nichts mehr, als eine Verbindung vieler einzelen Wirkungen, die wir in der Natur wahrnehmen, und davon immer eine die andere erklaͤret. Allein die Erfahrungen, wie man hinter ſolche Wirkungen der Natur koͤmmt, erfordern insgemein Zeit, Koſten, und eine beſondere Application, ſo wohl in der Theorie, als in der Praxi; daher geſchieht es, daß viele öfters über das Wahre in der Natur weg⸗ von der Wirkung der Windmuͤhlen. 17 wegſehen; und lieber unendliche Hypotheſen calculiren, die außer dem, daß fie ſinnreich find, im menſchlichen Leben zu nichts nüßen, auch wohl gar zuweilen im Grunde unrichtig ſind; wie davon die Theorie von dem Windmuͤhlenflagel ein Exempel iſt; und ich kann nicht leugnen, es wuͤrde mir im Maſchinenweſen viel⸗ leicht eben ſo gehen, wenn ich nicht in der Werkſtatt eines Meiſters, in beyden, der Theorie davon, und der Praxi, beydes beſſer mit einander zu verbinden gelehret worden. Weil ich nun bey der Gelegenheit, da ich die Un— terſuchung von dem Windmuͤhlenfluͤgel, die ich hier⸗ mit dem Urtheile meiner Leſer unterwerfe, vorgenommen, zugleich verſchiedene ſolche Erfahrungen, von dem Widerſtande der Luft auf das ſorgfaͤltigſte angeſtellet; ſo habe ſelbige um ſo viel lieber denjenigen zum beſten hiermit bekannt machen wollen, die etwa an der Theo⸗ rie, von der Bewegung im fade, arbeiten, weil ich weiß, daß ſchon die groͤßten Gelehrten dieſes und des vorigen Jahrhundertes ſich darinne Muͤhe gegeben, und daß dem ungeachtet alles dasjenige, was wir da⸗ von wiſſen, noch ein weniges iſt, in Anſehung deſſen, was uns noch zu wiſſen fehlet. Koͤſen an der Saale, den 17 November, 1751. Verſuche ber den Widerſtand der Luft / auf verſchiedene in ſelbiger bewegte Flaͤchen. §. 1. Dieſen zu erfahren, ließ ich unterſchiedene Flachen, mit verſchiedenen Geſchwindigkeiten gegen die Luft bewegen; und bemerkte jedesmal die Im⸗ preßion darauf, wie folget: H 3 0 18 Erfahrungen und Theorie Ich ſtellte nämlich, auf dem hieſigen Schacht: hauſe, im ſechſten Stocke, eine eiſerne Spindel auf⸗ recht, oben auf den Kopf derſelben Spindel befeſtigte ich eine Leiſte perpendicular gegen die Are der Spindel; welche Leiſte ungefaͤhr auf jeder Seite anderthalb Fuß“ vorgieng, und etwa zween Zoll breit war. Auf dieſer Leiſte applicirte ich, juſt uͤber dem Centro der Spindel, ein horizontal liegendes Rad mit einem Geſperre; über dem Rade aber war ein ſtarker eiſer⸗ ner Draht aufgerichtet, der oben umgekroͤpft war; und von dem Sperrkegel gieng eine duͤnne geflochtene Schnure durch das gekroͤpfte Ende des Drahts hin« durch; mittelſt welcher der Sperrkegel aufgehoben, und wieder niedergelaſſen werden konnte. Ferner waren am Ende der Leiſte drey ſtaͤhlerne Federn angebracht, welche, wenn ſich das Rad um⸗ drehete, durch eine Schnure, fo ſich auf das Rad aufwand, angeſpannt wurden; und zwar entweder nur eine allein, oder zwo, oder auch alle drey zu⸗ gleich, nachdem es die Spannung erforderte; und aus dem Rade gieng ein flacher Stab, an deſſen Enden eine Flaͤche, welche gegen die Luft beweget werden ſollte, angemacht war: auf die Spindel aber war eine gute geflochtene Schnure aufgewunden, die von da uͤber eine Rolle gieng, und mittelſt deren die Unter dem Fuße verſtehe ich allezeit pariſer Maaß, decimaliſch getheilet, den Fuß in zehn Zoll, und den Zoll in zehn Linien. Das Gewicht aber iſt coͤllniſch; das Pfund in zwey und dreyßig Loth, das Loth in vier Quenten, und die Quente wieder in fuͤnf und zwanzig Theile getheilet: welches ich hier einmal vor allemal erinnern will. von der Wirkung der Windmuͤhlen. 119 die Spindel, nachdem alles gehörig vorgerichtet, durch hinlaͤngliche Gewichte umgetrieben wurde. Die Spindel war ein Stuͤck von einem Flinten⸗ lauf, anderthalb Fuß lang, an beyden Enden zuſam⸗ men gedruckt, dergeſtalt, daß ſie eine Oeffnung von # ungefähr einer Linie im Diameter behalten, und in der Pfanne, worauf fie ſtund, war eine dergleichen Oeffnung, ſo, daß währenden Umlaufs der Spindel ein Faden ungehindert dadurch niedergehen konnte; von deſſen Gebrauche im folgenden. Oben aber, ſo weit ſie uͤber das Lager am Halſe vorgieng, war ſie viereckigt ſpitzig zugearbeitet, damit der Kopf, wor⸗ auf das uͤbrige feſte, leicht aufgeſteckt und wieder ab⸗ Ren werden konnte. Am Halſe war die Staͤrke derſelben im Durch⸗ Miffer einen Zoll, am Ende aber lief fie conifch zu, daß der Boden, worauf ſie ſtund, noch nicht gar drey Linien im Durchmeſſer war; und wo die Schnur aufgewunden, als ſo weit ſie mit Holz ein⸗ gefaßt war, war der Diameter derſelben 1.76 Zoll, naͤmlich in 60 Umwendungen fiel das Gewichte, das darauf hieng, gleich 33 Fuß tief: die Lagen aber, worinnen ſie lief, waren beydes am Halſe und an der Spitze von Zinn. | Das Rad, das die Feder anſpannte, war von bartem Holze, 1 hatte eine ſtaͤhlerne Axe, die mit zwo Spitzen in meßingenen Pfannen ſtund, und auf der obern Seite ſaß ein meßingener Ring feſt, der rings um das Rad herum, wie ein Kronenrad, mit auf⸗ recht ſtehenden Geſperrzaͤhnen 200 an der Zahl ein⸗ geſchnitten, worein ſich der Sperrkegel, wenn die Fe⸗ der angeſpannt wurde, einlegte. f 24 Der 120 Erfahrungen und Theorie Der Radius deſſelben, wo es die Schnur auf⸗ wandt, war zween Zoll, drey Linien, naͤmlich eine Umwendung der Schnur, welche die Feder anſpann⸗ te, betrug gleich 1. 45 Fuß, und die Laͤnge des Sta⸗ bes, der darinnen ſteckte, war, vom Mittel des Ra⸗ des ausgemeſſen, bis mitten auf die Flaͤche, die daran appliciret wurde, gleich vier Fuß; folglich die Verhaͤltniß zwiſchen der Kraft, auf der Flaͤche am Ende, zu der Kraft auf dem Rade, wie 23 zu 400, und der Raum, durch welchen ſich die Flaͤche in einer Umwendung der Spindel gegen die Luft bewegte, gleich 25 Fuß. Die Flaͤchen aber, die daran appliciret wurden, waren erſtlich fuͤnf gerade Quadratflaͤchen, wovon die erſtern drey von duͤnnen meßingenem Bleche gemacht waren; die andern beyden waren duͤnne hoͤlzerne Ra⸗ men, mit ſtarkem Papiere uͤberzogen; ferner eine Scheibe, eine halbe Kugel, ein Conus mit der Spi⸗ tze gerade gegen die Luft gekehrt; und endlich ein hoh⸗ ler Conus, oder Trichter, mit der hohlen Seite ge⸗ gen die Luft gekehrt, alles von Holze. Die erſte oder kleinſte von den Quadratflaͤchen hatte zur Seite zween Zoll ſechs Linien bey nahe, und betrug alſo 6.72 Quadratzoll. Die andere war dop⸗ pelt fo groß, nämlich 13. 44 Quadratzoll. Die drit⸗ te war viermal fo groß, naͤmlich 26. 88. Quadratzoll. Die vierte war achtmal ſo groß, naͤmlich 53. 76 Qua⸗ dratzoll, und die fuͤnfte war ſechzehnmal ſo groß als die erſte, 107. 52 Quadratzoll. | Die Scheibe aber war im Durchmeſſer einen Zoll neun und eine halbe Linie; das ift, fie betrug gleich drey Quadratzoll, und die halbe Kugel und 8 | oni, von der Wirkung der Windmuͤhlen. 121 Coni, deren jeder ſo hoch war, als der Diameter der Grundfläche „waren in der e der Scheibe gleich. Die Verſuche ſelbſt aber wurden damit angefteller, wie folget: nämlich, wenn eine von forhanen. Flächen an den Stab angemacht, fo wurde ſelbiger erſtlich, mittelſt eines Stiftes, an dem Ende der Leiſte befe⸗ ſtiget, daß das Rad ſich nicht umdrehen konnte, und durch oͤfteres Probiren geſucht, wie viel Gewicht an der Spindel ſeyn muͤßte, wenn die letztern 60 Um⸗ wendungen derſelben, nach Erfordern der Geſchwin⸗ digkeit, welche man in dem Verſuche brauchte, in 120, oder 60, oder 30 Secunden ablaufen, und hin⸗ folglich die Fläche mit einer Geſchwindigkeit, in einer Secunde durch 122, oder durch 25, oder durch 50 Fuß gegen die Luft bewegt werden ſollte. Hatte man dieſes Gewicht gefunden, ſo wurde, höchden: man die Schnur wieder auf die Spindel aufgewunden, der Stab von der Leiſte losgemacht, und der Sperrkegel bey Loslaſſung des Gewichtes an die Spindel ausgehoben, daß das Rad, ſo weit als die Feder ſpannte, ſich umwenden konnte; da denn ſelbiges, weil die Flaͤche in die Luft griff, auf die Gegegenſeite umgedrehet, und die Feder, mittelſt der Schnur, die ſich auf das Rad aufwand, ange⸗ ſpannet wurde. Sahe man nun, daß die Spindel in völligem Laufe, und daß die Feder nicht weiter geſpannet wurde, ſo wurde der Sperrkegel wieder niedergelaſſen, daß die Fe⸗ der geſpannet ſtehen blieb, und nach Aufhaltung der Spindel an den Zaͤhnen der Ort bemerket, wo der Sperrkegel jedesmal eingefallen. n H5 Sodann 122 Erfahrungen und Theorie Sodann wurde der Stab mit der Flaͤche von dem Rade losgemacht, und der Kopf von der Spindel abgehoben, und vertical aufgerichtet, und hernach an das andere Ende der Schnur, welche die Feder ſpannte, und im Mittel auf dem Rade feſte war, daß ſie nicht gleiten konnte, ſo viel Gewicht auf das Rad gehaͤngt, bis daß der Sperrkegel wieder in den bemerkten Ort einfiel. Und wie dieſes fuͤr alle anzuſtellende Versuche ge a ſchehen, ſo wurde der Stab, ſo viel als eine jede Flaͤ⸗ che deckte, nach und nach abgeſchnitten, und alſo le⸗ dig mit eben der Geſchwindigkeit wie zuvor, gegen die Luft bewegt, und verſucht, wie viel ſelbigen jedes⸗ mal die Feder anzuſpannen vermochte, da denn der ganze Verſuch uͤberhaupt folgender: §. 2. I. Wenn gerade Quadratflaͤchen von vers ſchiedener Groͤße, mit einerley Geſchwindigkeit gegen die Luft bewegt wurden. a. Durch eine gerade Quadratflaͤche 6. 72 Qua⸗ dratzoll, mit der Geſchwindigkeit, in einer Secunde 25 Fuß, gerade gegen die Luft bewegt, wurde die Feder angeſpannt: 1 Pfund 19 Loth. Der ledige Stab aber ſpannte fie auf 82 Loth. b. Durch eine gerade Quadratflaͤche 13.44 Qua⸗ dratzoll, mit eben der Geſchwindigkeit gegen die Luft bewegt, wurde die Feder angeſpannt auf 3 Pfund. Der Ledige Stab, mit der Geſchwindigkeit be⸗ wegt, ſpannte fie 7% Loth. c. Durch eine dergleichen Flaͤche 26.88 Qua⸗ dratzoll, mit eben der Geſchwindigkeit bewegt, wurde die Feder angeſpannt auf 6 Pfund 8 Loth. Der ledige Stab ſpannte fie gleich auf both. d. Durch * von der Wirkung der Windmuͤhlen. 123 d. Durch eine dergleichen Flaͤche von 53.76 Quadratzoll, mit eben der Geſchwindigkeit gegen die Luft bewegt, auf 13 Pfund 6 Loth. Die ledige Stab, mit der Geſchwindigkeit be⸗ wegt, ſpannte ſie auf 6 Loth. e. Durch eine dergleichen Fläche ‚von 107. 52 Quadratzoll, mit eben der Geſchwindigkeit bewegt, wurde die Feder angeſpannt: 29 Pfund 26 Loth. Der ledige Stab mit der Geſchwindigkeit be⸗ wege ſpannte fie bey nahe auf 6 Loth. f. Durch eben dieſe Flaͤche 107. 52 Duadratzoll, mit der Geſchwindigkeit, in einer Secunde 122 Fuß, gegen die Luft bewegt, wurde die Feder angeſpannt auf 8 Pfund. Bey dem ledigen Stabe mit der Geſchwindig⸗ keit bewegt, war die Spannung der Feder nicht wohl zu bemerken, ich will aber felbige von 12 Loth annehmen. | | §. 3. Um zu erfahren, ob an der Figur des hintern Theils eines Körpers etwas merkliches geles gen, ſo wurde auf der hintern Seite der Flaͤche d. 53.76 Quadratzoll, eine Pyramide von duͤnner Pappe, deren Grundflaͤche gleich ſo groß, als die Flaͤche ſelbſt, und die Hoͤhe der Seite der Flaͤche gleich war, feſte gemacht, und hernach die Flaͤche, mit eben der Geſchwindigkeit, wie bey d. in einer Seeunde 25 Fuß gegen die Luft bewegt, man ſpuͤhrte aber nicht, daß es was ausmachte, ſondern es wurde die Feder damit eben ſo angeſpannt, wie zuvor. Ferner zu erfahren, ob die Schwere der Flaͤ⸗ chen in Spannung der Feder was beytruͤge, ſo machte be: „ nachdem ic die Spannung durch den ledigen Stab 124 Erfahrungen und Theorie Stab Lit. a. verſucht hatte, auf der hintern Seite des Stabes ein lang vierkantig Stuͤck Bley, ungefähr 14 Loth ſchwer, das mit dem Stabe von gleicher Dicke war, feſte, und ließ ſo dann den Stab mit eben der Geſchwindigkeit, wie zuvor, gegen die Luft bewegen, ich fand aber, daß die Spannung der Feder dadurch nichts geändert wurde, ſondern fie war eben, wie zuvor, da der Stab ganz ledig, zum wenigſten war kein Unterſchied dabey zu bemerken. §. 4. II. Wenn eine gerade Quadratflaͤche mit verſchiedenen Geſchwindigkeiten, gerade gegen 1 Luft bewegt worden: | a. Durch eine gerade Quadratflaͤche 5 Quadratzoll, mit der Geſchwindigkeit, in einer Se⸗ cunde 122 Fuß „ gegen die Luft bewegt 1 wurde die Feder angeſpannt auf 29 Loth. Ben dem ledigen Stabe mit der Geſchwindig⸗ keit bewegt, war die Spannung nicht merklich, ich glaube aber nicht ſehr zu fehlen, wenn ich ſel⸗ bige von Loth annehme. b. Durch eben dieſelbe Flaͤche, mit der Ge⸗ ſchwindigkeit, in einer Secunde 25 Fuß, gegen die Luft bewegt, wurde die Feder angeſpannt 3 Pfund. Der ledige Stab mit der Geſchwindigkeit be⸗ wegt, ſpannte ſie auf 72 Loth. c. Durch eben dieſelbe Fläche, mit der Ge⸗ ſchwindigkeit, in einer Secunde 50 Fuß gegen die Luft bewegt, wurde die Feder Aten 1 Pfund 14 Lot 5 ledige Stab mit der Geschwindigkeit be⸗ wegt, ſpannte ſie auf 284 Loth. H. 5. von der Wirkung der Windmuͤhlen. 125 . 5. III. Wenn eine gerade Quadratflaͤche, | mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit, oblique, unter verſchiedenen Wendungen gegen die Luft bewegt wurde. Durch eine gerade Quadratflaͤche 26. 88 8 dratzoll, mit der Geſchwindigkeit in einer Secunde 25 Fuß oblique gegen die Luft bewegt, wurde die Fe⸗ der angeſpannt. ar der Inclination | Grad, Pfund, a, 90. 8 80. 6 € > 70. 3 „ 25 Der ledige Stab mit 60. 5 l der Geſchwindigkeit bes 50. 4 2 wegt, ſpannte fie auf 7 40. N aa | 30. 2 8 20. N 60. — 262 IV. Wenn verſchiedene Arten Flaͤchen mit einerley Geſchwindigkeit gegen die Luft bewegt wurden: a. durch eine gerade Zirkelflaͤche „deren Dia⸗ meter 1. 95 Zoll, mit einer Geſchwindigkeit, in einer Secunde 50 Fuß, gegen die Luft bewegt, wurde die Feder angeſpannt 3 Pfund 1 Loth. | bi. Durch eine halbe Kugel von eben dem Dia- meter, und mit eben der Geſchwindigkeit gegen die Luft bewegt, wurde die Feder angeſpannt auf 2 Pfund 8 Loth. c. Durch einen Conum von gleicher Baſi, deſſen Hoͤhe dem Diameter der Grundfläche gleich, die 2 tze 126 Erfahrungen und Theorie tze vorwaͤrts, mit eben der Geſchwindigkeit gegen die Luft bewegt, wurde die Feder angeſpannt auf 2 Pfund 1 Loth. d. Durch einen hohlen Conum oder Trichter, deſſen Hoͤhlung dem vorigen Cono gleich, die hohle Seite vorwaͤrts, mit eben der Geſchwindigkeit gegen die 106 bewegt, wurde die Feder angeſpannt 3 Pfund 16 Loth. Durch den ledigen Stab mit der Geſchwindig⸗ keit bewegt, wurde die Feder angeſpannt auf = Pf. 29% Loth. e. Durch eine Pyramide, deren Baſis ein Qua⸗ drat von 53.76 Qudratzoll, und die Hoͤhe ſo groß, als die Seite des Quadrats, die Spitze vorwaͤrts, mit der Geſchwindigkeit in einer Secunde fuͤnf und zwan⸗ zig Fuß gegen die Luft bewegt, wurde die Feder an⸗ geſpannt auf 7 Pfund 3 Loth. Der ledige Stab mit der Geſchwindigkeit in einer Secunde 25 Fuß bewegt, ſpannte ſie auf 6 Loth. $. 2. Zieht man hier in jedem Verſuche die Spannung, die durch den ledigen Stab geſchehen, ab, und reduciret den Reſt, nach der angezeigten Ver⸗ haͤltniß zwiſchen der Laͤnge des Stabes und dem Ra⸗ dio des Rades, wie 400 zu 23 auf das Mittel der Flaͤche, fo ift der wirkliche Widerſtand der Luft im I. Verſuche a. Auf einer geraden Quadratflaͤche, von 6.72 Quadratzoll, mit der Geſchwindigkeit in einer Se⸗ cunde 25 Fuß gerade gegen die Luft bewegt, gleich 2,47 Loth. b. Auf von der Wirkung der Windmühlen. 127 b. Auf einer dergleichen Flaͤche von 13.44 Qua- dratzoll mit eben der Geſchwindigkeit gegen die Luft bewegt, gleich 5.09 Loth. 1 . Auf einer dergleichen Fläche von 26.88 Qua⸗ dratzoll mit eben der Geſchwindigkeit gegen die duft bewegt, gleich uu. 10 Loth. ; | d. Auf einer dergleichen Flaͤche von 53,76 Qua⸗ dratzoll mit eben der Geſchwindigkeit bewegt, gleich 23.92 Loth. 2 e. Auf einer dergleichen Fläche von 107.52 Qua⸗ dratzoll mit eben der Geſchwindigkeit bewegt, gleich 54.51 Loth. 1 f. Auf eben derſelben Flaͤche von 107.52 Quadrat⸗ zoll, mit der Geſchwindigkeit in einer Secunde 122 Fuß gegen die Luft bewegt, gleich 1463 Loth. . Im ll. Verſuche. a. Auf einer geraden Quadratflaͤche 13.44 Qua⸗ dratzoll, mit der Geſchwindigkeit in einer Secunde 123 Fuß gegen die Luft bewegt, gleich 1.56 Loth. b. Auf eben derſelben Fläche mit der Geſchwin⸗ digkeit in einer Secunde 25 Fuß gegen die Luft be⸗ wegt, gleich 5.09 Loth. c. Auf eben derſelben Flaͤche mit einer Geſchwin⸗ digkeit in einer Secunde 50 Fuß gegen die Luft be⸗ wegt, gleich 19.09 Loth. Im III. Verſuche. Auf einer Flaͤche von 26.88 Quadratzoll, oblique mit einer Geſchwindigkeit in einer Secunde 25 Fuß gegen die Luft bewegt: 275 Unter 128 nen und Theorie 90 Grad. 11. 10 a 8 = 10.87 70 8 cKO8ng re Unter der > j ie: ; nclination. 5 W J 40 2 5. 40 a 30 3.74 = 20 a ö 2.41 & 10 = 1. 12 Im IV. Verſuche. 2. Auf einer geraden Scheibe im Diameter 1.95 Zoll, mit der Geſchwindigkeit in einer Secunde zo Fuß gegen die Luft bewegt, gleich 4.45 Loth. b. Auf einer halben Kugel von gleichem Diame⸗ ter, mit eben der Geſchwindigkeit bewegt, gleich 2.44 Loth. c. Auf einen Conum von gleicher Baſi, deſſen Höhe dem Diameter Bafeos gleich, die Spitze vors 50 „mit eben der Geſchwindigkeit bewegt, 2 2.04 oth d. Auf einen hohlen Conum oder Trichter, deſſen Hohlung dem vorigen Cono gleich, die hohle Seite vorwaͤrts, mit eben der Geſchwindigkeit bewegt 4.74 Loth. e. Auf einer Pyramide, deren Baſis ein Qua⸗ drat von 53.76 Quadratzoll, und die Höhe fo groß, als die Seite des Quadrats, die Spitze vorwaͤrts, mit der Geſchwindigkeit in einer Secunde 25 Fuß ge⸗ gen die Luft bewegt, 12.71 Loth. §. 8. Aus dieſen Verſuchen ſieht man vor⸗ nehmlich folgendes, und zwar aus dem erſten, 1) Daß von der Wirkung der Windmuͤhlen. 129 1) Daß der Widerſtand der Luft auch bey kleinen Geſchwindigkeiten ungleich groͤßer iſt, als er heraus koͤmmt, wenn man, wie es von vielen behauptet wird, annimmt, daß er dem Gewichte einer Luftſaͤu⸗ le gleiche, deren Baſis der bewegten Flaͤche gleich iſt, und die Höhe fo groß, daß ein ſchwerer Körper, der aus ſelbiger herunter faͤllt, mit der bewegten Flaͤ⸗ che gleiche Geſchwindigkeit erlanget. Denn wenn im gegenwärtigen Verſuche die Flächen mit der Ge— ſchwindigkeit in einer Secunde 25 Fuß beweget vers den, ſo iſt die Hoͤhe, von welcher ein ſchwerer Koͤr⸗ per fallen muß, um eine gleiche Geſchwindigkeit zu erlangen, gleich 10.4 Fuß. Setze ich nun, es ſey die Schwere der Luft zu der Schwere des Waſſers, wie 1 zu 850, wie es von den mehreſten fo angegeben wird, und der Cubikfuß Waſſer iſt aufs hoͤchſte gleich 73 Pfund; ſo iſt der Cubikfuß Luft gleich 2.76 Loth, und es ſollte alſo der Widerſtand unter derſelben Ge⸗ ſchwindigkeit ſeyn, auf d. Flache, nach der Rechnung er iſt aber Quadr. zoll. Cbzoll Luft.] oder Loth. im Verſuche 6.72 | 698 19 | 247 3.44 1300 | 384 | 5.09. 26.88 I 27.92 | 2.68 11.10 und | 2) Daß die Verhaͤltniß zwiſchen dem Wider» ſtande auf verſchiedenen ähnlichen Flächen, mit einer⸗ ley Geſchwindigkeit bewegt, groͤßer iſt, als die Ver⸗ haͤltniß zwiſchen den Flaͤchen ſelbſt, ich will ſagen, daß der Widerſtand auf der doppelten Flaͤche mehr denn zweymal ſo groß iſt, 7 der auf der A 130 Erfahrungen und Theorie Es ſcheint zwar dieſes um deswillen ſo gleich « aus dem Verſuche nicht zu folgen, weil die Flaͤche, in⸗ dem ſie im Zirkel beweget worden, eigentlich nur in ihrem Mittelpuncte die angezeigte Geſchwindigkeit hat, und in den aͤußerſten Theilen geſchwinder, in den naͤ⸗ hern aber bey dem Centro langſamer beweget werde: allein es macht dieſes, ſonderlich bey Flaͤchen, die nicht gar zu ſehr in der Größe von einander differi— ren, ſo viel nicht aus, und es laͤßt ſich auch uͤber das weiſen, warum es nothwendig ſo ſeyn muß. §. 9. Der andere Verſuch aber weiſet, daß die Verhaͤltniß zwiſchen dem Widerſtande, den eine ge— rade Flaͤche leidet, wenn ſie mit verſchiedenen Ge⸗ ſchwindigkeiten gerade gegen die Luft beweget wird, kleiner iſt, als die Verhaͤltniß zwiſchen den Quadra⸗ ten der Geſchwindigkeiten, und daß folglich eine Flaͤ— che, wenn ſie mit der doppelten Geſchwindigkeit be— weget wird, nicht viermal ſo viel Widerſtand leidet, als bey der einfachen; da hingegen nach der gemeinen Lehre behauptet wird, daß der Widerſtand den Qua⸗ draten der Geſchwindigkeiten proportionirt ſey. §. 10. Und aus dem dritten und vierten Verſu⸗ che ſieht man, wie weit die Groͤße des Widerſtan⸗ des durch die Figur und Schiefe der Vorderflaͤche ei⸗ nes Koͤrpers geaͤndert wird; ins beſondere weiſet der dritte Verſuch, daß der Widerſtand auf einer Flaͤche, indem ſie unter verſchiedenen Winkeln mit einerley Geſchwindigkeit gegen die Luft beweget wird, in ratio. ne minori, als der Sinus des Einfallswinkels zum Radio, welches ich hier um deswillen anfuͤhre, weil ich dieſen Satz im folgenden brauchen werde. Denn wenn man den Widerſtand, den die Flaͤche gelitten, indem von der Wirkung der Windmuͤhlen. 131 indem ſie gerade gegen die Luft beweget worden, * den Sinum totum ie ſo iſt: der Widerftand Grad | der Sis, Ak aber ift „ , e iti rg e 7 BB „ U eee eee e 20 379 | 241 1092 | 112 | Ver ſſuche uͤber die Kraft des Windes, bey Umtrei⸗ bung der Windmuͤhlenfluͤgel. §. 11. Hierzu nehme ich als einen Grundſatz an, daß wenn eln Koͤrper mit einer gewiſſen Geſchwindig⸗ keit in einem ſtill ſtehenden Fluido beweget wird, die Wirkung des Fluidi auf ſelbigen gleich fo groß fen, als wenn der Körper ſtille ſtuͤnde, und hingegen das Fluidum mit eben derſelben Geſchwindigkeit dagegen bewegt wuͤrde. Und ließ alſo vier Flügel an einer beweglchen F unter verſchiedenen Inclinationen mit der Are, E . 52 wie 132 Erfahrungen und Theorie wie zuvor die einzelnen Flaͤchen, mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit gegen die Luft bewegen. Ich befeſtigte naͤmlich auf dem Kopfe der vorbe⸗ ſchriebenen Spindel einen flachen Stab von Tan⸗ nenholze, perpendicular gegen die Spindel. An das Ende dieſes Stabes brachte ich die Axe mit den vier Flügeln, dergeſtalt, daß die Ruthen, wenn ſie hori⸗ zontal ſtunden, auf das Centrum der Spindel hinwieſen. Die Lange des Stabes, vom Centro der Spindel bis auf die Are der Flügel, war gleich vier Fuß, folglich der Raum von einer Umwendung gleich fuͤnf und zwanzig Fuß. Die Welle, woran die Fluͤgel ſaßen, war von Stahl vier Zoll lang, und im Diameter ungefaͤhr anderthalb Linien ſtark, und lief mit der Spitze in Meßing, am Halſe aber, wo fie eine Hehlkehle hatte, und nicht mehr als etwa eine Linie ſtark war, in Horn. | 1 5 Die Ruthen waren von jungem Eichenholze, une. gefaͤhr anderthalb Linien dick, und, von der Are bis mitten auf die Fluͤgel gemeſſen, vier Zoll lang, ſolglich der Raum der Fluͤgel, in einer Umwendung um die Are, gleich zwey und einen halben Fuß. Die Fluͤgel aber waren von duͤnnem meßingenen Bleche, und hatten jeder auf der hintern Seite 8 uͤl⸗ * Wie alles gemeynt ſey, ſelbiges wuͤrde wohl durch ei⸗ ne Zeichnung deutlicher worden ſeyn, und ich wuͤrde es auch daran nicht haben fehlen laſſen, wofern ich nicht ſchon wuͤßte, daß, wenn von einem Deutſchen was gemacht wird, es die Verleger ſo haben wollen, daß die Kupfer nichts koſten, damit wir ſie bey Aus⸗ landern deſto theurer bezahlen können, wenn gleich manchmal an der Sache nichts iſt. von der Wirkung der Windmuͤhlen. 133 Huͤlſe, n ittelſt welcher ſie auf die Ruthen aufgeſteckt, und nach Gefallen gewendet werden konnten. 1 Die Breite derſelben war beynahe zwey Zoll ſechs Linien, und die Hoͤhe, nach der Lange der Ruthe ge⸗ meffen, halb fo groß, nämlich ein Zoll drey Linien, ſo daß die Fläche von jedem gleich 3.35 Quadrat zolf und wogen jeder 175 Loth. Die Verſuche aber „die ich damit machte, wa⸗ ren folgende. | J. Verſuch. F. 12. Wenn die Flügel, in der Direction pa⸗ rallel mit der Axe, mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit gegen die Luft beweget wurden, die Geſchwindigkeit ausfuͤndig zu machen, mit welcher ſie ſich unter jeder Inelination um die Axe umdrehen. Hierzu war an der Welle eine ſo genannte Schrau⸗ be ohne Ende, und an dem Lager, worinn die Welle lief, war eine kleine Glocke angebracht, davon der Hammer durch ein meßingen Raͤdchen, das gegen die Schraube ohne Ende gelegt war, und zwoͤlf Zaͤh⸗ ne hatte, mittelſt zweener Stifte, ſo in dem Rade eingemacht waren, gehoben wurden, dergeſtalt, daß bey jeglichen ſechs Umwendungen der Fluͤgel ein Schlag auf die Glocke geſchah; waren aber die Um⸗ wendungen zu geſchwinde, daß die Schlaͤge auf der Glocke nicht wohl gezaͤhlet werden konnten, ſo wurde einer von gedachten Stiften heraus genommen, alſo, daß von zwoͤlf Umwendungen nur ein Schlag auf der Glocke geſchah. Der Verſuch ſelbſt aber wurde angeſtellet, wie folget. | Erſtiich ſuchete man, wie in vorhergehenden Verſuchen, was ben einer jeden Wendung der Fluͤgel fuͤr ein Ge⸗ J 2 wicht 134 | Erfahrungen und Theorie wicht an der Spindel ſeyn mußte, wenn die letzten 60lUm⸗ wendungen derſelben accurat eine Minute, und mithin jede Umwendung eine Secunde dauern, und die Fluͤgel, indem, da ſie gegen die duft bewegt wurden, ſich um die Axe umdrehen ſollten. Hatte man dieſes Gewicht vor eine Wendung gefün⸗ den, ſodann ließ man ſelbiges noch zwey oder drey mal niedergehen, und bemerkte jedesmal mit Zaͤhlung der Schlaͤge auf der Glocke, wie viel Umwendungen die Fluͤ⸗ gel machten, indem die letzten 60 Umwendungen auf der Spindel abliefen. Da denn der ganze Verſuch folgender: naͤmlich Wenn die Fluͤgel eine Minute lang mit einer Ge⸗ ſchwindigkeit in einer Secunde fuͤnf und zwanzig Fuß ge⸗ gen die Luft beweget wurden, ſo machten ſelbige unter der Incl. be alſo die mit Umwendungen der Fluͤgel um die Ne L der Axe. ben um die Are. das Mit- Are in einer Grad. 1 Verſuch. „J Verſuch. tel daraus. Secunde 80 | 64x12 En 64 N 768 | 32 Fuß. 10 [7 | 894 | 373 5 60 EIN | 61x12 | 732 30,5 50 Are 48 | 570 254 40 | 69%6 | 6x6 | 44 | 72 30 47 6 | 48x6 285 | mg e e §. 13. vonder Wirkung der Windmühlen 135 Ms! 13. Unter der Inclination 50 Grad ließ ich die Fluͤgel mit verſchiedenen Geſchwindigkeiten gegen die Luft bewegen, und bemerkte jedesmal mit Zaͤhlung der Schlaͤge auf der Glocke, wie oſt ſich ſelbige waͤh⸗ rend der 60 Umwendungen ber Spindel um die Axe umdreheten, da ich denn fand, daß es allemal gleich war, die Spindel mochte mit einer Geſchwindigkeit umgetrieben werden, wie ſie wollte. Weil nun nach den gegenwaͤrtigen Verſuchen die Geſchwindigkeit, mit welcher ſich die Fluͤgel um die Are umdreheten, zu der Geſchwindigkeit, mit welcher ſie in der Direction parallel mit der Are gegen die Luft beweget wurden, unter der Inclination 50 Grad, wie 23.7 zu 250, und unter der Inclination 60 Grad, wie 305 zu 250; fo ſchloß ich, es wuͤrde unter einer Wendung von etwa 52 Grad der Raum der Fluͤgel um die Axe, dem Raume, durch den ſie ſich gegen die Luft bewegen, gleich ſeyn, und es wuͤrde alſo mit dergleichen Inſtrumente in der Maaß und Groͤße gemacht, wie es hier beſchrieben worden, wenn man ſelbiges gerade gegen den Wind ſtellete, und die Zahl der Umwendungen der Flügel in einer gewiſſen Zeit bemerkete, die Geſchwindigkeit deſſelben ſich auf eine leichte Art meffen laſſen; ich fand auch hernach durch verſchiedene Verſuche, daß es bey nicht allzu großer Geſchwindigkeit von 12 bis 25 Fuß in einer Secunde ziemlich genau zutraf; bey 30 Fuß aber fehlte in einer Secunde ſchon etwas uͤber einen halben Fuß, und bey größerer Geſchwindigkeit war der Verſuch nicht wohl zu machen, weil die fehle auf die Glocke unvernehmlich wurden. Worzu ein ſolches Windmaaß gut ſeyn wuͤrde, dar- nach will ich itzo nicht fragen, es iſt bekannt, daß es J 4 von 136 Erfahrungen und Theorie von vielen geſuchet worden, aber bis dato noch nie⸗ mals recht angehen wollen, und es kann ſeyn, daß es doch in gewiſſen Abſichten großen Nutzen geben koͤnnte. Zum wenigſten wird dieſe Manier vor an⸗ dern den Vorzug haben, daß man auf die Weiſe, wenn man die Vorrichtung darnach machen wollte, den Raum des Windes z. E. auf eine ganze Stunde, oder wenn es erfodert wuͤrde, noch laͤnger, ziemlich ge⸗ nau wuͤrde wiſſen koͤnnen. Da man ſonſt zufrieden ſeyn muß, wenn man die Stärfe oder Geſchwindig⸗ keit deſſelben, weil er alle Augenblicke variirt, nur auf eine kurze Zeit, und fo zu fagen, nur von einem einzigen Stoße anzeigen kann. Wie ich es gebraucht, daſſelbige ſoll im folgenden ausfuͤhrlicher gewieſen werden. N II. Verſuch. §. 14. Wenn die Fluͤgel in der Direction paral⸗ lel mit der Axe mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit ge⸗ gen die Luft bewegt wurden; die Kraft ausfuͤndig zu machen, welche den Widerſtand der Luft den Fluͤgeln unter einer jeden Inclination eindruckt, ſich um die Axe umzudrehen. Hier ſuchte man, was fuͤr eine Kraft erfodert wurde, die Bewegung der Flügel um die Are aufzu⸗ halten, wie folget: es ſaß naͤmlich in der Welle der Fluͤgel eine kleine hoͤlzerne Rolle, mitten uͤber der Spindel aber war eine Feder von geſchlagenem Meſ⸗ ſinge mit einer Chorde, wie ein Bogen angebracht, und von dem Mittel der Senne gieng ein Faden bis vor an die Rolle auf der Welle, welche Rolle, wenn 1 * W die von der Wirkung der Windmuͤhlen. 137 die Flügel umdreheten, den Faden aufwunden, und alſo die Feder anſpannete. Ferner war uͤber dem Centro der Spindel ein ſtar⸗ ker eiſerner Draht aufgerichtet, der oben umgekroͤpft, und ſo hoch war, daß er uͤber die Fluͤgel hinaus reichte. | Neben der Rolle aber war eine kleine meßingene Scheibe auf der Welle feſte, welche Scheibe wie ein Geſperre in einer Uhr gezahnt war, und vor derſelben faß eine Feder, anſtatt eines Sperrkegels, die ſich in die Zaͤhne einlegte, und vermittelſt eines Fadens, der bey vorgedachtem Drahte unten auf dem Stabe über ei⸗ nen kleinen Kloben, und von dar durch das gekroͤpfte Ende des Drahtes hindurch gieng, ausgehoben und Wiebe niedergelaſſen werden konnte. Die meßingene Feder war ungefähr zween und einen Haben Fuß lang, zwo und eine halbe Linie breit, und in der Mitte drey Vierthel, an den Enden aber eine halbe Linie ſtark. Der Radius aber der Rolle an der Welle war gleich vier Linien, naͤmlich vier Umwendungen der Schnur, welche die Chorde der Feder anſpannte, be⸗ trugen gleich einen Fuß. Folglich die Verhaͤltniß der Kraft auf dem Mittel der Fluͤgel, welches wie ge⸗ dacht, vier Zoll von der Are entfernt war, zu der Kraft, womit die Rolle die Feder anſpannte, wie 1 zu 10. Der Verſuch ſelbſt aber war angeſtellt, wie folget: Erſtlich wurde die Rolle an der Welle mittelſt ei⸗ nes 5 angehängt, daß die Fluͤgel ſich um die g J 5 Axe 138 Erfahrungen und Theorie Axe nicht umdrehen konnten, und ſo viel Gewicht an die Spindel gebracht, daß die letzten 60 Umwendung derſelben accurat eine Minute, und mithin jede Um⸗ wendung wie zuvor, eine Secunde ausmachte. Hatte man dieſes Gewicht fuͤr eine Wendung ge— funden, ſo wurde, nachdem man die Schnur wieder auf die Spindel aufgewunden, und die Rolle auf der Welle losgemacht, die Sperrfeder gegen die gezahnte Scheibe vorgerichtet, und alsdenn das Gewicht an der Spindel losgelaſſen. Wenn nun dieſe etliche mal umgelaufen, daß die Stange mit den Fluͤgeln in voͤlligem Schwunge war, fo wurde die Sperrfeder mittelſt des Fadens ausgeho⸗ ben, daß die Fluͤgel vollkommen frey wurden, da denn, indem ſelbige ſich um die Axe umdreheten, der Faden an der Senne der Bogenfeder auf die Rolle aufge⸗ wunden, und mithin die Feder ſo weit angeſpannt wurde, bis daß die Kraft derſelben mit der Kraft, welche die Luft auf den Fluͤgeln hatte, balancirten, und die Fluͤgel zum Stehen brachte. Sahe man nun, daß ſich ſelbige nicht mehr um die Axe bewegte, ſo ließ man die Sperrfeder wieder einfallen, daß die Bogenfeder geſpannt ſtehen blei⸗ ben mußte; und bemerkete nachher auf dem Stabe den Ort, wie weit die Chorde bey einer Inclination ange⸗ ſpannt worden. — Und wie dieſes geſchehen, ſodenn wurde der ganze Kopf von der Spindel abgenommen, der Stab ver⸗ tical aufgerichtet, und auf das Mittel der Senne ſo viel Gewicht gehängt, bis daß es felbige wieder accu⸗ ö rat vonder Wirkung der Windmuͤhlen. 139 rat auf den Ort anſpannete. Aus welchem Gewichte hernach, durch Reducirung deſſen, auch das Mittel der auge wo der Angriff geſchehen, die eigentliche Kraft, welche die Luft den Fluͤgeln unter einer jeden Inclination eingedruckt, ſelbige um die Axe umzutrei⸗ ben, geſchloſſen worden, wie folget. | Naͤmlich: Wenn die Fluͤgel mit einer Geſchwin⸗ digkeit in einer Secunde 25 Fuß gegen die Luft be⸗ wegt wurden, fo wurde, indem ſich die Flügel um— dreheten, die Feder mittelſt der Rolle auf der Axe an⸗ geſpannt. Unter der Inclination War alſo die mit der Axe. auf Kꝛaft auf dem 19 Mittel der Flügel in Oed. &h. | Iten. oo theil Loth. C r e 11 230 ae Tr RE I en e mochd.: x. 395 . la Bor e 200 en... ee 9. 25. Wenn die Spindel in zwey Minuten 60 Um- wendungen machte, daß die Fluͤgel nur mit der halben Ge⸗ 140 Erfahrungen und Theorie Geſchwindigkeit in einer Secunde durch zwoͤlf und ei⸗ nen halben Fuß gegen die Luft beweget wurden, ſo wur⸗ de die Feder unter der Inclination 40 Grad mit der Are angeſpannt, auf 9 Loth, 22 Quentgen, und war alſo die Kraft der Luft auf dem Mittel der Flügel gleich 96 Hunderttheil Loth. Das iſt gleich den vier- ten Theil ſo ſtark, als bey der doppelten Mahi. digkeit, in einer Secunde 25 Fuß. II. Verſlch. §. 16. Wenn die Fluͤgel mit einer gewiſſen Geſchwin⸗ digkeit gegen die Luft beweget worden, die Wirkung aus⸗ fuͤndig zu machen, welche der Widerſtand der Luft dar⸗ auf ausuͤbet, ein auf der Welle hangendes Gewicht in die Höhe zu heben. Hierzu war eine aparte ſtaͤhlerne Axe gemacht, un⸗ gefähr vier und einen halben Zoll lang, wo die Fluͤ⸗ gel daran geſteckt wurden, und im übrigen, was die Staͤrke und das Lager anlangt, wie die vorigen. Auf diefer ſaß eine hoͤlſerne Rolle, von eben dem Diame⸗ ter, wie die vorige, ungefaͤhr drey und einen halben Zoll lang, ſo, daß von der Schnur, wo das aufzuhe⸗ bende Gewicht daran hieng, 30 Fuß neben einander aufgewickelt werden konnten, und an dem Rande der⸗ ſelben Rolle war ein ordentlich gezahntes Rad von Meßing, in deſſen Zaͤhne ſich die Sperrfeder einlegte, ſo, daß die Fluͤgel auf keine Seite umgehen konnten. Mitten uͤber der Spindel aber war eine kleine meßingene Rolle, ungefaͤhr dreyvierthel Zoll im Dia⸗ meter, die mit ſtahlernen Zapfen ungefaͤhr ein Vierthel einer Linie dicke, in meßingenen Lagern lief; uͤber wel⸗ 7 che von der Wirfung der Windmuͤhlen. 141 che Rolle die Schnur, woran das aufzuhebende Ge⸗ wichte hieng, weg, und durch die Spindel, welche zu dem Ende, wie gleich Anfangs erwaͤhnt worden, inn⸗ wendig hohl war, durchgieng, und von dem Lager angerechnet, wo die Spindel darauf ſtund, dreyßig Fuß tief nieder hieng. Wenn nun der Verſuch für eine e Wendung der Fluͤgel damit gemacht werden ſollte, ſo brachte ich die Hälfte des Gewichtes, auf welches, nach dem vorber- gehenden Verſuche, die Feder unter eben derſelben Wendung angeſpannt worden, an die Schnur auf der Welle der Flügel. An die Spindel aber haͤngte ich nach und nach verſchiedene Gewichte, und ließ ſelbige damit umtreiben; ſahe man nun, daß fie in voͤlligem Laufe, ſo wurde auf ein gegebenes Zeichen die Sperr⸗ feder wie in vorigen Verſuchen, ausgehoben, daß die Fluͤgel frey wurden, durch Umdrehung um ihre Axe das auf der Welle hangende Gewichte aufzuheben, und wenn man meynte, daß es hoch genug aufgeho— ben, wieder nieder gelaſſen, und zugleich jedesmal be⸗ merket, wie oft ſich inzwiſchen die Spindel umdrehte, und wie viel indeß Secunden vorbey giengen, bis daß man durch oͤfteres Verſuchen das Gewicht an der Spindel gefunden, bey welchen die Zahl der Umwen⸗ dungen der Spindel, mit der Anzahl Secunden, in welchen ſie geſchehen, zutraffen, und folglich jede Umwendung der Spindel eine Secunde ausmachte. Da denn der ganze Verſuch folgender. Naͤmlich Wenn die Fluͤgel mit einer Geſchwindigkeit in ei⸗ ner Secunde fuͤnf und zwanzig Fuß gegen die Luft be⸗ wegt wurden, ſo Naher ſelbige unter der | Incli⸗ 142 Erfahrungen und Theorie Incli⸗ Gewicht auf lauf die] und war nation der Welle in Zeit von| Höhe in alſo diecge⸗ der Fluͤgel. i ſchw. der Fluͤgel in 1 | 1 Secunde. Grad. | Lth.] Din. | Secunden.] Fußen.] Fuß. 80 4 1 20 30 70 7 2 14 J 27.5 1.6 ene ies 50 ln 2 125 l 26.5 9.6 eee, 30 ] 16 3 l 70 [ 29 4.1 e 8. +63 3 l eee $. 17. Wenn unter der Inclination 40 Grad, der vierte Theil von dem Gewichte, auf welches zuvor die Fe⸗ der angeſpannt worden, naͤmlich 9 Loth, 34 Quentgen, auf die Rolle an der Axe der Fluͤgel gehaͤngt wurden, ſo wurden ſelbige in 27 Sec. 29 Fuß hoch aufgehoben, und war alſo dabey die Geſchwindigkeit der Fluͤgel um die Axe in einer Secunde 11. 8 Fuß. Wenn aber drey Vierthel deſſelben Gewichtes, auf welches die Feder angeſpannt worden, naͤmlich 29 Loth, 25 Quentgen, daran gehängt wurden, fo wurden ſelbige in 23 Secunden 27 Fuß hoch aufgehoben, und war alſo dabey die Geſchwindigkeit der Fluͤgel um die Axe in einer Secunde 3.7 Fuß. IV. Ver⸗ von der Wirkung der. enten 143 2 IV. Verſuch. F. 18. Wenn die Flügel mit einer gewiſſe Ge⸗ ſchwindigkeit gegen die Luft bewegt wurden „ die Kraft aus fündig zu machen, welche der Widerſtand der Luft in der Direction parallel mit der Are darauf ausuͤbet. Hierzu brachte ich das ganze Lager mit der Welle und den Flügeln an den Stab, H. 1. den ich zuvor bey den einzeln Flaͤchen gebraucht, und ließ alſo die Fluͤgel erſtlich ſtehend, daß ſie ſich um die Are nicht umdrehen konnten; und hernach auch frey, daß ſie ſich um die Axe umdrehten, mit einer gewiſſen Geſchwin⸗ digkeit gegen die Luft bewegen, und damit die Feder wie vorhin mit der einzeln Flaͤche §. 1. anſpannen, da denn der Verſuch folgender, naͤmlich: wenn die Fluͤgel mit einer Geſchwindigkeit in einer Secunde 25 Fuß gegen die Luft bewegt wurden, ſo wurde die Sede angeſpannt unter der Wenn die Fluͤgel!] Wenn die Fluͤgel unbeweglich um] |fih um die Axe 2 die War umdreheten. Incl. auf 3 — ai Loth. Pfunde 5 | | FF EE IJ . e . i 20 Te ER nr. aß 144 Erfahrungen und Theorie ꝛc. Der Stab mit dem Lager und den Ruthen, nach— dem ſie ſo weit als die Fluͤgel ſelbige deckten, abge⸗ ſchnitten worden, ſpannte die Feder gleich auf 30 Loth. Zieht man dieſes, wie in dem H. 7. bey einer je⸗ den Wendung ab, und reduciret den Reſt nach der angezeigten Verhaͤltniß zwiſchen der Laͤnge des Sta⸗ bes, und dem Radio des Rades, wie 400 zu 23, ſo iſt die wirkliche Kraft, welche der Widerſtand der Luft den Fluͤgeln, in der Direction parallel mit der Axe, eingedruckt, unter der Wenn die Flügel| [Wenn die Flügel unbeweglich um) |fih um die Are Incl. die Are. umdreheten. Grad.] rootheil Loth. || ꝛootheil Loth. 90 517 1 = 80 506 Il 793 70. | 5 632 60 | . 460 EX 4374 50 25 IL Ae 379 | 92 30 247 I 58 E 4 1 40 I 32 - Die Fortſetzung folget kuͤnftig. II. me „ t IK * Umſtaͤndlicher Bericht von der den II. Sa. 1751, in der Gegend von Gluͤckſtadt N erfolgten 1 b die Morſchläͤnder vor den Geest ehr den Vorzug verdienen, iſt eine Frage, wel⸗ che von einigen behauptet „von andern be⸗ ſtritten wird. Bey Abwiegung der Grün« de zieht zwar die ungemeine Fruchtbarkeit und der da⸗ her entſtehende Ueberfluß die Waagſchale auf jene Seite: hingegen giebt die dabey vorwaltende Gefahr der Ueberſchwemmung auf dieſer einen ſtarken Aus ſchlag. Teiche, bis zur Haͤuſerhoͤhe aufgefuͤhret, Daͤmme, welche ſelbſt dem ſchweren Geſchuͤtze wider⸗ ſtehen, werden gegen die Macht eines durch einen ſtarken Sturm erregten Gewaͤſſers zu ſchwach befun⸗ den; und die Werke vieler Jahre reißt die Wuth der Wellen i in wenig Stunden dahin. Man halte die Beſchaffenheit unſrer holſteiniſchen Marfchen gegen den Zuſtand, in welchem fie fich vor den Zeiten des Erzbiſchofs Friederich zu Bremen und Hamburg ber funden *. e 1 U De Schauet auf Siehe den Bereit lan cer. Stat. Prov. Helfatiae Cap. IV. p. 36. ſeq 5 9 Band. K 2 2 146 Umſtamndlicher Bericht | auf den gedoppelten Zuftand von Nordfrießland im Jahre 1240 und 1651; wie uns folchen Dankwerths Karten darftellen *; Was für eine erſtaunliche Abs nahme! Reiche Materie zu den ernſthafteſten Be⸗ trachtungen! 7 Es iſt ſchon anderswo bemerket worden *, daß unſere Vorfahren in den aͤlteſten Zeiten nichts von Teichen gewußt, ſondern ſich auf ſo genannten Wor⸗ then gegen die hohen Fluthen zu ſchuͤtzen geſuchet. Wie aber ſelbige ſie gegen ſtarke Ergießungen nicht genugſam gedecket, ſo hat die Klugheit deren Nach⸗ folgern die Anlegung ſolcher Teiche an die Hand gege- ben, deren Hoͤhe und Staͤrke mit dem abzuhaltenden Waſſer in einem gewiſſen Verhaͤltniſſe ſtuͤnden. Ob nun gleich durch dieſe Veranſtaltung, welche wir hauptſaͤchlich den in dieſen Landen wohnhaft geworde⸗ nen Niederlaͤndern zu danken haben, vielfaͤltige Ueber⸗ ſchwemmungen abgewendet worden: ſo hat dennoch die klaͤgliche Erfahrung der alten und neuern Zeiten gar oft gezeiget, daß dieſe Vormauer gegen den Ein⸗ bruch außerordentlich hoher Fluthen zu ſchwach ges weſen, und die ſchoͤnſten Gegenden, wo nicht ganz von dem Meere verſchlungen, dennoch auf geraume Zeit in unbrauchbaren Stand, deren Einwohner aber in die erbaͤrmlichſten Umſtaͤnde geſetzet worden. Es iſt kein Zweifel, daß, wenn man gegen dieſen uns ſtets bedrohenden Feind jederzeit in gnugſamer Bereitſchaft geſtanden, und nicht vielmehr, wenn in verſchiedenen { Jahren In der esw. Holſtein. Landesbeſchreibung p. 89. — be beg 5 St vor 105 Suftande der Marſchlaͤnder, in dem gten Stücke der Anzeigen vom Jahre 1751, p. 131 u. ff. | von einer Wafferfluth. 147 Jahren keine ſtarke Fluthen geweſen, in eine ſorgloſe Sicherheit gerathen waͤre, manche Ueberſchwemmung in den vergangenen Zeiten ſich nicht wuͤrde ereignet haben. Gleichwie aber eines Theils die ſtrafende Ge⸗ rechtigkeit des Hoͤchſten ſich ſelbſt der Unvorſichtigkeit der Menſchen zu ihrer Zuͤchtigung bedienet; ſo befin⸗ det ſich auch auf einer andern Seite, daß bey man⸗ chen Vorfaͤllen aller menſchlicher Verſtand ſtille ſteht, und die kluͤgſten Anſtalten unvermögend find, ein ung von dem Verhaͤngniſſe beſtimmtes Ungluͤck abzuwehren. Zaum gemeinen Nutzen waͤre zu wuͤnſchen, daß man bey dergleichen allgemeinen Unfaͤllen die dabey obgewalteten Mängel und Fehler jeder zeit genau und unpatteyiſch anmerkete; maßen aus ſolchen Bemer⸗ 7 5 den Nachkommen aufs kuͤnftige wichtige Vortheile zu ziehen ſeyn *. Allein da man in den vorigen Zeiten (und es waͤre zu wuͤnſchen, daß es nicht noch itzo geſchaͤhe!) ſich lieber mit allgemeinen, trockenen und theils abentheuerlichen Erzaͤhlungen be⸗ gnuͤget: ſo koͤmmt es daher, daß die Nachrichten von Waſſerfluthen bey klugen Leuten den uͤbrigen Trauer⸗ und Mordgeſchichten beygezaͤhlet, und der Aufſchrei⸗ N | K 2 bung Bey dem itzigen Unfalle iſt unter andern bemerket, daß es ſehr ſchadlich, wenn auf oder nahe am Teiche Baͤu⸗ me geſetzet werden; maßen, wenn ſelbige durch den Wind losgemacht und umgeworfen werden, dadurch große Köcher in die Teiche gebracht, und das Waffer mehrere Macht dieſelben zu ruiniren bekoͤmmt. Ein gleiches findet ſtatt wegen der hin und wieder an den Teichen befindlichen Zaͤune, und in ſelbigen gemachten kleinen Stoͤpenlöͤcher, ſtatt deren die fo genannten Apparelles, oder Auf⸗ und Niedergaͤnge weit ſicherer ſind. 148 Umſtaͤndlicher Bericht bung faſt nicht wuͤrdig geachtet werden. Wann je⸗ dennoch die Anmerkung von dergleichen Landplagen in mancherley Abſicht noch ihren Nutzen haben kann; uͤberdem auch dieſe Blaͤtter Leſer von verſchiedener Gattung finden: ſo wuͤrde es vermuthlich vielen nicht unangenehm geweſen ſeyn, wann, da wir uns an⸗ heiſchig gemacht, von dem Vorfall des uten Sept. eine ausführliche Beſchreibung zu geben, wir eine Nachricht der in den vorigen Zeiten erfolgten Waſſer⸗ fluthen voran geſandt haͤtten. Da aber ſolches bereits von andern der Laͤnge nach geſchehen, und dadurch dieſer gegenwaͤrtige Aufſatz nur allzuſtark angewachſen ſeyn wuͤrde: ſo beziehen wir uns ſolcherhalben, und zwar was die Fluthen vom eilften und folgenden Jahr⸗ hunderten betrifft, auf Heimreichs Nordfreſiſche Chronik im II Buche Cap. 7. III Buche Cap. 10. 13. und 18. Was aber die faſt unerhoͤrte Waſſer⸗ fluth von 1634 angeht, ins beſondere auf Boethium de Cataclyſino Nordftrandico, und eben gedachtes 13 Cap. des dritten Buches von Heimreichs Chronik *, und wegen der Fluth von 1717 und 1718 auf Gregorii Culemanns Denkmaal von den hohen Waſſerfluthen ꝛc. und den davon zu Gluͤck⸗ ſtadt 1718 in 4to gedruckten kloͤglichen Bericht ſammt deſſen Continuation **, Der Daſelbſt iſt eine, auf Befehl des damaligen Statthal⸗ ters dieſer Fuͤrſtenthuͤmer, und nachherigen Koͤniges Friedrich des III. eingezogene umſtaͤndliche Beſchrei⸗ bung des durch ſolche Fluth verurſachten Schadens zu finden. Eine ſolche Nachricht wuͤrde auch dießmal nicht unangenehm ſeyn. . Homann hat in der von dieſer Waſſerfluth here gebenen von einer Waſſerfluth. 149 Der traurige Vorfall, den wir wider alles Ver⸗ muthen am uten September 1751 erfahren, reißt die bey vielen noch nicht voͤllig ausgeheilte durch letztge⸗ dachte Waſſerfluthen geſchlagene Wunde wieder auf, und ſcheint von uns ein anderweitiges Denkmaal auf die ſpaͤten Nachkommen zu erfordern; wir koͤnnen fols ches aber nicht beſſer bewerkſtelligen, als wann wir dem Leſer diejenigen Berichte, theils ganz, theils aus« zugsweiſe mittheilen, welche uns ſolcherhalben von glaubwuͤrdigen Perſonen nach der Sachen genauer Erkundigung zugeſandt worden; wobey wir dann mit dem Schickſale der Veſte Gluͤckſtadt den Anfang machen. Die Klagen wegen des verſtrichenen ſchlechten Sommers waren allgemein; man hoͤrete viele, die in ihrem Leben einen ſolchen Sommer in Hinſicht auf die veraͤnderliche Witterung, auf den ſtarken Regen, viele Sturmwinde und Kaͤlte nicht erfahren. Bey uns waren die Marſchwege ſchon mehrentheils un- brauchbar, und man fand Gegenden, allwo im Win— ter bey den ſtaͤrkſten Schneedauungen nicht ſo viel Waſſer, als itzt im Sommer, gefunden ward. Jeder— mann verhoffte einen guten Herbſt. Der Anfang des Septembermonats gab uns auch einige gute Tage und viele Hoffnung, das noch übrige Korn wohl ein- geerndtet zu ſehen. Allein den gten Sept. fing es ſchon wieder an zu regnen, und aus Suͤdweſten zu ſtuͤrmen, welches den loten continuirte, und den riten Sept. aus dem Nordweſten mit ſolcher Heftigkeit, 1 K 3 Auf⸗ gebenen Karte zwar die Gegenden, welche zu der Zeit überſchwemmet worden, bezeichnet; es iſt aber ſolche zu general, und in vielen Stuͤcken unzuverlaͤßig. 150 Umſtaͤndlicher Bericht Auflauf und Ergießungen des Waſſers aus der See und der Elbe ſich aͤußerte, daß dergleichen in der Hi⸗ ſtorie um dieſe Jahreszeit kaum zu finden, und man zu Gluͤckſtadt ſich daraus nicht viel gutes verſprechen konnte. Die ordinaire Fluthzeit dauerte bey uns bis Abends um 8 Uhr; des Nachmittags um 3 Uhr ſahe die Buͤrgerſchaft ſich ſchon genoͤthiget, die ſogenann⸗ ten Stöpenlöcher in der Mauer zuzumachen; doch blieb ſonſten noch ein jeder bey ſeinem Gewerbe. Die Auffchivellung des Waſſers geſchah aber fo geſchwind, daß ungefaͤhr um 5 Uhr das Waſſer ſchon anfing beym Zuchthauſe, als dem niedrigſten Orte, uͤber den Steindamm! zu ſpuͤlen. Bey dem koͤnigl. Seema⸗ gazine, oder dem vormaligen islaͤndiſchen Packhauſe, gieng das Waſſer durch die alte Mauer, und jenſeits zwiſchen dieſem Hauſe, und der neuen Corps de Guarde ward dieſe Mauer auf einige Ruthen lang weggeſpuͤhlet, ſo daß der wachthabende Officier ſich mit ſeinen Leuten, um dem Waſſer zu entgehen, auf den Wall retiriren mußte. Inzwiſchen geſchahen ei⸗ nige Nothſchuͤſſe vom Walle, um das Land der ob⸗ handenen Gefahr halber zu warnen; und die Laͤrm⸗ Trommel ward geruͤhret; da dann alles Gewerbe auf: hoͤrte, und jeder den fuͤrchterlichen Ueberlauf des Waſſers bald hie bald da mit Schrecken und Beſtuͤr⸗ zung anſah; maßen mit Menſchenhuͤlfe wider 5 lut Es iſt dieſer Steindamm nebſt der Hafenmauer ſeit 1717 zwar auf einige Fuß erhoͤhet; allein die Erfah⸗ rung hat itzo ergeben, daß beyde noch einer anderwei⸗ tigen Erhoͤhung, letztere auch wegen der darinn be⸗ findlichen kleinen Loͤcher einer durchgaͤngigen Unter⸗ fuchung, benoͤthiget ſeyn. von einer Waſſerflutb. 151 Fluth und Stuͤrme nichts auszurichten war. Die Garniſon verſammlete ſich zu ihrem gewoͤhnlichen Laͤrmplatze auf dem Walle, wovon viele des Abends zur Ebbezeit auf den Gaſſen bis unter die Arme im Waſſer nach ihren Quartieren gehen mußten. Eines der hieſigen Faͤhrſchiffe riß ſich von ſeinen Ankern und Tauen los, und nahm ein kleines Fahrzeug, ſo ſich in jenes verwickelt hatte, und worinn die Kutſche und Equipage eines Fremden, der ſich nach Stade über: ſetzen laſſen wollen, bereits eingebracht war, mit ſich; doch befeſtigte ſich dieſes Schiff noch endlich ohne Schaden wieder im Hafen. Der ſogenannte Rethhuͤgel lief bald voll, man ſa⸗ he, daß des Muͤllers Scheune oder Stall auf dem Kehrwieder und neben dem wasmeriſchen Garten zwi⸗ ſchen zween Baͤumen hinunter getrieben ward. Vor des Muͤllers Hauſe am Kehrwieder ſetzte ſich oben auf dem Rethhuͤgel am Steindamme einer von den Mod⸗ derprahmen, die Moddermuͤhle ſelbſt aber trieb vorn im Hafen, wiewohl ohne Schaden der darauf befind⸗ lichen Menſchen und Pferde, herum. Des Herrn Etatsrath Michaelſen Gewaͤchshaus ward bis auf ei⸗ nige Fach herum geriſſen: und des Hrn. Rathsver⸗ wandten Siemen vier Buden von Brandmauern, zwiſchen dem Wohnhauſe des Herrn Generaladjutan⸗ ten Wolters und dem Zuchthauſe herum geworfen, unter deren Schutt eine ſich verfpätende alte Frau be- graben worden; gleich dann auch in der Stadt ein krank gelegener Soldat in der Confuſion vergeſſen, und da er von denen, des Waſſers halben entfluͤchteten, Leuten in der Kammer verſperret geweſen, ſolcherge— ſtalt ertrunken. Das Waſſer ſuchte ſeine Ausflucht K 4 bhieſelbſt 12 Umſtaͤndlicher Bericht hiefelbft durch das neue Thor, und hatte den Damm zwiſchen dem Thore und der Bruͤcke ganz weggeriſſen, auch dieſſeits vor dem Thore ſo wohl, als unter dem⸗ ſelben, eine tiefe Wehle ein- jenfeits aber von der Bruͤ⸗ cke einige Joche weggeſpuͤlet, wodurch dann die Paſ⸗ ſage auf dieſer Seite voͤllig gehemmet iſt. Ueberhaupt aber ward der Steindamm auf dem Rethhuͤgel ſammt den Vorſetzungen ſo zugerichtet befunden, daß derſelbe einer zweyten dergleichen Fluth nothwendig haͤtte wei⸗ chen, und der ganze Rethhuͤgel weggehen muͤſſen. Der Durchbruch auf dem Schloßplatze bey der neuen Corps de Guarde brachte das Waſſer von hin⸗ ten zu in die Stadt; das ſo genannte Baßin war uͤber und durchgelaufen; die dahinter geſetzte hoͤlzerne Vor⸗ ſetzung vornehmlich an dem Teiche, und der ſteinerne auf ein hoͤlzernes Fundament gebauete Batardeau, oder Bahr, ganz und gar weggeſpuͤlet. Dieſes verurfach- te, daß das Waſſer nicht allein in dem Wallgraben, und ſo ferner ins Land, ſondern auch durch das Waſ— ſerthor oder die ſo genannte Sortie, und das Teich⸗ thor mit einer großen Gewalt frey in die Stadt hinein laufen konnte. Das Fuͤrchterlichſte ſchien zu ſeyn, daß da, wo die Fr. Doct. Adami ꝛc. am Teiche wohnet, das Waſſer auf einige Ruthen eine Stunde lang unaufhoͤrlich über die Mauer, fo doch der Sage nach mit den Marſchteichen gleich hoch ſeyn ſoll, zu der Stadt hinein lief; als woraus man leicht die Rechnung machen konnte, daß es vornehmlich um die Wilſtermarſch ſehr ſchlecht ausſehen mußte. Das große Fleth fuͤhrte zwar vieles Waſſer aus der Stadt wieder ins Sand hinaus; allein es lief dennoch die Stadt ſo voll, daß nicht nur alle Gaſſen, der Markt und die Keller angefuͤllet wurden, ſondern es ſtund auch von einer Waſſerfluth. 15; auch das Waſſer in den untern Haͤuſern der Koͤnigs⸗ ſtraße drey Ellen 0 in den Haͤuſern. Oben am Teiche und der Teichſtraße war noch zu gehen, allein ſonſt hoͤrte die Communication mit einander auf. Wo⸗ bey dann die am Rethhuͤgel, jenſeits des Hafens wohnende, beſonders uͤbel dran, und von aller Men⸗ ſchenhuͤlfe bis auf den andern Tag entbloͤßet; theils derſelben auch, deren Kuͤchen unten im Hauſe, nicht im Stande waren, ſich des Feuerheerdes nicht allein den Abend, ſondern auch verſchiedene Tage hernach zu bedienen. Es brach bey dieſen Umſtaͤnden die Nacht herein, und der Sturm legte ſich wenig oder nichts; man bemerkte hierbey als etwas beſonders, daß, ehe des Abends noch der Mond aufgegangen, es ziem⸗ lich helle, und nicht ſo dunkel wie Abends vor und nachher ward. Ungefaͤhr um halb 8 Uhr fing das Waſſer an zu fallen, da ſich denn ein jeder ſtille hielt, und das fernere Schickſal abwarten mußte. Um 2 Uhr des Nachts auf den 12ten fing die Fluth wieder an, welche deſto hoͤher zu beſorgen, als der Ebbe ungeachtet das Waſſer außerordentlich wenig gefallen war. Ungefähr gegen 5 Uhr geſchahen wie⸗ der drey Canonenſchuͤſſe, und die Laͤrmtrommel ward geruͤhret; allein das Waſſer wuchs bey weiten nicht wieder ſo hoch, ſondern blieb wenigſtens 3 Fuß nie⸗ driger, daher es nicht ſo hoch wieder in die Stadt hinein kam. In der Stadtkirche ward zwar der K 5 Gottes⸗ Man pflegt zwar bey ſolchen Umſtaͤnden für die zweyte Fluth ſehr beſorgt zu ſeyn; oder auch, falls dieſe letz⸗ tere der erſten nicht gleich koͤmmt, ſolches einem an⸗ derswo erfolgten Durchbruche zuzuſchreiben. 956 be⸗ aupten 154 Ulmſtaͤndlicher Bericht Gottesdienſt gehalten, jedoch mußte man vom Markte zu in die Kirche anderthalb Fuß durchs Waſſer gehen; zur Schloßpredigt hingegen ward zwar die Trommel geruͤhret, ſie konnte aber, weil der Schloßpaſtor nicht aus ſeinem Hauſe kommen konnte, nicht gehalten wer⸗ den, und mußte die Communion derjenigen, ſo des Tages vorher gebeichtet hatten, bis zur Mittewoche ausgeſetzet werden. Nunmehro konnte man ſehen, daß das ganze umliegende Land voller Waſſer, und das Vieh ſich ſo viel moͤglich auf die Hoͤhen und die Contreſcarpe geborgen hatte. Das Waſſer war auf dem Walle an die Bruſtwehren hinan gegangen; Schilderhaͤuſer, Gartenbruͤcken, und vieles Hausge⸗ raͤthe aus den umgeriſſenen Haͤuſern fanden ſich durch einander auf dem Walle. In den Gaͤrten auf dem Rethhuͤgel ſah es erbaͤrmlich aus, indem viele Baͤu⸗ me aus der Erde heraus geriſſen, die Fruͤchte meh⸗ rentheils abgeworfen, die Betten ruiniret, die aufges ſtellten Zierrathen zerſtreuet und verderbet, auch ſogar des Canzeliſt Pahls Luſthaus hinter des Hrn. Confe⸗ renzraths Ahlefelds Garten am Walle geworfen wor: den. Beym Sichdichvor bis nach der Muͤhle auf dem Kehrwieder ſahe es mit dem Teiche und Walle ſehr mißlich aus; denn der neue Teich zwiſchen dem Caſtel und gedachtem Sichdichvor mehrentheils ſo weit weg war, daß er keine extraordinaire Fluth mehr abhalten | konnte; haupten aber dagegen andere, welches auch die Erfah⸗ rung beſtaͤtiget, daß, wenn das Waſſer in der Elbe mit dem Waſſer in der See in horizontaler Hoͤhe ein⸗ mal ſtehe, und durch einen contrairen Wind nicht wie⸗ der zuruͤck getrieben worden, es unmoͤglich hoͤher ſtei⸗ gen, aber auch aus gleicher Urſache ein erfolgter Durch⸗ bruch darinn keine Aenderung bewirken Fönne. von einer Waſſerfluth. 155 konnte; der alte Zwiſchenteich aber zum Behuf der neuen Arbeit auf 4 Fuß niedriger gemacht, und von den allda gelegenen Steinkiſten, Palliſaden und hoͤl⸗ zernen Vorſetzung bereits ziemlich eutbloͤßet; uͤberdem auch der Wall ſelbſt vieler Orten ſchon ſehr ſteil und duͤnne weggeſpuͤlet war; ſo daß ohne die bereits zur Hand genommene hauptſaͤchliche Verbeſſ ſerung, und von neuem gemachte Vorſetzung, im bevorſtehenden Winter, bey hohen Fluthen und etwanigem Eisgange, der Rethhuͤgel große Gefahr gelaufen hätte. Der Schade an der Nordſeite und bey dem Baͤhre iſt um fo viel betraͤchtlicher, als der aͤußere theils zur Defenfion gegen einen feindlichen Angriff, theils gegen das Waſſer angelegte koſtbare Teich faſt durchgaͤngig eine Kammſtuͤrzung erlitten, und davon mancher Or⸗ ten kaum ein Merkmaal vorhanden, auch die Mauer am Schloßplatze bis ans Baßin ſo weit weggeriſſen, daß auch eine Canone von der dortigen Batterie her⸗ unter gefallen war. In dem großen Fleeth ſind die untern Bruͤcken ſehr beſchaͤbiget, und auf dem Walle hin und wieder verſchiedene Baͤume umgewehet. Nachdem das Waſſer vom Schloßplatze durch die Sortie bey der Buchdruckerey herunter geſtuͤrzet, und die Vorſetzung weggeriſſen; kam daſſelbe auch durch das Teichthor gefloſſen, welche Zuſammenſtoßung der beyden Ströme denn vermuthlich den hieſelbſt ſich, durch Wegreißung des Steindammes ergebenen, bey 8 Fuß tiefen Bruch veranlaſſet, wobey denn, wenn der Waſſerſturz länger gedauret, fo wohl gedachte Buchdruckerey, als ſelbſt das gegen über liegende fö- nigliche Zeughaus in Gefahr gerathen ſeyn wuͤrde; Beſorgniß jedoch durch Zuteichung dieſes Bruches 156 Umſtaͤndlicher Bericht Bruches aufs ſchleunigſte abgeholfen wurde. In der Mauer des itzigen Seemagazins war ein großes Loch, das Provianthaus aber unten voller Waſſer gelaufen, welches anfangs aus den unterſten Luͤcken wieder her⸗ aus drang, nachher aber wie ein Pfeifenſtiel dick an vielen Orten etliche Fuß weit durch die dicken Mau⸗ ern ſpruͤtzte. Das Laub auf den Bäumen iſt an der Seite, wo der Wind hergekommen, ganz ſchwarz und verdorret, wovon man die Urſache in den durch den ſtarken Sturm mit ſich in die Luft gefuͤhrten ſal⸗ zigen Waſſertheilchen ſuchen will. In der Kirche hatte das Waſſer ungefähr 12 Schritte hinein geſtan⸗ den, jedoch nicht ſo hoch, wie das Zeichen der Fluth von 1717 daſelbſt ausweiſet; da doch dieſe Fluch 2 und mehr Fuß höher, denn jene geweſen *; welcher Unterſchied vermuthlich daher ruͤhret, daß das Fleeth itzo ſo ſtark das Waſſer ins Land abgefuͤhret, und im Jahr 1717 die Stöpenföcher nicht fo gut verwahret ge⸗ weſen ſeyn follen **, ſo daß das Waſſer daher auf ein⸗ mal herein geſtuͤrzet uud hoͤher aufgelaufen. Anitzo find die Leute in der Stadt beſchaͤfftiget, die naß ges wordenen Sachen auf den Gaſſen wieder zu trocknen, auch ihre Haͤuſer und Keller wieder zu reinigen; denn der *Die Herren Ingenieurs behaupten, daß der Stand des Waſſers, nach der niedrigſten Ebbe zu rechnen, 26 Fuß hoch, und 14 Fuß über die ordinaire Fluth geweſen; da nun nach den Nachrichten von 1717 das Waſſer damals 10 Fuß uͤber die ordinaire Fluth ge⸗ ſtanden: fo würde es dieſes mal 4 Fuß höher, als zu der Zeit geweſen ſeyn. | * Daher auch dazumal bey des Herrn Juſtizrath Wol⸗ ters Hauſe eine große Wehle eingeriſſen. von einer Waſſerflurh. 157 der Schl ck, welchen das Waſſer mit ſich geführer, Zoll dick in den Haͤuſern liegt, einen ziemlich ſtarken Geruch giebt, auch die Haͤuſer wegen der ſalzigen Ei⸗ genſchaft nicht wenig verderbet. In theils Haͤuſern ſind die Fußböden aufgehoben, und in die Hoe ge⸗ trieben, und die Waͤnde ausgeriſſen worden “; uͤber⸗ haupt aber iſt in denſelben und in Packraͤumen an Mobilien, Waaren und andern Sachen den Eigen⸗ thuͤmern ein anſehnlicher Schade verurſachet. Die Einwohner in den Kellern, worein das Waſſer ge⸗ kommen, find nach oben hin in die Haͤuſer gefluͤchtet, und 5 115 00 K weil die Keller r ſo bald wie⸗ ner, eine 2 At werden. Da der Shi: damm von hier bis Crempe beym fo genannten Bun⸗ tenhof ꝛc. verſchiedentlich durchgebrochen, und un⸗ paſſable geworden; ſo verhinderte ſolches, daß die fah⸗ rende Poſt am Sonntage nicht nach Hamburg kom⸗ men konnte „ fondern die Briefe mit einem reitenden Bothen abgeſandt werden mußten. Des Nachmit⸗ tags um 2 Uhr fieng die kleine Rhienſchleuße an zu ziehen, vor der großen aber hatten ſich die Ebbthuͤ⸗ b ren zugezogen, und wurden des Nachmittags mit vie⸗ ler Mühe heraus genommen. Des Abends bemerk⸗ te n an, daß die eine Fluththuͤre an gedachter Schleuße ö nicht 2 8 Da noch in dieſen Tagen in einem gewiſſen Hauſe die Kellerbalken eingebrochen, und das Wa affer in die Stube eingedrungen ſeyn ſoll: ſo iſt zu beſorgen, daß ſonſt noch manches Haus in einen um ſo vielmehr gefaͤhr⸗ lichen Stand geſetzet worden, als der Schade noch perborgen iſt. 18 Unmſtaͤndlicher Bericht nicht zugehen wollte, ſondern das Waſſer durchließ, welches jedoch, da das Waſſer nicht hoͤher ſtieg, als es ſchon im Lande war, wenig Schaden that. Der Sturm legte ſich ziemlich, und die Nacht uͤber war alles ſtille. | | Des folgenden Morgens, als den 13, fiengen beyde Schleußen ungemein an zu ziehen; des Abends lief der Wind wieder in Nordweſten, und ward ziem⸗ lich ſtark, daß wir etliche große Hagelſchauer beka⸗ men; jedoch zogen die Schleußen annoch, da ſchon faſt die halbe Fluthzeit war. e Am 14 Sept. des Morgens um 4 Uhr ward es wieder Fluth, und man konnte ſehen, daß das Was⸗ ſer im Lande etwas gefallen war; nach einiger Be⸗ richt ſollte zwar das Waſſer mit dieſer Fluth wieder durch das Baßin und den eingeſtuͤrzten Baͤhr ins Land bey 2 Stunden lang gelaufen ſeyn, allein da die Fluth nicht hoch ward, ſo war es auch im Lande nicht merklich zu ſehen. Sehr vieles Korn an Weizen, Haber, Bohnen ꝛc. ſoll von dem Lande an die Höhen weggetrieben ſeyn, wornach die Leute mit Schiffen oder Booten ausfahren, um fo viel möglich davon zu bergen; desgleichen ſah man, daß die Landleute das Vieh, ſo auf den Hoͤhen ſtand, und wegen Mangel des Futters und der Kaͤlte es daſelbſt nicht laͤnger aus⸗ halten konnte, mit Prahmen wegholeten. Der Wind lief weſtlich, bald aber wieder nordweſtlich, und das veraͤnderliche ungeſtuͤme Regenwetter dauerte faſt den ganzen Tag. Ein islaͤndiſches Schiff kam aus der See unbeſchaͤdigt an, und von Heiligland ein Blan⸗ keneſer Ever, der nebſt allerley Fiſchwaaren auch ei⸗ nige Leute aus einem in der See verungluͤckten Schiffe rad ene von einer Waſſerflutb. 159 eee e, welche denn von vielem durch dieſen der See verurſachten Schaden und Verluſt | re haben; wie man denn auch an diefem Tage mer mehrere generale Klagen von den benachbarten en zu vernehmen hatte. Den 15 des Morgens konnte man, ob gleich die veränderliche ungeſtuͤme Luft aus Nordweſten fort dauerte, dennoch den Fall des Waſſers im Lande noch merklicher wahrnehmen. Die Verbeſſerungsarbeit ward an dieſem Tage eifrigſt fortgeſetzet, und da je⸗ des Haus, Schaufeln, Spaden und Säcke zu lie⸗ fern, angeſaget worden, wurden letztere mit Erde ge⸗ füllet, und hinter dem Baßin, um feſten Grund zu bekommen, und darauf leichen zu koͤnnen, eingeſen⸗ ket, welches denn auch, wie wohl erſt auf ſpaͤtem Abend, ziemlich reußirte. Dieſer Grund mußte der geſchickteſte ſcheinen, um die Bracke wieder zu ſtopfen; denn ob wohl die Schleuße vor dem Baßin keine Thuͤ⸗ ren wider die Fluth hat, und deren Ebbthuͤren auch nicht zugehen konnten, vermuthlich, weil das Baßin zu ſehr zugeſchlicket, oder an den Balken bey den Thuͤren etwas entzwey ſeyn mußte *: ſo war doch das Baßin und deſſen Holzbeftiedigung eine große Huͤlfe bey einem aufzufuͤhrenden neuen Teiche, die Bruͤche hieſelbſt nur ſchmal, nicht tief, und alſo noch ein feſter Grund zu kriegen. Am Mittage kam * An der Schleuße r vor dem Baßin iſt kein ſonderlicher Schade geſchehen, mithin dieſe koſtbare Arbeit in ſo weit conſerviret worden; wie wohl die zu deren Be⸗ deckung mit angelegte n an der Elbe gänzlich in Grunde gerichtet iſt. 160 Urmſtändlicher Bericht die daͤniſche Poſt, und weil ſich zugetragen, daß der Poſtbothe Abends vorher mit den gluͤckſtaͤdtiſchen Brie⸗ fen nach Copenhagen ſich dergeſtalt verſpaͤtet, daß die Poſt vor ſeiner Ankunft in Itzehoe ſchon abgegangen, und ſolches der Regierung gemeldet ward; fo veran- ſtaltete dieſelbe, damit man ſo wohl im ganzen Lan⸗ de, als in Copenhagen, wegen des Zuſtandes allhier nicht bis auf den folgenden Poſttag in Sorgen bliebe, daß fo fort eine Staffette nachgeſchicket wurde. Des Abends ward es ſtille klare Luft, und die Wetterglaͤſer ſtiegen bis auf gut Wetter. eee e Dieſe Luft continuirte den 16 des Morgens, das Waſſer im Lande fiel zuſehens, und die Rhien⸗Schleuſ⸗ ſen zogen ungemein, da es ziemlich hohle Ebbe ward. Hierauf war der Wind ſuͤdweſtlich, lief aber gegen Mittag in Suͤdoſten; der eine Durchlauf hinter dem Baßin ward gluͤcklich geſtopfet, und daſelbſt ein ziem⸗ licher Damm zu Stande gebracht; des Nachmit⸗ tags aber der andere Durchbruch daſelbſt mit Saͤcken und Erde auch gehemmet, und gegen 7 Uhr Abends ein gleichmaͤßiger Damm allda aufgefuͤhret, ſo daß die Fluth nunmehr nicht weiter ins Land eindringen konnte. Den 17 des Morgens war die Luft zwar truͤbe, doch ſtille, und der Wind ſuͤdoſtlich; lief aber um Mittag wieder in Suͤdweſten, und des Nachmittags in Weſten. Mit Verſtaͤrkung der eben gedachten Vordaͤmmung beym Baßin ward unermuͤdet fortge⸗ fahren, auch mit Stuͤrzkarren der Verſuch gemacht, von dem aͤußern Elbteiche an bis nach dem neuen Damme, und wieder vom Walle ab bis dahin den Teich anzuhaͤngen. Sonſt fand ſich, daß die Sortie oder von einer Waſſerfluth. 161 oder das Waſſerthor Schaden bekommen, daher denn, und damit weder Menſchen noch Vieh darauf gehen, und durch deſſen beſorglichen Einfall verungluͤcken möchten, oben auf dem Wall ein Rickwerk darum gemacht ward. Am 18 Sept. war der Wind ſuͤdweſtlich und ziemlich ſtille. Weil auch die Garniſon noch einige Mann par Compagnie zur Arbeit geben muͤſſen: ſo wurde die Buͤrgerſchaft commandiret, mit auf die Wache zu ziehen, und bekam ſelbige das Cremper⸗ Thor, nebſt dem Baͤhren bey der Lohgarberey, zur Beſetzung; womit jedoch nur 14 Tage, bis zu einge⸗ langter Verſtaͤrkung von 100 Mann aus der rends— burgiſchen Garniſon, fortgefahren ward. Bey wel⸗ cher Gelegenheit ein alter Buͤrger, da er des Abends auf dein Poſten ſtand, ins Fleht fiel und ertrunk. Da die Schleuſen an dieſen Tagen ungemein ſtark zogen, und es gefährlich war, dieſem Zuge mit Kaͤh⸗ nen zu nahe zu kommen, als wodurch bald ein ganzer Kahn voll Menſchen umgekommen: ſo legen die zu Waſſer auf dem Lande fahrende Boote eine gute Ecke von den Schleuſen ab an den Wall, und ſteigen die Leute daſelbſt aus. Wie es indeſſen nicht gut iſt, daß es alsdenn, wenn das Land voll Waſſer iſt, auf ein⸗ mal zu ſtarke hohle Ebbe wird, weil in dem Fall die. Schleuſen zu hart ziehen muͤſſen, und dabey am er— ſten Schaden nehmen konnten; alſo war bey der großen Schleuſe nach dem Hafen zu, an der Norderſeite, ein ziemlich gefaͤhrliches Loch ſchon eingeſpuͤhlet, welches jedoch heute ſo gleich wiederum mit Brettern und Er⸗ de dicht gemachet ward. Sonſt hielt das Waſſer, ſo vor der Rhienſchleuſe ſteht, die Vorſchleuſen des San 9 Band. L des 162 Umſtaͤndlicher Bericht des in den alten Teichen zu, daß ſie bis dahin kaum zum ziehen, noch alſo die Landleute zum bergen ih⸗ res Korns ꝛc. geſchweige zum pfluͤgen und ſaͤen kom⸗ men koͤnnen; zumal das Korn und Stroh, wenn es ganz ins Waſſer koͤmmt, und einige Tage darinn lie⸗ gen bleibet, ganz muͤrbe werden, und wenn ſie es zu ſich nehmen wollen, entzwey reißen ſoll; auch das Land ſelbſt, wenn das ſalzige Waſſer etwas lange dar⸗ auf geſtanden, nicht gut ſo gleich wiederum zu beſaͤen ſeyn ſoll, ſondern erſtlich gebracket werden muß. Vor dem Loche in der Mauer am Schloßplatze, wodurch der große Modder⸗Prahm vor einigen Jahren herab gelaſſen, wurde heute eine hoͤlzerne Vorſetzung gema⸗ chet, und die Teicharbeit hinter dem Baßin“, nicht weniger die Befeſtigung des Walls beym Kehrwieder auf dem Rethhuͤgel, mit gutem Erfolge fortgeſetzet. Des Abends um 10 Uhr hoͤrte man einige ziemliche ſtarke Donnerſchlaͤge, und fiel dabey ein ſehr großer Regen, der Wind war ſuͤdweſtlich. Den 19 Sept. war der Wind noch eben ſo, und man konnte den fernern Fall des Waſſers im Lande wenig merken, fo vermuthlich von dem häufig zuſtuͤr⸗ zenden Ober- und Regenwaſſer durch die nunmehr ſich geöffneten Vorſchleuſen herruͤhrte. Heute, als am Sonntage, ſchlug die Kirch- und Arbeitstrommel accurat zu einer Zeit, und ward in den Predigten dem Höchften für die Abwendung der dieſer guten Stadt angedroheten augenſcheinlichen Gefahr“ gedanket; N von * Diefer Damm ſoll, dem Vernehmen nach, mit dem Wall und Teiche gleiche Hoͤhe bekommen. | * Die Herren Ingenieurs und Teichverſtaͤndige halten dafür, daß, wenn die Feſtungswerke noch 5 dem f 5 fans von einer Wafferfluth. 163 von dem Nachmittagsprediger aber in der auf die Waſſerfluthen, und den chriſtlichen Pflichten, vor, in und nach denſelben, gerichteten Predigt unter andern angefuͤhret, daß nach der Ausrechnung es eben auch der 19 Sept. geweſen, da Noah aus dem Kaſten ge⸗ gangen, und Gott ein Dankopfer gebracht. Der Preis der Lebensmittel, als Butter, Fleiſch, Mehl, Haber, der Gartenfrüchte ꝛc. ſtieg in dieſen Tagen hieſelbſt ungemein; und da niemand wegen des ſteten Regenwetters ſich annoch mit der noͤthigen Feue⸗ rung verſehen koͤnnen, ſo war dergleichen faſt für kein Geld zu bekommen; und iſt auch noch in einem uͤber⸗ maͤßigen Preiſe. Weil auch das Waſſer in dem Stadtgraben ſo wohl, als in verſchiedenen Regen⸗ bächen, durch das Salzwaſſer verderbet, mithin es an genugſamem ſuͤßen Waſſer ermangeln wollte: ſo ſieht man, wie noͤthig es fen, bey dergleichen Vorfaͤllen für deſſen Aufbewahrung alle nur moͤgliche Sorgfalt zu tragen. Gleich wie denn desfalls im Jahre 1717 große Noth geweſen ſeyn ſoll, und auch itzo hieſige Brauer nach ſuͤßem Waſſer in der ganzen Stadt bey ihren Zapfern und Kunden herum ſchicken; diejenigen aber, ſo dergleichen nicht bekommen oder ſammlen koͤnnen, das Bierbrauen vor der Hand ganz einſtel— len muͤſſen; maßen man e daß das nach Stande, wie ſie v vor 15 Jahren, da die neuen Werke angeleget worden, ſich befunden, die Stadt gar leicht haͤtte untergehen koͤnnen; wie auch, daß derſelben, mit telſt der durchgebrochenen Baͤhren, als wodurch das Waſſer ins Land gefuͤhret worden, eine anſehnliche Erleichterung entſtanden ſey. 164 Uumſtaͤndlicher Bericht nach der Waſſerfluth gebrauete Bier dick, ſalzig und überhaupt von ſchlechtem Geſchmacke iſt, und unmoͤg⸗ lich gut bekommen kann. 5 5 Uebrigens giebt das itzo anhaltende bequeme Wet⸗ ter, die unermuͤdete Vorſorge der Herren Ingenieurs, und die in ziemlicher Anzahl zur Arbeit angeſetzte Mannſchaft die gegründete Vermuthung, daß, nach⸗ dem durch Gottes gnaͤdigen Beyſtand die aͤußerſte Noth bereits gluͤcklich abgekehret, auch durch deſſen Segen dieſe Stadt gegen etwanige fernere Winter- fluthen in voͤllige Sicherheit ſich werde geſetzet ſehen. Das von dem Meere verſchlungene Winetha * leget zwar ein deutliches Beyſpiel dar, daß auch die anſehnlichſten und maͤchtigſten Städte dieſem erſchreck⸗ lichen Verhaͤngniſſe unterworfen ſind; gleichwie aber ſolches den allerſeltenſten Fällen beyzuzaͤhlen, und der Grund dazu in andern Urſachen zu ſuchen ſeyn wird: ſo iſt, uͤberhaupt zu rechnen, die Gefahr einer von den Wellen beſtuͤrmten Stadt, bey einem Einbruche mit der Noth einer uͤberſchwemmten Landſchaft, in keine Vergleichung zu ſetzen. | Die Städte haben mehrentheils eine erhoͤhete La⸗ ge, feftere an einander ſtehende Haͤuſer, . b 10 Stock⸗ * Das Schickſal dieſer und der andern beyden weltbe⸗ ruͤhmten ruͤgiſchen Stadte. Julin und Arcona, be ſchreibet Chytraeus in Chronico Saxoniae p. 10 et 11. Von dem klaͤglichen Untergange ganzer Kirchſpiele, ſo durch die vormaligen Waſſerfluthen in Nordfrießland untergegangen, beſonders aber von der Stadt Wen⸗ dingſtaͤtt, und dem großen Flecken Rungholt, giebt Heimreich in, feiner nordfrieſiſchen Chronik Lib. II. Cap. 8. Nachricht. b a | von einer Waſſerfluth. 165 Stockwerke; daher auch deren Einwohner in ſelbigen mehrern Schutz, Huͤlfe und Rettung finden. Die Marſchlaͤnder haben ihrer Natur nach eine niedrige Lage *, und die Marſchoͤconomie verſtattet nicht, daß die Häufer i in denſelben auf ſtaͤdtiſchen Fuß eingerich⸗ tet, oder wie auf- der Geeſt nahe bey einander liegen; ; mithin iſt bey einem ploͤtzlichen Durchbruche der zur Bedeckung angelegten Teiche das Ungluͤck fuͤr die in einem Teichbande wohnende allgemein, und die Ret⸗ tung hoͤchſtbeſchwerlich. Die Einſtuͤrzung der Haͤu— ſer, Wegſchwemmung des Getraides, Ertraͤnkung der Menſchen und des Viehes, und ein unbeſchreibli⸗ ches Elend der uͤbrigen Nothleidenden ſind demnach die erſten und natürlichen Wirkungen einer ſolchen traurigen Begebenheit. Noch weit wichtiger aber ſind die nachher ſich ergebenden, auf das ganze Land ſich erſtreckenden Folgen. Da die durchbrochenen Teiche nicht ſo ſchleunig, als die Noth erfordert, wie— der in Stand zu ſetzen, ſo dringet das Salzwaſſer mit jeder Fluth in das Land ein, verdirbt durch ſeine Schaͤrfe und die mitgefuͤhrten Sand⸗ und Mohr⸗ ſtuͤcke Aecker und Weiden; dieſes verhindert den enten ‚ fein Feld zu bearbeiten oder recht zu | 2:4 nußen, 1 Die Marſch nimmt an Guͤte ab, nachdem die Ge⸗ gend hoͤher wird, ſo daß, wenn nach der Elbe zu ein Morgen 12 Athlr. Spec. giebt, davon nach der Geeſt zu nur 6, ja 4 Rthlr. entrichtet wird. * Was dieſes der Marſch fuͤr großen Nachtheil zu wege bringe, davon zeuget die Erfahrung, und findet man davon in Heimreichs nordfrieſiſcher Chronik und in Culemanns 0 der fe mehrere Nachricht. A 166 Unmſtaͤndlicher Bericht nutzen, dem Viehe fehlet die noͤthige Graſung und Futter; und da ſolchergeſtalt die ganze Landwirthſchaft darnieder liegt „ ſo ſteigen daher die unen behrlichſten Lebensmittel, zur großen Beſchwerde des gemein Weſens, merklich im Preiſe. Der uͤber die Staaten unſers Won ſtets wachenden beſondern Vorſehung des Hoͤchſten iſt es allein beyzumeſſen, wenn die der Jahreszeit und Höhe nach unerhoͤrte Waſſerfluth des un Sept. in hieſigen Gegenden nicht ein allgemeines Verderben nach ſich gezogen; indeſſen verdienen dennoch diejenigen Marſch⸗ laͤnder, ſo damit heimgeſuchet, beſonders aber die Wilſter⸗Marſch als welche dieſelbe mit allen ih⸗ ren traurigen Folgen nach aller Schwere empfindet, ein herzliches Mitleiden, und von Seiten der damit verſchont gebliebenen Benachbarten alle moͤgliche Huͤlfe. Das bey Beſchreibung des der Stadt Gluͤckſtadt betroffenen Waſſerſchadens“ ſchon vorläufig bemerkte Elend Folgende Umſtaͤnde dienen annoch zur Ergänzung des von dieſer Feſtung in dem vorigen Bogen gegebenen Berichts. Vor der Sortie zwiſchen dem hoͤlzernen und ſteiner⸗ nen Battardeaux iſt der Durchbruch 15 Fuß tief und 2 Ruthen breit, imgleichen da, wo beyde Battardeaux an den Teich oder den Chemin Couvert geſchloſſen, eben dieſelbe Tiefe und 4 bis 5 Ruthen breit geweſen. Es iſt jedoch dieſes alles wieder gefüller, und allem Anſehen nach das Grundwerk der Sortie in Sicher⸗ heit geſetzet. Der Damm oder die Stauung, ſo das Waſſer im Feſtungsgraben, damit es nicht in den Rhien ſchieße, aufhält, war durch die heftige Stürzung des Waſſers ein⸗ von einer Waſſerfluth. 167 Elend der umliegenden Marſchen, ward erſt nach wieder geöffneter Communication, der Erzählung der einkommenden Landleute, und den nachher eingezoge⸗ 6 L 4 nen eingebrochen, daß alſo bey Ebbezeit, wenn die Lan⸗ desſchleuſe offen war, das Waſſer mit einer Heftig⸗ keit aus dem Graben ſtuͤrzte; hingegen, wenn bey der Fluth die Schleuſen wieder zu, das Binnenwaſſer aus dem Lande eben ſo ſtark wieder zuruͤck floß; welcher ſtarke Ab: und Zufluß die Zufuͤllung der beyden Kol⸗ ken vor dem Baßin eben ſo ſchwer machte. Gedach⸗ ter Damm iſt nunmehr wieder im Stande, und auf den wieder zugefüllten Kolken oͤder Braaken ein ſchoͤ⸗ ner ſtarker Teich zur kuͤnftigen Sicherheit der Stadt und des Landes gelegt, der bereits über 14 Fuß uber die ordinaire Hoͤhe gewonnen hat. Die Schleuſenthuͤren vor dem Baßin waren ſehr ſtark mit Erde, Buſch und Kraut zugeſetzet, ſo daß dieſelben lange nicht konnten zugemachet werden: ſonſt aber iſt bey naͤherer Unterſuchung daran nichts zerbro⸗ chen befunden, und koͤnnen, nachdem der Boden gerei⸗ niget, die Thuͤren wieder auf und zu gehen. „Durch den ſtarken Fall des Waſſers uͤber den Reth⸗ huͤgel, welches keine andere Ausweichung als durch das Neue Thor nehmen koͤnnen, ſind die Pforten im gedachten Thore zugedruͤcket, daher es unter die Pfor⸗ ten Luft geſuchet, und eine ſtarke Wehle immediate vor dem Thore von 18 Fuß verurſachet, auch vorne an der Bruͤcke ein ganzes Joch weggeriſſen, und dem zweyten Joche die Pfaͤhle im Grunde geloͤſet; wodurch denn die Zufuhre vom Neuen Thore abgeſchnitten worden, welche jedennoch, nachdem obgedachte Wehle geſtopfet, und die Bruͤcke ad interim paſſable gema⸗ chet, wieder hergeſtellet iſt. Sonſt hat dieſes erſt vor wenig Jahren unter Direction des Herrn Inge⸗ nieurcapitains von Dilleben, von Grund aus 7 er⸗ auete 163 Umſtaͤndlicher Bericht nen zuverlaͤßigen Berichten, nach allen Umſtaͤnden be⸗ kannt. Denn ſo befand ſich, daß der Elbteich der Cremper Warſch, in fo weit dem p. t. Amtmann zu Steinburg die Ober ⸗Teich-Graͤfenſchaft darüber oblieget, überhaupt, beſonders aber am Stoer-OYrt, große Kammſtuͤrzungen und Ausſpuͤhlungen, je⸗ doch keine Durchbruͤche, erlitten ; an dem durch die bauete Thor bey dieſer Gelegenheit eine ſtattliche Pro⸗ be ſeiner Standhaftigkeit dargeleget. An der Norderſeite iſt der neue Teich, von dem neu⸗ aufgeführten Erddamm bis nach dem Sichdichvor, zwar ſehr ruiniret, jedoch ſolches nicht weiter als eine Kammſtuͤrzung anzuſehen; indem an den niedrigſten Orten derſelbe noch 7 Fuß Hoͤhe uͤber der ordinairen Fluth abhalten koͤnnen. Der neue Erddamm hat gar wenig gelitten, und von der Doßirung iſt nur etwas Erde herunter geriſſen; uͤber den Erddamm ſelbſt aber das Waſſer nicht getreten; zu deſſen Merkmaale man die vor der hohen Fluth auf der Kappen gelegte Boh⸗ len des andern Tages unverruͤcket darauf gefunden. Nunmehr iſt ſo wohl gedachtem neuen Teiche als dem Erddamme bereits die noͤthige Hoͤhe und Stärke wie⸗ der gegeben; auch wird an der Suͤderſeite bey ſo be⸗ quemer Witterung mit Reparirung des Elbteichs hin⸗ ter dem Baßin eifrigſt fortgefahren, um denſelben noch zu einer ziemlichen Hoͤhe zu bringen. 8 * Eine Kammſtuͤrzung wird genennet, wenn der Teich oben ganz weggeſpuͤhlet, auch alsdenn noch, wenn der⸗ ſelbe nur noch 4 Fuß hoch uͤber Mayfeld ſtehen geblie⸗ ben. Dahingegen iſt ein Bruch, Einbruch oder Braake eigentlich, wenn der Teich ganz und gar bis auf Mayfeld durchgebrochen, fo wie ein Grundbruch oder Grundbraake iſt, wenn der Teich unter Mayfeld von Grund aus weggeriſſen, und durch das uͤberfal⸗ lende Waſſer eine Tiefe verurſachet wird. Eine Me oder von einer Wafferfluth. 169 die Stadt Crempe fließenden und in die Stoer fal: lenden Crempfluß hingegen in dem Borsflether⸗ Teich 2 Grundbruͤche, jeder von 5 Ruthen * breit⸗ und deren einer 20 Fuß tief, in Crempdorf aber gleichfalls ein ziemlicher Bruch entſtanden: wodurch denn ſo wohl, als durch die Kammſtuͤrzungen des Elbteiches, und denen bey Gluͤckſtadt ſich eraͤuge⸗ ten Ergießungen, die beyden Kirchſpiele Crempdorf und Borsfleth mit ſalzigem Waſſer uͤberſchwem⸗ met; die Stadt Crempe jedoch, ob ſie gleich mit dem Waſſer ganz umgeben, da ſie etwas erhoͤhet liegt, davon verſchonet worden. Die Dorffchaft Elskop waͤre vom Waſſer befreyet geblieben, wenn nicht deren im alten Teiche liegende Schleuſe ſchadhaft geworden, welche fie daher zudaͤmmen muͤſſen; wie⸗ wohl die Eingeſeſſenen dennoch ihres Ortes noch zu pflügen und zu ſaͤen gedenken. Die Grevenkopper haben mit dem fo genannten Toͤverbaumsdamm fo ee 5 wohl, oder Wehle heißet, wenn bey einer Kammſtuͤrzung hinter dem Teiche ein tiefes Loch ausgeriſſen iſt, wo⸗ durch aber gemeiniglich ein Grundbruch entſteht. Endlich wird May⸗Feld oder Gruͤnſchwart dasjenige Außenteichsland genennet, woruͤber die ordinaire Fluth nicht geht, oder nach andern, welches 2 Fuß hoͤher als die ordinaire Fluth liegt. Einen Teich aus der Noth bringen heißet, ihn 1 Elle uͤber das Mayfeld auffuͤhren. S. die Verordnung wegen der Grund⸗ bruͤche und Nothhuͤlfe in der Crempermarſch im Corp. Conſtit. II Bande I. Th. VI. Abth. N. IV. p. 280 feq. Imgleichen die Teichordnung für Suͤder⸗Dithmarſchen im IV. Th. VI. Abth. N. I. p. 915. i a »Eine Ruthe iſt allhier 16 Fuß. % 170 Umſtaͤndlicher Bericht wohl, als mit ihrem Duͤcker *, woran die eine Thür ſchadhaft geworden, viel zu ſchaffen gehabt, jeden⸗ noch keinen großen Schaden genommen; gleich dann auch die Verlathſchleuſe, ob ſie gleich viel Gefahr aus⸗ geſtanden, auch deren Thuͤren in etwas beſchaͤdiget worden, nichts deſtoweniger wohlbehalten geblieben. Die Nachrichten aus der Stadt Itzehoe erge⸗ ben, daß durch den ziemlich ſtarken Wind, welcher am-gten und roten Sept. bald aus Suͤdweſten, bald aus Nordweſten gewehet hatte, das Waſſer in dem Stoerſtrom ſchon dergeſtalt aufgeſchwollen geweſen, daß am Iiten des Vormittags ſelbiges beym Ende der Fluth faſt eben eine ſolche Hoͤhe gehabt, als man ſonſt bey andern harten Stuͤrmen daſelbſt gewohnt geweſen. Als nun an dieſem Tage der Wind aus Nordweſten mit vermehrter Heftigkeit fortgedauert, ſey des Nach⸗ mittags nicht nur die Fluth uͤber 2 Stunden eher, als ſonſt haͤtte geſchehen ſollen, erfolget; ſondern es ſey auch ſchon bey halber Fluthzeit das Waſſer an ſehr vielen Orten über die Teiche gegangen, und das da— hinter gelegene Land unter Waſſer geſetzet, bis es end⸗ lich bey anhaltendem Sturm und ſtaͤrkern Zufluß an verſchiedenen Orten voͤllig durch die Teiche gebrochen. Hierdurch ſind demnach in der Gegend von Itzehoe außer vielen Kammſtuͤrzungen drey ziemlich große | Grund: Ein Düder iſt eine in einem Teich gelegte kleine Schleuſe, welche gleichfalls mit Thuͤren verſehen, um nach Befinden das Waſſer dadurch abzuhalten oder aus zulaſſen. Sonſt wird auch unter einen Siehl und einen Klapſiebl ein Unterſcheid gemacht; maßen jenes ſtets offen, dieſes aber mit einer Klappe, um ſolches den Umſtanden nach zuzuſetzen, verſehen iſt. von einer Waſſerfluth. 171 Grundbruͤche erfolge. Der eine geſchah ohnweit Heiltgenſtaͤdten, in dem, nach eingeriffenem Stoer⸗ teich, hinter demſelben im Lande gelegenen Sand⸗ teich, welcher auf 200 Fuß weggeriſſen ſeyn ſoll; der andere eräugete ſich in dem kloͤſterlichen Teiche, ohnweit der Faͤhrbruͤcke bey Breitenburg, und war 6 Ru⸗ then lang und 6 bis 7 Fuß tief. Der dritte Bruch aber aͤußerte ſich ohnweit dieſer Stadt in dem vor dem Stadtlande ſituirten Teiche, woſelbſt eine Tiefe von 3 Ruthen lang, und mitten im Teiche 5 bis 6 Fuß tief, an beyden Seiten aber 8 bis 10 Fuß tief in den Grund einriß. Die beyden erſteren Grundbruͤche betrafen den Teich zur linken Seite des Stroms, der letztere aber den Teich zur rechten, an welcher Seite auch die mehreſten Kammſtuͤrzungen geſchehen ſind. Von dem Waſſer nun, welches dadurch eindrang, wurden die vor der Stadt gelegne Marfch- und Mohrlaͤndereyen uͤber eine halbe Meile breit uͤberſchwemmet, und ward zugleich an ſelbiger Seite die Paſſage nach dieſer Stadt gehemmet; es wuͤrde auch das Waſſer noch weiter ſich ausgebreitet haben, wann die reſpective bey der heili⸗ genſtaͤdtiſchen Mühle und hinter dem graͤflichen Dorfe Muͤnſterdorf befindliche Kajeteiche ſolches nicht verhindert haͤtten. Inzwiſchen ward durch dieſe Ueberſchwemmung vieles an beyden Seiten des Stroms geſtandenes Getraide an Waizen und Haber verdor— ben; jedoch ſind, ſo viel man erfahren, nicht mehr, als 2 Stuͤck Vieh ertrunken; maßen alles andere Vieh bey Zeiten in Sicherheit gebracht war. Eine Frauens⸗ perſon, naͤmlich der Frau Raͤthinn Wiebeln Maͤgd⸗ chen, hat indeſſen bey der breitenburger Faͤhrbruͤcke durch Umſchlagung des Wagens im Waſſer ihr Leben ver⸗ 172 Unmſtaͤndlicher Bericht verlohren. Weil das ſtuͤrmigte Wetter und die unge⸗ woͤhnlich hohen Fluthen noch verſchiedene Tage nach⸗ her fortdaureten, ſo konnte auch die Reparation der erfolgten Teichbruͤche nicht ſofort vorgenommen wer⸗ den, und blieb daher außerhalb vor der Stadt das uͤberſchwemmte Land noch beynahe 3 Wochen unter Waſſer, und die Paſſage verhindert; wobey man dann in der erſten Zeit, wann das Waſſer beym Ende der Fluth und Anfang der Ebbe durch den Einfluß in die Bruͤche im Lande hoͤher angelaufen war, zu Transpor⸗ tirung der Perfonen und Güter, bis am nordoer Sandberge, der Kaͤhne ſich bedienen mußte, und die Pferde ſodann durchgehen ließ, in der uͤbrigen Zeit aber bey vermindertem Waſſer, auch zuletzt, mit Wagen und Pferden, oder zu Pferde allein, durchkom⸗ men konnte, bis endlich nach geſtopfter Tiefe und da⸗ durch gehemmten Einfluß des Waſſers, dieſes nach⸗ gerade durch die Siehlen wieder abfloß, und das Land gänzlich frey, auch nachdem der Steindamm vollig repariret, die Paſſage wieder hergeſtellet ward. In der Stadt Itzehoe ſelbſt, hingegen iſt durch dieſe Waſſerfluth eben kein beträchtlicher Schade ver⸗ urſachet worden, indem nur daſelbſt in der Neuſtadt, welche niedriger, als die Altſtadt lieget, und mit dem Stoerſtrom umgeben iſt, die an dem Strome ſituirte Hoͤfe und niedrige Gaſſen uͤberſtroͤmet und ruiniret wurden, auch einiges abgewehetes Obſt wegtrieb; wiewohl man auch Muͤhe hatte, die uͤber den Stoer⸗ ſtrom befindliche Bruͤcken fuͤr das antreibende Getrai⸗ de zu erhalten. In heiltgenſtaͤdter Dorfe ift im Stoerteiche ein Bruch von 36 Fuß lang entſtanden, W -10= von einer Waſſerfluth. 173 ſowohl, als durch die in der Nachbarſchaft zu Hodorf gekommene 4 Teichbruͤche, das Waſſer ins heiligen⸗ ſtaͤdter und hodorfer Feld gedrungen, und die noch draußen geſtandene Feldfruͤchte zum Treiben gebracht hat; jedoch iſt das Loch im heiligenſtaͤdter Teiche durch die vorgekehrte baldige Anſtalten, in der Nacht vom ııten bis raten Sept. ſchon wieder in ſofern zu— gemachet wor en, daß die zweyte Fluch nicht mehr hat durchdringen koͤnnen. Das Gut Barenfleth hat Gott Lob! keine Teich⸗ bruͤche gehabt; denn ob zwar hie und da das Waſſer uͤbergeſpuͤhlet und beynahe den Teich durchgeriſſen: fo haben jedoch die Einwohner mit geſammter Hand und muͤhſamer Arbeit, durch Gottes Huͤlfe und Beyſtand, der drohenden Gefahr vorgekehret; wiewohl das Waf- ſer durch die in dem benachbarten borsflether Teiche entſtandene Bruͤche, zugleich ins barenflether Feld mit eingedrungen. | Die broxtöorfifchen adelichen Güter, Beck⸗ muͤnde und Beck hof, find durch die im kloͤſterlichen Suͤdermarſchteiche entſtandenen Bruͤche, und nachdem das Waſſer den beck muͤnder Sandteich bey der ſo⸗ genannten Ohlenburgskuhle, an dreyen Orten weg— geriſſen, und allda zween tiefe Grundbruͤche verurfa- chet, gaͤnzlich uͤberſchwemmet worden, dergeſtalt, daß die Beckmoͤhrer, wie auch die Häufer am Michel- wege, zum Theil bis ans Dach im Waſſer geſtan⸗ den, weshalben die Leute an ihren Gütern großen Schaden genommen, und, um ihr Leben zu bergen, etliche auf den Boden und das Dach ſich retiriren, ſo⸗ dann durch erlangte Huͤlfe mit Kaͤhnen aus den Haͤu⸗ ſern fliehen muͤſſen. Alles 174 Umſtaͤndlicher Bericht Alles noch im beckmuͤnder und beckhoͤfer Fel⸗ de draußen geſtandene Getraide, an Waizen, Haber und Bohnen ꝛc. iſt theils weggetrieben, theils verdor⸗ ben. Das mehreſte Vieh iſt zwar geborgen, jedoch hat dieſer und jener was verlohren, ſo, daß uͤberhaupt sg Stuͤck Vieh im be kmuͤnder Diſtrict im Waſſer crepiret ſind, und man hat nicht anders, als mit Kaͤh⸗ nen an die Geeſt kommen koͤnnen. Recht vor dem Beckmuͤnderhofe hat das Waſſer im Stoerteiche auch bereits eine Oeffnung gehabt, fo aber vermittelſt angewandter muͤhſamer Anſtalten alſobald wieder ge⸗ ſtopfet worden. Es iſt jede noch der Schade, den die Cremper⸗ marſch, und andere oben benannte dieß- und jenſeits der Stoͤr gelegenen Gegenden erlitten, keinesweges mit dem Elend zu vergleichen, worein die Wilſter⸗ marſch durch dieſe Waſſerfluth verſetzet worden. Denn ſo iſt zuvoͤrderſt der die Wilſtermarſch deckende koſtbare, mit großen Feldſteinen belegte, von St. Margrethen bis Wevelsfleth gehende Elb⸗ teich“ dergeſtalt verwuͤſtet, daß an den mehreſten Stellen kaum die Spuren davon uͤbrig geblieben. In⸗ ſonderheit haben die durch die Stoͤße des Sturmwin⸗ des aufgebrachte und tonnenhoch uͤbergeſch agenen Wellen nahe an des koͤniglichen Kirchſpielvogts Bruhn zu Brockdorf Haus, durch ſothanen Teich gebro⸗ chen, viele Baͤume und Haͤuſer weggeriſſen, = es eiche „Pon dem Teichweſen in der Wilſtermarſch, geben, nebſt Herzog Adolphs zu Schleßwig Spadelandsbrief de 1438, die beyden Amtsverfuͤgungen de 1674 und 1690 in dem II Bande des Corp. Conſtit. J Th. VI Abth. N. 1, 2 und 3. ausführliche Nachricht. von einer Waſſerfluto. 175 Teiche eine Oeffnung von 20 Ruthen gemacht, in deſ⸗ ſen Fuß aber dergeſtalt eingeſpuͤhlet, daß eine gefaͤhr⸗ liche Grundbraake bey der hohleſten Ebbe 15 Fuß tief verurſachet worden *; daher denn obgedachtes feſtge⸗ bauetes Haus, damit es nicht in die Braake fallen möchte, weggeriſſen werden muͤſſen. | Ferner iſt in dieſem Elbteiche bey der Soller Wetterung eine Lange von 150 Ruthen dermaßen zerſtoret, daß an 3 Orten 4 bis 5 Ruthen breit auf 6 Fuß tief ausgeriſſen, an andern aber der Teich dem an der Landſeite liegenden Wege gleich gemacht iſt, ſo, daß anfaͤnglich Fluth und Ebbe jedesmal durch ver⸗ ſchiedene Stellen ein⸗ und ausgefloſſen, und eine etwas über die ordinaire gehende Fluth daſelbſten, der ge⸗ machten Vorrammungen ungeachtet, noch nicht abge⸗ halten werden mag. Desgleichen ſind in dem ganzen Stoerteiche von Wevelsfleth, bis an Caſenorth, und ſo weit des Amtmanns Oberteichgraͤfenſchaft in der Wilſtermarſch | gehet, Es ſoll dieſer Bruch vornehmlich durch die auf dem Teiche geſtandene hohe Baͤume veranlaſſet ſeyn; auch von den auf der Elbe frey herumſchwimmenden und durch die Wellen mit Gewalt angetriebenen Balken oder Bauholz dem Teiche und den darauf ſtehenden Hau: ſern Schaden geſchehen ſeyn. Erſteres zeiget, wie gefaͤhr⸗ lich es ſey, die Teiche mit Baͤumen zu beſetzen; letzte⸗ res aber, daß die auf die Megſchaffung des Holzes ſeit Erbauung der Feſtung Gluͤckſtadt vielfaͤltig ergan⸗ gene Befehle ihren guten Grund gehabt, und deren Aufrechthaltung zur Conſervation der Stadt von der größten Wichtigkeit ſey; falls nicht von der neuange⸗ ordneten Hafencommiſſion ein Mittel auszufinden, wo⸗ durch ſowohl die gemeine Sicherheit geſchaffet, als die biefigen Holzhaͤndler koͤnnen beruhiget werden. 6 Umfländlicher Bericht gehet, außer vielen Kammſtuͤr ungen, (deren man uͤber ſechs zig zaͤhlet) und durchgeriſſene Stopenloͤcher, 18 Einbrüche, worunter die großefte 14 Ruthen breit, entſtanden; mithin durch di ſolcher eſtalt geoͤffnete Elb⸗ und Stoerteiche allda fünf Kirchſpiele, als die wilſtriſche neue Seite, (welche den dritten Theil ſolcher Marſch ausmachet, und dicht an die Stadt Wilſter graͤnzet) ſodann Beyenfleth, Wevels⸗ fleth, Brockdorf und St. Margrethen auf 6, 8 bis 10 Fuß hoch mit dem ſalzigen Waſſer leider! heimgeſuchet, die Unterthanen auch noch bis hiezu nicht davon befreyet, vielmehr zwiſchen der Stadt Wilſter und den gedachten Kirchfpi-len, nicht weniger zwiſchen dieſen unter ſich mit Kaͤhnen und Booten zur Teichar⸗ beit und ſonſt reiſen muͤſſen. | 3 Das kleine Kirchſpiel der wilſtriſchen alten Seite iſt zwar wegen des uͤbergelaufenen Borlboms⸗ teichs, und darinn verurſachte kleine Brüche gleich⸗ falls in der groͤßten Gefahr der Ueberſchwemmung ges weſen; jedennoch theils durch deren ſchleunigſte Aus- beſſerung, theils durch die habenden vielen Binnen⸗ landesanteiche von der wilden Fluth nicht uͤberſchwem— met; doch aber damit rundum befloffen geweſen. Wel⸗ che Bewandniß es denn auch mit der Stadt Wilſter ſelbſt gehabt hat. | Solchemnach iſt alles Sand von St. Margrethen bis Wevelsfleth (ausgenommen die ſogenannte alte Seite, oder was diſſeits der Aue lieget, die gleich⸗ wohl auch von dem Durchbruche des Stoerteiches bey Caſenorth über den Biſchoferteich, von dem haͤufi⸗ gen Regen und wenigen Abgang durch die Schleuſen, ziemlich hoch angelaufen, und viel Getraide verlohren) völlig unter Waſſer geſetzet, theils Haͤuſer durch die Fluth von einer Waſſerfluth. 177 Fluth weggeriſſen, andre aber ungemein beſchaͤdiget, aller noch geſtandene Waizen, Haber, Bohnen und Erbſen uͤberſchwemmet, und was gemaͤhet in Diemen bey den Höfen geſetzet war, fortgetrieben oder un— brauchbar gemacht worden. Die Weiden, die wenig⸗ ſtens noch 6 Wochen brauchbar waren, find verdorben, das Winterkorn kann nicht in die Erde kommen, und man weis aus ſchmerzlicher Erfahrung voriger Wafz ferfluthen, daß etliche Jahre hindurch den Feldern von dem ſcharfen Seewaſſer uner ſetzlicher Schaden zu⸗ gefuͤget worden . Sehr wenige hohe Wuhrten find frey, alle übrige Hausmannshaͤuſer und Kathen ſte⸗ hen etliche bis an die Fenſter, etliche bis ans Dach unter Waſſer, ſo, daß viele ihre Nothfahnen, um gerettet zu werden, ausſtecken muͤſſen; der anhaltende Wind treibt die Waſſerwogen gegen die leimene Waͤn⸗ de, daß bereits viele davon ausgeſpuͤhlet worden. Man⸗ che verlieren das Waſſer bey Ebbezeiten aus ihren Stu⸗ ben, und kommen ſo lange mit ihren Kindern vom Boden herunter, ſich bey einem erhitzten Ofen wieder zu erwaͤrmen, wobey ſie aber einen ſchaͤdlichen Dampf einathmen muͤſſen. Die meiſten ſind gezwungen auf den Boͤden zu bleiben, und in Gefahr zu ſchweben, welchem Element ſie endlich zu Theile werden, indem das in die Heuberge eindringende Seewaſſer das Heu erhitzet, und zu verbrennen drohet *; andere bergen ſich mit Kaͤhnen auf hohen Wuhrten, ſo, daß in man⸗ chen Haͤuſern 3 bis 4 Familien ſich behelfen t Das * Siehe Culemanns 2 Denkmaal der 1717 und 118 we: ſenen Wafferfluchen. Siehe von dergleichen Zufall das 28 und 29 ſte Stuͤck der ſchleßwig⸗holſteiniſchen Anzeigen von 12 9 Band. M 178 Umſtaͤndlicher Bericht Das Vieh aber kann gar nicht dauern, und muß mit großen Koſten und Muͤhe auf Fahrzeugen weggebracht werden, weil ſelbiges das Salzwaſſer nicht ſaufen mag; viele Weidochſen muͤſſen aus Mangel des Obdaches und Futters vor der Zeit zu Gelde gemacht, und nach Hamburg gefuͤhret werden, wo der von allen Orten herzueilende Ueberfluß die Eigner noͤthiget, ſie unter Preis zu verkaufen. Das Commercium des Landes mit der Stadt iſt meiſt unterbrochen, es ſteigen da⸗ her alle Victualien im Werthe, und der Landmann kann nun weniger Effecten machen, noch ſie zum Ver⸗ kauf bringen; er kann nicht backen, und muß den noͤ⸗ thigſten Unterhalt theuer bezahlen, und muͤhſam er⸗ halten; ſuͤß Waſſer zum Brauen und Kochen aber faſt gar entbehren. Die meiſten Leute in der Stadt Wil⸗ ſter ſowohl, als auf dem Lande, haben noch kein Torf zu ihrer Feuerung, wegen des naſſen Sommers, erhal⸗ ten koͤnnen, und da die Zeit zur Trockenwerdung faſt verſtrichen, die Wege aber ganz unbrauchbar, duͤrfte ſol⸗ ches die Noth in dieſem Winter noch mehr vermehren. Seitdem iſt die Ausbeſſerung des Grundbruchs zu Brockdorf, und uͤberhaupt des ſo ſehr beſchaͤdigten Elbteiches aus Mangel der Erde, und wegen im⸗ mer hohen Waſſers, auf keine Art vorzunehmen gewe⸗ ſen; vielmehr hat man auf eine mitleidige Art zuſehen muͤſſen, wie täglich von dem zerriſſenen Teiche bis 3. Fuß von der Seite und auch vom Grunde abgeſpuͤhlet wer⸗ * Die Elbteiche ſollen in der Eremper- und Wilſter⸗ marſch faſt durchgaͤngig 17 biß 18 Fuß hoͤher, als die ordinaire Fluth bey ſtillem Wetter ſeyn. Die trau⸗ rige Erfahrung hat ergeben, daß eine Hoͤhe von 14 Fuß zu wenig, auch der Satz unrichtig ſey, daß keine Fluth uber 14 Fuß höher, als die ordinaire, anwachſe. von einer Waſſerfluth. 179 werden. Itzo aber iſt man beſchaͤfftiget, einen auf 300 Ruthen im Umkreis ſich erſtreckenden Kayteich oder ſogenannten Kruͤppeldamm, zu Abhaltung des bey jeder Fluth und Ebbezeit ein⸗ und ausgehenden Stroms zu ſchlagen *, um, wenn ſolcher geſchloſſen, innerhalb den⸗ ſelben einen Keſſelteich zu ziehen; hiernaͤchſt aber zur Stopfung ſothaner Braake ſelbſt ſchreiten zu koͤnnen **. 5 M2 Ueber⸗ * Hierbey ſollen dem Vernehmen nach bey 600 Mann arbeiten; wozu dann die benachbarte Landſchaft Suͤ⸗ der⸗Dithmarſchen 150 Mann unter gewiſſen Bedingun⸗ gen hergegeben, die Crempermarſch aber 60 Mann, mit Vorbehaltung ihrer Gerechtſame, zu ſtellen, ober⸗ lich angewieſen worden. Es iſt hiebey in Quaͤſtion gekommen, in wie weit die in einem Teichbande nicht mit geſeſſene Benachbarte denen, deren Teiche in der Noth find, beyzuſpringen koͤnnen angehalten werden; und ſolches aus verſchiedenen Teichrechten und dem Hakmann de jure aggerum dargethan. Zu beklagen aber iſt, wenn durch allerley unzeitige Weigerungen un veranlaßte Proceſſe, auch wohl durch der Intereſ— enten ſelbſt eigne Uneinigkeit, wenige Einſicht und un⸗ zeitige Sparſamkeit, die zum Teichen ſo koſtbare Zeit verſpillert, der Schade aber vergroͤßert und oft un⸗ heilbar gemacht wird. 5 Es iſt dem itzigen Vernehmen nach obengemeldeter Kruͤppelteich, nachdem er ein paar mal wieder durch⸗ gegangen, endlich zu ſeiner Conſiſtenz gediehen, ſo, daß nunmehr mit Anſchließung des Keſſelteiches der An⸗ * fang gemacht wird. Wäre dieſe Arbeit unter rechte ſchaffener Direction von Anfang her getrieben worden, haͤtte ſolche, nach verſtaͤndiger Leute Meynung, in einer Zeit von mehr denn ſechs Wochen, weit mehr, als ge⸗ ſchehen, avanciret ſeyn, und man bey anhaltender ſo e erwuͤnſchter Witterung noch vor Winters die Braake ſelbſt ſtopfen koͤnnen. Was bey einem rechten Betrieb in einer kurzen Zeit in dergleichen Sachen zu beſchaf⸗ fen ſey, davon kann die ſchleunige Wiederherſtellung, Er \ | ia 180 Umſtaͤndlicher Bericht ꝛc. Ueberhaupt iſt der Schade an den Elb⸗ und Stoer⸗ teichen gegenwaͤrtig gar nicht zu beſtimmen, und eben fo wenig kann der Verluſt des weggetriebenen gemaͤhe⸗ ten, und mit Schlick belegten ungemaͤheten Korns, der verdorbenen Graͤſung im Felde, des vermulſchten eingeerndeten Korns und Heues in den Haͤuſern, Scheunen und Huͤmpeln, des crepirten Viehes, der ruinirten Gebaͤude und Waſſermuͤhlen, der weggeſpuͤhl⸗ ten Kleider, Hausgeraͤthe und fahrenden Haabe und Guͤter, oder ſonſten, bis die Eigenthuͤmer daruͤber vernommen werden koͤnnen, in Anſchlag gebracht wer⸗ den *. Indeſſen find dennoch in dieſem ploͤtzlichen Unfalle nur ein Leineweber mit ſeiner hochſchwangern Frauen und einem Kinde auf dem Arme, alle drey zuſammen gebunden, imgleichen ein Kind in der Wie⸗ ge, und ein nachher an der brockdorfer Braake er⸗ trunkener Knecht, todt gefunden. Wie denn auch bey weitem fo viel Vieh, beſonders an Hornvieh, nicht umgekommen, als bey ſolchen Fluthen gewoͤhnlich, und man anfangs ausgeſprenget; wiewohl die in Wilſter liegende, dem Hrn. Rittmeiſter von Warn⸗ ſtedt allerhoͤchſt betrauete Compagnie von dem olden⸗ burgiſchen geworbenen Cavallerieregimente die größte Gefahr gelaufen, ihre auf der Weide annoch gegange⸗ nen Pferde dabey einzubuͤßen. ja Verbeſſerung des an den hieſigen Feſtungswerken verurſachten Schadens ein deutliches Zeugniß geben. Da die Marſchen, und deren bemittelte Eingeſeſſene eine Zeit her kaum 3 und halb pro Cent Zinſe von den bey ihnen belegten Capitalien geben wollen: ſo hat die⸗ ſer Unfall bey ſelbigen, und beſonders in der Wilſter⸗ marſch, deren Erhöhung zu 4 und mehr pro Cent vor der Hand veranlaßet. z | | Der Beſchluß folgt kuͤnftig. a | III. Kur: \ Be | 2 181 * 4 * A AA A | 1 u A III Kurze Anmerkungen a über 3 Hrn. G. Bedenken ıc. N dem 6ten Stücke der phyſikal. Beluſti⸗ gungen, kam mir den Sten März dieſes Jah⸗ WW res vor Augen ein No. 4. S. 447 ff. einge⸗ ruͤcktes billiges Bedenken über die in dieſem Magazin B. VII. St. 4. S. 357 u. f. umgeworfene zwo Stutzen der Gold⸗ und Silbermacherey. Bey deſſen Durchleſung ſchien es mir dem fleißigen und beſcheidenen Herrn Verfaſ⸗ ſer, welcher unter dem Buchſtaben G. mir ſo dunkel angezeiget wird, daß ich nicht errathen kann, wer er ſey, kein rechter Ernſt zu ſeyn, mit ſeiner Vertheidi⸗ gung der vorgeblichen Adeptorum, oder doch Verede⸗ ler derer Metallen. Ich dachte alſo erſtlich bey mir, es wuͤrde unnoͤthig ſeyn, theils dafuͤr Worte zu ver⸗ lieren, was endlich mir eingeraͤumet wird, theils mich in etwas beylaͤufiges einzulaſſen, das mit eini⸗ gem Scheine der Wahrheit bekleidet wird. Weil er aber doch in andern Stellen von unwiderſprechlichen Beweiſen, S. 454, ganz ernſtlich redet, und eine naͤhere Erklaͤrung zu wuͤnſchen vorgiebt, S. 447: ſo habe ich, ein kleines Gegenbedenken zu ſtellen, für dienlich er⸗ achtet, um dadurch, wo moͤglich, der Wahrheit ei⸗ nigen Dienſt zu thun, oder bey andern zu veranlaſſen. M 3 Der 182 Kurze Anmerkungen Der Hr. G. geſteht auf der 448ſten Seite oben, daß er wegen Verwandelung der unedlen Metalle in edle, gewiß uͤberzeuget ſey, daß unter 20 ja 40 tauſend Leuten, die ſich des Geheimniſſes ruͤhmen, kaum ein einziger ſich befinde, der das auszurichten im Stande ſey, wozu er ſich anheiſchig macht. Sollte der fo billige Herr Verfaſſer bey dieſer Ausſage wohl im Stande bleiben, zu behaupten, daß nur ein einzig Erempel zu finden ſeyn koͤnnte, da es gar zu ſchwer werden ſollte, zu zeigen, daß 20 oder 40000 Leute ſich dieſer Kunſt geruͤhmet hatten? Wenn er meynet, der ſo genannte Feldſcheerer moͤge wohl ein zinkiſches Salz gehabt haben, davon ein wenig das Kupfer in das feinſte Meßing verwandele: ſo kann ich nicht ab⸗ ſehen, wie er auf die Gedanken gerathe, indem er mir zutrauen wird, daß ich Meßing kenne, auch ein Salz von der Materie, die jener gebrauchet, und die er hernach ſelber fuͤr einen Stein ausgiebt. Ich hatte auch davon genug Verſicherung, aus dem ganzen Ver⸗ lauf, darnach ich mich erkundigte, daß keine andere Materie als von dieſer Maſſe, davon das mir vorge⸗ legte Stuͤck abgeſchlagen war, in das geſchmolzene Kupfer hinein geworfen worden. Welches alles an: zuführen, eine unnoͤthige Weitlaͤuftigkeit ware. Es ſcheint ihm zu hart zu ſeyn, wenn man alle Veredlung unedler Metalle durch Kunſt fuͤr unmoͤg⸗ lich halten wolle. Mit wem hat er hierinn zu thun? Mit mir nicht, da ich mich nicht erinnere, wo ich einen fo weit um ſich greifenden Ausſpruch ſollte ges than haben. Ich begehre die Wiederherſtellung der Metalle durch Kunſt, die ihr metalliſches Anſehen durch Scheidungen oder Verſetzungen mit andern Dingen, über Hrn. G. Bedenken c. 183 Dingen, welche ſich wieder von ihnen ſondern laſſen, verlohren haben, nicht in Zweifel zu ziehen, wenn je⸗ mand dieſes auch eine Veredlung nennen wollte. Viel⸗ weniger koͤmmt es mir in den Sinn, die Stahlma⸗ chung aus dem Eiſen fuͤr keine Kunſt zu halten, die das Eiſen gewiſſer maßen edler mache. Wer weis, was man ſonſt mehr zur Veredlung hinziehen moͤchte, die, wie es ſcheint, nur eine etwas hoͤhere Stuffe in einerley Metall andeuten ſoll, nach der auf der 461ſten Seite angenommenen Meynung des Herrn Kunkels. Dabey aber muß ich mich doch wundern, wie es gekommen, wo der Hr. G. ſeinem Geſtaͤndniſſe nach, vollkommen der Meynung des Hrn. Kunkels bey: pflichtet, welcher die gaͤnzliche Verwandlung des Weſens unedler Metalle laͤugnet, daß ſeine Gruͤnde auf nichts anders zu zielen ſcheinen, als auf die Ver⸗ wandlung ihres Weſens z. E. des Queckſilbers in wahres Silber, u. ſ. f. Wenn er alſo dieſe Ver⸗ edlung meynet, die nicht bloß die Stuffe der Guͤte deſſelben Metalles, ſondern eine Uebergehung deſſel⸗ ben in ein anderes Weſen, andeuten ſoll: dann moͤch⸗ ten unſere Gedanken wohl mishellig ſeyn, und nicht anders, als durch uͤberzeugende Gruͤnde, vereiniget werden koͤnnen. 1 Wegen Dippels, welchen der Hr. G. auf der 449 und folgenden Seite vertritt, ſetzet er ganz andere Dinge von ihm voraus, als ich voraus ſetzen kann. Er hoffet, Dippel habe allerley Verſuche angeſtellet, um mehrere Gewißheit zu haben, weil die Sache wichtig, er dazu Gelegenheit gehabt, und genauen Umgang mit Schmolzen gepflogen. Mir fehlet es an ſo guter Hoffnung um folgender Urſachen willen: f M4 weil 184 Kurze Anmerkungen weil es weltkuͤndig iſt, daß Dippel in Dingen von weit groͤßerer Wichtigkeit, dabey man eben ſo viel von ihm ſagen koͤnnte, es ſo genau in ſeinen Meynun⸗ gen nicht genommen; weil weder er, noch andere, ſolches von ihm in dieſer Sache zuverlaͤßig anzeigen; weil ich die Gelegenheit nicht ſehe, die er dazu gehabt haben ſollte, und ſein vertrauter Umgang mit Schmolzen in dieſer Art Verſuchen von ihm ſelber nicht angegeben wird, wie der Hr. G. eingeſteht, daß er nichts davon anfuͤhre. Ich habe auch nicht zu verſtehen gegeben, daß ich gedaͤchte, in die ſchmolziſche Tinctur ſey Gold verſteckt geweſen, und ſolcher Geſtalt etwas Gold in das Silber gebracht worden. Vielmehr rede ich bloß von der veraͤnderten Farbe, und gebe davon den Grund an, weil der Feldſcheerer auch Silber zu einer Goldfarbe gebracht, ob es ſchon gar kein Gold gewe⸗ ſen. Darum kann ich der Materie den Namen einer metalliſchen Tinctur wohl laſſen: eben wie man auch dem Galmey und Arſenik dieſen Namen beylegen koͤnnte, in ſo fern es die Farbe des 5 Kupfers veraͤndert. Nach unten auf der azoften Seite iſt der Hr. G ſo guͤtig, daß er ſelbſt meinen Beweis von der eigent⸗ lichen Schwere in der That bekraͤftiget. Er verwirft ſelbſt die Beymiſchung der 12 Gran Goldes, die er als eine andere Möglichkeit hiebey anfuͤhret, deren ich darum nicht einmal gedenken wollen, weil die ganze Erzaͤhlung ihr zuwider iſt. Er geſteht Dippels Dunkelheit im Ausdrucke, und Fehler in der Rech⸗ nung, und bekraͤftiget dadurch den Grund meiner ſchlechten Ho ffnung von Dippeln ſelbſt in dieſer Sache. Auch iſt er mit mir darinn einig, daß die geringe Ver⸗ mehrung uber Hrn. G. Bedenken ꝛc. 185 5 mehrung der Schwere andere natuͤrliche Urſachen ha⸗ ben konne, und giebt felbft ein vermuthliches Ham⸗ mern an, welchem er aber billig ſo viel nicht zutrauet. Meine Gedanken hieruͤber zu aͤußern, muß ich darum noch verſchieben, weil ich nicht Zeit gehabt, die da= zu dienlichen Verſuche vorzunehmen. Iſt es an dem, wie er ſchreibt, daß bey der geringen Zunahme der Schwere, es ſcheine entweder eine bloße Faͤrbung zu ſeyn, oder ein wirklicher Zuſatz von 12 Granen; und er kann nicht ſtatt finden, fo bleibt das erfte Welg. ; Doch er fälle endlich darauf, S. 451, daß er bald ſagen moͤchte, es ſey eine ſchwache Veredelung geweſen. Soll dieſe Veredelung auf das nur wenig vermehrte Gewicht und die veraͤnderte Farbe ankom⸗ men: ſo heißt es mit andern Worten eben das geſa⸗ get, was ich bewieſen, und wovon ſich der ſcharfſich⸗ tige Beurtheiler dieſes Bandes des Magazins alſo ausdruͤcket: es ſey ein Erweis des Betruges bey Verwandelung verſchiedener ſchlechten Metalle in Gold und Silber, aus dem inneren Gewichte der Erzte. Soll ſie aber eine Verwandelung der Metalle andeuten, ſo kann der Herr G. mit Kunkeln nimmer⸗ mehr einerley Meynung hegen, oder dieſe zugleich laͤugnen, und ſie hier doch als eine moͤgliche Sache an⸗ nehmen. Denn nach ſeinen Gedanken wuͤrden ſieben Grane Silber in Gold verwandelt ſeyn, wenn das Gewicht um zwölf Grane zugenemmen. Er merket ſelbſt die Schwaͤche ſeiner Vermu⸗ thung und des allen, was er bisher von der ſchmolzi⸗ ſchen Tinctur wider mich vorgebracht, und erbiethet ſſch zuzugeben „daß die ganze Sache auf bloßem Vor⸗ M 5 geben 186 Kurze Anmerkungen geben beruhe, wenn er nicht beſſere Beweiſe anzu⸗ fuͤhren haͤtte. Mehr kann ich nicht verlangen. Ob ſeine Beweiſe beſſer ſind, werden wir bald ſehen, wenn wir an dieſelben hinkommen werden. Denn vorher wendet er ſich noch zu der Meynung des Doct. Glaͤſers, und der vorgegebenen Kupferverwandlung. Die Unzulaͤnglichkeit der Nachricht beklaget er, haͤlt aber meine Vermuthung von der Amalgamation der Vergoͤlder für eine allzusarte Beſchuldigung, zu welcher er in der Nachricht keinen Grund finde. S. 452. Ich weis nicht, worinn das Harte beſtehen ſoll, wenn ich nicht, ohne Ueberzeugung davon zu haben, voraus ſetzen ſoll, Silber laſſe ſich in Gold verwan⸗ deln, welches er ſelber zu laͤugnen das Anſehen haben will. Ich habe nach der Gellindigkeit geurtheilet, wenn ich nicht ſage, es ſey ein falſches Vorgeben, ſondern laſſe ihm ſo viel Wahrheit, als ich begreifen kann. Ich ſchließe auch nicht von der bloßen Moͤg⸗ lichkeit, ſondern von dem, was gewiß geſchieht, auf ein anderes, das geſchehen ſeyn ſoll, aber raͤthſelhaft vorgetragen wird. Seine feinere Art S. 453 aus dem Baron Schroͤdter, wuͤrde die That mehrer Betruͤglichkeit gegen Leichtglaͤubige, auch zugleich die andern Leute mehr beſchuldigen, als ich dazu Grund gefunden habe. Denn Queckſilber nur dem aͤußerli⸗ chen Anſehen nach ſtehend machen, und es fuͤr Sil⸗ ber ausgeben, wird ſchwerlich anders, als Liſt und Betrug heißen koͤnnen. Und woraus kann er dar⸗ thun, daß hiezu mehr Grund ſey in der Nachricht? Bey dem Silbermachen aus Kupfer iſt er ziem⸗ lich mit mir einerley Meynung. S. 453. Was er aber damit haben wolle, es ſey eine ganz andere Bad erdl⸗ über Hrn. G. Bedenken x. 187 bereitung und Zurichtung deſſelben nöthig, ehe eine bloße Tinctur es zu einem vollkommenen Metalle machen koͤnne: das werden wohl die meiſten Leſer eben fo wenig errathen können, als ich. Irre ich nicht, ſo ſoll es ſo viel ſeyn, es koͤnne doch auch das Kupfer in Silber verwandelt, und nicht bloß weißfarbig ge⸗ macht werden. Und dieſe Verwandelung laͤugnet er doch den Worten nach mit Kunkeln. Endlich kann ich bey meiner Sache froh ſeyn, weil es auf der fol⸗ genden Seite heißt: Wenn die von mir angefuͤhrten Verſuche die zwo einzigen Stuͤtzen der Alchymie waͤ. ren, fo würde fie den Augenblick zu Boden ſtuͤrzen ıc. Wenn ich die Wahrheit ſagen ſoll, ſo habe ich nie ſo viel gehoffet, wenn auch die andern Stuͤtzen nicht beſſer beſchaffen wären. Aber was vernehme ich weiter? An die Stelle dieſer beyden umgeworfenen Stuͤtzen werden ihr ans dere untergeſetzet. Die ich umgeworfen habe, ſollen faſt fuͤr die allerunvollkommenſten zu achten ſeyn. Denn bedauere ich den Herrn G., daß er ſich und mich dabey aufgehalten, und dieſes Machtwort nicht gleich voraus geſetzet hat. Ich hätte es da eben fo wohl in Einfalt glauben, und meine Vernunft da⸗ bey gefangen nehmen muͤſſen, als es hier nöthig ſeyn wuͤrde wenn ich nicht umhin koͤnnte, es anzuneh⸗ men. Es ſollen uns unwiderſprechliche Beweiſe bey⸗ fallen, bey dem Andenken des Boͤttchers und des Cajerand. Der Herr G. kann nicht glauben, daß man auch deren Proben fuͤr betruͤglich anſehen werde. Ich muß ihn bey ſeinem Glauben laſſen, wenn es bey ihm nicht anders ſeyn kann. So 188 Kurze Anmerkungen So ſehr weit ſind die Gedanken der Menſchen von einander unterſchieden. Ich dachte, ich haͤtte ein ganz neues Beyſpiel angefuͤhret, davon ich die Probe etwas habe unterſuchen koͤnnen, die ich mit ähnlichen vorigen verglichen. Und von dieſen beyden mir entgegengeſetzten habe ich ſo wenig zuverlaͤßiges erfahren koͤnnen, daß ich ihrer nicht einmal habe ge⸗ denken moͤgen. Itzo leſe ich, man habe von dieſen, die zu unſern Zeiten gelebet, die ſicherſten Nachrich⸗ ten. Wer war begieriger als ich, da ich dieſes gele⸗ ſen hatte, zu lernen, worinn ſie beſtuͤnden? Aber was fand ich? Dieſes: Ob gleich keiner von beyden die Gieſchicklichkeit beſeſſen, die Tinctur ſelbſt zu ver⸗ fertigen, ſo hatten doch beyde davon die Proben vor viel hundert Menſchen wirklich abgeleget. Ehe ich weiter las, dachte ich, ſo iſt der gedachte Feldſcheerer noch einen Grad hoͤher gekommen: denn der hat ſeine Tinctur in Gegenwart redlicher Leute ſelber gemacht, und die Ingredientien dazu aus der Apotheke geholet. Die Probe vor viel hundert Menſchen haben auch viele Taſchenſpieler abgeleget, und bleiben deswegen doch nur Taſchenſpieler, die andere nicht recht ſehen laſſen, was, und wie ſie es machen? Wer da wiſſe, mit was fuͤr großer Vorſicht der damalige große Auguſt dem Boͤttcher auf die Finger habe ſehen laſſen, und wie ſtark er ſein gemachtes Gold im Feuer mit Spießglas ꝛc. verſuchen laſſen, der werde gewiß allen Verdacht eines Betrugs fah⸗ ren laſſen, ſo lauten des Hrn. G. fernere Gruͤnde. S. 455. Ich bin doppelt ungluͤcklich nach dieſem Satze. Einmal, weil ich das Vorausgeſetzte nicht weis, und weder bey einer Probe geweſen, noch 100 recht über Hrn. G. Bedenken x. 189 recht glaubhafte Vorzeige deſſen, was, und wie ers gemacht, zur Pruͤfung gehabt habe. Hernach kann ja Boͤttcher wohl ein aͤchtes Gold zur Probe gegeben haben, das dem Klumpen, welchen er gemacht, aͤhn⸗ lich geweſen, und alſo weis ich auch nicht, daß ſein gemachtes Gold alle Proben eines aͤchten Goldes ſolle ausgeſtanden haben. Wenn ich aber dieſes beydes nicht weis, und der Hr. G. nicht fuͤr gut gefunden hat, mich davon zu uͤberzeugen: ſo iſt ſein Urtheil richtig, daß ich bey dieſen Umſtaͤnden nicht koͤnne allen Verdacht eines Betrugs fahren laſſen. Aber der Hr. G. hat dieſes Gold in der koͤnigli⸗ chen Sammlung natuͤrlicher Seltenheiten in der Hand gehabt bey einer ſeiner Durchreiſen. Man hat ihm auch ein Glaͤschen gezeiget, in welchem noch etwas von des Boͤttchers Tinctur ſeyn ſollte, und als ein rothes dem feinſten Zinnober gleiches Puͤlverchen aus⸗ geſehen. S. 455. Vor ungefaͤhr dreyßig Jahren bin ich nicht bloß durch Dreßden durchgereiſet, ſondern habe drey ganze Winter allda gelebet, bin im Hauſe und am Tiſche eines ſchon von der Akademie her ver⸗ trauten Freundes des Grafen Flemmings gewe⸗ fen, und habe dadurch die Ehre genoſſen, viel Um⸗ gang zu haben und zu ſpeiſen mit vornehmen und beruͤhmten Leuten, darunter ich auch feinen Arzt, den Herrn D. Mender nennen will, der mir naͤchſt Gott in einer ſchweren Krankheit geholfen. Ob nun gleich mein Goͤnner, deſſen Sohn mir anvertrauet war, als Director der Ritterſchaft auf dem Landtage, viele vornehme Gaͤſte an ſeiner Tafel zu haben pflegte, und da von allen Merkwuͤrdigkeiten in Dreßden geredet ward: fo weis ich mich doch nicht zu erinnern, je⸗ mals 199 Kurze Anmerkungen mals von dergleichen unſtreitiger Probe gehöret zu ha⸗ ben, viel weniger hat mich jemand dadurch zu uͤber⸗ fuͤhren geſucht, da ich bey Gelegenheit meinen Un⸗ glauben wegen der Goldmacherey nicht verborgen, ſondern wohl erwaͤhnet habe, daß ſich einer von mei⸗ nen Anverwandten dadurch, daß er an dem großen en ſtets arbeitete, um fein gutes Vermoͤgen ge: bracht. ö Daß der Herr G. in Dreßden unter den, natuͤrli⸗ chen Seltenheiten aͤchtes Gold geſehen habe, das glaube ich ihm gern. Daß er in der Kunſtkammer oder unter den Seltenheiten der Kunſtwerke ein ſolches aͤchtes Gold geſehen, und gepruͤfet habe, welches Boͤttcher nicht bloß vorgegeben gemacht zu haben, ſondern wirklich gemacht habe, das ſaget er nicht, moͤchte auch ſchwerlich uͤber ſich nehmen, nur bloß es als wahr zu beeidigen. Wie kann ich ihm alſo ſolches glauben? Ja, wenn er geſaget hatte, ich bin deſſen daher gewiß, weil ich ſelbſt, oder ein anderer grund ehrlicher Mann, mit dem Pulver in meiner Gegen⸗ wart aus bloßem Bley, oder Queckſilber, Gold ge⸗ macht, das alle Proben eines aͤchten Goldes ausge⸗ halten, und es koͤnnen noch andere daſelbſt die Pros ben anſehen: das waͤre etwas zur Sache dienliches geweſen. Aber ſo ſpricht er von dem Glaͤschen, darinn ſollte noch etwas von der Tinctur ſeyn, und bezeichnet ſie ſo, daß man ſieht, er moͤge ſelber daran gezweifelt haben: weil Zinnoberpulver kein Gold lei ſten kann. In dem folgenden Schluſſe ift der Oberſatz rich“ tig. Der Unterſatz aber kann aus dem vorigen nicht ſo, über Hrn. G. Bedenken e. 19 fo, wie er ſeyn ſollte, hergeleitet werden, wie bis- her gezeiget worden. Ja, Herr G. entkraͤftet ihn ſo gleich ſelbſten, wenn er geſteht, die Erzaͤhlungen von dieſem Boͤttcher waͤren ſo verſchieden, daß man aus der Mannichfaltigkeit derſelben gar leicht auf den Argwohn kommen koͤnne, die Sache muͤſſe mit vie lem Betruge vermenget ſeyn. Wo ſoll hier denn der unwiderſprechliche Beweis herkommen? Und habe ich nicht recht, zu fagen, es ſey dem Herrn G. fein Ernſt mit Behauptung ſeiner vorgegebenen Meynung. Ich habe nicht noͤthig, hierbey noch mehr zu thun, als den Credit ſeines Dippels durch einen umzuſto⸗ ßen, dem der Herr G. trauet. Es iſt dieſer der Herr Kunkel, welcher Glauben verdienet. Weil er Boͤttchers Arbeiten nicht nur geſehen, ſondern auch gehoͤrig hat unterſuchen koͤnnen, und lange Zeit mehr, als ein gemeiner, oder ihm gleicher Mitarbeiter deſſel— ben geweſen. Der weis nichts von der durch Boͤtt— chern bewirkten Verwandelung der Metalle, ſondern laͤugnet eine ſolche Verwandlung gänzlich im Laborat. Chym. S. 567. | Fuͤr den Boͤttcher ift doch noch etwas beygebracht worden, ſo gut es hat ſeyn koͤnnen; aber bey dem Cajetano finde ich dieſen Machtſpruch S. 455 unten: von ihm ſey ſolches noch bekannter. Unmittelbar vorher geht der Verdacht des Betrugs aus der Man⸗ nichfaltigkeit der Erzählungen, und die Uebereinkom⸗ mung etlicher muͤndlichen Nachrichten mit der Dippel⸗ ſchen Erzählung. Beydes koͤnnte ich zugeben, un: beſchadet der Unglaubwuͤrdigkeit des Dippels. Es befuͤrchtet der Herr G. S. 456 wider die Geſetze der Klugheit zu verſtoßen, wenn er von beyden ſolche kleine 192 Kurze Anmerkungen kleine Nachrichten mittheilete, daraus man die Nich- tigkeit der gemachten Verſuche einſehen koͤnnte. Er kann mir alſo nicht verdenken, wenn ich viele andere, daraus das Gegentheil erhellet, zuruͤck halte. Endlich nimmt er alles zuſammen, was in ſeinen kleinen Nachrichten enthalten ſeyn ſoll, in dieſen Worten: Genug, man hat den Kuͤnſtlern nicht er: laubet, bey ihren abgelegten Proben ſelbſt die Schmelztiegel herzugeben, man hat das Bley und Queckſilber genau vorher unterſucht, ja zu verſchie— denen malen haben ſie auch nicht einmal ihre Tinctur ſelbſt eintragen duͤrfen; wo ſoll man alſo glauben, daß Betrug oder Taſchenſpielerkuͤnſte hiebey gebrauchet worden? Wer weis, ob der Herr G. den unwider⸗ ſprechlichen Beweis von dieſen vorausgeſetzten Stuͤ⸗ cken beyzubringen uͤber ſich nehmen moͤchte? Aber geſetzt, es wäre geſchehen; fo wundert mich, daß er nicht ſelber hat ſehen koͤnnen, wornach er fraget. Er koͤnnte aus dem, wowider er dieſes aufgeſetzet, noch manches bemerket haben, was hier fehlet, und ich koͤnnte noch mehr dazu ſetzen, wenn ich mich nicht der Kuͤrze befliſſe. Waͤre die Maſſe den bloßen Sin⸗ nen groß genug geweſen, koͤnnte nicht ſo viel, als da⸗ zu noͤthig, in der Kohle, die der ſchlaue Gaſt in den Tiegel geworfen, verſtecket geweſen ſeyn? Wenn das Bley verbrannt, und das Queckſilber verraucht, hat ſolches wohl uͤbrig bleiben muͤſſen. Oder iſt es nicht moͤglich, ſtatt der ausgegoſſenen Materie, behende eine andere vorhin verfertigte darzulegen? | Kann das beydes beyſammen beſtehen, daß dieſe beyden Maͤnner, Boͤttcher und Cajetan, unwider⸗ ſprechliche Zeugen von der wahren Verwandelung f | der über Hrn. G. Bedenken ꝛce. 193 der Metalle ſeyn ſollen, und ſich doch durch ihre Un⸗ wiſſenheit und laſterhaftes Bezeugen ſtrafwuͤrdig ge⸗ macht haben? An glaubwuͤrdigen Zeugen erfordert alle Welt das Gegentheil, Wiſſenſchaft von der zeugbaren Sache, und eine gutherzige Redlichkeit, der man keine Betruͤgerey vorwerfen kann. Auf der⸗ gleichen Leute habe ich in den vorausgeſuchten Bey⸗ ſpielen geſehen, weil dieſer ihre Ausſagen eher Glaus ben finden koͤnnen. Iſt das nicht zu laͤugnen, daß die große Anzahl der Betruͤger gegen die kleine An⸗ zahl derer, ſo keine Betruͤger in der Goldmacherey ſind, nach des Herrn G. Meynung, beynahe keine mathematiſche Verhaͤltniß ihrer Anzahl gegen einander haben: fo werden fie auch nicht wie 1 gegen eine Centillion ſeyn, und weil ſo viel Menſchen nicht geweſen, keiner uͤbrig bleiben. a | Nun will der Herr G. wenigſtens fo viel daraus ſchließen, S. 457, es ſey doch moͤglich durch Kunſt die Metalle zu veredlen, wenn auch nur ein einzig Exempel vorhanden waͤre. Hier muͤßte er erſt Be⸗ weis geben, daß wenigſtens eine einzige Probe das unſtreitig geliefert habe, was er meynet: ich fuͤrchte aber, er werde ihn ſchuldig bleiben. Und wenn ich dem nicht Beyfall gebe, was er nicht bewieſen, ſo werde ich darum nicht noͤthig haben, an der Wahr⸗ heit aller Geſchichte zu zweifeln, wie er ſehr zuver⸗ ſichtlich ſchreibet S. 454 unten. Hernach veraͤndert er auch die Frage. Ich habe von der Moͤglichkeit uberhaupt nicht geredet. Ich läugne nicht, daß die Metalle natuͤrlich entſtehen koͤnnen, und ſehe keine Urſache, darum ſie alle gleich in der erſten Schoͤ⸗ pfung ſollten entſtanden ſeyn. Ich weis auch nicht, 9 Band. N was 194 Kurze Anmerkungen was Gott noch unſern Nachkommen fuͤr Wohlthaten zugedacht haben moͤge, und ob darunter nicht dieſe mit ſeyn koͤnne, die Zeugung der Metalle, ſo viel es zur Verherrlichung Gottes dienen koͤnnte, beſſer ein⸗ zuſehen, und gewißermaßen nachzuahmen. Ich rede nur von der Verwandelung der Me⸗ talle oder anderer Koͤrper in Silber und Gold, und von den Proben ; die man dafuͤr bisher ausgegeben hat, und zeige, in wiefern ich das darinn nicht fin⸗ de, was zu einem entſcheidenden Verſuche erfordert wird. So bald ich einen unwiderſprechlichen Ber: ſuch ſehen, oder nur auf eine Art, die allen Betrug ausſchloſſe, von glaubwuͤrdigen Zeugen beſtaͤtiget finden ſollte; würde ich ihm mit eben fo viel Aufrich⸗ tigkeit das Wort reden, als ich nun bey dem Man⸗ gel ſolcher Proben dazu keinen Grund finde. Daß ich aber wegen vieler Gründe mir dazu keine Hoff⸗ nung mache, ſolches will ich nicht bergen. Der Herr G. haͤtte die Verſuche, welche uns taͤglich oͤfters von ungefähr in die Haͤnde gerathen, und die Möglich keit der Sache beweiſen, wie er ſchreibet S. 457, billig anführen ſollen. Die drey oder vier, fo er ans fuͤhret, ſind zu Beſtaͤrkung einer ſo großen Ausſage viel zu wenig. Doch wir wollen ſie anhoͤren, und genauer betrachten, was ſie in ſich halten. Herrn Henkels Verſuch in der Flor. Saturniz. S. 478 ſoll aus Silber ein ſtark goͤldiſch Korn ge⸗ waͤhret haben. Herr G. urtheilet recht, das Silber konne durch die bloße Erhaltung in gelinder Waͤrme nicht in Gold veraͤndert werden. Aber wenn er ſich genoͤthiget ſieht, auf das dabey gebrauchte Queckſilber die Urſache zu ſchieben, und meynt, von dem 5 Hr ol über Hrn. G. Bedenken ꝛc. 195 Gold hergekommen, S. 458: fo koͤnnte ich ſolches in ſo weit zugeben, als in dem Queckſilber moͤchte Gold verſchlucket geweſen ſeyn. Aber weil er es ſo nicht verſtehet, ſondern dahinaus will, das Queckſilber ſey in Gold verwandelt, fo kann er ſelbſt nicht den ge- ringſten Grund dieſes Vorgebens aus Henkels Erzaͤh⸗ lung zeigen. Vielleicht kann es dem guten Henkel wie andern ehrlichen Leuten gegangen ſeyn, daß er vergeſſen hat, auf die Reinigkeit der Phiole, der Ka⸗ pelle, des Silbers oder des Bleyes Acht zu geben, wenn das Queckſilber rein geweſen wäre, Weswe⸗ gen finden andere Leute kein goͤldiſch Korn in ihrer Kapelle, wenn ſie ein Silberamalgama in etwas Bley auftragen, oder auch den ganzen Proceß nach: machen? Doch da ich das Buch ſelbſt nachſchlage, ſehe ich . daß der Herr Henkel viel zu ehrlich iſt, als daß er in ſeinem Verfahren das ſuchen ſollte, was der Herr G. ihm aus großer Freygebigkeit zueignet. In dem X Cap. der Flor. ſat. redet er bloß von der Moͤg⸗ lichkeit. In dem XI aber find feine eigene Worte dieſe, daß er das dazu genommene Silber ſo genau nicht urn „ und nichts auperläßlges Davon ausges ben fönne, Sollte, nach der 117 und 50 Seite ſeiner minero⸗ logiſchen Schriften, ein durch Scheidewaſſer aufgelös ſetes, durch Menſchenkoth niedergeſchlagenes, und in die Kapelle gebrachtes Queckſilber ein ſtarkes Silber⸗ korn zuruͤcklaſſen: fo haͤtte er billig die Proben anfüh- ren ſollen, woraus er gewiß geworden, daß es nicht bloß durch ein hinzu gekommenes Saures aus dem Pflanzenreiche, mit wenig im Scheidewaſſer aufge⸗ men Silber, ein Me bißchen Queckſilber 2 geweſen. 196 Kurze Anmerkungen geweſen. Oder ſo es gewiß Silber geweſen, woher er gewußt, daß nicht vorher in dem Scheidewaſſer möchte fo viel Silber aufgeloͤſet geweſen ſeyn. Wolle te Herr G. wieder ſagen, das waͤren bloße Moͤglich⸗ keiten: ſo wird er doch zugeben, daß in entſcheidenden Verſuchen keine Moͤglichkeit des Irrthums uͤbrig bleiben muß. Ich geſchweige, daß die Bedeutung des Silberkorns fo unbeſtimmet iſt, daß man nicht recht weis, was und wie viel man dabey denken ſoll. Auch iſt mir nicht wiſſend, daß der Herr Henkel aus dieſem Verſuche die Moͤglichkeit, Queckſilber zu wah⸗ rem Silber zu machen, ſollte behauptet haben. Des Herrn Warggrafs Verſuch, Tom. VI. Miſcell. Berol. S. 63 hat mehr Schein, aber auch mehr beſtimmetes, das uns zurecht weiſet. Er hat mit dem Sauren des Phosphorus aufgeloͤſetes Queck⸗ ſilber niedergeſchlagen, und als er etwas davon auf der Kapelle in reines Bley getragen, ein Korn Sil⸗ ber erhalten, welches er auf 5 Quentchen im Centner angegeben. Er rechnet nach der Bergprobierwage, darauf iſt ein Centner anderthalb Scrupel, oder 30 Grane Apothekergewicht, alſo machen 3 Quentchen ungefähr 112 eines Grans. Ein ſolch Staͤubchen von Silber iſt nicht nur ſchwer zu pruͤfen, ſondern hat auch auf vielerley Art bey denen vorhergehenden häufigen Verſuchen mit Silber ſich einſchleichen koͤn⸗ nen, mit deren Erzählung ich darum niemanden aufhal⸗ ten will, weil der Herr Marggraf nur ſchlechtweg ſaget, er habe das Silber in der Kapelle gefunden, und viel zu vorſichtig iſt, daraus zu ſchließen, es ſey aus Queckſilber entſtanden. Es iſt alſo nur des Herrn G. Grundmeynung daran Schuld, daß er | aus ‚über Herrn G. Bedenken ꝛc. 197 aus dieſer Erzaͤhlung, vermuthlich wider Willen des Herrn Marggrafs, einen ſolchen gewaltigen Schluß erhaͤrten will. Wer weis, wo dieſer Proceß ſchon mag nachge⸗ macht und das nicht gefunden ſeyn, was der Herr G. gern wuͤnſchte. Ware das aber auch nicht, fo woll⸗ ten wir es immittelſt auf des beruͤhmten Herrn Marg⸗ grafs aufrichtige Erklaͤrung ſeiner Gedanken ankom⸗ men laſſen, ob er damit habe ſagen wollen, daß er Queckſilber zu feinem Silber gemachet habe? Ich habe mehr Urſache zu hoffen, daß ſeine Erklaͤrung fuͤr mich, als fuͤr den Herrn G. ausfallen werde. Denn weil er gar wohl wußte, was Herr Boerhaave davon mit großer Beyſtimmung ausgehen laſſen, ſo wuͤrde er nicht vergeſſen haben, zu bemerken, daß man ſich darauf nicht verlaſſen koͤnne. Ja weil er weis, daß in einer ſo ſchweren Sache dergleichen ein⸗ ziger Verſuch nichts entſcheiden koͤnne, würde er zum wenigſten ihn öfters wiederholet und davon die Leſer verſichert haben, daß es ihm immer auf einerley Art gelungen fey. Hätte er damals nicht Zeit gehabt, wuͤrde er nicht vergeſſen haben, nachher die Sache genauer zu unterſuchen, und dieſe entdeckte Verwan⸗ delung des Queckſilbers in fein Silber, wie ſie Herr G. ausleget, genuͤglich zu beſtaͤtigen, welches er doch innerhalb 11 Jahren nicht gethan, und meines Er⸗ achtens auch darum nie in den Sinn genommen, weil er ſeine Worte nicht ſo geſetzet hat, daß man dieſen Ausſpruch darunter ſuchen foll. Ein gewiſſer Arzt, der mich vorlaͤngſt beſuchte, hielt auch die Moͤglichkeit, aus Silber durch Kunſt achtes Gold zu machen, fuͤr eine unſtreitige Sache, N 3 und 198 Kurze Anmerkungen und berief ſich auf des Herrn Boerhaavens Zeugniß, der es ſelber gemacht. Man kann leicht denken, was ich dagegen zu ſagen gehabt, daß ich einen ganz an⸗ dern Sinn in ſeinen Schriften gefunden. Er berief ſich auf ſeine Chemie, darinn ſtuͤnde es mit klaren Worten. Ich gab ſie ihm gleich in die Haͤnde, und bath, mir die Stelle zu weiſen, ſie muͤßte mir gaͤnz⸗ lich entfallen ſeyn, oder das nicht zu verſtehen geben. Er konnte ſie aber nicht finden, oder ſtellete ſich doch ſo. Als ich bald, nachdem er weg war, nach⸗ ſchlug, was er doch fuͤr eine Stelle dahin moͤchte ge⸗ deutet haben, fand ich folgende misverſtandene Wor⸗ te, in dem II Theile der Leipziger Ausgabe S. 413 im Proceſſu 186: Si calcis Lunz praecipitatae partes duae cum reguli antimonii parte una, tritu bene miſtae deſtillant ex retorta igne arenae, prodit buty- rum antimonii tanto pondere, quo fuit regulus ad- miſtus: argentum cum parte reguli manet in fundo, et reductum ſemper dat verum aurum. Vt certi ſimus, pondus calci Lunae accrefcens deberi aquae regiae affixae, quia haec in mercurialem ſtibii par- tem ivit. | Wer nicht weiter lieſet, der kann diefen Worten viel wahrſcheinlicher eine ſolche Deutung geben, als den marggrafiſchen, darinn ſich nichts dergleichen findet. Ja er konnte auch in dem folgenden noch zu Beſtaͤrkung feiner Auslegung folgende Worte anzie⸗ hen: Tandem conſtat, aurum nafci poſſe de materie, in qua docimaſtice omni arte ſua aurum non detexe- rat prius. Ich habe dieſe ſo ſcheinbare Worte mit Fleiß dem Herrn G. entgegen ſetzen wollen, damit er ſehe, wie leicht es ſey, des wahren Sinnes der Worte über Hrn. G. Bedenken ic. 199 Worte eines vernuͤnftigen und redlichen Verfaſſers zu verfehlen. Denn nun folget erſt des Herrn Boer— haavens aͤchte Meynung von dieſem Verſuche: Ite- rum inſuſurrant adepti filiorum auribus, in ſale et ſole perfectiſſima tantum natura conſtituit. Diſci- mus tuti fraudes, calx illa argenti ſubdole miſta nitro, plumbo fuſo iniecta, argentum et aurum, quafi, nata de plumbo falfo exbibet. Sed vetat plura inſtituti ratio. Vos meditemini! Ziaugleich kann Herr G. hierinn den Schlüffel fin⸗ den zur Aufloͤſung feiner Zweifel bey feinen vorange⸗ fuͤhrten Proceſſen, wo er bey meinen vorigen Anmer⸗ kungen noch einige übrig behalten ſollte. Er wird ihn für deſto unverdaͤchtiger halten, weil er ihm ge⸗ reichet wird von einem fo großen Kenner von derglei⸗ chen Verfahren, darauf der Herr G. ſo viel zu bauen ſcheint. Es ſcheint mir auch um deswillen unnoͤthig, mich bey den ganz unbeſtimmten Worten zu verwei⸗ len: Noch bekannter ift die Arbeit, da man durch be— ſondere Bearbeitung des Queckſilbers mit Borax ziemli⸗ che Silberkoͤrner erhält. Darauf er die Abfertigung in des Herrn Boerhaavens letzter Schrift von der Handthie⸗ rung des Queckſilbers finden wird, wenn ihm damit gedienet iſt. P. 3. 2 92 a N4 IV. Kurze 200 Kurze Nachricht Au cd eco ce cc cke oxoc locke c5s eher cx chelbc locke ebe IIII. | Kurze Nachricht ſchleſiſchen Atlas. nter dem ſchleſiſchen Atlas verſtehet man bey der homanniſchen Handlung dasjenige Werk, welches in vier allgemeinen, und ſechszehn beſondern Karten das Herzogthum Schleſien vorſtel⸗ let, und mit einem Titel und Regiſter verſehen iſt. Der Haupttitel heißt: Atlas Sileſiae id eſt Ducatus Silefiae generaliter quatuor mappis nec non fpeciali- ter XVI mappis tot Principatus repraeſentantibus geo- graphice exhibitus, addita praefatione, qua de hifto- ria hujus atlantis agitur, auctoritate publica in lucem einiſſus ab Homannianis Heredibus Norimbergae 1751. Die Karten ſtehen in folgender Ordnung: 1) Silefia generalis. 2) Sileſia inferior. 3) Sileſia ſuperior. 4) Dioecefis Epifcopatus Wratiſ lavien- fis. F) Princip. Grotkanus. 6) Princip. Oelſe. 7) Princip. Troppau. 8) Princip. Jaegerndorf. 9) Princip. Sagan. 10) Princip. Munſterberg. 1) Princip. Schweidniz. 12) Princip. lauer. 13) Princip. Glogau. 14) Princip. Oppeln. 15) Prin- cip. Ratibor. 16) Princip. Breslau. 17) Princip. Liegnitz. 18) Princip. Brieg. 19) Princip. Wohlau. 20) Princip. Teſchen. Dieſes iſt die mm. na von dem ſchleſiſchen Atlas. 201 nach welcher ehemalen die Landſtaͤnde ihren Sitz und Stimme auf den Landtaͤgen gefuͤhrt haben. Aus dem Regiſter iſt zu ſehen, in welcher Karte überall die Freyſtandsherrſchaften und Burglehne zu finden ſind. Der beſondere Titel einer jeden Karte giebt zu erken⸗ nen, daß dieſes Werk auf hoͤchſten Befehl Kaiſer Carls VI, und auf Koſten der Landſtaͤnde An. 1736 zu Stande gebracht worden. Hr. Wieland, ein kaiſer⸗ licher Ingenieurhauptmann, hatte die Meſſung ver: richtet, und aus dieſen Zeichnungen haben die homan⸗ niſchen Erben laut eines Contracts, das ganze Werk in dieſe Form und Geſtalt gebracht. Es ift alſo dar⸗ aus die Urſache abzuſehen, warum das Fuͤrſtenthum Croſſen nicht dabey ſeyn kann. In der homanniſchen Handlung erklaͤrte man die Graduation des erſten Zeichners fuͤr unrichtig, wogegen man veranſtaltete, daß ſolche richtiger gemacht, und nach den Gruͤnden der geographiſchen Wiſſenſchaft von den koſmographi⸗ ſchen Mitgliedern eingetragen wurde. In wiefern man ſolches bewerkſtelliget, und alles darinn in Be⸗ treff der mathematiſchen und politiſchen Geographie dergeſtalt behandelt habe, damit es zu einem Muſter andern dergleichen Mappenwerken von einzeln Fuͤr⸗ ſtenthuͤmern dienen ſolle, was man fuͤr Nutzen dar⸗ aus ſchoͤpfen koͤnne, und wie ſich die koſmographiſche Geſellſchaft, nebſt der homanniſchen Handlung, fer⸗ nerhin dergleichen Geſchaͤffte zu Mappirung der Laͤn⸗ der, auch ſelbſt zu der wirklichen Abmeſſung derſelben auftragen laſſen wolle, das alles hat der Rath und fränf. Kr. Geographus Franz, in einer Vorrede aus: fuͤhrlich abhandeln wollen. Weil aber dieſe Materie weitlaͤuftiger werden wollen, als es die Abſicht einer N53 Vor⸗ 202 Kurze Nachricht e. Vorrede erlaubet, fo iſt ſolche weggeblieben, und be⸗ ziehet man ſich auf den zweyten Theil der koſmogra⸗ phiſchen Nachrichten, wo man das Verſprochene nach⸗ zuholen geſonnen iſt. Dieſer zweyte Theil hat wegen wicht ger Hinderniſſe bis daher noch Anſtand nehmen muͤſſen. Die Ausmeſſungen, welche die Verzeichnung dieſer Karten zum Grunde ſetzet, ſind auf Koſten der ſchleſiſchen Fuͤrſten und Staͤnde von dem kaiſerlichen Lieutenant und Ingenieur, Hrn. von Schubart, zur völligen Richtigkeit gebracht worden, und die Verzeich⸗ nung hat Herr Mayer verrichtet. Die neueſten poli⸗ tiſchen Eintheilungen nach dem dreß ner Frieden, fin det man uͤberall ſorgfaͤltig angemerket, ſowohl als was die natuͤrlichen Reichthuͤmer, mit denen Schleſien fo vor zuͤglich pranget, oder die Arten, wie die Kunſt die Gaben der Natur zum Nutzen anwendet, betrifft, daß dieſe Karten dem Mathematikverſtaͤndigen, dem Staatskundigen, dem Naturforſcher, und dem Haus⸗ wirthe vollkommen lehrreich ſind. Bey vielen Karten iſt ein Verzeichniß der Oerter, nebſt einer Anweiſung, ſolche ſehr leicht zu finden, geſtochen. Und die gan⸗ ze Sammlung iſt ein vortreffliches Muſter, was die koſmographiſche Geſellſchaft zur Vollkommenheit der Geographie thun wird, wenn ſie die Unterſtuͤtzung fin⸗ det, die Deutſchland ihr zu geben noch eifriger ſeyn ſollte, als ſie iſt, ſolche zu verlangen. Der Preis eines ſolchen Exemplars iſt 8 Rthl. man kann aber auch die Karten einzeln haben. Wer ein Exemplar auf hollaͤndiſch Papier verlangt, zahlt 10 Athl. % NK „„ | | V. Friedr. ne HIHI he cha u Bi, Chriftian geſſrs⸗ 5 ni e 5 had 5 a se un An! n 0 von onſcchtbar, erſchienenen Theilen der Ausduͤnſtungen des ii Kamphers.“ r > i 16 ban dieſes Jahr unvermuthet den u Mürz lan dem Augenliede des linken Auges einen ſtarken Geſchwulſt, welcher ganz locker und halb durchſichtig ausſah, wie eine mit Wind ange⸗ fuͤllte Blaſe. Ich zog einen geſchickten Wundarzt zu Rathe, welcher mir ein Kraͤuterkuͤſſen mit Kampher machte, ſo ich aufbinden mußte. Ich that es, und wurde am Tage dabey nichts gewahr. Als ich aber des Abends mit einem Wachsſtocke zu Bette gehen wollte, und ich noch wornach leuchtete, da das Licht den Augen naͤher gehalten wurde: ſah ich mit dem offenen rechten Auge, daß von dem Kraͤuterkuͤſſen des zugebundenen ein Haufen Ausduͤnſtungen unter ein⸗ ander herum ſchwebeten, wie die zärteften Staͤub⸗ chen der hellen Sonnenſtralen; doch mit dem Unter⸗ ſchiede, daß dieſe ungemein zarten Theilchen einen hellen Silberglanz hatten. Hielt ich das Licht weit davon, ſah ich nichts. Hielt ich es wieder nahe, ſo | | erſchie⸗ 204 Von Aus duͤnſtung des Kamphers. erſchienen ſie wieder. Damit ich nun verſichert ſeyn möchte, ob dieſe untereinander herum ſchwaͤrmende Theilchen von den Ausduͤnſtungen des Kraͤuterkuͤſſens herruͤhreten: ſo band ich ſolches ab, hielt das Licht in eben der Naͤhe vor die Augen. Da mochte ich nun das linke Auge auf- oder zuthun, fo ſah ich mit dem rechten nichts davor weben. Als ich aber das Kuͤſſen wieder vorband, und das Licht wieder nahe hielt, wur⸗ den auch die filbecglängenden Theilchen wieder ſichtbar. Man koͤnnte einwenden: man ſey ungewiß, ob dieſe Ausduͤnſtungen vom Kampher oder von Kraͤutern her⸗ kommen; ſo dienet darauf, daß der Geruch des Kam⸗ phers weit ſtaͤrker, als der Kraͤuter war, folglich auch die mehreſten wahrgenommenen Theilchen ihm zuzu⸗ ſchreiben geweſen. Alle Abende wiederholte ich dieſe Anmerkung mit gleicher Wirkung, außer daß den ſechſten Tag die Menge der Theilchen merklich weni⸗ ger war, gleichwie der Kampher am Geruch abge⸗ nommen. Man ſiehet auch hier, was fuͤr ungemein kleine Theilchen in den Ausduͤnſtungen riechender Sa⸗ chen ſind, und ich theile dieſe Beobachtung deswegen dem gemeinen Weſen der Gelahrtheit mit, ob etwa andre, die mehr Zeit und Wiſſenſchaft in der Natur⸗ kunde haben, als ich, mehr Verſuche damit machen wollen. a O A VI. Aus⸗ 205 4 * * * 1 * * * * * * * * * * * * VI. Auszug | der neueſten phyſikaliſchen Merk wuͤrdigkeiten. J. Fernere Fortſetzung der geſammleten Nachrichten von der Stadt Hercu⸗ laneum . Des juͤngern Plinius zweyter Brief | an den C. Tacitus. Nas Schreiben, worinn ich euch, eurem Ver⸗ „langen gemaͤß, von den Umſtaͤnden des „Todes meines Vetters Nachricht erthei⸗ „let, hat in euch, wie ihr verſichert, eine ungemei⸗ „ne Begierde erreget, von den Verdrießlichkeiten und „Gefahren, welchen ich zu Miſene, wo ich geblie⸗ „ben war, ausgeſetzt geweſen, nähere Nachrichten „einzuziehen: denn hierbey bin ich in meiner Geſchichte „‚ftehen geblieben. „Jagt mir gleich das Angedenken ſchon ein neues Schrecken ein, „Will ich doch den Anfang machen. „Nachdem mein Vetter abgereiſet war, ſetzte ich diejenige Arbeit fort, welche mich abgehalten hatte, 52 ak „HR S. den Auszug der phyſ. Merkw. im VSt. ine 206 Auszug der neueſten „ihn zu begleiten. Ich badete mich, ſpeiſete zu Abend, „und legte mich zur Ruhe, ſchlief aber ſehr wenig „und immer unruhig. Es hatte ſich ſeit einigen Ta⸗ „gen ein Erdbeben ſpuͤren laſſen, welches uns aber „um deſto weniger in Schrecken ſetzte, je öfter die klei⸗ „nen Flecken, ja ſelbſt die Staͤdte Campaniens, „demſelben unterworfen ſind. Jedoch es verſtaͤrkte „ſich in dieſer Nacht ſo heftig, daß es nicht anders „ſchien, als ob alles nicht nur erſchuͤttert, ſondern von „unten zu oberſt gekehret ware, Meine Mutter kam „eiligſt in mein Schlafgemach, als ich eben im Be— „griffe war, aufzuſtehen, um fie zu erwecken, wo⸗ „fern ſie vielleicht eingeſchlafen ſeyn moͤchte. Wir „ſetzten uns in den Hof, welches nur ein kleiner Zwi⸗ s ſchenraum zwiſchen dem Meere und dem Haufe war. „In meinem damaligen Alter von achtzehn Jahren, „weis ich nicht, ob dasjenige, was ich that, Herzhaf⸗ „tigkeit oder Unvorſichtigkeit genennet zu werden ver⸗ „diente. Ich verlangte den Titus Livius, las in „demſelben, und fuhr fort, einen Auszug davon zu „machen, nicht anders, als wenn alles noch fo ruhig „geweſen waͤre. Ein Freund meines Vetters, der „ erſt kuͤrzlich, ihn zu beſuchen, aus Spanien an⸗ „gekommen war, und meine Mutter und mich alſo „ruhig ſitzend, ja mich mit einem Buche in der Hand, „anttaf, verwies fo wohl ihr dieſe Sorgloſigkeit, als „auch mir meine Kuͤhnheit; allein ich wendete nicht „einmal die Augen von meinem Buche hinweg. Es „ war ſchon früh um fieben Uhr, und gleichwohl ſchien „das Tageslicht noch ſo ſchwach, wie in der Daͤmme⸗ „rung. Auf einmal wurden die Gebäude mit fo „ſtarken Stoͤßen erſchuͤttert, daß wir an einem zwar „Une phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 207 unbedeckten, aber nicht allzu geraumigen Orte, wenig „Sicherheit mehr für uns ſahen. Wir beſchloſſen vy demnach, die Stadt zu verlaſſen. Das erſchrockne „Volk folgte haufenweiſe, und draͤngte und ſtieß uns „fort, und jeder 905 es im Schrecken fuͤrs kluͤgſte, „dasjenige zu feiner Sicherheit zu thun, was er andre „thun ſah. Als wir zur Stadt hinaus waren, blie⸗ „ben wir ſtehen, und da gab es neue Wunder, neues „Schrecken. Die Frachten, ſo wir mit uns gefuͤh⸗ „ret hatten, wurden, ob es gleich in freyem Felde „war, und ob wir ſie gleich mit großen Steinen be⸗ „ſchwereten, alle Augenblicke dergeſtalt erſchuͤttert, „daß fie nicht auf einem Platze konnten erhalten wer— „den. Der Abgrund des Meeres ſchien ſich herauf „zu wuͤhlen, und die wirbelnden Waſſer durch das „Erſchuͤttern der Erde von ihren Ufern verjagt zu ſeyn. „In der That hatte ſich das Ufer erweitert, und lag „voll von mancherley Fiſchen, die auf dem trockenen „Sande liegen geblieben waren. Von der andern „Seite her eroͤffneteſich eine ſchwarze, erſchreckliche „Wolke, die von dem Feuer zerborſt, das ſchlangen⸗ „weiſe heraus fuhr, und ließ lange Stralen wie „Blitze ſchießen, die aber weit groͤßer waren. Der „Freund, von dem ich geredet habe, kam itzo zum „andern male, noch lebhafter geruͤhrt zu uns zuruͤck, eum uns noch dieſe Bedingungen vorzuſchlagen: „Wenn euer Bruder, wenn euer Vetter noch lebt, v ſprach er, fo wuͤnſcht er ohne Zweifel, daß ihr euch „retten möchtet, und iſt er todt, fo hat er doch ges „wuͤnſcht, daß ihr ihn überleben ſollt. Was zaudert „ihr alſo, und warum rettet ihr euch nicht? Wir antworteten ihm, daß wir ſo lange nicht an unfre ene 9 U ds 208 Auszug der neueſten „Sicherheit denken dürften, als wir feines Schickſals „wegen, ungewiß waͤren. Der Spanier eilte fort, oh⸗ „ne laͤnger zu verweilen, und ſuchte ſein Heil in einer „übereilten Flucht. Faſt denſelben Augenblick ſtuͤrzte „die Wolke darnieder und bedeckte das Meer, und „die Inſel Caprea, welche ſie uns verdeckte, ver⸗ „ſchwand, nebſt dem Vorgebirge von Miſene, aus „unſern Augen. Meine Mutter beſchwor, und drang „in mich, und befahl mir, mich, ſo gut als ich koͤnn⸗ „te, zu retten. Sie ſtellte mir vor, wie leicht mir , dieſes in meinem Alter wäre, da fie hingegen ihr Ale „ter und ihre Unbehendigkeit daran verhinderte, und , daß fie vergnuͤgt ſterben wuͤrde, wenn fie nur nicht „die Urſache meines Todes wäre. Ich erklärte ihr, „daß ohne fie kein Heil für mich wäre, ergriff ihre „Hand und zwang ſie, mir zu folgen. Sie that es „mit Muͤhe, und machte ſich Vorwuͤrfe deswegen, „daß fie mich aufhielt. Die Aſche fing an, ein , wenig über uns her zu fallen. Ich ſah zuruͤck, und „ward hinter uns eines dicken Rauchs gewahr, der „uns verfolgte, und ſich wie ein Strom auf dem Erd» „boden hin ausbreitete. Indem wir dieſes alſo mit „anſahen, ſprach ich zu meiner Mutter: wir wollen „den gebahnten Weg verlaſſen, damit uns nicht der „Haufe derer, ſo nach uns kommen, in der Finſter⸗ „niß erdruͤcke. Kaum waren wir bey Seite gegan⸗ „gen, als es auf einmal ſo dunkel ward, daß man „hätte glauben ſollen, nicht in einer von den ſchwar⸗ „zen Nächten, die kein Mondenlicht erhellet, ſondern „in einem Gemache zu ſeyn, wo alle Lichter auf ein⸗ „mal ausgelöfcht worden wären. Man hörte nichts Hals Klagen der Weiber, das Wimmern der Kin« a der, phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 209 „der, und Angſtgeſchrey der Männer, Einer rufte „ſeinen Vater, ein andrer ſeinen Sohn, und noch „ein andrer feine Frau. Sie erkannten ſich bloß an „der Stimme. Dieſer beweinte ſein eignes Ungluͤck, „und jener das Schickſal feiner Verwandten. Eini⸗ „ge waren darunter, welche die Furcht des Todes bes wog, den Tod ſelbſt anzurufen. Viele ſchrien nach „der Huͤlfe der Götter; viele glaubten, es gäbe keine „mehr, und hielten dieſe Nacht fuͤr die letzte und ewi⸗ „ge Nacht, darinn die Welt begraben werden ſollte. „Es fehlte fo gar nicht an Leuten, die Die vernünftige „und gerechte Furcht durch eingebildete und chimaͤri⸗ „ſche Schrecken vermehreten. Sie ſagten, daß zu „Wiſene dieſes oder jenes niedergeſtuͤrzet wäre, dies » „ſes oder jenes im Brande ſtuͤnde, und das Entſetzen „gab ihren Traͤumereyen einen großen Nachdruck. „Endlich brach ein Schimmer durch, welcher uns „nicht die Wiederkunft des Tages, ſondern die Annaͤ⸗ »herung des Feuers verkuͤndigte, welches uns drohe⸗ „te; indeſſen blieb es doch von uns in einer gewiſſen „Entferrung. Es ward nochmals dunkel, und der „ Aſchenregen fiel von neuem viel ſtaͤrker und dicker. „Wir waren genoͤthiget, uns zum oͤftern in die Hoͤhe „zu richten, um unſre Kleider abzuſchuͤtteln, damit „die Aſche uns nicht uͤberhaͤufte und begruͤbe. Ich „koͤnnte mich ruͤhmen, mitten in dieſen entſetzlichen „Gefahren weder Klagen noch Schwachheiten an mir „haben merken zu laſſen; allein mich unterſtuͤtzte ein „ſehr ſchwacher aber doch dem Menſchen natürlicher „Troſt, zu glauben, daß zugleich mit mir die ganze „Welt untergienge. Doch endlich zertheilte ſich nach „und nach dieſer ſchwarze und dicke Nebel, und ver⸗ 9 Band. O „ohr 210 Auszug der neueſten „lohr ſich endlich, wie ein Rauch, oder wie eine Wol⸗ „ke ganz und gar. Alsbald erſchien der Tag und die „Sonne ſelbſt wieder, wiewohl gelblich und fo, wie „ſie bey einer Verfinſterung zu ſcheinen pflegt. Aber „alles zeigte fi) unſern annoch verworrenen Blicken „veraͤndert, und wir fanden nichts, das nicht von „Aſchenhaufen, wie von Schnee, bedeckt geweſen „wäre. Man kehrte nach Miſene zuruͤck. Ein je⸗ „der ſetzte ſich daſelbſt wieder, fo gut er konnte, in „Stand, und wir brachten eine zwiſchen Furcht und „Hoffnung ſehr getheilte Nacht hin, an welcher aber „doch die Furcht den meiſten Theil hatte: denn das „Erdbeben hielt noch immer an. Man ſah nichts „als erſchrockene Leute, die einander wechſelsweiſe ih: „re Furcht durch ſchlimme Prophezeihungen unter⸗ „hielten. Doch kam uns nicht eher in die Gedanken, „uns weg zu begeben, als bis wir Nachricht von mei⸗ „nem Vetter erhalten hätten, ob wir gleich noch im- „mer eine ſo erſchreckliche Gefahr, und die uns noch „dazu ſo nahe geweſen, zu befuͤrchten hatten. Ihr „, werdet alles dieſes nicht leſen, um es aufzufchreiben, „denn es verdient nicht, in eure Geſchichte geſetzt zu „werden; und ihr werdet es bloß euch ſelbſt, und eu⸗ „rem Verlangen zuzuſchreiben haben, wenn ihr nichts „darinn findet, was nur in einem Sendſchreiben ver⸗ „diente beſchrieben zu werden., Es fragt ſich, ob dieſer Ausbruch unter allen der erſte geweſen, oder ob es andre aͤhnliche zuvor gege⸗ ben? Dieſe Frage, womit ſich die Gelehrten nicht wenig in die Enge getrieben ſehen, iſt in der That ſchwer zu entſcheiden. Unter den alten Schriftſtel⸗ lern, die von dem Berge Veſuvius reden, ſcheinen einige phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. zu einige aus ihrem Stillſchweigen dieſe feurige Eigen⸗ ſchaft an ihm gar nicht gekannt zu haben, da indeſſen andre auch wenig gewiſſes davon zu ſagen wiſſen. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die unterirrdiſchen Feuer und feuerſpeyenden Berge in Campanien zu der Fa⸗ bel von den Titanen oder Bieſen Gelegenheit gege⸗ ben, welche in den phlegraͤiſchen, das iſt, bren⸗ nenden Feldern“, vom Jupiter uͤberwunden, und unter Bergen, die Flammen von ſich ſchießen, zer- ſchmettert worden *. Man kann hieruͤber folgende Stelle eines alten Gedichts von dem Berge Aetna zu Rathe ziehen, welches zu den Zeiten des Julius Caͤſars bekannt gemacht worden iſt. Dicitur infidiis flagrans Aenaria quondam Nune extindta ſuper: tutisque Neapolim inter Et Cumas locus eſt multis iam frigidus annis Quamuis aeternum pingueſcat ab vbere ſulphur. Tacitus ſcheint einer alten Nachricht beyzupflich— ten, worinn geſagt wurde, daß der Veſuv ehedem Flammen von ſich gegeben *. Strabo und Vi⸗ truvius ſcheinen gleicher Meynung zu ſeyn f. Man fuͤhret auch noch zween Verſe aus dem Lucretius an, wobey man aber verſchiedene Lesarten anbringt: Qualis apud Cumas locus eſt, Montemque Veſeuum Oppleti calidis, vbi fumant fontibus auctus ff. O 2 Sonſt * Polyb. Lib. II. c. 17. Ta Greyeaiz er n Ta eg Karun kf Noryımedie. Cainpos circa Capuam et No- lam Phlegraeos olim vocatos. | * Aetna Giganteos numquam tacitura riumphos, En« celadi buſtum. Claudian. in Lib. I. | Lib. V. p. 339. Vitruv. Lib. II. cap. 6, HL Lib. VI. 747. 212 Auszug der neueſten Sonſt beweiſen dieſe Verſe nichts, als daß der Dichter die Natur des Erdreichs und die daſelbſt be⸗ findlichen warmen Quellen gekannt habe. Valerius Flaccus, der ſein Gedicht von den Argonauten, dem Defpafianus, dem Vater des Titus, zuge⸗ eignet, koͤmmt ſchon näher zur Sache. Sic vbi praerupti tonuit eum forte Vefeni Hefperiae lethalis apex *. Silius Italicus, der zu Nerons Zeiten lebte, iſt noch aͤlter, und zugleich in ſeinen Ausdruͤcken mehr beſtimmt. 1 Sie vbi vi coeca tandem deuictus ad aftra Euomuit paftos per faecla Veſuuius ignes Et pelago et terris fuſa eft Vulcania peſtis. Es erhellet hieraus, daß der Dichter gewußt, wie dieſer Berg jederzeit Flammen ausgeſpien, und Feuer⸗ ſtroͤme, die Land und Meer bedeckten, von ſich gege— ben. Doch wir ſetzen das Prahlen bey Seite, und geſtehen vielmehr, daß dieſe Verſe eine ſo lebhafte und natuͤrliche Abſchilderung des ſo beruͤhmten Aus⸗ bruchs dieſes Berges ſind, daß man mit Recht ver⸗ muthen kann, ſie ſeyen erſt nach demſelben verferti⸗ get, und von ihrem Verfaſſer entweder zur Ausbeſſe⸗ rung oder Verzierung in das Gedicht eingeſchaltet worden. Eben dieſes ſcheint mir von dem Valerius Flaccus geſagt werden zu koͤnnen: denn obgleich dieſe beyden Dichter, der eine unterm Nero, und der andre unterm Veſpaſianus geſchrieben haben; ſo haben ſie dennoch gar wohl den Ausgang dieſer Be⸗ gebenheit, * Argon. Lib. IV. * phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 213 gebenheit, wovon die Rede ift, erleben koͤnnen, und es wundert mich, daß der Abt Bannier, da er von dieſer Materie gehandelt, nicht eben daſſelbe ange- merkt hat. Dieſe Vermuthung verſtaͤrkt ſich, wenn man in andern Schriftſtellern nachſucht, welche, da ſie von dieſem Punkte haͤtten reden ſollen, ein gaͤnz⸗ liches Stillſchweigen beobachtet haben. Der erſte von dieſen iſt Virgil, welcher an einem Orte, wo er ein fruchtbares und wohlbebauetes Erdreich beſchrei⸗ ben will, Capua und den Berg Veſup arfuͤhret. Talem diues arat Capua, et vicina Veſeuo Ora iugo *. Hier war die Gelegenheit, von ſeinen gefaͤhrli⸗ chen Entzuͤndungen und der Urſache der Fruchtbarkeit ſeines Bodens zu reden, und weil es nicht geſchehen, ſo iſts am wahrſcheinlichſten, daß er weder das eine noch das andre gewußt hat. Daß Plinius, der Na⸗ turforſcher nicht gewußt habe, was fuͤr erſchreckliche Wirkungen der Veſuv durch fein Feuer hervorbrin— gen koͤnne, erhellet klaͤrlich daraus, daß er an zween Orten, wo er von dieſem Berge geſprochen“, nichts davon erwaͤhnet. Eine andre und faſt unwiderſprech⸗ lich ſcheinende Probe hiervon iſt die Art feiner Auf: führung bey demjenigen Ausbruche, wobey er ums Leben kam. Es iſt voͤllig unwahrſcheinlich, daß er ſich der Gefahr, mit ſo kaltem Blute, als er es that, O 3 aus⸗ * Georg. lib. 2 verf. 224. 225. ** Er handelt von deſſen Lage lib. 3. und von feiner Fruchtbarkeit in Abſicht des Weinbaues lib. 14. Ex iis minor Auſtro laeditur, caeteris ventis alitur, vt in Veſuuio monte Surrentinisque collibus. 214 Auszug der neueſten | ausgeſetzt haben würde, wofern er nur haͤtte vermu⸗ then koͤnnen, daß er einem gluͤhenden Steinhagel, und entzuͤndeten Schwefel: und Harzſtroͤmen entgegen ei⸗ lete. Hätte endlich der Veſuv ſchon ehedem ſolche traurige Verwuͤſtungen angerichtet: ſo wuͤrde gewiß Martial ſeinem ſchoͤnen Epigramma einen ganz an⸗ dern Schwung gegeben haben; worinn er die Ver— wuͤſtung dieſes Berges und der herum liegenden ent- zuͤckenden Gegenden, die zuvor das Vergnügen nicht nur der Menſchen, ſondern der Götter ſelbſt geweſen, als eine Verwuͤſtung beſchreibt, die es die Götter ſelbſt ſchmerzte, erlitten zu haben. Hic eſt pampineis viridis modo Veſuuius vmbris: Preſſerat hic madidos nobilis vua lacus. Haec iuga, quam Nifae colles, plus Bacchus amauit: Hoc nuper Satyri monte dedere cheros. Haec Veneris fedes Lacedaemone gratior illi: Hic locus Herculeo nomine clarus erat. Cuncta iacent flammis, et triſti merfa fauillä: Nec Superi vellent hoc licuiſſe ſibi *. Ich wuͤrde demnach aus allem dieſen den Schluß machen, daß zwar Veſüvius lange vor dieſem ſchreck⸗ lichen Ausbruche Feuer und Dampf aus ſeiner Spitze von ſich gegeben, aber doch, ohne beträchtlichen Scha- den anzurichten, und die Schoͤnheit der umliegenden Gegenden zu verderben; eine Stelle des Florus, wo er ſagt, daß Campanien das ſchoͤnſte Land von der Welt, und der Berg Veſuvius der ſchoͤnſte in Cam⸗ panien * Epigr. lib. 4. v. 44. phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 215 panien wäre *, nebſt noch einer Stelle aus dem Taci⸗ tus, wo er ſaget, daß vor dieſer ſeiner Zerſtoͤrung kein angenehmerer Ort zu finden geweſen **, wuͤrden mich auch voͤllig auf dieſe Seite lenken, wenn mich nicht der Verfaſſer der Briefe noch zweifelhaft mach- te, welcher mit ſeinen eignen Augen geſehen zu haben verſichert, daß das Pflaſter in Herculaneum mit demjenigen zu Neapolis, wozu man ſich des Lava bedienet, vollkommen einerley geweſen wäre ; denn ich moͤchte ihn doch nicht gern beſchuldigen, daß er glaubte, etwas geſehen zu haben, ſo er doch in der That nicht geſehen hat. Hingegen glaube ich nicht, daß es noͤthig ſey,, ſich bey demjenigen lange aufzu⸗ halten, was Herr Bianchini in ſeiner Univerſal⸗ hiſtorie anfuͤhret. Er war damals gegenwaͤrtig, als die Arbeitsleute 1689 am Fuße des Berges eingruben, und ſchließt daraus, daß ſie in einer Tiefe von 25 Handbreit, unter einer ſechs Handbreit maͤchtigen La⸗ ge von Lava, Kohlen, Schloͤſſer und zwo Aufe ſchriften gefunden, woraus erhellen ſollte, daß hier ehedem des Pompejus Landhaus (dieſes ſollte heißen, die Stadt Pompeia) geweſen; daß dieſer Lava von demjenigen Ausbruche herruͤhren muͤſſe, wovon Plinius umgekommen, und Serculaneum vers ſchlungen worden, und daß die niedrigern Lagen von 4 vor⸗ „On e modo Italia, ſed toto orbe terrarum pul- cherrima Campaniae plaga eſt. Hic illi nobiles por- tus. Hic amicti vitibus montes Gaurus, Falernus, Maſſicus et pulcherrimus omnium Veſuuius Aetnaei ignis imitator. lib. 1. de bell. Samnit. A ** Antequam Vefuuius mons ardefcens faciem loci ver- teret. Ann. I. 4 c. 67. * Tom. 2. pag. 254. 216 Auszug der neueſten vorhergegangenen Ausbruͤchen entſtanden ſeyn muͤß⸗ ten. Er betruͤgt ſich hierinn augenſcheinlich. Die unterirediſche Stadt iſt gefunden worden, indem man in die Quere hin, waſſergleich eingegraben, und da die letzte Lavalage auf 16 Handbreit maͤchtig iſt, fo müßte zuvor eine viel erſchrecklichere Entzuͤndung geweſen ſeyn, wovon doch niemand etwas gedacht, und deren Gedaͤchtniß, aller Wahrſcheinlichkeit zuwider, gaͤnz⸗ lich verloſchen ſeyn muͤßte. Es iſt vielmehr augen⸗ ſcheinlich klar, daß eben dieſe Lavalage von 16 Hand: breit, von dem berühmten Ausbruche von 79 herruͤh⸗ ren muͤſſe. Weil man auch endlich in der Naͤhe des Veſuvius zum oͤftern eingegraben, um vielleicht das herum einige Entdeckungen zu machen; ſo glaube ich, daß die Alterthuͤmer, deren Herr Bianchini Erwaͤh⸗ nung thut, in eben der Tiefe, wo man die heutigen antrifft, gefunden worden, und daß ſie, nachdem man ſie herauf auf das Land gebracht, durch einen neuen Ausbruch zum zweyten male wieder begraben worden ſeyn moͤgen. Auf dieſe Weiſe erklaͤret man die Entdeckung der Muͤnzen vom Domitianus bey den Ruinen von Herculaneum. Man ſetzt zum Vor⸗ aus, daß dieſer Kaiſer unternommen gehabt, die unter der Aſche u. ſ. w. verborgene Stadt wieder ans Licht zu bringen und herzuſtellen, daß ihn aber der Tod an der Vollendung dieſes Werks gehindert. Inzwiſchen laͤßt ſich doch aus dem allen nicht abſehen, was die zum Ausgraben der Erde und Reinigung der alten Stadt beſtellten Arbeiterleute bewogen haben ſollte, daſelbſt die Münzen dieſes Prinzen auszuſaͤen und zurück zu laſſen. Es waͤre nunmehr Zeit, zur zweyten Abtheilung dieſes Auszuges fort zu gehen, wir verſparen 5 dieſe phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 217 dieſe Fortſetzung, bis zu einer andern bequemen Ge⸗ legenheit. | II. Nachrichten von einigen neuen mechaniſchen Erfindungen. Der koͤnigliche Hofkleinſchmidt in Berlin, Herr Schröder, hat verſchiedene Modelle nach feiner Er⸗ findung verfertiget, die, wenn man fie in das Große bringet, nothwendig wichtige Vortheile bey den Muͤh⸗ len, und bey allen Maſchinen und Raͤderwerken uͤber⸗ haupt, ſchaffen muͤſſen. Beſagte Modelle ſind be⸗ reits von einer beſondern Deputation der koͤniglichen Akademie der Wiſſenſchaften, und ſelbſt von dem gro— ßen Mathematico, Herrn Prof. Euler, genau un⸗ terſucht und gebilliget worden. Der Nutzen, den die Erfindung des Herrn Schroͤders in dem Innerſten der Muͤhlen nach ſich zieht, beſteht darinn, daß der bisher immer ſtille geweſene unterſte Muͤhlenſtein ſich mit dem oberſten zugleich beweget, und folglich durch die verſtaͤrkte Bewegungskraft in wenigerer Zeit als ſonſt, mehr Getraide kann gemahlen werden, ohne daß man dabey im geringſten befuͤrchten darf, es moͤchte ſich etwa dadurch das Getraide erhitzen und im Mahlen verderben. Die uͤbrigen Erfindungen kommen allen Maſchinen, und vornehmlich dem Fuhr⸗ werke trefflich zu ſtatten, indem der Druck und die Laſt des Wagens auf drey von Eiſen verfertigte Ku⸗ geln faͤllt, und alſo der Wagen durch die Verminde⸗ rung der Friction, viel leichter und ſchneller fortlaͤuft. Bey der Artillerie wird dieſe Erfindung großen Nu⸗ tzen nach ſich ziehen: denn eine Canone, zu deren Fortbringung itzo 24 Pferde noͤthig ſind, kann kuͤnf— tig durch 12 Pferde, und ein Felbdſtuͤck durch einen 5 einzigen 218 Auszug der neueſten einzigen Mann fortgezogen werden. Die naͤhere Beſchreibung dieſer nuͤtzlichen Erfindungen wird naͤch⸗ ſtens im Druck erſcheinen. Ein Poſamentierer in Berlin, Namens Hele⸗ feldt, hat der koͤniglichen Akademie ebenfalls eine von ihm ſelbſt erfundene und verfertigte Maſchine zur Be- urtheilung vorgelegt, vermittelſt welcher man auf Reiſen die Weite des Weges in Meilen und Theilen der Meile ſehr bequem meſſen kann. Die Hauptmaſchi⸗ ne hat das Anſehen einer großen Taſchenuhr, und kann in dem Wagen, wo man es verlangt, ange: ſchraubt werden. Dieſe Uhr bekoͤmmt ihre Bewe⸗ gung von einer andern Maſchine, welche unter der Achſe der Hinterraͤder angeſchraubt wird, und ver— mittelſt eines ſehr kuͤnſtlich eingerichteten Draths den kleinſten Zeiger der Uhr allemal um eine Eintheilung forttreibet, ſo oft das Rad einmal herumgehet. Ein andrer Zeiger weiſet die Vierthelmeilen, und eine Schei⸗ be, die man durch eine Oeffnung an dem Zieferblatte ſieht, weiſet die Zahl der Meilen bis auf hundert. Dieſe Maſchine kann ſehr bequem und ohne Umſtaͤn⸗ de an jeden Wagen angemacht werden, und der ges ſchickte Kuͤnſtler hat alles ſo einzurichten gewußt, daß das Schuͤttern des Wagens dem ordentlichen Gange dieſer Uhr nicht den geringſten Nachtheil bringet. Die koͤnigliche Akademie hat beſagte Maſchine mit ih⸗ rem vollkommenen Beyfalle beehret. Eben dieſer Kuͤnſtler verſpricht zum Beſten der Geographie eine noch weit wichtigere Erfindung, de— ren Moͤglichkeit er bereits dargethan hat. Er ge⸗ trauet ſich, einen Reiſewagen ſo einrichten zu laſſen, daß man nach vollendeter Reiſe alle Kruͤmmungen des Weges, ’ phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 219 Weges, auch alle Hoͤhen und Tiefen deſſelben, auf ei⸗ ner Rolle von Pergament deutlich und in richtigen Verhaͤltniſſen abgezeichnet finden kann. Weil aber hierzu eine beſondere Einrichtung des Wagens gehoͤ— ret, ſo hat er dieſes Werk nicht ausgefuͤhret; ſondern wartet auf einen vornehmen Liebhaber, der die erfor— derlichen Unkoſten darauf verwenden wolle. Schon vorlaͤngſt ift in dieſen Blättern die Be- ſchreibung der nuͤtzlichen Maſchine des Herrn Ste— phan Sales, wodurch man die ungeſunde Luft aus den Schiffen u. ſ. w. vertreiben kann, mitgetheilet worden * Herr Samuel Sutton, hat zu eben dieſer heilſamen Abſicht eine andre Erfindung vorge» ſchlagen ““, welche um deſto mehr bekannter gema⸗ chet zu werden verdienet, da ſie von der engliſchen Admiralitaͤt gebilliget, und zugleich von ihr an alle koͤnigliche Schiffe der Befehl gegeben worden, ſich mit dieſer neuen Maſchine zu verſehen. Der beruͤhm⸗ te D. Mead, war nebſt dem Herrn Folkes bey den erſten Verſuchen, welche der Erfinder 1741 anſtellete, gegenwaͤrtig, und uͤbergab noch in ſelbigem Jahre der koͤniglichen Societaͤt einen Aufſatz““, worinn er die Vortheile dieſer Maſchine beſchrieb. Er hat ſeit⸗ dem beſtaͤndig bey den Miniſtern des Seeweſens ans gehalten, den Gebrauch derſelben einzufuͤhren, und verſichert in der Vorrede zu ver Schrift des Erfins ders, daß dieſe Erfindung der Nation Ehre mache, | und * S. des Hamb. Mag. 2 B. 1 St. 2 Art. * Seine Schrift führer den Titel: An hiſtorical Account of a new method for extracting the foul air of ſhips &c. by Samuel Sutton. in 8. S. 120. Die zweyte Auflage iſt von 1749. r Philofoph. Transact. No. 462. Art. 12. 220 Auszug der neueſten und dem gemeinen Weſen nuͤtzlicher ſeyn werde, als irgend eine mechaniſche Erfindung von allen denen, ſo ſeit einem Jahrhunderte bekannt gemacht worden. Herr Watſon hat nachher ebenfalls der koͤniglichen Societaͤt einen Aufſatz, dieſelbige Erfindung betref⸗ fend, mitgetheilet *, und aus dieſen beyden Aufſaͤtzen ſoll hier ein Auszug gegeben werden. Wir uͤbergehen die Vorſtellung der Nothwendig⸗ keit ſolcher Erfindungen, welche die Schaͤdlichkeit ei⸗ ner lange verſchloſſenen Luft mit ſich bringet. Es iſt klar, daß alles darauf ankomme, die verdorbene Luft, aus den Behaͤltniſſen, worinn ſie eingeſchloſſen ift, heraus zu jagen. Das gemeinſte Mittel, deſſen man ſich bisher auf den Schiffen hierzu bedienet, be⸗ ſteht in einer ſolchen Zubereitung der Segel, da ſie die Geſtalt eines Trichters bekommen, und ſolcherge— ſtalt geſchickt gemacht werden, die Luft, welche der Wind gegen die rechten Segel treibt, in ſich hinein zu nehmen, und in das Innerſte des Schiffs hin zu leiten. Mit dieſer Methode ſind aber verſchiedene Unbequemlichkeiten verbunden. Denn 1. erfordert ſie viel Leute, 2. kann ſie nur bey Tage und gutem Wetter gebraucht werden, 3. iſt ſie unter dem Aequa⸗ tor, wegen der Windſtille, ſo daſelbſt regieret, un⸗ brauchbar, 4. ſuͤhrt ſie die friſche Luft nur in das Obertheil, nicht aber in die tiefern Gegenden des Schiffs, und hat oͤfters keine andere Wirkung, als die Vermiſchung eines friſchen, mit ſtinkendem Was⸗ ſer zu haben pflegt, naͤmlich daß ſie nur die Schaͤd⸗ lichkeit vermehret, und endlich iſt fie auch 5. den Kran⸗ ken ſchaͤdlich, welche ein ſo ſchneller und ungeſtuͤmer Zug der friſchen Luft erkaͤltet. Herr * Philof. Transact. No. 463. Art. 4. phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 221 Herr Hales, wie auch der Herr Deſaguliers, haben beyde Maſchinen erfunden, die Luft zu erneu⸗ ren. Der Ventilator des erſten iſt beta ge⸗ nug / und der letztere hat in den Philoſophical⸗ transactionen “ die Beſchreibung eines Blaſe⸗ balgs mitgetheilet, der eben die Abſicht hat. So ſinnreich aber ihre Erfindungen ſind, ſo haben ſie doch auch ihre Unbequemlichkeiten. Sie nehmen zu viel Platz ein, erfordern eine beſtaͤndige Arbeit, und koͤnnen daſelbſt ſchwerlich angebracht werden, wo fie am noͤthigſten waͤren. Es iſt hierbey anzumerken, daß Herr Deſaguliers in ſeiner Schrift der Maſchi⸗ ne des Herrn Sutton mit Verachtung Erwaͤhnung thut, indem er befuͤrchtet, es moͤchten ſich dadurch die Duͤnſte unten auf dem Schiffsboden entzuͤnden, und das Schiff in Brand ſtecken. Allein dieſe Furcht verjagen alle angeſtellte Beobachtungen, und allen⸗ falls duͤrfte man auch nur, um die geringſte Gefahr zu verhuͤten, den Schornſtein mit einer Roͤhre von überzinntem Eiſenbleche verſehen. Was nun die Ma⸗ ſchine des Herrn Sutton betrifft, ſo hat ſie alle die beſten Eigenſchaften, und man muß erſtaunen, daß ſie kann neu ſeyn. Es iſt bekannt, wie das Feuer die Luft verduͤnnet, und mit welcher Gewalt die aͤu⸗ ßere Luft den Platz einer verduͤnneten einnimmt. Man ſieht es augenſcheinlich, mit welchem Ungeſtuͤm der Wind durch die kleinſte Eroͤffnung in einem Zim⸗ mer hindurch faͤhrt, worinn man ein großes Feuer haͤlt. Dieſer Grundſatz iſt bekannt, und liegt ſchon bey * ©. das oben angeführte Stück des Hamb. Mag. * No. 437. Art. I, 2 und 3. Man ſehe auch: Eourſe of Exp. Phil. Vol, II. p. 563 u. ſ. w. 8822 Auszug der neueſten bey verſchiedenen andern Maſchinen zum Grunde *, Laßt uns ſehen, wie ſich Herr Sutton deſſelben zu der ſeinigen bedienet hat. Man hat in allen Schiffen, einen der Größe des Schiffs proportionirten, großen Keſſel, welcher zur Zubereitung der Speiſen fuͤr das Volk dienet. Der Herd und das Aſchenbehaͤltniß, ſo unter dem Keſſel find, koͤnnen alle beyde mit eiſernen Thuͤren verſchlos⸗ ſen werden. Wenn man unter dem Aſchenbehaͤltniſſe eine Roͤhre anbringt, welche mit Nebenroͤhren verfes hen iſt, die nach allen Abtheilungen des Schiffs hin— gehen, und deren eine mit dem unterſten Schiffsbo- den in Gemeinſchaft ſtehet, ſo wird das Feuer, in— dem es die Luft des Ofens verduͤnnet, zugleich die Luft aus allen den Oertern herbey ziehen, wo ſich die Nebenroͤhren eroͤffnen. Dieſe verduͤnnete und durch die Gewalt des Feuers durch das Camin hinaus ge— jagte Luft, wird durch neue und friſche Luftſaͤulen er ſetzt werden. Solchergeſtalt wird immer ein Zugang der friſchen Luft aus der Atmoſphaͤre erhalten werden. Wenn die Roͤhren einmal angebracht ſind, ſo wird weiter keine Muͤhe noch Unkoſten erforderlich ſeyn, und das Feuer, welches zu allerhand Nothwendigkei⸗ ten fuͤr das Volk angemacht werden muß, wird hin— reichend ſeyn, dieſe Wirkung zu unterhalten. Die andern Camine des Schiffs koͤnnen zu eben dieſem Gebrauche dienen, wenn man hinter dem Roſte Er— oͤffnungen machet, womit dergleichen Roͤhren, als vorhin beſchrieben worden, in Gemeinſchaft ſtehen. Um * Herr Graveſande zum Exempel hat ſich einer Röhre bedienet, welche bey ſeinem Camine den Dienſt eines Blafebalges verrichtete, indem fie die außere Luft ges gen das Feuer hinfuͤhrte. phuflänlifchen Merkwürdigkeiten. 223 Um ſich zu überzeugen, daß die Röhren ihre Wir⸗ kung thun, darf man nur an die Oeffnungen der Ne⸗ benroͤhren angezuͤndete Lichter halten. Denn die Flamme wird mit Ungeſtuͤm hinein gezogen, und den Augenblick ausgeloͤſcht. | Die Erfahrungen find mit dieſer Theorie über: einftimmig geweſen, und man findet in dem Werke des Herrn Sutton hiervon verſchiedene vortheilhafte Zeugniſſe. Der Admiral Boſcawen ſchreibt, in einem, vom Cap der guten Hoffnung, an den Secre— tair der Admiralitaͤt gerichteten Briefe, vom 9 April 1748, dieſen Roͤhren vornehmlich den guten Zuſtand zu, worinn ſich die Seinigen nach einer fuͤnfmonath⸗ lichen Schiffahrt befanden. Das Waſſer des untern Schiffsbodens, ſetzt er hinzu, hat uns ſeither nicht die geringſte Unbequemlichkeit mehr verurſachet, da— hingegen zu Portsmouth und vor dem Gebrauche der neuen Maſchine, drey bis vier Menſchen von den Duͤnſten faſt erſtickt waͤren. Ein gleiches Zeugniß hatte ſchon zuvor ein Schiffszimmermann abgeſtattet, welcher eine Reiſe nach Guinea und Amerika ge⸗ than hatte. Er hatte ſich zu unterſt im Schiffe fuͤnf Stunden aufhalten, und in vielem Waſſer ſtehen muͤſſen, und doch gleichwohl nicht die geringſte Un— gelegenheit davon empfunden. Der Capitain eines gewiſſen Kriegsſchiffes, welcher 1747 aus China zu⸗ ruͤck kam, verſicherte, daß zwiſchen dieſem ſonſt ſo verdorbenen Waſſer, und dem Seewaſſer kein groͤße— rer Unterſchied zu ſpuͤren geweſen, als den etwan der Thee⸗Bouy gegen den gruͤnen Thee hat. Derglei⸗ chen Proben verdienen dieſer Erfindung allen moͤgli— chen Beyfall, und es iſt zu wuͤnſchen, daß ſie bey allen Nationen eingefuͤhret werde. Inhalt 8 Inhalt des zweyten Stuͤckes im neunten Bande. I. Schobers Erfahrungen und Theorie von der Wir⸗ kung der Windmuͤhlen, und der Wendung ihrer Fluͤgel Seite 115 II. Umftändlicher Bericht von der, den 1 Sept. 1751 in der Gegend von Gluͤckſtadt erfolgten Waſſer⸗ fluth 145 III. Kurze Anmerkungen uͤber Herrn G. Beden⸗ ken ꝛc. N IV. Kurze Nachricht von dem ſchleſiſchen Atlas 200 V. Leſſers Nachricht von ſichtbar erſchienenen Thei⸗ len der Ausduͤnſtungen des Kamphers 203 VI. Auszug der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤrdig⸗ keiten 205 _ Hamsurgifges oem Soriſten, Unterricht ke Vergnuͤgen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Ben überhaupt. Des neunten Bandes! drittes Stuͤck. Mit Königl. Pohln und Churfuͤrſtl. Sächſt iſcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig bey Adam Heinr. Holle, 1752. *. — n . 2 5 > Er 1 in Fa Zu 0, — 2 2 2— 2 f 2 — 4 * 9 1 Su * f 4 ” — Fortſetzung der im letzten Stuͤcke abgebrochenen Erfahrungen und Theorie von der Wutung der Winnt der Wendung ihrer Flügel. Aufgeſetzt von | C. G. Schober. Die wird ſich nun, wie, ich hoffe, von dem Gebrauche der Windmuͤhlen mit ver⸗ ticalen Fluͤgeln (denn von den hori⸗ zontalen will ich gar nichts fagen, da⸗ von n einer, der nur in der Mechanik angefangen hat, N daß es damit 5 ft) gierali ich a len len laſſen. Der erſte wird dienen, die Figur oder Couſtruction der Fluͤgel zu beſtimmen. Aus dem an⸗ dern und vierten wird ſich auf die abſolute Kraft, die der Wind hat, ſelbige, wenn ſie in der Figur ge⸗ macht ſind, umzutreiben, ſchließen laſſen; und aus dem dritten wird man von der Wirkung urtheilen koͤnnen, die durch eine ſolche Muͤhle, bey einem gege⸗ benen Winde, in einer geroiffen Zeit zu er halten moͤg⸗ lich iſt. §. ar. I. Anlangend die Figur, ſo iſt bekannt, wie von vielen großen Mathematicis die Aufgabe, von der vortheilhafteſten Wendung, der, Flügel gegen die Are, abgehandelt worden; und wie faſt alle den Winkel 55 Grad, als ki beiten dazu vorgefchlagen : allein die Practici, auf welche dieſe Herren ſon⸗ derlich Herr Belidor / der es wohl al Wat Ur⸗ ſache haͤtte, bey der Gelegenheit „wegen der gemei⸗ nen und groben Ausuͤbung, was zu ſchmaͤhlen gefun⸗ den zu haben vermeynet, haben ſich daran noch nicht kehren wollen, zum wenigſten hat noch keiner eine Mühle auf die; Hen zu machen vorgenommen. „Herr Mac Laurin it, fo viel ich weis, der einzi⸗ ge*, der den gemeinen Weg in etwas verlaffen, und der Sache einiger maßen naͤher gekommen iſt. Al⸗ lein wie überhaupt die Theorie von dem Stoße der dichten Koͤrper ſich auf die Fluida nicht appliciren läßt; und Herr Euler ſchon angemerkt *, daß, wenn man nach ſelbiger davon urtheilen wolle, man ſt kinbilden ße, daß die Theile,” „welche ſchon en . np Sto Mae Laurin Trestikk of Fluxiong. K. a * Eulers neue Grundſaͤtze ver Artillerie. 228 Erfahrungen und Theorie 1 von der Wirkung der Windmuͤhlen. 229 Stoß gethan, plotzlich verſchwaͤnden, oder zernichtet wuͤrden, damit in dem Zuſtande der uͤbrigen keine Veraͤnderung vorgehen koͤnne, ehe ſie gleichfalls auf das Planum anſtoßen, welches aber von keinem Flui- do geſagt werden kann: ſo will die desfalls von ihm gegebene Auflöfung der Sache auch nicht Genuͤge un. 1 005 Ich will nicht vornehmen, die Schriften ſolcher beruͤhmten Maͤnner deshalb zu tadeln; denn ich weis, es kann in dergleichen Sachen, die ſo rein geometriſch nicht ſind, und wovon auch nicht zu hoffen iſt, daß es damit jemals zu einer ſolchen Schaͤrfe kommen wird, manchmal eintreffe: Wir irren alleſammt. an Das aber kann ich doch nicht verhalten, ich habe mich vielmal gewundert, wie es doch komme, daß man hier nicht auch dazu ſetzen kann: | | 8 : „nur jeder irret anders! indem ich gefunden, daß ſo viele, nicht allein in der Aufgabe, ſondern auch in mehreren dergleichen, alle auf einerley Art geirret; und ich habe einmal gehoͤret, es ſchiene daraus, als ob dieſe Sachen zuweilen auch ziemlich handwerkeriſch tractiret wuͤrden, oder als ob ſie nur einer von dem andern, ohne ſelber daruͤber zu denken, fuͤr gut hinnaͤhme. We 6. 22. Indem der Windmuͤhlenfluͤgel, durch den darauf ſtoßenden Wind, um die Are umgeht, fo find die Räume, die durch verſchiedene Punkte der Ruthe um die Axe beſchrieben werden, oder die Ge⸗ ſchwindigkeiten, mit welchen ſich dieſelben Punkte be⸗ wegen, unter einander, wie die Entfernung derſelben P 3 Punkte REIN) 3 230 Erfahrungen und Theorie Punkte von der Are. Wenn alſo der Fluͤgel recht ge macht ſeyn ſoll, ſo muß der Wind, der uͤberall mit gleicher Geſchwindigkeit darauf auffaͤllt, ſelbigen in verſchiedenen Entfernungen von der Are, nach Pror portion derſelben Entfernungen, verſchiedene Geſchwin⸗ digkeiten, ſich um die Axe umzudrehen, eindrucken. Dieſes aber zu erhalten, ſo weiſet der Verſuch, daß der Fluͤgel, wenn man in einer gewiſſen Entfer⸗ nung von der Axe eine gewiſſe Wendung zum Grun⸗ de annimmt, weiter hinaus immer mehr gewandt ſeyn will; und man kann darthun, daß er nothwen⸗ dig ſo gewandt werden muß, daß die Tangenten der Winkel, unter welchen der Wind in jedem Punkte der Ruthe darauf auffällt, ſich verhalten, als wie die Entfernungen derſelben Punkte von der Axe, das iſt mit einem Worte, daß es ein Stuͤck aus einem Schrau⸗ bengange ſeyn muß. §. 23. Wenn ein Fluidum nach der Richtung DA (Fig. I.) auf eine Flaͤche AB auffaͤllt, die ihm, wie es bey dem Windmuͤhlenfluͤgel iſt, anders nicht ausweichen kann, als ſeitwaͤrts perpendicular mit der Direction des Fluidi: fo muß ſelbige, fo fern fie in der Richtung von nichts gehalten wird, mit einer ſol⸗ chen Geſchwindigkeit dahin fortgehen, die zu der Ge⸗ ſchwindigkeit des Fluidi, wie der Tangens des Win⸗ kels, unter welchem das Fluidum darauf auffällt, zum Radio. Ich will ſagen: ſie muß in eben der Zeit den Raum AC zurüc legen, in welcher das Fluidum den Raum DA zuruͤck leget. Denn gienge fie z. E. nur bis c, fo, daß A c kleiner als AC, fo iſt klar, daß das Fluidum dadurch annoch aufgehalten wird; folglich, daß es mit einer gewiſſen Kraft da⸗ 5 gegen rkung der Windmuͤhlen. 231 gegen e a , ſelbige, weil ſie durch nichts gehalten wird, geſchwinder fort zu treiben: und dieſes ſo lange, bis daß ſie, wie geſagt, in eben der Zeit den ganzen Raum AC zuruͤck leget, in welcher das Fluidum aus D nach A koͤmmt, als ſodann es allererſt mit ſeiner ganzen Amed ian ungehin⸗ dert fortgehen kann. F. 24. Es iſt an dem, es find zwar die Ges ſchwindigkeiten in dem angezogenen Verſuche durch⸗ gaͤngig kleiner, als fie, vermoͤge dieſer angegebenen Verhaͤltniß, heraus kommen. Denn, wenn die Ge⸗ ſchwindigkeit eines Fluidi in einer Secunde 25 Fuß, wie in dem Verſuche, und man rechnet, wie geſchwind eine Flaͤche, die davon unter verſchiedenen Winkeln getroffen wird, zur Seite hinaus fortgehen muß: fo kömmt der Raum derſelben heraus unter der ‚or i Inclination in einer Gecunde "go Grad. 141.7 Fuß. it 70 s 686 » bi 43.3 * * re 29.7 ” er 40 4 20.9 #3 “ 20 „ NO 10 · 44 welches allerdings , ſonderlich in den aͤußerſten Wen⸗ dungen, weit von dem Verſuche abweicht. Und ich weis auch , für das zweyte, daß viele Muͤhlen wirklich gebauet ſind, daran die Fluͤgel durchaus gleich viel gewandt ſind, und ſie gehen doch, und 0c mit einer ſolchen Wirkung, daß einen der⸗ P 4 gleichen 232 Erfahrungen und Theorie gleichen Muͤhle, wie ſie hier zu Lande ſind, ſo ſchlecht ſie auch ſind, eben ſo viel, ja an theils Orten noch mehr, Pacht geben kann, als ein Gang an einer Was⸗ ſermuͤhle. | 2 Allein, was das erſte anlangt, desfalls ift auch richtig, daß, obſchon die Flügel in dem Verſuche nichts gearbeitet, ſelbige doch theils wegen ihrer Schwere, und der daher entſtehenden Friction am Halſe der Welle; theils weil die Ruthen waͤhrenden Umlaufs der Fluͤgel in die Luft greifen; und theils auch nur zu Aufhebung des Hammers an der Glocke eine gewiſſe Kraft erfordert, und daß deswegen die Be⸗ wegung derſelben um die Are, ſonderlich in den aͤußer⸗ ſten Wendungen, da ſie in einer Secunde bis zwoͤlf und mehr mal umgelaufen, langſamer ſeyn muͤſſen, als ſie ohne das alles geweſen ſeyn wuͤrde. ae Und was das andere angeht, davon hat die Er⸗ fahrung ſchon gewieſen, daß es dem ungeachtet nicht gut thut, beſonders wenn die Fluͤgel ſehr lang gemachet werden, wie in Holland, da ſie ſich nicht mehr wohl mit Schindeln decken laſſen wollen. Denn find die Flügel durchaus egal gewandt, fo be⸗ ſtreben ſich alle Theile deſſelben, vermoͤge des Ein» drucks, den der Wind darauf hat, mit gleicher Ge⸗ ſchwindigkeit nach der Seite aus zu weichen. Weil aber dieſes, indem ſich der Fluͤgel um einen feſten Punkt bewegt, nicht geſchehen kann: ſo iſt nothwen⸗ dig, daß die Bewegung in den aͤußerſten Theilen der Ruthe, durch die, welche der Are naͤher ſind, be⸗ ſchleuniget, und hingegen dieſer ihre Bewegung durch jene aufgehalten werden muß, wie bey dem pendulo eompoſito; und es geſchieht daher, daß ** > in von der Wirkung der Windmuͤhlen. 233 Wind bey der Axe, wo er am meiſten zu arbeiten hat, mehr zuſammen druckt, als bey der Peripherie, da der Flügel gewiſſer maßen der Action des. Ik | entzogen wird, und von hinten in die Luft greift, fe daß die Tücher, welche deshalb daſelbſt flattern, beh der Axe, wo fie am meiſten angegriffen werden, ſich endlich ſacken, und nach und nach, von der davor lie: . Gewalt des Windes, durchgedruckt werden. §. 25. Es wird Wicht ſchwer ſeyn, aus dem Begriffe vom Schraubengange zu finden, wie eine jede Sproſſe gewandt ſeyn müffe, wenn man haben will, daß der Fluͤgel nach Art eines Schraubengan⸗ ges gewandt ſeyn ſoll, ich will aber doch weiſen, wie es auf die leichteſte Weiſe geometriſch zu ber ſtimmen. Man ſetzt nämlich zum Voraus, daß bey Verfer⸗ tigung eines Flügels folgende Stuͤcke gegeben ſind; naͤmlich: 1. Die Länge des Flügels, vom Mittel der Welle aus gemeſſen. 2. Die Anzahl der Sproſſen, die in jeden Fluͤ⸗ gel kommen ſollen. 3. Die Entfernung, wie weit bie naͤchſte Sproſſe bey der Welle vom Mittel der Welle abſteht; und 4. der Winkel, den dieſelbe Sproſſe mit der Axe machen ſoll. Weis man dieſes; ſo kann man die Wendung al⸗ ler uͤbrigen Sproſſen beſtimmen, wie folget. Es ſey AB (Fig. III.) die Lange eines ganzen Fluͤ⸗ gels vom Mittel der Welle aus, und AC ſey gleich die Entfernung, wie weit die naͤchſte Sproffe bey der Welle vom Mittel der Welle abſteht. P 5 1. Aus 234 Erfahrungen und Theorie 1. Aus A, C und B ziehe man Aa, Co 155 Bb perpendicular mit AB. 2. In A mache man den Winkel a Ae gleich dem gegebenen Winkel, welchen die naͤchſte Sproſſe bey der Welle mit der Are einſchließet. 3. Durch den Punkt E, wo Ae und Ce einan⸗ der ſchneiden, ziehe man DF parallel mit BA. | 4. Theile man EF gleich in fo viel Theile weni⸗ ger eins, als der Fluͤgel Sproſſen bekommen ſoll, und ziehe 5. aus A nach demſelbigen Theilungspunkte die Linien A2 Az x. So iſt D Aa gleich dem Winkel, den die zweyte Sproſſe von der Welle, mit der Are macht. DA iſt der Winkel der dritten Sproſſe, und ſo fort; und ich ſage: wenn die Ruthe mn o p alſo gelegt iſt, daß BA lothrecht auf np, und man bohrt ſelbige nach den Linien AE, A2, Az rc. ſo wird der Fluͤgel ver⸗ langter maßen ein Stück aus einem Schraubengange ausmachen. $. 26. Was aber bey gegebener Entfernung der erſten Sproſſe von der Axe am beſten fuͤr ein Win⸗ kel zu nehmen, oder was fuͤr ein Schraubengang am vortheilhafteſten zu gebrauchen; davon werde vielleicht im folgenden etwas mehr gedenken. Hier wurde mit Anfang dieſes Jahres eine Muͤhle, die zwar nur klein iſt, auf die Art gemacht. Die Fluͤgel daran find, vont Mittel der Welle aus gemeſſen, 10 Fuß 7 Zoll lang, und bey der Axe 3 Fuß 2 Zoll, an der Peripherie aber 3 Fuß 6 Zoll breit, die naͤchſte Sproſſe bey der Axe iſt 2 Fuß 6 Zoll vom Mittel der Welle entfernet, und der Winkel, den fie mit der Are mo vonder Wirkung der Windmuͤhlen. 235 iſt gleich 50 Grad. Die uͤbrigen Sproſſen, deren insgeſammt 7, ſind nach der gegenwaͤrtigen Vorſchrift immer weniger gewandt, ſo, daß der Fluͤgel auswen⸗ dig an der Peripherie einen Winkel von beynahe 80 Grad mit der Axe einſchließet. Im uͤbrigen iſt jeder Fluͤgel mit ſechs duͤnnen eichenen Brettern (oder Thuͤ. ren), deren jedes ins beſondere windſcheif gebogen iſt, daß es uͤberall auf den Sproſſen aufliegt, gedeckt, wovon nach Beſchaffenheit des Windes ſo viele abge⸗ nommen werden koͤnnen, als man will: und ich kann wohl ſagen, ſie thut mehr, als man von einer ſo klei⸗ nen Maſchine ſich anfaͤnglich einbilden wird, wie ich ſolches zum Beſchluß mit mehrerem weiſen werde. F. 27. Anlangend aber II. die Kraft, die der Wind hat, die Fluͤgel um die Axe umzutreiben, wovon ich geſagt, daß ſie ſich aus dem zweyten und vierten Verſuche beſtimmen ließe: fo weiſen gedachte beyde Verſuche, daß die Kraͤfte, welche daſelbſt denen Fluͤgeln unter einer je⸗ den Inclination aus dem Widerſtande der Luft einge⸗ druckt werden, ſonderlich bey nicht allzuſchiefer Wen⸗ dung derſelben, beynahe eben ſo gehen, als wie bey dem Keil: ich will ſagen, wenn man die Kraͤf⸗ te, welche die Luft, nad) | dem vierten Verſuche, un⸗ ter einem jeden Winkel, in der Direction parallel mit der Axe, auf die ſtill ſtehenden Fluͤgel ausgeuͤbt, als die Sinus derſelben Winkel anſieht: ſo ſind die, wel— che die Luft, nach dem zweyten Verſuche, unter eben den Winkeln darauf gehabt „ felbige um die Axe um zu treiben, wie die Sinus Loimpl fenen derſelben e, beynahe. Sind 236 Erfahrungen und Theorie Sind nun die Fluͤgel an einer Muͤhle auf die vor⸗ geſchriebene Art gemacht, ſo ſind ſelbige, ſo zu ſagen, die Schraubenſpindel, und der Wind iſt gleichſam die Schraubenmutter, welche ſich paralleı mit der Are der Spindel fort beweget, und vermoͤge ſolcher Bewegung die Fluͤgel umzudrehen ſtrebet; und ich ſa⸗ ge: man kann daher das Vermoͤgen derſelben, oder das Gewicht, was dadurch in einem gegebenen Ab: ſtande von der Axe gehalten werden kann, nach den gemeinen Regeln von der Schraube, aus dem Ver⸗ haͤltniſſe zwiſchen der Weite eines Schraubenganges, als dem potentiellen Raume der Kraft, waͤhrend einer Umwendung der Fluͤgel; und zwiſchen der Peripherie des Zirkels, den der Punkt beſchreibt, worinn man ſich die Laſt applicirt zu ſeyn einbilden will, als den Raum der Laſt beſtimmen, wenn man nur weis, was ſelbige, bey einer gegebenen Geſchwindigkeit des Windes, in der Direction parallel mit der Are fuͤr ei⸗ nen Eindruck bekommen, oder mit was fuͤr Kraft der Wind, als die Schraubenmutter, dagegen arbeitet; welches ſich denn, mit Huͤlfe des dritten Verſuchs (H. 5), von dem Widerſtande, den eine gerade Flaͤ⸗ che leidet, wenn ſie mit einer gewiſſen Geſchwindig⸗ keit oblique gegen die Luft bewegt wird, ausfindig ma⸗ chen laͤßt, wie ich, um mehrerer Deutlichkeit willen, gleich in einem Exempel weiſen will. * §. 28. Ich habe zuvor geſagt, wie die Flügel an der hieſigen Muͤhle gemacht ſind. Nun will ich ſe⸗ ßen, es wuͤrde dabey gefragt, was ſelbige für eine Kraft haben, oder was fie in der Entfernung 278 Zoll von der Are, als fo hoch der Krummzapfen iſt, für eine Laſt oder Gewicht halten koͤnnen, wenn der Wind z mit i ‘ von der Wirkung der Windmuͤhlen. 237 mit einer Geſchwindigkeit, in einer Secunde 25 Fuß, dagegen auffaͤllt. Dieſes zu beſtimmen, ſo theile ich den ganzen Fluͤgel in C und 2, dergeſtalt, daß AB, AC, AD und AE (Fig. IIII.) ſich unter einander verhalten, wie die Tangenten der Winkel von 50, 60 und 70 Grad, ſo iſt in B die Wendung des Fluͤgels gegen die Axe, oder der Winkel, unter welchen der Wind daſelbſt auffaͤllt, gleich 50 Grad, in C 60, in D 20, und in E, als am Ende der Ruthe, gleich 784 Grad, und es iſt 0 12.7 Zoll, CD iſt 22.2 Zoll, und DE = 47 Zoll; daher die Fläche von jes dem Stuͤcke, wenn ich die Breite des Fluͤgels durch⸗ aus als 3 Fuß 4 Zoll annehme, von dem 95 Stuͤcke BO = 432 Quadratzoll, Be ee von DS = 7 und von DE = 1601 1 0 ESTER Sodann nehme ich aus gedachtem Verſuche das Mit⸗ tel zwiſchen den Kraͤften, welche die Luft unter den Inclinationen so und 6 Grad; ferner unter 60 und 20 Grad; und endlich unter 70 und 80 Grad, auf der Flaͤche von 26.88 Quadratzoll gehabt, und wel; ches zwiſchen 50 und 60 Grad gleich 7.95 Loth; zwi⸗ ſchen 60 und 70 Grad gleich 9.54 Loth, und zwiſchen 70 und 80 Grad gleich 10.55 Loth; und berechne dar⸗ aus, was fuͤr Kraft ſie haben wuͤrde, wenn ſie mit eben der Geſchwindigkeit auf die Flaͤche in den Fluͤgel BC, CD und DE auffiele, fo koͤmmt heraus für die Flache BCl 128 Lot,, für CD/ 268 und E für D e + ud die Summe davon viermal genommen, iſt gleich 5 Impreßſon, welche alle vier Flügel zus ' 3 +: ; Mae ſammen To 238 Erfahrungen und Theorie ſammen in der Direction parallel mit der Are bekom⸗ men, wenn der Wind mit der Geſchwindigkeit, in ei⸗ ner Secunde 25 Fuß, dagegen auffällt, gleich 4096 Loth = 128 Pfund. . E Nun hat man zu Beſtimmung des wirklichen Vermoͤgens, das die Fluͤgel von dem gegebenen Win⸗ de erhalten, ſich um die Are umzudrehen, drey Saͤtze. 1. Den Raum der Kraft, oder die Weite des Schraubenganges, der durch die Inclination, und durch die Entfernung der erſten Sproſſe bey der Axe determiniret wird, und zu der Peripherie des Zirkels, den dieſelbe Sproſſe um die Axe beſchreibt, ſich ver⸗ haͤlt, als wie Sinus totus zu dem Tangenten des ge⸗ gebenen Winkels, gleich 13.7 Fuß. ) 2. Den Raum der Saft, oder die Peripherie des Zirkels, der von dem Punkte, in welchem man ſich die Laſt applicirt zu ſeyn einbildet, während einer Um» wendung der Fluͤgel um die Are beſchrieben wird, gleich 1.47 Fuß, in dem die Mühle, wie gedacht, mit⸗ telſt einer gekroͤpften Welle arbeitet, daran der Bug gleich 256 Zoll. 8 A. 20 Und 3. die Kraft, oder den Druck, womit der Wind, als die Schraubenmutter, in der Direction par⸗ allel mit der Axe gegen die Fluͤgel arbeitet, gleich 128 Pfund. Daher nd 4. Die Laſt, oder das Vermoͤgen der Fluͤgel, ſich um die Are umzudrehen, nach den Geſetzen des wa⸗ gerechten Standes gefunden, wird gleich 13.70 & 128 Pfund = 1193 Pfund. 47 e n und ich fage, daß die Fluͤgel bey einem Winde, deſſen Geſchwindigkeit in einer Gesunde 25 Fuß, eine sat oder von der Wirkung der Windmuͤhlen. 239 oder Gewicht von 1193 Pfund 2% Zell. weit von der a Ber halten koͤnnen. FS. 29. Ehe ich weiter gehe, muß ich ier einen Einwurf beantworten, der vielleicht wider dieſe Be⸗ rechnung gemacht werden duͤrfte. Ich babe namlich darinnen die Lange der Flügel weiter nicht in Betrach⸗ tung gezogen, als nur in fo fern dadurch die Flache des Fluͤgels beſtimmet wird; oder accurater zu reden, ich habe, wie es die Geſetze der Schraube erfordern, nur gerechnet, was der Wind in der Direction par⸗ allel mit der Axe fuͤr eine Kraft auf den Fluͤgel hat, ohne dabey auf den Abſtand oder Entfernung Acht zu haben, in welcher dieſe Kraft den Fluͤgel angreift. Hieraus folget: daß, wenn man einen kurzen Fluͤgel um ſo viel breiter macht, daß er eben ſo viel Wind faſſet, oder daß der Wind ſelbigen, in der Direction parallel mit der Axe, mit eben ſo viel Kraft angreiſt, als einen, der lang und ſchmal iſt, ſo muß jener, und wenn er auch nur halb fd lang waͤre, eben fo viel Wirkung thun, als dieſer, der noch einmal ſo lang iſt, wenn anders bey der Wendung das Noͤthige in Acht genommen wird, daß beyde aus einem Schraubengan⸗ ge gemacht „und in gleicher Entfernung von der Are 8 gleich ſtark gewandt find. Dieſes ſcheint dem erſten Anſehen nach etwas paradox. Man ſollte meynen, je weiter der Angriff | vom Centro der Bewegung entfernet iſt, deſto laͤn⸗ ger wird der Hebel, und deſto vortheilhafter iſt die Wirkung der Kraft in die Laſt. Herr Parent, der auf die Weiſe davon urtheilte, beſtimmte deshalb, was fuͤr eine Figur oder Proportion in der Hoͤhe und Breite man den Fluͤgeln geben müßte, damit das Factum 240 Erfahrungen und Theorie Factum aus der ganzen Flaͤche deſſelben in die Entfer⸗ nung ſeines Schwerepunkts, (worinnen er ſich den ganzen Angriff colligirt zu ſeyn einbildet) von der Are, unter allen dergleichen Factis das größte wuͤrde: und dieſer Gedanke brachte ihn auf fo wunderliche und un⸗ gereimte Schluͤſſe, daß er den Fluͤgeln lieber ich weis nicht was für, eine ſeltſame Figur gegeben hätte: da es doch gar leicht einzuſehen, daß es darauf gar nicht ankommt; denn wenn durch die Entfernung des Schwe⸗ repunkts vom Centro der Welle was zu erhalten waͤre: ſo muͤßte folgen, daß man von einerley Quanti⸗ tät des Windes unendliche Wirkungen erhalten koͤnn⸗ te, wenn man nur den Arm des Hebels, mittelſt des⸗ ſen der Wind in die Laſt arbeitet, immer laͤnger machte. 1105 hast e bie cl t Es iſt an dem, wenn der Fluͤgel in einer gewiſſen Entfernung vom Centro der Bewegung einen gewis⸗ fon Winkel mit der Are einſchließet, und er iſt in der doppelten Entfernung eben fo ſtark gewandt, fo halt, ein gleich großes Stuͤck, das zweymal ſo weit von der Are abſteht, im wagerechten Stande zweymal ſo ſchwer Gewichte, als ein Stuͤck, das nur um die einfache Weite von der Axe entfernet iſt. Allein, wenn ich deshalb bey der Bewegung einigen Vortheil zu erhalten glauben wollte, ſo würde ich mich ſchreck. lich irren. Denn wenn das Stuͤck, das nur um die einfache Entfernung von der Axe abſteht, den einfa⸗ chen Raum, z. E. einen Fuß weit fortgeht, ſo muß das, das doppelt ſo weit entfernt iſt, den zweyfachen Raum, zwey Fuß weit, fortgehen. ed Hm Wenn ich in den angefuͤhrten Verſuchen die Ru⸗ chen noch einmal; fo lang gemachet hätte, als ich fie: ri wirklich von der Wirkung der Windmuͤhlen. 241 wirklich gebraucht; ſo wuͤrde ich zwar mit eben den⸗ ſelben Flaͤchen in jeder Inelination noch einmal fo ſchwer Gewicht gehalten haben, und ich wuͤrde auch noch einmal fo ſchwer damit haben aufheben koͤnnen; ich wuͤrde aber deswegen in der Wirkung nichts da⸗ mit profitiret haben; ſondern, fo viel ich an dem Ges wichte gewonnen, ſo viel wuͤrde ich in dem Raume, oder in der Hoͤhe, auf welche es gehoben worden, verlohren haben. So richtig aber alles dieſes iſt, fo wollte ich doch nicht gern eine lange verſuchte Prarin deswegen ta⸗ deln, als wenn ſie die Fluͤgel ohne Noth allzu lang gemachet hätte, da fie es hätte koͤnnen in der Breite finden, und uͤberhaupt den Rath geben, daß man, an ſtatt der langen und ſchmalen Fluͤgel, wie ſie in Holland gewöhnlich, kurze und breitere Flügel brau⸗ chen ſollte, ungeachtet ich noch verſchiedene Urſachen habe, die mich faſt dazu verleiten ſollten; ſondern ich will lieber nur ſo weit gehen, als weit ich die Theorie durch die Erfahrung beſtaͤtigt gefunden. Haͤtte ich aber Gelegenheit, groͤßere Muͤhlen zu bauen, ſo laͤug⸗ ne ich nicht, ich wuͤrde es einmal zu verſuchen vor⸗ nehmen, und ich wuͤrde auch wiſſen, wie es anzugrei⸗ fen, daß ich richtig daraus urtheilen, und die Sache außer allen Zweifel ſetzen koͤnnte. Denn es kann zwar ſeyn, daß es ſchon verſucht iſt, und daß es an⸗ dere Umſtaͤnde hat, warum es nicht gut thut, die ſich ſo ſchlechterdings nicht alle einfehen laſſen, wenn man nicht ſelber eine Zeit lang damit zu thun gehabt; wie ich denn faſt nicht glaube, daß die Hollaͤnder, die in der Art Maſchinen unſtreitig das meiſte gethan ha⸗ ben, es noch nicht verſucht haben ſollten. Es kann 9 Band. Q aber 242 Erfahrungen und Theorie aber auch ſeyn, daß man ſich durch den Gedanken von Verlaͤngerung des Hebels verfuͤhren laſſen, und daß deswegen noch niemand auf den Einfall gekom⸗ men iſt. §. 30. Nun iſt noch uͤbrig zu beſtimmen III. Was eine Muͤhle, wenn ſie ſo gemacht iſt, bey einem gegebenen Winde fuͤr eine Wirkung thun kann, oder was fuͤr eine Laſt ſie, wenn der Wind unverändert fort dauert, in einer gegebenen Zeit auf eine gegebene Höhe aufzuheben vermögend iſt? wozu der dritte Verſuch einiger maßen dienen wird. Ehe ich aber meine Gedanken davon eroͤffne, muß ich kuͤrzlich der Theorie Erwaͤhnung thun, die Herr Parent gegeben, den Effect der Maſchine zu beſtim⸗ men, deren bewegende Kraft eine fluͤßige Materie iſt. Selbige iſt zwar von allen, die nach ihm in der Sa⸗ che geſchrieben, fuͤr richtig angenommen worden: und ich ſollte daher faſt Bedenken tragen, etwas dawider vorzubringen; allein ich weis, daß ich niemanden un⸗ recht thue, wenn ich ſage, daß ſie im Maſchinenwe⸗ ſen von der Wichtigkeit nicht iſt, wie man ſie insge⸗ mein zu ſeyn glaubet. Ob und wie Herr Parent ſelbige auf die Wind⸗ muͤhlen appliciret hat, weis ich nicht. Herr Belidor thut es, und zwar mit einer ungemeinen Zuverſicht; allein er iſt auch in feinem Raiſonnement ungemein un⸗ gluͤcklich. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn, wenn ich die Theo- rie des Herrn Parents, wie ſie vom Herrn Belidor vorgetragen wird, umſtaͤndlich allhier anführen wollte. Die Hauptſumme davon iſt dieſe. 1. Wenn ** von der Wirkung der Windmuͤhlen. 243 I. Wenn der Wind, oder überhaupt ein Flui- dum, auf eine gerade unbewegliche Flaͤche, mit ver⸗ ſchiedenen Geſchwindigkeiten, gerade auffaͤllt, ſo iſt der Eindruck deſſelben auf die Flaͤche „oder das Ge⸗ wicht, was dadurch gehalten wird, wie das Quadrat der Geſchwindigkeit; das iſt: wenn die verſchiedenen Geſchwindigkeiten des Fluidi unter einander, wie eins, zwey, drey; ſo iſt das Gewicht, das im wagerechten Stande dadurch gehalten wird, wie eins, viere, * Iſt aber die Flaͤche beweglich, daß ſie mit dem Fluide nach einer Richtung fortgeht, ſo iſt der Eindruck deſſelben auf ſothane Flaͤche, wie das Qua⸗ drat der Uebermaaß der Geſchwindigkeit des Fluidi, uͤber die Geſchwindigkeit der Flaͤchen, oder das Ge⸗ wicht, das durch die Flaͤche gehoben wird, verhaͤlt ſich zu dem Gewichte, das ſie im wagerechten Stan⸗ de gehalten, wie das Quadrat der Uebermaaß der Ge⸗ ſchwindigkeit des Fluidi, über die Geſchwindigkeit der Fläche, zu dem Quadrak der Geſchwindigkeit des Flui- di ſelbſt. Das iſt: wenn das Fluidum, an und vor ſich, in einer Secunde z. E. drey Fuß weit fortgeht, und die Flaͤche geht, in eben der Zeit, nur einen Fuß weit, ſo iſt das Gewicht, das ſie mit derſelben Ge⸗ ſchwindigkeit aufhebt, zu dem Gewichte, das fie unbe⸗ weglich erhielt, wie das Quadrat der Differenz zwi⸗ ge eins und 99 0 „zu dem Quadrat von drey, wie 4 zu 9. 3. Wenn das Gewicht, was durch die Flaͤche ge⸗ hoben wird, gleich vier neuntel von dem Gewichte, das damit im wagerechten Stande gehalten worden, ſo iſt die Geſchwindigkeit, mit welcher ſich die Flaͤche fort⸗ 27 bewegt, 433 Erfahrungen und Theorie bewegt, oder mit welcher das Gewicht gehoben wird, gleich ein Drittel von der Geſchwindigkeit des Fluidi. 4. Die Wirkung aber, die man alsdenn mittelſt ſolcher Fläche von dem Fluido erhält, und die unter allen Wirkungen, die auf die Art erhalten werden koͤn⸗ nen, die größte iſt; oder das Factum, aus demſelben Gewichte, in den Raum, durch welchen es in einer ge— wiſſen Zeit gehoben wird, iſt gleich vier ſieben und zwanzig Theile von dem Facto aus dem Gewichte, welches mit eben der Flaͤche im wagerechten Stande gehalten worden, multipliciret mit dem Raume, den das Fluidum in eben der Zeit fuͤr ſich zuruͤck leget. Und 5. Wenn eine Maſchine ſo viel thut, ſo thut ſie die groͤßte moͤgliche 3 „ die von demſelben Fluido mittelſt einer Maſchine, ſie mag gemacht ſeyn wie ſie will, zu erhalten moͤglich iſt. §. 31. Die erſten vier Säge find, wenn fie fo vorgetragen werden, wie ich fie hier vortrage, voll⸗ kommen richtig. Es iſt bekannt, wenn nach der Wirkung gefragt wird, die ein Fluidum hat, auf ei⸗ nem Plano, das der Direction deſſelben gerade entgegen geſtellet iſt, fo beurtheilet man ſelbige aus der Menge oder Vielheit der Theile, welche das Planum in einer gewiſſen Zeit treffen, und aus der Geſchwindigkeit, mit welcher ſothane Theile bewegt werden, und man ſchließet daher, daß in einerley Fluido, unter ver- ſchiedenen Geſchwindigkeiten, der Eindruck ſich ver⸗ halte, als wie die Quadrate der Geſchwindigkeiten; welches denn auch der Erfahrung ziemlich nahe koͤmmt, ſo daß ich glaube, man kann, ohne großen Irrthum zu begehen, darnach rechnen, ob es ſchon ſo gar genau damit N von der Wirkung der Windmuͤhlen. 245 damit nicht uͤbereintrifft, auch einer reinen Theorie nach, die uns aber noch zur Zeit fehlt, ſo nicht ſeyn Allein wenn Herr Parent ſelbige ohne Unterſchied auf die Maſchinen uͤberhaupt appliciret, und damit die groͤßte moͤgliche Wirkung derſelben beſtimmt zu haben vermeynet; ſo antworte ich: daß es ſchlecht um das Maſchinenweſen beſchaffen waͤre, wenn man nicht mehr heraus zu bringen vermochte. Was die Waſſerraͤder anlangt, worauf dieſe Theorie nicht allein von den Herren Parent und Be⸗ lidor, ſondern auch, ſo viel ich davon gefunden, von den Herren Bernoulli und Mac Laurin appliciret wor⸗ den; davon werde zu einer andern Zeit weiſen, daß es bey ſelbigen damit nichts heiße. Hier will ich nur zeigen, wie und warum es bey den Windmuͤhlen ſo nicht zu gebrauchen iſt, wie es vom Herrn Belidor darauf appliciret worden. | Man hat im Rechnungsweſen angemerket, daß man zuweilen einer Rechnung, pur aus dem Schluſſe, es anſehen kann, wenn ſie nicht richtig iſt; und ich moͤchte wohl ſagen: daß es mit den Beweiſen in der Mathematik, wenn ſie natuͤrliche Wirkungen zum Gegenſtande haben, manchmal eben ſo iſt, zum we⸗ nigſten finde ich es hier in der Materie ſo. e Nachdem Herr Belidor gewieſen“, wie, feiner Meynung nach, die Fluͤgel gewandt ſeyn muͤſſen: fo behauptet er, wenn ſelbige den groͤßten moͤglichen Effect thun ſollten, ſo muͤßte ihre Geſchwindigkeit, im Centro Grauitatis gemeſſen, nur ein Drittel ſeyn, | Q 3 von * Belidor. Architecture Hydraulique Tom II. pag. 42 246 Erfahrungen und Theorie von der Geſchwindigkeit des Windes, und er rechnet daher, wenn an einer Muͤhle der Radius (ſoll wohl heißen der Diameter) des Zirkels, der von dem Cen- tro Grauitatis eines Fluͤgels um die Axe beſchrieben wird, gleich 28 Fuß, folglich die Peripherie deſſelben Zirkels gleich 88 Fuß, ſo muͤßte der Wind, in der Zeit, da die Fluͤgel eine Umwendung machen, 264 Fuß weit fortgehen. Dieſes aber iſt offenbar falſch, und ich glaube ganz gewiß, wenn man es einem hollaͤndiſchen Muͤller im Ernſte fagen wollte, er würde einen dar- uͤber auslachen. Denn wenn eine Muͤhle mit unge⸗ faͤhr 24 Fuß langen Fluͤgeln, zu einer Umwendung der Fluͤgel, bey einem Winde, deſſen Geſchwindigkeit in einer Secunde 18 Fuß 15 Secunden Zeit brauchen ſollte, ſo wuͤrde es, weil der Wind nicht leicht eine Minute lang gleich ſtark fortgeht, mit der ganzen Windmuͤllerey gefaͤhrlich ausſehen. Und uͤber das, fo moͤchte ich auch wohl fragen: wozu denn die Unterſu⸗ chung bey den Windmuͤhlen ſoll: wie viel man einer Windmuͤhle zu thun geben muͤſſe, damit ſie die groͤß⸗ te moͤgliche Wirkung thun koͤnne? Geſetzt, ich gebe einer Muͤhle, bey einem Winde, deſſen Geſchwindig⸗ keit z. E. in einer Secunde 20 Fuß, die rechte Laſt, da ſie die groͤßte Wirkung thun kann, was wuͤrde ſie denn hernach thun, wenn der Wind, wie er alle Mi⸗ nuten varüret, geſchwinder oder langſamer wird? Es iſt mit dem Winde nicht fo, wie mit andern Kräften, da wir ſparſam damit umgehen muͤſſen, weil wir ſie oft nicht in der Quantitaͤt haben koͤnnen, wie wir ſie gern haben wollten. Es koſtet uns nichts, und wir koͤnnen davon brauchen, ſo viel als wir wollen. Man mache alſo nur eine Muͤhle ſo, daß ſie geht, und daß ſie, von der Wirkung der Windmuͤhlen. 247 ſie, auch bey gelindem Winde, das thut, was verlau⸗ get wird; ob fie eben die. größte mögliche Wirkung thut, darnach hat man nicht ſehr zu fragen. FH. 32. Um aber auch zu zeigen, wo es in der Theorie fehlet, warum ſie ſich auf die Windmüblen ſo nicht appliciren laͤßt, und wie man ſchließen muͤſſe, wenn man der Natur der Sache gemäß davon urthei⸗ len will. So ſage ich, iſt es bey dem Windmuͤhlen⸗ fluͤgel ganz was anders, als bey einer Flaͤche, wie ſie in den angezogenen Saͤtzen ſupponiret worden. Denn Dieſe geht mit dem Winde nach einer Direction fort, der Fluͤgel aber weicht ſeitwaͤrts, perpendicular mit der Direction des Windes aus; und ich kann da⸗ her, wenn ſelbiger z. E. aus AB (Fig. II.) nach ab fortgeht, nicht den Raum Aa, ſo weit der Fluͤgel feitwärts fortgegangen, für die Geſchwindigkeit an⸗ ſehen, mit welcher der Fluͤgel dem Winde wirklich ausgewichen; allermaßen ſelbiger, nach dem erſten Verſuche, bey flachen Wendungen, wenn die Flaͤche in der Direction keinen Widerſtand hat, ſo gar groͤßer iſt, als der Raum des Windes ſelbſt: ſondern es iſt nur der Raum da, um welchen der Wind indeſſen Freyheit bekommen, ſeinem Laufe gemaͤß fortzugehen. FH. 33. Wenn alſo die angeführten Säge auf die Windmuͤhlenfluͤgel applicable ſeyn ſollen, ſo muß es heißen: 1. Der Eindruck eines Fl: auf einer Fläche, die ſeitwaͤrts, recht winklich mit der Direction des Flui- di, ausweicht, iſt zu dem Eindrucke, den daſſelbe Fluidum darauf hat, wenn ſie ſtille ſteht; wie das Quadrat der Uebermaaß der Geſchwindigkeit des Flui- di, uͤber die Geſchwindigkeit der Flaͤche, nach der Q 4 Di⸗ 248 Erfahrungen und Theorie Direction des Fluidi, zu dem Quadrate der ganzen Geſchwindigkeit des Fluidz ſelbſt. Oder, (weil der Eindruck, waͤhrender Bewegung der Flaͤche, gleich dem Gewichte, das durch die Flaͤche mit der Geſchwindigkeit aufgehoben wird, mit welcher fie ſich zur Seite hinaus fortbewegt) wenn ein Flui- dum, indem es, in der Direction EA, mit der Ge⸗ ſchwindigkeit, in einer Secunde durch den Raum EA, auf die Flaͤche AB auffaͤllt, mittelſt folcher Fläche ein Gewicht m im wagerechten Stande halten kann; und es bewegt ſich die Fläche ſeitwaͤrts, mit der Geſchwin⸗ digkeit, in einer Secunde durch Dd aus AB nach ab, und man zieht aus a, die Linie a d, parallel mit der Die rection des Fluidi, fo iſt das Gewicht, was durch fol: che Flaͤche gehoben wird, zu dem Gewichte, das ſie im wagerechten Stande gehalten hatte, wie (EA da) zu EAz, oder (weil EA: da == AF: Aa) wie (AF — Aa) zu AF%, das heißt, weil nach dem $. 23 AF gleich dem Rau⸗ me, durch welchen ſich die Flaͤche, wenn ſie von nichts gehalten wird, in eben der Zeit ſeitwaͤrts fort⸗ bewegen muß, in welcher das Fluidum an und vor ſich durch den Raum EA fortgeht, i Wie das Quadrat des Unterſchiedes zwiſchen der Geſchwindigkeit der Flaͤche, wenn ſie von nichts ge⸗ ik wird, und der Geſchwindigkeit, die fie hat, ndem fie daſſelbe Gewicht aufhebt, zu dem Quadrat der Geſchwindigkeit, wenn ſie von nichts gehalten wird, ſelbſt. | Be 2. Man erhält aber die größte mögliche Wirkung, bie von dem Fluido auf die Weiſe erhalten werden kann, von der Wirkung der Windmuͤhlen. 249 kann, wenn die Flache und der Winkel, unter welchen das Fluidum darauf auffaͤllt, gegeben iſt, oder das Factum aus dem Gewichte, das gehoben wird, in dem Raum, durch welchen es aufgehoben wird, iſt unter allen dergleichen Factis alsdenn am groͤßten, wenn man macht, daß die Geſchwindigkeit der Flaͤche, indem ſie ein Gewicht aufhebt, gleich ein Drittel von der Geſchwindigkeit, mit welcher ſie ſich, im Fall wenn ſie vollkommen frey waͤre, und auf keine Weiſe eini⸗ gen Widerſtand litte, nach eben der Richtung fortbe⸗ wegen wuͤrde; Das iſt, wenn man ihr gleich vier neuntel ſo viel Gewicht aufzuheben giebt, als ſchwer ſie im wagerechten Stande zu halten vermoͤgend iſt; 3. Und ſolches Factum iſt gleich vier ſieben und zwanzig Theil von dem Facto aus dem Gewichte im wagerechten Stande, multiplicirt mit dem Raum der Flaͤche, wenn ſie vollkommen frey iſt, in eben der Zeit. §. 34. Ich will erſt weiſen, wie weit dieſe Saͤtze mit dem dießfalls angeſtellten Verſuche überein tref— fen, und hernach die Application davon aufs Große machen. Man hat namlich in ſelbigem Verſuche, um leichte rer Rechnung willen, denen Flügeln, bey einer jeden Inelination, gleich die Hälfte des Gewichts zu heben gegeben, welches fie, nach dem zweyten Verſuche, bey eben der Inclination, im wagerechten Stande gehalten hatten. Weil nun nach dem erſten Satze, wenn die Ge⸗ ſchwindigkeit der freyen Bewegung a das Ger wicht im wagerechten Stande = m, das aufzuheben⸗ de Gewicht = n, und die Geſchwindigkeit der Fluͤ⸗ gel bey Aufhebung deſſelben = x, 23 in: n 250 Erfahrungen und Theorie m: n n;: (a- x) 42¹ er ſo iſt x= a 7, oder weil n: m I: 2, Fa- a 95 * = 2 — 2 woraus wenn a gleich den Geſchwin⸗ digkeiten, mit welchen ſich die Flügel nach dem $. 24 unter einer jeden Inclination bewegen muͤßten, im Fall wenn fie vollkommen frey wären, die wirkliche Ge⸗ ſchwindigkeit derfelben, bey Aufhebung ſothanen Ge: wichts gefunden wird, unter der Inclination in einer Secunde 80 Grad 41.5 Fuß. 77.78 21.0 = 60 = 12.6 = 50 n 40 - i 30 5 42 = 20 = 2.6 ® 10 * 1.2 * $. 35. Hält man dieſes gegen den im 16 H. beſchrie⸗ benen Verſuch, fo iſt zwar darinn noch einiger Unter⸗ ſchied, allein ich kann auch nicht laͤugnen, es hat ſich derſelbe Verſuch ſo ſcharf nicht wollen machen laſſen, wie ich es wohl gewuͤnſcht haͤtte, und ich will daher ſelbige fuͤr ſo reine nicht ausgeben; theils weil zu vie⸗ lerley Umſtaͤnde dabey zuſammen kommen, die einen allein zu beobachten faſt unmoͤglich; theils aber, und vornehmlich, weil die Fluͤgel in jedem Verſuche die Bewegung um die Axe von der Ruhe anfangen muͤſſen; und weil ein ander Gewicht an der Spindel erfordert wird, wenn die Fluͤgel ſtill ſtehend, mit einer ar Es von der Wirkung der Windtmuͤhlen. 251 Geſchwindigkeit, gegen die Luft bewegt werden, als wenn ſie ſich um die Axe umdrehend, mit eben der Ge⸗ ſchwindigkeit bewegt werden ſollen; wie man aus dem vierten Verſuche §. 18 von der Kraft, welche die Luft in beyderley Faͤllen in der Direction parallel mit der Axe auf die Flügel ausgeuͤbet, abnehmen kann. So viel aber kann man, wie ich dafuͤr halte, doch daraus ſehen, daß er der Rechnung nicht ganz con⸗ trair iſt, und ich bin der Meynung, wenn ein Verſuch von der Art nur das weiſet, ſo kann man ſchon damit zufrieden ſeyn, denn ganz aufs reine zu kommen, darf man ſich in dergleichen Sachen, doch keine Hoffnung machen. ME $. 36. Wenn alfo bey einer Mühle, deren Flügel fo gemacht find, wie es hier gelehret worden, die Fra⸗ ge iſt: was ſie fuͤr eine Wirkung thun kann? oder was fuͤr ein Gewicht ſie, wenn der Wind unveraͤn⸗ dert fort dauret, in einer gewiſſen Zeit auf eine gege⸗ bene Höhe aufheben kann? und man hat nach dem g. 28 bey einer gegebenen Geſchwindigkeit des Windes das Gewicht beſtimmt, das im wagerechten Stande, durch ſelbige gehalten wird, ſo darf man nur wiſſen 1. was fuͤr Zeit ſie, bey einem gegebenen Winde, zu einer Umwendung der Fluͤgel brauchen ſoll; 2. wie weit der Wind an und vor ſich in derſelben Zeit fortgeht, ohne etwas zu wirken; und 3. wie weit der Schraubengang iſt, woraus die Fluͤgel gemacht ſind, oder wie weit die Fluͤgel dem Winde waͤhrend einer Umwendung ausweichen; in⸗ dem die Weite des Schraubenganges den Raum aus⸗ macht, wie weit ſich die Schraubenmutter an der Spindel fort bewegt, ſo iſt, wenn der Raum A Bine 252 Erfahrungen und Theorie Windes in der gegebenen Zeit = a, die Weite des Schraubenganges — b, das Gewicht im wagerech⸗ ten Stande = m und das aufzuhebende Gewicht n, wie im F. 33: | (ab)“: 2 n: m das iſt: das Quadrat des Unterſchieds zoifen der Weite des Schraubenganges, und zwiſchen dem Raume des Windes, während einer Umwendung der Flügel, verhaͤlt ſich zudem Quadrate von dem Raume des Win⸗ des ſelbſt, eben ſo, als wie das aufzuhebende Ge⸗ wicht zu dem Gewichte im wagerechten Stande. Und es wird daraus ferner, wenn das Gewicht ge⸗ geben iſt, das gehoben werden ſoll, und man verlangt die Zeit zu wiſſen, in welcher es gehoben wird, der Raum a, wie weit der Wind fortgehen muß, ehe die Fluͤgel eine Umwendung abſolviren, gefunden, wie folget: e C0 gab b 2 n: m am — 2abm + FR — — — ö.3äʒĩ˖²˙R:—ůñů—kʒ᷑ñͤĩ — rn. am- — ain — zabm — — bin at — Pe bin 3 bm 1 + — — + “ m—n ın—n inf 77 n 4a — bm 2 er bm / bor m m —n mon 1 if" —bin — em bm \: . n—n N mn das von der Wirkung der Windmuͤhlen. 253 das iſt: der Raum, wie weit der Wind fortgehen muß, ehe die en umme eine Umwendung e dag, iſt * 5 — nal. muy 1 | e, =) 1 ae §. 37. Iſt der 7 m, in welchen das aufzuheben» de Gewicht, waͤhrend einer Umwendung der Fluͤgel, gehoben wird, gleich der Weite des Schraubenganges; ſo iſt das Gewicht, das die Fluͤgel im wagerechten Stande halten F. 28, gleich der Kraft, welche der Wind, in der Direction parallel mit der Axe, auf die Flügel ausuͤbet. Wenn nun, nach der 2ten N. H. 33. n.5 m, oder n: m4: 55 Be bel. fo iſt a gleich — 9 + 23 + 5 s. das iſt: wenn die Mühle vier neuntel von dem Ge⸗ wichte im wagerechten Stande zu heben hat, ſo muß der Wind, waͤhrend einer Unordnung der Fluͤgel, gleich dreymal ſo weit fortgehen, als weit der Schrau⸗ bengang iſt, woraus die Fluͤgel gemacht ſind: und die Wirkung der Muͤhle, oder das Factum aus dem auf⸗ gehobenen Gewichte, in den Raum deſſelben, iſt gleich vier ſieben und zwanzig theil, von dem Facto aus der Kraft, die der Wind, in der Direction parallel mit der Axe, auf die Flügel ausuͤbet, multiplicirt mit dem Raume des Windes. FS. 38. Weil nun die Kraft des Windes, auf einer ſchiefen Flaͤche, in der Direction parallel mit der Rich⸗ tung des Windes ($. 5 und 10) zu der Kraft, die der Wind auf eben der Fläche hat, wenn er gerade auf⸗ fällt, in ratione minori, als der Sinus des Einfalls⸗ 9 zum radio; fo folgt: ) daß die Wirkung, die 254 Erfahrungen und Theorie die mittelſt einer Muͤhle zu erhalten möglich iſt, aus der Urſache, um fo viel kleiner ſeyn muß, als 25 von dem Facto, aus der abſoluten Kraft des Windes, multipli⸗ cirt mit dem Raume deſſelben, je mehr die Fluͤgel ge⸗ wandt ſind. $. 39. Und weil ferner auch eine Fläche immer we⸗ niger Wind faßt, je ſchiefer ſie demſelben entgegen ge⸗ ſtellt iſt; fo folgt: 2) daß von unterſchiedenen Fluͤ⸗ geln, von einerley Lange, und von gleicher Breite, der⸗ jenige die größte Wirkung thun muß, der am wenig⸗ ſten gewandt ift: und daß es daher allemal vortheil⸗ hafter, wenn man einen engen Schraubengang waͤh⸗ let, die Fluͤgel darnach zu machen, als wenn man den⸗ ſelben zu weit nimmt. Wie aber eine Schraubeſpindel durch Fortrückung | der Schraubenmutter, parallel mit der Axe der Spin del, ſich ſchwer umdrehen laͤſſet, wenn das Gewinde gar zu enge iſt, weil die Friction zu groß wird: ſo iſt darinnen auch eine Maaße zu halten, welche die Er⸗ fahrung beſtimmen muß. $. 40. Wie es die Holländer machen, ſelbiges iſt in des Pieter Linbergh, und Johannis van Zyl Muͤhlen⸗ buͤchern, deren das erſtere durch Cornelis Danckerts, und das andere, durch Peter Schenck edirt worden, ge⸗ wieſen, ohne eine Urſache anzuzeigen warum? Naͤm⸗ lich ſie wenden die Fluͤgel, wenn ſie lang ſind, in der Entfernung 5 Amſterdammer Fuß von der Axe, unge⸗ fähr auf 21 bis 25 Grad; fie gehen aber nicht fo, wie es die Schraube erfordert, damit fort; und auswen⸗ dig an der Peripherie wenden fie fie gar auswaͤrts, et⸗ liche Grad von der Are weg: welches bey langen Fluͤ⸗ geln, wo die Tuͤcher nur auf einer Seite liegen, um des⸗ von der Wirkung der Windmuͤhlen. 255 des willen noͤthig ſeyn mag, weil die Ruthen, ihrer Laͤn⸗ ge wegen, durch den davor liegenden Wind, nach der⸗ felben Seite herum gedruckt werden. §. 41. Es ſcheint zwar der dritte Verſuch dem ge⸗ genwärtigen Satze, daß ein Fluͤgel alsdenn die groͤßte Wirkung thun muͤſſe, wenn er am wenigſten gewandt iſt, contrair zu ſeyn; weil nach ſelbigem das Factum aus dem aufgehobenen Gewichte, in dem Raume deſ⸗ ſelben, bey den Wendungen 50 und 60 Grad am groͤß⸗ ten iſt. Allein weil die Fluͤgel, wie ich zuvor ſchon in dem $: 35 erinnert, die Bewegung um die Are jedes⸗ mal von der Ruhe angefangen, ſo hat es, ſonderlich in den aͤußerſten Wendungen, von 70 und 80 Grad, da ſie die wenigſte Kraft, und die groͤßte Geſchwindig⸗ keit gehabt, bloß ihrer Schwere wegen (wenn ihnen auch ſonſt weiter nichts im Wege geweſen waͤre) nicht geſchehen koͤnnen, daß die Luft ihre voͤllige Wirkung in das aufzuhebende Gewicht ausuͤben koͤnnen. Son⸗ dern fie hat erſt eine Zeit lang in ſelbige, wie in ein Schwungrad arbeiten muͤſſen, um ihnen die völlige Geſchwindigkeit zu geben, die fie anzunehmen fähig geweſen. Wie aber ein Schwungrad das Gewicht, durch deſſen Fall es, motu accelerato, in Bewegung gebracht worden, nach geendigtem Falle ‚ſofern es ſonſt keinen Widerſtand gelitten, vermöge der ihm ein⸗ gedruckten Geſchwindigkeit, motu retardato beynahe wieder eben fo hoch aufhebet, als tief es gefallen; fo kann man die Wirkung, welche die Luft, vermöge der⸗ ſelben Kraft, hätte ausüben Fönnen, ausdrucken durch das Factum, aus einem Gewichte in den Raum, durch welchen es fallen muß, wenn es denen Fluͤgeln eben die eee eindrucken ſoll, die ihnen von dem a Wider⸗ 2556 Erfahrungen und Theorie Widerſtande der Luft dem Verſuche nach eingedruckt worden. Wuͤßte man nun, wie ſchwer ein ſolches Ge⸗ wicht ſeyn muͤßte, wenn es gleich ſo tief fallen ſoll, als hoch die Haͤlfte des Gewichtes im wagerechten Stande, aufgehoben worden; fo würde man ſagen koͤn⸗ nen, wie viel die Fluͤgel uͤber die gedachte Haͤlfte des Gewichts im wagerechten Stande, auf dieſelbige Hoͤhe aufgehoben haben wuͤrden, wofern ihre eigene Schwere ihnen nicht im Wege geweſen waͤre. Selbiges alſo zu beſtimmen, fo ift, vermöge des 10 und 38 0, in der Theorie der Ueberwucht, wenn me die Schwere von zween Flügeln, n gleich die geſuchte Schwere auf der Welle, durch deren Fall die Flügel bewegt worden, 1: b die Verhaͤltniß von dem Abſtande derſelben zu dem Abſtande des Centri Gra- vitatis der Fluͤgel; s = die Hoͤhe, von welcher ſie zu fallen hat, ehe ſie die Geſchwindigkeit erlangt, die die aufgehobene Schwere in dem Verſuche gehabt hat; und »die Höhe, von welcher ein frey fallender Körper herab fallen muß, ehe er eben dieſelbe Geſchwindig⸗ keit erlangt, vs n: 2mb’+n; daher der Werth von n gefunden wird = amber | s—v 3. E. Unter der Inclination 80 Grad, iſt s der Raum der aufgehobenen Schwere, gleich 30 Fuß, m die Schwere von zween Flügeln iſt — 2% Loth. b der Abſtand des Centri Gravitatis der Fluͤgel iſt zu dem Abſtande der auf der Welle hangenden Schwere, wie 10 zu 1. und die Geſchwindigkeit der aufzuhebenden Schwere iſt in einer Secunde 15 Zoll, folglich v die Höhe, von welcher ein freyfallender Körper fallen muß, wenn er dieſelbige Geſchwindigkeit erlangen ie zoll. von der Wirkung der Windmuͤhlen 257 Zoll. (weil die Quadrate der Geſchwindigkeiten, die ein Koͤrper erlangt, indem er von verſchiedenen Hoͤhen herab fällt, ſich verhalten als wie die Höhen, die Hö⸗ he aber des freyen Falles in einer Secunde = 15 Fuß; und die Geſchwindigkeit am Ende derſelben Hoͤhe, gleich in einer Secunde 30 Fuß) daher n gefunden vb? | — s !orh, und ich ſage: daß die Luft, mit der Kraft, die ſie angewandt, die Fluͤgel in Be⸗ wegung zu bringen, ein Gewicht von z Loth 30 Fuß hoch hätte aufheben koͤnnen. $. 42. Um aber auch die in dem $. 36 gegebene Aufloͤſung durch ein Exempel zu erlaͤutern, ſo habe ich in dem F. 28 gewieſen, daß der Wind, mit der Ge⸗ ſchwindigkeit in einer Secunde 25 Fuß, an einer Muͤh⸗ le, wie fie in dem $. 26 beſchrieben worden, im wa⸗ gerechten Stande 1193 Tb 235 Zoll weit von der Are abſtehend erhalten kann. Nun will ich ſetzen, man verlangte zu wiſſen, wenn ihr in eben dem Abſtande 148 1b. (welches etwa, wie ich hernach weiſen werde, die Laſt iſt, die ſothane Mühle zu heben hat) aufzuhe⸗ ben gegeben worden, wie geſchwind fie daſſelbe Ge⸗ wicht aufheben, oder in was fuͤr Zeit ſie umgehen wird. Hier iſt b, wie in dem §. 28 gewieſen worden = 13.7 Fuß, miſt = 1193 Ib, und n= 148 TB. heißt alſo bm . b’m bm \° == 15,6 — 21372 (==) 224336, 2 n wm—n und es wird der Raum des Windes, während einer Umwendung der Flügel, gefunden gleich N — 21372 + 24336 4 15.6 21 Fuß, und die Zeit, wird — 258 Erfahrungen und Theorie zu einer Umwendung, iſt, weil der Wind in einer Se⸗ cunde 25 Fuß weit geht, gleich 2 Secunden. §. 43. Wäre aber die Geſchwindigkeit des Windes, in einer Secunde z. E. nur 28 Fuß, ſo iſt (weil der Eindruck unter verſchiedenen Geſchwindigkeiten, wie die Quadrate der Geſchwindigkeiten, nach dem §. 9 und 31) das Gewicht, das mit dem Winde im wa⸗ gerechten Stande gehalten werden kann, gleich „ gleich 76315. mithin, wenn dabey die 25 K 2 i angezeigte Saft 148 Tb. gehoben werden fell, fo iſt b 13.7 Fuß, n—=148 Tb. und m — 763 Tb. heißt alſo m 2ın bzm2 no, = 23290 und - mn mn (m-) 28900. daher der Raum des Windes waͤhrend einer Umwendung der Fluͤgel gefunden wird, gleich 7 28900 — 23290 + 170, gleich 75. = 24.5 Fuß. Und die Zeit, zu einer Umwendung der Fluͤgel, iſt, weil der Wind in einer Secunde 20 Fuß weit geht. = 288 Secunden. Die Höhe aber, auf welche for hanes Gewicht in⸗ deſſen gehoben wird, iſt gleich der Peripherie des Zirkels, deſſen Radius der gegebenen Entfernunß von der Are 2.3 Zoll gleich iſt, gleich ir Fuß. §. 44. Rechnet man nun, was eine ſolche Mühle thun koͤnnte, wenn der Wind mit der Geſchwindigkeit in einer Secunde 20 Fuß eine Zeit lang fort daurete, ſo koͤmmt heraus, daß ſie in einer Stunde 2938 mal umgehen, und alſo 434824 Ib. auf die Hoͤhe 1. 44 Fuß aufheben kann. Das Factum aus dem aufgehobe⸗ nen J von der Wirfung der Windmühlen. 259 nen Gewichte in den Raum deſſelben iſt gleich 626146. Herr Belidor hingegen bringe heraus, daß eine ſol⸗ che Muͤhle mit zehn Fuß langen Flügeln, ſieben Fuß hoch gedeckt, und vier Fuß breit, bey eben dem Win⸗ de, wenn fie, feiner Rechnung nach, die groͤßte moͤg⸗ liche Wirkung thut, zu einer Umwendung der Fluͤgel 7 Secunden Zeit brauche, und während ſelbiger 363 1b. (den Cubikfuß rein Waſſer zu 71 IB. gerechnet, welches dem Coͤlniſchen Gewichte beynahe gleich koͤmmt) ungefähr 5 Fuß hoch aufheben ſoll. Das iſt, fie fol in einer Stunde 21572 5 oder 308 Cubikfuß rein Waſ⸗ fer 5 Fuß hoch aufheben. Das Factum aus der Laſt in dem Raume derſelben iſt = 107860 folglich unge⸗ faͤhr den ſechſten Theil ſo viel thun, als nach der ge⸗ genwaͤrtigen Theorie heraus koͤmmt. H. 45. Ich kann nicht laͤugnen, wenn ich dieſe Be⸗ rechnung gemacht haͤtte, ohne zuvor auf dergleichen Muͤhlen Achtung gegeben zu haben, ſo wuͤrde ich aus der Geſchwindigkeit, die heraus koͤmmt, womit eine ſolche Muͤhle umgehen foll, geſchloſſen haben, es muͤſ⸗ ſe nothwendig wo ein Fehler in der Theorie ſtecken. Und ich glaube auch, daß die meiſten eben das Urtheil davon faͤllen wuͤrden, wenn ich ſie ſo ſchlechterdings hergebe, ohne zu weiſen „was eine ſolche Muͤhle wirk⸗ lich thut. Damit ich es alſo auch hierinnen an nichts erman⸗ geln laſſen möchte, fo habe ich bey gedachter Wind⸗ muͤhle auf dem hieſigen Gradirhauſe auf die Art, wie in dem F. 13 gemeldet worden, verſchiedenemal obſer virt, wie geſchwind der Wind geweſen, und wie oft die Muͤhle jedesmal in einer gewiſſen Zeit umgegangen. A R 2 Es 260 Erfahrungen und Theorie 0 Es hat aber ſothane Muͤhle zween Saͤtze, oder Pum⸗ pen, wovon ich die Maaß hernach anzeigen werde, mittelſt welcher ſie die Sohle, nachdem ſelbige das er⸗ ſte mal gefallen, aus dem Kaſten zum andern Falle wieder aufhebt. Beyde ſolche Pumpen hangen an einem Hebel, der von der Welle der Windmuͤhle, die deshalb gekroͤpft iſt, mittelſt einer eiſernen Stange, welche durch die Spindel nieder geht, worauf die Nan ze Muͤhle ruht, bewegt wird. Iſt der Wind ſtark genug, ſo gehen beyde Sütze zugleich, iſt er aber zu ſchwach oder nicht anhaltend, ſo wird einer davon abgehaͤngt; in beyden Faͤllen aber iſt die Laſt alſo getheilt, daß das Windrad im Aufſtei⸗ gen der Welle an der Hälfte, und im Niedergehen wieder an der Haͤlfte arbeitet: Naͤmlich wenn ein Satz daran haͤngt, ſo macht die Schwere der eiſernen Stan⸗ ge ungefaͤhr die halbe Laſt aus; und wenn beyde zu⸗ gleich angehaͤngt ſind, ſo wird auf der Gegenſeite noch ein Gewicht auf den Hebel gelegt, das mit der Stane ge zuſammen ungefaͤhr der halben Laſt gleich iſt. Die Flügel find bey der Axe z Fuß 2 Zoll, und aus⸗ wendig an der Peripherie 3 Fuß 6 Zoll breit, und vom Mittel der Welle ausgemeſſen 10 Fuß ? Zoll lang, wo⸗ von aber nur die aͤußern 8 Fuß 2 Zoll gedeckt ſind. Das Uebrige was die Wendung anlangt, iſt wie in dem §. 25 angezeigt worden. Der ganze Hub aber, den die gekroͤpfte Welle einbringt, iſt gleich 485 Zoll hoch. An dem einen Satze, der näher bey dem Hypo⸗ mochlio, iſt der Diameter der Kolbenroͤhren, welche von Kupferblech zuſammen geniethet find, gleich 52 Zoll, und wenn die Muͤhle 12mal hebt, fo gießet derſelbe Satz 663 Cubikzoll aus. an n von der Wirkung der Windmuͤhlen. 261 Und an dem andern, der weiter von dem Hypo⸗ mochlio abſteht, iſt die Kolbenroͤhre im Diameter gleich 4 25 Zoll, und in 14 mal heben werden 663 Cubikzoll ausgegoſſen. Die Schwere aber von einem Cubikfuß derglei⸗ chen Sohle iſt gleich 78 15. Coöllniſch. Und die ganze Hoͤhe, auf welche die Muͤhle hebt, iſt von dem Waſſerſtande im Kaſten angerechnet, bis zum Ausgießen gleich 27 Fuß. Naͤmlich 132 Fuß ſind die Kielroͤhren 12 5 Zoll weit gebohrt, das uͤbrige macht der Spundfloß mit dem Stiefel und Auſſatze aus, wel⸗ cher Aufſatz oder Ausgußroͤhre bey einer jeden Pumpe etwas weiter gebohrt iſt, als die Kolbenroͤhre weit ift. Im erſten Satze betraͤgt alſo die ganze Colonne Waſſer, welche die Weite des Stiefels 23.78 Quadrat⸗ zoll zur Baſi hal, und 27 Fuß hoch ift : gleich 6420 Cubik zoll, und die Höhe, auf welche fie in einem Hub gehoben wird, iſt (weil in 12 mal heben 663 Cubikzoll ausgegoſſen worden) gleich 215 Zoll. Und in dem andern betraͤgt die ganze Colonne, welche 15.21 Quadratzoll zur Baſi hat, 27 Fuß hoch, gleich 4106 Eubikzoll, und die Höhe, auf welche ſie in einem Hub gehoben wird, iſt, (weil in 14 mal heben 663 Cubikzoll ausgegoſſen worden) gleich 3 18 Zoll. Weil nun die Welle 4,6 Zoll Hub hat, ſo kommen auf ſelbige zu heben von dem erſten Satze ae 7 75 4 3210 Cubikzoll, oder 250 1B. und von dem andern 4106 >< 31 5 3 22767 Cubikzoll, oder 215 IW. Summe für be Saͤtze 465 lb. Die Hälfte davon iſt 233 . Und weil ferner dieſe 233 18. nur durch den Dia⸗ 1 R 3 meter 262 Erfahrungen und Theorie meter deſſelben Zirkels gehoben werden, den dle Kur⸗ bel um die Axe beſchreibt, der Raum aber der Kur⸗ bel, der halben Peripherie deſſelben Zirkels gleich iſt, fo ift die wirkliche Laſt, welche man rechnen kann, daß fie in dem Abſtande 2.3 Zoll von der Axe gehoben wird, gleich 23 = <= 14816. Um aber die Geſchwindig⸗ keit nee zu obſerviren, fo brachte ich das Lager mit den Fluͤgeln und der Glocke, wie es im $. 13 beſchrie⸗ ben worden, auf eine lange Stange, welche neben der Muͤhle aufgerichtet wurde; an dieſe Stange machte ich ein Fleck unter dem Lager ein Stuͤcke Band feſt, ſo, daß es den Fluͤgeln des Windmeſſers nicht in Weg kommen konnte, welches Band ſtatt einer Windfahne die Direction des Windes weiſen mußte. Aus dem Raͤdchen aber, das gegen die Schraube ohne Ende gelegt war und zween Stifte hatte, womit es den Ham⸗ mer zur Glocke aufhob, nahm ich einen von ſolchen Stiften heraus, damit fuͤr einen Schlag auf der Glo⸗ cke 12 Umwendungen der Welle geſchehen, und folglich die Fluͤgel durch einen Raum von 30 Fuß um die Are bewegt werden mußten. Wenn nun der Wind gieng, ſo ließ ich die Stange ſo wenden, daß die Welle, woran die Fluͤgel ſteckten, juſt in der Richtung lag, welche das Band zeigte, als wornach auch zugleich die Muͤhle, die auf der Spin⸗ del leicht mobil iſt, geſtellt wurde, und obſervirte an einer Secundenuhr, wie viel Schläge auf der Glocke geſchehen, ehe 30 Secunden vorbey giengen, deren An⸗ zahl denn, weil der Raum der Fluͤgel um die Are dem Raume des Windes gleich, und wie gedacht, fuͤr einen Schlag auf der Glocke 30 Fuß ausmachte, die Zahl der von der Wirkung der Windmühlen. 253 der Fuße anzeigte, wie weit der Wind in einer Secunde gegangen. Die Gehuͤlfen aber, die ich dabey brauchte, mußten indeſſen bemerken, wie vielmal die Muͤhle, wor⸗ an dermalen beyde Saͤtze angehaͤngt waren, waͤhrend ſolcher 30 Secunden umgieng, indem ich mit Anfang derſelben durch einen Stoß ein Zeichen gab, und mit Ende derſelben wieder eines. Da denn die ganze Db- fervation, wie in folgender Tabelle; allwo die Colon⸗ nen A wie viel Schlaͤge in 30 Secunden auf der Glocke am Windmeſſer geſchehen, oder wie viel Fuß weit der Wind in einer Secunde gegangen, und die Colonnen B, wie vielmal die Mühle in eben denſelben 30 Se: eunden herum komme, anzeigen. A. B. A. 5. 28 — nn 2 O i 28 ai » 1 | © — en —— — k ꝙꝓ — D D D 1) » I O0 1%901% vi=-Iv|v 14 ——— M — TOBIT —y—U— . — 2 81 D > 2 — — A3d¾ͥn— —U —ͤ— — — — 264 Erfahrungen und Theorie A. B. A. B. 23 22 23 22 | 32 32 25 22 26 27 30 * E 20 20 21 aa 24 | 22 7 28 28 26 26 26 26 28 . Summa in 20 Minuten 1019 mal, dabey der Wind uͤberhaupt gegangen 31920 Fuß weit. H. 46. Hieraus eine Vergleichung mit der Theorie anzuſtellen, ſo will ich nun die Geſchwindigkeit des Windes, in einer Secunde 20 Fuß weit, nehmen, als wornach ich zuvor ſchon die Wirkung einer ſolchen Muͤhle berechnet habe. Bey felbiger hat die Mühle, gegenwaͤrtiger Obſer⸗ vation nach, mit beyden Saͤtzen, in 30 Secunden, 18 bis 20 mal gehoben, und die Fluͤgel haben alſo zu einer Umwendung gleich eine und eine halbe Secunde Zeit gebraucht. Setze ich nun, es daurete der Wind mit der naͤm⸗ lichen Geſchwindigkeit unveraͤndert fort, ſo folgt; daß ſie in einer Stunde 2400 mal umgehen wuͤrde, und daß der eine Satz, der, wie gedacht, in 12 mal Aus⸗ gießen 663 Cubikzoll giebt, in der Zeit 132600 Cubik⸗ zoll, und der andere, der in 14 mal Ausgießen die naͤm⸗ liche von der Wirkung der Windmuͤhlen. 265 liche Quantitaͤt giebt, 113657 Cubikzoll, folglich beyde zuſammen 246257 Cubikzoll aufheben muͤſſen, und zwar auf eine Hoͤhe von 27 Fuß. Das heißt: wenn die Geſchwindigkeit des Windes in einer Secunde 20 Fuß iſt, ſo hebt die Muͤhle in ei⸗ ner Stunde 246257 Cubikzoll oder 19208 Tb. 27 Fuß hoch, und die Wirkung, oder das Factum aus dem aufgehobenen Gewichte, in den Raum deſſelben iſt wie 518616. Nach der Rechnung aber hieß es, ſie ſoll in einer Stunde 434824 Ib. 1.44 Fuß hoch aufheben, und die Wirkung, oder das Factum aus der Laſt in den Raum, ſoll feyn wie 626146 und nach Herrn Belidor feiner The⸗ orie ſoll es ſeyn 21572 IB. 5 Fuß hoch, alſo daß die Wir⸗ kung wie 107860 ſeyn muͤßte. F. 47. Ob man hieraus auf die Richtigkeit der Sache ſchließen koͤnne, und ob Herr Belidor nicht beſſer gethan haben wuͤrde, wenn er, wie er an einem gewiſſen Orte von ſich ruͤhmt: on n' oſe s’aflurer de rien dans les ſujets, qui ont rapport a la phyfique, que I experience ne l’ait confirmè, erſt einen Verſuch bey einer Mühle angeſtellt hätte; darüber will ich an⸗ dere urtheilen laſſen. Eine Anmerkung aber will ich hier, von dem Ge⸗ brauche der Windmuͤhlen überhaupt, annoch beyfuͤgen. Wenn man aus der gegenwärtigen Obſervation überhaupt rechnet, was der Wind an der Mühle, in 20 Minuten, gethan hat, ſo koͤmmt heraus, daß er in der Zeit 104556 Cubikzoll oder 8155 15, 27 Fuß hoch aufgehoben, und daß folglich, wenn er ſo fort dauret, in einer Stunde 24465 lb. und in 24 Stunden 587160 2 auf dieſelbe Höhe, 27 Sr „aufgehoben werden koͤnne. R 5 Haͤlt 266 Erfahrungen und Theorie Hält man diefes gegen die Kräfte der Menſchen, ſo iſt ehedem in Arthern, bey Abſenkung eines Schachts, obſervirt worden, daß zween ſtarke Maͤnner, in einer Schicht, oder 8 Stunden, als ſo lange etwa ein Menſch in einem Tage arbeitet, an einem Haſpel 16000 F, 125 Rheinlaͤndiſche Fuß; oder 71704 Ib. 27 Parifer Fuß hoch aufgehoben; und es folgt daraus, daß, wenn der Effect, den der Wind, mittelſt einer ſolchen Muͤh⸗ le thut, durch Menſchen erhalten werden ſollte; ſo wuͤr⸗ den darzu aufs wenigſte 16 Mann erfordert werden; wovon ein jeder des Tages 8 Stunden arbeiten müßte, wenn naͤmlich der Wind beſtaͤndig ſo fort gienge. Rechnet man aber, man haͤtte nur den vierten Theil des Jahrs durch dergleichen Wind, ſo thut doch eine ſolche Muͤhle ſo viel, als vier Mann, welche Wirkung, in Anſehung der Groͤße der Maſchine, ſchon conſide⸗ rabel iſt. Man laͤßt zwar eine ſolche Muͤhle ordinair fo ſchnell nicht gehen, ſondern es werden lieber die Fluͤ⸗ gel nach Gelegenheit des Windes, zum Theil abgedeckt oder ausgethiert; und bey Sturmwinden laͤßt man ſie lieber gar ſtehen. Allein es iſt doch aus gegenwaͤrti⸗ ger Obſervation, da ich ſelbige mit Fleiß mit vollen Fluͤ⸗ geln gehen laſſen, um zu erfahren, was es zu thun ver⸗ moͤchte, richtig, daß es ſo viel thun kann, ja ich wollte mich obligiren, daß es noch weit mehr thun ſollte, als es gegenwaͤrtig gethan, wenn man nur der Maſchine mehr Laſt zu heben geben wollte, als welche ſie ehen⸗ der vertragen wuͤrde, als die Geſchwindigkeit, indem man ſich, wenn man ſonſt mit Maſchinen zu thun ge⸗ habt hat, leicht vorſtellen kann, mit was fuͤr Gewalt es arbeiten muͤſſe, wenn ein ſolches Windrad, 0 de vonder Wirkung der Windmuͤhlen. 267 doch uͤber 20 Fuß im Diameter iſt, in einer Wecuude | umgeben foll. $. 48. Wenn man den Wind, wie er im Monach September, gegenwärtigen Leisten Jahres, eine Zeit lang gegangen, in ſeiner ganzen Force brauchen wollte; ſo wollte ich gar leicht, mit einer ſolchen Muͤhle, in 8 Tagen, mehr thun, als 12 Mann, in einem ganzen Monath auszurichten vermoͤgend ſind. Allein es ge⸗ hoͤrt noch ein beſonderer Kunſtgriff dazu, die Maſchi⸗ ne alſo vorzurichten, daß ſie jedesmal nach Vermoͤ⸗ gen des Windes arbeitet. Ich habe am loten September nach Mittage um drey Uhr, auf dem hieſigen Berge, die Geſchwindig⸗ keit des Windes, wie in vorhergehendem Verſuche ob⸗ ſervirt ! und gefunden, daß er, wenn er am ſtaͤrkſten war, in einer Secunde uͤber 60 Fuß weit fortgieng; und die folgenden Tage war er oͤfters noch ſtaͤrker. Wenn die Muͤhle dabey gehen ſollte, ſo mußte ſie um zwey Drittel abgedeckt werden, ſo daß die Flügel nur ein Drit— tel ihrer ganzen Breite behielten, und ee gieng ſie auch dabey noch zu vehement. Es iſt mir dabey eingefallen: wenn man erwaͤgt, was durch die Kraft des Windes in einem gewiſſen Raume auszurichten moͤglich iſt, und wie weit und breit der Wind geht; ſo wird man gewahr, daß gar erſtau⸗ nende Wirkungen i in der Natur geſchehen muͤſſen, wo⸗ durch der Wind entſteht, und wovon wir gar niche gewahr werden. Kein Fluß in ganz Deutschland iſt ſo groß, es wuͤr⸗ de ſelbiger, wenn man nur einen Platz eine deutſche Meile ins Gevierte, mit ſoviel großen Windmuͤhlen, wie u in Holland geroöhnlich find, beſetzen wollte, als Deren 268 Erfahrungen und Theorie deren darauf Raum haben ohne einander zu hindern, ſich damit auf eine Hoͤhe von 30 Fuß aufheben laſſen. Der Wehrdamm hier an der Saale iſt 335 Rhein laͤndiſche Fuß breit, und man weis aus richtigen Ver⸗ ſuchen, die im Großen gemacht ſind, daß durch eine Oeffnung einen Rheinlaͤndiſchen Fuß breit, und von der Oberflache des Waſſers angerechnet, einen halben Fuß hoch, in einer Secunde bis 2000, folglich in einer Stunde 7,200, 0 und in 24 Stunden 172, 800, oo Cubikzoll, den Fuß in 12 Zoll getheilt, oder 100000 Rheinlaͤndiſche Cubikfuß weglaufe; rechnet man nun, das Waſſer fließe gleich uͤber den ganzen Damm einen halben Fuß hoch, ſo laufen in 24 Stunden gleich 33,500, Oo Rheinlaͤndiſche Cubikfuß, oder 30,207,394 Pariſer Fuß (den Rheinlaͤndiſchen Cubikfuß zu dem Pariſer wie 1000 : nog gerechnet) über ſolchen Damm weg. Da nun eine Mühle, wie die hier beſchriebene, bey einem Winde, wie er in der Obſervation wechſelswei⸗ fe geweſen, in einem Tage 587,160 Ib. oder 8270 Cu⸗ bikfuß ſuͤß Waſſer, 27 Fuß hoch aufhebt, fo wuͤrde den ganzen Fluß aufzuheben 3652 dergleichen Muͤhlen er⸗ fordert werden; machte man aber die Muͤhlen ſo groß wie in Holland, da die Fluͤgel ungefähr viermal ſo lang, und zwey mal fo breit ſind, folglich aufs wenige ſte 8 mal ſo viel Wirkung thun muͤſſen, ſo wuͤrden deren 456 genug ſeyn, und es wuͤrde alſo den ganzen Fluß 27 Fuß hoch aufzuheben, nur an beyden Ufern derſelben, durch einen Strich, eine Meile lang, eine Muͤhle hinter der andern ſtehen duͤrfen, ſo daß von einer zur andern 100 Fuß Raum bliebe. | | Wenn von der Wirkung der Windmuͤhlen. 260 Wenn man rechnet, was die Hollaͤnder alles durch die Windmuͤhlen thun, ſo muß man ſich billig wun— dern, warum ſie an andern Orten, da es auch an ſol— cher Arbeit nicht fehlt, die damit gethan werden koͤnnte, ſo wenig im Gebrauche ſind. Ich weis wohl, es giebt Leute, die ſagen: wenn wir der Hollander ihren Wind haͤtten; ſo wollten wir ſelbigen wohl auch brauchen; allein ich habe andere gefcheidere Leute darüber gehort, die in Holland geweſen, und die im Stande ſind, da⸗ von zu urtheilen, deren ihr Raiſonnement iſt ganz an⸗ ders. Wir ſehen, es giebt bey uns auch Windmuͤblen, fie ſind ordinair ſchlecht gebaut, und man thut doch mit einer dergleichen Mühle, wie ich im §. 24 ſchon erwaͤh⸗ net, das Jahr durch eben ſo viel, als mit einer Waſ⸗ ſermuͤhle gethan werden mag; warum ſollte man es alſo, wenn es recht angegriffen wuͤrde, nicht auch weis ter damit bringen koͤnnen? Ich zweifle gar nicht, daß wir eben ſo viel, ja in gewiſſen Dingen noch mehr Vortheil davon erhalten koͤnnten, als die Hollaͤnder wirklich erhalten, wenn wir nur wollten: Und ich denke, der große Leibnitz hat nichts ungereimtes vorgehabt, wenn er ſie bey Bergwerken appliciren wollen. DEE II. Fort⸗ 270 Uinftändlichee Bericht „. . N. YA. VG · M· K.. HEHE | II. 3 g / Fortſetzung des im vorigen Stuͤcke abgebrochenen Berichts von der | Waſſerſiuth bey Glͤckſadt. er heftige Sturm, welcher am riten Septemb. dieſes Jahrs wehete, und die ungewoͤhnlich hohe Fluth, ſo damals um die Abendzeit ent⸗ ſtand, haben in der Landſchaft Suͤderdithmar⸗ ſchen nicht aller Orten einerley Wirkung auf die Tei⸗ che * gehabt. In einigen Kirchſpielen iſt die Fluth zwar uͤber die Maaße aufgeſchwollen, und das Waſſer theils durch die Ueberfahrten, oder ſogenante Schlippen, gedrungen, theils an einigen Orten gar uͤber die Teiche geſtroͤmet; nichts deſtoweniger aber haben die Teiche ſelber bey dem allen faſt nichts gelitten, und ein voͤl— liger Es hat ein Gelehrter die Bemerkung gemacht, daß man um aggeres a piſcinis zu unterſcheiden, nicht Teiche ſondern Deiche zu ſchreiben erwaͤhlen ſolle. Dieſe Obſervation duͤrfte um ſo mehrern Grund ha— ben, als ſolches Wort von dem plattdeutſchen Dyck Geimreich will es p. 11 von Targn eine Mauer, ablei⸗ ten) herruͤhret, und die Niederlaͤnder deren erſte Urheber find. Indeſſen iſt die Schreibart dieſerhal⸗ ben im ſtilo Curiæ verſchiedentlich, und auch in dieſem Aufſatze die gewoͤhnliche fuͤr dasmal angefangenerma⸗ ßen beybehalten worden. von einer Wafferfluth. azı liger Ueberlauf des Waſſers ift nicht erſolget. Im Kirchſpiel Marne hat ſich die Gewalt des Waſſers zwar etwas mehr geaͤußert, ſintemal in daſiger Teich⸗ bank verſchiedene und zum Theil ziemlich große Locher ausgeſpuͤhlet, und die Ueberfahrt oder Schlippen bey Neufeld in Gefahr geſetzet worden zu brechen, wenn man ſolches nicht noch mit Saͤcken von gefüllter Erde verhuͤtet haͤtte; allein ein wirklicher Durchbruch iſt nicht geſchehen, und die ſchadhaften Stellen find alfo- bald ausgebeſſert worden. Hingegen in den Kirch⸗ fpielen Brunsbuͤttel und Eddelack iſt der Schade an den Teichen, und die damit verbundene Gefahr et⸗ was betraͤchtlicher geweſen. Ueber den Mohrteich im Kirchſpiel Eddelack beym Oeſtermohr, welcher etwa 50 bis 60 Ruthen lang iſt, und zwar von der Ueber— fahrt der Schlippen an, wo der ordentliche Teich ſich endiget, iſt das Waſſer auf eine in daſiger Gegend ſonſt ungewöhnliche Art, dergeſtalt hoch und ſtark her⸗ über gefloſſen, daß die niedrigen Laͤndereyen, im Sie⸗ denfelde genannt, welche einen großen Theil des Kirch: ſpiels Eddelack ausmachen, gaͤnzlich uͤberſchwem⸗ met, und viele Eingeſeſſene auf dem Mohr, dem Aver— lackerdamm, und unten am Teiche bis an die alte Schleuſe, genoͤthiget worden, mit ihren Habſeligkei⸗ ten auf die Boͤden ihrer Haͤuſer zu fluͤchten. Außer⸗ dem hat die ganze Teichbank dieſes Kirchſpiels, welche mit der Brunsbůͤttelſchen vermenget liegt, ſehr viele und ſtarke Beſchaͤdigungen gelitten; und da die Beſi—⸗ tzer und Eigenthuͤmer gemeldeter niedriger Laͤndereyen, den ganzen abgewichenen Sommer hindurch, von dem haͤufigen Regen und Binnenwaſſer viel gelitten: ſo haben fie bey der hinzu gekommenen Ueberſchwem⸗ a mung, 272 Umfeindlicher Bericht mung, die fonft etwa noch zum Theil zu hoffen gehabte Kornerndte voͤllig eingebuͤßet. an Der Kamm des Teiches zu Suͤden derjenigen Ueber⸗ fahrt oder Schlippen, welche bey des Eingeſeſſenen Veltje Kramers Hauſe iſt, und nicht weit von Bruns⸗ buͤttel gelegen, war bereits weggeſpuͤhlet, und das Waſſer ſchon zum Lande eingedrungen, dergeſtalt, daß man boͤſe Folgen beſorgete, falls ſich Sturm und Fluth nicht bald ſetzen wuͤrden. In einer Laͤnge von einer halben Meile war der Teich dergeſtalt ausgeſpuͤhlet, daß man ihn einer zerfallenen Mauer vergleichen konn⸗ te. Der Anfang deſſelben war bey dem Ausfluß der alten Braake *, und zwar zu Norden derſelben, und erſtreckte ſich hinter Nordhuſen; in dieſer Diſtance be⸗ fand ſich die Teichbank durchgehends aͤußerſt beſchaͤ⸗ diget, man ſah an dem Teiche nichts als eingeriſſene Locher, die vielfältig bis auf den Grund des Teiches giengen, und an einigen Orten war es ſchon ſo weit gedie⸗ * Die Braake iſt in der den 25ſten Dec. 1717 ſich eraͤu⸗ geten Waſſerfluth entſtanden, und nach Culemanns Denkmaal der Waſſerfluthen p. 9. derzeit 22 Ruthen breit, im Julio 42 und am Ende Auguſti 52 Fuß tief geweſen, auch in ſolcher Breite und Tiefe eine Vierthel⸗ meile ins Land gegangen. Falls aber dieſelbe nach ei⸗ niger Bericht hernach eine Tiefe von 72 Fuß bekom⸗ men; muß ſolches durch die im Jahr 1718 und nachher erfolgte Einbruͤche verurſachet ſeyn. Gedachter Cu⸗ lemann fuͤhret auch in mehrerwaͤhntem Denkmaal und deſſen Fortſetzungen die oftmalige jedoch ſtets vergeb⸗ lich geweſene koſtbare Bemuͤhungen zu deren Befaſſung an. Da indeſſen dieſelbe durch den von der ein- und ausgehenden Fluth mitgeführten haͤufigen Schlick ſich nach und nach zuſetzete; ſo ſtehet den Nachkommen der⸗ einſt unter goͤttlichem Beyſtande noch eine ſchoͤne Ein⸗ teichung bevor. von einer Wafferfluth. 273 gediehen, daß der Kamm des Teiches auf 6 und mehr Fuß gaͤnzlich durchgeriſſen, und mit Erdſaͤcken ausge⸗ fuͤllet werden mußte. An andern Orten war der Teich bis oberhalb dergeſtalt zerbrochen, daß man den Ue⸗ berreſt deſſelben am Kamme mit einer maͤßigen Stan⸗ ge wegſtoßen konnte. Bey ſolcher dringenden Noth kam es mit dem Kirchſpiel Brunsbuͤttel aufs aͤußer⸗ ſte, und obgleich die Leute aller Orten am Teiche ſich befanden, und alle mögliche Anſtalten vorgekehret wor⸗ den, war dennoch alle menſchliche Macht und Vor⸗ ſicht unzulaͤnglich, eine Ueberſchwemmung abzuwen⸗ den: mithin muß die Abwendung eines ſolchen allge⸗ meinen Verderbens lediglich der goͤttlichen Gnade und Aufſicht uͤber dieſe Landſchaft zugeſchrieben werden. Immittelſt hat man nicht geſaͤumet, den erlittenen Verluſt in den beyden Kirchſpielen Brunsbuͤttel und Eddelack bald thunlichſt zu erfegen, zu welchem En⸗ de die Landſchaft, auf Anſuchen gedachter Kirchſpiele, von 5 Pfluͤgen eine Stuͤrzkarre mit 2 Pferden, einen Treiber und zween Aufſpitter geliefert hat. Die Ar- beit hat am 22 Sept. ihren Anfang genommen, und iſt nunmehr in ſo weit vollendet, daß die mit Erde aus⸗ gefuͤlleten und eben gemachten Stellen nur noch mit Stroh zu beſticken find. Sonſt hat auch die Land⸗ ſchaft fuͤr noͤthig gefunden, um von dem Waſſer, ſo in die Wilſtermarſch eingedrungen, nicht in Schaden geſetzet zu werden, den Dunnenteich am Kudenſee noͤthiger Orten verhoͤhen zu laſſen * Pr Außer * In der am Neujahrstage 1721 erfolgten Waſſerfluth hat bas aus der Braake bey Brunsbuͤttel nach dem Budenfee zuſtuͤrzende Waſſer nahe an demſelben gleich⸗ 9 Band. S falls 7 274 Umſtaͤndlicher Bericht Außer dieſem iſt, dem Hoͤchſten ſey Dank! weder in Suͤderdithmarſchen, noch im Nordertheil und im Friedrichsgaber Koeg ein beſondrer Schade geſchehen: nur daß bey Buͤſum der Teich etwas be⸗ ſchaͤdiget, und die vorhandene Materialien und Werk⸗ zeuge zu der koſtbaren Bollwerksarbeit weg, und an gegenſeitigen Strand getrieben, die Arbeit ſelbſt aber ohne Schaden geblieben. Belangend die Beyhuͤlfe, welche von Seiten der Wilſtermarſch, zu Wiederbefaſſung der Brock⸗ dorfer Braake von hieſiger Landſchaft verlanget wor⸗ den; ſo iſt zwar die erſte Anſuchung darum bereits un⸗ term 24 Sept. auf 200 Mann geſchehen, es hat aber die Landſchaft, nach gepflogener Berathſchlagung, und den vorwaltenden Umſtaͤnden nach, zu den verlangten 200 Arbeitsleuten ſich nicht verſtehen koͤnnen, und da- gegen, mit Ihro Hochfuͤrſtl. Durchl. des Herrn Mark⸗ grafen hoͤchſter Genehmhaltung, eine Mannſchaft, aus 150 Arbeitern beſtehend, und zwar gegen gewiſſe Be: dingungen geliefert *, welche Mannſchaft dann auch bey falls eine große Braake an einigen Stellen über 100 an andern uͤber 50 Ruthen breit, und 16 Fuß tief ausge⸗ riſſen. S. Culemanns Denkmaal p. 223. Wie nun aber dadurch der Austritt des Kudenſees gar unge⸗ mein befoͤrdert worden, ein ſolches aber ſowohl fuͤr die Wilſtermarſch als Dithmarſchen von beſonderer Ge⸗ faͤhrlichkeit iſt: fo find zu deſſen Abwendung die koſt⸗ barſten Veranſtaltungen gemacht; wie denn auch nebſt andern Verfuͤgungen ſolcherhalben die im II B. Corp. Conſt. IV Th. VI Abtheil. N. VI. befindliche Verord⸗ nung unterm 25 Octobr. 1736 ergangen iſt. Bey der unter Direction einer anſehnlichen Koͤnigl. Commiſſion in ao. 1719 und folgenden Jahren vorge⸗ nommenen großen Dithmaͤrſchen Teicharbeit aner außer von einer Waſſerfluth. 275 bey Brockdorf nunmehr ſeit dem naten October wirklich in Arbeit iſt . W 6 „ Daß auch die an der Elbe liegende Adeliche Marſch⸗ guͤter bey dieſem Unfalle nicht frey ausgegangen, wird aus Folgendem erhellen. Denn ſo ſind zuvoͤrderſt im Großcollmarſchen Gebiethe, allwo das Waſſer bis zum Adelichen Hofe eingedrungen, die Teiche ſehr hart beſchaͤdiget, ſo daß zwiſchen Bielenberg und Col⸗ mar 15 Teichbruͤche, deren einige 6 bis 7, andere 14 bis 15 Fuß aus dem ik geriſſen. Der Stickteich 1 S 2 iſt außer einem Commando von 6000 Mann, auch aus der Wilfter = und Crempermarſch, der Herrſchaft Pinneberg und andern Königl. Aemtern die Eingeſeſ⸗ ſene Huͤlfe leiſten muͤſſen, zum naͤhern Beweis, daß bey eceeiner ſolchen Noth, welche die Teichbandesintereſſen⸗ ten abzuwehren außer Stand ſind, die benachbarten huͤlfliche Hand zu leiſten verbunden ſind. Es wird zwar von Hackmann p. 335 dafuͤr gehalten, daß einer ſolchen Huͤlfe halben die Vergütung von den Intereſ⸗— ſenten muͤßte geleiſtet werden. Gleichwie aber ſelbige bey einem erfolgten gefahrlichen Bruche den groͤßten Theil der Arbeit ſelbſt verrichten, die Materialien ſelbſt auſchaffen muffen, und außerdem durch die Ueber⸗ ſchwemmung in unendlichen Schaden geſtuͤrzet werden: fo ſcheinet dergleichen Erſtattung, als welche manch⸗ mal zu ſchwer, ja faſt unmöglich fallen dürfte, eine Un⸗ billigkeit mit ſich zu fuͤhren; wogegen ein ſolcher Bey⸗ ſtand einen gegründeten Anſpruch zu einer reciproquen Beyhuͤlfe bey dergleichen ungluͤcklichem Vorfall hinwie⸗ der mit Recht bewirket. Dem itzigen Vernehmen nach ſoll die Brockdorfiſche Teicharbeit dermalen wohl avanciren, der Keſſelteich ſchon 5 Fuß uͤber der ordinairen Fluth gewonnen ha⸗ ben; auch die Wilſtermarſch geſonnen ſeyn, gedoppelte Mannſchaft aus ihren eigenen Mitteln dazu zu ſtellen. 276 Umſtaͤndlicher Bericht iſt mit dem Gruͤnen ungefaͤhr einen Strich von 150 Ruthen dergeſtalt im Grunde ruiniret, daß es daſelbſt wie auf der wilden Heide durch einander liegend aus⸗ ſiehet. Im Gruͤnenteich ſind eben da, wo die Zaͤune und Rickwerke zur Befriedigung ſtehen *, 12 bis 13 Kammſtuͤrzungen, wodurch binnen Teichs verſchiede⸗ ne Wehlen ausgeriſſen. Acht Haͤuſer ſind von dem wilden Waſſer ganz zerbrochen und weggetrieben, wo⸗ von die Einwohner ſich ſehr kuͤmmerlich retten müffen ; viele andere aber ſo beſchaͤdiget, daß ſie kaum zu re⸗ pariren ſtehen. | Die Eingeſeſſene find itzo mit Ausbeſſerung ihrer Teiche ungemein beſchaͤfftiget; welches denn bey ſo weit verſtrichener Jahreszeit um ſo noͤthiger, da bey deren Verabſaͤumung eine anderweitige hohe Winterfluth nicht allein die Gutseingeſeſſene, ſondern auch die da⸗ hinter liegende Herzhorniſche, Kanzauiſche, zunebſt der Crempermarſch in weit groͤßere Gefahr und Schaden als dießmal, verſetzen dürfte * 5 n Die Schaͤdlichkeit dieſer Art von Befriedigungen am Teiche hat ſich bey dieſer Gelegenheit beſonders zu Ta⸗ 90 geleget; daher man dann auch auf deren Abſchaffung edacht iſt. Es waͤre hoͤchſtnoͤthig, daß bey einem jeden Teichbande ein ordentliches Teichbuch gehalten, und darinn nebſt den außerordentlichen Teichſchaͤden, deren Urſachen, die zu deren Reparation vorgekehrte Anſtal⸗ ten, nuͤtzlich und vergeblich angewandte Koſten und be⸗ gangene Fehler ꝛc. unparteyiſch angemerket wuͤrden. Ein Fuchs hatte in Norderdithmarſchen in einem Zei: che ſeine Grube, waͤre ſolches nicht noch zeitig wahrge⸗ nommen, haͤtte daraus dießmal leicht ein Schade ent⸗ ſtehen koͤnnen. . Der Großcolmarſche Teichgrefe hat zwar Wi die ein⸗ - von einer Waſſerfluth. 277 In den Kleincolmarſchen Teichen ſind viele Karamſtuͤrzungen, und 4 Brüche nebſt einigen Loͤchern binnen Teichs entſtanden, daneben die Schleuſe aus⸗ geriſſen, welcher Schade doch ſchon meiſtens repari⸗ ret iſt; Ein Haus iſt bis auf 2 Fach ganz weggeſpuͤh⸗ let, in deſſen Diehle aber eine etliche Fuß tiefe Kuhle eingelaufen, und haben die Eingeſeſſene gleich den uͤbri⸗ gen an ihrem Getrayde ziemlich gelitten. Der Neuendorfer Teich iſt, weil der Wind nich ſonderlich darauf geſtanden, nur wenig beſchaͤdiget. Dahingegen hat der Teich im Gute Seſtermuͤhe, ſeiner vortheilhaften und hoben Lage unerachtet ‚3 Braaken bekommen, und in der Nachbarſchaft, im Kloſter⸗Ueterſiſchen Diſtrict, fo weit ſolches mit die- ſem Gute Connexion hat, iſt der Teich an zween Orten durchgegangen, fo, daß das Land bis an den Sonnen⸗ teich unter Waſſer geſetzet, zwey Haͤuſer ganz weggeſpuͤh⸗ let und zwey andere ruiniret, und alles im Felde vorhan⸗ dene Korn weggetrieben worden, dergeſtalt, daß ver⸗ ſchiedene ihren Schaden auf einige 100 Rthlr. ſchaͤtzen. | un S 3 Be⸗ Kleincolmarſche Eingeſeſſene die richterliche Huͤlfe im⸗ ploriret, es iſt jedoch demſelben den Umſtaͤnden nach nur die Arbeit aufs Recht machen zu laſſen, verſtattet worden. Sollte aber die Erwägung der Gefahr nicht billig alle Nebenabſichten der Benachbarten aus dem Wege raͤumen; fo daß ein jeder, auch ohne einen rich⸗ terlichen Spruch, der gemeinen Noth zu Huͤlfe eilte, und eine rechtliche Eroͤrterung der dem einen oder andern Theile zuſtehenden Befugniſſe bis zu einer bequemern Zeit verſparet würde, Tum tua res agitur, paries cum preximus ardet! Es ſcheinet aber, als wann unſere | 1 in dieſem Stuͤcke ach eine Erganzung be⸗ düuͤrf en. 278 Umſtaͤndlicher Bericht Beſonders iſt der ſchoͤne Seſtermuͤhiſche Garten * zu beklagen, maßen derſelbe ganz unter Waſſer geſtan⸗ den, und daher an Hecken und Baͤumen viel gelit⸗ ten hat. In den Gütern Haſelau, Haſeldorf mit Hetelen find die Teiche durchgehends fo hart beſchaͤdiget, daß ſie an vielen Orten kaum eine uͤber das Gruͤnſchwart oder Mayfeld gehende Fluth abhalten koͤnnen. Am Cleventeich hat ein gewiſſer Strich Teiches von 43 Ruthen 4 Grundbruͤche erlitten; wie denn auch zwo Schleuſen ausgeriſſen und zerſtreuet worden. Der eine Schleuſenteich iſt dabey 4 Ruthen lang und inwendig 6 Fuß, nach außen aber auf 18 bis 19 Fuß, der andere Schleuſenteich hingegen auf 10 bis 12 Ruthen lang, und der Grund 2 Fuß tiefer als der Schleuſenboden gelegen, ausgeſpuͤhlet. Dem Vernehmen nach iſt man zwar mit Ausfuͤllung der Tiefen, und Ausbeſſe⸗ rung der Teiche bereits beſchaͤfftiget; es iſt aber zu be⸗ ſorgen, daß, wo die bequeme Witterung nicht noch eine geraume Zeit anhaͤlt, ſolche Arbeit vor Einbruch des Winters nicht voͤllig ausgefuͤhret, am wenigſten aber zu Herſtellung der Schleuſen genugſame Zeit vorhan⸗ den ſeyn dürfte **, | | Das Wann man den Hochfürftl. Ploͤniſchen Garten zu Tra⸗ vendabl, und den beruͤhmten Jersbeckiſchen Garten ausnimmt, wird dieſer Seftermübrfche beſonders we⸗ gen ſeiner bey 1000 Schritt langen dreyfachen Allee von Lindenbaͤumen, vor andern Garten in Holſtein mit Recht den Vorzug verdienen. ü * Sollte nicht in den zwiſchen den mannigfaltigen In⸗ tereſſenten ſeit verſchiedenen Jahren wegen Reparation der Teiche obſchwebenden und allererſt bey ee ei⸗ von einer Waſſerfluth. 279 Das Waſeſer ſoll ſelbſt auf dem adelichen Hofe zu Saſeldorf geſtanden, und auch daſelbſt 2 Haͤuſer ganz weggeſpuͤhlet, und die uͤbrigen hart beſchaͤdiget, in der ganzen Gegend aber nicht: über etliche 30 Haͤuſer unbeſchaͤdiget gelaſſen haben. Am Getrayde und Fut⸗ ter haben die Eingeſeſſene ungemein viel verlohren; ſo, daß ſie Muͤhe haben, ihr errettetes Vieh durch den Winter zu bringen. Der Gegend ſoll, nebft2 Frauens⸗ Perſonen, an Pferden und Hornvieh ungefaͤhr 100, an. Gaͤnſen und Enten etliche 100 Stuͤck todt, an Schwei⸗ nen aber mehr ertrunken als lebendig geblieben ſeyn, und wird der Schade, den die Eingeſeſſene an Teichen und Schleuſen erlitten, auf 30000 Rthlr. geſchaͤtzet. Die in der zur Herrſchaft Pinneberg gehoͤrigen Amts voigtey Lieterfen, im Mohr und Clevendick wohnende Eingeſeſſene, haben durch die in der Hafer lau = und Haſeldorfermarſch erfolgte Einbrüche vieles erlitten. Denn zu geſchweigen, daß das auf ihren Marſchfeldern annoch geſtandene Getrayde gaͤnz⸗ lich weggetrieben; ſo iſt auch das in den Haͤuſern be⸗ findliche Korn, weil das Waſſer durch die hoͤchſtgele⸗ gene Haͤuſer gegangen, ſehr beſchaͤdiget und naß ge⸗ worden. Ein gegen die Saſelauer Schleuſe uͤber wohnender Eingeſeſſener hat ſo gar ſeine beyde Kathen mit aller Habſeligkeit eingebuͤßet; als welche mit Stumpf und Stiel durch die ſtarke Fluth weggeſpuͤh⸗ let worden. S 4 In ſteiniſchen Landgerichte zu entſcheidenden Streitig⸗ keiten, eines Theils der Grund des allhier dießmal verurſachten Schadens, und die Urſache zu finden ſeyn, warum die Arbeit daſelbſt nicht ſo ſehr zu beſchleuni⸗ gen ſtehet? 280 Umſtaͤndlicher Bericht In der Kloſtervoigtey Ueterſen haben die Ror⸗ tenmoͤhrer und Sonnenteicher 4 große Braaken in ihren Teichen bekommen, als 2 am Sonnenteiche und 2 am Kortenmoͤhrer Teichdiftricte; letztere find je⸗ doch ſchon repariret. Auf dem Gute Veddel in der Elbe iſt an Teichen und Gebaͤuden großer Schade geſchehen, und ſind 2 ziemliche Grundbruͤche entſtanden, deren Reparation auf 4000 Rthlr. zu ſtehen koͤmmt. Die Vorder⸗ und Hinterkaltenhove hat durch die Aufmerkſamkeit des Hrn. Lutterlohe, als Paͤchters, nichts ſonderliches gelitten: hingegen die Hetlerſchan⸗ ze wie uͤberhaupt, alſo auch an der dieſen Sommer verfertigten neuen Arbeit einigen Schaden gewonnen; welcher jedoch bereits wieder ausgebeſſert ſich befindet. In der Grafſchaft Ranzau und zwar im Kirch⸗ ſpiel Elmshorn iſt die dortige Aue dermaßen ange⸗ wachſen geweſen, daß ſie hin und wieder uͤber den Teich, der von ordinairer Hoͤhe iſt, ſtark uͤbergelaufen, und bey der Kruͤcke hat es nicht viel gefehlet, daß nicht das daſige fo genannte Stoͤpenloch durchgebrochen, welches jedoch durch fleißige Arbeit der Beykommenden verhuͤtet worden. Indeſſen ſind die Marſchlaͤnderey⸗ en der beyden Doͤrfer Kaa und Beſenbeck, durch das vermittelft der Colmarſchen Teichbruͤche einge⸗ drungene Waſſer gaͤnzlich uͤberſchwemmet worden, ohne daß jedoch, ein Paar kleine Kathen ausgenom⸗ men, es in die ziemlich hoch gelegene Haͤuſer getreten. Die daſigen Mohrlaͤndereyen find anfaͤnglich auch un⸗ ter Waſſer geſetzt geweſen, nach Verlauf von etlichen Tagen aber nach und nach wieder in die Hoͤhe getrie⸗ ben, ſo daß, ungeachtet ſie auf dem Waſſer getrieben, den⸗ von einer Waſſerfluth. 281 dennoch das Vieh, welches dahin ſchwimmen muͤſſen, darauf gewendet werden koͤnnen. Anitzo find die Marſch⸗ Laͤndereyen groͤßtentheils wieder vom Waſſer befreyet, und das Mohrland gleichfalls beynahe in feiner vori- gen Situation *. S 5 Im Von dieſer zwar hoͤchſtſchaͤdlichen jedoch bewunderns⸗ mwuͤrdigen Erhebung und Wegfuͤhrung des Mohrs gie⸗ bet uns, außer dem Heimreich und Culemann, Ubbo Emmius in Defer. Frifiae Orient. Chorogr. p. 39. 40. eine gar artige Beſchreibung: 8 Hujus ſoli (unde ignis fomenta, fodi ſolent) inge- nium tale eſt, vt ad pedis percuflum moueatur fubful- tetque velut tremens, dein fluctibus facile cedat, po ſtremo, incumbentem plano aequore aquarum molem ferre non poſſit. Itaque fi quid tale acciderit, hic illie, vt fors aliquid ſoluerit, a fundo prorumpit ac innatat, fragminibus interdum paruis modicisue interdum & ma- ximis, totisque adeo areis aut campis. Cuius rei peri- ti agricolae Dullarti accolae etiam nunc eum aquae in agros inundant, equos immittunt in ſata, quae facilius id malum ſentiunt, & curfum agitant, eoque modo ef- figiunt, vt pulfu equinae vngulae velut foluta aequa- liter ſuperficies paluftris foli binũm fere aut ternüm pe- dum alti ſe attollat, atque innatet, ſenſimque cum vndis rurſum fidat. Sic integra ſaepe prata magnae ac planae nauis inſtar, cum pecoribus, villis, vicis, fanis fluctant, aut vndis ſuſpenduntur. Prodigio fimillima res, & ad- mirationem citius quam fidem apud exteros homines in- ventura : nec noſtris quoque creditu facilis, nifi in ma- gnis eluuionibus per experimenta fuo faepe cum malo eam veram efle difcerent. In hieſigen Gegenden iſt dasjenige Exempel annoch vielen bekannt, da im Jahre 1717 in der Wilſtermarſch ein groß Stuͤck Mohrland mit Haus, Garten, Baͤumen, Menſchen und Vieh des Nachts unvermerkt aufgeho⸗ ben, und einem Marſcheingeſeſſeuen auf ſein Land gefuͤh⸗ ret 282 Umftändlicher Bericht Inm Flecken Elmshorn iſt die Aue fo ſtark aus⸗ getreten, daß nur wenige Haͤuſer vom Waſſer bes freyet geblieben, wie denn auch die Kirche etwas unter Waſſer geſetzet geweſen. Die Herrſchaft Hertzhorn nebſt Sommer⸗ und Groͤnland iſt, unerachtet der von den Unterthanen geſchehenen Vordaͤmmungen, dennoch von dem durch die bey Gluͤckſtadt und Colmar ſich eraͤugete Teich⸗ bruͤche in das Land getretenen Waſſer ebener maßen uͤberſtroͤmet; wodurch dann eine daſige Schleuſe nicht wenigen Schaden genommen. Das Waſſer hat da⸗ ſelbſt eine geraume Zeit geſtanden, die ſchon beſtellte Herbſtſaat verdorben, und die neue bisher verhindert; auch ſonſt den Eingeſeſſenen ziemlichen Schaden ver⸗ urſachet. Daß ret worden, ſo, daß des Morgens weder dieſer, da er juſt vor ſeiner Hausthuͤre einen Baum gefunden, noch die in dem Haufe gebliebene Mohrleute ſich in dieſe Me- tamorphoſe finden koͤnnen. Wer ſollte allhie Beſitzer bleiben, und wer ſollte weichen? Beyde waren auf ih⸗ rem Grunde. Die Sache iſt nicht zu gerichtlicher Ent⸗ ſcheidung gediehen; ſondern die Intereſſenten haben am geratheſten gefunden, ſich desfalls zu vergleichen; und wird vermuthlich der eine ſein Haus abgebrochen, und der andere ſein Marſchland von dem Mohrigten nach und nach zu befreyen geſuchet haben. Heimreich gedenket p. 136 eines Streits zwiſchen den Strandigern und Eyderſtaͤtern, wegen eines auf der Witzworter Feld aufgetriebenen Mohrs, da jene die Bezahlung, dieſe die Abraͤumung geſucht; den Eyder⸗ ſtatern aber das Mohr zuerkannt worden. Eben dieſem Autori zu Folge p. 42 ſoll ſo gar aus Is⸗ land vor Alters ein großes Mohr zu uns gekommen ſeyn, und ſich im Schleswigiſchen auf einem großen Wald, der duͤſtre Dammswald genannt, niedergelaſ⸗ fen haben. Sit fides penes autorem. * von einer Waflerfluth. 283 Daß die Einwohner der Stadt Altona an der Elb⸗ Pier an Waaren und Mobilien gleich den Hambur⸗ gern ein großes gelitten, ſtehet leicht zu erachten; da jedoch desfalls nichts ſpecielles bekannt geworden: ſo beſchließen wir hiermit den wegen der neulichen Waſ⸗ ſerfluth in Abſicht auf Holſtein zu gebenden Bericht; und ſchreiten nunmehr zur Beſchreibung des den Marſchdiſtricten des Herzogthums Schleßwig betroffenen Schadens; wobey wir uns um fo fürzer- faſſen fönnen, als davon nicht fo umſtaͤndliche Nach⸗ richten, wie wir gewuͤnſchet, und manchen Leſern lieb ſeyn wuͤrde, eingelanget ſind. Betreffend demnach zuvoͤrderſt die Landſchaft Stapelholm, ſo find durch die am 11 Sept. 1751 des Abends entſtandene hohe Waſſerfluth, (welche fo un= gewoͤhnlich ſtark geweſen, daß, ſo lange jemand denken kann, niemand ſich erinnert, dergleichen in der fand» ſchaft vorhin erlebet zu haben „indem ſelbige an eini⸗ gen Orten mehr als 2 Fuß hoch uͤber die an der Eyder belegene Teiche gegangen, und alſo durch menſchliche Huͤlfe nichts vorzukehren geweſen, ſondern ein jeder, der ſich allda im Felde befunden, nur auf die Conſer⸗ vation feines Lebens bedacht ſeyn müffen,) nicht allein die beyde Suͤderſtapeler Oſter⸗ und Weſter⸗ marſchkoeg, ſondern auch der Drager Deljerkoeg, nebſt dem Meyerhofe Palborn, dergeſtalt gaͤnzlich unter Waſſer geſetzet worden, daß dabey drey Perſo⸗ nen, worunter des Landvoigts Dienſtmagd mit begrif⸗ fen, elendig ertrunken, und, da noch von dem Ge⸗ trayde nichts geborgen war, alles entweder wegge⸗ ſpuͤhlet, oder von dem ſalzen Waſſer verdorben, und verſchiedenes Vieh erſaͤufet iſt. e dann das Waſ⸗ 284 Umftindlicher Bericht Waſſer auch über die hinter den Weſter⸗ und Deljer⸗ koegen gelegene Moͤhre gegangen, und den Torf aller⸗ waͤrts, fo wie verſchiedene Stuͤcke aus den Möhren ſelbſt hinweggeſpuͤhlet, welche dann auf die Laͤndereyen ge: trieben, und dadurch letztere in fo weit gleichfalls mit verderbet ſind. Den Teich anlangend, ſo haben ſich faſt allerwaͤrts an der Eyder, und zwar von Friederich⸗ ſtadt bis nach Thielen und Scheppern, verſchie⸗ dene Kammſtuͤrzungen und uͤberdem in ſelbigen bey 25 große und kleine groͤßtentheils Grundriſſe oder Weh⸗ len gefunden *. Wie dann auch am Suͤderſtape⸗ ler⸗ Weſterteich eine kleine vor wenigen Jahren erſt neuerbaute Schleuſe durch die Gewalt des Waſſers weggeriſſen, und allerwaͤrts viel Schaden geſchehen iſt. Nunmehr aber hat man durch Kayteiche, und ſonſt alles wieder repariret, und hoffet mit goͤttlicher Huͤlfe wenigſtens dieſen Winter uͤber fuͤr die Sa des Waſſers geſichert zu ſeyn. Wohingegen in dem Amte Gottorf die Teiche der Sohnerharde und zu Meggerdorf eben keinen ſon⸗ derlichen Schaden erlitten, durch deren Ueberlauf aber den Unterthanen an theils Orten das Nachgras und die Weyde fuͤrs Vieh entgangen, mithin ſie dabey eben wenig außer Verluſt geblieben ſind. 5 Da die Intereſſenten des Suͤderſtapeler Teichs wider die Sorker und Gldenwerkerkoege ſuppliciret, daß fie ihnen bey Reparirung ihrer Teiche zu Huͤlfe kommen möchten; ſo iſt von dem koͤnigl. Obergericht zu Gottorf an den Hr. Amtmann zu Gottorf reſcribiret, die letztern in der Güte zu Leiſtung ſolcher Huͤlfe zu vermögen; welches dann auch bewerkſtelliget, und welchergeſtalt 2 geſchehen, angezeiget worden. von einer Waſſerfluth. 285 Obgleich die Landſchaft Eyderſtaͤdt noch von einer Ueberſchwemmung verſchonet geblieben, ſo wird den⸗ noch derjenige, der da weis, daß dieſe Landſchaft“ faſt ganz rings herum durch den Eyder- und Hever⸗ ſtrom umfloſſen iſt, ſich leicht zum Voraus vorftellen - koͤnnen, daß ein ſolcher extraordinairer Ungeſtuͤm, als den 1 und 12 Sept. 1751 entſtanden, auch die daſigen Teiche ſeine Gewalt empfinden laſſen, wiewohl wegen nicht erfolgter Ueberſtroͤnmung weder Menſchen noch Vieh umgekommen. Die Es beſtehet dieſe Landſchaft aus lauter Koegen, welche in einer Zeit von 8 bis 900 Jahren allmahlich durch ungemein ſchwere Koſten beteichet und dadurch zur ge⸗ genwaͤrtigen Conſiſtentz gelanget ſind; wiewohl die Flu⸗ then darinn oftmals erſchreckliche Verwuͤſtungen an⸗ re Von allem dieſen giebet Beimreich in der Nordfreſiſchen Chronik Lib. I. 6. in fine, Lib. II. Cap. 7.8.9. wie auch im III. Buch ausfuͤhrliche Nach⸗ richt. Wie denn auch die von Ive Knudſens und Iver Johns, zween Eyderſtaͤdiſchen Hausleuten, verhan⸗ dene geſchriebene Chroniken, den Statum von Eyder⸗ ſtaͤdt in den alten und neuern Zeiten naͤher zu erken⸗ nen geben. Hatten ſich in den andern und beſonders unſern Solſteiniſchen Marſchlaͤndern verſtaͤndige Eine geſeſſene eine gleiche Muͤhe gegeben, wuͤrde uns die vor⸗ malige Beſchaffenheit derſelben, ſamt deren allmaͤhliche Verbeſſerung, nicht ſo unbekannt als itzo ſeyn. S. Cu⸗ lemann p. 356. Da durch dergleichen Einteichungen und Ueberſchwemmungen der Zuſtand der Marfchlan- der in einem Secule, ſeitdem die in Dankwerths Chro⸗ nik davon befindliche Karten ediret, ſich gar ſehr ge⸗ aͤndert hat: fo wurde derjenige, der ſich mit Verfer⸗ tigung einer neuen accuraten Karte beſchaͤfftigte, dem Publico einen angenehmen Dienſt leiſten. Bey einer erfolgten Ergießung wurde manche a nicht 286 Umſtaͤndlicher Bericht Die hin und wieder geſchehene Kammſtuͤrzungen und andre dergleichen Verletzungen bezeugen den hier: unter erlittenen Schaden, als welche bey ſolchen Tei⸗ chen, deren Lage dem Norden- und Weſtenwinde am meiſten erponirt geweſen, am haͤufigſten und ſtaͤrkſten zu ſehen ſind. Um aber gedachten Verluſt in genera⸗ len Terminis auszudruͤcken: fo iſt zu bemerken, daß zwar keine einzige Commune in dieſem Falle verſcho⸗ net geblieben, inzwiſchen gleichwohl der Augenſchein lehret, daß der Weſterhever, Oſterhever, Uelves⸗ buͤller, Witzworter, herrſchaftlicher und der dar⸗ an ſtoßende landſchaftliche Teich am allermeiſten an ſich betrachtet erlitten haben; wie denn die Teiche an einigen Orten dergeſtalt eingehauen ſind, daß man kaum zu Fuße daruͤber gehen kan. Je gefaͤhrlicher nun dieſe eben beruͤhrte Brüche gegenwärtig beſchaf⸗ fen ſind, deſto mehrere Muͤhe und Koſten wird na⸗ tuͤrlicher Weiſe deren Reparation noch dieſen Herbſt erfordern, in ſofern ſie naͤmlich nach der Beſchaffen— heit der itzigen ohnedem ſpaͤten Jahreszeit applicable und moͤglich ſeyn wird. Dis nicht fo viel leiden, wenn man wegen Conſervation der Mittelteiche vordem groͤßere Vorſorge getragen. S. Culemann p. 374. undſelbige nicht entweder ganzlich abgetragen, oder dennoch durch Abpfluͤgung oder ſonſt ruiniret waͤren. * Die Summe, welche zur ganzlichen Wiederherſtellung dieſer außerordentlich beſchaͤdigten Teiche, allem Anſe⸗ hen nach, erfordert wird, ganz genau vorher zu be⸗ ſtimmen, gehoͤret freylich zu den unmoͤglichen Dingen; indeſſen theilen wir dem Leſer die uns communicirte præſumtive formirte Calcule mit. Wornach denn un- gefahr koſteu wurde Der von einer Waſſerfluth. 287 Da wegen der Stadt Huſum und der dort herum Wein Gegenden der Herr Obergerichtsabvocat Laß! in einer 5 zu ſeiner Huſumſchen Chronik * 1 | Der Teich zu | Weſterhever En sr 5 20000 Nthl. ß. Poppenbuͤll e: e Oſterhever = © 5 1339 5 Tetenbuͤll = 5 a 580 a 626 Uelvesbuͤll : N „ 5000 ar Coldenbuͤttel = z 113333 „ Witzwort s 2 . 7858 =. Oldenswort z 2 Stadt u. Kirchſp. Toͤning nebſt Cogenbi 650 „ Cating z 1000 - Welt und Vollerwieck ⸗ 3800 16 Stadt und Kirchſp. Garding, nebſt Catharinenheerd s = 3333 = St. Peter und Ording e nne i 5 1666 = folglich die Reparation aller Land: kꝛo ſchaftl. Teiche requiriren wuͤrde 43633 Rthlr. 168 Wir wuͤnſchten im Stande zu ſeyn, dem Publieo meh⸗ rere ſolche Nachrichten, welche zur Notitz des Landes fuͤhren, vorlegen zu koͤnnen. Bey Culemann finder ſich p. 340 ſeq. eine Berechnung, der Behuf der Dith—⸗ marſiſchen und Wilſtriſchen Teicharbeit vom Jahr 1718 bis 1727, vornehmlich von der Wilſter ſodann auch der — außerordentlichen Teich⸗ oſten Von dieſem Werke, welches eigentlich unter dem Titel: Sammlung einiger Huſumſchen Tachrichten ber: ausgekommen, und worinn alle Merkwuͤrdigkeiten der Stadt Huſum vom Jahre 1089 bis 1751 anzutreffen, wird in einem der naͤchſten Stuͤcke der Schleßw. Holſt. wesen eine ausführliche Recenſion eingeruͤcket werden. 288 Unmſtaͤndlicher Bericht bereits eine Nachricht von dem alldort verurſachten Schaden mitgetheilet: ſo wuͤrde es uͤberfluͤßig ſeyn, ſolche völlig allhier einzuruͤcken. Jedoch bemerken wir zu Ergaͤnzung dieſes Berichts daraus ſo viel, daß die Gefahr in daſigen Gegenden nicht gering geweſen; maßen die Stadt Huſum guten Theils unter Waf- ſer geſtanden, daſſelbe auch in den ſo genannten Pur⸗ renkoeg und die Suͤdermarſch ziemlich eingedrun⸗ gen, wiewohl dieſe beyde Koege durch zeitige Vordaͤm⸗ mungen fuͤr eine gaͤnzliche Ueberſchwemmung bewah⸗ ret, und ein bey einer andern Fluth der ſehr ruinirten Teiche halben zu beſorgen geweſener Durchbruch ver⸗ huͤtet worden. Auf Nordſtrand iſt gedachter Nach richt zu Folge der Chriſtianskoeg, auf Pilworm aber der Uthermarker und Norderkoeg benebſt den Halligen oder kleinen Inſeln * ganz unter Waſſer geſetzet, und find die Eingeſeſſenen durch den am Ge— trayde und fonft erlittenen Verluſt, wie auch der be⸗ ſchaͤdigten Teiche wegen in anſehnlichen Schaden und Koſten gebracht; doch ſoll, ſo viel man weis, dabey an Menſchen niemand **, an Vieh wenig, und nur auf Ponshallig alle Schafe erſoffen ſeyn. Den Nachrichten aus dem Amte Tundern zu Folge hat der am 9. Sept. aus dem Suͤdoſten N er⸗ heben⸗ Die Einwohner dieſer Halligen ſollen beſonders ihre vom Salzwaſſer verdorbene kleine Saͤtungen oder die kleinen Behälter, worinn fie das Regenwaſſer fur ſich und ihr Vieh ſammlen, bedauren. *Der Hr. Laß, welcher in der obengemeldten Anlage von dieſen Diſtricten eine und andere artige Anmerkung bey⸗ füget, meldet zwar, daß dem Gerüchte nach einige Milch⸗ Maͤdchen bey Friedrichſtadt ertrunken ſeyn ſollten; es werde jedoch ſolches nicht beſtaͤtiget. von einer Waſſerfluth. 289 hebende, den 10 continuirende, am 1x ejusd, aber nach dem Norden ſich lenkende und mit mehrer Heftigkeit blaſende Wind die Nachmittagsfluth ſo hoch getrieben, daß in den naͤchſten 100 Jahren keine höhere Fluch bemerket worden, wie ſelbige denn faſt durchgaͤngig über die Teiche hingeſtroͤmet, und verfchiedene Kamm= bruͤche in denſelben verurſachet: wannenhero es nicht wenig zu bewundern, daß dennoch keine wirkliche In⸗ undation erfolget. Die Teiche ſind indeſſen durchgaͤn⸗ gig ſehr ruiniret worden *, und insbeſondere iſt der Wiedingharderteich faſt aller Orten bis an den Kamm eingehauen, und find die Loͤcher 3,4 bis 5, auch wohl 6 Ellen tief. An nicht wenigen Orten iſt von dem Kamm des Teichs etwa die Hälfte, an andern der dritte Theil, und an einigen Stellen kaum ſo viel uͤbrig geblieben, daß jemand zu Fuß daruͤber hingehen kann; wie dann 3 Stellen in dem Teiche ſind, da der Kamm wirklich durchgebrochen, und unter ſolchen Kammbruͤ⸗ chen iſt einer 18 Ellen breit und 3 Ellen tief, durch wel⸗ 1 | chen * Die Erfahrung hat genugſam gelehret, daß fo wenig die Erd als Steinteiche einer übermäßigen Gewalt des Maſſers allendlich zu widerſtehen vermoͤgend ſind; da⸗ her das von einigen gegen die Steinteiche gehegte Vor⸗ urtheil keinen ſonderlichen Grund hat. Die Macht des Maſſers bricht ſich an den am Fuß des Teichs befind⸗ lichen großen Feldſteinen, wodurch dann zu Zeiten ein Grundbruch verhuͤtet werden kann. Vielleicht waͤre ohne einen ſolchen Steinteich der Schade zu Brockdorf noch anſehnlicher. Es iſt aber auch zu bedenken, baf man hoͤchſt ungern und nur im aͤußerſten Nothfall, wann kein Vorland vorhanden, zu einem in ſeiner An⸗ 1 Fi Erhaltung fo koſtbaren Steinteich ſich ent⸗ chließe. Wh een * 9 Band. 2 290 Umſtaͤndlicher Bericht chen das Seewaſſer ſchon ſehr ſtark gedrungen, und welcher eine gaͤnzliche Ueberſchwemmung und Grund⸗ bruch des Teiches unfehlbar wuͤrde nach ſich gezogen haben, wann nicht die Fluth gleich darauf gefallen, und dadurch dem Ueberſturz des Waſſers geſteuret worden waͤre. Sonſten iſt das Waſſer uͤber den Sandwall vor der hohen Geeſt zwiſchen Hoier und Emmerleff ſtromweiſe hingegangen, und 3 verſchiedene nach Schackenburg, Soier und Emmerleff gehörige Felder uͤberſtroͤmet, und an Korn und Wieſen nicht geringen Schaden verurſachet. Gleichergeſtalt find die Thuͤren vor einer in dem Küuͤtebuͤller Teich liegen⸗ den Schleuſe von dieſer heftigen Fluth entzwey ge⸗ ſchlagen, und dadurch ein großer Theil von dem dahin⸗ ter liegenden Ruͤtebuͤller Koege uͤberſchwemmet wor⸗ den; wiewohl dieſe Schleuſe bald wieder geſtopfet, und dadurch weiterem Ungluͤck begegnet worden. Uebrigens hat der Sturm nicht nur das auf den Aeckern ſtehende Korn haͤufig in den Grund geſchlagen, ſondern das durch den anhaltenden Regen angewachſene Binnen- waſſer hat auch die niedrigen Felder faſt durchgaͤn⸗ gig uͤberſchwemmet, und unſaͤglichen Schaden ver⸗ urſachet. Es iſt kein Zweifel, daß dieſer Bericht aus verſchie⸗ denen Gegenden, welche durch dieſe Waſſerfluth heim⸗ geſuchet worden, noch mehr ergaͤnzet werden koͤnnte. Wie aber die erwartete Nachrichten desfalls noch nicht eingelaufen, und der Beſchluß deſſelben darnach nicht laͤnger aufgehalten werden moͤgen: ſo wird, falls etwas von Wichtigkeit annoch eingeſandt werden ſollte, ſolches hiernaͤchſt in den Schleswig⸗ ge hen mitgetheilet werden. Me 7 | Ehe F Br von einer Waſſerflutb. 291 Ehpe wir ſchließen, richten wir annoch mit wenigem unſer Augenmerk auf die Inſel Helgeland. de Feten dieſer Inſel und deren Einwohner, > dieſem verſchiedene Tage hindurch ausgehaltenen erſchrecklichen Sturme, der dieſer bereits ungemein ab⸗ gebrochenen Klippe * den gaͤnzlichen Untergang zu drohen ſchien, recht zu beſchreiben, iſt eine hiſtoriſche Feder zu ſchwach, und nur ein anderer Brockes fähig, davon eine lebhafte Abſchilderung zu geben . Die Un⸗ erſchrockenheit, mit welcher die auf derſelben wohnende Piloten, mit Ausſetzung ihres Lebens, in ihren kleinen 2 Fahr⸗ * Diefe Inſel, ſo im 11 Szculo noch aus 9 Kirchſpielen beſtanden, und einige Meilen im Umfange gehabt, be⸗ ſtehet itzo, außer den niedrigen Sandduͤnen, in einem hohen Felſen von einem ſehr mäßigen Bezirk. Dank⸗ wert ſtellet in der ſeiner Chronik beygefuͤgten Karte die dreyfache ſehr verfihiedene Beſchaffenheit derſelben im Jahr 800, 1300 und 1649 vor. Siehe auch Hr. Laß neulich in Flensburg gedruckte vorlaͤufige Nachricht von der Beſchaffenheit und Verfaſſung des merk⸗ würdigen Heiligenlandes. 8 vo. Hiebey koͤnnte die in den von dem ſel. Herrn Brockes aus dem Engliſchen uͤberſetzten Jahreszeiten des Hrn. Thomſon p. 313 fa. mitgetheilte uͤberaus nette Be⸗ ſchreibung eines heftigen Sturms und dadurch verur⸗ ſachter Ueberſchwemmung, zu einem Modell dienen. Wir ſetzen daraus nur hieher die den reichen beguͤter⸗ ten Herren gegebene Lehre: O! ſeyd dem duͤrft'gen Tiſch gewogen, der euren mit Verſchwendung deckt; Der euer Weinglas funkeln macht, der euch ſo man⸗ che Luſt erwet : Und fordert grauſam nicht von ihnen, daß ſie euch | das bezahlen muͤſſen, Was ihnen von dem tiefen Regen und wilden Win⸗ den hingeriſſen N 292 Umſt. Bericht von einer Waflerfl. ꝛc. Fahrzeugen“ durch die wuͤtende Wellen brechen, und den in Noth ſeyenden Schiffen zu Huͤlfe eilen, erwir⸗ bet venfelben mit Recht eine Art der Hochachtung. Ihr Beyſpiel zeiget, wie hoch es ein Menſch bringen konne, deſſen Handlungen von einem muthigen und ſtandhaften Entſchluß begleitet ſind: ſo wie die Zu⸗ ſammenhaltung der vormaligen Waſſerfluthen mit der itzigen, und die Erwaͤgung der bey jenen, und dieſer in Hinſicht auf die Jahrs und Tageszeit, die Höhe des Gewaͤſſers, deſſen Wirkungen und Folgen ſich befin⸗ denden Umſtaͤnde“, nachdenkenden und erkenntlichen Gemuͤthern die ſtaͤrkſte Anleitung giebet, die ſelbſt in ihren Zuͤchtigungen ſich vaͤterlich beweiſende Allmachts⸗ hand des Hoͤchſten demuͤthigſt zu verehren. Gluͤck⸗ ſtadt den 6 Novemb. 1751. * Die Wirkungen der Gewohnheit, nach welcher ein Schiffer eben ſo getroſt ſein Schiff, als ein andrer ſein Bette beſteiget, zeiget der Herr Hofrath Triller gar ar⸗ tig in feiner 73ften Fabel: vom Schiffer und Bürger. Es durfte die Unterſuchung der Frage: Gb die neu⸗ liche Waſſerfluth in der kurz vorher in den Savoy⸗ ſchen Gebirgen entſtandenen unterirrdiſchen Ent⸗ ʒůndung ihren Grund habe? der Beſtimmung eines Preiſes von einer Akademie der Wiſſenſchaften viel⸗ leicht nicht unwuͤrdig ſeyn. III. ! 2 | | 293 despsfipeieig dhciesfafech dedesiegeck dk cheat 11 | III. | Nachricht von den ſtraßbergiſchen Puch⸗ und Huͤttenkoſten. Ertheilet Joachim Friedrich Sprengel, Collegen der Realſchule zu Berlin. ie Haushaltung in den Bergwerken iſt meh⸗ rern Abwechſelungen und Unbequemlichkei⸗ ten unterworfen, als diejenige, welche beym Ackerbau noͤthig iſt. Die Klugheit und Geſchicklich⸗ keit hat daher viel ſtaͤrkere Anſpruͤche an jener, und fie verdienet zugleich mehr Hochachtung, wenn ſie in den unterirrdiſchen Feldern bewieſen wird. Der Ueber⸗ fluß hat an dieſen Vortheilen den wenigſten Antheil. Es iſt der Mangel oder der geringere Reichthum, der ſich dieſelben zueignet und die Wirkungen einer vorſich⸗ tigen Ueberlegung ſichtbar machet. Die rechtmaͤßi⸗ gen Beſchaͤfftigungen der Bergleute beſtimmen das Gluͤck der Nachwelt, indem ihre Abſichten auf die Ver⸗ ſorgung der itzigen gerichtet ſind, und niemals ſind die⸗ ſe Verhaͤltniſſe in einer genauern Berbindung, als wenn die Schaͤtze des Erdbodens vermindert werden. Die ſtraßbergiſchen Gruben, von deren Bauart ich in ei⸗ nem der vorhergehenden Stuͤcke dieſer Schrift“ einige 2 Anmer⸗ Hamburg. Magazin Sten Bandes erſtes Stuͤck. 204 Nachricht von den feaßbersifhen. Anmerkungen entworfen habe, ſollen uns hier zu einem deutlichen und nachahmenswuͤrdigen Beyſpiele dienen. Die Vorzüge des Grubenbaues werden durch die Ein- richtung der Puchwerke und Huͤtten vergrößert, und dieſer hat man es hauptſaͤchlich zuzufchreiben , daß der geringe Gehalt der Erzte, den ich gemeldet habe, noch eine anſehnliche Ausbeute geben kan. Wir duͤrfen nicht in die alten Zeiten zuruͤck gehen oder an Weſt⸗ indien gedenken, wenn wir eine Vergleichung der ſtraß⸗ bergiſchen Berghaus haltung mit andern anſtellen wol⸗ len. Es find neuece und weit naͤhere Bergwerke, welche dieſen Unterſchied bemerken laſſen. Dieſer iſt ſehr be- traͤchtlich, wo man anders nicht einige hundert Rthlr. fuͤr eine Kleinigkeit anſehen und alle Neuerungen unter die unerlaubten Huͤlfsmittel rechnen will. Dieſe Verbeſſe⸗ rungen der Schmelzkunſt haben wir allein der Geſchick⸗ lichkeit des Herrn Bergdirectors Koch zu danken, deſſen Einſichten und Veranſtaltungen auch das Beſte ver Nachkommen befördern werden. Ich will die Berechnung der Puch und Huͤttenkoſten fo herſetzen, wie fie mir aus einer glaubwuͤrdigen Handſchrift zu Geſicht gekommen ſind. Sie iſt dieſe: Es ſind 16 Roft 16 Centn. Rohſchmelzerarbeit No. 13 Quartal Crucis 1735 von der Grube Neuhauß⸗ ſtoliberg laut Huͤttenkoſten verſchmolzen und zu gut gemacht. Selbige haben an Koſten erfordert, wie folget. An Sallen⸗Setz⸗ und Puchkoſten. 1) find an Erzten zu gute gemacht, laut woͤchentli⸗ cher Anſchnitte > [5 5 Treiben 20 Tonnen gut Erzt | 2 a = Bergerzt 1 5 : Abhub Summe 12 treiben 20 Tonnen. woraus Ju h⸗ und Huͤttenkoſten. 295 woraus e find 16 Roſt 16 Centner thut aus jedem Treiben eines gegen das andere gerechnet an Roſt oder Centneerr zahl > „1 Roſt o! Centn. 2) Obige 16 Roſt 16 Centn. haben an Hal⸗ len⸗Setz und Puchkoſten e in der Summe 4 19 23 Es koͤmmt daher jeder Roſt zu ſtehen uf ß 2 Thlr. 12 Gr. 18 Hl. oder jeder enen. 2 Gr. 1 Hl. 5 Auf obige 16 Roſt 16 Centn. fo 86 Cent. Werk gegeben und aus welchen 59 Mark 142 Loth Brandſilber gebracht wurden, ſind an Huͤttenkoſten verwen⸗ det, als: Beſchickungs · waͤger⸗Schmelzer⸗ 77 G. 9. und Vorlaͤuferlohn⸗ 21 18 Schlackenlaͤufer⸗ e und Sch. lohn 5 7 Fein Brennerlohn 155 59 Mark 142 deth Brandſilber das Mark zu 8 PP.⸗ 1 15 22 Von 24 Centn. Kauf ⸗ und 425 Centn. Friſchglaͤtte auszuhalten = =: 9 13 251 Maaß Kohlen zu meſſen und zus laufen a 1 Hl. 5 Io ix „ 6 Tonnen Aſche ag Gr. oder 24 Himbden » ..2. 6 = 251 Maaß Kohlen a 6 Gr. 62 18 = 85 Bund Waaſen a 10 Gr. 3 13 83 Centn. oder 2 Roſt 23 Centn. Vor⸗ 5 ſchlaͤge der Centn. zu 2 Gr. 181Hl. 9 1420 Summe der Rohſchmelzerhuͤttenkoſten 95 17 | T4 Es 296 Nachricht von den Graßseeifsen Es koͤmmt alſo jeder Roſt zu ſtehen mit allem Zubehör auf 4 Thlr. 23 Gr. jeder Centn. aber zu = - 4 Gr. Es ſind bey dieſem Rohſchmelzen noch ge⸗ fallen 104 Centn. Bley Rohſtein. Vorſtehende 104 Centn. Bley Rohſtein zu roͤſten, zu wenden und durchzuſchmel⸗ zen hat der Centner, die verbrauch⸗ ten Kohlen, Holz und Waaſen einge⸗ ſchloſſen, an Huͤttenkoſten erfordert 4 Gr. 3 Hl. dieß A von 104 Cent⸗ BEL. nern = * * Es ſind 64 Centn. 1 mal Durchſtechſtein dabey gefallen. Selbige haben zu roͤſten, zu wenden und durchzuſchmelzen er⸗ fordert, jeder Centner, die verbrauch⸗ ten Holz und Kohlen eingeſchloſſen, 4 Gr. thut von 64 Centn . Von dieſen ſind 16 Centn. 2 mal Durch⸗ ſtechſtein wieder gefallen. Selbige ha⸗ ben zu roͤſten, zu wenden und durchzu⸗ ſchmelzen erfordert, die conſumirten Holz und Kohlen eingeſchloſſen, jeder Centn. 42 Gr. thut von 16 Cent.. Auf obi⸗ 104 Centn. Bleyrohſtein a 30 64 Centn. 1 mal Durchſtechſtein 9 16 Centn. 2 mal Durchſtechſtein in Summe 184 Centn. Stein ſind an Holz, Waaſen und Kohlen 577 21 Mal⸗ r 10 16. Bud): und Sittenfeien. | N Holz a 16 Gr. 21 Bund Waaſen a 10 Gr. e 914 Maaß Kohlen a 6 Gr. Thlr. Gr, Hl. Summe der Steinhüttenfoften - 1. 3 Noch Rohſchmelzerhuͤttenkoſten, deren | vorher gedacht worden = = 95 17 '= Summe BES von allen ein koſten 127 6 Es kaͤme demnach ı Roſtin Hüttenkoſten ER zu ſtehen incl. 2 Roſt 23 Centn. Vor⸗ ſchlaͤge auß ⸗ 6 Thlr. 14 Gr. 6 Hl. oder jeder Eenten. 5 Gr. 6Hl. An Kohlen ſind zum Behuf der verſchmol⸗ zenen 16 Roſt 16 Centn., die Silber daraus zu bringen, in der Summe ver⸗ braucht = = 3422 Maaß | Dieß thut auf jeden Roſt 1 Fuder 82 ME. | Dazu: Hallen.» Seg-und Puchkoſten, wie 55 vorher gedacht worden „4 10 23 Allgemeine Sume der faͤmmtl. Koſten 169 1 23 Es koſtet alſo in Summe 1 Roſt, die Silber aus vor⸗ ſtehenden 16 Roſten 16 Centner heraus zu bringen, auf 10 Thlr. 5 Gr. 10 Hl. oder jeder Centner 8 Gr. 4 Hl. Bey vorſtehendem Schmelzen ſind gefallen 59 n 4 u. Brandſilber 1 24 nen. Kau 422 Centn. Friſch⸗ Glatte 191 Centn. Heerd, welcher aber dem bieſgenSchmel ö zen nicht wieder vorgeſchlagen, 15 1 Bley daraus gemacht wird. | T Uhl nm Der 298 Nachricht von den ſtraßbergiſchen Verzeichniß 59 der im vorſtehenden bey den Huͤttenkoſten Wee ten Preiſe, ſo wohl von Arbeitslohn als ver⸗ brauchten Materialien. 1) Arbeitslohn fuͤr en 1 905 Thlr. Gr. Pen Brennerlohnn⸗ ec Schmelzerloͤhn * . e > 6 Vorlaͤuferlohn e a = Geile Schlackenlaͤuferlohn = s „ Auf die Beſchickung zu wögen - 3 Anz Roſtlaͤuferlohn 5 er er Kohlen zu meflen jedes Maaß zu „1 Treiber- u. Schuͤrerlohn a Cent. Werk 17 Pucherlohn von ı Kübel Stein „ 4 Das Roſtbette zu machen und dieStei⸗ | ne darauf zu bringen a Roſt > 5% % 20 Fuͤr den Stein einmal zu wenden und zu trecken a Roſt » „ ı 1 16 Fuͤr 2 mal zu wenden und zu trecken a Roſt Nie en Fuͤr die Roſte abputreen und er | waͤgen = 5 Er Fuͤr 1 Centn. Kaufglätte auszuhalten J 6 „1 Centn. Friſchglaͤtte auszuhalten 2 Treiben Erzt he eee ß zu fahren „ 14 „ | Straßbergl. Preiſe. 2) Verbrauchte Materialien. Ehe Hl. Für 1 Malter Roͤſtehol;z - ⸗ ⸗ 4 8 „Maaß büchene Kohlen A ä * 1 Stuͤck Treibholz * 2 3 2 * a 1 Bund Waaſenů⸗ů 10 “= 1 Tonne Afche oder 4 Himbden 2 98 Die — ee vom 1 Gehalt der bes, amen folgende: e e Brandfüber | n | Tentn. Pf. P 3 1 52 14 , 4 37 12 3 5 Ar 14 „4 1 214 „ 2 19 2 8 132 24 18 9 au 2 2 5 een = 496 C. oder 59 145 ini 16 Thl. 16 C. er Sc darf nich befürchten, daß dieſe Rechnung von Bergwerksverſtaͤndigen für unerheblich und unnoͤthi angeſehen werden koͤnne. Viele Gruben werden * laͤßig, weil ſie die Koſten nicht tragen. Eine vor⸗ ſichtige Haushaltung wuͤrde dieſem Untergange man⸗ cher unterirrdiſchen Gebaͤude abhelfen koͤnnen, wenn ſie die Einrichtungen anderer Bergwerke zum Muſter naͤhme. Es iſt die Wohlfahrt und Unterhaltung vie⸗ ler Menſchen „die dadurch erlangt werden kann, und es waͤre zu wuͤnſchen, daß die Veranſtaltungen bey dem Grubenbau und in den Huͤttenwerken nicht ſo viel Geheimniſſe enthielten, welche die Menſchenliebe nur in gewiſſen Abſichten zulaſſen. Der Neid, welcher den alten eiten eigenthuͤmlich war, erdachte verbor⸗ gene Kuͤnſte. Die Markſcheider waren verſchwie⸗ gene Druiden, die ihre Einſichten nur alsdenn etwas emeiner machten, wenn ſie alle Gebraͤuche der Vor⸗ fern und alle Vorſchriften der Geſetze vernichten wollten. — 300 Carſtens Betrachtungen wollten. Unſere Tage ſind von dieſem Eigenſinn meh⸗ rentheils befreyet, und es iſt zu glauben, daß die Ver⸗ ſchwiegenheit, welche der menſchlichen Geſellſchaft nachtheilig itt auch die Ufer des Acherons und die Werkſtaͤte des Vulcans in kurzer Zeit verlaſſen werde. * *k * * * * * * * * * X * * * * * * * * | IV. Anton Ludwig Carſtens, Predigers zu Witzendorf Betrachtungen über den 2g ſten D beſonders uber die Worte v. 3 Der Gott der Ehren donnert Mit einem Vorbericht von Veranlaſſung dieſer Schrift. Hannover 1751. 8. IE Abſicht iſt anitzo nicht fo wohl den In- | halt dieſes ganzen Buches anzuzeigen, als vielmehr die beſondere Begebenheit, deren im Vorbericht gedacht wird, zu erzaͤhlen, und die Ur⸗ ſachen davon anzubringen, die der Herr Verfaſſer ſei⸗ ner Nachricht beygefuͤget. In der Gegend, wo Herr Carſtens lebet, zeigte ſich 1748 den 31 May nach Mit⸗ tage ein Gewitter, welches zwar im Anfange nicht ſtark geweſen, doch nach einiger Zeit einen ſo heftigen Schlag in den Kirchthurm gethan, daß er davon faſt ganz zu runde ‚über denaoften Pſalm. 301 Grunde gerichtet worden. Gleich nach dem Schlage hat man aus dem Kirchthurme einen großen Dampf aufſtelgen ſehen, und ſelbſt die Kirche war bey ihrer ‚Eröffnung ebenfalls mit dickem Rauche angefuͤllet. Die oberſte eiſerne Stange mit dem Wetterhahn, war gerade uͤber dem Knopf des Thurms abgeſchlagen. Die eichenen Schindeln waren rund um den Thurm her, von oben, bis auf die Haͤlfte der Hoͤhe, wo die Stundenglocke haͤngt, ganz abgeworfen, ja ſie waren auf 200 Schritte vom Thurme ſeitwaͤrts geftoben. in Paar Sparren waren zerſplittert. Eine große Anzahl Mägel fand man heraus geriſſen und um den Thum zerſtreuet. Die eiſerne Kette, die zum Hammer der Schlaguhr gieng, war an vielen Orten gebrochen. Einer von den Hauptquerbalken, worauf die Sparren des Thurms lagen, war eine ganze Strecke hin abge⸗ brochen und zerſplittert. Auch ſelbſt in dem Kirchda⸗ che und in der Orgel hat der Stral einigen Schaden verurſachet. Er hat große ſteinerne Pfeiler außen an der Kirche zerſchmettert, und noch andere große Bal⸗ ken geſpalten. Die Schindeln und die Balken waren an einigen Stellen zu Kohlen gebrannt. Dieſes alles hat Herr Carſtens ſehr genau betrachtet, und wuͤn⸗ ſchet, daß kuͤnftig die Oerter, wo der Blitz hingetrof⸗ fen, alsbald in Augenſchein genommen wuͤrden, um hinter die wahren Urſachen des Feuerſtrals zu kom⸗ men. Von den gegenwaͤrtigen Wirkungen des Wet⸗ terſtrals urtheilet der Herr Verfaſſer folgender Ge⸗ ſtalt: Es habe ein Donnerſchlag ganz oben am Thur⸗ me angefangen, und ſey von da in den Thurm hin⸗ unter gefahren; hierauf habe er ſich etwa in der Mit⸗ te des Thurms in mehrere Stralen getheilet; der eine Niere er davon 302 Carſtens Betrachtungen davon ſey in das Gewoͤlbe der Kirche gedrungen, an⸗ dere haben die beyden Eckpfeiler der Kirche an beyden Seiten getroffen. Hiernaͤchſt glaubt er, der Blitzſtral ſey aus einer kleinen ſchwarzen Gewitterwolke, die er gleich nach dem Schlage, nicht weit von dem Zenith des Thurms wahrgenommen, entſprungen, und aus ihr auf den Thurm zugefahren. Jedoch ſcheint ihm bey die⸗ ſer Muthmaßung noch etwas bedenklich zu ſeyn. Wenn naͤmlich der Blitz von oben nach unten zugefahren, ſo kan er es nicht damit reimen, daß die Schindeln von der ganzen Haͤlfte der Hoͤhe der Spitze des Thurms rund herum abgeſchlagen waren. Denn es ſcheint ihm dieſes keine Wirkung eines von oben herunter fahren⸗ den Strals zu ſeyn, der nur in einem kleinen Striche zu zerſchmettern, nicht aber eine vieleckigte Spitzſaͤule, dergleichen die Thurmſpitze geweſen, in ihrem ganzen Umkreiſe, und von allen Seiten, auf gleiche Weiſe zu faſſen pfleget. | Nachdem Herr Carſtens den Knopf herunter neh⸗ men laſſen, hat er an demſelben noch gar vieles be⸗ merket. Er hatte verſchiedene Beulen, Streifungen und Loͤcher bekommen. Der Blitz ſcheinet ihm von unten auf in den Knopf, und oben wieder heraus ge⸗ fahren zu ſeyn. Man kann die ganze Beſchaffenheit des Knopfes auf dem Titelkupfer ſehen. | Hierauf koͤmmt der Herr Verfaſſer auf die phyſika⸗ liſchen Gruͤnde dieſer Begebenheit. Er fragt zuerſt: ob die Blitze auch von unten auf in die Hoͤhe fah⸗ ren koͤnnen? Herr Maffei hat dieſes in ſeiner Sammlung phyſikaliſcher Briefe behauptet *, Allein Herr Profeſſor Kaͤſtner hat dieſe Meynung ſchon | | wider⸗ Siehe amb. Magazin 2 Band S. 284. u. f. über den ꝛoſten Pfam. 303 widerleget *. Herr Carſtens tritt der Meynung des Herrn Profeſſor Kaͤſtners bey, und ſetzet dem Herrn Maffei noch folgendes entgegen: Die faſt durchgaͤn⸗ gige Erfahrung lehret, daß ein Wetterſtral nur als⸗ denn erfolge, wenn Gewitterwolken am Himmel ſind; ja ordentlicher Weiſe erſt, wenn das Gewitter gerade uͤber dem Orte ſtehet, wo es Schaden anrichtet. Ob es nun wohl an dem iſt, daß unter zwey Din⸗ gen, die der Zeit nach genau mit einander verbunden ſind, eines nicht eben die Urſache des andern iſt; ſo kann man dieſes doch gar wohl vom Gewitter behau⸗ pten, wenn es Schaden ſtiftet. Denn niemals geſchieht die Zerſchmetterung oder Entzuͤndung vor dem Anzu⸗ ge des Gewitters, und die Gaͤhrung der Duͤnſte an der Erde, und in verſchloſſenen Gebäuden; fie geräth dann erſt zum Ausbruche, wenn die ſchon von ferne blitzende Wolken gerade uͤber ihnen ſtehen. x Aus dieſem ſchließt der Herr Verfaſſer, daß die meisten Wetterſtralen aus der Hoͤhe herab, vielleicht auch aus den Gewitterwolken ſelbſt auf die Erde zu⸗ fahren, und da, ſonderlich wenn ſie unten an der Erde friſche Nahrung finden, allerley Unheil ſtiften. Je⸗ doch glaubt er, daß die Wetterſtralen, welche bis auf die Erde reichen, nicht in der oͤberſten Luft, ſondern in einer niedrigen Entfernung von der Erde ihren Ur⸗ ſprung nehmen. Dieſes zu beweiſen werden verſchie⸗ dene neuere Naturforſcher angefuͤhret, die in ihren Schriften dergleichen Beyſpiele angebracht haben. Es koͤnnen aber auch zuweilen Entzündungen mit einem drauf folgenden entſetzlichen Knall ganz unten auf der Erde, oder doch br nahe über ihr, entſtehen, 0% Me ö un d : und Wr 1 Siehe Samb. Magazin im Wa Band S. 2767287. — 304 ECarſtens Betrachtungen und wirklich in die Höhe fahren. Das gegenwaͤrtige Ungluͤck, welches der Herr Verfaſſer erzaͤhlet hat, iſt davon ein ſicherer Beweis. Jedoch will er nicht ganze lich beſtimmen, wie es mit der ganzen Zerſchmette⸗ rung des Thurms zugegangen; Er pflichtet dem Ur⸗ theil des Herrn Profeſſor Kaͤſtners bey, daß man bey der unbekannten Beſchaffenheit des Blitzes zufrie⸗ den ſeyn muͤſſe, die Sache überhaupt begreiflich gemacht zu haben. Alles was er davon muthmaßet, iſt dieſes: daß die Entzuͤndung, woraus alle Zerſchmetterung ent⸗ ſtanden, nicht außerhalb ſondern innerhalb in dem Thurme ſelbſt entſtanden; was es aber fuͤr eine Samm⸗ lung von Dänſten geweſen ſeyn mag, die ſich eben da⸗ mals in dem oben von allen Seiten eingeſchloſſenen Thurme befunden, und wie ſie in eine ſolche Gaͤhrung gerathen, daß ſie ſich ſelbſt entzuͤndet, kann der, Herr Verfaſſer ſelbſt nicht beſtimmen. Er muthmaßet ferner, daß, obgleich die Entzuͤn⸗ dung der Duͤnſte im Thurme ſelbſt vorgegangen, ſie doch nicht ganz unten an der Erde, ſondern in der Spitze des Thurmes entſtanden, und ihre Wirkungen ſo wohl nach unten, als nach oben zu erſtrecket habe. Am al⸗ lerwahrſcheinlichſten bleibt es ihm, es ſey die Entzuͤn⸗ dung der Duͤnſte im Thurme ſelbſt entſtanden, und der Herr Verfaſſer gedenket ein ſehr merkwuͤrdiges Exem⸗ pel eines in die Hoͤhe gefahrenen Blitzes erlebt zu ha⸗ ben. Wenn nun auch dieſes geſchehen, ſo koͤnnen doch auch in ſolchem Falle zugleich Wirkungen unterwaͤrts nach der Erde zu vorgegangen ſeyn. Denn wenn ſich eine Menge von dergleichen Duͤnſten entzuͤndet, und ihre Stralen zugleich nach unten und oben zu ver⸗ ſchickt; ſo kann man Zeichen des Drucks ſo wohl ober⸗ rennen 1 als rler den ꝛgſten Palm. 305 als unterwaͤrts finden. Herr Carſtens hat ben Auf⸗ richtung des Thurmes eine auf Pergament gefchriebe- ne Nachricht von dem Ungluͤcke, das dieſen Thurm be⸗ troffen, in den Knopf geleget, und einige Strophen deutſcher Verſe beygefuͤget. | * Auf den Vorbericht folget die Erklaͤrung des ge⸗ dachten Pſalms. Es iſt nicht unſere Abſicht, von derſel⸗ ben zu reden. Wir fagen nur fo viel, daß Herr Car⸗ ſtens alles Noͤthige beſitzet, die Herrlichkeit des Scho⸗ pfers aus den Werken der Kata darzulegen. Un eben deswegen verdienen ‚feine Betrachtungen mit Aufmerkſamkeit geleſen zu werden, da man ſich von denſelben eine ſichere Erbauung ver⸗ 08 ſprechen kann. = „ RER ER % Auszug eines Schreiben? des Herrn Bergſchreibers Lins e zu Suhl, nal 1 eh: . * von 1 7 Silber, fo beym Eiſenſchmelzen beobachtet worden. . Monath May 1751 der koͤnigliche Hohe⸗ | ofen bey Suhl von Grund aus abgetragen und neu erbauet worden : ſo hat ſich beym Einreißen befunden, daß 5 bis 6 Schuh über dem Herde ringsherum, am gllermeiſten aber in den Lö⸗ o u 9 Band. chern, 306 Nachr. vom Hohenofen zu Suhl. chern, fo der inwendige Hoheofenſchacht oder das Fut⸗ ter, durch die in waͤhrendem Schmelzen herausgefal⸗ lene Futterſteine, erhalten, wie auch in den Ritzen, ſich ein gruͤnlicher theils roͤthlicher Schlacken angeſetzt, welcher die ſchoͤnſten Silberkoͤrner enthalten, davon die groͤßten, wie eine Linſe, die meiſten aber wie Hir⸗ ſen geweſen. Theils hat ſich auch das Silber an und in den Schlacken wie angeſchmaucht ſehen laſſen. Un⸗ ten an den gegoſſenen Platten hat ſich oft ein Silber⸗ ſchaum gezeigt. ; Dieſes Silber muß entweder aus den unterſchiede⸗ nen Steinen, ſo zum blinden Futter gebraucht wor⸗ den; oder aus dem zur Verbindung gebrauchten Lei⸗ men, ſo ſehr artig und glimmrig anzuſehen iſt; oder, welches am wahrſcheinlichſten, aus den Eiſenſteinen ſelbſt gekommen ſeyn, da es denn, durch den ungluͤckli⸗ chen Ausgang des Hohenofens, da ſolcher mitten im Schmelzen zuſammen gegangen, und durch die darauf erfolgte Erkaͤltung gleichſam praͤcipitirt und erhalten worden. Iſt dieſes: ſo muß waͤhrend eines 16 bis 20 Wochen anhaltenden Schmelzens viel Silber um⸗ gekommen ſeyn. Ich werde bey kuͤnftigem Ausge⸗ hen des Hohenofens die Sache weiter un⸗ er terſuchen. y ee ee 307 aan See Sd G- S En VI. | g in einigen neuen Schriften. KT err Georg Moritz Lowiez, Mitglied der Kof- N mogr. Geſellſchaft, hat das ihm aufgetrage⸗ ne Lehramt der mathematiſchen und aſtro⸗ nomiſchen Wiſſenſchaften, in welchem er Herr Doppel⸗ meyern nachfolget, durch eine feyerliche Rede den 27ſten des Chriſtmonaths, abgewichnen Jahres, angetreten. Die Einladungsſchrift dazu enthalt die Beſe chreibung eines Quadrantens, der zur Sternkunde und zu den Erdmeſſungen brauchbar iſt, aufz Bogen in 3 nebſt einem Kupfer. Herr Lowiczens Quadrant iſt mit zwey Sehroͤhren verſehen, die ſich um ſeinen Mit⸗ telpunkt bewegen. Die kleinen Theile der Bogen werden durch ein Mikrometer gemeſſen; das Geſtelle iſt ſo eingerichtet, daß der Quadrant beyderley er⸗ waͤhnte Dienſte bequem und ohne Abgang der Richtig⸗ keit thun kann. Herr Lowicz lehret nicht nur die Zu⸗ ſammenfuͤgung dieſes Werkzeuges, ſondern auch wie es zum Gebrauche zuzubereiten und die Mißweiſung deſſelben zu entdecken iſt, in welcher Abſicht er unters ſchiedene dazu brauchbare algebraiſche Formeln bey⸗ bringt. Mehr Nachricht muͤſſen ſich die Kenner aus der Schrift ſelbſt erholen. Herr Lowiczens Rede han⸗ delte von dem wahren Nutzen, der aus der hoͤhern Ma⸗ thematik auf das menſchliche Geſchlecht fließet. Man ſieht aus dieſer Schrift auch mit Vergnuͤgen, daß das Obſervatorium zu Nürnberg in vollkommenen Stand geſetzet, ‚und auf einen der bäbeften Thuͤrme verlegt wer⸗ anf den 308 Von einigen neuen Schriften. den ſoll. Uebrigens beweiſet dieſer Aufſatz Herr Lo⸗ wiczens eine ſchon laͤngſt bekannte Wahrheit „daß er eine ſtarke theoretiſche Einſicht mit ungemeiner prakti⸗ ſchen Geſchicklichkeit verbindet. | Berlin. Im Verlag der hieſigen Realſchule iſt eine neue phyſikaliſche Monathſchrift angefangen worden, welche den Titel fuͤhret: Monathliche Beytraͤge zur Naturkunde, herausgegeben von Joann Dan. Denfo, Koͤn. Prof. am Collegio Gröningiano illuſtri zu Stargard ꝛc. Jedes Stuͤck von den beyden erſten, welche wir in Händen haben, enthält 6 Bogen in 8. Ihr Inhalt iſt I. Herr Denſos Beytraͤge zur Wil ſenſchaft von den Winden; an die Koͤn. Geh der Wiſſ. zu Greifswalde. Herr Denfo träge darinne verſchie⸗ dene gegruͤndete Erinnerungen von den Winden und deren Beobachtung wegen der Witterungsgeſchichte vor, die von ſeiner beſondern phyſikaliſchen Einſicht und Aufmerkſamkeit auf die Natur zeugen. II. Herr Wallerius Abhandlung von der Chemie, aus dem Schwediſchen uͤberſetzet. Herr Wallerius hat in dieſem Schreiben einem guten Freunde Begriffe von der Beſchaffenheit und dem Nutzen der Chemie gegeben, die jemanden, der etwa bey uns Boerhavens Chemie geleſen, oder von den unzaͤhlbaren Anwendungen der Chemie beym Schmelzweſen, Färben, Salzſieden c. nur einige geſehen hat, eben nicht neu ſeyn werden; da aber unter uns Deutſchen ſo viele, auch ſeyn wollen Naturforſcher ſich befinden, die von allen dieſen Sa⸗ chen nichts wiſſen: ſo wird dieſe Ueberſetzung fuͤr ſol⸗ che noch lehrreich genug ſeyn. III. Nachricht von Oli⸗ ger Jacobai Muſeo Danico. Herr Denſo hat die Er⸗ lahlung des Inhaltes dieſes Buches ſo eingerichtet, daß Von einigen neuen Schriften. 309 daß er es durchgehends mit Olearii Beſchreibung der Gottorpiſchen Kunſtkammer verglichen, und bey den angezeigten Naturalien ſo viel leſenswuͤrdige Erinne⸗ rungen beygebracht, daß dieſer Auszug auch denen an⸗ genehm ſeyn kann, welche die Buͤcher ſelbſt ſchon beſi⸗ gen, IV. Beſchluß des Artikels von der Scheidekunſt. Da die Liebhaber der Naturforſchung Herrn Denſo ſchon fuͤr die phyſikaliſchen Briefe, die Ueberſetzung von Wallers Mineralogie u. d. g. verbunden ſind: ſo werden ſie ihm auch fuͤr dieſe Monathſchrift und deren Fortſetzung zu neuem Danke ver⸗ pflichtet werden. | „ * * f | VII. Unterſchiedene zur Arzneykunſt gehoͤrige 50. Anmerkungen. J. Die erfahrenſten Aerzte können kaum verhuͤten, . daß fie nicht von denen in der Lunge ver: ſteckten Eitergeſchwuͤren (vomica) zuwei⸗ len betrogen werden ſollten. Faſt alle andre Geſchwuͤ⸗ re, die in den edlen Theilen des Leibes ihren Sitz ha⸗ ben, find mit den heftigſten Schmerzen, mit zehren⸗ den fieberhaften Bewegungen, und andern in die Sin⸗ ne fallenden Kennzeichen verbunden, woraus ein Arzt die Gefahr leicht abnehmen und vorher ſagen kann, die ſeinen Patienten drohet. Die Vomica iſt wenigſtens U 3 unter 310 Unterſchiedene Anmerkungen unter allen dergleichen Krankheiten, eine mit von den betruͤglichſten, indem bey der hoͤchſten Lebensgefahr oͤf⸗ ters nur ganz leichte Beſchwerlichkeiten angeklagt wer⸗ den, die man nicht einmal im Ernſte gefaͤhrlich nennen kann, ohne in den Verdacht einer groben Unwiſſen⸗ heit und uͤbertriebenen Furchtſamkeit zu gerathen. Ich glaube nicht, daß jemand das geringſte dabey werde einzuwenden haben, wenn ich behaupte, daß unſre Kunſt arm an ſichern Kennzeichen iſt, dieſes Uebel auch ſo gar, wenn es ſchon dergeſtalt uͤberhand genommen hat, daß nur noch wenige Tage bis zu dem Beſchluſ⸗ fe der Krankheit übrig ſind, jederzeit zu erkennen; und man muß ſich alſo noch zur Zeit bloß damit begnuͤgen laſſen, durch Anfuͤhrung ' ſolcher unerwarteten Beyſpie⸗ le, die beſonders noch nicht genugſam erfahrnen und gewitzigten Aerzte, auch auf die geringſcheinenden Zufaͤl⸗ le unſers Leibes aufmerkſam, und in ihrem Verfahren und Prophezeihungen behutſam zu machen. Ich halte in dieſer Abſicht folgende beyde Beobachtungen fuͤr ſonderbar genug, um ſie oͤffentlich bekannt zu machen. Ein gewiſſer junger Gottesgelehrter, von 28 Jahren, der bey vielem Fleiße eine ſehr eingezogene und ftille Lebensart führte, hatte bis in fein zwoͤlftes Jahr, öfters und häufig aus der Naſe geblutet. Nach der Zeit war er von dieſer Gewohnheit abgekommen, und ſeine Natur hatte dieſe natuͤrliche Blutausfuͤhrung durch keine andre erſetzt; ſondern er verſpuͤrte vielmehr ſeit der Zeit faſt alle Viertheljahr einen Schmerz im Hal⸗ ſe, wobey die aͤußern Druͤſen anliefen und ſich verhaͤr⸗ teten, und die Mandeln (Tonſillæ) ein wenig entzuͤn⸗ det zu ſeyn pflegten. Ungeachtet dieſer Schmerz nur immer wenige Tage daurete, nach deren n die Ent⸗ ſo zur Arzneykunſt gehoren. zu Entzündung der Mandeln, ohne daß fie jemals zum Aufbrechen gekommen waͤren, wie auch die Geſchwulſt und Verhaͤrtung der aͤußern Druͤſen, faſt von ſich ſelbſt wieder nachließ; ſo entſchloß er ſich dennoch im 18ten Jahre, um dieſes Uebel los zu werden, jaͤhrlich drey⸗ mal am Fuße zur Ader zu laſſen. Er hatte dieſes zehn Jahr ununterbrochen fortgeſetzt, und ſeit der Zeit ſeine Beſchwerde am Halſe gaͤnzlich verlohren, auch ſonſt keine kraͤnklichen Zufaͤlle, als daß ihn die Win⸗ de plagten, die ſich bey Leuten von ſeiner Lebensart gemeiniglich bald einfinden. Er wußte ſich nicht zu erinnern jemals eine merkliche Bruſtkrankheit gehabt zu haben, wie er denn auch leicht athmete, und ohne Beſchwerde eine Stunde laut ſprechen, und noch da⸗ bey auf und nieder gehen konnte. Einſtmals beklagte er ſich uͤber einen verdorbenen Magen, dem er den uͤblen Geruch zuſchrieb, der damals aus feinem Mun⸗ de gieng, und ſich taͤglich vermehrte. Er wußte ihn auch von einer mit Widerwillen genoſſenen Speiſe her zuleiten, und mit einem Mangel des Appetits, Ekel und der beſtaͤndigen, wiewohl vergeblichen Neigung zum Erbrechen, und einem leidlichen Durchlaufe zu rechtfertigen, welches alles er kurz nach der genoſſenen Speiſe zuerſt empfunden hatte. Einer Bruſtkrank⸗ heit erwaͤhnte er nicht einmal, und befand ſich auch uͤbrigens ſo bey Kraͤften, daß er nicht eher aufhoͤrte aus zugehen und feine ordentlichen Geſchaͤffte abzuwar⸗ ten, als bis er, wenn es ſein Schickſal gewollt haͤtte, nach dem Durchbruche der Vomica ſchon haͤtte erſtickt ſeyn muͤſſen. Er brauchte acht Tage Digeſtive; aber ohne Nutzen. Der Geftanf aus dem Munde nahm taͤglich zu: aber er klagte keine ungewoͤhnliche Em⸗ ’ 1a pfin⸗ 312 Linterfchiedene Anmerkungen findung, noch vielweniger einen Schmerzen, weder im Halſe noch in der Bruſt, an. Am neunten Tage grub er zur Motion ein Stuͤck Landes in einem Gar⸗ ten um, und indem er ſich dabey ſehr muͤhete, kam ihm, als er ſich eben niederbuͤckte, der ganze Mund voll Materie. Ich kann die Menge derſelben nicht beſtimmen, aber ſo viel iſt gewiß, daß deren nicht wenig war. Gleich beym erſten Gefühle des Durch ⸗ bruchs verließen ihn alle Kraͤfte, und er ſank in Ohn⸗ macht, wobey er doch immer die Materie zum Mun⸗ de heraus ſtieß, nicht anders als einer, der beym Steckfluſſe (catarrho ſuffocat.) den Schaum haͤufig heraus ſtoͤßt. Er hatte große Gefahr zu erſticken, aber ein Huſten, der ihm zu rechter Zeit zu Huͤlfe kam, rettete ihm das Leben, wobey er eine ziemlich gerau⸗ mige Haut aushuſtete, worinn die Spuren der Ma⸗ terie noch kenntlich genug waren. Ich uͤbergehe alle Umſtaͤnde, die zu meinem gegenwaͤrtigen Zwecke nichts beytragen, und ſage nur, daß er nach Verlauf von ſechs Wochen wieder fo geſund als zuvor war, nach⸗ dem er durch einen unbaͤndigen Huſten ſeine Lunge mit einem ſeltnen Gluͤcke, von allem ihren Unrathe befrey⸗ et hatte. Er lebet itzo nach ſtrengern Regeln der Ge⸗ ſundheit, und befindet ſich ſeit anderthalb Jahren von allen Bruſtbeſchwerden frey. Das zweyte Beyſpiel iſt trauriger. Ein Fräulein von 50 Jahren fuͤhrte faſt die gleiche Lebensart, als jener Gottesgelehrte, und ihre Reinigung, die ſie zwar ordentlich aber ſpar⸗ ſam gehabt hatte, war, der Ordnung der Natur ge⸗ maͤß, ſchon uͤber ein Jahr ausgeblieben. Sie pflegte jaͤhrlich zweymal Blut zu laſſen, und wuͤrde ſich fuͤr völlig geſund gehalten haben, wenn fie nicht ſchon has vielen ſo zur Arzneykunſt gehören. 313 vielen Jahren mit Verſtopfungen geplagt geweſen waͤ⸗ re. Sie hatte in ihrem zoſten Jahre Zeit ihres Le⸗ bens zum erſtenmale, ſchon zweymal die unächte Bräune gehabt, und dieſes wäre etwa die einzige Warnung geweſen, welche man hätte nehmen koͤnnen, als ſie zum drittenmale davon angefallen wurde. Da ſie beyde vorigemale dieſes Uebel ganz leicht uͤberſtan⸗ den hatte, ſo wartete ſie itzo ſechs Tage, ehe ſie ſich entſchließen konnte, einen Arzt um Beyſtand anzuſpre⸗ chen. Bloß auf Zureden ihrer Bedienten, entſchloß ſie ſich in der Nacht vor dem ſiebenten Tage, ſich folgen⸗ des Tages Arzneyen verordnen zu laſſen. In der That waren es die Schmerzen, oder die Gefahr nicht, ſo ſie dazu noͤthigten, und ſie hatte etwa eine Stunde zuvor verſichert, daß ſie ſich nicht uͤbler als ſonſt bey dieſem Zufalle befaͤnde, als ihr des ſiebenten Tages, vor Mit⸗ tage, eine Vomica los brach, und fie erſtickte, noch ehe weder ſie noch die Umſtehenden wußten, daß ſie gefaͤhr⸗ lich waͤre. Sie hatte keinen Schmerz in der tiefen Bruſt, ſondern nur oben im Halſe angegeben, da doch gleichwohl bey der Eroͤffnung des Koͤrpers befunden wurde, daß der Sitz des Geſchwuͤres tief genug in der Subſtanz der Lunge geweſen war. Man muß ein Arzt ſeyn, um den Verdruß in ſeiner ganzen Staͤrke zu empfinden, den eine ſolche, obgleich noch zur Zeit un⸗ uͤberwindliche Unwiſſenheit, in einem Herzen erregen muß, das nicht nur eine wahre Menſchenliebe, ſondern auch zugleich Ehrgeiz genug beſitzet, die Maͤngel, ſo man der edelſten Kunſt vorwirft, beſtmoͤglichſt von ihr abzulehnen. II. Im Zuſtande der Geſundheit richten ſich die Bewegungen im * Koͤrper nach den Geſe⸗ u 5 gen 314 Unterſchiedene Anmerkungen tzen der ungehinderten Natur einer thieriſchen Ma⸗ ſchine, und man pflegt ſie in dieſer Abſicht natürliche zu nennen, in ſofern ſie den Bewegungen in Krankhei⸗ ten entgegen geſetzt ſind, die nach den Geſetzen der ge⸗ hinderten Natur eines thieriſchen Koͤrpers erfolgen. Daß ſich die unnatuͤrlichen Bewegungen in Krank⸗ heiten, ſo wohl als die natuͤrlichen, nach gewiſſen all⸗ gemeinen Geſetzen richten, kann die Hiſtorie jeder Krankheit am deutlichſten lehren. Ein Arzt kann z. E. die Ordnung aller unnatuͤrlichen Bewegungen, wie ſie bey einem dreytaͤgigen Fieber auf einander folgen, ſo genau anzeigen, daß die geringſten Umſtaͤnde dabey aufs richtigſte zutreffen. Dieſe Geſetze der unnatuͤr⸗ lichen Bewegungen hat man aus langwierigen und ſorgfaͤltig angeſtellten Beobachtungen der Krankhei⸗ ten bey tauſend unterſchiedenen Patienten, durch die Ab⸗ ſtraction, feſtgeſetzt, und ihren Inbegriff bey jeder Krankheit haben die Aerzte den ordentlichen Lauf der Krankheit genennet. Es erhellet hieraus, daß die Redensarten: dieſe Krankheit geht ordent⸗ lich; ſie hat ihren rechten Lauf; ihre Bewe⸗ gungen ſind regelmaͤßig, u. ſ. w. nichts anders ſa⸗ gen koͤnnen, als, daß eine gewiſſe einzelne Krankheit mit den Regeln ihrer Art richtig uͤbereinſtimme, d. i. daß ihre Bewegungen diejenige Beſchaffenheit und Größe haben, welche fie gemeiniglich bey dieſer Art von Krankheiten zu haben pflegen. Die Lehre von den unordentlichen Bewegungen in Krankheiten iſt noch bis itzo eine der allerverworrenſten und unbeſtim̃⸗ teſten in der ganzen Arzneywiſſenſchaft. Die genaue Beſtimmung der erſten Begriffe kann dieſen Maͤngeln ziem⸗ ſo zur Arzneykunſt gehoͤren. 315 ziemlich abhelfen: denn die Verwirrung derſelben iſt es eben, welche dieſe Lehre noch in der Dunkelheit be⸗ graben haͤlt. Viele Aerzte werden, wenn ſie ſich ſelbſt pruͤfen, was ſie bey einer Krankheit denken, die regel⸗ maͤßig geht, und ihren ordentlichen Lauf haͤlt, befin⸗ den, daß ihr Begriff von demjenigen nicht unterſchie⸗ den iſt, den man ſich von einer gutartigen Krankheit (morbus benignus) zu machen pfleget. Eine Krank⸗ heit, aus deren Bewegungen eben keine große Gefahr hervorleuchtet, verdienet den Namen einer gutartigen: allein die meiſten nennen ſie eine ordentliche, eine re⸗ gelmaͤßige Krankheit. Wer hierinn irret, muß beden⸗ ken, daß auch fo gar in der Peſt, der allerbösartigs ſten Krankheit, ein Unterſchied der Bewegungen ſtatt findet, indem dieſe bey manchen nichts außerordentli⸗ ches, bey andern aber etwas außerordentliches an ſich haben, das ſich bey den meiſten einzelnen Peſtkrank⸗ heiten nicht findet. Andre Arzneygelehrte, die alle Bewegungen von einem verſtaͤndigen Weſen herlei⸗ ten, irren wieder auf eine andre Art in dem Begriffe, welchen fie ſich von einer ordentlichen Krankheit for⸗ miren. Sie halten nur diejenigen Bewegungen in Krankheiten fuͤr ordentlich, welche ſich nach ihrer vor⸗ ausgeſetzten Theorie von der Urſache und Natur der Krankheit, aus richtigen Vernunftſchluͤſſen herleiten laſſen, ohne zu bedenken, daß ſelbſt ihre angenomme⸗ ne Seele ſelten nach deutlichen, am wenigſten aber nach richtigen Vernunftſchluͤſſen handelt, und daß das⸗ jenige, was ſich aus Schluͤſſen erklaͤren laͤßt, nicht allemal nach Schluͤſſen gewirkt wird. Viele mecha⸗ niſche Aerzte nennen nur diejenigen Bewegungen in Krankheiten ordentlich, die aus der Natur ihrer mater riellen 316 mnterfchiedene Anmerkungen riellen Urſache nothwendig fließen, oder nach ihrer Theorie zu fließen ſcheinen. Ich laſſe mich hier auf keine weitlaͤnftigen Widerlegungen ein; ſondern gebe nur zu bedenken, ob wir nicht, wenn wir ſagen ſol⸗ len ob eine Krankheit regelmaͤßig gehe, die Bewe⸗ gungen derſelben mit gewiſſen allgemeinen Regeln der Ordnung ihrer Wirkungen vergleichen muͤſſen? ob die Ordnung der Wirkungen jedweder Art von Krankhei⸗ ten wohl anders woher, als aus der Vergleichung un⸗ zaͤhlicher einzelner Krankheiten von einer Art, hat ge⸗ nommen werden koͤnnen? ob alſo dieſe Regeln nicht bloß dasjenige beſtimmen, was alle einzelne Krankhei⸗ ten einer Art gemeiniglich und am oͤfterſten mit einan⸗ der gemein gehabt haben? und ob wir alſo mit einer regelmäßigen Krankheit von Rechtswegen einen an⸗ dern, als den Begriff verknuͤpfen muͤſſen, daß ſie er⸗ folge, wie dergleichen Krankheiten gemeiniglich zu er⸗ folgen pflegen, daß ihre Bewegungen ſo beſchaffen ſind, wie ſie in dergleichen Krankheiten gemeiniglich beſchaffen zu ſeyn pflegen, und daß das Ordentliche in derſelben nichts mehr als das Gemeine, oder Ge⸗ woͤhnliche ſey. Darf ich nur dieſes voraus ſetzen, ſo laſſen ſich die wichtigſten Schwierigkeiten gar leicht aus dem Wege raͤumen, welche bisher gehindert ha⸗ ben, daß man die Lehre von den unordentlichen Krank⸗ heiten mit der erwuͤnſchten Deutlichkeit weder eingeſe⸗ hen, noch vorgetragen hat. Man wird ſich nicht mehr wundern, daß Leute an Krankheiten ſterben, die doch nach allen Zeichen vollkommen regelmaͤßig geweſen, und von der gemeinen Bahn im geringſten nicht abge⸗ wichen ſind; man wird nicht mehr, wie bisher öfters geſchehen, zum Voraus ſetzen, daß zu einer Krankheit die ſo zur Arzneykunſt gehören. 317 die ordentlich geht, nothwendig was außerordentliches hinzuſchlagen muͤßte, wenn der Patient daran ſter⸗ ben ſollte; man wird den Leuten das Vorurtheil bey Zeiten ausreden, daß bey einer Krankheit, die ihre Ordnung haͤlt, allemal weniger Gefahr ſey, als bey einer andern; und man wird endlich im Stande ſeyn, beſſer als bisher zu unterſcheiden, ob eine Krankheit ihre Ordnung halte, oder nicht. Dieſer letzte Vortheil iſt zugleich der wichtigſte, und bey dem ich mich noch ein wenig werde aufhalten muͤſſen. Die Ordnung einer Krankheit wird aus den Regeln der gemeinſten Erfolge ihrer Art beurtheilet. Das erſte alſo, worauf ein Arzt zu ſehen hat, iſt, daß er eine genaue Beſchrei⸗ bung der Wirkungen und ihrer Ordnung von derjeni⸗ gen Krankheit beſitze, die er beurtheilen will. Wie ſehr muß man alſo nicht denjenigen Aerzten verbunden ſeyn, die ſich die Mühe gegeben haben, uns die Ge⸗ ſchichte der Ordnungen gewiſſer Arten von Krankhei⸗ ten mit moͤglichſter Sorgfalt zu beſchreiben, und wie unentbehrlich werden dergleichen Schriften, vermoͤge dieſer Betrachtung, nicht einem praktiſchen Arzte, der ſonſt nur die Receptenbuͤcher zu ſeiner Kunſt allein fuͤr nothwendig haͤlt! Dieſe Schriften find, die Huͤlfs⸗ mittel, deren ſich in unfern Tagen ein Arzt bedienen kaun, der noch ſelbſt wenig eigene Erfahrungen an⸗ zustellen Gelegenheit gehabt hat, um ſich bey der Be⸗ urtheilung des Laufs und der Ordnung der ihm anver⸗ traueten Krankheiten, als den erfahrenſten Mann auf. zufuͤhren. Mit ſolchen genauen Beſchreibungen nun muß man die vorkommenden Krankheiten uͤberhaupt in Vergleichung ftellen, und man wird ſehen, wofern ‚fie ordentlich gehen, daß fie damit genau übereinftim- men, 318 Unterſchiedene Anmerkungen men, und, wofern ſie unregelmaͤßig gehen, wie ſehr ſie davon abweichen. Ich ſage mit Bedacht, man ſoll die einzelnen Krankheiten nur uͤberhaupt mit den Regeln ihrer Art vergleichen; denn fie unter ſcheiden ſich, wie bekannt iſt, alle in gewiſſen Merk⸗ maalen voneinander. Die Regeln ſind Regeln von ganzen Gattungen, die vorkommenden Krankheiten hingegen nur einzelne, weit mehr beſtimmte Krank⸗ heiten. Dieſe Vergleichungen auf eine vernuͤnſtige Art anzuſtellen; die einzelnen Wirkungen der Krank⸗ heiten von den allgemeinen zu unterſcheiden; und zu beurtheilen, ob die erſten in der Ordnung bleiben, wor⸗ inn die allgemeinen gehen, oder ob fie davon ausfchroeis fen: dieſes iſt, meines Erachtens, die wahre Probe eines Mannes, deſſen Einſichten man ſein Leben an⸗ vertrauen ſoll; dieſes machet die Bekanntmachung vie⸗ ler Geſchichte einzelner Krankheiten unentbehrlich, und nothwendiger, als die Erfindung neuer Formeln; es iſt das, was mancher Arzt Zeit feines Lebens nicht ler⸗ net, und worauf große Einkuͤnfte des Todes beruhen; es wäre die Sache, worinn die Lehrer unter den Aerz⸗ ten mit vielem Nutzen arbeiten, und dadurch mehr Kranke vom Tode erretten koͤnnten, als wenn ſie die herrlichſten Arzneyen erfinden. 1% en III. Unter der Menge von Beyſpielen, woraus dar⸗ gethan werden kann, daß die Neigungen und Leiden⸗ ſchaften der ſchwangern Frauen einen ganz unbegreif. lichen Einfluß in die Naturen der Kinder haben, ver⸗ dienet wohl dasjenige, wovon ich, als ein Augenzeuge, allhier eine Beſchreibung mittheilen will, feiner Be: ſonderheit wegen vorzüglich angemerkt zu werden. Eine RE BT ORDER eee po zur Arzneykunſt gehoͤren. 319 muntere, ſtarke Frau von etlichen dreyßig Jahren, die ſchon vorher eine fruchtbare Mutter geſunder Kinder geweſen war, hatte im ſiebenten Monate ihrer letzten Schwangerſchaft das Ungluͤck, in einem Briefe zu⸗ gleich von einer erbaͤrmlichen Todesart ſo wohl ihres Mannes, als aͤlteſten Sohnes, Nachricht zu erhalten. So geſetzt ſie auch ſonſt bey vielen ſchon vorher erlit- tenen Ungluͤcksfaͤllen geweſen war, ſo ſehr mußte ſie doch bey dieſer Nachricht der vereinten Macht einer gekraͤnkten ehelichen und muͤtterlichen Liebe weichen, wobey ſie in einem Augenblicke ein ganzes Feld des Elendes im Voraus uͤberſah, wohin ſie dieſe neuen Ungluͤcksfaͤlle ohnfehlbar leiten mußten. Sie erſchrack auf eine Art, welche ſich nur empfinden, aber unmoͤg⸗ lich beſchreiben läßt. Ihee Blicke, ihre Geſichtszuͤge, die unterbrochene Sprache, die Betaͤubung der Sin⸗ nen, alle ihre Bewegungen, alle Entſchluͤſſe, davon ſie keinen einzigen ausfuͤhrte; alles war Leidenſchaft. Ihre Perſon ſchien das Geſpenſt des Schreckens zu ſeyn, und ſie war ſich ſchon laͤngſt nicht mehr bewußt geweſen, als endlich eine tiefe Ohnmacht die erſte Wuth der Leidenſchaft gänzlich erſtickte. Es fiel, bis zu ih⸗ rer Niederkunft, welche mit dem Beſchluſſe des neun⸗ teen Monaths erfolgte, weiter nichts vor, das ange⸗ merkt zu werden verdiente, außer daß ſie nach dieſem Zufalle beſtaͤndig in einer gewiſſen Art von Schwer⸗ muͤthigkeit hintraͤumete, welche ſie noch itzo, da die ungluͤckſelige Tochter, die fie zur Welt gebahr, ſchon das zwoͤlfte Jahr ihres Alters erreicht hat, in allen ih⸗ ren Handlungen ſpuͤren laͤßt. Dieſes Kind iſt, um mit zwey Worten alles zu ſagen, das vollkommenſte * Schreckens, woran ſie noch in NN Mut⸗ 320 Unterſchiedene Anmerkungen Mutterleibe nur allzugroßen Antheil genommen. Sie ſcheint dem Leibe nach geſund zu ſeyn; wenigſtens in ſofern ſie alle gehoͤrige Gliedmaßen beſitzt, und von Leibe und Gliedern noch ſtark genug iſt. Aber ihr Geſicht iſt ein Sammelplatz aller Kennzeichen eines ungemaͤßigten Schreckens. Es hat die blaſſe Farbe des Entſetzens; die Lippen zeigen ein mattes Roth, welches zuweilen ganz blaß wird; und die Augenbra⸗ nen ſtehen in einer Stellung, wie ſie in finſtern, ver⸗ druͤßlichen Geſichtern zu haben pflegen. Die Augen ſehen wild unter ihnen hervor, und bleiben auf keinem Gegenſtande haften. Sie iſt Zeit Lebens ſtumm ge⸗ blieben, und man hoͤrt nur ſelten einen heiſern, hohlen Laut von ihr, womit ſie ihre Begierden ausdruͤckt. Ob ſie gleich den Gebrauch aller Sinne hat, ſo fehlt ihr doch dagegen der Gebrauch des Verſtandes gaͤnzlich. Dieſes geht ſo weit, daß ſie in zwoͤlf Jahren noch nicht hat gewohnt werden koͤnnen, ihre Speiſen ſelbſt zu ſich zu nehmen, oder die Nothwendigkeiten der Na⸗ tur ohne Beyhuͤlfe anderer zu verrichten. So erbaͤrm⸗ lich aber dieſer Zuſtand iſt, ſo iſt er doch in der That der Abriß ihrer Geſundheit. Ihre Krankheit iſt ein entſetzlicher Zufall, womit ſie, ohne Ausnahme gegen die Zeiten des Neumonds und Vollmonds, dann und wann aber auch, wenn ſich die Witterung bald merk⸗ lich veraͤndern will, außerordentlich befallen wird. Man koͤnnte es eine Art convulſiviſcher Bewegungen nennen: aber meine Leſer doͤrfen das Ebenbild des Schreckens nicht aus ihrem Gedaͤchtniſſe laſſen, wenn ſie ſich ihren Zufall richtig vorſtellen wollen. Alle Be⸗ wegungen, die ein Menſch vornimmt, der von einem 3 Donnerſchlage in Todesſthrecken 170 ; etzt fo zur Arzneykunſt gehören. 321 ſetzt wird, iſt fie gezwungen nachzuahmen, und fo wird ihr Leib vom Krampfe mit der unglaublichſten Heftigkeit fortgeriſſen. Sie erzittert auf einmal uͤber den ganzen Leib. Nach einem ruhigen Augenblicke ſchlaͤgt fie die Hände mit gen Himmel gerichteten Au. gen zuſammen, legt den Kopf zuruͤck, und machet ein: Angſtgeſchrey. Dann ringt ſie die Haͤnde, und inzwi⸗ ſchen werden ihr die Fuͤße mit Gewalt in die Hoͤhe gehoben, und aufs beftigfte wieder niedergeſtampft. Wann dieſes eine Minute gedauret hat, ſo laͤßt ſie bey⸗ de Arme dahinſinken, und ſtellet erblaßt, und mit kal⸗ tem Schſdeiße bedeckt, einen Menſchen vor, der in Ohnmacht ſinkt. Auf einmal faͤhrt ſie wieder in die Hoͤhe breitet die Haͤnde aus und zuckt die Schultern, als eine Perſon, die uͤber ein Ungluͤck trauret. Sie faͤngt an bitterlich zu weinen, und zu winſeln; im Au⸗ genblicke aber ſpielt ſie die Rolle eines Erſchrocknen wieder in einem kurzen Abſatze, bis ſie bald hernach nochmals eine Ohnmaͤchtige vorſtellet, wobey ihr öfters mit untermiſchtem Schluchzen der Schaum vor den Mund tritt, und aller uͤberfluͤßiger Vorrath in ihrem Körper, ungehindert feinen Ausgang findet. Ich muß noch bemerken, daß ſie die Rolle ihrer erſchreckli⸗ chen Leidenſchaft als eine verlarvte Perſon ſpielet: denn außerdem, daß ſich zuweilen die Farbe veraͤndert, bleiben ihre Geſichtszuͤge, fo, wie fie in ihrem geſun⸗ den Zuſtande zu ſeyn pflegen. Dieſes machet den An⸗ blick noch fuͤrchterlicher, weil ein fo gleichguͤltiges Ge⸗ ſicht in einem Koͤrper, der ſonſt ſo voller Leidenſchaft iſt, gar zu deutlich verraͤth, daß dieſes ein bloß ger zwungenes Schreckenſpiel iſt, da man ſonſt bey ihren uͤbrigen Bewegungen faſt vergißt, daß man eine lei⸗ 9 Band. 2 8 dende 322 Unterſchiedene Anmerkungen dende Elende vor ſich ſieht, und durch den nur allzu⸗ lebhaften Ausdruck einer ſo tragiſchen Gemuͤthsbewe⸗ gung mit fortgeriffen wird, ihr dieſelbe mit einem traue rigen Vergnuͤgen nach zu empfinden. Allein ihr Ge⸗ ſicht ſaget, daß in ihr keine Leidenſchaft herrſchet, und man erſchrickt bey dieſem Widerſpruche, der das Herz mit Beyleid und Erbarmen erfuͤllet. Dieſer Zufall hält gewöhnlicher maßen vier und zwanzig Stunden hintereinander an, worauf ſie in einen faſt eben ſo lan⸗ gen Schlaf verfaͤllt, und nachher in ſo weit wieder⸗ hergeſtellet iſt. Wofern meine Beſchreibung nicht hinreichend iſt, die Leſer zu uͤberfuͤhren, 0h dieſe Krankheit vielmehr ein bloß fortgepflanzter Affect des Schreckens, als eine von den gewoͤhnlichen Arten convulſiviſcher Krankheiten iſt, ſo muͤßte man dieſe Per⸗ ſon nur einmal in ihrem Zufalle ſehen, um davon auf das vollkommenſte uͤberzeuget zu werden. IV. Es giebt gewiſſe Beſchaffenheiten der Men⸗ ſchen, welche unter einerley Ausdruͤcken bald der See⸗ le, bald dem Koͤrper allein zugeſchrieben werden, da ſie doch beſtaͤndig beyden zugleich eigen ſind, und dieſe haben faſt durchgaͤngig zu weitlaͤuftigen Streitigkeiten Gelegenheit gegeben. So iſt es mit den Empfindun⸗ gen, mit den Leidenſchaften, Temperamenten, u. ſ. w. Wir ſagen ſo wohl, daß das Auge, die Hand, u. ſ. w. als daß die Seele empfindet; wir nennen ſo wohl die heftigern Bewegungen des Koͤrpers, als die ſtaͤrkern verworrenen Begierden und Verabſcheuungen der Seele Leidenſchaften, und ſchreiben ſo wohl dieſer, als jenem bald ein lebhaftes, bald ein niedergeſchlagenes Temperament zu. Dadurch, daß man dieſen Unter⸗ ſchied nicht genau genug beobachtet, verwirret wie f 6a fo zur Arzneykunſt gehören. 323 Begriffe, und es entſtehen Streitigkeiten, die durch ei⸗ nen geringen Grad einer ſcharfſinnigen Aufmerkſam⸗ keit vermieden oder entſchieden werden koͤnnten. Ich will itzo nicht diejenige zum Beyſpiele anführen, da man lange nicht hat entſcheiden koͤnnen, ob der Sitz der Leidenſchaften im Koͤrper oder in der Seele ſey: ſondern ich will nur allein bey der Lehre von Tempera⸗ menten ſtehen bleiben. Noch bis auf den heutigen Tag, wird über den eigentlichen Sitz derſelben geſtrit⸗ ten. Mir deucht, folgende Betrachtungen werden et⸗ was zur Entſcheidung dieſes Streits beytragen koͤn⸗ nen. Alle Begehrungskraͤfte der Seele haben in jedem Menſchen eine gewiſſe Proportion gegeneinander. Bey dieſem haben die obern, bey jenem die untern die Oberhand; bey dem einen regieren die Begierden, bey einem andern die Verabſcheuungen. Dieſe verſchie⸗ dene Proportionen der Begehrungskraͤfte beſtimmen den Begriff der unterſchiedenen Temperamente der Seele. Jede Empfindung, jede Vorſtellung, jede Begierde, jeder Abſcheu wird in unſerm Koͤrper durch gewiſſe Bewegungen ausgedruͤckt, deren Größen mit den Groͤßen jener Beſchaffenheiten der Seele in einer genauen Verhaͤltniß ſtehen. Eine ſtaͤrkere Empfin⸗ dung der Seele erfordert ſtaͤrkere Bewegungen des Körpers, eine heftigere Begierde ift mit heftigern Be⸗ wegungen vergeſellſchaftet. Daher haben die Bewe⸗ gungskraͤfte in jedem Koͤrper eben dergleichen Ver⸗ haͤltniſſe gegeneinander, als die Vorſtellungskraͤfte der Seele haben. Man wende dieſes an auf die Tempe⸗ ramente der Seele, ſo folgt, daß die Temperamen⸗ te des Rörpers in nichts anderm, als derjenigen Proportion beſtehen, 5 diejenigen rg kraͤfte, 324 Unterſchiedene Anmerkungen kraͤfte, ſo mit den Begehrungskraͤften uͤbereinſtimmen, untereinander haben. Es fragt ſich alſo, welches die⸗ ſe Bewegungskraͤfte ſind, und wo ſie im Koͤrper ihren Sitz haben? Die Werkſtatt aller materiellen Ideen ſind das Gehirn, die Nerven und die Lebensgeiſter. Die Verrichtungen dieſer Theile find, wenn ich fo ſa⸗ gen darf, die materiellen Seelenkraͤfte, und in der Pro⸗ portion dieſer verſchiedenen Verrichtungen gegenein⸗ ander, in Abſicht auf diejenige, welche bey einem ge⸗ wiſſen Menſchen die Oberhand hat, beſtehen alſo die Temperamente des Koͤrpers. Wie iſt es auch anders moͤglich? Verliert nicht ein Menſch ſein Temperament durch den thieriſchen Tod, wodurch doch nur die mit den Seelenkraͤften harmoniſchen Verrichtungen aufge⸗ hoben werden? Geſetzt ein Menſch koͤnnte das Leben ſeiner Maſchine behalten, ohne doch ein Thier zu blei⸗ ben; geſetzt ſeine Seele verließe ihn, und die Empfin⸗ dungen ſeines Koͤrpers verſchwaͤnden ganz und gar, und er behielte dem ungeachtet ein Leben, wie die Pflanzen haben, einen Umlauf der Saͤfte, und alle fine natuͤrlichen und Lebensbewegungen. Dieſe menſchliche Pflanze wuͤrde kein Temperament mehr haben, ſo wenig als man den Baͤumen eins zuſchreibt. Halten ſich alſo die Temperamente bloß in dem Ge⸗ biethe der thieriſchen Verrichtungen auf, fo iſt ihr Sitz bloß in den Verrichtungen der Nerven, des Gehirns und des Nervenſaftes zu ſuchen. Man ſage noch ſo viel von dem Blute, den Faͤsgen und den chymiſchen Grundtheilen des Leibes, fo wird doch zum hoͤchſten nur ſo viel bewieſen werden koͤnnen, daß ſich dieſe ee nach Verſchiedenheit der Verrichtungen des ehirns, der Nerven und des Nervenſafts . di ie⸗ fo zur Arzneykunſt gehoͤren. 325 ſchiedentlich verändern, und man alſo aus ihnen die Beſchaffenheit der Temperamente ſchließen kann. Daß aber in ihnen ſelbſt der Sitz der Temperamente des Koͤrpers zu ſuchen ſey, kann eben ſo wenig geſchloſſen werden, als daß die Leidenſchaften der Sitz der Tem⸗ peramente der Seele ſeyn muͤßten, weil die herrſchen⸗ den Begehrungskr äfte, oder die wahren Temperamen⸗ te der Seele einen fo ſtarken Einfluß in dieſelben ha- ben, daß man aus der Beſchaffenheit der Leiden⸗ ſchaften einer Seele, die Beſchaffenheit ihres Temperamentes richtig und ſicher erken⸗ nen kann. D. Johann Auguſt Unzer. e EIER VIII. neueſten phyſikaliſchen | Merfwürdigfeiten. I. Auszug aus des Herrn D. Mead Ab» handlung vom Scharbock. er beruͤhmte engliſche Arzt, Herr D. Mead Dieſe Abhandlung iſt als ein Anhang berjenigen nahm von den entſetzlichen Zufaͤllen, welche * des Herrn Sutton beygefuͤget worden, a der 85 bey den Leuten des Mylord 3 3 Anſons, 326 Auszug der neueſten Anſons, auf feiner Reiſe um die Welt, aͤußerten, Ge⸗ legenheit, ſo wohl dieſe Abhandlung vom Scorbute auszuarbeiten, als auch mit deſto groͤßerem Nach⸗ drucke die Windmaſchine des Herrn Sutton, auf den Schiffen an zupreiſen. Es kann hoffentlich nicht ans ders als angenehm ſeyn, die Gedanken dieſes berühmte ten Arzneygelehrten von einer fo verderblichen Krank⸗ heit in einem kurzen Auszuge beyſammen zu leſen. So groß der Unterſchied iſt, welchen man unter den ver⸗ ſchiedenen Arten des Scharbocks wahrnimmt, ſo uͤber⸗ einſtimmig ſind dennoch die hauptſaͤchlichſten Zufaͤlle bey dieſem Uebel. Die Faͤulniß des Zahnfleiſches, die ſchwarzen und blauen Flecken der Haut, die Geſchwuͤ⸗ re an Schienbeinen, und die Faͤulung der Knochen, folgen einander und vermehren ſich nach Graden, und verrathen eine wahre Faͤulniß in den Saͤften. Die⸗ ſes Uebel iſt hauptſaͤchlich den nordiſchen Voͤlkern ei⸗ gen. Man giebt es der feuchten, dicken und kalten Luft ſchuld, welche ſie einathmen, wie auch dem ſte⸗ henden ſalzigſchmeckenden Waſſer, und dem trocknen, eingeſalzenen Fleiſche, welches ſie zu genießen genoͤthi⸗ get find. Daher find auch die benachbarten Natio⸗ nen des baltiſchen und des deutſchen Meers dieſem Uebel beſonders unterworfen. Der Scharbock auf dem Lande iſt von dem in der See nur dem Grade nach unterſchieden. Herr Mead beweiſet dieſes ſo wohl aus der Vergleichung der Zufaͤlle in beyden, als auch aus den Beobachtungen der Wundaͤrzte, welche mit dem Mylord Anſon reiſeten. Sie bemerkten, daß der Schar⸗ wir im letzten Stucke Meldung gethan, und welche ben Titel fuͤhret: An hiſtorical Account of a new Method Juor Extracting the foul air of Ships Ce. phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 327 Scharbock auf feinen Schiffen erſtaunlich geſchwind und heftig um ſich griff. Dieſes ſubtile Gift drang in alle Theile des Koͤrpers. Es verurſachte, daß Nar⸗ ben wieder aufbrachen, die ſchon laͤngſt voͤllig geſchloſ⸗ ſen geweſen, und daß ſich die knorpelichten Knoten (callus) an Knochen wieder aufloͤſeten, die ehedem zer⸗ brochen worden waren. Faulende Fieber, Seiten⸗ ſtechen, (pleuritis) Gelbſucht, und anhaltende, hartnaͤ⸗ ckige Verſtopfungen, waren oͤfters die Wirkungen hier: von. Das beſchwerliche Atheinholen weißagete den herannahenden Tod. Hierzu geſelleten ſich außeror⸗ dentliche Ermattungen, Zittern der Glieder und ſchreck⸗ hafte Phantaſien, welche von der Krankheit herruͤhre⸗ ten, und zugleich ihre Gewalt vermehreten. Alle dieſe Uebel hatten ohne Zweifel ihren Grund in einer un⸗ tauglichen Nahrung, und noch vielmehr in einer ſchaͤd⸗ lichen Beſchaffenheit der Luft. Dieſer benahm die Feuchte des Meers ihre Elaſticitaͤt, und vielleicht ver: darben ſie die Salze nicht aͤrger, als die Ausduͤnſtun⸗ gen des Schiffs und der darauf befindlichen Leute. Ei⸗ ne ſolche Luft konnte der Lunge keine Lebenskraft zufuͤh⸗ ren, fie verurſachete vielmehr in den geſammten Saͤf⸗ ten eine ſchaͤdliche Gaͤhrung. So ſchien auch das Blut der Kranken beym Aderlaſſen mehr oder weniger ver⸗ dorben, nachdem die Zeiten der Krankheit verſchie⸗ and 2 % den * Diefer Erfolg ſcheint aus dem Syſtem des du amel natürlicher erklaͤrt werden zu koͤnnen, nach welchem dieſe Knoten von einer Verdickung und knochenhafti⸗ gen Verhaͤrtung verſchiedener Lagen derjenigen Haut, welche die Knochen umgiebt, entſtehen, als aus der ge⸗ meinen Meynung, nach welcher fie ihren Urſprung von 2 * nehmen ſollen, der aus den Knochen her⸗ eht. 323 Auszug der neueften den waren. Es hatte ſchon anfangs mannigfaltige Farben und war ſehr fluͤßig; bey hoͤhern Graden der Krankheit wollte es nicht mehr gerinnen, und wich noch mehr ab von ſeiner natuͤrlichen Farbe. Zu Ende der Krankheit war es anzuſehen als ein ſchwaͤrzlichter Schlamm, worinn die faſerichten Theile als Wolle oder Haare herumſchwammen. Die bey herannahen⸗ dem Tode bald aus dieſem bald aus jenem Theile her⸗ vorquellende Blutfluͤſſe, gaben jederzeit eben derglei⸗ chen Gebluͤt, und in den todten Koͤrpern hatte ſichs gaͤnzlich aufgeloͤſet. Was nun die Verhuͤtung und Eur dieſes Uebels betrifft: fo hat man dabey am er⸗ ſten auf die Nahrungsmittel zu ſehen. Das Meerſalz enthaͤlt, nach der Meynung des Herrn Mead, etwas ſchaͤdliches in ſich, welches es ſo wohl den Nahrungs⸗ mitteln, die es vor der Faͤulniß bewahren foll, als auch der Luft desjenigen Ortes mittheilet, wo es ſich befin⸗ det. Herr Loundes * hat gelehret, wie man ein Salz zubereiten foll, das dergleichen ſchaͤdliche Eigenſchaf⸗ ten nicht hat, und eben um deswillen vorgezogen zu werden verdienet. Statt der geſalzenen Fiſche neh⸗ men die Holländer getrocknete, (Stock fiſch ) und ſtatt der Habergruͤtze bedienen fie ſich der Gerſtengrau⸗ pen, (Hort,) welche weniger hitzig find. Hierinn ſollte man ihrem Beyſpiele folgen. Der Chevalier Wa⸗ ger ſchrieb bloß dieſer Verſchiedenheit ihrer Lebensmit⸗ tel den Unterſchied zu, welchen er waͤhrend ſeiner Reiſe auf dem baltiſchen Meer zwiſchen den Dee, > un * Er zieht dieſes Salz aus einer Solution der Salze, welche man in den Felſen in England antrifft. Er hat Be 1747 eine beſondre Abhandlung bekannt ge⸗ acht. in phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 329 und den Leuten von feiner Nation wahrnahm. Als er ſelbſt im mitternaͤchtlichen Meere beſorgt war, die Seinigen vor dem Scharbocke zu verwahren, ſo ließ er täglich eine Kiſte voll Citronen und Pommeranzen eröffnen. Die Bootsleute miſchten den Saft davon unter ihr Bier, ſie warfen die Schalen uͤbereinander her, und befeuchteten mit dieſem geruchreichen Saf⸗ te den obern Schiffsboden. Dieſe weiſe Verſchwen⸗ dung ward durch das Glück gerechtfertiget, fo der Ad⸗ miral hatte, feine Leute geſund wieder zuruͤck in ihr Va⸗ terland zu führen, Die Geſellſchaft der Aerzte zu Lon⸗ don hat in Betrachtung dieſer heilſamen Wirkung der fäuerlichen Fruͤchte, der Admiralitaͤt den Rath gegeben, jedes Schiff mit einer gewiſſen Menge Eßig ſich zu ver⸗ ſehen. Herr Mead zieht ſo wohl zu dieſem, als dem Gebrauche bey Tiſche den Weineßig dem Biereßige vor. Nichts iſt wohl unlaͤugbarer, aber auch zugleich bewundernswuͤrdiger, als derjenige natuͤrliche Trieb, vermoͤge deſſen die Bootsleute, wenn ſie auch noch ſo ſehr krank find, die antiſcorbutiſchen Kräuter mit groͤß⸗ ter Begierde zu ſich nehmen. Doch giebt es von dieſen zweyerley Arten, die wohl von einander zu unterſchei⸗ den find. Einige, wie das Loͤffelkraut, (cochlearia) Bachbungen, (beccabunga) und die Kreſſe, (naftur- tium) enthalten ein fluͤchtiges, durchdringendes Salz. Andre ſind mehr erfriſchend, und ſchicken ſich beſſer fuͤr trockene und hitzige Naturen. Zu dieſer Claſſe gehoͤren der Sauerampfer (acetoſa), die Cichorien und der Lattig (lactuca). Herr Mead haͤlt für dienlich, dieſe beyde Arten von Kraͤutern mit einander zu ver⸗ miſchen, damit fie ſich an wechſelsweiſe corrigi⸗ ee | 5 een 330 Auszug der neueſten ren ſollen. Er raͤth auch den ſcorbutiſchen Patien⸗ ten den Gebrauch der Milch, beſonders aber der Mol⸗ ken an, die vermittelſt der vorhin erwähnten Kräuter abgeſchieden worden ſind. Inzwiſchen find alle dieſe Huͤlfsmittel nicht ſo kraͤftig, als die bloße Veraͤnde⸗ rung der Luft; daher auch Herr Mead ſo ſehr auf die Einfuͤhrung der Maſchine des Herrn Sutton auf den Schiffen gedrungen. Denn kaum befinden ſich die Kranken auf dem Lande, ſo fuͤhlen ſie ſich auch ſchon geneſen⸗ Der Mylord Anſon hat dem D. Mead erzaͤhlt, daß einer von ſeinen Leuten, welcher kaum mehr fortkriechen oder Athem ſchoͤpfen konnte, und kaum noch zu leben ſchien, einen ſeiner Freunde gebe⸗ then, fuͤr ihn, bey ihrer Ankunft auf einer gewiſſen Inſel, ein Loch in die Erde zu graben, und ihn mit dem Munde darauf zu legen. Als er dieſe geſunde Luft ſchoͤpfte, kam er wieder zu ſich ſelbſt, und ward nach und nach geſund. Herr Mead erinnert ſich etwas ähnliches hiervon, in der grauſamen Aufopferung der Haͤhne bemerkt zu haben, womit ſich die Kinder zur Faſtnachts zeit zu beluſtigen pflegen ** Wenn einer von ihren Haͤhnen von einem Wurfe, der ihn getroffen | | hatte, * Hat man aber nicht vielleicht zu befuͤrchten, daß eine ſolche Vermiſchung die Krafte vielmehr von beyden Seiten ſchwaͤche? und ſollte es nicht beffer ſeyn, die verſchiedenen Mittel wider den Scharbock nur in ſol⸗ chen Fallen zu geben, wo ſie ſich am beſten ſchicken? Der Arzt hat nur die beſondern Naturen auszuſtudi⸗ ren, nicht aber den bloßen Namen einer Krankheit. Boerhaave in Scorbuto. i > IN ** Sie werfen mit Steinen nach dieſen Thieren. Der Hahn gehoͤret dem als ein Preis, der die Geſchicklichkeit hat, ihn uͤber den Haufen zu werfen. phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 331 hakte, betaͤubt umgefallen war: ſo gruben ſie ein Loch in die Erde, worein ſie ihn mit dem Kopfe ſteckten, und er kam dadurch zuweilen wieder zu ſich ſelbſt. Dieſe ſchnellen Wirkungen der Luft beſtaͤtigen die Meynung unſers Verfaſſers, daß nicht allein das Blut, ſondern auch ſelbſt die Lebensgeiſter oͤfters durch die Krankheiten, und beſonders durch den Scorbut, ver⸗ dorben werden. Es iſt ſchwer zu begreifen, wie die Luft fo ſchnell in einen, dem Anſehen nach ſchon fter- benden Körper wirken koͤnne, wenn es nicht durch die Zwiſchenkunft eines noch viel ſubtilern flüßigen We⸗ ſens geſchaͤhe, welches das Werkzeug aller Bewegun⸗ gen, und der unmittelbare Sitz des Lebens iſt. Inga de calor motus, & venti coeca poteſtas Accipit; inde aer, inde omnia mobilitantur: Concutitur tum ſanguis, viſcera perſentiſcunt Omnia. Lucret. III. 248-251. II. Von den Wirkungen der Faͤrberroͤthe (Kadicis rubiae tinctorum) in thieriſchen te Körpern. Zur Erhaltung der Stelle in der mediciniſchen Facultaͤt hat Herr Prof. Boͤhmer in Leipzig, den 18 des Brachmonaths verwichenen Jahres, eine Abhand⸗ lung vertheidiget, worinn dieſe Wirkungen beſchrie⸗ ben werden. So bekannt auch der mechaniſche und medieiniſche Gebrauch der Faͤrberröͤthe ſchon längft ges weſen iſt: ſo hat Herr B. doch keinen ſehr alten Schriftſteller finden koͤnnen, der ihr Vermoͤgen, das Fleiſch und die Knochen der Thiere, welche ſie mit der Nahrung zu ſich nehmen, zu färben, erwaͤhnt hätte, Man findet es zuerſt in Migalds Memorabilibus, en aber 7 332 Auszug der neueſten aber mit vielen Unrichtiakeiten, angezeiget. In Eng⸗ land iſt es zuerſt vor 15 Jahren, von einem Mitgliede der Engl. Geſellſchaft, Belchier, bemerkt und be⸗ kannt gemacht worden. Arzneybefliſſene, die damals in England reiſeten, uͤberſchrieben ſolches bald nach Leipzig. Der ſel. Herr Hofrath Platner machete ſol⸗ ches daſelbſt bekannt, und der Herr D. Ludewig hat davon mit ſeinen Lehrlingen ungemein viele Verſuche, und vielleicht mehr, als irgendwo anders gemacht wor⸗ den, angeſtellet. Man muß die Wurzel klein pulvern, und alsdann mit Milch oder Waſſer zu einem Teige machen, da man dann Mehl oder Kleyen darunter mengt, und ſie ſolchergeſtalt dem Viehe beybringt. Man kann auch den harzigen Extract der Wurzel brauchen. Junges Vieh taugt zu dieſem Verſuche allemal beſſer, als aͤlteres. Man hat beſonders Hun⸗ de, Schweine, Huͤner und Tauben gewaͤhlet. Nicht alle gewoͤhnen ſich leicht an ein ſo fremdes Futter, und manche ſterben indeſſen. Wenigſtens verlieren ſie ordentlich viel von ihrer Munterkeit. Da aber wel⸗ che, nachdem ihnen dieſe Nahrung eine Zeitlang war gereichet und wieder ausgeſetzt worden, ihre vorige Fet⸗ tigkeit und dergleichen wieder erlangt haben: ſo ſcheint daraus zu folgen, daß nicht das Futter an ſich ſelbſt, ſondern die Art, wie es den Thieren beygebracht wird, ſchaͤdlich ſey. Herr B. hat Tauben und Huͤner, einen und zweene Monathe lang, die Rothe früh und abends allein zu verzehren genoͤthiget, die übrige Zeit des Ta- ges aber ihnen ihr ordentliches Futter gegeben, und ſo haben ſie ſich vollkommen wohl befunden. Ob nicht auch andere Theile, als die Knochen gefarbt würden, hat er mit Schweinen verſucht, welche die Ache van leb⸗ phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 333 liebſten zu freſſen und am beſten zu vertragen ſcheinen. Eines hat von dem dritten Monathe ſeines Alters in 24 Wochen ohngefaͤhr 20 Pfund Roͤthe verzehret, aber er meldet nicht, daß man ſonſt etwas gefaͤrbtes an ihm gefunden. Nie hat man bemerket, daß Federn und Schnaͤbel der Voͤgel, und Borſten und Haare der vier⸗ füßigen Thiere von der Roͤthe wären gefaͤrbt worden, und bey andern Theilen des Koͤrpers hat man eben ſo wenig eine Veraͤnderung der Farbe zuverlaͤßig bemer⸗ ken koͤnnen. Von ohngefaͤhr hat Herr B. beobach⸗ tet, daß Milz, Leber und Nieren von einem Schwei⸗ ne, die er im Waſſer aufgekocht, und nachgehends oh⸗ ne einige Sorgfalt dafuͤr, in einer Schuͤſſel wohin ge⸗ ſetzt hatte, nicht verfaulet, ſondern vollkommen gut geblieben, und faſt zu Steinen verhaͤrtet waren; wie fie ſich denn auch über zwey Jahre ohne einiges Merk⸗ maal eines Verderbniſſes, gehalten haben. Plinius erzähle zwar ſchon, daß die Leber ſich ſehr lange halte; aber Herr B. glaubet doch, daß die Faͤrberroͤthe hier etwas zu dieſer Erhaltung habe beytragen koͤnnen. Das Blut von Thieren, die mit Färberröthe gefuͤttert worden, hat viel roͤther, als gewoͤhnlich, geſchienen, und ſelbſt fein Waſſer (ſerum) ift roͤthlich geweſen; die Galle, und die innerliche Fläche der Gallenblaſe, hat man auch roth gefunden; die Baͤnder der Knochen (ligamenta) hat man nie roth geſehen; die Fettigkeit in den Gelenken (axungia artieulorum) iſt röthlich ge⸗ weſen; das Knochenhaͤutchen und alle Knorpel, ſo lan⸗ ge ſie Knorpel geblieben ſind, hat man vollkommen weiß befunden. Hingegen ſind die ganzen Knochen und alle knochigten Puͤnktchen, wie ſie bey Erzeugung der Knochen in Membranen und Knorpeln entſtehen, ö re Wrdliee 34 Auszug der neueſten allezeit roſenroth oder tiefer roth geweſen, nachdem die Thiere mehr oder weniger Roͤthe verzehret hatten. Fe⸗ ftere und haͤrtere Knochen haben eine ftärfere und ſchoͤ⸗ nere rothe Farbe gehabt, als lockere und ſchwammig⸗ te. Daher ſich auch ein Unterſchied bey einem einzi⸗ gen Knochen, nach deſſen verſchiedenem Baue zeiget. Aber Knochen, die ſchon ihre Feſtigkeit erlanget haben, z. E. die Knochen erwachſener Thiere, oder die Gehoͤr⸗ knochen auch bey jungen, faͤrben ſich wenig oder gar nicht. Wenn ein Thier eine Zeitlang mit Faͤrber⸗ röthe gefüttert worden iſt, und nachgehends damit aus⸗ geſetzt wird, verlieren die Knochen ihre fremde Farbe nach und nach. Herr B. hat auch verſuchen wollen, ob ſich die Graͤten der Fiſche, oder die Eyer in einer Henne ſo faͤrben ließen; aber dieſe Thiere ſind ihm all⸗ zuzeitig geſtorben. Endlich hat Herr B. auch befun⸗ den, daß die Knochen einer Taube von einer gewiſſen andern Wurzel roth gefaͤrbet find. | III. Vom medicinifchen Nutzen des Biſams. Daß der Moſchus oder Biſam in boͤsartigen Fiebern, wobey Zittern der Glieder und Zuckungen der Sehnen bemerket werden, mit Nutzen zu gebrau⸗ chen ſey, kann man nur unter andern aus dem Ge⸗ brauche ſchließen, welchen der D. Hurham, einer der beruͤhmteſten engliſchen Aerzte, in dieſen Faͤllen davon zu machen pfleget*. Man verfichert uͤberdem auch, ** daß ihn die franzoͤſiſchen Aerzte in allerhand * rank⸗ * ©. deſſen Eſſay on Fevers. Im Journ. des Sgav. Septemb, 1751. p. 29. vpſtkalichen Merkwürdigkeiten 335 iten mit Nutzen gebrauchen. Daß die Chine⸗ ci dieſes s Kunſiſtück auch wiſſen, ſolches lehret der be⸗ ruͤhmte Herr Prof. meln, in Tübingen, in einer ſehr ſchoͤnen Abhandlung *, und lehret zugleich, wie und in welchen Fällen dieſe Arzuey zu gebrauchen ſey. Der Biß toller Hunde, die gefaͤhrlichſten Fieber, die Tollheit und Raſerey ſind die Krankheiten, wowider es in Tunquin, bey China, gebrauchet wird. Man muß 16 Gran Biſam, eben fo viel Zimmet, und gleiches Maaß von der Coccionelle mit einander verordnen. Der Patient wird 48 Stunden darauf ſchwitzen, und die gute Wirkung ſoll niemals außen⸗ bleiben. Die Coccionelle kann auch ohne Scha⸗ den herausgelaſſen werden, und die engliſchen Aerzte haben, ohne ſie, die gleichen Wirkungen von dieſer Arzney, unter andern auch an den Convulſionen ver⸗ ſpuͤret. Herr G. ſelbſt hat gute Curen damit ge⸗ than, und die Lobeserhebungen dieſes Mittels ſind ſo allgemein, daß man hoffen darf, es werden auch die deutſchen Aerzte von nun an ſtaͤrkern Wehnen da⸗ von eg Mg Der Titel iſt: Phil. Frid. * Specificum 1 m nouum aduerſus effectus morſus rabidi canis, fer bres malignas peſti proximas, & exanthematicas varias inflammatorias fingultui iunctas manias & melanchelias. 1750 in aa. Inhalt Inhalt RR des dritten Stuͤckes im neunten Bande. 1. Fortſetzung von Schobers Erfahrungen und Theos rie von der Wirkung der Windmuͤhlen; und der Wendung ihrer Fluͤgel 227 Seite. II. Fortſetzung des Berichtes von der e — Gluͤckſtadt III. Sprengels Nachricht von den began Puch⸗ und Huͤttenkoſten 293 IV. Carſtens Betrachtungen über den 29ſten Pfalm, | beſonders uͤber die Worte v. 3: Der Gott der Eh⸗ ren donnert; mit einem Vorbericht: Von * anlaſſung dieſer Schrift V. Auszug eines Schreibens des Herrn Bergſchrel⸗ bers Lins zu Suhl, von Silber, fo beym Eiſen⸗ ſchmelzen beobachtet worden = VI. Von einigen neuen Schriften VII. Unzers unterſchiedene, zur Arzneykunſt are Anmerkungen VIII. Auszug der neueſten phyſikaliſchen Mei: digkeiten 325 agazin, oder geſammlete Schriften, zum Unterricht und Vergnügen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Des neunten Bandes viertes Stuͤck. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Frepheit. Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig bey Adam Heinr. Holle, 175% =‘ = 7 17 > 7 — 9 i 5 Yan san ' ne Von dem ehemaligen Zuftande Grafſchaft Hohnſtein under zween durchlauchtigſten Herzogen von Braunſchweig. t N EN & 85 5 $. J. 0 SL E In She ich von dem ehemaligen Zuſtande N der Graffhaft Hohnſtein unter zween N DD.urchlauchtigſten Herzogen von — \ ® 8 Braunſchweig Meldung thus, fo finde ich nöthig, einen Unterſchied zwiſchen der itzigen und der ehemaligen Grafſchaft Hohnſtein, wie ſie vor Abſterben der neuern Linie geweſen, die im Jahre 1593. den 8 Jul. in Graf Ernſts des VII Tode erloſchen, anzumerken. Die itzige Grafſchaft Hohnſtein, welche das Scepter Ihro Koͤnigl. Maj. von Preußen ee kuͤſſet, und 10 uͤr⸗ 340 Von dem ehemaligen Zuſtande Fuͤrſtenthum Halberſtadt gehöre, beſteht aus den zwo Herrſchaften Lohra und Clettenberg, als Ueber⸗ bleibſeln der alten Grafſchaft, die vom Schloſſe und dem itzigen Amte Hohnſtein den Namen fuͤhrete. Die Grafen, ſo ſich davon ſchrieben, waren gute Haushaͤlter, und brachten nach und nach, theils durch Kauf, theils durch Heirathen und Erbſchaften, viel Lehnſtuͤcke zuſammen, fo daß ihre Grafſchaft ein großer Koͤrper von verſchiedenen Herrſchaften und Oertern war. Denn es gehoͤreten dazu 1) das Amt Sohnſtein , fo die Herren Grafen zu Stollberg von dem Churhauſe Hannover zu Lehn tragen, welches von dem verwuͤſteten Schloſſe den Namen trägt, welches Graf Conrad, ein Sohn Graf Beringers von Sangerhauſen, Anno 1061, wo nicht neu er⸗ bauet, doch wenigſtens in beſſern Stand gefeger **, aber im dreyßigjaͤhrigen Kriege von dem Churſaͤchſi⸗ ſchen Obriſten Domm Vitzthum von Eckſtedt jaͤm⸗ merlich ausgebrannt worden *. Das Amt gehoͤret nicht mehr zu der itzigen Grafſchaft Hohnſtein, ſon⸗ dern iſt ſchon A. 1712 davon abgekommen. Denn Graf Dietrich der Siebente zu Hohnſtein, verkaufte A. 1417 Graf Bothen dem Siebenten zu Stollberg, wegen des Verdruſſes, den er mit ſeinem Vetter gleiches Namens dieſer wegen hatte, ſolches; f 2) die Serrſchaft und Schloß Lohra, fo ehedem eine beſondere Grafſchaft geweſen. Es beſaß u | Gra ® Eckftormii Chronic. Walckenred. p. 17. 18, M. Joh. Arnold. * Zeitfuchſ. Stollbergl. Hiſt. C. XI. p. 230. + Cyr. Spangenb. Manßf. Chron. C. CCCVI. f. m. 356. und Zeitf. J. c. p. 225. der Grafſchaft Hohnſtein. 341 Graf gudwig der erſte, ein Sohn vorbeſagten Con. rads, Grafens von . welcher 1103 im boͤhmiſchen Kriege blieb *. Und als deſſen Sohn, Ludwig der andere, ſtarb, und zwar ohne Erben, ungefaͤhr nach 1152, ſo kam es, als ein verledigtes Lehn, an die Grafen von Beichlingen „rothenburgiſcher Li⸗ nie *, doch kann man nicht ſagen, ob es durch Erb⸗ ſchaft, oder durch Kauf geſchehen. Zu Anfange des vierzehnten Jahrhunderts brachte Graf Hein« rich der vierte von Hohnſtein dieſe Herrſchaft an fih ***, von welcher Zeit an fie bey den Grafen von Hohnſtein blieben, ſo lange ihr Geſchlecht ge⸗ lebet. 3) Die Herrſchaft und Schloß Cletten⸗ berg, den Urſprung derſelben kann man nicht ge⸗ wiß anzeigen, das iſt aber gewiß, daß ſchon im zwoͤlften Jahrhunderte die Grafen Volkmar und Ludwig von Clettenberg gelebet. Es hat aber Heins rich der andere, Graf von Hohnſtein, dieſelbe durch Kauf an ſich gebracht t,. da fie denn die Grafen von Hohnſtein, fo lange ihr Stamm gedauret, beſtaͤn⸗ dig beſeſſen. Dieſe beyden Herrſchaften machen die itzige Grafſchaft Hohnſtein aus. Denn nachdem ſie nach Abſterben des letzten Grafens von Hohnſtein, Ernſts des ſiebenten, ſo A. 1593 den Sten Jul. ge⸗ ſchehen, von unterſchiedenen Herren eingenommen, und unter mancherley wandelbarem Gluͤcke beherr⸗ ſchet worden, iſt ſie A. 1648 im oſnabruͤckiſchen Frie⸗ Y 3 dens⸗ ® Eckſt. I. c. Joh. Georg Reuckfelds hiſt. Beſchr. 3. in der güld⸗ Au gelegenen Oerter. C. 11. p. 46. Anon. Thur. Chron, in 8. p. 223. Eekſt. I. e. p. al. 1 Eckſt. I. c. p- 19. 342 Von dem ehemaligen Zuſtande | densſchluſſe an Friedrich Wilhelm den Großen, Churfuͤrſten zu Brandenburg, mit folgenden Wor⸗ ten uͤberlaſſen worden: Sintemaln auch die Grafſchaft Hohnſtein, fo weit fie ein Lehen des Bisthums Halberſtadt iſt, beſtehend in zwo Serrſchaften oder Aemtern, Lor und Clettenberg, und etlichen Staͤdten, ſamt da⸗ zu gehoͤrigen Guͤtern und Gerechtigkeiten nach Abſterben des letzten Grafens ſolches Geſchlechtes, deſſelben Bisthum einverleibet, und vom Serrn Erzherzog Leopold Wil⸗ helm, als Biſchofe zu Halberſtadt, bishero poßidirt worden. So iſt beliebet, daß eben dieſe Grafſchaft auch hinfuͤhro unwiederruf⸗ lich bey demſelben Stifte verbleiben ſolle, al⸗ fo, daß dem Herrn Churfuͤrſten, als erbli⸗ chem itzt beſagtes halberſtaͤdtiſchen Stifts Innhabern, mit ermeldeter Grafſchaft frey zu diſponiren erlaubet ſeyn ſolle, unerachtet eini⸗ ger Contradiction, ſo von jemand eingewen⸗ det werden möchte. Ferner gehöreten zu der alten Grafſchaft Hohnſtein 4) Lauterberg, Andreas⸗ berg und Schaͤrzfeld. Die Grafſchaft Lauter: berg hatte vor dem ihre eigene Grafen . Als aber der letzte, Namens Otto, ungefaͤhr 1597, ohne Er⸗ ben ſtarb, ſo gab es viel Freyer um dieſe Grafſchaft. Der Erzbiſchof zu Maynz, der Biſchof zu Hildes⸗ hein, die Stifter Gandersheim und Quedlinburg bewarben ſich darum. Allein, da ſie alle dieſe Braut * Siehe dieſen Friedensſchluß, gedruckt zu Leipzig 1650 aus dem wahren Maynzl. Originale, p. m. gr. 1 Eekſt. p. 13. * der Grafſchaft Hohnſtein. 343 Braut ſuchten heim zufuͤhren, ſo nahm ein tapferer Ritter, Hans von Minnigerode, das Schloß Lauterberg ein, und da er es faſt 1 Jahr beſchuͤtzet, überantwortete er es den Herzogen von Braun⸗ ſchweig, welchen es als ein Lehn zukam *. Anno 1402 kaufte Heinrich der achte, Graf von Hohnſtein, dieſe Grafſchaft von Herzog Friedrichen von Braun⸗ ſchweig, grubenhagiſcher Linie, wiederkaͤuflich für 1100 Mark nordhaͤuſiſchen reinen Silbers. Ans dreasberg und Scharzfeld gehörte mit darzu. Das letzte aber hat erſt Graf Heinrich der vierte von Hohnſtein darzu gebracht ***. Es muß aber nach⸗ hero wieder von den hohnſteiniſchen Grafen verſetzt worden ſeyn, weil Eckſtorm + meldet, daß der wal⸗ kenridiſche Abt Matthias denen hohnſteiniſchen Gra⸗ fen Ernſten und Hanſen ungefähr um das 1470fte. Jahr 600 Goldguͤlden geliehen, das Schloß wieder einzuloͤſen. Alle drey Schlöffer aber beſagter Graf⸗ ſchaft Lauterberg ſind mit der Grafſchaft ſelbſt, nach Ableben oben beſagten letzten Grafens von Hohnſtein, als offen gewordene Lehen, denen damaligen Herzo⸗ gen von Braunſchweig, grubenhagiſcher Linie, an⸗ heim gefallen, und gehören ist dem Churhauſe Hannover. 5) Das Schloß und Amt Boden⸗ ſtein auf dem Eichsfelde, ſo itzo den Herren von Winzigerode gehoͤret. Es hatte ehemals ſeine eigene Beſitzer, welche ſich Herren von Bodenſtein ſchrie⸗ N 4 ben, * Cranz. Sax. L. VIII. C. 32. Eckſt. Chron: Wall. ckenr. p. 15. } * Eckft. I. c. p. 26. KE Eckſt. p. 21. + In Chron. Walckenr, p. 177. 344 Von dem ehemaligen Zuſtande ben, von welchen ich noch verſchiedene ungedruckte Urkunden beſitze. Wie es an die Grafen von Hohnſtein gekommen, weiß ich nicht, das aber finde ich, daß die Grafen von Hohnſtein Heinrich der vierte und Dietrich der vierte An. 1322 es dem Her⸗ zoge von Braunſchweig und ſeinen Buͤrgern wieder⸗ kaͤuflich für 700 Mark loͤthiges nordhaͤuſiſchen Sil⸗ bers verſchrieben, welches aber die beyden Grafen Ernſt und Hans fuͤr 800 Goldguͤlden wieder einge⸗ Iöſet, die ihnen der walkenroͤdiſche Abt, Matthias, vorgeſchoſſen *. Als aber der letzte hohnſteiniſche Graf Todes verblichen, hatte es Churmaynz an ſich gezogen. 6) Das Kloſter Walkenrieth, wo⸗ von mein ſeliger Freund, Herr Joh. Georg Leuck⸗ feld, weiland Paſtor zu Groͤningen, Antiquitates, und vor ihm M. Joh. Eckſtorm ein Chronicon hinterlaſſen, welches nach Verfall des letzten Gra⸗ fens von Hohnſtein das Haus Braunſchweig wieder eingezogen, da es noch itzo an das herzogliche Haus nach Wolfenbüttel gehoͤret. 7) Das Gerichte Aller⸗ berg, Bockelhagen, Silkerode und Zwinge. Dieſes Gerichte hat ſeinen Namen von einem Berg⸗ ſchloſſe, ſo Allerburg geheißen, und den Herren von Minnigerode zugeſtanden, die es auch bey acht hundert Jahre bewohnet, bis es gegen die Mitte des ſechzehnten Jahrhunderts von dem Lehnsherrn, dem Landgrafen von Heſſen, zerſtoͤhret worden, von wel⸗ cher Zeit an es wuͤſte liegt, und es haben die Herren von Minnigerode alſo ihren Sitz in Bockelhagen ge⸗ nommen. Man findet zwar die Doͤrfer dieſes Ge⸗ richts auf den Landkarten, aber das Gericht Aller⸗ | burg Eekſt. I. c. p. 177. der Graſſchaft Hohnſtein. 345 burg mit ſeinen Graͤnzen iſt nicht angemerket. Dan⸗ nenhero iſt zu wiſſen, daß es ſich von Silkerode eine Stunde morgenwaͤrts anfaͤngt, zwiſchen dem Schloſſe Scharzfeld und dem Eichsfelde hinaus ſtrei⸗ chet. Es iſt ungefähr drey Vierthelmeilen lang, und eine halbe breit, daß es einen Bezirk von faſt dritte⸗ halb Meilen ausmachet *: vor dem haben darinne nachfolgende Doͤrfer gelegen: Wellrode, Munkerode, Kirchdorf und Amkerode, welche in dem ſiebenzehn⸗ jährigen Kriege, den Landgraf Ludewig zu Heſſen mit dem Biſchoffe von Maynz gefuͤhret, verwuͤſtet worden . Wie es ehemals den Grafen von Hohn⸗ ſtein gehöret, iſt bekannt, aber wie es an dieſelben gekommen, iſt unbekannt; das aber iſt gewiß, daß es nach Abſterben des letzten Grafens von Hohnſtein dem landgraͤflichen Hauſe Heſſen, als ein eroͤffnetes Lehn wieder anheim gefallen, von welchem es das Haus Schwarzburg⸗Sondershauſen zu Lehn empfan⸗ gen *. Dieſes Durchl. Haus hat ſolch Gericht dem adelichen Geſchlechte derer von Minnigerode, als ein Afterlehn, mit Ober -und Untergerichten, hohen und niedern Jagden und andern Freyheiten, uͤbergeben. 8) Das Saus und Amt großen Bodungen, wie auch 9) Uttenrode, ſo itzo Ot⸗ tenrode genennet wird, und den Tempelherren ge— hoͤret hat, welche nach dem Hintritte des letzten Grafens von Hohnſtein, als eroͤffnete Lehen, an das Haus Sachſen gefallen, und auch dem Hanſe Schwarzburg in die Lehn gegeben worden, welche N 5 das * Ex MSC. ** * alie MSE, * Eckſt. I. ſ. c. p. 32. 346 Von dem ehemaligen Zuſtande das Hochfürſtl. Haus Schwarzburg⸗ Senden noch im Beſitze hat. §. II.“ Nachdem nun ſolchergeſtalt die Stücke der alten anſehnlichen Grafſchaft Hohnſtein vertheilet worden, fo waren infonderheit die beyden Herrſchaf⸗ ten, Lora und Clettenberg, ſo die itzige Grafſchaft Hohnſtein ausmachen, zwo Waiſen, um welche ſich verſchiedene Herren Muͤhe gaben. Die hochge⸗ bohrnen Herren Grafen von Schwarzburg und Stoll- berg nahmen Anno 1593. den 9. Jul. gleich den Tag nach dem Abſterben des letzten Grafens von Hohn⸗ ſtein, Ernſt des Siebenten, dieſe benden Aemter durch ihre Bedienten ein. Sie gruͤndeten ſich auf den Erbvertrag, welchen A. 1433. Graf Heinrich, Graf Eenſt, und Graf Eiliger von Hohnſtein, mit denen Herren Grafen, Bothen zu Stollberg, und Heinrichen zu Schwarzburg, fuͤr ſich und ihre Erben und Erbnehmen gemacht, dergeſtalt: wofern ein Haus oder Stamm ohne Leibeserben. abgehen wuͤrde, daß die andern uͤberbleibenden Stämme die Herr: ſchaft, Lora und Clettenberg, ſammt ihren Zugehö- rungen, als Lehnsfolger uͤbernehmen, und bey denen Lehnsherren zu geſammter Hand bringen ſollten, wie die ganze Erbvereinigung in Luͤnigs Reichsarchiv Part. II. ſpec. in der VII. Abtheilung N. CLXXXIV. Fol. 285. zu leſen. Damit nun dieſelbe beſtaͤndig ſeyn möchte, fo mußten die Unterthanen beyder Herrſchaf⸗ ten bey ereignenden Todesfaͤllen der hohnſteiniſchen Grafen von Fall zu Fall denen Herren Grafen von Schwarzburg und Stollberg mit huldigen, dieweil fie, in Anſehung der Herrſchaft Lohra vom Churhauſe Sachſen, in Anſehung aber der Herrſchaſt TR erg - Grafſchaft Hohnſtein. 347 berg v von den Herren Biſchoͤfen zu Halberſtadt mit den Grafen von Hohnſten zu geſammter Hand ber liehen worden. F. III. Allein der durchlauchtigſte Herzog von Braunſchweig, Heinrich Julius, poſtulirter Biſchof zu Halberſtadt, wollte dieſe Herrſchaften auch haben. Er hatte bereits Anno 1583. den 25. May, noch bey Lebzeiten des letzten Grafens von Hohnſtein, mit Be: willigung des ganzen Dohmcapikels, feinen Herrn Vater Julium mit beſagten Herrſchaften auf ihn und feine fürftliche männliche Leibeslehns Erben belie— hen *. Daher glaubte er berechtiget zu ſeyn, ſich des Beſitzes derſelben anzumaßen. Er ließ daher beyde Herrſchaften durch feinen Kanzler Heinrich Ja⸗ gemannen und Mart. Probſten, Dohmherrn zu Gandersheim und Graͤnz, Secretair und andere Bediente, den 10 Jul. 1593. mit bewaffneten Haͤn⸗ den einnehmen, die graͤfliche ſchwarzburg. und ſtoll⸗ bergiſche Bediente theils wegjagen, theils, wo ſie nicht weichen wollten, gefänglich in das Braunſchwei⸗ giſche fuͤhren “. Damit er nun wegen feiner An— ſprache in dieſen Herrſchaften ſich deſto feſter ſetzen möchte, fo gab er der Ritterſchaft gewiſſe Verſiche⸗ rungen, legte eine beſondere Regierung in dem Staͤdtlein Bleicherode an, hielt Landtage, und uͤbe— te alle Handlungen der Gerichtsbarkeit aus. Nach— dem aber derſelbe Anno 1613. den 20 Jul. zu Prag dieſes Zeitliche verließ, ſo maßete ſich ſein durchl. Sohn, * Den ganzen Lehnbrief findet man in der Not. * an⸗ gefuͤhrten Deduct. der Hrn. Grafen von *. in der Beylage B. *r Ex MsC. 348 Von dem ehemaligen Zuſtande Sohn, Herzog Friedrich Ulrich zu Braunſchweig und Luͤneburg, derſelben als Nachfolger an. §. IV. Dieſer Herzog Friedrich Ulrich erhob ſich beſagten Jahres den 24. Octob. in eigener hoher Perſon in das Hohnſteiniſche, und kam des Abends in dem Stifte Walkenrieth mit einem anſehnlichen Gefolge an *. Er hatte bey ſich ſeinen durchlaucht. Herrn Bruder Chriſtian, Fuͤrſt Auguſten zu Anhalt, Wolfgangen Gebharden von Warberg, Juſten von Adeleps, Landdroſten in Goͤttingen, Grubenhagen und Hohnſtein, Michaeln Victorn von Wuſtrau, Rittern, Joh. Ernſt von Hoym, Stallmeiftern, Alexandern von Hoym, Kammerjunkern, Henr. von Veltheim, Hofſchenken, Henr. Jul. von Knie⸗ ſtett, Kammerjunkern, Virgil. Hoͤfern, Hofmeiſtern, D. Wern. Koͤnigen, Kanzlern, D. Joach. Goͤtzen von Olenhuſen, D. Wilh. Bokelium, D. Eric. Glacium, D. Joh. Peperinum, ſo alleſammt ſeine Raͤthe waren, M. Pet. Tuckermannen, Hofpredi⸗ gern, D. Sam. Sattlern, Leibarzten, Paul Sar⸗ torn, Hofapothekern, Laur. Berkelmann, Kammer⸗ meiſtern, Joh. Bodemeiern, Rath und Kammerſe⸗ cretaͤren, Herrn Hartwigen, Rath und Kloſter⸗ ſecretaͤr, Herrmann Volkmarrn, Secretaͤren der braunſchw. Aemter, Johann Oſterwalden, Graͤnz⸗ ſecretaͤren, Joh. Bornemannen, Lehnsſecretaͤren, Thiedr. Blocken, Secretaͤren, Felir Thesmarn, Se⸗ cretaͤren. M. Henrici Eckftormii Elegia de Hebdomade, qua Illuſtr. Princeps ac Dom. Fridricus Huldericus, Dux Brunſwicenſ. etc. in Comitatibus Cismontanis Hohn- ſteinenſi, Clettenbergenſi et Lohrano, fidelitatis iu- ramentum folenni ritu a fubditis aceepit. Helmſt. 1613. 4. der Grafſchaft Hohnſtein. 349 cretaͤren. Den 25. Octob. ließ ſich der Herzog vom ganzen Stifte huldigen, und noch eben den Tag nahm er zu Ellrich von den Einwohnern der Herr⸗ ſchaft Clettenberg die Huldigung ein. Den 26, Det. ließ er die Einwohner des Amtes Hohnſtein durch den Herrn von Warberg auf dem Schloſſe Hohnſtein ſich eidlich verpflichten, da er, der Herzog, inzwi— ſchen (nachdem er zu Wide geſpeiſet,) mit ſeinem Herrn Bruder nach Ilfeld fuhr, die Schule beſah, und des Abends nach Walkenrieth zuruͤck kehrete. Den 27. Octob. erhub er ſich mit ſeinem Geleite nach Bleicherode, und nahm den 28. von den Einwoh⸗ nern der Herrſchaft Lohra den Eid der Treue an, gleichwie er den 29. ſich auf dem Bergſchloſſe Lohra umſah, und des Abends wieder in Bleicherode ein⸗ traf, worauf er den 30. mit feinem Gefolge über Herzberg wieder nach Hauſe reiſete. Er ertheilte auch der Ritterſchaft beyder Herrſchaften gewiſſe Verſicherungen, wie ſein Herr Vater, und ließ die Regierung zu Bleicherode in ihrem Stande. §. V. Es ſahen aber die hochgebohrnen Herren Grafen von Schwarzburg und Stollberg dieſes alles nicht mit gleichguͤltigen Augen an, ſondern ſuchten ihren Anſpruch auf dieſe beyde Herrſchaften durch den Weg der Rechte vor dem kaiſerlichen Kammergerichte zu Speyer guͤltig zu machen. Sie bezogen ſich dar⸗ auf *, fo viel die Herrſchaft Lohra anbetrifft, daß die Herzoge von Sachſen, als Lehnsherren, die Erb⸗ vereinigung mit den Grafen von Hohnſtein genehm gehalten, und daß Landgraf Friedrich zu Thuͤringen ſolche beſtaͤtiget, und den Grafen von r Friedr. Luca uralt. Graf. Saal, p. 289. 350 Von dem ehemaligen Zuſtande burg und Stollberg die geſammte Hand darzu beken⸗ net, daß auch folgende durchlaucht. Herzoge, als Wilhelm 1461, Georg 1498, 1518, 1533, Heinrich 1540, ſolche erneuert, ja daß die durchl. Churfuͤrſten zu Sachſen, Moritz 1542, und Auguſt damit bis auf 1573 fortgefahren. Und obgleich der letztere die Herrſchaft Lohra Anno 1573. den 26. Octob. dieſe Herrſchaft, naͤmlich das Schloß und Amt Lohra, ſammt allen Zugehoͤrungen, die beyden Jungfrauen Kloͤſter, Monchelohra und Dietenborn, die beyden Staͤdte, Ellrich und Bleicherode, und den Ober⸗ ſchutz über das Stift Walkenrieth, dem Dohmcapi⸗ tel zu Halberſtadt, da der Biſchof geſtorben war, gegen andere mansfeldifhe Guͤther erblich verwech— ſelt “, und darüber kaiſerl. Majeſtaͤt Maximilian des zweyten, glorwuͤrdigſten Andenkens, Conſens, ſub dato Wien den 8. Jan. erhalten, ſo waͤre doch darinn klar verſehen, daß dieſer Tauſch den Herren Grafen zu Schwarzburg und Stollberg an ihren Rechten unſchaͤdlich, auch das Dohmcapitel dahin gehalten ſeyn ſollte, es dahin zu richten, daß von den kuͤnftigen Herren Biſchoͤfen beſagte Herren Gra⸗ fen beliehen werden ſollten. | F. VI. Was die Herrſchaft Clettenberg anbe⸗ langte, ſo zogen die Herren Grafen von Schwarz⸗ burg und Stollberg bey dem kaiſerl. Kammergerichte an *, daß die Biſchoͤfe von Halberſtadt, als Geb: hard 1459, Ernſt 1494, Albert 1515, Sigismund 1557, in ihren Lehnbriefen ihnen, den Herren Gras fen, *Schoͤttgens und Kreyſigs Diplomat. Nachleſe der Hiſtorie von Oberſachſen im VIII. Th. p. 712. * fFucaͤ I. c. p. 289. und Melifl. Bergſchloͤſſer, p. 606. der Grafſchaft Hohnſtein. 35. ſen, die geſammte Hand bekannt, und auch von dem Dohmcapitel, Zeit des erledigten Biſchofthums, da⸗ mit fortgefahren, bis in das Jahr 1579, da der Her⸗ zog Heinrich Julius zu Braunſchweig zum Biſchof zu Halberſtadt berufen worden. Ob nun zwar be⸗ ſagte Herren Grafen bey gemeldeten hochw. Biſchof die Lehn zu geſammter Hand an den beyden Herr⸗ ſchaften Lohra und Clettenberg geſuchet, und mehr— malen darum angehalten, haͤtten ſie doch jederzeit verzoͤgerliche Antwort erhalten. Als aber endlich der letzte Graf von Hohnſtein, Ernſt der ſiebente, um die Belehnung angehalten, habe zwar der Herr Bi⸗ ſchof, Heinrich Julius von Braunſchweig, den 1. Dec. 1583. beſtimmet, jedoch gedachten Grafen ausdruͤcklich gewarnet, daß er fuͤr ſeine Perſon allein, ausgeſchloſſen die Herren Grafen von Schwarzburg und Stollberg, zur Belehnung erſcheinen ſollte, mit angehaͤngter Bedrohung, dafern die Herren Grafen auch ihre Geſandten darzu ſchicken wuͤrden, er, Graf Ernſt, nicht beliehen werden ſollte. Es waͤre deſſen ungeachtet der Graf von Hohnſtein erſchienen, und haͤtte gebethen, den abgefaßten Lehnbrief durchleſen zu duͤrfen, und als er verſtanden, daß die alte Form geaͤndert, die Herren Grafen von Schwarzburg und Stollberg daraus gelaſſen, und deren Mitbelehnung nicht gedacht worden, haͤtte er die Inveſtitur anzu⸗ nehmen Bedenken getragen. Und ob er gleich er- waͤhntem Herzoge, als Biſchofen zu Halberſtadt, die Erbvereinigung und hergebrachte Mibelehnung der Herren Grafen zu Schwarzburg und Stollberg zu Gemuͤthe gefuͤhret, auch gebethen, ermeldete Erb- verei⸗ 352 Von dem ehemaligen Zuſtande vereinigte zu geſammter Hand zu beleihen, fo hätte er doch nichts fruchtbarliches erhalten koͤnnen. §. VII. Inzwiſchen beſaß der durchlaucht. Her⸗ zog Friedrich Ulrich die Grafſchaft, und uͤbete alle Gerechtſame uͤber dieſelbe aus. Die abgeſtorbenen Herren Grafen von Hohnſtein hatten unter andern auch, als ein Reichsſtand, das Recht, Muͤnzen zu prägen *, um nun auch dieſes zu zeigen, ließ belob⸗ ter Herzog von wegen der Grafſchaft Hohnſtein in den Jahren auch Muͤnzen ſchlagen. Ob er große Muͤnzen mit Benennung beſagter Grafſchaft verferti⸗ gen laſſen, kann ich nicht ſagen, aber kleine darauf kann ich anfuͤhren, die ich zum Theil ſelbſt beſitze, und zur Kipper- und Wipperzeit ausgemuͤnzet worden. N. 1. Iſt ein zwey Groſchenſtuͤck, worauf ein wilder Mann ſteht, einen Baum aufrechts in der Rechten haltend. Zur rechten Lende ſteht 2, und zur linken o, welches das Jahr 1620 andeutet. Die Umſchrift heißt: PRO. LEGE. ET. GREGE. Die andere Seite hält das ganze hohnſteiniſche Wa⸗ pen, doch ohne Helm und Helmdecke. Das erſte und vierte Feld haͤlt das hohnſteiniſche Schach mit ſeinen Vierungen, das andere und dritte den lauter⸗ bergiſchen Loͤwen über 4 Duerfadens, und das Mit: telſchild den clettenbergiſchen Hirſch, mit der Um⸗ ſchrift: MOneta. NOva. ARGENtea.. HON- STEINenfs. N. . ® S. m. kurze, doch zuverlaͤßige Nachr. von denen ſich nach und nach verlierenden Münzen der ausge⸗ ſtorbenen Grafen von Hohnſtein. Nordhauſ. 1748. in 4, Und deren Fortſetzung. Nordhauſ. 1750. 4. der Graſſchaft Hohnſtein. 353 N. 2. Iſt auch zwey Groſchen. Auf der erſten ‚Seite ſteht der wilde Mann mit einem behauenen Baume voller Wurzeln, und drum herum lieſet man: PRO. LECE. (12) ET. GREGE. 1620. Die 12 ſteht eben unter den Fuͤßen. Die Ruͤckſeite ſtellet das hohnſteiniſche Wapen ohne Helm und Helmde— cken oben mit einer Krone vor, und giebt dieſe Um⸗ ſchrift zu leſen: MOneta: NOva: ARGENtea: HONSTEINenſis. Es ſteht zwar auf beyden nicht, daß ſie der durchl. Herzog Friedrich Ulrich habe prägen laſſen. Allein, da ſie zu der Zeit in dem Hohnſteiniſchen erſchienen, als er dieſe Grafſchaft unter feiner Bothmaͤßigkeit ge⸗ habt, fo hat ja wohl niemand anders fie ſchlagen laſ⸗ ſen duͤrfen, als er; zudem, ſo haben keine andere, als die durchlaucht. Herzoge zu Braunſchweig, den wilden Mann auf ihren Muͤnzen gefuͤhret *, wie denn inſonderheit unſer belobter Herzog ſolches auf goldenen und ſilbernen Münzen gethan . Man koͤnnte ſich zwar daran ſtoßen, daß auf dieſen Muͤn⸗ zen die Umſchrift pro lege et grege ſtehe, da doch auf feinen andern Münzen mehrentheils fteht: Deo et patriae. Allein, es hat dieſem Herzoge beliebet, ſeine Muͤnzen mit mancherley Denkſpruͤchen auszie⸗ ren zu laſſen. Sintemal man auf kleinen und groſ⸗ ſen * Sie * den wilden Mann deswegen gebrauchet, weil das Silber darzu aus der Bergſtadt Bildes „ mann erhoben worden. Bruͤckm. Magnal. Dei in. locis ſubterr. P. II. f. 277. Joh Fried. Borchm. Numophylac. Molano. Boehme. rian. P. III. Cap. VI. Sect. V. N. 195 198. 209. 210. 220. e. ſ. 9 Band. N 354 Von dem ehemaligen Zuſtande ſen findet, daß er damit oft gewechſelt; bald lieſt man darauf: Honeſtum pro patria, bald Sapientia et conſtantia, bald Sapienter et conſtanter. N. 3. Ein drey Groſchenſtüͤck, deſſen Hauptſeite den zweykoͤpfichten Reichsadler mit dem Reichsapfel in der Bruſt ſehen läßt, begleitet mit den Worten: SVB. VMBRA. ALARVM. TVARVM. Die Ruͤckſeite hat unter einer Krone ein Schild mit dem hohnſteiniſchen Wapen, umgeben mit der Umſchrift: MONeta. NOVa. ARGENtea. COMltatus. HONSteinenfis. N. 4. Ein Groſchen, auf deſſen erfter Seite ein Löwe in einem gekroͤnten Wapenſchilde ſteht, mit der Umſchrift: MONEta. NOVA. COMITatus. HONSteinenfis. Die andere Seite zeiget den Reichsadler und die herum geſchriebene Worte: FERDinandus. II. Dei. Gratia. IMperator. SEM- per. AVguſtus. 1621. Es findet ſich zwar auch auf dieſer Muͤnze der ho⸗ he Name des Herzogs Friedr. Ulrichs nicht, ich ſchreibe ihm aber ſolche aus folgenden Gruͤnden zu. Einmal iſt ſie zu der Zeit verfertiget worden, da dieſer Herr die Regierung der Grafſchaft Hohnſtein hatte; andern Theils habe ich ein ander zwey Gro⸗ ſchenſtuͤck, da die eine Seite ebenfalls den Reichsad⸗ ler und die oben angefuͤhrte Umſchrift hat, hergegen lieſt man auf der andern Seite ohne Jahrzahl um den wilden Mann: FR Dricus. VLRIcus. Dei. Gratia. DVX. BRVNſuicenſis. ET. LVneburgenſis. N. 5. Ein zwey Grofchenftüf, da auf einer Seite ein ſtehender wilder Mann zu ſehen, der in der Rechten einen Baum mit Wurzeln und Zweigen | haͤlt, der Grafſchaft Hohnſtein. 355 hält, und den linken Arm auf die Huͤfte ſtuͤtzet. Uns ter dem Ellbogen ſteht 12. Drum herum lieſt man: PRO. LEGE. ET. GREGE: 1621. Die andere Seite ſtellet das hohnſteiniſche Wapen, wie N. - vor, aber beſſer als dort. Denn auf N. 2. ſind aus des Stempelſchneiders Verſehen, in dem hohn⸗ ſteiniſchen Schach nur 9 Vierecke, da auf dieſer 12 ſind, wie es ſich gebuͤhret. Die Umſchrift lautet: MOneta. NOva. ARGEN Tea. HONSTEINenſis. N. 6. Eine andere Muͤnze, ſo 2 Groſchen be⸗ traͤgt. Sie iſt auf der erſten Seite voriger gleich, aber auf der andern Seite ſind drey Schilde. Ei⸗ ner oben in der Mitte, die andern drunter neben einander. Der oberſte hat den lohriſchen Hirſch, der andere das hohnſteiniſche Schach, und der dritte den lauterbergiſchen Löwen, doch ohne die Queerbal⸗ ken. Zwiſchen den drey Wappen iſt die Zahl 12 zu ſehen. Drum herum ſteht: MOnera. NOva. AR- GENtea. COMitatus. HONSTEN. Die andere Seite hat einen wilden Mann, der in der Rechten einen mit Wurzeln ausgeriffenen, und an den Zwei⸗ gen verſtuͤmmelten Baum haͤlt, und den linken Arm in die Seite ſetzet, benebſt der Umſchrift: PRO. LEGE. ET. GREGE. 1621. N. 7. Noch ein ander Zweygroſchenſtuͤck hat auf der erſten Seite den wilden Mann, wie oben be⸗ ſchrieben, und die Umſchrift: DEO. ET. PATRIE. I. 6. 2. 1. Auf der andern Seite ſchauet man drey Schilde, zwey oben neben einander, und eines mit⸗ ten unter denſelben. Das erſte hat den hohnſteini⸗ ſchen Schach; das andere, den ſcharzfeldiſchen Lö⸗ wer, Boch ohne Auerbalken das nie, den lohri⸗ * 3 2 ſchen 356 Von dem ehemaligen Zuſtande ſchen Hirſch. Die Umſchrift iſt: MONEta. NOVA. COMIT Atus. HONS T Ein. | $. VIII. Ob nun wohl Herzog Friedrich Ulrich die Grafſchaft Hohnſtein eine Zeitlang im Beſitz hatte, fo mußte er doch erfahren, wie die Länder wandelbar find, und nicht lediglich in der Hand ih- rer Beherrſcher ſtehen. Denn als er Anno 1626 mit in den daͤniſchen Krieg verwickelt wurde, ſo erhielt Herr Chriſtoph Simon, Freyherr von Thun, Anno 1628 von kaiſerl. Maj. Ferdinand dem andern, die Grafſchaft Hohnſtein gegen 600000 rheiniſche Gül- den unterpfaͤndlich. Der Herzog zu Friedland, Sr. Maj. beſtallter Generalfeldhauptmann, mußte den Freyherrn in den Beſitz derſelben ſetzen, welcher durch einen verordneten Oberhauptmann, Herrn Paul Peht, die Grafſchaft regieren ließ. Es ſuchte zwar der Herzog ſein Recht durch folgende Schrift darzuthun: Gruͤndlicher Bericht, was es um die Grafſchaft Hohn⸗ und Reinſtein, und den darinn be⸗ legenen Stift halberſtaͤdtiſchen und gandersheimiſchen Lehnſtuͤcken ꝛc. fuͤr eine Bewandtniß habe. Wol⸗ fenbuͤttel, 1628. Allein er konnte nichts ausrichten, bis die ligiſtiſche Armee Anno 1631 bey Leipzig von dem Könige in Schweden, Guſtav Adolphen, und Ehurfürften Joh. Georg zu Sachſen aus dem Felde geſchlagen wurde. Denn da mußte ſich der gemel⸗ dete Oberhauptmann hinweg begeben, weil Herzog Friedrich Ulrich, wegen feiner Anforderung die Graf⸗ ſchaft vom neuen wieder einnehmen, und durch den Inſpector $udtwig Ziegenmeyern, und den Rath Chriſtian Toͤlken regieren ließ *. 5 | | $. IX. Obige Deduct. der Gr. von Wittgenſt. p. u. der Grafſchaft Hohnſtein. 357 F. IX. Inzwiſchen verfolgten die Herren Gra⸗ fen bey dem hoͤchſten kaiſerlichen Kammergerichte ihre rechtlichen Anſpruͤche auf die Grafſchaft Hohnſtein mit großem Eifer. Sie hatten bereits Anno 1605 den 8 Febr. einen Spruch von demſelben erhalten, welcher ihnen den Beſitz derſelben zuerkannte. Nun hatte zwar der Herzog Julius zweymal ſich auf eine Reviſion per ſententiam berufen, allein es war fol: ches verworfen worden, und von der Roͤm. Kaiſerl. Maj. die Executoriales ſolches Spruches ausgegan: gen. Es wurde auch dem Herz. Friedrich Ulrichen im Jahre 1618 den 12 Febr. hernach 1619 den 1 März *, und ferner 1620 den 30 Mar; ***, durch Urtheile Parition auferleget. Wie nun die Herren Grafen ferner ihre Sache am kaiſerlichen Kammer: gerichte ernftlich trieben, und für fie die Sachen gut liefen, ſo ließ ſich der Herzog mit ihnen A. 1632 den 1 Jan. in einen guͤtlichen Vergleich + ein, und über: ließ den Herren Grafen zu Schwarzburg, Anton Heinrichen, Chriſtian Guͤnthern, Ludwig Guͤnthern, und Abbrecht Guͤnthern, wie auch den Herren Gra⸗ fen zu Stolberg, Chriſtophen und Heinrich Voll— rathen, die Herrſchaft Lohra mit dem Schloſſe, der Stadt Bleicherode, Dietenborn, imgleichen die churſaͤchſiſchen sehnftücke, als das Amt Bodungen, Utterode, Basen Bodungen, Kraja, Wallrode, 33 die * * Fritfehii Opera Tom. II. Part. 4. p. 344. ** Fritfch. I. c. p. 22 Fritſch. I. c. p. F Fritſch. I. c. p. ae nige Reichsarch. Part. Spec. Cont. II. f. 323. Heydenr. Hiſt. des Hauſes Schwarzb. p. 293. | 358 Von dem ehemaligen Zuſtande die wuͤſte Mark Roͤdichen, Haynrode unter der Haar⸗ burg, die Haͤlfte von Bennikenſtein, alleſamt mit angehoͤriger Ritterſchaft, Unterthanen, Doͤrfern und allen Grechtigkeiten. Allein die Vollziehung dieſes Vergleichs blieb wegen der einfallenden Kriegsbe⸗ ſchwerungen nach. Denn es ruͤckten die kaiſerlichen Soldaten in die Grafſchaft ein, und nahmen auf Befehl des Generals Tilly die beyden Schloͤſſer Lohra und Clettenberg weg, ſetzten fie in guten Stand noͤthiger Gegenwehr, riſſen aber bey ihrem Abzuge mehr wieder ein, als ſie gebauet. Hierauf trat zwar Herzog Friedrich Ulrich A. 1634 den Herren Grafen die Herrſchaft Lohra ab, aber die Herrſchaft Cletten⸗ berg und die Stadt Ellrich behielt er ſich lebenslang vor, welches aber nicht lange waͤhrete. Denn es mußte der Herzog erfahren, daß menſchliche Zufaͤlle die Hohen ſo wohl, als die Niedrigen, treffen, in— dem er kurz darauf durch einen ungluͤcklichen Fall mit dem Pferde ein Bein zerbrach, woran er den 1 Auguſt beſagten Jahres feine Sander und die Welt durch den Tod raͤumen mußte. Hierauf nahmen zwar deſſen Herren Vettern, celliſcher Linie, als deſſen Erben, dieſe Herrſchaft ein, uͤbergaben aber kurz darauf dieſelbe an die Herren Grafen von Schwarzburg und Stollberg, welche ſolcher Geſtalt nunmehr die ganze Grafſchaft erhielten, und ſich be⸗ ſagten Jahres den 2 Sept. zu Bleicherode von den Unterthanen huldigen ließen *. Von der Zeit an iſt dieſe Grafſchaft niemals wieder unter berzralech raun⸗ ® M. Andr. Reimanns, Superint. zu Bleicherode Huldigungspredigt, Nordh. 1634, 4. der Graffehaft Hohnſtein. 359 braunſchweigiſcher Bothmaͤßigkeit geweſen. Wie ſie aber nachmals unter mancherley Wechſel des Gluͤcks unterſchiedenen Herren unterwuͤrfig worden, bis fie an das churfuͤrſtliche Haus Branden⸗ burg gekommen, ſolches gehoͤret hier nicht her. F. C. Leſſer. D I RTEERTR A II. Nachricht von einem beſondern Lichte, aus den Utrechter franzoͤſiſchen Zeitungen 54 St. vom 7 Heumonats, 1752. Siehe daſelbſt den Artikel von Paris. Sine Erſcheinung, von welcher der Herr von Lr der koͤniglichen Akademie der Wiſſen⸗ ſchaften Nachricht ertheilet hat, giebt einen neuen Beweis der Aehnlichkeit der elektri⸗ ſchen Materie mit dem Donner. Auf dem Glocken⸗ thurme, der Kirche zu Plauzat in Auvergne befindet ſich ein eiſernes Kreuz, ohne Malerey und ohne Firniß. Die aͤußern Enden dieſes Kreuzes, davon die Stange etwa 2 Fuß hervor raget, ſind nicht rund, ſondern faſt wie die franzöfifchen Lilien geſtal⸗ tet, mit ſcharfen Spitzen. So oft ein großer 34 Sturm 360 Von einem beſondern Lichte. Sturm von dicken Wolken und haͤufigen Blitzen be⸗ gleitet, einfaͤllt, zeiget ſich an jedem der äußern En⸗ den dieſes Kreuzes ein leuchtender Koͤrper. Nach einer Sage von undenklichen Jahren her, ereignet es ſich ſehr ſelten, daß der Donner zu Plauzat, oder da herum, einſchlaͤgt, wenn dieſe Erſcheinung ſich zeiget, oder ſich zeigen will. So bald es erſchienen iſt, fuͤrchtet man nichts mehr. Die drey leuchtenden Koͤrper, von denen itzo iſt geredet worden, ſind von verſchiedenen Farben, wie der Regenbogen. Ihr Grund oder Untertheil (baſe) iſt rund, und am obern Ende ſpitzen fie ſich Eegelförmig zu. Manch⸗ mal dauren ſie drittehalbe Stunden, und ſie widerſte⸗ hen dem Regen, ſo haͤufig er auch faͤllt. Dieſes wird durch das Zeugniß aller Einwohner von Plau- zat, und durch einen Brief des daſigen Pfarrers, Herrn Binon, beſtaͤtiget, der ſich 27 Jahre da auf: haͤlt, und ein ſehr genauer Beobachter iſt. Erinnerung. Ich habe dieſe Erſcheinung hier erzählen wol⸗ len, ob ich ſonſt wohl eben nicht geneigt bin, die Zeitungen zu Quellen des hamburgiſchen Magazins zu erwaͤhlen. Sie ſtimmet mit der nordhaͤuſiſchen, die ich im VIII Artikel des III St. vom VII Bande beſchrieben habe, ſo genau uͤberein, daß ſie dieſer Aehnlichkeit wegen eine Stelle allhier fodern konnte, und ich bin ſehr vergnuͤgt, daß durch meine Vermit⸗ telung eine ſolche Begebenheit in Deutſchland eher iſt bekannt gemacht worden, als man fie aus Frank⸗ reich erfahren hat. Ob aber dieſe Erſcheinung die neuen Bemuͤhungen der Elektricitaͤtforſcher beftä- tige, Von einem befondern Lichte. 361 tige, das Feuer aus einer donnerſchwangern Wolke zu ziehen, getraue ich mir eben nicht zu behaupten. Ich ſollte faſt eher glauben, die Materie dieſes Lich⸗ tes ſey aus dem Eiſen heraus, als von außen in ſel⸗ biges hinein gekommen. Geht aber die Materie des Blitzes in das Eiſen hinein, oder pflanzet ihre Bewegung durch eine aͤhnliche Materie, die ſie in ihm antrifft, fort, wie die elektriſche Materie thut, ſo gebe ich zu überlegen, ob man nicht an das Eiſen⸗ werk und anderes Metall, welches auf den Hoͤhen der Thuͤrme vielleicht in größerer Menge, als auf andern Gebaͤuden, zu finden iſt, als eine Nebenur⸗ ſache denken koͤnne, warum es am oͤfterſten in Thuͤr⸗ me einſchlaͤgt. Ich geſtehe es aber, daß ich alsdenn auch bey der eifernen Stange, die die Materie des Blitzes in ſich ziehen, und dadurch eine Stade für deſſelben gefaͤhrlichen Wirkungen verwahren ſoll, nicht ſtehen bleiben mag, weil ich mich fuͤr dem Schickſale des Prometheus fuͤrchtete. Denn auf wen koͤnnte man eigentlicher, als auf einen ſolchen Naturforſcher des Herrn von Haller Vers deuten. Ein neuer Prometheus beſtiehlt dem Himmel wieder, und was fuͤr einen Namen verdienete dieſer Verſu— cher, der wichtigſte nach dem muſſchenbroekiſchen beſ⸗ ſer, als daß man ihn den prometheiſchen nennte? Ich bin damit zufrieden, einen Blitz ges ſehen zu haben, bey dem es in das dritte Haus von dem, wo ich war, einſchlug, und mich dabey vers ſichert zu haben, daß derſelbe von oben herunter, und nicht von unten herauf, nach des Maffei Mey⸗ nung, gekommen iſt. Es war in der Nacht nach 11 9 das vorige Jahr, an einem Tage, den ich itzo 3 5 nicht 362 Von einem beſondern Lichte. nicht anzeigen kann, weil ich das Papier, worauf ich es mir aufzeichnete, verleget habe. So viel aber weiß ich, nach dem Eindrucke, den eine ſtarke, feltene und plögliche Empfindung in uns machet, zus verlaͤßig, daß ein Klumpen Feuer mit einem ſo ſtarken Donnerknalle, als ich je gehoͤret habe, in der Luft zerſprang, ungefaͤhr wie eine Rakete berſtet, und daraus eine Menge Funken niederwaͤrts = ausbrei⸗ tete. Es ſchien mir aus dem Fenſter, aus dem ich es ſahe, mitten uͤber der Gaſſe um die Gegend des Hauſes zu geſchehen, wo es wirklich eingeſchla⸗ gen hatte. Das Haus iſt ziemlich hoch, und die Wirkung des Blitzes hatte ſich gleich in einem der oberſten Zimmer geaͤußert, wo man in einer Fenſter⸗ ſcheibe ein rundes doch, und zwar rings um daſſelbe einen Rand, zum Beweiſe, daß das Glas geſchmol⸗ zen war, fand. Da es den zten Heumonats dieſes Jahres in den Kirchthurm St. Wenzeslai zu Naumburg einge⸗ ſchlagen, iſt ein Draht, nuit dem man von unten dem Thuͤrmer klingelt, an den Orten, wo ſich Beugungen oder Gelenke gefunden, geſchmolzen, ob daſelbſt gleich nichts geloͤhtet, ſondern alles aus dem Ganzen geweſen. Vermuthlich hat die Mate⸗ rie, welche ſich durch den Draht beweget, und die Schmelzung verrichtet hat, nicht fo geſchwinde ihre Richtung ſo ſtark aͤndern koͤnnen, als es die Beu⸗ gungen erfodert, ſie hat ſich alſo an dieſen Orten laͤnger aufgehalten, und dadurch eine Wirkung ge⸗ than, welche ſie da nicht that, wo ſie ſehr ſchnell ge⸗ rade fortſtreichen konnte. Eine Erfahrung, von der man nun ſo viele Beyſpiele hat, daß man ſie 5 mehr ewun⸗ Von einem beſondern Lichte. 363 bewundert, beſtaͤtiget dieſes, da naͤmlich der Blitz durch lockere Körper, ohne fie zu beſchaͤdigen durch⸗ fährt, und dichte, die in ihnen ſtecken, zerſchmettert. Dieſes beweiſet, daß dieſe zarte Materie ſo wirket, wie eine Materie wirken kann, die bey ihrer geringen Menge ſich ſehr ſchnell beweget. Die Schafe, in denen man die Knochen ohne einige aͤußere Verletzung zerſchmettert befunden, und welche fo viel Natur— kuͤndiger aus den breßlauiſchen Sammlungen anzu— fuͤhren gewußt haben, nachdem der Freyherr von Wolf ſie aus ſolchen angefuͤhret hat, und viel ſolche Beyſpiele ſcheinen darzuthun, daß die Materie des Blitzes durch lockere Koͤrper durchfaͤhrt, ohne ſie zu verletzen, und dichte beſchaͤdiget, entweder, weil ſie ihr mehr widerſtehen, oder vielleicht richtiger, weil ſie in ihr mehr ihres gleichen Materie antrifft, und ſolche in Bewegung ſetzet, wie eine Menge Pul⸗ ver die andere entzuͤndet. Die ſtaͤrkere Wirkung an den Beugungen ſcheint mit dem elektriſchen Lichte an den Enden der Koͤrper, das ich ſchon am angefuͤhrten Orte des hamburgiſchen Magaz. 422 Seite erwaͤhnet habe, überein zu ſtimmen. Daß aber die Erſchei⸗ nung des Lichtes an dem Kirchthurme ein Zeichen iſt, das Gewitter werde unſchaͤdlich ſeyn, ſieht wenigſtens beynahe ſo aus, als der Glaube den die Matroſen von dem Feuer St. Telmo haben, und wuͤrde mich, wenn beyderley Glauben als gegruͤndet erwieſen waͤre, in der Vergleichung bekraͤftigen, die ich ebenfalls daſelbſt 425 Seite ange: ſtellet habe. A. G. Kaͤſtner. . III. 304 Kruͤgers Gedanken, K. -A- NK FKK OO N- C IL... J. G. Kruͤgers Gedanken von der Vernunft der Thiere. 53 iſt mir immer ſo vorgekommen, als wenn die meiſten Weltweiſen die Handlungen der Thiere durch eine gewiſſe Art der Glaͤſer be⸗ trachtet haͤtten, welche alles verkehren. Carteſius machte ſie zu bloßen Maſchinen; er ſprach ihnen alle Vernunft, ja alle Vorſtellungen uͤberhaupt ohne Gnade und Barmherzigkeit ab, und wollte die Welt überreden, daß ein gepruͤgelter Hund, feines Schrey⸗ ens ungeachtet, eben ſo wenig davon fühlete, als die Geige, worauf man ein Lamento ſpielte. Andere hingegen haben die Vernunft der Thiere nicht genug zu erheben gewußt. Sie haben aus ihnen Zimmer⸗ leute, Leinweber, Wollſpinner, Maurer, Apotheker, ja ſogar Aerzte, und mit einem Worte alles gemacht. Was bey dem allen am meiſten zu bewundern if, ſo ſind ſie in ihren Lobeserhebungen ſo weit gegangen, daß fie die Thiere fogar über die Menſchen geſetzt und behauptet haben, daß dieſe nicht nur verſchiedene Kuͤnſte, ſondern die Arztneygelahrtheit ſelbſt von den Thieren zuerſt gelernet harten. Iſt dieſes der An- fang der Arztneykunſt geweſen: ſo wundert mich, daß es keinem eingefallen iſt, der Rechtsgelahrheit einen gleichen Urſprung zu geben. Denn man erzaͤhlet von von der Vernunft der Thiere. 365 von den Affen, daß ſie Schildwachen ausſtellen, wenn ſie die Gaͤrten beſtehlen, und daß ſie hernach den, welcher bey erfolgtem Ueberfalle von Menſchen ſeinen Poſten nicht recht in Acht genommen, todt ſchlagen. Meiſtentheils pfleget bey dergleichen aus⸗ ſchweifenden Widerſprechungen die Mittelſt aße der geradeſte Weg zur Wahrheit zu ſeyn, und wie es heißt: in medio conſiſtit virtus; ſo kann man oft 4 n Rechte ſagen: in medio conſiſtit veri- Zum wenigſten trifft ſolches bey der gegenwaͤrti⸗ he Materie vollkommen ein; nur iſt es Schade, daß man oft diejenigen Wirkungen, die von der Beſchaf⸗ fenheit des thieriſchen Körpers herruͤhren, von ihrer Vernunft, und Wirkungen der Vernunft, von der Einrichtung ihres Leibes, herleiten will. Keine tief— ſinnige Vernunftſchluͤſſe, keine Metaphyſik und Al: gebra wird erfordert, hier die gehoͤrigen Graͤnzen zu ſetzen. Es iſt nichts weiter als geſunde Sinnen, und eine unermuͤdete Aufmerkſamkeit noͤthig, um ſolches zu bewerkſtelligen. Ich will dieſes mal eine Probe davon an den Bienen geben. Man bewundert die Haushaltung der Bienen, und man bewundert ſie mit Recht; man haͤlt ſie für ſehr vernuͤnftig, und glaubet, daß fie ordentlich mit einander ſprechen Fön: nen. Dieſes kann wohl ſeyn, und wenn wir ein Woͤrterbuch von der Sprache der Bienen haͤtten: ſo würde man vielleicht finden, daß ihr Gebrumme un⸗ gefaͤhr ſo heraus kaͤme, als wenn ſich die Bauren über Staatsſachen beunrubigen : Wenn Velten ſich in feiner Schenke beͤſte, Wenn er auf Englands Zauderey, Und 366 Kruͤgers Gedanken, Und Hollands Parlement entruͤſtet, Bey feiner Ehre theuer ſchwoͤrt, Daß wenn man ihm nur folgen wollte, Der Praͤtendent, der Flandern itzt verheert, Gar bald vertrieben werden ſollte. Da wir indeſſen noch zur Zeit kein Woͤrterbuch der Bienen beſitzen, und alſo noch nicht ausgemacht iſt, ob die Bienenſprache von der hebraͤiſchen abzuleiten ſey, wie einige tiefſehende Sprachverſtaͤndige von al⸗ len Sprachen behaupten wollen: fo hat man ſich ge⸗ noͤthiget geſehen, die Bienen als wilde Voͤlker zu betrachten, deren Gedanken man aus ihren Hand⸗ lungen zu errathen gezwungen iſt. Da man nun geſehen, daß ſie Wachs machen, und gleichwohl nichts als Blumenſtaub einſammlen: ſo hat man geſchloſſen, daß dieſer die Materie des Wachſes ſeyn muͤſſe, der ſie durch eine ſorgfaͤltige und mit vieler Ueberlegung angeſtellte Bearbeitung eine ſolche ver— änderte Geſtalt gäben *, weil man ferner wahrge⸗ nommen, daß ſie ſich von dieſem Wachſe ſechseckigte Wohnungen bauen; fo hat man neue Urſache gefun- den zu haben geglaubt, ihre Einſicht zu bewundern, und es hat nicht viel gefehlet, daß man ſie nicht un⸗ ter die Mathematikverſtaͤndigen vom erſten Range verſetzet hätte; weil man ſich eingebildet, fie hatten mit Fleiß diejenige Figur zu ihren Zellen erwaͤhlet, bey welcher gar kein unnuͤtzer Raum uͤbrig bliebe. Allein laßt uns hier alles das Wunderbare bey Seite ſetzen, und die Natur mit unparteyiſchen Augen be⸗ trachten, vielleicht finden wir, daß ſie hier eben ſo a einfoͤr⸗ * ©. Spectacle de la Nature. von der Vernunft der Thiere. 367 einfoͤrmig handelt, wie fie jederzeit zu handeln ge⸗ wohnt iſt. Meinen Gedanken nach kann man eben ſo wenig ſagen, daß der Blumenſtaub die Materie des Wachſes ſey, dabey die Bienen weiter nichts zu thun haͤtten, als ſolches mit ihren Fuͤßen zu treten, ſo wenig man ſagen kann, daß der Weingeiſt ohne Gaͤh⸗ rung durch bloßes Zerdruͤcken der Weinbeeren entfte: he. Die offenbaren thieriſchen Grundtheile, welche die Chymie im Wachſe entdecket, haͤtten gar leicht zeigen koͤnnen, daß dieſer Gedanke falſch ſey, und daß das Wachs eben fo wie der Honig aus den Säf- ten der Biene entſtanden ſeyn muͤßte. Denn wenn die Liebhaber der Natur genauer hierauf Achtung geben werden, ſo werden ſie finden, daß ſich die Bie⸗ nen um nichts weniger als um das Wachsmachen be⸗ kuͤmmern. Bloß der Hunger treibt ſie an, auf den Blumen ihre Nahrung zu ſuchen, und der Staub, welchen fie fo ſorgfaͤltig nach Haufe tragen, iſt nichts anders, als ihre Speiſe. Endlich wird der Honig von ihren Saͤften abgeſchieden, und wenn die Honig⸗ blaſe gaͤnzlich damit erfuͤllet iſt, ſo ſchwitzen ſie aus den an ihrem Bauche befindlichen Gelenken oder Schienen, wie ich es nennen ſoll, eine zaͤhe Materie aus, welche an der Luft hart wird, und bereits den Glanz und die Durchſichtigkeit des Wachſes beſitzt. Dieſe Wachsblaͤttgen hängen fo feſte an dem Leibe der Biene, daß ſie ſie ſelbſt nicht los kriegen kann, ſondern eine der andern hierzu behuͤlflich ſeyn muß. Sie thun dieſes vermuthlich aus Mitleiden gegen ihre Cammeraden. Denn ich bilde mir ein, daß dieſer ihr Zuſtand nicht ohne Beſchwerung, und mit einem Worte, eine Krankheit ſey, die ihnen 1 5 er haft 368 Kruͤgers Gedanken, u haft iſt, weil ſie ihnen die Materie zu ihrer Woh⸗ nung darreichet. Ja vielleicht ſind es die Bienen nicht allein, denen eine Krankheit die Materie zu ei⸗ ner neuen Wohnung verſchaffet. Meines Erachtens thun die Raupen und Seiden wuͤrmer bey ihrem Ein⸗ ſpinnen eben daſſelbe. Ekel und Ueblichkeit zwingt ſie, einen zaͤhen Saft von ſich zu geben, ſie ſehen ſich genöthiget, um ſolchen los zu werden, den Kopf immer hin und her zu bewegen, fie bereiten ſich alſo un- wiſſend den Sarg, durch welchen ſie bey ihrer Auf— erſtehung in einer edlern Geſtalt wieder heraus bres - chen. Sind meine Gedanken, wie ich glaube, ge⸗ gruͤndet; ſo iſt es ſonderbar, daß uns eine Krankheit zweener veraͤchtlicher Würmer, Nahrung und Klei⸗ der, Honig und Seide darreicht. Bewundert alſo nicht die Klugheit der Thiere, bewundert vielmehr die Weisheit des Schoͤpfers, welcher dergleichen un« vermeidliche Uebel zum Urſprunge groͤßerer Vollkom⸗ menheiten zu machen gewußt hat. Dabey bin ich ſehr geneigt zu glauben, daß die Urſache, warum die Zellen der Bienen ſechseckigt find, darinn zu fur chen ſey, daß jederzeit ſechs Wachsplaͤttgen bey einer Biene zugleich ausſchwitzen. Wenn ſie alſo nur fo viel Verſtand hat, daß ſie ihren ganzen Vorrath von Wachsplaͤttgen fo aneinander ſetzet, daß der Raum geſchloſſen wird, ſo koͤnnen keine andere als ſechseckigte Figuren heraus kommen. Die Sache verdienet weiter unterſuchet zu werden; und ich habe die Abſicht meines Aufſatzes erreichet, wenn ich ge⸗ ſchicktern Naturkuͤndigern dadurch Gelegenheit gegeben habe, ſolches zu thun. Helmſtedt, L N den 13. May 1752. IV. 665656535355 N N IV. | Dies Herrn de la Lande koͤnigl. franz. Aſtronomi Schreiben an Prof. Kaͤſtner er Offeroationen in Berlin betreffend. Aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzt. M. H. a ich ihnen von der Reiſe Nachricht geben will, die ich auf Befehl des Koͤnigs unter⸗ nommen habe, die Parallaxe des Mondes zu beſtimmen, und die Krümmung der Erde auszu⸗ machen; ſo konnte ich damit anfangen, daß ich ſie uͤberhaupt erinnerte, was bisher in dieſer Sache ſeit der Erneuerung der Wiſſenſchaften gethan worden iſt. Aber dasjenige nicht zu wiederholen, was be⸗ ruͤhmte Schriftſteller laͤngſt vor mir geſaget haben, denen wir alle unſere Kenntniß in dieſen Unterſuchun⸗ gen ſchuldig ſind; ſo will ich alles uͤbergehen, was mit den Beobachtungen, von denen ich zu reden ha⸗ be, nicht unmittelbar in Verbindung ſteht. | Die Reiſen, welche auf Befehl der parifer Aka⸗ demie der Wiſſenſchaften nach Norden und nach Suͤ⸗ den ſind gethan worden, ſollten in gleichem Maaße dienen, die Groͤße eines Grades auf der Erde zu be⸗ 9 Band R A a ſtim⸗ 370 De la Lande Schreiben, ſtimmen, geographiſche Beſchreibungen der Kuͤſten und der Laͤnder, die man durchreiſen mußte, zu ge⸗ ben, die Schiefe der Ekliptik zu unterſuchen, die verſchiedenen aſtronomiſchen Strahlenbrechungen ken⸗ nen zu lernen, das Gewichte der Luft, die Grade ih- rer Verdichtung und Spannungskraft, die Länge des Penduls, die Magnetnadel; kurz, eine Menge phyſikaliſcher und aſtronomiſcher Gegenſtaͤnde zu un⸗ terſuchen, davon vielleicht jeder allein zu itziger Zeit maͤchtig genug waͤre, begierige Nachforſcher in die entfernteſten und unwegſamſten Laͤnder zu ziehen. Meine itzige Beſchaͤfftigung bezieht ſich auf zweyerley Abſichten: Die erſte, an welche man bey den Arbei⸗ ten der Akademie der Wiſſenſchaften, von denen ich vorhin geredet habe, gar nicht gedacht hat, iſt die Beſtimmung der rechten Größe von der Mondparal— lare; die zweyte iſt die Krümmung der Bogen des Meridians, zu welcher uns die Verhaͤltniß der Pa⸗ vallaren fuͤhret, wenn diefelben von verſchiedenen Beobachtern, an entlegenen Oertern, aber unter einer⸗ ley Mittagskreiſe, bemerket werden. Dieſes gilt vom Monde und von allen Planeten. Der Mond ift unter allen der Erde am naͤheſten, und manchmal nur 28 mal ihre Dicke von ihr entfernet. Setzte man alſo zweene Beobachter an zween ein⸗ ander gerade entgegen ſtehende Oerter der Erde, ei⸗ nen z. E. in China, und den andern in Peru, und ließe man ſie zu gleicher Zeit nach dem Monde ſehen, ſo wird man allemal ein Dreyeck bekommen, das ſeine drey Winkel, einen am Monde, die andern beyden an den Augen der Beobachter hat. Die Entfernung beyder Beobachter der e der rde, von feinen Obfervationen in Berlin. 371 Erde, ift der 28. Theil der beyden großen Seiten, welche zwiſchen jedem Beobachter und dem Monde liegen, und folglich machen dieſe beyden Seiten einen anſehnlichen Winkel mit einander am Monde. Man nennet dieſes Parallaxe, und es verurſachet, daß der Mond jedem Beobachter in einer andern Lage er⸗ ſcheint, nachdem die Groͤße dieſes Winkels beſchaf⸗ fen iſt. In dieſem Dreyecke iſt uns der Durchmeſ⸗ ſer der Erde durch die neueſten Ausmeſſungen bekannt genug, und die Beobachter koͤnnen jeder den Winkel an ſeinen Augen meſſen. Aus den drey Winkeln und der Seite alſo kann man nach der Geometrie die beyden uͤbrigen Theile des Dreyecks finden, wie weit es naͤmlich von dem Monde bis ans Auge eines jeden Beobachters iſt. Da man alſo die Entfernung des Mondes durch Huͤlfe der Parallaxe beurtheilet: fo iſt es hoͤchſtnoͤ⸗ thig, die Parallaxe wohl zu wiſſen, um die Bewe⸗ gungen dieſes Weltkoͤrpers genau zu berechnen, weil ſich die Berechnung der Bewegungen auf die Weite gruͤndet, wie ich bald werde zu zeigen Gelegenheit haben. Aber die Parallaxen zu beſtimmen, iſt nicht unumgaͤnglich noͤthig, daß die Beobachter einander uͤber den Durchmeſſer der Erde entgegen ſtehen; es iſt genug, wenn ſich zwiſchen beyden eine Entfernung befindet, die anſehnlich genug iſt, mit dem Abſtande des Mondes von uns verglichen zu werden. Z. E. Die Entfernung zwiſchen Berlin und dem Vorgebir⸗ ge der guten Hoffnung, nach einer geraden Linie ge⸗ rechnet, iſt der vierzigſte Theil der Entfernung des Mondes von der Erde. Dieſe Groͤße iſt merklich genug, und man kann, vermittelſt ihrer, die Paral⸗ A a 2 laxe 372 De la Lande Schreiben, laxe des Mondes mit aͤußerſter Schärfe beftimmen, Dieſes iſt die Abſicht, warum Herr de la Caille den 21. Weinm. 1750. von Paris abgereiſet iſt, mit Ein⸗ willigung der Generalſtaaten, auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung die Mondparallaxe zu beobach- ten. Er iſt daſelbſt den 29. April letztverwichenen Jahres angelanget, und hat zugleich den Vorſatz, ein allgemeines Verzeichniß der Firfterne zu ergänzen, an welchem er ſeit langer Zeit arbeitet, und itzo die ſuͤdlichen Geſtirne darzu bringen will, welche ſich bey uns niemals zeigen. Eben dieſe Beſtimmung der Mondparallare hat einige Monate darauf die Befehle veranlaſſet, die der Koͤnig mir ertheilet, im Norden zu gleicher Zeit Beobachtungen anzuſtellen, und wie die koͤnigliche Akademie der Wiſſenſchaften den Aſtronomen zu gleicher Zeit von der Unterneh— mung, bey welcher ſie durch ganz Europa zugleich mit beſchaͤfftiget ſeyn koͤnnen, Nachricht ertheilet hat; fo haben wir ſchon das Vergnügen genoſſen, zu er- fahren, daß eine große Menge Beobachter ſo viel Theil daran nehmen, als die Groͤße des Vorhabens verdienet. Es finden ſich dergleichen z. E. zu Rom, zu Liſſabon, zu Toulouſe, zu Montpellier, zu Mar⸗ ſeille, zu Lion, zu Turin, zu Wittenberg, zu Paris, zu Berlin, zu Upfal, zu Stockholm, zu Torneä, zu Abo, zu Hernefond, zu Petersburg, und wir haben nur vor kurzem erfahren, daß Herr Griſchow, einer von den Aſtronomen der kaiſerl. petersburg. Akademie, in das Eiland Oeſel, an das weſtlichſte Ende der Staa⸗ ten der rußiſchen Kaiſerinn reiſet, und zu feinen Be⸗ obachtungen ein ſehr großes Werkzeug zu gebrauchen hat, das zu London von Herrn Bird iſt verfertiget wor⸗ 2 von ſeinen Obſervationen in Berlin. 373 worden. Das Eiland Oeſel iſt nur etwa 13 Min. vom Mittagszirkel des Vorgebirges entfernet. So viel Paare von dieſen Oertern, wo aſtrono— miſche Beobachtungen in ſolcher Abſicht angeſtellet werden, man machen kann; ſo viel Huͤlfsmittel hat man, durch jedes eine kleine Mondparallaxe heraus zu bringen, die ziemlich genau iſt. Man ſieht aber leicht, daß jede dieſer Parallaren zur Grundlinie eine Sehne des Mittagskreiſes hat, unter dem man die Beobachtungen anſtellet. Wenn die Erde voll- kommen kugelrund wäre, würden alle dieſe Winkel und Sehnen nach einem ſehr einfachen Geſetze verän- dert werden, und mit dem Unterſchiede der Breite ſehr leichte zu vergleichen ſeyn. Da aber auf einer Afterkugel die Breiten uͤber einer einzigen gegebenen Sehne ſehr ungleich wachſen muͤſſen, oder welches eben darauf hinaus laͤuft, daß die Sehnen ſehr un⸗ gleich wachſen, wenn die Breiten gleichfoͤrmig wach: fen, fo wird man allererſt nach den ſchaͤrfſten Beob⸗ achtungen der Breiten und der Winkel am Mittel des Mondes ſchließen koͤnnen, nach was fuͤr einem Geſetze die Bogen des Mittagskreiſes wachſen, und von was fuͤr einer Beſchaffenheit dieſe krumme Linie, ob ſie ordentlich oder nicht ordentlich ſey. Darauf koͤmmt die Schwierigkeit an. Eine Men⸗ ge kleiner Winkel am Mittelpuncte des Mondes mit einander verglichen, ſollen endlich entſcheiden, was die Erde für eine Geſtalt hat. Wenn man die Be⸗ obachtungen mit dem Vorgebirge der guten Hoffnung vergleicht, um eine groͤßere Grundlinie zu haben, und ſolchergeſtalt einen groͤßern Winkel zu bekommen; ſo ſoll dadurch die Parallaxe des Mondes beſtimmet Aa 3 wer⸗ 374 De la Lande Schreiben, werden, welche zu der Sehne des großen Bogens gehoͤret, der ſich zwiſchen uns und dem Vorgebirge befindet, und das iſt der doppelte Gegenſtand, den ich in wenig Worten erklaͤren wollte. Dieſe Me⸗ thode iſt ſchon auf eine nicht ſo allgemeine Art vor mehr als zehn Jahren vom Herrn von Maupertuis in der Abhandlung von der Mondparallare * vorgetra⸗ gen worden, wo durch ſehr ſchoͤne Formeln iſt gewieſen worden, daß drey Beobachter, die ſich in den Breiten o Gr. 28 Gr. 56 Gr. in gleichen Entfernungen von dem Monde, der eine Abweichung von 28 Gr. hat, befaͤnden, einen Unterſchied der Pa⸗ rallaxe von 10 Sec. bemerken würden, da doch gar keiner ſeyn ſollte, wenn die Erde kugelrund waͤre, oder wenn zu gleichen Bogen des Mittagszirkels gleiche Unterſchiede der Breiten gehöreten. Dieſes Verfahren iſt von demjenigen unterſchie⸗ den, das Herr Manfredi in den Schriften der Aka⸗ demie fuͤr das Jahr 1734 vorſchlaͤgt, wo er verlangt, man ſoll zu gleicher Zeit die Stundenparallaxe des Mondes vor und nach ſeinem Durchgange durch den Mittagskreis beobachtet haben, und daraus Fe ech ⸗ * Man findet fie in der Sammlung, die zu Amſter⸗ dam 1724 in 12 unter dem Titel: Ouvrages divers de Mr. de Maupertuis herausgekommen, aber in der neuſten praͤchtigen Sammlung: Les Oeuvres e Mr. de Maupertuis, Dresd. 1752. 4. vermiſſet man ſie, wie alles uͤbrige bloß mathematiſche des Beſtimmers der Erdengeſtalt, welches, wie er ſa⸗ get, eine beſondere Sprache erforderte, und viel⸗ leicht glaubte der Verleger (als ein Buchhaͤndler urtheilte er auch ganz richtig,) dieſe Sprache ſey unſern Landsleuten noch nicht ſo bekannt, daß man in ihr Bücher drucken dürfte. Kaͤſtner. von feinen Obſervationen in Berlin. 375 Rechnung Winkel herleiten, welche mit der Beob⸗ achtung im Mittagskreiſe ſelbſt verglichen, zeigen koͤnnen, ob die Erde mehr oder weniger platt iſt, als nach der Theorie. Herr de l' Iſle hat eben dieſes das verwichene Jahr von neuem in dem Schreiben vorgeſchlagen und erlaͤutert, das er bey Gelegenheit der Reiſe Herrn de la Caille aufgeſetzet hat. Ich ſehe indeſſen nicht, ob man ſich jemals viel davon zu verſprechen hat. Denn außerdem, daß hierbey eine allzu vollkommene Kenntniß von der Geſtalt der Erde zum voraus geſetzet wird, ſo iſt auch das gewiß, daß ſich die Art, wie man die Stundenparallaxe beobach⸗ tet, auf den Mond faſt nicht anwenden laͤßt, weil deſſen Bewegung fo unordentlich, und fein Durch- meſſer ſo groß iſt. Daher wuͤrde es vergebens ſeyn, wenn ich mich bey den Mitteln, auf dieſe Art die Ab» ſicht zu erreichen, lange aufhalten wollte. Dieje⸗ nige, die wir erwaͤhlet haben, iſt viel einfacher, und ſetzet nur ſehr leichte Rechnungen zum voraus. Aber was fuͤr einen Vortheil wird man von dieſer Menge von Beobachtungen haben, auf was fuͤr eine Art wird man dieſe Parallaxe brauchen, und was iſt es noch fuͤr eine Nothwendigkeit, ſich mit Beſtimmung der Erdengeſtalt nach alle dem zu beſchaͤfftigen, was man auf den lapplaͤndiſchen Gebirgen auf den Cor— delieren in America, und mitten in Frankreich gethan hat. Dieſe Betrachtungen, auf die man ſehr leicht fallen kann, will ich kuͤrzlich beantworten. Die Mondparallare hat nothwendig ihren Ein fluß in alle Bewegungen des Mondes, weil die: fe Bewegungen um den Mittelpunct der Erde ge⸗ ſchehen, und alſo nothwendig allen, die ſich auf Aa 4 der 376 De la Lande Schreiben, der Erdflaͤche befinden, nach dem Maaße un⸗ ordentlich vorkommen muͤſſen, nachdem die Paralla⸗ ren wirken, daß alſo die Mondparallaxe bey allen Berechnungen der unordentlichen Bewegungen des Mondes mit in Betrachtung zu ziehen iſt. Alſo nimmt die Mondparallaxe an alle dem Gebrauche Theil, den man von der Theorie des Mondes ſelbſt ziehen kann, oder an allen Bewegungen des Mon⸗ des, wie bekannt, haben alle Aſtronomen ſchon ein- geſehen, daß kein anderes Mittel, die Laͤnge auf dem Meere zu finden, in unſerer Gewalt iſt, als ein ſolches, das eine genaue Kenntniß von der Theo⸗ rie des Mondes und von ſeinen Bewegungen zum voraus ſetzet, und daß alſo dieſe Erfindung nur in ſo weit ein Geheimniß fuͤr uns zu ſeyn ſcheint, in ſo weit unſere Rechnungen wegen der Theorie des Mon⸗ des noch unvollkommen ſind. Da die Bewegung des Mondes ſehr geſchwind iſt, ſo giebt ſeine Lage gegen die Fixſterne alle Augenblicke eine neue Er— ſcheinung, und man kann daran, als an einem Merkmaale, erkennen, wie weit zwo Perſonen, die ihre Beobachtungen dieſer Lage zu gleicher Zeit an⸗ ſtellen, gegen Morgen und Abend von einander ent⸗ fernet ſind. Die ganze Schwierigkeit fuͤr einen Schif⸗ fer, der den Mond beobachten und entdecken will, wie weit er in dieſem Augenblicke von einem gegebe⸗ nen Mittagskreiſe, z. E. dem berliniſchen, entfernet waͤre, wuͤrde alſo darauf ankommen, zu wiſſen, was man in dem Augenblicke geſehen hat, oder hat ſehen muͤſſen. Gaͤbe man aber dem Piloten Tafeln, aus denen er ſehen koͤnnte, in was fuͤr einer Lage der Mond jeden Augenblick zu Berlin erſcheinen e muͤßte, von feinen Obfervationen in Berlin. 377 müßte, fo würden dieſe bey ihm die Stelle eines zweyten, und von ihm entfernten Beobachters ver- treten, und fehlte ihm alsdenn nichts weiter zu enf- | decken, wo er ſich, auch in den entfernteſten Theilen der Welt, befaͤnde. So wird alſo durch die Be— mühungen der Sternfündiger die fo erwuͤnſchte Zeit heran nahen, da man dieſen Planeten aller feiner unordentlichen Bewegungen ungeachtet, gleichſam nöthigen wird, der ganzen Erde ſtatt eines Tagere⸗ giſters, oder eines unbetruͤglichen Wegweiſers zu dienen, und die Abſicht voͤllig zu erfuͤllen, welche der Schoͤpfer ſcheint gehabt zu haben, da er uns dieſen Begleiter gegeben hat. Erwartet man alſo fo große Vortheile von der Parallaxe des Mondes, ſo iſt es nicht zu bewundern, daß man ſich ſo viel Mühe giebt, fie auf das ſchaͤrfſte und ficherfte zu beſtimmen. Aber ohne auf die Schifffahrt und die Kenntniß der Erde, auf alle Vortheile, die man davon ziehen kann, zu ſehen, fo find dieſe Erfennt- niſſe, auch wenn man ſie zu nichts anwendete, ſchoͤn, erhaben, wuͤrdig genug, unter den großen Unter: nehmungen Platz zu finden, die bey der Nachwelt Ludwigs des funfzehnten Andenken verehrungswuͤr⸗ dig machen werden, und die den Namen dieſes un- uͤberwindlichen Monarchen ſchon im Tempel der Ehre verewiget haben. Die Sternforſcher haben ſehr ſchoͤne Methoden zu Erfindung der Parallaren erdacht, bey denen man nur auf einer einzigen Sternwarte“ bleiben darf. Aa 5 Der⸗ * Wenn mein Anſehen etwas gilt, fo ſoll man dieſes Wort, welches Herr Popowitſch in ſeinen Unter⸗ ſuchungen 378 De la Lande Schreiben, Dergleichen iſt Herrn Caßini ſeine in der Schrift vom Kometen 1680, und die Methode der groͤßten Breite: aber ſo ſinnreich auch alle dieſe Huͤlfsmittel ſind, ſo hat man doch allezeit erkannt, daß das ſicherſte und beſte ſeyn wuͤrde, zweene Beobachter in eine ſehr große Entfernung von einander zu ſetzen, doch ſo, daß ſie ſich unter einerley Mittagskreiſe be⸗ faͤnden. Man darf die Augen nur auf die Mond⸗ tafeln werfen, um einzuſehen, daß verſchiedene Me⸗ thoden uns verſchiedene Erfolge der Rechnung geben wuͤrden, welches endlich nur ſo viel zeigen wuͤrde, wie wenig man dieſen Grund der Rechnungen zuver⸗ laͤßig kennte. Herr Flamſteed macht die Parallaxe in den mittlern Entfernungen bey dem Neumonden und Vollmonden 58 Min. 25 Sec. Herr Newton verkleinert ſie auf 57 Min. 30 Sec. und die letzten Beobachtungen, der groͤßten Breite, die man zu Paris angeſtellet hat, gaben fie 57 Min. 25 Sec. Dieſes koͤmmt den halleyiſchen Tafeln, welche man das letzt verwichene Jahr heraus gegeben hat, ziem⸗ lich nahe, doch muß man ſich dieſes nicht verfuͤhren laſſen, die Tafel der Parallaxe iſt von neuem hinzu gefuͤget ſuchungen vom Meere vorgeſchlagen hat, wenigſtens ſo oft, als Obſervatorium, gebrauchen, das letzte außer dem, daß es fremde iſt, und ſich im Deut⸗ ſchen nicht gut in den verſchiedenen Abanderungen, die ein Nennwort haben muß, gebrauchen laͤßt, wenn man nicht z. E. Gbſervatoriums ſagen will, wie Dr. Luther Conciliums und Evangeliums ge⸗ ſaget hat, ſo druͤcket es auch die eigentliche Abſicht eines ſolchen Gebaͤudes nicht aus, weil obſerviren von Leuten geſchehen kann; die keine Aſtronomen find, z. E. von einem OGbſervationscorpo. . von feinen Obſervationen in Berlin. 374. gefüget worden, und allem Anſehen nach, nach der: jenigen, die ſich ſchon in Herrn Monniers Inſtitu- tions Aſtronomiques befindet. Sie iſt auch uͤber eine Minute von derjenigen, welche in den Tafeln des Herrn Caßini gebrauchet worden, unterſchieden. Inzwiſchen ſchien es, daß die Frage aufgeloͤſet wer⸗ den koͤnnte, als Herr Kolb im Jahre 1705 auf das Vorgebirge der guten Hoffnung gieng, um mit Herr Wilhlem Wagnern, welcher zu Berlin blieb, Be— obachtungen zu gleicher Zeit anzuſtellen: allein, dieſe Beobachtungen waren außerdem, daß fie die Aſtro— nomen gar nicht brauchen konnten, an ſich ſelbſt zu unvollkommen. Es darf ſich alſo niemand wun⸗ dern, daß wir, da der Erfolg nicht ſo, wie die edeln Abſichten, und der Eifer des Urhebers dieſer ſchoͤnen Unternehmung, geweſen, uns itzo genoͤthiget ſehen, die Sache wiederum von neuem vorzunehmen. Gleichwohl fehlte nichts auf Seiten der Beobachter, die Herr George Chriſt. Eimmart, ein geſchickter Kuͤnſtler und großer Aſtronomus zu Nuͤrnberg, alle beyde gezogen hatte. Sie wurden beyde, als die geſchickteſten zu Ausfuͤhrung des wichtigen Vorha⸗ bens, und der großen Abſichten ihres edelmuͤthigen Beſchuͤtzers, aus einer ſo guten Schule genommen: wenn man nur auch in Erwaͤhlung der Inſtrumente fo gluͤcklich, als in der Wahl der Aſtronomen gewe⸗ ſen waͤre. Man wollte zwar jedweden einen Azi⸗ muthalquadranten, einen Sextanten, eine Pendel⸗ uhr, ein Sehrohr von 14, und eines von 27 Schuh mit geben. Das Ungluͤck aber war dabey, daß man dieſe Inſtrumente ſolche Leute hatte verfertigen laſſen, welche nicht viel von der Zaͤrtlichkeit und Feine der Beobach⸗ 380 De la Lande Schreiben, Beobachtungen, zu denen ſie erfodert wurden, ver⸗ ſtunden. Die zwey erſten Stuͤcke, welches auch die wichtigſten waren, befinden ſich noch auf der koͤnigl. berliniſchen Sternwarte. Der Sextante hat einen Halbmeſſer von 2“, 10“, 8, franzoͤſiſch Maaß. Er waͤre lang und auch ſtark genug ge⸗ weſen: wenn man nur die Vorſichtigkeit gebrauchet, ihn mit Fernglaͤſern zu verſehen, fo, wie man ſich derſelben ſeit 40 Jahren her in Frankreich bedienet; und wenn die Abtheilungen waͤren zaͤrter und fleißi⸗ ger gemacht worden. Allein, wenn man ſieht, daß auf einem Inſtrumente, wo auf einen halben Zoll ungefähr 3000“ gehen, die Theilungsſtriche allein mehr als 30 einnehmen, und daß dieſes Inſtrument nur grobe Abſehen nach den Sternen zu richten hat, wie kann man vermuthen, daß die damit gemachten Beobachtungen eine ſolche Richtigkeit haben, welche ſchlechterdings wenigſtens bis auf 4 oder 5 Sec. er⸗ fodert wird. 5 Der Azimuthalquadrante beſteht aus zwey Stuͤ⸗ cken. Das eine, welches zu Abnehmung der Hoͤhen dienet, und das vornehmſte iſt, hat £ Zoll weniger als der Sertante, deſſen ich itzo gedacht; und das horizontal liegende Stuͤck, worauf man die Azimuthe abnimmt, ift nur halb fo groß. Beyde find mit gleicher Nachlaͤßigkeit gemacht. Die beyden Fern⸗ roͤhre, davon ich geredet, hatten keine Micrometer, oder wenigſtens ſehe ich nicht, daß man ſich deren im geringſten bedienet hat. Hieraus kann man zur Gnuͤge urtheilen, wie fehlerhaft dieſe Arbeit iſt: bauptſachlich in Anſehung der genauen Kenntniß der himmliſchen Bewegungen, darzu man gegenwärtig gelanget von feinen Obfervationen in Berlin. 381 gelanget iſt. Ich fuͤge aber noch hinzu, daß die Aſtronomen ihre Beobachtungen am Monde, fo volls kommen ſie auch ſeyn mochten, noch nicht haben brauchen koͤnnen. In der That waren die Unter⸗ ſchiede der Mittagskreiſe, oder die Laͤngen des Vorge⸗ birges ſowohl, als deſſen Breite, die erſten noͤthigen Gruͤnde zur Vergleichung der Beobachtungen; allein das eine und das andere war uns unbekannt. Die. Schwierigkeiten und Hinderniſſe, welche Herr Kolbe ungeachtet der Empfehlungsſchreiben, womit er ver ſehen war, auf Seiten der Holländer fand; imglei— chen das uͤbele Wetter, und der Mangel der Um: ftände, haben gemacht, daß er keine einzige zur Ber ſtimmung der Laͤnge dienliche Beobachtung anſtellen koͤnnen. Er hätte ſich alſo auf andere Beobachtun⸗ gen beziehen muͤſſen, welche, da ſie gar nicht mit aller zu dieſer Abſicht erforderlichen Richtigkeit ge⸗ macht worden, weit von der Wahrheit abgehen muß⸗ ten: und wir haben ſie auch in der That ſeit kurzem um 8“ der Zeit falſch befunden. Dieſes konnte die Parallaxe beynahe um 100“ veraͤndern. Aus den Beobachtungen, welche Herr de la Caille ſchon auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung ge— macht, hat man geſchloſſen, daß es 20“, 29% Zeit von Berlin entfernet iſt. Durch die vom Pater Fontenay auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung gemachten Beobachtungen hat man 26“, 33“ gefun⸗ den. Nach allen Verbeſſerungen, und nach den Bemerkungen des Herrn Halley, hat man ſie auf 5’, 35“ gebracht. Es iſt offenbar, daß man ſich bey einer ſolchen Ungewißheit, vermittelſt dieſer Be⸗ obachtungen, nichts richtiges verſprechen konnte. Das 382 De la Lande Schreiben, Das iſt noch nicht alles: Die Breite des Vorgebir⸗ ges, auf welche noch mehr ankommt; und wo der kleinſte Unterſchied ganz und gar auf die Parallaxe faͤllt, iſt bisher ein ſo ungewiſſer und unbekannter Grund geweſen, daß Herr Kolbe, welcher fie 33°, 450 ſetzet, um 30° von denjenigen abgeht, auf die er ſich bey Beſtimmung der Laͤnge gründet: und 100, 23“ von der, welche Herr de la Caille ſchon bemer- ket hat. Endlich, ſo ſind der Beobachtungen zu wenig, und auch erſt uͤber 30 Jahr nach dieſer Reiſe von Herr Wagnern, welcher kaum zwo davon anfuͤh⸗ ret, bekannt gemacht worden. Gleichwohl wiſſen die Aſtronomen, wie ſchwer es auch mit guten In⸗ ſtrumenten iſt, mehr als 5“ genau zu bemerken. Es folget daher natuͤrlicher Weiſe, daß uns eine große Anzahl der auserleſenſten und in den bequem⸗ ſten Umſtaͤnden gemachten Beobachtungen, indem dadurch die kleinen Fehler gegen einander aufgeho— ben werden, naͤher zur Wahrheit fuͤhren muß, als durch jede fuͤr ſich allein nicht geſchehen koͤnnte. Denn endlich iſt es moraliſcher Weiſe unmoͤglich, daß ſolche Irrthuͤmer, dabey unſere Vorſichtigkeit von der Schwäche unſerer Sinnen, und der Unvollkom— menheit unſerer Werkzeuge hintergangen wird, alle⸗ zeit auf eine Seite fallen, und von einerley Groͤße ſeyn koͤnnen: und wir koͤnnen allezeit mit Recht hof⸗ fen, daß wir uns der Wahrheit mehr nähern wer— den, wenn wir ein Mittel zwiſchen einer groͤßern An⸗ zahl Beobachtungen ſuchen. In dieſer Abſicht hat Herr de la Caille ſelbſt vor feiner Abreiſe 60 der wichtigſten Beobachtungen erwaͤhlet, bey denen er hauptſaͤchlich wuͤnſchet, daß ſie von andern zugleich | ange⸗ von feinen Obfervationen in Berlin. 383 angeſtellet würden; und ungeachtet deſſen, die Aftro- nomen ermahnet, das ganze Jahr durch keinen einzi⸗ gen Gang des Mondes durch den Mittagskreis ohne Beobachtung vorbey zu laſſen, wobey man jedesmal hoffen koͤnnte, eine auf dem Vorgebirge zu gleicher Zeit geſchehene Beobachtung zu haben. Die Figur der Erde betreffend; ſo werden ſie, mein Herr, geſtehen, daß es, da die einzige Arbeit mit der Parallaxe des Mondes hier die wichtigſte iſt, genug waͤre, wenn ich Meldung davon gethan, um den Nutzen unſerer Unternehmungen, davon außer⸗ dem die Figur der Erde eine Folge iſt, vollkommen bewieſen zu haben: dieſe Folge aber iſt ſelbſt ein Hauptgegenſtand von gleicher Wichtigkeit. Er iſt es in der That in gewiſſen Theilen der Theorie von der Schiffahrt, in der Aſtronomie, und in der Phy⸗ ſik, wo wir in Beſtimmung des Maaßes der erſten Gründe, die wir darinnen brauchen, nicht forgfältig genug ſeyn koͤnnen. Die Größe der Erde iſt hier nicht hinlaͤnglich: man muß nothwendig ihre Kruͤm⸗ mung genau wiſſen. Z. E. Die Groͤße der Grade der Parallelzirkel, oder der Längen, wird gemeinig— lich von der Groͤße der Grade des Mittagskreiſes hergeleitet. Wenn aber die Schiffer die Veraͤnde⸗ rung der Laͤnge aus der Veraͤnderung der Breite her— leiten, welches ſie ſo oft als moͤglich bemerken, ſo be⸗ dienen ſie ſich hierzu des Halbmeſſers der Kruͤmmung des Mittagskreiſes, in dem gegebenen Puncte; an ſtatt ſich des Halbmeſſers eines groͤßten Zirkels, der auf dem Mittagskreiſe ſenkrecht ſteht, zu bedienen, welcher doch um 3 des Ueberſchuſſes des letzten ra: des der Breite über den Grad des Mittagszirkels, in 384 Die la Lande Schreiben, in dem gegebenen Puncte, groͤßer iſt, nehmen ſoll⸗ ten. Allein die Kenntniß deſſelben gruͤndet ſich auf die Kruͤmmung der Erde, ſo, daß man widrigen Falls die Parallelzirkel allezeit zu klein findet, und der Unterſchied bey dem Wendezirkel auf 2e; betraͤgt. Soll man alſo verabſaͤumen, ihre Methode zu ver⸗ beſſern, ſo bald als man den Fehler einſieht? Die Figur der Erde fuͤhret uns auf die Beſtim⸗ mung derer Puncte, wohin die urſpruͤngliche Schwe⸗ re ihre Richtung hat: welches noͤthig iſt, um deren Unterſchied in jedem Orte der Erde mit einander zu vergleichen, und ſelbſt daraus die wahre Groͤße zu finden. Dieſe wichtigen Unterſuchungen ſind wahr⸗ ſcheinlicher Weiſe diejenigen, welche unſern Augen das Chaos der Geheimniſſe der Natur in Anſehung der innern Beſchaffenheit der Erdmaſſe einmal voͤllig entwickeln, und die Kenntniß, die wir ſchon von der Verhaͤltniß dieſer Schwere, mit derjenigen, welche alle die andern Planeten in ihren Laufbahnen erhaͤlt, und jeden nach ihrem Mittelpuncte treibt oder zieht, vollends zur Vollkommenheit bringen werden. Die⸗ ſes iſt ein Punct, welcher die Beſtimmung der Erde in der groͤßten Schaͤrfe und Richtigkeit erfordert. Denn wenn gleich die Verhaͤltniß der Erdachſe zum Durchmeſſer des Aequators von einer Größe bliebe, wuͤrden doch verſchiedene Kruͤmmungen, die man der Erde zueignen koͤnnte, ſehr unterſchiedene Halbmeſſer der Kruͤmmung in den verſchiedenen Orten der Mit⸗ tagskreiſe geben, und uns zu beträchtlichen Irrthuͤ⸗ mern verleiten, wenn man, nach angeſtellten Erfah⸗ rungen, die Verhaͤltniß der verſchiedenen Grade der Schwere beſtimmen wollte. | Weil von ſeinen Obſervationen in Berlin. 385 Weil endlich einige periodiſche Ungleichheiten des Saturns, welche der anziehenden Kraft der andern laneten nicht ſchienen zugeſchrieben werden zu koͤn⸗ nen, einen der groͤßten Meßkuͤnſtler unſers Jahrhun⸗ derts auf die Gedanken gebracht haben, daß das Ge⸗ ſetz der anziehenden Kraft der Planeten nicht genau dasjenige ſeyn koͤnnte, welches Newton feſt geſetzet; und daß es ſogar durch die Figur der Planeten ver⸗ ändert würde. Wie kann man ohne die genaueſte geometriſche Beſtimmung dieſer Figur Zweifel he: ben, welche ihr Gegenſtand ſo wichtig, und das Anſehen ihres Urhebers, ſo vieler Aufmerkſamkeit 1 werth machet? eee e ee Die Arbeiten, welche man in Lappland und in Peru verrichtet hat, waren ſehr geſchickt, die Aus⸗ meſſungen unſers Planetenkörpers auf allezeit feſt zu ſetzen, wenn man ſonſten eine Hypotheſe von ihrer Figur, das iſt, von der Natur ihrer Kruͤmmung und ihrer Convexitaͤt, worauf haͤtte bauen koͤnnen. Es ſcheint, als wenn die Theorie, und die Grund⸗ ſaͤtze der Schwere, wenn ſie mit der Bewegung der Erde um ihre Axe verglichen werden, ſchon einige Huͤlfe leiſten muͤßten: und Newton hat ſich deren zu Beſtimmung der Verhaͤltniß der beyden Erddiame⸗ ter, deren Unterſchied er 228 gefunden, bedienet. Auf einer andern Seite giebt ein dritter Grad, der, wie bekannt, mitten in Frankreich gemeſſen worden, einen dritten Punct der Krümmung, den man mit den beyden andern einigermaßen brauchen kann, um eben dieſelben Dimenſionen zu finden. Allein, man iſt leider! gewahr worden, daß man noch allzuweit vom Zwecke entfernet iſt, da man geſehen, was fuͤr 9 Band. B b weit 385 De la Lande S Schreiben, weit verſchiedene Dinge man aus jeder von dieſen Methoden heraus gebracht: und was fuͤr einen ge⸗ waltigen Unterſchied uns hauptſaͤchlich die Verſchie⸗ denheit der krummen Linien geben wuͤrde, die man annehmen koͤnnte, die Grade, die man ſchon gemeſ⸗ ſen, entweder alle drey, oder zween und zween da⸗ von zuſammen genommen, hinein zu bringen. Was die Theorie betrifft, ſo zeigten die erſten Erfahrungen von der Laͤnge des Penduls einſtimmig, daß die Zu⸗ nahme der Schwere, wenn man ſich dem Pole naͤ⸗ hert, viel groͤßer als diejenige war, welche man durch dieſe Theorie herausbrachte: man mußte ſie alſo fahren laſſen. Man wurde gleich vom Anfange an veranlaffer, die Ellipſe, als die einfachefte von den krummen Li⸗ nien, deren Durchmeſſer ungleich ſind, und welche die Rechnungen am leichteſten macht, in die geome⸗ triſchen Hypotheſen einzufuͤhren. Ich meyne den Herrn von Maupertuis, welcher damals im Jahre 1737 die einfachſten Formeln gegeben hat, deren ſich auch Herr de la Condamine nach der letztern Abmef- ſung, zu Beſtimmung der Verhaͤltniß der beyden Erdaxen bedienet. Vielleicht wird auch die Richtig⸗ keit, darzu man dadurch gelangen kann, noch lange Zeit hinlaͤnglich ſeyn, um mit der Kenntniß, die man durch die practiſchen Arbeiten erlanget, überein zu kommen: ob man gleich eine groͤßere Richtigkeit in der Figur der Erde, welche Herr Bouguer im Jahre 1749 bekannt gemacht, zu finden verſuchet bat. Man ſetzet voraus, daß die Figur keine Ellipſe ſey, ſondern eine andere krumme Linie von der Be⸗ ſchaffenheit, daß der Ueberſchuß der Grade des Mit⸗ 6098: von feinen Obſervationen in Berlin. 387 tagszirkels, welche diſſeit der Linie gemeſſen worden, ſich wie das Quadrat des Quadrats, oder wie die vierte Potenz der Sinus der Breite verhält. Man findet wirklich, daß fie ſich nach einer Ders baͤltniß von Potenzen richten, deren Exponente 312 iſt; welches der 4 nahe genug koͤmmt. In dieſer Hypotheſe findet man fuͤr den Unterſchied der Axen 36659 Toiſen, oder faſt 10 deutſche Meilen, wenn man den Durchmeſſer des Mena ne; Toi⸗ ſen ſetzet. Wenn man alsdenn en „ was ſich fuͤr eine Potenz, nicht mehr der Sinus der Breiten, ſondern der Breiten ſelbſt, nach der Veraͤnderung der Grade richtet, ſo findet man, daß deren Exponent beynahe 21 iſt. Allein in dieſer neuen krummen Linie findet man den Unterſchied der Axen Tr, oder 43457. das iſt, uz Meile. Ich muß noch hinzu fügen, daß der algebraiſche Ausdruck, den man durch dieſe Hypotheſe bekommt, einen aten Grad, welchen wir doch noch nicht haben „als bekannt voraus ſetzet: welches der Autor dadurch zu erſetzen ſuchet daß er eine von den unbeſtimmten Größen, die in der Auf: gabe vorkommen, o ſetzet. Wenn es aber dar: auf ankoͤmmt „was man unter den beyden verſchie⸗ denen Beſtimmungen fuͤr eine wählen ſoll, fo erklaͤ⸗ ret ſich der gelehrte Herr Verfaſſer folgendermaßen: Ich werde feine eigene Worte anführen, damit er hellet, wie wenig ich geſinnet bin, die Kenntniß zu erniedrigen, die wir durch muͤhſame, von ſo großen Maͤnnern, mit ſo viel Kuͤhnheit unternommene, und mit ſo viel Sorgfalt und Einſicht vollfuͤhrte Arbei⸗ ten e haben. „Es 1 115 e „ßſpricht „er, 388 De la Lande Schreiben, „er, daß noch bey dieſer Materie Zweifel uͤbrig ſind; „ungeachtet die Akademie alles gethan, fie zu ver⸗ „nichten: weil uns, wie wir geſehen, noch nicht „mehr, als drey Puncte von der krummen Linie, „die durch ihre Coordinaten die Verhaͤltniß zwiſchen „der Weite der Grade des Mittagskreiſes, und ihrer „Abſtaͤnde vom Aequator, ausdruͤcket, bekannt „ſind.. ... Wir koͤnnen nichts ſchlechterdings ge⸗ „wiſſes von der beſondern Natur der gravicentriſchen „Linie, noch von der Linie der Mittagsſtriche bes „haupten.,, (295 ©.) Nachdem er ſich er dieſe Art über bie Hypothe⸗ ſen ausgedrückt, fo entſchließt er ſich bey feiner Wahl nur mit Huͤlfe eines Grades der Laͤnge, welcher auf der Breite von 430, 32“ gemeſſen worden. Allein, man weiß gar wohl, daß dieſe Ausmeſſung nicht ſo genau geſchehen kann, als wenn die Bogen des Mit⸗ tagskreiſes gemeſſen werden. Ich will bey dieſem allen des gewaltigen Unterſchieds nicht gedenken, den man findet, wenn man ſich begnügen läßt, zween und zween Grade mit einander zu vergleichen. Denn nachdem man dieſes oder jenes voraus ſetzet, koͤmmt die Erde einmal doppelt ſo platt heraus, als das an⸗ dere. Man kann dieſes in dem vortrefflichen Werke des Herrn de la Condamine ſehen. Es wird genug ſenn, wenn ich dieſes beyfuͤge „ daß uns die gering: ſten Fehler, die man bey einer dieſer Ausmeſſungen annehmen wollte, den größten Unterſchied in Anſehung der Figur oder der Art, der Kruͤmmung der Erde ge⸗ ben wuͤrden. Nichts deſto weniger iſt es gewiß, daß man, ungeachtet der uͤbermenſchlichen Vorſich⸗ tigkeit, die man in allen Stuͤcken der vr ges rau⸗ von feinen Obfervationen in Berlin. 389 brauchet, nicht verſichert feyn kann, daß der Schwachheit unſerer Sinnen, und der Unvollkom⸗ menheit der Inſtrumente, nicht etwas entwiſchet iſt: weil eben der Autor ſich, wie er ſaget, verbunden erachtet, aufrichtig zu geſtehen, daß man in aller Schärfe weiter, als für “ eben nicht gut ſeyn koͤnne. Die Erfahrung, die man angeſtellet, da man eine Beobachtung mit verſchiedenen Inſtrumenten, oder mit einerley Inſtrumenten, aber in einer andern Stellung, wiederholet, iſt eine ſehr hinlaͤngliche Probe davon. Inzwiſchen machen 4“ auf einen Grad eine Veraͤnderung in der Figur der Erde, die nicht ſchlechterdings unmerklich iſt: auch ſo gar der Unterſchied von 18 Toiſen, welcher ſich in der Be⸗ ſtimmung der Herren Bouguer und de la Conda⸗ mine, oder der von den ſpaniſchen Herrn Officieren mit Herrn Godin gemachten Beſtimmung findet; ob ſie gleich an einem Orte, mit einerley Eifer und einerley Sorgfalt, gearbeitet haben . Bb 3 Nun⸗ Zu Mailand iſt 1751 P. D. Paulli Frifii diſquiſitio mathematica in cauſſam phyficam figurae et magni- tudinis telluris noftrae heraus gekommen, wo der Verfaſſer aus der Theorie des Anziehens die Geſtalt der Erde zu beſtimmen ſuchet. In der Vorberei— tung zeiget er, daß Irrthuͤmer von 60 Toiſen auf einen Grad allein von zween, die man mit einan⸗ der vergleicht, oder von 30 Toiſen, auf jeden die⸗ ſer beyden die Verhaͤltniß der Erdachſe, und des Durchmeſſers vom Aequator, von 177: 178, wie fie aus des Herrn von Maupertuis Aus meſſung folget, auf 229 : 230, wie fie Newton angegeben hat, bringen. So wohl dieſes, als was der Herr de la Lande geſaget, ſoll Philoſophen, 1 kp: 390 De la Lande Schreiben, Nunmehro glaube ich genug geſaget zu haben, um zu beweiſen, daß alle bisher wegen Ausmeſſung der Erde vorgenommene Arbeiten nicht, wie man | vielleicht Experimente auch nur geſehen zu haben, Phyſiken ſchreiben, und ohne zu wiſſen, wie viel Richtigkeit nur zu einem Feldmeſſerquadranten gehoͤret, aſtro⸗ nomiſche Beobachtungen richten wollen, eben kein Anlaß ſeyn, zu ſagen, die Geſtalt der Erde ſey im Großen kugelrund, und weiter koͤnne man nichts gewiſſes von ihr ausmachen. Nur ſo viel folget daraus, daß man verſichert iſt, die Erde ſey, durch den Aequator gemeſſen, dicker, als durch die Pole, daß man auch, wie viel dieſes mehr betragt, ſo genau weiß, als bey einer Unterſuchung, die nicht mit der größten Schaͤrfe angeſtellet würde, uns befriedigen koͤnnte, daß man aber deswegen die Unterſuchungen noch weiter treibt, weil man ſo weit gehen will, als nur Menſchen in dieſer Be⸗ ſtimmung gehen koͤnnen, und alſo Unrichtigkeiten in Betrachtung zieht, die man ſonſten, als zu klein, wuͤrde aus den Augen ſetzen koͤnnen. Man nimmt Dinge, die nicht vollkommen richtig find, eine Weile au, bis man fie immer ſchaͤrfer und fcharfer zu beſtimmen vermögend iſt. So hat man ſich der kugelrunden Geſtalt der Erde, ihrer Größe, die man nur ziemlich grob kannte, lange Zeit be- dienet, bis man ſich im Stande ſahe, von beyden etwas genaueres auszumachen. So ſuchet man nun dieſes Genauere, das man weiß, immer voll⸗ kommener kennen zu lernen. Die vorigen Gruͤnde bleiben, man nimmt noch mehrere Betrachtungen dazu, und bringt dadurch ſeine Erkenntniß immer zu groͤßerer Vollkommenheit. Die Mathematik⸗ verſtaͤndigen arbeiten an einem Gebaude, das fie durch mehrere Sufage immer erhöhen, erweitern, und verſchoͤnern. So machen es 1 115 rillen⸗ von feinem Obſervationen in Berlin. 393 vielleicht denken koͤnnte, uns die Nothwendigkeit ei⸗ ner Reihe von Beobachtungen erſparen, welche zu Bekraͤftigung der vorhergehenden, und hauptſachlich die Gleichung, welche dieſe Kruͤmmung ausdruͤcket, mehr und mehr zu beſtimmen, dienet, ſondern ſolche Nothwendigkeit ſo gar einfuͤhren. n Ich ſage die Gleichung, weil ich bis hieher wirk⸗ lich voraus geſetzet, daß die Erde ein Koͤrper waͤre, der durch die Bewegung einer krummen Linie um ihre Axe entſtanden, das iſt, deren Mittagskreiſe einan« der alle gleich und aͤhnlich ſind, und durch eine ein⸗ zige Gleichung ausgedruͤckt werden; weil man ſonſt die drey auf ſehr unterſchiedenen Mittagskreiſen ge⸗ meſſene Grade nicht mit einander vergleichen, oder was allgemeines daraus ſchließen kann, bis uns die Arbeiten an der Mondparallaxe gelehret haben, in was fuͤr einer Progreßion die Sehnen der Bogen des Mittagszirkels wachſen, worauf wir alle in einer⸗ ley Zeit Beobachtungen anſtellen; und uns zu erken⸗ nen gegeben, ob ſich das, was unter der andern be⸗ obachtet worden, mit dieſem vergleichen laͤßt? Endlich aber giebt es noch eine dritte Art der Un⸗ gewißheit, welche wir dadurch auszumachen hoffen, daß wir durch einerley Arbeiten die Kruͤmmung des Mittagskreiſes beſtimmen. Iſt ſie beſtaͤndig und regulär; iſt ihre Natur in der ganzen krummen Linie 983 Bba einer⸗ Grillenfaͤnger, die ſich Philoſophen nennen, nicht. Sie bauen Kartenhaͤuſerchen, und weil dieſe von jedem Winde umgeworfen, und von jedem Kinde wieder anders aufgebauet werden, fo denken ſie, die Mathematikverſtaͤndigen bauen auch nicht fefter; * als fie. K. 01 650 7 C0 392 De la Lande Schreiben, einerley; und haben vornehmlich die beyden Halbku⸗ geln eine aͤhnliche Kruͤmmung? Die allertiefſte, oder die allerhöchfte Geometrie findet hier ihre Graͤn⸗ zen, und muß warten, bis die Aſtronomie alle dieſe Vorausſetzungen, worauf ſie ſich zu ſtuͤtzen genoͤthi⸗ get ſieht, befräftiger und gültig gemacht hat. Dies fes wird wenigſtens zum Theil geſchehen, wenn wir die Sehne des Bogens zwiſchen Berlin und dem Vorgebirge der guten Hoffnung, mit der Sehne der kleinen Bogen, welche die verſchiedenen Beobachter von Europa von einander ſcheiden werden, verglei⸗ chen koͤnnen. Was ich itzo kuͤrzlich erklaͤret, ſcheint der Herr de la Condamine vollkommen eingeſehen und gewuͤn⸗ ſchet zu haben, wenn er in dem Werke, welches ich nur itzo angefuͤhret habe, mit dieſen Worten endiget: Wir wollen es der Zeit und vielfältigen Beobach⸗ tungen uͤberlaſſen, was fie von der Einfoͤrmigkeit »dieſer Krümmung fo wohl, als von ihrer Größe „entfcheiden wird., Alle die Zweifel, welche die Naturforſcher uͤber die Einfoͤrmigkeit der Figur der Erde auszuſtreuen anfingen, erfoderten in der That unumgaͤnglich, daß man dieſe Sache, durch viele Beobachtungen, in ſo viel Licht, als nur moͤglich war, zu ſetzen ſuchte. Um dieſes ins Werk zu ſetzen, war es genug, daß der Nutzen deſſelben einem Koͤnige gewieſen wurde, der, nach dem Exempel ſeines glorwuͤrdigſten Groß⸗ vaters, den Wiſſenſchaften und ſchoͤnen Kuͤnſten alle⸗ zeit einen unumſchraͤnkten Schutz verliehen hat, und ſich dabey gluͤcklichſt durch den geſchickteſten, = um einen. von feinen Obſervationen in Berlin. 393 feinen Ruhm eifrigſt rung e- dat finder. Dieſes alles, mein Herr, folget einzig uud alle daraus, daß man die aufs genaueſte beobachtete Pa⸗ rallaxen des Mondes findet. Und da ſich Herr de la Caille vor kurzem entſchloſſen, allein auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung einen Grad des Mit⸗ tagskreiſes zu meſſen, ſo werden ſie genugſam begrei⸗ fen, daß dadurch die Frage von der Figur der Erde ein neues Licht bekommen wird; wenn die Beſchaf⸗ fenheit ſeiner Inſtrumente, und die Lage des Ortes, ſo viel als feine Geſchicklichkeit, und fein unermuͤde⸗ ter Fleiß, zu der noͤthigen Vollkommenheit ſeiner Arbeit beytragen. Es wird Zeit ſeyn, ihnen, mein Herr, zu ſagen, mit was fuͤr Behutſankei 5 dieß Arbeit unternommen habe. | Außer den guten aſtronomiſchen Juſtrunenten, wo⸗ mit die Sternwarte zu Berlin verſehen iſt, worun⸗ ter ſich hauptſachlich eine vortreffliche Pendeluhr, ein Quadrante von 2 Schuhen, deſſen Verfertiger Lan⸗ glois zu Paris iſt, ein Werkzeug, die Durchgaͤnge durch die Mittagsfläche zu beobachten, (inftrument des Paſſages) vom Anivet, und ein gut Mikrometer, befinden, habe ich von den koͤnigl. Akademie der Wiſ⸗ ſenſchaften zu Paris einen Quadranten erhalten, def fen Halbmeſſer fünf Schuhe iſt. Er iſt zu London von dem Herrn Siſſon, deſſen Geſchicklichkeit in den feinſten und zarteſten Arbeiten bekannt genug iſt, ver⸗ fertiget worden. Die Eintheilung darauf iſt von 5 m 5 Minuten, um jeden Tag die Höhe des Mondes, Bb 5 wenn 304 De la Lande Schreiben, wenn er in den Mittagskreis tritt, zu bemerken. Die Regel mit dem Fernrohre bewegt ſich im Mit⸗ telpuncte um einen aufs ſorgfaͤltigſte abgedrehten Cy⸗ linder, welcher von einem ſehr harten Metalle iſt: ſo daß dieſes Stuͤck, welches von ausnehmender Wichtigkeit iſt, nicht den geringſten Fehler berurſaf chen kann. Das Fernrohr hat an ſeinem Untertheile eine Plat⸗ te, worauf eine andere kleine Abtheilung von der Art ist, „wie Peter Nunnez in feinem Tractate, de cre- puſculis, vorgeſchlagen, und die er dem Ptolomaͤus, andere einem andern zuſchreiben. Es iſt eine Platte an dem aͤußerſten Theile des Fernglaſes befeſti⸗ get. An der obern Seite iſt eine Eintheilung in 20 Theile gemacht, welche 21 Theile auf dem Qua⸗ dranten ausmachen, und folglich, wie bekannt, den 2oten Theil wiederum von jeden, das iſt, 15 anzeigen. Ferner aber kann man bey ein wenig Fertigkeit, die man in dem Gebrauche ſolcher Werk⸗ zeuge ſich erworben hat, ‚ohne einen Irrthum zu be⸗ gehen, auch noch J oder 4 von dieſen Theilchen, naͤm⸗ lich 4 oder 5“, nach dem Augenmaaße ſchaͤtzen; und noch beſſer, wenn man ſich eines ſchwachen Vergröſ⸗ ferungsglafes „ um die Theilung zu unterſuchen, be⸗ dienet. Wegen noch mehrerer Vollkommenheit hat derſelbe Rand noch eine andere Theilung, welche vermittelſt des Bogens des Nunnez, deſſen Unter⸗ theil darauf trifft, noch kleinere Theilungen macht, die faſt nur die Haͤlfte von vorgedachten ſind: ſo daß man jede Beobachtung durch eine doppelte Theilung ſo gut haben kann, als waͤre ſie beſonders mit zween von feinen Obſervationen in Berlin. 305 zween Quadranten und von zwo Perſonen gemachet ei Auf en dieſem Inſtrumente beſdiden ſich A. zwo andere Theilungen durch Puncte, die ſo fubtil und fo zart find, daß man fie kaum erkennen kann. Allein, da man ſie itzo nicht brauchet, ſo rede ich nur davon, um bey Gelegenheit mit anzumerken, daß in dieſem Inſtrumente allein ſo viel Arbeit, als an vier andern der vollkommenſten Quadranten, ift; Die Theilung des Nunnez war unſtreitig derjeni⸗ gen weit vorzuziehen, welche man gemeiniglich durch Querlinien macht, wie man auf dem großen ſechs⸗ ſchuhigen Mauerquadranten ſehen kann, der in dem oſtlichen Thurme der koͤnigl. Sternwarte zu Paris iſt. Denn, ohne der Schwierigkeit zu gedenken, welche dabey iſt, wenn auf einem einzigen Rande 5400 Theilungen, hauptſaͤchlich ſolche, die entweder ungleich oder durch krumme Linien unterſchieden ſeyn men / mit aller erforderlichen Richtigkeit gemacht werden Herr de la ande hat ae Figur darzu entworfen, mir aber die Freyheit gegeben, ſolche wegzulaſſen, und ich habe mich dieſer Freyheit bedienet. Wer weiß, was ein Nonias iſt, fuͤr den würde fie über: fluͤßig, und für den, der es noch nicht wüßte doch nicht deutlich genug ſeyn. Smith hat in ſeinem compleat Syſtem. of Optiks 861 u. f. $. den Nonius beſchrieben, der an dem Mauerquadranten zu Green⸗ f wich befindlich iſt, und überhaupt die Theorie dieſer Abtheilung gegeben. Man bedienet ſich ih⸗ rer auch bey uns mit Vortheile an den Werkzeugen mit denen man beym Feldmeſſen Winkel nimmt, wie der hieſige gefchiefte Kuͤnſtler Wolf chm verſchiedene verfertiget hat, Kaͤſtner, 7 8 396 Die la Lande Schreiben, werden ſollen, will ich nur anmerken, daß es in der Beobachtung ſehr ſchwer iſt, die Theile der Entfer⸗ nung zwener Puncte zu ſchaͤtzen, davon der eine gemei⸗ niglich mit der Platte bedecket iſt, welche außerdem nicht auf einer Linie ſind, und nicht fein und rund genug gemacht werden koͤnnen, weil ſie von der Durchſchneidung zwoer Linien, deren jede ihre eigene Dicke hat, entſtehen. Endlich kann ich noch bey⸗ fuͤgen, daß dieſe Querlinien unmittelbar niemals we⸗ niger als eine Minute geben: dahingegen die Ein⸗ theilung, wovon ich rede, 15 Secunden, oder vier⸗ mal mehr giebt. Der Irrthum, den man beym Schaͤtzen begeht, kann, wenn alles uͤbrige einerley, 16mal groͤßer ſeyn. Denn wenn man die falſchen Schaͤtzungen, die man machen kann, als eine Reihe von Zahlen anſieht, deren Unterſchiede ungleich ſind, doch aber die Gleichheit unter den zweyten Unterſchie⸗ den Statt finden laͤßt, ſo findet man, daß das Groͤßte des Irrthums, oder die Groͤße, um welche das mittelſte Glied von dem correſpon⸗ direnden Gliede in einer arithmetiſchen Pro⸗ reßion, welche zwiſchen eben den gegebenen Außerften Gliedern gemacht würde, abweicht, wie das Quadrat der Zahl der Unterſchiede, oder der Fwiſchenplaͤtze waͤchſt, das iſt, wenn ich mich genoͤthiget ſehe, einmal „5 oder hernach £ von der Minute nach dem Augenmaße zu nehmen, ſo muß ich in Gefahr ſeyn, einen Irrthum zu begehen, der, wenn alles uͤbrige einerley, in dem einen Falle 16mal größer als in dem andern iſt. Eben dieſe Theilung des Nunnez vertritt auch reichlich die Stelle des Mikrometers, welches man haͤtte anbringen ” en. von feinen Obſervationen in Berlin. 397 fen. Man würde damit vielleicht in Wahrheit jede Secunde bemerken: allein, ungeachtet deſſen, darf man ſich nicht einbilden, daß man hier zu einer fol: chen Richtigkeit auf eine Secunde gelangen kann, weil 3 Secunden in dem Mikrometer eines fuͤnfſchu⸗ higen Fernrohres gewißlich niemals merklich ſeyn wuͤrden. Allein, ich habe noch nicht genug geſaget, und ich bin der Meynung, daß der Gebrauch des Mikrometers bey einem Mauerquadranten gar nicht ſo gut als die gegenwaͤrtige Methode iſt: denn eines Theils haben wir hier den Vortheil, daß wir den Stern, der bemerket werden ſoll, allezeit in der Mitte, oder in der Axe des Fernrohres ſelbſt, ſehen; und dadurch die Wirkung einer ſehr gefaͤhrlichen Pa⸗ rallare vermeiden, welche öfters am Brennpuncte des Objectivglaſes entſteht, die aber allezeit im Mittel⸗ puncte des Fernrohres verſchwindet. Dieſe Paral⸗ lare hat dem Herrn Bouguer ein fo unvggmeidlicher als gefährlicher Umſtand geſchienen, weil er kein an⸗ der Huͤlfsmittel darwider findet, als daß er das Spie⸗ len oder die Bewegung des Bildes nach dem Augen⸗ maaße ſchaͤtzet, und das Mittel davon nimmt: welches eine Methode, die ſehr ungewiß, und darauf nicht viel zu trauen iſt. Ich muß ihnen aber im Vorbey⸗ gehen ſagen, daß ich, ſeitdem ſein Buch heraus ge⸗ kommen, viele Erfahrungen angeſtellet, welche mir beweiſen, daß die Verſchiedenheit der Augen, und hauptſaͤchlich die Abwechſelungen des Dunſtkreiſes, gar keine ſo merkliche Veraͤnderung, wie er vorgiebt, in dieſer Parallaxe verurſachen. Zum andern gruͤn⸗ den ſich die mit einem Mikrometer gemachten Beob⸗ achtungen nothwendig auf eine Schraube, bey wel⸗ ö N der, 308 De la Lande Schreiben, cher man voraus ſetzet, daß alle Gänge einander voll⸗ kommen gleich ſind. Allein es iſt auch gewiß, daß eine ſo vollkommene Schraube ein ſehr rares Werk iſt: weil dieſes uͤberaus ſchwer iſt, und weil die Ma⸗ terie, woraus ſie gemacht wird, ſowohl als die In⸗ ſtrumente, gemeiniglich verurſachen, daß ſie ſehr un⸗ vollkommen wird. Hingegen iſt es weit natuͤrlicher, eine gegebene Linie in 21 gleiche Theile zu theilen: hauptſaͤchlich ſolche Theile, die eine ziemlich merkli⸗ che Breite haben, und die man oft und ſehr leicht pruͤfen kann, ob ſie einander gleich ſind. Drittens geſchieht die Beobachtung weit hurtiger, und iſt dem Irrthume nicht ſo ſehr unterworfen. Hurtiger unwiderſprechlich, weil man die doppelte Arbeit ver⸗ meidet, da man naͤmlich erſt das Fernrohr auf einen Punct ſtellen, und hernach das Mikrometer ſtellen muß, welches ſich nicht leicht thun laͤßt, ohne daß das Fernrahr verruͤckt wird. Genauer geſchieht ſie aus eben der Urſache: denn weil man weniger Arbei- ten zu thun hat, ſo iſt auch weniger zu befuͤrchten, daß die unvermeidlichen Irrthuͤmer, worein uns die⸗ jenigen Unvollkommenheiten ſtuͤrzen, welche einem Philoſophen bey der Unterſuchung der Natur allezeit auf dem Fuße nachfolgen, um ihn zu erinnern, daß er ein Menſch iſt, vervielfaͤltiget werden. Es war aber nicht genug, bey der Verfertigung dieſes Inſtru⸗ mentes die gewiſſeſten und bequemſten Mittel, die uns bekannt waren, zu erwaͤhlen: man hat auch viele Quellen von Irrthuͤmern verſtopft, die man lange Zeit nicht geachtet hatte, weil man entweder geglaubet, daß ihnen nicht abzuhelfen waͤre, oder daß fie wenig zu bedeuten hätten Durch eine große Anzahl von feinen Obſervationen in Berlin. 399 Anzahl Erfahrungen „die man an dem Bilde des H. Sulpitius in Paris, und in Schottland ange⸗ ſtellet, hat man betraͤchtliche Unordnungen entdecket, welche ſowohl durch die Kaͤlte und Waͤrme, die in die allerfeſteſten Mauern, woran man ein Inſtru⸗ ment befeſtigen muß, wirken, als durch das beſtaͤn⸗ dige Schuͤttern, welches die Bewegung der Koͤrper von außen macht, verurſachet werden. Ob man gleich dieſen gefaͤhrlichen Irrthuͤmern noch lange nicht abzuhelfen weiß, ſo hat man doch oben auf dem Inſtrumente einen ſehr zarten Bleywurf in einer klei⸗ nen Nuth angebracht, welcher frey uͤber einen Thei⸗ lungspunct haͤngt, und uns die geringſte Unordnung in der Hoͤhe des Quadranten faſt bis auf eine Se⸗ cunde zu erkennen giebt. Dieſe Vorſichtigkeit, wel⸗ che ſo noͤthig war, und ſich, weil die gemeinen Qua⸗ dranten ein Muſter davon geben, ſo natuͤrlich haͤtte darbiethen ſollen, entwiſchte gleichwohl der Wach⸗ ſamkeit der ſorgfältigſten Sternſeher. Das iſt das Schickſal der Wiſſenſchaften, welche an die Ausübung gebunden ſind. Die kleinſten Dinge ſind immer die wichtigſten; ob ſie gleich entweder die ſchwerſten ſind, oder am meiſten hintan geſetzet werden. Außerdem hat man noch die Sorgfalt gehabt, das Inſtrument ſehr frey anzumachen oder aufzuhaͤngen; ſo daß es nur auf zween Puncten ruht, und daß es ſogar an dieſen zwenen Puncten die Freyheit hat, den Eindruͤ⸗ cken der Waͤrme und Kaͤlte, durch die Ausdehnung und Zuſammenziehung, welcher alle Metalle unter⸗ worfen ſind, nachzugeben. Man hat ſehr lange ge⸗ glaubet, die wichtigſte Vorſichtigkeit bey einem r ſey, daß man ſich alle 55 übe F 185 N 40 De la Lande Schreiben, Mine gäbe, ihn fo zu befeſtigen, daß er ganz und gar nicht verruͤckt werden koͤnnte. Dieſerwegen hat man es an Pfeilern und an den allerdickſten eiſernen Stangen gar nicht fehlen laſſen. Die Erfahrung hatte damals noch nicht gewieſen, daß die Natur, welche ſo oft alle unſere Unterſuchungen zu ſchan⸗ den machet, durch heimliche und unmerkliche Trieb⸗ federn alle Staͤrke und alle unſere Vorſichtigkeit ver⸗ nichtet hat? Es mußte ſich nothwendig ereignen, daß diejenigen Oerter des Quadrantens, welche ſtark an die Mauer befeſtiget waren, der Bewegung mehr widerſtanden; die, welche es nicht waren, und leicht nachgaben, dieſe alſo wurden allein fehlerhaft, und veraͤnderten die Figur und Lage, in Anſehung der erſtern, ganz und gar. Allein, es ſcheint mir, daß man endlich das Mittel, dieſem Mangel abzuhelfen, gefunden habe: weil der Quadrante, da man ihm die Freyheit läßt, ſich nach allen Gegenden, und in allen ſeinen Theilen gleich ſtark auszudehnen, vor⸗ nehmlich da er leicht iſt, und aus ziemlich duͤnnen Platten von einerley Materie beſteht, ſeine Groͤße verändern wird, ohne feine Figur zu verändern; und weil ſich die Theile, woraus er beſteht, werden ausdehnen, oder verkuͤrzen koͤnnen, ohne daß die Verhaͤltniß, die ſie unter ſich haben, aufgehoben wuͤrde, und ohne daß ſich die Fläche darauf fie find, verwerfe; und folglich, ohne daß unſere Abmeſſun⸗ gen dadurch die geringſte Veraͤnderung leiden. Die Erfahrung ſtimmt wegen des Nutzens dieſer Vor⸗ ſichtigkeit mit der Theorie uͤberein. Denn als man einen beweglichen Quadranten von mittelmaͤßigem Gewichte in dem heißen Erdſtriche an die Sonne | geſetzet von feinen Obſervationen in Berlin. 401 Rats: bis er ebe und in allen ſeinen Se nen er „ der, Duadrante ne 11905 fir oder nicht. Endlich komme ich auf die letzte Sorgfalt, welche ſaſt bisher noch bey keinem einzigen aſtrono⸗ miſchen Inſtrumente iſt gebrauchet worden. Da das Fernrohr, welches mit dem einen Ende an dem Mittelpuncte des Quadrantens befeftiget iſt, durch ſein Gewicht auf dem Rande, wo man es befeſtigen muß, Unordnung verurſachen konnte, oder die Be wegung zu den Beobachtungen nicht frey und be quem genug iſt, (und die Bequemlichkeit hat immer einen Einfluß in die Richtigkeit,) fo hat man dieſer Sache durch ein Gegengewicht abzuhelfen geſuchet, welches auf die allerſinnreichſte Art angebracht wor⸗ den, und, ohne dem Quadranten auf einige Art Ge⸗ walt zu thun „und ihn einmal zu beruͤhren, das Gleichgewichte hält; fo, daß ſich das Fernrohr, ſo zu reden, von ſich ſelbſt bewegen, und auf dem Rande hingehen kann; ohne ſich mehr an den ei⸗ nen als an den andern Punct aufzudruͤcken, welches gewiß geſchehen würde, wenn man es mit der Hand aufheben muͤßte. Alle dieſe zur Richtigkeit ſo vieles beytragende Verbeſſerungen, welche wir der Sorg⸗ falt und Wachſamkeit des Herrn le Monnier uͤber die gefchickteften englifchen Kuͤnſtler zu danken haben, machen dieſes Inſtrument zu einem der allervoll⸗ kommenſten, welches nur zu diefen Arbeiten gebrau⸗ chet werden kann. Ich kann ſie von der großen Richtigkeit, die aus allen dem, was ich ihnen itz 9 Band. en eien, 402 De la Lande Schreiben, erklaͤret, nicht beſſer überzeugen, als wenn ich Sie verſichere, daß die Oerter von einerley Sternen, welche meiſtens viele Tage nach einander bemerket werden, auch allezeit einerley, und meiſtens auf dieſelbe Secunde ſind gefunden worden: welche Richtigkeit, die ſo ſelten als ſchwer zu erhalten iſt. Um den Quadranten auf eine vortheilhafte Art und auf einen genugſam freyen Horizont zu ſtellen, hat man im zweyten Geſchoß der koͤnigl. Sternwarte hieſiger Stadt an dem Fenſter der Mittagsſeite ei⸗ nen Stein von hinlaͤnglicher Größe aufrichten müffen, um die ganze Maſchine daran zu befeſtigen: und eben dieſes iſt an einem nach Mitternacht gelegenen Fenſter geſchehen, um daſelbſt die gehörigen Pro- ben des Inſtruments, welche ſo nothwendig, als die Beobachtungen ſelbſt ſind, zu machen, und ver— mittelſt der Sterne um den Pol herum die Breite von Berlin, welche, aus Mangel eines Inſtru⸗ ments von genugſamer Groͤße, bisher nicht hat be⸗ ſtimmt werden koͤnnen, zu beobachten. Die koͤnigl. Akademie zu Berlin uͤberhaupt, und vornehmlich der Herr von Maupertuis haben alles moͤgliche gethan, um die Richtigkeit und Bequemlichkeit meiner Be⸗ obachtungen zu verſicheen, welche, da der Koͤnig die noͤthigen Befehle dieſerwegen gegeben, und ich ſelbſten die Ehre gehabt, ein Mitglied dieſer Aka⸗ demie zu werden, ſo zu ſagen, ein Werk derſelben geworden ſind. Im uͤbrigen, mein Herr, ob ich gleich den Eifer derjenigen hoch ſchaͤtze, welche et⸗ was zum Wachsthume der Wiſſenſchaften unterneh⸗ men, kann ich nicht wohl begreifen, wie ſich jemand hat Hoffnung machen koͤnnen, ohne 3 ey⸗ von feinen Obſervationen in Berlin. 403 Beyhuͤlfe etwas nügliches in dieſen Arbeiten zu thun. Z. E. mit einem an einer Mauer befeſtigten Seh⸗ rohre, wenn man kein Mittel hat, ſich zu verſichern, ob es in der Zeit zwiſchen dem Durchgange des Mon⸗ des und des Sternes, den man mit ihm vergleichen will, wahrhaftig feſte ſteht; und die Groͤße des Fehlers zu erkennen, der aus der Verruͤckung ent⸗ ſpringt, die das Sehrohr oͤfters von einem Augen⸗ blicke zum andern leiden muß. Das naruͤrlichſte Mittel, welches man hier anwenden koͤnnte, waͤre meines Beduͤnkens dieſes, daß man ein eiſern oder kuͤpfern Quadrat von ziemlicher Groͤße, z. E. drey oder vier Schuh, und von Platten, die nicht ſehr dicke waͤren, mit einer ſeiner Seiten an das Seh⸗ rohr befeſtigte. An dieſes muͤßte man an das oberſte Ende der Seite, laͤngſt welcher der Quadrant be⸗ feſtiget if, einen ſehr dünnen Bleywurf haͤngen, und auf die Seite, welche dieſer gegenüber ſteht, ei⸗ nige Puncte, wie ſie von ungefaͤhr fielen, machen, nur daß ſie ſehr zart waͤren. Wenn alsdenn das Sehrohr nach dem Monde gerichtet waͤre, und der Bleywurf traͤfe auf einen von dieſen Puncten, fo müßte man, wenn der Durchgang des Sternes geſchaͤhe, mit einem Vergroͤßerungsglaſe ſorgfältig unterſuchen, ob der Faden ſelbigen Punct noch bedeckte, oder wie weit er ſich davon entfernet haͤtte: welches ſich, wenn der Durchmeſſer des Fadens bekannt iſt, leicht wuͤr⸗ de berechnen laſſen. Dieſes Mittel ſetzet gar nichts genaues und richtiges bey der Zuſammenſetzung vor⸗ aus; es iſt keiner Unbequemlichkeit unterworfen: denn wenn die vier Platten des Quadrass von einer⸗ ka Materie und von einerley Dicke find, fo wird Cc 2 ihre 404 De la Lande Schreiben, ihre Ausdehnung allezeit gleich ſeyn, und keinen ein- zigen Fehler verurſachen. Die Verruͤckung des Fern⸗ glaſes wird ſich alſo allein, und ganz und gar, ſo gut als auf einem Quadranten von eben der Groͤße, zeigen. Wenn man dergleichen Vorſichtigkeit nicht brau⸗ chet, ſo glaube ich, daß man ſich keine Hoffnung machen darf, etwas ſehr genaues und richtiges zu bewerkſtelligen. Man wird ſich alsdenn an die An- naͤherungen und an die Verdeckungen (occultatio- nes) halten muͤſſen. Wir koͤnnen auch alle Lieb⸗ haber der Sternkunſt, auch die ungeuͤbteſten, nicht genug ermahnen, wenn ſie ein Fernglas und ein gutes Pendul haben, auf die Verdeckungen der Sterne, welche in der That nicht zu häufig vorkom— men, aufmerkſam zu ſeyn: und wenn ſie mit einem Mikrometer verſehen ſind, ſich auch die Annaͤhe⸗ rungen, welche ſich etwas oͤfterer zutragen, zu Nutze zu machen. Dieß find, mein Herr die Betrachtungen, wel- che ſie mir, ihnen mitzutheilen, guͤtigſt erlaubet ha⸗ ben. Was ſich darinnen vernünftiges und gründli- ches finden moͤchte, wird mir vielleicht nicht eigen⸗ thuͤmlich zugehoͤren: das, was ſich mangelhaft darinnen finden wird, iſt ein Werk eines jungen Menſchen, der noch nicht das zwanzigſte Jahr er— reichet hat, und folglich noch nicht durch das Alter und die Erfahrung gelehrt worden; der ſich aber we⸗ nigſtens mit aller Hochachtung nennen kann ꝛc. Beobachtungen. Den 2zſten Hornungs, 1752, 6 U. 54 39“ nach der wahren Zeit, auf der koͤnigl. berliniſchen Sternwarte, i | war von feinen Obſervationen in Berlin. 405 war der erſte Rand des Mondes in dem Mittags. kreiſe, und 6 U. 55’ 503°, als ſich der Mittelpunct im Mittagskreiſe befand , war der wahre Unter: ſchied der Abweichung des unterſten Mondrandes und des Sterns € im Stier 0°, 32“, 31“. Der Stern gieng um 7 U. 42° 29“ wiederum bey dem erleuchteten Theile des Mondes, nahe an dem Fle⸗ cken Endymion, heraus. Den 18ten April. 9 U. 7° 57“ Abends, geſchah eine augenblickliche Immerſion des Sterns A am drit⸗ ten Fuße der Zwillinge, in den dunkeln Theil des Mondes. Den 28ſten May 12 U. 4 40“ nach der wahren Zeit, war der wahre Unterſchied der Abweichung des obern Mondrandes, und des Sterns 1, am Aeußerſten vom Bogen des Schuͤtzens, Oo, 20% 39“, der Stern war nordlicher Seite. Den 29 ſten May 13 U. 30° 21“ war der wahre Unterſchied der Abweichung des obern Mondrandes und des Sternes o am Haupte des Schuͤtzens, 0°, 22“, 21, der Stern nach Süden, Um 1 U. 55“ 4“ gieng der Stern „ am aͤußerſten Theile vom Bogen des Schuͤtzens aus dem dunkeln Theile des Mondes hervor. Er war auf der Linie, welche durch den Copernicus, durch die Mitte des Mare ſerenitatis und unter dem caſpiſchen Meere weg, in der Groͤße der Breite dieſes Fleckes, gezogen iſt. 2 A * ye Ce 3 V. Ein 406 Von einem außerordentl. Vorfalle 10797970 743743.22 09707970. v. Ein außerordentlicher | Vorfall eines Armbruches: mitgetheilet von Herrn John Freke, Mitglied d. K. G. und Wundarzt bey dem Hoſpital des heil. Bartholomaͤus. Vorgeleſen den 5. April 1750. Aus den philoſophiſchen Transactionen 494. N. XXI. Art. uͤberſetzet. Herrn John Barde, Wundarzte in Meupyork, mitgetheilet worden, kam mir der darinn beſchriebene Vorfall ſo ſeltſam, und das Verfahren dabey ſo geſchickt und ordentlich vor, daß ſelbiger werth waͤre, dieſer gelehrten So⸗ cietaͤt vorgeleget zu werden. 0 (8 mir folgender Auszug eines Briefes von J. Freke. „Als im Monat May 1746 die Gemahlinn des Obriſten Morris von hier nach Morriſena, einem Landgute des beſagten Obriſten, abreiſete, ſo hatte ſelbige das Ungluͤck, von den Pferden, welche unverſehens niederfielen, aus ihrem Wagen gewor⸗ fen zu werden: wodurch ſie beyde Beine ihres linken Arms brach. Sie wurde ſogleich in die Hermi⸗ | tage eines Armbruchs. 407 tage gebracht, welches ein Landgut iſt, das dem hochanſehnlichen Ritter, Herrn Joſeph Murrey, gehoͤret, und ungefaͤhr anderthalb Meilen von dem Orte liegt, wo ihr dieſer Ungluͤcksfall begegnet war. Nachdem mich der Obriſte hatte rufen laſſen, ſo un⸗ terſuchte ich die Sache, und fand die Beine gebro- chen, eine ſehr große Quetſchung der Muſ keln, und den Arm allbereits geſchwollen; und hierzu kam noch dieſes, daß erwähnte Dame drey Monate ſchwan⸗ ger gieng: welches mich noͤthigte, ihr, ehe ich die Einrichtung vornahm, am rechten Arme Ader zu laſſen. Alsdenn richtete ich den gebrochenen Arm ſorgfaͤltig ein, und legte tuͤchtige Binden darum. Der Vorfall wurde mit einer geringern Entzün: dung begleitet, dergleichen ſich gemeiniglich bey noch ſchlechtern Zufaͤllen von dieſer Art zu ereignen pflegt: und in ungefaͤhr 12 Tagen wagte fie es, und reiſete von der Hermitage nach Mortiſena, welches un⸗ gefaͤhr ſechs engliſche Meilen davon liegt. Allein, was mir bey dieſer Begebenheit merkwuͤrdig vor: koͤmmt, iſt dieſes: Daß, obgleich die Enden der gebrochenen Beine genau an einander waren gefuͤgt worden, und obgleich die Binden 40 Tage darauf ge⸗ blieben waren, gleichwohl, da ſelbige abgenommen worden, der Callus ſo weich und biegſam blieb, daß ihr Arm mit der groͤßten Leichtigkeit in jede Stellung konnte gebogen werden; und ſich ſo vollkommen ge⸗ rade zeigte, daß die Patientin und ihre Familie ihre Zufriedenheit daruͤber entdeckten. Da ich aber be⸗ obachtete, daß der Callus zu keiner Feſtigkeit gekom⸗ men war, legte ich den Verband wieder an, und ließ ſelbigen fuͤnf Wochen laͤnger darauf. Ce 4 4 Bey 1 408 Von einem außerordentl. Vorfalle Bey der zwoten Unterſuchung fand ich zu meinem Erſtaunen, und zu großer Bekuͤmmerniß der Pa⸗ tientinn und der Anverwandten, daß der Callus noch ſo weich und nachgebend als zuvor war. Ich konnte alſo nicht anders denken, als daß dieſer Fall denen beyden ähnlich wäre, wovon Hildan uns die Hi ſtorie aus ſeiner eigenen Praxis giebt. Denn da die Patientinn gegenwaͤrtig fünf Monate in ihrer Schwangerſchaft erreichet hatte, ſo gab die Natur demjenigen naͤhrenden und zuſammenklebenden Saf: te, welcher zur Bildung und Feſtigkeit des Callus noͤthig iſt, die Richtung in einen andern Canal, namlich, zur Erhaltung und zum Wachsthume der Frucht. Dieſer Meynung zu Folge, erfand ich eine Binde von Sammet, mit vier duͤnnen ſtählernen Blechen, ein Viertelzoll breit und ſieben Zoll lang. Dieſe Bleche waren mit Sammet bedeckt, und an der inwendigen Seite der ſammtenen Binde befeſtiget; an der Binde ſelbſt befeſtigte ich vier kleine Schnal⸗ len mit ihren darzu gehoͤrigen Riemen. Die alſo zubereitete und um den Arm geſchnallte Binde war wie ein Muff; und wurde von der Patientinn mit der groͤßten Bequemlichkeit getragen, indem ſie den Arm noch vier Monate in einer geraden Richtung erhalten mußte. Waͤhrender Zeit beruhigte ich die Patientinn, indem ich ihr einen Muth zuſprach, und Hoffnung machte, daß, nach ihrer Niederkunft, die Einrichtung der Natur mehr unmittelbar auf die Wiederherſtellung des Gebrauches ihres Armes ge— richtet ſeyn wuͤrde. Und in der That geſchah es auch ſo. Denn der Callus erhielt keine Feſtigkeit; der Arm blieb unbrauchbar, und ſie empfand zu 5 wiſſen eine Armbruchs. 409 wiſſen Zeiten Schmerzen darinnen: bis innerhalb neun Tagen nach ihrer Entbindung, da ſie plotzlich dem Obriſten zu wiſſen that, daß ihr Arm gänzlich von Schmerzen befreyet wäre, und daß ſie itzo eine ganz andere Empfindung, als vorher, haͤtte. Von der Zeit an kam der Callus in weniger als einem Monate zur vollkommenen Feſtigkeit, und die Pa- tientinn erlangte den Gebrauch ihres Armes wieder: welcher, wenn man die ſchiefe Richtung des Bru— ches, und die lange daurende Weiche des Callus be: trachtet, auf eine wunderbare Art ſeine natuͤrliche Schoͤnheit erhalten hatte, und gerade geblieben war. Ich weiß wohl, daß verſchiedene Schriftſteller die Schwangerſchaft als eine Hinderniß anfuͤhren, weswegen der Callus feine Feſtigkeit nicht fo ge: ſchwind, als in andern Umſtaͤnden, erlangte. Allein, außer den beyden Faͤllen, davon Turner Meldung thut, und welche aus dem Hildanus genommen find, kann ich mich nicht erinnern, eine Hiſtorie ge⸗ leſen zu haben, wo die gewoͤhnliche Einrichtung der Natur, in Wiederherſtellung eines gebrochenen Bei⸗ nes, fo ganz und gar auf fo lange Zeit wäre unters brochen worden; und wo ſich die Urſache einer ſol⸗ chen Unterbrechung ſo deutlich zeiget, als in dem Falle, welchen ich erzaͤhlet habe, u. ſ. f. » J. E. Zeiher, der Arztneykunſt Doctor. * D Ce 5 VI. 41¹⁰ Chymiſche Verſuche RRERFEER ERIEIEIE RITTER REIT FRI VE TER l Chymiſche Verſuche, welche mit dem Beinbruche aus der Matt ſind gemacht worden von Herrn Marggrafen. Aus den Schriften der koͤnigl. Preuß. Akademie der Wiſſenſchaften, 1748. J. 52. S. 1. i ie genauere Kenntniß, welche uns 8 ! Gleditſch * von dem Mengſel, das man Beinbruch nennet, gegeben, und Die Stücken dieſes Foßils ſelbſten, womit mich derſelbe guͤtigſt verſehen hat, und wodurch ich gewiß worden bin, daß ich mich mit dem wahrhaften Bein⸗ bruche beſchaͤfftigte, und nicht mit einigen von den Materien, welchen dieſer Name faͤlſchlich beygeleget worden, haben mir hauptſaͤchlich Anlaß gegeben, eine chymiſche Unterſuchung daruͤber anzuſtellen. II. Alle chymiſche Verſuche, welche ich itzo erzaͤh— len werde, haben daher einzig und allein diejenige Art des Beinbruches zum Gegenſtande, welche Herr Gleditſch in den ſonnenburgiſchen und droſſe⸗ ner * ©. feine Beobachtungen von dem Beinbruche. (Hamb. Mag. VIII B. VI St.) mit dem Beinbruche in der Mark. aut ner Gegenden, zwiſchen der Oder und der Warte, gefunden hat: und man darf ſie von keiner einge andern Art verſtehen. 0 III. Ich habe geglaubet, ich muͤßte aus den ver⸗ ſchiedenen Stuͤcken vom Beinbruche „die ich von Herrn Gleditſchen erhalten habe, nur diejenigen zur chymiſchen Unterſuchung nehmen, welche Die. aller: reinſten waren, und in welchen die Vermiſchung am vollkommenſten zu ſeyn ſchien. Ich habe insbeſon⸗ dere denjenigen merkwuͤrdigen Zweig erwaͤhlet, wo⸗ von Herr Gleditſch in ſeiner Abhandlung“ erzaͤhlet, daß ſelbiger noch einen Theil einer lebendigen Fichte ausgemacht hat, nachdem er ſchon in Beinbruch ver: wandelt geweſen iſt. Es war ein dickes, nicht allzu: hartes Stuͤck, welches eine Wurzel eines Baumes vollkommen vorſtellete, und welches hin und wieder einige Faͤſerchen von der Wurzel, woraus es war gebildet worden, in ſich hatte; fie waren aber in ge— ringer Anzahl, und ſehr zarte. IV. Die Haupturſache, weswegen ich dieſes Stuͤck vom Beinbruche allen andern vorgezogen ba: be, um es zu meinen Verſuchen zu brauchen, iſt, weil ich ſelbiges nicht ſo ſandigt, und nicht ſo ſehr mit vegetabiliſchen Theilchen, als die andern, ver: mengt gefunden habe: und auch, weil ich durch das Auswaſchen eine größere Menge feine Erde, als aus den andern, habe ziehen koͤnnen. V. Ich machte daher den Anfang von meinen Ar⸗ beiten mit dem Auswaſchen oder Schlemmen (Elu- tr iatio) des Beinbruches. Hierzu nahm ich ein halb Mund davon, ma ich inch W in einem ſaubern f © die vorhin ae Abhandl. im XI. $, 412 Chymiſche Verſuche ſaubern glaͤſernen Mörfel ſtieß; ich that es hernach in ein glaͤſern Gefäß mit einer weiten Oeffnung; ich goß klar Waſſer darauf, und ruͤhrte alles wohl um. Nachdem ſich der ſchwerſte Theil zu Boden geſetzet hatte, goß ich einen Augenblick darnach die noch truͤ⸗ be Fluͤßigkeit in ein ander Gefaͤß. Ich goß neues Waſſer auf das, was nach dem Abſeigen in dem Glaſe geblieben war: welches ich auf eben dieſelbe Art wiederholte, indem ich dieſe Arbeit fo lange fort- ſetzte, bis das Waſſer nicht mehr truͤbe ſchien. Ich ſtellte das Gefaͤß mit dem truͤben Waſſer hin, daß ſich ſelbiges ſetzen konnte, und ſah nach und nach eine weiße und ſubtile Erde zu Boden ſinken. Dieſe Erde wog, nachdem ich ſie getrocknet hatte, fuͤnfte⸗ halb Unzen. Da dieſes geſchehen war, ließ ich auch den ſchwerern Theil, welcher in dem erſten Glaſe ge— blieben war, austrocknen, und fand viertehalb Un⸗ zen von einem feinen Sande. VI. Als ich das helle Waſſer, welches uͤbrig blieb, nachdem ſich die feine Erde geſetzt hatte, abgegoſſen und durchgeſeiget hatte, ſo ließ ich ſolches bis zur Trockene abrauchen, und zog daraus etwas ſehr weniges von ſalzigter dichter Subſtanz: nachdem ich dieſes in Waſſer hatte zergehen laſſen, verurſachte es eine ſchwache Faͤllung in der Aufloͤſung des Silbers, des Queckſilbers und des Bleyes, welche mit Salpeterſau⸗ rem war gemacht worden. Es war aber ſo etwas we⸗ niges, daß es faſt gar keine Aufmerkſamkeit verdiente. VII. Nachdem ich ſowohl die ſubtile Erde, als die ſchwerere ſandigte Erde auf vorbeſagte Art genau geſchteden hatte, ſtellte ich erſtlich die Unterſuchung mit der ſubtilen Erde an, und beobachtete, daß ſie mit mit dem Beinbruche in der Mark. 413 mit allem Sauren in Aufwallung gerieth: z. E. mit dem Sauren des Kuͤchenſalzes, des Salpeters, und des Vitriols; desgleichen mit den ſauren Saͤf⸗ ten der Pflanzen. Das Vitriolſaure griff dieſe feine Erde mit großer Heftigkeit an, und brachte ſie zum Schaͤumen. Als ich eben dieſe Erde nach und nach in den Vitriolgeiſt warf, zog ſie ſelbigen faſt ganz und gar in ſich; und als ſie vollkommen damit war gefättiget worden, fo entſtund eine Maſſe daraus, wie ein Brey. Auf dieſe Maſſe goß ich warm Waſ⸗ fer, rührte alles wohl um, ſeigete es hernach durch, und machte es durch eine gehoͤrige Ausduͤnſtung zur Cryſtalliſation geſchickt: da dieſe geſchehen war, ſo bekam ich kleine langlichte Cryſtallen, aber in ſehr geringer Anzahl. Das Vitriolſaure ſcheint fi) hier bey unſerer Materie eben ſo zu verhalten, als wie bey dem Kalkſteine, mit deſſen erdichten Theile es ſich hauptfächlich verbindet, als wie bey Kalkſteine: man kann von dieſer Materie nur ſehr wenig lang ſche Theilgen ſcheiden. VIII. Hingegen bemaͤchtigte ſich das Salpeter. | ſaure unferer Erde mit einer groͤßern Heftigkeit, und loͤſet fie gaͤnzlich auf: eine ſehr geringe Menge aus⸗ genommen, die auf den Boden des Gefaͤßes fällt, und nichts anders iſt, als der allerſubtilſte Theil von dieſer Sanderde, welcher ſich waͤhrend des Schwemmens mit darunter gemiſchet hatte. Wenn das Salpeterſaure von dieſer Erde vollkommen ge ſaͤttiget war, ſo entſtund daraus eine Auflöfung, welche eine vollkommene Gleichheit mit der durch den Salpetergeiſt gemachten Aufloͤſung des Kalk ſteines hatte. Nachdem ich ſolche durchſeiget a | 414 Chymiſche Verſuche fo brachte ich fie durch die Ausdaͤmpfung zur gehoͤri⸗ gen Dicke: es wollten aber gar keine Cryſtallen da⸗ von anſchießen. Dieſes noͤthigte mich, dieſe Auf⸗ loͤſung bis zur Trockene ausduͤnſten zu laſſen: da dieſes geſchehen war, bemerkte ich, daß dieſe zur Tro⸗ ckene gebrachte Maſſe, wenn man ſelbige an die Luft ſetzte, gar leicht Feuchtigkeit an ſich zog, und in eine braͤunlichte fluͤßige Materie zerfloß. Ich that auch einen Theil von dieſer trocken gemachten Auf⸗ loͤſung in einen kleinen Schmelztiegel, ich brachte ſelbigen ins Feuer: dieſe Materie gerieth ins Schaͤu— men, und der Salpetergeiſt flog haufig in Daͤm⸗ pfen davon. Da endlich faſt aller Salpetergeiſt verflogen war, ſo regierte ich das Feuer nach eben der Art, nach welcher es die Chymiſten bey der Zu— bereitung des Balduiniſchen Phosphorus zu thun gewohnt ſind: und durch dieſen Weg brachte ich ſelbſt einen Phosphorus hervor, welcher eben ſo ſchoͤn als derjenige war, den man insgemein aus der Kreide und aus dem Salpetergeiſte zubereitet. Da ich eben fo mit dem Kalkſteine verfuhr, fo bes kam ich ein gleiches Product , naͤmlich auch einen ſchoͤnen Phosphorus. Die Verſuche, welche dieſe Arbeit in ſich begreift, geben dahero die Leberein- kunft der Kalkerde mit der Kreidenerde zu erkennen. VIII, unſere ſubtile Beinbrucherde wird auch von dem Sauern des gemeinen Salzes ſchnell genug ergriffen, und auf eben die Art, die von uns ſchon angezeiget worden, da wir von dem Salpetergeiſte geredet haben, gaͤnzlich aufgeloͤſet: wegen einiger Sandtheilgen, die ſich mit dieſer ſubtilen Erde bey dem Schlemmen vermiſchet haben. Auch hier fiel | waͤhren⸗ mit dem Beinbruche in der Mark. 41ʒ waͤhrender Aufloͤſung etwas zu Boden; wiewohl es uͤberaus wenig war. Wenn das Saure vom Salze mit dieſer Erde vollkommen geſaͤttiget iſt, und wenn man hernach dieſe Aufloͤſung durchſeiget, und ſel⸗ bige, weil ſie keine Cryſtalliſation annimmt, bis zur Trockne verrauchen laͤßt, ſo wird man ſehen, daß es ſich damit eben ſo verhaͤlt, als wenn man den Kalkſtein in dieſem Sauren aufloͤſet, und eben die⸗ ſes Verfahren fortſetzt. In der That zerfließt dieſe Aufloͤſung, wenn man ſie zur Trockne gebracht hat, nach Verlauf einiger Zeit, und leidet außerdem eben die Veraͤnderung, wie das feuerbeſtaͤndige Salmiac, oder jede andere Auflöfung, welche mit dem lebendigen Kalke und dem Salzſauren gemacht, und hernach zur Trockene gebracht worden. X. Ich that hernach Salmiac zu dieſer ſubtilen Erde des Beinbruches, naͤmlich zu zweenen Theilen Erde einen Theil gereinigtes Salmiac, und ver— miſchte dieſe Materien durchs Zerſtoßen genau mit einander; ich konnte aber von dieſer Vermiſchung eben ſo wenig etwas uriniſches als von einer aͤhnli⸗ chen, die aus rohem Kalkſteine uud Salmiac be⸗ ſtund, frey machen: denn mein Mengſel gab nicht den geringſten Geruch von ſich. Da es aber an das Feuer gebracht wurde, fing es an ſich zu entzuͤnden: das Uriniſche ſtieg nicht allein in Menge auf, und verflog; ſondern auch das, was im Schmelztiegel zuruͤck blieb, machte ein wahres und vollkommenes ſaliniſches Mengſel aus, welches ein feuerbeſtaͤndiges Salz war; wie dasjenige, welches gemeiniglich der Kalkſtein, oder der lebendige Kalk, mit dem Sal⸗ miac hervor bringen. RE. 2 XI. Ich 416 Chymiſche Verſuche XI. Ich glaubte, ich müßte auch nicht vergeſſen, weiter zu unterſuchen: ob dieſe Beinbrucherde, wenn gehoͤriger Weiſe damit verfahren wuͤrde, auch wohl lebendigen Kalk hervor bringen koͤnnte? In dieſer Abſicht nahm ich ungefaͤhr eine Unze, welche ich in Zeit von einer Stunde, in einem verſchloſſenen Tie⸗ gel, ſorgfaͤltig calcinirte; und nachdem die Materie abgekuͤhlet war, bemerkte ich, daß fie alle Beſchaf⸗ fenheiten und Eigenſchaften eines calcinirten Kalk: ſteines vollkommen beſaß. Wenn man dieſe Erde des Beinbruchs, womit auf vorhergehende Art war verfahren worden, hernach mit dem Salmiac zus ſammen in einem Moͤrſel ſtieß, ſo befreyete ſie in der That alſo bald, wie der lebendige Kalk, den uriniſchen Theil; oder wenn man dieſe calcinirte Er: de in kalt Waſſer warf, ſo erhitzte ſie ſich, und nach dieſer Erhitzung zeigte das Waſſer, welches oben auf ſchwamm, alle Eigenſchaften des Waſſers von lebendigem Kalke. Denn es ſchlug die Aufloͤſung des ſublimirten Queckſibers nieder, indem es dieſzm Niederſchlage eine hellgelbe Farbe gab. Es ſchlug eben ſo die Aufloͤſung des Queckſilbers in Scheide⸗ waſſer nieder, und gab ihm eine braͤunlichte Farbe; es machte die in dem Salpeterſauren gemachten Auf loͤſungen des Silbers, des Kupfers, des Bleyes, des Eiſens, des Zinkes und des Wismuths truͤbe: wie nicht weniger die Aufloͤſung des Zinnes in Gold⸗ ſcheidewaſſer. Endlich ſo gab es einem aus den Veilchen gezogenen Waſſer eine ſchoͤne gruͤne Farbe. XII. Wenn mit dieſer Erde allezeit auf eben die Weiſe verfahren wird, wie mit dem lebendigen Kal⸗ ke, machet ſie das feuerbeſtaͤndige alkaliſche Salz Man beißend 4 u — — \ mit dem Beinbruche in der Mark. 4 beißend (cauſtiſch); und wenn man es kochet, fo machet ſie es ſo ſcharf, als es der lebendige Kalk ſelb⸗ ſten thun koͤnnte. Sie loͤſet auch fehr gern den ges meinen Schwefel auf: denn. wenn man vier Theile von dieſer calcinirten Erde mit einem Theile Schwe- fel vermiſcht, und darzu 6 oder 8 Theile Waſſer thut, ſo loſet ſich der Schwefel ſehr wohl bey dem Kochen auf; und hernach ſchlaͤgt ſich ſelbiger mit leichter Muͤhe aus der durchgeſeigeten Lauge nieder, wenn man Saures darzu thut. Die Gleichfoͤrmig⸗ keit zwiſchen der Beinbrucherde und dem lebendigen Kalke, offenbaret ſich alſo in dieſer ganzen Arbeit auf die allerdeutlichſte Art. XIII. Endlich vermiſchte ich auch zween Theile feuerbeſtaͤndiges alkaliſches Salz mit einem Theile von dieſer Erde, und da ich ſie geſchmelzet hatte 5 bekam ich eine undurchſichtige Maſſe, von einer gel: ben Farbe daraus, die der Maſſe vollkommen gleicht, welche zween Theile feuerbeſtaͤndiges alkaliſches Salz hervor bringen, wenn fie mit einem Theile von: les bendigem Kalke geſchmolzen werden. XIV. Was den andern erdigten Theil anbelanget, welchen ich §. V. angezeiget habe, und welcher durch das Schlemmen von dem Beinbruche geſchieden wird, indem er ſich dadurch, als der ſchwer ſte Theil, zu Boden ſetzt: ſo iſt es nichts anders, als ein feiner Sand, und folglich eine wahrhafte und ſchoͤne Glas⸗ erde. Obgleich dieſer Theil vom Beinbruche noch ziemlich ſtark mit den ſauren Saͤften brauſet, ſo koͤmmt dieſes in der That von weiter nichts her, als von der Vereinigung des Sauren mit einer kleinen Anzahl Kalktheilchen, welche an dieſer Erde haͤn⸗ 9 Band. od gen 415 Chymiſche Verſuche gen bleiben, und ſich nicht genau davon abſondern laſſen. Ich goß auf einen Theil dieſer Erde Sal- petergeiſt, welcher auch wahrhaftig mit ſelbiger in ein ſtarkes Brauſen (Aufkochen) gerieth; aber die reinſte Sanderde, ohne ſelbige anzugreifen, zuruͤck ließ: weil dieſe Erde nach dem Auswaſchen und Aus⸗ trocknen in der That nichts anders, als einen ſehr vei- nen ſubtilen Sand, vorſtellet. Ich miſchte einen Theil dieſer getrockneten Sanderde, mit gleichem Theile von feuerbeſtaͤndigen Laugenſalze, wohl zu⸗ ſammen in einem Moͤrſel, und brachte die Materie in Fluß, indem ich den allerheftigſten Grad des Feuers dabey brauchte. Dadurch erhielt ich ein ſchoͤnes gelbes Glas: welche Farbe vielleicht von den wenigen Eiſentheilchen herkoͤmmt, die ſich noch da⸗ mit vermiſcht befinden. Dieſe Arbeit zeiget alſo deutlich, daß die Beinbrucherde, davon hier die Rede iſt, zu der Art der Kieſelſteine oder des San⸗ des gehoͤret; und daß ſie folglich eine Glaserde iſt, (eine Erde iſt, die in Glas verwandelt werden kann). XV. Aus dem allen, was bisher geſaget worden, iſt klar, daß die Theile, woraus der Beinbruch be— ſteht, die Kalkerde und die Sanderde ſind. Ich komme gegenwaͤrtig auf die Erſcheinungen, welche man in dem rohen Beinbruche ſelbſten entdecket, wenn man ſelbigen in verſchloſſenen Gefaͤßen einem offenen Feuer ausſetzet. Ich that dieſerwegen 8 Un⸗ zen rohen Beinbruch in eine irdene Retorte; und nachdem ich die Vorlage daran gemacht R und alle Fugen genau verlutirt hatte, gab ich einen heftigen Kr des Baus) j en ich fo weit trieb, bis die 0 Retorte mit dem Beinbruche in der Mark. 419 Retorte gluͤhete. Hernach, da alles verkuͤhlet war, fand ich in der Vorlage ungefaͤhr zwo Drachmen fluͤßige Materie, welche . Einen urinhaften und zugleich brandichten Geruch von ſich gab, der demjenigen gleich kam, welchen ein ſchwacher rectifteirter Hirſchhorngeiſt hat. 2. Gab er dem Veilchenſyrup eine grüne Farbe, wie es das fluͤchtige Alcali thut. 3. Gerieth er mit dem Sauren in ein werkliches Brauſen. 4. Wollte er ſchlechterdings mit dem aufgelöften feuerbeſtändigen Alkali nicht im geringſten brauſen, (obgleich Herr Neumann das Gegentheil bejahet hat); ſondern gab vielmehr manchmal einen ſtaͤrkern urinhaften Geruch von ſich. 5. Schlug er die Auflöfungen der Metalle nieder, welche in den ſauren Saͤften waren gemacht worden: Z. E. Die Aufloͤſung des Silbers, Queckſilbers und Kupfers, indem er dieſer letztern eine ſchoͤne blaue Laſurfarbe gab, wie es gemeiniglich alle reine urini⸗ ſche Geiſter thun. Damit ich mit wenig Worten viel ſage: Dieſer fluͤßige Koͤrper beſitzt alle Qualitaͤten und Eigenſchaf⸗ ten eines Uringeiſtes. Was dasjenige empyrevmati⸗ ſche Oel anlang as dem Steinoͤle gleicht, und welches Herr Neumann verſichert, darinn bemer⸗ ket zu haben: ſo hat ſich davon nicht ein einziger Tropfen meinen Augen gezeiget, ob ich gleich dieſe Arbeit mehr als einmal wiederholet habe. Auch die Erde, welche ich nach geendigter Deſtillation aus der Retorte nahm, hat alle Beſchaffenheiten und alle Merkmaale eines lebendigen Kalkes: obgleich Dd 2 eben 420 Chymiſche Verſuche eben dieſer Herr Neumann“ das Gegentheil be⸗ hauptet. Im uͤbrigen muß ich hier noch bemerken, daß dieſer urinhafte Geiſt des Beinbruches, wovon wir geredet haben, ohne Zweifel ſeinen Urſprung von den verfaulten Pflanzentheilchen erhaͤlt, die mit dem Beinbruche vermiſcht ſind. | | XVI. Der Autor, den ich itzo angefuͤhret habe, bekraͤftiget auch, daß er, als er Vitrioloͤl auf den Beinbruch, den er in eine Retorte mit der Roͤhre gethan, gegoſſen haͤtte, durch das Uebertreiben einen Salzgeiſt erhalten habe. Um zu unterſuchen, ob dieſes Vorgeben wahr oder falſch ſey, that ich auch vier Unzen rohen gepuͤlverten Beinbruch in eine Res torte mit der Roͤhre, legte ſelbige in eine Sandca⸗ pelle, und da ich den Recipienten vorgeleget hatte, ſo erhitzte ich dieſe Retorte, indem ich Feuer darun⸗ ter machte. Ich goß hernach zu verſchiedenen wie⸗ derholten malen eine Unze Vitrioloͤl hinein, und hielt dabey die Roͤhre allezeit ſorgfaͤltig verſchloſſen; und zuletzt gab ich einen heftigen Grad des Feuers. Da dieſes geſchehen war, fo fand ich zwar eine Art Feuch⸗ tigkeit in der Vorlage; ſie gab aber nicht die gering⸗ ſte Anzeige, daß ſie Saures bey ſich fuͤhrete. Gegentheils war dieſelbe 4. r. Unſchmackhaft, oder zum ſten hatte ſie ei⸗ nen geringen brandigten Geſchmack. 2. Schlug fie keine einzige metalliſche Auflöfung nieder. 3. Brauſete ſelbige mit keinem einzigen alkaliſchen Salze, und i g f 4. Yen * Beſ. Neum. Praelect. p. 1393. mit dem Beinbruche in der Mark. 42: Ai Aenderte ſolche die Nahe des Velchenſpwups er im geringften. Mit einem Worte, fie war ein bloßes waͤſſerichtes Mengſel. Da es aber Herr Neumann nicht ſelb⸗ ſten iſt, der dieſe Unterſuchung des Beinbruches ans Licht geſtellet hat: ſo kann es ſeyn, daß der Heraus⸗ geber ſeiner Chymico⸗ pharmacevtiſchen Lectio⸗ nen, Herr Zimmermann, eine nicht gar zu vich- tige Abſchrift gefunden hat; und man muß alſo dieſen Irrthum Herr Neumann nicht beymeſſen. | XVII. Alle die chymiſchen Verſuche, welche ibo N find erzaͤhlet worden, und die zum Gegenſtande den Beinbruch gehabt haben; und die Producte, welche daraus entſpringen, zeigen deutlich, daß dieſelbe ein erdigtes Mienafel ift, welches beſteht aus Ralkſteine, aus feinem Sande, und aus verfaulten Pflanz entheilchen. Die $$. VII- XII. bejtätigen das Doſeyn des Kalkſteins. | Das Daſeyn des feinen Sandes wird im $. XIII. erwieſen. Und was die dritte Art der Beſtandtheile anlan⸗ get, ſo ſind es diejenigen, mit dem Beinbruche haͤu⸗ fig vermiſchten Theilchen der Pflanzen, welche fo wohl wegen ihrer Faͤulniß, als wegen verſchiedener thieriſchen Theile der Inſecten, die ſich darinnen beftn- den, und gemeiniglich in Menge an das faule Holz anhaͤngen, einen urinhaften Geruch von ſich geben: Es ſind dieſe Theile, ſage ich, woraus man, dem F. XV. gemäß, mit leichter Mühe den Uringeiſt vermittelſt der Deſtillation zieht. Ddz VI. 422 Watſons Brief * A * * K K K K K K * * X „ * I * K * K K * VII. Herrn William Watſons, Mitgl. der koͤn. Geſellſchaft, Brief an die koͤnigl.Geſellſchaft, darinnen er meldet, daß er, und viele andere, das Durch⸗ dringen des Geruchs durch Glaͤſer, vermittelſt der Elektricitaͤt nicht haben bewerkſtelligen koͤnnen; und zugleich eine beſondere Nachricht von den Verſuchen des Profeſſor Boſens zu Wittenberg giebt, die Beatification, oder den Glanz (Glory), betreffend, der ſich ver— mittelſt der Elektricitaͤt um den Kopf eines Menſchen zeiget. Aus den philoſ. Transact. 494 Num. XV. Art. 1 uͤberſetzt von J. E. Zieher, | der Arztneyk. Doct. Vorgeleſen den ıften März 1749750. Meine Herren, ie Unterſuchung der Natur und Eigenſchaf⸗ ten der Elektricitaͤt iſt dieſe wenige Jahre her eine Beſchaͤfftigung vieler vortrefflicher und gelehrter Maͤnner geweſen; und die meiſten von ihren ſonderbaren Erſcheinungen, die ſich an dem einen Orte gezeiget haben, an andern Oertern von der elektriſchen Beatiſication. 423 Sante, bey gehoͤriger Aufmerkſamkeit auf die er⸗ foderlichen Umſtaͤnde auch hervor gebracht werden koͤnnen: allein, dieſe Regel hat zwo ſehr merkwuͤr⸗ dige Ausnahmen leiden muͤſſen. Die eine iſt, daß nicht allein der Geruch von wohlriechenden Materien, vermittelſt des Reibens der Glaͤſer, welche ſelbige enthalten, durchdringt; ſondern daß dieſe Geruchtheilchen mit dem elektriſchen Stro— me in ſolche nicht elektriſirte Koͤrper, welche ihn anzunehmen beſtimmt waren, hinein gefuͤhret wur— den, und ſich durch Mittheilung ihres Geruchs und anderer Eigenſchaften in dieſen Koͤrpern offenbarte. Dieſe und noch mehr andere außerordentliche Dinge wollte Herr Pivati zu Venedig bewerkſtelliget, und Herr Winkler zu Leipzig wiederholet haben. Allein, ungeachtet der Abt Nollet zu Paris, Herr Jallabert zu Genf, Herr Boſe zu Wittenberg, Garo zu Turin, noch ich zu London weder Fleiß noch Koſten gefparet haben, dergleichen Wir: kungen heraus zu bringen, ſo iſt doch bisher alles umſonſt geweſen. Aus dieſer Urſache iſt die Wahr⸗ heit dieſer Nachrichten von vielen ſehr in Zweifel ge⸗ zogen worden; abſonderlich da Herr Buccamare in einem nachher ans Licht geſtellten Tractate * ſaget, daß Herr Pivati denjenigen, die zu ihm gekommen, um die Verſuche, abſonderlich den mit dem peruviani— ſchen Balſam, zu ſehen, bekennet, daß ihm dieſer letztere nur ein einzigmal gelungen, und daß er ihn niemals wiederholen koͤnnen. Ich erhielt gleicher Weiſe geſtern einen Brief von unſerm wuͤrdigen Mit⸗ d 4 bruder, * Tentamen de vi Electric. ete p. 183. I 424 Watſons Brief bruder, dem Abte Nollet, welcher nur erſt von Turin und Italien wieder nach Paris zuruͤck ge- kommen iſt. Er ſpricht, ſeine vornehmſte Sorge waͤre geweſen, die Wahrheit derjenigen Wunder der Elektricitaͤt zu unterſuchen, von welchen wir faſt ſchon vor drey Jahren fo viel gehoͤret, und die wer der ihm noch mir haben von ſtatten gehen wollen. Er haͤlt dafuͤr, es wuͤrde der koͤniglichen Geſellſchaft ein Vergnuͤgen ſeyn, zu erfahren, ob ſie ſich auch wirklich ſo befinden. Aus dieſer Urſache hat er gleich itze eine Abhandlung an den Herzog von Kichmont geſchickt, worinnen man die allerum⸗ ſtaͤndlichſte Nachricht, die er von denen zu Turin, zu Venedig und zu Bononien gemachten Verſu⸗ chen geben koͤnnen, finden wird. Er fuͤr ſeine Per⸗ fon iſt der Meynung, daß ſehr viel Vorurtheil, Leicht⸗ glaͤubigkeit und Vergroͤßerung dabey geweſen, zu welchen auch noch ſehr wenig Sorgfalt und Vorſich⸗ tigkeit in Anſtellung dieſer Verſuche mag gekommen ſeyn. Es gereuet ihn nunmehro, daß er ſo viel Zeit damit verderbet hat, und er glaubet, Her Winkler habe mit zu großer Uebereilung behauptet, daß er dieſe italieniſche Verſuche wiederholet. Allein, warum nennet er ſie italieniſche, da die Nation, wie er ſaget, nicht haben will, daß man ſich auf ſie be⸗ rufen ſoll, da ſich, außer drey Perſonen, niemand findet, der das, was geſchehen ſeyn foll, vertheidi- get; und da er noch dazu ſetzet, es ſey daſelbſt kein Naturforſcher von einigem Anſehen, der ihnen mehr Glauben beymeſſe, als er. Dieſer Verſuch ſcheint alſo dem, was uns davon berichtet worden, nicht gemaͤß zu ſeyn; aber wir muͤſſen von der elektriſchen Beatification. 425 muͤſſen weitern Unterricht erwarten, bis wir des Abt Nollets Abhandlung erhalten. Das andere iſt ein Verſuch, welchen der Profeſ⸗ ſor Boſe zu Wittenberg Apotheoſis oder Bea⸗ tification nennet. Dieſen Verſuch hat niemand auf die von dieſem Herrn in ſeinen Schriften erzaͤhlte Art nachmachen koͤnnen. Er ſpricht: wenn man große Kugeln zum Elektriſiren nimmt, und jeman⸗ den auf einen breiten Pechkuchen treten laͤßt, ſo ſteigt nach und nach eine Flamme, die laͤngſt des Koͤrpers hinzieht, aus dem Peche, und breitet ſich um deſſen Fuͤße herum; von da geht ſie ſtufenweiſe weiter an die Knie, den Leib, und zuletzt an den Kopf: ſo daß alsdenn, wenn man mit dem Electriſiren an- haͤlt, der Kopf der Perſon mit einem ſolchen Glanze umgeben wird, welchen die Maler in ihren Schilde— reyen um die Koͤpfe der Heiligen vorzuſtellen pflegen. Wenn in dieſem Zuſtande die elektriſirte Perſon von einer unelektriſirten beruͤhret wird, fo fühlen fie beyde einen ſehr heftigen Schmerz, der ſich vom Finger bis in die Schulter erſtrecket, und eine lange Weile dauret. Der Profeſſor Boſe ſaget auch in einem andern Theile feiner Schriften *, daß ihm die Bea⸗ tification in der That nicht allezeit gelungen waͤre; daß bisweilen, wenn andere guͤnſtige Umſtaͤnde vor⸗ banden geweſen, eine Perſon in zwo Minuten von einer Kugel beatificiret worden waͤre; zu anderer Zeit hätte ſichs binnen ſechs oder acht Minuten mit zwo oder drey Kugeln nicht wollen thun laſſen, und manchmal waͤre auch wohl, wenn fuͤnf oder ſechs Kugeln gebrauchet worden, ai zwanzig Minuten Dd kein De Electrieit, conunent. 1 p- XVI. 426 Watſons Brief kein Licht ſichtbar geworden: unter einerley Umſtaͤn⸗ den koͤnnte eine Perſon beatificiret werden, und hin⸗ gegen eine andere nicht. Dieſes iſt eine kurze Nach⸗ richt von dem, was der Profeſſor Boſe in ſeinen Schriften von der Beatiſication gemeldet, in welcher gleichwohl nichts, was er zu Anſtellung dieſes Ver⸗ ſuches fuͤr nothwendig angiebt, weggelaſſen iſt. Ich war begierig, dieſen Verſuch zu wiederholen, weil es nicht allein eine Sache war, die man zu ſehen wuͤnſchte, ſondern auch den unelektriſirten Koͤrpern eine größere Elektricitaͤt, als durch keinen andern, den Leydeniſchen ausgenommen, geſchicht, mitzu⸗ theilen ſchien. Allein, ungeachtet ich keine Muͤhe ſparte, und nicht den geringſten Umſtand aͤnderte, welcher nur auf einige Art dazu befoͤrderlich ſeyn konnte, ſo gelangte ich doch nicht zu meinem Zwecke. Ich verſuchte es mit der vereinigten Staͤrke vieler Kugeln von verſchiedenen Maſchinen, in dem beſten Wetter, und mit verſchiedenen Perſonen: allein, es wollte keine Ausſtralung auf vorgedachte Art zum Vorſchein kommen. Da ich dieſen Verſuch an mir ſelbſt machen ließ, und auf urſpruͤnglich elektriſchen Koͤrpern ſtand, welche mehr als drey Schuh hoch waren, und, damit die elektriſche Materie nicht ent⸗ wiſchen ſollte, ſo weit als moͤglich, von den Seiten des Zimmers, abſtanden, ſo verſpuͤhrte ich, wie es verſchiedenen andern wiederfuhr, ein Sauſen an meinem Kopfe, und hatte in vielen Theilen meines Koͤrpers eine ſolche Empfindung, dergleichen ſonſten entſteht, wenn eine ſehr große Menge Inſekten zugleich auf unſern Koͤrpern herum kriechen. Dieſe Empfin⸗ dung aber war, wie ich beſtaͤndig bemerkte, in den⸗ jenigen von der elektriſchen Beatification. 427 jenigen Theilen meines Koͤrpers am ſtaͤrkſten, wel⸗ che nicht elektriſchen Dingen am naͤchſten waren. Allein, es wollte noch kein Licht am Kopfe zum Vor⸗ ſchein kommen; ungeachtet dieſer Verſuch einige Zeit lang im Finſtern gemacht wurde, damit das Licht vom Auge deſto beſſer empfunden wuͤrde. Die Empfindung der Funken war in dieſem Zuſtande ſehr ſcharf. Wenn einer von den Umſtehenden die Hand nahe an den Ruͤcken der electriſirten Perſon ihrer Hand brachte, ſo fuhren eine große Menge leuchtende Puncte aus den darauf ſtehenden Haaren heraus: und wenn ein Buͤſchel von feinem Spitzen⸗ drahte auf den Kopf geſtellet wurde, ſahe man dieſe Erſcheinung weit ſtaͤrker. Allezeit aber war ſie an denjenigen Theilen, welche ſich zu naͤchſt an den nicht elektriſchen Koͤrpern befanden, lebhafter: und noch mehr, wenn dieſe letztern in eine gewiſſe dazu gehoͤrige Entfernung gebracht wurden. Allein, die⸗ ſes kam dem noch lange nicht bey, wovon Herr Boſe Nachricht gegeben: nicht allein in Anſehung des Glanzes, ſondern auch, weil es niemals allgemein war; und ſich kaum jemals an zweenen Theilen des Koͤrpers zugleich zeigte. Dieſer Mangel eines Er— folgs, nach ſo vielen angeſtellten Proben, brachte mich, weil ich auf keinerley Weiſe an des Herrn Boſens Wahrhaftigkeit zweifelte, auf den Schluß, daß entweder der Autor einige ſehr nothwendige Stuͤcke von der Geraͤthſchaft verſchwiegen, oder daß die Luft in Deutſchland, da fie über dem feſten Lande ſteht, trockener, und zu dieſer Abſicht geſchick⸗ ter, als auf unſerer Inſel ſeyn muͤſſe. Es war in der That ſchwer, dieſes zuzugeben, da dieſer Me | ſu 428 Watſons Brief ſuch hier bey lang anhaltender ſehr trockener Wit⸗ terung fehl geſchlagen. Dieſer Mangel des Erfolgs gab hier vielen in dieſer Sache wohl erfahrnen Perſonen Gelegenheit zu ſchließen, daß die elektriſchen Ver⸗ ſuche in Deutſchland weiter, als in England ge⸗ trieben worden. Dem ſey, wie ihm wolle, ich erfuhr, daß dieſer Verſuch auf die vorerwaͤhnte Art nirgends auf dem feſten Lande, außer Wittenberg, gemacht worden: und unſer wuͤrdiger Mitbruder, Herr Jallobert zu Genf, ſpricht in ſeinem vortrefflichen Werke von der Elektricitat *, er habe die Sache ebenfalls ver⸗ ſucht; allein, an ſtatt einer Beatification habe er aus den Haupthaaren der elektriſirten Perſon, haupt⸗ ſaͤchlich vom Hinterhaupte, eine große Menge leuch⸗ tender Puncte heraus fahren ſehen. Dieſe, ſpricht er, waͤren gleicher Geſtalt auf der Perſon ihren Kleidern, welche aus Garn und Baumwolle ver— mengt beſtunden; und noch mehr an den Raͤndern dieſer Kleider zu merken geweſen. Wenn die elektri⸗ ſirte Perſon die Stelle auf dem Peche, worauf fie ſtaͤnde, veränderte, fo gabe der Ort, welchen fie verlaſſen, ein Licht von ſich. Was dieſer Herr fer— ner berichtet, koͤmmt dem, was ich ſelbſt verſuchet, und nur erſt erzaͤhlet, ſehr gleich. Imgleichen ſpricht er, er glaube, Herr Boſe ſey die einzige Perſon ge⸗ weſen, welche die Beatification bewerkſtelliget. Inzwiſchen, damit es eben nicht ſcheinen ſollte, als wenn uns unſere Nachbarn in dieſem Stuͤcke et⸗ was zuvor gethan, zeigte eine gewiſſe Perſon hier den berufenen Verſuch der Beatification, welcher, N wie Experiences fur J Electricitè. 50 ©. von der elektriſchen Beatification. 429 wie er ſagte, von einem deutſchen Profeſſor erfunden worden, oͤffentlich vor. Ob er gewußt, wie man geſaget hatte, daß dieſer Verſuch ſolle gemacht wor⸗ den ſeyn, oder ob es mit ihm, wie mit vielen Erfindern der Länge und der Quadratur des Cirkels war, will ich — nicht ausmachen; ſo viel aber iſt an dem, daß dieſer Verſuch vor zwey oder drey Jahren fuͤr den boſi⸗ ſchen ausgegeben und den Leuten gezeiget worden. Ich will eben nicht, daß man von mir denken ſoll, als wenn ich den Werth dieſes Verſuchs zu verringern ſuchte. Ich halte ihn für ſehr ſchoͤn: allein, ich ge— traue mir zu ſagen, daß er, auf allen Seiten betrach⸗ tet, ſo weſentlich von demjenigen, welchen der Pro⸗ feſſor gemacht zu haben vorgiebt, verſchieden iſt, als es nur zweene elektriſche Verſuche ſeyn koͤnnen. Ich meldete meinem Correſpondenten, Herrn Bo⸗ ſen, in einem Briefe, den ich zu Anfange des ver⸗ gangenen Jahres an ihn ſchrieb, unter andern, daß ich den Verſuch der Beatification nicht zuwege brin⸗ gen koͤnnen; und daß er, ſo viel als ich noch gehoͤret, an keinem Orte jemanden gelingen wollen: ſo daß bis itzo noch allein in ſeiner Gewalt ſtuͤnde, dieſe außer⸗ ordentliche Erſcheinung zu ſehen. Ferner erſuchte ich ihn, wenn er etwa einen weſentlichen Theil des Verfahrens in ſeinen Schriften ſollte weggelaſſen ha⸗ ben, daß er mir ſelbigen wiſſen laſſen moͤchte: weil hier einige Leute nicht gaͤnzlich damit zufrieden gewe⸗ fen, daß er ihn nur allein gemacht. Er war ſo guͤ⸗ tig, und antwortete mir hierauf ganz artig in folgen⸗ den Worten: »Ich bin ihnen hoͤchlich verbunden, „daß fie mir fo offenherzig und aufrichtig wegen mei⸗ „ner Beatification geſchrieben haben; und ich will „ihnen 430 Watſons Brief „ihnen mein ganzes Kunſtſtuͤck, ohne das geringſte „davon bey mir zu behalten, entdecken, ungeachtet „ich ſolches vor allen meinen Freunden und Correfpon- „denten verborgen gehalten habe. Allein, dieſes iſt „wahr, mein Herr, daß ich meine Beatification „durch meine Schreibart und Ausdruͤcke ein wenig „ausgeſchmuͤcket habe: es iſt aber auch wahr, daß „der Grund der Erſcheinung beſtaͤndig iſt. Ich fand „in unſerer Ruͤſtkammer zu Leipzig eine ganze Reihe „Harniſche, die mit vielen ſtaͤhlernen Buckeln verzie— „ret waren; einige waren ſpitzig wie ein Nagel, an⸗ „dere keilfoͤrmig, andere wiederum pyramidaliſch. „Sie wiſſen wohl, daß nicht alle, doch ſehr viele „von beſagten Buckeln, im Finſtern mit Schweifen „wie Kometen funkeln und glaͤnzen: und es iſt klar, „daß der Helm auf dem Kopfe der elektriſirten Pers „fon, wenn die Elektricitaͤt ſehr ſtark iſt, folche Strab- „len von ſich ſchießen wird, wie die heiligen um ihre „Koͤpfe haben. Und dieſes iſt meine Beatification. „Sie ſind der erſte, mein Herr, dem ich mein „Geheimniß offenbaret. Wenn ſie es der koͤnigli⸗ „chen Geſellſchaft zu wiſſen thun, ſo hoffe ich, ſie „werden Dafür ſorgen, daß es in die philoſophi— „ſchen Transactionen mit eingeruͤcket wird, daß , die Beatification nicht von ſtatten gegangen, bis ich „meine Methode mitgetheilet. Viele Leute haben „dieſen Verſuch fuͤr abgeſchmackt und falſch gehalten. „Wenn der Harniſch nicht mit ſtaͤhlernen Buckeln „verſehen iſt, ſo glaube ich, wird man nichts heraus „bringen. Wenn der Harniſch reich mit Buckeln „beſetzet, und wohl poliret iſt, ſo erſcheinen die Ko— „meten zweymal; einmal in der Luft, und einmal | „durch von der elektriſchen Beatiſication. 43. „durch das Zuruͤckprallen vom Harniſche. Ein Frau⸗ „enzimmerlatz, oder ein Wamms, welches mit ſtaͤh⸗ „lernen Nadeln oder Nehnadeln beſtecket iſt, wird „einen geringen Grad der Beatification zeigen., So weit Herr Boſe, welchem ich fuͤr die Entde⸗ ckung ſeines Verfahrens ſehr verbunden bin. Ich bedaure nur, daß er, wie er ſpricht, ſeine Erzaͤhlung durch ſeine Schreibart und Ausdruͤcke ausgezieret hat. Die Sprache der Weltweiſen ſollte nicht mit poeti- ſchen Freyheiten beflecket werden; ihre Abſicht ſollte, wenn ſie ihre Entdeckungen der Welt mittheilen, die bloße und reine Wahrheit ſeyn, ohne die Sache ver: groͤßern zu wollen. Wir ſehen ja ohnedem beſtaͤndig, daß unſere Verwunderung bey jedem Schritte, den wir in Unterſuchung der natuͤrlichen Wirkungen thun, genugſam erwecket wird. ; Wenn ein Mann in einem polirten Harniſche mit verſchiedenen Kugeln elektriſiret wird, ſo muß ſich eine ſehr ſchoͤne Erſcheinung, welche von dem Herabrinnen der Elektricitaͤt von verſchiedenen Puncten entſteht, zeigen. Ich muß aber nothwendig dabey ſagen, daß noch gar viel an der allgemeinen Ausſtrahlung fehlet, die man verhoffet, und ſich aus den vorhergehenden Nachrichten versprochen. Dieſes, meine Herren, iſt der Bericht, den ich von dieſen beyden Verſuchen, wovon man ſo vieles gehoͤret, habe erſtatten koͤnnen; und von welchen ich vermuthete, es wuͤrde ihnen nicht unangenehm ſeyn, wenn ich ihnen ſelbige vorlegte. Ich freue mich auf jede Gelegen⸗ heit, da ich ihnen die Hochachtung bezeugen kann, mit welcher ich bin Ihr ganz gehorſamſten Diener W. Watſon. VIII. 432 Auszug der neueſten K* AK IIIA IAA AAA A 5 VIII. Auszug | der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. I. Nachricht von dem Inhalte der 490. Nummer der Philoſophicaltransactions. er erſte Artikel handelt von einer kleinen ei⸗ chenen Kiſte, die 12 Zoll lang, 10 Zoll hoch, und fuͤnftehalb Zoll weit iſt, und bey einem Edelmanne von St. Neot in der Nachbarſchaft dieſer alten Abtey gefunden wor— den, auch vermuthlich aus derſelben hergekommen iſt. Sie iſt mit kupfernen Platten ausgeleget, der Boden iſt blau emaillirt, und der Rand mit drey laͤnglichtrunden Cryſtallen ausgezieret. Gewiſſe gol⸗ dene Figuren, die aber nicht von feiner Arbeit ſind, ſtellen einen Prieſter in ſeinem Ordenshabite vor, der Meſſe haͤlt, und dem ein Mann mit dem Saͤbel den Kopf abhauet. Auf der einen Seite ſtehen zwene, die von der Partey des Moͤrders zu ſeyn ſcheinen, und auf der andern ſcheinen zween Moͤnche mit ihren Geberden das Schickſal ihres Mitbruders zu bewei⸗ nen, und fuͤr ſich nichts beſſers zu vermuthen. Oben auf der Kiſte ſieht man einen Menſchen im Schweiß⸗ tuche liegen, um welchen ein Abt mit ſeinem Bi⸗ ſchofs⸗ phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 433 ſchofsſtabe, und ausgeſtreckten ſegnenden Fingern, Prieſter mit Raͤucherwerk, Buͤchern und Kreuzen, und Engel herum ſtehen, die mit der Seele des Ver⸗ ſtorbenen fort wollen. Herr Stuckely, dem Herr Fapre von St. Weot dieſe alte Seltenheit mitge⸗ theilet, bemerket, daß ehedem e der Priorey dieſes Ortes und der Abtey von Croyland, eine ſehr genaue Verknuͤpfung geweſen. Es ſcheint alſo, daß dieſes Denkmaal den Mord des Abts und der Mön- che dieſes Kloſters habe vorſtellen ſollen, den am 25. Septemb. 850. die Daͤnen veruͤbet haben. Der König Osketyl hieb ſelbſt den Kopf des Abts her⸗ unter, welcher ſich Theodor nannte. Verus Martyr et Chrifi hoſtia imınolatur; Miniſtri circumſtantes omnes capite detruncati, ſaget Ingulph. Frey⸗ lich konnte wohl ein enthaupteter Abt nichts anders als ein Märtyrer ſeyn; daher auch fein Nachfolger Gobdricus mit feinen deuten, oben auf der Kifte, bey feinem Leichbegaͤngniſſe vorgeftellet wird, und ver⸗ muthlich einige Ueberbleibſel des werthen Körpers in dieſem Kaͤſtchen aufbehalten hat. > Der andere Art. enthält die phykaliſchen Beob⸗ achtungen des Herrn Schort, welche er bey der ringfoͤrmigen Sonnenfinſterniß, den 24. Heum. 1748 angeſtellet. Einen Auszug davon findet man im Hamb. Magaz. 7. B. 4. St. 4. Art. . Der dritte Art. handelt von zweenen außerordent; lichen Belemniten. Die Gelehrten ſind wegen des Urſprungs dieſer ſteinernen Roͤhren, welche man in verſchiedenen Gegenden findet, noch nicht einig. Herr David E. Baker, ein Sohn und Nacheife⸗ rer des Maturaliften dieſes Namens, zeiget in zwee⸗ 9 Band. b Ee nen 434 Auszug der neueſten nen Steinen dieſer Art Merkmaale an, woraus ſich vermuthen laͤßt, daß ſie im Meere entſtehen. Auf der Oberflaͤche des einen findet man einige von den kleinen Wuͤrmern, welche man auf anderem Muſchel⸗ werke antrifft, und welche auch auf die gleiche Art, vermittelſt eines ſchuppichten Weſens daran feſt haͤn⸗ gen. Dieſe Würmer, ſaget Herr B., find nie an- derswo, als auf ſolchen Sachen gefunden worden, die ſich im Meere erzeugen, und es iſt alſo zu ver— muthen, daß ſie ſich auch im Meere an dieſe Be⸗ lemniten gehaͤngt haben. Der andere Belemnite ſcheint eben dieſes darzuthun. Man findet darauf eine Art von Auſtern, und weil deren Schale ſich nach dem Steine geformet hat, ſo muͤſſen ſie daran befeſtiget geweſen ſeyn, als der Stein noch gewach⸗ ſen iſt. Es wuͤrde alſo unnuͤtze ſeyn, den Urſprung der Belemniten anderswo, als im Meere, zu ſuchen. Der vierte Artikel beſchreibt die wechſelsweiſe Ver⸗ änderung gewiſſer Aepfel, welche fie ſich aus der Vermiſchung ihres befruchtenden Staubes zugezogen haben. Dieſe Beobachtung iſt weder neu, noch auf eine ſolche Art beſchrieben, daß es möglich wäre, ei- nen verſtaͤndlichen Auszug davon zu machen. Einige Alterthuͤmer von Silcheſter ſind der In⸗ halt des folgenden Artikels. Ein nahe bey dieſer Stadt in Hampſhire vor einiger Zeit aus der Erde gegrabenes unvollkommenes Stuͤck von einer roͤmi— ſchen Aufſchrift *, gab damals dem Herrn „ | ele⸗ Herr Ward lieſt dieſe Aufſchrift folgendermaßen: Deo Herculi Segontiacorum Titus Tammonius, Soenius Tammonius Vitalis Cornicularius, honoris saufa dedicarunt. Phil. Tranſ. No. 474. Art. XV. I h \ phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 435 Gelegenheit, wegen der Stadt Vindomis und wegen der Segontiacorum-einige Erläuterungen beyzubrin⸗ gen, die den bisherigen Streit der Kenner der Alters thuͤmer in dieſen beyden Materien zu heben, voll⸗ kommen geſchickt waren. Er hat nach der Zeit die Ruinen dieſer alten Stadt, welche in einem gewiſſen Kornfelde gefunden worden, ſelbſt in Augenſchein ge⸗ nommen. Er giebt davon einen genauen Abriß, bes ſchreibt die Groͤße davon nach allen Ausmeſſungen, die Dicke der Mauern, ihre Geſtalt, und die Ueber: bleibſel einiger Gebaͤude. Unter denen allhier vers ſchuͤttet geweſenen Muͤnzen, iſt diejenige vom Alek⸗ tus, dem Moͤrder und Nachfolger des Carauſtus, die allerſonderbarſte. Das Bruſtbild iſt mit Lorbee⸗ ren gekroͤnet, und hat folgende Umſchrift: Imp. C. Alectus P. F. Aug. Auf dem Revers iſt das Bild des Apollo, mit ſeinem ſtrahlenden Scheine um das Haupt, und feinen übrigen Eigenſchaften vorgeſtel⸗ let. Das ſonderbarſte hierbey aber iſt, daß ſeine Augen mit einer Binde bedeckt find, und daß über, ſeiner linken Hand, welche eine Kugel haͤlt, die Ge⸗ ſtalt einer Geißel (flagellum) zu ſehen iſt. Unten ſind zweene Gefangene mit auf den Ruͤcken gebunde⸗ nen Haͤnden. Herr Ward weiß allhier eine gewiſſe Stelle ſehr ſinnreich anzuwenden, wo Suetonius dasjenige Feſt beſchreibt, da ſich Auguſtus und feine Gaͤſte in Götter verkleideten . Er hält fie Ee 2 mit Acelamatum eft poſtridie frumentutn omne Deos eomediſſe, et Caeſarem eſſe plane Apollinem, ſed TORTOREM, quo Cognomine is Deus quadam i in parte vrbis colebatur. duet. in Vit. Aug. 6. 70. 436 Auszug der neueſten mit einer andern aus dem Martial zuſammen, wo derſelbe Ort beſchrieben iſt, deſſen in der vorherge— henden Stelle gedacht wird ', und ſchließt daraus, daß der Apollo, welcher hier mit der Binde und Geißel vorgeſtellet wird, denen, die ſich dem Alektus nicht unterwerfen wollten, dieſelben Zuͤchtigungen ankuͤndige, welche die beyden Gefangenen hier zu er⸗ warten ſcheinen. Dieſes beſtaͤtiget noch mehr die Aufſchrift unter dem Bilde: Oriens Aug. Dieſe Worte bedeuten den Anfang der Regierung des Alektus, welche im Fortgange allerdings ſeine Ti— tel vermehrte. Auf ſeinen andern Muͤnzen lieſt man noch: die Hoffnung des Auguſts, ſeine Tapfer⸗ keit, ſeine Friedfertigkeit, ſeine Erhaltung. Die Buchſtaben M. L. Moneta Londinenſis, fin- det man auch auf den Muͤnzen des Carauſtus. Einige vom Conſtantin haben M. S. L. und M. L. I. welches heißen kann: Moneta ſignata Londini, und Moneta Londini incuſa. Der ſechſte Art. handelt von der Erzeugung, Zu⸗ ſammenſetzung, und Auseinanderſetzung der thieri⸗ ſchen und vegetabiliſchen Weſen. Seit Leuwen⸗ hoek ſtimmen die meiſten Naturforſcher darinn überein, daß fie dieſe verſchiedenen Weſen, als Fruͤchte der Keime betrachten, die ſich nach und nach auswickeln. Dieſes Syſtem machte uns große Be⸗ griffe von dem hoͤchſten Weſen, der in den erſten einzelnen Dingen die ganze folgende Reihe derſelben eingeſchloſſen hatte. Alles was der Verſtand und die * Cruenta pendent qua flagella tortorum. Mart. Lib. II. Ep. 17. phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 437 die Einbildungskraft dagegen ſagen konnten, ward durch die Weisheit des Schoͤpfers, und durch die Schwierigkeit, ein wahrſcheinlicheres Syſtem zu er⸗ finden, widerleget. Nun aber giebt uns Herr Needham ein neues Syſtem, welches von des Buffon ſeinem gewiſſer maßen verſchieden iſt, unge: achtet es ſich auf eben dieſelben Beobachtungen grün: det,, und feinem Erfinder eben fo viel Ehre machet. Seiner Meynung nach ſind alle Arten in einem Theile derjenigen Materie ſchon gebildet, welche je— dem einzelnen Weſen zur Nahrung dienet, und da— von dieſer Theil genommen iſt. Dieſe Materie be⸗ ſitzt eine vim vegetatiuam, welche nach Beſchaffen⸗ heit der Umſtaͤnde und Subjecte veraͤndert iſt. Sie iſt aber in ihren Wirkungen allemal einfoͤrmig, wenn fie an einen ſich für fie ſchickenden Ort koͤmmt, wo fie Theilchen antrifft, welche geſchickt ſind, ein Weſen von derjenigen Art zu bilden, davon ſie gekommen iſt. In allen andern Faͤllen, wäachſt ſie und bildet beſeelte Subſtanzen, welche weder wie die Pflanzen und Thiere, die uns bekannt ſind, hervor gebracht, noch ernaͤhret werden. Um dieſes Syſtem zu bewei⸗ ſen, fuͤhret Herr Needham Erfahrungen an, wel⸗ che ſchon Buffon gemacht hatte, und fuͤget ſelbſt noch einige andere hinzu. Ueberhaupt bringen alle Infuſionen von Pflanzen und Thieren, indem ſie ſich aus einander ſetzen, regulaire Vegetationen hervor. So bringt die Faͤulniß der einen Subſtanz eine ans dere hervor, und kann alſo in der That als eine le⸗ bendigmachende Kraft angeſehen werden. Die kleinſten Pflanzen, welche eben ſo, wie die Mate⸗ rien n, von welchen ſie herruͤhren, von einander ver⸗ Ee 3 ſchie⸗ 438 Auszug der neueſten ſchieden ſind, geben ſogleich Zeichen der Bewegung und des Lebens von ſich, und werden zu lebenden Gewaͤchſen. Eine Menge kleiner Koͤrper, welche durch Faͤsgen daran befeſtiget ſind, ſondern ſich von ihnen ab, und brechen durch ihr hin und wieder Be— wegen, durch ſie hindurch. Ihr Stiel ſondert ſich unvermerkt ab, und ihre Bewegung wird ſchneller. Man findet hierinn keine Spuren einiges Willkuͤhrs, denn dieſe kleinen Koͤrper folgen allemal eben derſel⸗ ben Richtung, behalten ſtets einerley Geſchwindig⸗ keit, und laſſen ſich nichts hieran hindern. Nach⸗ dem ſie gelebt haben, kehren ſie zur allgemeinen Ma⸗ terie zuruck, und loͤſen ſich auf in neue Pflanzen und Thiere von einer noch kleinern Art. Dieſer Fort⸗ gang dauret auf einerley Art, ſo weit fort, als man ihn mit den beiten Vergroͤßerungsglaͤſern wahrneh⸗ men kann. Je kleiner dieſe Weſen werden, deſto lebhafter oder behender zeigen ſie ſich. Die Zeiten ihres Entſtehens ſind verſchieden, nachdem die Sub⸗ ſtanzen, von welchen fie kommen, mehr oder weni⸗ ger zur Vollkommenheit gebracht ſind. Vierzehen Tage ſind zur Infuſion der organiſchen Theile von Pflanzen und Thieren, hingegen nur wenige Stun⸗ den zu der milchigten Materie der Koͤrner, zu den Saͤften der Saamen, und zu den Fluͤgeln der Schmetterlinge in ihre Puppengeſtalt, nöthig. Man möchte muthmaßen, daß vielleicht einige Inſekten ihre Eyer in dieſe Infuſionen gebracht haͤtten, wenn nicht Herr Needham die Vorſicht gebrauchet hätte, dieſes unmoͤglich zu machen. Er hat die Roͤhren, welche dieſe Infuſionen in ſich hielten, aufs genaueſte verſchloſſen; er hat ſich kochend heißer Bruͤhen 11 Ä gebra⸗ phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 439 gebratenem Fleiſche darzu bedienet, und endlich hat er auch feine Rohren mitten in gluͤende Aſche geſetzet. Keine uns bekannte Zeugung kann dergleichen Pro- ben aushalten. Herr N. lehret die leichteſte Me⸗ thode, dergleichen erſtaunliche dle zu beobachten, folgendermaßen: Man nehme duͤnne Stuͤcklein Gork, und thue in die kleinen Löcher etwas von ſolchen Koͤrnern, davon man die Keime abge— ſondert hat. Man laſſe dieſe Stuͤckgen in einem Glaſe auf Brunnenwaſſer ſchwimmen, damit das Wachsthum niederwaͤrts erfolge. Die Sonne, wel⸗ cher man ein alſo zubereitetes Gefäß ausſetzet, be- ſchleuniget das Wachsthum. Alſobald erſcheinen die kleinen Pflanzen, wie Corallen, und werden nach einigen Tagen voͤllig ſichtbar. Alsdenn ſondert man ſie von ihren Stengeln ab, und thut ſie mit ein we⸗ nig Waſſer in ein ausgehoͤhltes Glas: fo nehmen fie neue Richtungen an, worinn ſie der Ausdehnung des fluͤßigen Weſens folgen, und machen kleine mi⸗ croſcopiſche Inſeln. Die Pflanzen und Thiere, wel- che daraus entſpringen, unterſcheiden ſich von einan⸗ der, ſo wie die Koͤrner verſchieden ſind, welche die erſte Materie darzu hergegeben haben. Es giebt vielleicht unter den Polypen einige niedere Arten, wel⸗ che ſich mit den hoͤhern Arten von Thierchen vereini- gen, die unſer Verfaſſer beſchrieben hat. Die Na— tur beobachtet überall dieſe Verbindungen. Die klei⸗ nen Aehlchen, welche im Sauerteige entſtehen * Ee 4 können Dieſe agg bringen ur Jungen lebendig zur Welt. S. des hamb. Mag. 2. B. 2. St. 4. Art. Wir merken bey dieſer Gelegenheit an, daß de den en 440 Auszug der neueſten koͤnnen ebenfalls zu dieſer Mittelelaſſe gehören. Herr N. vermuthet ſogar, daß in gewiſſen Faͤllen einige Meerpflanzen, indem ſie ſich aus einander ſetzen, ſo⸗ wohl vermöge dieſer vegetativiſchen Kraft, als eines Ueberfluſſes ihrer Materie, alle Ordnungen der Po⸗ lypen hervor bringen koͤnnten. Er glaubet, daß ſelbſt verſchiedene Gattungen ſichtbarer Thiere auf eben dieſe Weiſe wieder hervor gebracht werden koͤnn⸗ ten, wenn ſie vielleicht durch einen ſeltenen Zufall un⸗ tergangen waͤren. Die Gefahr, die Generationes äquivocas wieder einzuführen, und die Verwirrung der neuen Arten, ſchrecken den Herrn N. ganz und gar nicht ab, weil er uͤberzeuget iſt, daß der, ſo die Natur gemacht hat, und von der ganzen Maſchine die vollkommenſte Kenntniß beſitzt, auch die Schran⸗ ken ihrer Kraͤfte kennet, alle Umſtaͤnde bey ſeinen Unternehmungen voraus geſehen, und der Reihe ſei— ner Wirkungen zwar weislich, aber auf eine uns un— bekannte Weiſe, Graͤnzen geſetzet hat. Herr N. traͤgt außerdem noch verſchiedene neue und nuͤtzliche Meynungen vor, uͤber die Urſache der ſchnellen Wirkſamkeit der Gifte, und des Brandes (gangrae- na) in den Thieren, des Brandes im Korne, u. ſ. — r ſten Beobachtungen wegen des Entſtehens der Thie⸗ re, in den Infuſionen der Körner, u. ſ. w. zu Lon⸗ don bey dem beruͤhmten Naturaliſten, Herrn Sill, gemacht worden ſind. Man hat ihm in England die Ueberſetzung der Abhandlung des Theophraſts von Steinen, mit ſchoͤnen Anmerkungen bereichert, und eine natürliche Geſchichte zu danken, wovon die beyden erſten Theile von Steinen und Pflanzen ſchon heraus ſind. phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 441 Er ſchreibt alles dieſes der Wirkung ſolcher Theilchen zu, welche eine Bemuͤhung haben „ fih von den zu⸗ ſammengeſetzten Materien, womit ſie vereiniget wa⸗ ren, wieder zu befreyen, und ſich nach und nach, durch alle Zwiſchengrade hindurch, ihrem alfgemei: nen Urſprunge wieder zu naͤhern, der von allem die Quelle, und der allgemeine Saame genennt zu wer⸗ den verdienet. Wir wollen noch die eigenen Worte des Herrn N. hier anfuͤhren, worinn er ſich gegen einen wichtigen Einwurf vertheidiget. Da er der Natur eine gleichſam ſchoͤpferiſche Kraft zuſchreibt, ſo verſteht er darunter nur eine ſolche, welche ihr von dem Schoͤpfer mitgetheilet worden, und die ſich nur auf den mechaniſchen und materiellen Theil des Men⸗ ſchen erſtrecket. „Ich weiß, ſaget er, daß wir aus zwoen Subſtanzen zuſammen geſetzet ſind, und keine bloß philoſophiſche Wahrheit iſt mir uͤberzeugender, als diejenige, von der Geiſtigkeit unſerer unſterbli⸗ chen Seele. Man hat jederzeit den Menſchen bey ſeinem Urſprunge, und ehe er beſeelt war, als eine Art von Pflanzen betrachtet, und Vernünftige haben das Weſen, das ihn beſeelet, unmittelbar von der wahren Quelle des Lebens und der geiſtigen Sub: ſtanzen hergeleitet. Nur dieſes habe auch ich geſa⸗ get, und wuͤnſche, daß man mich auf keine andere Art verſtehen und auslegen moͤge. Ich unterſuche nicht, was in den andern Thieren der Urſprung des Lebens iſt. Handeln fie, wie es ſcheint, willkuͤhr⸗ lich, ſo muß in ihnen gewiß ein Weſen ſeyn, das von der Materie verſchieden iſt ‚ und welches der Schoͤpfer auf eine Art, und zu einer Zeit, die ihm gefällig iſt, damit vereiniget.,, Ee 5 Im 442 Auszug der neueſten Im ſiebenten Artikel lieſt man des P. Suarez aſtronomiſche Beobachtungen, welche er in einer in Suͤdamerica gelegenen Provinz von 1706 bis 1730, angeſtellet, und ſie ſind eben ſo, wie diejenigen, ſo er 1747 bey zwoen Mondfinſterniſſen angeſtellet, und in der 491. Num. der phil. Transact. mitgetheilet hat, allen Sternkundigen und Erdbeſchreibern ſehr ſchaͤtzbar. Sie beſtehen in Beobachtungen von Ver⸗ finfterungen der Sonne, des Mondes und der Jupi⸗ terstrabanten, und ſcheinen mit ungemeiner Sorgfalt gemacht zu ſeyn. Man wird dadurch in den Stand geſetzet, die eigentliche Lage vieler Staͤdte in dieſem großen Welttheile genauer zu beſtimmen. II. Nachricht von dem Inhalte der 491. Nummer der Philoſophical⸗ Transactions. Der Verfaſſer des erſten Artikels iſt Herr Miles. Dieſer gelehrte Geiſtliche bemerkte am 22. Novemb. 1748, alten Styls, eine fo merkwuͤrdige als ſchleu⸗ nige Veraͤnderung in der Temperatur der duft. Ein Thermometer, welches vor einem Fenſter in Schat⸗ ten hieng, und morgens um halb fünf Uhr, einen ſehr ſtarken Froſt anzeigete, indem es 14˙ unter o ftand *, flieg deſſelbigen Abends um halb 9 — au ” Daß Thermometer des Herrn Miles ſcheint von dem Fahrenheitiſchen bloß darinn verſchieden zu ſeyn, daß der Grad des Froſtes, welcher am Fah⸗ renheitiſchen der 3aſte iſt, an des Herrn Miles ſei⸗ nemo iſt. | phyfikaliſchen Merkwürdigkeiten 443 auf 120 über o. Es hatte demnach 267 durchlau⸗ fen, dahingegen ein anderes Thermometer „ welches in einem ungeheizten Zimmer hieng, und von jenem ungefahr zween bis drey Schuhe entfernet war, mor⸗ gens 2°1 über o, und des Abends nur 3° anzeigte. 5 Solchergeſtalt iſt die Temperatur der äußern Luft, von derjenigen in den Haͤuſern ungemein verſchieden, und wofern in den letztern nicht immer einerley Luft bleibt, ſo iſt doch ſo viel gewiß, daß ſie ſich daſelbſt nur ſehr langſam veraͤndert. Der zweyte Artikel handelt von einem Steine, welcher unter der Zunge einer Frauensperſon gefun⸗ den worden v. Im dritten beſchreibt Herr le Cat glaͤſerne Flaſchen von feiner Erfindung **, worinn man anatomiſche Zubereitungen, nebſt den Liquori- bus, worinn ſie ſich halten, auf bewahren kann, oh⸗ ne daß die letztern wegdunſten. Von den aſtrono⸗ miſchen Beobachtungen, welche in der Provinz Da⸗ raguay in Suͤdamerica, und von der Beobachtung der Sonnenfinſterniß, vom 14. Jul. 1748 a. St welche vom Don Anton. d' Ulloa zu Madrit an⸗ geſtellet worden, iſt ſchon neulich erwas - erwaͤhnet worden. Eine Liſte von Gemälden, welche man zu Herculaneum gefunden, machet den Inhalt des 6. Art. aus. Im 2. zeiget Herr Smethurſt 7 den * Hiervon ſiehe des hamb. Mag. 7. B 5. St. 8. Art. * Man findet die Beſchreibung dieſer Akten von Fla⸗ ſchen, und ihre Figur in der Hiſt. Nat. des Herrn de Buffon und d' Aubenton. Tom. III. S. 188. * Siehe dieſen Auszug im letzten Stücke des hamb. Mag. am Ende des erſten Artikels. ‘ 444 Auszug der neueſten den Gebrauch einer von ihm erfundenen Rechenma⸗ ſchine, welche mit dem Shwanpan der Chinefer * eine Aehnlichkeit hat, und beſtimmt, wie weit ſie mit dem Abacus der Alten uͤberein ſtimme. Beym Steinſchneiden zerreißt man oft, in dem Apparatu laterali, die Urinblaſe, beſonders wenn die Steine groß ſind, dieweil die Arme der Zange (Te- nette) durch ihr auf und nieder Bewegen, in die empfindlichen Haͤute derſelben, allzuheftig wirken. Will man bey ſolchen Umſtaͤnden, um das Zerreiſ— ſen zu verhuͤten, die Wunde erweitern, ſo kann man mit der Hand, welche das Biſtouri fuͤhret, weil dieſes von nichts ſicher geleitet wird, nicht anders als ungewiß und gefaͤhrlich operiren. Ein Wundarzt zu Plymouth, Herr Mudge, lehret in dem 8. Art. ſeine Methode, dieſen Uebeln vorzubeugen. Er laͤßt an dem einen Arme der Zange ein Roͤhrlein ( can- nula) befeſtigen, worein er ein kleines Meſſer (cal. pellum) ſtecket, welches, da es von der Röhre ge⸗ leitet wird, die Blaſe nur am gehoͤrigen Orte, und nicht weiter, als es noͤthig iſt, oͤffnet. Der 9. Art. worinn von den Heuſchrecken Nach⸗ richt gegeben wird, iſt ſchon beſonders in dieſen Blaͤt⸗ tern angezeiget worden *. Die Gelenke eines oder zweyer Ammonshoͤrner haben den 10. Art. verurſachet. Herr Baker hat ver⸗ * Man ſehe, was P. du Halde von dieſem Inſtru⸗ mente ſaget: Deſc. de la Chine T. I. S. 271. und die Beſchreibung, ſo in der 180ſten Nummer der pbiloſ. Transact. davon gegeben worden. ”* Siehe des hamb. Mag. 7. B. 5. St. 6. Art. phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 445 verſchiedene Figuren davon beygefuͤget. Die Struk⸗ tur dieſer verſteinerten ſchaligten Thiere, welche uns heut zu Tage unbekannt ſind, giebt ihnen eine große Aehnlichkeit mit einer zuſammen gekruͤmmten Schlan⸗ ge. Im 11. Art. wird ein Magen beſchrieben, der in einer gewiſſen langwierigen Krankheit knorplicht geworden. Im 12. Art. findet man ein Verzeichniß von 50 Pflanzen aus dem Garten zu Chelſea, auf das Jahr 1746. Der 13. Art. beſchreibt einen Stein, der unter der Vorhaut eines Kindes gelegen. Eine neue Gattung von Pflanzen, welcher Herr Garcin den Namen Saluadore giebt, machet den Inhalt des 14. Art. aus. Es iſt eine Art von Stau⸗ dengewaͤchſen, die auf den Wegen und in den duͤrren Gegenden zwiſchen Arabien und Perſien zu wachſen pflegt. Die Blaͤtter find zween Zoll lang, und uns gefaͤhr einen Zoll breit. Sie ſehen blaßgruͤn, ſind dick und ſaftig, unten rund, an den Seiten gezackt, und die Raͤnder gehen zuſammen. Ihre Stengel ſind gerade, gemeiniglich kurz, verlaͤngern ſich aber zuweilen wie kleine Aeſte. Die Blätter ſtehen dar: auf entweder zwey und zwey gegen einander uͤber, oder drey und drey in der Runde. Die Blumen haben keine Blumenblaͤtter, und ihre Buͤſchel ſind denen an den Weinſtoͤcken ähnlich. Die Blume (calix) iſt vierfach getheilet, und dieſe Theile oͤff⸗ nen und kruͤmmen ſich auswaͤrts. Vier Faden von gelber Farbe, wie Stroh, kommen aus einem klei⸗ nen Stempel heraus, welcher die ganze Blume aus⸗ fuͤllet. Er dehnet ſich nach und nach aus, und wird zur Beere. Ihre Farbe iſt anfänglich. gruͤn, 55 | nach 446 Auszug der neueſten nach purpurfarben, und endlich dunkelroth. Sie enthaͤlt einen dicken Saft, und in der Mitten ein rundes Korn, worinn ein Kern ſteckt. Die ganze Pflanze hat einen ſo ſtarken Geruch, daß man ſie auf ſieben bis acht Fuß weit riechen kann. Die Na⸗ turaliften des Landes nennen fie Tchuch, und hal⸗ ten ſie fuͤr ungemein kraͤftig wider den Stich der Scorpionen. In dem Syſtem des Tournefort ſteht ſie in der erſten Section der 18. Claſſe, und im Linnaͤus nach der Kivina, unter den Tetran- driis Monogyniis. i Man bedienet ſich in England zweyer Sorten von Gewichten, davon die eine Averdu-poids, und die andere Troy heißt. Herr Reinardſon beweiſt im 15. Art., daß das erſte dieſer Gewichte das aͤlteſte, und das andere vermuthlich von den Normaͤnnern nach England uͤbergebracht worden ſey. Die Vers haͤltniſſe der Maaße der fluͤßigen Sachen mit der er- ſten Art von Gewichten, und mit dem Aß der Roͤ⸗ mer, beſtaͤtigen dieſe Meynung, welche der Verfaſ—⸗ fer auch ſonſt mit vieler Gelehrſamkeit darthut. Endlich erzaͤhlet Herr le Cat im 16. Art. ſeine Beobachtungen von einer gewiſſen Art des Brandes, (gangraena) welchen er den trockenen Brand nen⸗ net. Er iſt weder mit einer Verſtopfung der Saͤfte verbunden, noch auch von einer Verſtopfung der Blutadergefaͤße herzuleiten. Vielmehr iſt das Zu⸗ ſammenziehen und die Unempfindlichkeit der Puls⸗ adern die Urſache von der Stockung und Faͤulung der Saͤfte. Sie ſtehen ſtill, und verderben, weil keine Kraft vorhanden iſt, die fie forttriebe, eine phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 447 keine Feuchtigkeit, die in ihre Stelle traͤte. Die Evacuation, das Schroͤpfen, ja ſelbſt das in den gewöhnlichen Fällen fo heilſame Abnehmen der Glie⸗ der, werden hier vergeblich angebracht. Aeußerliche erweichende und ſolche Mittel, welche die Bewe⸗ gung des Gebluͤtes beſchleunigen, haben dem Herrn le Cat dienlicher zu ſeyn geſchienen „und da die Er⸗ fahrung ſeine Theorie beſtaͤtiget hat, ſo hat er beyde der L. S. mitgetheilet. Er fuͤget noch die Beſchrei⸗ bung und Figur zweyer Inſtrumente hinzu, deren eines darzu dienet, die Geſchwulſten an ſolchen Dr- ten hinweg zu ſchaffen, wo man mit der Hand nicht hinreichen kann; das andere aber, die Steine wie⸗ der zuruͤck zu ziehen, die man mit der Zange zuweilen hat fahren laſſen. N 7, a2 TEN WA? £ | 20.06 N 7) 2 N ar ö 1 . Yo Inhalt | Inhalt des vierten Stuͤckes im neunten Bande. N I. Leſſer, von dem ehemaligen Zuſtande der Graf⸗ ſchaft Hohnſtein, unter zween durchlauchtigſten Her zogen von Braunſchweig Seite 339 II. Nachricht von einem beſondern Lichte, aus den Utrechter franzoͤſiſchen Zeitungen nebſt Prof. Kaͤſtners Anmerkungen 359 III. J. G. Kruͤgers Gedanken von der Vernunft der Tjhiere ö 3064 IV. de la Lande Schreiben an Prof. Kaͤſtnern von ſeinen Obſervationen in Berlin 369 V. J. Freke, von einem außerordentlichen Vorfalle eines Armbruches 406 VI. Marggrafens chymiſche Verſuche mit dem Bein⸗ | bruche aus der Mark 410 VII. Watſons Brief von dem Durchdringen des Geruchs durch verſchloſſene Glaͤſer, welches durch die Elektricitaͤt zuwege gebracht worden, im⸗ gleichen von der elektriſchen Beatification 422 VIII. Auszug der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤr⸗ digkeiten 432 U 12 D e 8 AN N 4. 7 2 7 I 309 I, UM — IN rl RICHT, TARA o nee 7 = — N U - Hamburgiſches ennie, Schriften, Unterricht un Vergnügen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Des neunten Bandes fuͤnftes Stuͤck. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig, bey Adam Heinr. Holle, 1752. A en »K . lg ia TUE — 2 — dt m e nnen 1 1 9 N „ W ri „ö e ee 0 y Nachricht Ru. don Besen ber buhlen ie Mühlen, f die Mehlnüb⸗ len, find unentbehrliche Maſchinen : | daher ſind ſie von Zeit zu Zeit ver⸗ beſſert und vollkommener geworden, und werden, wie viele andere Ma⸗ ſchinen, ins kuͤnftige noch mehr verbeſſert, oder be⸗ quemer und in vielen Faͤllen nuͤtzlicher gemacht wer⸗ den. Naͤchſt dem Waſſer ift die uft die vornehm⸗ ſte bewegende Kraft bey den Muͤhlen; und es iſt eine alte vortreffliche Erfindung, nach welcher die Gewalt der Luft auf dieſe Maſchinen angewendet worden, dergeſtalt, daß die Windflügel in einer lies genden Welle hangen und herum getrieben werden müffen, wenn fie dem Winde gerade entgegen geſe⸗ bzet worden. Indem dieſes aber geſchehen muß, fo entſtehen daher viele Beſchwerlichkeiten: der Bau iſt koſtbar; und der Gebrauch ſelbſt vielfältig her quem. Wer Belieben hat, das jenige zu erwägen, was unten angezeiget werden ſoll, der wird finden, hi eine ſehr vorteilhafte Werbeſſerung erhalten wer⸗ yon 5f 2 den, 452 Von Verbeſſerung den kann, wenn der Wind das Muͤhlenwerk in einem Gebaͤude bewegen muß, welches ſo wenig im Fuße, als im Dache, beweglich iſt. Nach vielen angeſtellten | Verſuchen habe ich gefunden, daß mit einer perpen⸗ dicular ſtehenden Welle und horizontalen Wind— fluͤgeln, welche dem Winde frey ausgeſetzet werden, ſolches geſchehen, und davon ein weit vortheilhafterer Gebrauch auf allerhand Arten von Muͤhlenwerken, ſonderlich auch zu Ausſchoͤpfung des Waſſers, gema chet werden kann. Von meinem letzten Verſuche koͤmmt der Riß nach den Hauptiheilen hierbey, wor⸗ aus deren Maaß, die Windes Kraft, Laſt und kan abzunehmen: a) Iſt ein Windflügel, welcher gerade vor dem Winde ſteht, und demſelben eine Flache von 4 Auadratfuß darſtellet. b) Die ſtehende Welle von 20 Fuß. e) Das Loch in der Welle fuͤr die ale Ruhe, dienen die obere, 142 Fuß lang. d) Das Kammrad im Diameter 32 Fuß „mit 4 Zähnen, a 8 Zoll. 0 Ein Hammer, welcher in f. mit 70 Pfunden kaum etwas gehoben wird, daß alſo der Zahn g. welcher in h. ſchon anfaͤngt zu heben, daſelbſt noch einmal fo viel hebt. Bey gar maͤßigem Winde ſchlaͤgt diefer Hammer über 30; bey ſtarkem Winde aber mehr denn 80 mal. Die Zwinge, womit das Rad angehalten wird, und dergleichen, was zur Sache hauptſaͤchlich nicht gehoͤret, habe ich nicht gezeich⸗ net, damit man das Noͤthigere deſto ungehinderter einfehen koͤnne. Dieſe Maſchine iſt zur Flachs⸗ arbeit gebrauchet,, und der Flachs iſt unter dem } Hamer auch ausnehmend weich und güt geworden. Wenn der Windmuͤhle. 453 enz Wenn man nach dem Maaße, welches Belidor Waſ⸗ ſerbaukunſt 3. B. 3. C. von Ermeſſung des Windſtoſ⸗ ſes H. 852 ſetzet, hier die Calculation machet, ſo wird man eine geringere Gewalt finden, als der Wind in der That auf meine gedachte Windfluͤgel hat; ich be⸗ ziehe mich auf die Erfahrung, daß ich noch einen ſol⸗ chen Hammer als (e) vorlegen koͤnnen, welcher mit demſelben eben ſo gehoben, als gedacht. Es muß alſo der Wind auf meine Windfluͤgel mehr Gewalt thun, als er auf die hangenden (wenn dieſe naͤmlich nur eben ſo groß genommen werden) thun kann. Es koͤmmt demnach die ganze Sache auf die Structur meiner Windfluͤgel an, wovon ich die Zeichnung einer Seite beygefuͤget und geſaget, daß der Wind ſtark darauf agire, woran niemand zweifeln wird, da ich zugleich ſage: ich habe die Erfahrung davon. Weil ich dennoch aber vermuthen muß, daß nicht leicht je⸗ mand ſeine Muͤhle nach meiner Angabe bauen duͤrfte, bevor er nicht eine darnach erbaute und den Nutzen von derſelben geſehen; indeß ich aber erboͤthig bin, vorkommenden Umſtaͤnden nach die Structur der Windfluͤgel deutlich auch im Modell zu geben? fo wird es hier nur noͤthig ſeyn, noch anzuzeigen, worinn der Vortheil von meinen Windfluͤgeln bey den Muͤh⸗ len beſtehe. Sollte ich irgendwo die Freyheit nebſt einem Platze erhalten, und alſo in die Umſtaͤnde geſetzt werden, ſolche Muͤhle zu bauen; ſo wuͤrden gewiß viele nachfolgen, und im Publico ein guter Vortheil erzielet werden. Damit ich dieſes uͤberzeugend moͤge geſaget haben; ſo will ich den Unterſchied zwiſchen den gewoͤhn⸗ lichen Windmuͤhlen mit hangenden Fluͤgeln, und mei⸗ ner angeblichen mit liegenden Fluͤgeln hierbey fuͤgen. b Ff 3 Eine 454 Von Verbeſſerung Eine Windmehlmühle mit liegender Welle und hangenden Fluͤgeln, von Holz gebauet „ ſo daß ſie auf dem Fuße beweglich iſt, wie die ſchlechteſten find, koſtet an vielen Orten uͤber 759 Rthlr. „ und wenn man in Betracht des Holzes in einer oder der andern Gegend Vortheile hat; doch über 600 Rihlr. Daß ſolches Muͤhlengebaͤude ſo vieles koſtet, ver⸗ urſachet die Art der Zuſammenſetzung, denn es muß alles auserleſenes, ſtarkes, folglich auch koſtbares Holz ſeyn, welches gebrauchet wird. . Zum Fuſſe. J 2. Zum Hauptbaume, worauf die ganze Wil beweglich hängt. 3. Zum Quer- oder Hammerbaume. Ne 4. Zu den Wangen oder Mehlleiſten. A 5 Zum Schwanze. 6. Zur Welle. 1 5 2. Zu den Ruthen und Fluͤgeln. 8. Zu den Ständern, Seiten baͤndern und Eckſtaͤn⸗ dern, welche öfters noch tief herunter bange x Hierzu koͤmmt noch 9. Schindeln und Breter zum Dache, äußeren Seiten und Boden. 10. Das große Eifen mit dem Trilling, den das Kammrad faſſet, welches 16, 20 und mehr Rehle. der Windmühlen. 46 Eine Windmehlmühle mit einer perpendiculair a ſtehenden Welle, und horizontal liegenden Fluͤgeln wuͤrde etwann 250 Rthlr. koſten. Und bauete man ſolche mit Wohnung, Boden und Stalle fuͤr den Muͤller, welche von jener abgeſondert ſtehen muͤſſen; ſo dürfte alles überhaupt soo Rthlr koſten. Man hat hier nur auf ein dauerhaftes Gebäude zu ſehen, wie bey Errichtung eines jeden gemeinen Wohnhau⸗ ſes noͤthig iſt; und alſo das koſtbare Holz, welches immer theurer wird, weniger von noͤthen. I. Der Fuß faͤllt hier weg, auch 2. Der Hauptbaum, und 3. Der Hammerbaum. 4. Dieſe find auch nicht noͤthig. 5. Der iſt hier nicht zu gebrauchen. 6. Die Welle muß hier noch wohl etwas langer ſeyn; fie kann aber auch aus 2 Stuͤcken beſte⸗ hen, und oben alſo öfters verneuet werden. Denn fie ſteht perpendieulair. 7. Die Ruthen duͤrfen hier ſo lang nicht ſeyn; denn jene find 62-66 Fuß. 8. Hier darf man überhaupt nur auf gemeines gutes Bauholz ſehen. 9. Wenn man die 4 Hauptwaͤnde nicht gar auf⸗ mauern laͤßt; ſo wuͤrden dieſe nur ausgemauret, das Dach mit Ziegeln gedecket und die Boden beliebig mit Gips oder Brettern gefertiget. 10. Dieſes große Eiſen faͤllt hier gar weg, weil das Getriebe des Muͤhlenwerks, ſo wie in 5f4 einer 456 Von Verbeſſerung Rthlr. koſtet, und öfters beſchwerliche Re: parationes erfordert. 11. Die Steine, welche im Diameter 5 Fuß haben, koſten, wenn fie vom Fiphäufer Berge geholet werden, das Stuͤck, hier z. E. 43 Rthlr. Die meiſten Steine werden „ nicht ſo groß gehauen. 12. Die Seile. Die Beſchwerlichkeiten ; welch dieſe Wündnbie bey ſich fuͤhret, ſind offenbar beſonders folgende: a) Der Muͤller kann in dieſer nicht wohnen; kei⸗ nen Boden u. ſ. w. darinn haben. b) Der Muͤller hat den Vortheil des Staub. und Schlam̃mehls nicht fo gut, als ein Waſſermuͤller. c) Der Muͤller kann ſich im Winter für. der Kaͤlte ohne Gefahr nicht wohl bergen, ange⸗ PR er bey einem, öfters übel verwahrten, Kohlfeuer ſich waͤrmen muß. d) Der Muͤller muß ſtets mit aller Sorgfalt auf die Veraͤnderung des Windes Acht haben, und dahero 1. die Muͤhle drehen, wie ſich Re Wind ums ſetzet. 2. Die Tuͤcher auf: und abbinden nach der Schwaͤ⸗ che oder Gewalt des Windes, woben er ſtille halten und indeß ſo viel Wind verwehen laſſen muß. 3. Im der Windmühlen: 57 einer Wasserweg Malen; den Steine 0 eeingreifet. ers, u. Weil man hier ganz benen 11 votheilhaſt 2 Mehlgaͤnge vorrichten kann, ſo beduͤefte man nur Steine, wie folche i in den Waſſermuͤhlen liegen, welche 32 oder hoͤchſtens 4 Guß 2 Zoll im Durchſchnitte haben. 12. Die Seile hat man hier ſo — ohe ö als 1 * in der Waſſermuͤhle. Die vortheilhaften Gemächlichkeiten,! der diſſeits beſchriebenen wären dagegen nachſtehende: a2) In dieſer kann der Müller alles das zugleich haben, was er bey jener abgeſondert haben muß. b) Hier kann er ſolchen fo gut, als i in einer Waſ⸗ ſermuͤhle haben. ner Hier haͤtte er ſeine Stube, die er a jener in feiner abgelegenen men ohnedem hei⸗ zen muß. 80 * * 2 21 d) Die Veränderung des Windes darf der Muͤller hier wenig oder gar nicht beobachten, denn Dieſe darf und kann nicht gedrehet werden; ein jeder Wind faͤllt die freyen Fluͤgel allemal nur auf einer Seite an; es iſt daher einerley, ob der Wind vor oder zuruͤck, oder in einer Minute durch alle Gegenden laͤuft. Hierinn liegt naͤmlich der Grund aller Vortheile und die ganze Erfindung. Hier kann er die Fluͤgelflaͤche im Sturme ohne Aufhalten verringern, folglich darf e r Er fo viel Wind nicht verſaͤumen. 5 . las 458 Von Verbefferung 3. Im Sturme, und ſonderlich im Sommer, ber aufſteigenden Gewittern gar ſtille halten, weil der Wind alsdenn unvermuthet und unt ſchnell bald hier bald dort hin laͤuft, und alſo die Fluͤgel nebſt der Welle heraus brechen wurde, wenn fie im Gange wäre, und der Wind ſeitwaͤrts ſchnell anfiele; wobey ſo gar der Umſturz zu befuͤrchten. 4. Wenn er im Sturme aufhalten muß; fo iſt ſolches Aufhalten öfters fo nöthig, als gefaͤhr⸗ lich: denn wenn die Zwinge oder Bande reiſ⸗ ſet, ſo iſt der Müller mit der Muͤhle aller Ge⸗ fahr ausgeſetzet. Ja der Wind bringt die ; Ruthen öfters in ſolchen Schwung, daß der Muͤller, ob er gleich ſtille haͤlt, nicht einmal Dazu kommen, und die Tücher zuruͤck binden kann, ſondern dem Winde uͤberlaſſen muß. 6) Das Mahlen bey ſchwachem Winde ſchafft nicht viel, und das Mehl wird groͤblich, oder, wie man es nennet, rand, dabey aber leiden die Steine mehr, als bey ſtarkem Winde, weil bey dieſem mehr Korn zwiſchen die Steine full, als bey jenem. f) Wenn bey heftigem Winde die Fluͤgelflaͤche verringert werden muß: ſo iſt der nur = 8 . uͤhrte der Windmuͤhlen. 459 3. Aus N. 1. iſt zu erſehen, daß er auch bier nicht halten darf, ſondern i im Gegentheil vie⸗ les ausrichten kann; in mehrerm Betracht der Wind hier mit ſeiner groͤßten Gewalt et⸗ woa einen Fluͤgel von der Ruthe brechen moͤch⸗ te; wobey aber das Getriebe, die Steine und uͤberhaupt das Gebaͤude nicht Noth leiden (daß ich ſo rede) als bey jener. 4. Dieſe kann nach Gefallen ohne alle Gefahr 1 9 werden; ja man kann die Einrich⸗ tung der Fluͤgel ſo machen, daß deren Flaͤche verringert werden kann, ohne 9 aus der Müßte z gehen 8 Br 10 2 * — 1 9 J0 beantworte den etwanigen Einwurf: Daß dieſe Muͤhle hey ſchwachem Winde weni⸗ ger, als jene, gehen buͤrfte, weil ich hier kuͤr⸗ zere Ruthen annehme. Ich beziehe mich erſt⸗ lich auf das, was anfangs von der Windes⸗ N kraft auf meine Windfluͤgel geſaget worden; n dann aber will ich ſetzen, es faͤnde ſich die Wahrheit ſolches Einwurfs im Großen wirk⸗ lich; ſo wied dennoch daher eine ſolche Unvoll⸗ kommenheit oder Nachtheil nicht zu folgern ſeyn, als es vielleicht dem erſten Anblicke nach | ge Der Grund davon iſt bey jener an⸗ ezeiget. 9 Hier wird ſich die ſub e. angeführte Unvoll⸗ e verlieren: denn da jene bey 2 wach⸗ 460 Bon Verbeſſerung führte Umftand wieder dar: es ſchafft inwen⸗ dig nicht viel; die Steine muͤſſen wegen des wenigern Einfalls vom Korne näher zuſammen gelaſſen werden, und leiden alſo; welches daraus erhellet, daß bey ſchwachem Winde die Steine in 4 bis 5 Tagen ſtumpfer werden, als . Winde in 14 Tagen. g) Der Muͤller muß allemal das große Eiſen nebſt dem Trillinge losmachen und ausheben, wenn er den Stein ſchaͤrfen will; wobey er auch ein ſtarkes Seil noͤthig hat, den Stein unter dem Kammrade wegzuheben. h) Das theure Holz verwettert gar ſehr, fonders lich im Fuße in den Zapfenloͤchern. 1) Die Fluͤgel erfordern jährlih 8 Stiege Lin⸗ nen ohne die Latten, worauf ſolches geſpannet wird. An einigen Orten hat man ſtatt des Leinens Schindelbretter. | k) Diefe Muͤhle kann nicht aller Orten ſtehen, ſonderlich wegen der Heftigkeit des Windes, welcher ſtets gegen das ganze bewegliche Ge⸗ baͤude anfaͤllt und draͤnget. | | 1) Dieſe —ů der Windimuͤhlen. 461 wachfendem Winde abgebunden und alfo ihre TERN Wirkung geſchwaͤchet oder wohl gar aufgehal⸗ ten werden muß; ſo kann dieſe am meiſten in kurzer Zeit mit wenigerm Abgange der koſtba⸗ ren Steine und ohne Gefahr ausrichten. Die Fluͤgelflaͤche darf bier nicht fo bald, und nicht fo viel als dort, verringert werden, weil der Wind ſo wenig den Ruthen als der Muͤhle, mit ſei⸗ ner ſtaͤrkſten Gewalt, ſchaden kann. 800 Hier hat der Müller nicht mehr Umſtaͤnde, als in einer Waſſermuͤhle bey dem Schaͤrfen noͤthig ſind. Das große Eiſen iſt hier nicht; und den Stein muß er ohne Seil aufrichten. f 39 Bey dieſer kann nichts mehr verwettern, als bey einem andern Gebaͤude, iſt das Gebäude aaufgemauert, fo hat man deſto wenigern Abgang. ) Die Fluͤgel wuͤrden hier im Anfange mehr, als jene, Foften, wenn man ſolche, wie es denn am beſten waͤre, von Eiſenblech machte; allein ſie wuͤrden dagegen ſo viel dauerhafter ſeyn, als Linnen gegen Eiſenblech ſich verhält, Man kann ſie auch von Linnen machen. x) Diefe kann angeleget werden, wo jene ftehen, und, wegen angefuͤhrter Urſache, auch nicht ſtehen kann; als: auf und bey Bergfeftungenz Bergſchloſſern und allen beträchtlichen Anhoͤ⸗ hen; in Feſtungen auf den Waͤllen, wo dann außerhalb nur die liegenden Fluͤgel zu Geſichte kommen, die gar nicht einen ſolchen Vorwurf dem Geſchuͤtze machen, als jene macht, wenn ſie auf einem Walle ſteht. | ERS 1) Diefe 462 Von Verbeſſerung 1) Dieſe Art der hangenden Windfluͤgel kann nicht ohne viele Koſten und Beſchwerlichkeiten zu andern Muͤhlenwerken appliciret werden. Denn ſoll eine Saͤge⸗Borken⸗ oder eine an⸗ dere Art Muͤhlenwerk darunter geleget werden: ſo muß die Welle mit dem Dache beweglich und ſo hoch liegen, daß die Fluͤgel nur ſo tief herunter reichen, als es die Hoͤhe des Gebaͤu⸗ des, worinn das vorgelegte Muͤhlenwerk be⸗ findlich iſt, erlaubet; da nun die Fluͤgel an einer ſchlechten Mehlmuͤhle nicht uͤber, ja kaum 2 Fuß von oder. über der Erde laufen: ſo kann man daraus ſchließen, wie hoch und koſtbar das Gebaͤude ſeyn muͤſſe, wenn dieſe hangende Fluͤgel ein ander Mablemers freie ben ſollen. Aller dieſer angeführten Beſchwerden ungeachtet, thut dieſe gewoͤhnliche Mehlmuͤhle mit hangenden Fluͤgeln jaͤhrlich Pacht 60 bis 70 Rthaler, wobey aber bemerket werden muß, daß der Muͤller ſolchen Pacht zwar hauptſächlich von der Muͤhle, doch aber auch was von ſeiner Wohnung, Garten, auch wohl et⸗ Laͤnderey zugleich abfuͤhret; ich ſetze daß dieſe er unter ſolchen denen jahrlich Be ee Pille. 0 giengen davon ab * die Intereſſe von dem zum Bau verwandten Capital der 600 Rthlr. a 5 pro Cent jaͤhrlich o Rthlr. denn dieſe könnte man ohne Mühle haben. en , Jaͤhr⸗ der Windmuͤhlen. 463 I) Dieſe Art der liegenden Windfluͤgel kann her⸗ gegen allemal und zu allerley Muͤhlenwerk, auch andern vorkommenden Arbeiten, als: wo Waſſer ausgeſchoͤpfet werden muß, wobey aber es auf die Lage mit ankommt, gebrauchet werden, wenn der Wind nur ſeinen freyen Anfall haben kann. Alle andere Muͤhlenwer⸗ ke werden nicht höher noͤthig ſeyn, als ein Mehlgang in einer Mehlmuͤhe: folglich kann man dieſe liegende Fluͤgel offenbar ge gebrauchen, weil man ein hoͤheres Gebaͤude, als eine Mehlmuͤhle iſt, niemals bedarf, wenn man andere Muͤhlenwerke, als ein Mehlmuͤh⸗ lenwerk vorlegen will. In Betracht vorerwaͤhnter Vortheile und Ge⸗ maͤchlichkeiten, wuͤrde ein Muͤller von dieſer Muͤhle leicht und auch gerne 10 Kehle, jährlich mehr geben, als von jener. Zum voraus geſetzt, daß er bey dieſer eben fo viel Garten, Land oder Wieſewachs, als bey jener zu nußen habe; will ich dennoch an. nehmen, daß er von dieſer 15 Rthlr. weniger gäbe, als von jener, naͤmlich 60 Rrhlr. davon giengen ab | I, die von dem zum Bau verwandten Capital der 500 Rthlr. a 5 pro Cent jährlich zu rechnende Intereſſe 25 Rthlr. 2, Fur 464 Von Verbeſſerung 2. Jährliche Reparaturen an der Muͤhle und Wohnung, ein Jahr gegen das andere ge⸗ rechnet 15 Rehlr. dieſe hätte man obne Mißte niche zu verwenden. 3. Für Wohnung Stall, Garten, bund, Wieſe⸗ wachs, gering gerechnet jahrlich 10 Rehlr. N dieſe koͤnnte man von einem Haͤuslinge | haben. ö . — 8 Anderer Onerum zu geſchweigen. giengen ab in Summa 55 Nthlr. folglich, von dem: jährlichen Pachte der 75 Wei den jaͤhrlichen Abzug der 55 abgezogen, bleiben jahrlich 20 Nohl zum ı reinen Ertrag dieſer verpachteten Muͤhle. Ich ſetze ferner, daß eine ſolche von Holz ge⸗ bauete ſchlechte Mehlmuͤhle 50 Jahr ſteht; ſo wird dieſelbe wieder gebauet werden muͤſſen. Nun waͤ⸗ ren in 50 Jahren mit 20 Rehle. jährlichen reinen Ertrags gewonnen 1000 Rthlr. Ich nehme an, daß von der alten baufaͤlligen Muͤhle an Eiſen, ‚Steinen und Holz noch brauchbar ſey fuͤr 200 Rrehlr. m haͤtte man 1200 Rthlr. Davon muß das zum Bau der nunmehro baufaͤlligen Muͤhle verwandte Capital der 600 Rthlr., welches nun gleichſam mit der alten Muͤhle dahin faͤllt, abgezogen werden 600 Rrhlr. ſo blieben zum neuen Bau 600 Rtylr. Nach der Windmuͤhlen. 465 2. Fuͤr jaͤhrliche Reparatur, ein * gegen das andere gerechnet ©. 5 Rrthlr. ** Nota. Man muß zuruͤck ſehen, 0 wird iR man finden, daß man hier mit 5 Rthl. reichen kann, wenn dort 15 Rthl. reichen. 3. Fuͤr Wohnung, Stall und Boden geht hier nichts ab; denn dieſes ſteckt in dem A der 500 Rthle. 4. Für Garten „Land, Wieſen jaͤhrl. Hechte giengen ab in Summa 35 Rthlr, von dem jährlichen Pachte der 60 Rrhlr. demnach jaͤhrlich abgerechnet wire. abgezogen, bleiben 25 Rthlt, zum reinen jährlichen Ertrag. Dieſe Mühle kann länger ſtehen: ich ſetze, daß ſie nur noch einmal ſo lange, als jene, nämlich 100 Jahr ſtehe: fo thaͤte dieſe in so Jahren an jährli⸗ chem reinen Ertrage der 25 Rehlr 1250 Rrehlr. und alſo in 100 Jahren er; „0b Rıble, Nach 100 Jahren müßte, angenommener maßen, dieſe Muͤhle neu gebauet werden; es waͤren davon, gering gerechnet, noch brauchbare Materialien fuͤr 100 Rthlr. ſo haͤtte man b 2000 ᷑thlr. Davon das zur alten baufaͤlligen Muͤhle verwandte Capital abgezogen 500 Rrhlr. ſo bleiben hier 2100 thlr, 9 Band. Gg Wovon 466 Von Verbeſſerung Nach abermals verſtrichenen so Jahren waͤre dieſelbe Rechnung wieder zu machen. Woraus erſcheint, daß ſolche Muͤhle den Muͤller, der ſie gepachtet, erhalte, dem Eigenthuͤmer aber, der ſie verpachtet hat, weniger Vortheil bringe, als man vielleicht glaubet. Der Vortheil, den der Eigenthuͤmer alſo von dieſer Muͤhle hat, beſtuͤnde darinn, daß der jaͤhr⸗ liche reine Ertrag der 20 Rthlr. an Intereſſe in 50 Jahren thun kann 1275 Rrehlr. in 100 Jahren alſo 2550 Rrhlr. Man kann und muß dieſes alſo rechnen, weil anderer Geſtalt der Eigenthuͤmer der Muͤhle, wenn er ſolchen jährlichen reinen Ertrag der 20 Rthlr. nicht von der Muͤhle haͤtte; und doch jaͤhrlich 20 Nehle, hier oder dorthin geben wollte oder müßte; ſolche 20 Rthlr. von einem andern Capitale, oder von einem zum groͤßern Capitale ſonſt anwachſenden Gelde nehmen muͤßte, und aber doch 20 Rthlr. jährliche Einkuͤnfte in 50 Jahren wirklich a 5 pro Cent 1275 Rthlr. thun koͤnnen. Und hier veroffen⸗ baret ſich der Vortheil der Muͤhle in Betracht der Nachkommen. 7 5 | der Windmuͤhlen. 467 Wovon wiederum zum neuen Bau genommen wuͤrden IN 500 Äthlr. fo blieben in 100 Jahren 1600 Rthlr. und alfo in Betracht jener, in 50 Jahren zum offen« baren Vortheile 800 Rthlr. welche bey jener nicht profitiret werden koͤnnen. Nach 50 und 100 Jag ren iſt vorige Rechnung wieder dar. Rechnet man dieſſeits die Intereſſe des jaͤhrli⸗ chen reinen Ertrages der 25 Rthlr., eben fo, wie bey jener, ſo ſieht man den fernern Unterſchied, die Intereſſe wäre in 50 Jahren 1590 Rthlr. 18 Gr. in 100 Jahren 3181 Rthlr. 12 Gr. Es wird aber oben angeführter Urſachen wegen ein Müller von dieſer Muͤhle gar gerne 10 Rthlr. jährlich mehr geben, als von jener, alſo ſtatt der 60 Rrhlr. 85 Rthlr. zahlen. Da denn dieſe Mühle jahrlich 50 Rthlr. reinen Ertrag gäbe, wenn jene 20 Rthlr giebt. Woher die Rechnung des Vor⸗ theils bey dieſer noch einmal ſo hoch gienge. * *. * 1 * * * * * Die in dem Belidor abgezeichnete und befchries bene Windmuͤhle mit ſtehender Welle und hori⸗ zontal laufenden Fluͤgeln, welche mit einem Schir⸗ me, der nach dem Winde gedrehet wird, zur Hälite gedecket werden, hat mit meiner angezeig⸗ ten keine Gleichheit: ſie iſt auch ſehr unvollkom⸗ men, welches aus dem einigen erhellet, daß die Welle unmittelbar auf den Stein geht, wie z. E. Gg 2 das 468 Von Verbeſſerung das große Eiſen in den großen gewöhnlichen Wind: muͤhlen in dem obern Steine ſteht; mannenhero der Stein nur ſo oft herum koͤmmt, als die Welle herum beweget wird. | Ä Nordſteinke, im Braunſchweigiſchen, den zten Febr. 1752. J. C. Laurentius, Juſtitiarius daſelbſt. * * * * * K K K K * I K IT * * * II. Nachricht | von Verbeſſerung des Brauweſens. an hat allemal bey einem Geſchaͤffte eine Verbeſſerung gefunden, wenn man den Enddweck deſſelben mit ge⸗ a ringern Koſten, mit weniger Zeit und Muͤhe, als man daran zu wenden gewohnet iſt, erreichen kann. Ich habe mit dem Gerſten- und Weizenmalze Verſuche, unter genaueſter Beſtim⸗ mung des Maaßes, Gewichts, u. ſ. w. angeſtellet, und gefunden, daß man an einem jeden Wiſpel 7 Himten, oder Z, Malz, und im Darren I Holz er⸗ ſparen; und dennoch über dem das Bier weit ſchoͤ⸗ ner vom Geſchmacke, auch nach dem Cylindrofta- tico des Brauweſens. 469 tico in gewoͤhnlicher oder geſetzter Schwere brauen kann. Dieſe Verbeſſerung geſchieht keinesweges durch einigen Zuſatz einer Materie, welche man bey dem Brauen ſonſt nicht gebrauchet; ſie wird ohne Koſten, mit weniger Muͤhe und Zeit, als man gewöhnlicher maßen zum Malzen anwendet, erhal. ten; ſie erfordert nur eine Anweiſung, welche ich aber, in Betracht gewiſſer Folgen, ohne beſondere Veranlaſſung, hier ſo fort nicht mittheilen darf. Denen hergegen, welche uͤber das Brauweſen die hoͤhere Aufſicht haben, will ich auf Verlangen den Grund und das Mittel dieſer Verbeſſerung, nebſt der daher fließenden Detail zur Pruͤfung geben, nach welcher, wenn der Vortheil ſehr gering gerechnet wird, doch bey 7 Gebrauen das gte erſparet und ges wonnen wird. Ich merke nur hier noch an, daß ich alles genau experimentiret habe, und nach mei- ner Angabe bereits an einem Orte mit offenbarem Vortheile gebrauet wird. | Nordſteinke im Braunſchweigiſchen, den aten Febr. 1752. C. J. Laurentius. G33 IN. 470 Von dem Nutzen * mmer „ „ „ „ „ * K „ * HT Muthmaßung von dem Nutzen der durchſichtigen Koͤrperchen des Michelius in den blaͤtterichten Schwaͤmmen, von Herrn Gleditſchen. Aus den Schriften der K. Pr. Akad. der Wiſſenſch. 1748. Jahre 60. Seite. Deenn man die Gattungen der Baumſchwaͤm⸗ me (Agarici), und die Art, wie fie Frucht bringen, unterſuchet, ſo findet man in den kleinen Blaͤttchen der Schwaͤmme drey Hauptdinge, welche einer aufmerk⸗ ſamen Unterſuchung allerdings werth ſind. Dieſe kleinen Blaͤitchen, davon die Rede iſt, trifft man an der umgekehrten Seite des Huͤtchens (Pileoli) beyſammen an; und es giebt davon zwo Arten. Die einen ſind vollkommen ganz, und erſtrecken ſich vom Mittelpuncte, wo das Huͤtchen aufſitzt, bis an den Umfang. Die andern, welche kleiner und ſchmaͤler ſind, ſind gleichſam unter die erſtern gemi⸗ ſchet, und indem ſie bald an dem Umfange, bald an dem Mittelpuncte ihren Anfang nehmen, ſo endigen ſie ſich gegen die Mitte. Dieſe der durchſichtigen Koͤrperchen ꝛc. 471 Dieſe Blaͤttchen find die wahrhaften Zeugungs⸗ behältniffe: denn an dem Aeußerſten ihres Randes hängen die wahren Staubfaͤden mit ihren Kapſeln und ihrem Staube; und die beyden Oberflaͤchen jedes Blaͤttchens ſind uͤberfluͤßig mit Saamen ver⸗ ſehen, und mit durchſichtigen warzenfoͤrmigen Erhoͤ⸗ hungen bedeckt. | Das erfte von den merkwuͤrdigen Dingen, davon ich reden will, ſind alſo dieſe maͤnnlichen Werk⸗ zeuge, dieſe Staubfaͤden ſelbſten, welche in einer und eben derſelben Pflanze von den weiblichen Werkzeugen ſo entfernet ſind. Das zweyte merk⸗ wuͤrdige ſind diejenigen auf dem ebenen Theile jedes Blaͤttchens ausgeſtreuten Saamen, welche von den Staubfaͤden ſehr weit entfernet ſind, und ſich nur mit Huͤlfe des Vergroͤßerungsglaſes von einander unterſcheiden laſſen. Das dritte endlich, welches Aufmerkſamkeit erwecket, ſind gewiſſe Koͤrper, wel⸗ che Michelius durchſichtige genennet hat: ſie ſind auch in großer Menge vorhanden, von den Staubfaͤden unterſchieden, und liegen wechſelsweiſe zwiſchen den Saamen. | Es ift was erftaunliches, daß, da ſich doch die maͤnnlichen Werkzeuge ſchon dem Auge durch das Vergroͤßerungsglas gezeiget haben, gleichwohl die weiblichen Werkzeuge, wegen ihrer aͤußerſten Klei⸗ nigkeit, allem Fleiße der Naturforſcher bisher entwi⸗ ſchet ſind; und daß ſie ſich den Augen derſelben noch wirklich entziehen: weil man, wenn ich die Saamen ausnehme, darinn noch keinen einzigen andern Theil hat entdecken koͤnnen. Nichts deſtoweniger ſetzet das Abfallen des Staubes, welcher in das Innerſte Gg 4 der 472 Von dem Nutzen der durchſichtigen Koͤrperchen hinein faͤllt, außer allem Zweifel, daß die weiblichen Werkzeuge in der Sub⸗ ſtanz eines jeden Blaͤttchens verborgen ſeyn muͤſſen: und ihre kleinen Muͤndungen dienen vermuthlich, die unendlich zarten Theilchen des Saamenſtaubes in ſich zu nehmen; oder wenigſtens nehmen fie diejeni— ge Art eines Zeugungsdunſtes auf, welcher unter der Geſtalt eines ſehr leichten Hauches darinn ent⸗ halten iſt. - | Es iſt daher keine Muthmaßung, die zu verwer⸗ fen iſt, wenn man kleine Gaͤnge der weiblichen Werkzeuge voraus feet, die ihre Oeffnungen in dem Inwenoigen der durchſichtigen Roͤr⸗ per chen haben, welche ſich auf der Oberflaͤ⸗ che der Blaͤttchen befinden; weil nicht allein der Saamenſtaub wirklich zu den kleinen Zwiſchen⸗ raͤumen gelanget, welche die durchſichtigen Koͤrper⸗ chen unterbrechen; ſondern auch, weil man bald hernach vollkommene Saamen an dieſen Oertern wahrnimmt. Die Art, wie ſich die Baum⸗ ſchwaͤmme befruchten, iſt alſo ſehr ſonderbar, und gleicht derjenigen viel, welche bey vollkommenen Pflanzen Statt hat, bey denen naͤmlich, wo ſich die maͤnnlichen und weiblichen Werkzeuge von einander unterſchieden, wiewohl in einer und eben derſelben Pflanze befinden (Monoeca ), Man wuͤrde Unrecht haben, wenn man die durch⸗ ſichtigen Koͤrperchen des Michelius ſelbſten fuͤr die weiblichen Werkzeuge annaͤhme; vornehmlich weil ſich ſelbige ſofort vom Anfange an unter einerley Fi⸗ gur und Groͤße zeigen, welche ſie, auf eine unveraͤn⸗ derliche Art, faſt bis zu der gaͤnzlichen Zerſtoͤrung des Schwam⸗ der durchſi chtigen Koͤrperchen ꝛc. 473 Schwammes erhalten: welches, den Zeugungsge⸗ ſetzen zu folge, ganz anders in den weiblichen Werke , ee Pflanzen geſchieht und geſchehen muß. Die Beſchreibung welche der gelehrte Michelius von ſeinen durchſichtigen Koͤrperchen giebt, ift fols gende: „Es giebt ferner, fpricht er“, in einigen „Arten von Schwaͤmmen, und vornehmlich in de⸗ „nen, welche aus dem Miſte der Pferde, Rinder, „und dergleichen Thiere wachſen, etwas, welches „uns wohl werth geſchienen hat, bemerket zu wer⸗ „den. Es iſt naͤmlich die Oberflaͤche ihrer Blaͤtt— „chen nicht nur, Tab. 23. Fig. 1. mit Saamen ver⸗ „ſehen; ſondern man entdeckt auch darinnen gewiſſe „durchſichtige Foͤrper, deren Figur in einigen „Arten kegelfoͤrmig k, und in andern pyramidaliſch „iſt I. Dieſe Körperchen verhindern, durch eine „weiſe Anordnung der Natur, daß ein Blaͤttchen „das andere nicht beruͤhrt: damit die Saamen, wel⸗ „che zwiſchen dieſen Blaͤttchen find, nicht verder« „ben, oder ausfallen, ehe es Zeit darzu iſt; und „diefe Körper ſelbſten fallen ab, wenn der Saame „reif geworden iſt, oder wenn er ſich abgeloͤſt hat., Ich fuͤge zu dieſer Beſchreibung gewiſſe Umſtaͤnde hinzu, welche auf der einen Seite den Nutzen dieſer Körper in ein großer dicht ſetzen; und auf der andern Seite in gewiſſer Abſicht die Meynung dieſes be⸗ ruͤhmten Kraͤuterforſchers rechtfertigen. Ich bin in der That verſichert worden, ſowohl durch eine wiederholte Unterſuchung vollkommener Blumen, als durch die Betrachtung der Schwaͤr mme ſelbſten: daß dieſe durchſichtigen Roͤrper in den blaͤtterichten Gg 5 Schwaͤm⸗ * Nou. Plant. Gen. p. 132. 474 Von dem Nutzen Schwaͤmmen einen weit wichtigern und bestimmter Nutzen haben. Was anfaͤnglich die Arten von Schwaͤmmen an⸗ langet, ſo hat der Autor gar keine andern davon verſtanden, als die blaͤtterichten, welche ich in mei⸗ ner Wethode der Schwaͤmme zu dem Baum⸗ ſchwamme (Agaricus) gerechnet habe; indem ich mich auf ihren natürlichen Character gründe, Allein darinn bin ich nicht der Meynung des Michelius, da er hinzu fuͤget, daß dieſe durchſichtigen Koͤrper nur in gewiſſen Schwaͤmmen, und hauptſaͤchlich in denen, welche aus dem Miſte der Thiere wachſen, vorhanden waͤren. Denn im Sommer und Herbſte habe ich mit dem Vergroͤßerungsglaſe eben dieſe Koͤrperchen in andern Arten von Schwaͤmmen ent⸗ decket, die im Schatten wachſen, und gern an Oer⸗ tern ſtehen, welche feucht ſind, und nicht an der freyen Luft liegen. Aber bey den andern Arten von Baumſchwaͤm⸗ men, deren Blaͤttchen haͤrter, trockener, knorplich⸗ ter, und faſt unverwelklich ſind, habe ich noch gar keine durchſichtige warzenfoͤrmige Koͤrperchen gefun⸗ den: ob ich gleich uͤberzeuget bin, daß ſie vorhan⸗ den ſind, und daß ſie ſich natuͤrlicher Weiſe eben ſo in den meiſten befinden koͤnnen; wiewohl ſich ſelbige darinnen den Sinnen nicht mit eben der Leichtigkeit, wie in den vorhergehenden, darbiethen. Die Ver⸗ nunft, der Nutzen, die Nothwendigkeit ſelbſten, geben es, daß dieſes ſo ſeyn muß. Dieſe Roͤrperchen, welche nur das Bergröße- rungsglas entdecket, wie ich ſchon weiter oben ge⸗ ſaget habe, ſind warzenfoͤrmige Erhoͤhungen von der durchſichtigen Koͤrperchen ic. 475 von ee Groͤße, davon die kleinſten in ſehr großer Menge mit den größten auf der ganzen Ober⸗ flaͤche des Blaͤttchens vermiſchet ſind. In den verſchiedenen Auch ift auch die Figur dieſer Koͤrperchen unterſchiedlich: indem ſolche bald ſtumpf und kegelfoͤrmig, bald pyramidaliſch und eckicht ſind; und die Raͤumchen, die ſich zwiſchen dieſen Erhoͤhungen befinden, ſind zur Zeit der Bluͤ⸗ te ganz mit dem Saamenſtaube erfuͤllet, oder bald darauf mit den Saamen ſelbſten, welche manchmal in viere und viere geordnet ſind, manchmal ohne alle Ordnung liegen. | Was die Lage dieſer Koͤrperchen in den Blaͤttchen der Baumſchwaͤmme anbetrifft, ſo iſt ſelbige allezeit horizontal, in Anſehung jedes Blaͤttchens; und ins⸗ gemein bemerket man ſelbige leichter auf einer von den Seiten, als auf der andern. Es iſt mit gutem Grunde geſchehen, daß Mi⸗ chelius dieſe Koͤrperchen durchſichtige genannt hat: denn ſie ſind in der That von einem ſehr duͤn⸗ nen und durchſcheinenden Gewebe, wie die cryftallie ſche Rinde, welche man eine Druſe nennet; oder wie diejenigen ſalzigten Rinden, welche in den un⸗ terirdiſchen metalliſchen Gaͤngen ganze kleine Hhoͤlen erfuͤllen, oder auch ſolche manchmal bilden. Eben dieſer Kraͤuterforſcher ſchreibt dieſen Koͤr⸗ perchen einen doppelten Nutzen zu, und ſchließt aus ihrer Lage, daß fie hauptſaͤchlich den Schwaͤmmen gegeben worden find, ) das Niederſinken der Blaͤttchen, welche mit Saamen beladen ſind, oder das Zuſanmerdrücken dieſe Soamen dadurch zu Va ver⸗ 476 Von dem Nutzen verhindern, und hernach, 2) damit die Saamen nicht vor ihrer Reife abfallen. Ich wuͤrde dieſen Gedanken Beyfall geben, wenn mich nicht eine wiederholte Unterſuchung auf andere gebracht haͤtte. Ich habe beobachtet, daß dieſe durchſichtigen Koͤrperchen, die auf allen Seiten un- ter die Blaͤttchen gemengt ſind, gegen die Zeit der Befruchtung entſtehen (hervor wachſen); und da ſie etwas ſteif ſind, ſo dienen ſie durch ihre Entwi⸗ ckelung, die nach und nach geſchieht, den Blaͤttchen, ehe ſelbige gaͤnzlich verſchloſſen und verſtopfet ſind, dazu, daß ſie ſich erweitern, von einander entfernen, und ihre Hoͤhlungen eröffnen koͤnnen, die Luft hinein zu laſſen, und den Saamenſtaub in ſich zu nehmen. Hernach, wenn die Zeit der Bluͤte vorbey iſt, ſo entwickelt ſich der ganze Schwamm, und die Blaͤtt⸗ chen, welche zuvor mit dem Saamenſtaube bedeckt waren, ſind alsdenn gleichſam ganz don Saamen aufgeblehet, welcher nach und nach anwäͤchſt; und ſie entfernen ſich von einander, ſo, daß ſie dieſe Koͤrper nicht mehr noͤthig haben. Dieſem muß man noch beyfuͤgen, daß dieſe durchſichtigen Koͤrper des Michelius, die alsdenn ausnehmend zart und klein ſind, die gegen uͤber ſtehenden Blaͤttchen gar nicht beruͤhren, und die Kraft nicht haben, ſolche von einander abzuſondern. Es giebt ferner einige Schwaͤmme, welchen die Natur die durchſichtigen Koͤrper gar nicht ſcheint ge⸗ geben zu haben, um das fruͤhzeitige Ausfallen der Saamen zu verhindern: weil dieſe Saamen, wenn ſie fruchtbar, und nicht krank ſind, ſo feſte in ihrem Futte⸗ der durchſichtigen Koͤr perchen X. 477 Futterale ſtecken, daß ſie niemals heraus fallen, wo ſie nicht durch den Biß der Inſecten, oder einigen andern aͤußern Anfall, davon los gemacht werden. Denn da die Blaͤttchen in den Baumſchwaͤmmen die wahrhaften Behaͤltniſſe der Befruchtung ſind, auf deren ebenen Theil nicht nur der maͤnnliche Saa⸗ me fällt; ſondern wo ſich dieſer Saame in beſon— dern Werkzeugen aufhaͤlt, ehe der fruchtbare Saame zur Vollkommenheit gelanget: fo iſt offen- bar, daß dieſe durchſichtigen Koͤrper des Michelius, einen viel wichtigern Zweck haben, da fie mit weib: lichen Werkzeugen umgeben, und dieſen folglich ſehr nahe find, auch in dieſer Lage von der Zeit an bleis ben, da die Theile, welche zur Befruchtung dienen, anfangen, ſich zu entwickeln, bis der Saame zur Vollkommenheit gelanget iſt. Und die Umſtaͤnde, welche man bemerket, beſtaͤtigen in der That, daß dieſe durchſichtigen Koͤrperchen einigen Arten von Schwaͤmmen zum Beſten des Saamenſtaubes ſind verliehen worden. Dieſes find alſo Nebenwerkzeuge, welche in dem einen und andern Geſchlechte der Pflanzen viel zu Hervorbringung der Blume dienen. Es giebt viele vollkommenere Blumen, in welchen man ſie, ſowohl in den Piſtillen, oder weiblichen Werkjeu« gen, als in den Capſeln, oder maͤnnlichen Werkzeu— gen, antrifft. Sie zeigen ſich unter allerhand Fi⸗ guren: rund, eckicht, gerade, von einem einzigen Stuͤcke, mit Zweigen, ſteif, haaricht, ausgebrei⸗ tet, mit Blaͤttern, oder mit Roͤhren, in einem Zu⸗ ſtande der Verkuͤrzung, zuruͤckprallend, gebogen, 5 auf 478 Von dem Nutzen auf die eine oder die andere Seite geneigt, oder nach allen Seiten auf einmal gerichtet, u. ſ. f. In dem Piſtill haben ſie gemeiniglich dasjenige beſondere Werkzeug inne, worauf, den Wegen der Natur zu Folge, der Fall des Saamens geſchieht. Ein Exempel kann genug ſeyn; es iſt dasjenige, was bey der Oeffnung des Obertheils vom Griffel (ſtigma) in der Melonenbluͤte und weißen Lilie geſchieht. 5 In der weißen Lilie zeiget ſich dieſe Narbe oder die⸗ ſer Obertheil des Griffels, welcher ziemlich groß und dreyeckicht iſt, ſo zu ſagen, ganz rauh (borſtig), von ziemlich merklichen durchſichtigen Koͤrpern, die ihre Richtung nach allen Seiten haben, und auch die obere Mündung feiner cylindriſchen Hoͤhlung umgeben. Dieſe Koͤrper nehmen den Saamen⸗ ſtaub, welcher durch die Federkraft der Faͤſerchen abgeſchuͤttelt wird, in ihre Zwiſchenraͤume in Men⸗ ge ein; und es iſt nichts ſeltſames, daß ſie ſelbigen bey ſich behalten, bis das ganze Piſtill abfällt. Hierzu koͤmmt noch dieſes, daß die Figur des Saamenſtaubes ſelbſten, welche laͤnglichtrund oder ſphaͤriſch iſt, und deren Oberflaͤche gemeiniglich ganz ſtachlicht iſt, dieſe ganze Verrichtung uͤberaus erleichtert. | Es ift wahr, daß die Früchte der Pflanze manch⸗ mal nicht zur Zeitigung kommen: indeſſen aber bin ich dieſen Sommer uͤber darinn zur voͤlligen Gewiß⸗ heit gekommen, daß der maͤnnliche Saame durch die Narbe (ſtigwa) in die Hoͤhlung des Griffels hinein geht. Ich habe dieſerwegen alle 1 | ie der durchſichtigen Körperchen ꝛc. 479 die Piſtille vieler Lilien unterſuchet, und manchmal das Fallen des Staubes auf die Oeffnung des weiſ⸗ ſen Piſtills geſehen. Es wurde faſt ganz davon be⸗ deckt, und ein Theil dieſes Staubes, der ſich an die Oberflache der warzenfoͤrmigen durchſichtigen Erhöhungen angehängt hatte, zerſtreuete ſich (vers ſtaͤubte) gemeiniglich nach drey oder vier Tagen; nur den Theil der Narbe ausgenommen, wo der Staub tiefer in die Zwiſchenraͤume der durchſichti— gen Körperchen eingedrungen war. Ein einziges von dieſen kleinen Koͤrperchen, wenn es die Hoͤhlung des Griffels getroffen hat, ſteigt weiter unter die Mitte hinunter, gegen den Schooß des Eyerſtockes. Seine Figur ändere ſich darinnen ſolchergeſtalt, daß es zerſtoͤrt ſcheint, und der Eyer⸗ ſtock bekoͤmmt auf ſeiner Seite eine andere Geſtalt, indem er ſich aufblehet. Ich habe dieſes Jahr noch eine andere Art von durchſichtigen Körpern gefunden, welche dicker iſt, und gegen den untern Theil rund zulaͤuft: hingegen iſt ſelbige gegen den obern Theil ſpitzig. Ich habe ſie in der Capſel einer Melone beobachtet; in dem Augenblicke ſelbſten, da das Werk der Ausgießung des Saamens vollzogen wurde. ir Die Capſel wird von einem cylindriſchen und ge⸗ raden Koͤrper gebildet, der durch eine Linie gleichſam bedeckt wird, welche verſchiedene Gaͤnge von oben hinunter, und von unten wiederum hinauf machet, und voll Mehl iſt. Dieſe durchſichtigen Koͤrper⸗ chen, die bald in groͤßerer, bald in geringerer Men⸗ ge vorhanden ſind, erheben ſich aus den Höhlen dies fer mehlichten dinie: und indem fie die Raͤnder der e | Blaͤtt⸗ 480 Von dem Nutzen der ıc. Blaͤttchen dieſer Linie durchdringen, ſo reizen ſie ſol⸗ che nach und nach; ſie ſtechen ſelbige, und machen fie zu einem jählingen Aufſpringen geſchickt. Dies ſes iſt es, was die ſchnelle Zerſtreuung des Saa⸗ mens zuwege bringt: weil die Raͤnder dieſer Blaͤtt⸗ chen, die von den warzenfoͤrmigen Erhoͤhungen durchloͤchert ſind, mit einem gewiſſen Grade der es derkraft zerplatzen. Meine Beobachtungen endigen ſich hier, und ich habe mich in Acht genommen, weiter nichts zu be⸗ £räftigen (für wahr auszugeben), als was ich geſe⸗ hen habe: die Aehnlichkeit der durchſichtigen Körper: chen des Michelius in den Baumſchwaͤmmen des Linnaͤus, die ſie mit den andern warzenfoͤr⸗ migen Erhoͤhungen haben, welche in den Capſeln und in den Piſtillen der vollkommenern Blumen entſtehen. Dieſe Gleichfoͤrmigkeit, ſage ich, hat mich hauptſaͤchlich auf die Muthmaßungen ge⸗ bracht, welche ich itzo vorgetragen habe. I. Send⸗ 2 2 2 ZZ 2 2 2 2 Zu 2 Zu 2 2 77 | Sendſchreiben an 8Herrn D. v. Leyſer in Lauenburg, 4 | einige ws ne mediciniſche Beobachtungen betreffend. | (rs bin ſeit der Zeit, da ich ihnen hatte ante worten ſollen, nicht muͤßig geweſen. Sie N koͤnnen leicht denken, daß es in einem weit⸗ 25 laͤuftigen Orte, wo noch uͤberdem ſehr viele Aerzte wohnen, einen Ueberfluß an Kranken geben muͤſſe. Wenn ich ihnen etwas von dem erzaͤhle, was mir dieſe Leute zu thun machen, ſo werden ſie mich hoffentlich entſchuldigen, daß ich nicht geſchwin⸗ der geantwortet habe. Die allergewoͤhnlichſten langwierigen Krankheiten, womit hier viel Men⸗ ſchen geplaget werden, ſind die Hypochondrie und die blinde guͤldene Ader. Die erſte iſt hier ſo ge⸗ mein, und ihre Zufaͤlle ſind ſo heftig, daß einer, der die Hypochondrie nur fuͤr eine Krankheit der Gelehrten haͤlt, unmoͤglich wuͤrde umhin koͤnnen, zu glauben, daß hier eine der beſten Univerſitaͤten anzu⸗ treffen ſeyn müßte, Das Wohlleben und der Müß ſiggang, in ſo weit er der Bauernarbeit entgegen geſetzet iſt, ſcheinen mir dieſes Uebel am meiſten zu 9 Band. Hh nähren, 482 Sendſchreiben, von einigen nähren, und die Unterſuchung, welche von beyden, oder ob beyde dieſer Urſachen bey einer einzelnen Perſon vorkommen, erleichtert die Cur gewiß mehr, als man denken ſollte. Es giebt hypochondriſche Perſonen, die ſo wenig ſtill ſitzen, oder ſtudiren, daß man von Vorurtheilen betaͤubt ſeyn muͤßte, wenn man glauben wollte, daß ihre Krankheit vom Mangel der Leibesbewegung und dickem Blute her⸗ ruͤhrte. Allein ihr Leben iſt einer anacreontiſchen Ode aͤhnlich, die von nichts als Wein und Liebe handelt. Schlechter Wein in einem Lande, wo er wohlfeil iſt, kann mit Recht unter die unerkannten Strafen des Himmels gezaͤhlet werden. Bloß durch die Enthaltſamkeit, und einen ſehr geminder⸗ ten Genuß des Weins, koͤnnen ſich viele hypochon⸗ driſche Perſonen voͤllig herſtellen. Andere werden hypochondriſch, wenn ſie nicht trinken. Als ich an⸗ faͤnglich merkte, wie ſehr der häufige Genuß des Weins bey vielen die hypochondriſchen Zufaͤlle ver⸗ mehrte, ſo ward ich geneigt, eine allgemeine Regel wider das Weintrinken in mein Caſusbuch einzuruͤ⸗ cken: allein ich habe nachher den Irrthum bald ent⸗ decket. Es fanden ſich Leute, die Blähungen, Druͤ⸗ cken, Erbrechen, uͤbele Verdauung, Verſtopfungen, und ſchlafloſe Naͤchte bekamen, wenn ſie anfiengen, den Wein zu meiden, oder deſſen Gebrauch nur all⸗ zuſehr zu mäßigen. Ich will nicht unter ſuchen, wie ſich dieſe ſcheinbaren Widerſpruͤche unter einander vergleichen laſſen. Doch halte ich es fuͤr moͤglich, wenn man den Sitz dieſer Krankheit nicht allemal nothwendig in den fluͤßigen Theilen ſetzet, und wenn man ſich nicht die Nebenurſachen derſelben nach Be⸗ quem⸗ medicinifchen Beobachtungen. 483 quemlichkeit nur auf eine einzige Art unter einander ſetzet, die uͤberall zutreffen ſoll. Ein dickes Blut kann allerdings eine uͤbele Verdauung, Winde, und dergleichen verurſachen: aber wer hat bewieſen, daß ſich dieſes nicht auch umkehren laſſe, und daß ein verdorbener Magen mit der Zeit auch das Gebluͤt verderben koͤnne. Sie werden ſich vielleicht beſin. nen, daß es Leute giebt, die dieſe Herleitung der Hypochondrie fuͤr eine mediciniſche Ketzerey halten. Aber eben dieſes hat mich zuerſt auf die Gedanken gebracht, daß ſie wohl wahr ſeyn koͤnnte. Die Be⸗ wegung des Leibes iſt unſtreitig ein unvergleichliches Verwahrungsmittel wider die Hypochondrie: aber wie ſelten iſt es einem Arzte moͤglich, ſeine Kranken täglich darzu zu bringen. Ich habe mir angewoͤh. net, nicht mehr an ihrer Geneſung zu verzweifeln, wenn fie gleich nicht täglich zwo Stunden Holz für s gen, drechſeln, oder den blinden Hobel in die Hand nehmen wollen. Zuweilen thut ein kleiner Vortheil treffliche Dienſte. Ich will nur einen hier anfuͤh⸗ ren. Man wird das Stillſitzen, Schreiben, Leſen, und dergleichen, ungleich laͤnger und ohne merkliche Beſchwerlichkeiten aushalten koͤnnen, wenn man den Leib nur nicht immer in einerley Stellung be» haͤlt, und ſie vortheilhaft einrichtet. Viele Zim⸗ mer, worin die Werkſtatt der Gelehrten oder kauf⸗ maͤnniſchen Arbeiten iſt, ſind abhaͤngig. Die Schreibtiſche bleiben beſtaͤndig auf eben derſelben Stelle ſtehen, und der, fo ſich davor ſetzt, giebt alſo dem Leibe allemal einerley unnatürliche Stel- lung. Die Seite, die heute zuſammen gedruͤckt, die andere, die heute gedehnt wird, leidet morgen b Hh 2 und 484 Sendfihreiben, von einigen und alle Tage eben dieſelbe Gewalt, und dieſes iſt von unglaublichem Nachtheile fuͤr die Geſundheit. Ich habe geſehen, daß der Rath, den Schreibtiſch aller vierzehn Tage oder vier Wochen einmal an ei⸗ nen andern Ort zu ſetzen, wenn die Zimmer abhaͤn⸗ gen, eine erwuͤnſchte Erleichterung vieler Beſchwer⸗ lichkeiten nach ſich gezogen hat. Wer niedrige Ti- ſche und ſchlechte Augen hat, ſuchet ſich bey dem Schreiben dadurch zu helfen, daß er ſich auf einen ganz niedrigen Stuhl ſetzet, damit er den Ruͤcken nicht ſo ſehr beugen duͤrfe. Hierdurch wird ein noch weit groͤßeres Uebel verurſachet, welches darinn beſteht, daß der Unterleib ſtark zuſammen gedruͤckt wird, und öfters muͤſſen ſolche Perſonen, wenn fie eine oder ein paar Stunden hintereinander geſeſſen haben, wegen Angſt und Beklemmung aufſtehen, oder bekommen gar Ohnmachten. Ein hoher Stuhl und Tiſch, da man beym Schreiben die Fuͤße von ſich ſtrecken, und in einer Stellung ſitzen kann, die dem Aufrechtſtehen am naͤchſten koͤmmt, kann dieſes Uebel vortrefflich verhuͤten. Ich will ſie nicht laͤn⸗ ger mit ſolchen Kleinigkeiten unterhalten: aber ſie werden mirs auch vergeben, wenn ich ſage, daß dieſe oͤfters mehr Nutzen ſtiften, als die vielen Arztneyen, womit man die hypochondriſchen Leute anzufuͤllen pfleget. Doch will ich ihnen um unſerer Kunſt, und vielleicht noch mehr um unſerer ſelbſt willen, den Nutzen nicht abſprechen. Ich verſichere ſie im ganzen Ernſte, daß ich die Tinct. Salis Tartari mit dem Liquore Terrae foliatae Tartari zum oͤftern von Hypochondriſten habe ruͤhmen hoͤren, die ihren Verſtand noch unverletzt beyſammen gehabt haben. hr | Indeſſen 2 medieiniſchen Beobachtungen. 48; Indeſſen geht auch öfters bey dieſen Leuten eine uns 5 geheure Einbildungskraft neben dem geſunden Ver⸗ ſtande i in einem Paare. Sie wiſſen genung Bey⸗ ſpiele hiervon, aber vielleicht wird ihnen das folgen⸗ de nicht unangenehm ſeyn. Ein gewiſſer hypochon⸗ driſcher Mann, war von den aufſteigenden Winden i außerordentlich geplaget. Seiner Theorie zu Folge, nach welcher die Winde im ganzen Leibe hin kommen konnten, wo er ſie nur haben wollte, waren ſie ihm einſtmais alle in den Nacken geſtiegen. Um dieſes zu beweiſen, ſo druͤckte er ſich mit der Hand im Nacken, und den Augenblick wußte er ein ganzes Alphabeth von Winden herzuſagen, die er mit leichter Muͤhe allemal ohne dieſen Druck auch haͤtte koͤnnen entrin⸗ nen laſſen. Doch bey ihm gieng es nicht mehr an, ihm durch Philoſophiren die Winde aus dem Na⸗ cken zu jagen. Ein guter Freund hatte ſo viel Mit⸗ leiden mit ihm, daß er ihm verſprach, ihn durch ein gutes Pflaſter, welches wider die Winde im Nacken waͤre, von ſeiner Quaal zu befreyen. Er legte ihm alſo das Emplaftrum Miraculoſum in den Nacken, und der viel bedeutende Name that die ge⸗ hoffte Wirkung, daß alle Winde weg blieben „und er ſich eine Zeitlang wohl befand. Itzo aber hat er ſie wieder uͤber dem Hirnſchaͤdel im Kopfe, wo er ſich nicht hinfuͤhlen kann, ohne ſeine Fertigkeit, die Winde gehen zu laſſen, zu zeigen. Er hat große Hoffnung auf ein Pflaſter wider die Winde im Ko⸗ pfe geſetzt, und ich weiß nicht, welches fein Freund erwaͤhlen wird, um ihn auch von dieſen Gaſten wie der zu befreyen. 8 U 485 Sendſchreiben, von einigen Ich will noch ein Wort mit ihnen von den pein lichen Schmerzen der blinden guͤldenen Ader reden. Sie wiſſen, daß ſie ſich gemeiniglich in der Geſtalt der Maſtkoͤrner, Zacken, oder nach der hieſigen und hollaͤndiſchen Mundart, der Tacken, offenbaret. Ich rede hier von denen, die mit Entzündung und Schmerzen verge ellſchaftet ſind, und oͤfters Ge⸗ ſchwuͤre und Anus fiſteln nach ſich ziehen. Bey die⸗ fen ſchmerzhaften Geſchwulſten finde ich noch immer, daß das Kraut der Schafgarbe (millefolium) ein wahres Erleichterungsmittel iſt: nur muß es recht zubereitet werden. Man muß es in ſchlechtem Waſſer ſtark kochen, und der Trank muß recht ſehr geſaͤttiget ſeyn. Indeſſen bleibt es doch auch immer noch dabey, daß die herrliche Wirkung von keiner langen Dauer iſt, weil die Arztney ſelbſt die Bewe⸗ gungen mehr zu binden, als die Urſache des Uebels zu heben ſcheint; und in allen dieſen Faͤllen findet der Ausſpruch unſers theuren Herrn von Sallers ſtatt. 5 Ein inneres Gefuͤhl liegt in uns ſelbſt verborgen, Das nie dem Uebel ſchweigt.⸗ Schmerz iſt der bittre Trank, eher Natur uns beilet. Daher haben ſich ſchon viele Aerzte bemuͤhet, in dieſen Bedraͤngniſſen auch aͤußerliche lindernde Huͤlfsmittel zu erfinden, unter welchen ich den Rath des guten Weisbachs, die Hollunderblaͤtter zu quetſchen, und ſo naß ln „ganz befonders gut gefunden habe. Die alten Weiber, welche hier ſo 2 medieiniſchen Beobachtungen. 487 ſo gut, als in Oberſachſen, mit practiciren, nehmen den Hollunderſaft, (Rob ſambuci) welcher die Ge⸗ ſchwulſten aufzieht, und ſolchergeſtalt gute Linderung verſchaffet. Da aber das letzte nicht allemal zu ra⸗ then, die friſchen Blätter aber nicht jederzeit zu ha⸗ ben ſind: ſo hat mich dieſe Verlegenheit zu dem Entſchluſſe gebracht, die Schafgarbe, da ſie inner⸗ lich ſo gut wirket, auch aͤußerlich zu verſuchen, in⸗ dem ich ſie klein puͤlvern, mit zerriebenen Schnecken⸗ ſchalen vermiſchen, und mit Leinoͤl in ein Saͤlblein verwandeln laſſen, und ich kann verſichern, daß ich davon noch die dauerhafteſte und geſchwindeſte Lin⸗ derung geſpuͤret habe. Dieſes fuͤhret mich auf ei⸗ nen Gedanken, der vielleicht werth waͤre, daß ihn Aerzte, von ihrer Art zu denken, weiter ausfuͤhren moͤchten. Ich meyne, daß man ſich bemuͤhete, genauer zu erforſchen, worauf es ankoͤmmt, wenn eine Arztney, die entweder nur innerlich oder aͤußer⸗ lich zu gebrauchen uͤblich iſt, mit Rechte und Hoff⸗ nung auch entweder aͤußerlich oder innerlich koͤnne gebrauchet werden. Sie wiſſen ſelbſt, wie wenig man ſich zu überreden Urſache hat, daß ein innerli⸗ ches oder aͤußerliches Arztneymittel allemal aus weis ſer Ueberlegung des erſten Erfinders, nur zum in⸗ nern, nicht aber zum aͤußern Gebrauche, oder um⸗ gekehrt, beſtimmt worden ſey. Laſſen ſie uns nur geſtehen, daß in den meiſten Fällen ein ungefaͤhrer Zufall den Nutzen, und der erſte Verſuch die Art des Gebrauchs feſt ſetze, welches aber gerade die unrechte, oder wenigſtens die ſchlechtere ſeyn kann. Es iſt in der That ſchwer, allgemeine Regeln zu geben, wie dieſer Tauſch vernuͤnftig zu treffen ſey, Hh 4 une 488 Sendſchreiben, von einigen und ich begreife leicht, daß darzu ein geuͤbterer Witz erfordert werde, als den ich beſitze. Ich will ſie alſo nur mit einigen Beobachtungen unterhalten, die wenigſtens meine Meynung erlaͤutern, und ihnen vielleicht zu weiterem Nachdenken Gelegenheit geben koͤnnen. Paracelſus hat in ſeinem Buche von den Spi⸗ talkrankheiten die Species zu einem Kraͤuterthee be⸗ kannt gemachet, von dem er, nach ſeiner bekannten Großmuͤthigkeit ruͤhmet, daß er die innerlichen Ver⸗ letzungen von innen heraus reinigen und heilen ſoll. Wenn man das. Ueberfluͤßige aus dieſer Zuſammen⸗ ſetzung heraus nimmt, fo erhält man einen Kraͤuter⸗ trank, der bey der Anusfiſtel zuweilen ungemeinen Nuten ſchaffet. Mir find allhier zween Fälle vor⸗ gekommen, wo er, des Tages zweymal getrunken, bey veralteten, calloͤſen Anusfiſteln, ohne Beſchwer⸗ lichkeit oder Ermattung des Kranken, einen taͤglich 10 bis 12 mal wiederholten Durchlauf von aͤußerſter Heftigkeit verurſachet, welcher das eine mal 6, das andere mal aber 9 Tage gedauret, die Verhaͤrtun⸗ gen in der Fiſtel geſchmolzen, und eine ſehr ge⸗ ſchwinde und ganz erwuͤnſchte Heilung befördert hat. Den Anlaß zu dieſem Verſuche gab mir eine ganz ahnliche Erfahrung des verehrungswuͤrdigen Herrn Prof. Junkers in Salle, die Sie ſich vielleicht auch von ihm ſelbſt gehoͤrt zu haben, erinnern wer⸗ den. Bey dem innerlichen Gebrauche dieſer Kraͤu⸗ ter habe ich auch aͤußerlich bey jedem Verbande das Decoctum davon einſpritzen laſſen, und der Wund⸗ arzt, welcher dieſen Rath von mir angenommen, verſichert mich, daß er mit dem Einſpritzen 5 abge⸗ medieiniſchen Beobachtungen. 489 abgekochten Kräuter beſſer, als mit den ſonſt ges woͤhnlichen aͤußerlichen Mitteln zu rechte gekommen, obgleich der Erfolg nicht allemal fo glücklich iſt, als er ihn mit mir in vorigen beyden Faͤllen bewun⸗ dert hat. * PTR. Der Campher, welcher mehr zu einem bloß auf. ſerlichen Gebrauche beſtimmt iſt, aͤußert die vor ſchon anfaͤngt Mode zu werden, daß man das Vor⸗ urtheil ableget, daß er, beſonders bey hitzigen Krank⸗ heiten, ein mehr erhitzendes Gift waͤre. Die ge⸗ maͤßigte Doſe, welche man andern Arztneyen bey⸗ miſchet, kann für allen uͤbeln Folgen ſichenrn. Daß der Mercurius dulcis bey offenen Krebs und krebsartigen Geſchwuͤren, als ein innerliches Arzt⸗ neymittel, mit Nutzen gebrauchet werde, kann Ih⸗ nen nicht unbekannt ſeyn. Ein gewiſſer nicht un⸗ geuͤbter Arzt hat mich verſichert, daß er ihn in bey⸗ den Krankheiten auch aͤußerlich mit gutem Erfolge gebrauchet habe. Ich kann hiervon kein eigenes Zeugniß anfuͤhren; es moͤchtens indeſſen vorſichtige und kluge Wundaͤrzte verſuchen. Sie wiſſen vorlaͤngſt, daß die Saͤuren, beſon⸗ ders der Gewaͤchſe, in den boͤsartigſten Fiebern ein herrliches Gegengift find. Der Eßig dienet den Ars men ſtatt der Citronen, die nicht uͤberall wohlfeil find. Wenn der Trieb der Natur zu fauren Sa⸗ chen, vorhanden iſt; fo thun ihm Citronenſaft, Cre⸗ mor Tartari mit Waſſer vermiſchet, Suppen von | 255 getrock⸗ 490 Sendſchreiben, von einigen getrockneten Kirſchen, oder Weineßig, und hundert andere Sachen mehr, ein Genuͤge, und dieſes iſt die Cur der Natur, welche die Cur des Arztes weit uͤbertrifft. Da ich hiervon, wie Sie zum Theil ſelbſt wiſſen werden, nicht wenig eigene Erfahrungen ha⸗ be, ſo koͤmmt es mir recht unerwartet und betruͤbt vor, wenn einige hieſige Aerzte dem Triebe der Na⸗ tur entgegen arbeiten, und den groͤßten Durſt nach ſauren Sachen bey hitzigen Krankheiten mit Ge⸗ walt unterdruͤcken wollen, ohne ihn zu befriedigen. Doch dieſes find Privatangelegenheiten, die in eis nem Briefe, den ich bey nahe entſchloſſen bin, dru⸗ cken zu laſſen, nicht Platz finden ſollen. Der Ges brauch der Peſtkoͤrner in der Peſt, das Waſchen der Zimmer, wo viele Kranke an hitzigen oder an⸗ ſteckenden Krankheiten gelegen haben, mit Eßig, der neuere Gebrauch des Eßigs auf den Schiffen, wider den Scharbock, ꝛc. beſtaͤtigen zur Genuͤge, daß es auch einen aͤußerlichen Gebrauch diefer Saͤuren gebe, der nicht zu verwerfen iſt. Die Bauern am Harzwalde machen noch einen andern Gebrauch vom Efige, den ich ihnen abgelernet habe, und welcher meiner Abſicht allhier naͤher koͤmmt. Wenn ſie im Walde von einer Schlange, oder einem andern gif- tigen Thiere gebiſſen worden ſind: wiſſen Sie was ſie thun? Sie trinken einen großen Topf voll Eßig aus, und waſchen ſich auch aͤußerlich an dem be⸗ ſchaͤdigten Orte mit Eßig. Dieſes kurze Huͤlfsmit⸗ tel rettet ſie von aller Gefahr uͤbler Folgen, und ſie achten bes geheimen Giftes wenig, das Aerzte vielleicht fuͤr ſehr gefaͤhrlich anſehen wuͤrden. Das medicinifchen Beobachtungen. 491 Das Opium iſt faſt anders nicht, als unter dem Namen eines innerlichen ſchmerzſtillenden Arzeneys mittels bekannt. Sie wiſſen, wie behutſam es zu gebrauchen iſt, und welcher Schade ſchon oft N; ift angerichtet worden. Als eine äußerliche Arztnen ben es wohl die wenigſten Menſchen e . | 2 gleichwohl iſt nichts gewiſſer, als daß es, . ein ſolches, eine ganz vortreffliche Wundarztney * | Die Aezmittel (Septica) find. in der Wundarztney⸗ kunſt von unentbehrlicher Nothwendigkeit. Sie verurſachen aber faſt durchgaͤngig einen peinli⸗ chen Schmerz, indem ſie das wilde Fleiſch wegna⸗ gen. Darum verbindet man fuͤglich mit den aͤzen⸗ den Mitteln das ſchmerzſtillende Opium, um ‚fie dadurch unſchmerzhaft zu machen. So ift das Aezmittel des Sutorius beſchaffen, welches, wenn es gehoͤrig zubereitet worden, ohne erheblichen Schmerz zu verurſachen, kraͤftig genug aͤzet. Sie werden mir antworten, daß dieſe Arztney ein Ge⸗ hbeimniß ſey. Allein, wenn die folgende Zuſam⸗ menſetzung, wie ich doch faſt gewiß ſagen wollte, nicht das wahre ſutorianiſche Aezmittel iſt, ſo wird es doch, ohne den geringſten Nachtheil, an deſſen Stelle geſetzet werden koͤnnen. Man nehme das Lixiuium e cineribus vegetabil. commun. und vers. miſche dieſe Lauge zu gleichen Theilen, z. E. ein halb Pfund mit der Lauge von Wachholderholzaſche, und laſſe beydes evaporiren. Waͤhrend, daß dieſes geſchieht, loͤſe man ungefaͤhr zwey Quentlein vom Opium in genugſamer Menge von dieſer vermiſchten Lauge auf, und troͤpfele währender Evaporation der Laugen dieſe Solution des Opium hinein, Hierauf laſſe 492 Sendſchreiben, von einigen laſſe man beydes fo lange evaporiren, bis es ſtein⸗ hart wird. 1 | Ich koͤnnte, um die oft ſehr vortheilhafte Ver⸗ wandelung innerlicher Arztneymittel in aͤußere anzu⸗ preiſen, hier noch vieler anderer Proben gedenken. Ich duͤrfte nur die Geſundbrunnenwaſſer, oder die Holztraͤnke, ſo man in der Luſtſeuche innerlich ver⸗ ordnet, und die aͤußerlich bey veneriſchen Schaͤden heilſame Dienſte thun, zu Beyſpielen anfuͤhren: allein ich habe Sie lange genug mit einerley Gedan⸗ ken unterhalten. Itzo will ich ihnen noch einen bes ſondern Vorfall erzählen, der mir nicht ganz ver⸗ aͤchtlich vorgekommen iſt. | Eine Frau von einigen zwanzig Jahren aß einſt⸗ mals in der Zwiſchenzeit ihrer monatlichen Reini⸗ gung zum erſtenmale in ihrem Leben ungekochten Meerrettig, mit Eßig zubereitet. Die Nacht dar⸗ auf bekam ſie einen Blutſturz der Mutter, welcher vier Tage und Nächte anhielt, und wobey ihr, fo oft fie nur auf den Füßen ſtund, große Stuͤcke ges ronnenes Gebluͤt abgiengen. Hierbey befand ſie ſich vollkommen wohl, und klagte nicht einmal uͤber die geringſte Ermattung, woran vielleicht ſchuld war, daß fie, ungeachtet fie vierteljaͤhrig unausgeſetzt zur Ader ließ, beſtaͤndig etwas vollbluͤtig und ſtark vom Leibe war. Sie hatte keine Vermuthung ſchwanger zu ſeyn, und bekam nach 14 Tagen, wie gewoͤhn⸗ lich, ihre monatliche Reinigung wieder, welche bey ihr allemal acht Tage dauerte, und dieſesmal nichts ſchlechter, als ſonſt, war. Dieſer Zufall hat ih⸗ rer Geſundheit nicht den geringſten Eintrag gethan, und ſie faͤngt ſeit der Zeit an, noch immer mehr 6 | am medieiniſchen Beobachtungen. 493 am Leibe zuzunehmen. Nachher habe ich einmal das Vergnuͤgen gehabt zu ſehen, daß bey einer Jungfer, die lange Verſtopfung der monatlichen Reinigung gehabt hatte, und der ich rieth, gegen die Zeit, da ſie Spannungen in der Gegend des heiligen Beines und im Unterleibe fuͤhlte, einen Karpfen mit ungekochtem Meerrettig und Eßig zu ſpeiſen, der Abfluß des Gebluͤtes durch dieſes Kuͤ⸗ chenmittel reichlich befoͤrdert wurde. Sie hatte aber auch zuvor dieſe Koſt niemals genoſſen. Es wird mir angenehm ſeyn, wenn Ihnen eini⸗ ges von dem, was ich ihnen itzo aus meiner kleinen Praxi vorgetragen habe, nicht misfaͤllt. Wie ſehr ich Sie hochachte und liebe, das werden Ihnen ihre Verdienſte und ihr Herz ſagen, da ich weiß, daß Sie mir zutrauen, daß ich Verſtand und Tugend hoch ſchaͤtze. Ich bin | RE Ew. Hochwohlgebohrnen Altona, den 2. Juli 1752. ü i ergebenſter Diener / Johann Auguſt Unzer. 4194 Von dem Inhalte E * R AN AN KIA AUA III V. Nachricht | von dem Inhalte zwoer in der kaiſ. petersb. Akad. gehaltenen Reden. er Namenstag Ihro Majeſt. der rußiſchen Kaiſerinn iſt den 6. Sept. vorigen Jahres von der kaiſ. Akad. mit einer oͤffentlichen Verſammlung gefeyert worden. Fuͤnf Bogen, welche zu Petersburg in 4. unter dem Titel gedruckt worden: Sereniſſimae, Potentiſſimae ac Inuictiſſimae Ruſſiarum Imperatricis Eliſabetae, Petri Magni Filiae Auguſtiſſimo Nomini Sacrum diem, Academia Scientiarum publico conuentu ſo- lemnibus Sermonibus celebrat. 1751. geben davon Nachricht. Herr Auguſt Nathanael Griſchow, Profeſſor der Aſtronomie zu Petersburg, welcher zugleich itzo das Amt eines Sekretaͤrs verwaltet, machte zuerſt bekannt, daß Herr Clairaut den auf die Theorie des Mondes geſetzten Preiß erhalten habe, und kuͤndig⸗ te auf das 1753. Jahr den Naturforſchern folgende Aufgabe aufzulöfen an: Die Scheidung des Goldes vom Silber vermit- telſt des Aquaregis aus phyſikaliſchen und chymi⸗ ſchen Grundſaͤtzen zu erklaͤren, und eine bequemere Art zwoer petersburg. Reden. 495 Art anzugeben, da man dieſe beyden Metalle mit wenige er Muͤhe und Koſten ſcheiden koͤnne. N Die Schriften muͤſſen rußiſch, lateiniſch, deutſch, oder franzoͤſiſch vor dem 1. Brachm. 1753. an die Canzley der kaiſ. Akad. nebſt den Namen des Ver⸗ faſſers in einem verſiegelten Zettel und einem Wahl⸗ ſpruche eingeſandt werden. Der DE betrage 100 Ducaten. Herr Kratzenſtein hat ſeine neuen Er in der Schiffkunſt in einer Rede vorgetragen, wel⸗ che hier mitgetheilet wird. Herr Kratzenſtein bekla⸗ get ſich im Anfange mit Rechte, daß man den Nu⸗ tzen ſo vieler gelehrten Wiſſenſchaften der Gottesge⸗ lahrtheit, Rechtsgelahrtheit, ꝛc. erkenne, aber die Naturforſchung, die hoͤhere Mathematik, die Me⸗ chanik, meiſtens für unnuͤtz halte, worauf er die großen Herren ruͤhmet, die durch Anlegung der Akademien der Wiſſenſchaften, dieſe Kenntniß dem gemeinen Weſen nuͤtzlich gemacht. Die erſte Erfindung Herrn Kratzenſteins betrifft die Geſchwindigkeit der Ströme in der offenbaren See zu meſſen, welche Frage wegen der Irrungen fo die Ströme im Laufe des Schiffes machen koͤnnen, von großer Wichtigkeit iſt. Den verdoppelten Preiß, welchen die pariſiſche Akademie auf derſelben Auflöfung geſetzet, hat Herr Daniel Bernoulli 1751 erhalten. Herrn Kratzenſteins Gedanken kommen auf folgendes hinaus. Man laſſe in einem Augenblicke zweene gleich lange Staͤbe, jeden von 6 bis 1d Fuß lang, vermittelſt zweyer gleich großen Gewichte, zu⸗ gleich aus dem Schiffe ins Waſſer. Ein Stab iſt an 15 Gewicht mit einem Haken dergeſtalt ge⸗ henkt, 495 Von dem Inhalte henkt, daß der Haken, ſobald das Gewicht auf den Boden des Meeres aufſtoͤßt, ſich aus ſeinem Ringe ausloͤſet, und der Stab vom Boden auf die Oberflache des Meeres wieder herauf ſteigt. Der andere Stab iſt mit ſeinem Gewichte vermittelſt ei⸗ ner Verbindung von Zucker oder einer andern ſol⸗ chen Materie, die ſich im Waſſer bald auflöfet, ver⸗ einiget, daß er alſo erſt, nachdem dieſes Band zer⸗ gangen iſt, d. i. ein, oder ein paar Minuten her⸗ nach wieder in die Hoͤhe koͤmmt. Weil nun die Staͤbe beyde an ihren Enden eiſerne Ringe haben, fo werden fie lothrecht im Waſſer ſchwimmen und man kann ihre Entfernungen von einander und ihre Richtung vermittelſt des hadleyiſchen Quadrantens und des Azimuthalcompaſſes beſtimmen, woraus ſich die Richtung und die Geſchwindigkeit des Stroms giebt. Denn weil die Staͤbe und Gewich⸗ te einander gleich und aͤhnlich ſind, ſo kommen ſie zu gleicher Zeit auf den Boden, und die Staͤbe wuͤrden zu gleicher Zeit und an einem Orte wieder auf der Oberfläche des Waſſers erſcheinen, wenn fie beyde zu gleicher Zeit von den Gewichten abgeloͤſet wuͤrden; ſo aber, koͤmmt der Stab, welcher ſpaͤter abgeloͤſet ward, auf der Oberflaͤche des Waſſers um ſo viel hinter dem erſten zum Vorſchein, ſo viel die⸗ ſer indeſſen fortgeſchwommen iſt. Herr Kratzenſtein hat einen Verſuch hiervon auf einem Fluſſe ange⸗ ſtellet. Der erſte Stab kam nach 10 Sec. zum Vorſchein; der zweyte erſt nach 1 Min. u. 15 Sec. Beyder Entfernung da ſie ſchwammen, fand man 168 pariſer Fuß, und daraus folgte die Geſchwin⸗ digkeit des Stroms 24 F. in einer Secunde, 5 gro zmoer petersburg. Reden. 497 groß ward fie auch durch die Schnur vermittelſt wel⸗ cher man den Lauf des Schiffes mißt, nach ausge⸗ worfenem Anker gefunden *, 1% N Die Das Werkzeug, das Hr. Kr. Hadleys Schiffqua⸗ dranten nennet, iſt ohne Zweifel dasjenige, das in den philoſ. Transact. 420 N. und in Smidths Optik III. B. 12. Cap. von Wort zu Wort aus den Tranſactionen beſchrieben wird. Ob ſich aber gleich damit Winkel unter den Umſtanden, dabey die 8 Bewegung andere Werkzeuge unbrauchbar macht, nehmen laſſen, fo ſieht man doch nicht, woher er die wirkliche Entfernung der ſchwimmenden Staͤ⸗ be, vermittelſt dieſes Werkzeuges wiſſen will, da ſſich unbekannte Linien aus bloßen Winkeln nicht finden laſſen, und man hier nicht ſieht, was ſonſt fur Linien zu Beſtimmung dieſer geſuchten Weite bekannt ſeyn koͤnnen. Es ware aber noͤthig zu wiſſen, wie dieſe Entfernung fo. ſcharf, als man kann, beſtimmet wird, weil man leicht einſieht, daß an ihrer genauen Beſtimmung, nebſt genauer Abmeſſung der Zeit, ſehr viel gelegen iſt. Hr. Kr. Verſuch ſcheint nicht ſo gar zuverlaßig zu ſeyn. Mann kann ihn wohl nicht anders annehmen, als daß der letzte Stab 1 Min. 5 Sec. ſpaͤter an die O berflaͤche des Waſſers empor gekommen, als der erſte, und ſo lange alfo bge der erſte Stab Zeit gehabt, fort zu ſchwimmen; denn daß beyde Staͤbe Zeit gebraucht, vom Boden wieder empor zu kom⸗ men, und dieſe Zeit uͤber im Strome ſchon fort⸗ gefuͤhret worden, daß ſie nicht gerade uͤber den Oertern wieder zum Vorſcheine gekommen, wo ſie nieder geſunken ſind, hebt ſich gegenſeitig auf, da es bey beyden einerley iſt, und ob es wohl ſcheint, als wirkte das Waſſer die Zeit uͤber, da es des letzten Stabes Zucker aufloͤſet, etwas an⸗ ders in ihm, als in dem erſten, den Augenblick 9 Band. Ji a über 498 Von dem Inhalte Die Stroͤme ſelbſt leitet Herr Kratzenſtein aus der täglichen Ebbe und Fluth her, führer aber feine Theorie hier nicht aus. TR ns Eine andere Erfindung, welche Hr. Kr. vor⸗ trägt, iſt eine Manier ohne aſtronomiſche Beobach⸗ tungen die Breite zu finden. Sie gruͤndet ſich dar⸗ auf, daß die Schwere der Koͤrper vom Pole nach dem Aequator zu in einer gewiſſen Verhaͤltniß ab» nimmt. Er machet alſo eine Wage wo ein Ge⸗ Ä wicht über wirket, da er fich aufloͤſet, fo wird doch die⸗ ſer Unterſchied wohl nicht ſo gar viel zu bedeuten haben. Dieſes alſo zum Voraus geſetzet, haͤtte das Waſſer in Hn. Kr. Verſuche den erſten Stab in 65 Sec. um 168 pariſ. Sch. fortgefuͤhret, das beträgt aber 2,584 in einer Secunde, oder 0/334 mehr als er angiebt. Dieſe Kleinigkeit iſt nicht zu verachten, weil es ein kleiner Irrthum, aber auch in einer kleinen Zeit iſt. Betrug die Geſchwindigkeit, wie Hr. Kr. ſetzet, 24 F. in einer Secunde, fo mußte fie nur 146% F. in 65 Sec. geben, da fie nach Hr. Kr. Berichte 213 F. mehr gegeben hat. Man ſieht leicht, wie viel dieſer Unterſchied in ei⸗ ner Stunde betragen wuͤrde. Da alſo ſelbſt die von Herrn Kratzenſtein angegebenen Zahlen nicht mit einander uͤberein ſtimmen, ſo wird er noch we⸗ niger fodern koͤnnen, daß man die Uebereinſtim⸗ mung mit der wirklichen Ausmeſſung des Weges ſo ſchlechterdings ihm glauben ſoll, ohne umſtaͤnd⸗ lich erzaͤhlet zu ſehen, wie vorſichtig man auch bey dieſer Ausmeſſung zu Werke gegangen iſt. Die gewoͤhnliche Art der Schiffer, den Weg mit der Logleine zu meſſen, iſt noch vielen Unrichtigkeiten unterworfen, welche Archibald Patoun in ſ. com- pleat treatiſe of practical navigation Sed. VI. erzaͤhlet. 5 W gimoer petersburg. Neden. "499 wicht mit einer Feder gleich inne ſteht, (denn ein Gegengewicht würde ſich nicht ſchicken, weil ſeine Schwere eben fo abnaͤhme,) und ſolchergeſtalt wird dieſes Gewicht der Feder nachgeben, oder ſie ſtaͤrker ſpannen, nachdem ſeine Schwere in den verſchiede. nen Graden der Breite ab oder zunimmt. Daß man die Unrichtigkeit, welche die verſchiedene War. me in der Feder verurſachen koͤnnte, verbeſſern muͤſſe, erinnert er ſelbſt *. Die Beſchreibung die⸗ ſes Werkzeuges wird im II. Theile der Commenta- riorum nouorum gegeben werden. Nun koͤmmt Hr. Kr. auf die Erfindung der Lange. Er ſchlaͤgt darzu die Neigungsnadel vor, wenn; ſie in vollkommenen Stand geſetzet wäre. Man wendet wider dieſe Nadel verſchiedenes ein, welches Hr. Kr. widerleget. Die tägliche und ſtuͤndliche Veraͤnderung, die man an ihr will be⸗ merket haben, ſchreibt er zufaͤlligen Urſachen, beſon⸗ ders der Waͤrme und Kaͤlte, zu; und glaubet, ſie finde nur bey neuen Nadeln und bey ſolchen ſtatt, welche nicht ſo vollkommen magnetiſch gemacht worden, als moͤglich waͤre. Er beſitzt eine 16 Zoll lang, welche | BEI Ji ver⸗ * Diefe Verbeſſerungen aber dürften wohl ſchwer zu machen ſeyn, da weder der Warme noch der Fe: der Wirkungen ſich bisher zulaͤnglich nach bekann⸗ ten Geſetzen beurtheilen laſſen. Und wenn ſie ge⸗ macht ſind, wird der Umſtand, daß die ſpannende Kraft der Feder nach und nach geſchwaͤchet wird, von Zeit zu Zeit neue Verbeſſerungen erfodern. Ob ſich uͤberhaupt das Werkzeug fo einrichten laſſe, daß eine aſtronomiſche Schaͤrfe damit zu erhalten ſteht, muß man aus deſſen verſprochener Beſchreibung erſehen. 5300 Von dem Junhalte vermittelſt des knightiſchen Kunſtgriffes ſtaͤrker magnetiſirt worden iſt, als ſonſten mit dem beſten Magnete geſchaͤhe. Sie iſt ungemein beweglich, ſtellet ſich aber allezeit wieder auf den vorigen Punct. Bey dieſer Gelegenheit theilet Hr. Kr. mit, wie er erwaͤhnten Kunſtgriff nachzumachen verſuchet hat. Er hat zwey gehaͤrtete ſtäßlerne Parallelepipeda 16 Zoll lang, 1 Zoll breit, 2 Zoll hoch mit Magne⸗ te beſtrichen, und alsdenn ſo auf einander geleget, daß die freundſchaftlichen Pole zuſammen gekom⸗ men, darauf hat er alle Seiten derſelben, eine nach der andern, mit Veraͤnderung der Flaͤchen von neuem mit Magnete beſtrichen, durch deſſen oͤftere Wiederholung dieſe Staͤbe ſo viel magnetiſche Kraft bekommen haben, daß eine magnetiſche Nadel von 2X Zoll lang und so Gran ſchwer, 600 bis 660 cn Eiſen, und alſo mehr als zwoͤlfmal ihr Ge⸗ wichte hat erhalten koͤnnen, da die ſechs Zoll langen Nadeln des engliſchen Erfinders nicht über 960 Gran, und alſo vielweniger Laſt nach Proportion der Länge tragen *. Man hat ferner an der Neigungsnadel ausgeſetzt, daß dergleichen Nadeln von verſchiedener Laͤnge auch verſchiedene Neigungen haͤtten, dieſes aber will er noch nicht glauben, weil ihm die Verſuche nicht richtig genug > ange Man hat den Ehrentitel Knight außer England für den Zunamen des Erfinders angeſehen. * Man müßte auch die uͤbrigen Abmeſſungen der Nadeln wiſſen, welches in die magnetiſche Kraft ſeinen Einfluß haben duͤrfte, wenn ſie nicht wie die elektriſche beſchaffen iſt, von der man in Frank⸗ reich befunden hat, daß ſie ſich groͤßtentheils nach der Lange ausbreitet. zwoer petersburg. Reden. son angeſtellt ſcheinen. Daß aber die Neigungsnadel zu Erfindung der Laͤngen vor der Abweichungsnadel einen Vorzug habe, folgert er daraus, weil an man⸗ chen Orten, bey Veraͤnderung der Länge um 1 Gr. ſich auch die Neigung der Nadel bis 1 Gr. veraͤn⸗ dert, da die Veraͤnderung des Abweichens unter gleichen Umſtaͤnden kaum über 20 Min. betraͤgt, weil auch uͤber dieſes die Beobachtung des Abwei⸗ chens ſo viel Unrichtigkeiten wegen des Schwankens des Schiffes unterworfen iſt. Aber das fordert er, daß man genauere Beobachtungen mit der Abwei⸗ chungsnadel anſtelle, als bisher ſind gemacht wor⸗ den, und ſchlaͤgt deswegen vor, die kaiſ. Akademie ſollte vollkommen gleiche und aͤhnliche Neigungsna⸗ deln verfertigen laſſen, die man ſo ſtark als moͤglich magnetiſch machte, und ſolche an verſchiedene Ob⸗ ſervatoren in England, Frankreich, Deutſchland, ꝛc. austheilen *. Zuletzt redet Hr. Kr. von den Voll⸗ kommenheiten einer Schiffuhr, dergleichen von ſei⸗ ner Erfindung im III. Theile der Comm. Nou. ſoll beſchrieben werden. Uebrigens iftj bey dieſer Rede des Hn. Kr. noch zu erinnern, daß ihr Ver⸗ fertiger voraus geſetzt hat, ihr innerer Werth we⸗ gen der neuen und wichtigen Erfindungen, die ſie enthaͤlt, ſey zulänglich, ohne den geringftenjäußer- lichen Schmuck, ſie Leſern und Zuhoͤrern ſchaͤtzbar | 13 zu * Ein Mitglied der koſmographiſchen Geſellſchaft in Nürnberg hat laͤngſt eben dieſes mit Abwei⸗ chungsnadeln vorzunehmen beſchloſſen, weil leicht in die Augen fallt, daß eine verſchiedene Zurich⸗ tung der Nadeln verſchiedene Wirkungen geben ann. 502 Von dem Inhalte zu machen. Denn außerdem muß man bey ihr über die ſchulfuͤchſiſche Zaͤrtlichkeit durch grammati⸗ ſche Fehler beleidiget zu werden, und noch mehr über die wolluͤſtige Begierde, ſich an einem ſchoͤ⸗ nen und zierlichem Vortrage zu ergoͤtzen, weg ſeyn. Herr Griſchow hat in der Antwort auf Hr. Kr. Rede von dem Fortgange der Schiffkunſt in Be⸗ ſtimmung der Laͤnge und Breite auf dem Meere ge⸗ handelt. Da es den Alten an genauen Beobach⸗ tungen, und vornehmlich an richtiger Abmeſſung der Zeit gefehlet, ſo ſind ſie auch in der Schiffkunſt nicht weit gekommen. Archimedes hat dem Koͤnige von Syracus hiervon ein Werkzeug auf ein Schiff gemacht, das bey den Schriftſtellern Polus ge⸗ nannt wird, aber niemand weiß, was es eigentlich geweſen. Da Alpkonfus der X. König von Caſti⸗ lien, die Sternkunde mit fo viel Eifer empor brach⸗ te, da bald darauf die Magnetnadel, die ſichtbare Mittagslinie, wie Herr Griſchow ſie ſinnreich nen⸗ net, erfunden ward, hat die Schifffahrt auch ſtark zugenommen. Die $änge des Weges, den ein Schiff zuruͤcke geleget hat, zu meſſen, bedienten ſich die Alten einer Welle, die quer durch das Schiff gieng, und außen am Schiffe Raͤder hatte *. An⸗ 55 here Vitruvius redet davon im 14 Cap. des X. B. und Rivius hat bey ſeiner Ueberſetzung das aͤußere An⸗ ſehen eines ſolchen Werkzeuges vorgeſtellt, Sturm aber das Werkzeug vollkommen gemacht, und ſeine Gedanken in einer Zeichnung vorgeſtellet. Siehe Projet de la Reſolution du fameux Probleme tou- chant la longitude fur mer par Leon. Chriftofle _ Sturm. Nuͤrnb. 1720. 4to. | zwoer petersburg. Reden. 503 dere maaßen die Geſchwindigkeit des Windes; die Englaͤnder bedienen ſich vornehmlich der Logleine. Der Marcheſe Poleni hat in einer Schrift, welche 1733 den Preiß bey der pariſer Akademie erhalten, eine neue Maſchine erfunden, die Geſchwin⸗ digkeit des Schiffes zu meſſen. Die Beſtimmung der loxodromiſchen Linien, welche bey der Schiff⸗ fahrt fo noͤthig iſt, ſetzet eine genaue Kenntniß von der wahren Geſtalt der Erde zum voraus, welche nur in den neuern Zeiten erſt vollkommener iſt er⸗ kannt worden, und zu deren ſchaͤrferer Unterſuchung das rußiſche Reich beſonders gelegen iſt. Hr. Gr. erzaͤhlet noch andere Werkzeuge, durch welche die Schifffahrt vollkommener gemacht worden. Unge⸗ fähr vor drey Jahrhunderten haben die Portugieſen das Schiffaſtrolabium erfunden, die Hoͤhen, beſon⸗ ders der Sonne, zu nehmen, und ſolches zuerſt un⸗ ter Joh. II. Regierung gebrauchet. Cognets von Antwerpen Halbkugel, der meynieriſche Halbzir⸗ kel, der Schiffquadrante mit dem Waſſerpaſſe, der englifche Schiffſector, und endlich Hadleys Sector haben nachgehends den Schiffern große Dienſte ge⸗ leiſtet, beſonders hat man in den neuern Zeiten der Engländer Bemühungen zu ruͤhmen. Wie denn vom Könige Carl dem II. das Obſervatorium, ver⸗ moͤge der daran geſetzten Aufſchrift, zum Aufneh⸗ men der Sternkunde und Schiffkunſt geſtiftet wor⸗ den. Nach dieſer Erzählung ruͤhmet Hr. Gr. die von Herrn Kratzenſteinen verfertigte Schiffuhr, die zugleich mit iſt gezeiget worden, und durch fernere Pruͤfungen hoffentlich zur Vollkommenheit gebracht werden kann. Dieſem folget eine kurze Nachricht Jie von 504 Von dem Inhalte von denenjenigen, welche ſich der Uhren auf Schif⸗ — fen zu Erfindung der Langen bedienet. Joh. Ward hat dieſes ſchon 1714 angezeiget“, worauf Lotharius Zumbach = Ich weiß nicht, warum Herr Griſchow nicht erinnert, daß ſchon Hugen dieſen Vorſchlag ge⸗ than. Er hat auch eine beſondere Einrichtung ſolcher Uhren, die auf Schiffen zu gebrauchen waͤ⸗ ren, angegeben, und ſolches nebſt dem Erfolg in ſ. Horologio oſcillatorio am Ende des I. Th. au der 16 S. der pariſer Ausgabe 1673 in fol. erzaͤhlet. Die beyben erſten Uhren find auf ein britanniſches Schiff gebracht worden. Sie hatten ſtatt des Ge⸗ wichtes eine zuſammen gewundene Feder, welche die Räder trieb, wie die Taſchenuhren. Man hatte auch den Unrichtigkeiten, welche die Schwanz. kung des Schiffes verurſachen konnte, vorzubauen geſuchet, und ſie haben damals ſehr gute Dienſte gethan. Nachgehends ſind ſie auf verſchiedenen Ffranzoͤſiſchen und hollaͤndiſchen Schiffen gebrau⸗ chet worden, und wenn ſie nicht recht gut gethan haben, ſind oͤfters mehr diejenigen, welche ſie ge⸗ braucht haben, als die Uhren ſchuld daran gewe⸗ fen. Als der Duc Belfort mit franzoͤſiſchen Huͤlfs⸗ — voͤlkern wider die Tuͤrken nach Candia geſchicket wurde, hat er dergleichen Uhr mit ſich auf ſeinem Schiffe gehabt, und unterwegens Beobachtungen damit angeſtellet, welche derſelben Richtigkeit verſichern. Hugen giebt an angefuͤhrtem Orte noch verſchiedene verbeſſerte Einrichtungen ſeiner Uhren zum Gebrauche auf Schiffen an, die vielleicht nicht allen bekannt ſind, welche itzo neue Verbeſſe⸗ rungen angeben, ohne recht zu wiſſen, wie weit die Vorfahren gekommen ſind. Der Uhrmacher Sully hat eine Schiffuhr angegeben, von welcher die koͤnigl. pariſer Akademie ein nicht ungeneigtes Urtheil gefaͤllet hat. S. deſſen Deſeription ahr une — zwoer petersburg. Reden. o Zumbach v. Koͤs feld geglaubet, dieſer Sache damit zu helfen, daß er eine Uhr machte, welche ein gan- zes Jahr ohne Aufhoͤren gienge, und in der Schwe⸗ be wie der Seecompaß hienge, u. ſ. w. Aber die koͤn. pariſer Akademie hat die Verfertigung einer Maſchine, durch welche die Bewegung eines Pen⸗ duli auf dem Schiffe gleichfoͤrmig erhalten wuͤrde, 1720 zum Preiß aufgegeben, da Bernoulli den Preiß erhalten. Er hatte vorgeſchlagen, zwo Spiralfe⸗ dern zu brauchen, deren Wendungen einander ent⸗ gegen geſetzet waͤren; ein amſterdamer Uhrmacher Maſſey hat den andern Preiß erhalten. Ein engli⸗ ſcher Uhrmacher hat denenjenigen, welche zu London die Aufſicht über den auf Erfindung der Laͤnge ge⸗ ſetzten Preiß haben, Seeuhren von verſchiedener Groͤße uͤberreichet, welche viel Beyfall bey ſcharfen Pruͤfungen gefunden haben. Er hat deswegen ſchon viel Geld von ihnen erhalten, und hat Hoff⸗ nung den Preiß davon zu tragen. Graham hat Taſchenuhren, welche die Secunden zeigen, in ſol⸗ cher Vollkommenheit verfertiget, daß zu zweifeln iſt, ob irgend eine andere die Zeit auf den Schiffen ſo richtig anzeigen koͤnne. Der Cap. Middleton hat eine ſolche Uhr bey der ſtrengſten Kaͤlte in der Hud⸗ ſonsbay mit aſtronomiſchen Beobachtungen vergli⸗ chen, und die Abweichung in einem Tage nur 15 Sec. gefunden, dabey dieſe Uhr bey Tage in der Taſche, des Nachts im Bette iſt verwahret worden. Eben dieſer Middleton behauptet, man koͤnne auf dem Meere die Breite mit Hadleys Sector oder Br an Smiths d'une horloge d' une nouvelle invention pour la juſte valeur du tems fur mer etc. Paris 1733. - 506 Von dem Inhalte zwoer petersb. Smiths Quadranten auf 5 Min. richtig beſtimmen, und ein Schiffer koͤnne mit Smiths Seeteleſ kope und Grahams Taſchenuhr die Finſterniße der Jupi⸗ terstrabanten auf dem Schiffe beobachten, und alſo die Länge beſtimmen. Auch hat der Abt Soumille eine Sanduhr erfunden, welche 30 St. läuft, Stun⸗ den und Minuten zeiget, und beym umkehren nicht inne haͤlt. Die Methoden, deren ſich die Schiffer bedienen, die Zeit durch genommene Sonnenhoͤhen zu finden, ſind auch vielen Unrichtigkeiten unterworfen, welche in Beſtimmung der Zeit große Fehler geben koͤnnen. Hr. Gr. ſchlaͤgt deswegen vor, die Zeit dadurch zu beſtimmen, daß man von zweyen Fixſternen, die auf beyden Seiten des Mittagskreiſes ziemlich weit von ihm entfernet ſtehen, und beynahe einer ley Höhe ha⸗ ben, die Hoͤhen nimmt, und zugleich die Zeit, welche zwiſchen beyden Beobachtungen verfloſſen iſt, bemer⸗ ket, daraus läßt ſich die Zeit, zu welcher die Höhen ſind genommen worden, ſo beſtimmen, daß man von der Unrichtigkeit der Werkzeuge keine ſo gar gefahr⸗ liche Folgen zu beſorgen hat. Hierauf wiederholet Hr. Gr. Hr. Kr. uͤbrige Er⸗ findungen, und erinnert, daß die pariſer Akademie auf das Jahr 1743 die Verfertigung ſolcher Werkzeuge, vermittelſt deren die Neigung der Magnetnadel auf das genaueſte koͤnnte auf dem Meere beſtimmt werden, zum Preiße aufgegeben, dabey zwar Euler und Ber⸗ noulli viel Gutes vorgebracht „aber die Sache noch nicht voͤllig zur Richtigkeit gekommen iſt. Den Schluß machet der Gluͤckwunſch an Ihro Maj. die N | * [7 2 VI. Unter⸗ | A „ n ⏑⏑τ — U en VI. 10 unterſuchung gewiſſer eetteifcher Erſcheinungen, welche in, Italien bekannt gemacht worden, | angeſtellet von dem Abt Nollet, | der K. Geſellſch. der koͤnigl. Akademie der Wiſſen⸗ ſchaften zu Paris, und der Akademie des Boh ſchen Inſtituti Mitglied; | der koͤnigl. Geſellſchaft mitgetheilet durch Se. Gnaden Carl Herzog v. Richmont nr Mitgl. der koͤnigl. Geſellſch. aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzt von W. Watſon, M. d. K. G. Aus den philoſophiſchen Tranſactionen 494 N. XX. Art. ) Er uͤberſetzt. | Ri ie Elektricitaͤt, welche bisher die Nacheife⸗ J rung der Gelehrten allenthalben erwecket, und uns durch eine unzählige Menge Er. ſcheinungen, welche weit ſonderbarer und vortrefflicher, als andere „ in Verwunderung geſe⸗ Bet hat, ſcheint dieſe wenige Jahre her ſich zu nicht em Erſtaunen, wiewohl auf eine nutzbarere Pr 508 Niollets Unterſuchung Art in Italien, gezeiget zu haben, als in Eng land, Frankreich, Deutſchland, u. ſ. f. wo fie doch ſeit 20 oder 25 Jahren ſo großen Fortgang ge⸗ habt hat. Wir haben Nachricht erhalten, daß man dadurch jedwede Krankheit heilen, oder ſelbige we⸗ nigſtens faſt augenblicklich lindern, und alle Gat⸗ tungen von Leuten auf eine ſolche Art purgiren koͤnn⸗ te, dadurch vor allen andern der Widerwille und Abſcheu, welchen wir von Natur fuͤr den medicini⸗ ſchen Traͤnken haben, vermieden wird. Auch den⸗ jenigen Krankheiten, welche man am meiſten heim⸗ lich zu halten ſuchet, waͤre vermittelſt derſelben zu helfen. Das durch die elektriſche Materie fluͤchtig gemachte und in den Koͤrper des Patienten gefuͤhrte Queckſilber, gäbe feiner Haut eine Bleyfarbe, und curirte ihn gewiß durch eine haͤufige Salivation. Die Art und Weiſe, wie dieſes geſchehen, waͤre nicht weniger zu bewundern, als die Sache ſelbſt. Perſonen, die mit eingewurzelten Gichten Glieder: reißen, Fluͤſſen, Beulen, u. ſ. w. behaftet waͤren, faͤnden Linderung daran (wuͤrden davon befreyet), wenn man fie nur wenig Stunden elektriſiret hätte; und oͤfters brauchte man nicht einmal ſo viel Zeit. Bisweilen wuͤrde eine Glasroͤhre allein gerieben und gebraucht: ein andermal bediente man ſich ei⸗ ner Glasroͤhre, welche mit einigen Arztneyen ge⸗ fuͤllet, die ſonſten zum gewoͤhnlichen Gebrauche wi⸗ der die Krankheit des Patienten angewendet wuͤrden. Dieſe Arztneyen draͤngen, um ihre Wirkung an dem Patienten zu aͤußern, durch das Glas: und hiervon wuͤrde man ſo gewiß verſichert, als man ſähe, daß ſie merklich abnähmen, ungeachtet das 8 Glas, MR BERN ART n 2 gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 509 Glas, worinnen ſich diefelben befaͤnben, fo feſt zus geſtopfet wäre, als wenn es hermetiſch verſiegelt. Den Stuhlgang zu befoͤrdern, duͤrfte nur die Per⸗ ſon ein Stuͤck Scammonium oder Gummi Gutta in der Hand halten, und ſich 6 oder 8 Minuten eleftri- ſiren laſſen: die Wirkungen erfolgten alsdenn fo ge⸗ wiß, als wenn ſolche Sachen wären innerlich ge— brauchet worden. Ferner, wenn jemand ſich vom Kopfe bis zu den Fuͤßen wohlriechend zu machen verlangte, ſo waͤre nichts mehr noͤthig, als daß er ſich mit einem glaͤſernen Geſchirre, das mit peru- vianiſchem, oder benjaniniſchem Balſam, oder an⸗ dern dergleichen Materialien, gefuͤllet wäre, elektri⸗ ſiren ließe: und durch dieſes Elektriſiren wuͤrde der Geruch davon auf 2 oder 3 Tage ſo ſtark verſpuͤret, daß er denenjenigen, welche denſelben nicht vertra- gen koͤnnten, beſchwerlich fiele. Nicht weniger bewundernswuͤrdige Wirkungen, wurden taͤglich durch gedruckte, und immer wiederum neu aufgelegte Schriften *, oder durch beſondere an N die Das erſte von dieſen Werken iſt ein Brief des Herrn Pivati, eines Advocaten zu Venedig. Er wurde zuerſt im Jahre 1747 zu Lucca, und einige Zeit darnach wiederum zu Venedig gedruckt, alle⸗ zeit unter dem Titel: Della Electricita, Lettra del chiariſſimo Signor Franciſeo Pivati, ete. Dieſer Brief wurde ins Franzoͤſiſche uͤberſetzet, und zu Paris gedruckt. Im Jahre 1748 trat ein anderer Tractat, der zu Bononien gedruckt war, ans Licht, unter dem Titel: Obſervationi fifico-mediche intorno alla Electricita, da Gio Giuſeppe Verati publ. profeſſ. nella univerſita e nella Academia delle Scienze del inſtituto academico Benedettino. In eben 510 Nollets Unterſuchung . 7 0 die Gelehrten durch ganz Europa gerichtete Briefe und Abhandlungen in Handſchriften, bekannt ge⸗ macht. Sie wurden auch durch anſehnliche Zeugen bekraͤftiget, welche vermoͤgend waren, auch diejeni⸗ gen zu verfuͤhren, die ſich ſonſt fuͤr den Vergroͤße⸗ rungen, welche Erzaͤhlungen von wichtigen Neuig⸗ keiten allezeit zu begleiten pflegen, am meiſten in Acht nehmen. | Selbſt die Wichtigkeit der Begebenheiten, und der Schein der Glaubbwuͤrdigkeit, der fie begleitete, erforderten, daß man ſelbige in Betrachtung zoͤge: und ſie erweckten in der That allenthalben die Auf⸗ merkſamkeit derer Weltweiſen, welche ihre Gedan⸗ ken einige Zeit auf dieſe Unterſuchungen gerichtet hatten. Jeder von ihnen war begierig, das zu wie⸗ derholen, was Herr Pivati zu Venedig, Herr Verati zu Bononien, und Herr Bianchi zu Turin, bewerkſtelliget zu haben melden. Man nahm, weil man den Anfang mit einem ſolchen Verſuche eben dieſem 1748ſten Jahre wurde zu Verona ein kleiner Tractat von der mediciniſchen Elektricitaͤt gedruckt, unter dem Titel: Lettra del Signiore Ca- nonico Brigoli ſopra la Machina Elettrica. Nach⸗ mals wurde im Jahre 1749 zu Venedig ein neu⸗ er Tractat ans Licht geſtellet, der um einen gu⸗ ten Theil weitlaͤuftiger als der erſte iſt. Wir finden darinnen nicht allein des Verfaſſers eigene Verſuche; ſondern auch die von dem Herrn Bian⸗ chi von Turin, und etlichen andern Perſonen, die ſich in dieſer Abſicht Muͤhe gegeben haben. Dieſes letzte Werk fuͤhret den Titel: Recenſioni fiſice ſopra la Medicina Elettrica. In dieſem Buche find bauptfächlich die Verſuche enthalten, davon wir itzo zu handeln geſonnen ſind. gewiſſer elektrischer Erſcheinungen. zu Verſuche machen wollte, welcher am leichteſten chien, die Transmißion der wohlriechenden Mate⸗ * rien, durch die Zwiſchenraͤumchen des Glaſes zu erſt vor, auf welche ſich die von dem Herrn Pivati fo genannten Intonacatores * gründen, die wir in der Folge dieſer Schrift mit Arztneyen verſehene Glaͤſer nennen wollen, und gab ſich Mühe, Per- ſonen von jedem Alter, und von beyden Geſchlech⸗ tern, zu purgiren, indem man ihnen, da ſie elektri⸗ ſiret wurden, Scammonium, Gummi Gutta, Aloe, u. d. gl. in der Hand halten ließ. Allein es war was ſehr ſonderbares, daß es keinem von allen denen, welche mit dieſen Verſuchen zu thun gehabt, gelin⸗ gen wollte: und jeder erwartete mit einer Art von Scham, daß ſich jemand uͤber den Mangel eines guten Fortganges beklagen wuͤrde. Allein, dieſes wurde noch durch die Eilfertigkeit verhindert, mit welcher Herr Winkler“ der koͤniglichen Societaͤt, und einigen gelehrten Maͤnnern in Frankreich, von dem Erfolge ſeiner eigenen Verſuche, Nachricht ertheilte, die mit denen, welche in Italien gemacht worden, wohl uͤberein kamen. * Ich Herr pivati hat dieſen Namen der Manier gege⸗ ben, nach welcher er hohle Glascylinder zubereitet, indem er ſie mit einigen Arztneymaterialien fuͤllet, oder inwendig ausfuͤttert, deren Kraft ſeinem Vorgeben nach, mit der elektriſchen Materie durch⸗ ſchwitzen ſoll. | | * Ein beruͤhmter Profeſſor der Weltweisheit zu 905 der ſehr viel von der Elektricitaͤt geſchrie⸗ en hat. 3 12 Pollets Unterſuchung Ich meines Theils, ich will es frey heraus ſagen, berichtete es, wenn ich fand, daß meine Verſuche nicht gelingen wollten, ohne Bedenken allen Philoſophen, mit welchen ich in Briefwechſel ſtand. Ich bath ſel⸗ bige, fie moͤchtens mir wiſſen laffen, wenn es ihnen damit beſſer, als mir, von ſtatten gegangen waͤre, und mir Nachricht geben, wie ſie dabey verfahren haͤtten, damit ich mich darnach richten koͤnnte. Ich war vielmehr willig, meine Ungeſchicklichkeit zu ge⸗ ſtehen, und die Methode, welche nothwendig dabey beobachtet werden muͤßte, von andern zu lernen, als daß ich das Vergnuͤgen, diejenigen Erſcheinungen ſelbſt zu ſehen, welche man dadurch hervor zu brin⸗ gen vorgegeben, noch laͤnger hätte entbehren ſollen. Anſtatt einer Anweiſung, die mich vielleicht auf ei⸗ nen guten Erfolg fuͤhren koͤnnen, erhielt ich nichts, als eben ſolche Geſtaͤndniſſe, wie ich gethan hat⸗ te. Aus dieſem ſah ich, daß alle Methoden verſu⸗ chet worden waͤren, und daß nichts weiter zu thun uͤbrig, als, entweder alles, was andere verſuchet, zu glauben, oder in Zweifel zu ziehen, ohne Hoff, nung eines beſſern belehret zu werden. Der erſte war dem Geſetze, bey welchem ich zu bleiben beſchloſ⸗ ſen hatte, als ich mich auf die Experimentalphiloſo⸗ phie zu legen anfing, gerade zuwider; und bey dem andern mußte ich mir große Gewalt anthun. Al⸗ lein von der Stunde an faßte ich den Entſchluß, zu reiſen. Und ich muß geſtehen, daß unter allen Be⸗ wegungsgruͤnden, die mich zu der Unternehmung, eine Reiſe nach Italien zu thun, veranlaſſeten, einer der ſtaͤrkſten das Verlangen war, denjenigen elektriſchen Erſcheinungen, zu deren Bekraͤftigung ich 8 + rucht · gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. sız fruchtloſe Bemuͤhung angewendet hatte, bey denen, welchen ſie, ihren Nachrichten zu Folge, gelungen wa⸗ ren, ſelbſten anzuſehen. Ich freuete mich darauf, daß ich ſehen würde, wie der peruvianifcye, benja⸗ niniſche Balſam, der Campher, Zimmet, u. d. g. ein elektriſirtes Glas durchdringt, welches ich mir ſelbſt zuzuſtopfen angelegen ſeyn laſſen; wie Leute durch die flache Hand purgiret würden; wie ein al— ter mit der Gicht behafteter Mann, als der Biſchof von Sebenico *, in die Hände klatſchet, mit den Fuͤßen auf den Boden ſtampfet, und, nachdem er zwo Minuten elektriſiret worden, frey herum ſpazie— ret. Was aber meine Neugier am meiſten reizte, war, wenn es moͤglich, zu erfahren, warum die italieniſche Elektricitaͤt dieſe Vorzuͤge haben, und viele andere Länder davon ausgeſchloſſen ſeyn ſollten. Wenn dieſe ſonderbare Sache ihre Richtigkeit haͤtte, wie es wirklich ſchien, ſo waͤre dieſes ein neues Wunder, bey deſſen Erklaͤrung ſich mehr Schwie— rigkeiten, als bey allen andern, faͤnden; und ich ſetzte mir vor, die dabey vorkommenden Umftände mit Aufmerkſamkeit zu erwaͤgen, und mich zu be muͤhen, daß ich die Urſache davon ausfuͤndig ma⸗ chen koͤnnte. Da ich die beſchwerliche Reiſe uͤber die Alpen unternommen habe, um die Wahrheit auszufor⸗ fen, fo werde ich fie weder verſchweigen, noch viel— weniger verfaͤlſchen: und ich will alles, was ich ge⸗ hoͤret und geſehen habe, mit einer wahren philoſophi⸗ 15 5 ſchen * Bef. des Herrn Pivati Brief, gedruckt zu Lucca, . 7. N 9 Band. Kk 514 Nollets Unterſuchung Au ſchen Freymuͤthigkeit erzählen. Wenn ich aber dies ſes thue, ſo ſehe ich mich genoͤthiget, etlichen Ver⸗ ſuchen, welche einige in der gelehrten Republik bekannte Perſonen der Welt mitgetheilet haben, zu widerſprechen. Ich verſichere aber, daß es von meiner Seite ohne Nachtheil fuͤr den vortheilhaften Begriff, den ich mir von ihrer Aufrichtigkeit oder Geſchicklichkeit machen kann, geſchieht; und ich wuͤnſche aufrichtig, daß ſie der Leſer auf eben dieſe Art betrachten moͤchte. Wenn er vernuͤnftig iſt, ſo wird er mir gern beypflichten: weil in einer ſo dun⸗ keln und ungewiſſen Unterſuchung als dieſe, wovon wir itzo handeln, ein geſchickter Mann, aus einer ganz redlichen Abſicht, das Falſche fuͤr das Wahre ergreifen kann. Ich kam ungefaͤhr zu Anfange des Mayes 1749 nach Turin, und meine erſte Sorge war, den Herrn Bianchi, einen beruͤhmten Anatomiſten, und den erſten Erfinder des Purgierens durch die Elektricitaͤt, zu beſuchen. Ich erinnerte ihn alles, was er mir von dieſer Materie geſchrieben, und bath ihn, er moͤchte alle die Verſuche, welche weder mir, noch vielen andern, von ſtatten gegangen wa⸗ ren, in meiner Gegenwart, und unter feiner Auf- ſicht, wiederholen. Er erzeigte mir die Gefaͤllig⸗ keit, und erfuͤllte mein Verlangen. Wir machten Anſtalt darzu. P. Garo, ein Franciſcaner, und Profeſſor auf der Univerſitaͤt, ließ feine eleftri- ſche Maſchine, welche derjenigen, die ich in meinem Verſuche, 19. S. Fig. 2. beſchrieben habe, voll⸗ kommen gleicht, auf den Ort tragen, den wir zu un⸗ ſern Verſuchen beſtimmet hatten. | 2 le gewiſſer eee. 9 55 Die Verſuche, | welche den erſten Tag gemacht worden Am 21. May, ungefaͤhr um 4 Uhr Nachmitta⸗ 15 ges, bey kuͤhlem, aber unbeſtaͤndigem Wetter, als Herr Bianchi einen Klump Scammonium, und ein ander großes Stuͤck Gummi Gutta angeſchaffet, da⸗ von jedes Stuͤck ungefähr die Größe eines Huͤner⸗ eyes hatte, nahm ich das erſte in meine rechte Hand, trat auf einen Pechkuchen, hielt die linke Hand an die Oberflache der Glaskugel, und ließ mich 15 Mi⸗ nuten hinter einander elektriſiren. Dieſen Tag war die Elektricitaͤ gar nicht ſtark. Nach mir wurde ein junger Menſch, welchen ich wenig Tage zuvor in meine Dienfte genommen hat⸗ te, elektriſiret. Er war 22 Jahre alt, und von blaſſer Geſichtsfarbe. 55 Man elektriſirte alsdenn ein junges Frauenyim- mer von 16 bis 17 Jahren. Die war von einer kraͤnklichen Leibesbeſchaffenheit: befand ſich aber zur ſelbigen Zeit ziemlich wohl. Nach dieſen wurde Herr Beccari, Profeſſor der Philoſophie auf der Univerfität, ein hagerer . von ungefähr 35 Jahren, elektriſirt. Man elektriſirte alsdenn einen Bedienten, der in das Haus gehoͤrte, wo die Verſuche gemacht wur⸗ den. Selbiger war ungefaͤhr 24 Jahre alt, und ſchien eben nicht unpaͤßlich zu ſeyn. Eben dieſer Verſuch wurde auch an einem an⸗ dern Bedienten gemacht, welcher ein ſtarker Mann von 40 Jahren, oder druͤber, war: und jede von Kk 2 dieſen 516 Nollets Unterfuchung dieſen Perſonen wurde ſo lange, als ich, elektriſiret; das iſt, 15 Minuten hinter einander. N Ich verſpuͤrte bey mir keine Wirkung, welche ich der Elektricitaͤt zuſchreiben konnte. Ich empfand keine außerordentliche Bewegung noch einigen Schmerz in meinen Gedaͤrmen: und eben ſo war es mit dem Herrn Beccari, mit dem 40 jaͤhrigen Be⸗ dienten, und mit dem jungen Frauenzimmer. Allein der junge Menſch von 22 Jahren ſagte, als er gefraget wurde: er haͤtte in der Nacht zween Stuͤhle, und einen Anfall von der Colik gehabt. der Bediente im Hauſe erzaͤhlte, als man eben dieſe Frage an ihn that: er hätte einen ſehr ſtarken Stuhl gehabt, als wenn er eine Purganz eingenom⸗ men haͤtte. Dieſe zwo letzten Ausſagen geſchahen wie die andern gleich auf der Stelle, und ich fing ſelbige als wichtig zu betrachten an, da der letz⸗ tere bekannte, daß er vor wenig Tagen einen abs gekochten Trank von wilden Cichorien (Wegewart) wider eine Unpaͤßlichkeit, davon er uns zuvor nichts gemeldet, eingenommen hatte. Der junge Menſch, welcher vorgab, daß er zween Stühle gehabt hätte, machte ſein Zeugniß durch gewiſſe beſondere Umſtaͤn⸗ de *, die er einige Stunden darauf noch hinzu fuͤ— | gen * Diefer junge Menſch wußte fich ſehr viel damit, und erzaͤhlte allen Leuten, daß er elektriſirt worden waͤre; daß er ſo darnach purgiret, als wenn er eine Purganz eingenommen hatte. Er ſetzte noch hinzu: er haͤtte eine Stunde nach dem Elektriſiren die Neugier gehabt, zu ſehen, was daraus erfolgen wuͤrde, wenn er feiner Frau beywohnte; * er hatt gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. ry gen wollte, mehr als zu verdaͤchtig: und von der Zeit an hat er ſich auf eine ſolche Art aufgefuͤhret, daß ich mich auf das, was er ſagte, nicht zu Date, ſen getrauete. Was ich itzo von den beyden Bedienten angefüh⸗ ret, von welchen mir der eine anfangs verſchwiegen, und erſt einige Zeit darauf geſtanden, daß er Cicho— rienfranf ‚eingenommen ; und der andere fein Zeug: niß mit einer folchen Liebe zum Wunderbaren abge: legt, daß die Klugheit erforderte, alles, was er ſag— te, für verdächtig zu halten, dieſes, ſage ich, machte mich ſehr vorſichtig in Erwaͤhlung der Per⸗ ſonen, die ich zu unſern Verſuchen nehmen wollte. Ich erklaͤrte mich, daß ich Willens waͤre, weder Kinder, noch Bediente, noch gemeine deute darzu zu nehmen: ſondern es follten nur vernuͤnftige Per⸗ ſonen, und von einem ſolchen Alter darzu kommen, daß man in die Wahrheit ihrer Ausſage kein Mis. trauen zu ſetzen Urſache hätte. Der zweyte Verſuch. Den Tag darauf, an welchem wir unſere erſte Ver⸗ ſuche gemacht hatten, wurde ich, mit einem großen Stuͤcke Scammonium in der Hand, wie den voris gen Tag, wiederum 15 Minuten hinter einander elektriſiret. Und nach mir wurde an dem Doctor Scherra, einem Arzte; Herrn Verne, Demon— ſtrator der Anatomie; dem Marquis von Sirie; dem Abte Porta, Profeſſor auf der Univerſitaͤt; f 3 ; dem haͤtte ihr dadurch ſeine Elektricität mitgetheilet, und ſie haͤtte ſowohl, als er ſelbſt, purgiret. Sg Rollets Unterſuchung dem Lehrmeiſter der Kinder des Marquis d' Ormea, und dem Lehrmeiſter der jungen Herren d' Oſa, eben dieſe Probe gemacht. Dieſen Tag war die Elektri⸗ citaͤt nicht ſonderlich ſtark. | ! Von allen dieſen Perfonen, welche elektriſiret wor⸗ den waren, verſpuͤrte nicht ein einziger einige Leibes⸗ ſchmerzen; nicht ein einziger hatte einige Evacua⸗ tion, die er der elektriſchen Kraft haͤtte zuſchreiben koͤnnen: ſondern, damit ich das, was ich erfahren, mit der groͤßten Aufrichtigkeit erzaͤhle, nach verſchie⸗ denen Fragen ſagte der Lehrmeiſter der jungen Her— ren d Ormea, es wären mehr Blehungen, als ſonſt zu geſchehen pflegte, von ihm gegangen; und, wie er glaubte, auch mehr Urin. Von ſieben Per⸗ ſonen war alſo nur einer, der uns auf die Muth⸗ maßung bringen konnte, daß die Elektricitaͤt eine merkliche Wirkung bey ihm gethan haͤtte; und dieſe Vermuthung war, allem Anſehen nach, ſehr geringe. Der dritte Verſuch. Dien 23. May, da die Elektrieitaͤt ſtaͤrker, als den vorigen Tag war, lafen wir ein friſches * Stuͤck Scammonium aus, welches eine ſehr ſtarke gelbe Far⸗ be hatte, und 4 Unzen wog. Der Marquis d' Ormea; Dr. Allion, ein Medicus; die zween vorgedachten Lehrmeiſter; Pater Garo; der Graf Serrero, und ich, hielten, einer nach dem andern, dieſes Herr Bianchi muthmaßte, daß das Stuͤck, welches wir bey unſern erſten Verſuchen gebrauchet, ſeine ſubtileſten Theilchen, die, wie er ſaget, allein faͤhig waͤren, mit der elektriſchen Materie in den Koͤrper uͤberzugehen, verloren haben müßte, gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. ig dieſes Stuͤck Scammonium; und jeder wurde, wie bey den vorigen Verſuchen geſchehen, 15 Minuten elektriſiret. br . NE, Z bween Tage giengen vorbey, und keine von Dies ſen Perſonen ſpuͤrete auch nur das geringſte, welches der Elektricitaͤt zugeſchrieben werden konnte. Der vierte Verſuch. Eben den Tag bemuͤheten wir uns, einen Verſuch zu wiederholen, welchen mir Herr Bianchi vor eis _ nigen Monaten zu willen gethan, und der mir zu Paris nicht hat von ſtatten gehen wollen. Dieſer Verſuch war die Transmißion des Geruchs laͤngſt einer Kette, oder einer elektriſirten eiſernen Stange. Einer von uns richtete ein mit peruvianiſchem Bal⸗ ſam überftrichenes Stuͤckgen Leinwand zu, und befe- ſtigte es an die eiſerne Stange, welche die Elektri⸗ citaͤt von der Kugel empfing. Wir befeſtigten an dieſen Stab das Ende einer eiſernen Kette, welche durch die Mittheilung elektriſch gemacht wurde: und wir erwarteten, daß der Geruch von dem Balſam durch das andere Ende der Kette, woran eine me⸗ tallene Kugel hing, gefuͤhret werden ſollte. Allein, es war umſonſt; niemand konnte das geringſte Zei⸗ chen einer Transmißion wahrnehmen. Herr Bianchi, welcher ſo gut, als ich, ſahe, daß der Erfolg von allen dieſen Verſuchen nicht mit demjenigen überein kam, was er vorher bewerkſtelli⸗ get zu haben vermeynet, ſagte zu mir, dieſer Unter⸗ ſchied koͤnnte vielleicht daher kommen, daß wir eine allzuſtarke Elektricitaͤt gebraucht hätten, weil fie bey denen Verſuchen, die ihm gluͤcklich von ſtatten ge⸗ Kk 4 gangen 5320 Nollets Unterſuchung gangen waͤren allezeit ſchwäͤcher geſchienen haͤtte. Ich war mit dieſer Urſache zufrieden, weil ich ihm ſelbſt keine wahrſcheinlichere anzugeben wußte, und es verſammelten ſich, um die ganze Operation, ſo 1 viel als moglich, wieder auf den erſten Fuß zu fer gen, unſer 14 bey dem Herrn Bianchi, wo wir erwartet wurden. Wir ließen uns, einer nach dem andern, ſo lange Zeit von ihm elektriſiren, als er es nöthig zu ſeyn erachtete: manchmal mit Scammo⸗ nium, und manchmal mit Gummi Gutta „ welches er ſelbſt ausgeſuchet hatte. Die Maſchine, welche dieſen Tag gebrauchet wurde, war eben die, womit Herr Bianchi alle» zeit ſeine eigene Verſuche gemacht hatte. Sie be⸗ ſtand aus einem hohlen Glascylinder, der 3 Zoll im Durchmeſſer, und etwas mehr als einen halben Schuh in der kan ge hatte *, Er war zwiſchen zween Stügen auf einem Brete aufgerichtet, welches an eine Tafel mit Schrauben befeſtiget war. Dieſes cylindriſche Gefäß wurde unmittelbar bey einer Kurbel umgedreht, die zum wenigſten vier Zoll in ihrem Radio hatte: ſo, daß die Hand, womit dieſe Maſchine gedrehet wurde, mit einer groͤßern Ge- ſchwindigkeit herum kam, als die Oberfläche des gläfernen Cylinders, welcher dadurch in Bewegung geſetzet wurde. Bey dieſer Maſchine war die Bequemlichkeit, daß eine einzige Perſon mit einer Hand die Kurbel drehen, und mit der andern die Oberflaͤche des Gla— ſes reiben konnte. Es iſt aber leicht zu begreifen, daß Der Verfaſſer meynet hier franzoͤſiſche Schuh. gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 521 daß die Elektricitaͤt, mit einem ſolchen Cylinder, und von einem ſolchen Reiben, nothwendig ſehr ſchwach ſeyn mußte: ſo, daß wir in den Verſuchen, die dieſen Tag gemacht wurden, kaum im Stande waren, einiges Platzen zu bemerken, wenn wir die eiferne Kette, wodurch die Elektricitaͤt mitgetheilet wurde, oder die elektriſirte Perſon beruͤhreten. Und ſo wollten wir es auch eben haben. Dieſe Verſuche wurden den 29 May, an einem Donnerſtage, zwiſchen 4 und 6 Uhr Nachmittags, an einem ſehr heißen und hellen Tage, gemacht. Als des Sonntags Abends alle die Perſonen, wel⸗ che ſich hatten elektriſiren laſſen, gefraget wurden, antworteten ſie, ohne ſich lange zu beſinnen, und gerade heraus, daß ſie nichts bey ſich bemerket haͤt⸗ ten, welches dieſen Verſuchen zugeſchrieben werden könnte. Dieſe Perſonen waren der Marquis von Sirie, der Graf Ferrero, der Marquis d' Or⸗ mea, Herr von Tignola, ein Officier von der Artillerie, der P. Beccari, P. Gero, Dr. Alli⸗ on, Herr Verne, Dr. Scherra, der Abt Por— ta, die beyden Lehrmeiſter, das junge Frauenzim⸗ mer, deſſen ich zuvor gedacht habe, und ich. Die folgende Nacht, das iſt, die Nacht zwiſchen dem Sonntage und Montage, befand ich mich mit einer Unverdaulichkeit beſchweret, und fühlte Colik— ſchmerzen: allein ich leitete dieſes nicht ſo wohl da⸗ von her, daß ich den vorigen Donnerſtag elektriſiret worden war, ſondern ich ſchrieb es vielmehr einigen Wurzeln, die ich den vorigen Tag zu Mittage ge⸗ geſſen, und einem ſehr großen Glaſe Limonade, die ich einige Zeit darnach getrunken hatte, zu, wel⸗ Kk 5 ches 522 Nollets Unterſuchung ches wider meine Gewohnheit war. Damit aber nicht einige Perſonen etwa ſagen moͤchten, die Elektricitaͤt hätte mich purgiret, und ich wolle nur nicht ſo aufrichtig ſeyn, und es geſtehen: ſo hielt ich es fuͤr meine Schuldigkeit, zu meiner Rechtferti⸗ gung, hier noch dieſes hinzu zu fuͤgen, daß ich in meinem ganzen Leben einen ſchwachen Magen ge⸗ habt; daß ich niemals Eingemachtes, oder ſehr kalt Getraͤnke, ohne große Vorſichtigkeit dabey zu ge⸗ brauchen, zu mir nehmen kann, daß ich aber noch allezeit in Gefahr bin, Ungelegenheit da⸗ von zu haben; und daß mir dieſe Wurzeln, welche in Piemont Kavanelle genennet werden, unge⸗ achtet ich mir, dieſelben ſparſam zu eſſen, vorges nommen, meine Verdauung bey meinem hieſigen Aufenthalte, und zu Zeiten, da ich nichts mit elektri⸗ ſchen Verſuchen zu thun gehabt, in Unordnung ge⸗ bracht haben. Ferner fand ich, da ich vor drey und mehr Tagen keine Beſchwerung gehabt, hin⸗ laͤugliche Urſache, warum ich das, was mir begegnet war, der elektriſchen Kraft nicht zuſchreiben konnte. Die ausnehmende Vorſichtigkeit, mit welcher ich die Perſonen zu allen unſern Verſuchen zu waͤhlen ſuchte; die Schwierigkeit, ſolche kranke Perſonen zu verſchaffen, und darzu zu bereden, welche in dem Stande und von der Art waren, daß man ih⸗ res Theils weder ein Vorurtheil, noch eine erhitzte Einbildungskraft zu befuͤrchten haͤtte; die Schwie⸗ rigkeit, welche ich fand, die Zeit zu treffen, die ein Medicus, der in großer Praxi iſt, abmuͤßigen konnte, dieſe Hinderniſſe, ſage ich, hielten mich ab, mit dem Herrn Bianchi ſolche Curen zu 15 terneh⸗ gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 523 ternehmen, die er, vermittelſt der elektriſchen Kraft, gethan zu haben vermeynet; entweder durch ihre eis gene Wirkung, oder indem man ſich eines glaͤſer— nen Gefaͤßes, darinnen ſolche Arztneyen geweſen, die ſich zu den Umſtaͤnden des Kranken geſchickt, bedienet, und alsdenn dieſes Glas durch Reiben elektriſch gemacht hat. Ich bezeigte aber doch ein großes Verlangen, diejenigen Perſonen zu ſehen, welche vorher durch ſeine Methode euriret worden, oder eine merkliche Linderung dadurch empfunden haben. Ich fragte dieſerwegen die Arztneygelehrten, welche Zeugen von dieſen Verſuchen geweſen, und noch in dem Stande waren, alle Tage einige von den Perſo⸗ nen zu ſehen, die in der Handſchrift, welche ich von dem Herrn Bianchi hatte, genannt waren; und deren Hiſtorie im 9 Hauptſtuͤcke eines Tractats vom Herrn Divati umſtaͤndlich * erzaͤhlet wird. Ich gieng ſelbſt zu dem Schuſter, in deſſen Werk⸗ ſtatt der junge Menſch, von 21 Jahren, arbeitete, deſſen auf der 110 Seite des vorigen Tractats, und auf der 479 Seite meiner Recherches “ gedacht wird. Die Verbindlichkeit, die Wahrheit zu fas gen, welcher Philoſophen alles Anſehen der Perſon aufopfern ſollten, erlaubet mir nicht, zu verhelen, daß mir meine Unterſuchungen, die ich mit allem möglichen Fleiße, und ohne alle andere Abſicht, als g N die *Refleſſioni fiſichè ſopra la Medicina elettrica, p. 149. Es iſt Hutmacher an ſtatt Schuſter uͤberſetzet worden, indem man das italieniſche Wort Calce- tario fuͤr Calzolaio genommen, welches doch in der Handſchrift leſerlich genug war. 524 Nollets Unterſuchung die Wahrheit zu erforſchen, angeſtellet, deutlich genug gezeuget haben, daß dieſe Geſchichte uͤber die Maaßen vergroͤßet worden ſind. Ich will zwar gern glauben, daß die Schuld den Kranken beyzu> meſſen iſt, welche, weil ſie vielleicht von einer allzu großen Hoffnung, und einer Art von Entzuͤckung eingenommen geweſen, ſelbſt mehr geſaget, als wirklich geſchehen, und andere dadurch bewogen, es zu glauben. Man koͤnnte Exempel genug von dieſen Blendwerken anfuͤhren: allein, es mag ſeyn wie es will, ich kann nicht anders denken, als daß ein großer Theil dieſer elektriſchen Curen zu Turin nichts anders „als ein vergänglicher Schatten ges weſen, welchen man mit ein wenig alzu großer Ueber⸗ eilung oder Willfaͤhrigkeit, fuͤr etwas Wirkliches gehalten hat. Ich brachte eben die Neugier, eben das Verlan⸗ gen die Transmißion des Geruchs bey den mit Arzt⸗ neyen verſehenen Roͤhren, und die faſt augenblickli⸗ chen Curen oder Linderungen der Krankheiten, durch die elektriſche Kraft zu erfahren, mit nach Venedig. Meine erſte Sorge war, einige gute Freunde oder Bekannte des Herrn Divati ausfindig zu machen, welche ihm meine Ankunft melden, und die Gewo⸗ genheit von ihm erlangen moͤchten, daß er mich mit in fein Laboratorium naͤhme, und die Guͤtigkeit haͤt⸗ te, dem großen Verlangen, welches ich hegte, ihn bewerkſtelligen zu ſehen, daß der Geruch durch die Seiten eines wohl verſtopften Glaſes dringt, oder daß eine darinn enthaltene Materie durchs Elektriſi⸗ A LA vermindert wird, Genuͤge leiſten moͤch⸗ Herr Angelo Quirini „ein EN del⸗ gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 525 Edelmann, ein großer Freund der Wiſſenſchaften, welcher allezeit bereit, denjenigen, die denſelben ob⸗ liegen, behuͤlflich zu ſeyn: dieſer Mann, ſage ich, erwies mir unter vielen andern dieſen Dienſt, wofuͤr ich ſeiner Freundſchaft und Hoͤflichkeit verbunden bin. Er meldete mich alſo bey dem Herrn Pivati; und am 1. Auguſt 1749. beſuchten wir denſelben, und trafen eine zahlreiche Geſellſchaft bey ihm an, unter welcher verſchiedene Perſonen vom Stande waren. Z. E. Der Herr Antonio Moßinigo, ehemaliger Abgeſandter in Frankreich; der Abt Horter, u.a. m. Bey Erblickung dieſer großen Geſellſchaft glaubte ich, (und hatte einige Urſachen es zu glauben,) daß ich durch meine Neugier in den Verdacht * eines Mistrauens und eines hartnaͤckigen Zweifelns gera— then waͤre; und dieſe Geſellſchaft waͤre eben in der Abſicht zuſammen gekommen, um ein Zeuge meiner Ueberfuͤhrung zu ſeyn. Ich wuͤrde gern um dieſen Preiß das Vergnuͤgen erkauft haben, eine Erſchei⸗ nung zu ſehen, zu deren Bekraͤftigung ich mir fo viel vergebliche Muͤhe gemacht hatte. Die Art und Weiſe dieſe Erſcheinung zuwege zu bringen, iſt mir ohne 1 75 Ich hatte Nachricht erhalten, daß meine Ankunft f 0 Venedig durch Briefe aus Turin bekannt ge- macht worden, worinn man mich als einen Mann beſchrieben hatte, der von Vorurtheilen wider Ber: ſuche fo eingenommen ware, daß mich der ſtaͤrkſte nicht uͤberzeugen koͤnnte. Hierinn that man mir ſehr Unrecht: es ſey denn daß fie die Vorſicht, die ich wider ein Blendwerk, oder einen falſchen Schein Bien bey mir für eine Unglaͤubigkeit gehalten aͤtten 526 | Nollets Unterſuchung 0 ri ohne Zweifel eine fo feltfame Neuigkeit geweſen, als die Wirkung, die daraus hat entſpringen ſollen. Allein, wie groß war mein Erſtaunen und mein Un⸗ wille, als mir Herr Divarı, in Gegenwart dieſer ganzen Geſellſchaft, frey geſtand, daß er ſich nicht unterſtehen wollte, mir die Transmißion des Ges ruchs zu zeigen; daß ihm dieſe Erſcheinung nicht über ein oder zweymal gelungen wäre, wie er in fei- nem erſten Briefe, der zu Lucia gedruckt worden, geſagt haͤtte, wiewohl er ſeitdem vielmals dieſen Verſuch, ſowohl mit eben demſelben, als mit ante dern Glaͤſern zu wiederholen, unternommen haͤtte. Dieſer Cylinder waͤre ſeitdem zerbrochen, und er hätte nicht einmal die Stücken davon aufgehoben. Ich gab ihm hierauf zu verſtehen, ich möchte doch wenigſtens gerne ſehen, wie er eine ſolche mit Arztneyen verſehene Roͤhre brauchte, und ob die eingeſchloſſene Materie, wenn fie zuvor wäre gemos gen worden, nach dem Elektriſtren merklich abges nommen haͤtte? Dieſer Verſuch, ſagte er zu mir, waͤre bey ihm meiſtentheils von ſtatten gegangen: die Geſellſchaft wäre aber ißc zu ſtark; es wäre zu heiß, und folglich wuͤrde die Elektricitaͤt darzu zu ſchwach ſeyn. Er konnte vielleicht Recht haben: allein, warum hatte er eine ſo zahlreiche Geſellſchaft zuſammen gebethen? Ich fragte ihn alsdenn wegen der Curen, die er in ſeinem Werke erzaͤhlet hat, und abſonderlich we⸗ gen der Cur des Biſchofs von Sebenico. Er be⸗ kannte mir, (und zum Theil wußte ich es ſchon,) daß der Praͤlate nicht curirt waͤre, und daß er nach Is dent gewiſer elektriſher ee 527 dem Elektriſiren eben noch „ wie zuvor, geblieben waͤre. Ich beurlaubte mich von ber Herrn pivati, und that ihm zu wiſſen, daß ich geſonnen waͤre, mich ungefähr eine Woche in Venedig aufzuhalten, Ich erſuchte ihn recht inſtaͤndig, er möchte feine be⸗ ſten Glaͤſer zuſammen ſuchen, neue Materie hinein thun, und wir wiſſen laſſen, wenn ihm die damit gemachten Verſuche von ſtatten giengen: damit ich ſie als ein Augenzeuge oͤffentlich bekannt machen koͤnnte; und ich redete ſehr aufrichtig mit ihm. Herr Divati verſprach mir, daß er es thun wollte: allein, da ich nachgehends nichts von ihm hoͤrte, muthmaßte ich, daß er mir nichts zeigen koͤnnte. Dr. Sommis, aus der mediciniſchen Facultaͤt zu Turin, welcher kurze Zeit nach mir in Venedig war, hatte auch die Neugier, den Herrn Divarı unlaͤngſt im Auguſt zu beſuchen, und unter ſeiner Aufſicht die Wirkungen, welche den mediciniſchen Roͤhren zugeſchrieben worden, zu ſehen. Folgendes iſt der Brief *, den er über dieſe Materie an mich geſchrieben, vom 15. Winterm. 1749. „ Hier haben fie, wertheſter Herr, mit wenig „Worten, die Nachricht von dem, was ich unlaͤngſt o in Venedig „ während des Monats Auguſt, bey „dem Herrn Pivati beobachtet habe. Den 25. „wurde ich nach Tiſche von ihm elektriſiret. Er „bediente ſich dabey einer Roͤhre, die ungefaͤhr „5 Zoll in der Laͤnge, und etwas mehr als 2 Zoll „im Diameter hatte, und ließ mich eine Unze „Scammonium in der Hand halten. Bey dieſem Ver⸗ Dieſer Brief iſt aus dem Italieniſchen überſetzt ü 528 Nollets Unterſuchung „Verſuche waren gegenwaͤrtig Se. Excell. der Abt „Barbarigo, die P. Bertinelli und Magrini, „Jeſuiten, Dr. Brampini, und verſchiedene an. „dere Perſonen. Ich fand nicht die geringſte Ver⸗ „anderung bey mir, weder den Abend, noch den „folgenden Tag. Den 29. eben dieſes Monats, „gieng ich wieder zum Hn. Pivati, bey dem ich ei⸗ „nen Edelmann aus dem Hauſe von Soranzo, „zween ſpaniſche Officier, zween andere venetia⸗ „niſche Edelleute, einen Medicus, und einige an— „dere antraf. Er ließ zu dem Verſuche eine Roͤhre „füllen, (oder inwendig uͤberziehen,) welches er als „gefährlich vorſtellte: allein, ich ließ mich dennoch „dadurch nicht abhalten, ihm zu ſagen, daß ich den „Verſuch gerne an mir moͤchte machen laſſen. Er „fing hierauf an mich Nachmittages, 35 Minuten „nach 5 Uhren, zu elektriſiren; und mußte, weil ſich „die Schnur am Rade verwickelte, 52 Minuten „nach 5 Uhren aufhören. Als die Schnur wieder „zurechte gemacht war, ſing er wiederum 5 Min. „nach 6 Uhren an, und fuhr damit fort, bis 14 Mi» „nuten auf 7 Uhr. Waͤhrend dieſer Zeit fuhren „die Funken beſtaͤndig aus meiner Stirne. Dieſe „Röhre war beynahe von eben der Laͤnge und Groͤße, „als die vorige. Da dieſer Verſuch vorbey war, ſo „bath ich ihn, daß er mir ſagen moͤchte, was fuͤr „Materialien in der Roͤhre geweſen waͤren; und „dieſes um fo viel mehr, weil er ſich in dem Ges „ſpraͤche mit dem ſpaniſchen Edelmanne hatte ver⸗ „lauten laſſen, daß ſie mich moͤchten ſchlafen ſehen. „Er gab mir zur Antwort: die Roͤhre waͤre mit 2 „Unzen und 6 Drachmen Benzoe und 2 Drad)- men gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 9 „men Opium gefuͤllet. Da ich ihn das Opium nen⸗ „nen. hörte, fo erſuchte ich ihn, daß er ſich die Muͤ. „he geben und einen andern Verſuch machen moͤchte. „Se. Excellenz der Herr Abt Pietro Barbarigo, „und ich gleichfalls, haͤtten r und eine halbe Unze „Opium bey uns: und er willfahrte meinem Ver. „langen. Er elektriſirte daher Se. Excellenz, wel „chen er das Opium, nämlich eine halbe Unze da⸗ „von, in der Hand halten ließ, und die Funken „fuhren eine halbe Stunde nach einander, von 18 „Minuten bis auf 48 Min. nach 6 Uhren, aus deſſen „Hand. Bey dieſem andern Verſuche brauchte er „eben die Roͤhre, die er Montags zuvor, den 25. eben dieſes Monats, gebraucht hatte: allein, we» - „der Se. Excell. noch ich, ſchliefen mehr als ge« „woͤhalich. Dieſes find die Verſuche, welche ich zu Venedig mit dem Hn. Pivati machte. Als ich „bey meiner Heimreiſe durch Placencia gieng, „ſprach ich den Hn. Dr. Cornelius, welcher mich „in Gegenwart des Dr. Riviere verſicherte: er „hätte oftmals andere durch die Elektricitaͤt zu pur⸗ „giren verſuchet, es waͤre ihm aber nicht mehr als „einmal gelungen; und dieſes mit einer Magd, wel⸗ „cher er etwas Rhabarber in der Hand zu halten „gegeben. Nichts deſto weniger ſchien es ihm, als „wenn einige andere Urſachen koͤnnten zu dem, was „dieſer Magd wiederfahren wäre, Gelegenheit ges „geben haben: weil er außerdem niemals gefunden, „daß dergleichen Wirkung bey einer andern Perſon „waͤre hervor gebracht worden. Wollen mir die⸗ „ſelben zuwiſſen thun, wenn ich in einigen andern „Dingen ihren Befehlen gehorſamen kann, ſo ſollen 9 Band. 2 Wee 1 330 | Nollets Unterfüchung - „fie mich allezeit bereit finden, dieſelben nach Ver⸗ „mögen zu erfüllen, u. ſ. f. SB. R Wir ſehen alfo aus dieſem Briefe, und aus der Nachricht, die ich zuvor von meinem Beſuche bey dem Herrn Pivati gegeben, daß ich nicht im Stan⸗ de geweſen bin, mich zu Venedig von der Wahr⸗ heit einer einzigen dieſer Begebenheiten, woran meiner Neugier gelegen war, zu verſichern. Ich Könnte noch beyfügen, (und ich muß es ohne Zwei⸗ fel thun, da ich mich anheiſchig gemacht, alles, was ich durch meine Unter ſuchungen über dieſer Ma⸗ terie habe ausfündig machen koͤnnen, genau zu er⸗ zaͤhlen) daß ich von allen den Perſonen aus dem Lande, welche bey dem Herrn Pivati geweſen, um die Wahrheit ſeiner Verſuche als Augenzeugen zu beſtaͤtigen, und die ich fragen koͤnnen, nur einen einzigen gefunden, der ſie bekraͤftigte, als wenn er fie geſehen hätte: dieſer war ein Medicus, ein Freund vom Herrn Pivati, den ich in feinem Hauſe antraf, und welcher ihm, wie er ſagte, faſt allezeit in ſeinen Verſuchen geholfen haͤtte. Von Denedig gieng ich nach Bononien, wo⸗ ſelbſt ich mit dem Dr. Verati, einem Mitgliede der Akademie des Inflituti, bekannt wurde. Durch den oͤftern Umgang, den ich mit ihm hatte, ward ich uͤberzeuget, daß er ein gelehrter, verſtaͤndi⸗ ger und aufrichtiger Mann war, wie ich vorher ‚gehöret hatte. Ich trug ihm ohne Bedenken die Zweifel vor, die ich ſo wohl wegen der Transmißion des Geruchs, der Wirkung der gefuͤllten Roͤhren, des Purgirens von der Elektricitaͤt, als auch wegen der faſt augenblicklichen Curen, hatte. | Dr. De gene eleteifier Srfeeiniingen 531 Dr. Br: antwortete mir, fürs erſte: „er „haͤtte le Verſuche von der Wirkung gemacht, „da es ihm ſchiene, daß der Geruch des peruvia⸗ „niſchen Balſams an die äußere Fläche eines gläs „fernen Cylinders, den er mir zeigte, heraus draͤn⸗ „ge., Inzwiſchen wollte uns dieſe Roͤhre zur fels bigen Zeit nicht uͤberfuͤhren, daß dieſes geſchehen, ob wir ſie gleich ſehr ſtark mit den Haͤnden rieben. Ich ſtellte ihm aber vor, es koͤnnte geſchehen, da das Glas nur mit hoͤlzernen Stoͤpſeln verſchloſſen waͤre, die man nach Belieben aufmachen koͤnnte, um die riechenden Materien hinein zu thun, oder heraus zu nehmen, daß der Geruch, welcher von de Waͤrme in Bewegung gebracht worden, durch die Zwiſchenraͤumchen des Holzes gehen koͤnnte. Er antwortete mir hierauf, „daß dieſes moͤglich „waͤre; und ungeachtet er durch den Schein waͤre „bewogen worden, die Transmißion dieſes Ge⸗ „ruchs durch die Zwiſchenraͤumchen des Glaſes zu „glauben: fo hätte er dennoch fein Urtheil über Dies „ſe Wirkungen fo wohl, als über die ausgefuͤtter⸗ „ten Roͤhren, aufgeſchoben, bis neue mit mehre⸗ „rer Vorſicht gemachte Proben feine Zweifel gaͤnz⸗ lich vertilget haben würden, Fürs andere, was „das Purgiren durch die Elektricitaͤt anbetraͤfe, ſo „hätte er in feinem Haufe einen Bedienten und ei⸗ „ne Magd, welche auf dieſe Art purgiret haͤt⸗ „ten: zum wenigſten haͤtten ſie eben eine ſolche „Wirkung gefuͤhlet, als wenn ſie zu purgiren ein⸗ „genommen haͤtten, nachdem ſie nach des Herrn „Bianchi Manier elefteifiret worden wären, Da „def Wirkungen keine andere augenfcheinliche Ur⸗ { A2 ſache 532 Niollets Unterſuchung „ſache, als die vorhergehenden haͤtten, ſo waͤre er „durch die große Anzahl der Begebenheiten „von dieſer Art, die ſich zu Turin, gezeiget „hatten, bewogen worden zu glauben, daß das, „was dieſen beyden Bedienten wiederfahren, die „natuͤrliche Folge von dieſem Elektriſiren waͤre. „Was das Letzte anlangte, ſo haͤtte er ſich vorgenom⸗ - „men, die Verſuche wieder an einer genugſamen An⸗ „zahl Perſonen von einer andern Art zu machen; „und wenn dieſe Methode zu purgiren nicht be⸗ „ftändig wäre, wie er ſich die Vorſtellung davon „gemacht, ſo wuͤrde er das, was er davon in ſei⸗ „nem vom Jahre 1748 gedruckten Werke bekannt „gemacht haͤtte, mit großer Freymuͤthigkeit ver⸗ „beſſern. i Drittens verſicherte mich Herr Verati, „daß „die in itztgedachtem Werke erzaͤhlten zehn Cu⸗ „ren genau auf die beſchriebene Art gemacht wor⸗ „den waͤren.,, Und fie find mit vieler Klugheit und mit einer ungekuͤnſtelten Art erzaͤhlet, welche Kennzeichen der Wahrheit ſind. Die fuͤnfte hier⸗ von wurde mir von der Perſon ſelbſt erzaͤhlet und bezeuget, als ich eines Tages den P. Trombelli, Abt in dem Kloſter, worinnen er wohnte, beſuchte. Dieſe Curen ſind mir nicht ſchwer zu glauben. Man ſieht zum wenigſten, daß ſie gelungen ſind. Man ſieht, daß ſich die Krankheiten, wenn ich mich dieſes Ausdrucks bedienen darf, den Arztneymittteln entgegen ſetzen, und ſelbigen nur nach und nach Raum geben; und daß die Natur, vermittelſt einer kaum merklichen Elektricitaͤt, keinen ploͤtzlichen Uebergang aus einem Zuftande in einen andern von | dem gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 533 dem vorigen ganz und gar verſchiedenen, thut. Die⸗ ſe Curen, ſage ich, koſten mich nicht viel Muͤhe, zu glauben: denn, es ſcheint mir natuͤrlich genug, wie ich ſchon lange vorher geſaget !“, 4, daß ein flüßie ges Weſen, das ſo wirkſam wie die elektriſche Ma⸗ terie iſt, und welches ſo leicht in unſere Koͤrper dringt, darinnen mit der Zeit entweder eine heilſame oder ſchaͤdliche Wirkung hervor bringen Fann **, | Ich erfuhr in den andern Städten von Italien nichts, welches meine Zweifel bey Erzaͤhlung dieſer elektriſchen Erſcheinungen, von welchen ich auf mei⸗ ner Reiſe mich zu verſichern wuͤnſchte, nicht beſtaͤrket hätte, Der P. la Torre, Profeſſor der Philos ſophie zu Neapolis, Herr de la Garde, Dire⸗ ctor des Muͤnzweſens in Florenz, ein Mann der ſich ſehr mit dieſen Unterſuchungen beſchaͤfftiget hat; Herr Guadagni, Profeſſor der Experimentalphi⸗ loſophie zu Piſa, der Marquis Maffei zu Vero⸗ na, Dr. Cornelio zu Placentia, P. Garo zu Turin; alle dieſe, ſage ich, haben mit ſehr aus⸗ nehmenden und wohl ausgeſonnenen Maſchinen, und mit einem großen Verlangen, die Sache ins Werk zu ſetzen, vielmals verſuchet, ſo wohl den Geruch, als die Kraͤfte der in glaͤſernen Roͤhren oder Kugeln ſorgfaͤltig eingeſchloſſenen Materialien, durch das Elektriſiren heraus zu treiben. Alle dieſe Maͤnner haben ſich bemuͤhet, eine Menge Perſonen zu ur- | L In einer Abhandlung, welche der koͤniglichen Aka⸗ demie der Wiſſenſchaften gleich nach Oſtern 1746 vorgeleſen worden. * Beſ. dieſe Transact. 476 N. 479. S. C. M. DI 34 Nollets Unterfuchung given ; und haben, wie fie mir erzähle, niemals ihren Endzweck erlangen koͤnnen: oder der geringe Erfolg, den ſie gehabt, ſchien allzu zweydeutig, um daraus ſolche Folgen zu ziehen, dergleichen Herr Pivati bey ſeinen Verſuchen geſehen zu haben ver⸗ meynet. ö 5 Ich bin nunmehro von dem ſo gut als uͤberzeuget, was ich vergangenes Jahr anfing zu glauben, als ich meine Recherches ſur les Cauſes particulieres des Phaenomenes Electriques heraus gab. Ich bin, ſage ich, ſo gut als uͤberzeuget, daß Herr Pivati durch einige Umſtaͤnde, worauf er nicht ge⸗ nugſame Aufmerkſamkeit gehabt, betrogen worden iſt. Und was mir dieſes mehr als jemals glaublich machet, iſt, daß er mich ſelbſt verſicherte, daß ſich dieſe Transmißion des Geruchs, und der Materia⸗ lien, durch elektriſirte glaͤſerne Gefäße, ihm nur ein oder zweymal unmittelbar offenbaret haͤtten: ich meyne, durch eine merkliche Verminderung der Menge, und durch ſolche Ausfluͤſſe, daß der Geruch davon konnte empfunden werden. . Seit dem ich Italieniſch gelernet, bin ich er⸗ ſtaunet, da ich nicht allein in einem zu Lucca ge⸗ druckten Briefe“ fein Geſtaͤndniß fand; ſondern auch ſahe, daß bey Gemuͤthern, welche unterrich⸗ tet zu werden Gelegenheit gehabt, alle die Wirkun⸗ gen, welche haͤtten geſchehen ſollen, nicht erfolget ſind. * Auf der 28 Seite: Un tale dileguamento fuccedu- tomi in un cylindro, non mi è poi veramente fuc. ceduto in altri, di quali mi fon fervito per varie guarigioni. 19 gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 335 ſind. Ich meines Theils haͤtte, wenn ich dieſes eher gewußt, vieler Muͤhe uͤberhoben ſeyn koͤnnen, die ich mir zu Bekraͤftigung der Begebenheiten ge⸗ macht habe: und ich bin erſtaunet, daß ſie verlan⸗ gen, man ſoll ſich auf ſo gar elende Gruͤnde verlaſſen. e 25 Nichts deſtoweniger iſt es dieſe vermeynte Trans⸗ mißion, und zwar mit einer glaͤſernen Roͤhre, wel⸗ che, wie Herr Pivati felbft fager *, von einem Ende bis zum andern Riſſe hatte; es iſt, ſage ich, dieſe Begebenheit, worauf ſie den Gebrauch und die Wirkung der gefuͤtterten Roͤhren, wovon ſie doch nicht abgehen wollen, gebauet haben: da doch meines Erachtens nichts ungewiſſers iſt. Wie kann man aber dieſe beyden Dinge mit einander vergleichen: eines Theils, die faſt niemals fehl ge⸗ ſchlagene Wirkung der gefuͤtterten Röhren, an ſo vielen Krankheiten, von welchen man vorgege⸗ ben, daß ſie waͤren curiret, oder merklich erleichtert worden; und andern Theils, die fo ſehr ſelten vers. ſpuͤrte Transmißion des Geruchs der Arztneymate⸗ rialien, die in den Glaͤſern, womit elektriſiret wird, enthalten ſind? Wenn es aber wahr iſt, daß der peruvianiſche, der benjaniſche Balſam, der Cam⸗ pher, u. ſ. f. welche durch die elektriſche Materie belebt worden, ſo viele Curen zuwege gebracht, wie 8 9 2 4 Herr Si confumo la materia interna, a ſegno, che ſi riduſſe, non oftante P eſſere quafi ermeticamente ferato alla fottiliezza di un delicato foglio di carta, e come un capo morto, che ne tene a più odore ni ſapore, e fino il vetro medeſimo quafi confunto fi apri da ſe ſteſſo in più fiſſure per longo. 836 Naollets Unterſuchung Herr Pivati in feinen Schriften vorgegeben, war⸗ um ſchicken dieſe ſtark riechende Materien ihre Aus⸗ fluͤſſe nicht haͤufig, und allezeit in denjenigen Ort heraus, wo die Verſuche gemacht werden? Und warum theilen ſie ſich nicht durch den Geruch allen Perſonen mit, die vermittelſt des Elektriſirens da⸗ von durchdrungen werden? Wollen ſie ſagen, daß die Elektricitaͤt, indem ſie in ihre mediciniſche Tu⸗ gend beſonders wirket, ſolche von ihrer riechenden Beſchaffenheit abſondert? Elende Ausflucht! wel⸗ che nicht verdienet, im Ernſte widerleget zu werden! Und zumal, da ſie durch die Transfuſion ihres Ge⸗ ruchs, von der Wirkſamkeit ihrer gefuͤtterten Roͤhren verſichert zu ſeyn vorgeben. ä Ich bin geneigt zu glauben, daß die Elektricitaͤt kranke Perſonen kann curiret, oder ihnen Linderung verſchaffet haben: allein, ich finde die Proben des Herrn Pivati nicht ſtark und gewiß genug, mir be⸗ greiflich zu machen, daß die gefuͤtterten Glaͤſer et⸗ was zu dieſer guten Wirkung beygetragen haben. Ich denke, und Herr Verati ſelbſt ſchien mir dieſer Meynung ziemlich zugethan zu ſeyn, daß, wenn je⸗ mand ſo gluͤcklich geweſen, Krankheiten durch das Elektriſiren mit Glaͤſern, darinn Arztneymaterialien find, zu curiren; alles was man von dieſen Mate⸗ rien ruͤhmen kann, iſt dieſes, daß ſie die Wirkung der Elektricitaͤt nicht gehindert haben. Herr Pivati ſchien in ſeinem Umgange ein ehrli⸗ cher und unegiennuͤtziger Mann zu ſeyn, welcher mich dahin vermoͤgen konnte, ſeiner Meynung bey⸗ zupflichten. Allein, unter den Begebenheiten, die er in feinen Schriften zu Beftärfung feiner 8 zuſam⸗ gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 537 zuſammen getragen, finde ich einige, die feiner Be⸗ hutſamkeit i in der Wahl nicht viel Ehre machen, und ihn in den Verdacht einer allzu großen Leicht glaͤubig⸗ keit bringen koͤnnen. Wuͤrde z. E. jemand mit ihm glauben, daß die elektriſche Kraft im Stande waͤre, eine ſtockende Taſchenuhr in Gang zu bringen, und ihre Bewegung ordentlich zu machen, wenn ſie auch gleich ſo verdorben iſt, daß es durch die Haͤnde des Kuͤnſt⸗ lers? nicht bewerkſtelliget werden kann? Wuͤrde ihm jemand auf einen bloßen Brief, dem es an Glaubwuͤrdigkeit fehlet, ohne es verſucht zu ha⸗ ben, glauben, „daß eine Unze Queckfüber ganz und „gar durch die kleinen Oeffnungen eines glaͤſernen „Gefaͤßes, womit ein Mann elektriſiret worden, „ausgedünftet wäre; daß es die Haut deſſelben bley⸗ „farben gemacht, und daß er eine ſtarke Saliva⸗ „tion ““ darnach bekommen häfte?,, Dieſer Ver⸗ ſuch, welcher zu Weapolis gemacht worden ſeyn ſollte „hat, ſo wichtig er auch iſt, ſo wenig Aufſe⸗ hen gemacht, daß ich, waͤhrend meines Aufenthalts in dieſer Stadt, nicht die geringſte Spur, nach dem Drucke und der Ausgabe des Werkes, worinn ſie angefuͤhret ſind, davon habe finden koͤnnen. Wenn jemand auf die Gedanken gerathen, und ſich berechtigt halten ſollte, zu ſagen, es geſchaͤhe aus Eigenfi inn, oder aus einigem Eggemus, daß ich an A5 den * Refleflioni fifiche ſopra la medicina ellettrica, p. 0g. La ſubita effieacia (della ellettricita) in dar giufto movimento alle moſtre, di orologio, o Aa © reftie, o ritardanti fanza rimedio. „ Ebendaſelbſt a. d. 13. ©. u 38 Niollets Unterſuchung Sube den in Italien bekannt gemachten Geſchichten, die „ie Materie von dieſer Abhandlung find, mit ſolcher Hartnaͤckigkeit zweifele: fo ſchmeichele ich mir, daß eine fo unbillige Beſchuldigung bey vernünftigen Leuten, welchen ich entweder perſoͤnlich oder durch Schriften bekannt zu ſeyn die Ehre habe, keinen Eindruck ma⸗ chen wird. Habe ich nicht die Wunder der Elektri⸗ citaͤt, die ſich in England, Deutſchland, und Holland offenbaret haben, in Frankreich als wahr angenommen, und daſelbſt bekannt gemacht, ſobald als ich durch eine Wiederholung derſelben davon habe verſichert werden koͤnnen? Habe ich nicht von der zu Genf gethanen Cur der Lähmung „als ein Mann geredet, der von der Wahrheit der Sache vollkom⸗ men verſichert iſt, ſeitdem man ſo glaubwuͤrdige Ur⸗ kunden davon erhalten hat?“ Aus was fuͤr Ei⸗ genſinn ſollte ich denn mehr Schwierigkeit machen, das zu glauben, was in Italien geſchehen iſt, als das, was ſich in andern Laͤndern zugetragen hat, wenn die Erſcheinungen, die man geſehen zu haben, vorgegeben, haͤtten koͤnnen wiederholet werden? oder wenn die Zeugniſſe, die ſie mir darbothen, nicht ſo ſehr geſchwaͤcht, oder gaͤnzlich zunichte gemacht worden waͤren, da ich, bey meiner Gegenwart an den Oertern ſaͤbſt, in den Umſtaͤnden war, 4 | rechten en zu erkennen? we * Befl che mein Eſſai fur l' electricitè des corps, ge⸗ druckt zu Paris 1746. und meine Recherches ſur les Cauſes particulieres des Phaenomenes electriques. 1749. | gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 539 Hatte ich auf meinen eigenen Vortheil geſehen, wem wuͤrde es dienlicher geweſen ſeyn, dieſe Neuig⸗ keiten als wahr anzunehmen? Wenn fie ihre Rich- tigkeit haͤtten, ſo wuͤrden ſie ſo viele offenbare Be⸗ weiſe von meinem Grunde geweſen feyn *, wor— aus ich mich unterfangen habe, die elektriſchen Erſcheinungen zu erklaͤren. Eine Meynung, die mir bisher genugſame Dienſte geleiſtet, und welche, da ſie ſich dem Herrn Watſon ſowohl als mir ſelbſt dargebothen, ihn auf gleiche Art in Stand geſetzt, einige überaus wahrſcheinliche Schluͤſſe daraus zu ziehen. Wuͤrde nicht der Geruch, wuͤr— den nicht die mediciniſchen Materialien, welche durch die Zwiſchenraͤumchen des Glaſes gehen, außer al len Zweifel ſetzen, daß die ausfließende elektri⸗ ſche Materie ſie fortfuͤhret? Wenn purgirende Subſtanzen gezwungen wuͤrden, in die Hand und in den Koͤrper zu gehen, koͤnnte wohl jemand zwei⸗ feln, daß ſie von der ausfließenden Materie, welche aus dem elektriſirten Körper koͤmmt, hinein gefuͤhret wuͤrden? Wenn die Elektricitaͤt die Geſundheit ei⸗ ner kranken Perſon wieder herſtellet, indem ſie ihn von gewiſſen fehlerhaften Feuchtigkeiten befreyet; werde ich nicht mit großer Wahrſcheinlichkeit ſagen koͤnnen, daß dieſe Wirkung durch den Einfluß der elektriſchen Materie hervor gebracht worden iſt? Beſonders, da ich durch ſorgfaͤltig angeſtellte Ver- ſuche dargethan habe, daß dieſe Materie, indem ſie aus dem elektriſirten Koͤrper geht, die unmerkliche Ausduͤnſtung befoͤrdert, und merklich vermehret; und Eſſai für l Electrieitè des Corps. 148. S. u. f. 540 Nollets Unterſuchung und uͤberhaupt alle organiſirte Koͤrper mit Feuch⸗ tigkeiten erfuͤllet. i | Ich habe derowegen, aus Liebe zur Wahrheit, mei nen eigenen Vortheil bey Seite geſetzet; und wenn ich mich haͤtte von einem Vorurtheile verleiten laſſen, ſo wuͤrde ich vielmehr ſeyn bewogen worden, die Be⸗ gebenheiten, welche die Materie dieſer Schrift aus⸗ machen, fuͤr wahr anzunehmen, als daß ich ſie haͤtte in Zweifel ziehen ſollen. Daß ich fie nicht glaube, macht allein, weil ich ſie nicht fuͤr wahr halten kann: und dieſes geſchieht allezeit mit Widerwillen; denn ihre Richtigkeit kam meinem Syſtem zu ſtatten. Dieſes iſt in der That von keiner großen Wichtig⸗ keit; allein, der große Nutzen, der fuͤr die menſch⸗ liche Geſellſchaft daraus entſtehen würde, iſt es, wes⸗ wegen ich ihre Wirklichkeit wuͤnſche. Koͤnnte wohl ein rechtſchaffener Mann, der die Kunſt beſaͤße, durch die Elektricitaͤt zu curiren, deren ſich Herr Pivati ruͤhmet, ſeine ganze Lebenszeit beſſer anwen⸗ den, als wenn er ſie, einem großen Theile des menſchlichen Geſchlechts, welches mit ſo mannigfal⸗ tigen Krankheiten behaftet iſt, Linderung zu verſchaf⸗ fen widmete. Ich werde zu glauben bewogen, daß ſich die, welche dieſe neue Heilungskunſt mit ein we⸗ nig allzu großer Uebereilung bekannt gemacht, ohne Zweifel durch die Groͤße dieſer Vorſtellung haben blenden laſſen. Das große Verlangen, nuͤtzlich zu ſeyn, hat ihnen Hoffnung gemacht; und da ſie ihre Gutherzigkeit gar leicht verleiten koͤnnen, die Schaͤr⸗ fe einer nöthigen Unter ſuchung aus den Augen zu fer gen, fo kann man ſich wohl vorſtellen, daß fie das⸗ jenige fuͤr einen wirklichen Erfolg angeſehen haben, was gewiſſer elektriſcher Erſcheinungen. 541 was doch in Wahrheit weiter nichts als eine Ein⸗ bildung geweſen iſt. 7 . 15% Es iſt noch übrig zu ſagen, daß ich in dieſen Un⸗ terſuchungen die Wahrheit, einzig und allein ihrent⸗ wegen ſelbſt, geſuchet, und ohne Eigennutz diejeni⸗ gen davon zu uͤberzeugen bemuͤhet geweſen, welche dasjenige, was wegen der gefuͤtterten Roͤhren, elektri⸗ ſchen Purgationen, augenblicklichen Euren, u. ſ. f. bekannt gemacht worden iſt, noch immer hartnaͤckig zu glauben fuͤr gut befinden. Ich will eben meine Meynung niemanden aufdringen. Diejenigen aber, welche das, was ich hier erzaͤhlet, ohne Vorurtheil geleſen, werden ſich vielleicht durch meine angefuͤhr⸗ ten Gruͤnde geruͤhrt finden. Sollte aber nach die⸗ ſem gleichwohl bey einigen die diebe zum Wunderba⸗ ren die Oberhand behalten: ſo werde ich nicht boͤſe auf ſie ſeyn, wenn ſie eine Meynung annehmen, die e der meinigen entgegen iſt. Qui vult | decipi, decipiatur. F. VI J. Aus⸗ 542 Auszug der neueſten een VII. Auszug der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. I. Einige mediciniſche Beobachtungen des D. Mead. | I, an weiß, daß bey MWechfelfiebern die China am ſicherſten zu gebrauchen iſt, wenn man zuvor durch ein Brechmittel, oder eine Purganz die erſten Wege ge⸗ reiniget hat. Aber nur wenigen Aerzten“ iſt bis. her bekannt geweſen, daß man ihre Wirkung ver⸗ mehren kann, indem man Purganzen mit ihr vers miſchet. Man fürchtet ſich dabey gemeiniglich fuͤr dem darauf folgenden Durchlaufe. Allein dieſe Furcht iſt vergeblich, wenn man nur ſo viel Rha⸗ barber damit vermiſchet, daß täglich der Leib zwey⸗ mal dadurch eroͤffnet wird. Doch brauchet dieſes nur S. Monita et praecepta medica, Auct. R. Mead. Lond. 1751. ** Geoffroy Mat. Med. Vol. II. p. 188. Bianchini Hiſt. Hepat. P. III. p. 283. Lancil Epid. L. II. c. 6, et L. IV. c. I. phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 543 nur die erſten Tage zu geſchehen, und wenn der Kranke ein paar Quentgen davon bekommen hat, ſo kann man die Rhabarber wieder ausſetzen. 2. Bey Bruſtkrankheiten wird angerathen, den Dampf von Harzen, z. E. vom Weihrauch, Sto⸗ rar, Ambra, Benzoe, u. a. vermittelt einer Roͤh⸗ re unmittelbar in die Bruſt zu ziehen, wie Ben⸗ net * ſolches ſchon vorgeſchlagen. Man koͤnnte beym Blutſpeyen zuſammenziehende Dämpfe ge» brauchen, um es deſto unfehlbarer und geſchwinder zu ſtillen. 3. Die Narrheit loͤſet zuweilen andere Krankheiten. Ein hydropiſches Maͤgdchen iſt da durch befreyet worden, und eine wahre Schwindſucht ward durch eine Melancholey gehoben. Ein ande. rer Melancholicus ließ ſich die Sterbeglocke laͤuten. Weil es ihm aber der Glockenlaͤuter nicht recht ma⸗ chen konnte, lief er ſelbſt hin, die Arbeit zu verrich⸗ ten, ſetzte ſich in einen ſtarken Schweiß, und kam dadurch wieder zu ſich ſelbſt. Weil er ſich durch die Verabſaͤumung der Bewegung dieſes Uebel zu⸗ gezogen hatte, ſo beſtaͤtigte er die Regel des Hippo⸗ crates **, daß die Krankheiten durch ihre Gegen: theile geheilet werden. 4. Die Meynung des Valliſneri und le Clerc, daß der einzelne Wurm, (Solitaire) eine Reihe von den breiten Wuͤrmern (Cucurbitinis) ſey, wird vom Herrn Mead ge⸗ billiget. Er hat ihn durch eine Vermiſchung des Feilſtaubes von Zinn mit rothen Corallen vertries ben. 5. Beym Abzapfen der Waſſerſuͤchtigen 925 255 ea * Theat, Tabidor. ſub fin. *. Tü bara Tür barrio- innara. Hippoe: de Flaäb. III. 544 Auszug der neueſten Mead eine Binde um den Bauch erfunden, wo⸗ durch die Ohnmachten, ja der von der ſchnellen Ausleerung öfters erfolgende Tod, verhindert wer den. Eine gewiſſe Dame hat dieſe Operation bin⸗ nen 5 Jahren 66 mal ausgehalten, und 1290 Maaß (pintes), oder 6 und eine halbe Tonne (muid), Waſſer ſich abzapfen laſſen. 6. Es iſt wohl leicht nie⸗ mand bisher auf die Gedanken gerathen, daß der Urinfluß (diabetes) unter die Krankheiten der Leber gehören ſollte. Herr M. aber hat erwieſen, daß dieſe Krankheit dem Mangel des Salzes und der Menge des Waſſers in der Galle zuzuſchreiben ſey “. 7. Die Nieren- und Blaſenſteine hält Herr M. für einen Tartar des Blutes. Anfangs werden die Oele, wenn aber die Steine ſchon hart find, relaxi— rende Mittel geprieſen, hingegen die Arztney der Stephens, als ſchaͤdlich, verworfen. Doch hat er von dem Kalkwaſſer aus Auſterſchalen, womit man zu London und Edimburg ** glückliche Verſuche angeſtellet, eine beſſere Meynung. 8. Daß die Kraͤtze von kleinen Inſecten herruͤhre, hat ein Italiener, Bonomo 1687 zuerſt bekannt gemacht, und zehn Jahre nachher hat Herr M. einen Aus⸗ zug von deſſen Schrift, nebſt den Figuren der Wuͤrmer und ihrer Eyer, der koͤnigl. Geſellſchaft mitgetheilet “. II. Von * Mechan. Account of poifons. 3. Edit. p. 32. Aut. Mead. 4 Med. Ef. Vol. V. Ef. 69. Phil. Tranſ. No. 483. Art. l. phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 545 II. Von den Fiebern, welche in Hoſpi⸗ kaͤlern und Gefaͤngniſſen gemein ſind. Die Schrift, welche der geuͤbte Arzt, Herr D. Pringle, von dieſen Fiebern heraus gege⸗ ben, iſt ſo reich an guten Lehren und nuͤtzlichen An⸗ merkungen, daß wir unfern Leſern einen angeneh— men Dienſt dadurch zu leiſten hoffen, wenn wir ihnen folgenden Auszug davon mittheilen . Sie handelt in 6 Abſchnitten, von der Art und Weiſe, wie ſich dieſe Krankheiten ausbreiten, von ihren Zufaͤllen, von der Hoffnung und Furcht, ſo ein Arzt dabey hegen muß, von der Beſchaffenheit der geöffneten Körper der Verſtorbenen, von den Hei⸗ lungsmitteln, und von der Art und Weiſe dieſen Krankheiten vorzubeugen. Ehe wir die Schrift ſelbſt nach dieſen ſechs Abſchnitten durchgehen, muͤſſen wir ſagen, daß ein beſonderer Vorfall zu derſelben Anlaß gegeben, da verſchiedene Gefan— gene in einen engen Ort beyſammen eingeſperret, und ihnen dadurch dieſe anſteckende Krankheit zuge⸗ | zogen Der TCitel der Schrift heißt: Obfervations on the nature and cure of Hoſpital and Jayl fevers in a letter to Dr. Mead. etc. by John Pringle M. D. Phyſician to H. R. H. the Duke, Fellow of the R. Coll. of Phyſic. at Edinburgh and of the R. foc. London 1750. in 8. Dieſer Auszug iſt aus dem Journ. brit. Tom. II. Aoüt. 1750. Art. II. Man kann bey dieſer Abhandlung die Studierſtuben, und andere Oerter, wo man ſich beſtaͤndig aufzu⸗ halten pfleget, ohne Irrthum fuͤr die Gefaͤngniſſe oder Hoſpitaͤler anſehen. 9 Band. Mm 4 546 Auszug der neueſten zogen worden, welche nicht allein die oberſte Ma⸗ giſtratsperſon in London, nebſt zweenen Richtern, ſondern auch eine große Anzahl anderer Per— ſonen ums Leben gebracht hat. Herr Pringle hat waͤhrend des letzten Krieges Gelegenheit und Geſchicklichkeit genug gehabt, Beobachtun⸗ gen uͤber eben dieſelbe Krankheit anzuſtellen, und ſeine Entdeckungen ſind es, die wir allhier mit⸗ theilen wollen. 1. Von dem Urſprunge dieſer Krankheit. Sie pflegt in allen eingeſchloſſenen Oertern ihren Sitz zu haben. Ein einziger Menſch, der in einem engen Zimmer eingeſchloſſen lebet, laͤuft Gefahr, ſich ſelbſt damit anzuſtecken. An Oertern, wo zu⸗ gleich viele unreinliche und ungeſunde Menſchen beyſammen ſind, iſt die Gefahr noch einmal ſo groß. Daher ſind die Gefaͤngniſſe, Schiffe und Hoſpitaͤler am meiſten anſteckend; und das Uebel ſcheint alſo von einer Luft herzuruͤhren, die ihre Schnellkraft verloren, und mit flüchtigen und ver— dorbenen Ausduͤnſtungen aus den menſchlichen Lei⸗ bern angefuͤllet iſt. Dieſe Ausduͤnſtungen find zu— weilen ſo wirkſam, daß ſie vermittelſt des Odems, der Kleider und des Geraͤthes der Kranken, an⸗ ſtecken. Herr Pringle hat zwey Beyſpiele hiervon ſelbſt geſehen. Einige entlaufene Soldaten, fo 1726 aus den Gefaͤngniſſen in England, nach Schottland hinuͤber gebracht wurden, ſteckten das Regiment mit dieſer Krankheit an, welches man mit ihnen zugleich eingeſchiffet hatte. Binnen drey Wochen wurden 120 Soldaten ins Hoſpital ge⸗ bracht, phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 547 bracht, ohne daß die andern Voͤlker, welche zu gleicher Zeit, aber auf andern Schiffen, uͤberge-⸗ kommen waren, das geringfte von dieſer anſtecken⸗ den Krankheit an ſich geſpuͤret haͤtten. Das an⸗ dere Beyſpiel iſt noch merkwuͤrdiger. Die Ruhr war in Deutſchland bey den engliſchen Truppen eingeriſſen. Hierzu kam ein boͤsartiges Fieber, welches die Hälfte der Kranken im Hoppitale auf⸗ rieb. Das Dorf Feckenheim erlitte ſehr vieles, ſo wohl von dieſem Fieber, als von der Ruhr. Einige Gezelter welche in die Boote gebracht wor⸗ den waren, worinn verſchiedene Kranke auf dem Rheine weggebracht wurden, hatten ihren Gift an ſich genommen, und ſteckten damit die Leute an, welche die Gezelte ausbeſſern ſollten, ſo daß von 23 ihrer 17 fterben mußten. Zu allem Glück iſt dieſes Uebel nur ſelten von ſolcher Heftigkeit. Nur diejenigen ſind ihm unterworfen, welche die unge⸗ ſunde Luft ſchoͤpfen, und die Langſamkeit, womit es um ſich greift, geſtattet noch wohl, daß man den uͤbeln Folgen davon vorbeugen kann. 2. Von den Zufaͤllen bey dieſer Krankheit. Die erſten Zufaͤlle find leichte Schauer, die mit ein wer. nig Hitze abwechſeln, wobey ſich zugleich ein Manz gel des Appetits ſpuͤren laͤßt. In der Nacht nimmt die Hitze zu; der Schlaf iſt unterbrochen; man em⸗ pfindet in der Stirn einen druͤckenden Schmerz, und der Puls wird unnatuͤrlich lebhaft. Dieſer erſte Zeitraum der Krankheit iſt ſo heftig nicht, daß die Kranken nicht noch dabey follten ausgehen koͤnnen, und | Mm 2 da 518° Auszug der neueſten da erſtickt öfters die bloße Veränderung der Luft das Uebel in ſeiner Geburt. Wenn es anfaͤngt ſchlim⸗ mer zu werden, fo läßt ſichs kaum von einem Ent⸗ zuͤndungsfieber unterſcheiden, und zuweilen ſind bloß die ſchlimmen Wirkungen der ſtarken Aderlaſſen der Unterſchied zwiſchen beyden. Zu den vorigen Zus fällen geſellen ſich alsdenn Mattigkeit, Ekel, Kopf⸗ und Lendenſchmerzen, und Niedergeſchlagenheit. Der Puls iſt geſchwind und voll, doch in geringerm Grade, als er bey vielen andern weit minder gefaͤhr— lichen Fiebern zu ſeyn pfleget. Das Blut der Kran- ken iſt verſchiedentlich veraͤndert, und zuweilen ſieht es ganz geſund aus. Wenn es dünn aufgeloͤſet er⸗ ſcheint, fo iſt die Gefahr ſehr groß. Die Haut und Zunge ſind gemeiniglich ſehr trocken. Der Urin hat lauter zweydeutige Kennzeichen. Wenn man die Hand der Kranken nur obenhin beruͤhret, ſo ſcheint ſie keine ſtarke Hitze zu haben: wenn ſie aber Herr Pr. eine Zeitlang gehalten, fo hat er fie außeror⸗ dentlich heiß befunden, und noch einige Minuten hernach hat er die Empfindung der Hitze in ſeiner Hand behalten. Verſchiedene von ſeinen Freunden haben eben daſſelbe beobachtet, und nach der Zeit hat er eine Stelle im Galenus gefunden, worinn dieſes Zeichen unter die Merkmaale ſolcher Fieber gez * rechnet wird, welche von einer Faͤulniß entſtehen “. 7 Bis⸗ * Dieſe Stelle iſt viel zu merkwuͤrdig, als daß wir ſie hier unangefuͤhrt laſſen koͤnnten. Febrium, quae a putredine oriuntur, maximum indicium eſt mor- dacitas et acrimonia caloris, quae perinde ac fumus nares phyſt kaliſchen Merkwürdigkeiten. 549 Bisher haben wir die Kranken nur in den erſten Zeiten der Krankheit geſehen, welche um deſto ge⸗ faͤhrlicher zu ſeyn pflegen, je weniger ſie es ſcheinen. Wie groß iſt nicht das Erſtaunen, wenn man ent⸗ weder im Fortgange der Krankheit, oder nach allzu ſtarkem und oft wiederholten Aderlaſſen ſieht, daß auf einmal der Puls matt wird, die Sinne verges hen, und die Sprache mangelt. Um dieſe Zeit er ſcheinen dunkelrothe Flecken, welche die Haut ganz und gar nicht erheben, keine beſtimmte Figur haben, ſondern vielmehr in einander fließen. Sie ſind we⸗ der beftändig, noch critiſch, noch ſchlechterdings tödt⸗ lich. Je näher ſie indeſſen der Purpurfarbe kom⸗ men, deſto gefaͤhrlicher ſind ſie. Man hat Urſache zu glauben, daß fie Wirkungen der Stockung und Verdorbenheit der Saͤfte ſind, und ſie zeigen ſich auch zuweilen nicht eher, als nach dem Tode. In ſolchen Faͤllen aber zielen doch in der That alle Be⸗ wegungen darauf. Der Unſinn bricht aus, aber er iſt gemeiniglich keine Tollheit, furor) ſondern bloß eine daͤmiſche Unempfindlichkeit; auch iſt das Zit⸗ tern der Glieder gemeiner, als das Zucken der Seh: nen. Alle Abende erneuert ſich das Uebel, die Glied— maßen werden zween Tage vor dem Tode kalt, und das Leben verſchwindet nur nach und nach. Zuwei⸗ len endet ſich die Krankheit binnen 5 oder 6 Tagen, Mm 3 zuweilen nares et 0 ſic ipſa erodere tactum videtun ' Non ſtatim ea "qualitas admota manu difcernitursg at per moram praedicta caliditatis fpecies effertur ex penitioribus partibus. Lacun. Epiſt. Galen. de diff. febr. Lib. I. c. VII. 5% Auszug der neueſten zuweilen ſind 14 Tage, ja wohl 3 bis 4 Wochen noͤthig. Es iſt aber zu vermuthen, daß in dem letz⸗ ten Falle die Krankheit von irgend einem Eiterge⸗ ſchwuͤre (apoſthema) unterhalten wird. Wenig⸗ ſtens ſind die langſamen Geneſungen gemeiniglich mit Eitergeſchwuͤren der Ohren- oder Achſeldruͤſen verbunden. . 3. Von den Vorbedeutungszeichen der Krankheit. Dieſe ſind nicht anders, als ungewiß. Wir wollen indeſſen das Beſonderſte davon anführen. Leute, die ſchon durch andere, oder auch durch eben dieſe Krankheit zuvor geſchwaͤcht worden find, widerſtehen ihr ſchwerlich. Das Frauenzimmer koͤmmt oͤfterer durch, als die Mannsperſonen. Die Taubheit iſt ein gutes, die Blindheit aber ein deſto gefaͤhrliche⸗ res Zeichen. Die ſtarken Schweiße und unmerkli⸗ che Ausduͤnſtung erleichtern die Kranken. Die Ent⸗ zuͤndungen der Augen, die Unruhen, die Bemuͤhun⸗ gen der Kranken, die Knie nach ſich zu ziehen, oder die Bruſt zuzudecken, oder aufzuſtehen, ſind Vor⸗ boten des Todes, und der fauligte Durchlauf zeiget an, daß er nahe bevorſteht. 4. Von den eroͤffneten Todten. Das hauptſaͤch⸗ lichſte, was man bemerket, ſind Eitergeſchwuͤre, welche man oͤfters im Gehirn und Hirnlein findet. Es iſt eine waͤſſerichte Materie in denſelben. Ei⸗ nige Kranke, bey welchen man nach dem Tode der— gleichen Geſchwuͤre gefunden, haben bis an ihr En⸗ de den Verſtand behalten. Bey andern, welche ge⸗ 8 raſet S G. hof fachen Merkoiidigkaen, 55¹ | | raſet h haben, ſind keine gefunden worden. Wie ſchoͤn kennen wir doch den wahren Sitz der Gedanken und des Verſtandes! Man findet auch Spuren von Entzündungen und Brande in den Gedaͤrmen und andern Eingeweiden. Herr Pr. huͤtet ſich wohl, aus dieſer kleinen Anzahl von Erſcheinungen, die von ihm angefuhrten Zufaͤlle zu erklaͤren. Er ſchließt bloß, daß in dieſer Krankheit die Säfte zu ihrem Verderben geneigt ſind, und weil ſie in die Claſſe der boͤsartigen Pocken, und der von einer Materie (pus) entſtandenen auszehrenden Fieber, wie auch dererjenigen, ſo in den heißen und feuchten Landſtrichen gemein ſind, zu ſetzen ſind; ſo kuͤndiget er die gleiche Gefahr an, und ſchlaͤgt le Me: We zur Cur vor. 5. Von der Cur. Das erſte und ſicherſte Mits tel, dieſes Uebel in ſeiner Geburt zu erſticken, iſt, | daß man die Kranken von dem Oite entfernet, wo ſie es ſich zugezogen haben. Dieſes gilt in allen Zeiten der Krankheit, und wofern man die Kranken von ihren Oertern nicht wegbringen kann, ſo muß man dahin ſehen, daß fie beſtaͤndig eine frifche Luft bekommen. Ein Brechmittel von Ipecacuanne, worauf des Abends ein Biſſen von Theriac, mit eis nigen Granen von Hirſchhornſalz zu nehmen, und Molken, mit Eßig zubereitet, ſind in der erſten Zeit dieſes Fiebers von der beſten Wirkung. In der zwoten Zeit der Krankheit geht es ſchon nicht ſo leicht. Wenn der Puls ſehr voll iſt, ſo dienet eine Me, welche aber weder zu reichlich cht, noch Mm 4 wieder 52 Auszug der neueſten wiederholet werden darf: denn die Wiederholung derſelben befoͤrdert die allerverdrießlichſten Zufaͤlle. Die Ausduͤnſtung, welche man muß zu unterhalten ſuchen, erfordert gemaͤßigte ſchweißtreibende Arzt⸗ neyen. Das Pulver von Contrayerva mit Salpe⸗ ter vermiſcht, beſonders aber einige Tropfen vom Spiritu Salis Ammoniaci, mit deſtillirtem Eßig ver miſcht, ſind hierzu vollkommen hinreichend. Er⸗ wei hende Clyſtiere ſind nuͤtzlich; die Blaſenzieher (veſicatoria) wirken nicht, und die Opiate find ſchaͤd⸗ lich. In der dritten Zeit iſt des Arztes einige Sor⸗ ge, das Leben, welches zu verlöfchen bereit iſt, zu unterhalten. Herr Pr. hat ſich an ſehr einfache Mittel gehalten, und die Erfahrung hat ihm die gluͤcklichſten Wirkungen davon gewieſen. Das erſte iſt ein abgekochter Trank, aus der Wurzel Serpen- taria, und der Chinarinde. Es geſchah von unge⸗ faͤhr, daß Herr Pr. dieſe Rinde hinzu that, und er iſt bey der Doſe geblieben, womit es ihm das erſte mal gegluͤckt war. Drey Quentlein, ſowohl von der einen, als von der andern, reichen hin in ein halbes Maaß (vne pinte) Waſſer. Dieſes wird auf zweymal eingetheilet, und muß binnen 36 Stun⸗ den, oder hoͤchſtens binnen zwey Tagen ausgetrunken werden. In Ermangelung des Weins, deſſen die Kranken in Hoſpitaͤlern gar wenig bekommen, hat ih⸗ nen Herr Pr. eine Herzſtaͤrkung von einem fpirituöfen Waſſer, mit Hirſchhornſalz angemacht, verordnet. Der Wein aber iſt das ſicherſte und beſte Cordial. Eine Bouteille Franzwein, des Tages uͤber, theils in Molken oder Suppe, theils ohne Vermiſchung gege⸗ phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 553 gegeben, hat den Kranken zuſehends Leben und Ger ſundheit wieder gebracht. Ihre Begierde nach die⸗ ſem wohlthaͤtigen Safte iſt die Stimme der Natur, welche deſſen Nothwendigkeit anzeiget. Doch muß man diejenigen Faͤlle ausnehmen, wo ein toller Un⸗ ſinn, Zuckungen der Sehnen, und eine ſtarke Roͤ— the in den Augen, eine Entzuͤndung des Gehirns (phrenitidem ) verraͤth: denn in ſolchen Fällen ver⸗ mehren hitzige Mittel die Zufaͤlle, und iſt da weiter kein Rath, als etwa mit den Blaſenziehern und ſinapismis an den Fuͤßen. In dieſer Art zu curiren kommen unſtreitig verſchiedene Sachen vor, die der gemeinen Methode entgegen geſetzet ſind. Aber was iſt beſſer: wider die Regeln zu curiren, oder nach den Regeln zu toͤdten? Inzwiſchen moͤchte wohl am aller ſeltſamſten ſcheinen, daß Herr Pr. in einer Krankheit, welche ſo augenſcheinliche Merkmaale der Faͤulniß an ſich hat, dennoch hat koͤnnen fluͤchtige Sachen verordnen, dergleichen z. E. das Hirfch- hornſalz iſt. Allein ſeine Erfahrungen haben ihn uͤberfuͤhret, daß dieſes Salz die Faͤulniß in thieri⸗ ſchen Koͤrpern nicht befoͤrdert, ſondern vielmehr ihr vorbeugt und ſie aufhaͤlt. Herr Pr. hat gleiche Verſuche mit der China angeſtellet, welche ſeit eini⸗ gen Jahren im Brande ſo ſehr iſt angerathen wor: den. Dieſe Rinde hat ihm das kraͤftigſte Mittel wider die einreißende Faͤulung zu ſeyn geſchienen. Der Trank, da man ſie in gemeinem Waſſer abkochet, verhindert kraͤftiger, daß das Fleiſch nicht anfaulet, als es das gemeine Waſſer mit Salz und Salpeter vermiſcht nicht thut. Die | Mm 5 Chamo⸗ 554 Auszug der neueſten Chamomillenblumen ſcheinen auch N Tu⸗ a zu haben, 6. Vertheidigungsmittel. Um ſich vor dieser 55 im voraus am beſten zu vertheidigen, muß man die eingeſchloſſene Luft, durch geſchickte Maſchinen beſtens erneuern, alle Sachen von ſol⸗ chen Perſonen verbrennen, die aus angeſteckten Der- tern kommen, und ja ſich auf kein Gegengift verlaſ— ſen. Sonſt glaubet Herr Pr. daß der abgekochte Trank von der Serpentaria und China, in aqua ale- xipharmaca und Eßig, die beſten Vorbeugungs⸗ mittel ſeyn moͤchten. y | III. Verſchiedene Anmerkungen von den Geſundbrunnenwaſſern *, Der edimburgiſche Naturforſcher, Herr Monte, hat eine fehr ſinnreiche Methode erfunden, um die eiſenhaltigen Waſſer unter einander zu vergleichen! Er loͤſet eine gewiſſe Menge Eiſenſalz in Waſſer auf, und bemerket, wie viel von der Infuſion der Gallaͤpfel noͤthig ſey „um dieſer Vermiſchung eine ſolche Farbe zu geben, als ein gewiſſes mineraliſches Waſſer hat. Nach dieſer Methode hat ein edim⸗ burgi⸗ * Sie ſind aus einer Schrift, welche den Titel fuͤh⸗ | ret: An Eſſay on the contents and virtues of Dunfe Spau, in a Letter to My lord *. by Francis Home. M. D. Edimburg. 1751. in 8. * Siehe Monro Med. Eſſays. Vol. III. Art. 2. phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 555 burgiſcher Arztneygelehrter, Herr Home, die Dun⸗ ſer⸗Waſſer * unterſuchet, und gefunden, daß man zu 4 Unzen gemeines Waſſers, 5 Gran Ei⸗ ſenſalz hinzu thun muͤſſe, um ihm die Staͤrke dieſer Waſſer mitzutheilen. Inzwiſchen kann deshalb dieſe Solution nicht in die Stelle des mineraliſchen Waſſers geſetzet werden, ſondern fie ſtimmen weiter nicht, als nur bloß darinn uͤberein, daß beyde Ei⸗ fen in fich halten. Herr Home verwirft die Men: nung dererjenigen, welche den Fortgang des Verſu⸗ ches mit den Gallaͤpfeln einem vitrioliſchen Salze zuſchreiben, deſſen Säure die Gallaͤpfel, ihrer Mey⸗ nung nach, an ſich ziehen, und den metalliſchen Theil im Waſſer zuruͤck laſſen ſollen. Man kann ohne Vitriol Dinte machen, wenn man nur Eiſen⸗ feilſpaͤne mit der Infuſion von Gallaͤpfeln reibt. Eben ſo wenig iſt der Eiſenvitriol die Hauptſache bey den Stahlwaſſern. Ob ſie gleich Saͤuerlinge (acidulae) heißen, ſo hat man doch nie eine Saͤure heraus bringen koͤnnen. Da das martialiſche We⸗ fen fo erſtaunlich geſchwind verrauchet, fo giebt dies ſes den Grund zu einer neuen Widerlegung der gee meinen Meynung. In dieſem Stuͤcke unterfchei: den ſich die Dunſer⸗Waſſer von den meiſten uͤbrigen mineraliſchen Waſſern. Denn in 20 Minuten ver⸗ lieren Dunſe iſt ein kleines Dorf in Schottland, unweit Berwick. Das daſige Brunnenwaſſer koͤmmt, nach Herrn Home Berichte, unter den deutſchen Geſundbrunnen, dem Lauchſtaͤdtiſchen am nach: ſten, wie Hoffmann ihn beſchrieben hat. — 56 Auszug der neueſten lieren fie ſchon einen Theil ihrer Faͤhigkeit, ſich von den Gallaͤpfeln faͤrben zu laſſen, nach drittehalb Stunden, oder wenn man ſie in recht wohl ver⸗ wahrten Bouteillen nur fuͤnf Meilen weit von der Quelle verfuͤhret, haben ſie dieſe Faͤhigkeit ganz und gar verloren. Indeſſen iſt dieſes ein Mittel, ſie ihnen einige Zeit laͤnger zu erhalten, daß man die Bouteillen umgeſtuͤrzt ſetzet, weil die flüchtigen Theile nicht fo leicht durch die Zwiſcheuraͤumgen des Glaſes, als des Stoͤpſels hindurch dringen. Eine andere merkwuͤrdige Beſonderheit dieſer Waſſer hat Herr Some durch eine Art von Verſuchen entdeckt, davon er der erſte Erfinder zu ſeyn ſcheint. Er hat ſie faulen laſſen, und ſie haben nach ſieben Wochen, ſowohl ihren eiſenhaftigen Geſchmack, als auch ihre Wirkung auf die Gallaͤpfel, jedoch in geringern Graden, als zuvor, wieder erhalten. Die Art, wie er dieſe Erfahrung erklaͤret, und die Folgen, ſo er daraus zieht, ſind ungemein ſinnreich. „Die inne⸗ re Bewegung der Waſſertheilchen, ſaget er, bewegt ſie mit Heftigkeit, ſubtiliſirt ſie, und machet ſie ge⸗ neigt flüchtig zu werden, und in die Luft über zu ge⸗ hen. Die feſten Theile des Eiſens, welche man natuͤrlicher Weiſe aus dieſem Waſſer bekoͤmmt, ver⸗ duͤnnen ſich durch dieſe Bewegung, verwandeln ſich in ſehr kleine Theilchen, und werden fluͤchtig. Die⸗ ſes beſtaͤtiget der Geruch, der Geſchmack, und die Fahigkeit dieſer Waſſer ſich von den Gallaͤpfeln faͤr⸗ ben zu laſſen, welche Eigenſchaften ſie ſobald wieder bekommen, dahingegen, wenn man den Bodenfag calciniret, der Magnet kein Eiſen mehr ar zie t. phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 557 zieht., Dieſe Operation beweiſt zweyerley: Erſt⸗ lich, daß das Waſſer Eiſen bekommen kann, ob⸗ gleich keine Säure daſſelbe erzeuget; und zum an⸗ dern, daß die feſteſten metalliſchen Theile fluͤchtig werden koͤnnen. Herr Some hat in dieſen beyden Abſichten gewußt der Natur nachzuahmen. Er hat fuͤnf Gran Eiſenfeilſpaͤne in einer Unze deſtil⸗ lirtem Waſſer zween Tage lang ſtehen laſſen. Die Gallaͤpfel haben dieſe Solution gefärbt; fie hat ſonſt alle Eigenſchaften des mineraliſchen Waſſers an ſich blicken laſſen; fie iſt mit einer Haut überzo« gen worden; hat eine Ocher angeſetzet, und in we« nig Stunden alle ihre Kraͤfte wieder verloren. Die Fluͤchtigkeit der metalliſchen Theile ſcheint durch fol- gende Erfahrung unzweifelhaft zu ſeyn. Man that 12 Unzen Dunſer⸗Waſſer in eine wohl verſtopfte und verſiegelte Bouteille. Sie ward auf das ge naueſte gewogen, und man ließ ſie zwoͤlf Stunden lang ſtille ſtehen. Nach Verlauf dieſer Zeit war die Bouteille um 10 Gran leichter geworden, und das Waſſer hatte alle ſeine Kraft verloren. Die Erklaͤrung, welche der D. Friend“ von der Fluͤch— tigkeit gegeben, iſt mehr ſinnreich, als hinlaͤnglich. Herr Home kann nicht begreifen, wie die Vergroͤſ— ſerung der Oberflaͤche eines Koͤrpers ihm jemals das Vermoͤgen mittheilen koͤnne, in die zuft überzuge- hen. Er glaubet vielmehr, daß in dieſem wunder— baren fließigen Weſen, eine gewiſſe anziehende, oder andere Kraft vorhanden ſeyn muͤſſe, welche die Duͤnſte * Prael. Chemic. de Sublim. 558 . Auszug der neueſten Duͤnſte erhebt. Eben dieſes hatte Boyle * geſa⸗ get, und der D. Deſaguliers iſt von derſelbigen Meynung *. Die Theorie des Herrn Home von ſeinem mineraliſchen Waſſer iſt ungefaͤhr dieſe: Das darinn befindliche Eiſen iſt zur Fluͤchtigkeit einigermaßen geneigt. Die feinſten Theilchen ſtei⸗ gen von ſich ſelbſt in die Hoͤhe, und machen ſich auf eben die Art, wie die Duͤnſte, vom Waſſer los. Einige dieſer Theilchen halten ſich eine Zeitlang auf der Oberfläche des Waſſers auf, und machen da— ſelbſt einen Schaum, oder eine Haut. Herr Ho— me, der ſie unterſuchet hat, hat befunden, daß wahres Eiſen darinn ſey. Dieſe Theilchen verz mehren ſich nach und nach, ziehen einander an ſich, vereinigen ſich, machen ſich von der Luft los, wel— che ſie ſchwimmend erhielt, und fallen endlich auf die groͤbern Theile wieder hernieder, die, da ſie der fluͤchtigen beraubt geweſen, ſich im Waſſer nicht laͤnger haben erhalten koͤnnen. Die Vermiſchung beyder Theile machet den Bodenſatz. Endlich wird die Faͤulniß der in dem Waſſer befindlichen Theile von fremder Art, der Grund einer neuen Fluͤchtig⸗ keit. Sie bringt in der fluͤßigen Materie eine in⸗ nerliche Bewegung hervor, welche die metalliſche Maſſe ſubtiliſiret, und faͤhig machet, in der Feuch⸗ tigkeit aufgeloͤſet zu werden, wodurch ſie das Ver⸗ moͤgen bekoͤmmt, entweder in die Luft uͤberzugehen, oder * Of the mech. origin and production of volatility. ** A Courfe of Experim. Philofoph. Vol. 2. p-. 306. und Phil. Trans, No, 497- Axt, 3. nen de n * Br? ; phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 550 oder auf den Grund des Gefaͤßes zuruͤck zu fallen. Einige Naturforſcher haben dieſen flüchtigen Geiſt mit der Luft ſelbſt verwechſelt, die ſich in jedem Waſſer befindet, und in vielen mineraliſchen Waſ⸗ fern, die ſonſt wenig fluͤchtige Theile beſitzen, beſon⸗ ders haͤufig angetroffen wird. Die Dunſer Waſſer, welche voll find von dleſen geiſtigen Theilen, enthal⸗ ten nur wenig Luft in ſich. Herr Home hat dieſes theils durch Wiederholung der haleſiſchen *, theils durch ſelbſt erfundene Erfahrungen bewieſen. Sonſt beſitzen die Dunſer Waſſer auch ein wenig Salz, welches ſich als ein Cirkel um die Erde des Bodenſatzes herum anſetzet. Es iſt von der Art, wie man es uͤberall, ſowohl in der Erde, als | in dem Meere antrifft. 9 2 Siehe deſſen Statick I. Th. 6. Cap. ZN z 4 ‚J 2 7 3 Sn. 2 == m IN EN 2 0 Inas des fünften Stuͤckes im neunten Bande. | I. Laurentius, von DBerbefii ſerung der Windmüh⸗ len Seete 451 II. Ebenderſelbe, von Verbeſſetung des Brauwe⸗ ſens 468 III. Muthmaßung von dem Nutzen der durchſich tigen Körpergen des Michelius in den blaͤtterich⸗ ten Schwaͤmmen 470 IV. D. Unzers Sendſchreiben an Herrn D. von Leyſer, einige mediciniſche Beobachtungen be⸗ treffend 481 V. Inhalt zwoer in der kaiſerlichen We Akademie gehaltenen Reden VI. Nollets Unterſuchung gewiſſer elektriſcher Er ſcheinungen, welche in Italien bekannt gemacht worden 507 VII. Auszug der neueſten phyſikaliſchen Merkwör⸗ | digkeiten 542 Hamburgiſches Magazin, der geſammlete Schriften, Et zum | Unterricht und Vergnügen, aus der Naturforſchung und den en Wiſſenſchaften ihenhanpr. a0) IN — \ ; 1 IR 785 Des neunten Bandes ſechſtes Stud. —— ͤ — -w— —— | Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig, bey Adam Heinr. Holle, 1752. EAST A Pin r ; * N e A ee . Von der Miſchung der mannsfeldiſchen Kupferſchlefer, deren Bearbeitung und Ausbringen. 8. 1. as mannsfeldiſche Schieferbergwerk, >) das bereits einige Jahrhunderte her iſt gebauet worden, und deſſen Schie⸗ fer bey ihrem erſten Anſehen den Ken⸗ nern der natuͤrlichen Hiſtorie, der Phyſk und Chymie ſo vieles Erſtaunen gebiehrt, zeiget fo vielerley Metalle, Halbmetalle und Mines ralien in einer einzigen Miner, naͤmlich in ſeinem Schieferflotze; daß mau billig zweifelt, ob noch in unſerm Erdboden ein Bergwerk ihm gleich komme. Dieſerhalb habe ich mir vorgeſetzet, meinen Leſern eine chymiſche Betrachtung dieſer edlen Kupferſchie⸗ 5 RER: Nu 2 fer 564 Von der Miſchung fer in ſolgendem vorzuſtellen: die phyſikaliſche muß ich, ob ſie gleich noͤthiger waͤre, Geuͤbtern uͤberlaſſen, weil ich kein Bergmann bin, fondern nur als ein Huͤttenarbeiter von ihren Beſtandtheilen meine Ges danken aus der Probierkuͤche in die gelehrte Welt ſchicke. Meine Eigenliebe ſchmeichelt mir nicht, daß ſie ſo gerathen ſind, jedermann zu gefallen. Es koͤnnte ſeyn, daß ſie mangelhaft waͤren; ich bin ein Menſch. Sie ſind hiſtoriſch abgefaͤßt, daß fie auch diejenigen leſen koͤnnen, die von der Schmelz⸗ kunſt wenig, oder nur klare Begriffe haben. Sie ſind zwar, weil ſie von keinem Gelehrten entworfen ſind, nicht witzig, und vielleicht nicht nach dem itzi⸗ gen Geſchmacke: jedoch haben ſie die Wahrheit zu ihrem Zwecke, und ich glaube fuͤr ihre Richtigkeit zu ſtehen, indem ich eine geraume Zeit her unſere Schiefer bearbeitet habe, womit ich täglich umge— hen muß. Ich habe die Erfahrung zu meinem Leit⸗ faden erwaͤhlet. Es koͤnnte ſich aber das Ungluͤck zugetragen haben, daß ich ausgeglitten waͤre. Doch habe ich mir ſagen laſſen, daß man ſich in chymi⸗ ſchen Arbeiten bloß auf ſie verlaſſen muͤſſe; ob man gleich öfters durch die Vernunft vieles errathen koͤnne, was hernach die Erfahrurg weiſet. | §. 2. Unſere mannsfeldifchen Schiefer zeigen in ihrer Bearbeitung faft alle bekannte Metalle, Halbmetalle und verſchiedene Mineralien. Sie ge⸗ hören folglich unter die zuſammen geſetzten Minera⸗ lien . Weil fie aber das Kupfer ſchmelzwuͤrdig macht: ſo koͤmmt ihnen der Name der Kupferſchie⸗ ſer mit groͤßtem Rechte zu. Nebſt dem Kupfer | halten Siehe Cramers Probierkunſt p. 221. b { der manns feldiſchen Kupferſchiefer. 565 halten ſie ein Ausbringen von Silber. So hält z. E. 1 Centner von den reichen und ſeltenen Schie⸗ fern 4 Pfund Kupfer „und 3 Quentgen Silber: die mehreſten aber der Centner nicht viel uͤber 2 Pfund Kupfer und 1 Quentgen Silber, Es finden ſich ärmere und reichere. Man hat S Schiefer, Die im Centner zu 6, 8 bis 10 und mehr Pfund Kupfer halten, auch welche, die noch weniger als 2 Pfund Kupfer geben: und mit dem Silber geht es eben» falls ſo. Nur ift an den reichen fein fonderlicher Ueberfluß vorhanden. Sie find ferner an Eiſen reich, welches unter die Wohlthaten der guͤtigen Natur gerechnet werden muß, weil uns ſonſt der haͤufig dabey befindliche Schwefel und Arſenik mehr Schaden bey der Schmelzung verurſachen wuͤrde; und dieſes beweiſen ſo wohl die in Bodenſtein ſich freſſenden Eiſenſauen, als der ſich im Schiefer fins dende Eiſenſtein. Betrachtet man unſere Schiefer genau: ſo finden ſich in ſelbigen Truͤmmern von Kupferkieß, Kupferglas von allerhand Farbe, Bleyglanz, Kobold, Kupfernickel, und Schwefel⸗ kieß. Man verſichert, daß das ausgebrachte Sil— ber von dieſen Schiefern guͤldiſch fey. Das in den Schiefern ſich findende Bley, welches ſich bey dem Schieferbrennen auf den Haufen als ein weißes Sublimat darſtellet, iſt beträchtlich genug, und hat ſein Daſeyn dem in ihnen ſteckenden Bleyglanze zu danken. Man wuͤrde ſich ſehr betriegen wenn man dieſes weiße Sublimat auf den Schieferhaufen fuͤr Arſenik oder Zinkblumen halten wollte. Nein, dieſe Zinkblumen, und der ſich in Ueberfluß zeigende Ofenbruch, 50 alle beyde von dem ſehr vielen in Nu 3 unſern 566 Von der Miſchung unſern Schiefern ſich findenden Halbmetalle dem Zinke unſere Vernunft und Augen benachrichtigen, finden ſich erſt theils beym Roͤſten, theils vor dem Auge, wo die Schlacke aus dem Dien läuft, und ſind eben die verſteinten Feuerflammen, die der vor⸗ treffliche Naturlehrer, Herr Prof. Kröger, bes ſchrieben . Es zeiget ſich auch dieſer Zink dann und wann beym Ausblaſen in der Vorwand, in ſei⸗ ner halbmetalliſchen Geſtalt. Desgleichen verraͤth auch dieſes Halbmetall ſeine Gegenwart durch den dicken weißen Rauch in den Schlotten. Der Arſe⸗ nik laͤßt ſich aus dem in unſern Schiefern findenden Kobold und Kupfernickel ſichtlich darſtellen. Man kann ihn in Menge daraus verfertigen. Man macht daraus blaue Staͤrke, und bey dieſem Pro⸗ ceſſe bleibt ein Korn Speiſe uͤbrig, welches zum mehreſten Wißmuth iſt. Man kann auch ſeine Ge⸗ genwart beym Roͤſten des Kupferſteins an ſeinem knoblauchartigen Geſtanke verſpuͤren, wo er aber mit dem ſehr ſtarken Schwefeldampfe ſo verbunden, und gleichſam unſchaͤdlich gemacht wird; daß er kei⸗ nem Arbeiter ſchadet, ob wir uns gleich den ganzen Tag in dieſem Dampfe, als in einer Wolke, eins gewickelt befinden. Ferner zeiget den Arſenik einiger Kupferſtein, welcher ſonderlich von leicht fluͤßigen Schiefern, die nicht ſehr eiſenſchuͤßig ſind, gewon⸗ nen wird, die viel, aber armen, Kupferſtein geben. Dieſer Rohſtein ſieht, wenn er aus dem Herde ges nommen wird, etwas wild und grau, und wenn er eine kurze Zeit auch am trockenſten Orte in der Schmelzhuͤtte liegt: fo wird er kohlſchwarz und naß. Sollte * S. Hamb. Mag. d. 5 B. 4 St. p. 361. der mannsſebihen Supfefiefer. e Sollte dieſes wohl anders, als vom Arſenik herruͤh⸗ ren? Keinesweges. Weil nun der Arſenik vom Eiſen am begierigſten eingeſchlucket wird; ſo liegt am Tage, warum dergleichen Schiefer vielen, aber armen, die ſtrengfluͤßigen hingegen wenigern, allein beſſern und reichern Kupferſtein geben. Denn ins dem der vom Arſenik vermehrte Kupferſtein wieder zur Bearbeitung ins Roͤſthaus, und von daraus in den Schmelzofen gebracht wird: ſo raubet der Arſenik wegen des heftigen Schmelzfeuers viel von dem im Kupferſteine enthaltenen Metalle, macht demnach das Ausbringen geringer. Ja ich glaube, daß die⸗ ſer Arſenik eben die Frage entſcheide, warum einiger Rohſtein leichter aus dem Roͤſten wieder zuruͤck koͤmmt, da er ſchwerer eingewogen worden, als an⸗ derer, der viel ſchwerer ausgewogen wird, als er eingewogen war, und deſſen Schwere unterm Roͤ⸗ ſten im Feuer zugenommen hat. Mit einem Worte: der Arſenik durchdringt alle Metalle, macht ſie fprüs de, und vermehret ihre Schwere; welches bey une ſern Schiefern am beſten zu beweiſen iſt. Schwefel und Erdpech finden ſich häufig genung in unſern Schiefern, welches beydes aus dem Brennen der⸗ ſelben, welches mit ſehr wenigem Holze, das gegen die großen brennenden Schieferhaufen fuͤr gar nichts zu achten, und bloß zum Anzuͤnden des Schwefels und Erdpechs dienet, ſattſam erhellet. Auch Anti⸗ monium laͤßt ſich dann und wann in unſern Schie⸗ fern ſehen, welches ſich durch feine Stralen verraͤth. Demnach finden ſich in unſern Schiefern Gold, Silber, Kupfer, Bley; Antimonium, Zink, Wiß⸗ muth, Schwefel und Erdpech. fr 2 Nu 4 ' 5. 3. “| 568 Von der Miſchung §. 3. Da nun 5 Hauptplaneten, als O, 2, &, , und bp, in unſere Schiefer wirken, die man ſichtlich jedwedem zeigen kann: ſo iſt kein Zweifel, daß der Z und fein Bothe der L ihr Andenken in ſelbige zu pflanzen, haͤtten vergeſſen ſollen. Keines⸗ weges, ſie ſind ſo wohl, als die uͤbrigen, darinn an⸗ zutreffen, nur wiſſen fie fich fo geſchickt zu verbergen, daß fie, aller Nachſtellungen ungeachtet, den Sterb⸗ lichen entwiſchen. Allein nur Adepti und wahre Philoſophen, wiſſen ja den & aus allen Metallen laufend darzuſtellen; dieſer Abgott dreymal gluͤckli⸗ cher Philoſophen, wird ſelten von den geſchickteſten Chymiſten, wenn fie noch nicht zu dem Tempel der uͤberirdiſchen Weisheit zu dringen, und an dem Steine der Weiſen mit reinen Haͤnden zu arbeiten, ſich unterwunden, dargeſtellet werden. Seine Fluͤ⸗ gel ſind ſo leicht nicht zu binden. Und wem iſt nicht bekannt, wie wenig Queckſilbererzte in der Welt anzutreffen ſind. Ob nun dieſes gleich eine von al⸗ len Bergwerksverſtaͤndigen ausgemachte Wahrheit iſt: ſo ſcheint es doch nicht weniger wahr zu ſeyn, daß zwar das Queckſilber und fein Erzt viel öfter, als man glaubet vorkommen, aber ſo leicht nicht erkannt werden, wie Cramer, Wallerius, Gel⸗ lert, und andere melden. Das Zinn kann von kei⸗ nem Probierer, aus einem weit geringern Gemenge, als die Schiefer find, wenn man gleich feine Ge⸗ genwart gewiß weiß, dargeſtellet werden. Man kann alſo leicht erachten, daß Zinn und Queckſilber in unſern Schiefern ſtecken, ob ſie gleich nicht ſicht⸗ lich dargeſtellet werden koͤnnen, indem der Sn * 0 der mannsfeldiſchen Kupferſchiefer. 569 ; der Hauptfeind des Zinnes iſt, und es in Aſche, die nimmermehr zu reduciren iſt, zerſtoͤret. 0 F. 4. Die Art der Arbeit, wie wir unſere Schiefer beſchicken und ſchmelzen, wird den ‘Bes weis deſſen, was ich in vorigen Abſaͤtzen geſaget, deutlicher an den Tag legen. Bevor ich aber meinen Leſern hiervon fichere und zuverlaͤßige Nachricht erthei⸗ le: fo fälle mir bey, daß ich im hamburgiſchen Maga⸗ zine * eine ſehr ſchoͤne Abhandlung von der Fluͤchtig⸗ keit des Silbers in unſern Schiefern angetroffen. Allein, derſelben Verfaſſer haͤtte ſich beſſer um un⸗ ſere Schiefer bekuͤmmern muͤſſen, wenn er was neues in felbigen haͤtte entdecken wollen; er hätte die naͤchſte, nicht aber die entfernteſte Urſache von der Fluͤchtigkeit des Silbers angeben muͤſſen. Sein mineraliſch Alkali, das er im andern Abſatze ſeiner Schrift erwaͤhnet, koͤmmt bey den Schiefern in gar keine Betrachtung, indem ſein beſtaͤndiger Feind, die Schwefelſaͤure, daſſelbige zu tauſendmalen uͤber⸗ trifft, und gleich in Zubrennen verſchlingt. Jenes iſt, gegen dieſes, wie wir gemeinen Leute im Spruͤch⸗ worte ſagen, eben ſo viel, als ein Pfund Butter in der Elbe. Wem iſt auch unbekannt, daß man den Kalkſtein den Erzten im Schmelzen vorzuſchlagen pflegt, um ſolche von der Fluͤchtigkeit zuruͤck zu hal⸗ ten. Die Erdarten im Mannsfeldiſchen hat dieſer Schriftſteller gewiß ſehr ſchlecht zu beurtheilen ge⸗ wußt, wenn er in eben dieſem Abſatze ſchreibt, daß die Erdarten in den mannsfeldiſchen Bezirken meh: rentheils kalkartig waͤren. Nichts weniger. Sie ſind, wie in allen Landen, außer einer ſehr geringen Nu 5 Bey⸗ * S. des 8 B. 1. St. p. 49. 5 Mas 570... Bender Miſchung - % Beymiſchung von Kalke, glasachtig: da hingegen die Geſteinslagen über dem Schieferfloͤtze als Zech⸗ Gips- und Stinkſtein wahre Kalkſteine find. Die flimmernden Theile in den Schiefern ſollten wohl eher Talk⸗ und Blende: als kalkartige ſeyn, wenig: ſtens habe ich noch keinen Kenner der Schiefern ge⸗ funden, der dieſe fuͤr ein Kennzeichen des Kalks angegeben haͤtte. Der viele Zink bey den Schie⸗ fern zeiget, daß dieſe Flimmern eine untermiſchte Blende als die wahre Miner dieſes Halbmetalles find *. Sollte man es ſich doch kaum einbilden, daß der Verfaſſer als ein Schmelzverſtandiger, die Welt uͤberreden will, aus dem bloßen Anſchauen der Schiefern von ihrer innern Güte und Metall⸗ gehalt ein richtiges Urtheil zu fällen. Es gehoͤret dieſer Gedanke des Verfaſſers mit zu den Tauben den Diana, zu welchen er den Arſenik geſellet hat. Denn aus der Farbe der Schiefern laͤßt ſich aus dem Grunde nicht auf den Kupfergehalt ſchließen, weil ein eiſenſchuͤßiger Schiefer einem reichen Kupferſchie⸗ fer ähnlich, ja im Anſehen oft an aͤußerlicher Schoͤn⸗ heit übertrifft. Ich geſchweige, daß der Bleyglanz einen ſtarken Theil der Speiſe in den Schiefern ausmacht. Es ſcheint mir alſo, daß dieſer Schrift⸗ ſteller unſere Schiefer nur einmal, und zwar oben⸗ hin nach ſeinen ſich eingebildeten Muthmaßungen betrachtet. So geht es öfters vielen Gelehrten, daß ſie ein Ding fuͤr dasjenige halten, was es in der That niemals geweſen ift. Sie führen Beweiſe, daß es nur ein Vergnuͤgen iſt, und freuen ſich die Sache ſo geſchickt mit einem W. Z. E. ausgefuͤhret | zu * S. Wallerii Mineralog. p. 321. Spec. 249. der manns feldiſchen Kupferſthiefer. 57¹ zu haben, daß man meynen ſollte, die Wahrheit haͤtte ſich von ihnen auf einmal fangen laſſen. Be⸗ trachtet man aber ihre zerriſſene Kette ohne Vorur⸗ theile, und erwaͤhlet ſich die Erfahrung zur Fuͤhre⸗ rinn: fo findet man fie mit aller demonſtrati⸗ viſchen Weisheit in Irrthuͤmern ſtecken, woraus fie öfters durch die Erfahrung geriſſen werden, wenn ſie noch den gluͤcklichen Einfall haben ſie zum Leitfaden zu erwaͤhlen. Das macht, der menſchliche Verſtand iſt wie eine Goldwaage; das kleinſte Uebergewichte giebt einen Ausſchlag, und nur ſehr wenige Menſchen beſitzen die Geſchicklichkeit, dieſe Waage bey gleich ſchweren Gewichten zur Ruhe zu bringen, ob ſie ſchon bey den allermeiſten ſo un⸗ gangbar iſt, daß auch die groͤßten Gewichte keinen Ausſchlag verurſachen: daher es denn wohl gekom⸗ men ſeyn mag, daß man diejenigen fuͤr die witzigſten Koͤpfe gehalten hat, bey denen ſie ſich in beſtaͤndiger Bewegung befindet. 415 | H. 5. Zu dem im 3. F. der gedachten chymiſchen Abhandlung von dem Schriftſteller angeführten Ex⸗ perimente gehöret wenigſtens ein Centner Schiefer. Allein da moͤchte es wohl heißen: Wo hernehmen? Daß er aber ſo viel, wo nicht noch mehrere nehmen muͤſſen, wenn er anders nicht das vom Bley uͤbrig gebliebene Silberkorn fuͤr ein Ueberbleibſel ſeines Bodenſatzes angegeben hat, iſt mehr als zu gewiß. Denn da, wie ich im 2. §. geſaget habe, die meh⸗ reſten Schiefer im Centner zu 114 Pfunden nicht mehr als 2, die reichern 3 bis 4 Pfund Kupfer und 1 Quentlein Silber im trockenen Wege geben? fo bedenke man die große Menge Erde, in welcher ein Quent⸗ 7 Von der Miſchung Quentlein Silber verſteckt liegt. Denn es koͤmmt von einer ſolchen Menge Erde der zz; Theil auf das darinn enthaltene Silberkorn. Wie viel wird ſich nicht verſchmiert haben. Ich geſchweige, daß das brennliche Weſen, ſo des Schriftſtellers eigenem Geſtaͤndniſſe nach dem Petroleo ſehr gleich koͤmmt, dieſen Verſuch faſt unmoͤglich macht. Wenigſtens ſcheint es ganz unbegreiflich, und man wird es dem, der dieſe Erfahrung nicht nachthun darf und kann, zu gute halten muͤſſen, wenn er an der Richtigkeit dieſes Verſuches fo lange zweifelt, bis dieſer Probie— rer zeiget, wie er das Bergoͤl und die Schwefelſaͤu⸗ re im naffen Wege aus einander geſetzt, und die Schwefelleber dabey vermieden habe. Mit einem Worte, das ganze Experiment haͤtte muͤſſen genau beschrieben werden, weil die Autoritaͤt nicht mehr Mode iſt. $. 6. Ich halte mich bey dieſer Schrift zu lange auf, und will nunmehr näher zu meinem Zwecke ei⸗ len, da ich meinen Leſern eine Nachricht von der Be⸗ arbeitung unſerer Schiefer zu geben verſprochen. Die rohen Schiefer werden uns von den Bergleu⸗ ten, von denen es mit Recht heißt: Selbſt in der Berge hohle Schluͤnde Und von Metallen ſchwangre Gründe Steigt die nach Gold begierge Schaar. nicht ohne blutſaure und gefaͤhrliche Arbeit geliefert. Sobald die rohen Schiefer auf die Schmelzhuͤtten gebracht werden: ſo werden ſie gewogen, auf Hau⸗ fen geſtuͤrzet, ein Kranz oder Bette von Reisholz unter fie geleget, und angezündet; wo denn die en en der mannsfeldiſchen Kupferſchiefer. 573 fen etliche Wochen hinter einander mit ſtarker Gluth, ſowohl nach ihrer Größe, als auch nach Beſchaffen⸗ heit der Schiefer, fortbrennen. Dieſe Arbeit heißt das Zubrennen der Schiefern; wodurch das Erd⸗ pech und ein Theil Schwefel von ihnen weggebracht wird. Denn beſaͤßen ſie ſelbiges nicht: (§. 2) ſo wuͤrden ſie nicht fuͤr ſich brennen, indem kein Stein oder Erde, wo ſie nicht von brennlicher Materie, wie die Steinkohlen, durchdrungen worden, ſich ſelbſt in brennender Gluth erhalten kann. Auf die⸗ fen brennenden Schieferhaufen fublimiren ſich weiße Blumen, welche Bley halten das von der Schwe— felſaͤure in Bleyvitriol zerfreſſen worden, indem es ſich, wenn man es mit etwas Brennlichem ſchmelzt, in Bley reduciret. Dieſe ſublimirten Bleyblumen, wenn ich es ſo nennen darf, zeigen, daß unſere Schiefer viel Bley halten muͤſſen, indem die ſtarke Hitze der brennenden Haufen doch den darinn ent» haltenen Zink und Arſenik mit in den Schmelzofen kommen laͤßt, wo ſich dieſe allererſt zeigen. Und da das Bley ſchon ehe es gluͤet, in Fluß koͤmmt: ſo iſt das Feuer beym Schieferbrennen ſtark genug, es zu verzehren. F. 7. Wenn nun die Schiefer ausgebrannt haben, daß ein Theil Unart von ihnen weggebracht worden, und die Haufen voͤllig kalt ſind: ſo werden ſie vermittelſt dienlicher Zuſchlaͤge in einer geſchickten Vergattirung ins erſte Schmelzfeuer gebracht. Das iſt: die Schiefer werden nach Einſicht eines der Schmelzkunſt verftändigen Vorſtehers von einigen Gruben unter einander gemengt, ſo, daß arme und reiche, geſtrenge und fließige zuſammen kom⸗ men, 574 Von der Miſchung men, und mit mehr oder weniger Flußſpathe durch das Feuer gelaſſen. Die Zufchläge dienen darzu, daß die Maſſe durch gelindes Geblaͤſe gezwungen werden kann, damit nicht durch allzu ſtarkes Geblaͤſe Metall und Schlacken in einander getrieben, die Fluͤchtigkeit der Metalle befördert, und die Seiger rung verhindert werde. Bey dieſer Arbeit nun ſcheiden ſich im Fluſſe 1) das Eiſen, theils allein, theils mit Kupfer vermiſcht; und dieſes nimmt vor dem Geblaͤſe den unterſten Platz im Ofen, naͤmlich auf dem Bodenſteine, im Auge und im Heerde ein: und dieſes mehr oder weniger, nachdem die Schie⸗ fer eifenichüßig ſind. 2) Mit dem Kupfer und Silber vereinigen fich die fixern Theile des Schwe⸗ fels, benebſt dem noch uͤbrigen Arſenik, die das Ei⸗ ſen nicht in ſich nehmen koͤnnen, desgleichen die Zinkaſche in einen Regulum, welcher, wenn die Schiefer gut geweſen find, den zehnten oder zwoͤlf⸗ ten Theil am Gewichte der ganzen Beſchickung aus⸗ machet. Dieſe Maſſe bekoͤmmt alsdenn den Na⸗ men Robftein; deſſen Gehalt insgemein 4 Metall, und 2 obiger Unart iſt; wenn es anders erlauber iſt, die mehrentheils zerſtörten Halbmetalle und Minera⸗ lien fuͤr Unart auszugeben. Es giebt aber auch Rohſtein, der die Hälfte auch 4 Metall Hält. 3) Der in großer Menge in unſerll Schiefer ſich fin⸗ dende Zink, welcher ſich, fo bald er in Fluß geht, in weißgraue Blumen ſublimiret, die ſich im Mittel des Ofens handſtark anſetzen, und zu einem Gallmey werden. Im Auge des Heerdes uͤberzieht dieſe Aſche die herausſpielende Flamme, daß man ſie fuͤr die Capſel der ſpielenden Flammen halten, und ſie | der der mannsſeldiſchen Runferfihiefer. 575 der Aehnlichkeit halber mit Recht verſteinte Feuer⸗ ammen heißen kann. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß wir dieſes Halbmetall unzerſtoͤrt erhalten koͤnnten, welches wohl der Muͤhe werth ſeyn moͤchte. Allein da ſchon Verſuche hier und dar angeſtellet worden: ſo iſt es bey unſerm Schieferſchmelzen des allzu ſtar⸗ ken Feuers wegen nicht wohl moͤglich. Mit dieſen Zinkblumen, unſerm Oſenbruche, und Huͤttennichte (nihilo albo) laͤßt ſich Tomback, Pinſcheback, und Meßing verfertigen *. Man nuß ſich alſo nicht wenig wundern, daß der Verfaſſer der oft ange⸗ fuͤhrten Schrift wider alle Erfahrung dieſes vom Arſenik behaupten will, da ihm doch alle Roth⸗ gießer das Gegentheil zeigen werden. Das weiße Mehl, ſo ſich von den Kupferhiecken, (dieſes ſind metallene Adern in einigen Schiefern,) auftreiben laͤßt, kann eben ſowohl von Zink als vom Bley her⸗ kommen. Und wenn man ſo ſicher fo ſehr verſchie⸗ dene Koͤrper an dem bloßen Anſehen beurtheilen kann: ſo muß man entweder eine recht ſtarke, oder gar keine Einſicht in die natürlichen Körper haben. Die gelehrteſten und geſchickteſten Chymiſten unters ſuchen die Körper erſt, ehe fie ſagen, was ſie ſind; indem ihnen ganz wohl bekannt iſt, daß man nicht gerne in der Chymie auf bloße leere Worte bauet. Der Herr Verfaſſer hätte es unterſuchen und probi« ren ſollen: alsdenn wuͤrde er geſehen haben, ob das von den Kupferhiecken aufgetriebene Mehl, Arſe⸗ nik, Zink, oder Bley gehalten haͤtte. Denn groͤß⸗ tentheils der Zink, der ſich ſo haufig bey unſern Schie⸗ Siehe Hamb. Mag. d. 5 B. 2 p. 364. Wal lerii Mineralog. p. 584, 576 Von der Miſchung Schiefern findet, raubet durch ſeine Fluͤchtigkeit mehr Silber als der Arſenik, weil ſich das Arſenik— mehl durch das Brennbare zu einer halbmetalliſchen Geſtalt bringen laͤßt: ſo wuͤrde es allezeit ſo erſchei⸗ nen, wenn es ſolches von ſelbſt beſaße. Da nun der beym Schiefer befindliche Arſenik ſich noch im erſten Schmelzfeuer erhält, und den Regulum oder Rohſtein ſchwerer machet, als er für ſich war ($. 2.); da er ferner vom Eiſen am begierigſten eingeſchluckt wird ($.2.): fo iſt auf feine Gewalt bey der Fluͤch⸗ tigkeit des Silbers nicht ſo ſehr eben zu provociren, ſondern man muß die Koͤrper, die mehr daran ſchuld ſeyn, beſſer anſehen, und nicht alles von einer⸗ ley und der aller entfernteſten Urſache herleiten, ſonſt verraͤth man feine Unſchuld in der Chymie. Der Arſenik wird ferner durch Beymiſchung Erden und Steinen ziemlich feuerbeſtaͤndig; dahingegen der Zink ſich an ſeiner Fluͤchtigkeit und raͤuberiſchen Art von nichts abhalten läßt. Nun ſchluͤßen wir weiter: Das Silber als das beſtaͤndigſte Metall nach dem Golde, muß ſeiner Natur nach den raͤuberiſchen Halbmetallen am meiſten Widerſtand thun. Das Kupfer iſt der Hauptendzweck, warum wir die Schiefer ſchmelzen, und das Silber wird nur in deſſen Geſellſchaft, nicht aber allein fuͤr ſich durch die Halbmetalle und hauptſaͤchlich durch die Schwe⸗ felſäure fluͤchtig gemacht. Ein gruͤner Sublimat beym Schieferbrennen giebt ein Korn Kupfer, und dieſes weit weniger Silber als das ordentliche Schwarzkupfer, fo aus eben dieſen Schiefern ges ſchmolzen wird. Das Bley von dergleichen weißem Sublimate haͤlt nur eine Spur Silber. Einen ſehr artigen der mannsfeldiſchen Kupferſchiefer. 577 artigen und ergößenden Beweis, daß die Schwefel— ſaͤure die Metalle fluͤchtig mache, findet man unter andern an den alten Roſtwendern, welche von dem dicken Schwefelrauche, ſtatt der grauen, grasgrüne Haare bekommen. Haͤlt man ein blankes Eiſen in den Zug dieſes dicken Rauches, oder leget es auf die Roſtdecke: ſo leget ſich das Kupfer in ſeiner natuͤr— lichen rothen Farbe daran an. Die Knochen wer: den gruͤn davon, und das Holz, an welches dieſer Rauch in“ einer ziemlichen Entfernung eine Zeitlang geſtrichen, giebt eine gruͤne Kupferflamme. Da nun dieſe Verſuche ſich ſelbſt an die Hand geben und dergleichen jeder Roſtwender bemerket, ſo ſehe ich nicht ab, warum man bey dieſer nahen und gar nicht zu widerlegenden großen und naͤchſten Urſache der Fluͤchtigmachung, eine entfernte ſehr ge⸗ ringe und ſchwer zu beweiſende, ſo muͤhſam geſucht, und nicht vielmehr die erſtere, auch allen Roſtwendern bekannte, an die Hand gegeben hat. Wieder auf unſere Schiefer zu kommen: ſo ſcheiden ſich im erſten Feuer ferner 4) die meiſte Erde, und geht in Schla« cken. Etwas Schwefel und Vitriol werden durch das Feuer in Rauch verwandelt. Weil aber der Schwefel, Arſenik, und noch etwas Zink dem aus: gebrachten Regulo oder Rohſteine ziemlich feſte an— haͤngen, und durch nichts, als das Feuer, am be— quemſten verjaget werden koͤnnen: ſo koͤmmt die dritte Arbeit, die wir mit unſern Schiefern vorneh— men muͤſſen, wenn wir das darinn enthaltene Me. tall habhaft werden wollen, naͤmlich das Cementi⸗ ren oder Roͤſten vor. | 9 Band. Oo NER . 8. 578 Von der Miſchung §. 8. Dieſes Roͤſten geſchieht auf unſern Huͤt⸗ ten in freyer Luft in eigenen darzu abgetheilten Mauern. Es muß der Rohſtein durch 6, 7, bis 8 Feuer gehen, damit der dabey befindliche Schwe⸗ fel und Arſenik durch das Feuer vollends abgetrieben werden. Es wird der Rohſtein in der Huͤtte, ehe er heraus gewogen wird, in grobe Stuͤcke geſchla— gen, damit in dem erſten Feuer der Schwefel ſich nicht ſo heftig entzuͤnden und rauben kann; hernach wird er in eine Statel auf Reisholz gefahren, und ſodann mit etwas Kohlengeſtuͤbe uͤberſchuͤttet, und nicht, wie in den uͤbrigen Feuern zugedeckt, weil das erſtere Feuer nicht viel bedeutet. Der Roh⸗ ſtein bekoͤmmt die Feuer nach und nach ſtaͤrker, und ſo wird er auch aus einer Stadel in die andere im⸗ mer kleiner und kleiner geſchlagen. Was beym letz⸗ ten Feuern in die Gahre geht, muß ausgehalten werden, indem man angemerket, daß, wenn das Metall allzu hoch im Roſtfeuer in die Gahre getrie⸗ ben worden, vieles davon verloren gegangen, und es iſt allezeit beſſer, wenn noch etwas Unart zuruͤck und beym Kupferſteine bleibt, woraus denn beym Durchlaſſen über den Ofen nebſt dem Schwarzku⸗ pfer eine Spur davon, naͤmlich der Dinſtein, fällt, fo von Metall ſehr reich iſt. Nur iſt zu verwun⸗ dern, daß die Roſthaͤuſer auf den Rohhuͤtten nicht gedeckt find, welches das Aus laugen, das durch den Regen geſchieht wund betraͤchtlichen Schaden verur⸗ ſachet, verhindern wuͤrde. | $. 9. Nun ſchreiten wir zur letzten Arbeit, die auf den Rohhuͤtten vorgenommen, und das Kupfer⸗ machen der mannsfeldiſchen Kupferſchiefer. 579 machen genennet wird. Es wird naͤmlich der durch— gegluͤete und geroͤſtete Kupferſtein aus der letztern Roſtſtatel, ſo bald er erkaltet, zum Durchlaſſen in die Huͤtte gefahren, und koͤmmt nunmehr in das an⸗ dere Schmelzfeuer, wo er vermittelſt des Geblaͤſes durch den Schmelzofen gelaſſen wird. Dieſes muß deshalb geſchehen, damit theils das Unreine und Unartige vollends von dem reinen Metalle geſchieden werde, theils daß ſich das Metall beſſer zuſammen ſetzen, und in Scheiben oder Platten, die ſich nach einander abheben laſſen, theilen kann, welche Plat⸗ ten ein Gemenge vom Kupfer und Silber zuſammen halten, und den Namen Schwarzkupfer führen. So weit werden unſere Schiefer auf den Rohhuͤt⸗ ten gebracht. Weil aber dieſes Gemenge oder Schwarzkupfer fuͤr ſich nicht verarbeitet werden kann, auch das darinn ſteckende Silber heraus ge= bracht werden muß: fo wird es auf die Seigerhuͤtte zur Refinirung beyder Metalle geliefert. Da denn bey der Seigerung die Metalle vermittelſt der Bley— zuſchlaͤge völlig aus einander geſetzet; die Kupfer: kuͤhnſtoͤcke im Gahrfeuer zu Gahrkupfer; das Werke bley aber auf dem Treibheerde zu Blickſilber; das Blickſilber unter der Muffel, oder vor dem Gebläfe zu feinem Silber gemachet werden: daß wir alſo nach fo vieler Arbeit endlich beyde Metalle als refi⸗ nirte Koͤrper erhalten. Von welcher Arbeit ſo viele hundert, ja etliche tauſend Menſchen ihr Brodt, und ihrer gefaͤhrlichen Arbeit ungeachtet, herzhafte Ge⸗ muͤther haben. Wenn ſie nur nicht ihre Herzhaf⸗ tigkeit oͤfters allzu hoch trieben, und mit Horatio Oo 2 Carm. 580 Von der Miſchung Carın. Lib. III. Od. VI. ſich eine Freude daraus machten, zu ſagen: Aetas parentum peior auis, tulit Nos nequiores, mox daturos Progeniem ſitioſiorem. §. 10. Dieſes iſt in kurzem die Art der Bear⸗ beitung unſerer Schiefer. Sie haͤtte weitlaͤufti⸗ ger abgefaßt werden koͤnnen, wenn es noͤthig gewe⸗ ſen waͤre: ich glaube aber, daß ſie als eine hiſtori⸗ ſche Nachricht hinlaͤnglich genug ſeyn wird. Nur muß ich meinen Leſern die Quantitaͤt, die auf eine Beſchickung genommen wird, und was davon ab- geht, noch vortragen. In 24 Stunden werden 2, drittehalb, auch 3 Fuder, jedes von 48 Centnern, ohne die Zuſchlaͤge, durchgeſetzt. Wenn nun eine Beſchickung aus hundert Centnern Schiefer beſteht: ſo erhalten wir ungefaͤhr 2 Centner Metall. Da⸗ von rechnen wir Abgang 1) beym Zubrennen 25 Centner auf davon gehenden Rauch vom Petroleo Schwefel und Bley. 2) Im erſten Schmelzfeuer gehen in Rauch Schwefel, Zink, und Arſenik; die Schlacken darzu gerechnet, 67 Centner davon. Woraus erhellet, daß die Halbmetalle faſt alle ver loren gehen. 3) Beym Steinroͤſten 6 Centner auf den davon gehenden Schwefeldampf mit dem abge⸗ henden Metalle, das er mit fort reißt und fluͤchtig machet. Nun waͤre zu wuͤnſchen, daß ein geſchickter und der Schmelzkunſt erfahrner Chymiſte, deren es doch in dieſen aufgeklaͤrten und heitern Zeiten eine ziemliche Menge geben muß, uns belehren und zei⸗ gen | der mannsfeldiſchen Kupferſchiefer. 581 gen koͤnnte, wie Y) der Schwefel, welcher, obwohl ſehr wild, doch im Ueberfluſſe, vorhanden iſt, zu fangen und zu Nutze zu machen waͤre. 2) Wie der Zink, welcher ein ſehr nutzbares und ſo leichtfließi⸗ | ges Halbmetall iſt, und ſich in großer Menge in unſern Schiefern findet, im Feuer zu erhalten waͤre. Denn weil das Geblaͤſe zu ſtark gefuͤhret werden muß, koͤmmt es nicht ſobald in Fluß, daß er ſich nicht ſogleich ſublimire, und den Weg nach dem Auge des Heerdes und der Schlotte nehme; laͤßt aber ſeine Aſche zuruͤck, welche bis in die allerletzten Feuer mit ins Metall geht, und daſſelbe, nachdem die Quan⸗ titaͤt groß oder nicht groß iſt, ſproͤde und unartig machet. Weil aber dieſer Wunſch vergebens ſeyn moͤchte;: fo will dieſen Entwurf beſchließen, Joh. Gottlieb Faupel. Oo 3 II. Be⸗ ge Beſchreibung * * * * * K * * * XK * * * * I X XR * * ze ° II. b Beſchreibung ; | einer Getreidewaange”, Aus einem Briefe des Herrn Prof. v. Bergen in Frankfurt an Profeſſor Kaͤſtnern. K Kornwaage, deren ſich die berliniſchen W Becker und Bierbrauer bey Einkauf des Getreides auf dem Markte ſeit einigen Jahren mit dem Vortheile bedienen, daß ſie gewiß ſeyn koͤnnen, wenn ſie das Ausleſen haben, allezeit das beſte Getreide ratione fpecificae grauitatis zu erhandeln. Es iſt gar nicht diejenige Waage, fo in den Verhandlungen der Danziger Naturforſchen⸗ iermit folget auch die Beſchreibung der AN 0 den Geſellſchaft befchrieben wird, als welche für den Buͤrger zu koſtbar und zu kuͤnſtlich waͤre; ſondern der Grund dieſer Waage liegt in denjenigen Verſu⸗ chen, ſo der Herr Baron von Wolf, Nuͤtzliche Verſu⸗ che T. I. von Explorirung der Schwere der Koͤr⸗ 5 per * Ich habe es in der Ueberſchrift keine Kornwaage nennen wollen, weil dieſes Wort bey den Probirern was anders bedeutet. Raͤſtner. einer Getreibewaage. 583 per durch cubiſch Gefäße anführet. Man hat hier: zu vorerſt einen eiſernen accuraten Waagebalken von etwa anderthalben Fuß noͤthig, der ſo ſtark iſt, daß er von beyden Seiten ein halbes, ja drey Viertel Pfund ziehen kann, ohne ſich zu biegen, und an beyden Enden, wo er nach unten gleich gebogen iſt, zwey Loͤcher hat. Alsdenn läßt man ſich 2 meßinge⸗ ne Cylinder bey dem Klempner machen, die oben offen unten aber zu ſeyn, und ſich auf einan⸗ der paſſen, davon der laͤngere einen Inhalt von 4 Cubikzoll rheiniſch Decimalmaaß, der kuͤr zere halb ſo viel hat. Beyde muͤſſen einerley Schwere haben, welches man leicht durch Zugießung etwas gefchmol- zenen Bleyes inwendig auf den Boden des kuͤrzern Gefaͤßes erhalten kann. Am Rande beyder Eylins der werden gegen über 2 Oehrchen gelöther, an wel⸗ chen gleich lange Stritzen von einerley Bindfaden feſt gemachet werden, ſo man in zween andere Haͤkchen haͤngt, welche in die Locher des Waagebalken paſſen. Obige Oehrchen haben auch den Nutzen, daß man die Cylinder ſchiebt, bis ſie auf einander zu ſtehen kommen, man auch auf der einen Seite einen ſtar⸗ ken Draht d. durchſtechen kann, der den Cylinder zu⸗ ſammen haͤlt, daß die inwendig liegenden Gewichte nicht verloren werden. Die Gewichte von Meßing ſo entweder cubiſch oder ſcheibenfoͤrmig ſeyn koͤnnen, muͤſſen ſo lange tariret und abgezogen werden, bis das kleinſte accurat 10 Gran, das zweyte 15 Gran, die folgenden 1 Scrupel, 1 Quentchen, 1 Quent., 2 Quentchen, 1 Loth, 2 Loth halten und betragen. Es iſt zwar nicht unumgaͤnglich noͤthig, dieſe Ge⸗ wichte nach Granen, Scrupeln ꝛc. zu beſtimmen, Oo 4 ſon⸗ 584 Beschreibung 1 ſondern das erſte kann willkuͤhrlich ſeyn, das zweyte doppelt, u. ſ. w. allein, da man alsdenn mit der Re⸗ duction auf bekanntes Gewicht nur viel zu rechnen hat, ſo halte ich fuͤr beſſer, alle dieſe Gewichte nach einer beſtimmten Anzahl von Granen am kleinſten zu verfertigen; wie denn aus eben dieſer Urſache das Maaß der Cylinder nach einem bekannten cubiſchen Innhalte angenommen worden, damit der Kaͤufer, wenn er den Unterſchied in einer Metze oder Scheffel wiſſen will, ſolchen durch kurze Rechnung finden kann. Die Beſtimmung dieſer Gewichte nach Gra- nen, Scrupel, etc. hat daher einige Schwierigkeit, weil der Unterſchied zwiſchen ein Loth Kramergewicht und Medicinalgewichte, (welches doch die kleinſten Gewichte außer Goldgewichte ſeyn) nicht allenthal⸗ ben gleich angenommen wird. Der Herr Baron von Wolf J. c. T. I. p. 5. giebt vier Loth Kramer⸗ gewichte 23 Gran weniger als 2 Unzen Apothekerge⸗ wicht, welche Verhaͤltniß ich bey allen meinen kleinen Gewichten nicht finden koͤnnen, da vielmehr zwey Unzen meines Medicinalgewichtes 45 Gran weniger, als 4 Loth nuͤrnberger Kramergewicht ausgemacht, und ich daher glaube, dieſes Verhaͤltniß accurat zu finden und zu beſtimmen, muͤſſen dergleichen Ver⸗ ſuche vorhero mit Kramer-Probegewicht gegen Apo⸗ theker⸗Probegewicht angeſtellet werden, denn die zu Kauf verfertigte Gewichte niemals eine zulaͤngliche Accurateſſe haben. Wenn nun der Kaͤufer zu Markte koͤmmt, ſo wiegt er einerley Art Getreide als Korn, Weizen, ꝛc. von verſchiedenen Orten, dergeſtalt, daß er den großen Cylinder geſtrichen voll macht, und durch Gewicht mit dem kleinen Cylinder | das eeiner Getreidemange 585 das Gleichgewicht giebt, fo erfahrt er fo fort, wel⸗ ches von dieſer Art gleiches Getreides von verſchiede⸗ nen Orten das ſchwerſte, und folglich, wann es ſei⸗ ne Ueberſchwere nicht durch die Naͤſſe erlanget, auch das beſte iſt. Jedermann ſieht ohne mein Erinnern, daß man alle Arten von Getreide auf dieſe Weiſe mit Vortheil einkaufen kann, und ſollte man ſich kaum vorſtellen, daß der Unterſchied zwiſchen recht guten und recht ſchlechten Körnern in gleicher Art Ger treide öfters bey dieſem Cylindermaaße 4 Scrupel beträgt, welches, wenn ich den Scheffel nur 21 Eu- bikfuß = 2500 Cubikzoll rechne, 2500 Scrupel — = 62 Pfund 1 Quent. 1 Scrupel beträgt, fo in ganzen Winspeln oder Maltern bereits was betraͤchtliches ausmacht. Doch wenn der Einkauf mit dieſer Waage allgemeiner und landuͤblich werden ſollte, will ich nicht dafuͤr gut ſeyn, daß der Bauer. nach dem bekannten Spruͤchworte: Inuenta lege inuenitur fraus, fich auch in Zeiten profpiciren, und fein Ge treide mit Beſprengung durch Waller auch ſchwerer machen ſollte. Mir iſt nicht bewußt, daß dieſe Waage hiefiges Orts eingefuͤhret. Finden Ew, daß dieſe ganze Erfindung einen kleinen Platz in dem Magazin verdienet, ſo will ſie hiermit des Publici Beurtheilung uͤberlaſſen | haben. 2 D Oo 5 III. — 336 Krügers Schreiben, 4 * 4 K K 4 A i. IL A J. G. Kruͤgers Schreiben an den Herrn Profeſſor Kaͤſtnern, von unverweslichen Koͤrpern. DER Re) die Abhandlung, welche ich hierbey zu über» ſenden die Ehre habe, iſt von dem Herrn Paſtor Schumann zu Warberg aufgeſetzet. Ich habe die todten Koͤrper, deren darin⸗ nen gedacht wird, ſelbſt in Augenſchein genommen, und aus den Kirchenbuͤchern erſehen, daß es mit dieſer Erzählung feine vollkommene Richtigkeit habe. Was iſt die Urſache davon? Die Kälte? Das Licht⸗ loch des Gewoͤlbes geht gegen Mittag, und die Sonne ſcheint auf den Sarg, worinn der Koͤrper der Dame liegt. Eine austrocknende Hitze? dieſe iſt nicht größer, als in jeder Kirche. Der Mangel der Feuchtigkeit? dieſe habe ich zwar im Gewoͤlbe nicht verſpuͤret; allein die Kirche iſt ſo feuchte, daß die Steine mit Schimmel überzogen find, und das Gewoͤlbe liegt noch einige Schuhe tiefer. Viel Na⸗ trum oder Nitrum, welches man zur Schande der Natur⸗ > von unverweslichen Koͤrpern. 587 Naturlehre für einerley zu halten anfaͤngt? Es iſt keines von beyden im Gewoͤlbe vorhanden. Bal⸗ f ifche Ausduͤnſtungen? das ganze Gewoͤlbe iſt mit Steinen gepflaſtert und gemauert, und die dar⸗ Nen befindliche Erde iſt thonigt. Die Unverwes⸗ lichkeit der Koͤrper in dem bremiſchen Gewoͤlbe ſchreibt man den Ausduͤnſtungen des Bleyes zu, welches ehemals darinnen geſchmolzen worden: hier iſt dergleichen, ſo viel man weiß, nie geſchehen. Ja es werden nicht ſelten die Koͤrper auf dem Kirch⸗ hofe unverweſet aus der Erde gegraben. Macht alſo dieſe Erde die Koͤrper unverweslich? Durch welche Kraft thut ſie das? Hat das Alter die Ver⸗ ſtorbenen ausgetrocknet? wie iſt das junge Kind er⸗ halten worden? P. S. Es iſt noch ein uneroͤffnetes Gewölbe in eben dieſer Kirche, deſſen Lichtloch nach Mitternacht geht. Ich zweifele nicht, daß die darinnen befind- lichen Koͤrper gleichfalls unverweſet ſind, wovon ich kuͤnftig Nachricht ertheilen werde. Dieſes iſt die Erzählung des Herrn Paſtoris Schuhmann. N Die Verweſung iſt das allgemeinſte und gewoͤhn⸗ lichſte Schickſal derer durch den Tod entſeelten Koͤr⸗ per. Wie aber die Menſchen auf Erhaltung der Unſterblichkeit, oder Unvergeßlichkeit ihres Namens bedacht geweſen, und ſolche durch ruͤhmliche ſowohl, als oft unlobliche Thaten, oder durch Schriften von gleicher Art zu erreichen geſuchet: ſo haben auch viele die Sorgfalt und Bemuͤhung angewendet, ih⸗ j ren eigenen, oder andern entfeelten Körpern, eine lange oder beftändige ar der Freyheit . der er⸗ 588 Krügers Schreiben, Verweſung zuwege zu bringen. Die Salbungen ber Aegyptier, die daraus entſtandenen Mumien, fo noch ißo aufbehalten, vorgewieſen, und zu Zeiten in der Heilungskunſt mit angewendet werden, ſind davon ein unleugbarer Beweisthum. Ob nun wohl die alten Salbungskuͤnſte in Vergeſſenheit gerathen, und groͤßtentheils verloren gegangen: ſo hat es doch bis auf heutigen Tag an Nachahmung derſelben nicht gefehlet. Es iſt unnoͤthig, von den Salbun⸗ gen der Juden zu reden, dergleichen auch dem kei⸗ ner Verweſung unterworfenen, Leichname Jeſu wie⸗ derfahren. Es bedarfs nicht, die Exempel vieler Kaiſer, Koͤnige, und anderer großen Fuͤrſten und Herren anzufuͤhren, welche durch die Salbung ihrer Körper nach dem Tode von der Verweſung eine Freyheit erhalten und unverweslich werden ſollen, und zum Theil ihren Zweck, wo nicht auf immer⸗ dar, doch auf geraume Zeit, erhalten haben. Dieſe Exempel find faſt durchgängig bekannt, und geſchickt, aus ihnen die Urſachen deren Erhal⸗ tung anzugeben. Die Ausnehmung derer leicht ver⸗ weslichen Theile, als des Gehirns, der Augen, des Eingeweides, u. ſ. f. die Einſpritzungen des Wach⸗ ſches in die Blutgaͤnge, die Balſamirung der feſten Theile, und was dem anhaͤngig, giebt ſolche leichte lich an die Hand. Allein, wenn erweislich iſt, daß ohne dieſe Kuͤnſte noch viele Koͤrper unverweslich aufbehalten werden: ſo wird dieſe Sache wohl noch einer weitern Betrachtung der Naturforſcher ausge⸗ ſetzet bleiben. Aus Mangel anderer Nachrichten will ich ißo nut felgende zu dieſem Endzwecke anfuͤhren: 105 | ohan- von unverweslichen Körpern. 589 * Johannes Herbinius, ein geweſener evangeliſcher Prediger zu Vilna im Herzogthume Litthauen, hat vor und nach ſeinem Exilio durch Bekanntſchaft und Briefwechſel mit den griechiſchen Religionsverwand⸗ ten eine Erkundigung von den berufenen Cryptis Ryouienſibus eingezogen, und einen Tractat davon geliefert. Gedruckt zu Jena 1675. Es ſind dieſe Cryptae Kyouienſes die unterirdiſchen Gänge. und Gewoͤlber zu Kyow in Reußen am Dnieper, oder vormaligen Borysthene gelegen. Sie ſollen nach dem IIc eν,ꝰ oder der Lebensbeſchreibung derer in ſolchen Hoͤhlen ruhenden heiligen Vaͤter ſchon im 1000 Jahre nach Chriſti Geburt zu graben ange— fangen, und nachher immer erweitert ſeyn. Siehe die 14. u. f. S. im angefuͤhrten Buche. Die Urs heber derſelben werden von der 24. Seite an erzaͤhlet, welche dem erſten Anfange nach ungewiß, und deren Gebrauch erſtlich zur Verbergung vor den Verfol— gungen der Heiden angegeben, und hernach zu bes ſondern Gottesdienſten gewiedmet, und dabey die: Namen Hilarions, Antonii, und Theodoſu, als Erweiterer ſolcher unterirdiſchen Gaͤnge benennet werden. Nach Beſchreibung der Beſchaffenhert des Erdreichs, worinn ſolche gegraben worden, und nach Erzählung der Lage und Anlage derſelben und dergleichen mehr, werden von der 76. Seite an zwey Gewölbe, oder ſehr lange unterirdiſche gewoͤlb⸗ te Gaͤnge und Capellen angegeben, davon das eine dem Antonio, das andere dem Theodoſio als Urhe— bern oder heiligen Beſchuͤtzern zugeſchrieben wird, worinn nach der 80. u. f. Seite viele, theils ganz unverwesliche Koͤrper, theils deren . und dirn⸗ 590 Krügers Schreiben, Hirnſchale, woraus ein gewiſſes heiliges Oel quel⸗ len ſoll, doch auch viele ganz verweſte Koͤrper be⸗ findlich ſeyn ſollen. Man trifft von pag. go, die Unterſuchung der Frage an von den Urſachen ihrer Unverweslichkeit ſowohl, als der Ausquellung eines Oels aus ihren Knochen und Hirnſchaͤdeln. Der Aberglaube der griechiſchen Religions verwandten eignet ſolche dem Verdienſte der daſelbſt ruhenden Heiligen zu, welche ſie doch groͤßtentheils nicht ken⸗ nen, und von deren Heiligkeit nicht verſichert ſind. Nach vielen Einwuͤrfen wird ſolche Unverweslich— keit natuͤrlichen Urſachen, wie billig, als der etwa geſchehenen Balſamirung, der Luft und Beſchaffen⸗ heit des Erdreichs, und deſſen Ausduͤnſtungen, und ſo ferner, zugeſchrieben. | | Außer dieſen und vielleicht noch andern mir unbe⸗ kannten Exempeln finden ſich dergleichen auch in un» ſerm Deutſchlande, von deren Unverweslichkeit man keine durch Kunſt geſtiftete Urſachen beyzubringen vermoͤgend iſt. Das ſo genannte Bleygewoͤlbe in Bremen ſoll verſchiedene an ſich unverwesliche Koͤr— per aufbehalten, wie auch unweit Helmſtaͤdt zu großen Bartensleben in einem adelichen Gewölbe ein Herr von Weltheim von langen Jahren, ja von Saeculis her unvermodert angegeben wird, ob wohl bey dieſen ihr Todtengeraͤthe in die Verweſung gegangen. | Allein, unfern dieſem Helmſtaͤdt, naͤmlich eine Meile naͤher hin nach Braunſchweig und Wolfen⸗ buͤttel, zu Warberg, woſelbſt ein fuͤrſtlich Amt itzo befindlich, und welches vormals der Sitz der edlen Herren von Warberg geweſen, hat man noch be⸗ traͤcht⸗ von unverweslichen Körpern. 591 traͤchtlichere Exempel der Unverweslichkeit dreyer todten Koͤrper entdecket, welche in der Kirche in ei⸗ nem Gewölbe ſeit Anno 1692 und 94 geruhet haben, und deren Beſchreibung den Naturforſchern hierdurch mitzutheilen gewillet bin. Das Gewoͤlbe ſelbſt liegt im Kirchthurme, und iſt u Fuß lang, und 14 Fuß breit. An der Suͤd⸗ und Oſtſeite findet fich die Thurmmauer von gemei⸗ nen Bruch- auch wohl mit untermiſchten Duckſtei⸗ nen. An der Weſt- und Nordſeite iſt von Backſtei⸗ nen gemauert, uͤberher ins Kreuz gewoͤlbet, und mit Kalk beworfen und ausgeweißet. Der Fuß⸗ boden iſt mit gebackenen Steinen ausgeſetzet. Von der Oſtſeite geht man durch eine getheilte Thuͤre, ſo mit dem Fußboden der Kirche parallel iſt, auf drey Tritten herunter, ſo nur 27 Zoll ausmachen; aber auswendig der Kirche iſt der Boden des Gewoͤlbes faſt gleich mit dem Erdreiche des Kirchhofes, daß es alſo uͤber der Erden liegt. An der Suͤdſeite iſt eine Oeffnung durch die Thurmmauer mit einem eis ſernen Stabe verwahret. An dieſer Seite ſteht die erſte Leiche, in einem doppelten, ſo wohl tannen als eichen, und mit ade: lichen Schilden gezierten Sarge, zu deſſen Oeffnung vor verſchiedenen Jahren die Anverwandten der darinne ruhenden Dame ſollen Gelegenheit gegeben haben. Es iſt dieſelbe Frau Eva Maria von Bers⸗ wort, eines geweſenen hochfuͤrſtl. braunſchw. luͤne⸗ burgl. Generalmajors von Stauff nachgelaſſene Witwe, die wenigſtens von Anno 1693 daſelbſt ge⸗ ſtanden; weil das eigentliche Jahr, wegen damals ee Pfarr vacanz nicht angemerket worden, aber 592 Kruͤgers Schreiben, aber aus eben dem 169 zſten Jahre erweislich iſt, daß ihr Enkel alsdann bey die Frau Großmama bey⸗ geſetzet worden, daß alſo deren Begraͤbniß einige Zeit vorher geſchehen ſeyn muß. Dieſer Enkel hat Anton Ulrich von Stauff geheißen, und iſt Anno 1693 den öten Julii, feines Alters 3 Jahr 8 Monat und 3 Wochen, beygeſetzet, und zwar an der Mord» ſeite in einem einfachen eichenen Sarge. Zwiſchen dieſen beyden ſteht der Sohn der erſten und der Va— ter des letztern, Namens Herr Anton Ulrich von Stauff, fuͤrſtl. braunſchweigl. luͤneburgl. geweſener Droſt allhier, und Pfandinnhaber der warbergiſchen Herrſchaft, ſeines Alters 28 Jahr, 9 Monat, 2 Wochen, fo den 16 nach Trinit. 1694 in einem dop⸗ pelten ſchoͤn gezierten Sarge beygeſetzet worden. Alle dieſe drey Leichen find von folgender Beſchaf— fenheit. Ihre Todtenbekleidung iſt noch ganz feſt, weiß und ordentlich, Geſichte, Haͤnde, und Fuͤße, fo viel man davon ſieht, unverweſet, und alle Glie— der in ihrer Voͤlligkeit zu ſehen, und ob wohl bey genauer Beſichtigung ſich in der Geſichtshaut der bejahrten Dame einige kleine, als von Wuͤrmern gemachte Oeffnungen, ſich zeigen, iſt dennoch keine weitere Vermoderung vorgegangen, und alles uͤbrige der ſichtbaren Glieder hart und feſte. Der Leichnam des Herrn Droſts zeiget ſich in ſeiner corpulenten Voͤlligkeit, und ob wohl aus dem geoͤffneten Munde eine Gaͤhrung von denen im Körper verhalten geweſenen Unreinigkeiten ſich über den Sterbekuͤttel anfangs ergoſſen, wie die Spu⸗ ren zeigen, ſo iſt doch weiter keine Vermoderung er⸗ folget, von unverweslichen Körpern. 503 folget, ondern das Leinen und der Körper ſelbſt in ganzem Stande erhalten worden. i Der junge Herr hat Merkmaale einer angefans genen, Faͤulniß am Munde, zumal er im Julio, und alfo zu einer warmen Zeit, verſtorben, aber im Ge: woͤlbe hat fie nicht weiter um ſich gegriffen, und ſieht man die Zähne und Zunge, das ganze Ges ſicht, Fuͤße und die Bekleidung noch voͤllig un⸗ verweſet. \ Aus dieſen Umſtaͤnden ift zu ſchließen, zumal fie nach dem Urtheile eines beruͤhmten Medici, nicht balſamiret, daß, da ſchon die Faͤulniß einen An. fang gemacht, dennoch dieſelbe durch die Luft, oder Ausdünftungen aus der Erde, oder andere noch zu erforſchende Urſachen gehemmet worden. 3 Man theilet dieſes deshalb mit, daß etwa ein ge= ſchickter Naturkundiger ſich bewegen ließe, dieſe und andere Exempel unverweslicher Koͤrper aufzuſuchen, mit einander zu vergleichen, und die Urſa⸗ cen davon in ein helles Licht zu ſetzen. 9 Band. Pp WV. Be 594 Beſchreibung eines Gefaͤßes, — — ———— = — — * * * i eh ie AM . Beſchreibung eines Gefaͤßes, Kreſſe im bloßen Waſſer ö wachſend zu machen. & Aus Herr Prof. v. Bergen in Frankfurt an der Oder Briefe an Profeſſor Kaͤſtnern. Ir ungefaͤhr 4 oder 5 Jahren iſt ein gemwif: Eſes irdenes Gefaͤß in Berlin bekannt wor: Ä den, durch Hülfe deſſen man zu allen Jah⸗ f reszeiten, auch ſelbſt im Winter, in ſeiner Stube, innerhalb 24 Stunden, friſchen Kreßſallat von dem Semine naſturtii MS rte vulgaris bekom⸗ men kann. Da ich mich nun nicht erinnere, hier⸗ von etwas geleſen zu haben, indeſſen aber es ein cu— rieuſer Zeitvertreib iſt, ſolche geſchwinde Vegetation in feinem eigenen Zimmer mit anzuſehen „auch viel⸗ leicht dergleichen Verſuche mit andern Seminibus angehen und zu mehrern Beobachtungen Gelegens heit geben möchten, fo habe Ew. Hoch-Edelgeb. die Abzeichnung dieſes Gefäßes mit uͤberſenden wollen *. Es Es ſchien nicht noͤthig, ſie bier mitzutheilen, da die Geſtalt von einem ordentlichen Blumenſcherbel nicht ſehr unterſchieden iſt, und von keiner beſon⸗ dern Wichtigkeit zu ſeyn Teint, K. Kreſſe in Waſſer wachſend zu machen. 505 Es ſoll in Mltien erfunden ſeyn, und ſtellet der Fi⸗ gur nach einen hohlen conum truncatum vor, deſſen Grundflaͤche 7 Zoll im Durchſchnitte hat, und deſ⸗ fen Flaͤche von der bali nach einem Winkel von 75 Grad in die Höhe läuft, und überall durch den To⸗ pfer, da der Thon noch weich geweſen, gekerbet und eingeritzet worden, damit die feınina in dieſen Run⸗ zeln liegen bleiben und Wurzel faſſen koͤnnen. Der Thon hierzu muß nicht der ſtrengſte ſeyn, damit das Gefaͤß, nachdem es gebrannt worden, etwas lucker und porös bleibt . Man ſtellet den Verſuch alſo an: Das Gefäß wird 24 Stunden in Waſſer ge: leget, damit es genug Waſſer an ſich zieht, alsdenn heraus genommen, mit Flußwaſſer angefuͤllet und in eine Schuͤſſel geſetzet, damit das durchſaugende Waſſer, welches taͤglich etwas durchſickert, aufge⸗ fangen werden kann. Alle Morgen wird auch wie: derum ſo viel zugegoſſen, bis das Gefaͤß voll iſt, a Pp 2 Als⸗ »Der Herr Prof. v. Bergen hat in einem andern Schreiben hinzu gefuͤget, der Toͤpfer muͤſſe bey dies fer ſogenannten Sallatmaſchine wohl auf die Bes ſchaffenheit des Thones Acht geben, damit, wenn das Gefaͤße gebrannt wird, weder zu viel noch zu wenig durchgehe. Im erſten Falle verwelken end: lich die Kreßpflaͤnzchen, im zweyten geht der Saa⸗ me zu duͤnne auf, und koͤmmt zu keinem Wachs⸗ thume. Er will auch wahrgenommen haben, daß die Kreſſe, fo auf dem Thone waͤchſt, nicht ſolchen ſcharfen Geſchmack habe, als die in der Erde, welches auch kein Wunder, da der waͤſſerigte Saft, ſo aus der Erde angezogen wird, mehr oder weniger auf⸗ geloͤſte ſalzige und fettige Theilchen mit ſich fuͤh⸗ ret. Röfiner; 1 i ® 596 Beſchreibung eines Gefäßeg, ꝛe. Alsdenn nimmt man femen, nafturfi, etwan ein halb Loth, ſo einige Stunden in eben dem Waſſer geweichet: worden, ſchmieret es allerwegen in die Ri⸗ zen und Fugen der Faͤche, und laͤßt das Gefaͤß an einem ſichern Orte ſtehen, ſo wird binnen 24, oder auch im Kalten, (doch daß es nicht friere) binnen 48 Stunden der Saamen aufgehen, die Keimchen an den poris des Gefaͤßes ſich feſt ſetzen, und jaͤhling treiben und wachſen, und einen angenehmen gruͤnen Wald im Kleinen vorſtellen. Da denn das Kraut mit einer Scheere zum Gebrauche abgeſchnitten wird. Dieſer Verſuch iſt abermal ein Beweis der Vegetation durchs Waſſer, wovon Vallemont und andere Verſuche mit Blu⸗ men angeſtellet *, Siehe Woodwards Verſuche im hamb. Mag. III B. 1. St. 2. Art. K. V. An⸗ | „ SR BEER ER E 1 e Anmerkungen uͤber die Wurzeln der Pflanzen, A z KR von dem 4 Verfaſſer der Betrachtungen uͤber die Pflanzen, und ihre Analogie mit den Inſekten. es des hamb, Mag 4. B. 4. St. 6. Art 1 und 5. St. T. Art.) Ich habe im zweyten Hauptſtuͤcke meiner Bez trachtungen * geſaget, daß die Wurzeln der Schlund der Pflanzen, aber nicht ihe K tagen genennet zu werden verdienten, wie einige Naturforſcher behauptet haben, und ich verſprach damals Beweiſe davon beyzubringen. Ehe dieſes geſchieht, muß ich noch zuvor eine be⸗ kannte Erfahrung erklaͤren, die dieſer Meynung ganz entgegen zu ſeyn ſcheint. Man pflanze einen Weidenaſt in die Erde, und zwar ſo, daß das Oberſte zu unterſt, und gerade umgekehret, wie er auf dem Baume geſtanden, zu ſtehen koͤmmt: ſo werden ſich die Zweige in Wurzeln und die Wur⸗ zeln in Zweige verwandeln *. Was alſo die Wur⸗ Pp 3 zel * Siehe hamb. Mag. 4. B. 4. St. 430. S. ** Siehe spectacle de la Nature. Entret. 14. 38 Anmerkungen zel des Baumes war, wird ſein Obertheil, und dieſes wird dagegen zur Wurzel. Der Schlund einer Pflanze in das Haupt, und ihr Haupt in den Schlund zu verwandeln, darzu gehörer in Wahrheit vieles zum voraus zu ſetzen. Inzwiſchen wird es eben ſo uͤbertrieben ſeyn, dieſes nach der andern Meynung zu erklaren, worinn die Wurzeln für d Magen der Pflanzen gehalten werden; überdies f die Beantwortung dieſes Einwurfs leiche und wird denjenigen Beweis zugleich in ſich faſſen, den ich zu geben verſprochen habe. Man kann nicht leugnen, daß die Rinde der Baͤume uͤberall mit Sproͤßlein gleichſam beſaͤet ſey, die immer fortwachſen wollen, die die fruchtbare Quelle ſo vieler nicht auszurottender Aeſte, und zu⸗ gleich vor ſich ſelbſt ſchon wieder Baͤume ſind. Dieſe Sproͤßlein haben, wie die Saamen, eine kleine Wurzel, und ein Pflaͤnzlein. So lange ſie außer der Erde ſind, ernaͤhret ſie der Baum, und führet ihnen die nöthige Nahrung durch Canaͤle zu, die mit den ihrisen in Gemeinſchaft ſtehen; fo, wie die Frucht im Mutterleibe die Nahrung durch die Nabelſchnur bekoͤmmt, ohne den Mund oder Schlund dabey gebrauchen zu Dürfen. Das Würz« - lein, welches ſo lange unnuͤtze iſt, bleibt, ſo zu ſa⸗ gen, in den Eingeweiden der Sproͤßlein verſchlof⸗ ſen, und kann nicht wachſen, weil ihr die ihr eige⸗ ne Nahrung mangelt. Will man ſie aber entdecken und zwingen, ſich zu zeigen; ſo gebe man ihr nur einen Platz, wo ſie den, den Wurzeln gehoͤrigen Pabrungsfafe an ſich ziehen kann. Dieſes geſchieht alle Tage, wenn man den Weinſtock, den Feigen⸗ baum, uͤber di Wurzeln der Pflanzen. 399 baum, oder die Ulmen, zum Fortpflanzen verſetzet, oder Fortſetzer pflanzet. Herr Dodart beweiſt, daß, gleichwie die Staͤmme und Wurzeln, an Aeſten und Zweigen, alſo auch umgekehrt, die Aeſte und Staͤmme fruchtbar an Wurzeln find, Es find alſo nicht mehr die Zweige, die fich in Wurzeln ver- wandeln; ſondern es ſind dieſes Wurzeln, welche ſchon vorhanden waren, und welchen man nur einen Ort gegeben, wo ſie ſich von einem ihnen anftändi« gen Safte ernaͤhren, ausbreiten, und ſichtbar ma⸗ chen koͤnnen. Eben ſo ſind es auch umgekehrt, nicht mehr die Wurzeln, die ſich in Zweige verwandeln; ſondern es ſind dieſes Pflaͤnzlein, die zuvor in der Erde erſtickt waren, und nun, da ſie Freyheit und Luft bekommen, zu treiben und zu wachſen anfangen. Um recht genau zu erfahren, was die Wurzeln bey den Pflanzen fuͤr Nutzen haben, habe ich folgen⸗ den Verſuch angeſtellet. Ich legte auf glaͤſerne Flaſchen voll Waſſer einige Hyacinthenzwiebeln, und nachdem ſie nur einen ganz kleinen Stengel getrie— ben hatten, ſchnitte ich alle Wurzeln, die damals ſchon 1 bis 2 Zoll lang waren, hinweg, und wieder⸗ holte dieſes ſo oft, als ſie ſich vom neuen zeigten. Ich ſchnitte fie ganz dichte weg, ohne fie größer wer⸗ den zu laſſen, und ſo blieben die Zwiebeln auf den Glaͤſern ſtehen. Was geſchah aber? Die Zwiebel, welche in einem guten Erdreiche nach drey oder vier Wochen ihre Bluͤthe wuͤrde gezeiget haben, brachte ſie erſt nach zween Monaten zum Vorſcheine; die Blaͤtter, welche vier bis fuͤnf Zoll haͤtten lang ſeyn an hatten nur einen oder eee 5 die Pr aD 2 G. Memoir. de P Acad. Année 1700. = 600 Anmerfungen ‚Blüten erfchienen unten an den Blättern, ohne einen merklichen Stengel zu haben, ganz nahe an der oberſten Spitze der Zwiebel; nur die unterſten Blu- men bluͤheten auf, die obern hingegen vertrockneten, ehe ſie ſich oͤffnen konnten; die bluͤhenden hatten den ihnen eigenen Geruch: aber er war ſchwach; wenn man fie weiter von einander bog, als fie ſich natuͤr⸗ licher Weiſe geoͤffnet hatten, ſo konnte man die wohl⸗ formirten Stempel und Faden ſehen; die zwar kur⸗ zen Blaͤtter hatten doch ihre gehoͤrige Breite, dicke und Farbe. Hieraus ſcheint zu folgen, daß an der Beſchaffenheit des Saftes nichts gefehlet habe; ſon⸗ dern nur, daß die Nahrung nicht in genugſamer Menge vorhanden geweſen; daß alſo das wenige, was ſich hinein gezogen, keine Wurzeln zu ſeiner Vollkommenheit zu gelangen, noͤthig gehabt hat, und daß es von dem Stamme oder Knorren, der inwendig in der Zwiebel iſt, angezogen worden ſeyn muß. | 15 Wenn die Wurzeln nicht der Magen der Pflan⸗ zen ſind, das iſt, wenn in ihnen der Nahrungsſaft nicht ſubtiliſiret und in die Art der Pflanze ver⸗ wandelt wird; ſo muß man ihnen eine andere Ver⸗ richtung auftragen. Vermuthlich find dieſe Canaͤle der Sammelplatz aller derjenigen Theilgen, die her⸗ nach den Nahrungsſaft ausmachen, der hierinn die erſte Zubereitung bekoͤmmt, nicht anders, als wie im Munde die erſte Zermalmung und die erſte Gaͤh⸗ rung der Speiſen vor ſich geht. Dieſe gelinde Gaͤh⸗ rung ruͤhret von der Vermiſchung der Oele, Salze, erdigter und waͤſſerigter Theile her. Die Gaͤhrung iſt eine verworrene Bewegung, die nichts hervor bringt, uͤber die Wurzeln der Pflanzen. 601 bringt, nichts erſetzet, nichts organifiret, ſondern bloß durch die Untereinandermiſchung aller Theile eines Ganzen, diejenigen, fo ſich zu einander fehis cken, an einander haͤufet, und ähnliche Theile ver— einiget, daß fie ein regulaͤres Ganzes hervon brin⸗ gen. Wenn dieſe erſte Zubereitung vorbey iſt, ſo wird im Stamme hernach die wahre Verdauung vollfuͤhret. Ein Menſch, der die Speiſen unge— kaut verſchlingen wollte, wuͤrde wenig Nahrung davon bekommen, und wuͤrde den Wachsthum des Leibes hindern, wofern es zu einer Zeit geſchaͤhe, da er noch zu wachſen haͤtte. Eben ſo iſt es mit den Pflanzen, denen man die Wurzeln zu ſehr beſchneidet. Anmerkung uͤber die Luftroͤhren der Inſekten *. Die Verſuche mit der Luftpumpe lehren uns, daß die Inſekten nicht fterben, wenn ihnen die Luft bes nommen, oder genauer zu reden, nur ſehr verduͤn⸗ net wird, weil ihre Luftroͤhren der wenigen uͤbrigen Luft einen ſolchen Druck mittheilen koͤnnen, welcher hinreichend iſt, daß ſie ſich, ſo bald ſie ins Blut koͤmmt, wieder ausdehnet, um der thieriſchen Mas ſchine dadurch ihren Trieb mitzutheilen. Aus dem entgegen geſetzten Grunde muͤſſen die Inſekten ſter— ben, wenn man ſie in einer zuſammen gedruͤckten Luft zu bleiben noͤthiget, und die Erfahrung lehret, Pp 5 daß * Aus der franzöſt iſchen Schrift von der 1 der Pflanzen mit den Inſekten, S. 117 u. ſ. w 3 66 Anmerkungen daß dieſes ſeine Richtigkeit habe: denn wenn man Inſekten in Rohren, worinn die Luft zuſammen ge⸗ druͤckt worden, einſchließt, ſo ſterben ſie. In den Luftrohren der Inſekten iſt die Luft ſchon ſehr zuſam⸗ men gedrückt, und ſie dehnet ſich nur bey ihrem Eingange in, und Ausgange aus den Adern aus, wodurch die Maſchine in Bewegung geſetzet wird. Sie treibt die Saͤfte, und bewegt ſich mit ihnen fort. Wenn ſie nun während dieſes Umlaufes alle ihre Schnellkraft verloren hat, fo muß fie aus dem Leibe des Thieres heraus geſchafft werden, um einer neuen Luft Platz zu machen. Dieſen ihren Ausgang findet ſie ordentlicher Weiſe durch alle Schweißloͤcher der Haut. Wenn nun aber die aͤußere Luft mehr zuſammen gedruckt iſt, als ſie; ſo wird ihr der Aus⸗ gang verwehret, und ſie bleibt in den Endungen der Schweißloͤcher hangen. Solchergeſtalt wird der Umlauf der Luft verhindert, und mit ihm zugleich das Athemholen des Thieres. Waͤhrend dieſes Stillſtandes ſind die $uftröhren ausgedehnet, und von der Luft fo geſpannt, daß fie ihre Schnellkraft verlieren, welche fie wieder erlangen koͤnnen, wofern ſie nicht allzu lange in dieſem Zuſtande geblieben ſind: außerdem aber bleiben ſie ſteif, unbiegſam und unfähig, das Athemholen fortzuſetzen. Wenn man dieſen Verſuch anſtellen will; ſo iſt es gut, wenn man ſich zuvor einen Begriff davon gemacht hat, wie es mit dieſer Verrichtung zugeht. Die beſte Manier ihn anzuſtellen iſt, daß man ſich einer Glasroͤhre bedienet, wie zu den Thermometern ge⸗ braucher werden, die an einem Ende bey dem Lichte ' ee worden, und 6 bis 7 Zoll lang iſt. Wenn uͤber die Wurzeln der Pflanzen ꝛc. 603 Wenn man hierein einen Seidenwurm oder ein an⸗ deres aͤhnliches Thier thut, mit einem Stempel die Luft darinn zuſammen druͤcket, und das Inſekt nach 20 oder 24 Stunden wieder heraus zieht, ſo findet man es ſchwach, ohne Bewegung, betaͤubt, oder wohl gar todr, Einige bekommen nach 1, 2, oder 3 Stun⸗ den die Kraͤfte wieder, der Umlauf faͤngt ſich vom neuen an, und das Thier ſcheint völlig wieder auf zuleben: aber es koͤmmt doch nur ſelten davon, und gemeit iglich waͤhret dieſes neue Leben nicht lange, wenig ſtens iſt mir noch keines vorgekommen, das nach der Zeit wieder gefreſſen haͤtte. Wenn man ſich zu dieſem Verſuche eines Seidenwuems oder einer andern glatten und durchſichtigen Raupe bedie⸗ net, durch deren Haut ſich der Umlauf beobachten laßt, ſo wird man das Vergnuͤgen haben, zu ſehen, wie ſich derſelbe nach und nach wieder anfaͤngt, und ftärfer wird, wie die Haut, welche das Herz be⸗ decket, ſich bey jeder Pulfation tief niederbeuget, und Das Insel nicht anders, als ein Thier Athem ſchö⸗ pfet, das außer Athem gekommen iſt. Je ſtaͤrker ein Thier iſt, deſto mehr widerſteht es dieſer Open ration. Die Fliegen ſterben nach 2 bis 3 Stunden. Man möchte zwar auf die Gedanken gerathen, daß dieſe Thiere bloß davon ſterben müßten, weil fie in einem engen Orte eingeſchloſſen wären, wo der Zus gang der freyen Luft fehlte: allein, wenn es einem nur beliebet, die Rohre zu verſchließen, ohne die Luft zuſammen zu druͤcken, ſo wird man ſehen, daß ſie viele Tage darinn leben, und nur bloß Gefahr lauſen, Hungers zu ſterben. Ich habe zuweilen Inſekten i in Buͤchſen, die 1 viel großer waren, als % 604 Anmerkungen als noͤthig ſchien, fie mit ihrem Reiſeproviante zu enthalten, und noch dazu unter einer doppelten Ein⸗ packung, auf mehr als hundert Meilen verſchicket; fie find 5 bis 6 Tage unterwegens geweſen, und uns geachtet ihrer engen Gefangenſchaft und eingeſchloſ⸗ ſenen Luft, haben ſie auf der Reiſe wohl gefreſſen, und ſind gluͤcklich und geſund an iii und Stelle gekommen. _ Von der Luft, die aus der Lunge heraus geht *. Daß die Luft, wenn ſie in die Bruſt koͤmmt, von der Warme ausgedehnet und elaſtiſch gemacht wird, iſt eine Meynung, welche Herr Hales widerlegt zu haben ſcheint *. Er ſaget, daß das Athemholen der Menſchen der Luft ihre Schnellkraft benehme, und fuchet dieſes aus folgender Erfahrung darzu⸗ thun: Er nahm eine Blaſe, und befeſtigte in den Hals derſelben das weite Ende des Hahnes einer Rohre, den er an die Blaſe feſt anband, und mit welchem ſie 74 Cubikzolle enthielt. Durch die klei⸗ nere Oeffnung des Hahnes blies er die Blaſe ſtark auf, druͤckte alsdenn die Naſenloͤcher zu, und ſchoͤpf⸗ te durch den Mund nur die in der Blaſe enthaltene Luft. Binnen einer halben Minute fiel ihm das Athemholen beſchwerlich, und er war genoͤthiget, geſchwind hinter einander Luft zu ſchoͤpfen. Nach einer Siehe Obfervations fur les plantes et leur analogie avec les Inſectes. S. 128. ** Siehe Hales flat. des Veget. S. 204. "4 2 N 0. * uͤber die Wurzeln der Pflanzen ꝛc. 605 einer Minute war die Beaͤngſtigung in der Bruſt ſo groß, daß er von ſeinem Vorhaben abſtehen mußte. Gegen das Ende dieſes Verſuchs war die Blaſe fo welk und wenig aufseblafen, daß er fie mit dem ſtaͤrkſten Hauche, den er in dieſem aſthmatiſchen Zuſtande hinein that, nicht zur Hälfte mehr ausfuͤl— len konnte, da er doch die Bruſt fo ſehr zuſammen zog, wie ſie ſonſt niedergepreßt iſt, wenn man allen Athem heraus läßt. Dieſe Beäaͤngſtigung ſchreibt Herr Hales einer Luft zu, die, indem ſie durch die Bruſt geht, ihre Schnellkraft verloren hat. Ohne aber der Luft eine ſo beſtaͤndige und unveraͤnderliche Eigenſchaft abzuſprechen, kann man vielleicht von dieſer Erſcheinung eine einfachere und nicht fo ge— waltſame Urſache angeben. Herr Sales hatte zus vor, ehe er in die Blaſe blies, eine große Menge der ihn umgebenden Luft in die Bruſt gezogen. Dieſe Luft war nicht ganz rein, ſondern ſo, wie wir fie nöthig haben. In die Blaſe kam aber eine Luft, die von dieſer ganz verſchieden war. Denn außer⸗ dem, daß ein Theil derſelben in fein Blur überge- gangen war, fo hatte ſich auch ein anderer mit den» jenigen Duͤnſten vermiſchet, die beſtaͤndig aus der Lunge, der Luſtroͤhre, und ihren Aeſten in die Höhe ſteigen. Die Luft, welche wir ausathmen, iſt, wie jedermann weiß, ein dicker Nebel, welcher im Win⸗ ter ſichtbar iſt. Eben ſolch ein Nebel, keinesweges aber die Luft des Dunſtkreiſes, war in die Blaſe ges bracht worden, und was alſo Herr Hales aus der Blaſe wieder einathmete, war eine Menge Duͤnſte oder eine Art von Nebel, der ſich ganz und gar nicht zum Athemholen ſchicket, weil die Luft in den Waſ⸗ ſer⸗ ® 1 2 * 606 Anmerkungen ſerblaͤsgen eingeſchloſſen, und alſo gehindert iſt, ſich auszudehnen. Daher empfingen die Luftblaͤsgen der Lunge, ſtatt der Luft, nur Waſſerblaſen, die ſie ausdehnten, daß alſo nothwendig eine Beaͤngſtigung entſtehen mußte *. * Vom Wider dieſe Beſtreitung des Herrn Sales laſſen ſich vielleicht noch viel wichtigere Gegengruͤnde aufbrin⸗ gen. Daß die Luft ihre Schnellkraft verliere, iſt eben ſo moͤglich, als daß ſie jeder andere Koͤrper verliert, wenn er ubermaͤßig angeſtrenget wird. Zudem bedeutet die Redensart, daß die Luft ihre Schnellkraft verliere, weiter nichts, als daß die⸗ ſelbe ungleich kleiner geworden ſey, wie man dieſes von einer allzuſehr verduͤnneten Luft zu behaupten pfleget. Ob ſich die Luft in der Lunge mit dem Blute vermiſche, iſt eine noch ſehr ſtreitige Frage. Daß fie in die Düͤnſte hinein dringen fol, iſt wohl eben nicht ſehr wahrſcheinlich; da jedes Dunſtblas⸗ ; gen ſchon ohnedem mit Luft erfuͤllet ſeyn muß, wel⸗ che es da, wo es entſteht, nicht aber, wo es ſchon in der Luft herum fliegt, empfangen haben muß. Man muͤßte alſo behaupten, daß die Duͤnſte bey jeder Einathmung erſt hervor gebracht würden, wobey die Schwierigkeit uͤbrig bletbt, daß ſich die Luft nicht ſo geſchwind mit dem Waſſer zu vermi⸗ ſchen pfleget. Daß die wafferigen Duͤnſte die Bes ängſtigung auf der Bruſt hatten verurſachen ſollen, läßt ſich nicht wohl behaupten, weil wir auch in einer ganz feuchten Luft noch ganz bequem Athem holen koͤnnen. Wenigſtens laͤßt ſich die geringe Beaͤngſtigung, fo empfindliche Leute in einer ſol⸗ chen Luft fuͤhlen, mit dieſer in keine Vergleichung ſetzen, und kann aus ganz andern Urſachen, als von den waͤſſerigen Duͤnſten allein, hergeleitet werden. Ja, um dieſe Vermuthung noch mehr zu vereiteln, hat man nur noͤthig, die Blaſe in friſchem Waſſer auf⸗ uͤber die Wurzeln der Pflanzen ꝛc. 607 Vom Umlaufe des Saftes in den Pflan⸗ zen, und des Gebluͤtes bey den Inſekten *. Ich habe mich in meinen verſchiedenen Betrach⸗ tungen des Ausdruckes vom Umlaufe des Pflan« zenſaftes und des Gebluͤtes der Inſekten, als eines eingefuͤhrten Ausdruckes bedienet, ohne doch damit andeuten zu wollen, daß dieſer Umlauf dem Kreis— laufe des Blutes im Menſchen aͤhnlich ſey, welcher immer an denjenigen Ort wieder zurück koͤmmt, wo er angefangen hatte. Herr Sales leugnet in ſeiner Statik der Gewaäͤchſe allen Umlauf des Saftes, und ſeine Erfahrungen und Urtheile ſcheinen mir ſehr wohl gegruͤndet zu ſeyn. Hierauf beruhet noch eine Aehnlichkeit der Pflanzen mit den Inſekten; denn ich bin gewiß verſichert, daß keines von allen mir bekannten Inſekten, die durch Luftloͤcher (tig⸗ mata) athmen, einen Umlauf habe. Der Saft, welchen man ihr Blut nennen kann, beweget ſich nur hin und wieder. Ich begnuͤge mich allhier nur | Ä ein aufzublaſen, fo wird man die Reſpiration viel laͤn⸗ ger, als wenn ſie in der Luft aufgeblaſen wird, fuortſetzen koͤnnen. Ueberdem ſcheint auch der vor⸗ nehmſte Beweisgrund des Herrn Hales, von der verlornen Schnellkraft der Luft, nicht in der Be⸗ angſtigung; ſondern vielmehr darinn zu liegen, daß eben dieſelbe Luft die Blaſe immer weniger ausgedehnet hat, je oͤfter ſie aus der Bruſt wieder zurück gekommen iſt, und hierwider hat der gelehr⸗ te Herr Verfaſſer dieſes Aufſatzes nichts ange⸗ bracht. Unzer. Siehe Obfervat. fur les Plantes et leur Analogie avec les Inſectes. S. 132. | * 7 & 9 * £ P 608 Anmerkungen über die Wurzeln ıc. ein Urtheil anzufuͤhren, welches Herr Hales von den Pflanzen beybringt, und ſich eben ſowohl auf die Inſekten ſchicket. Er ſaget *, „daß den Man⸗ gel des Umlaufs in den Gewaͤchſen die Menge der Feuchtigkeiten einigermaßen erſetze, welche das Ge⸗ waͤchs an ſich zieht, und die Menge des Nahrungs⸗ ſaftes der in die Adern der Thiere uͤbergeht, weit übertrifft. Eben dieſes beſchleuniget auch die Be⸗ wegung des Saftes Eine Sonnenblume zieht und verdunſtet in 24 Stunden ı7 mal mehr Feuchtigkeit, als ein Menſch.. Mit den Inſekten iſt es nicht anders beſchaffen. Der Herr von Reau⸗ muͤr ſaget ** von einer gewiſſen Art Raupen, daß ſie in 24 Stunden mehr, als noch einmal ſo viel freſſen, als ihr ganzer Leib ſchwer iſt, und daß fie, wenn fie ſich alſo gefättiger haben, doch nur um ein Zehntheil ſchwerer geworden ſind. Hieraus laßt ſich ihre erſtaunende Transſpiration abnehmen, welche man auf das genaueſte berechnen kann, wenn man ſie mit der Ausduͤnſtung der Menſchen in Ver⸗ gleichung ſtellet. Ein geſunder Menſch wiegt or⸗ dentlicher Weiſe 160 Pfund. Wenn dieſer in 24 Stunden noch einmal ſo viel eſſen ſollte, als er ſchwer iſt, ſo muͤßte ſeine Mahlzeit 320 Pfund wie⸗ gen. Sollte er nun nach derſelben nur um ein Zehntheil ſchwerer geworden ſeyn, ſo wuͤrde man zugeſtehen muͤſſen, daß er nach des. Sanctorius Berechnung, ? von 320 Pfund, das iſt, 200 Pfund, ausge⸗ * Siehe Hales ftat. des Veget. S. 123. N * Siehe M. de Reaumur Memoires fur P Hiſtoire des Inſectes. Tom. I. p. 124. über die Wurzeln der Pflanzen ꝛc. 609 ausgedunſtet haͤtte. So erſtaunend dieſes ſcheint, ſo gewiß iſt es bey den Pflanzen und Inſekten, wor⸗ aus Herr Sales mit Recht einen ſtarken Beweis⸗ ec wider den Umlauf in den Pflanzen nimmt, den ich, nach der Aehnlichkeit zu ſchließen, auch wi⸗ der den Umlauf in den Inſekten mit Grunde * anfuͤhren zu koͤnnen hoffe. eee ak Me Fr DA . A. Unzers Beſtätigte Beobachtungen von der Indeendensaf des goldgelben Schwefels des Spießglaſes der letzten Praͤcipitation. ee Beobachtungen, welche ich von den Wir⸗ * kungen dieſes Schwefels, vor einiger Zeit oͤffentlich bekannt gemacht habe *, find von mir mit aller derjenigen Sorgfalt an« = worden, die ein gewiſſenhafter und ehrlie— bender Mann der Welt ſchuldig iſt, wenn er ſich vorſetzet, ſie ihr mitzutheilen. Indeſſen hat es Herrn „Siehe des hamb. Mag. 8. B. 4. St. 2. Art. 9 Band. Aq 61 Von der lindernden Kraft Herrn D. Hoppen gefallen, an der Richtigkeit der⸗ ſelben zu zweifeln, in ſofern ſie die lindernde Kraft betreffen, welche ich dem Schwefel des Spießglaſes bey convulſiviſchen und andern heftigen widernatuͤr⸗ lichen Bewegungen zugeſchrieben habe *. Er un⸗ terſtuͤtzet ſeinen Zweifel mit dem einzigen Grunde, weil er aus der Natur dieſes Schwefels nicht begrei⸗ fen kann, wie er eine lindernde Eigenſchaft beſitzen ſoll. Ich weiß nicht, ob der Herr D. geſonnen iſt, es bey allen vorkommenden Faͤllen in der Arztney⸗ wiſſenſchaft ſo zu halten, daß er ſie in Zweifel zu ziehen gedenket, wenn er ſie nicht begreifen kann. So viel aber weiß ich, daß viele geuͤbte Maͤnner dieſe Art zu ſchließen aufgegeben haben, nachdem ſie gefunden, daß es, beſonders in dem menſchlichen Koͤrper, Erſcheinungen gebe, die ganz unzweifelhaft gewiß find, aber von niemanden erklaͤret werden koͤnnen. Die Erfahrung beſtaͤtiget in allen dieſen Faͤllen dasjenige, was man glauben muß, die Ver⸗ nunft mag dagegen einwenden, was ſie will. Aber dieſe iſt es eben, welche Herr D. H. verdaͤchtig ma⸗ chet. Er hat zwar, wie er ſaget, wider die Be⸗ weiſe aus der Erfahrung nichts einzuwenden: es ge⸗ fälle ihm aber doch immer beſſer, wenn man die Wir⸗ kungen eines Arztneymittels auch aus ſeiner Zuſam⸗ menſetzung begreiflich machen kann: denn ſo waͤren wir gewiß, daß es ſein Anſehen beſtaͤndig behaupten, und nicht etwa mit der Zeit von andern durch Ge⸗ generfahrungen kann verwieſen werden, wovon er das Beyſpiel des Zinnobers anfuͤhret. Ich an mei⸗ f | men Siehe des 9. B. 1. St. 9. Art. | des godgelben Schwefels X. 5 Theile, habe nicht allein wider die Beweiſe aus der Erfahrung, in der Lehre von den Wirkun⸗ gen der Arztneymittel in unſern Koͤrper, nichts ein⸗ zuwenden; ſondern ich halte auch die Erfahrung fuͤr die Mutter dieſer ganzen Lehre, und einen richtig angeſtellten Beweis aus der Erfahrung fuͤr das ein⸗ zige zuverlaͤßige und untruͤgliche Mittel, von der Wirkung einer Arztney in dem menschlichen Koͤrper uͤberzeuget zu werden. Keine richtige Erfahrung kann durch eine Gegenerfahrung verwieſen werden: aber eine richtige Erfahrung kann hundert Beweiſe mit W. Z. E. uͤber den Haufen ſtoßen. Man brauchet hier nicht die bekannte Wahrheit entgegen zu ſetzen, daß Vernunft und Erfahrung ſich nie⸗ mals widerſprechen duͤrfen: denn man verſteht hier nur allzu oft unter Vernunft eine Reihe Schluͤſſe, die bloß darum der Vernunft zugeſchrieben wird, weil ſie der Erfahrung widerſpricht. Man muͤßte demnach erweiſen, daß wir die Natur der Arztney⸗ mittel, die Natur des menſchlichen Körpers, und die Art und Weiſe, wie die erſten in den letzten wirken, und wie der letzte die erſten empfaͤngt, mit unbetrogener Scharfficht vollkommen einfähen, wenn man in der Lehre von den Wirkungen der Arztney⸗ mittel den Beweiſen aus Gruͤnden vor denen aus der Erfahrung den Vorzug einraͤumen wollte. Allein, es iſt ohne Widerrede gewiß, daß unſere Erkenntniß in allen dieſen Stuͤcken noch mit einer dicken Fin⸗ ſterniß umhuͤllet ſey, daß wir ohne vorhergaͤngige Erfahrungen vielleicht niemals einen Beweis aus Gruͤnden von den Wirkungen eines Arztneymittels in Qq 2 | unfern 612 Von der lindernden Kraft unſern Koͤrper wuͤrden erhalten haben, und daß man zwar die Beweiſe aus Gründen, wenn Beweise aus der Erfahrung vorhanden ſind, vollkommen entbehren kann, hingegen aber eine beſondere Zuverſicht auf ſeine Einſichten haben muͤßte, wenn man die Beweiſe aus Gruͤnden, die keine Erfahrung beſtätiget, allein fuͤr zureichend halten wollte, eine Arztney in dieſen oder jenen Fallen zu gebrauchen. Der Herr D. wird mir es alſo zu Gute halten, daß ich weder die ſtaͤr⸗ kende noch lindernde Kraft des Schwefels des Spießglaſes aus andern Gruͤnden, als aus der Er⸗ fahrung, darzuthun geſuchet habe. Ich bin noch ißo viel zu furchtſam, und vielleicht ift meine na⸗ eürliche Einfalt Schuld daran, die Wirkung einer Arztney in unſern Koͤrper aus Gruͤnden darzuthun, fo lange mir die Natur unſers Körpers und die Kraͤfte ſeiner Wirkungen noch nicht bekannter ſind, als ißo , und ich misgoͤnne daher niemanden das Vergnuͤgen, hierinn etwas erfunden zu haben, das meinen Erfahrungen widerſpricht. Ich kann da⸗ bey weiter nichts thun, als die Erfahrungen deſto ſorgfaͤltiger zu wiederholen, und wenn Herr Hoppe beweiſer, daß der Schwefel des Spießglaſes nicht lindern koͤnne, unwiderſprechliche Beyſpiele zu ſammlen, da er wirklich eine Linderung der Bewe— gungen wirket. Vielleicht findet er endlich noch den Weg, wie eine Arztnen, die aus dem Schwefel und einigen zarten reguliniſchen Theilchen des Spießgla⸗ ſes zuſammen geſetzet iſt, den Tumult aufgebrachter Bewegungen zu ſtillen vermoͤgend ſey. Vielleicht fallt ihm ein, daß es von verſchiedenen Arztneyge⸗ lehrten — des goldgelben Schwefels it. "613 lehrten angemerket worden, daß zuweilen temperi⸗ rende Arztneyen die Bewegung erregen, und Mittel, die die feſten Theile ſtaͤrken, Bewegungen in den⸗ ſelben mäßigen. Vielleicht gefällt ihm die Erklaͤ⸗ rung dieſer widerſprechend ſcheinenden Wirkungen, welche der Herr Doctor von Leyſer in ſeiner zu Halle vertheidigten Inauguraldiſputation, de Vitiis mo- tuum in Morbis, davon gegeben. Alles dieſes iſt meine Sache nicht auszumachen. Ich bleibe nur allein bey den Erfahrungen, welche mir Herr D. H. in zweifel zieht. Ich hatte dem Schwefel des Spießglaſes bey convulfivifchen Bewegungen eine lindernde Tugend beygeleget. Herr D. H. laͤßt dieſes gelten, wenn materielle Urſachen dabey ſind, weil alsdenn der Schwefel ſeine Wirkung dadurch verrichte, daß er dieſelben ausfuͤhret. Ich will itzo nicht ausmachen, ob man ſagen koͤnne, daß der Schwefel dieſe Wirkung auf die Art, wie ſichs Herr Hoppe vorſtellet, auch bey andern Krankheiten, z. E. bey Fiebern äußere, die ſechs Wochen gedau⸗ ret haben, in welcher Zeit der Patient beſtaͤndig gute Arztneyen gebrauchet, und eine regelmaͤßige Diaͤt gehalten, auch durch Schweiß, Stuhlgang und Urin waͤhrender Zeit ſo viel verloren, daß jeder⸗ mann wuͤrde geſaget haben, es ſeyn ihm die Fieber⸗ bewegungen nur zur Gewohnheit geworden, da denn endlich dieſer Schwefel, ohne das geringſte merkliche aus zufuͤhren, bloß die Wiederkunft des Fieberan⸗ falles verhindert hat, welches ich wohl durch Erfah⸗ rungen darthun koͤnnte, wenn ich nicht ſaͤhe, daß dieſen der Herr D. um ſeiner Theorie willen allzu wenig zutrauet. Noch weniger will ich mich itzo in Qq 3 die 614 Von der lindernden Kraft die Frage einlaſſen, ob der Unterſchied der Krank⸗ heiten des Körpers, daß einige keine materiellen Ur⸗ ſachen haben ſollten, nicht in den meiſten, ja viel⸗ leicht in allen Fällen, auf dem Vorurtheile des hei. ligen Thomas, was ich nicht ſehe, das iſt nicht, beruhet: ſondern ich will gegen dieſe Vorbe⸗ haltung des Herrn D., daß materielle Urſachen vor⸗ handen ſeyn muͤßten, wenn er eine lindernde Kraft aͤußern ſoll, nur dieſes einzige erinnern, daß ich vermuthlich mit Grunde ſchließen kann, der Schwe⸗ fel des Spießglaſes lindere die Bewegungen, nicht durch Hinwegraͤumung der von ihm angegebenen ma⸗ teriellen Urſache, wenn er bloß die Bewegungen ſtillet, ohne die geringſte unnatuͤrliche oder natuͤrli⸗ che Ausfuͤhrung weder hervor zu bringen, noch merk⸗ lich zu vermehren. Heißt dieſes nicht: der Schwe⸗ fel lindert auf die eigentlichſte Art; ſo kann mir Herr D. H. nicht beymeſſen, daß ich ihm dieſe Lin⸗ derung auf eine andere Weiſe zugeſchrieben haͤtte, und ich verſtehe alsdenn auch gar nicht, was bey ihm heißt: auf die eigentlichſte Art lindern. Daß aber der Schwefel bey Convulſionen oͤfters die Be⸗ wegungen geſchwind hemme, ohne die geringſte merkliche Ausfuͤhrung zu wirken, oder zu vermehren, iſt mir aus den Erfahrungen ſo unſtreitig gewiß, daß ich mir nicht einbilden kann, wobey ich mich hier haͤtte betriegen koͤnnen. Nachdem mein erſter Auf⸗ ſatz ſchon gedruckt war, habe ich den Schwefel bey drey Kindern, die ſeit einigen Jahren die Convul⸗ ſionen monatlich, wenn ſich der Mond veraͤnderte, gehabt hatten, gegeben. Das eine bekam ihn vor dem Paroryſmus, und bekam einen Dur die woben 2 des goldgelben Schwefels, ꝛc. 615 wobey Würmer abgiengen. Allein die Convulſio⸗ nen kamen wieder. Die Mutter, welche auf dem Lande wohnte, iſt gegen die beſtimmte Zeit nicht wieder gekommen. Ich weiß alſo den Erfolg nicht. Die andern beyden waren in einem Hauſe. Das erſte bekam den Schwefel mitten im Anfalle, worauf er ſich zeitig ſtillte. Dem Kinde waren Tags voher einige Wuͤrmer abgegangen. Allein man ſpuͤhrte nach dem Anfalle nichts; der Leib war nur wie ge⸗ woͤhnlich offen; der Schweiß im Anfalle verminderte ſich, weil das Kind Ruhe bekam. Das andere von dieſen Kindern erwartete den Anfall noch. Ich kam alſo mit dem Schwefel zuvor. Die Zeit des Anfalls gieng ohne merkliche Ausführung glücklich vorüber, und nach 14 Tagen giengen einige Würmer ab, weil ich ein mercurialiſches Laxans geordnet hatte. Die Fräulein, deren ich im erſten Aufſatze gedacht, hat dazumal, und einigemal zuvor, weder Schweiß, noch Durchlauf oder haͤufigern Urin, und derglei⸗ chen gehabt. Seit dem Drucke des erſten Aufſatzes hatte ſie den Anfall einmal wieder, da ich ihr im Paroxyſmo den Schwefel gab. Sie ward gleich ruhig, und bekam, noch in waͤhrendem Anfalle, die monatliche Reinigung, welche ſie doch erſt vor 8 Tagen ziemlich ſtark gehabt hatte. Herr D. Hoppe ſieht aus dieſer Nachricht, daß ich nicht Fälle zu meinem Vortheile erdichte, indem hier daſſelbige Fraͤulein feine Meynung zu beſtaͤtigen ſcheint. Allein, es wird ihm doch auch ohne Zweifel bekannt ſeyn, daß dergleichen Blutfluß ungemein oft unter oder nach den hyſteriſchen Convulſionen von ſich ſelbſt, und ohne den Gebrauch des Schwefels zu erfolgen Q 4 pflege, 616 Von der lindernden Kraft ; pflege, und alſo dieſem deshalb nicht eben zugeſchrie⸗ ben werden muͤſſe. Ja ich kann in der That nicht anders glauben, als daß dieſer Blutfluß ſchon eher, als der Schwefel gegeben worden, vorhanden gewe⸗ ſen, weil ſie eine Viertelſtunde nach dem Einneh⸗ men, ſchon ruhig ward, und ſogleich, da ſie zu ſich ſelbſt kam, fuͤhlte, daß ſie ſchon ungemein heftig geblutet hatte. Vielleicht ſaget der Hr. D. daß alſo die Convulſionen nicht von dem Schwefel, ſondern von ſich ſelbſt ohnedem wuͤrden aufgehoͤret haben, da dieſe Veränderung vorgegüngen, und ich halte die⸗ ſen Gedanken fuͤr ſo gruͤndlich, daß ich nichts weiter dagegen einzuwenden finde. Indeſſen kann ich doch nicht leugnen, daß ich aus ſo vielen andern Faͤllen ganz unwiderſprechlich überzeugt zu feyn glaube, daß dieſer Schwefel eine geſchwinde Linderung nach ſich gezogen, wo gar keine merkliche Ausführung dabey geweſen iſt. Beſonders die eingewurzelten Fieber, wobey ich niemals den Schwefel zu früh, ſondern erſt dann gebe, wenn ich nach allen Regeln der Kunſt verſichert zu ſeyn glaube, daß durch die gewoͤhnli⸗ chen Fieberarztneyen die materielle Urſache derſelben völlig gehoben ſeyn muͤſſe, beftätigen dieſes in den Faͤllen, wenn fie ſogleich wegbleiben, Schlaf, Ap⸗ petit und Kraͤfte wieder eintreten, und dennoch keine merkliche Ausfuͤhrung weder dabey iſt, noch in 4 bis 6 Tagen (laͤnger habe ich nie Gelegenheit ge⸗ habt, es abzuwarten) darauf folget. Hätte ich mir nicht gleich beym erſten Aufſatze vorgenommen, nur meine eigenen Beobachtungen von den Wirkungen dieſer Arztney mitzutheilen: ſo koͤnnte ich noch den Beyfall anderer Practicorum hier anfuͤhren. R | 1 des goldgelben Schwefels, ꝛc. 617 : ich hoffe, Herr D. Hoppe wird felbft Gelegenheit haben, Verſuche bey Convulſionen mit dem Schwe⸗ fel des Spießglaſes anzuſtellen. Er wird die Re⸗ geln eines genauen Beobachters, und eines aufrich⸗ tigen Zeugens vielleicht beſſer beobachten, als er mir dieſes zuzutrauen ſcheint, und dann waͤre es in der That ein Ungluͤck fuͤr mich, wenn ſeine zehn erſten Verſuche alle mit merklichen Ausführungen verbun: den waͤren. Sollte er es noͤthig finden, mir wieder zu antworten; ſo bitte ich mir von ihm aus, damit wir alle Weitlaͤuftigkeiten vermeiden, daß er mir, in Abſicht der lindernden Kraft des Schwefels des Spießglaſes keine andern, als folgende Meynungen beyleget: I. Ich halte die lindernde Kraft des Spießglas⸗ ſchwefels fuͤr eine von allen practiſchen Aerzten angenommene Wahrheit. 40 2, Ich kann aus Gruͤnden, die Art und Weiſe, wie er dieſe Linderung wirket, nicht beſtimmen, wovon ich oben die Urſachen angefuͤhret habe. 3. Die Erfahrung lehret, daß er fie auf zweyer— ley Art wirke: Einmal fo, daß gewiſſe Aug» fuͤhrungen dadurch entweder vermehret, oder gar hervor gebracht werden. Zum andern ſo, daß gar keine merkliche außerordentliche Aus⸗ fuͤhrung, weder dabey iſt, noch nachfolget. 4. Heißt die Wirkung auf dieſe letzte Art, eine Wirkung der Linderung, auf die eigentlichſte Art bey Herr D. Hoppen; ſo behaupte ich, daß der Schwefel auf die eigentlichſte Art Meſſtorken convulſiviſchen Bewegungen maͤßige. Nas F. Ver⸗ 618 Von der lindernden Kraft ic. 5. Verſteht Herr D. H. unter der eigentlichſten Wirkung der Linderung ſonſt was, ſo wird er wiſſen, ob ich ihm widerſpreche: ich weiß es nicht. 8 | 6. Zweifelt der Herr D. an meinen Erfahrun⸗ gen; ſo weiß ich zwar nicht, warum ich nicht von jedermann ſollte mit Recht fordern koͤn— nen, mir zuzutrauen, daß ich Erfahrungen, die ich mir vorſetze, drucken zu laſſen, mit ge⸗ hoͤriger Behutſamkeit und Sorgfalt anſtellen, und als ein aufrichtiger Mann anzeigen werde; indeffen will ich doch, um Herrn H. hierinn nichts ſchuldig zu bleiben, alle diejenigen Zeug⸗ niſſe, ſo er von mir verlanget, und welche mir von den Patienten, Anverwandten, Amtsbrüs dern, u. ſ. w. aufzutreiben moͤglich ſind, zum Beweiſe, daß ich nichts ſchreibe, als was ge⸗ ſchehen iſt, auf ſein Verlangen in ſeine Haͤnde liefern. | VII. FF 5 VII. M Elias Friedr. Somerſabts | Nachricht 50 von dem alten ritterbuͤrtigen Geſchlechte der Herren von der Decken, im Kedingiſchen. 1 * N 8 t ſich das Geſchlecht der Herren von der Decken * ungemein ausgebreitet. Man findet es in verſchiedenen Reichen und Laͤndern. Seinen Urſprung rechnet 63 aus Sachſen her. Das Wappen beſteht hierin⸗ nen: Im ſilbernen Schilde ſieht man einen ſchwar zen Keſſelhaken. Oben über dem offenen Turnier⸗ helme iſt ein abgehauener Baumſtamm, der an einer jeden von feinen zwoen Seiten einen gekruͤmmten Zweig mit einem vorne herunter hangenden Blatte hat. Die Helmdecken und der Kranz fuͤhren ein gleiches Metall und Farbe mit ihrem Schilde. H. 2. Eine anſehnliche Linie dieſes Geſchlechts blüßet in dem Lande Heringen Luneberg Mushard Her Aussprache gemäß, ſollte man billig Deken reiben. Allein ich will itzo die Schreibart bey⸗ 9 deren ſich beſagtes Geſchlecht ſelber be⸗ e 620 Von dem alten Geſchlechte Mushard giebt von derſelben Nachricht . Ich will voritzo feine Nachricht ergänzen, da ich eigen⸗ bändige Anmerkungen beſagter Familie vor mir abe. * b §. 3. Die alten Kedinger, ein frieſiſches Volk, N empöreten ſich mehr als einmal wider ihren Landes⸗ herrn. Lebete um das Jahr 1300 der Erzbiſchof Giſelbert zu Bremen; ſo ſann derſelbe darauf, wie er die Widerſpaͤnſtigen zum Gehorſam zwingen moͤchte? Er veranſtaltete ein Turnier in Stade. Als ſich hierzu, aus der hieſigen Gegend ſowohl, als andern Landern, die Ritterſchaft verſammlet hatte; entdeckte er ihr ſein Vorhaben. Er fuͤhrte ſie ploͤtz⸗ lich ins Land Kedingen, brannte alles aus, und de« muͤthigte die Rebellen. Von der Zeit an bewohnte die Ritterſchaft ſolche Gegend haͤufig. * §. 4. Die Herren von der Decken fanden ſich aus Sachſen zu dem gedachten Turnier ein. Sie halfen das Land Kedingen unters Joch bringen. Man hat davon annoch die Verſe: | 4 * Deckenios * Von der 192. bis zur 196. S. des Werkes: Mo- numenta nobilitatis antiquae familiarum illuſtrium, inprimis ordinis equeſtris, in Ducatibus Bremenfi et Verdenſi, i. e. Denkmaal der uralten beruͤhm⸗ ten hochadelichen Geſchlechter, inſonderheit der hochloͤblichen Ritterſchaft, im Herzogthume Bre⸗ men und Verden, abgefaßt von Luneberg Mushard, Athen. regii ſcholaeque cathedr. Conr. Bremen, gedruckt bey Herman und Berthold Brauer, des löbl. Gymnaſii Buchdrucker. Anno 1708. Folio. 572. S. ohne die fuͤnf erſten Bogen. der Herren von der Decken. 62 eckenios etiam Kedingia victa recepit Inter honoratos nobilitate viros. 1 Qua fit origo tamen gentis, nec nomine conſtat, A TDTNoee galeae aut elypei figna decora probant. In galea cernis foliis reuireſeere truncum. Ketleriam elypei monftrat imago domum. Und fo befamen gedachte Herren gleichfalls ihren Ritterſitz im Kedingiſchen. Ihre Familie hielt ſich En in Stade auf, und bekleidete daſelbſt im the die hoͤchſten Ehrenſtellen. F. 5. Claus von der Decken, Rathsherr zu Side, war ſeinem Landesherrn, dem Biſchofe Albrecht, zugethan, und kam 1366 in der buͤngerli⸗ chen Unruhe um. 1480 lebte Hinrich von der Decken. Er hatte eine Grubinn zur Ehe. Selbi: ge gebahr den Claus von der Decken, Eebherrn zu Stellenfleth, und VBürgermeifter in Stade. | Dieſer unterzeichnete 1533, im Namen der Stadt Stade, den Contract zwifchen dem Erzbiſchofe Chri- ſtoph, und der Stadt Bremen. Er zeugete mit Annen von der Lith drey Söhne, den Heinrich, Herman, und Claus. Dadurch entſprungen drey beſondere Linien. | | | F. 6. Heinrich von der Decken, Erbherr zu Stellenfleth, und Obriſter, ſtiftete die erſte Linie. Er vermaͤhlte ſich mit Magdalenen Klenken. Sel⸗ bige kam mit dem Claus, und der Chriſtinen, nieder. Die letztere ward an Melchior Luͤtken, in Hamelwuͤrden, ausgeſtattet. 9. 7. Claus von der Decken, ($. 6.) Erb⸗ herr zu Stellenfleth, und erzbiſchoͤflicher bremiſcher Land⸗ 622 Von dem alten Geſchlechte Landrath, verehelichte ſich mit Margarethen, einer Tochter Eberhards von der Lith. Sie kam mit dreyen Soͤhnen, und einer Tochter, nieder. Die letztere, Magdalene „ heirathete den Melchior Pla. ten. Die erſtern ſind: Hinrich, Eberhard, und Claus. §. 8. Hinrich von der Decken, (F. 7.) Erbherr zum Klint, hatte eine Abel Dorothee von der Decken zur Ehe „ und ſtarb ohne Kinder. Eberhard von der Decken, (b. 7.) Erbherr zu Stellenfleth, verband ſich mit Sabinen, einer Toch⸗ ter Hanſens von Ruswurm und der Barbar von Loſen. Claus, Johann Sinrich, Eberhard, und Wargarethe, wurden ſeine Kinder. §. 9. Der erſte dieſer vier Kinder, Claus von der Decken, (H. 8.) Erbherr zu Stellenfleth, und Major, nahm die Margarethe, eine Tochter Benedicts von Buchwald und Annen von Alefeld, zur Ehe. Von derſelben bekam er einen Sohn, und 6 Töchter, Der Sohn, Eberhard von der Decken, Erbherr zu Stellenfleth, und koͤniglicher daͤniſcher Capitain, vermaͤhlte ſich mit Chriſtinen Eliſabeth von Selmern. Von den 6 Toͤchtern aber ward eine an den Auguſtin von Lirfeld, und eine an⸗ dere an ihres Vaters Brudernſohn, (H. at.) aus- geſteuret. 59 $. 10. Johann Sinrich von der Decken, (H. 8.) Erbherr zu Stellenfleth, heirathete die Anne Eliſabeth, eine Tochter Hans Hinrich Engels und Agneſen Magdalenen Offen. Dieſelbe erfreuete ihn mit dem Eberhard, Hans Hinrich, Claus, und der Sebinen. H. 1. der Herren von n der Decken. 6²3 | Eberhard von der Decken. (§. 10.) — 7 zu Stellenfleth, und koͤniglicher daͤniſcher Faͤhndrich, trat mit einer von feines Vaters Bru⸗ un in den Eheſtand. (. 9.) Sein Bru⸗ der, Hans Hinrich von der Decken, (g. 10.) Erbherr zur Neuenſtede bey Freyburg, zeugete mit Annen Marien, einer Tochter Wolfs Philipps von Tettenborn, drey Kinder. Naͤmlich: 1) einen Em von der Decken, genannt von Offen, der ſich zu der erſten Gemahlinn eine von Schilden, und zu der andern eine von Wenſe, waͤhlte. 2) Den Wolf Philipp von der Decken, koͤniglichen großbritanniſchen und churhanndveriſchen Capitain. 3) Eine Fraͤulein. 9. 12. Claus von der Decken, (5. 10.) Erb⸗ herr zum Klint, und koͤniglicher ſchwediſcher Lieute⸗ nant, vermählte ſich mit Dorotheen Magdalenen, einer Tochter Claus Benedictus von der Decken und Agneſen Magdalenen Engel. Dieſelbe gebahr: 1) die Anne Eliſabeth, Gemahlinn eines Herrn von Juͤngermann. 2) Die Agneſe Magdalene, Land⸗ raths Seba von Platen Gemahlinn. 3) Den Wi⸗ colaus Benedict von der Decken, koͤnigl. groß⸗ britan. und churhann. Capitainlieutenannt. 4) Den Johann Senrich von der Decken. ) Den Carl Chriſtian von der Decken, der ſich mit Dorotheen Amalien, einer Tochter des Regierungs- raths Claus von der Decken und der Caͤcilien von Bruͤnen, ehelich verbunden en $. 3. Sabine (G. 10.) heirathete den Anton Hinrich Offen, koͤniglich ſchwediſchen Major. Ihr Vaternbruder, Eberhard, ($ 8.) KR ohne inder, 624 Von dem alten Geſchlechte Kinder. Ihre Vaternſchweſter, Margarethe, (F. 8.) hatte den Obriſten Hans Hinrich Engel zur Ehe, und verſchied den 24. des Chriſtmonats 1687. $. 14. Der juͤngſte Bruder von dem Hinrich, und Eberhard, (§. 7.) naͤmlich Claus von der Decken, (daſ. ) Erbherr zu Freyburg, trat 1643 zu Stade in die Welt, und verließ 1665 dieſelbe ohe ne Kinder. §. 15. Bisher haben wir Heinrichs (F. 6.) Nachkommen bemerket. Herman von der De⸗ cken, (F. 5.) Erbherr zu Balje, ward der Stif⸗ ter der andern Linie. Seine Ehegattinn, Barbar von Reimarshauſen, erfreuete ihn mit dem Peter von der Decken, Erbherrn zu Ritterhof, Brok, und Oerichsheil. Dieſer zeugete, mit Caͤcilien von Weſſelhoͤvet, den Hermann Volrath, Claus Chriſtian, die Sophie, und Anne. Die erſtere von beyden Toͤchtern heirathete Otten von Duͤring. Die andere, den Claus Plate zu Naille und in der Hoeme, der 1652 ſtarb. $. 16. Hermann Volrath von der Decken, (S. 15.) Erbherr zu Oerichsheil und Brock, begab ſich mit Goͤlen, Albrechts von Hakelborn Tochter, in den Eheſtand. Selbige gebahr den Deter Ernſt, Johan Albrecht, und Sinrich Otto. $. 17. Peter Ernſt von der Decken, ($. 16.) Erbherr zu Waͤchtern, zeugete mit Ilſen Marien Offen, den Ernſt von der Decken, Erbherrn zu Wächtern, der die Margarethe Chriſtine von der Decken zur Ehe bekam. §. 18. Johan Albrecht von der Decken, (H. 16.) Erbherr zu Brockhof, heirathete die ar eri der Herren von der Decken. 625 berich von During. Selbige kam mit zween Soͤh⸗ nen nieder. Der erftere , Johann Albrecht von der Decken, Erbherr zu Brockhof, verſtarb unverheirathet. Der andere, Otto Dietrich von der Decken, Erbherr zu Brockhof, und koͤnigli— cher ſchwediſcher Regimenesquartiermeiſter, verehes lichte ſich mit Luiſen Caͤcilien von Duͤring. 9. 19. Sinrich Otto von der Decken, (F. 16.) Erbherr zu Oerichsheil, hatte die Anna Hedwig von Brobergen zur erſten, die Anna Ma⸗ ria Drewes zur andern, und die Chriſtine Margas rethe von Roͤnne, zur dritten Ehegattin. Bur⸗ chard, Sinrich Ernſt, Dietrich und Hedwig Marie „ ſtammten von ihm ab. Die letzte ver⸗ maͤhlte ſich mit dem Dechant zu Lubeck, Hinrich von der Decken. 6. 20. Burchard von der Decken (S. 19.), Erbherr zu Oerichsheil und Lacke, trat mit Chriſti⸗ nen von Duͤring in den Eheſtand. Seine Kinder ſind: 1) Burchard von der Decken, Erbherr zu Oerichsheil, der eine von Brand zu feiner Ge⸗ mahlinn wählte. 2) Ein Herr von der Decken, Erbherr zum Eſch, und koͤnigl. ſchwediſcher Major, der eine Tochter ſeines Vaternbruders, Dietrichs (S. 19.), zur Ehe bekam. 3) Drey Töchter. K. 21. Hinrich Ernſt von der Decken, (S. 0. ) Erbherr zum Eſch, begab ſich mit Hedwi⸗ gen Marien, einer Tochter des Claus von der De⸗ cken und der Margarethen Offen, zur Ehe. Sein Sohn war Sinrich Otto von der Decken, Erbherr zum Eſch. Dietrich von der Decken (. 19.), koͤniglicher e ur „blieb in der 9 Band, Schlacht 626 Von dem alten Geſchlechte Schlacht bey Hoͤchſtaͤdt. Seine Ehefrau, Goͤle Korfs, gebahr ihm zwo Toͤchter. Die eine ward an den koͤnigl. großbritann. und churhannoͤveriſchen Oberſten von Aeslar, die andere an den koͤnigl. ſchwediſchen Major von der Becken zum Eſch, (5. 20.), ausgeſteuret. §. 22. Claus Chriſtian von der Decken, (L. 15.) Erbherr zu Ritterhof, Waͤchtern, und Brock, koͤniglicher ſchwediſcher Landrath, heirathe⸗ te die Marie Drewes. Aus ſolchem Ehebette er⸗ folgeten: t) Carl Chriſtian von der Decken, Erbherr zu Stellenfleth, Ritterhof, Brok, und Waͤchtern, koͤnigl. ſchwed. Rittmeiſter, der ſich mit Agneſen Magdalenen Engel verband. 2) Cajus Benedict, welcher unverheirathet verſtarb. 3) Eine Tochter, die ſich mit dem Hermann von Duͤring zu Belum verehelichte. §. 23. Sind Heinrichs und Hermanns ($. 5. ), Linien beſchrieben; fo folget die dritte, die deren Bruder, Claus (daf.), ſtiftete. Dieſer Claus von der Decken, Erbherr zu Stellenfleth, hatte die Margarethe von Brobergen zur Ehe, und vers ſchied 1588. Seine drey Kinder heißen: Henneke, Catharine und Hinrich. Die Tochter heirathete den Berend von Reimarshauſen. §. 24. Senneke von der Decken (F. 23.), Erbherr zu Stellenſleth, iſt 1552 gebohren „und 1512 geſtorben. In feiner erſten Ehe, mit Doro» theen von Powiſch, erhielt er: 1) die Margarethe Dorothee, eine Ehegattinn Anton Hinrichs von Tettenborn. 2) Einen Sohn, der jung aus der Welt gieng. In ſeiner andern Ehe, mit Marien, Burchard I der Herren von der Decken. 627 POL. Elüvers Tochter, bekam er: 1) den Burchard „ der ohne Kinder ſtarb. 2) Den Johann von der Decken, Erbherr zu Stellen- fleth und Waͤchtern. Derſelbe vermaͤhlte fich erſt— lich mit Dorotheen von Buchwald, und zweytens mit Annen von Ranzau. Aus der erſten Ehe er« folgte Claus Benedict, von dem gleich ein meh. rers. Aus der andern: 1) Otto, der unvermaͤhlt verſchied. 2) Eine Tochter, Gemahlinn eines Herrn von Lepel. §. 25. Claus Benedict von der Decken, (L. 24.), Erbherr zu Stellenfleth und Waͤchtern, koͤnigl. ſchwediſcher Landrath, verheirathete ſich mit Agneſen Magdalenen, einer Tochter des Obriſten, Hans Hinrich Engels, und der Margarethen von der Decken, (S. 13.). Seine Kinder find: 1) Johann Chriſtoph, der unverheirathet ſtarb. 2) Claus, von dem hernach. 3) Otto Mel⸗ chior, der ſich mit einer von Duͤring zu Belum verband. Sie erfreuete ihn mit dem Otto Mel⸗ chior von der Decken, Erbherrn zu Ritterhof, welcher eine von Muͤnchhauſen zur Gemahlinn nahm, und mit derſelben zwey Kinder, die Philippine, und Sophie, zeugete. 4) Dorothee Magda⸗— lene, die ſich an den koͤnigl. ſchwediſchen Lieutenant, Claus von der Decken, (F. 12.), verheirathete. 5) Margarethe Marie, Gemahlinn des koͤnigl. ſchwediſchen Hofgerichtsbeyſitzers, Claus von der Decken. §. 26. Der andere Sohn von den keene en fünf Kindern Claus Benedicts, naͤmlich Claus von der Decken, (S. 25. 2 12 zu m ech, * ; 8 628 Von dem alten Geſchlechte fleth, iſt der heutige koͤnigl. großbritanniſche und churhannoͤveriſche Regierungsrath zu Stade. Von ſeiner Gemahlinn, Caͤcilia von Bruͤnen, leben folgende zehen Kinder: 1) Agneſe Magdalene, die mit Carl Chriſtian von der Decken, Erbherrn zu Kuͤtkenbuͤttel, und koͤnigl. großbritann. und chur⸗ hannoͤveriſchen Capitain, ihre Ehe fuͤhret. 2) Ca⸗ tharine Eliſabeth, eine Gemahlinn Hans Hin⸗ richs von der Decken, Herrn zu Locke. 3) Claus Benedict von der Decken, koͤnigl. großbritann. und churhannoͤveriſcher Capitain. 4) Carl Chris ſtian von der Decken, Capitain unter dem koͤnigl. großbritann. und churhannoͤveriſchen Dragonerregi⸗ mente des Generals Jaques duͤ Pontpietin. 5) Otto Melchior von der Decken, koͤnigl. preußi⸗ ſcher Lieutenant. 6) Johann Friedrich von der Decken, koͤnigl. großbritann. und churhannoͤveriſcher Lieutenant. 7) Eberhard. 8) Chriſtoph Sieg⸗ mund von der Decken, koͤnigl. großbritann, und churhannoͤveriſcher Lieutenant. 9) Dorothea Amalia, eine Gemahlinn Carl Chriſtians von der Decken, (F. 12.). 10) Chriſtiane Charlotte. §. 27. Hennekens Bruder, Sinrich von der Decken, (F. 23.), Erbherr zum Gowenſieke, be⸗ gab ſich mit Annen, einer Tochter Chriſtophs von Kedenborg, in den Eheſtand. Dieſelbe gebahr ihm den Claus von der Decken, Erbherrn zum Godwenſieke und Rittershauſen, der ſich mit Mar⸗ garethen Offen verband. Aus dieſer Ehe erfolgten Hinrich und Judith Adelheit. Die letztere ver: heirathete ſich an den Baſil von Goͤben, zur Doͤſe. §. 28. der Herren von der Decken. 629 §. 28. Judith Adelheids Bruder, Hinrich von der Decken, Erbherr zu Rittershauſen, und De⸗ chant zu lübeck, nahm die Hedwig Marie, Hinrich Ottens von der Decken und Chriſtinen Margarethen von Roͤnne Töchter, (§. 19.), zur Gemahlinn. Seine Kinder wurden: Claus, Margarethe Dorothee, und Goͤle Eliſabeth. Die erſtere Tochter heira⸗ thete den Caſpar Detlev von der Kuhla zum Klint, koͤnigl. ſchwediſchen Major. Die andere, den Seba von Plate. S9. 29. Claus von der Decken, (H. 28.) Erbherr zu Rittershauſen, und koͤn. ſchwed. Hofgerichtsbeyſi⸗ Ber, bekam die Margarethe Marie, eine Tochter Claus Benedicts von der Decken, (F. 25.), zur Ehe. Daher ſind entſproſſen: 1) Nicolaus Benedict von der Decken, Erbherr zu Ritterhof, Fon. großbr. und churhan. Landrath, auch Droſt zu Cattenberg. Nach der erſten Gemahlinn, einer von Bremern zu Manhauſen Abſterben, vermaͤhlte er ſich wieder mit einer von Bremern. 2) Carl Chriſtian von der Decken, Erbherr zu Kuͤtkenbuͤttel, und fön, großbrit. und churhan. Capitain, welcher ſich mit Agneſen Magdalenen von der Decken verheirathete (F. 26.). 3) Hinrich von der Decken, Herr zu Eſchen⸗ ſchwing, der eine von Bruͤmmer zu Neuhaus zur Gemahlinn waͤhlte. 4) Hans Sinrich von der Decken, Herr zu Locke, welcher ſich mit Catharinen Elisabeth von der Decken verband (S. 26.) 5) Hedwig, eine Ehegattinn eines Herrn von Bruͤm— mer zu Neuhaus. 6) Agneſe Magdalene, ei⸗ nes Herrn von Bremer zu Maha Gemahlinn. Rr z Re VIII. Aus. 630 Auszug der neueſten VIII. 8 Auszug 9 der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. J. Anmerkungen uͤber einige ſonderbare Krankheiten In einem Sendſchreiben an Herrn. D. Maty er ch habe Ihnen, mein Herr, vor einiger Zeit verſprochen, Ihnen einige Anmerkungen über den Aretaͤus von Cappadocien mitzutheilen; und ich bin Willens, auch ei⸗ nige über den Caͤlius Aurelianus hinzu zufügen. » » Es iſt zu verwundern, daß dieſe alten Schrift⸗ ſteller, welche uns in der Lehre von Zeichen der Krankheiten ſo ſehr angeprieſen werden, weitlaͤufti⸗ ge und umſtaͤndliche Berichte von Krankheiten ge⸗ ben, welche doch die neuern nicht wieder entdecken koͤnnen. Am meiſten aber iſt zu bewundern, daß weder Boerhave, noch die gelehrten Aerzte, welche uns zwo neue und praͤchtige Auflagen des Aretaͤus geliefert, Der Verfaſſer nennet ſich bloß mit den Buchſtaben: J. H. M. Der Brief iſt unterzeichnet: London, den 3. Marz 1751. und findet ſich im Journal bri- tannique. Tom. V. S. 186. u. ſ. w. phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 631 geliefert, gar nicht darauf gefallen ſind, dieſe Schwierigkeiten, durch gehoͤrige Anmerkungen, zu heben. Sie haben ſich dabey mehr als Critiker, denn als Aerzte verhalten. » = ) Die erſte Krankheit, wovon ich reden will, ift diejenige, welche Aretaͤus durch den wunderlichen Titel: Hitzige Krankheit 0 morbus Acutus) der Hohlader; Legb ang x τ, ray Ron OD oCel- NS S bezeichnet. Sollte man nicht ſagen ‚daß er den Sitz dieſer Krankheit mit feinen eigenen Aus gen geſehen hätte? In Wahrheit, es ift ihm bins länglich zu ſagen, daß er glaubet, daß dieſer Sitz in demjenigen Aſte der Hohlader zu ſuchen ſey, wel⸗ cher aus dem erhabenen Theile der Leber hin zum zen geht, und er ſetzet noch hinzu, daß die Aerzte iner Zeit behaupteten, daß er vielmehr im nieders ſteigenden Stamme der Hohlader ſelbſt angetroffen werde. Ich will nicht unterſuchen, worauf ſie dieſe ihre Meynung gruͤndeten, und man ſieht wohl, daß dieſes willkuͤhrlich angenommene Meynungen ſind, welche man der Unwiſſenheit der damaligen Zeiten zu gute halten muß. Allein, Aretaͤus iſt wegen ſei⸗ ner gemachten Neuerung nicht fo wohl zu entfchuldi- gen. Schon vor ihm hatte Hippocrates von einer Krankheit der Hohlader geredet *, und es iſt in den Worten ein fo geringer Unterſchied, daß man glau⸗ ben ſollte, es ſey von eben derſelben Krankheit die Rede. Haͤlt man aber nur ihre Berichte gegen ein⸗ ander, ſo findet ſich gleich das Gegentheil. Man weiß nicht mehr, was dieſes fuͤr eine Krankheit bey iR v4 dem * Lib. de Int, aff. XIX. on weyarg rar GAebar rar xe 632 Auszug der neueſten dem Hippocrates geweſen, ob er gleich ſaget, daß ſie nach der Entzuͤndung der Nieren zu entſtehen pfle⸗ ge * Aretaͤus würde uns demnach keinen gerin⸗ gen Dienſt erwieſen haben, wenn er an ſtatt von ei⸗ ner ganz andern Krankheit zu reden, welche wir eben fo wenig kennen, dieſe dunkele Stelle des Hippocras tes erklaͤret hätte, Er geht in eben demſelben Capi⸗ tel noch weiter vom Hippocrates ab, indem er ſaget, daß zuweilen die Hohlader inwendig zerriſſe, und vermoͤge der daher entſtehenden Blutfluͤſſe einen ge⸗ ſchwinden Tod verurſachte. Dieſe Blutfluͤſſe aber nennet er Keöuzrz , welchen Ausdruck doch Hippo⸗ crates nur alsdenn brauchet, wenn er den Abfluß der Feuchtigkeiten in die Gelenke beſchreiben will. Doch dieſes nur im Vorbeygehen. Itzo wollen wir, wo moͤglich, heraus zu bringen ſuchen, was dieſes fuͤr eine ſchmerzhafte Krankheit des Aretaͤus ſeyn moͤchte. Er ſaget erſtlich, daß es eine Entzuͤndung ſey: allein ſeit der Entdeckung des Umlaufes des Geblüs tes weiß man, daß weder in den Blutadern eine Entzündung noch daraus eine Zerreißung der Hohl⸗ ader entſtehen koͤnne. Es iſt auch sie nicht von der Entzündung der Leber die Rede, als wovon uns fer Schriftſteller im vorhergehenden Capitel fo ſchoͤn gehandelt hat. Er ſetzet hinzu, daß die Patienten eine heftige und brennende innerliche Hitze empfin⸗ den, welche von außen nur gelinde und gemaͤßiget zu feyn ſcheint, daß fie zu brennen glauben, und doch kalte Glieder haben. Hieraus ſollte man ſchließen, daß Ae t veßelsides dc νdͤ³ů dd M ves EC. phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 633 daß es das Fieber Leipyria waͤre, das es doch ohne Zoeifel nicht iſt. Ich uͤbergehe die andern Zufaͤlle, welche uns hier eben ſo wenig nutzen koͤnnen, als die vorhergehenden. Aret. bemerket ferner, daß jeder⸗ mann, wer die Kranken in dieſem Zuſtande ſehen ſollte, glauben müßte, daß fie ein brennendes Jie⸗ ber * Hätten, und daß auch viele Zufälle damit uͤberein kaͤmen. Einige Schriftſteller theilen dieſes Fieber (cauſus) ein, in das eigentliche und unei⸗ gentliche (legitima, illegitima,); allein ich finde nicht, daß ihre Beſchreibungen mit der unſerigen uͤberein kaͤmen. Ar. ſaget endlich, daß dieſe Krank⸗ heit im Herbſte am gemeinſten, jungen, und Leuten vom mittlern Alter, die durch untaugliche Nahrung oder allzu viele Arbeit geſchwaͤcht ſind, am gefaͤhr— lichſten, und am vierzehnten Tage, oder hoͤchſtens am acht und zwanzigſten, toͤdtlich waͤre. Ich ſchließe hieraus, daß von einem faulenden Fieber (febris putrida) die Rede ſeyn muß, es ſey nun das wahre anhaltende (sivoxos), oder das nachlaffende (auvexns), und geſtehe, daß ein gewiſſ er practi⸗ ſcher Umſtand dieſe Meynung bey mir für allen an⸗ dern wahrſcheinlich machet. Ar. ſaget, daß ein ge- ſchickter Arzt in jedem hitzigen Fieber (febr. ardens) beſonders aber in dieſem, welches von der Hohlader herruͤhret, ſicher koͤnne viel kaltes Waſſer verordnen. Wenn man bedenket, daß die Aerzte, welche vor der Entdeckung des Umlaufs des Gebluͤtes geſchrie— ben haben, z. E. Jonſton, Fernelius, Riviere, Rr 5 Piſo⸗ Febris ardens. Hier wird darunter Cauſus, das Mordfieber des Hippocrates verſtanden. 634 Auszug der neueſten Piſonius, u. ſ. w. die Urſache dieſer Fieber in der Faͤulung der Hohlader ſuchten, und in ſonſt keinen andern Krankheiten dieſen Gebrauch des kalten Waſ⸗ ſers angerathen haben, ſo wird man mir um deſto eher beyflichten. Wenigſtens werden geuͤbtere Aerz⸗ te ſtatt dieſer erſt eine beſſere Meynung vorbringen muͤſſen. 5 2. Die andere Krankheit iſt eine Art von Aſthma, welches Ar. Pulmonale (2% TIvevundes), nennet. Er unterſcheidet ſie von dem gemeinen Aſthma, wo⸗ von er in einem beſondern Capitel handelt . Wer kann die Urſache dieſer Unterſcheidung einſehen, da er den Sitz beyder Uebel in der Lunge ſetzet? Er ſaget ſelbſt, daß ihr Unterſchied geringe fey. Wir wollen nur die beſondern Kennzeichen dieſes Aſthma betrachten. Er ſaget: 1) dieſes Uebel waͤhret lange, aber nie uͤber ein Jahr: denn wenn es im Herbſte anfaͤngt, ſtirbt der Kranke im Fruͤhlinge oder Som⸗ mer, und faͤngt es im Winter an, ſo waͤhret es bis kommenden Herbſt. 2) Die Kranken huſten, als wenn ſie was aushuſten wollten, allein es erfolget entweder nichts, oder ein wenig weiße Materie, die rund ausfieht, wie ein Hagelkorn. 3) Wenn in der Lunge keine Faͤulniß, ſondern nur Verhaͤrtungen ſind, ſo ſetzet der Anfall nicht ſo geſchwind hinter einander an, als ſonſt. 4) Einige ſterben auf ein⸗ mal an der Erſtickung, noch ehe ſich das Uebel uͤber den ganzen Körper ausgebreitet hat **, | Hieraus * Es führer den Titel: Ileg: zyeuuodär. Was von der Struktur der Bruſt geſaget wird, und die beygefuͤgte Prophezeihung betrifft, iſt en wiſſen phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 635 Hieraus ſcheint zu erhellen, daß Ar. zum Aſthma rechnet, was wir die Schwindſucht nennen. Wenn Bagliv recht hat, daß die Zeichen keiner Krankheit ſo ſehr mit einander verwechſelt werden, als der Lunge, ſo iſt dieſes nicht zu verwundern. Aber eben hieraus ſcheint meines Erachtens zu folgen, daß die⸗ fes Aſthma vielleicht das Tubereulum erudum pul- monis ſey, das Williſius und Jonſton mit der Vo⸗ mica, wovon es doch nur eine Folge iſt, verwech⸗ ſeln, Lommius und Bagliv aber davon unterfchies den und genauer beſchrieben haben. Dieſelbigen Zeichen koͤnnten auch wohl mit dem trocknen und convulſiviſchen Aſthma uͤbereinſtimmen, welches Ettmuͤller Caducus Pulmonum nennet, und ſeiner Meynung nach von dem tuberculo crudo herruͤh⸗ ret. Noch mehr beſtaͤtiget dieſes der Ausſpruch des Hippocrates **, daß dieſes tuberculum crudum oͤfters ein Jahr dauret. | 3. Der Schmerz des Magens, welchen man ges meiniglich Cardialgia nennet, und das Magenweh, welches nichts anders als die Syncope iſt, haben auch nicht die Kennzeichen, ſo die neuern von dieſen beyden Uebeln an die Hand geben. Allein ich muͤßte hier eine allzuweitlaͤuftige Vergleichung der Beſchrei⸗ bungen des Aretaͤus und Caͤlius Aurelianus anftele len, und werde alſo nur anmerken, daß die zwo KR | | Haupt⸗ wiſſen Schwierigkeiten unterworfen, welche zu un⸗ terſuchen hier zu weitläuftig ſeyn würde. | Er faget davon: Quod fi aliquid excernitur, aut ſereatu reiicitur, hoc fit in fine et parum eſt, duo vel tria ſputa, et non amplius. Lib. II. de Morb. 636 Auszug der neueſten | Haupturſachen der Cardialgie beym Aretaͤus ſehr ſonderbar ſind. Die erſte iſt ein Auswurf des Ei⸗ ters, aus dem Magen, und muͤßte alſo ein Abſceß deſſelben ſeyn. Er ſaget hernach ferner, daß außer den Armen, diejenigen, fo die goͤttlichen Wiſ⸗ ſenſchaften eifrigſt lieben, und indem ſie ſich nur befchäfftigen, die Reden und Handlungen der Weiſen zu unterſuchen, ihren Leib ver⸗ nachlaͤßigen, dieſer Krankheit am meiſten unter- worfen waͤren. Dergleichen Urſachen ſcheinen wohl vielmehr eine Gelegenheit zur Melancholie an die Hand zu geben. Doch es fragt ſich hier vornehm— lich, wer dieſe Leute des Ar. geweſen find? Gewiß genug waren es die Weltweiſen nicht, und dem ſey nun, wie ihm wolle, ſo ſind ihrer heut zu Tage ſehr wenige, und dieſe Urſache ſcheint mir daher ſelten und außerordentlich zu ſeyn. Dieſer Zufall hat eine Gleichheit mit der Art von Manie, von welcher Ar. anderswo ſaget, daß ſich die Kranken den Leib zer— fleiſchen, und um den Göttern zu gefallen, ſich Wun⸗ den machen. 4. Die vierte Krankheit iſt endlich die Catalepſis | rn und Sennert ſetzen fie, als eine ſehr rare Krankheit, unter die morbos (oporoſos, deren Kennzeichen iſt, daß die Kranken beſtaͤndig in der Stellung des Leibes bleiben muͤſſen, wor⸗ inn fie von dieſem Liebel ergriffen werden. Die Veſchreibung des Caͤlius ſtimmt hiermit nicht uͤberein. Er haͤlt dieſes Uebel weder fuͤr ſelten, noch giebt er dieſes Kennzeichen davon an. Der Unker⸗ ſchied der Alten und euern beſteht kuͤrzlich in folgen⸗ dem: 1 Caͤlius giebt zwo Arten von der Catalepſis an, pHPhyſikaliſchen Merkwürdigkeiten, 637 an, die eine bey hitzigen Krankheiten (morbis acu- tis), die andere bey langwierigen. Der D. Am⸗ man hebt dieſe Schwierigkeit damit, daß er ſaget, daß dieſe Krankheit wirklich allemal von kurzer Dauer ſey, aber doch, weil ſie immer von neuem bey hitzigen Krankheiten ſaget Caͤlius, daß die Kran⸗ ken die Glieder weder zuruͤck ziehen noch ausſtrecken koͤnnen. In der langwierigen aber ſaget er, daß ſie die Glieder zuruͤck ziehen, wenn man ſie ihnen aus⸗ dehnet. 2) Daß dieſes Uebel ſehr gemein muͤſſe ge= weſen ſeyn, erhellet daraus, weil Caͤlius ſaget: Es waͤre zur Herbſtzeit am gemeinſten, befiele gemeiniglich die Rinder, das Frauenzimmer, und Vollbluͤtige, auch Leute, die ſich nach uͤberſtandenen Krankheiten nicht wohl gehal⸗ ten, beſonders nach Fiebern, doch meiſtens nach den einfachen und doppelten dreytaͤgi⸗ gen Fiebern, u. ſ. w. 3) Er ſcheint es nur für eine Folge des Fiebers und verdorbenen Magens zu hal⸗ ten; dahingegen die Neuern ſagen, daß es auf einmal und ohne vorhergegangene Krankheit komme. Caͤlius fuͤhret ſogar die vorlaͤufigen Kenn⸗ zeichen dieſes Uebels an, welches nicht ſeyn koͤnnte, wenn es, wie die heutige Catalepſis auf einmal ein⸗ fiele. 4) Was die Kennzeichen der Krankheit ſelbſt betrifft, ſo ſaget Caͤlius, daß die Patienten in der Heftigkeit des Zufalles beftändig auf dem Ruͤcken liegen, daß ſich der Hals ausdehnet, die Wangen roth faͤrben, ein Fieber dabey if, 658 Auszug der neueſten iſt, die Stimme mangelt, die Empfindungen abnehmen, und die Augen offen, aber unbe⸗ weglich ſtehen. Aus dem allen kann man nicht erſehen, daß dieſe Kranken auf einmal, und da ſie zuvor geſund geweſen, auch in verſchiedenen Umſtaͤn⸗ den von dieſem Uebel waͤren uͤberfallen worden. Vielmehr erhellet, daß fie jederzeit bettlaͤgerig gewe⸗ ſen. Unſere heutigen Cataleptici gehen fort, wenn man ſie fortſtoͤßt, und wenn ſie im Gehen uͤberfal⸗ len werden, ſo hoͤren ſie deshalb nicht auf zu gehen. Die Kranken des Caͤlius thun dieſes ganz und gar nicht. 5) In Abſicht des Ausganges der Krankheit findet ebenfalls eine gar große Verſchiedenheit ſtatt. Einige Schriftſteller, und unter andern Schmi⸗ tzius, ſagen, daß ſie den dritten oder vierten Tag ſterben. Caͤlius beſtimmet keine gewiſſe Zeit, ja er rechnet unter die Zeichen des Todes gewiſſe runde und erhabene Flecken, verſchiedener Farben, ſowohl auf der Bruſt, als im Geſichte, wor⸗ aus von neuem erhellet, daß ſeine Catalepſis ein bloßer Zufall bey Fiebern, und keine urſpruͤngliche Krankheit des Gehirns geweſen ſeyn muͤſſe. Wahrſcheinlicher Weife hat alſo wohl Caͤlius die Kennzeichen bloß aͤhnlicher Krankheiten mit einander verwechſelt. Es iſt bekannt, daß viele das Coma vigil fuͤr die Catalepſis angenommen haben. Dodo» naͤus ſaget in feiner Anmerkung über das Ste Cap. ausdruͤcklich, daß dieſes zween Namen von einer und eben derſelben Krankheit wären. Horraͤus verſichert, daß in verſchiedenen Stellen des Galens Catochus, Catalepſis, und Coma vigil einerley bedeu⸗ phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 69 bedeuten *. Caͤlius felbft ſaget, daß Praxagoras dieſe Krankheit nicht von dem Coma ſomnolentum unterſchieden, und viele andere fie mit der Lethar⸗ gie verwechſelten. Sollte er wohl vielleicht ſelbſt in dieſen Fehler gefallen ſeyn? Ich ſchließe es dar⸗ aus: 1. weil beyde Krankheiten bey einerley Fiebern vorzufallen pflegen. 2. Das Coma Vigil ift öf ters bey den Fiebern der Kinder, die unter 8 Jah⸗ ren ſind, anzutreffen: allein, ich weiß nicht, ob dieſes auch von der Catalepſis behauptet werden kann. Der D. Amman iſt vielleicht nur der ein⸗ zige, welcher den Zuſtand, worein zornige Kinder zu fallen pflegen, zu dieſer Krankheit rechnet *. 3. Die ſtarren Blicke, das Liegen auf dem Ruͤcken, die Erſchlaffung der Kinnbacken, das beſchwerliche Hinunter ſchlucken, und die Verſtopfungen des Leibes, ſind Zufaͤlle, welche beyden Krankheiten gemein ſind. II. Auszug der 49 ſten Nummer der Philoſophicaltransactionen. Das erſte Stuͤck iſt ein lateiniſcher Aufſatz des Herrn Struyck, von Amſterdam, und beſteht in einer, nach der halleyiſchen Methode eingerich⸗ teten Tafel, von 18 Cometen. Dieſer gelehrte Hol⸗ laͤnder hat ſich, fuͤr die Cometen von 1723 und 1737, der Berechnungen des Herrn Bradley bedienet, hin⸗ gegen des Herrn Betts ſeiner fuͤr den Cometen 1744, 7 derer * Siehe deſſen Def. Med. über den Artikel von Karoxas. . St. den Beſchluß der Anm. von der Catalepſ. Chronie, 640 Auszug der neueften derer des Abbe de la Caille für die Cometen von 1699, 1702 und 1739, derer des Herrn Klinken⸗ berg, fuͤr den zweyten Cometen von 1743, derer des Herrn des Cheſeaur für den zweyten Cometen von 1746, und derer des Herrn Maraldi fuͤr den erſten Cometen von 1748. Herr Downes hat fuͤr ihn die Laufbahn der Cometen von 1533, 1678, 1718, und 1729 ausgerechnet, er ſelbſt aber hat ſich dieſer verdrießlichen Arbeit bey dem Cometen von os, 1707, 1742, bey dem erſten von 1743, bey dem zweyten von 1748, und bey dem von 1680 unterzo⸗ gen. Dieſer letzte iſt der einzige, der nach der Hy⸗ potheſe einer elliptiſchen Laufbahn berechnet worden; dahingegen alle die andern nach der Hypotheſe einer paraboliſchen Laufbahn ausgerechnet worden ſind. Unſer ſinnreicher Sternkundiger glaubet, daß man im Maymonate 1748, ſowohl in Holland, als in verſchiedenen andern Gegenden von Europa, den ſeltenen Anblick dreyer verſchiedener Cometen zugleich haͤtte haben koͤnnen. Er verſparet die Vergleichung der Bemerkungen mit den Zahlen, welche man aus feinen Grundſaͤtzen herleiten kann, auf ein beſonde— res Werk, und ſaget uns in Abſicht des Cometen von 1742 voraus, daß zwey Drittheile der Bemer⸗ kungen, bis auf die Minute genau mit den Rech⸗ nungen uͤbereinſtimmen. Man kann alſo vermu⸗ then, daß ins kuͤnftige dieſe 18 Cometen ſowohl, als die 21 des Halley, nicht mehr am Himmel werden wieder erſcheinen koͤnnen, ohne daß man ſie wieder erkennen, und die Zeit ihrer Wiederkunft ſollte feſt ſetzen koͤnnen. Der phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 641 Der zweyte Artikel enthaͤlt zwo anatomiſche Be⸗ merkungen des Herrn Hubers. In dem Leibe eis ner Frau von 60 Jahren war keine Gallenblaſe an⸗ zutreffen; hingegen war der Gallengang nebſt den poris hepaticis außerordentlich erweitert, woraus bes ſtaͤtiget wird, daß die Gallenblaſe nicht ſowohl die⸗ net, die Galle zuzubereiten, als vielmehr ſie aufzu⸗ behalten. - Die ſeltſame Struktur eines Kindes, das in einem Alter von 8 Monaten verſtorben war, iſt der Inhalt der zweyten Bemerkung. Der Bruſt⸗ knochen war auf die Seite gebogen, und dergeſtalt vorwaͤrts gekruͤmmt, daß er die Figur eines Sattels hatte. Beyde Seiten, beſonders aber die linke, waren einwaͤrts gedruͤckt, und man ſah daran Spu⸗ ren von den Fingern der Saͤugamme. Sie hatte des Kindes Leben wider Willen verkuͤrzet, indem fie eine ganz gewöhnliche Operation damit vorgenom— men, worauf die Aeltern nun billig deſto ſchaͤrfer Achtung geben ſollten. Wenn die Ammen die Kin⸗ der zum Schweigen bringen, oder ihnen eine Luſt machen wollen, ſo ſetzen ſie dieſelben auf die linke Hand, legen die rechte ihnen an die Bruſt, und tanzen fie alſo in der Luft. In der Kindheit iſt alles noch biegſam, die rechte Hand druͤcket die Bruſt des Kindes, und die ausgeſtreckten Finger beugen die Seiten nieder. Sterben nun nicht gleich alle Kin⸗ der davon, ſo werden doch viele Zeit Lebens unge— fund gemacht, und man ſchreibt die Urſache gemei« niglich ganz andern Zufaͤllen zu, als die es in der That ſind. Der dritte Artikel vom Herrn le Cat lehret ſeine Methode des Steinſchneidens bey Frauen, und be⸗ 9 Band. Ss ſchreibt 642 Auszug der neueſten ſchreibt ein Inſtrument, welches zugleich als Meſſer, als Catheter, und als ein Gorgeret gebrauchet wer⸗ den kann. , 108 fi Der Herr Prof. Hollmann in Göttingen uns terſuchet im vierten Artikel die Urſache der Veraͤn⸗ derungen des Barometers. Er widerleget gleich Anfangs die Meynung des Leibniz *, und trägt hierauf feine eigene vor. Dieſer zu Folge iſt es falſch, die Erhebung und das Sinken des Queckſil— bers dem Mangel, oder dem Ueberfluſſe von Duͤn— ſten zuzuſchreiben. Wenn die Luft einen Theil ihrer Schnellkrafſt und Schwere verliert, fo werden fie ſichtbar. Wenn man unter einem Reeipienten die Luft verduͤnnet, ſo ſinkt das Queckſilber im Baro⸗ meter, und zugleich wird ein Woͤlkchen ſichtbar, wel⸗ ches zwar die Verduͤnnung der Luft anzeiget, ſie aber keinesweges verurſachet. Woher koͤmmt ſie alſo wohl ſonſt? Ohne die Urſachen zu verwerfen, wel⸗ che von den ſchiefern, oder mehr ſenkrechten Son: nenſtralen, von der täglichen und jährlichen Bewe⸗ gung der Erde, den feuerſpeyenden Bergen, den Donnern, Winden, u. ſ. w. herruͤhren, glaubet Herr Hollmann, daß der Mond, welcher täglich zweymal den Luftkreis eben ſowohl, wie die Luft ev: hebt und ſinkend machet, durch dieſe Kraft einen Einfluß in das Barometer habe. - Ein Blig, der von einem heftigen Donnerſchla— ge begleitet wurde, fiel auf ein nach Neu-Nork ſegelndes Schiff, und machte die Seecompaſſe zu i fernerm * Siehe Hiſt. de P Acad. des Sc. 1711. S. 4. und De- ſaguliers Courſ. etc. 2. Th. 210. S. phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 643 fernerm Gebrauche untuͤchtig. Anfangs hatten ſich 1 beyden Pole mit einander verwechſelt, end⸗ aber verloren fie ihre Richtigkeit ganz und gar. der Knight, der einen davon unterſuchet hat, ſchreibt dieſe Wirkung groͤßtentheils den Naͤgeln zu, welche unten im Gehaͤuſe befindlich geweſen, und die der Blitz gewaltig magnetiſch gemacht hatte. Er glaubet auch, daß die ſchlechte Verfertigung der Na⸗ del, und ihre rautenfoͤrmige Figur zu dieſer Erſchei⸗ nung vieles beygetragen haben. Wäre fie eine ſchlechte Stange Stahl geweſen, ſo wuͤrde der Blitz nur die Pole verwechſelt haben, und man hatte ſich alſo ihrer nach wie vor bedienen konnen. Zweene, nicht ſowohl an ſich ſelbſt, als vielmehr wegen der Fabeln, ſo man davon zu erzaͤhlen pfleget, merkwuͤrdige Steine, machen den Inhalt des 6. Ar- tikels aus. Man hat fie dem Chevalier, Sans Sloane zu danken. Der erſte beißt der Schlan⸗ genſtein von Mombaza. Es iſt ein Bezoar vom Rhinoceros, der, wie alle andere thieriſche Stei⸗ ne, aus blaͤtterigten Lagen beſteht, die einen gemein: ſchaftlchen Mittelvunct haben. Man ſchreibt ihm eine Tugend zu, die ihn ungemein ſchaͤtzbar machen wuͤrde, naͤmlich das Gebaͤhren zu erleichtern. Man ſoll ihn, wie man ſaget, den gebaͤhrenden Frauen an die Beine oder Schenkel feſt machen, ihn aber ſogleich wieder wegnehmen, als das Kind zur Welt gebohren iſt. Der andere Stein, welcher Cobra de Capello genennet wird, wird bloß durch die Kunſt, und zwar aus den caleinirten Knochen eines Buͤffelochſens gemacht. Erſchlichene Tugenden ha— ben ihn auf einen außerordentlich hohen Preiß ge- Ss 2 ſetzet, 644 | Auszug der neueſten 4 ſetzet, indem er das Gift der Schlangenſtiche an ſich ziehen, und in der Milch wieder von ſich laſſen ſoll. Neben den Abbildungen dieſer beyden Steine findet man noch diejenige einer Muͤnze des Domitiani, worauf ein Rhinoceros mit zweyen Hoͤrnern zu ſehen iſt. Der Chevalier Sloane und der Doctor Mead haben beyde in ihren Cabinetten ein gedop⸗ peltes Horn eines dieſer Thiere, das ſie aus Africa erhalten haben. Ob das Thier, welchem ſie zuge⸗ hoͤren, von der gemeinen, oder einer beſondern Art des Rhinoceros iſt, iſt annoch zweifelhaft, inzwi⸗ ſchen iſt es doch hinlaͤnglich, dasjenige zu rechtferti⸗ gen, was Martial ſaget:“ Namque g grauem gemino cornu fic gl Vrum, Iactat vt impoſitas Taurus in aſtra pilas, Im folgenden Artikel beſchaͤfftiget ſich Herr par⸗ ſons mit dem beſondern Fiſche, der Rana piſcatrix heißt. Die Naturaliſten haben die beſondern Fa⸗ den hinlaͤnglich beſchrieben, welche auf dem Ruͤcken dieſes Thieres befeſtiget ſind, und ihm an ſtatt der Angeln dienen, die Fiſche wovon er ſich ernaͤhret, zum Munde zu fuͤhren: allein, ſie haben von zwee⸗ nen Arten von Saͤcken nichts erwähnet, die unter ſeinen Floßfedern ſitzen, und, nach der Meynung des Herrn Verfaſſers, zum Aufenthalte ſeiner Jun⸗ gen dienen moͤgen. Des Herrn Robins Aufſatz, von der Hoͤhe, auf welche die Raqueten ſteigen, iſt in dieſer Monats» ſchrift ganz uͤberſetzet worden.“. Der * Mart. Lib. de ſpect. N. 22. S des Hande Mag. 7 Band, 4 St. 5 Art U phyſkaliſhen Merkwuͤrdigkeiten. 645 Der 9. Artikel iſt aus der merkwuͤrdigen Reiſe des Dom Anton d' Ulloa nach America genom⸗ men. Man findet darinn die Beſchreibung einer Krankheit, die zu Cartagena die meiſten ange⸗ kommenen Fremden uͤberfaͤlt. Oefters fterben fie daran binnen drey oder vier Tagen, die aber davon kommen, bekommen ſie Zeit Lebens nicht wieder. Nur ſeit dem Jahre 1729 iſt dieſe Krankheit daſelbſt bekannt, und man nennet fie Prieto Vomito, oder das ſchwarze Erbrechen. Da die Hitze des Landes außerordentlich iſt, und die Leibesbeſchaffen⸗ heit der Einwohner ſehr veraͤndert, ſo glaubet dieſer gelehrte Spanier, daß dieſer Zufall in ihren Lei⸗ bern diejenigen Veraͤnderungen wirket, welche erfos dert werden, dergleichen Hitze ertragen zu koͤnnen. Herr de la Condamine beſtimmt im folgenden Stuͤcke die Declinationen einiger ſuͤdlichen Geſtirne, und lehret die Art und Weiſe, ſie zu finden. So wohl dieſer „als der Aufſatz des Herrn Mackensie, von der Ebbe und Fluth an den orcadifchen In⸗ ſeln *, und die Schrift des Herrn Dunthorn uͤber die beſchleunigte Bewegung des Mondes, ſind kei⸗ nes Auszuges faͤhig. Zwey ſonderbare Echiniten, die Herr Dacoſta beſchreibt, ſind in der Mitte eines Felſens auf der Jnſel Minorca gefunden worden. Der Seeigel Ss 3 iſt Er hat davon eine eigene Schrift heraus gegeben, woraus diefer Aufſatz genommen iſt, und welche den Titel fuͤhret: Orcades, or a Geographic and hydrographic ſurvey of che Orkney and Lewis Islands, u. ſ. w. by Murdoch Mackenzie. . 646 Auszug der neueſten 6399 iſt unſtreitig die Form, worauf ſich dieſe Steine ge⸗ bildet haben, und da ſo wohl die Erhabenheiten als Vertiefungen uͤberein treffen; ſo muß ſich die Schne⸗ cke anfänglich in einem ſandigten Erdreiche befunden haben, worinn fie ſich zuerſt abgedruckt hat. Als ſie ſich nachher verzehret hat, wie dieſes in einem lockern Erdreiche, wo Waſſer, Duͤnſte, und mine⸗ raliſche Dämpfe einen freyen Zugang haben, or— dentlicher Weiſe geſchieht; fo iſt die Hoͤhle nachher von einer ſteinigten Materie angefuͤllet worden, die eben dieſelbe Forme angenommen. Herr Watſon hat in den Ruinen eines der er⸗ ſten botaniſchen Gärten, fo jemals in England an⸗ geleget worden, und ſeit einem Jahrhunderte ders geſtalt vernachlaͤßiget worden iſt, daß faſt lauter Hecken daſelbſt wachſen, einige rare Pflanzen gefun⸗ den, die das Clima ſo gewohnt worden ſind, daß ſie ſich in den Wintern von 1729 und 1740 beſſer ge | halten, als die neuern, die empfindlicher und zart licher ſind. sus zwo ſehr ſonderbaren Beobachtungen des Herrn von Haller erhellet, daß ſich die kleinſten Gefäße des menſchlichen Körpers zuweilen außeror⸗ dentlich erweitern, und die groͤßeſten verſchließen koͤnnen, daß die Schlagaderhaͤute wegen ihres Pul⸗ ſes knochigt werden, und das Blut in ihren Uneben⸗ heiten eine kreidenhafte und ſteinigte Materie anſetze. Die beſondern Glastropfen, Larmes de Hollande, haben ſchon verſchiedene Meynungen veranlaſſet, wor⸗ unter des Herrn le Cat ſeine, die im 16 Artikel vor⸗ kommt, folgende iſt. Die Materie des Feuers, welche in einer runden Woͤlbung, die das kalte Waſſer phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 647 Waſſer verhaͤrtet hat, eingeſchloſſen iſt, verhindert die innern Theile des Glaſes, ſich mit einander ges nau zu vereinigen. Sie dringt durch die kleinſte Oeffnung heraus, zerbricht mit Ungeſtuͤm ihr vori— ges Behaͤltniß, und macht die nicht zuſammen haͤn— genden Theilgen zu einem duͤnnen Staube. Herr le Cat wendet denſelben Gedanken auf die Erſchei— nungen mit dem Stahle und den Gaͤhrungen an. Nachdem Herr Boſe zuerſt bemerket hat, daß die glaͤſernen Gefaͤße, welche in chymiſchen Ope— rationen die heftigſte Hitze ausgehalten, am meiſten elektriſch ſind, ſo hat er verlangt, ſeiner Entdeckung einen Platz in den Transactionen einzuraͤumen, und ſie befindet ſich als ein Anhang bey dieſer Nummer. III. Nachricht vom Inhalte der 40zſten Numer der Philoſophicaltransactionen. Des Secretairs der koͤn. Soc. Herrn Daval Beobachtung eines außerordentlichen Regenbogens iſt das erſte Stück dieſer Nummer. Die Bogen der andern Art zeigten ſich allhier auf das lebhafte: ſte *, weil entweder die Regentropfen nahe bey dem Auge des Zuſchauers nieder fielen, oder weil die Luft eine beſondere Beſchaffenheit hatte. Die Er⸗ ſcheinung daurete 8 Minuten. Im 2. Art. beſchreibt Herr Arderon die Ueber bleibſel eines Feldlagers der Roͤmer, die nahe bey | 9 Ss 4 dem * Man fehe die erſten Beobachtungen, nebſt der Er⸗ klarung dieſer Farben der andern Art, in den Phi- loſophicaltransactionen, Num. 375. Art. 4 u. 5. 648 Auzug der neueſten dem Dorfe Caſtor, vier Meilen von Norwich zu ſehen ſind. Dieſes Feldlager hat die Figur eines laͤnglichten Vierecks; und da die Seiten deſſelben von der Richtung der Hauptgegenden um 10 Grad abweichen, ſo fragt Herr Arderon, ob ſich auch bey andern roͤmiſchen Feldlagern dergleichen Abwei⸗ chung beobachten laſſe, als in welchem Falle er muthmaßen wuͤrde, daß ſich der Meridianus ſelbſt veraͤndert hätte. Wer hiervon ein Urtheil zu fällen im Stande iſt, wird leicht einſehen, wie wenig Grund dieſe Vermuthung habe. Der 3. Artikel, und zugleich der 16. in der 494. Nummer, allwo wir ihn nicht wieder berühren wer— den, iſt von großer Erheblichkeit. Herr Wetſtein liefert darinn einen Auszug aus zweenen Briefen, die er von einem Manne erhalten hat, deſſen geringſte Zweifel ſchaͤtzbar find, und der durch feine bloßen Meynungen neue Entdeckungen veranlaſſet. Herr Euler vermuthet, daß ſich die Bewegung der Erde beſchleunige, und daß fie, an ſtatt ſich in einer wieder in ſich ſelbſt zuruͤck laufenden Linie um die Sonne herum zu bewegen, ſich ihr nach und nach in einer Spirallinie naͤhere. Der Grund hiervon iſt natuͤrlich. So ſubtil und duͤnne auch immer das fließige Weſen ſeyn mag, welches die Erde alle Au⸗ genblicke aus der Stelle treibt, ja, wenn es ſelbſt bloß die Materie des Lichtes waͤre; ſo widerſteht ſie doch jederzeit ein wenig. Die anziehende Kraft uͤbertrifft die Centrifugalkraft; die Laufbahn wird kleiner, und die Zeit des Umlaufes kuͤrzer. Die Erde hat nicht allein einen kleinern Raufh zu Durch. laufen, ſondern ihre Geſchwindigkeit wird auch ver⸗ | | mehret, pPhyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 619 mehret, weil Jupiter auf fie wirket und ihre Be⸗ wegung beſchleuniget. Sie wird alſo mit der Zeit die Oerter der Venus und des Mercurs einneh« men; und da wird fie ihren Untergang finden. Wie: derum, wenn ſie beſtaͤndig vorhanden geweſen wäre, ſo muͤßte eine Zeit geweſen ſeyn, da ſie ſich an der Stelle des Saturnus befunden haͤtte, und unge⸗ ſchickt geweſen waͤre, irgend eine uns bekannte leben⸗ dige Creatur zu erhalten. Noch mehr. Wenn ſie ſonſt dieſem oder jenem Fixſterne näher als der Sonne geweſen waͤre; wie haͤtte ſie wohl jemals in den Wirkungskreis der letztern kommen koͤnnen? Dieſes iſt alſo ein phyſikaliſcher Beweis, daß die Erde einen Anfang gehabt haben muß *, und daß ſie ein Ende haben wird, und es fehlet nur bloß an Beobachtungen, um zu wiſſen, um wie viel fie ſſich alle Jahre der Zeit ihres Unter ganges naͤhret. Hier: a TE ae * Vermuthlich hatte der D. Halley dieſelbe Abſicht, als er verlangte, daß man die Menge vom Salze beobachten ſollte, welches das Meer und die andern Seen nach Verfließung einer gewiſſen Zeit hinzu bekommen. S. Phil. Trans. Num. 344. Art. 5. Dieſes Mittel, welches nach der Meynung dieſes Naturforſchers den Urſprung der Dinge ſehr weit hinaus geſetzet haben wuͤrde, war ſehr hypothetiſch, um etwas daraus zu ſchließen. Iſt es denn aus⸗ gemacht, daß das Meer von der Schoͤpfung an nicht ſalzig geweſen, oder wie ſalzig war es da⸗ mals? Geben die Salzminern davon immer eine gleiche Menge? Und wenn das Meerwaſſer bey⸗ nahe ſchon fo viel Salz in ſich enthalt, als ſich dDarinn auflöfen kann, wird es dann noch in glei⸗ chen Zeiten gleiche Menge deſſelben in ſich hinein nehmen? | 650 Auszug der neueſten zu kann man ſich der ptolemaͤiſchen Beobachtun⸗ gen nicht bedienen, weil die Ordnung der Schalt⸗ jahre im julianiſchen Calender oft unterbrochen worden iſt. Der Araber ihre wuͤrden nuͤtzlicher ſeyn, weil ihre Calender ſeit 12 Jahrhunderten ein⸗ foͤrmig geblieben iſt. Herr Euler wuͤnſchet zugleich mit dem Herrn le Monnier, daß die Handſchrift des Sternſehers Iba-Junis bekannt gemacht wer⸗ den möchte, welche Goblius der Leidenſchen Uni⸗ verſitaͤt überlaffen hat. Doch da ſich unfere Jahre verkuͤrzen, wird es auch wohl mit unſern Tagen eben dieſelbe Beſchaffenheit haben? Herr Euler glaubet dieſes. Jupiter bringt, ſeiner Meynung nach, ſowohl die eine als die andere Wirkung here vor, und ſeine Beſchleunigung der jaͤhrlichen Be⸗ wegung iſt ſo groß, daß wenn er die taͤgliche nicht gleichfoͤrmig beſchleunigte, man dieſes gar bald wuͤr⸗ de gewahr werden muͤſſen. Allein wenn die Tage kuͤrzer find, fo wird ein Jahr, das in der That Fürs zer iſt, die gleiche Anzahl von Tagen behalten. Eine uns gewoͤhnliche Art der Zeitmeſſung wird alſo dadurch zweifelhaft gemacht, und die mit den Pen⸗ deluhren iſt uns nicht weniger unnuͤz. Die Alten hatten keine, und wenn ſie ſie auch gehabt haͤtten, ſo wäre noch die Frage, ob die Oſcillationen beſtaͤndig einerley geweſen waͤren, und ob ſich die Schwere nicht veraͤndert hat? Es iſt alſo moͤglich, ja es iſt wahrſcheinlich, daß ſich unſere Jahre, Tage, Stun⸗ den und Augenblicke verkuͤrzen, ohne daß wir ein Mittel haͤtten, es gewahr zu werden. Wie neu und praͤchtig iſt dieſe Vorſtellung! Sie 1 die ö in⸗ phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 651 Einbildungskraft aus, ſie beſtaͤtiget das Zeugniß der Schrift vom Urſprunge und Untergange aller Dinge. Inzwiſchen iſt ein Zweifel übrig, den ges naue Beobachtungen leicht wuͤrden heben koͤnnen. Wenn itzo der jährliche Umlauf betraͤchlich kuͤrzer iſt, als vor 3000 Jahren, fo müßten die Menſchen ent⸗ weder wirklich eine groͤßere Anzahl von Jahren durchleben, oder ſie muͤßten nicht mehr ſo alt werden, als damals. Beſtaͤtiget die Geſchichte den erſten, oder die Natur den letzten Satz? Im 4. Artikel wird von dem Einfluſſe gehandelt, den allzu nahe beyſammen ſeyende Blumen und Fruͤchte in einander haben. Herr Coocke beweiſt, daß es im menſchlichen Geſchlechte Erſcheinungen von eben der Art gebe. Z. E. Da ein Bootsknecht, der aus America mit der Gelbſucht behaftet, zuruͤck kam, „ieſelbe einem Kinde er wovon ihn feine Frau zum Vater machte. Sie ſelbſt blieb da⸗ von befreyet, aber bey einer zweyten Schwanger: ſchaft, und noch ehe der Mann voͤllig wieder herge— ſtellet war, hatte ſie die Zufaͤlle dieſer Krankheit, das Kind aber ward ohne alle Kennzeichen derſelben gebohren. Die Uebereinſtimmung zweener Barometer, de ren eines zu London, das andere in einem Dorfe, Tooting genannt, befindlich geweſen, macht den Inhalt des 5. Artikels. Herr Stuckeley giebt im 6. Artikel die Beſchreibung eines Bas relif vom Mithras, ſo zu Nork unter der Erde gefunden worden. Man ſieht daſelbſt den Michras den ö Dienſt 652 Auszug der neueſten Dienſt eines Archimagi verwalten, in perſiſcher Kleidung und phrygiſchem Hauptſchmucke. Der Stier, den er opfert, bedeutet das Fruͤhlingsaͤqui⸗ noctium. Von zweenen Beyſtehern, die man ge⸗ meiniglich neben ihm findet, und die, der eine auf⸗ recht, der andere nieder gebuͤckt, Fackeln halten, iſt hier nur der letzte zu ſehen. Dieſe Figuren ſtel⸗ len die Folge der Tage und Naͤchte vor. Unten ſieht man ein Pferd, das den Lauf der Sonne andeutet, und neben ihm ein Frauenbild mit einer Schlange umgeben, welches den Urſprung des Lebens anzeiget, der dieſem Geſtirne zugeſchrieben wurde. Dieſer Gottheit haben in der That die Goͤtzendiener den patriarchaliſchen Gottesdienſt zugewendet, wovon fie noch, wie Herr Stuckeley berichtet, die zween Glaubensartikel des chriſtlichen Glaubens, die Tau⸗ fe und das Brodtbrechen beybehalten haben. Im 8. und 9. Artikel erzaͤhlen Herr Mortimer und Watſon die Geſchichte von Kindern, die in Mutterleibe die Blattern bekommen haben. Dieſe Artikel ſind in gegenwaͤrtiger Schrift ſchon ganz ein⸗ gerückt worden “. Verſchiedene Beobachtungen, aus der ſonderba⸗ ren Abhandlung des rußiſchen Feldarztes, Herrn Mounſey, von den Bibern, den boͤhmiſchen Mi⸗ nern, den carlſtaͤdtiſchen Baͤdern, und den cracaui⸗ ſchen Salzwerken, machen den folgenden Artikel aus, und von allen koͤnnen wir nur einige Beſonderheiten 5 der * S. des Hamb. Mag. 7 B. 4 St. 6 und 7 Art. * 1 piofitafihen Merkwürdigkeiten. 65 der letzten beruͤhren. Das Bergwerk iſt in drey an te getheilet, deren jeder 900 Fuß tief iſt. Das 5 iſt darinn deſto reiner, je tiefer es unter der er e e gefunden wird. Die Arbeiter, die die Salz⸗ ſtuͤcken mit dem Hammer abſchlagen „ hoͤhlen ſich ordentliche Gewoͤlbe aus, die auf Salzſaͤulen, ſo ſie ſtehen laſſen, oder auf Pfeilern von Zimmerholze, ruhen. Man ſieht daſelbſt auch Capellen, mit Saͤu— len, Altaͤren, Statuen, u. ſ. w. von ſchimmerndem Salze „gezieret. Die in dieſen Gängen eingeſchloſ⸗ ſene Luft iſt zuweilen mit Duͤnſten erfüllee, die ſich entzuͤnden, wenn man ein Licht hinein bringt. Eine Quelle ſuͤßes Waſſer, die mitten zwiſchen dieſen Salzadern hervor quillt, dienet den Arbeitern zur Erfriſchung, die ſich, wie man ſaget, daſelbſt bey guter Geſundheit befinden, und ein hohes Alter erreichen. Man hat auch mitten in der Salzminer einen mit Salz ganz uͤberzogenen Baum gefunden, wovon Herr Mounſey feinem Freunde, dem Herrn Baker ein Stuͤck zugeſendet hat. | Das Telefcopium des Herrn Short, welches im 11 Artikel beſchrieben wird, vereiniget, durch eine ſinnreiche Verbindung vieler Cirkel, die Vortheile verſchiedener aſtronomiſcher Inſtrumente in einem. Die Beobachtungen der Mondfinſterniß vom 12 December 1749 A. St. fo zu London, und zu⸗ gleich in der Provinz Huntingdon angeſtellet worden ſind, laſſen ſich eben ſo wenig, als eine am 15 Schlember 1749 abends gegen 5 Uhr in Rutland 654 Auszug der neueſten | Rutland bemerkte Waſſerhoſe ausführlich beſchrei⸗ ben. Eine Art von Rauch mit Strahlen oder Blitzen vermiſchet, worauf ein erſchreckliches Ge⸗ toͤſe folgte, gieng vor dieſer letzten Lufterſcheinung vorher. Indem der Rauch von dem Berge, wo er entſtanden war, wegjog, fo, führte er Waſſer aus einem Fluſſe mit ſich fort, und zerbrach vers ſchiedene Baͤume, indem er andere umſtuͤrzte, oder mit fortriß. Herr Barker ſahe dieſe, einer ſchwarzen Wolke aͤhnliche Saͤule, ſich mit einer wirbelhaften Bewegung nähern, und einen umge kehrten Kegel mit ſich fuͤhren, der wahrſcheinlicher Weiſe, aus demjenigen Waſſer beſtund, das ſie an ſich gezogen hatte. Man hat weder den Verfolg noch das Ende dieſer Lufterſcheinung beobachtet. Das, was man Spar nennet, iſt nichts anders, als eine Gattung verſchiedener, mehr oder weniger durchſichtiger oder harter Cryſtallen, nachdem die Materie, welche ſie bildet, mehr oder weniger rein iſt. Dieſe Materie iſt vielleicht der deim, der zur Bildung aller Steine dienet. Sie iſt anfangs flief ſig geweſen, wenigſtens hat ſie ſich in einer fließigen Materie aufgehalten, die endlich, nachdem fie ver— flogen, den cryſtalliſchen Theilchen Platz gemacht, ſich unter einander zu vereinigen, da ſie denn eine Maſſe formiren, die bald die Form desjenigen Raumes, den ſie zuvor erfuͤllet hat, bald ſechseckig⸗ ter Pyramiden vorſtellet, oder andere Sachen über: zieht. Die ſechseckigte Figur iſt die Wirkung 1 5 5 2 pe⸗ phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 655 ſalpetrigen Salzes. So vermuthet es wenigſtens der Verfaſſer dieſes Artikels, Herr Borlace, mit dem Linnaus und Gronov. Die Größe der Cryſtallen iſt ſehr ungleich, und ihre Farbe verän- derlich. Endlich fo nehmen fie auch allerley Rich⸗ tungen, und nachdem die Grundfläche entweder aus⸗ gehoͤlet oder erhaben iſt, ſo neigen ſich die Spitzen auch entweder gegen einander, oder divergiren. Im 15. Artikel wird von einer derer Weſpen ge⸗ , die Ichnevmon heißen, und welche der Herr von Reaumuͤr ſo ſchoͤn beſchrieben hat *. Dieſe, wovon hier gehandelt wird, iſt aus Denfpl- vanien, und ganz ſchwarz. Sie verſteckt jedwedes ihrer Eyer in ein Loch, das ſie in die Erde graͤbt, und damit das fleiſchfreſſende Inſekt von ſeiner Ge. burt an keinen Mangel an Nahrung haben möge, ſo begraͤbt die Mutter bey das Ey zugleich ein Paar oder drey Heuſchrecken, die ſie dergeſtalt zu verletzen und zu befeſtigen weiß, daß ſie zwar nicht entrinnen koͤnnen, aber doch gleichwohl beym Leben bleiben. Die zwey letzten Stuͤcke dieſer Nummer enthal— ten die Bedeckungen der Jupiterstrabanten von 1751, und eine Lobrede der eee der Witwe Sener. N IV. Ana⸗ * Mem. fir les Inſectes. Mem. $. 655 Auszug der neueſten IV. Anatomiſche Bemerkung des Herrn Caſtel . Herr Caſtel oͤffnete den Koͤrper einer Frau von 25 oder 30 Jahren, die an einer allgemeinen Waſ⸗ ſerſucht geftorben war. Auf dem rechten Eyerſtocke ſaß eine, an Geſtalt und Größe, wie ein Huͤhneren, und ſehr harte Geſchwulſt, die in eine Haut, ſo ein Fortſatz des Peritonaͤum zu ſeyn ſchien, eingeſchloſ— ſen war. Dieſe Geſchwulſt ſaß nicht anders auf dem Eyerſtocke, als wenn es eines ſeiner Blaͤsgen waͤre, das ſich dergeſtalt ausgedehnet haͤtte. Bey Eroͤffnung derſelben kam ein großes Pack Haare zum Vorſchein, fo lang, wie fie neugebohrne Kin- der zu haben pflegen, woran man aber nicht, wie an andern Haaren, eine Spur einer Wurzel unter⸗ ſcheiden konnte, wodurch fie etwa die Nahrung em⸗ pfangen haͤtten: ſondern ſie waren vermittelſt einer zaͤhen, weißlichen, ſtarkriechenden Materie, die wie ein dicker Brey war, unter einander verbunden. Andere aͤhnliche Beobachtungen brachten den Herrn Caſtel auf die Vermuthung, daß vielleicht Ueber⸗ reſte eines empfangenen Kindes bey dieſen Haaren moͤchten angetroffen werden; da er aber nichts fand, fo unterſuchte er den Sack, der die Geſchwulſt um⸗ gab, * Der Titel dieſes Aufſatzes, welcher im Journ. des ſcav. Janv. 1752. S. 23. ſteht, heißt: Obſerva- tion d' Anatomie, communiquèe à ’ Academ. des belles lettres etc. de Bordeaux, le mois, de Juillet dernier, par Mr. Caſtel, Bibliothecaire de cette Acadenue: adreſſee à M. M. les Auteurs du Journ. des fcav. N \ phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 657 gab, genauer, und bemerkte, daß er vermittelſt eis nes Sinus mit dem Eyerſtocke zuſammen hieng, an deſſen Grunde ſich eine knorplichte Eroͤffnung von ungefaͤhr einer halben Linie im Durchmeſſer befand, welche das Ende eines kleinen gewundenen Canals war, der zu einer andern Geſchwulſt, von der Groͤße einer großen Kirſche, fuͤhrte, die eben ſo eingeſchloſ⸗ fen war, und um welche fich der kleine Canal herum ſchlung. Bey Eröffnung derſelben ward von der Seite ein ſchwammigter Koͤrper durchſchnitten, der unmittelbar unter der Haut lag, in der Mitte aber war eine Höhle, worinn ein gelblichter, durchfichtia ger, oͤligter Saft war, der dem Geruche des vor- hergehenden aͤhnlich, aber nicht ſo ſtark roch. In dem ſchwammigten Koͤrper war ein Blutgefaͤße deut⸗ lich zu ſehen, imgleichen ein Gewaͤchs von andern Gefäßen, die voll ympha waren, und die ganze Menge der Druͤſen. Es war nicht zu zweifeln, daß nicht hier der Urſprung von allem uͤbrigen ſollte zu ſuchen ſeyn; hier war das Abſcheidungsgefaͤße des⸗ jenigen Saftes, der in der Mitte dieſer druͤſichten Geſchwulſt zu finden, und durch den gedachten Ca⸗ nal in die große Beule gedrungen war, wo er den mit Haaren vermiſchten klebrichten Saft hervor ge⸗ bracht hatte. Herr Caſtel bedienet ſich dieſer Be⸗ obachtung, die neuere Meynung des Herrn von Buͤffon von der Erzeugung zu unterſuchen, in wels che Unterſuchung wir uns aber nicht einlaſſen wollen. Noch ein Umſtand bey dieſer Beobachtung war die⸗ fer, daß in dem linken Winkel der Gebährmurter eine Erhöhung von der Größe einer Muſquetenkugel gefunden wurde, die mit der Subſtanz der Mutter 9 Band. Dt feſt 658 Ausz. der neueſten phyſtkal. Merkw. feft zuſammen hieng, auch durch und durch dieſel⸗ bige Structur hatte, und alſo nichts anders, als ein bloßer Auswuchs war. Ob es gleich noch zu früh zu ſeyn ſcheint, aus dergleichen Beobachtungen in der Lehre von der Erzeugung ein größeres Licht zu geben; fo bleibt es doch immer nuͤtzlich, fie zu ſamm⸗ len, bis endlich vielleicht derjenige noch erſt geboh⸗ ren wird, der durch eine glückliche 1 haltung derſelben, die 1 her; a aus bringt. Inhalt des ſechſten Stückes im neunten Bande. I. Faupel, von der Miſchung der mannsfeldiſchen Ku⸗ pferſchiefer, deren Bearbeitung und Be | 503 II. Von Bergen, Beſchreibung einer Getreide⸗ - Wange 582 III. J. G. Krügers Schreiben an Hrn. Prof. Käftnern von unverweslichen Körpern 586 IV. von Bergen, Beſchreibung eines Gefaͤßes, ae. ” bloßen Waſſer wachſend zu machen V. Anmerkung uͤber die Wurzeln der Pflanzen, und h. re Analogie mit den Inſekten 597 VI. D. J. A. Unzers beſtätigte Beobachtungen von der lindernden Kraft des goldgelben Schwefels des Spießglaſes der letzten Praͤcipitation 09 VII. M. E. F. Schmerſahls Nachricht von dem alten kitterbürkigen Geſchlechte der Herren von der Der cken im Kedingiſchen 619 VIII. Auszug der ncueſten phyſikaliſchen Merfminbig- 39 feiten Regiſter E Wess 8 EEE BR eee er 2 4 0 5 5 Negiſter Kr ber vornehmſten Sachen. A. | gfen mittel des Sutorius, deſſen Zubereitung S. 491 Agaricur, ſiehe Baumſchwaͤmme. Alicantenwein, wie er nachgemacht wird 23.24 Anus fiſtel, Mittel Dafür 488 Armbruch, ; außerordentlicher Vorfall bey einem 4600 ff. Arſenik, machet die Metalle ſpröde, und vermehret ihre Schwere | 567 Arſenikleber, deren Zubereitung 22 Arztneykunſt, verſchiedene dazu gehörige Anmer⸗ kungen 309 Aſthma, Gedanken uͤber dieſe Krank heit 634 Atlas, Nachricht von dem ſchleſiſchen 200 Auge, von deſſen Aehnlichkeit mit einem verfinſter⸗ ten Zimmer 29 ff. en des Kamphers, ſichtbare 203. 204 5 8. ee „Unterſuchung verſchiedener Veraͤnde— rungen daran 642 Baͤume an Teichen gepflanzet taugen nichts 147 1 * Baumſchwaͤmme, (Agarici) Nutzen der 2 Tt 7 fichti» * Kegifter 5 ſichti gen Koͤrpergen in denſelben 470. ſonder⸗ bare Art, wie fie ſich befruchten 472. 476 Beatification, ſiehe Elektricitaͤt. Beinbruch aus der Mark, verſchiedene Ghmiſche Verſuche damit 410 ff. was man bekommt, wenn man ihn in verſchloſſenen Gefaͤßen einem offenen Feuer ausſetzet 418. 419. Neumanns Verſuche damit 419.420, woraus er eigentlich beſteht 421 Belemniten, deren Urſprung iſt noch ſtreitig 433 Beobachtungen, aſtronomiſche, des Herrn de la Lande, welche er in Berlin gemacht 404. 405 Bergwerke ſind koſtbar 295. Berechnung der Puch -und Huͤttenkoſten zu Straßberg 294 ff. die Geheimniſſe dabey ſind dem gemeinen Weſen ſchaͤdlich 299 Bewegung des Leibes, deren Nußen 483 Bianchi, Ungrund feiner vorgegebenen ſonderba⸗ ren elektriſchen Verſuche 515. 516. 519 Bienen, von ihrer Art und Weiſe, das Wachs und das Honig zu ſammlen 49 ff. 365. Beſchaffen⸗ heit ihrer Augen 59. warum ſie ihre Faͤcher ſechs⸗ eckicht machen 59. 366. wie ſie das Mehl der Blumen ſammlen 60. andere curieufe Bemer⸗ 1 kungen von Bienen 61.367. wie man ihnen das Honig am bequemſten nehmen koͤnne 64 Biſam, mediciniſcher Nutzen deſſelben 334 Blitz, ob derſelbe von unten auf in die Höhe fahsen konne 302. 361 Blumen, was das Mehl auf der Oberflaͤch e derfel. ben ſey 53.56 Braake, Grundbraake, was man ſo nennet 168* Brand # der vornehmſten Sachen. | Brend in den Thieren und dem Korne, woher er — 440. 441. woher der trockene Brand ent⸗ 446 Biauroeſen, deſſen nk, 468 Breite, wie ſelbige ohne aſtronomiſche Beobach⸗ kungen zu finden 498 | Ex: Callus bey einem Armbruche will nicht hart wer⸗ den 407. Urſache davon 409 Campher, ſiehe Kampher. e und Coma vigil, werden oft fuͤr einerley Krankheit gehalten 638 chm, wie deren Wirkung zu vermehren und zu verbeſſern 542 | Cieronen, deren Nutzen auf Schiffen 329 | Clettenberg, Nachricht von dieſer Herrſchaft 341 Cobra de Capella, eine Art nachgekuͤnſtelten Steines 643 Cometen, Nachricht von einer Tafel von achtzehn Eometen A 639 4 ’ D. | Decken, von der, Nachricht von dieſem alten ade⸗ lichen Geſchlechte | 610 ff. Denſo (Joh. Dan.) Nachricht von deſſelben neuen | Monatsſchrift 55 Duͤcker, was man ſo nennet Dunſer Waſſer ; 1 8 von denſelben f Ebbe und Fluth, deren Naehe e auf elektri⸗ ſirtem Waſſer 109 Einbildung e, En) deren Wirfung t 3 | auf Reaiftern auf ihre Kinder, merkwuͤrdiges Boie 195 Eiſen, bey deſſen Schmelzung beobachtet man ein s er N Elektricitaͤt, der Verſuch, die Geruchtheilchen din verſchloſſene Glaͤſer, vermittelſt derſelben zu brin⸗ gen, mislingt vielen 423. imgleichen die Bea⸗ tification des Hrn. Prof. Boſens 425. worinn diefelbe eigentlich beſteht 430. neue elektriſche Verſuche 109.359 ff. man will dadurch Krankhei⸗ ten geheilet haben 508.526. die genau deswegen angeſtellten Ver ſuche mislingen 515. auch die, wo man gewiſſe Perſonen hat purgiren wollen 518. 528 imgleichen den Geruch durch verſchloſſene Glaͤſer fortzupflanzen 519. 524. 526. 531 Entfaͤrbung des rothen Weins, ſiehe Mein. Erde, Bemuͤhungen, die Krümmung derſelben auszumachen 369 ff. 375. ob ſie ihre Wee beſchleunige 648 Eßig, deſſen Nutzen auf Schiffen 329. 490. die⸗ net armen Leuten ſtatt der Citronen 489. iſt gut wider den Biß giftiger Thiere 490. deſſen Wir⸗ kung mit ungekochtem Meerrettige 492 S. Faͤrberroͤthe, Wirkungen derſelben in thieriſchen Koͤrpern 331. Feuer, fo aus grobem Sande hervor ſteigt 70 Fieber, Betrachtung uͤber diejenigen, welche in Hof: pitälern und Gefaͤngniſſen gemein find 545554 + Gallenblaſe, wird in einer Frau nicht gefunden 641 Be GBelbe⸗ der vornehmften Sachen. Gelbeſucht, beſondere Anmerkungen davon 651 seficht, wie die Menſchen beym Sehen ſchlüſſen 3.44. warum wir eine Sache nicht doppelt ſe⸗ en 35. wie wir die Sachen ſehen 45. 47 PR: aus dem Munde, was er anzeige 311 Geſundbrunnenwaſſer, verſchiedene Anmerfun« gen davon 554 ff. Getreidewaage, Nachricht davon 382 Gewicht, wie weit das Kramergewichte vom Apo⸗ thekergewichte unterſchieden 584. wie viel ein Menſch ordentlich wiegt 608 Gewitter, Nachricht von einem beſondern zu 85 gendorf 00 er Durchgang der Geruchftäubgen durch Bere Be wird durch die Eleftricität zuwege ges 109 Gluͤckſtadt, große Waſſerfluth in daſiger Gegend 145 ff. 270 ff. Goldmacherey, Bedenken und Anmerkungen dar⸗ uͤber 181.199 Guͤldene Ader, blinde, oder Maſtkoͤrner, Mittel darwider 486 65. Haare, ein großes Pack, welches man in einer Ge ſchwulſt in dem Leibe einer Frau gefunden 656 Selefeldt, ein ſehr kuͤnſtlicher Poſamentierer in Berlin, deſſen Erfindungen 28 gerculaneum „ geſammlete Nachrichten von dieſer Stadt 205 Siacynthenzwiebeln, was mit denſelben verſuchet worden 599 Tt 4 Bohn, Regiſter Hohnſtein, ehemaliger Zuſtand dieſer Grefchaf, unter zween durchlauchti gſten Herzogen von Braunſchweig 339 - 359. Münzen‘ die daſelbſt geſchlagen worden | 302 ff. Hollunderblaͤtter, deren Nutzen 485 57 Honig, wie es die Bienen ſammlen 52 Honigthau, was derſelbe iſt 57 Hypochondriſche Zufaͤlle, Betrachtung üßer dies ſelben 482. Mittel dafuͤ rn 484 IJ. J. F. I. P. Urtheil über deſſen Abhandlung von den mannsfeldiſchen Kupferſchiefern 569 ff. Ichnepmon, eine beſondere Art Weſpen 655 Inpraegnatio auripigmenti, deren Verfertigung 22 Infuſtonen der Pflanzen, Betrachtung uͤber dieſel⸗ ben 437. 438. Inſekten, Anmerkungen uͤber die Luftroͤhren der⸗ ſelben 25 imgleichen uͤber den Umlauf des Ge⸗ bluͤtes bey denſelbten— | 60 Intonacatorcs, was man fo zu nennen pflegt Eis Italiener, verwechſeln die Namen oͤfters 68 K. Raiferlicher Schnitt, Sachen die dazu nöthig ſind 6. 7. er wird an einer Frau gethan 11. wie die Wunde geheilet worden 15 Kaͤlte, außerordentliche, verurſachet Melancholie 93 Kammſtuͤrzung, was man fo nennee 168“ 2; Nachricht von ſichtbar erſchienenen Theilen der vornehmſten Sachen. Ar Theilen der Ausdünſtungen deſſelben 203. ander⸗ weitiger Nutzen deſſelben | 489 Rinder, was fie fuͤr Schaden davon haben, wenn * man fi auf bie ‚Hände ſebet je und fie in der Luft tanzen laͤßt „ „6K Nite. eine kleine eichene, wird in einer alten Abtey x ‚gefunden 432. Merkwürdigkeiten an derselben 432. 433 Anigbeiß cher Bunſtgriff, worinnen er beſteht 500 Nolke, was man ſo nennet 168 KRornwaage, das Korn oder Getreide damit zu wie⸗ gen 582 Körper, unverwesliche, Nachricht von einigen 586. ff. Rörperchen, durchſichtige des Michelius in den blaͤttrichten Schwaͤmmen, deren Nutzen 4705480 Krankheiten, die Lehre von den unordentlichen Bewegungen bey denſelben iſt noch itzo ſehr ver— worren und unbeſtimmt 314. was Aretaͤus durch die hitzige Krankheit der Hohlader verſtehe 631. Betrachtungen über das Alſhma pulmonale 634. die Cardialgiam eder das Magenweh 635. die Catalepſis 636 | Rrankheiten „epidemiſche auf der Inſel Minorca | 5 Kräͤuterthee des Paracelfi Kreſſe, wie ſolche in bloßem Waſſer weh 1 machen 594 Kupferſchiefer, Nachricht von den mannsſeldiſchen, deren Bearbeitung und Aus bringen 563 ff. was ſie eigentlich enthalten „ des J. F. I. f | Ab: Regiſter Abhandlung von denſelben 569 ff. was man das Zubrennen der Schiefer nennet 573 Laͤnge, wie ſelbige vermittelſt der Neigungsnadel zu finden 409 Licht, Nachricht von einem beſondern auf dem Glo⸗ ckenthurme der Kirche zu Plauzat in 1 359. f. Lilien, weiße, beſondere Anmerkung uͤber 1 Lohra, dieſe Herrſchaft war ehemals eine Ga. chaft 340 Luft, Anmerkungen uͤber die, welche aus der Lunge heraus geht 684. was das heiße, wenn man ſa⸗ get: die Luft verlieret ihre Schnellkraft 606“ M. | Magenweh, Cardialgia, Gedanken davon 635 Wanna, wie es zu Benevent zuwege gebracht wird 68. imgleichen wie es unweit Neapel geſammlet DER, 71 f. Maſtkoͤrner, ſiehe goldene Ader. Mechaniſche neue Erfindungen, Nachricht von ei⸗ nigen 217 Mediciniſche Beobachtungen, des Herrn D. Unzers 481 ff. imgleichen des Herrn D. Mead 542 ff. Meerrettig, ungefochter mit Eßig zubereitet, deſſen Wirkung 492. 493 Mehl auf den Blumen, deſſen Nutzen 54. 55 Melancholie, kann durch Kälte verurſachet wer⸗ den 93 Menſch, wie viel einer ordentlich wiegt 608 Mercu- der vornehmſten Sachen. Mercurius duleis , deſſen Nutzen 15855 Vohrlaͤnder, ſonderbare Beschaffenheit berſehen 281. indem ſie ſich zuweilen erheben und mit gan⸗ zen Haͤuſern fortſchwimmen 281, 282 Mombaza, (Schlangenſtein,) Nachricht davon 643 Monatſchrift, Nachricht von einer neuen, ge 10 Berlin herauskoͤmmt Mond, Bemuͤhungen deſſiben Parallaxe zu 80 ſtimmen 369 ff. More, deſſen Schreiben von feiner Reiſe 1 5 Italien Moſchus, mediciniſcher Nutzen deſſelben 5 Muſik, deren Kraft in Heilung der Krankheiten 87: | 10g. Unterſchied zwiſchen der alten und neuen Mus ſik 103. 106 N. Needham, neues Syſtem deſſelben von den Vege⸗ tationen der Pflanzen 437 Meigungsnadel, wie vermittelſt derſelben die Län, 15 zu finden 499. was man an derſelben va Noelle, demſelben wollen verſchiedene llektriſche Verſuche nicht gelingen 513. ſeine Reiſe nach Turin dieſerwegen 514. wo er des Herrn Bianchi Verſuche falſch befindet 515. ferner nach Vene⸗ dig, wo mit des Herrn Pivati ſeinen ein gleiches geſchieht 324 ff. wie auch in Bononien mit des Herrn Verati feinen 15 ff. O. Obſervationen des de la Lande, die er in Berlin gemacht 369 ff. Opium, u Regiſter FR | Opium, deſſen Nutzen 8 4091 * e 10 mt 1 794 Parallaxe des Mondes, Bemühungen dieſelbe . iu beſtimmen 369 ff. was man die Parallaxe nennet 371. Nutzen davon 375. 376 Bahn, neues Syſtem von den Vegetationen derſelben 43. 438. Anmerkungen uͤber die Wur⸗ zeln derſelben 597. und ihre Analogie mit den Inſekten 601 ff, vom Umlaufe des Saftes in denſelben 607 Phyſikaliſche Merkwuͤrdigkeiten 102. 11. 205 1 223. 325.335. 432447. 542-359. 630658 Pivati, deſſen vorgegebene elektriſche Verſuche hal⸗ ten die Probe nicht 524ff. Prieto Domito, eine zu Cartagena Köhne Krankheit 645 1 55 8 die Elektricitaͤt mislingt die: 528. 5 ee Q. Quadrant, der zur Sternkunde und zu den Erd⸗ meſſungen brauchbar iſt, wird beſchrieben 307 Oueckſilber, damit will man durch das Elektriſi⸗ ren die Salivation zuwege gebracht haben 537 R. Rana piſcatrir, ein ganz beſonderer Fiſch 54. Rhabarber mit China vermiſcht deren Nutzen 542 Bohſtein, was man fo nennet 574 | S. Sali⸗ * drr vornehimſten Sachen. dr 4 N S. 5 RA ation, will man durch das Elektriſiren 23 wege gebracht haben 537 Sallatmaſchine „Nachricht von einer 594. 595 Saliadore, Beſchreibung dieſer neuen Gattung von Pflanzen 445 Salzwerke N Nachricht von den cracauiſchen 652. 653 Sauerteig, Betrachtung der kleinen Wie 9 che in demſelben entſtehen 48 9.4 Schafgarbe „deren Nutzen bey den Maſtkornan 486. 487 Scharbock, entſetzliche Wirkungen deſſelben 325. 326. wie er zu curiren 28 Schiefer, ſiehe Kupferſchiefer. Schiffe, Maſchine die ungeſunde Luft aus denſel⸗ ben heraus zu bringen 219. wie man die Laͤnge ihres Weges zu meſſen pfleget 502. 503 Schiffuhren, Nachricht von verſchiedenen 503 f. Schlangenftein (Mombaza) Nachricht davon | FA 643 Schraubenſteine, Gedanken von denſelben 73 Schwangere, unbegreiflicher Einfluß ihrer Nei⸗ gungen und Leidenſchaften in die Naturen der Kin- der a 318 f. Schwefel, goldgelber aus dem Spießglaſe deſſen Kraͤfte 79. 81. inſonderheit die lindernde 60g ff. verſchiedene Zubereitung deſſelben 8 r. Wirkung des ordentlichen gemeinen Schwefels 8 Silber, wird beym Eiſenſchmelzen beobachtet 305 | Son» > Regifker | Sonnenblume, Verhältniß ihrer Ausduͤnſtung ge. gen der Menſchen ihre 608 Spar, eine Art Cryſtallen, was fie ſen 654 Spießglas, Gedanken uͤber den e Schwe⸗ fel aus demſelben 9.6 9ff. Straßbergiſche Puch -und Hu: ako Nach⸗ richt davon 293 Stroͤhme, wie deren Geſchwindigkeit in offener See zu meſſen 495.496 T. 5 | Tabardillo, eine Art hitzigen Fiebers 94 Teitb, dieſes Wort wäre richtiger zu ſchreiben: Deich 270* Temperamente, wo fie ihren Sitz haben 323. 324 Thiere, Gedanken von der Vernunft derſelben 364 Tuba fallopiana, Nachricht von einem ſætu in ders ſelben 8 ff. worinn er eigentlich beſtanden 17 U. @ Uhr, eine ſehr kuͤnſtliche, die Meilen, oder Weite eines Weges zu meſſen 218 S Verati, deſſen vorgegebene elektriſche Verſuche bal. ten nicht Stich 530 ff. Veſuvius, erſchrecklicher Ausbruch deſſelben 205 Vindomis, die Ruinen dieſer Stadt werden gefun⸗ den 3 335 Vomica, Dome, ein Eiter geſchwuͤr in der . 309. iſt eine von den betrüglichften Krankheiten 310. zwey merkwuͤrdige Exempel davon 311. f. Wachs, woraus es beſtehe 51. wie es die Bie⸗ nen machen | 35.58. W. 15 g, daſelbſt findet man etliche unverwesli⸗ che Koͤrper 586. 500 Waſſerfluth, umſtaͤndlicher Bericht von der in der Gegend von Gluͤckſtadt 145 ff. 270 ff. Wehle, was man fo nennet 1697 Wein, rother, neue Erfahrungen von der Ent⸗ faͤrbung deſſelben 19. wie man den Wein über: haupt probiren koͤnne, ob er mit Glaͤtte klar ge⸗ macht worden 22. wie der Alicanten Wein nach» gemachet wird 23. 24. wie viel ein jeder Wein Weingeiſt enthalte 28 Wein, ſchlechter, in einem Lande wo er wohlfeil iſt, verurſachet vielen Schaden 482 Weingeiſt, wie er gut zu machen 27. 28 Wildemann, eine Bergſtadt, giebt Aulaß zum wilden Manne auf Münzen 353 * Wind, deſſen Kraft bey Umtreibung der Wind⸗ muͤhienflügel 131. 235 winde „ aufſteigende, verurſachen ſeltſame Zu. fälle 485 Windmuͤhlen, Wirkung derfelben und der Wen- dung ihrer Flügel us ff 227 259. wie die Windmuͤhlen zu verbeſſern 451. Vorſchlag, wie eine Windmuͤhle mit perpendiculaͤr ſtehe der Welle, Regiſter der vornehmſten Sachen. Welle, und horizontalen Fluͤgeln anzulegen 452 Vergleichung einer dergleichen mit einer ſonſt ge⸗ woͤhnlichen fa ff. Wurzeln der Pflanzen, verſchiedene Anmer⸗ kungen über dieſelben 597. was fie fir. Nutzen bey denſelben haben ! 599 3 Zimmer, ein verfinftertes, demſelben iſt das Auge aͤhnlich 3 Zinnober, deſſen Credit faͤllt, und warum 80 Zubrennen, was man auf Bergwerken fo nennet 573 a] um | 3 5185 002 3 * 2 * — 5 — * x Ws 0 - * * LE * 2 4 ? 1 1 I j 5 — > 1 2 0 5 2 * * ER — 1 > — 8 4 Fl 5 8 = ar - > r * N 1 * « % v Tu 2 7 * a 0 * Wr * j 78 L “ * 4 - 7 * 8 2 bi * * - F „ * 4 7 — * 2 2 Ne 2 * 2 — — * nn f r » 1 1 . AS g ; © 1 + . | BR 5 5 . 2 g Bi) * N — 1 — E 5 + A 4 Pad u - 1 — = N I * 8 2 > 3 es 2237 * 2 . 5 * — * - F 4 2 > . * vr — * f U 2 D 2 h > ” g 8 x 1 — } * . . 4 1 ih 4 4 „ * 1 ’ — — * 7 a — Er — ’ N * > en N Er 8 * x . n * 1 1 1 5 x or _ E — * 8 K 1 g I N „ * * 8 ö * R e * — & ’ { ns” 2 _ 982 * 9 — 7 ji 1 — — + ER 1 ne 5 E 8 N N g 8 h r - 5 > - 7 * ; X = R N — D 5 \ x t . ‘ 15 * 4 L 9 - 2 ‚ a 1 = = N * h N . 8 4 A 3 * N * 0 5 i s \ „ A „ # 5 — — ’ 2 N in 0 ER Pi 1 * * \ J 1 77 * 5 N N — 4 x f N x I. " 1 * ) x ) 1 N 1 95 WAL ö l 5 h 5