ar „ur .. * en Wr. Du Br —— er J— * —— ! Released from Library / Horticultural Society of New York, Inc. X LIBGr S — — ——— ——————— | ; Brqyuest of RK „5 Kenuerth K. Markenzie Octuber 1934 - ” i 2 Ih . „ h ’ Ph Ä — Men a ; j nv \ * * —— — ir 2 . Y ' ’ \ “ , * U » ’ / z \ \ \ A , L 1 . \ “ “ i = N f PR “ G . N ‚ q { — e ’ 4 u = ‘ = ‘ Sal ‘ ‘ ⸗ ae — . - “ a “ * MY Ne; Pe Pu‘ ”, . — — PR fe v w f R D e * 6 N . { a MR) * * — - * J * A \ + 4 R J a be 2 Hamburgiſches Wagazin, oder geſammlete Schriften, Unterricht und Vergnügen, aus der Naturforſchung und den —n— — überhaupt. Des — —* * * —* Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Sachfifcher Frepheie Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Seipzig, bey Adam Heinr. Holle, 1752, an a am Gute re Maa:stab von Fufehel [e= L. III UNI I RU —RLRP IN [IN JUN III f l — Bon Berbefferung der Balgmaſchinen bey. Huͤttenwerken. ‚ ie Sehre von der Bewegung oder Mes =, * chanif hat wegen ihres weitlaͤuftigen Br Musens einen fo großen Einfluß ap bey Bergwerken, daß es niemanden überflüßig feheinen Eann, wenn man fich bemüber, noch immer auf die Berbefferung der Mafchinenwer« Fe bedacht zu feyn; man wird mir zugeben, dag man bey vielen derfelben noch nicht fo weit gekom⸗ men, daß eine vortheilhaftere Wirfung, in Abfiche des rechten Gebrauches der Kräfte nicht nod) ftatt fine den follte, oder die Kraft und Saft fo gegen einander einzurichten, um den möglichften Mugen erhalten zu koͤnnen, welcher uns bey dem Mangel der Auffchlage« waſſer zuftaften fommen muß, man glauber vieimals alle Hülfsmitsel erfchöpfer zu haben, wenn nicht ge⸗ F 42 nung “A Bon Berbefferung nung Waffer zum Betriebe vorhanden ift, ohne auf die Mafchine felbft zurück zu fehen, um diefem Uebel auf eine andere Art nah Möglichkeit vorzubeugen und abzubelfen. | J Meine Abhandlung wird voritzo die Unterſuchung der Maſchinen, wodurch das Geblaͤſe bey den Schmelzoͤfen getrieben wird, zum Vorwurfe haben, meine Bemuͤhung hierbey iſt nicht ohne Frucht ge— weſen, indem ich nicht allein unterſchiedene Fehler entdecket, ſondern auch das Vergnuͤgen hatte, eine Verbeſſerung mit ſehr weniger Veraͤnderung daran anzubringen und ſo einzurichten, wodurch das Ge— wichte der Laſt vermindert, dem Hypomochlio ohne Benehmung des Raums genaͤhert und eine vortheil⸗ haftere Bewegung vor die Maſchine ſelbſt erhalten wird. Ehe ich aber zu meinem eigentlichen Bor- nehmen fomme, muß ic) einige nöthige Errinnerun- gen zum voraus feßen, auf weiche ein Theil der Er fahrung der Kräfte fomohl beruhen, als aud) by dem Schmelzwefen felbft für nichts überflüßiges ge: balten werden kann. Diefes wird insbefondre das Gebläfe als den vornehmiten Theil der Mafchine mit angehen. Man hat allerdings noͤthig, eine hinläng- liche Erkenntniß von den Eigenfchaften der Luft, des Feuers, und eine auf die Natur feines Erztes gegrüns dete Bearbeitung im voraus zufegen, wenn man bey» de Elemente zum Nutzen des leßtern bey dem Schmelz: wefen recht anwenden will. Die erfahrenften Schmelzs verftändigen find darinnen einig, Daß es nicht ſowohl allemal auf die übermäßige Stärfe des Windes, als vielmehr auf deffen ununterbrochenes Anbalten und ge der Balgmafchinen bey Hüttenmerf. 5 geſchickte Anwendung ankommt, wenn man Erzte oder Metalle ſchmelzen will, und mo ja ftrenge und unfcheidbare wilde Bergarten unter den erſtern ange- troffen werden: fo hat der unermuͤdete Fleiß derfel= ben ſchon Mittel ausfündig gemacht, folhe durch dienliche Zufchläge weit bejler zu gute zu machen und die Metalltheilchen von Schlafen abzufondern, als es kaum fonften durch) das allerftärfite Gebläfe und mit Erfolg eines wenigern Ausbringens zu zwingen ſeyn würde. Es gefteht der fih um die Bergmwerfs- wiſſenſchaft fo verdient gemachte Bergrath Henkel felbften,, Daß in den erſten Schmelzarbeiten den noch rohen MetalltHeilchen durch allzuftarfes Gebläfe und. - Feuer von der Daben befindlichen unmetallifchen Erde und Unart mit etwas einverleiber werden Fönnte, wels ches hernach nur defto ſchwerer wieder davon zu brins gen, und zieht allemal ein gelindes Gebläfe und er weichende Zufchläge jenen vor. Mir follte nicht ſchwer fallen, zu beweifen, daß ein zu beftiges Gebläfe aud) noch überdem mit einem Verluſte jedesmal ver- knuͤpfet fen, weil die practifche Erfahrung der Wahr- heit davon feinen Zweifel übrig läßt, wenn man den Ueberreft desjenigen Windes, welcher allezeit forne. an der Bruft unter der Borwand des Dfens wieder berausgeftoßen wird, abmiflet: fo wird uns diefe Beobachtung defto mehr überzeugen, daß fo viel Wind nicht nöthig fen, wenn man zumal auf den Bau der Schmelzöfen und auf die darbey zu mas chende Eirichtung Acht hat. Es muß diefes ſowohl dem Schmelzer felbft, als dem Mangel der Auffchla= gewaſſer, zuftatten fommen, und welches fi) noch mehr erklären laflen wird, wenn noch) etiwas weniges 43 F von ’ 6 Von Verbeſſerimg 2 den Blafebälgen felbft wird erinnert worden eyn. RR j Ar Wenn die $uft-in denenfelben verdünnet und aus⸗ gedehnet wird, fo erfolget eine Wirfung, welche dem Verhalten der elaftifhen Kraft der verdünnten Luſt und der Kraft der ganzen Außerlich drückenden Luft proportioniret ft, wenn alfo der Balgendedel in die- Höhe gehoben wird: fo wird von der Außern Luft durch Die Deffnung der Windlade allemal fo viel wie⸗ der erfeßet und hineingetrieben, um fo viel die innere Luft bey den Auffteigen des Balgendeckels ausgedeh«‘ net worden ift, es geht demnach niemals mehr Wind hinein, als weiche der Schwere der ganzen Luft, das ift einer Wafferfäule, welche 31 Rheinlaͤndiſcheſ Fuß hoch, gleich ift. (Aerom.) Da es nun gleich viel ift, der Balgdeckel mag in einer beftimmten Zeit lang» fam oder geſchwinde in die Höhe beweget werden, fo muß die irrige Meynung derer wegfallen, welche glauben, daß der Balg in einer fchleunigern Bes wegung des Aufſteigens mehr Luft in ſich ziehen koͤnn⸗ te, Jedoch ift es beffer, daß man die Deffnung der Windlade lieber etwas größer als zu Elein macht, und melche aus dem gefundenen Berhältniffe der in« nern Größe des Balges und der gegebenen Zeit ges funden werden kann, wie wir unten weiter verneh- men werden. Ganz anders verhält es fich mit der Luft, wenn der Balgdeckel niedergeht, weil alsdenn folche weit ftärfer zufammengedrucdt wird, als die Kraft der ganzen Zuftfäule ausmacht. Wenn der Balg überall fo verfchloffen würde, daß in feiner Begung des Mie- dergehens Fein Wind herauskommen koͤnnte, fo Bene { ie der Balgmafchinen bey Huͤttenwerk. 7 die elaftifche Kraft ver verfchloffenen Luft um fo viel vermehret werden, als der Kaum enger würde, und welche nur fo lange fortdauren Fönnte, als es der Berhältnig der Stärfe des Zuſammendrucks mit der Stärke des Holzes proportioniret wäre, weil alsdenn ver Balg zerfpringen müßte, da aber derfelbe eine Oeffnung bat,‘ durch welche die zuſammengedruckte Luft wieder herausgeſtoßen wird: fo ift ihre elaftifche Kraft wiederum fo viel geringer , als Luft herausges- trieben werden kann. Wir wollen feßen: Die gefaßte Luft follte aus einer gewiſſen Deffnung noch einmal fo ftarf herausgeftoßen werden, fo müßte noch ein⸗ mal fo viele Kraft darzu erfordert werden; es wird alfo bey einem dreymalverftarften Winde Dreymal mehr Kraft erfodert werden müffen , diefes ift noch nicht alles, man hat hier einestheils auf die Zeit, anderntheils auf die Verhältniffe ver Flächen, fo der Balg inwendig und die Deffnungen gegeneinander haben, vornehmlich mit zu feben. Man kann fich Teiche einbilden, daß wenn in einer Zeit von acht Se— cunden durch eine Deffnung eben fo viel Luft heraus⸗ getrieben werden follte, als durch eine andre, welche der Fläche nad) noch einmal fo groß wäre: fo müßte auch noch einmal fo viel Kraft darzu erfordert wer⸗ den, e8 geht demnach) an Kräften allemal fo viel wieder verloren, jemehr man einestheils Zeit ges winnt, anderntheils mehr Luft durch eine gemilfe ges gebene Deffnung berausgejaget werden fol. Da diefes auf ausgemachten Schrfägen und Erfahrungen: beruhet, welche aus der Naturfehre fattfam erwie— fen worden ; fo wiirde ich es als eine befannte Sache ‚anzuführen Bedenken getragen haben, menn man ————— nicht 8 Von Verbefferung nicht diefe Erkenntniß bey Seite fegte, ohngeachtet folche fehr noͤthig ift, fo wol einige Kraft erfparen: zu Fonnen , Die man anwenden muß, um den Balg⸗ deckel niederzudrücen, als auch eine Laft zu vermei⸗ den, wormit man die Gewichtfaften beſchweret, wenn der Balgdedel in einer beftimmten Zeit in die Höhe fteigen fol. Mir haben bereits erinnert, daß es’ nicht darauf ankoͤmmt, daß fo viele Luft in denen‘ Schmelzöfen allezeit nöthig wäre: es wird alfo der Kraft fehr wohl zuftatten fommen, wenn man bie Deffnungen der Balgliefen vergrößert, um fo viel es die Menge des gefaßten Windes, oder die Größe der Blafebälge, und die Streng oder Weichfließigkeit der Erzte oder Metalle erfodert, wornach fih das Maaß derfelben zu richten hat. Wie man die Deffnungen der Windlade als der Balgliefen und die Momente des ganzen Gebiafes felbften nach einer gewiſſen ver—⸗ langten Zahl beftimmen fann, hat der vortreffliche Mechanicus und Commercienratd, Herr Polhem, in feinen Auffüsen, von Verbindung der Theorie und Prackik in der Mechanik gezeiget, und worvon ein mehreres in denen Abhandlungen der ſchwediſchen Akademie der Wiffenfchaften zu befinden feyn wird. Diefes weiß. der Balgmacher nicht, es würde zu viel von ihm gefodert feyn, er verfertiget den Blaſebalg einmal wie das andre nad) feiner gemachten Lehre und Maafe, er weiß mir aber die Größen der Deffnuns gen der Bälge auf die Kräfte des Waflers, inglei- chen für die Stärfe des Geblafes für jedes Erzt oder Metall nicht zu berechnen. Ich fomme nunmehro zur Mafcjine felbft, die, fo man darzu eingeführet bat, und welche alle auf die Eigenfchaften des Hebels ſich gründen, find » be: annt, der Balgmafchinen bey Huͤttenwerk. 9 kannt, daß es nur überflüßig fenn wuͤrde ‚ fie gaͤnz ⸗ lid) zu befchreiben, indem fie auf alfen Schmelzhuͤt⸗ ten mit etwas weniger Veraͤnderung, die ich mit an⸗ zeigen werde, durchgängig einerley find. Wie aber ſolche in Anfehung ihres Nusens gebraucht werden koͤnnten: hat man fich noch niche die Muͤhe gegeben, und einer Aufmerkſamkeit gervürdiget, wie wir an den Schwengeln, mit welchen ich den Anfang ma⸗ he, zum Beweis anführen koͤnnen. Diefes find. Hölzer, ohngefähr fieben bis acht Zoll ftarf, und ſechs bis fieben Rheinl. Fuß lang, (Fig. LII) die Hälfte derfelben ift durch eine Spindel in c. unferfchieden, welche in die eifernen Pfannen der Gemwichtdocken zu liegen fommen, an das Ende a. der einen Hälfte wird der Balgdeckel durch ein eifern Seil oder Ket⸗ te, an das andre Theil b. Hingegen wird ein Kaften e. befeſtiget, welcher mit Gewichten nad) Berlangen beſchweret und erleichtert werden kann, kurz, es ſtellt einen Hebel von der andern Art (Vedtem Hetero- dromum) vor, ich habe wegen ihrer Forme zweyer⸗ ley Arten angetroffen, fie unterfcheiden fich darinne, daß man bey den einen die Gewichtkaſten über den Schwengel in Geſtalt eines Parallelepipedi (Fig. T.) bey den andern hingegen unter folchen mehren- theils als eines gleichfeitigen Triangels (Fig. II.) angebracht werden. So geringe diefer Unterfchied dem Anſehen nach einem vorfömme: fo findet ſich doch bey der Berechnung , daß ihre Wirkung auf die Kraft bey einerley Gebrauche verfchieden iſt. Es iſt ge wiß, Daß man diefe Kaſten, wenn fie mit Gewich⸗ ten angefüller find, als Maffen anzufehen hat, deren Schwerpunct durch eine Linie, wodurch ſie in zwey gleichwichtige Theile getheilet werden, beſtimmet A Tan) 5 wird, 10 _ Bon Berbefierung wird. Wir wollen dahero feßen, der Hebel ſey bey beyden Arten der Gewichtkaften der $änge des Bla⸗ febalges c. e. d. oder e. b. d, bis zu feinem Dfeilfas tionspuncte d. (Sig. II.) aleih, wie es ſich auch. mehrentheils fo befindet, feine größte Entfernung d. befomme er ferner durch das Steigen des Balgde- dels von c. nach e. oder von e. nad) b. oder welches gleich viel: die Bewegung des Gewichtkaſtens ge⸗ ſchaͤhe überwärts von d. nach f. weil nun der) Balgdeckel in feiner Dfeillation mehrentheils einen Winkel von 13 Graden befchreibe, und bekannt ift, Daß der Winfel b a c. in dem Centro a. eines Zirfels noch einmal fo groß ift, wie der Winfel d. ver Peri⸗ pherie. b. c. der mit ihm auf einem Bogen c. b. fte= het (Geom.) fo würden die Vertikalwinkel des He— bels 26 Grad erhalten, den x — 2. y. u — 2. ©. x + uU=2.y+ 2.0, folgends, wie erinnert, nod) einmal fo groß feyn, da fih nun ferner Laſt und Kraft gegen einander wie ihre Entfernungen verhal- £en, fo wird in diefem Falle, da ihre Directionen, wegen ihres oben angeführten Unterfchiedes unmöglich gleich groß fenn koͤnnen; bey dem Parallelepipedo um fo. viel der Kraft wieder zu gute fommen, als feine Direction f. f. dem Hypomochlio a. um die Dife ferenz ter Linie IE. näher gefommen, hingegen bey den dreyeckigten Gemwichtkaften deitomehr zu über: winden haben, je größer die Entfernung. deffelben Schwerpuncts von I. nach g. geworden, um wie viel aber die Kraft mehr allhier von jenen anwenden . muß, wird Durch Die Linie fg. ausgedrückt. Im an⸗ dern Falle, oder wenn ihre Bewegung unterwaͤrts ge⸗ chieht, wird ſich dieſe amgerliprte Verhaͤltniß im ver- der Balgmafıhinen bey Huttenwerk. u verkehrter Drdnung, jedoch mit dem Unterfchiede, zeigen, Daß Die verlängerte Entfernung 1. g. weg⸗ fälle, weil i. k. — f. 8 Da man die Abſicht, die Kräfte der einfachen Ruͤſtzeuge nach ihrem vortheil- hafteften Gebrauche bey den zufammengefegten Mas ſchinen zu erwählen, niemals aus den Augen fegen muß: fo wird auch) der erften Art der Borzug um fo viel weniger vor jenem freitig gemacht werden Fün- nen, wenn man deſſen Bewegung, wie gemeldet worden, nac) einem Elevationswinfel einrichtet, da ſich auch über dem bey dem Parallelepipedo dasjenige zum Nutzen der Kraft anbringen läßt, was Herr Schober in feinen nuͤtzlichen Verſuchen von der Theo- rie der Ueberwucht erinnert. Ich habe noch nicht wahrgenommen, daß man fich diefes zu Muse ges macht, fondern ihre Bewegung ohne Abficht zu Ver— minderung der Saft .mebrentheils willführlich und fo eingerichtet hat, daß der Winfel derfelben durch die Horizontallinie oder größte Entfernung in zwey glei che Theile getheilet worden. Die Gewichtkaſten felbften werden: gemeiniglich mit Materien von verfchiedener Schwere angefüller, da aber diefes bey der erften Art verhindert, daß der Mittelpunct der Schwere nicht mit dem Mittelpunete der Größe übereintreffen kann, hiernaͤchſt auch oͤfters geſchieht, daß die Gewichte herausgenommen werden muͤſſen, ſo koͤnnen doch ſolche an ihre vorigen Oerter, wenn man die Bewegung vorhero einmal darnach determiniret hat, nicht ſo genau wieder zu liegen kommen, und thut deswegen beſſer fuͤr ſolche Sand oder Schlacken zu erwaͤhlen. N | Man 12 Bon Verbefferung Man trifft auch noch bey diefen Mafchinen den Vectem Homodromunt in denen Schemeln an. Worzu diefe nüßen, wird ohne mein Anführen bekannt feyn, Mai hat unter den zmo befannten Arten dem gedop⸗ pelten (Fig.IV.) immer einen Borzug vor dem einfas chen (Fig. V. a.) zugeeignet, vielleicht weil feine Erz findung neuer, oder daß man geglauber ein Mittel da⸗ durch zu finden, die Größe des Duadrats der Entfer⸗ nung von dem Mittelpuncte der Welle durch den Ger brauch der Daumen (Fig. VI.) zu verringern, dieſes iſt für fich ganz richtig, die Erfahrung hat aud) ge= - wiefen, daß dadurch, und ehe er in dem Gebrauche eine Veränderung erlitten, ein befferer Effect vor den Kämmen (Fig. V.b.) andenDrten, wo man mit weni⸗ gem Auffchlagewaffer zufrieden feyn müffen, geleiſtet worden ; man würde fie aber nicht nörhig haben und gar wohl entbehren Fönnen, wenn man fi) um den Nutzen der krummen Linien bey dergleichen Mafchinen= werfen befier bemühete. Dem ohngeachtet wird noch wenig Achtung darauf gegeben, man richte die Kaͤm⸗ me noch immer nach einem halben Zirkelſchnitt ein, und den Däumlingen wird zwar eine Frumme Linie. gegeben, die man vielmals felbft nicht errathen Fann, wie wenig aber beyde Arten getroffen werden, kann man an ihnen am beften erkennen, weil fich diefe Linien felbit an denen Mafchinen nach und nach bilden. Ohn⸗ geachtet ich bey meiner Berbeflerung die Striche nicht. nöthig habe, fo ziehe ich fie doch nebft den einfachen Schemeln den gedoppelten und denen Däumlingen um vieles zuvor, Es kann auch folchen, wenn ihnen die rechte Figur gegeben wird, den Werth um fo viel we— niger abgefpeochen werden, je beffer die Bewegung — eben der Balgmaſchinen bey Huͤttenwerk. F eben fo weniger Entfernung durch folche erhalten wer: den kann, und je weniger fie fich abnutzen, Dahingegen bey denen Däumlingen und gedoppelten Schemeln weder das Stocen, noch ein ftarfes Reiben, noch die ungleiche Bewegung nicht vermieden werden Fann: ‚denn wenn der erfte Daumen auf die eine Hälfte deg ‚gedoppelten Schemels in a. (Sig. VII) drücke, fo wird fogleih die Direction des Schemels in erwag nach b. zu verändert, weil der Druck außerhalb der Hälfte c. des Schemels gefchicht. Es ift Diefes die Ur— jache, warum ſich die Däumlinge fo bald nad) einer Fa Linie abnutzen müffen, und welches deftomehr erfolgen muß, je mehr dadurch eine zufammengefegte Bewegung ermächfet, bey welcher ſowohl der Daumen d. nad) e. (Fig. VII.) glitſchen und auszumeichen, der Schemel hingegen nad) £. zu, fich zu bewegen gezwun⸗ gen wird. Ein gleiches widerfaͤhrt auch mit der an— dern Haͤlfte des Schemels durch den darauf folgenden Daumen in 8. (Fig. VII. Fig. VIII.) wenn der erfte nachgelaffen, und weil dadurch zugleich auf den innern Flaͤchen der Kluftfäulen h. h. ſowohl von den Daus mens als Schemel im mährenden Niederdrücken ein ſtarkes Reiben erfolgen muß, fo werden folche ebenfalls nach einer krummen $inie abgenußet, die Wafferrads: welle muß fich auch nothwendig dadurch um ihre Are oder Zapfen nach einem fhraubenförmigen Gange fo wohl von c.nach e. ingleichen von c. nach £. (ig. VIIL) beftändig bewegen, wodurch denn die Zapfenlager nicht allein verrücket, oder die Welle wohl gar aus ihrem Sager gehoben, fondern auch viele Waſſer vergeblich verfpillet werden. Die Folgen, welche daraus befann- ter maßen entftehen, find wegen der öftern Ausbeſſe⸗ ® ? rung 14 Von Berbefferung rung vor den Ofen, vor das Zeug, und vor den Schmel- zer felbften von verdrießlichen Hinderniffen, y Es ift ausgemacht, daß man allemal mehr Vor: theil erhält, je mehr die Saft dem Centro näher koͤmmt, und hierauf wird ſich meine Verbeſſerung in Abfiche auf die Schemel und Waflerradswelle mit gründen. Sch habe mic) hierzu Des einfachen Schemels bediene, jedoch mit dem wenigen Unterfchiede, daß, an ſtatt ben den bisher gebräuchlichen Schemeln Kraft und $aft mehrentheils an einem Orte beyfammen find; die gaftdem Hypomochlio des Schemels näher fommt. Da ſich aber die Entfernung nach) der Sänge der Darüber liegenden Blaſebaͤlge richten muß, fo wird der übrige Theil k. 1. des Schemels (Fig. IX.) bis zum Beruͤh— rungspuncte der Kraft m. um ben dritten oder vierten Theil verlängert. Wie viel man dadurch in jedem Falle an Kräften gewinner, laßt fi) gar leicht durch die Ausrechnung beftimmen;. weil aber derfelbe einen geößern Raum por jenem durchzulaufen hat, fo würde der verlängerte Theil des Schemels ohne Nutzen feyn, wenn man die Kamme oder Däumlinge an der Welle beybehalten wollte, es würde nicht allein das Gebläfe durch eine langfamere Bewegung zu fehr geſchwaͤchet, fondern auch fo viel daran verloren gehen, als ſich die Größe des Sinus des Winkels des verlängerten Theile des Schemels zu dem nod) übrigen Raume, welchen der Balgdecel in feinem Miedergehen noch zurücd zu fegen hätte, verhalten würde. Diefem abzubelfen fam mir Herrn Leupolds Erfindung fehr wohl zu ſtat⸗ ten, welche er zu Vermehrung des Hubes ben denen Stempeln vorgefchlagen, und welche an verfchiedenen Hrten mit erwuůnſchter Wirfung gebraucht u an der Balgmafchinen bey Hüftenwerf. ı5 Man findet einen Abriß hiervon in feinem Theatro Machinarum, fie gründet ſich auf die Eigenſchaft der Spirallinie, welche auch der Commercienrath Herr Polhem zu der gleichförmigften Bewegung zum Rade und Blaſebaͤlgen am geſchickteſten hält, wenn die Kun dungen nach einer Erummen Sinie, die aus der Evolu-⸗ tion des Zirkels entſteht, verfertiget ſind. Die Groͤße deſſelben n.o. (Fig. IX.) findet man aus dem Kaume, welchen der verlängerre Schemel in feiner Bemegung macht, jedoch kann ſolche die Eigenfchaft ihrer vorigen Rundung verlieren und der Ciffoide aͤhnlich werden, je größer ver gefundene Kaum if. Das eine Ende p. diefer Erummen Linie wird an der Peripherie der Waflertadswelle felbft, das andre Ende Dingegen an den langen Arm q. der durch den Mittelpunct der Welle gezogen wird, befeftiget, es werden folche von eichenem Holze, welches der feuchten Luft am beſten widerfteht, gemacht, und zu mehrerer Dauer mit einer eifernen Schiene oder Bleche beleget. Da deffen Verbindung mit der Welle nach einem rechten Winfel eingerichtet werden muß, um dem Drucke defto beſſer widerftehen zu Fönnen, fo bleibe mir Dadurch ein neuer Bortbeil von Wichtigkeit für die Kraft übrig, weil der Beruͤhrungspunct der Direction des Schemels unter dem Mittelpuncte der Welle, mithin an einem Orte angebracht wird, wo die. Kraft ihren möglichften Nutzen gebrauchen fann, welches hingegen bey denen Kämmen noch) Däumlingen unmöglich Statt finder, weil an denen Kräften ben folchen wieder fo viel ver- foren gehen muß, als die Größe des Maaßes des Halbmeſſers der Welle und der Striche oder Däum- linge ausmachen, Gleichwie aber die Direstion mie . einer 16... Bon Berbefferung einer Centralkraft verbunden ift, diefelbe ung aber auf die Bahn der Frummlinichten Bewegung felbft leitet: fo habe ich zu Erhaltung eines epieiclodalifchen Gans ges eine Walze oder Cylinder r. an dem Orte Des Be⸗ rührungspunctes erwaͤhlet: der. Anfang aber der Di- vection des Schemels Fann entweder nad) der halben oder aud) ganzen Diagonale des Quadrats des Raus mes eingerichtet werden. In den Schemel feibit wird nach der Größe der frummen Linie und nad) der Breite defielben eine Deffnung s. ausgefchnitten, um Die Bes ruͤhrung auf folchen ‚außerhalb der Walze zu verhin dern. Man wird leicht begreifen, daß man ber noͤ⸗ thigen Bewegung des Geblaͤſes, welche nach der Streng oder Weichfließigkeit der zu ſchwelzenden Erzte oder Metalle eingerichtet wird, durch ein kleines Waſ⸗ ſerrad zuvorkommen und dadurch zugleich viel Gefaͤlle erfparen kann, ohne nöthig zu. haben, folches erftlich durch ein Borgelege zu bewerfitelligen. “4 Hierbey muß ich nunmehro nod) mit wenigem der Berbefferung des Blafebalges erinnern, welches allbier auf etwas weniges anfümmt,obfchon noch andere daran Statt finden, wie folches der Herr Commerzrath Pol⸗ hem in feiner bereits angeführten Berbindungder Theo- vieund Practik mitder Mechanik, in dem Capitel von den mit-oder gegenmwirfenden Kräften, erinnert, ”. Denn da die Geſchwindigkeiten des Raumes bey den £rummen $inien k. (ia. X.) fo wie ihre Duadrate nach) einer arithmetifchen Progreflion in einer gewiſſen Zeit anmwachfen, fo verurfacher folhes, Daß denen Krarten nach) der Größe Des Zufammendruds des u in s ange u Ehen * Der Koͤnigl Schwediſchen Akademie der Wiſſenſchaf⸗ en Abhandlungen ec. dritter Band Pag. 191. feg. der Balgmaſchinen bey Huͤttenwerk. 17 eben ſo einer Verhaͤltniß ſo viel wiederum abgehen muß, denen Urſachen zu Folge, wie oben bey dem Zu⸗ ſammendruͤcken der Luft in Blaſebaͤlgen erinnert wors den, diefes aber wird am beften verhindert, wenn die Fläche der Oeffnung der Balgliefein g. in eben diefer Verhaͤltniß vergrößert werden fann, es wird dieſes auf feine fo weit getriebene Künfteleyen ankommen, wenn man an den fürderften Theil des Balges in a. einen Fleinen eifernen Hebel b. c. anbringt, deflen Ent: fernungen a. c. und a. b. ſich gegen einander wie die $änge von der Unterlage a. bis andas Ende des Balg« decfels in e. zu der Laͤnge von der Linterlage a. bis in c. oder f. verhalten, denn fo werden die Raume gegen einander eben diefe Berhältnig befommen, der Balg⸗ deckel felbft wird wegen feiner anwwadhfenden Geſchwin⸗ digkeit der Bewegung zu Befeftigung des furzen Armes a. b. und wegen der Vergrößerung der Deffnung J. m. welche dadurch erhalten wird, das befte Mittel abge: ben, an den langen Arm a. c. hingegen, wird ein Schie- ber i. von Holze oder Eifen beweglich angebracht, deffen Größe ſich nach der ganzen Deffnung der Balgliefe in 8. zu richten hat, und welche Dadurch wieder verfchlofs fen werden Fann, wenn der Balgdeckel in die Höhe nach o. gehoben worden. Man wird eben fo wenig wegen Berfchleichung des Windes durch die Oeffnung des Schiebers etwas einwenden koͤnnen, wenn eine kleine Leiſte durch die Federkraft eines Eiſens anges druckt wird, ſo wenig ſolches an den uͤbrigen Seiten des Blaſebalges dadurch zu befuͤrchten iſt. Es wird zugleich durch dieſen Schieber eine regelmaͤßige Be— wegung hervorgebracht, damit der Wind niemals bald fo geſchwinde, bald — zu wenig oder zu 8* 10 Band. viel 18 Bon Verbeſſerung der Balamalch.ıc. viel mitgetheilet wird, welches gleichfalls. mit erfodert wird, wenn das Schmelzen gut von ftatten gehen foll, weil der Wind zu Erhaltung des verlangten Grads des Feuers einmal wie das andre ‚ohne Abmwechfelung unterhalten werden und fortdauren muß. Ueber: haupt zeige Die ganze Vorrichtung von einer längern Dauer und einer Berbindungsart, wodurch ein Vor: theil dem andern vor jener beffer zu ſtatten koͤmmt, ich werde dahero nicht nötbig haben, mich bey verfchiede- nen Kleinigkeiten ihres Nutzens, die mit angeführer werden Fönnten, aufzubalten, es wird beſſer feyn, Ken- nern dieſer Wiſſenſchaft zu einer genauern Pruͤfung zu uͤberlaſſen, in wie weit ſich meine Verbeſſerung nach den Geſetzen der Bewegung erſtrecket und vor jener anpreiſen laſſen moͤchte. Uebrigens iſt noch zu erinnern, daß es bey den mehreſten Maſchinenwerken ein Ihi⸗e iſt, daß man ſie durch uͤbermaͤßige Staͤrke des Holzes beſchweret, indem ſolche nicht allein dadurch mit einer unnuͤtzen Laſt vermehret werden, ſondern auch nothwendig eine ſtaͤrkere Friction erfolgen muß, man thaͤte daher nicht unrecht, wenn man ſich bey dem Maſchinenweſen die Erfahrungen des Herrn von Buffons uͤber die Staͤrke des Beh etwas befannter machte. | J. F. le Petit, f AM COM: * — WERKE RER COMMENTARII Societatis Regiae Scientiarum Goettingenfis Tomus I. ad ann. 1751. © Gott. 1752. 4to, 387 Geiten 16 Rupfertafeln, ach der Zueignungsfhrift an Ihro Koͤnigl. Maj. von Großbritannien folger die Ge— FIT) fchichte der Stiftung der Gefellfchafe ſamt ihren Gefegen und Mitgiiedern. Die gegenwärtige Abficht verftattet nicht, hiervon ausführlich zu reden, wie denn auch diefe Lmftände anderswo aud) deut— ſchen Leſern befannt genug find gemacht worden. Bey der erften öffentlichen Zufammenfunft der Gefellfchafe am 10 November 1751 hat der Herr von Haller als Praͤſident eine Rede gehalten, welche man hier Liefer. Sie betrifft den Nutzen einer folchen Sefelffchaft der Wiſſenſchaften, info fern fich diefelbe von einer Unis verſitaͤt unterſcheidet. Die Einrichtungen der legtern find großentheils noch aus den barbarifchen Zeiten, wo die Gelehrfamfeit in die Studierftube eingefchrän= ket worden, und auf Beleſenheit und bisweilen etwa ‚noch Nachdenken, mit ankam. Zuerft veranlaflete ‚der Unterricht in den Ölaubenslehren die Stiftung hoher Schulen. Man fügte diefen Die Magd der Gottesgelahrtheit die Philofopbie bey, aber die Schula philofophie, die Abftracte, Cauſalſchluͤſſe und Eriften« tialdeftnitionen lehrte. Man befchafftigte fich nur mit ‚einer Welt, die der tiefſinnige Philoſoph felbft „ra ) 20 Commentarii Societatis Regiae ⸗ Die wirkliche Welt und alle Wunder der Natur und Kunſt in ihr, waren unter den Betrachtungen dieſer großen Geiſter. Die Rechtsgelehrten und Aerzte be— kuͤmmerten ſich um dieſe letztern Kenntniſſe ebenfalls nicht viel. Endlich fieng man an die Naturlehre, die Zergliederungskunſt, die Kraͤuterkenntniß, die Natur— geſchichte ꝛc. auf Univerſitaͤten zu lehren, früher auf auswärtigen, und fpat auf deutfchen. Die Umftände eines afademifchen Sehrers erfordern von ihm, den größten Theil feiner Zeit auf den Unterricht zu wen⸗ den. Er muß Jahr aus Jahr ein immer einerley wiederholen, zwifchen den verfchiedenen Wiffenfchaf- ten, Die er vorfräge, immer eine gewifle Verhaͤltniß beobachten, und die Anfangsgründe unzäblichemal wie: derholen, ohne daß er jemals Zeit gewinnet, neue Entdeckungen zu machen. Kelir Plater hat die Zerz gliederungsfunft an dreyhundert Körpern, funfzig Jahre, tehrlingen, die aus ganz Europa zu ihm eileten, vorgetragen. Er hat aber nichts neues gefunden, denn er fuchte nichts neues, und begnügte fich bloß, was an- dere gefunden hatten, funfzigmal zu wiederholen *. Die Abfiht einer Geſellſchaft oder Akademie der Wiſſenſchaften ift, daß die Gelehrten darinn fich nicht mit der Ausbreitung befannter Wahrheiten, fondern mit * Die Lehrlinge wollen auch ordentlich nichts als nur Anfangsgründe erlernen, und denken felbfE in der be- liebten Brodtwiffenfchaften nur auf das tägliche Brodt. Außerdem fehen viele Lehrer die Erhaltung ihres Amtes an, wie ein Handwerker die Würde feiner Meiſter— fchaft, da er nun andere, ja nicht beffer, als er es gelernet bat, unterrichten darf. Sie wiffen wohl nicht einmal, daß man andere Dinge erfinden Fann, als neue Redens⸗ arten und Anordnungen für befannte Wahrheiten. Scientiarum Goettingenfis. T.. 21 mit Entdeckung und Erläuterung folcher, die noch gar nicht oder nicht vollkommen befannt find, befchäfftigen. Die Bereinigung verfchiedener Mitglieder, die einans der behülflich find, und durd) ihre Beurtbeilungen die Maͤngel verbeffern, und andere folhe Einrichtungen zielen alle zu diefer Abficht ab. Der Herr von Haller führet dieſes mit der ihm gewöhnlichen Gelehrfamfeit aus, die durch gründliche Gedanfen unterftüger und durch Dichterifches Feuer belebet wird, und nach Ables fung diefer Rede folget der Sag, defjen Ausführung ‚den Preis zu gewinnen aufgegeben wird, von dem Urs fprunge des wahren weiblichen Eyes, der ebenfalls nebft dem Gefege die ein Kämpfer um den Preis zu beobachten bat, bekannter ift gemacht worden, als daß . man ihn bier zu wiederholen nöthig fände. Die Erzäb- lung der in diefem Bande enthaltenen Schriften nebſt ihrem abgefürzten Inhalte, und die Anfündigung der dconomifchen Preife, welche die Gefellfchaft ebenfalls austheilen wird, befchließen das bisher angeführte als die Borrede, welche Herr Pr. Michaelis, Secretair der K. Geſellſchaft, abgefaffet hat. Der erfte Auffag ift des Herrn von Haller Abhand⸗ kung: ob es Hermaphroditen gebe? der Herr ‘Baron von Hardenberg ertheilte dem Herrn Berfaffer Nach— richt von einem Widder, der etwas einem Hermaphro⸗ diten ähnliches an fich hatte, und überfandte ihn nach Göttingen zur Zergliederung. Der Herr von Haller fand dabey große Hoden in befondern Beuteln. Er fuchte nady Hiphmors Gange, der ihm längftens ver- dächrig gewefen war, und fand von da an, wo die Dberhode an der Hode hängt, eine Art einer weißen Roͤhre, etwa eine Linie breit, Die mitten Durch Die Hode, D 3 ſo f 22 Commentarii Societatis Regiae fo lang als diefe ift, durchgieng, dem Gefrösdrüfens . gange ahnlich war, und mit dem übrigen Theile der Hode, wie es fihien, vermittelft weißer Dueräfte zu— fammenbieng. Er ſchnitt diefen Gang auf, bließ hin⸗ ein, und trieb Queckſilber hinein, aber eserhelletebald, daß ſolches Feine zufammenhängende Roͤhre fen, fon- dern ein zellenfürmiges Weſen, in welchem fi das Queckſilber in viele zerftreute und unordentliche Tropfen verbreitete, und nie nach einer einigen Höhlung nies dergehen wollte, Sonſt waren der zuführende Gang und die Dberhode wie bey ven Menfchen befchaffen. Alto it. das Befchriebene den wiederfauenden Thieren fo wenig ein abführender Gang als bey den Menfchen, wie der Herr von Haller jolches in der Abhandlung de viis feminis und in der 494 N. der Phil. Tranſ. gemiefen bat. Das männliche Glied des Widders zeigte fich in der Vorhaut faſt 9: Zoll lang; Nichts einer Harn— röhre ähnliches war Daran zu fehen, aud) Feine Furche im Untertheile des Gliedes. Aber in dem Raume zwiſchen demfelben und dem Hintern (im Perinaeo) zeigte fi der Grund des Irrthums, der, wenn Die Hirten recht berichtet haben, auch andere Widder bes frogen hatte, in einem langen rothen Ritze, der wie blutig und nach Art der weiblichen Scham weich war. Er gieng vom Untertheile des männlichen Gliedes bis an die Oeffnung des Hintern, und endigte fid) gegen das Außerfte Eingemeide in einem tiefen Sade, welcher der Murterfcheide nicht ganz unähnlic) war, und mo man einen Griffel hinein ftefen fonnte, Der Herr von Haller ſetzt darauf die Unterfuchung der Geſchlechts⸗ glieder dieſes Widders weiter fort, und wie er nichts findet, ' Seientiarum Goettingenfis: TI. 23 - findet, das ihn zum weiblichen Gefchlechte brächte, fo macht er andere für Zergliederer wichtige Anmerkun⸗ gen dabey. | Herr Dapin hat 1750 auch einen dreyjaͤhrigen Kna⸗ ben zum Heren von Haller gefchickt, an deffen Ge: ſchlechte man zweifelte. Was en Jrrthum bier vers anlaffete, war faft wiebey den Widder, Dasmänn- Tiche Glied war nicht unvollfommen, doch fehlte die Vorhaut an der Eichel oben durch den ganzen halben Kreis, unten mit dem Bändchen. Die Eichel hatte Feine Deffnung, dee Harn gieng zu einer runzlichten rothen Deffnung an der Wurzel des männlichen Glie- des und am obern und mittlern Theile des Hodenbeu- tels heraus. Machgehends hat der Herr von Haller noch ein Böckchen befommen, welches dem außerli- en Anfehen nach noch mehr Aehnlichfeit mit dem weiblichen Gefchlechte gehabt, und das er ausführlich befchreibt. Nach diefer eigenen Erfahrung des Herrn von Halter, folgen die Nachrichten anderer Naturfor— fher. Hier it niche der Plas fie anzuführen, man weiß, daß bey dem Herrn von Haller zwo VBolllommen- heiten in dem hoͤchſten Grade vereiniget ſind, die ſonſt ſchon einzeln in viel geringerer Staͤrke ſeltene und große Gelehrte ausmachen, eine unumſchraͤnkte Beleſenheit und eine unermuͤdete Aufmerkſamkeit auf die Natur ſelbſt. Der Herr von Haller finder zwo Claſſen von fogenannten Hermaphroditen, Manusperſonen, Die wegen eines Schliges für Weibsbilder find gehalten. worden, und IBeibsbilder, die man wesen Groͤße der Clitoris fuͤr Maͤnner angefehen. Ob aber Die weib⸗ lichen. Zeugungsglieber mit den männlichen nicht wirk⸗ in einem Körper koͤnnten vereiniget werden, wel D4 ehes, 24 Commentarii Societatis Regiae es Herr D. Pietſch im TIL. B. des Hamb. Mag. geleugnet hatte, getrauet fich der Herr von Haller nicht zu entfcheiden. In der That fcheint nicht Platz ges nug vorhanden zu feyn, daß beyderley Glieder in ih- rer Bollfommenbeit beyfammen ftehen koͤnnten, gleich: wohl will der Herr von Haller fo viele und fo allge meine Erzählungen von Hermaphroditen nicht ganzlich verwerfen, ob er wohl folche Falle; da man dieſes mit Grunde behauptet, für ungemein felten erkläret, Er ſchließt mit den Zeichen, an welchen dergleichen wahre Hermaphroditen von den falfchen zu unterfcheiden waren. In der zweyten Abhandlung weiſet Herr Segner an, wie man ſich des Mikrometers bey Fernroͤhren bedienen koͤnne, groͤßere Weiten damit zu meſſen, als bisher gewoͤhnlich geweſen. Die Dioptrik erweiſet, daß das Bild, welches vom Objectivglaſe gemacht wird, ziemlich genau in der Flaͤche einer Kugel liegt, deren Mittelpunct der mittlere Punct des Objectivs, der Halbmeſſer aber das Stuͤcke der Achſe des Glaſes zwiſchen dem Glaſe und dem Bilde iſt. So ein großer Theil dieſer Kugelflaͤche nicht merklich von einer ebenen Flaͤche abweicht, ſo weit wird ſich das Mikrometer erſtrecken duͤrfen, um auf ſeiner ebenen Flaͤche das Bild zu faſſen, und deſſen Groͤße zu meſſen. Herr Segner rechnet, daß dieſes den hundertſten Theil von der Brennweite des Objectivglaſes betrage, weil er bey einem zweyſchuhigen Fernrohre gefunden hat, daß man deſſen Laͤnge um den hundertſten Theil veraͤndern koͤnne, ohne der Deutlichkeit des Bildes Abbruch zu thun. Alſo würde man von vorerwaͤhnter Kugel ein fo großes Stück als eine ebene Fläche annehmen, — | ie Scientiarum Goettingenfis. T.I.. 235 die Secante des Bogens eines größten Kreiſes diefer Kugel den Halbmeffer mehr als um hundert Theile überträfe, und diefes gabe einen Bogen von acht Gras den auf jeder Seite der Achfe, daß man alfo das Mi: frometer bis auf fechszehn Grade erftrecken koͤnnte. Herr Segner raͤth aber nicht, daffelbe fo weit zu trei— ben, fondern es nur bis auf fünf Grade auf jeder Seite zu erſtrecken, und fuͤget diefem noch verfchiedene nüglihe Erinnerungen zur allgemeinen Theurie der Mikrometer bey, die fich aber ohne Zeichnungen nicht verftehen laſſen. UII. Herr Hollmann redet von dem bisher noch fchlechten Mugen der Witterungsbeobachtungen. Sei⸗ ne Gedanken hiervon find deſto wichtiger, da er felbft über zwölf Jahre folchen Beobachtungen obgelegen hat. Bey dem Barometer erinnert er, daß folches zwar die Veränderungen der Schwere der Luft ficher anzeige, aber zwifchen diefen Veraͤnderungen und der Witterung fey Fein untrüglicher Zufammenhbang bis» ber befannt. Der Nutzen fo vieler barometrifcher Beobachtungen ift vielmehr felbft die Unſicherheit der Witterungsprophezeihungen, die man daraus herleiten wollen, zu zeigen. Die Beobachtungen der Wärme und Kälte führen eben fo wenig zu beitändigen Gefe- Ben, und fo verhält es fich auch mic der Bemerkung der Winde u.d.a. Das Maaß des Negens und Sihnees betrachtet Herr Hollmann befonders, da Ma⸗ riofte daraus die Erhaltung der Quellen und Fluͤſſe erklären wollen, unter vielen Erinnerungen dagegen iſt die wichtigſte, daß Mariotte alles Negenwaller, welches in den Raum Landes fällt, der der Seine Duellen umſchließt, als kaͤme er der Seine zu gute, 35 Ä vor: 26 Commentarii Societatis Regiae vorgiebt, da doch viel Waffer in die Erde zieht, vieles bey Platzregen ſehr ſchnell verlauft, auch die Fluͤſſe ihren Lauf oft viele Wochen durch, da kein Regen faͤllt, unermuͤdet behalten. Mehrere gegruͤndete An— merkungen des Herrn Hollmanns wider Mariottens Gedanken werden hier der Kuͤrze wegen uͤbergangen. Der Nutzen der Witterungsbeobachtungen aͤußert ſich vornehmlich darinn, daß wir die Beſchaffenheit und das Veraͤnderliche in dem Zuſtande unfers Dunſtkrei— ſes genauer kennen lernen. Wir wiſſen die mittlere Höhe des Barometers, die ohngefaͤhr 28 Pariſer Zoll ift, wir wiſſen, daß die Barometerhöhe, und folglich die Schwere und Spannungsfraft der $uft, nad) dem Aequator zu, geringere Abwechslungen leidet, als nad) dem Nordpole zu, wo wir wohnen. Aus dem mitt: lern Barometerhöhen, Die jedem Orte der Erdfugel eigen find, wird man mit der Zeit beftimmen Fönnen, wie viel ſolche Oerter einer Höher als der andereliegen, wenn man beffer weiß, wie die Barometerhöhe mie der Höhe der Luftſaͤule zuſammenhaͤngt. Die Be merfungen ver Wärme lehren uns diefen Zuftand der Luft in verfchiedenen Sändern mit einander ver» gleichen. Sie haben uns fchon gemwiefen, daß es by ung bisweilen fo heiß, wo nicht noc) heißer wird, als felbft unter der Linie, wie. Herr Hollmann diefertwegen Die vom Herrn von Bergen mitgerheilte Erfahrung im VID. des Hamb. Mag. anführer. Go erheller aus dem Gebrauche der Thermometer, daß in Gegenden, - welche faft eben fo weit als Deusfchland vom Aequator entfernt, aber oftlicher liegen, die Kälte meifteng viel firenger fey. In Petersburg, Mofcau ꝛc. war 1749 ten ı1 Jenner und folgende Tage die Kälte außeror: dentlich Scientiarum Goettingenfis. T.L 27 dentlich ftrenge, und in Göttingen fiel zwar diefen Tag das fahrenheitifhe Thermometer 54 Grad uns ter o aber diefe ſtrengſte Kälte dauerte nur ein paar Biertheilftunden, und die fehr große Kälte über haupt nur einige Stunden Bormittage. Ueberhaupt kann man den Witterungsbeobachtun: gen nicht ihren Mugen abfprechen, ob er gleich ißo nicht fo fehr groß fcheint. Man weiß, daß phyſi⸗ kaliſche Bemühungen meiftens erſt nach einiger Zeit Qurch eine glückliche Anwendung, Durch die Verbin: dung mit andern u. d. g. nüßlich werden. Bor: nehmlich wuͤnſchet Herr H. Daß man ſolche Beobach- tungen übereinftimmend an entfernten Orten anftels len möchte, (ein Wunfch, der. von Herrn Kraften zu anderer Zeit im Hamb. Mag. ift angeführet wor⸗ den,) fo würden Yabrbücher von der natürli- chen Beſchaffenheit gewiſſer Landftriche entitehen, denen man ihren Mugen nicht abfprechen Fönnte. Herr Hellmann widerlegt durch folche Beobachtun—⸗ gen den Vorwurf, als wäre die göttingifche Gegend wegen der benachbarten Harzgebirge vaub und Falk. Er bat oft gefunden, daß die Witterung in dem ſuͤd⸗ lichen Frankreich und Deutſchland und Italien felbft ſtrenger geweſen ift, als fie da zu eben der Zeit war, und die ſtrengſte Kälte oft gewefen it, wenn die Winde gar nicht vom Harze her gewehet Haben. Der Nutzen der übereinftimmenden Thermometer ift be kannt, und wie vorcheilhaft die Thermometer in vers fhiedenen hauswirthlichen und andern Gefchäfften, wo man die Wärme genau beftimmen muß, brauchet feines weitern Anführens: Die neuefte Probe da: | = von 28 Commentarii Societatis Regiae von ift des Herrn von Reaumur Gebrauch der Thers mometer bey feiner Ausbrütung junger Hühner. IIII. Herr Gesner handelt de animabus Heracli- ti & Hippocratis, nad) Anleitung des legtern ı Bus ches, von der Diät. Die Schwierigkeit diefes Bus ches, welche andere abgefchredft hatte, hat Herrn ©. vor mehr als 15 Jahren es zu lefen angereizet, Herr Werlhof harte in Willens, die hippokratiſchen Seel: chen ans Licht zu bringen, wurde aber durch wichti- gere Gefchäffte davon abgehalten, daher Herr Gefner von denfelben, nebft feinem Herrn Sohne zu Göttingen 1737 difputivte, und diefe Bemühung fand bey Herrn Trillern und Heren Guͤnzen verdienten Beyfall. Herr ©. fandte feine Gedanfen nach Berlin, wo ſie den Shriften der Föniglichen Akademie einverleibee wur: den, er liefert fie aber bier weiter ausgeführt und or» dentlicher mit Beweifen verfehen. Das Buch) von der Diät haben viele dem Hippo» frates abfprechen wollen, Herr G. entfräfter alfo vorläufig ihre Gründe, und zeiget nachgehends, daß man die Meynung, die er erläutern will, mit Rech— te dem Heraflit zufchreiben koͤnne. Er erinnert noch, daß er hier nicht was wahr oder unrichtig fey, fondern nur was die Alten geglaubt haben, unterfu- chen wolle. Darauf trägt er das Lehrgebaͤude von den Seelen folgendermaßen vor : 1) Aus nichts wird nichts, und Feine Sache vergeht in Miches. 2) Die Menfchen aber fagen von einer Sache, fie 'entftehe, werde, fange an, wenn fie zuvor nicht in die Sinne fiel, uud ißo empfindlih wird, Der erfte Zuftand heißt &öns, (man koͤnnte ihn im Deut: fchen den Abgrund nennen) der andere Pxos oder Ou;, Scientiarum Goettingenfis. T.I. 29 Das, Licht, auch Zeus, Jupiter, deſſen Bru— der "Adns, fonft Pluto, der König der Unterirdi- fhen war. 3) Die ganze Kraft der Natur, und die nächfte Urfache aller finnlichen Begebenheiten bes fteht in einem beftändigen Widereinanderftreben ftreitender Dinge, wodurch jede Sache fich vermit— telft des Kampfes mit Entgegengefesten erhält, da fie allein zerftört werden würde, und das ihrige zu— gleich zu dem, was gefchehen foll, benträgt. 4) Nach: dem ben diefem Kampfe diefes oder jenes obfieger, entfteht eine beftändige Bewegung, eine beitandige Veränderung, daß alle Augenblicke alles entfpringt, untergebt,, vorhanden ift, verſchwindet. Nichts von den Sachen, die wir, empfinden, befindet fich eigentlich, in einem Zuftande des Seyns, fondern nur im Stande des Werdens, wie man in einem Fluffe immer andere und andere Waſſer an eben dem Orte antrifft. 5) Feuer und Waſſer find die Elemente und Anfangsgründe aller Dinge. Durch ihre Eigenfchaften, da Trodne und Wärme dem erftern, Feuchtigkeit und Kälte dem legtern zugehös ren, und durch den beftändigen Streit diefer Eigene fchaften entfteht alles, Das Feuer beweget, durch— dringt, erweitert, verdichtet sc. das Waller nährer, vergrößert, vermindert, 6) Unter den Seelen verſtehen Heraflit und feine Nachfolger, was die Duelle der Bewegung in fich felbft bat. Dieſes Wort bedeutet alfo fo viel, als etwas Belebtes, und begreift Götter, Geifter, das, wodurch Men: fhen und Thiere leben, man mag fich nun folches mit dem Körper vereiniget vorftellen, oder an den Zuftand deffelben gedenfen, in welchem es fich vor | der 30 Commentarii Societatis Regiae der Verbindung mit dem Körper befand, auch nach ſei⸗ ner Trennung von ihm fortdauert, Etwas wirffames und thatiges, Das die Peripatetifer Subftanz nennen, Alles ift nah Heraflits Meynung voll folder Seelen. 7) Diemenfchlichen Seelen irren ebenfalls aus einer ge: hoͤrigen Mifchung von Feuer und Waſſer zufammenges feget herum, und enthalten alle menfchliche Glied: maßen, große und Fleine, die nur mit der Zeit follen ausgewickelt werden. Diefe Seelen, welche man auch Cwa, Thiere nennen kann, ziehen ſich in alle Thiere und auch in die Menfchen unvermerft, und gleichfam mit dem Oden, nur Diejenigen aber er- halten das Gluͤcke zu Menfchen zu werden, ſich einen Körper zu machen und ihn zur befeben, die an einen bequemen Ort aeführet werden, wo fie wachfen und: zufammen gehen fönnen. 8) Diefe Thierchen gehen alfo in das männliche und in das weibliche Geſchlech— te, und mwachfen dafelbft in den Zeugungsgliedern, fo, daß fie fehon da einen Körper befommen und ein Gefchlecht haben, deſſen unterfcheidende Glieder an« fänglich im erften Grundrifle einerley find, und nad)» gehends von der mannigtaltigen Ernährungs = und $ebensart verfchiedentlich ausgervicfelt werden. 9) Je mehr folche Seelen einer in feinem Körper naͤhret, deſto ftärfer ift er, und umgekehrt. 10) Im Bey: fehlaf gehen aus beyden Geräßen viel fchon ermach- fene und reife Seelen von verfchiedenem Gefchlechte, kurz, viel Thiere. Kommen bey diefer Bewegung zwen Thierchen zufammen, deren vier Eigenſchaften mit einander übereinitimmen, (die ift die rergax- ‚rus, Pythagorica) fo vereinigen ſich die Thierchen in eines, woraus ein einziger Menfch yon demjeni- 9 | | gen Scientiarum Goettingenfis. T.L. 31 gen Gefchlechte wird, das bey den Thierchen über: wog, das andere Gefchlecht verfehmindet nach und nad), und erwartet ein anderes günftigeres Schickſal. Ein folder neuer Menfh muß in einen trocknen Ort der weiblichen Gebaͤhrmutter kommen, wo das Rünfchen der Seele von feinen Fluthen ausgelöfchet mird. So wird er nachgehends von der Mutter er- nähret, und bekoͤmmt eine verfchiedentliche Natur nach ‚feiner verfchiedentlichen Nahrung. 11) Da nichts eigentlich untergebt, fo verfallen die Geelen durch Das, was wir Tod und Zerſtoͤrung nennen, nur in ihren vorigen Abgrund, und erwarten da ein neues Schickſal. Dieſes feheint von der pythagori— fchen Seelenwanderung nicht weit entfernet. Alle diefe Säge beftätiget und erläutert Herr G. aus den Alten. Es ift zu verwundern, Daß dieſe Philofophen eine Meynung geheget die den Saamens thierchen fo nahe fommt. Darauf folget ein Städ aus dem Buche von der Diät, nebft einer lateini— ſchen Ueberſetzung und Anmerkungen. Als ein Zufag wird noch erläutert, wie die Alten. die Seele unter dem Bilde eines Schmetterlinges vorgeftelle. Das Wort Duxn bedeutet auch eine Lichtmotte, und wo man auf alten Denfmählern die Gefchichte des Cu⸗ pido und der Pſyche vorgeftellt finder, ift ein Schmet⸗ terling Dabey , oder das Mägdchen hat Schmetter= lingsflügel, Ein Ueberbfeibfel halb erhobner Arbeit, welches Herr ©. hier in Kupfer vorftellen laſſen, er— läutert diefes. Die Verwandlung der Inſekten war den Alten nicht unbefannt, und da fie fih, mas auch fonft ihre Gedanken von der Seele waren, Diem felbe als ein wirffames und belebendes Wefen vor⸗ ip ſtelleten, 32 Commentarii Societatis Regiae ftelleten, fo Fonnten fie natürlich darauf verfallen, das: jenige Seele zu nennen, was in allen verfchiedenen Umftänden eines Inſekts, im Eye, in der Raupe, - im Schmetterlinge einerley bleibt, und belegten da- her den vollfommenften Zuftand diefes Gefchöpfes, den geflügelten mit dem Namen der Seele. Diefes wird nun einige Begriffe von dem Inn— halte der angeführten Auffäge Herrn ©. geben. Da der Verfaſſer in Erläuterung diefer Dunfelbeiten bey weiten nicht fo glüclich gewefen feyn würde, wenn er nicht mit der Kenntniß der Alten, die er in fo ho- hem Grade befigt, auch fo viel Einfihe in die neuern Wiffenfchaften, und eine fo große Stärfe or- dentlich und gründlich zu denfen beſaͤße. Ob er gleich im Voraus erinnert hatte, daß er hier bloß als ein philofophifcher Gefchichtfchreiber und nicht als ein Naturforfcher reden wollte, fo fieht man doch leicht, daß die Säge der Alten aus ihren Schriften zu fammlen, in einen Zufammenbang zu bringen, und ihre Uebereinſtimmung mit den heutigen Begrif⸗ fen oder Abweichung davon zu zeigen, niemand thun fonnte, als der auch in der NMaturfunde geübt war. | Ä V. Herr Profeſſor Michaelis liefert eine Abhand- Jung von den Cherubinen. Er weiſet mit fo vie: Ier finnreichen Gründlichfeit, als feltener Beleſenheit, daß die Eherubinen der Geftalt nach) Sphinges ges weſen, Die nach Art der Aegypter aus einem Men: fehen, Vogel und einem vierfüßigen Thiere zuſam— mengefeßet worden, Es waren die Donnerpferde der hebräifchen Dichter, deren fie fich als Bilder, bald großer Könige, bald feliger Seelen, ug Ar ngel Scientiarum Goettingenfis. T.1, 33 Engel bedieneten. Es ift ein poetifcher Ausdruck nach Herrn Michaelis Gedanken, wenn Mofes Che» rubinen vor das Paradis feßt, und will nur fo viel fagen, das Paradies fey vor dem Zurritte der Men« ſchen durch beftandiges Blitzen verfchloffen worden, und wenn David fingt : Der Herr fahre auf Che- rubinen , fo bedeutet es nur, daß Gott donnere, Dies fes erfäucert verfäjiedene Schrif teftellen, und erfläree einen Vorwurf, den die Gögendiener erftlich den Juden und nachgehends andy den Chriſten gemacht, als betheten fie einen Efelstopf an. Vielleicht hat man die Cherubinen mit Kfelsfopfen an den Wänden des Tempels vorgeftelle. Der Efel war bey den Als ” nicht fo verachter als bey uns, VlI. Here Prof. Käftner hat die Abweichungen gefehliffener Gläfer, Die von der. Kugelgeftalt her⸗ ruͤhren, berechnet. Die gewoͤhnlichen Regeln, nach denen man beſtimmet, wo ſich das Bild befindet, wel⸗ ches ein Glas von einem gegebenen Gegenſtande macht, ſetzen zum voraus, daß alle Strahlen der Achſe des Glaſes unendlich nahe einfallen. Strahlen, die das. Glas in einiger Entfernung von der Achfe treffen, werden von Eugelfürmigen Gläfern nach andern und andern Punften gebrochen; diefe Abweichung har Hugen in feiner Dioptrik nur für Parallelftrahlen | und die Berhältnig der Nefractation, wie 3:2 ber fimmet. Smith hat in feinem des: Syitem of. optiks eine Formel gegeben , die für Strahlen gile, welche von Puncten in gegebener Weite herkommen, — aber er hat auch nur die Verhaͤltniß 3: 2 beybehal. ten, feinen Vortrag nad) englifcher Mode ſynthetiſch he ‚ und nimme in den Lehrſatzen ‚ die er. ° Dand, — vor⸗ * | 4m+ Daß nl (2 — 3 — 1): ee allezeit 34 Commentarii Societatis Regiae voraus ſetzet, verſchiedenes als zu gegenwaͤrtiger Abſicht genugſam richtig an, da noch zweifelhaft ſeyn kann, ob nicht ſolche kleine Irrthuͤmer, die er als geringſchaͤtzig anſieht in die Beſtimmungen fo geringer Groͤßen einen betraͤchtlichen Einfluß haben koͤnnen. Dieſes hat den Verfaſſer veranlaſſet, die ganze Unterſuchung analytiſch, und dergeſtalt anzu⸗ ſtellen, daß man deutlich uͤberſieht, wie weit die Schärfe dieſer Berechnung reichet, denn eine voll: kommen genaue Beltimmung würde unnoͤthig und weil fie in der Allgemeinheit allzuſehr zufammenge- fest wide, unbrauchbar feyn. Die Verhaͤltniß der Kefraction ift zugleich allgemein angenommen, Weil man bisher noch feine andere als Fugelfürmige Glä- fer gebraucht hat, und vielleicht auch Feine andern brauchen‘ wird ; -find nur dieſe betrachtet worden, Alle Strahlen werden bier von einerley Art angenomz= men, und Die Abweichung der Strahlen von ver: ſchiedenen Farben, melche daher rühren, meil eine Farbe mehr als die andere gebrochen wird, behält: fich der Berfaffer zu anderer Zeit zu unterfuchen von Dbgleich diefe letztere Abweichung viel größer iſt, als die erſtere, welche daher itzo in Vergleichung der letztern beyſeite geſetzet wird, fo muß man doch bier- von verſichert zu ſeyn, die Abweihung, welche bloß von der Kugelgeftalt berrährer 7 zu berechnen wiſſen. VII. Eben dieſer Verfaſſer hat einen arithmeti⸗ ſchen Lehrſatz erwieſen, der ihm von Herrn Proſ. Kraften einſtens ohne —— a fe worden, 1 eine Scientiarum Goettingenfis. T. J. 35 eine Triagonalzahl ift, wenn m eine ganze Zahl bedeu- tet. Der Beweis fliege fehr leicht aus einer gefchickren Anwendung des Satzes, daß die Differenz zweyer Potenʒen, durch die Differenz der Wurzeln dividirer, allemal eine ganze Zahl giebt, welchen Sag die Di— vifion gleich ſelbſt lehret. Man Fann obigen arith- metiſchen Satz auch auf gewiſſe Art allgemeiner ma- den, wozu hier Anleitung gegeben wird. ẽ VII. Herr von Haller theilet botaniſche Anmer⸗ kungen ſowohl aus dem goͤttingiſchen Garten, als aus den Feldern mit. Er beſchreibt zuerſt verſchiedene Arten von Cyanis, die im goͤttingiſchen Garten aus Saamen ſind gezogen worden, die Herr Gerber auf feiner £artarifchen Reife gefammlet hatte, Ihm fol: get ein fiberifches Rhaponticum und verfchiedene ande- re Pflanzen, von denen hier nur derjenigen Namen follen angeführee werden, die der Herr von H. hat in Kupfer vorftellen laffen : : Cyanus calicis plumulis reflexis foliis pinnatis. Iacea vulgaris laciniata flore flauo. Cirfine foliis alatis, imis ouatis, fuperioribus si ſemipinnatis. Valerianella ER NR femine fo- lüs infidente Amethyflina. Haller.-Ad. Vpfal. Sal- via caule nudo‘, fpica florente pendula. Phlomis foliis: On bus. galea lacera. Melilotus fupina latifolia , Siliqua lata membranacea comprefla. Hel- leborine bifolia, radice ouali, cucullo fparfo. VIMI. Herr Hollmann redet von der verſchiedent⸗ lichen Höhe des Dueckfilbers in verfehiedenen Baro= metern zu einer Zeit und an einem Orte. ‘Ben dem ‚vielen Fleiße, den Herr H. auf folche Bevbachtun- Ä gen wendet, Bi ihm dieſer Unterſchied nicht verborgen —* € 2 bleiben 36 Commentarii Societatis Regiag bleiben koͤnnen. Er ftelle ihn in einer Tafel vor, wo 28 Barometer von verfchiedenen Weiten mit einan- der verglichen werden, und der Unterfchied auf 0,78 eines londner Zolles fteige. Kaum zwey Barome⸗ ter ftimmen mit einander überein, da fie doch mit eis nerley Dueckfilber, und übrigens auf einerley Art zus bereitet gewefen. In Röhren von gleicher Weite hat das Queckſilber verfchiedene Höhen, und in Roͤh⸗ ren von verfchiedener Weite einerley gehabt. Herr H. ſuchet alfo den Grund hiervon zum Theil in der Zubereitung des Ölafes, und erinnert dabey im Vor⸗ bengehen, : daß die Maffe, aus welcher das Glas gemacht wird, befonders die von den Glasmachern dabey gebrauchte Magnefie viel Einfluß in die Kraft des Glafes beym Eleftrificen haben koͤnne. Die in- nere Höhle der Barometerröhre Fann alfo glätter oder rauher feyn, das Glas kann das Duedfilber mehr oder weniger an fich ziehen; in der Magnefie ift Eifen, und man weiß, daß fi) das Queckſilber ſchwerlich ans Eifen anhaͤngt. Kann alfo nicht da- durch die Beweglichkeit des Queckſilbers im Barome⸗ ter befördert werden ? Aller Unterfihied der Höhen - iſt nur bey ſolchen Barometern beobachtet worden, deren Weiten nicht völlig zwo Linien betrugen, daher Herr H. raͤth, fo viele Röhren, als möglich, zu Barome— teen zu nehmen. X. Herr Gefner handelt von dem $obe Gottes durch Die VII Sautbuchftaben,, und den VII apocaly: ptifchen Geiftern. Der unbefannte Verfaſſer des Buches, de elocutione, den man fir den Deme- trius -Phalereus halt, erwähner, die Aegnpter hätten Gott mie den 7 tautbuchftaben gelobet. Herr ©. Scientiarum Goettingenfis. T.I. 37 G. macht wahrſcheinlich, daß ſolches die 7 grie⸗ chiſchen Lautbuchſtaben in folgender Ordnung IEHNOTA geweſen, er widerleget den Einwurf, die Aegypter würden nicht den Gott Syfraels, der ihnen fo feindfelig gemwefen war, gelobet haben, und er- klaͤret daraus die Stelle in der Dffenbarung von den ſieben Geiftern, weil die Sautbuchftaben, wie er darthut, von den KHebräern Spiritus — worden. XI. Eben derſelbe hat eine beſondere Abhandlung von der Verehrung des Jehovah bey den Aegy— ptern geliefert, welche, wie die vorige, voll tiefer Un— | BERIöNNgen aus dem entfernteften Alterthum ift. XII. Bon dem Heren Prof. Ernefti in Leipzig lie: fert man eine Abhandlung ‚ de vexillariis. Er er: weiſet, Daß dieſes eine befondere Art von Soldaten gewefen, Die zwar mit in den $egionen, aber unter eigenen Fahnen gefochten, und beftimmt diefes end- fi) genauer, daß es die Tirones in den $egionen, und eben die BEN die man vordem Haftatos ge- nannt. J— XII. Eben derfelbe * de nauibus dmgwgeis und gumvoss gefchrieben. Scheffer geftehr, daß er nicht wife, was Hygin mit den Schiffen mit zwey Vordertheilen haben wolle. Herr E. ftelle fich vor, daß ein Schiff zwey Steuerruder, eines an jedem Ende gehabt. Auf diefe Art Eonnte, welches Ende des Schiffes man wollte, zum Bordertheile oder zum Hintertheile gebraucht werden, und diefes war be: fonders beym Sliehen, oder wenn man den Lauf än- dern wollte, ſehr vorteilhaft. Daher Hngin die = € 3 Erfin- 38 Commentarii Societatis Regiae Erfindung folher Schiffe zur Flucht des Danaus felbft dee Minerva zufchreibt, und meiftens die See— räuber fid) ihrer bedient haben, und man konnte alfo von einem folchen Schiffe fagen, daß es zugleich ʒwey Vordertheile und zwey Hintertheile haͤtte. Herr - E. unterſtuͤtzt dieſe Gedanken mit Beweiſen aus alten Scriftftelleen, wo die Sache zwar nicht fo Elar gefagt ift, aber durch gehörige Weberlegung und Bergleichung der Stellen offenbar wird. Eben da- durch unterfcheider fich jemand, der die Alten mie Berftande gelefen bat, von demjenigen, der nur bloß das Gedaͤchtniß mit ihnen erfüllet hat. XIII. Herr Gegner redet von den Geſtalten der Oberflaͤche fließiger Materien. Cr betrachtet hier nur einzelne Tropfen, die von gewiſſen Kraͤften von allen Seiten hergedruckt werden, und beftimmt, was ſie dadurch fuͤr eine Geſtalt befommen, auf dem Bo» den fißen fie auf einer Waflerebenen Fläche auf. Da er Feine befondere Hypotheſen von den Gefegen der anziehenden Kräfte zwifchen den Theilen diefer Tro— pfen macher, fo erhält er fehr allgemeine tehrfüge, und weiſt, mie fich folche durch Werfuche und wirk⸗ | liche Ausmeffungen prüfen laffen. Der hierbey noͤ⸗ thigen Rechnungen und Zeichnungen wegen iſt dieſe Schrift keines vollſtaͤndigern Auszuges faͤhig. — XV. Herr Mayer hat die Breite von Nürnberg, vermittelft neuer und forgfältiger Beobachtungen, be= ftimme. Er hat fich dazu zweener Sectoren von zehn Fuß bediener, dieser ferbit eingetheilet; und damit den Abftand des Sterns yim Drachen vom Schei- telpuncte beobachtet. Diefes mir ähnlichen Beobach⸗ tun, * Seienkiaruim Goettingenfis. TEE; ungen, die man zu Paris angeftellet, verglichen, giebt Nürnberg 36 Min. 55 Sec. nordlicher als Pas ris, und da die Polhöhe zu Paris 48 Gr. 50 M. 25 Ser. ift, fo wird die nürnbergifhe an dem Orte, wo Herr Mayer beobachtet hat, 49 Gr. 27 M. 10 | ©. feyn. Herr Mayer erwähnt alsdenn, wie weit die wurzelbauerifche und eimmartifche Sternwarten von diefem Orte abliegen, von dem Orte aber, wo Walther vorzeiten beobachtet hat, kann man nichs gewiffes ſagen, doch fucht ihn Herr Mayer ohnge- fähr zu beftimmen. Herr Mayers Beftimmung geht um mehr als eine ganze Minute von der wur⸗ ‚zelbauerifchen ab, weil bey ver legtern Feine Fernglä« fer, fondern bloß bevelifche Abfichten. waren ge- braucht, auch die Refractionen nicht richtig anges nommen worden, XVI. Bon eben dem Herrn Mayer folgen einige afteonomifche Beobachtungen, fo er noch zu Nuͤrn⸗ berg indem hohmanniſchen Hauſe gehalten. Sie betref- fen die Mondfinſterniß 1749 den 23 Dec. des Abends, die Sonnenfinfterniß den 8 Jenner 1750. Eine Bede⸗ ‚dung des Sterns o im Loͤwen vom Monden, die Mondfinſterniß 1750 den 19 Brahm. Die Bede⸗ dung des Sternes # im Schlangenmanne vom Mon: de den 17 Aug. 1750,. und den Durchmeffer des Bollmondes in der Erdnähe 1750 den 14 Weinmo- nats. Herr Mayer hat Damals den Durchmeffer des Mondes, welcher dem Aequator parallel gieng, 2 ge 33 Min. 34. Sec, gefunden, DA Mond ftund 36 Gr. hoch. Dieſes giebt nach den nörhigen Verbefferungen wegen der Strahlen 2. C 4 bre⸗ 40 Commentarii Societatis Regiae brehung und Höhe des Mae; den Durchmee 33 Min. 33, 8 Sec. | ‘ Eimige Zufäge zu Herrn Geſhers Abhandlumgen machen den Schluß dieſes Bandes. Außer den ſchon angeführten Kupfern, findet man noch Zeichnungen von den. Gefchlechtsgliedern des Widders und des Bockchens bey der erften Abhand⸗ lung, die übrigen Kupfer gehören zum —— befonders der mathematiſchen Aufſaͤtze. Da dieſer Auszug aus den Schriften ſelbſt ge- macht ift, fo finden fich in der vorgefesten Gefchichte einige Sachen , von denen ih der Geſellſchaft iſt ge⸗ redet worden, ob man gleich hier Feine befondern Abhandlungen davon Liefer. Davon ift befonders die Erfahrung des Heren von Haller merkwürdig, wie die Bewegung des Herzens von: Neize entfteht. Er bat folche oft angeftellee, und den 10 Nov, 1751 der fon. Gefellfchaft und vielen andern Zuhörern gewie— fen. Der rechte Theil des Herzens und das rechte Herzohr lebet länger als die übrigen Theile des Kör- ‚ pers, es fchläge noch, wenn alles übrige auch) am Herzen tode ift. Beruhet der Grund davon in dem beftändigen Zufluffe des Blutes aus den Hohladern zum rechten Theile des Herzens, wenn diefe Adern von der- Kälte felbft zufammengezogen, bon den leß- ten Zucfungen der Musfeln zufammengeprefit, und felbft von derfelben Laſt gedruckt werden, und hoͤret das linfe Herzohr eher auf, ſich zu bewegen, weil es kein Blut zugefchickt — ſo iſt — —*— Meynung der Neuern beſtaͤtiget, daß die Bewe— gung | zu bewegen pflege, überlebte, Scientiarum Goettingenfis. TuE 28 gung des Herzens von dem Reije des hineindrin— genden Blutes herrühret. In dieſer Abfiche hat der Here von Haller beyde Hohladern aufgefchnit- ten. und ausgeleeret, das Blut aus dem Herz: ohre und der Herzfammer ausgedrudt, und alsdenn die Hohladern unterbunden, damit man die Nu: be der Herzohren, der Erfchlaffung der Mus- Fulfafern nicht zuzufchreiben hatte, die nach Abfchnei- dung der Adern nicht mehr fo ftarf geſpannt find. Da auf diefe Art Fein Blue mehr in das rechte Herz ohr floß, ftund es fogleich ftille. Ein anderer Vers ſuch zeigte diefes noch deutlicher. Der Herr von H. leerte das rechte Herzohr aus. Nachdem er die Hohladern abgefchnitten und Lungenſchlagadern geöff- net hatte, das linfe behielt er durch Unterbindung der Aorta mit Blue gefüllt, wodurch das rechte Herz= ohr zuerft zur Ruhe fam, und das linfe noch lange darnach flug, und jenes, welches fic) fonft länger BR. 42 Schmerfahl vom Saurmfchnitte, ne BE ZZ Z 2 2 2 Z 2 2 2 = 2 z | ER SM. Elias Friedrich Schmerfapis ; apbandiuug dem Boumſchnitte $. % | Fe): viel an einem gefchickten Baumfchnikte lie⸗ 8 —82 get: ſo undeutlich und widerſprechend vie⸗ (er) le Nachrichten davon find: fo. wenig ſelbſt einige Gaͤrtner die Sache hinlaͤnglich verſtehen: ſo ſehr andere damit, gleich als mit einem beſondern Kunſtſtuͤcke an ſich halten; fo gemeinnuͤtzig dürfte es vielleicht feyn, wenn id) eine Ffeine Abhandlung da: » von zu Papier brächte. Dieß waren Die Gedanken, die mich bewegten, dasjenige in möglichfter Kürze niederzufchreiben, was ich in dieſem Stuͤcke vornehm- lich aus eigener Erfahrung , theils aber aus der ge- prüften Anzeige verfchiedener Perfonen von mancher ley Charakteren, theils aus einer und der andern bes waͤhrten Schrift erlernet habe, und Ye dem ges neigten $efer vorlege. | $.2. Mancher Menfch beſchneidet e einen Baum, und weiß Faum warum ? Er giebt, auf gefchehenes Befragen, eine unzulängliche Urfache folcher "Hand: lung an. Der Schnitt geſchieht alſo ins Blinde hin. Ein Vernuͤnftiger hat, wie bey ſeinen uͤbrigen Ver⸗ Schmerſahl vom Bauinfehnitte. 43 Berrichtungen, alſo auch bey dem Baumfchnitte, feis “nen gültigen und feftgefesten Endzweck vor Augen. Derfelbe kann allhier drenfach feyn. Entweder die bloße Zierde, oder das Befördern der Fruchtbarkeit, oder Die Zierde und Beförderung der Fruchtbarfeie . zugleich. . Der erfte Endzwec wird nicht oft gewaͤh⸗ let. Der andere fommt bie und da bey Haushäl- tern vor, Der dritte ift der allergewöhnlichite, und ordentlicher Weife derjenige, wornach die im John ftehende Gärtner verfahren. a, 9. 3. Hier findet fid) gleich eine natürliche Urſache, warum manche Begüferte und Angefehene von ihren Gärten, denen. fie eigene und fonft wohlgeſchickte - Gärtner halten, zumeilen weniger Obſt befommen, als ein ſcharfer Haushälter, von feinen Bäumen, die er felbft unter Händen hat, und ohne Abſicht auf fehöne Fiauren, lediglich zum Fruchtbringen war: tet. Wie? Wenn daher jene Herrfchaften den Luſt— garfen von dem ordentlichen Baumgarten hinfuͤhro allemal abfonderten, und ihren Gärtnern beföhlen, in dem erftern bey dem Befchneiden der Bäume die gewoͤhnliche Abfiche beyzubehalten, in dem legtern aber auf den erwähnten andern Endzweck, die einzige: Seuchtbarfeit, zu ſehen. 64 Die Jahrszeit, da der Baumſchnitt ges ſchieht, tritt zwweymal ein: Zuerft etwa mit dem Fe— bruar, und hernach mit dem Heumonat. Wo eine ftarfe Anzahl Bäume vorhanden ift, "nimmt man . bereits im Syenner, eben fo wie nod) im März und April, den erfiern Schnitt vor. Hier. beobachtet man fo viel, daß dieſer Winterfcehnitt, wo es immer an- gehen will, zwifchen Weihnachten und Oſtern, der | * Som⸗ 24 Schmerſahl vom Baumſchnitte. Sommerſchnitt aber nach Johannis, zu verrichten fey. Aus Noth, oder wo man beym Befchneiden auf die bloße Zierde ſieht, kann gar die 7 Monate berdurch, vom Anfange des Novembers bis zum Be: fchluffe des Maymonats, folche Berrichtung unternom⸗ men werden. Mit ſchwachen und matten Stämmen mag man gleicy nah Weihnachten den Anfang mas den. Denn ige ſchonet man ihren wenigen Saft, daß derfelbe nicht nöthig hat, in das Unnüße der Zweige zu £reten, das mit dem Meffer weggenommen wird. Bäume, die eben erft zwiſchen Martini und Fabian Sebaftian, als der beften Berfeßungszeit, eine frifche Stelle erhalten haben, und damals gehörig geftußer find, verfchoner man ein Jahr mit — —5 den, damit ſie ſich erſt von neuem ſetzen, und recht be⸗ feſtigen. Schoͤſſen jedoch gar zu große Zweige her— vor; ſo gebrauchen dieſelben, ihrer Unzierde wegen, nicht ſo lange verſchonet zu bleiben. Das Abnehmen der Waſſerreiſer und der Schoͤßlinge, die entweder nahe an der Erde, oder ſonſt unter den ordentlichen Zweigen, aus dem dicken Stamme hervorkommen, und nur den guten Aeſten und Reiſern die Nahrung verringern, mag zu allen Zeiten geſchehen. | $. 5. Auf den Mondwechfel bey dem Baumfchnitte Acht zu haben, ift thoͤricht. Die Erfahrung Fann folches einen jeden lehren. Hiernaͤchſt ſieht man überhaupt feinen Grund, wie der Mond, fo allbier, als zum Gedeyen der übrigen Erdgemwächfe, einen Einfluß‘ haben koͤnne? Drittens würde mancher Gärtner übel zurecht kommen, wenn er feine ftarfe Anzahl Bäume in der Furzen Zeit, die man ihm, der alten Gage ge- mäß, nad) dem Scheine des Monden — J be ſchnit⸗ “ Schmerſahl vom Baumſchnitte. 45 ſchnitten haben ſollte. Denn gemeiniglich heißt es in den vormaligen Haushaltungsbucher n, Die von einem und dem andern, zumal auf dem Sande, annoch ger braucht werben, z. E. in dem Elugen Landmanne * im erſten Th. a.d.297.©. Man folledrey Tage vor oder nach dem neuen Monde befchneiden. Wiewohl andere diefer mondfüchtigen Lehrer folhe Arbeit fchlechterdings im abnehmenden Monde vers langen **. Das Abnehmen des Mondes und der Zweige = Der völlige Titel iſt: Der kluge Landmann. Oder: Recht gruͤndlicher und superläßiger Untereicht, wie _ men Das Hauswefen nützlich anfangen, in gutem Stande erhalten, in vielen Stüden verbeflern, und denn auch mit großem Vortheile genießen möge, Allen und jeden fowohl Hoben als FTiedrigen, fo S-andgüter befitzen, verwalten, Eaufen und verkau- fen, oder auch verpachten und pachten, zu ſonder⸗ barem Vortheil und Nutzen zuſammengetragen, mit einer ausfuͤhrlichen Vorrede und Regiſter auch mit noͤthigen Kupfern ausgezieret von F.P,F.P.a EıK, Frankfurt und Leipzig bey Chriſtoph Riegeln, 1713. 4. Erſier Theil, 34. 5 und ein halber B.ohne Die Kupfer. Der and. Th. ZU. FB. ohne d. K. Man findet in dem Werke manche gute Anweifung zu vielerley Sachen, die bey dem Haushaltenvorfommen. Aber. dag Gute iff unter vielem Unnügen, Unbemwiefenen, Rindifchen und Aberglaubiſchen verſteckt. Nicht nur ganze Paragras | —— ſondern auch ganze Capitel, ſind völlig uͤberfluͤſ⸗ ig. So hätten 3. E. die 7 eriten und theologifchen apitel, von den Pflichten der Haushaͤlter gegen Gott, die Ehegatten u.f.f. füglich wegbleiben, und etwa ein kurzer Inhalt derfelben bey den allgemeinen Hausre⸗ = des 8 und 9 Kapiteld mic Bocgetrbaen, werden nnen. Wie denn ſchon in eben dieſem Buche a.d.512.undfg, 46 Schmerfahlvom Baumfihnitte. Zweige ftehen bey ihnen in einer Verbindung, vermöge des Wortes Abnehmen, das fie ja von beyden gebrau- chen. Jedoch viertens widerfprechen ihnen dieneuern ° Weltweifen *, und die gefchickteften Gärtner *, | | ee, 6, ©. gefaget wird: Das letzte Mondsviertel fey die befte Zeit Des Beſchneidens; außer bey ganz jungen Zweigen, Die nur ein wenig des Beſchneidens von⸗ nö haͤtten, da Eönnte folches bey zunehmendem Monde geſchehen. * 3. €. in dieſem Zamb. Magaz. der Herr Prof. Kaͤſt⸗ ner. Dean fehe den 6 Band, a.d.549 ©. ** 3. €. de la Duintinie, und F. C. Weber. Man fchlage von dem legtern die 58 und 193 ©. feines Tractatd af: Gründliche Einleitung zum Gartenbau, und inſon⸗ derheit Baumzucht. Aus den franzöfifchen Schrif⸗ sen des berühmten Herrn Öuyintinie und Des Jardi. nier fohtaire, wie auch aus dem mündlichen Unter: richte geſchickter Gärtner, in dieſes WMerk sufammen- getragen, und mit Kupfern erläutert. In dieſer zwey⸗ sen Edition mit vielen noͤthigen Zuſaͤtzen und nuͤtzli⸗ chen Anmerkungen vermehret. Hamburg, gedruckt und verlegt von ſel. Chomas von Wierings Erben, bey der Boͤrſe im guͤldnen A. B. C. 1727. 4. 1A. 2 und ein halber Bogen ohne die Kupfer. Es iſt dieſer Tractat ziemlich gruͤndlich. Daher fand er auch den Abgang, daß er in 2 Jahren zweymal aufgeleget ward. Denn Die erfie Ausgabe trat 1725 hervor. Da ich ihn aber, . zumal bey gegenmwärtiger Abhandlung, fleißig zu Rathe gezogen und geprufer, fo habe ich noch manches uͤber⸗ flüßige und unnüge, auch unvichtige und vermirrte Darinnen wahrgenommen. Daher ich mit Bedacht hin und wieder von dem Verfaſſer abgehe, ob ich gleich da⸗ gegen andern Säßen, die er vortraͤgt, völligen Beyfall ‚gebe. ae | Ä | Schmerſahl vom Baumfchnitte. 47 6.6. Die befte Witterung zum Befchneiden it ein gemäßigter Sonnenfhein. Es hindert auch ein geringer Froft nichts. Nur eine heftige Kälte ift zu vermeiden, weil fie bald und tief in Die neugemachten Wunden der Keifer und Xefte dringt. Sie wird auch der Hand felbft gar empfindlich, und hindert den fehnellen Fortgang der Arbeit. An den Tagen, daes regnet, darf man nicht befchneiden.. Denn ist kann feine neue Wunde fich fchließen, und eine Rinde fegen. Deswegen vermeidet man auch Die Tage, da es glatt- eifet. Bey dem Johannisſſchnitt flieht man eine ſtarke Sonnenhige, als wodurch der Zweig “ der friſchen Wunde leicht vertrocknet. 6.7. Das ordentliche Werkzeug des Befchneideng iſt ein fharfes Meffer. Das es eben vorne gekruͤm⸗ met fen, wie die Gartenmeffer gemeiniglich verkaufe werden, ift nicht nothwendig, doch aber nicht zu ver- werfen, weil ein leichterer Sichelhieb damit zu verric)- ten fteht. Als ein außerordentliches Werfzeug ge— braucher man die Baumſaͤge. Selbige wird nur bey trockenen, harten und Dicken Zweigen, zur Hand ge nommen. RN. 8. Die Ordnung, nach welcher man die Bäume vornimmt, ift natürlich dieſe: Man befchneider zuerft _ die Arten, welche eher als die übrigen, Früchte treis ben. So fann man z. E. etwa im Jenner die Som- mer-und Herbftbirne, im Februar die Pflaumen, im März die Apricofen und Pfirfchen vornehmen, und darauf zu den Aepfeln u.f. m. geben. Die Apricofen und Pfirſchen beſchneidet man ſthon im May zum an⸗ dern⸗ ja im Brachmonate zum drittenmal. rs FR a i 9 48 Schmerfahl vom Baumfehnitte. 9.9. Bey der Art des Befchneidens ift das meifte anzumerken. Ueberhaupt beobachtet man dieſes: Die Wunde wird ganz eben, folglich allenthalben, wo es fich will thun laffen, auf einen einzigen Sieb ge: macht. Denn überbleibende Faͤſerchen und Risen geben Gelegenheit zum Anfegen einer Faͤulniß, oder zum Berdorren, nachdem es die folgende Witterung mit fich bringe. Daher auch da, wo man mit der DBaumfäge etwas weggenommen hat, Die Wunde mit dem Meffer wieder eben gefchnitten werden muß. Ja man fäget den Zweig von unten auf, und nicht einmal ganz durch, fondern Durchfchneidet das öberfte zuvor mit dem Meffer, Damit Feine Verlegung der zurüc- bleibenden Baumrinde entftehe. Sollte alfo einnad)- bleibender Aft fplittern, oder die Schale aufreißen; fo wird das, was fchadhaft geworden, fofort abgefeger, Der befte Schnitt, womit man die, Zweige verfürzef, iſt ein etwas länglichter. Die Gärfner pflegen ihn, voh feiner Aehnlichkeit mit einem Rehfuße, den Reh— fuß- auch wohl den Ziegenfußſchnitt zu beißen. Er kann am leichteften und geſchwindeſten gefchehen, und wird dadurch am ebenften gerathen. Setzt man eis nen ganzen Zweig durch diefen Schnitt ab; fo geht nur unten alles eben weg, und oben bleibt etiwas res niges von folhem Zweige an dem Afte zuruͤck. Der Saft des Bauns tritt hierauf gemeiniglih bis an das oberfte Ende folches fchrägen Abfchnites, und bricht dafelbft mit Zeugung eines frifchen Zmweiges aus. Verlanget man aber nahe um die Stelle, wo man einen Zweig wegnehmen will, fünftig mehr als einen wies der zu fehen; fo muß man de. Schnitt nicht fhräge, ſondern platt zuführen, und zwar ſo, daß manvon dem‘ weg: Schmerfahl vom Baumfchnitte. 49 twegzunehmenden Zweige rund herum efiwas weniges, etwa einen halben Finger dick, ftehen läßt. Alsdenn werden um den Bezirk des ißtgemachten Schnitts hernachmals leicht mehrere Zweige bervorfchießen. Kein Schnitt darf durch Augen oder Knoſpen gehen. Denn was von einem verlegten Auge an Dem abge= Fürsten Zweige übrig bleibt, muß vertrocknen. Abges ſtorbene Spisen find allenthalben wegzunehmen, weil das Berdorren fonft durch fie weiter in den Zweig tritt, Alles dürre Holz überhaupt ſchaffet man weg, indem es allbier feinen Nutzen bat, vielmehr dem grüs nen im Wege fteht, ja das Vertrocknen weiter forte treibt, Waſſerreiſern gönnet man gleichfalls Feinen Pas. Doc) giebt es außerordentliche Fälle, da man fie beybehaͤlt. Nämlich ; Entweder, wenn der Baum zu geil ift, da fiedenn feinen überflüßigen Saft verzeh- ren helfen, Oder, menn fie zur Austüllung leerer Stellen dienen. Und bey diefer Gelegenheit habe ich befunden, daß fie nad) einigen Fahren zu gutem Holze werden, Wo die Aeſte und Reiſer gar zu Dick in eine ander wachen, daß weder die Sonne hindurch fcheiz nen, noch die euft durchftreichen kann, machet man Damit, daß man einige wagnimmt, den übrigen beffern Kaum: Schwahe Stämme befchneider man nicht nur ſehr Furz, fordern nimme ihnen auch wohl viele ganze und fonft gute Zweige, Damit der zuruͤcktretende Saft erſt die Stämme ſtaͤrker mache. Den jungen Keifern laßt man nicht mehr als 3 bis hoͤchſtens 6 - Augen, das übrige koͤmmt weg. Se flärfer man in« zwiſchen einen Baum befchneider, deſto 5* Holz ſucht er wieder zu ſetzen. / 10 Dand, D . 10. so Schmerfahl vom Baumſchnitte. $. 10. Ein Bernünftiger laßt hiernächft feinen vor: gefegten Endzweck nicht aus der Acht. Wir wollen erftlich annehmen : Diefer Endzweck gehe auf die Sierde des Baums. Itzt müffen unfere Augen die beften Anführer feyn, welche die annehmliche Zuſam— menſtimmung weifen, die uns am meiften gefällt, Denn bierinnen ift die Beurtheilung der Menfchen fehr unterſchieden. Hauptſaͤchlich findet fich diefes bey auferordentlichen Zierrachen. Was it der eine für eine ganz befondere Schönheit ausgiebt, nennet der andere wohl nur ein Kinderfpiel. Und beyde Per- fonen begehren dennoch Leute von gutem Gefhmade zu ſeyn. - Die gewöhnlichen Zierden der Stamme find, Daß man einem hoch: oder halbſtaͤmmigen Baume eine runde Krone giebt, und einen Geländerbaum mit artiger Uebereinftimmung feiner beyden Geiten von’ einander breitet. Es dürften ſich die vornehmften Säge von den Baumzierrathen fo abfaffen laſſen: Der Stamm muß einereizende Figur haben. Seine Zwei- ge müffen ihn wohl bedecken. Daher nimmt man ihm nicht unvorfichtig Reiſer, wo nachmals leere Luͤcken bleiben. Und weil er gern in die Hoͤhe waͤchſt, da— durch aber unten am erſten unbekleidet bleiben kann; ſo haͤlt man ihn vornehmlich nieder, und zwingt ihn damit u der untern Bedeckung. Belaubet er ſich an einer Seite uͤberfluͤßig, an der andern aber ſchwach; ſo ſetzt man von der erſtern, da, wo es ſich ſchicken will, ganze Zweige ab, beſchneidet auch wohl die uͤbrigen allent⸗ halben, wo keine nackten Plaͤtze dadurch entſtehen, aufs ſchaͤrfſte. Itzt wird der Saft genoͤthiget, zuruͤck zu treten, und an der ſchwach belaubten Seite einen Aus: bruch zu fuchen, wo man ihm nicht binderlich fälle. Unfchick- ‚Schmerfahl vom Baumfchnitte, si Unſchickliche krumme Zweige werden mweggemworfen : wiewohl gleich in ihrem erjten Jahre fich einige durch) Beugen und Anheften beffern laffen, Einem nieder- ſtaͤmmigen Baume, der nicht am Geländer ſtehen, fon: dern für fich frey bleiben und eine runde Krone führen foll, Hilft man anfangs zu der Rundung feines Haupts, und nun giebt man ihm, durch Wegnehmung einer guten Anzahl von feinen innern Zweigen, die Deffnung in der Mitte, und feine befjere Freyheit. | gr. Wie verrichtee man aber zur Beförderung der Fruchtbarkeit den Baumſchnitt? Hier muß ich vornehmlich die befondere Regel beftätigen, die der Herr de la Duintinie zuerft mitgerheilet hat, aber von unfern deutfchen Gärtnern felten einer weiß. Mir fit es mit verfchiedenen an fich nicht unwiſſenden Gaͤrt⸗ nern, die aber ihre Kunft nur aus dem Munde ihrer ehemaligen Meifter, ohne nach Urfachen, Beweiſe und Berbefferungen felber zu forfchen, ins Gedächeniß ges faffet hatten, fo gegangen, daß fie überhaupt nicht leicht etwas neues, welches ihre Meifter nicht vorgetragen, billigten. Und fo war ihnen denn auch die beruͤhrte Lehre des Herrn de la Quintinie ſo unbekannt, als un— glaublich. Sie beſteht hierinnen: Man vermindere an dem Baume die ſtarken Zweige, und laſſe ihm hauptſaͤchlich die ſchwachen *. Betrachtet man die Baͤume vor dem neuen Beſchneiden; ſo wird man nach dem vorigen Schnitte zweyerley Holz an ihnen wahrnehmen. Naͤmlich ſtarke und ſchwache Zweige. Jene find Holz: dieſe aber Fruchtzweige. Nun iſt die —F D 2 gemei⸗ * Man kann hiebey den 7 Band dieſes Mag. a. d. 604 und den fgg. S. nachſehen. 52. Schmerſahl vom Baumſchnitte. gemeine Art des Befchneivens Die, daß man ſowohl die Holz⸗ als Fruchtzweige, bis etwa auf 3 Augen, oder einige mehr, abkuͤrzet. Es bat auch feine Rich— tigkeit, dag man auf ſolche Weile die Zierde des Daums am allerleichteften beforgen Fann. Denn, nachdem es que in Die Augen fällt, laßt man ist an einem Zweige, an einem andern drey, an einem Dritten vier Knoſpen, u. ſ.f. Auch kann der Baum dadey Fruͤchte geben. Denn die ihm gelaſſenen Knoſpen an den Fruchtzweigen werden nicht muͤßig bleiben. So ertheilen auch die Knoſpen, die an den abgekuͤrzten Holzzweigen geblieben find, Fünftig fo Holz: als. Frucht⸗ zweige wieder. Aber, zur Befoͤrderung einer groͤßern Fruchtbarkeit geht der vorhingenannte Director der koͤniglichen Gaͤrten zu Verſailles, von dieſer gemeinen Art zu beſchneiden ab. Er nimmt eine gute Anzahl der Holzzweige ganz weg, an ſtatt fie, wie die Frucht— ziveige, zu verfürzen. Der Grund, daß Diefes die Fruchtbarkeit ungemein vermehren müffe, ift leicht zu finden. Denn, bey gedachten Verhalten muß der Saft, der ſonſt in fo vielen. nur verfürzten Holzzwei— gen bliebe, zuruͤckweichen, und unfer andern in Die junz gen Feuchtzweige mit dringen. Dieſe Fonnen alfo weit beffer fortftommen, als wenn ihnen fo vieler Saft nicht zu Theil geworden wäre, Daneben ift ihnen auch diefes behülflich, daß das Laub der fonft verfürz« ten, aber num gänzlich weggenommenen Holzzweige, ihnen nicht im Wege fieht. Ja -es lehren uns fere Augen, daß das Obſt nie aus dicken Aeften, fon= ‘ bern immer aus fihwachen Zweigen bervor wächft. Je mehr alfo die legten zu vermehren, und die erftern zu verringern ſtehen; jegrößere Fruchtbarkeit gun Schmerfahl vom Baumſchnitte. 53 hoffen. Es ift aud) die von dem Herren de la Quin— tinie entdeckte Wahrheit Durch verfchiedene Erfahrune gen bereits befeftiger worden, Ich kann folchen Er⸗ fahrungen die meinige benfügen. Zweene Zwerg: bienbaume, die ihre Stelle nicht verdienten, fieng ich vor 5 Jahren auf Die angezeigte Are zu befchneiden an, und da ich folches beftändig fortfegte, Famen fie da— durch fo weit, daß fie beyde im vorigen Sommer auf das dickſte mit Birnen angefüllee waren, ohngeachtet fie ſchon bejahrte Bäume find, die Bin und wieder als tes unnüßes Holz haben. Weder dies legtere wollte ich wegnehmen, noch fonft etwas verfuchen, Damit ich defto gewiffer werden Fünnte, ob nicht ſchon jene Art des Befchneidens die Fruchtbarkeit beförderte? wel— ches ich denn nunmehr nicht allein felber wahrnahm, fondern auch andern öfters zeigte. So gegruͤndet überhaupt die Entdeckungen des Herrn de la Duintis nie find, fo fehr wurden fie doch zuweilen nad) feinen? Tode angegriffen, und unter andern von der Scudery in ihren Gedichten verlachee. Dee Wahrheiten finden nicht fofort bey Leuten, Die gerne Die alte Leyer ftimmen, Beyfall. Daher blieb denn auch) unfer Griff, Die Bäume zur greößern Fruchtbarkeit zu zwingen, nicht verfchonee. Doc hat es in Frankreich den Sägen jenes klugen Gärtners nicht am Beyfalle gefehlet *, und in Deutfchland ward er noch im vorigen jahre in dieſem Hamb. Mag. ** vertheidiger. « Die Eins würfe, die man mir vormals wider mehrerwähnte Sache machte, kann ich anigo fo viel leichter, nach Anleitung meiner eigenen Erfahrung, . beantworten. | D 3 ; Gie * Siehe den 5 B. dieſes Mag. a. d. 250 ©. ** im 7B. am angef. Drie, 54 Schmerfahl vom Baumſchnitte. Sie waren: 1) Der Baum verloͤre ſeine Zierde durch Wegnehmung ſo vieler junger Holzzweige. 2) Man koͤnne ihn alsdenn weniger befeſtigen. 3) Aus den Holzzweigen muͤßten kuͤnftig die neuen Fruchtzweige hervorſproſſen, warum man ſie denn, da ſie ſo hochnoͤ⸗ thig waͤren, wegnehmen wolle? Auf den erſten Ein— wurf iſt die Antwort: 1) Die angegebene Befchneiz dung ſoll auch nicht zur Beförderung der Zierde, fon- dern der Fruchtbarkeit, abzielen. 2) Man verun> zieret aber doch den Baum nicht fehlechterdings da> durch), fondern, wenn man will, kann zugleich Dabey eine gute Figur Statt finden. Die jungen Holy zeige fchießen gemeiniglich am längften über alle an- dere empor. Geſetzt nun, man hätte einen am Geländer ausgebreiteten Stamm, an welchem fich oben vieleneue Holzzweige wieſen; fonehme man 3. E. an jeder Seite einen oder zweene derfelben nur ganz weg, und ver- fürze die übrigen fo, daß der Baum von der einen Eeite zu der andern eine fehöne Rundung erhält, und alfo der mittelfte Holzzweig am längften gelaffen wird. Dabey ift am dienlichften, wen man dennoch diefem mittelften Zweige nur auf 4 Yugen läßt, wobey denn die übrigen, die nicht gänzlich wegaefommen find, 3, 2, auch nur ein Auge behalten. Das Wegnehmen der fernern neuen Holszweige, die nicht oben hervor: vagen und dafelbft zum guten Anfehen beyzubehalten nörhig find, fondern an andern Orten des Stamms ſich befinden, Fann ganz und gar Feine Unzierde dem Baume verurfachen, es wäre denn an folchen Stellen, 10 fie einen leeren Platz mit ausfüllen müßten, Und bier mag derjenige, welcher auf die Zierde des Baums mit ſieht, freylich einen und den andern Holzzweig ftehen Schmerfahf vom Baumſchnitte. 55 ſtehen laſſen. Der andere Einwurf iſt ganz nichtig, und wird fo gehoben: 1) Kann man bey den alten Zweigen ven Baum anbinden. 2) Geht eben das bey den übriggelaffenen abgefürzten neuen Holzzwei⸗ gen an. Ja 3) find auch fehon einige neue Frucht: zeige hierzu geſchickt. Bey dem dritten Einmurfe ift dieß zu willen: ı) Man redet hier von einem bes reits vollftändigen Baume. Bey folhem bat man gar nicht mehr nöthig, bedacht zu fern, woher er aus neuen Holzzweigen erft eine Anzahl Fruchtzweige bes fommen möge? fondern er bat fehon allenthalben Fruchtzweige. 2) Das alte Holz wird immer forte fahren, friſche Frucht- und Holzzweige zu fegen. 3) Man verlanget ja nicht, daß alle und jede junge Holzzweige allemal ganz weggenommen werden follen, fondern die Nede geht nur auf eine Verminderung derfelben, folglich bleiben immer einige da, und liefern Fünftig fernere Zweige von beyderley Arten, 4) Sest man einen Holszweig ab; fo hat man da: durch noch) nicht alles verloren, was man bes fürchtet: fondern neben der Stelle des weggeſchnit— tenen erblickt man das Fünftige Jahr ſchon einen ans dern. Stellet fih aber diefer nicht ein; fo finden fih an feiner Statt verfchiedene Fleine Fruchtzweige, welches noch beffer ift. Ja 5) find oft bey frifchen Bäumen aus einem einzigen Auge ein paar ſchwache und ein ſtarker Zweig zugleich hervor gefchoffen. Hier erfodert es recht eine Nothwendigkeit, den legtern, als den Holzzmweig, wegzunehmen. Bleibt er ftehen, fo daß man ihn nur verkuͤrzet; fo wird er jene Frucht: zweige leicht erſticken. D 4 — 56 Schmerfahl vom Baumfehnitte, $. 12. Bey fehr geilen Bäumen befördert man hiernaͤchſt die Fruchtbarkeit dadurch, wenn man fie auch auf andere Weiſe, als durch Berminderung ihrer Holzzweige, zu fchwächen fucher. Große sebhaftigkeit giebt nur immer Holz, und feine Früchte. Je mehr man dabey die Holzzweige vermindern will, defto mehr brechen neue hervor. Sollen Früchte in guter Anzahl fich einfinden; fo muß man foiche Geilheit dämpfen. Das Fann auf mehr dein eine Art gefchehen: 3. E. wenn man den zu lebhaften Baum aus feinem fetten Boden in einen magerern verfeget. Unter andern aber thut bier ein folches Befchneiden gufe Dienfte, wobey man den jungen Reiſern viele Augen läßt, Ja, wo ein hoch - oder halbftämmiger Baum, der noch nicht getragen hat, fo unbändig fortwächft, fo thut man am beften, daß man ein paar Jahre bindurd) der Natur völligen Lauf läßt, und nicht das geringfte daran fchnei- det. Hat er ſich nun erft genugfam ausgebreitet; fo_ kann man ihn auf einmal hinlänglich abftugen.; Laͤßt er ſich aber ist durch Fein Befchneiden zwingen, fo ift es Zeit, dem Frechen Wachfen auf andere Art Einhalt zu thun, wofern man nämlich gute Früchte von ihm verlanget, und nicht etwa auf feine bloße Zierde ach— tet. Diele Bäume, fonderlich einige Arten von Bir- nen, haben es an ſich, Daß fie auf einem geilen Boden zwar Holz und Blätter genug, aber wenige und nicht vecht ſchmackhafte Früchte geben. Hier hilft Fein Beſchneiden, fie zu beffern. Sondern man muß ihre Lebhaftigkeit durch fhlechtere Erde hemmen. Will oder fann man fie nicht mehr verfegen; fo darf man nur im Winter von den Stämmen, ohne Verlegung der Wurzeln, die geile Erde ein bis zwey Fuß tief ge” nd f on L) Schmerfahl vom Baumſchnitte. 57 weg ⸗ und fehlechtere in den Plag bringen. Louiſe bonne ift von gedachter Natur. Man nehme nur zweene Staͤm⸗ me von derfelben, und fege den einen in ein geiles, den an⸗ dern in ein etwas trocknes Erdreich. Itzt wird man Den Uneerfchied bey ihnen gewahr werden, und die Wahr— heiten, Die ich eben vorgetragen, beftätiget finden. Louiſe bonne im geiten Erdreiche giebt Holz und Blätter im Ueberfluß, aber wenige und lange nicht fo ſchmack⸗ hafte Früchte, als die Louiſe bonne in dent trocknern Erd» reiche, bey ihrem wenigern Holze und reichern Fruͤch⸗ ‚ten, liefert. Durd) fein Befchneiden, wohl aber durch Die Aenderung des Erdreiches, wird man eine Berbeflerung zumege bringen. Sn etwas kann man fo muntern Bäumen durch ein gänzliches Unterlaſſen des DBefchneidens zu Hülfe fommen. Je mehrere und längere Holzzweige und Wafferreifer fie bebal- ten, je beffer helfen diefe die überflügigen Säfte ver- zehren. Und von folher Schwächung entftehen als- denn Fieine Zweige, und Früchte. Jedoch ein der- gleichen Unterlaſſen des Befchneidens kann endlich den Stamm gar erfchöpfen, und feine Dauer ver kuͤrzen. §. 13. Einen alten Baum kann man öfters durch ein kurzes Befchneiden und ftarfes Abfiusen wieder verjüngen, Man nimmt ihm die alten unfruchtba⸗ ren und halberftarrten Xefte. Alsdenn wird der Saft, der hier hineinzutreten gewohnt war, auf ein⸗ mal im $aufe gehemmet, und treibt an den Seiten des Abſchnitts verfchiedene ſchwache Zweige, die denn - künftig Fruchtknoſpen geben koͤnnen. 3 $. 14: Bey allem Befchneiden zur Fruchtbarkeit ‚merfet man noch die .. Regeln : Jange junge Frucht⸗ 53 Schmerfahl vom Baumfehnitte. Fruchtzweige tragen nicht gerne, muͤſſen alfo verfür- zet werden. Nruchtzmeigen von mäßiger Laͤnge nimmt man nur die äußerfte Spige. Sind fie in Anfebung ihrer Länge zu ſchwach; fo müffen fie etwas mehr, als diefe aͤußerſte Spige verlieren. 9.15. Sieht man drittens auf Zierde und Fruchtbarkeit zugleich; ſo wird ſich aus dem bis— herigen bald ſchließen laſſen, was man zu thun habe? Die eine muß der andern nachgeben. Zuweilen weicht das Beſchneiden zur bloßen Zierde: zuweilen das zur bloßen Fruchtbarkeit. Man verfaͤhrt fol— gendermaßen: So fange ein Stamm in der Baum— fhule ſteht, ift es am beften, ihn gar nicht zu be- ſchneiden. Verſetzt man ihn; fo kann er auf einmal die gute Stellung erhalten, die fich zu feinem neuen Mage ſchickt. Diele deutſche Gärtner, die mit dem Sranzobft nicht gut umzugehen wiſſen, ziehen alle ih: re Bäume bereits in der Baumfchule. Allein die Erfahrung wird geben, daß man beym Verſetzen doch noch öfters durd) den Schnitt etiwas ändern - muß. Dazu geben allemal die Bäume beffer an, denen man vorhin ihre Freyheit gelaffen, als bie, woran man fchon in der Baumfchule gefünftelt hat. DBeym Berfegen hat manden Stamm aufs fehärffte zu befchneiden, Denn beym Ausroden verliert er etwas von der bisherigen Kraft. Er bleibe alfo nicht iin Stande, alle fo lange gehabte Zweige hinlänglich zu er= nähren, Hiernaͤchſt brauche er auf feiner neuen Stelle zugleih unten mehrern Saft als vorher, um ſich erft gut zu befeftigen, und neue Wurzeln zu fchla- gen. Daher man fehen wird, daß die verfeßten Baͤu⸗ me, die man ſcharf abzuftugen verfäumer hat, nicht gut - Schmerfahl vom Baumfihnitte. 59 gut fort wollen. Kinige feheinen zwar, im erften Sabre, wohl "anzugehen. Aber fie grünen da— ber, weil derjenige Saft ausbricht, der fchon in den Aeſten fich befand, bevor der Stamm ausgerodet wurde, Und folche Bäume werden in den folgen- den Jahren fehon ihre Mattigkeit zeigen, und leicht ausgehen, Wenn einige Gärtner den Baum, den fie im Winter verfegen, aus Furcht für dem Srofte, alsdenn nicht, fondern erft im März befchneiden; fo ift folches nicht zum Beften. Der Froft pflegt in unfern gemäßigten Gegenden nicht zu fehaden. Aber Durch das Befchneiden im März wird der Baum gar leicht bis in feinen neuangefegten Wurzeln erfchüt: tert, und wieder losgeriffen. Ohnedas wird der Saft, der ſchon in den Stamm getreten ift, ohne Noth beunruhiget, geftöref, und zum. unzeitigen Zurüctreten gezwungen. Die Belchneidung der Wurzeln ift beym Verſetzen nicht zu vergeſſen. Nimmt man den Baum mit der an den Wur- zeln befindlichen Erde behende aus, ſo daß man ihn alsbald in ſeinen neuen Platz bringt; fo erfri⸗ ſchet man durch den Schnitt bloß Diejenigen Wurzeln, welche aus jener Erde bervorragen; Fann er aber nicht fhleunig verfeßet werden, fo daß er etwa an einen entlegenen Ort verfchicket wird; fo nimmt man ihm biefelbft nachmals die vertrocfneten Säferchen und Wurzeln, damit Feine Fäulniß entfpringe. Von ftarfen Wurzeln braucht er nur etwa drey der beften zu behalten. Denn, nicht diefe, fondern erft die neu aus ihnen hervorwachfenden, geben ihm die kuͤnf— tige Feftigfeit. Man befchneider die ftarfen Wur- zeln lang, die ſchwachen fürzer, und nimmt die gar zu fchwachen völlig weg. Nachdem der Stamm ein Jahr 60 Schmerſahl vom Baumſchnitte. Jahr ſeine friſche Stelle bekleidet hat; ſo folget der erſte Schnitt nach dem Verſetzen. Hier ſind einige Beyſpiele von demſelben: 1) Hat man einem Gelaͤnderbaume beym Verſetzen alle damalige Zweige, auch den Gipfel, genommen: Hat derſelbe nachher nur ganz oben einen ſtarken Zweig hervorgeſchoſſen; fo befindet ſich dieſer letzte an dem unrechten Orte. Er iſt alſo zu verwerfen. Man nimmt unter ihm noch etwas von dem Stamme gerade zu mit weg. Nun wird man um dieſen Abſchnitt herum etwa ver- ichiedene neue Zweige hervorfommen fehen. Doc) bringt der Baum nunmehro ein Kahr fpäter, als fonft, Früchte. 2) Hat gedachter Geländerbaum in dem erften Jahre, nicht oben, fondern in der Mits te, den ftarfen Zweig gebracht; fo nimmt man das oberfte von dem Stamme bis hart an diefen Zweig weg, gewöhnet den leßtern, fo viel möglich, gerade in die Höhe, und läßt ihm Die Sänge, die man an dem Mittelzweige, aus welchem die übrigen zu beys den Seiten abgehen follen, verlange. Künftig - werden fi) an ihm neue Zweige zeigen, die nach den beyden Seiten hinzulenfen find. 3) Iſt jener ftarfe Zweig, weder oben, noch in der Mitte, ſon— dern unten am Stamme hervorgefonnnen ; fo ift es noch beſſer. Man feget ven Stamm bis an diefen Zweig ab, gewöhnet den letzten gerade in die Höhe, und giebt ihm die anfehnliche Laͤnge eines Mittels jweiges. 4) Ließe fich folcher Zweig nicht gerade in die Höhe zwingen ; fo verwirft man ihn feiner Un— zierde halber. Denn man würde fonft durch ihn einen Baum befommen, ver fid) nad) einer ar N - bin, Schmerfahl von Baumfchnitte. 6ı hinneigte. Man nimmt alfo noch unter folchem Zweige etwas gerade zu von dem Stamme mit ab, und erwartet um diefen Abſchnitt herum neue Spröß- linge. Man bekoͤmmt aber ein Jahr fpäter Früchte, 5) Iſt ein Baum im erften Jahre gar nicht ausge ihlagen, aber doc) nod) nicht vertrodnet; fo läßt man ihn, ohne was daran zu fchneiden, auf Hoff: nung ftille fteben. 6) Hat er zweene Zweige in ei- ner guten Sage hervorgetrieben, 3. E. an benden Sei⸗ ten gerade neben einander über; fo giebt man felbi- gen eine gleichetänge, und läßt ihnen nicht allzu viele Augen. 7) Sigen fie an beyden Seiten, aber der eine ein wenig höher, als der andere; fo befchneider man fie doch zu einer gleichen Höhe, fo daß der eine niche über den andern hervorrager. 8) Sind fie in gar zu weiter Entfernung von einander , oder fonft von fchlechter Uebereinftimmung ; fo wird nur der gute gelaffen, und der ungefchicfte weggenommen. DBefände fid) nun z. E. an einem Geländerbaume der gute Zweig unten, der ungefchickte oben; fo nimmt man nicht nur diefen legtern, fondern zugleich den Stamm bis an den untern Zweig mit ab, und ver- fährt mit dem übergebliebenen, wie bey der dritter Nummer. Befaͤnde ſich der gute Zweig in der Mitte ; fo handelt man mie bey Der andern Num— -mer. Befaͤnde er fich aber faft oben ; fo wäre es am fehlechteften, und man hätte ſich nad) der erften Nummer zu richten. 9) Treibt der Baum im er- ſten Sabre drey, vier oder mehr ftarfe und wohlge— legene Zweige, fo befchneidet man folche auf eine zu beyden Seiten übereinftimmende Art. 10) Treibt er zwar drey, vier und mehr, aber nicht alle wohl⸗ gele« 62 Schmerfahl vom Baumfchnitte, gelegene Zweige; fo nimmt man die ungefchickten hinweg. Befinden fi) diefe oben; fo wird mit ih⸗ nen zugleich der Stamm bis an die wohlgelegenen — 96 11) Treibt ein Baum nicht nur einen, zween, drey oder mehr ſtarke Zweige, als wovon eiz . gentlich bisher Die Rede geweſen ift, fondern überdas ‚nod) andere ſchwache; fo mußman ihm allenthalben, wo es ſich ſchicken will, dieſe letztern zu Fruchtzwei— gen laſſen. Sind einige gar zu behende Reiſer dar— unter; ſo nimmt man dieſelben weg. 12) ft auch die Anzahl der ſtarken wohlgelegenen Zweige gar zu groß; jo behält man nur etwa 4 bis 6 der allerbeften. Dabey fieht man wohl auf die Stärfe und Schwa- che des Stammes. Iſt der Stamm ſchwach; fo darf man ihm nicht einmal 4 der dickſten Zweige lajfen. Hernach hat man vornehmlich ißt, wie fonft allemal, darauf acht, daß die Augen, "welche man surteeläße, an folchen Dertern jtehen, wo man Das Fünftige Jahr gerne Zweige erwartet. Auch dürfen die dicken Zweige, welche man ist behält, nicht zu nahe an einander liegen, Denn fonft werden ihre fünftige Sproffen fih im Wege ftehen und Unord- nung anrichten. Sind alfo 5. E. zwey oder drey di⸗ fe Reiſer aus einem Auge entfproffen ; fo ſchneidet man die beyden fehlechteften Davon weg, und behält nur das beſte. Wäre aber der Aft fehr ſtark, und man hätte Hoffnung, wenn man den mittelften Zweig mwegfchnitte, die auf den beyden Seiten Defjelben fißen- de nach Wunfche zu beugen, und zur ſchoͤnen Befleis dung des Baums zu ziehen ; fo ſchneidet man den mitteljten heraus. Kurze und ein wenig Dicke Frucht: zweige behält man unbeſchnitten. art ‚16, Schmerfaht vom Baumſchnitte. 63 $.16. Haben die Stämme nach diefem erften Schnitte das Jahr hindurch neue Sprößlinge gefeßer ; fo verrichte man den andern Schnit. Hat der Stamm, welcher vorhin gar feinen Ziveig ausge: fehlagen hatte, nur geringe und matt getrieben; fo taugt er nicht zum DBefchneiden; er hat ſonſt Scha- den und will ausgehen. Die Stämme, die das vorigemal feinen Zweig behielten, und nun neu ge fehoffen haben, werden fo vorgenommen, als gefchä- he ige der erfte Schnitt bey ihnen. - Bey den übri- gen Bäumen, wo man vorhin einen Mittelzweig, oder noch mehr, zugezogen hat, forget man in etwas für ihre fernere Bekleidung. Man geht aber nod) nicht zu weit damit. Die neue wohlgelegene Reifer werden Eurz beſchnitten. Was ungefehickt ift, wird abgeworfen. Befinden ſich auf einem vorigen Schnitte zweene Zweige in einer fchönen $age neben einander über, der eine ift aber weit ftärfer als der andere, fo verfürzet man jenen etwas mehr, als diefen. Auf ſolche Weife Fann man fie nachher zu einer gleich- mäßigen Höhe leiten. Will man dem Baume eine gute Rundung verfchaffen; fo fehe man dahin, daß die oberften Augen, die man ißt an den Holzzweigen läßt, gut auswärts fiehen. Hat ein Stamm, der _ fhon bey dem erften Schnitte viele ftarfe Zweige hatte, abermals viele derfelben ee ſo ſieht man, daß er im überflüßigen Safte ſteht. Man Fann ihn etnas lang befchneiden, al) wohl große Holz: und Waſſerreiſer daran laffen, die nachmals wenn er erft Srüchte trägt, wieder teggenommen werden. Mach einigen Jahren pfleger oft ein fo hef- tiges Fortwachſen, nachzulaffen. s 7 64 Schmerſahl vom Baumſchnitte. 6. 17. Bey den dritten und ben fernern Schnitten pflegt man an allen ftarfen Bäumen die Reiſer etwas lang, und an allen ſchwachen fehr Eurz, abzufegen. Den erftern Stämmen läßt man alle neue Fruchtzweige. Diefen legtern aber nur wenige neuangefeßte fo Holz= als Sruchtziweige, Den in freyer Luft ftehenden halbftammigen Bäumen nimmt man die Zweige, Die in der Mitte der Krone, als woſelbſt eine Deffnung bleiben muß, mieder hervorz gekommen find, Daneben wird die Seite, die hoͤ— her oder breiter, als die andere werden will, zurüd- geftuger. Und Hinführo iſt es gar nicht nörhig, fo - hoch = als halbſtaͤmmige Baͤume jährlich unters Mefe fer zu nehmen. Sit aber bey beyden der Gipfel ein- mal gut zuaeftuget, und bey jenen fechs, bey dieſem drey Fuß hoch über der Erde; fo leidet man nie— mals, daß unter folder Krone neue Reifer her vortreten, ſondern fie werden augenblicklich abges worfen. N 6.18. Geländerbäume find gleich von ihrem er⸗ ſten Schnitte an fehr kurz, freyſtehende Stämme aber ein wenig länger zu befchneiden. Allein an Pfirz ſchen laffen ſich die Fruchtzweige niemals Furz abneh⸗ men. Giebt man ihnen nur um die Mitte einen Schnitt; ſo verletzt man leicht ihr ſehr empfindliches Mark, daß ſolches ein Verdorren einiger Knoſpen nach fich zieht. Hauptſaͤchlich erfolget dieß bey eis ner rauhen Witterung. Aber junge Holzzweige kann man an Pfirſchen kurz abſetzen. Ein Pfirſchbaum traͤgt fruͤhzeitig, wird aber auch zum oͤſtern bald abgaͤngig. Sieht man das letztere ungerne; ſo muß man ihm in ſeinen erſten 4 Jahren keine zu große Anzahl Frucht⸗ Schmerfahluem Baumſchnitte. 65 Sruchtzweige laſſen, ſondern viele derfelben ganz weg— ſchneiden, wenn fie auch noch fo fehöne Tragfnofpen zeigen follten. Pfirſchen und Apricofen find auf Das fleißigfte unter dem Meſſer zu behalten. Hat man ihnen das erfte Jahr nach ihrer Verſetzung Ruhe ges laſſen; fo müffen fie nachher jährlich dreymal vorge- nommen werden. Zum erſtenmal efwa im März. Itzo befchneider man die Holz zweige kurz, bis allenfalls auf2 Augen, die Fruchtzweige aber lang. Mir ven Holze zweigen nimme man im May nichts weiter vor. Aber den Fruchtzweigen koͤmmt man ige fo zu Hülfe, daß man fie von unnüßen Nachbarn befreyet. Sind zu viel jener Fruchtzweige vorhanden ; fo darf man fie nicht alle beybehalten. ben fo wenig, als man ei« nem gar zu ſchwachen Zweige viele Früchte läßt. Im Brachmonat gefchieht auf gleiche Weife der - dritte Schnitt, und man faubert die Stämme haupt- ſaͤchlich von dem kleinen Reiſerzeuge, das fich nun eingeftellee bat. Vom Gummi, oder fonft verlegte Zweige werden bis unter der Befchädigung megge- nommen, Nachmals thut man am beften, daß man den ganzen Sommer hindurch an diefen Bäumen nichs weiter ſchneidet, zumal fie ben ſtarker Hitze fol: ches ganz und gar nicht vertragen koͤnnen. Man läßt alfo vom Heumonat an, alles wachen, außer daß man dieß und jenes anheftet. Im folgenden Mär; ift es am leichteften, das Gute auszulefen, umd das übrige fortzufchaffen. Einige Gärtner befchneis den die Pfirfchen uud Apricofen wohl fünrmal in eis nem Sabre, richten aber dadurch manchen Stamm frübgeitig bin. Wenigftens ſchaden fie ihm an eis 10 Dand, E ner 66 Schinerfahl vom Baumſchnitte. ner ftärfern Fruchtbarkeit. in gar zu heftiges Be: ſchneiden Fann allerhand Bäumen eine Verringerung der Fruchtbarkeit zuziehen. Denn ist arbeiten die Stämme nur allemal aufs Holzfeßen wieder los. . 9.19. Hat man bey Geländerbäumen von mäßie gem Alter das kurze Beſchneiden in den erften Jah— ren nach ihrer Verſetzung verfäumet: Sind fie daher. zu hoc) binangewachfen, und an den Seiten nicht guf ausgebreitet; fo koͤnnen fie noch nachgeſtutzet werden. Man nimmt ihnen Die oberften Zweige, und nötbis get dadurch den Saft, beffer an den Seiten auszus brechen. Bey fehr alten Stämmen aber geht Die Sache nicht gut von flatten. Vornehmlich vertragen es geäugelte Pfirfchen nicht. Sie leiden, daß man fie ungen, oder in der Mitte, von Unvermögenden Aeſten befreyer, aber den Kopf laflen fie ſich nicht gerne nehmen. Eben fo wenig, als die Cnpreffen, Fichten und Tannen ihren Gipfel verlie- ren wollen, * IV. Fort⸗ 67 EEE TETTETTUE ET * —— Se Fortſetzung von der Aehnlichtei des Auges mit einem verfinſterten Zimmer, on Herrn Prof, Kaͤſtnern. * uf E. 9. Erinnerungen gegen meine Ein- mwürfe finde noch eins und das andere zu NN antworten, und hoffe dadurch Ihnen um deſto weniger zu misfallen, da Sie vermuthlich felbft erkennen werden, Daß ich nicht Luft zu wider- fprechen, fondern -vielmehr aus einem DBerlangen, dero mir unfchäßbaren Beyfall zu verdienen, in dieſer fleinen Streitigkeit fortfabre. Obgleich Die Sache, deren Berrheidigung ich über mic) genommen babe, vielleicht wichtiger fenn mag, als meine pathologis ſchen Betrachtungen, fo will ich doch, um E. H. Geduld niche zu misbrauchen, alles, was ic) noch zu jagen babe, in möglichfter Kürze vortragen. Das erfte, was E. H. gegen mic) anführen, be= triff die von mir gegebene Vergleichung des Auges E 2 mit * S. des Sam. Mag. 9 B. RR 3 und 4 Yrt. wie ‚auch ded 8 B. 4 ©t. ©, 426. u. ſ. f. 68 Bon der Aehnlichteit des Auges mit einem verfinfterten Zimmer, worinnen ich die Seele nicht zulaffen will ; fondern behaupte, daß bey dem neßförmigen Häucchen des Auges, und der weißen Wand im Zimmer die Bergleichung aufböre, Ich fchließe die Seele darum von diefer Vergleichung aus, weil in dem verfinfterten Zimmer nichts mehr vorhanden ift, was mit ihr verglichen werden Fönnte, Weil nun auch der Zufchauer im Zimmer mit ihr nicht verglichen werden kann; fo erhellet hieraus, in welcher Bedeutung ich gefagt habe: wenn man das Auge mit einem verfinfterten Zimmer vergleichen will; fo muß der zuſchauer hinweg, denn es ift weder im Auge etwas, das mit ihm, noch in ihm etwas, womit das Auge verglichen werden Fönnte, Solchergeftalt ‚ fage ich, läßt fich die Vergleichung nicht weiter treiben, als bis auf die Wand und das neßformige Häutchen, worauf fich beyderfeits die Bilder der Objecte abmah— len. Zwiſchen diefen benden Stuͤcken ift bloß der Unterfchied, daß das netzfoͤrmige Häufchen die Bilder empfindet, welches die weiße Wand nicht thut. Die: fen Unterfchied führe ich zum Beweiſe an, daß bier die Bergleichung aufböre. E. 9. balten ſich an den Ausdruck, daß das nesförmige Haͤutchen empfin⸗ de, welchen Sie für materialiftifch erflären. Diefe ‘Be: fehuldigung, wenn fie gegründet wäre, würde mich unter $eute herunter feßen, von deren Partey zu feyn, ich mir eben für Feine Ehre halten fönnte, und daher fehe ich mich genothiget, mich dagegen zu vertheidigen. E. H. werden eingeftehen, daß es in der Arztney— Funft eine fremde Frage fey, wie die Seele mit dem Körper verbunden ift? Sie gehöret in die Metaphy: ſik, und der Arztneygelehrte hat Fein Recht, ſieht fich au mit einem verfinfterten Zimmer. 69 auch im geringften nicht genöthiger, fi) in die Ent— ſcheidung derfelben einzulaflen. Gr darf fi) von Rechtswegen nur an die Erfcheinungen halten, und feine Ausdrüce ihnen gemäß einrichten. Eben fo ift es in der Naturlehre. Der Naturforfcher fiebt, daß ſich Körper einander die Bewegung mittheilen : Er fagt alfo ohne Bedenken: Ein Körper hat die Kraft einen andern zu bewegen, ohne fich zu bekuͤm⸗ mern, ob der Metaphuficus diefe Kraft aus den Mo— naden berleitet. Wir fagen, daß fi) die Sonne und Sterne bewegen, und fehren uns nicht daran, daß die Gopernifaner das Gegentheil lehren. Wer das Syſtema des Copernicus erklären wollte, würde zeigen müflen, daß diefer Ausdruck falfch {ey fonft aber wird es von niemanden verlange, den Ausdruck zu ändern. Mach eben vergleichen Erfcheinun« gen fpricht ein Arzenengelebrter, daß die Hand fühs le, daß die Nerven empfinden, u.f. w. obgleich ‚der Metaphyſicus lehret, daß nur die Seele em- pfinde, Wenn ich alfo fage : das nesförmige Haͤutchen empfindet, es verwandelt die Bil⸗ der in Vorſtel lungen, es denkt die Bemählde, die ſich darauf abmahlen ; fo ift diefer Ausdruck eben fo wenig materialiftifch, als wie diefe, fo man in tau= fend gebilligten Schriften finder : daß die Nerven empfinden, daß das Bebirn die Werkſtatt der an fey u. ſ. w. E. H. fagen, Sie haben feinen egriff von einer Wand, von einem netzfoͤrmigen Haͤutchen, das denken follte, Wäre ich ein Mate- rialift; fo wirde ih E. 9. fragen: was Sie von ei⸗ nem Öeifte, der denken foll, für einen Begriff hät: ‚ ten? denn damit, Bub“ ein Geift vermöge feiner De- Ä E 3 “ ini: — 70 Von der Aehnlichteit des Auges finition, worunter man oͤfters ſeine Natur verſteht, muͤſſe denken koͤnnen, läßt ſich Fein Materialiſt ab⸗ fertigen, der auch behaupten koͤnnte, daß das Gehirn, oder der Nervenſaft, vermöge feiner Definition, denken koͤnnte. Allein ich babe nicht noͤthig, um eine Sache zu fragen, die fein Menfch verftehen foll, und warum man, nad) dem Seren von Haller, nur feinen Feind fragen ſollte. Selbft die Metapbufifver- ftändigen "geben den Bewegungen im Gehirne den Namen der Ideen; fie nehmen Leidenfchaften des Rörpers an, und niemand giebt ihnen Schuld, Daß fie Diaterialiften wären. _ Hätte ich ſchlechthin geſagt: das neßförmige Haͤutchen empfindet: Die Wand im Zimmer müßte alfo auch als eine empfin= dende Wand vorgeftellt werden, wenn man die Ber- gleichung weiter treiben wollte ; fo wäre ich vielleicht E. H. nicht fo verdächtig gewefen : als da ich fage, diefe Theile denken, das Häuschen Des Auges ver: wandelt die Gemaͤhlde in Begriffe, Allein ſelbſt nach Herrn von Wolfs Erklärung der Em: -pfindungen, fegen diefelben ein Denken, Begriffe ‚und ein Bewußtſeyn zum Boraus. Warum fann ich alfo nicht mit gleichem Rechte fagen, das Auge denke und wirket ‘Begriffe, als jedermann fagt, Das Auge empfindet? Endlich fo kann ich auch dieſe Befchuldi- gung, deren Ablehnung &. H. da Sie mid) lieben, felbft mwünfchen werden, dadurch entfräften, daß ich mich auf den Zufammenhang meiner Gedanfen be- rufe, Ich fage: die Vergleichung des Auges hört bey dem neßförmigen Haͤutchen und der Wand des Zimmers auf, Ich beweife es, da ich fage, Daß, wenn man fie weiter treiben wollte, man alfo fortfab= Ä ven mit einem verfinfterten Zimmer. 71 ven müßte + „Die Hauf des Auges empfinde : alfo „müßte die Wand aud) empfinden. Alfo müßte man „die Wand als eine denfende Wand, das Augen: „häutchen- als eine denfende Haut vorftellen.,, Wird nun hieraus geſchloſſen, daß eine denfende Wand was ungereimtes ſey; (und E. H. werden mir zu« trauen, daß id) dieſes ſelbſt gefchloffen habe) fo folgt Daraus, daß die Empfindung des Auges mit nichts in dem finftern Zimmer verglichen werben Fönne. Es folget, daß die Vergleichung nur bis auf das netzfoͤr⸗ mige Häuschen und die Wand, aber nicht weiter forrgefeget werden fönne, und diefes war ja die ein— zige Abfiche, warum ich meine Bergleihung angab, da E. H. gefagt hatten, daß die Seele und der Zu: ſchauer in der andern Vergleichung, die weiter getrie> ‚ben wird, ale die meinige, eine Schwierigkeit ver: urfacheten. Nachdem ich Die Vergleichung, in meiner erften Zus fohrift an E.H. dergeſtalt eingefchränft hatte, daß fie we⸗ der bis auf die Seele, noch bis auf die wunderbaren Ein⸗ druͤcke der Bilder im Auge in dieſelbe fortgeſetzt werden ſollte; ſo mußte ich nothwendig einen Zweifel beantwor⸗ ten, den E. H. vorgetragen hatten, Sie fagten: wenn man die Bergleichung nicht bis auf Die Seele fortfegte ; fo wäre es unmöglich, eine Schwierigkeit darinn zu fin den, daß wir die Sachen nicht verfehrt fehen. Da nun aber gleichwohl. jedermann bisher hierin eine Schwierigkeit gefunden hatz fo fhien diefes darzu— thun, daß jedermann bisher dieſe Vergleichung zu weit, nämlich bis auf die Seele, getrieben haben mußte. Ohnerachtet ich nun Die Vergleichung des Auges nicht fo weit treibe, bis fie falfch wird; fo ha⸗ E 4 a: De 72 Von der Aehnlichkeit des Auges be ich doch beftändig eine Auflöfung davon verlanger, warum mir die Sachen nicht verfehrt fehen. E H. ſelbſt, ob Sie gleich die zu weit getriebene Verglei⸗ chung ausdruͤcklich beſtreiten, haben dennoch in Dero Gegenerinnerungen die Sadıe noch für würdig ges halten, die bisherigen Erflärungen des Herrn Kruͤ⸗ gers und Mpylius zu verbeffern, und indem Sie diefes unternehmen, fehägen fie nothwendig die Sa— che felbft für eine Aufgabe. Daher ift zu fchließen, daß es noch immer einer Nachfrage würdig bleibt, warum mir Die Sachen nicht verfehre fehen, ohner⸗ achtet man die Seele nicht mit dem Zufchauer ver: gleicht, und daher ließ ich mirs einfallen, einen andern Grund zu entdefen, warum ung Diefes als was außerordentliches vorkoͤmmt. Diefen fuchte ich aus der gemeinen Art zu ſchließen der Menfchen berzuleiten, daß fie urtheilen, fie fehen alle Sachen, sie fie in der That find, und ſehen alle Sachen, die einerley find, einerley. In diefer Are zu ſchließen, muß entiveder ein Irrthum vorfommen, oder es bleibe wahr, daß es was außerordentliches ift, wars um wir die Sachen aufrecht fehen. Wenn das leßte iſt; fo ift Doch noch erft vie Frage, ob die Schwie— rigfeit gehoben werden Fünne, oder nicht. Daß fie gehoben werden fönne, iſt ausgemacht. E. H. ha⸗ ben es ſelbſt aufs ſcharſſinnigſte dargethan. Ich er— greife Dero Aufloͤſung um deſto lieber, da ich nie— mals habe zweifeln koͤnnen, daß ſie zu heben ſey, in⸗ dem Herr Kruͤger dieſes Wo⸗ mit gutem Gluͤcke unternommen hatte, als ich von ihm die erſten Gruͤn⸗ de der ae Arztneykunſt lernte Hieraus ſehen alfo E. H. daß ich wider Dero Auflöfung ji nicht mit einem verfinfterten Zimmer. 73 nicht ftreite, fondern fie als einen erwuͤnſchten Unter» richt mit Danf annehme. Es fragt fich ißo nur, ob man Urfache Hat, fic) nach” diefem Unterrichte zu feh- nen, wenn man gleich den Zufchauer und vie Seele nicht mit in unſre Bergleichung bringt: ich meyne, eg fragt fih, ob man fagen- fünne, es ſey was unge: wöhnliches, es fen eine Erfcheinung, die einer befon- dern Auflöfung bedarf, daß wir die Sachen nicht ver- kehrt fehen, und ob man, ohne den Fehler mit dem Zufchauer zu begehen, nad) einer andern Art zu fchlief- fen, auf den Gedanken kommen Fönne, daß das Aufe vechtfehen ver Dbjecte, was außerordentliches ben dem Sehen fen? Ich habe diefe Frage bejaher, und die Art und Weiſe, wie man darauf koͤmmt, daß das Auf—⸗ vechtfeben der Gegenftände beym Sehen was außer⸗ ordentliches fen, berubet nad) der won mir gegebenen Erflärungsart darinn, daß wir fehliegen: Weil auf dem netzfoͤrmigen Häutchen roth ausfieht, was ich roth fehe, vierecfigt, was ich vierecfigt ſehe, größer oder Eleiner, was ich größer oder Fleiner fehe: jedennoch aber um= gekehrt, was ic) gerade, und gerade, was ich umges kehrt ſehe; fo ift bier eine Yusnahme, und etwas aufs ferordentlihes. E. H. antworten bierauf, meines Erachtens vollkommen gründlich, daß wir mit Unrecht voraus feßen, daß alles, was wir ſehen, nach eineriey Gefegen gefehen werden müfle. Allein eben diefes, weil bey dem Stande, der Lage, oder den Berhältnif ‚fen der Körper, ein anderes Gefeg des Sehens Statt findet, als bey ihren Befchaffenheiten und Größen, eben dieſes, fage ich, zieht unfre Aufmerkſamkeit an fi). Wir finden Bier etwas neues: wir verlangen mit Recht eine Auflöfung der Frage: Warum wir die €; Sachen 74 Bon der Aehnlichkeit des Auges Sachen nicht verkehrt ſehen? und E. H. moͤgen ſie nun auf dieſe Art aufloͤſen, daß ſie dagegen fragen: Warum ſich denn alles beym Sehen nach einerley Geſetze richten ſoll? oder auf die andre Art, da gezeiget wird, daß wir in der That die Verhaͤltniſſe ver Kör- per nicht anders fehen, als wie fie abgebildet werden, und daß alfa die andern Gefeße des, Sehens bier nur bloß fcheinen, eine Ausnahme zu leiden; fo hat man Doc) vorher Urfache gehabt, diefe Frage zu fhun, das Gehen mag nun bier nach einem fremden Gefege wirklich gefcheben, oder nur zu gefcheben ſcheinen. Und eben dieſes ift es, was ich zu beweifen mir vorgenom- men hatte: nämlich, „Daß man, ohne an den Zufchauer und Die Seele zu denken, bloß dadurch, daß man Die Bilder in einem fremden Auge mit den Empfinduns gen der Dbjecte fo man felbft hat, vergleicht, und zu— fiehr, ob fie übereinftimmen, veranlaffet wird, zu fagen, es fen bey dem Stande der Bilder im Auge erwas, Das mit meiner Empfindung der Objeete nicht fo und auf diejenige Het übereinfonmt, wie die Farben, Fi— guren, Größen, u. ſ. w. der Bilder in einem fremden Auge, mit meiner Empfindung derfelben übereinfom: men.‘“ Diefes ift meine Meynung im erften Sendfchreiben gewefen. Vielleicht habe ich fie zu weicläuftig, oder zu verworren porgefragen: denn ich glaube in der That nicht, daß E. H. fo, wie ich fie nun ausgedrückt habe, etwas dawider werden einzuwenden haben, Ich gebe mir bierinn die Schuld, einen fehr leichten und, gewoͤhnli⸗ chen Gedanken allzumeit hergeholet zu haben, und ich hätte die Grundfäge, deren erſten E. H. beftreiten, ver aber eigentlich Fein andrer feyn foll, als der, daß alle F mit einem verfinfterfen Zimmer, 735 “alle unfere Empfindungen wahr find,oder daß uns die Sinne nicht betrugen, ganz wohl weglaflen koͤnnen. Solchergeſtalt ſehe ich Das Ende Hiefer Streitigfeie ganz nahe. Denn megen meiner Bergleichung des Auges hoffe ic) mich bey. E. H. gerechtjertiget zu ha⸗ bem daß fie wenigſtens auf noch eine andere als ma— terialiftifche Art vorgenommen werden kann; und die Schwierigkeit, daß wir die Sachen nicht verkehrt fehen, beruht, meiner Meynung nach, wenn wir naͤm⸗ lic) auf den Grund ihres Urfpeungs geben, als woruͤ— ber wir nur geftritten haben, darauf, daß wir bier ein neues Gefeg des Sehens entweder wirklich wahrneh— men, oder, welches ich E. H. niemals ftreitig zu ma= chen gedacht Habe, nur wahrzunehmen feheinen. Ich geftehe alfo gerne zu, daß mir die Sache nicht mehr als ungewöhnlich, neu, oder fehmierig betrachten Füns nen, fo bald wir wiſſen, daß uns die Begriffe von oben und unten, Die wir hier unveche anwenden, einen "Bes _ trug fpielen. Ich erfterbe mit ganz befonderer Hoch- ahtung, | Em. Hochedelgebobrnen gehorfamft ergebener Diener 7. 4. Unser, — We ESF V. Uebers 76 Von einer vorgegebenen KEKEKKEKKFFI I I Ueberſetzung eines Briefes aus dem — ie Helvetique des Monats April 1741, über eine vorgegebene Seltſamkeit des Rhone. Mein Herr! BR er Geſchmack, den Sie an der Naturgefchichte finden, hat Sie ſchon mehr, als einmal ver: anlaffet, mic) um Erläuferungen zu bitten, die Sie ſich gar wohl ſelbſt hätten geben koͤnnen. In— deſſen habe ich mir nie eine Ehre daraus gemacht, zur Unzeit beſcheiden zu thun, und ich ergriff immer alles, was zum Beſtande unſers Briefwechſels erwas beyfras gen konnte. Sie verfallen heute wieder darauf, und Sie werden mich wieder eben ſo geneigt finden, mich dieſer Arbeit zu unterziehen. Die Frage, die Sie mir in Ihrem letzten Briefe vorlegen, betrifft das Land, darinn ich mich aufhalte. Nun will ich Ihnen alſo hierauf antworten; da ich natürlicher Weiſe beſſer da- von unferrichter feyn muß, als Sie. Sie haben in verfchiedenen Schriftftellern gelefen, fagen Sie,daß der Rhone über den ganzen Genferſee dahin fließt, ohne fein Waſſer damit zu vermifchen. Man behauptet, daß er mit feiner erften Farbe und ohne etwas von feiner Geſchwindigkeit zu verlieren, wieder herausfomme. Sie feßen hinzu, daß Ihnen die Seltſamkeit der Rhone. 7 die Sache unmöglich feheine, ob Sie gleich diefen ſelt— famen Umftand bey verfchiedenen glaubwürdigen Schriftſtellern gelefen haben. Die Alten würden Ih— nen niche viele Schwierigkeiten machen; aber viele Neue haben diefe Seltfamfeit für richtig ausgegeben. Die Mitglieder der Akademie zu Paris unterftügen diefes Borgeben, und der Abe Pluche felbft, iſt in ſei— nem Spedtacle de la nature noch ein Vertheidiger die⸗ fer gemeinen Sage. Sie wollen, daß ich Ihnen melde, wie es damit fen; und wo es ein falfches Ge: rücht wäre, daß ich Syhnren den Urfprung davon ans zeige, und das, mas hierzu mag Öelegenheit gegeben haben. Diß ift die Arbeit, die Sie mir aufgeben. Sch werde fehen, ob ich Ihrem Verlangen eine Önüge thun kann. Sie ſagen mit Recht, daß viele von den Alten dieſe Seltſamkeit des Rhone angefuͤhret haben. Es iſt ein gemeines Gericht, welches von vielen Scriben— ten ift wiederholet worden, und es würde fehr ſchwer ſeyn, wenn man bis auf feinen erften Urfprung zurück gehen wolite. Piganiol de la Force wollte es in ſei— ner Befchreibung von Frankreich, einem Werke, wels ches fonft fehr gefchägt wird, gerne dem Polybius aufs bürden. Er ſagt hiervon alfo: Polybius und viele _ andere Schriftfteller, die ihn nachgefchrieben haben, fagen, diefer Durchgang der Rhone gefchehe mit fo vieler Heftigkeir, daß das Waſſer diefes Fluffes fih mit dem Seewafler nicht vermenge. Miffen, in feis ner Reife nach Stalien, giebt Polybium auch) als den erften Urheber diefes Vorgebens an. Es hat mich gleich Anfangs befremdet, daß es ın einer Hiftorie, die fo fehr geachter wird, als des Po- * lybii 78 Vom einer vorgegebenen Iybii feine, durch eine ſo unglücklich gewagte Erzäh: Iung follte verfehen worden ſeyn, und daß ein fo nach— denflicher Seribent fo viele andere in Irrthum ſollte gebracht ‚haben. Ich wollte die Stelle mit meinen, eignen Yugen fehen. Aber follten Sie es wohl glaus ben, mein Herr, ich habe nichts dergleichen findenfon« _ nen? a, ich bin der Meynung, Polybius habe nicht einmal der $emanifchen See gedacht. Vor dem. Pomponins Mela habe ich feinen gefunden, Der ausdruͤcklich gefagt häfte, dag der Rhone durch die Le⸗ manifche See fließe, ohne etwas von feiner Gefchwin« digkeit zu verlieren, und daß er alfo wieder heraus fomme, wie fie bineingefloffen if. Seine eignen Worte laufen alfo: Rhodanus non longe ab Iftri Rhenique fontibus fürgit. Deinde Lemanno Lacu acceptus tenet impetum, feque per medium integer agens, quantus venit egreditur. Sie wiſſen, daß Mela unter Tiberio lebte. Weiter Fonnte ich nicht zurück fommen, und mie mich deucht, fo gebe ic) hier⸗ durch) diefer gemeinen Sage ein ziemliches Alter. Nachdem ich Polybii Ehre gerettet babe, muß ich Ihnen wohl auch zeigen, was es mag veranlaßt ha⸗ ben, daß man ihm diefe vorgegebene Seltſamkeit auf bürdere, Sie haben von einem Gelehrren des sten, Jahrhunderts, mit Namen Nicolaus Perrot, der. Biſchof zu Siponte in Italien war, reden hören. Er, lieferte eine lateinifche Ueberfegung des Polybius, Die, man ſehr hoch hält; bey der er ſich aber viele Freyheit herausnahm. In einer Stefle, wo der griechiſche Ge⸗ ſchichtſchreiber von dem Rhone redet, fand der Ueber⸗ ſetzer fuͤr gut, den Ausdruck des Mela mit einzuſchie— ben, darinn geſagt wird, daß dieſer Fluß durch * (2 \ Seltſamkeit Des Rhone. 79 Lemaniſche See fließe, ohne ſein Waſſer mit ihm zu vermengen. H. Piganiol de la Force, der nur die Ueberſetzung zu Rathe zog, hielt ven Mela für den Polybius; Eine gufe Ermahnung, daß man, fowiel möglich, die Driginale felbft nachfchlage, — Außer dem Mela koͤnnte ich noch einen andern Erd⸗ beſchreiber, der etwas aͤlter iſt, anfuͤhren, welcher dieſes Vorgeben auch behauptet zu haben ſcheint. Dieſes iſt Strabo, der unter dem Auguſt geſchrieben haben ſoll. Man kann nachſehen, was er von dem Rhone in ſeinem vierten Buche ſagt. Aber ich geſtehe, daß ich nicht finde, daß er eben das, was Mela geſaget habe. Es iſt an dem, daß man ſchon zu ſeiner Zeit dieſe Seltſamkeit dem Rhone zuſchrieb; allein wie er ein eben ſo guter Philoſoph als Erdbeſchreiber war, ſo ſagt er im zten Buche frey, Daß er dieſes Gerüchte für ſehr zweifelhaft halte. Wenn er von dem Fluffe Als phaͤus redet, den man von Peloponnes bis andie Quelle Arethuſa in Sicilien fommen ließ, ohne daß er fein Waſſer mit dem Meergewäller vermengen follte, fo fieht er es als eine Fabel an, und feßt hinzu: Es fälle uns fehon ſchwer genung zu glauben, was man ähne liches von dem Rhone ſagt, ob gleich der Ueberſatz den er zu machen hat, viel Eleiner iſt. Indeſſen bemeift doch das, was Strabo fagt, daß man ſchon zu feiner Zeit von diefer Seltſamkeit des Rhone ſchwatzte, und daß fie auch fehon geglaubt wurde. Es ift alfo wohl eine uralte Sage, deren erften Urheber man nicht an- geben fann. Man weiß aud) die Quelle nicht. Sie’ bat fid) durch eine Reihe von Scribenten, davon fich die erſten unferer Kenntniß entziehen, bis auf ung fort⸗ gepflanzt, Sie ift eine Kette, wovon wir zwar das eine \ 30 Won einer vorgegebenen eine Ende haben, aber wovon das andere fich im Ber gangenen verliert. Wir willen heut zu Tage nicht mehr, wen wir diefes Mährgen aufbürven follen, Weil ich nicht weiter zurück Fommen Eann, fo will ich wieder vorwärts gehen. Sie werden fehen, wie diefer Irrthum vor ſich gegangen, und bis auf uns ge- fommen iſt. Plinius konnte nicht unterlaffen, dieſes wunderbaren Durchgangs des Rhone durch Die Le—⸗ manifche Gee zu gedenken, in einem Capitel feiner Naturgeſchichte, welches den Titel führet: Seltſamkei— ten. der Waſſer *. Es giebt ſuͤße Waſſer, ſagt er, die über andere da— bin fließen, ohne daß fie. fic) mit ihnen vermengen, Dleſes Fann man an dem Rhone bemerfen, wenn er in die Lemaniſche See gefallen ift . . . Diefe See, fpricht er, giebt diefes Wafler eben in der Menge wie- der, als fie folches befommen bar. Ich rathe Ihnen, mein Herr, daß Sie die Note des Pater Hardouins hierüber nachlefen, wo er feinen Autor fehr artig her— um nimmt. Die Schriftſteller, " die ich bis daher angeführee habe, haben diefe Seltfamfeit nur mit wenig Worten berübrer; nun aber will ich einen anzeigen, der eine umftändlichere Erzählung davon machte; es ift diefes Amianus Marcellinus. Er iſt faft der einzige, deflen Zeugniß man insgemein anführet, weil die andern fehr kurz bierüber.find. Da wir nun in Diefer Gegend find, fage er, fo würden wir Unrecht thun, wenn wir nichts von dem Rhone gedächten, welches ein fehr be— rühmter Fluß it; Er koͤmmt von den penninifchen Alpen, wo er feinen Urfprung von einer großen Menge eins %* Plin. H.N. L. II. c. 103. Seltſamkeit der Rhone. 81 einzelner Quellen herleitet. Indem er von dortaus ſchnell in Oerter faͤllt, die etwas weniger abhaͤngig ſind, ſo eilet er in den Lemanniſchen Moraſt oder See, und indem er ihn durchſtreicht, vermiſchet er ſein Waſſer nicht mit ihm, ſondern fließt uͤber das ſtille Waſſer der See hin, und macht ſich durch ſeine Ge— ſchwindigkeit einen Weg. Alſo durchdringt er dieſen Moraſt, wo er am dickſten iſt, ohne von feinem Eigens thume etwas zu verlieren *, i Das, was er von der Rhone ſagt, ift faft nichts als eine Abfchrife oder Furzer Begriff von dem, was er ſchon von dem beine, welcher durch die Bodenfee geht, gefaget bat. Die zwo Stellen find in einem Buche, die eine zu Anfange, Die andere zu Ende. Der Rhein, fagt er, ergießt fich in diefen Moraft, deſſen Dberfläche fhäumiche ift, und gebe über fein ſtilles Gewaͤſſer dahin, Da ift er wie ein Element, das dem andern beftändig zuwider ift, wie zum Erempel das Del gegen das Waller. Zu bewundern ift eg, daß dieſer Moraft von der Heftigkeit des dahin fah- renden Rheins nicht in Bewegung gelegt wird, und daß diefer über diefen Haufen leimichter Waſſer das berraufchende Fluß dadurch nicht in feinem Laufe ge— hemmet und mit demfelben vermifcher wird. Diefes “ würde man vielleicht gar nicht glauben können, wenn man es nicht ſaͤhe. Man begreift gar nicht, was für | J eine * Paludi ſeſe ingurgitat, nomine Lemano eamque inter- means nufquam aquis mifcetur externis, fed altrinfecas fummitates vndae praeterlabens fegniöris quaefitans exitus, viam fibi impetu velociori molitur. Am. Marc. L. XV. 10 Band, 5 32 Boneiner vorgegebenen eine Kraft, welch eine Macht, Gewaͤſſer fo abgefondere erhäft,die fich natürlicher Weife durch einander vermen- gen follten. Dleſes ift es, mas er hat fagen wollen, wie man aus feinem ſehr dunkeln Latein einſieht. Man muß ihm ſeine rauhe Schreibart zu gute halten, weil er von Geburt eine Grieche und beſtaͤndig ein Soldat war: ſolche Beſchreibungen aber ſind ihm kaum zu verge⸗ ben. Man haͤlt ihn fuͤr einen glaubwuͤrdigen Ge⸗ ſchichtſchreiber. Er machte ſich eine Ehre daraus, genaue Unterſuchungen anzuſtellen, damit er nichts fa= gen möchte, deflen er nicht gewiß wäre. Es feheint fogar, daß er fich für einen Augenzeugen der Seltſam— feiten, die er befchrieb, ausgeben wolle. Indeſſen wenn man es genau unterfucher, fo wird man finden, daß er niemals weder die Bodenfee noch die Genferfee gefehen hat. Wir wiflen, daß er den Urſicinus, Ge— neral der Keuterey, auf verfchiedenen Feldzügen beglei- tete. Er lag unter ihm im Driente mit zu Felde, von warnen fie nad) Meyland zurück Famen, im Jahr 354, das folgende Jahr giengen fie alle beyde nach Gallien. Wären fie über die Penninifchen Alpen gegangen, fo hätte Marcellinus die Rhone in die Öenferfee fallen fehen, und ihrem $aufe nachfolgen fünnen; nun weiß man, daß fie ihren eg über die Cottiſchen Alpen nahmen, und folglich bat unfer Gefchichtfchreiber die Rhone nur weiter unfen und beynahe um die Gegend von tion gefehen. Wenn er nun alfo anfängt: da wir einmal in diefen Gegenden find, fo will er nicht fagen, daß er wirklich über die Genferfee gereifer fen; man muß diefes etwas mweitläuftiger annehmen. Ein Reifender, der ſich auf 20 bis 30 Meilen von der Gen: ° | ‚ Seltfamfeit der Rhone. 83 Genferfee befindet, Fann ſich gar wohl noch alfo aus= drücken. Mearcellinus hat dahero diefen Umftand nur ‚nach einem bloßen Hörenfagen erzäblet; welches fein Zeugniß ſchon fehr verdächtig macht. Bielleicht hat er ſich auf die Schriftfteller, die eg vor ihn gefagt hatten, den Mela uıd Plinius, allzu fehr verlaffen. Aber in diefem Falle härte er fich bes gnuͤgen follen, das anzuführen, was fie gefagt hatten, und fie nur als Gewährleute brauchen mögen. An ſtatt deffen führer er ihre Nachricht weiter aus, und giebt uns eine hochtrabende Befchreibung, darinn das Wunderbare durchaus berrfcher. Ich glaube, mein » Herr,daß man den Urfprung diefer alten Sage, welche die Rhone über den Lacum Lemannum ohne Ver» _ mifchung ihrer Gemäffer geben läßt, allein in dem: verderbren Geſchmacke am Wunderbaren, zu fuchen babe. Ich finde fonft feinen Grund von dieſem ge= meinen Gerüchte. Die Liebe für das Außerordente liche bat taufend Fabeln in die Welt gebracht. Ges meine Begebenheiten rühren uns nicht, wir wollen etwas unerwartetes haben. Deswegen fpeifee man uns fo oft mit Erdichtungen; und dadurch pflegt man uns recht nach unferer Weiſe. Die Liebe zum Wun- derbaren war lange Zeit der herrſchende Geſchmack, und wir haben ihn noch nicht ganz verloren. Sie hat die alten Geſchichtſchreiber verdorben, und die Na— turgeſchichte wurde dieſen verderbten Geſchmack auch inne, Marcellin, der ſonſt ſehr uͤberlegſam iſt, konnte ſich dieſer Seuche nicht erwehren. Er iſt nicht der erſte, der dieſe falſche Seltſamkeit vom Laufe der Rhone ausſchwatzte; aber er machte feine Zuſaͤtze zu dem, was man vor ihm geſagt hatte. Man Sache wurde von 34 Bon einer vorgegebenen von andern ganz fchlecht vorgetragen. Er wollte ihr durch feine ſchwuͤlſtige Schreibart, die. er mit allerhand rednerifchen Zierrathen aufpußte, erft einen Werth ges ben. Man möchte auf ihn ziehen, was man von einem Manne fagte, der geneigte war, alles, was er erzählte, mit gewiffen Umftanden zubereichern: Gebt ibm glatte, fchlechte Leinwand, er wird fie euch bald beblümt, mit indiſchem Laubwerke gefticht, als Derfifche, als ein Bewebe aus dem PB ande der Zauberinnen wieder geben. Marcellin fcheint in feiner poetifchen Befchreibung der Rhone zu glauben, daß die außerordentliche Geſchwin⸗ digkeit diefes Fluſſes feinem Waſſer alle Schwere beneh⸗ me, und daß diefe mache, daß er fü leicht über die Ober- fläche der See dahin fährt. Erinnern Sie ſich nicht, mein Herr, was Birgil von der Kriegerinn Camilla fügt, die fo geſchwind im Laufen geweſen feyn foll, daß fie zur Erndtezeit über die Spißen der Kornähren und über das Meermaffer dahin lief, ohne zu verfinfen? Ila vel inta&tae fegetis per fumma volaret Gramina: nec teneras curfu laefiffet ariftas: Vel mare per medium, fluctu fufpenfa tumenti Ferret iter: celeres nec tingeret aequore plantas. Man halt dergleichen unmäßige Vergroßerungen aufs höchfte noch einem Poeten zugute: wiewohl man diefe doc) dem Birgil Faum verzeihen wollte. Zu allem Unglüd iſt es ein Gefchichtfchreiber, und ein Ge⸗ ſchichtſchreiber den man für flug hält, der uns hiervon der Rhone ein Gedicht erzähle, welches mit dem Laufe der Camilla in eine Reihe gehoͤret. | Man muß geftehen, daß die alten Schriftfteller in der Naturgeſchichte viele Dinge auf ein gut gerathe= | wohl Seltfomkeit der Rhone. 85 wohl hingefchrieben Haben, die nachher die Erfahrung als falſch befunden, und die feine folche Prüfung aus» hielten, wie man heut zu Tage verlangt. Allein, Sie führen mir über unfere Streitfrage auch noch neuere an. Afademifche Mitglieder, fagen Sie, haben die Sache für glaubwürdig erfannt. Ich wollte wün« fchen, mein Herr, Sie hätten fie mir etwas genauer angezeiget, Ich habe ihre Werfe gelefen, aber id) er: innere mic) nicht, daß ich dieſe ſeltſame Meynung dar- inne angetroffen babe. Der einzige Herr Parent hat nur ein Wort, als in einer Einfchiebfel, Davon mit unterlaufen laſſen. Nämlich in einer Eleinen Schrift, die den Titel führe: Reflexions fur quelques parti- eularitds du Bugei &c. Er will befchreiben, wie fich die Rhone auf dem Wege von Genf nach Lion in die ‚ Erde verlievef, und da fängt er alfo ans Vier Meilen unter der Genferfee, nachdem fie Die Rhone in einem. Raume von zwanzig Meilen durchftvichen hat, ohne ſich mit ihren Waſſern zu vermengen, ftürze ſich diefer Fluß in eine Felsritze. Es iſt an dem, dieſes heißt einem alten Irrthume beypflichten ; allein man ſieht wohl, daß er die Sache auf das Zeugniß der Alten, als wahr annimmt, obne fie unterfucht zu Haben. Es ift ſehr wahrfcheinlich, daß er felbft an den Orten nicht geives ſen iſt. Man fiehe, daß er nur für andere einzelne Umftande, die er ausführlich befchreibt, und die ee mie Augen gefehen hat, Buͤrge ſeyn will. Indeſſen haͤtte er beſſer gethan, wenn er ein gemeines Vorgeben, wel⸗ ches mit der wahren Phyſik ſo gar wenig zuſammen⸗ ſüimmt, nicht fo obenhin geglaubt hätte. Endlich fo find ja-die Herven Akademici niche untrüglih. Die Rhone, von der uns Herr Parent fagt, daß fie ihre 3 3 Waſſer 56 Bon einer vorgegebenen. Waſſer nicht mit der See vermenge, ſchickt ſich ſehr wohl zu den Befeſtigungswerken des Caͤſars, die ſich, wie Herr Abt de Fontenu verſichert, an der Genferſee ſo unverſehrt erhalten, und mit dem andern Erdreiche ſelbiger Gegend unvermengt geblieben ſeyn ſollen *. Wenn Ihnen das Anſehen des Herrn Parent oder eines andern Akademici dieſes Vorgeben wahrſchein⸗ lich macht. fo erlauben Sie mir, mein Herr, daß ich Ihnen die Meynung eines Mathematifverftändigen unferer Stadt, der die Sache reiflich unterfuchte, ent- gegen feße. Es ift diefes J. O. Fatio de Duillier der Remargues fur l’Hiftoire naturelle des environs du Lac de Geneve herausgegeben hat. Berfchiedene alte und neuere Schriftfteller, fagt er, haben nach der Meynung des Ammiani Marcellini ge fhrieben, daß die Wafler der Rhone über die Waffer der See hinlaufen, ohne fid) zu vermifchen, welches den Kegeln der Schmere und des Gleichgewichts flüf figer Körper alfo widerfpricht, daß es ganz unmöglich iſt; denn wenn dieſes feyn follte, fo müßten die Waſſer der See ganz gleic) fern, und die Wafler der Rhone einen ſehr merflichen Hang haben, damit fie laufen und fich über die erften ven Weg bahnen Fönnten, wel⸗ cher funfzehn Seemeilen, deren zwanzig auf einen Grad gehen, oder fechs und drenßig taufend Toifen betrüge. Geſetzt alfo, daß fih die Rhone alle taufend Zoifen Weges, mie die Seine um Paris, nur um. einen Fuß neigte, fo würde fie bey Bouveret wenig- ftens 36 Fuß über die Oberfläche der See erhoben feyn müffen; und mo diefes wäre, warum follte Diefer Fluß feinen Wegi in einer folchen Krümme über * ne * Journ. Helvet. Iun. 1740. p. 551. Seltſamkeit der Ahone. 87 nehmen, und ſich nicht vielmehr über die ganze Gee ausbreiten? Miffon hatte in feiner Keife nach Italien die vor» gegebene Seltſamkeit ſchon beſtritten. Er zeigt, daß fie ungereimt und unmöglic) fen, wegen der Laͤnge und frummen Figur, die diefe See hat. Allein worzu dienen dieſe Ausfchmweifungen? Ein einziger Blick ift zureichend, Diefes Vorgeben zu zer— nichten. Ich gieng einftmals in unfere öffentliche Bibliothek, um die Schrifefteller nachzufchlagen die ich nöthig hatte, um auf ihren Brief zu antworten. Nachdem ich viele Bücher durchblättert hatte, und mir der Kopf ein wenig dick war, ließ ich mir es ge= fallen, mich ans Senfter zu legen, um frifche Luft zu fchöpfen, und mich an der Ausficht zu beluftigen, die fehr ſchoͤn iſt. Ich hatte mich gegen die See gewen= det, die diefen Tag vollfommen ftille und rubig war. Man ward nicht die mindefte Bewegung gewahr, auch nicht das geringfte Zittern auf der Oberfläche. Ich verwunderte mich den Augenblick, wie unfere See ohne alle Regung und in der größten Stille alle diefe ernſthaften Schriftfteller des Alterehums, die ich erſt nachgelefen hatte, ausdruͤcklich einer Unwahrheit über- wies, Um fich eine völlige Genüge zu thun, müßte man auch an das andere Ende der See gehen, und feben, was bey feinem Urfprunge vorgeht. Man müßte der Rhone eine Zeitlang folgen, wo fie fic) in die See gießt. Sie entfpringt, wie Sie mwiflen, auf dem Berge la Fourche im Canton Uri. Sie durchlaͤuft das ganze Sand Valais, mit geoßer Geſchwindigkeit. Man hält fie für den riccihieiſen Fluß. Soc Aftrue in feiner 54 Hifloi- 88 Von einer vorgegebenen Hiſtoire naturelle du Languedoc, giebt uns eine Worterklaͤrung von dem Namen, den er fuͤhret, der ſich auf dieſe Geſchwindigkeit bezieht. Rhodanus, ſagt er, oder Rhone, koͤmmt her von dem celtiſchen Worte Rhedeg *, welches bey den Gallois noch im Gebrauche ift und ſchnell fließen beißt. Die Rhone ftürze fich mit großer Gewalt in die See; darinn ift jedermann mit uns einig. Allein Das ift die Frage: ob diefe Heftigkeit nicht bald abnimmt? Diefes läßt fich leicht beweiſen aus der Verfchiedenbeit der Farbe des Waf fers der Rhone und des Seewaffers. Das Waffer dieſes Fluſſes iſt durch ganz Valais weißlicht, und bat bennahe eine Farbe wie Molfen. Die Urfache, die man hiervon angeben kann, ift, daß er von einem Eis» berge koͤmmt. Er ift daher fehr leicht von den Gee- waflern zu unterfcheiden, die bläufiche find: Um die Mühe zu erfparen, an den Der felbft zu gehen, fo Dürfen wie nur Herrn Fatio de Duillier hierüber noch anhören. Man Fanır fich ficher auf ihn verlaffen. Die Rhone, ſagt er, ſtuͤrzt fich nahe bey Bouveret in die See. Die Waffer der Rhone find um diefe Gegend geaulicht und fehr fandig, dahingegen die See— waſſer ins Blaue fallen und fehr durdyfichtig find. Die Rhone eilet anfanglich fehr ſchnell fort in die See; aber nachdem fie dafelbft bald alle ihre Geſchwindigkelt vers loren hat, fo ſieht man ohngefaͤhr 200 Schritte vom Ufer, ihre Waſſer durch die Schwere hingeriſſen, ſinken und nach und nach unter dem Seewaſſer fließen, wo ſie ihren * Bielleicht laͤßt ſich das engliſche ready durch die Ver: anderungen der Bedeutungen, welche Woͤrter leiden, die ſich von ihrer Quelle immer mehr und mehr entfernen, herleiten. Kaͤſtner. Seltſamteit dev Rhone. 89 ihren Sand fallen laſſen. Bekoͤmmt man die Waſſer der Rhone bey ſtillem Wetter durch das Seewaſſer zu ſehen, fo gleichen fie an dieſem Orte dicken Wolfen zur Seite eines heiten Himmels, den man etwa durch den Miederfchein im Spiegel fahe. > Aus alle diefem koͤnnen Sie fohließen, mein Her, daß die Rhone, wenn fie mic vieler Geſchwindigkeit in ‚Die See getreten ift, ohngefähr noch eine halbe französ fifche Meile läuft, oder auch etwas weiter, ohne ihre Waſſer zu verlieren. Man unterfcheidee fie an ihrer mweißlichten oder vielmehr graulichten Farbe. Aber nach einer oder zwo Meilen unterfcheidet man fie nicht mehr von der See, weder durch Die Bewegung, noch durch) die Farbe; da alles gleich ftill und einfarbig wird. Die Rhone hat in dieſem Stüde nichts befon» ders. Man fann eben das an allen großen Fluͤſſen fehen, die ſich in eine See oder in das Meer ergießen. Sie begreifen ferner wohl, daß nad) diefer Art eines ziemlich langen Schlafs die Rhone endlich wieder er- wachen muß. Dieß aefchicht eine oder zwo Meilen über Genf. Da der Grund von der See anfängt in Diefer Entfernung etwas abhängig zu werden, fo fange er auch felbft an weit von den Ufern fich ganz gemäch- lich zu verlaufen, In unferer Stadt felbft bekoͤmmt die Rhone ihre ganze Bewegung und ihren Namen wieder. Sch weiß nicht, mein Herr, ob Ahnen ein Buch befanne ift, welches den Titel hat: Admiranda Gal- liarum. Der Berfaffer davon heißt Cäcilius Frey *, Man finder in — ausdruͤcklich den Irrthum, 55 ‚ven * Er war Vrofeſſor der Philoſophie auf der gem tät Paris im Anfange des XVLI Sahrhunderts. 990 Boneiner vorgegebenen den ich zu vernichten ſuche. Er behaupter, daß die Rhone, wenn fie fih in die Genferfee geftürzer hat, wieder herausfließt, ohne ihre Wafler ‘Damit ver miſcht zu haben, und mit ihrer erſten Farbe *. A lein er fagt es den Alten nach, ohne fid) im minde- ften um die Unterfuchung der Sache felbft zu befüm- mern. sch babe fchon gefagt, daß die Liebe zu dem Wunderbaren, diefe Fabel erzeuget haben mag; eben diefe Urfache muß nothwendig auch darzu beytragen, Daß fie wiederholet werde. Der bloße Titel: Mun⸗ der Frankreichs, Fündiger uns ſchon etwas Wun- derbares an. Der Berfaffer fucht das Außerordent: liche allenthalben zufammen, nur um feinem Leſer Wort zu halten, Die Seltfamfeit, die man ſchon fo lange Zeit von der Rhone erzählte, konnte ihm nicht entwifchen : fie mochte wahr oder falfc) feyn, daran war nichts gelegen; fie diente immer gleichviel zu feinem Zwecke. Sie haben mir auch, mo ich nicht irre, das Spe- dtacle de la Nature angezeiget, welches etwas davon geſagt haben foll.- Ich habe diefes Buch noch in ‚ganz feifchem Gedächtnifle; weil ich es mit der Auf— merffamfeit las, die es verdiene. Ich erinnere mich nicht, daß der Verfaſſer unfere Frage befonders ab- gehandelt habe. Er bat. nur zwey Worte davon mit eingeftreuet, daraus man fchließen kann, daß er das gemeine Vorurtheil heget. Er thut diefes in einer Stelle, darinn er Die Weisheit des Schöpfers an: merfet, welche, um uns vor Anftecfung zu bewahren, | ge⸗ ® Rhodanus in lacum Lemanum influit d inpermixtis aquis & aquarum colore ex eo efluit. * Seltfamfeit der Rhone. 9ꝛ gewollt hat, daß ein lebendiges und laufendes Waſſer die meiſten todten Gewaͤſſer durchſtroͤmen muͤſſe. Er zieht das gleich darauf auf die Seen. Der Teſin, ſagt er, der durch den Lac Majeur geht, der Rhein, der die Bodenſee in Bewegung ſetzt, und die Rho— ne, die den Genferſee mit einer reißenden Geſchwin— digkeit theilet, find die einzige Urſache, welche die $ufe der benachbarten Ufer reinigt Das ift nicht ganz richtig. Wir haben gefehen, daß die Rhone die See fchnell theilet auf eine halbe Meile bey ihrem Eintritte, und daß hernach durch ef nen Kaum von 15 bis 16 Meilen weder Gefchwindig- Feit noch Theilung zu finden ift. Sie verliert ihr aufchendes Weſen ganz und gar, und nimmt die ru— Bige und ftilfe Art des ftehendes Waſſers an mit dem es fih verbinde. Man möchte dahero wohl von dieſem fcharffinnigen Berfaffer, der fonft fo fehr ge- achtet ift, fagen, daß er fih, wo man alfo fprechen darf, bey’diefer Gelegenheit ein wenig übereilet habe, . und daß er diefe zwey Worte ſich etwas gefchwinde entfahren laſſen, und ohne reife Ueberlegung gefeßet habe. Seine Abficht war, fo wie anderwärts durchge- hendes fehr gut, fintemal er die Sache der Vorſe— bung führen wollte. Aber es ſcheint, daß fich die göttliche Weisheit nicht geringer zeigen werde, wenn ‚man auch die Sachen vorfrüge, fo wie fie find, viel leicht würde man fie dadurch noch empfindbarer machen. Um die Weisheit des Schöpfers an denjenigen Mit: teln zu zeigen, welche er anwendet, um diefe Haufen Waſſer vor der Faulnig zu bewahren, wäre nicht nö- thig, Spedi. de la nat. T. III. p. 65. | 92 Bon einer vorgegebenen thig, daß ein Fluß eine See durchftrömte, ohne fich mit ihr zu vermengen, und Daß er fo geſchwind durch= kaͤme, vielmehr wenn fi) diefes fließende Waffer mit dem todten vermifcht, muß es folches noch mehr erfri: fen, als wenn es nur ſchnell durchflöffe, ohne ſich mit ihm gemein zu machen. Der Abt Pluche hat Das in Dem vorhergehenden Artikel, der die Bodenfee betrifft, wohl gemerfet. Der Rhein, fagt er, ſetzt die ganze See in Bewegung. Man muß es ihm Dank wiffen, daß er bier die, Partey wider den Ammianus Marcellinus ergriffen hat. Der Rhein, hatte der al- te Gefchichtfchreiber gefprochen,, durchläuft dieſe See mit wunderbarer Geſchwindigkeit. Das feltfamfte iſt, ſetzet er Hinzu, daß Diefe Art von Moraft durd) diefen ſchnellen Lauf des Fluſſes nicht in Die geringfte Bervegung gefeger wird, und daß der Fluß, der an den Dre eilet, wo er hin will, durch das Forbigte Waſ fer nicht aufgehalten wird. Ein kluger Philofoph, wie Herr Abe Pluͤche iſt, kann einer ſolchen Markt— ſchreyerey nicht beypflichten; aber ließe ſich wohl auf der andern Seite nicht davon etwas ſagen, daß der Rhein die ganze Bodenſee in Bewegung ſetzen ſoll. Es geht ihm wie der Rhone, deren Zug matt wird, ſo bald ſie in die See getreten iſt. Haͤtte er daher, anſtatt daß er ſagte, daß der Rhein die gan— ze See in Bewegung ſetzet, in die er ſich ſtuͤrzet, der Richtigkeit wegen nicht lieber ſagen ſollen, daß die ganze Gewalt des Rheins ſich bald in den ruhigen Waſſern der Bodenſee verliere. Nicht durch die Er— ſchuͤtterung, ſondern durch den Zufluß neuer Waſſer werden fie vor ber Faͤulniß bewahret. AN ie Seltſamkeit der Rhone. 93 Die Bekrachtung, die unfer Abe über die Weiss heit des Schöpfers anftellet,, bringe mir die fchönen Sittenlehren wieder in die Gedanfen, die der vorge- gebene Uebergang- der Rhone über die Öenferfee , oh⸗ ne fich mit ihr zu vermifchen, veranlaffet hat. Diele Prediger konnten hieraus nügliche Lehren zichen, und Schriftſteller, die von jedermann hochgefchäßer wer⸗ - den, haben Gleichnißreden davon hergenommen, Die geſchickt find, unfere Sitten in Drönung zu bringen. Du Moulin z. E. giebt in feinem Teactate, von der Seelenruh, einem Menfchen, der Flug ſeyn will, die Borfhrift, daß er durch den großen Haufen dahin wandere, ohne fich bey ihm aufzuhalten, und ohne fih mit ihm zu vermengen, wie die Rhone durch die Genferfee fließt. Herr Bernhard hat in feiner Republique des Let- tres angemerfer, daß es Irrthuͤmer gabe, diedie Redner - zu unterftüßen Iheinen, 1 weil fie Gelegenheit zu finnrei= chen Gedanfen geben. In dieſe Reihe feget er auch die Seltſamkeiten, dieman von der todten See ruͤhmet, und unter andern das, was man von den Sodomsäpfeln ſagt. Er führer hierbey den Kanzler Bacon an, ber ſchon geſagt hatte, daß dieſe Frucht und ihre Selt⸗ famfeiten ein bloßes Gedichte feyn, melches nur dar— um noc) gelitten wird, weil es den Poeten und felbft den Predigern zu gewiffen Anfpielungen und Gleich⸗ niflen Gelegenheit giebt, die fie nicht verlieren wol— len. Unter die pöbelhaften Irrthuͤmer, die man nicht verlaflen will, ſetzet diefer einfichtsvolle Jour— nalifte hinzu, muß man auch die alte Sage von Genf :_ rechnen, daß die Waller der Rhone, die Durch die . Gen: 94 Bon einer vorgegebenen Genferfee laufen, fich mit der See vermengen; wel—⸗ ches nach der Meynung einiger Prediger, die ich ge- höret habe, ein mächtiger Bewegungsgrund ift, recht« fhaffene Leute dahin zu bringen, daß fie mitten uns ter den Gottloſen leben, ohne mit - Gemeinfchaft zu haben, Die Lehrer der Wohlredenheit cheilen ſich wegen des Gebrauchs, deſſen dieſe Art von Gleichniſſen faͤhig iſt. Die ſtrengſten verbannen fte vornehmlich aus lehrreichen Schriften. Andere, die gelinder find, fagen, daß man bey einem Unterrichte, zu Verbeſſe— rung der Sitten auch von einem fabelhaften Inhalte Gieichniffe hernehmen fönne, die nichts deftomeniger richtig und fehöne wären *, Ich weiß nicht, M. H. ob Sie diefe Negel ganz und gar annehmen werden, Ich Dachte wenigftens, daß man Sie auf der Kan— zel nicht zulaffen folltee. Alles, was ein Prediger faget, muß-auf die Wahrheit gegründet fenn. Das Gleichniß, welches Du Moulin von der Rhone her- nahm, * So lange die Redner und Dichter glauben, daß ernff- hafte Wiffenfchaften, befonders Narurlehre und Ma- thematif, die ung allein die finnliche Welt recht ken— nen lehren, in ihren migigen Köpfen nicht Raum ha— ben, fo lange werden folche oder ähnliche Spielwerfe immer noch bleiben, und die jchöpferifchen Geiſter werden an ſtatt die Natur edel zu fehildern, Unges heuer bervorbringen. in arherifcher Strom, auf welchem die Unfterblichen vom Himmel herabſchwim⸗ men, iſt fur einen Bhilofophen gerade fo was erha— benes, als die Rhone, die unvermengt durch den Gens ferfee fließt. Und der Unterfchied beſteht nur in dem mehr oder weniger Abentheuerlichen. Raͤſtner. i Seltſamkeit der Rhone 95 nahm; und fo viele andere Prediger nad) ihm, fälle mehr als auf eine Art indas Falſche. Es ift das ſchon nicht an dem, daß diefer Fluß ohne Vermi— ſchung durch die See geht: aber es ift noch ein ande= rer Ziwiefpalt darinn, der da macht, daß das Gleich» niß gänzlich hinkt. Die Chriften, ſagt man, die ihre Reinigkeit und Unfchuld erhalten wollen, müffen der Rhone nachahmen, welche, um ihre Waſſer nicht zu ‚verfälfchen, über das. ftehende See-Waſſer dahin fährt, ohne fich damit zu vermifchen. Alfo hat ſich zwar Marcellinus die Sache vorgefteller, wie wir ges fehen haben ; allein es ift diefes ein eben fo grober Irrrthum als der erſte. Ein neuer Schriftitelfer, „der viel weiter fieht, hat uns gewiefen, daß ſich eben das Gegentheil befinde. Das Seewaſſer ift klar und belle. vie Rhone, die hinein fällt, iſt ziemlich unrein und leimicht, und fäubert fich erft darinne. Es verzeihen mir alfo die Lehrer der Wohlredenheit, welche glauben, daß man deraleichen Gleichniffe an— menden koͤnne, wenn ich, nachdem ich diefes von allen Seiten befehen habe, finde, daß es die Schüffel mit forgfältig zubereiteten Pilzen fey, Die uns ver= ftändige Leute endlich zum Fenfter hinauswerfen beißen. Sch kann indeffen nicht bergen, daß der Scherz, den Herr Bernard über die Prediger trieb, melche Lebensregeln aus dem fabelhaften Laufe der Rhone zies ben, einige Folge hatte. Ein Unbekannter bielt ſich dadurch) beleidiget, und nahm es in einem Briefe, den er an den “ournaliften richtere, übel, daß er diefen altgewordnen Wahn fo aufgezogen hatte. Er führete ihm einige Gründe an, um ihn wahrfcheinlich zu mas 96 Von einer vorgegebenen machen. ch halte fie nicht für bündig genug, daß ich mir die Mühe geben follte, fie Ihnen berzufegen. Sind fie ein wenig neugierig in diefem Stüde, fo koͤnnen fie fih durch) den “Brief des Ungenannten ſelbſt, der mit in die Republique des Lettres deg Monats May 1710 eingerückt ift, befriedigen. Ich will Ihrem Urtheile hierüber nicht zuvorfommen, aber es deucht mich, Daß Here Bernhard den Ungenann- ten gut widerleget habe. Er war im Stande es zu thun. Außer dem Borzuge eines guten Verſtandes hatte er aud) ehmals einige Jahre zu Genf gewohner, mo er als ein gründlicher Philoſoph alles wahrnahm, was nur einiger Achtung werth war. Man muß fo gar anmerfen, daß diefer Ritter der alten Gage felbft zurücd zieht. Er unterfteht fich nicht zu behaupten, daß fich die Waller der Rhone mit den Seewaffern. gar nicht vermengen, er begnüger fich, zu fagen, daß fie fich nicht, fonderlich vermengen, Der Streit läuft alfo nur aufden größern oder geringern Grad der Mi: fchung diefer Waſſer hinaus, h Unter diejenigen, welche dieſem fortgepflanzten Wahne dadurch einigen Glauben erwerben wollten, daß fie ihn ein wenig änderten, gehörer auch Du Freſni, der Verfaſſer des Mercure galant ızı. Es gieng eben diefes Jahr in ven Waffern der Rhone etwas fo fonderbares vor, weiches verdient angefuͤh⸗ ret zu werden. Man findet dieſes im Merkur im Monat April. „Das aufgethaute Eis und der ges „ſchmolzne Schnee, ſagt diefer Berfaffer, fehmellte „den Fluß Arve alfo auf, und gab ihm einen fo-fchnel- „len Lauf, daß er den 12 Februar machte, daß die „None zurück in Die See frat und verurfachte ; ne „Die Seltſamkeit des Rhone. 97 „die Muͤhlraͤder und die Waſſerkuͤnſte zu den oͤffent— „lichen Brunnen rückwärts liefen. ,, Dieſe Befchreibung ift richtig, bis auf das Da» tum, welches um zween Tage zu fpar koͤmmt. Es war den Io $ebruar, an dem ganz Genf ein Zeuge von diefer Begebenheit war. „Der Rhone wuchs: „durch den Zufluß verfchiedener Flüffe, die binein „fallen, alfo an, fagt eben diefer Verfaſſer, daß fie „durch die ganze Genferfee nach der Laͤnge binlief, „ohne fih) mic ihrem Waffer zu vermengen, fo groß „mar die Gewalt, mit der fie hineindrang. „, Ich muß geftehen, daß eine Heftigkeit, die fich durch einen Raum von ı5 bis 20 Meilen unterhält, ohne durch einigen Hang des Erbreichs erhalten und befördert zu werden, etwas Wunderbares ift. Uns glücklicher Weife Heben diefe beyden Naturbegebenhei— ten einander felbit auf, und man kann nicht mehr als - eines auf einmal einräumen. Der Rhone fehrte um, - die Sache ift unleugbar : Sein Strom hatte alfo nicht bis an das Ende gedauert. Die Arve zwang ihn nur _ deswegen zurück zu treten, weil ev mit den Waſſern der See einerley Höhe hatte, und weil er feine ganze Bewegung verloren hatte, Man darf übrigens ihn Rhone eben nicht außerordentlich anfchwellen laffen, wenn er rückwärts laufen fol. Die Arve kann fie nicht darzu zwingen, wenn nicht der Rhone fehr ſeicht ift. —— F | Sollte wohl nicht eine ähnliche Begebenheit, Fähre der finnreiche Srefni fort, zu der Fabei mit dem Fluſſe Acis Gelegenheit gegeben haben, der, als er fich in die Nymphe Galatee verliebt hatte; ihr bis nad) Sicilien 10 Dand, G nach⸗ 98 Bon einer vorgegebenen Seltſamk. ıc. nachgelaufen feyn foll, one fi) mie dem Meerwafler. zu vermifchen. Ammianus Marcellinus hatte ſchon gefagt, daß der Rhein, der durch die Bodenſee gebt, ohne fih mit ihrem Waffer zu vermifchen, dem Alpbäus nachahme, welches ein Fluß in Arcadien ift, der fich in die Arerbufam verliebt babe, und fich durch das Meer bindrängen foll, bis zu feiner Nym⸗ phe. Die guten Mprbologiften fuhen die Fabel durch die Hiftorie zu erklären. Die Weife des Heren Frefni gebt ein wenig ab. Es fcheint, daß er uns bier eine Babel durch die andere erflären- will, - Man mag alfo diefes gemeine Gerüchte von dem Rhone befchauen, von welcher Seite man will, fo bleibt es fabelhaft. Man mag es umarbeiten wie man will, man wird doch feinen Werth darein brin« gen. Sch ſchaͤme mich fo gar, daß ich mich fo lan- ge bey einer Sache aufgehalten habe, deren Falfch- heit uns gleich in die Augen fällt. Allein id) vergaß mic) bey dem Vergnügen, mich mit Ihnen zu unter haften, Endlich, fo ift diefe umftändliche Abhand⸗ fung doch) nicht ganz unnüße, Man Fann daraus lernen, daß man einiges Mistrauen auf die vielen vorgegebenen Wunder zu feßen hat, die ung die Al» ten fo ernfthaft vorfagen und die Feineswegs gegrüns det find. Ich bin ꝛc. Genf, HN N y u. us? 99 PET TEITETIR ET EI TER VI. i Auszug der neueften phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. I. Auszug eines Schreibens Herrn Floyers, Wundarztes zu Dorchefter, wegen einer vermittelft der Elektricität gelunge— nen Eur des ſchwarzen Staares (Gutta Serena) *. SE ch babe ſeit kurzem zwey oder drey Gelegen⸗ heiten gehabt, die gluͤcklichen Wirkungen A der Eleftricität an gelähmten Leuten zu bes obachten. Doch folgender Zufall fcheine mir vor allen fonderbar : Ein Kind, won ohngefähr 7 Jah⸗ ten, verlor auf einmal den Gebraud) feiner beyden Augen. Es hatte weder Fieber noch Kopffchmer- zen, noch fonft einige Beſchwerden gehabt, denen man die Urfache diefes Unfalls harte zufchreiben koͤn— nen. Man brachte es drey oder vier Tage nachher zu mir, um meinen Rath zu vernehmen. Sich uns terfuchte die Augen, und fand beyde Pupillen ders G 2 geſtalt Aus dem Journal britannique, Mois de Fevrier 1752, ©. 217. —⸗ 100 Auszug der neueſten geftale erweitert, daß es mir unmöglich war, Die wahre Farbe der Iris zu entdecken. Es war nicht der Eleinfte Theil mehr Davon zu fehen, und die durchfichtige Hornhaut fehien bloß ein ſchwarzer Fleck zu feyn. Ich fragte den Water nach der Farbe der Augen vor der Blindheit, und er fagte, daß fie hell⸗ gran ausgefehen hätten. Ich ließ dem Kinde die Augen zuthun, und eine zeitlang reiben, und darauf ſtarr in die Sonne fehen : allein man fonnte nicht merfen, daß ſich die ringformigen Safern der Iris im geringften zufammengezogen hätten, und die Pupillen blieben in einerley Zuftande, das Auge mochte offen, oder verfchkoffen, im Dunkeln oder im Lichte ſeyn. Das Kind Fonnte nichts davon empfinden, wenn man einen undurchfichtigen Körper zmwifchen die Sonne und das Augebrachte, undes mar mit einem Worte fo blind, als wenn es niemals gefehen hätte. Ich fagte den Aeltern, - daß es ſchwerlich das Geficht jemals wieder erhalten würde, und folche Uebel faft immer unbeilbar waͤ⸗ ren. Die Urfache des gegenwärtigen fehien mir ein wahrer ſchwarzer Staar zu ſeyn, und da ich, nad) der gemeinen Meynung, dieſe Krankheit einer Wer: ftopfung, oder Erfchlaffung des Sehenervens zufchrieb, fo befihloß ich mit diefem Kinde die Wirfunaen der Eleftricität zu verfuchen, Die ich in einigen andern Fällen Eräftig befunden harte. Ich ließ alfo das Kind am folgenden Tage wiederfommen. Ich befe— ftigte einen Drath, der an die Glasfugel reichte, any das Bein, und einen andern an den Kopf des Kin: des. Machdem das Glas hinlänglich eleftrifirt war, murde der erfte Drath an die Mafchine gebracht, wel: ches eine erftaunliche Salve gab, Das Kind fiel * | | en pphyſitaliſchen Merkwürdigkeiten. 101 den Haufen und that einen durchdringenden Schrey. "Kaum war es zu bereden, die Dperation noch ein= mal wiederholen zu laffen. Inzwiſchen gefchahe es doch endlich, und es befam noch drey andre Stöße, worauf man es zu Bette brachte, da es bis des an- dern Tages in einem ftarfen Schweiße lag. Wie groß war nicht am Morgen das Erftaunen der Ael- tern, als das Kind ſchrie, daß es die Senfter fehen koͤnnte. Es ward wieder zu mir gebracht, und da fahe ih um die Pupille herum einen Fleinen hell— grauen Ring. Das Kind fieng an, einen Körper zu merken, den man zwiſchen Die Sonne und feine Au- gen brachte. Alles diefes war hinlänglich, mich zu verbinden, noch felbigen Tages meine geftrigen Dpe- rationen zu wiederholen. Am folgenden Tage ward die Sseis faft gänzlich im Auge fichtbar, und man fonn- te fehen, daß fie fich ein wenig zufammenzog und er= mweiterte. Am dritten Tage war das Kind im Stan- de, die Dbjecte zu fehen und zu erfennen. Am vier- ten unterfchied es die Farben, und die Pupille Fonnte jich wieder zufammenziehen und öffnen. Am fünfs ten Tage nad) der. eriten Operation fonnte ich am Zufammenziehen und Ermeitern der Pupifle nichts un . natürliches weiter wahrnehmen, und nach einer ge- nauen Unferfuchung war ich verfichert,, daß dem Kin- de das Geſicht vollfomanen wieder hergeftellt, die Farbe des Auges mit der ehemaligen natürlichen mie: der einerley, und Feine Spur des gehabten Uebels übrig ſey. Dorchefter den 23 May 1751, Anton Floyer. 63 NS. 102 Auszug der neueſten MS, Sch babe in der vorigen Erzählung ver⸗ geffen, eines Blafenziehers (Veficatorii) Erwähnung zu thun, welchen-man den Tag vor der eriten Ope⸗ ration dem Kinde im Macken applicirer hatte. Die eltern des Kindes hatten mich außerordentlich fehr gebethen, einen Berfuch zu feiner Beflerung zu thun, und diefes Mittel Fam mir zuerft in die Gedanken, Nachdem ich aber Die Wirkungen der eleftrifchen Kraft zu verfuchen befchlofien hatte, gedachte ih nicht mehr an den Blafenzieher, als bis ein oder ein paar Tage nach) gedachten Verfuchen, die Mutter des Kindes anfragte, was mit dem Blafenzieher an- zufangen, befonders da die Wunde faft rocken mä- ve. Ich rieth ihr Deshalb außer Sorgen zu feyn, weil es nichts zu fagen hätte, und mir entfallen wä- re. Sch will unentfchieden laffen, ob nicht diefer Diafenzieher einigen Theil an der Genefung-gehabe haben mag, habe aber doc) feinen Umſtand unbe- rührt laflen wollen, der irgends an der Wahrheit meiner Nachricht zu zweifeln Anlaß geben möchte, Sch Babe auch Zeugnifle von Perfonen gefammler, die das Kind, als es noch blind war, gekannt haben, bey ven Elektriſirungen alle Tage zugegen gewefen, und alfo die rägliche Befferung felbft mit angefehen haben *. Der Vater hat auf Verlangen das Kind verfchiedenen Perfonen gezeiget und befragen laffen, und jedermann in dieſer ganzen Gegend ift von der. Gewißheit der Sache uͤberzeuget. Seit dem Das sum * Der Schein iff unterzeichnet, vom Vater, von einem - Medicus, von einem Chirurgus, einem Apotheker und zweyen Edelleutem, | phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 103 tum meines vorhergehenden Schreibens habe ich auch vermittelſt der Elektricitaͤt zwey Maͤgdchen von der Bleichſucht befreyet, wogegen ſie ein Jahr vergebens Arztneyen gebraucht hatten. Anton Floyer. Dorcheſter | den 12 Decembr. 1751. U. Bon einer tödtlichen Krankheit, die ſich durd) ein Befchwerliches Hinunterfchlu: efen der Speifen und Getränke offenbäret *. Der gelehrte holländifche Arzt, Herr von Haen befchreibt diefe Krankheit nach ihrem Verlaufe, Zu: fällen, Urſachen und Huͤlfsmitteln ausführlich und gruͤndlich. Uns foll genug feyn, folgendes davon anzuführen: Anfangs verfpüren die Patienten einige Schwierigkeit, wenn fie harte Speifen verſchlucken wollen, welche fid) hernach in einen Schmerzen ver- wandelt. Der Sitz diefes Schmerzens it bey ver= fchiedenen Perfonen bald oben im Schlunde, bald tie: fer, bald ganz unten. Zuletzt wollen auch fließige Sachen nicht mehr hinunter. Ben vielen fteigt ein unſchmeckhaftes Wafler auf, wobey fih Ohnmachten einſtellen. Alle Patienten Elagen über Aufftoßen der Winde, wenn fie harte Speifen eſſen; nach und nad) fängt der Leib an zu ſchwinden; man huns gert, und kann doch nichts eflen; es koͤmmt durch ’ 4 * Aus einer im Haag 1750 in 8 berausgefommenen Schrift, dieſes Titels: A. de Haen, Medici Haga. . Bataui de Deglatione, vel Deglutitorum in Cauum Ventriculi defeenfu impeditis, Differtatio, / 104 Auszug der neueſten durch den Schlund eine dicke, zaͤhe, manchmal ſtin⸗ kende Materie in den Mund, welche man auswerfen muß, und nachdem dieſes ganze Monate, ja wohl Jahre angehalten hat, erfolge endlich der Tod. Man bat ihrer viele eroͤffnet, und aus zwölf Berichten, welche Here von Haen in feiner Schrift von Dem, was er bey ihnen gefunden, mitgetheilet hat, folge ohne Widerrede, daß die nächfte Urfache Diefes Lies bels ein Auffchwellen und eine Verhaͤrtung gemifler drüfigten und häufigten Theile fey, die die Höhle des Schlundes, des Magens, ja beyder Theile zus fammendrücfen und endlich gar verfchließen. Dieſe Gefchwuliten koͤnnen von einer Steifigkeit der feften Theile, welche den Lauf der fließigen hindert, oder von ihrer Schwäche herrühren, da fie den Feuchtig- feiten nicht die gehörige Bewegung mittheilen Fün- nen. Die Zähigfeit und Se e der Säfte, mel: che macht, daß fie fih in den Gefäßen anbäufen, ſtocken und verhärten, thut zu dergleichen Geſchwul⸗ ften das meifte. Die Zufälle bey diefer Krankheit find nicht immer einerley, welches von dem verfchie- denen Siße ihrer Urfache herruͤhret, indem eine Ber: haͤrtung der Milz ganz andere Zufälle bey fich fuͤh— ret, als.eine Berhärtung der Leber, oder eines andern Eingeweides, deren Feines bey diefer Krankheit ganze lich verfchont bleibe. Wegen der Eur, die gewiß bey dieſen Zufaͤllen ſchwer iſt, hat man gleich im Anfan⸗ ge der Krankheit dahin zu ſehen, Daß man mit Arzt⸗ neyen wider dieſe Berftopfungen zu Hülfe komme; wobey nur zu bedauren , daß fie nichts helfen, wenn nicht das Uebel noch in der erften Kindheit damit an- gegriffen wird. Boerhaave pflegte folchen Patien» Be. | ten phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 105 ten beſonders dreyerley Arztneyen, dabey Bewegungen des Leibes, Frictionen, eine gute Diaͤt und froͤhlichen Muth anzurathen. Die erſte Arztney war ein Des coctum, die Säfte zu verbeſſern. Die andere beſtund aus eroͤffnenden Pillen von mancherley Gummi, vene⸗ tianiſcher Seife und Terpentin. Die dritte waren deſtillirte Wafler, Spiritus, Tincturen, und der Sy— rup der fünf eröffnenden Wurzeln. Ganze fahre lang mußten diefe Arztneyen gebraucht werden, und es ‚war, wie Boerhaave felbft einfahe, doch bey vielen umſonſt. Der Herr von Haen hat befonders die Molken fehr gut gefunden, wenn fie im Anfange fleißig getrunken werden, wozu man auch Honig thun, oder fie mit erweichenden und Herbis faponaceis gehörig zubereiten Fann. Diefes Mittel hat alle gufe Eigen— fchaften, fo zu einer Eur von Diefer Art erfordert wer: den. Es humectirt, erweicht, hebt die Berftopfung, zertbeilt, verdünner, wirft ohne Heftigkeit, und dringe durch, ohne Die zarteften Theile zu verlegen. II. Borfichten, fo bey der Eur der Blat- tern zu beobachten find *. Bey vollblütigen Leuten find die Aderlaffen am Ar- me, und noch befler, die am Fuſſe, nicht zu verabfäu- men, denn die Erfahrungen beweifen häufig, daß die legtern das Geblüte mit Macht vom Haupte und der Bruſt ableiten. In eben der Abfiche find die Bäder | RL: über * Yus Herrn D. Buxhams Diflertations on the fmall Pox, and on Pleurifies and peripneumonies, welche dem Eflai on Fevers, and their various Kinds beygefügt find. London 1750. in 8. 106 Auszug der neueſten über den halben Leib in Badewannen, fehr heilfam zu gebrauchen. Man kann fich dazu lauen Waſſers, oder Mitch bedienen, einige Minuten darinn fißen, und Die fes zwey oder dreymal in einem Tage wiederholen. Ja endlich erleichtern eben diefelbe Abſicht, Umſchlaͤge (cataplafınata) von Brodefrumen und Milch, oder gefochten Sterüben an den Fußfohlen. Hierdurch) befördert man den Ausbruch der Blattern an den un: tern Theilen, und befrenet dadurch das Geficht, den Schlund und die Bruft, wobey minder Gefahr Des $ebens und der Schönheit zu fürchten ift. Wenn aber dennoch das Fieber immer forttober, der Ausbruch unordentlich von ftatten geht, u. |. w. fo kann man, um die Haut zu erweichen, auch die Hände und Arme, ja den ganzen Seib baden. Das Bad zieht die Ma— terie der Dlattern nach den äußern Theilen, wodurch die innern bewahret werden. Diefe Merhode ift nicht ganz neu, Der arabifhe Arzt Rhazes hat ſchon das Dunftbad zur Erleichterung des Ausbruchs gerathen, und der Prof. der Arztney zu Siena, Herr Nerucci, hat 1748. zu Lucca ein, fleines italienifhes Werf herausgegeben, worinn man hierüber eine fehr fchöne Abhandlung findet. Die Eleinen zufammenfließenden Blattern mit blauen und ſchwarzen Flecken, find die Sn allergefäbrlichften. Inzwiſchen thun hierbey Die ver getabilifchen und mineralifchen Säuren, mit zufam- menziehenden Cordialen, und China, zumeilen wun— dernswürdige Wirkungen. Es ift für die Kranken ſehr heilſam, ihnen veine Hemden überzuziehen, die aber zuvor erwärmt werden müffen, und befonders immer eine friſche Luft in das Zimmer zu laffen. Man follte meynen, daß Wahrheiten, die in allen Theilen von phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 107 von Europa mit der Erfahrung uͤbereintreffen, end⸗ lich einmal auch in Deutſchland einen allgemeinen Beyfall finden würden. Es iſt aber gewiß, daß fie ibn noch bey den wenigften haben. Man wendet ein: es giebt Doc) genug Aerzte in Deutfchland, die die Schriften der Ausländer lefen, fähig und willig find, ſich überführen zu laffen, und den Schlendrian hint— anfegen. Es ift wahr: aber eben deren find die mes nigiten. IV. Anmerkungen von Bruſtentzuͤn⸗ dungen *. | . Man belegt mit dem Namen der Bruftentzünduns gen fowohl die Entzimdungen der $unge felbft, (peri- pneumonia) als auch der Häute, fo die Bruft von innen umgeben (pleuritis). Die Lungenentzuͤndun⸗ gen erfordern mwiederholtes Aderlaffen. Diefes ift befannter, als die Behutfamfeit, welche man dabey zu beobachten hat, daß man ſich in der Wiederholung deflelben nach der Beſchaffenheit des Kranken, der Hef- tigfeie der Zufälle und dem mirflichen Zuftande der Krankheit zu richten habe. Eben diefesmuß bey den Entzündungen der Brufthäute bemerkt werden, Um nur eine einzige Beobachtung Biervon anzuführen ; fo hat ſchon Aſclepiades angemerfet, daß die Romer und Achenienfer das Aderlaffen viel beſſer haben ver— fragen Fönnen, als die am Hellefpont in einer Fäls tern Himmelsgegend lebten *. Eben dergleichen | Beob- „r 2. der vorhin angezeigten Schrift de3 Herrn Bux⸗ am. * Zu Folge einer fehriftlichen Verficherung eines in Nor⸗ wegen glüstlich practicirenden Doctors der Arztneyge⸗ 10% Auszug der neueſten Beobahtung bat auch Herr Hollier in Abfiche der. im füdlichen Theile Frankreichs befindlichen Einwoh— ner, gegen die von Paris, gemachte. Das Blut be- Fommt öfters bey dergleichen Krankheiten eine dicke weiße Haut, Die, wie Hippocrates und Bagliv an- gemerfet haben, in den $ungenentzündungen ein gutes Zeichen ift, wenn fie nur nicht allzugelb und dicke aus: fieht. Sie ift eine Anzeige, daß man das Aderlaffen wiederholen muß. Hingegen, wenn das ‘Blut aufge: löfet, das Serum aber trübe, roͤthlich oder grünlich ausfieht, fo muß es vielmehr unterbleiben. Bey den falfchen Sungenentzündungen, (peripneumeonia fpuria) welche ihren Urfprung einer Berdicfung der hmpha und des Serum zuzufchreiben haben, ift das Blut dunkel und angelaufen, und hat auch dergleichen weiße Haut nicht. Ueberhaupt ift zu merfen, daß diefe zu= meilen von ganz fremden Urſachen herrühren kann, z. E. wenn das Blut nur fropfenweife aus Der Ader berausfließe, oder zu geſchwind Fale wird *. Here Hux⸗ lahrheit, find in daſigen Gegenden die haͤufigſten Ader⸗ laſſen, welche er daſelbſt faſt mit Gewalt eingefuͤhret, in vielen Krankheiten, beſonders aber bey innerlichen Entzuͤndungen, von ganz ausnehmendem Nutzen, und wider alle Einwuͤrfe, durch ihre eigene Vortrefflichkeit vertheidiget, welches man ſich noch zur Zeit, und viel- leicht auch nie Fünftig in Deutſchland wird ruͤhmen fönnen. Unser. | * Diefes iſt um deſto mehr zu bemerken, je mehr man fich der Gefahr zu irren ausfegen würde, mern man von der Gegenwart der Haut des Blutes auf die wahre Lungenentzündung oder das wahre Seitenftechen fehlief: fen wollte, da zumal die Erfahrung lehret, Daß bey den meiften Bruſtkrankheiten, jo felöft bey ganz fchlechten pyhyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 100 Huxham beklagt ſich, daß die Aderlaß am Fuße in Bruftfranfheiten lange nicht fo oft, als es von Rechts wegen gefcheben follte, gebraucht wird *, und meil die Schwäche des Pulfes verhindert, das Blut aus - einer großen Ader abzuzapfen, fo raͤth er ven Gebrauch der Schröpfföpfe auf den Schultern u. ſ. w. als ein fehr heilfames Mittel an. Das Seitenftechen (pleu- ritis) rühret bald von einer Entzündung der zwiſchen den Ripven befindlichen Muskeln, bald der N haut der Rippen, und bald der Pleura felbft ber. Das letztere ift dag wahre, die erftern machen das falfche Seitenftechen. Der Haufe der Aerzte unter- feheider das wahre GSeitenftechen von der Lungenent— zündung hauptfächlich bloß durch die Empfindung der Stiche, welche im erften Falle nicht fo tief, als im legten ſtecken, weil nur die Rippenhaut entzündet if, auch um eben der Urfache willen mit Eeinem fo ftarfen - Srofte anfangen, als die Sungenentzündungen. Man kann fich aber bierbey gewaltig betriegen: denn die Stiche werden bey der Entzündung des Herzbeutels | eben Catarrhen, das Blut öfters eine ſolche Haut bekoͤmmt, ohne daß das geringfte Merkmaal einiger Entzündung zu fpuren feyn follte. Unser. * Geit Aofmanns und Stabls Seiten iſt fie an vielen Drten Deutfchlandeg, ohnerachtet der haufigen Bor: urtheile, befonders bey Schwangern, mider Diefelbe glüsklich und mit unbetrogener Hoffnung erwuͤnſchte⸗ rer Wirfungen eingeführet worden. Undrer Orten, - wo Bader, Darbirer, Feldfcherer, Apotheker u. f. w. die Einfichten der Vorfahren mürterlicher Geite noch fortpflanzen durfen, führen kluge Aerzte eben dieſelben Klagen noch immer fruchtlog, Unzer. | ._ 110 | Auszug der neueften eben fo tief ftecfen, und der Unterfchied des Schauers kann überhaupt dem Arzte, der ihn Doc) aus dem Be: richte nicht fehr abmeffen Fann, wenig Licht geben, und würde im erwähnten Falle fo ftarf feyn, als er viel leicht bey vielen wahren $ungenentzündungen nicht iſt. Man dat alfo Urfache zu wünfchen, daß beffere Zeichen des Sitzes der Entzündung im Rippenhaͤutchen moͤch⸗ gen gegeben werden. Schon Hoffmann hat ange: merkt, daß das wahre Geitenftechen (pleuritis) öfters den Urfprung von einer andern Entzündung nehme, Die in demjenigen Fortfage der Rippenhaut entjtans den ift, der die aͤußere Lungenhaut ausmacht. Bis: weilen ift die Bruſtſcheidewand felbft entzündet, und diefes offenbaret ſich Durch ftechende Schmerzen unter dem Bruftfnochen und zwiſchen den Schultern, welche ſehr gefährliche Krankheit Stppocrates und Ares taͤus unter dem Namen des Nücenftechens (pleuritis dorfalis) befchrieben haben, Wenn der Schmerz fehe tief ift, und man ein ftarfes Herzdrücden und Klopfen, mie beftändigem Zwange zu huften, empfindet; fo iſt der Herzbeutel entzündet. Wenn die obere Haut des Zwergfelles angegriffen iftz fo empfindet man einen fehr heftigen Schmerz, der ſich von den legten Rippen bis zu den unterften Ruͤckenwirbelbeinen erſtreckt, das ben iſt das Athemholen außerordentlich befhwerlich, ja convuljivifch, endlich erfolgt ein trockener Huften, Schlucken, Raferey, und ꝛc. Jedermann wird gefter ° ben, daß dieſe Kennzeichen, welche man dem Herrn Huxham zu banfen hat, leicht unter allen bisher bee Eannten die zuverläßigften feyn müffen. v. Vom u. Fe en a tn = rc phyſitkaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. m V. Vom nuͤtzlichen Gebrauche des Brech» eins, (Vinum Emeticum ſ. aqua be- nedicti Rulandi) *. Herr Huxham ruͤhmet die Infuſion des Spieß: alafes (Vitrum Antimonii) in weißen Weine, mit einer Magenftärfung verbunden, als das befte von allen Arzeneymitteln Die aus diefem Halbmetalfe zübex reitet werden. Sie foll alle Tugenden des Spieß» glafes in einem hohen Grade beyfammen befigen. Zehn bis funfzig, auch 60 Tropfen davon verdünnen die Säfte, und treiben Schweiß und Urin; verftärfee man die Dofe ein wenig, fo hat man ein gelindeg Purgiermittel, und wenn man es in großer Dofe ver= ordnet, fo macht es, wie jedermann weiß, ein Erbre— chen. Das Spießglas ift in diefer Form in fo kleine Theilchen aufgelöfer, daß es ganz leicht die Fleinften Gefäffe durchdringt, und bey dem allen behält es den⸗ noch fo viel Kraft, die Gedärme zu reizen. Die ans dern Zubereitungen des Spießglafes hingegen thun öfters entroeder gar Feine, oder eine allzubeftige Wir— fung. * * Erfahrungen find vom Herrn Hurbam am angef. Dre, y ERES se Indhalt Inhalt erſten Stuͤcks des zehnten Bandes. J. J. F.le Petit von Verbeſſerung der Balgmaſchinen bey Hüttenwerfen p- 3 II. Commentarii SocietatisRegiae Scientiarum Got- tingenfis TomusI. ad ann. 1751 | p- 9 UI M. Elias Friedrich Schmerfahls Abhandlung von dem Baumfchnitte Be IV. J. A. Unzer Fortfegung von der Aehnlichkeit des Auges mit einem verfirfterten Zimmer, an Herrn Prof. Käftnern p. 67 V. Ueberfegung eines Briefs aus dem Journal Hel- vetique des Monats April 1751, über eine vorgege- bene Seltfamfeit des Rhone p- 76 VI. Auszug der neueften phyſikaliſchen Merfwürdig« feiten P- 99 Hamburgiſches agazin, | oder geſammlete Schriften, zum | Unterriht und Vergnügen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Wifienfihaften überhaupt. Des zehnten Bandes zweytes Stuͤck. ‚Mit König. Pohln. und Churfuͤrſtl. Sachfifcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Ehrift. Grund, und in Seipzig, bey Adam Heine. Holle, 1752. Herrn le Bage Du Praz Abhandlung von Mißiſipi oder Sonifiane * : ir rankreich nimmt ſich feit einigen a ed Jahren der Handlungsfachen, wel⸗ Se che die Louiſiane betreffen, fo leb« ” . baftan, daß man hoffen darf, dem ) Publico, durch die Mittheilung der Abhandlungen des Herrn le Page Du Pras, von diefem Sande, worinn er fich fiebenzehn Jahre aufgen Balten, einen wahren Dienft zu erweifen. Gleich. wie es allezeit angenehm ift, von einem neuen Sande 2 ‚einen & Aus dem Journal Oeconomique. Sept. 1751. u.f.m. 16 Le Page Du Praz Abhandlung - | einen etwas ausführlichen Begriff zu erhalten, ſo iſt es nicht ſelten nothwendig, es genau kennen zu lernen; und das Beſte der Handelſchaſt, welches ein Gegen— ſtand unſrer Bemuͤhungen iſt, erfordert, daß wir die neuen Quellen entdecken, welche ihr die Natur in den entfernten Gegenden anweiſet, und welche der Fleiß der Menſchen geſchickt machen kann, um uns durch ihre Vermittelung einen Zuwachs an Bequem— lichkeit und Ueberfluſſe zu Wege zu bringen. Die falſchen Urtheile, welche man von dieſem america— niſchen Lande gefaͤllet hat, ſcheinen uns dazu noch mehr zu verpflichten. Man weiß, ohne unſre Wie— derholung , alles dasjenige, was man wider Miſ⸗ fifipi gefagt und gedacht hat, welchen Namen der gemeine Mann diefem Sande zu geben pflegt, ob» gleich der, den mir ihm beygelegt haben, der erfte und wahre Name veffelben if. Ks ift demnach fehlechterdings nothwendig, diefe falfchen Urtheile zu roiderlegen, zu welchen ungetreue Nachrichten, die öfters voller Bosheit und faft allezeit voller Unwiſ⸗ ſenheit gewefen find, Gelegenheit gegeben haben, und diefen Zweck hoffen wir durch die Befanntma= chung der Handfchriften des Herrn le Paze Du Drsz am leichteften erreichen zu koͤnnen. Man wird hieraus fehen, mit welcher Unpartenlichfeit er nicht allein died ouifisnebetrachter; fondern aud) mit welcher Aufmerkfamfeit er dasjenige, was fie her. vorbringt, unterfuchet, mit welcher Einjicht er feine Wohnung bey den Natchez genommen, und der indianifchen Compagnie ihre, die heut zu Tage des Königs ift, verändert hat, welche Verrichtung man ihm auftrug, als er, aus Klugheit, die feinige ver- lafien ⸗ von Mißiſipi oder Louiſiane. 17 laſſen hatte. Endlich wird man hieraus auch ſeine Klugheit und Geſchicklichkeit, ſich die Freundſchaft, Hochachtung und Ehrfurcht der Eingebohrnen des $andes zu erwerben, erfennen, Dieſe verfchiedenen Borftellungen, worinn die Abmwechfelung nur eine der geringften Annehmlichkeiten ijt, find eben fo vies - le Gemählde, woraus wir von felbft die Vortheile von diefem Theile in America einfehen; Diejenigen aber, fo fih dahin zu begeben gedenken, ihre Ver⸗ haltungsregeln erlernen werden, woraus ein allge» meiner Mugen der Nation entfpringt, indem dadurch) die Handelfchaft zwifchen den euröpäifihen und louifianifchen Handelsleuten neue Kräfte bekoͤmmt, welches der einzige Zroeck ift, den man zu erreichen wuͤnſchet. Diefe erſte Abhandlung wird die Erd⸗ befchreibung und die natürliche Befchichte der 2 ouifisne, die vornehmften Landeseingohner, ihren Urfprung, Sitten und Bebräufibe, die dortigen Kinrichtungen der Franzoſen, und die Handlung, welche man dafelbjt freiben Fann, in ſich enthalten, \ Die Erdbeſchreibung der Louiſiane. Die Louiſiane liege in dem mitternächtlichen Theile von America, und gränzee gegen Süden, an den mericanifchen Meerbufen, oftwärts an Las rolina, wo eine englifche Colonie fich-niedergelaf: fen, und welches ein Theil von Canada iſt; welt: lich an Neu⸗Mexico, und nordlich, eines Theils an Canada; das uͤbrige Stuͤck Landes hat keine Graͤnzen, ſondern erſtreckt ſich bis an die unbekann- H 3 ten us Le Page Du Braz Abhandlung ten Sünder. bey der Audfonsbay, Man rechnet es zrotfchen ven Niederlagen der Spanier und ing» länder ohngerähr zwey hundert Meilen breit: feine Laͤnge aber ift unbeſtimmt, weil fie noch nicht be= kannt ift, und alles, was man eigentlich davon fagen kann, befteht darinn, Daß man von den nordlichen Illinois an, bis an den Ausfluß ‚des Fluſſes St. Houis, gemeiniglih Mißiſipi genannt, fünfhuns dert Meilen zahle | Die Himmelsgegend der Louiſiane verändert fih, nachdem fie ſich weiter nah Norden erſtreckt. Ueberhaupt Fann man davon fagen, daß ihr fülicher Theil nicht fo heiß ift, als die africaniſchen von ‚eben der Breite, und daß die nordlichen darinn viel fälter find, als die in Europa von ebenderfelben Sage. Die Inſel Neu⸗-Orleans, welche unter dreyßig Graden liegt, ift fo wohl, als die füdlichfte Küfte der Barbarey und Aegyptens, fo gemaͤßi⸗ ‘get, als Languedoc. Zweene Grade höher, bey den Natchez, wo ich acht Jahre gemohnt habe, iſt die Himmelsgegend viel angenehmer, als in Neu⸗ Orleans, weil diefes fand höher ift, und bey den. Illinois, die unter dem 35 bis zoſten Grade wohnen, it der Sommer nicht wärmer, als zu Rochelle: allein man bat dafelbft ftärferes Eis und häufte ‚gern Schnee. Ich ſchreibe den Unrerfchied dieſer Witterung von der «fricanifchen und euros paͤiſchen zweyen Urſachen zu. Die erfte ift bie Menge des außerordentlich dicken und dichten Ges hoͤlzes im Sande und die große Anzahl _der Flüfs fe, davon die erften verhindern, daß die Sonne die Erde nicht erwärmen Fann, die legten aber eine große — von Migifipi oder Louiſiane. 119 große Näffe verurfahen. Die andre Urfache ift das gegen Morden, in einem fortgehende Sand, welches die daher wehenden Winde viel Falter macht, als wenn fie übers Meer Famen: denn man weiß, Daß zur See die $uft niemals, weder fo warm, nod) fo Falt ift, als auf dem Lande, wie man von allen Laͤndern beweifen Fann, deren Himmelsgegend und Sage man kennet. Daher darf man fic) nicht wun⸗ dern, daß in der füdlichen Louifiane ein Nordwind im Sommer die $eute nöthiget, fich zu befleiden, und ein Suͤdwind im Winter, fich zu entEleiden, Zu jener Zeit ift die Trocfenheit des Windes, und zur andern, die Nähe der Linie hiervon die natürliche Urfache. | Es find nur wenig Tage, da man in der Louis fiane feine Sonne fieht ; es regnet dafelbft nur bey Ungemitter; das böfe Wetter hält nicht an, und _ nad) einer halben Stunde ift alles vorbey: hingegen fälle häufiger Thau, welcher den Regen vortheilhaft erfeßet. En Solchergeſtalt wird man ohne Bedenken glaus ben, daß die Luft des Sandes vollfommen gut fey ; das Gebfüc iſt fhöm ; die Seute befinden fich wohl, und im mittleren Alter hat man wenige Krankheiten. Sm Alter, welches viel höher gebracht wird, als in Stanfreich, verfpürer man Feine Hinfälligfeit. Das Leben dauret in der Louiſiane bey $euten, die nicht ausfchmeifen, lange, und ift angenehm. Diefes Sand ift fehr bewäflert. - Der Fluß St. Louis, welcher fich ohngefähr unter dem ı9 Grabe Suuͤͤderbreite, und unferdem 287ſten derfänge, in den mexicaniſchen Meerbufen ergießt, empfängt faft H 4 alle 120: Le Page Du Proz Abhandlung alle Slüffe des Sandes. An der Ditfeire feines Aus« fluffes finder man den amutanifchen See, die pascagoulaſiſchen und mobilifchen Fluͤſſe, wel⸗ che in einen Meerbuſen gleiches Namens fallen; am Ocean ſieht man feine andre, als die von einem Ar⸗ me des Fluſſes entſtehen, der ſich unter Manchac, an einem Orte, der la Fourche beißt, theilet. Die: vornehmften Fluͤſſe, fo ſich in ven Fluß St. Louis ergiegen, find in Dften Die Slüffe der Ponikas, der‘ Natchez, der Yazoux, der Ouabaches und der. Illinois; in Welten ver Fluß Rouge, der Fluß. der. Acanfı 18, der St. Francois, der Wiffourt und der Pomgona. Die erſten fließen von Oſt, oder Nordoſt, nach Welten, und die andern von Weſt oder Noͤrdweſt, nach Dften oder Suͤdoſten. Der Fluß St. Louis wird von den Eingebohrs nen der Louiſiane Meactchaßipy genennet, wel⸗ ches nach) ven Worten fo viel heißt, als der alte Dater der Fluͤſſe. Hieraus. hat man durch Ver⸗ ſtuͤmmelung, den Namen Micißipi gemacht. Sein Urfprung iſt unbefannt, weil man bis auf den heu—⸗ tigen Tag noch nicht höher, als Hundert Meilen noch unter dem Waflerfalle St. Antoine hinaufgefom- men, allıvo er ſchon dreyßig Klaftern tief ift, und movon man achthundert Meilen zu Schiffe, bis zu feinem Ausfluffe rechnet. Allein die Völker desje⸗ nigen Bezirks, mo ſich diefer Wafferfall befindet, verfichern, daß man von da, bis zu feiner Duelle noch eben fo weit, als bis zum Meere habe, welches zufammen eine Länge von taufend ſechshundert Mei: len ausmachen witrde, Er fälle von Norden, nah Süben, in einer ziemlich geraden Linie, ob er gleich eine von Mißiſipi oder Lonifläne. 121 eirie große Mienge Eleiner Kruͤmmungen formiret. Seine Waffer find fehr Elar, folange, bis fich der Miſſouri hinein ergieft, welcher fie durch den Lei— men, weichen er bey ſich führer, gänglichtrübe macht, Nichts deftoweniger bleibe dieſes Waſſer beſtaͤndig geſund, welches eine gemeine Eigenſchaft der leimig— ten Gemwäffer ift. . Nachdem er die Louiſiane der Laͤnge nad) durchſtrichen, fo ergießt er fich, wie ge⸗ ſagt, in den mexicaniſchen Meerbuſen, mittelſt ei⸗ ner Landſpitze, ſo von einer Erdzunge formiret wird, und man ſchiffet zwiſchen den gemachten Zeichen, ‚(par la Ralice) binein, wo man auf einer Eleinen Inſel ein Sort gebauet hat. Allhier ift die Sandbank von drey Viertel Meilen breit; welche der Schlamm des Fluſſes verurfacher hat, und unterhält. Der Ruͤ— ftentootfe, welcher in diefer Gegend die Schiffe er= wartet, fo in den Fluß hinein wollen, muß täglich dieſe Sandbank unterſuchen, weil der Eanal derſelben ſehr veraͤnderlich iſt. Dieſe ſuͤdoͤſtliche Einfahrt iſt nicht die einzige Muͤndung des Fluſſes; man hat auch eine gegen Suͤden, welche das aͤußerſte Ende dieſer Landſpitze formiret, und eine dritte in Oſten, ganz nahe bey der erſten. Der Boden, nahe am Fluſſe iſt um des ſto gefaͤhrlicher, da die Gegenden um die Muͤndun⸗ gen umher plattes, moraſtiges weiches Land ſind, wo man feinen Augenblick verziehen kann, ohne zu ſinken, und ſich zugleich von Millionen Schnaken oder Muͤcken umgeben zu ſehen, die ſich erheben, und dicke Wolfen formiren, fo bald fie ſich in ihren Wohnpläsen beunruhiger finden. Sonſt ift die Küfte fo —* man ſie kaum in einer Weite von H 5 zwey ‚22 Le Page Du Braz Abhandlung zwey Meilen wahrnehmen Fann, wo man nur bier Riaftern tiefes Waſſer hat. Diefe Schwierigfeis ten, den Fluß zu finden, haben verurſachet, daß ihm die erften Spanier, fo diefe Küfte entdecfeten, den Namen Rio efcondide, des verborgenen Sluffes, gaben, und daß fie dafelbft Feine Niederlagen anlegten, und daher haben die Franzoſen, welche die Louis fiane von ihrer mitternächelichen Seite entdeckten, davon als von einem ande, dasdie Spanier verlaß fen hatten, Befig genommen. | Der Fluß Str. Louis ergießt ſich ordentlich zu gewiffen Zeiten, Wenn zu Anfange des May der in Norden fehmelzende Schnee den Fluß erftaunlich, aufſchwellet, fo ergießt er fich zu allen Seiten auf zwan⸗ zig und dreyßig Meilen über das Land, und dieſes dauret bis zu Ende des Julius. Weil die Lifer des Fluffes viel höher find, als das entferntefte Land rings umber ift, fo kann diefes Waſſer nicht in ihn wieder ablaufen: Ein Theil der Ueberſchwemmung fließt alfo nad) Dften, durch Manchac, einen nas türlichen Canal, der mit dem See Maurepas zu⸗ fammenhängt, vom See Maurepas, in den See Pontchartrain, und von diefem, ing Meer, Der andre Theil fließt nach Werten in den Meerbufen von Adfcenfion, und das, was an den niedrigften Dertern ftehen bleibe, mache Moräfte, Seen und Arten von Flüffen verdorbenen Waflers, welche Bayoucs heißen, und im Sande, längft neben ihm ‚Hin, fehr häufig find. Die Ufer diefes Fluſſes find überhaupt mit Gehölze bedeckt: aber hin und wieder fließt er zwifchen fteilen und hohen Gebirgen hinweg, die er niemals überfchwernmen kann, und 8 zu aͤm⸗ von Mißiſipi oder Louiſiane. 123 Dämmen dienen. Man nenner diefelben Pores. Dey feiner Ueberſchwemmung führet er nicht allein viel Leimen ins fand, fondern reißt auch eine Menge Bäume mit fich fort, ohne die zu rechnen, welche er täglich unter feinen Ufern untergraͤbt, und die von Zeit zu Zeit in ihn hinein ftürzen, da er fie denn gegen die Sandbank anführet, welche dadurch) beftändig erneuret wird, oder, wenn er fie nicht bis ins Meer. fortführen eo, meil fie der Schlamm und Meerfand aufhalten; fo entiteben daraus neue Inſeln, Die mit der Zeit anmwachfen, den Sauf des Sluffes verändern, und ihn denen unfennelich Mas chen , die ihn nur felten befuchen. Weit über Moingona, dem nordlichſten un ter den Slüffen, die fih, mie oben erwaͤhnt worden, in diefen Fluß flürzen, ift der Waſſerfall von St. Antoine, unter dem Asften Grade Breite. Glaub⸗ wuͤrdige Leute, fo daſelbſt gemefen find, haben mid) verfichert,, daß dafelbft der St. Louis, von eis ‚nem platten Felfen queer durchfreuzet werde, word ber fein Waffer hinfließt, und fich von einer Höhe von 7 bis 8 Ruthen (toifes) herunter ſtuͤrzt. Won da bis zum Meere hat er einen ganz freyen Lauf. Der Fluß Rouge, ergießt ſich unter dem zı Grad go Min. inden St. Louis, und wird zwey huns dert Meilen lang gerechnet. Zwey Meilen über fels nem Ausflufie verbinde fich ver ſchwarze Fluß mit ihm, und wenn man an dieſem einige Meilen hinauf geht, ſo trifft man einen Bach an, der hin— einfällt, und aus zween Salsfeen herrinnet, wo bie Eingebogrnen des Landes Salz machen. Diefer Fluß iſt nur 50 oder 60 Meilen fang; das Land, wodurch 124 Le Bage Du Braz Abhandlung wodurch er fließt, ift fehr fehön ; es ift eine anein- derhängende Reihe flachliegender Gebirge, worauf man wilde Vögel und Ochſen ſieht; Gehölze mächft nur auf den Untiefen und Ufern des Sluffes, und das ganze übrige Land ift nichts anders, als eine weit- ausgedehnte Wiefe mit Bufchwerf beſetzt. Der Fluß der Akauhas ift ohngefähr zweyhun⸗ dere Meilen lang, und nimmt feinen Urfprung aus . Sebirgen, die fo nahe bey Santa Fe in Neu Me⸗ yico liegen, daß man von ihren Epißen den Rauch der Seuereflen diefer Stadt fehen fann, Er fließt überhaupt von Weften nach Dften. Der Fluß St, Francois ift noch nicht weiter berühmt, als durch die Reiſen, welche die Kran zoſen im Winter darauf thun, um auf die wilde Dchfenjagd zu geben, und ſich mit gefalgenem Fleis ſche, Unfchlice und Bärenfere zu verfeben. | Der Miffouri ift noch nicht völlig bekannt. Man halt dafür, daß er von, Weftnordiveft berfließe, Nach der Erzählung der Landeseinwohner, ift er TE achehundere Meilen fang, ohne einen Waflerfall zu haben , und fieben Tagereifen, nordwärts der Mitte feines Laufs, finder man einen andern, der ihm faft parallel läuft, und von Dften nad) Weften herunter in das weftliche unbefannte Meer bineinfällt. Hier— von werde ich anderswo in diefer Abhandlung fpres chen. Die Sranzofen find nur zweyhundert Mei⸗ len an dem Miſſouri binaufgefommen, bis da, mo fid) der Fluß der Oſages, der von Weſten hinter den Gebirgen von Santa Se, bervorfümmt, bin: einftürzet, An den Ufern des Miſſouri ift es, wo man von Mißifini oder Louiſiane. 125 man einen Berg ziemlich feinen Porphyrs entdecket bat, um Pfeifen daraus zu machen, wie die Ein: wohner Röhren (calumets) daraus machen. Der Moingona ſtuͤrzet ſich ohngefaͤhr unterm 41 Grade der Breite in den St. Louis. Dieſer Fluß ift anfehnlich, und man vermurher, daß er fich fehr weit in der Länge erftrecfe, allein er ift bis ißo uns befannt, Die Fluͤſſe, welche von der Dftfeite in den St. Louis fallen, find nicht fo anfehnlich, als die vors bergehenden, weil fie weder fo tiefes Waller, noch eine fo große änge haben. Diejenigen, der Tonis cas, der Natchets und der Pazous find meiter nicht berühmt, als nur in Abſicht der Völker, die an ihren Küften wohnen, und von denen fie die Na» men führen. Der Fluß von Öusbache, fonft auch der ſchoͤne Fluß genannt, erſtreckt ſich auf dreyhundert Meilen, und koͤmmt von Canada her: unter. Auf ibm kommen die von Canada in die Louiſiane. Wenn fie den Fluß St Laurent paf- firet haben, fo fommen fie in einen Eleinen Fluß, der ‚fie zu der Nation der Yiamis führe. Von da tragen fie ihre Fahrzeuge nur zwo Meilen, bis an den Fluß der Miamis, aus welchem fie in den von Ouabache fommen, der fie in den Sr. Louis leitet. Ein wenig über diefem feinem Ausfluſſe ftür- zen fich zween andere Flüffe von nicht geringerer Laͤn⸗ ge in den Dusbache. Der erfte ift ver Fluß der Chaouanons, und der andre ift der yo. Der Fluß der Illinois fälle ohngefähr unter dem 39 Grade in den St. ouis, und nimmt von der cansdifchen Seite feinen Urſprung: allein er ift der Laͤnge nach nicht 126 Le Page Du Praz Abhandlung | nicht fo groß, als der Ouabache. Seine Min: dung ift über und faft gegen über dem Ausfluffe Yiffouri. — | Man findet an der öftlichen Küfte der Louiſiane einige Inſeln, deren die vornehmften find, die Ra= geninfel, (Isle aux Chats) die Schiffsinfel, (aux Vaiffeaux) die Horninſel, (a Corne) und die Inſel des Daupbin. Man finder fie in diefer Ordnung nach einander, wenn man aus dem St. Louis aus- ſchiffet. In einiger Entfernung über der Inſel Dauphine, fieht man auf der Küfte den Eleinen Fluß zum Perdtig, welcher uns von den Spanien von Denfacola ſcheidet. Diefe nennen ihn Rio perdi⸗ do/ den verlornen Fluß. Ich wuͤrde natuͤrlicher Weiſe geneigt ſeyn, die Louiſiane wegen der großen Verſchiedenheit des Erdbodens zweyer großen Theile dieſes weitlaͤuftigen Landes in die obere und niedere einzutheilen. Die obere würde diejenige feyn, wo man Steine finder, wovon fich die vollen zroifchen ven Fluͤſſen der Natchez und der Nazous bey einem ſteilen ſehr feinen Sande - fteinfelfen anfangen. Hier würde ihr Ende feyn, und die niedere würde fid) von da bis ans Meer erftre- - den. Dieſer am meiften bewohnte Theil har feine Höhen und plattes Sand: allein man findet darinn weder Steine noch Sand. Der Erdboden der ges birgigten Gegenden ift ein rother Thon, und fo feſt, daß man ihn als einen feften Grund zu allen beliebi- gen Gebäuden gebrauchen koͤnnte. Diefer Thon ift von einer faft fhwarzen, leichten Erde bedeckt, die befonders fruchtbar ift. Das Gras wächft kniehoch darauf, und in den Thälern, die diefe leichten Hügel von von Mißifipi oder Louiſiane. 127 von einander abfondern, wächft es über die größte Mannshöhe Man verbrennt nach und nach ſowohl Das eine, als das andre, und nach acht bis zehn Tagen ift das neue Gras ſchon wieder auf einen halben Fuß Boch gewachfen, Hieraus läßt ſich leicht fchließen, Daß auf dergleichen Weiden das Vieh außerordent- lich fee werden muͤſſe. Das flache Sand ift dem Boden eines Gewäffers ähnlich, und fcheine nur vom Sande, und allem, was das Meer ausmwirft, Durch den Schlamm und das Gehölze, welches der Fluß bey feiner Ueberfchwemmung von drey Monaten mit fortreißt, und bin und wieder im Sande zurück läßt, formiret zu feyn, ohne zu rechnen, was hierzu die Blätter der Bäume und Röhre, welche bier erftauns lich ſtark wachfen, wenn fie des Winters abfallen, ja die abfterbenden Bäume und Röhre felbft, die mit der Zeit faulen, beftändig beyfragen. Als man einft« mals drey Meilen über neu Orleans einen Brun- nen gegraben; fo hat man in der That in einer Tiefe von 20 Schuhen, einen ganzen umgejtürzten Cypreſ⸗ fenbaum von 3 Schuhen im Durchmeffer, deffen Holz unverweslich ift, gefunden, Das Erdreich muß ſich alfo, ſeitdem Diefer Baum niedergeftürze ift, um 20 Fuß erhöhet haben, und da diefes Holz Teiche iſt und ſchwimmt, auch viele Zweige und Wurzeln dar⸗ an waren; fo ift nicht zu vermuthen, daß er in Das vom Waffer erweichte Erdreich tiefer-hineingefunfen feyn ſollte. Uebrigens beweifen auch die viel hoͤhern Ufer des Fluffes, als das innere fand ift, daß fie durch den Schlamm entftanden feyn müffen, welchen das Waſſer mit ſich führer, und wovon es beftändig deſto weniger zuruͤcklaͤßt, je weiter es fir) von dem Bette | des 23 % Page Du Praz Abhandlung | des Fluſſes entfernet. a endlich) fo findet man auch auf hundert Meilen vom Meere Hügel, welche Haufen von Auſterſchalen zu ſeyn ſcheinen, und die Einwohner des Landes verſichern, von ihren Vorfah⸗ ren gehoͤret zu haben, daß ehedem das Meer bis an dieſe Derter gegangen wäre, Wenn man der Gage diefes Volks Glauben bey: meffen fann, und dasjenige überlegt, was ich eben gefagt habe, fo muß man die niedere‘ Louiſiane als ein Land anſehen, das man dem Meere entzogen hat, und deſſen erſter Grund ein cryſtallener, ſchneeweißer und feiner Sand iſt, wie Mehl. So iſt wirklich die ganze Kuͤſte, ſowohl oft - als weſtwaͤrts des Aus— fluffes von St. Louis befchaffen. Sie ift unbes wohnbar; der Schein des Sandes, wenn die Son: nenftrahlen drauf fallen, ift jo tebhaft, daß er die Aus gen blendet, und man Gefahr hat, blind davon zu werden, wenn man nicht im Gehen etwas vor die Augen haͤlt. Uebrigens iſt er fo trocken und duͤrre, daß nichts darauf waͤchſt, außer einigen einzelnen Steineichen, Fichten, und rothe und weiße Cedern. Inzwiſchen it fein Zweifel, daß nicht in kuͤnftigen Jahrhunderten das Meer und der Fluß eine Erde von eben der Art daraus machen werden, als man ſie findet, wenn man über dieſe Küfte weiter $andeinwärts koͤmmt. Natuͤrliche Geſchichte der DR Die vornehmften Einenfchaften eines Geſchicht- fchreibers find die Treue und die Genauigkeit. Eine FÜ welche bloß durch die Annehmlichkeiten der Schreib: 4 von Mißifipi oder Lonifiane, 129 Schreibart Beyfall erhält, wird alfobald von denen: jenigen zu einer ewigen Bergeffenheit verdammt, die fi) daraus unterrichten wollen, und deren Urtheile dereinft die Urtheile der NBeltfeyn werden. Iſt hin⸗ gegen Wahrheit darinn, fo beſchuͤtzet fie dieſe Wahrheit felbft wider die critifhen Anfälle, und erhält ihr bes ffändig einen gemwiffen Werth. Ungeuͤbt in der Kunſt wohl zu reden, unterftehe ich mich durch dieſes letzte Mittel zu hoffen, daß man die hier folgenden Be— fehreibungen deffen, was die Louiſiane hervorbringr, und was für Thiere fie ernährer, mit eirigem Vergnuͤ⸗ gen lefen werde. Während Meines Aufenthalts in diefem Lande, wo ich Freyheiten genoß, und fiebenzehn Jahre gewohnt habe, iſt mir Muße genug übrig ges blieben, bierinn Unterfuchungen anzuftellen, und diefe hatten einen fo guten Fortgang, daß ich im Stande war, dreyhundert merkwürdige Pflanzen in ihrer eignen Erde eingepackt, an die Indiſche Gefellfchafe nah Frankreich zu überfenden, Indeſſen muß man von mir Feine Befchreibung alles desjenigen ohne Ausnahme erwarten, was die Louiſiane im Gewächsreiche hervorbringt. Die ausnehmende Fruchtbarkeit diefes Landes hindert mich, ein Werk von dieſer Ark zu unternehmen, und ic) habe überdem auch noch viel andre Sachen zu erzählen. Es mag alfo genug feyn, nur dasjenige bier zu be» rühren, was den Einwohnern entweder zu ihrem Une terhalte, oder zur Handlung, die fie damit treiben, am nüglichften ift, und ich werde, ohne mich um den Zus fammenhang der vorzutragenden Materien fehr zu befümmern, eine Sache nach der andern nur ſchlecht⸗ bin befchreiben. | — 10 Band. 3 Der 130 Le Bage Du Broz Abhandlung Der Mais (Mahis) oder das tuͤrkiſche Rorn, iſt Das dem $ande eigene Getreide, weil es die Eins gebohrnen des Sandes fehon vorlängft felbft gebauet haben. Es wählt auf einem Stengel von fechg, fieben, bis acht Fuß hoch, und treibt Aehren, die ohne gefähr zwey Zoll dick im Durchmeffer find, Diefe Aehren fragen ſiebenhundert und mehr Körner, und jeder Stock hat zumeilen fechs bis fieben Aehren, nach» dem das Erdreich gut iſt. Das befte Erdreich für den Weis ift ſchwarz und leicht, die ftarfe Erde ift ihm weniger dienlich, Dieſes Korn ift, wie befannt, für. Menfchen und Thiere, befonders aber für das Federvieh, eine fehr gefunde Speife. Die Einwohner bereiten es auf allerhand Arten zu, um ihre Speifen dadurch zu ver= andern, und Die befte unter allen ift Die, daß fie ein gewifles Mehl daraus machen, welches eine für jeder—⸗ mann angenehme Speife ift. Wir wollen die Ver— fertigung deſſelben mittheilen, damit andere, die eben dergleichen Korn in den Provinzen Frankreichs bauen, denfelben Gebrauch Davon mögen machen koͤnnen. Man läßt den Weis anfänglich zur Hälfte in Wuaſſer Fochen, hernach läßt man das Waſſer davon ablaufen und trocknet ihn auf. Wenn er recht tro— cken ift, fo wird er in einer darzu verfertigten Schüffel Igeröftet, da man ihn aber mie Afche vermifchen muß, damit er nicht verbrenne, gleichwie er beftändig ums gerührt werden mn, Damit er nur die rörhliche Farbe befommt, welche er haben muß. Go bald er diefe Farbe hat, fondere man die Afche wieder davon ab, reiniget ibn wohl, und thut ihn mit trockner Boh⸗ nenkrautaſche und ein wenig Waſſer in einen — ls⸗ von Migifipi oder Louiſiane. 131 Alsdenn ſtoͤßt man alles gelinde, fo plagen die Hülfen. der Körner, welche ganz zu Grüße warden. Diefe Grüße ſtoͤßt man Flein und läßt fie an der Sonne trocknen; fo hat man ein Mehl, das fich überall bin verführen läßt, und fechs Monate halt, wenn man es nur dann und wann an die Sonne ſetzet. Will man es zur Speife gebrauchen, fo macht man das Gefäß, wohinein man es fehüttet, um den dritten Theil da= von voll, und das übrige faft bis oben an voll Waſ⸗ fer. In wenig Minuten quillt das Mehl auf, und ift eßbar. Es ift fehr nahrhaft, und für die Reiſen— den und Handelsleute eine vortrefjliche Provifion, Will man es mit Milch und ein wenig Zucer vers mifchen; fo kann man es auf den beiten Tafeln aufz feßen; in Mitchchofolate ift es eine Dauerhafte Nabe rung hakısy Die Louiſiane bringe noch eine andre Arc von Mais hervor, den man Eleines Rorn nennet, weil es in der That an Stengeln, Aehren und Körnern £leiner ift, als jener, Denen, die feinen großen Vor— rath von Sebensmitteln haben, ift es eine große Hülfe,. weil man es von einem Felde in einem Jahre zwey— mal einerndten kann, und weil es am fpäteften reif wird, Man zieht aus dem Mais $ebenswafler, und macht ein ftarkes und angenehmes Bier daraus, wo⸗ zu die andern Sander, und befonderg die gebirgigten . LOHN Gegenden, Hopfen im Ueberfluſſe lies ern, Die Bohnen. Man bat in diefem Sande Bobs nen von vother, ſchwarzer und von andern Farben gefunden, die man viersigrägige Bohnen genannt EN J 2 hat, 132 LePage Du Praz Abhandlung hat, weil ſie nur dieſe kurze Zeit noͤthig haben, zu wachſen, reif und geſchickt zum Kochen zu werden, Der Beiß, welchen man allhier bauet, iſt aus Carolina anhergebracht worden. Er geraͤth wun⸗ derſchoͤn, und die Erfahrung widerlegt bier das ges meine Vorurtheil, daß er fters im Wafler ftehen muͤſſe. Man hat einigen im flachen Sande geſaͤet, ohne e8 zu uͤberſchwemmen, und er ift wohl ausge: wachfen und von fehr feinem Geſchmacke gewefen, Man hat fich über diefe Feinheit des Geſchmacks um. defto weniger zu verwundern, da fie allen Pflanzen eigen ift, die weit von wäßrigen Dertern entfernt, und ohne Begießen wachſen. Ich weiß nicht, ob man, feitdem ich aus der Louiſiane zurück gefommen bin, verſucht hat, ihn an den gebirgigten Dertern zu ſaͤen. Apalschifche Bohnen. Diefe Bohnen haben ihren Namen von einer hierfelbft eingebohrnen Nas tion diefes Namens, von welcher man fie empfangen bat. Diefe haben fie ohne Zweifel von den Engel⸗ löndern in Carolina befommen, wohin fie aus Guinea gebracht worden find. Ihre Stengel Fries chen wenigftens vier bis fünf Fuß lang in der Erde fort; die Blätter find zufammengefchloffen, und ohn- gefähr wie die an den Mauern wachfende Epheu⸗ blätter geſtaltet: doch aber find fie weich und dick, Sie gleichen den Bohnen, nur daß fie viel Eleiner find; fie haben eine dunfle Sleifchfarbe, und in der Gegend, wo fie an der Hülfe hängen, vings herum einen ſchwarzen Flecken. Die Hülfe ift fechs, fieben, ja zuweilen acht Zoll lang, und man findet ihrer dar⸗ inn menigitens achte, zumeilen auch bis funfzehen. Diefe von Mißiſipi oder Louiſiane. 133 Diefe Bohnen find zart zum Kochen, und von fehr feinem Geſchmacke, aber füß und ein wenig efelhaft. Die Patates find Wurzeln, die gemeiniglic) län« ger, als dicf, von ungleicher Gejtalt und dünner Hauf find, faft wie an den Erdäpfeln. Ihr Fleiſch und, füglichter Geſchmack ift, wie von guten Marronen. Man muß das Erdreich, worinn fie wachſen follen, in Haufen aufwerfen, oder hohe anderthalb Fuß breite Surchen ziehen, Damit es nicht zu feuchte fey, und bie Frucht einen beflern Geſchmack bekomme. Man nimmt auch das magerfte Erdreich von den Gebirgen dazu. Alsdenn fchneidet man die Fleinften Wurzeln in Scheiben, und beobachtet dabey, daß jede Scheibe ein Auge befommen muß: denn aus diefem Auge koͤmmt die Pflanze und ihre Frucht hervor. Man ſteckt vier bis fünf folcher Scheiben in die oberfte Spitze des Erdhaufens, die denn in Furzer Zeit Stens gel freiben, Die auf der Erde hinfriechen, und vier Fuß, auch wohl noch länger find. In der Mitte des Auguſtmonats fchneidee man diefe Stengel fieben bis acht Zoll bey der Erde ab, und pflanzt fie, dop- pelt kreuzweiſe gelegt, in die Spißen anderer hierzu bereiteter Erdhaufen. Diefe legten werden ſowohl wegen ihres vorzüglichen Geſchmacks, als auch, weil fie fi) den Winter durch beffer halten, für die beften gehalten. Um fie aber in diefer Jahrszeit defto befler zu bewahren, läßt man fie, fo bald fie aus der Erde genommen find, an der Sonne trocknen, und vers wahret fie an einem trocknen mohlverfchloffenen Orte, in Afche, worüber recht trocfene Erde gelegt wird, ‚Man läßt fie, wie die Warronen, entweder in Kob- ‚Ten, oder im Dfen braten, oder in Waffer Eochen: | | —J allein 734 Re Base Du Praz Abhandlung allein auf die erften Arten befommen fie einen beſſern Geſchmack. Man ißt fie trocken, oder in Scheiben geichnitten, in Milch, doch ohne Zucker, weil fie an Sich felbit ſchon füße find, Einige Stansofen haben Branntivein Daraus gezogen. Die Biromons find Arten von Kürbiffen. Man - bat deren zweyerley: Die erften find rund, und die andern haben die Figur eines ‘agdhorns, Diefe lesten find die beften, weil fie dichteres Fleiſch, eine nicht fo efelhafte Suͤßigkeit und weniger Körner ha« ben, ſich auch länger halten als die erſten. Man Fann fie aud) trocken einmachen, indem man fie naͤm⸗ lich in Seftalt einer Birne oder andern Frucht ſchnei⸗ def, und fie alfo mit ganz wenig Zucker, weil fie felbft füße find, trocken einmacht. Wer fie nun nicht fen» net, wundert fich über ganz eingemachte Früchte, die doch innmendig Feine Kernen haben. Doch man ißt ſie nicht allein eingemacht, man gebraucht ſie auch in Suppen, oder zu Fricaſſeen; man läßt fie im Dfen und in Kohlen braten, und fie find auf alle Are gut und angenehm, Man macht auch Pfannkuchen Daraus, | | Weizen, Rocken, Gerfte und Haber. Alles Diefes Getreide geräthb ungemein wohl in der Loui⸗ fiene: allein es ift in Abfiche des Weizens eine Vorſicht in Acht zu nehmen, die ich hier nicht mit Stillſchweigen merde übergehen dürfen. Wenn man ihn alleine, und fo, wie man in Sranfreidy zu thun gewohnt ift, füet, fo wählt er anfangs vortreff- ih: allein wenn er in der Bluͤhte ſteht; ſo ſieht man unten am Stengel eine Menge rothe Waſſerttopfen die ſich in der Nacht in einer Hoͤhe von ſechs Zollen haͤufen, } von Mißifipi oder Louiſiane. 135 häufen, und beym Aufgange ber Sonne wieder ver: fhwinden, Diefes Waffer ift fo feharf, daß es in Furzer Zeit das Stroh zerfrißt, und die Aehre fälle ab, ehe vas Korn reif ift, Um diefem Liebel vorzu— beugen, welches nur allein von der allzu großen Stärfe - des Erdreichs herrührer, ſo muß man den Weizen, den man faen will, mie Rocfen und trockner Erde vermi« ſchen. Ein auf dieſe Art dünne geſaͤeter Weizen ift von aller Gefahr frey. Diefes ift die Merhode, deren ich mich bedienet habe, und wodurch ich im Stande gewefen-bin, eine Garbe Weizen nad) Neuorleans zu fenden, um diejenigen zu widerlegen, welche ausges ſprenget hatten, daß man in dieſem Sande Feinen bauen koͤnnte. Solchergeftale bin ich überzeugt, wenn nur erſt durch beftändigen Gebrauch diefes Erdreich mes niger fett wird gemacht worden feyn, daß man den Weizen auf eben die Art, als in Frankreich, darauf werde faen koͤnnen. Alle aus Kucopa anhergebrachte Sulfenfrüchte gedeyen allhier weit befler, als in Frankreich, weil man ihnen ftets ein ihnen gehöriges Erdrgich giebt. Denn es würde fehr einfältig, wo nicht gar noch et was mehr feyn, zu glauben, daß die Zwiebeln und alle Zmwiebelgemächfe hier in einem weichen und wäfferig« ten Erdreiche fortfämen, da fie fonft überall eine fros dene, leichte Erde vonnöthen haben, (Die Zorrfegung künftig.) %4 II. Mittel 36 Wider den Ausſatz Der Schweine DEREK IEKE F IT * Mittel wider den Ausſatz der Schweine, und den Krebs des Hornviehes. $, ift zu bewundern, daß unfre öconomifche Schriften nicht mehr als ein Mittel wider | den Yusfaß der Schweine lehren, für deflen gute Wirkung fie doch nicht einmal ftehen wollen. Man muß, wie fie fagen, dem Schweine unfer dem Schwarze zur Ader laſſen, es oft in reinem Waffer baden, es in einem befondern Stalle reinlich halten, und ihm viel zu freffen geben, am meiften aber Wein« beerhülfen, mi: Kleyen vermifcht und mit Waffer ans —5 Nach ſo vieler Muͤhe verſprechen ſie zwar die Verminderung, aber keine voͤllige Heilung des Uebels. Dieſe Unzulaͤnglichkeit eines einzigen Mittels verſichert uns, daß man das folgende mit Vergnuͤgen annehmen werde. Wenn die kleinen ſchwaͤrzlichen Ausſatzblaſen auf der Zunge des Schweins aufgebluͤhet ſind, oder ſich dieſe Krankheit durch die Heiſerkeit deſſelben verraͤth; fo pülvere man rohes Spießglas, und miſche es unter ein wenig Berftenmebl, und ftreue diefes auf die Zunge, fo genefer das Ihier ohne Ausnahme, Wenn die Schweine Frank find, giebt man Se | iete und den Krebs Des Hornviches. 137 eh die Woche einigemal, dahingegen zur bloßen erhütung diefes Lebels einmal die Woche hinrei— chend feyn kann. In der That giebt es nicht viele Mittel, die ges ſchickter wären, das Geblüte zu reinigen, "als das rohe Spiesglas; (antimonium crudum) und da nichts gewiſſer iſt, als daß der Ausſatz der Schwei— ne von einem verdorbenen Gebluͤte herruͤhre; ſo kann man an der Wirkſamkeit dieſes Mittels um deſto we⸗ niger zweifeln, da ſie ohnedem eine Menge von Bey⸗ fpielen glücklich erwiefen haben. Ich unterftehe mich nicht. auszumachen, ob die Schwämme, der Krebs, oder die Finnen des Horn« viehes, welche dem Ausfaße der Schweine viel glei: hen, eben diefelbe Urfache haben : allein ich kann verfichern, daß bey ihnen eben diefes Mittel mit eben fo gutem Erfolge ift angebracht worden, und daß fie Davon fo geſchwind als glücklich genefen find. Da man aus Unterfuchungen gelernt bat, daß Diefes Uebel von- der Unreinlichkeit der Viehmaͤgde herruͤh— tet, welche zur Zeit ihrer Reinigung das Futter dies fer Ihiere entweder aus Nachläßigfeit oder Bosheit verumreinigen ; fo muß ein Haushälter bey feinem, Gefinde hierauf wohl Achtung geben, denn ein einzi« ges mit diefem Uebel behaftetes Thier ift hinreichend, einen ganzen Stall anzuſtecken. Mittel wider die Faͤulung der Schafe. Man weiß, wie zärelich das Wollenvieh ift, und daß es unter denen ihnen eigenen Krankheiten, fehr J5 ge⸗ 138° Mittel wider die Faulung gemein fey, daß fie an Leber und Lunge leiden, wenn fie an feuchten Drten weiden, oder faules Futter genies- fen ; weil nicht überall trockene Weiden zu haben find, . die fie doc) nur allein vertragen Fönnen, und weil man öfters in naffen Jahren viel zu thun hat, das Heu hinlänglich trocken zu Eriegen, ehe man es in Bündel zufammen bindet, daher es ſich denn, mie alles an« pre Fufter, das man zufammenhaufet, bey beftändis gem Regenwetter zu thun pflege, auf dem Boden erhiger und faulet; fo ift kaum zu befchreiben, wie vieles Wollenvieh auf diefe Weife verwahrlofer wird, und umkoͤmmt. Ja, da diefes Uebel ſich fo allgemein ausbreitet, daß öfters in einer ganzen Gegend fein einziges gefundes Schaf angetroffen wird, und Die Folgen davon fo gefährlich find, daß man beftändig die Heerde erneuern muß; fo ift zu erſtaunen, wars um die öconomifchen Schriften gar Fein Mittel wi— der Daffelbe vorfchlagen. Wir wollen bier eines mits theilen, das uns als fehr heilfam angepriefen wor= den ift, befonders wenn man es gleich im Anfange des Frühlings gebraucher. — Nehmet ein Pfund gepfropften Wermuth und ein Pfund ſpaniſchen Meerrettig. Puͤlvert es und verwahret es in einer Buͤchſe, um euch deflel= ben zu rechter Zeit zu bedienen, Es wäre zu wuͤn⸗ fehen, dat man uns gemeldet hätte, was eigentlich gepfropfter Wermuth fey, und ıworinn er fich von dem großen und Eleinen unterfcheide, welches die beyden einzigen befannten Arten deſſelben find, wenn es nicht vielleicht durch eine beſondere Eultur allein geſchieht. Wenn der Schafe. 139 Wenn man diefes Pulver gebrauchen will; fo nimme man davon, für hundert Schafe, zwo Un— zen, Diefe vermifcht man mit vier Unzen geftoße- nen Wachholderbeeren und zmey bis drey Eleinen Mesen Haberfutter. (deux ou trois petits meſu- res, chacune environ de deux Litrons.) Diefes Haberfutter befteht aus einem Drittheile Haber, und zwey Drittheilen Erbſen und Dicken, die man im März in leichte Erden zum Viehfutter ſaͤet. Hierzu thue man noch eine Fleine Hand voll Salz, und die Hälfte des Ganzen, gemeinen gepülver- ten Wermuth. Dieſes Mittel ſchuͤttet man in die Krippen der Schafe, und giebt ihnen davon alle Woche, befon« ders einmal im März, einmal gegen Pfingften, und noch einmal gegen Ausgang des Tunius. Ent» weder wird fie Diefes ganz vor dem Uebel bes wahren, oder doch defjen Fortgang verhindern, U. P.D 110 Friſius von der Geſtalt .erkkieee r III. P. D. FRISII | Mediolanenfis, congreg. D. Pauli clericiregularis, in Lau- denfi Academia primum , deinde in regio Cafalenfi Gymnafio publici philofophiac Profefloris & ftudiorum praefecti, Difquihtio mathematica in caufam phyficam FIGVRAE er MAGNITVDINIS telluris noftrae. Magna Opera Domini, Exquifita in omnes voluntates eius Pf, ıro. Mediolani —— in Regia Curia ſuperiorum permiſſu gr. 40. 86 S. 3 Kupfertafeln. d. i. Paul Friſii mathematiſche Unterſuchung der phyſikaliſchen Urſache der Geſtalt und Groͤße unſerer Erde. a aus des Herrn von Maupertuis Abmeſ⸗ fungen eine andere Berhältniß der Erdaxe zum Durchmeffer des Aequators heraus fümme, als Newton angegeben batte, fo —* der | er⸗ und Größe der Erde. 141 Berfaffer in dem Vorberichte (Anteceflio) erftlich zu zeigen , vaß kleine und unvermeidliche Irrthuͤmer in den Abmeflungen diefen Unterfchied Teiche verurfa. chen koͤnnen. Wenn man die Formel aus zween ab» gemeffenen Graden die Geftalt der Erde zu beftim» men nimmt, die der Herr von Maupertuis in der Figure de la terre 1.3.1. Th. 9 C. gegeben hat, nanlibD= (E—F): 3E. (SS — ss) wo Den Ueberfhuß des halben Durchmeflers des Aequators über die halbe Erdachſe, E die Länge eines Grades in der größern Breite deren Sinus S ift, F die länge des Grades in der Fleinern ‘Breite, deren Sinus s ift bedeutet, und für E 57437, 9 Toifen für F, 57183 Toiſ. feßet, wo S = S in 66 Gr. 20 M. s — 4g Gr. 22 M. fo befümmt man D= 73- und die Erdare verhält fich zu des Aequators Durchmeffer wie 177: 178, da dod) Newton diefe Verhaͤltniß — 229 : 230 geſetzet hat. Behaͤlt man aber die Ab- meſſung des legten Grades vollfommen bey, und feet, bey dem erften fey nur 60 Toifen geirree worden, ‚oder ſetzt man bey jedem diefer Grade einen Irrthum von 30 Toifen zum voraus, fo wird nach eben der Regel D= zI; gefunden, daß aber dergleichen Irrthum gar leichte Fönne be gangen werden, beweifer der Berfaffer. Der Abftand zweyer Parallalen, z. E. zwifchen Torneä und Kit— tis, wo. diefe Beobachtungen find angeftellet worden, ift aus einer wirklich gemeffenen Grundlinie, ver: mittelſt verfchiedener Dreyecke berechne. Dieſe Dreyecke koͤnnen in verſchiedener Ordnung bey der Rechnung vorgenommen werden, und andere Ord— nungen geben andere Laͤngen fuͤr vorerwaͤhnte Ent— fernung * 142 Friſius von der Geſtalt fernung der Parallelkreiſe. Fuͤnf ſolche Ordnungen ſtimmen wohl mit einander uͤberein, und bringen 54942, 57 Toiſen, ſieben andere geben fieben ver⸗ fehiedene Entfernungen und diejenige, die am meis ften von voriger abweicht, ift 54891 Toiſ. Bey den himmlifhen Beobachtungen iſt ein Fehler von. 4 bis 5. Sec, nicht zu vermeiden, wie Caßini Mem. de PAcad. des Sc. 1735 und Bouguer, Fig. de la terre ©, $, 5, geftehen. Aber 2 Sec. am Him⸗ me geben 32 Toifen auf der Erde. Folglich kann man, wenn alle Fehler zufammen ſtimmen follten, einen Irrthum von 60 bis 70 Toifen unvermeidlic) nennen. Ja wenn man den Grad in der ‘Breite 49 Gr. 22 M. mit dem von 56753 Toiſ. vergleichet, den Bouguer und feine Gehülfen unter dem Aequator ges meffen haben, fo giebt die vorige Sormel, s—= 0 ge fest, D — 355 daß völlig Die newtoniſche Bers haͤltniß herauskoͤmmt. Rach dieſen Betrachtungen widerlegt der Ver— faſſer den P. Boſcowich, welcher uͤberhaupt geleug⸗ net hatte, daß ſich die Abweichung der Erde von der genauen Kugelgeſtalt durch Beobachtungen be⸗ ſtimmen ließe, und handelt darauf im erſten Capi⸗ tel von den Beobachtungen, die man bisher, die Ge— ftalt der Erde zu beftimmen, angeftellet bat, wo ganz gute hiſtoriſche Nachrichten vorkommen, aber nichts neues gemeldet wird, | Das zweyte foll einige Grundfäße und Hypothe⸗ fen vortragen, Es find, die Fopernifanifche Welt⸗ ordnung, von der fich der Verfaſſer in einer Vorerin⸗ nerung erfläret, er nehme fie nur in dem Berfiande an, in welchem feine Kirche folhes erlaubet, und die u und Groͤße der &de 143 die allgemeine Schwere. Daß die ganze Erde vom Anfange fluͤßig geweſen ſey, ſcheint dem Verfaſſer er: mas zu viel gewaget, wenn man es wirklich behau- pten wollte; da aber ein großer Theil der Erdfläche mit Waſſer bedeckt ift, und die Ufer ſich nach der Geftalt der angränzenden Meere richten, fo Fann man diefe Hnporbefe ohne Schaden an die Stelle der Wahrheit fegen, - | Im dritten Capitel wird alfo eine flüßige Kugel betrachtet, die ſich um eine Achfe drehet, und be frachtet, was der Schwung, der jedem Theile eins gedrückt wird, und die Daher entftehende Beftrebung fich vom Mittelpuncte zu entfernen, für eine Beräns derung in der Geſtalt machen koͤnne. Außer dem, was die Mathematifverftändigen bierinnen laͤngſt gethan haben, glaube der Berfafler, diefe Linterfus chung noch fchärfer durch eine gewiſſe neue Betrach⸗ ung anzuftellen, Er betrachtet nämlich, daß von den Theilchen, welche innerhalb der flüßigen Kugel enthalten, jedes durch fein Beſtreben fich von dem Mittelpuncte des Kreifes zu entfernen, in dem es geht, auch mit in diejenigen wirket, Sdie über ihm näher. nad) der Oberfläche der Kugel zu liegen, und dadurch derfelben Kraft ſich vom Mittelpuncte zu ‚entfernen, vergrößert. Mach einer mühfamen Ber rechnung aber findet er, daß dieſe Vergrößerung zu wenig beträgt, als daß man fie in Betradytung zies ben dürfte, und alfo bleibe alles, wie es von andern, weiche hierauf gar nicht Acht gegeben haben, ift bes ſtimmt worden. Es wird hier zum Voraus gefeget, _ daß die Bemübung, den Mittelpunck zu fliehen, in Vergleihung der Schwere wenig betrage, daher - | in. 144 Friſius von der Geſtalt in den Rechnungen, der erften zweyter und hoͤhere Potenzen weggeworfen werden. Auch wird ange⸗ nommen, daß die Schwere, wenn die Kugel ſich nicht drehte, auf ihrer ganzen Oberfläche uͤberall von einerley Größe feyn würde, Das vierte Capitel betrachtet nun, tie fich Die Geftalt der Kugel, vermittelft diefes Herumdrehens verändert, und der Derfaffer bringe heraus, daß es ein der eigentlichen Kugel ziemlich nahe kommendes Sphäroides fey, das durch das Herumdrehen einer conifchen Ellipfe um ihre Furze Are entſteht. Er vergleicht dieſes Spbäroides mit der wirklichen Kugel, aus der es entftanden ift, und die alfo eben fo viel Fürs perlichen Innhalt Haben muß, und bringe dar von verfchiedene merkwürdige geometrifhe Säße heraus, j Im fünften Capitel wird von dem Anziehen runs der Körper geredet; Der Berfaffer betrachtet naͤm⸗ lich einen Körper, der durch das Herumdrehen einer ebenen Figur um eine gewifle Are entftanden ift, er fest in Diefe Are einen Punct, und unterfucher, mit was fiir Kraft dieſer Punct von allen Theilchen des Koͤr— pers zufammen angezogen wird, welches er nachge= hends auf verfihiedene befondere Fälle anwendet, und diefes führee ihn im 6 Capitel auf die Bergleichung der Schwere an verfchiedenen Orten der Oberfläche eines Fugelartigen Körpers, welcher durchaus aus einerley Materie befteht ; er entdeckt hier einen Feh⸗ fer, der dem Heren Daniel Bernoulli in feiner Ab» handlung von der Ebbe und Fluch entwifcher war, und die Verhaͤltniß der Schweren auf der wirklichen | Kugel, und Größe der Erde, 145 Kugel, dem flachen und dem länglichten Sphaͤroi⸗ des * betrifft. Die Sache ſcheint nicht der Mühe werth, daß man fie weirläuftiger erwaͤhnet. Im fiebenten Capitel nimmt der Verfafler das bisher Borgefragene zufammen, die Seftalt der Erde - Daraus zu beftimmen. Wenn fich die flüßige Kugel um ihre Are gedrehet hätte, und plöglich ftehen bliebe, fo wiirde fie eine gewifle Geftalt befommen, die der Verfaſſer im Borbergehenden beftimme hat. Wenn fie fich aber weiter fortdrebet, fo wird fich ihre Geſtalt immer von neuen, aber immer weniger und weniger ' verändern , bis biefe Beränderung zuleßt fo geringe wird, daß man eine gewiſſe Geftalt, die, mie der Verfaſſer beweiſt, gedruct und der wahren Kugel fehr nahe koͤmmt, Fugelartig ift, für die beftändige annehmen kann. Diefes gründer ſich darauf, daß wenn der fich drehende Körper in Säulen, die von der Oberfläche nac) dem Mittelpuncte zuſammenge⸗ ben, getheilet wird, diefe Säulen alle gleichviel Ge- twichte gegen den Mittelpunct haben müffen, wenn | die * Mannennt Spharoides Afterkugel; fohat es Sturm in feiner Ueberfegung ded Archimedes gemacht. Kepp⸗ ler in feinem Auszuge der uralten Meßkunft Urchime: dis zu Binz 1616 in Fol. gedruckt, nennt eg: Ablange und gedruckte Kugeln, oder : Ayer und Linſen. Im Vvorbeygehen will ich noch melden, dag conoides parabolicum und hyperbolicum -bey ihm jenes mit eis nem Seuſchober, dieſes mit einem Arbisbaufen ver: lichen werden. Afterkugel bedeutete nach Der Zus ammenfegung fo viel, als Nachkugel, welches es wohl nicht beißen fol. Das Augeläbnliche aber druckt das Wort after nicht aus. 10 Band. K 16 Friſius von der Geſtalt die Geftalt des Körpers unverändert bleiben fol. Da fic) nun das Gewichte durch den Schwung ver⸗ ändert, fo enefteht daher dies erwähnte beftändige Beränderung der Geftalt. Aus feinen Rechnungen nun bringe der Berfaffer die Berhältnig der Erds are zum Durchmeffer des Aequators, wie 2295 230 heraus, fo wie fie Newton angegeben hatte. Kir gentlich ift auch alles, was ber Verfaſſer bisher ab» - gehandelt hat, nichts weiter, als ein Commentarius über den 19 Saß des III B. in Newtons Principiis, wo die mancherley Berechnungen, die dazu noͤthig find, alle deutlich aus einander geſetzet und analys tifch vorgetragen werden, | Das achte Capitel redet von den Graben des Meridians und der Parallelen. Der Berfaffer giebe eine Tafel von einigen folhen Graden, und bringe: verfchiedene andere merfwürbige Säße bey, z. E⸗ in welcher Breite der Grad des Meridians auf der Kugel, und-auf einem ihr nahe kommenden Sphaͤroi⸗ des glei) find, welches die “Breite von 48 Gr. uM, iſt; imgleichen, daß auf jedem eingedruckten Fugel- förmigen Körper, der nicht weit von der Kugel ab» weicht, der Grad des Meridians in der Breite 54 Gr. 44 M. dem Grade des Aequators gleich ift. Den Halbmeffer des Yequators rechnet er 3280166, und die ‚halbe Achfe 3265904 Toifen, woraus nad) den Regeln, wie man Fugelähnlicdye Körper berech⸗ net, die Fläche der Erbe 134906473342183 Quadrat⸗ toiſen, und ihr koͤrperl. Inhalt 14735503580888881679 Cubiktoiſen berechnet wird. se A A Das .: SL und Größe der Erde. 47 Das neunte Capitel redet von den Loxodromien der Schiffer, der Mondparallare und anderer Dinge, bie auf eben diefe Theorie anfommen, Der Berfafe fer giebt eine Formel für die. £orodromien, wenn die Geſtalt der Erde nicht ſehr von einer Kugel abwei— het, und er muß diefe feine Erfindung fehr hoch fhäsen, weil er die Zeit genau angiebt, wenn er darauf gekommen ift, Es ift ihn ohnftreitig unbe= kannt gewefen, daß Maclaurin eine Formel, die durch des Verfaflers Bedingung nicht eingefchränfet wird, im Treatife on Fluxions $. 896 gegeben bat, bey welcher die Zahlen, die für die Kugel find, berech« net worden, mit gehörigen Veränderungen koͤnnen auf die Eugelartige Geftalt gebracht werden. - Man findet eben diefe Formel nebft ihrem Gebrauche in der franzöf. Heberfesung von Murdochs lorodromie fehen Tafeln, welche den Titel füßret : Nouvelles ta- bles loxodromiques ou Application de la Theorie de‘ la veritable figure de la terre à la conftrudion des cartes marines reduites Par Mr. Murdoch, traduit de l’Angloi, par Mr. Bremond de P’Ac. Roy. des Sc, et dela $.R. de Londres Par. 1742. 8. Der Berfaffer unterfucht alsdenn, wie viel der Unterfchied der Horizontalparallare des Monds auf der Fugelähnlichen Erde betragen fann, und findet folchen fo geringe, daß er glaubet, die Geſtalt der Erde trage nichts zu mehrerer Bollkommenbeit ber Theorie des Mondes bey. Ohnſtreitig haͤtte der Verfaſſer ohne große Rechnung voraus ſehen koͤnnen, daß dieſer Unterſchied ſehr wenig betragen koͤnne, da er auf einer voͤllig kugelrunden Erde gar — iſt, und des Verfaſſers Erde wenig von der K2 Kugel 148 Friſius von der Geſtalt Kugel abweicht : Aber der Herr la Caille, und wer fonft geglaubee har, durch ſolche Beobachtungen“fo- wohl die Öeftalt der Erde genauer befannt zu ma» chen, als die Theorie des Mondes zu größerer Volle kommenheit zu bringen, haben ſolches wohl nicht durch die Horizontalparallare, fondern durch den Winfel gefucher, den zwo Linien von zween Dertern der Erde zu gleicher Zeit nad) einem Puncte des Mondes gezogen mit einander machen. Man febe davon des Herren de la Lande Schreiben an Prof, Käftnern, im 4 St. des 9 DB. des Hamb. Mag. Das zehnte Kapitel vergleicht die Theorie mit der Erfahrung. Zuerft betrachtet der Verfaſſer hier die Beobachtungen der Pendulen, deren fänge nad) der Theorie, wie die Duadrate der Sinuum der Breis te wachfen müjfen. Unter dem Nequator haben Ri- cher die fange 439, 5ı parifer Linien und Bouguer 439, 21 gefunden. Der Berfafler nimmt das Mike tel zwifchen beyden, und feßt fie 439, 36. Zu Rom in der ‘Breite 48 Gr. 50 M. haben fie le Seur und . Jaquier 440, 28 gefunden, zu Paris in der Br. 48 Gr. 50 M. Mairan 440, 57. in $onden Br. 51 Gr. zı M. Graham 440, 64. in Sappland Br. 66 Gr. 48 M. Maupertuis 441,1. Wenn man nun dieſes zufammen nimmt, und den Ueberfchuß des römifchen Penduls über das unter dem Aequator zum Grunde feger, fo erhält man, nach obiger Regel, von dem Wachsthume der Pendulen, folgendes, wel« ches bier in eine Tafel ift gebracht worden, damit man den Unterfchied defto befjer fehen Fann ; Pol: ‚und Größe der Erde. 149 Solhöhen Wachsth. des Pend. A, Wachsth. des Pend.B. Beob. . Berechn. Beob. Berechn. ge 44 0,92 0,92 1,07 1, 07 4850 1,21 1,77 1,36 1, 37 st 30 1,28 1,27 1,43 3,47 6383 1,8 1,3 1,96 2,03 Bey A ift das Pendul unter dem Aequator nach der Bergleichung des DVerfaffers bey B nach dem Herrn Bouguer angenommen. Syn beyden Fällen ereignet ſich der größte Unterfchied zwifchen der Rechnung und Beobachtung in dem Falten Erdſtriche, und doch beträgt er nicht über o, 07 einer Linie, Fehler in folchen Kleinigkeiten find unvermeidlih. Le Geur und Jacquier haben die Länge des Penduls zu Kom, durch Die forgfältigften, und viele Tage durch ange= ftellte Beobachtungen zu beftimmen gefucht, und Uns terfchiede von mehr als o, o5 einer parifer Linie gefuns den. Dadurch hält fich der Verfaſſer für vollkom— men berechtiget, die Richtigkeit der Theorie zu be- haupten, die mit den Erfahrungen der Pendulen fo genau uͤbereinſtimmt. Vielleicht würden einige $e- fer gemwünfcher haben, daß er die Anmerkungen in Betrachtung gezogen hätte, die jid) in Murdochs vor: bin angeführten Tafeln 13 S. wie aud) in des Herrn Bouguer Fig. de la terre Sedt. VII. zu finden find, und zeigen, daß noch allerly Schwierigkeiten bey Bergleihung der Beobachtungen der Penduln mit der Geſtalt der Erde find, Die Grade fommen meiftens nad) des Verfaffers Rechnung fo groß heraus, als nach wirklichen Aus» meflungen. In der Breite 43 Gr. 32 M. findet er 2 K3 den 150 Friſius von der Geſtalt und x. den Grab 30 Toifen Fleiner, und in der Breite 66 Gr. 20 M. 24 Toifen Eleiner, als man gemeffen bat. Ja ein Grad von feinen ſtimmet faft vollfommen mit einem des Herrn von Mauperfuis in diefer Tafel überein, worüber fich der Verfaſſer fehr freuet, ohne zu Dedenfen, daß dieſe Uebereinftimmung ein bloßes Ungefähr feyn muß, mweil er ja andere Zahlen zum Grunde feiner Rechnung geleget hat, als ver Herr von Maupertuis, Ueberhaupt wird man aus diefem kurzen Auszuge ſehen, daß dieſes Werk für jemanden, der ſelbſt ei— nige Staͤrke in den Wiſſenſchaften, auf welche ſolche Unterſuchungen ankommen, beſitzt, nicht unentbehr⸗ lich iſt, ob man wohl den Fleiß des Verfaſſers los ben muß, und auch mit Nutzen gebrauchen kann, da er das meiſte, was zu ſeinem Vorhaben in einem ordentlichen und deutlichen Zuſammenhange dienet, vorgeſtellet hat. A. ©. R. IV, An je Re 131 Ber N, VER | An Original theory ‚or new hypothefis of the univerfe founded upon the laws of nature, and falving by mathematical principles the general phaenomena ofthe vifible creation, and particular- ly the Via ladtea &c. | d. i. ee Neue Theorie des Weltgebaͤudes, | auf die Gefege der Natur gegründet, darinnen die allgemeinen Erſcheinungen der fihtbaren Schöpfung und befonders der Milch» Straße aus mathematifchen Gründen ö erfläret werben. In neun Briefen an einen Freund vorgetragen, ’ und mit mehr als 30 geflochenen und rabirten Ku pfern von den beften Meiftern erläutert; | durch Thomas Wright, von Durban. Fond. 1750. gr. 4. 3 Alph. 32 Kupf. | er prächtige Druck diefes Werfes, und bie Schönheit der Kupfer läßt ſich hier nicht vorftellig machen, aber der Inhalt folt fo viel, als gegenwärtige Abficht zuläßt, erzählet werben. u 84 Der 152 right neue Theorie Der erfte Brief, welcher als eine Einleitung zu dem Werfe anzufehen ift, trage Die Gedanfen eini» großen Schriftiteller von dem Weltbaue vor, & find „Jordan Bruns, Huygens, Merten, Der: ham, deren eigene Worte der Berfaffer meiftens an« führet, und mit verfchiedenen Stellen aus englifchen Dichtern, Milton, Young ıc. untermenget. Der zweyte ‘Brief handelt von der Natur der ma- thematifchen Gewißheit und den Graden der morali- ſchen Wahrfcheinlichfeit, wie weit folche zu Muth— maßungen erfoderet wird, Die Abficht des Berfafs fers ift ohne Zweifel, durch dieſe Betrachtungen ſich im Voraus wegen desjenigen, was etwa in ſeinen neuen Gedanken manchen Leſern zu viel gewagt fchei- nen möchte, zu entfehuldigen. Die Anmerfungen, die der Berfaffer hier beybringt, find eben nicht neu, aber fehr artig vorgefragen. Ermeift hauptfächlich, wie man in WBiffenfchaften immer weiter zu geben, von einer Bermuthung auf die andere zu fommen, und Durch Die Zufammenftimmung vieler Umftände eine Muthmaßung auf einen hoben Grad der Glaub» wuͤrdigkeit zu erheben, ſchon verfchiedenes aus den Wiffenfchaften als bekannt und ausgemacht vorausr fegen müffe. Diefes erläutert er durch ein finnreich ausgedachtes Erempel, Er feßet, man fande ein ab» gebrochen Stück von einer Schaumünze Darauf zeigten fi} ein paar Kreisbogen , und am Endenorte wo ber eine Bogen, nebft dem ganzen Stücfe abge: brochen ift, Spuren von ein paar Fleinern Kreifen, die ihre Mittelpunete im Umfange des größern haben, quer über das abgebrochene Stücke aber geht eine Frumme Linie. Wer der Mathematik unerfahren ift, wird des Weltgebaudes. 153 ‚Wird nicht wiſſen, was er aus diefem Dinge machen foll; Ein Sternfundiger wird in den beyden Kreis bogen Stuͤcken von der Bahn der Erde und des Sa⸗ turn fehen, die kleinen Kreife werden die Bahn der Zrabanten des Saturn vorftellen, und der Duerftric) wird ein Stück einer Kometenbahn feyn. Er wird durch Hülfe der Geometrie die Kreife und die Parallele ergänzen, und die Geftalt des ganzen Schauftüces, von dem man das abgebrochene Stuͤcke hat, darzu« ftellen wiſſen. Der Verfaſſer hat das ganze Ber» fahren auf zwo Rupferplatten vorgeftelle. Er han- delt nachgehends befonders von der Stärfe des Schluffes aus der Aehnlichkeit, und weiſt alsdenn, wie felbft die Irrthuͤmer der Alten nad) und nach zur Erkenneniß der Wahrheit bey dem Weltgebäude ge: fuͤhret haben, in welcher Abſicht er verfchiedene Vor—⸗ ftellungen des Weltgebäudes nach den Gedanfen ei- niger Kirchenväter, der Scholaftifer ꝛc. vorträgt, und mit einem Kupfer erläutert, Der dritte Brief redet von der Natur, Größe und Bewegung der Planeten um die Sonne, ftellet die bis» ber befannten Kometenbahnen, die Planetenfreife, die fheinbaren Größen der Sonne und der Planeten u. ſ. f. in verfchiedenen Kupferplatten vor, wie auch die Geſtalt des Jupiters und Saturns und eines Kome- ten durch Sernröhre. ‚Der vierte Brief feget eben diefe Abhandlung fort, und trägt die Gedanken der Alten, die Sonne und die Sterne betreffend, vor. Worauf der Berfafler die Betrachtungen, daß die Sterne nicht bloß um des Menfchen willen gemacht find, und daß ſich um jeden Firftern ein Weltgebäude von Planeten befins K5 —— , 154 Wright. neue Theorie ber, beybringt, und folches mit Zeichnungen von der Verhaͤltniß der Entfernung der Planeten von der Sonne, der feheinbaren Größe des Sinus in der Sonne, u.d. 9. erläutert. Der fünfte Brief redet von der Ordnung, den Ent: fernungen und der Menge der Sterne, der Mild)- ſtraße, und den Gränzen der ſichtbaren Schöpfung, Man wird dem Verfaſſer Hecht geben müflen, wenn er für Die drey fchönften Ausfichten in der Natur eine aus der See heraufiteigende Sonne, eine grünende Landſchaft mit einen Regenbogen, und einen geftirns ten Abend erkläre. Go angenehm und fo bewuns dernswerth ihm die beyden erften fcheinen, fo erregt doch der Anblick des dritten bey ihm eine Exftaunung, die bis zum Entzuͤcken geht, befonders rühret ihn der Milchweg. Er ſtellet den ganzen Stridy deffelben durch beyde Halbfugeln auf zwo Kupferplatten vor; darauf folgen die Gedanfen der Alten von ver Mil» ftraße. Aus der Befchreibung, welche Dpidius im 1°B. der Berwandlungen von der Milchftraße macht, folgert der Berfaffer, biefer Dichter habe geglaubet, fie beſtehe aus Sternen *, In * Ovid hat dieſes vielleicht nur fo geſetzt, weil es huͤbſch im Verſe geklungen hat. Doch kann man ihm auch den Ruhm nicht abſprechen, daß er in ſeinen Gedichten vielmehr Kenntniß der Aſtronomie gewieſen, als ſeine Nachfolger, die verliebten Dichter unferer Zeiten, und daß er die Bögenfabeln mir mehr Einficht in verſchie⸗ dene Wiffenfchaften, und beffer nach der Analogie des heidnifchen Goͤtzendienſtes, abgehandelt, als mancher eingebildete heilige Sanger unter ung die großen Be— gebenheiten unferer Religion ausführet. des Weltgebaͤudes. 155 In der XII. Platte ftellet der Verfaſſer aus eigner Beobachtung ein Stuͤck von der Milchftraße am Fuße des Antinous vor; dieſe Tafel, die beyden leßt« errmähnten, und verfchiedene der folgenden, find Mei- fterftücfe in der fehmwarzen Kunft. Sie bilden ver ſchiedene Klumpen von Sternen, als die Plejades uf. m. ab *, von denenim Tertegehandelt wird, . Wenn man, eine mittlere Größe zu haben, die Milchftraße 9 Gr. breit annimmt, und, in jedem Duadratgrade 1209 Sterne fest, (Galiläus hat. in der Krippe des Krebfes 36 geſehen) fo enthält die Milchftraße 3888000 Sterne, in einem fehr Fleinen Theile des - Himmels. Was für einen weiten Begriff von We- fen ohne Ende erreget diefes in unfern Gedanken, und wenn wir fie alle als flammende Sonnen und Quellen der Bewegung in einer noch größern Menge bevöl- ferter Welten anfeben, was kann fie bezwirgen,- als die Unendlichkeit, was Fann fie begreifen, als die Ewig⸗ keit? Es wäre gut, wenn Herr Wright mit einem Micromes ter diefer Sterne Lagen beſtimmet hätte, denn,fonft fieht man nicht, was feine Zeichnungen vor des Galilaug feinen im Nuncio fidereo für einen Vorzug haben fol- len, als in fo fern man ihn ein beffered Augenmaaß und mehr Fleiß beym Abzeichnen zutrauet. In den alten Memoires der parifer Afademie von 1692, 103 - ©. der parifer Ausgabe findet man fehon eine Zeich- nung von den Sternchen der Krippe,da die vornehms ften mit einem Micrometer beftimmt find, Es wird aber auch dafelbft die Schwierigkeit, ſolches genau zu bewerkſtelligen, angezeiget, weil man namlich Mühe hat, fie zu erkennen, wenn das Micrometer erleuchtet wird, und ohne diefe Beyhuͤlfe die Faden des Micro: meters ſchwer zu unterfcheiden find, | 156 Wright neue Theorie feit? Der DBerfafler giebt auch ein Verzeichniß eini⸗ ger neuen Sterne, doppelt neblichter Sterne u..d, 9. mit Nachrichten von ihrer erften Beobachtung. Es ur bier mitgetheilet werden: Namen der Sterne. Beobachtungen. Der ſiebente des Verlor ſich nach Trojens Siebengeſtirns. Brande. 80 iſt er wieder da S. den Ricciolus *. Ein neuer Stern zeigte ſich in der Im Jahr 945, ſo glaͤnzend als Caßiopeja, beynahe Jupiter. Man ſ. den Rice ebenda,woderis72 ciolus. ftand, | Der neue Stern in So glänzend als Venus, von der Caßiopeja 1572 im Weinmonat bis zum Stuhle. März * 1574. 2, | Ein * Der Verfaſſer des Almageſti Noui heißt Ricciolius, ob wohl ſein Name meiſtens ſo verſtuͤmmelt wird. Der li. Abſchnitt des VIII. Buches handelt von den neuen Sternen, und enthaͤlt alles, was bis auf die Zeiten, da das Alınag. nou. herausgekommen iſt, in diefer Sache bekannt geweſen. Es ift aber vom Al- magefto nouo Tomus Prior in zween Kolianten zu Bo⸗ nonien 1653 berausgefommen, und nichts weiter, außer daß man die Geographiam und Hydrographiam reforma- * Vened. 1672. fol. als eine Fortſetzung anſehen Be: ©. Herrn Weidlers hiftoriam aftronomiae C.13.$.25 * "Tychonis de Brahe Aftronomiae inftauratae progy- mnafmata, melche im zween Banden in 4. zu Uranien- burg zu drucen angefangen, und zu Prag geendiget worden find, handeln im 1. ganzen erften SUR von die⸗ ſem Sterne. des Weltgebäuded. 157 Namen der Sterne. Beobachtungen. Ein neuer Stern im Von der dritten Groͤße. Er Halſe des Wall⸗-ſoll periodiſch ſiebenmal in 6 fiſches. Jahren, d. i. alle 313 Tage erſchienen ſeyn. Er ward zu- erft im Auguſt 1596 zweene Monden lang von Dr, a: - bricius beobachtet, Ein neuer Stern im Bon Keplern zuerft 1600 beob- Halſe des Schwa- achtet, von der dritten Größe nes, bis 1659, alsdenn nahm er nad) und nad) ab, 1661 ver- ſchwand er, 1666 fam er wie- der zum Borfchein, und ift noch ißo von der fechften Größe zu fehen. Ein neuer Sternim Glänzend wie Venus, vom rechten Buße des Weinmonat 1604 bis zum Schlangenmannes, Weinmonat 1605, man fehe Keplern *, Ein neuer Stern in Don Simon Marius und Fa- ber Andromeda bricius gefeben. Gürtel, Ein neuer Stern im Don Juſt Byrgius gefehen. Antinous, Einneuer Stern im 1683 durch oh. Phocylides Wallfiſche. Holvarda von der dritten 1 Größe, er verſchwand perio. difch alle 330 Tage, 2 1 Ein De ftella noua in pede Serpentarii, dabe | au eine Nachriche de Bella incogit ygmi, Bang FR Q .4. EN, 58 Wright neue Theorie Namen der Sterne. Beobachtungen, Einneuer Stern im Bon der dritten Größe. Hevel Kopfe des Fuchſes. ſahe ihn im Heumonate 1670 bis zum Auguft 1671, auch vom März 1672 bis zum Herbftmonat 1672, Ein neuer Stern in Wieſe ſich periodifch alle 404 des Schwanes Tage underwa 6 Monate auf Halfe, einmal, Am bellften ſahe man ihn den 20 Herbſtmo⸗ nats 1714. Neblichte Sterne *, In Drions Schmwerdte, In der Andromeda Gürs tel. In des Schügen Bogen, Klein aber fehr lichte. Im Eentaur, Wird in Engelland nie gefeben. Vor des Antinous rech- Dunfel, aber mit einem tem Fuße. Stern in der Mitten. Im Ruͤcken des Herkules. Bon Dr, Halley entdeckt. N Außer * Der Herr von Maupertuis, dife. fur Jes figures diffe- rentes des aftres, 65 ©. der zu Amfterdam 1744 ber: ausgefommenen ouvrages divers deMr. de Maup. giebt aus Heveln ein ausführlicher Verzeichniß der neblich- ten Sterne nebſt ihren Stellen für 1660. ber der vor des Antinous Fuße, welcher wegen des Nebel, der einen Eenntlichen Stern umgiedt, fehr artig aus: ſieht, und Unerfahrne leicht auf die Gedanken bringen kann, es fep ein Komet, ſtehet nicht darinnen. Bon des Weltgebaͤudes. | 159 Außer den neblichten und neuen Sternen erheller aus den alten Verzeichniffen von Heveln, daß einige der alten gänzlich verfchrunden find, befonders einer im linken Suße des Waflermannes, ein daran ruͤh— vender oftlicher im Schwanze des Steinbockes, der zweyte auf des Wallfifches Bauche, der erfte derer, die nach ven Schalen der Wage folgen, ohneein Bild zu machen, und verfchiedene andere. Auch zeigen fich manche Sterne doppelt, alg der erfte Stern im Wid. der und Caſtor; andere dreyfach, als einer im Sie; bengeftirne, und der mittlere in Orions Schwerdte; noch andere vierfach, Der Verfaffer redet darauf von den feheinbaren Größen der Firfterne und von ihren wahren Entfer— nungen von uns, Die legten zu beftimmen folgert er aus der Rücffunft der Kometen, daß diefelben nad) den Gefegen unferes Weltbaues allein vegieret werden, ohne daß ein anderer einige Wirkung in fie hätte. Folglich kann Fein Firftern näher fern als der Halbmefler des größten Kreifes der zur Sonne gehörer, beträgt; Und weil die Anziehungsfugeln um jeben Sirftern herum einander berühren würden, wenn man diefe Weite nur fo groß und nicht größer feßte, fo meynt er, man müffe diefe Entfernung wenigfteng bis auf die Hälfte vermehren, welches die Weite der Firfterne 420 Halbmeffer der Erdbahn macht, aber nach Huygens Gedanfen, deſſen Gründe eben nicht REN | fo den neuen Sternen find allerley dienliche Nachrichten in Thummigs Erläuterung der merkwuͤrdigſten Bege- ‚benbeiten in der Natur 27. u. 35. N. der neuen Aufl. von 1755 zu finden, KON, 160 Wright neue Theorie fo leicht zu, widerlegen find, noch zu Flein ift. Herr Wright bemerfet,daß felbft unter den Sternen, welche man zur erften Größe rechnet, fich Abtheilungen ihrer fcheinbaren Größe nach machen laſſen. Er nennt ihrer 9, und zu jeder gehöret einer von folgenden Sternen ; nach der Drdnung von größern anzufangen: Sirius, Arktur, Aldebaran, Lyra, Capella, Regulus, Nigel, Fomahant, Antares. Aus der Unermeglich- Feit des ganzen Gebäudes der Fixſterne ſchließt der Berf. mit Dr. Doung: daß die Verehrung Gottes eine Tochter der Sternfunft, und ein Sternkundiger, der Gott verachtet, thoͤricht fen. Der fechfte Brief redet von der allgemeinen Be⸗ wegung unter den Sternen, der Menge von Weltge⸗ bäuden, und Unzählbarkeit der Welten. Hier follen Betrachtungen angegeben werden, aus denen fich von der noch unerflärten Erfcheinung der Milchftraße, sie der DBerfafler redet, Grund angeben läßt. Er feßet zum Boraus, daß die Sterne nicht ohne Ordnung und bloß nach einem blinden Lingefähr in den unend» lihen Himmelsraum geworfen find. Urtheilen wir von der Milhftraße allein nach der Erfcheinung, fo muͤſſen wir fie als einen großen Kreis von Sternen anfehen, die unordentlich rund um den Himmel, nad) der Richtung eines vollfommenen Zirkels geſtreuet find: Wenn wir aber die ‚Stellung vieler andern Sterne von eben der Natur, und in nicht geringerer Menge betrachten, welche zuſammen die große Him⸗ melskugel ausmachen, fo wiſſen wir nicht, wie wir diefe behde fcheinbaren Claffen vereinigen follen, und der Berfaffer weiß niemanden, der fü glücklich gemes fen ift, fie zu einer allgemeinen Ordnung zu Be ies des Weltgebaudes. 161 Diefes unternimme der Verfaſſer zu hun, und erins nert dabey im Voraus, daß Mofes in feiner Befchreis bung der Schöpfung, fih nad) den Begriffen derer jenigen, für die er fchrieb, gerichtet *, ob er wohl ge« fteht, daß die mofaifche Befchreibung des Anfangs der Natur, fehön, edel, und der Würde des Urhebers und der Sache felbit anftandig fen. Herr Wright nimmt alfo zuerft an, daß die Ster⸗ ne, da fie alle von eben der Natur find, alle entweder unbemeglich, oder beweglid) find; fie alle unbeweglich und in unendlicher Unordnung Durch den unermeßlie- hen Raum ausgeftreuf zu glauben, welches die Mey— nung der Alten war, und nod) igo, fpricht Herr Wr. die Meynung zu vieler Meuern ift, fegt bey diefen großen und fo vornehmen Körpern eine Unthätigfeie zum Boraus, welche dem, was wir von ihnen erwar⸗ ten fonnen, und felbft in der Erfahrung an ihren Planeten ſehen, fo enfgegen ftehr, daß wir folches nicht einmal muthmaßen dürfen, ohne die größte Ein« falt zu verrathen, und das ganze Gebäude der Natur nebſt allem Förperlichen Wefen, in ein unordentliches und unbedachtes Ungefähr zu verwandeln, das aus unnatürlicher Zwiftigfeit und Verwirrung entſtuͤnde f. | Darauf “ Wozu diefe Erinnerung bier nöthig iſt die Burnet, Dhrfen 1 a. fchon 5 ea haben, ſieht man nicht. | T Piel Worte und wenig Vernunftfchlüffe. Wie weit fönnen wir dern behaupten, daß alle Sterne einerley Vatur find? Hoͤchſtens in fo weit, daß fie alle ihr ei⸗ genes Licht haben, denn weiter wiffen wir nichts von ihnen. Wer wird aber das ‚ohne Beweis als eine unumftö ßliche Wahrheit annehmen? AN Koͤrper, bie 10 Dand, g | — 162 Wright neue Theorie Darauf koͤmmt der Verfaſſer auf unfere Begriffe von einer Zukunft. Er behauptet, wenn Feine andere Dinge in der Welt wären, als die wir fehen, fo bes fänden wir uns fehon in. dem vollfommenften Zu: ftande, den wir erreichen Fönnten, und hätten keinen Grund, einen vollfommenern zu erwarten *, Datz auf das Aehnliche haben, daß fie mit eigenem Lichte ſtrah⸗ fen, muͤſſen auch zugleich entweder ruhen, oder fich be: wegen. Kann man nicht im dergleichen Verſtande fagen, daß alle Planeten, als dunkele Körper, von einer> ley Natur find, und würde man weniger berechtiget feyn, zu fehließen, daß Feiner. von ihnen um einen an— dern herumgehen koͤnnte, fondern daß fie alle, einer wie der andere, ald Körper von einerley Natur, unmit: telbar um die Sonne gehen müßten. Doch das kann man nicht leugnen, daß mar geneigt feyn wird, allen ſelbſtleuchtenden Körpern zugleich Ruhe oder Bewegung zujufchreiben, wenn man feine Gründe findet, einigen diefe Eigenfihaft, andern jene bepzulegen, nur, wird man dieſes als eine Muthmaſ⸗ fung, nicht al$ eine ſichere Wahrbeit anzufehen haben. Aber was für ein Schein eines Schluffes ifFauch wohl in den legten Worten des Verfaſſers? Wer kann aug dem Begriffe der Vortrefflichfeit und Wichtigkeit eines Weltkoͤrpers entfiheiden, ob ihm anffandigerifey, zu ruben oder herum zu laufen? Wurden denn die Son- nen unwirkſam feyn, wenn fie in dem Brennpuncte ihrer Planetenbahnen zwar beftandig blieben, aber durch ihre Kraft die Planeten in ihrem Gleiße hielten, und vielleicht gar durch ihr Herumdrehen mit berum trie-, ben? Es fcheint, ald ware bey dem Hrn. Br. Wirken und Laufen einerley. Mi | *Als wenn wir diefe Dinge, die ung igo in die Ginne fallen, fchon fo vollfommen fenneten, daß wir ung nicht, vieleicht noch Weltenalter durch, nur mis vollfomme des Weltgebaͤudes. 168 auf folgt eine Menge erbaulicher Betrachtungen von der Ordnung der Natur, der Weisheit und Macht des Schöpfers, woraus gefolgert wird, daß auch die Mitchftraße ein großes, prächtiges und ordentliches Werk der ewigen Urfache feyn müffe, und derfelben unordentlicdyes Ausfehen bloß daher rühre, weil wie fie außer ihrem Mittelpuncte betrachten +. Diefeg nun unumftößlich darzuthun, nimmt der Verfaſſer bloß den Heifchefug an: Daß alle Sterne in Bewe⸗ gung find, oder feyn Eönnen, Ob ihm nun gleich diefes anzunehmen hoͤchſt vernünftig ſcheint, fo fucht er doc) es Durch folgende Betrachtungen noch glaub: licher zu machen: Er ftellet die Sonne, den Sirius, und den Nigel, mit Planetenbahnen um fie herum, und eine Menge anderer Sterne, die ebenfalls jeder Planeten um fich haben, in einem fihönen Kupfer vor, Nun ift ausgemacht, daß die Sonne ſich um ihre Are Dreher, daß die Planeten fich um fie wälzen, Kann man ſich nicht ea vorftellen, daß eben 2 die nerer Unterfuchung derfelben befchafftigen könnten, ‚wenn ung die Borficht in unferm zukünftigen Stande nicht zu größern Verrichtungen beſtimmt hätte,’ + Ber ift doch in Engelland fo ausfchweifend gewefen, Daß ihn die fcheinbare Unordnung der Milchftraße beleidiger en Und was brauchte ed eine folche Predigt, darzuthun, daß etwas nicht unordentlich iſt, deſſen Drdnung uber unfere Degriffe fo weit erhobenift, Wenn eine Schwalbe einen fürflichen Palaſt für unordentlich biefte, weilfie ihn nicht fo gebauet fande, wie ihr Neſt, würde wohlein Schwalbenwright noͤthig feyn, ihr zu fagen, daß dieſes daher Fame, weil fie den Palaſt eccentriſch anfähe, oder ware es nicht Fürzer, fie nur zu erinnern, daß fie eine Schwalbe iſt. — u — 164 Weight neue Theorie die Gewalt, welche die Sonne um ihre Are drehet, ihr aud) eine Bewegung in einer gewiſſen Wahn ein« - drücken könnte und wollte +? Und warum nicht, da diefes Fortrücfen in dem unumgränzten Unendlichen £eine Unordnung verurfachen Fann, und Die Eonne ruhen laffe, dem ewigen Vermoͤgen, das doch weder Schlaf noch Ruhe braucht, einen fo unnatürlichen Stillſtand auferlegen heiße. Der Berfafler fommt zu andern- weniger redneri— ſchen Beweisgruͤnden. Aus verſchiedenen Beobach— tungen des Poles und der Schiefe des Erdägvatorg gegen die Bahn der Erde um die Sonne, folgert er, die Sonne habe ihre Lage verändert, welches entwes _ der eine Veränderung in der Neigung der Erdachfe, oder eine Abweichung der Sonne von der Fläche der ältern Erdbahn zum Voraus feßet. Er meynt aus jeder dieſer Borausfeßung folge, was er behaupte, erläutert folches Durch eine Zeichnung, und giebt ein Berzeichnig von der veränderlichen Schiefe der Ekliptik nach den Beobachtungen verfchiedener Sternforfher. Dergleichen man auch, und vollftän- diger an verfchiedenen andern Orten findet *. Hier Buy ' -auf + Am Können ift wohl Fein Zweifel. Das Hauptwerk koͤmmt aufs Wollen an. Wer kann aber hier mehr "Brände zum Bejahen als zum Verneinen finden? »Vorlaͤufig iſt dag zu erinnern, daß nach der newtoni⸗ fehen Theorie die Sonne in der That eine Bewegung ba> ben kann. Wenn man fich einen einzigen Planeten, der um fie herum gebt, vorſtellt, fo iſt der eigentliche — punct feiner Bahn nicht die Sonne, ſondern der ge- meinſchaftliche Mittelpunct der Schwere, feiner und der Sonne. Diefer Punct aber iſt ſehr wenig von dem Mittelpuncte der Sonne unterfchieden, weil die Mlane: des Weltgebaudes. 165 auf bringe der Verfaſſer eine merkwuͤrdige Stelle Halleys aus den Philof. Tranſ. 355 N. 736 S. bey, — Halley ten alle zuſammen in Vergleichung der Sonne ſehr we: nig betragen, und noch dazu nie alle auf einer Seite der Sonnefind. Man f. Gregor. El. Aftron.L.1.S. VIII. Es it Wunder, daß Herr Wr. auf diefe Bewegung der Sonne nicht Acht gebabt hat. | Aber wie eine folche Bewegung, wie Herr Wright zu behaupten fcheint, aus den Beobachtungen folge, fieht man noch nicht ein. Daß die veranderliche Schiefe der Ekliptik nicht dahin führe, erbellet gleich Daraus, weil andere Aſtronomen, die folche fo gut an⸗ genommen ald Herr Wright, doch nicht auf dieſe feine - Meynung verfallen find. Uebrigens redet er von Dies fer Veränderung als einer ausgemachten Sache, da ‚man doeh Sternkundige findet, die fie noch in Zweifel ziehen, oder die mancherley Beſtimmungen der Gihiefe der Efliprif Unrichtigfeiten im Beobachten zufchreiben. Man f. hiervon Gregor. El. Aftr. L. II. Pr.ı9. Gaffeit= dus in vita Peirefcii ad ann. 1636 hat den Schatten zu Marfeille beym Sonnenftillffande von eben der Ränge gefunden, wie ihn Pytheas faſt 2000 Jahre zuvor ge funden hatte, und daraus gefchloffen, daß ſich Die Schiefe der Efliptif nicht andere. Sch geftehe, daß - ich auf diefen Schluß fo gar viel nicht bauen wollte, weil die Unficherheit der genauen Zeit, wenn die Sonne am weiteſten vom Aequator entfernt gewefen, nebft andern Unrichtigkeiten, welchen der Alten Beobach- ‚ tungen durchgängig unterworfen find, mir bier gefaͤhr— Lich zu ſeyn fcheinen. Doch eben Diefe Betrachtungen . beweifen auch, daß man aus dem Interfchiede der aͤl⸗ gern Beflimmung der Schiefe der Ekliptik von der neuern, nichts zuverlaßig fchließen Kann, wohin auch Caßini in f. Elemens de P’Aftronomie L. HI. ch. 3. ge: neigt iff. Man febe auch Ricciolium Alımag. Nou. PT. L. III. c.27. Weidler hit. Aftr. c. V. 6.7. p. 75. Burnet Archaeol. Philoſ. L. II. c.6. des Freyh. von Wolf'Elem, “ 166 right neue Theorie Halley hat mit großem Erftaunen gefunden, baß bie Breiten dreyer von den vornehmften Sternen ber angenommenen größern Schiefe der Ekliptik gerade widerfprechen, Die Doch durch die ‘Breite aller übrigen beſtaͤtiget ſcheint; denn die übrigen S:erne alle find in den alten Berzeichniffen dergeftalt angefegt, ale hätte fich die Sage der Erdbahn um etwa 20 M. füd- wärfs unter den Firfternen feit Hipparchs Zeiten ver» ändert, befonders find alle Sterne in den Zwillingen, die nordwaͤrts der Ekliptik ftehen, mit fo viel ‘Breite weniger, und die füdlichen mit fo viel Breite mehr angegeben, als wir ißt finden (fagt Halley). Aber das Stiersauge, das damals ohngefähr im 10 Gr. des Stieres war, follte 15 M. füdlicher gemefen feyn als ißo, und der Hundsitern, der fi) damals im 15 Gr. der Zwillinge obngefähr befunden, follte 20 M. füdlicher gemwefen feyn als ißo, und doch fegt Ptole- mäus jenen Stern 20 und diefen 22 nordlicher in der Breite, als wir ihn ifo finden. Die Declinationen, melche Ptolemäus, als von Timocharis, Hipparch, und ihm felbit beobachtet angiebt, bemeifen, vaß obige ‘Zahlen feine Schreibefehler find, da fie mit den Brei- ten, wie diefe Schriftfteller fie angeben, übereinftim« men, Arktur hat beym Ptolemäus 33 M. mehr nord⸗ Aſtron. 6. 165. und des Ritters de Louville Abhandl. von der veranderl. Schiefe der Ekliptik in den Adtis Erud. 1719. 281 ©. Wie wird e8 aber mit dem Gefege der Beranderung bey der Schiefe der Ekliptik flehen, men folche nach Herren Eulerd Gedanfen (Theoria motuum Planetar. et Cometar. pag, 97.) von der Wir: kung der Kometen herruͤhret. des Weltgebaͤudes. 167 nordliche Breite als ißo, daß alfo diefe drey Sterne alle über einen halben Grad füdlicher ſtehen, als die Alten fie rechneten, da doch Gegentheils die helle Schulter des Drions beym Prolemäus faft einen Grad mehr füdliche Breite hat. Soll man fic) vorftellen, die Alten und deren Beobachter unter ihnen, hätten fih in einer fo offenbaren Sache betrogen? Aller Wahrſcheinlichkeit nad) find diefe Sterne, als die hell» ften, der Erde am nähften, und wenn fie nun ihre Bewegung haben, fo wird man folche durch) die Bera ‚änderung ihrer Stellen in achtzehnhundere Jahren bemerfen fönnen, ob fie wohl in einem Jahrhunderte nicht merflich ift. Hevel fand die Entfernung des Arktur vom hellen Sterne in der Leyer s M. größer, als Tycho fie 72 Jahre vor ihm gefunden hatte, und Klamfteed fand fie 22 fahre nach Heveln 3 M. größer - als diefer. Hat alfo die Leyer ftille geſtanden, To ift Arktur in 100 Jahren um 7 M. fortgerücker. Eben fo fand Slamfteed die Weite Arkturs vom Kopfe des Herkules 3 M. größer, als der Landgraf von Heflen u. d. g. Solche Veränderungen müffen von einer Bewegung der Sterne herrühren, und wenn fid) alles . bemweget, muß fid) die Sonne aud) bewegen *. Der gleichen Bewegungen der Firfterne, wenn ſich folche 84 kuͤnftig * Wenn nur hier nicht Irrthuͤmer der Beobachter für Beranderungen am Himmel angegeben werden. Aber dieſe Frage erfodert- forgfaltigere Unterfuchungen und Pruͤfungen, als fich hier in der Kürze anftellen Laffen. Ueberhaupt aber ift die Meynung, daß fich manche Fixſterne bewegen, fo wenig neu und dem Berfaffer eis gen, daß manche fie zur Erflarung der veranderlichen Sterne angewandt haben. 168 Wright neue Theorie Fünftig ereignen, zu entdecken, fchlägt der Verfaſſer folgende Methode vor: Er giebt in einer Zeichnung die vornehmſten Sterne des Siebengeftirns, Die ver- mittelft Dreyecfe, die man ſich zwifchen ihnen vorges ftellet hat, aufs forgfältigfte entworfen find, Da nun der ganze Raum diefer Figur viel weniger als einen Grad in fich fchließet, fo folgere der Verfaſſer Daraus, daß die Bewegung dieſer Sterne, wofern fie eine haben, einen Yuge auf der Erde in wenig abe ren merklich werden muͤſſe. Man hat alfo zubemers fen, ob gewiſſe Sterne, die itzo in einer geraden Linie ſtehen, oder eine gemiffe Figur mit einander machen, folhe beftändig behalten, oder davon. abweichen, In eben der Abfiche ift noch eine Zeichnung vom Derfedes * beygefuͤget. Beyde hat der Verfaſſer im Herbfte 1747 gemacht, meldet aber nicht, mit was für Werkzeugen und auf was für Art. ; Im ſiebenten Briefe fotl die Hypotheſis oder The orie voͤllig dargethan und bemwiefen werben, daß Die Schöpfung der Geftirne endlich ift. Er fängt erfte lich mit der Erinnerung an, daß weder unfere Erde, noch die Sonne das Mittel des ganzen Heers von Sternen feyn koͤnne. Das legte leitet er befonders aus. der unordentlichen Austheilung der Sterne ber, da 3. E. in manchen Zeichen des Ihierfreifes dem Scheine nach fo verfchiedene Sterne von der erften, zweyten, Dritten Größe, in andern gar Feine derglei⸗ chen find, Wie alfo die Bewegungen der Planeten nur Ich habe ißo nicht Zeit, Gelegenheit und Laſt zit unter: fuchen, ob es Perfeus oder Präfepe feyn fol. Beym erften Eönnte ed das Medufenhaupt ſeyn. \ nur unorbentlich feheinen, wenn wir fie von ber Erde betrachten, ob fie wohl ordentlich um Die Sonne her» um gefcheben, fo nimmt der Verfaſſer auch an, daß die feheinbare Unordnung der Firfterne daher ruͤhret, weil wir fie ‚außer ihrem Mittelpuncte betrachten, und daß es einen Ort giebt, aus dem fie vollkommen ordentlich und fchön ausfehen würden, ob wir gleich einen folchen Dre noch nicht haben beftimmen Fönnen, Der Gedanfe des Berfaflers, den verfchiedene ſchoͤne Zeichnungen beffer erläutern, als die häufigen und’ oft dunkeln Worte, in die er ihn einhuͤllet, iſt ohnge— fähr in der Kürze diefer: Es giebt einen gewiſſen Punct in dem weiten Himmelsraume, um den alle Sterne gleichformig und ordentlich ausgetbeilet find, und einem Auge, das fich in diefem Puncte befindet, dergeftalt erfcheinen würden. Aber wir befinden ung weit von dieſem Puncte entferne, Alſo fcheinen uns an manchen Gegenden des Himmels die Sterne ſehr Dichte beyfammen zu ſtehen, an andern weiter aus einander gebreitet, als wie nach den Geſetzen der Sehekunſt ein ganz ordentliches Syſtem von Koͤr— pern ausfehen muß, wenn e8 außer dem aehörigen Gefihtspuncte betrachtet wird. Und fo ftehen, nad) des Verfaffers Meynung, an dem Orte, den wir die Milchſtraße nennen, die Sterne nicht wirklich dichter - beyfammen, fondern fie feheinen ung nur aus der ans ‚geführten Urfache Dichter beyfammen zu ftehen. Man begreift leicht, daß auf eben die Art, an gewiflen Its ten des Himmels, ganze Klumpen von Sternen dichte beyfammen erfheinen werden, ‚welche alsdenn die neblichten Sterne ausmachen. 15 In des Weltgebaͤudes. 160 — 176 Wright nette Theorie In Abſicht auf dieſen Mittelpunct nun, den der Verfaſſer vorerwaͤhnter maßen annimmt, bewegen ſich ſeinen Gedanken nach alle Sterne; nicht nach geraden Linien, denn dieſes widerſpricht allen uns be» kannten Erſcheinungen, fondern in frummen. Hier entdeckt der Verfaſſer nur zweyerley Frummlinichte Bewegungen um bdiefen Punct. Eine kann in ebe- nen Slächen gefcheben, fo wie Planeten um eine Sonne gehen. Unfere Sonne nämlicdy geht um diefen Punct herum, und befchreibt eine Bahn, die man mit beſſerm echte Orbis magnus benennen Fönnte, als die Bahn der Erde um unfere Sonne, Die Erde ift alfo nad) diefer Hypotheſe in Abficht auf die Sonne ein Trabante, wie der Mond in Ab» fiht auf die Erde bey der Fopernifanifchen Weltord» nung if. Eine andere Möglichkeit ift, wenn die Sterne alle an der Fläche einer Kugel befeftiger find, und fich mit ihr berumdrehen, den Mittelpunct der Kugel macht der vom Herrn Wright angenommene Punct aus, Dieſes iſt mit einem Worte die Hypo» thefe, Die man in der fphärifchen Aftronomie annimmt, und von der die Himmelsfugeln finnliche Bilder find, Bey beyden kann unzählige Mannichfaltigkeit Statt finden, davon der Verfaſſer in ſehr ſaubern Zeichnun⸗ gen Begriffe giebt. Er hat ein Auge in feinen vor: ausgefegten Mittelpunct gemablet, um foldyes ‚geht eine fünffache Sonne, immer eine um die andere, man fönnte es eine gefüllte Sonne nennen, darum ift ein Ring mit Sternen befäet oder vielmehr be- pflanzet, denn große und Fleine mechfeln ordentlich mit einander ab; vergleichen Ninge Fann man fich nun drey, vier, fünf ꝛc. in einander vorftellen. 4; fo | ann des Weltgebaͤudes. 171 Fann man fich ben der andern Hypotheſe berfchiedene Kugelflächen vorftellen, die alle in einander ſtecken, und fich um den gemeinfchaftlichen Mittelpunct, viele feicht nach verfchiedenen Richtungen und Gefegen, drehen, und man muß geftehen, Daß wenigftens die Zeichnungen des Verfaſſers davon fehr ſchoͤn aus» ehen. eg u Der achte Brief redet von der Zeit und Dem Raume, in Abſicht auf die befannfen Gegenftände der Unermeßlichfeit und der Dauer, In feiner Ab: fhilderung der ganzen Welt hat er die Erde vergef: fen, denen die fich darüber wundern möchten, will er bie Antwort ertheilen, die Ariftoteles dem großen Alerander gab, als folder auf einer Landcharte die Stade Macedonien vergebens fuchte, daß ſolche nämlich zu Flein fen, bier ausgedruct zu werden *. Die Planetenordnung und unfere Sonne beträgt fehr wenig in Bergleichung mit dem Ganzen; wie fol man die Erde in Betrachtung ziehen ? Herr Wright fucht darauf von der Weite der Welt Begriffe zu geben,die auch folchen Fähigkeiten ge» mäß wären, welche fih die großen mathematifchen Zahlen nicht vorftellen kann. Wie weit unfer Geift überhaupt in Vorftellung der Entfernung und Men« ge gehen koͤnne, fagt er, fehr finnreich, kann niemand beftimmen, als der, der ihm die Macht zu ſolchen | Vor⸗ *Schwerlich iſt die Geſchichte vom Ariſtoteles und Aler- ander wahr. Wo ich mich nicht irre, wird fie vom Saoccrates erzaͤhlet, der einen jungen Menſchen, wel⸗ cher ſich auf ſeine Landguͤter viel einbildete, ſolche auf der Charte von Griechenland ſuchen hieß. 172 right neue Theorie 63 Borftellungen gab. Here Wright giebt alsdenn verfchiedene finnliche Bilder von der Weite der himmlifchen Körper. Zuerft fällt des Hefiodus Am— boß in 9 Tagen vom Himmel auf die Erde; Bul- can braucht beym Homer nur einen Tag, alsdenn fommen folhe Bergleihungen mit dem Fluge einer Canonenkugel, Ausmeflungen in englifchen Meilen u.d.a,m i | Dieſes zu erläutern, macht der Berfaffer einen Entwurf der Erdfugel, wo Großbrittanien das Mike tel einnimmt. Dieſes fand kann man alfo mit det ‚übrigen Erde vergleichen, und wenn man alsdenn die Größen, die am Himmel vorfommen, durd) die Größe der Erde ausgedrudt findet, kann man ſich davon einen Begriff machen, *. e Die * England wird bier als eine bekannte Größe zum Maͤaßſtabe angenommen. Aber ein Engländer, für den es zu fehwer fiele, wenn man ihm den Erddiame: ter erftlich in englifchen Schuben, und nachgehends die Weiten der himmliſchen Körper und ihre Größen im Erddiantetern fagte, wird meines Grachteng eben fo wenig einen Begriff von ganz England haben. Er kann fich Feinen Begriff von einer Größe machen, die er nicht ganz auf einmal uͤberſieht, und er bat nie ganz England aufeinmal überjeben. Doch der Vortheil ift dabey, weil er den bekannten Namen feines Baters landes nennen böret, weil er nicht weiß, mag eigent- Yich dazu gehöre, fich deffelben Größe genau vor: zuftellen, fo wird er einen Begriff zu haben glauben, wo er feinen hat. 4; Bey Heren Wrightd Zeichnung ift ferner nach den Geſetzen folcher Entwürfe nicht jedes Land in der Ver⸗ haͤltniß gegen das andere vorgeffeller, die es *2* at, Des Weltgebäuded. - 173 Die mittlere Entfernung der Erbe von der Sonne, beträgt faft gı Millionen englifhe Meilen, oder 68775 Erddurchmeffer *, Saturn, der Aus- ferfte Planet, ſteht in feiner Igrößten Weite von ung etwa 858 Millionen englifcher Meilen ab, Diefe Weiten find nur der Anfang des Raumes, und die nen , unfere Begriffe zu fernerer Unterfuchung zu oͤff⸗ nen. Der große Komet 1650 gieng in einer fo lan- » gen. bat, fendern im derjenigen, welche es dem Auge in einer gewiffen Stellung würde zu haben fiheinen. Man ‚macht von der Erde feine Feldmefferriffe, fondern per: fpestivifche Vorſtellungen. Daher macht fich einer, der feine Mathematik verffeht, Daraus nicht Die ge- börigen Begriffe von der Verhaltnig der Kander. Und alfo ift Herrn Wrights Abzeichnung der Erde weiter nichts als ein fchönes Bild. Dieſes gäbe 13758 halbe Erbdurchmeffer, da doch bie neueiten Aſtronomen fie ohngefahr 22000 feßen. Diefes fehader Herrn Wright nichts, denn er zeiget, daß er die Weite zu Elein angenommen, und die Welt ‚alfo wirklich noch größer it. Aus feinen Zahlen koͤmmt der Durchmeffer der Erde 11777 Meilen, da ihn doch Derham Aftrotheol. 13. 2 €. etwas über ; 2% feßet. Die Weite der Sonne von ung nimmt haͤlt, und 69, 545 auf einen Grad geben, erhbam 13. 3C. 860 000 oo Meilen an, welches mit Herrn Wright feiner ziemlich uͤbereinſtimmt, denn etliche Millionen Meilen find für einen Aſtrono— men fein großer Ummeg. Sich glaubte nicht, daß mir die Muͤhe wuͤrde belohnet werben, dieſe Meilen mit ung befannten Maaßen zu vergleichen, oder zu ſe— ben, ob fie mit denen einerley find, Deren nach Archi— bald Patouns Berichte (compleat treatife of praltical navigation Set. VI. p. 144.) eine 5280 engl. Fuß ) | + 174 Weight neue Theorie gen Bahn, daß er fid) in feiner größten Entfernung von der Sonne 14, 4 mal fo weit von ihr befinder, als Saturn, und daher wenigftens u200 Millios nen Meilen von uns ift. Da nun der weife Schöpfer. die Weltförper fo weit von einander gefeßt hat, daß fie durch ihre Wirfungen in einander Feine Unord» nung in den himmlifchen Bewegungen verurfachen *, fo " Was man wegen der Wirkungen Jupiters und Ga: turns in einander, wenn fie nahe bepfammen fieben, beobachtet hat, beweiſt, daß diefer Satz nicht allge mein ift. Und was heißen denn bey ung Unordnun—⸗ gen: Abweichungen von den leichteften Gefegen der Natur, die wir eingefeben haben. Diefe Gelege ma: chen nur einen Fleinen Theil von der allgemeinen Ord⸗ nung der Welt aus, welcher etwas gemäß feyn Fann, das fich nach der enge eingefihranften Drdnung, die wir faffen, nicht richten will. Uebrigens kann man wohl den Sag dem Verfaſſer leichte zugefteben, daß die Sonnen weiter von einander gefeger find, als daß ei- ne in die Planeten der andern wirken Eönnte; weil wir bey unſern Planeten Feine Bewegungen bemerken, die fich nicht aus Kraften, welche in unfer Gonnenfy- ſtem eingefchranft find, erklären ließen; was aber die Kometen betrifft, fo kann man wohl nichts weiter von ihnen fagen, als daß fie fich, fo lange fie unfern Him— mel durchftreichen, von der Kraft unferer Sonne wie unſere Mitplaneten regieren laffen. Könnten ed aber nicht fremde ſeyn, die es billig fanden, fich nach den Gefegen bed Landes, welches fie durchreifen , zu rich⸗ ten, ob fie wohl fonft ihre eigene haben. Der Gedan⸗ ke, ift fchon vorlangft großen Mathematikverſtandigen eingefallen, daß fie Planeten anderer Sonnen, oder mie fich Herr Fonterelle gusdruͤcket: Abgefandten aus ‚andern Welten fepn möchten. Wir haben fo wenig des Weltgebaͤudes. 175 fo muß dieſer Komet nie einer andern Sonne fo na— he gekommen ſeyn, daß er ihre anziehende Kraft empfunden haͤtte; daher kann man mit Grunde vor⸗ ausſetzen, der naͤchſte Stern ſey ung nicht näher, als Die Weite, auf welche fich feine anziehende Kraft erftcecfet, dreymal genommen beträgt. Nimmt man fie nun alle in einer ordentlichen tage, und bey nahe von einer Größe an, welches durch feine tüch- tigen Gruͤnde Fann widerleget werden, fo beträgt eine folche Weite, auf welche fich die anziehende Kraft eines Sterns erftrecfet, den Abftand der Eıde von der Sonne 2000 mal, Denn wenn die Grän- zen der anziehenden Kraft der Sonne, fo weit über die größte Entfernung der Kometen binausgefeßet werden, als der Kometen größte Entfernung über den Saturn hiausgeht, welches 14, 4 mal beträgt, fo wird der Halbmefler der Weltenordnung, die un« ſerer Sonne zugehöret, 200 Halbmeſſer der Bahn Saturns betragen, und alfo werden von einem Sterne zum andern nicht weniger als 6000 Halbmeſſer der Erdbahn, u, folglich gegen 480 000000000 Meilen feyn, welches dem Verfaſſer noch zu wenig und fehr | ge Grund, diefes zu leugnen, als es zu behaupten, da die Berechnung von der langen Ellipfe, die von den Ko— meten befchrieben wird, von der Zeit ihres Umlaufg und ihrer Wiederfunft, als eine Hypotheſe annimnıt, daß fie bloß der Kraft unferer Sonne geborchen , und alſo nur in fo fern als fie einerifft, die Hypotheſe wahr: feheinlich macht. Was alfo Herr Wright im folgen: ne — iſt eine Muthmaßung, aber keine Ges wißheit. 176 Wright neue Theorie gemäßigt gerechnet fcheint. Herr Wright koͤmmt darauf auf Huygens Verſuch, die Entfernung des Hundsfterns zu beftimmen, auf die Parallare der Sterne, von der Bradley gerviefen hat, daß fie zu Flein fey, als ſich beftimmen zu laffen, und fucht den . Engfändern durch Sagen und Entfernungen verfchies dener Gebäude um London herum, ‘Begriffe von der Ordnung der Planeten und Sterne zu geben. Wenn bie vergoldete Kugel auf dem Gipfel der St. Pauls« firche zu London die Sonne vorftellete, fo würde die Erde durch Mary le bone gehen, Merfur auf den Tomer fommen, Saturn bey Clief— den, oder unweit Chelmsford ftehen, und der naͤch⸗ fte Zirftern auf der St, Petersfiche zu Rom bes findlih ſeyn. Sollte man aa. daß die Sternfunde ung auf die Immaterialitaͤt der Seele führere ? Herr Wright thut diefes dar: wenn man von den Graͤn⸗ zen der Schöpfung durch das geſtirnte Reich der Sterblichfeit bis an den Mittelpunct des erften Weſens, bis an den Siß der GSeligen, veifen folls te, fo würde der Kaum, nach Homers und Miltons Art zu meffen, ein Körper, der nur 1000 Fuß in eis ner Minute, oder 20000 Pards in einer Stunde, ‘oder 300 Meilen in einem Tage fiele, auf feiner Reife dahin 300 coo 000 Jahre zubringen ‚ und vielleicht noch ein Paar Millionen mehr. Folglich muß die Seele auf eine andere Art fortfommen, als alle Bewegungen geſchehen die man ſich in der Materie vorftellen kann, fie muß Feine nn eym. | des Weltgebaudes. 177 feyn *. Vermuchlich giebt es auch Geſchoͤpfe in der Welt, deren Leben das unfrige fo vielmal übers trifft, als unferes das Leben eines Hafts. Diefes führee den Verfaſſer auf die Zeit. Das Fortruͤcken der Firfterne das 50“ in einem jahre beträgt, koͤmmt in 25920 Jahren um den ganzen Kreis her⸗ um, Die viel Millionen Jahre werden verfließen, ehe fich alle Sterne, nad) des Berfaflers Hypotheſe, um ihrem gemeinfchaftlichen Mittelpunct völlig bers umgedreht haben ? In⸗ * ch dachte gleich, als ich des Herrn Wrights Vor⸗ ſiellung vom Weltgebaͤude ſahe, dag ſich der Mittels punct, um den ſich alle Sterne drehen, am beiten zum Throne der Gottheit, menfchlicher Weife davon zu reden, ſchickete. Und diefe Hyporhefe angenommen, find feine Folgerungen finnreich und betrachtungsmwerth. Ich geſtehe e8 aber, daß ich von der Art von geiſtli⸗ chen und alle unfere Begriffe uberffeigenden Sachen zu denken, die mehr Wig und Einbildungsfraft als pbilofophifche Einficht erfodert, Fein großer Vereh— rer bin. Des DVerfafferd Betrachtung wurde mir in einem heidnifchen Dichter fehr wohl gefallen, aber ſelbſt in einer chriftlichen Epopee nach der neueften Mode vielleicht nicht völlig meinen Beyfall erhalten, weil ich glaube, wir follen mit unferm Gott nicht ums geben, wie Homer und Virgil mit ihren Gögen um: giengen. Diefe Dichter hatten mit ihren Geſchoͤ—⸗ fen zu thun, ihre neuen Nachahmer wollen von dem choͤpfer felbft, fchöpferifch Dichten. Ein folches Meng: fel verehrungsmurdiger Wahrheiten und Dichterers findungen iſt für einen Philofophen fo erbaulich, als + Holzſchnitt im Catechismo beym erfien Ars ikel. 10 Band, | M 178 Wright neue Theorie Innerhalb der Weite, die unfer Auge tingsheta um faſſet, Fünnen nicht leicht weniger als 10000 000 Sterne oder Sonnen feyn. Man eigne jeder fo viel Hauptplaneten zu, als der unfrigen, fo find dieſer 60 000 000, Nimmt man eben das von den Mes benplaneten an, fo fommen diefer 100 000 000 oder-mehr, und man fann über 170 000 000 bes wohnte Kugeln rechnen. In diefer Menge ift die Zerftörung einer Erde für den Schöpfer, was für ung die gemeinfte Begebenheit ift. üngtie Ge richte find ihm fo gewöhnlich, als ung Geburts oder Sterbenstage. Die Borftellung hat etwas ſo —— in ſich, daß der Verf. die Sterne nie betrachten kann, ohne ſich zu wundern, warum nicht alle Menſchen Aſtronomen werden, und bey der Empfindung und Vernunft, mit der ſie begabt ſind, eine Wiſſenſchaft verabſaͤumen, daran ſie natuͤrlich ſo viel Theil neh— men ſollten; die unſern Verſtand ſo erweitert, die uns beynahe eine Demonſtration von der Unſterb⸗ lichkeit der Seele giebt, und ung bey allen den klei— nen Unruhen, die das menfchliche eben befallen, zu: frieden ftellee. Ein folcher Anblick kann eine Offen» barung für die Mugen genennee werden. ir zeiget niche nur, wie vernünftig es ift, ein Fünftiges Leben zu erwarten, fondern er beftimmet ung auc) beynahe die Beichäfftigung einer Ewigkeit, und was wir mit größter Zuverficht von der ewigen Borfehung zu er⸗ warten haben, die unfere Natur einer Aehnlichkeit mit der Kenntniß würdiget, die wir Engeln zufchreis ben, So verachten wir alle Abwechfelungen des widri- gen des Weltgebaͤudes. 0.79 gen Schiekfals, dadurch enge Seelen fo fehr befüm mert werden. Im neunten Briefe werben nach Art allgemeiner Anmerkungen Folgen betrachtet, welche die Linfterbs lichfeit der Seligen, die Unendlichkeit und die Ewige keit betreffen, Der Berfaffer glauber, die Alten, denen die Drönung und Größe des Weltbaues mes nig bekannt gemefen, bäften nicht fo viel Gruͤnde ges babe, die unermeßliche Wirkfamfeit und Herrfchaft Gottes zu erfennen, und daher hätte die Borficht die erfte Welt auf andere Art zur Erkenntniß der Uns fterblichfeit und der Unterwürfigkeit unter Gott gem führer. Hierauf folgen verfchiedene Gedanfen, wo der Verfaſſer mehr zu beftimmen fiheine, als Mens ſchen beftimmen dürfen, ob er fich wohl davon fehr befcheiden ausdrücker, und aud) feine Abſicht lobens⸗ würdig ift, Er meynet, in feinem Mittelpuncte der ganzen Schöpfung koͤnne man wohl ein denfendeg Weſen fegen, von dem die myftifche und väterliche Macht Herrührte, die Leben, Licht und Die Unend« lichfeit der Sefchöpfe hervorbringe. Hier erblide das alljehende Auge der Vorſicht alle Gegenftände feiner Mache auf einmal 2 +. + Man wird fid) aus diefem Anfange leicht eine Borftellung machen fönnen, wie der Verfaſſer dieſen Gedanken, der in der That für einen menfchlichen Gedanken fehr er. haben ift, ob er wohl noch weit unter der Würde der Gottheit feyn Fann, weiter ausführee. Diefes, Bes trachtungen über die Unendlichfeit der Welten und fo weiter, machen das übrige diefes Driefes aus. - Man müßte ihn ganz überfeßen, das Erhabene und Seurige deſſelben deurfchen Leſern mitzutbeilen, außer« | E M 2 Dem 180 Wright neue Theorie des ıc. dem ift für jemanden, der bloß DBermebrung feis ner Wiſſenſchaft ſuchet, nicht neues darinn ent⸗ halten, | Das ganze Werk des Heren Wrights zeiget von einer guten Kenntniß, wenigftens des Leichtern und Sinnlichern in der Sternkunſt, nebſt einem leb— haften und erfindungsreichen Geiſte. Wie weit man genoͤthiget iſt, ſeinen neuen Gedanken Beyfall zu ertheilen, wird ſich aus dem Angefuͤhrten leicht beurtheilen laſſen. Die Kupfer find von außeror⸗ dentlicher Schönheit, und vielleicht würde mancher $efer wünfchen, daß diefe Arbeit auf wirkliche Dinge, und nicht oft zu Vorftellungen, die bloß der Einbildungsfraft des DBerfaflers ihr Dafeyn ſchuldig ſcheinen, wäre angewandt worden. A. G. R. V. Beob⸗ 181 KURT tu V Beobachtungen von Hoͤhen, welche vermittelſt des Barometers im April 1751 auf einem Theile der Alpen anges fteflee worden, | in Gegenwart und unter der Beforderung Mylords, Graf. v.Rocheford, außerordentlichen Envoyes Ihro Kön. Maj. von Groß: brittanien an dem Hofe zu Turin. Durch Herren Needham, Ä M.d.8. ©. zu London. Aus des Herrn Maty Journal Britannique Mois de Juillet et d’Aout 1752. V Art. ie Nachricht von diefer im Gefolge Des Mys lord Rocheford unternommenen Reife nach a3 den Alpen hätte noch weit wichtigere Din— ge lehren koͤnnen. Diefer Herr hat fi) ein Vers gnügen daraus gemacher, alles zur genaueften Ans ftellung der Beobachtungen zu erleichtern. Er felbit ift bey folchen mit Vergnügen und Kenntniß befchäff- tiget gewefen. Die $iebe zu den Wiffenfchaften ers regete feine Neugier: Seine Gaben und feine Einficht fegeten ihn in den Stand, Vortheil davon zu ziehen. M 3 Herr 132 Needham von Höhen der Alpen. " Herr Needham ergriff eifrigft alle Gelegenheiten, einer fo löbfichen Abfihe genug zu thun. Er ftellete viel mehr Beobachtungen an, als man in einer fo furzen Zeit hätte erwarten follen, Er machte fich die Öelegenheit zu Nutze, fie mit andern, die er zu wiederholten malen aufden apenninifchen Gebirgen an⸗ geftelft hatte, zu vergleichen ; die verfchiedenen Fol⸗ gerungen, die er aus Diefen Vergleichungen z09, machten eine Kette von Schlüffen aus, die ge— wiſſer maßen die Theorie der Erde erläutern koͤnnen. | Diefe Menge von neuen und durch die Erfah» rung erlangten Begriffen gab Herrn Needham Stof zu einem ausführlichern Werke. Er fieng an dars an zu arbeiten, und hatte in Willens, folches zu Turin drucen zu laffen. Er wollte diefes Zeichen feiner Ehrfurcht und Erfennelichfeie J. K. H. dem Durchl. Herzoge von GSavoyen überreichen; biefer Herr, bey dem Beyſpiel und Erziehung der glück lichſten Gemücbsbefchaffenbeit von der Welt fo wohl zu ftatten gefommen find, hatte Heren Needham ges wiürdiger, fi) mit ihm von diefen Beobachtungen zu unterreden, und ihn durch feinen Beyfall zu des ren Bekanntmachung aufzumuntern. Der Großen Lob, kann aud einem Philoſophen fchmeichelhaft feyn, wenn es feinen Werth nicht fo fehr von der ‚Hoheit des Standes, als von dem Vorzuge der Einfihe erhält. “Befchäfftigungen anderer Art; nothwendige Pflichten, eine große Reife, haben Herrn Needham nicht Zeit gelaffen, dieſes Unter« nehmen zu vollziehen. Er bat fi) ißo nur darauf eingefchränft, die Höhen derjenigen Theile der Als pen Needham von Höhen der Alpen. 133 pen zu geben, die er durchreifet hat. Sein vorha⸗ bendes Werk ſoll erſcheinen, fo bald er Zeit und Ru⸗ he dazu baben wird, Derfchiedene Höhen auf den Alpen von Savoyen und im Herzogthum Aofte 1751. mit dem Barometer beobachtet. Yon der Fläche des Meeres gerechnet. Beobachtete Hoͤhen. Hoͤhe des Queckſ. Hoͤhe der Berge, in Am Meere, zu Turin, Tourer und der Stadt Aoſti Zu Ammevillez Rillis N.O. der Stadt Aoſti ©. Remy Im Koffer S. Grand Bernard Aufeinem Felf. SD. dieſes Klo⸗ ſters Mont Serene zwiſchen S. Remy und Cor Mayeur Cor Mayeur Mitten auf dem Wege zur Allee blanche Auf dem Oberſten der Allee . blanche am Fluſſe des Kreuzes Ville des Glacieres Bourg S.Maurice Mine de Pefey Mont Tourne Hofpital von Mont Cenis Glaciere de Rome, oder Gipfel vom Mont — am Oberſten des Hoſpitals M4 inien in Toiſen. 0000 184 Needham von Höhen der Alpen. Höhen der merfwirdigften Berge in der Landfchaft Quito in Peru, deren Gipfel be: ftändig mit Schnee bedecket find, und die mei: ftens Feuer ausmwerfen oder ausgemworfen ha— ben, Durch die Mitglieder der Akad. der Wiffenf. welche der König von Franfreich unter den Aequator gefandt hat. Man rechnet die italienifhe Meile zu 764 fran« · zoͤſiſchen Toiſen. Quito, Hauptſtadt der Prov. dieſes Mas mens in Peru Cota Catche, 23000 Reif. nordw. Quito Noyam ble Orcou, unter der Linie felbft, 34000 Toiſen oftwärts von Quito Pitchincha, feuerfp. “Berg in den Jahr. 1530. 1577. 1660. deffen öftl, Gipfel Antifana, feuerfp. Berg 1590 El Corafon, die größte befannte Hoͤ⸗ be, dahin man geftiegen ift Einhenalagoa, feuerfp. Berg, 1660, mit dem Pitchincha zufarmenhängend Illinica, angeblicher feuerfp. Berg Koto-Pacfi, feuerſp. B. 1533. 1747. 1744. Ehimborofo, feyerfp. Berg. Man weiß feinen erften Ausbruch nicht Cargavi Raſo, feyererſ. B. eingefallen Torgouragoa, feyerſp. B. 1641 El⸗Altar, einer von den Bergen Coilla⸗ ‚ne genannt Songai, feyerfp.B. der feit 1728 beſtaͤn⸗ dig voll Flammen ift 1707 Toif. 2570 3030 2430 3020 2470 2570. 2717 2950 3220 2405 2620 2739 2680. Allge- Needham von Höhen der Alpen. 185 Allgemeine Anmerfungen. Der Berg och in der Schweiz iſt der höchfte. von allen, welche Scheuchzer auf feinen verfchiedenen Reiſen in den Alpen beobachtet hat. Seine fenf- rechte Höhe Uber das Meer beträgt 1340 Toifen, Diefer Maturforfcher giebt gleichwohl, aber nur muthmaßlich dem Tittlisberge 1660 Toifen Höhe, welcher Berg eine höhere Seitenfpiße eben des vori: gen Berges oc) machet; diefe Höhe übertrifft ven Canigou, den höchften Berg der Pyrenäen. Wie der Mont Tourne ohne feine noch viel hoͤ— bern Seitenfpigen in Betrachtung zu ziehen, auf wel: che fein Beobachter gelangen Fann, fein Barometer dahin zu ftellen, zu feiner Höhe 1683 Toifen giebt, fo ift zu vermuthen, daß der Mont Toourne der höd)» fte in Europa ift. Seine Lage faft mitten in der Kette der Alpen, die fich allezeit nad) der allgemei- nen Ordnung der Natur niedriger und niedriger, für wohl nach der Ebene Sranfreihs und Piemonts, als nach) der Seite bey dem Meere erſtrecket, und der auf der Flüffe beftätigen eines ſowohl als das an: dere. Diefen Gedanfen wenigftens bat man bisher noch für Feine Beobachtung gehalten, die eis ne größere Höhe in Europa angegeben hätte. Die andern Beobachtungen folgen der Beobach · tung des Mont Tournè in der Ordnung, in welcher ich ſie angeſtellet habe, und ich habe nichts unterlaß fen, fie fo ſcharf anzuſtellen, als die Richtigkeit mei- nes Barometers mir verftattete. Doc find die Beobachtungen von Mont Cenis, und dem Eisberge N. O. des Hofpitats, nach) der Er- | M 5 zägtung 136 Needham von Höhen der Alpen. zählung des Superiors diefes Hofpitals angefeßet, der mir fie als vom Herrn Abe Nollet angeftellet, ges meldet hat. Ehe ich zu diefem legten Berge fam, hatte das ziemlich gefährliche Herunterftei« gen vom Mont Tourne mein Barometer dergeftalt in Unordnung gebracht, daß es mir feine richti- ge Beobachtungen mehr gewähren Fonnte, und die Zeit verftattete mir nicht, es wieder in Stand zu fegen. — barometriſchen Beobachtungen mehr Nach» druck zu geben, will ich folgende Auszuͤge beyfuͤgen. „Der P. Laval maaß verſchiedene Höhen zu St. „Baume, und da herum, brachte alsdenn ein Baro— „meter Dahin, und beobachtete, wie viel tiefer es da „fund, als in feinem Dbfervatorio zu Marfeille, defe „fen Höhe über das Meer er wußte. Er hat feine „Maaße und feine Beobachtungen den Herren Caſ⸗ „fin gefandt, welche nachgeforfchet haben, wie groß „nach ihrer Progreßion die Höhe der Berge feyn „ſeyn müßfe, melche das bemeldte Sinfen beym „Barometer gäbe, und fie haben eben die Höhen „gefunden, welche die Ausmeflungen dem P. Laval „gegeben hatten, nur mit einem Unterfchiede von 2 „bis 3 Toifen, welches hier nichts fagen will. „ Hift. de !’ Ac. des Sc. 1708. p. 27. Was die Manier mit dem Barometer zu beobs achten, und die Folgerungen daraus zu ziehen betrifft, fo giebt es folgende fehr leichte Negel, die ich für. einige $efer herfege : „Man brauche nur in den ges „wöhnlichen logarithmifchen Tafeln, die Logarith⸗ „men der Barometerhöhen in Linien ausgedruckt, „aufzufuchen; wenn man von dem Unterfchiede J — „ſer 4 Needham von Höhen der Alpen. 187 „fer Logarithmen den dreyßigſten Theil abzieht, und „hiervon bloß die charakteriftifche Zifer nebſt den „vier erften, die ihr foigen, nimmt, fo hat man die „zu obigen Barometerhöhen gehörigen Höhen der „Derter in Toiſen. Das Queckſilber ftund im Ba— „rometer zu Carabourou, dem niedrigften aller unfe» „rer Stände, aufar Zoll 2 Lin. oder 2543 Lin. da es „auf dem Gipfel des Pichinea, bey 15 3. ım $, oder „ıgı in, ftund, Nimmt man den Unterfchied der „sogarithmen diefer beyden Zahlen, fo findet man „1250, davon den 30 Theil abgezogen, giebt 1209 „Zoifen für die Höhe des Pichinea über den Caras „bourou, welches auch mit der geometrifchen Beftim- „mung überein trifft. Man f. Herrn Bouguer Fi- gure de la terre p. XXXVIIII. Diefe Regel gründet fich darauf, daß fich die wirk⸗ liche Verdichtung der Luft wie das Gewichte der oben darauf drückenden Luftſaͤule verhält, welche die Zu- fammenpreffung verurfacher; dieſe Dichten verän« dern fich in einer geometrifchen Reihe, indem die Höhen der Derter in einer arithmetiſchen wachfen. Die Anwendung diefer Kegel, vorhergehende Tafel zu verfertigen, muß für dejto richtiger gehalten wer⸗ den, da die ganze Zeit über, da wir die Alpen durch» reifeten, die Witterung vollkommen fihön war, und alle Beobachtungen an gleich heitern Tagen angeftellet wurden. Bermittelft der Tafel von den Höhen der Gebirge in Peru, welche man les Cordelieres nennef, und derfelben Bergleihung mit dem, was ich von den Alpen gegeben habe, fo weit diefelben von mir find durchreifee worden, kann man unter andern bemerfen, nicht, 188 Needham von Hoͤhen der Alpen. nicht nur daß die Cordelieres viel hoͤher, und faſt noch einmal ſo hoch als die Alpen ſind, ſondern auch, daß die Einwohner des Thales von Quito, die hoͤchſten Bewohner der Erdkugel ſind, und ſogar hoͤher liegen, als das Kloſter des großen St. Bernhard. Ver— moͤge der Reinigkeit und Federkraft der Luft dienet dieſes, die Waͤrme ihrer Lage, die ſich gerade unter der Linie befindet, zu mäßigen, und macht ihre Woh> nung zu einer Art eines irdifchen Paradiefes, Ein, Berg ift eine unermeßliche Maffe, in Ber: gleihung mit dem Theile Materie, den wir beleben, und des Raumes, den wir überfehen; Aber viefe uns fo erftaunliche Größe verfchwinder, wenn man fich die ganze Erdfugel vorfteller, | Der Erddurchmefler ift ohngefähr 3000 franzof. Meilen: die Höbe des Chimborafo in Peru, des böchften unter den befannten “Bergen, beträgt 3000 Toiſen; So viel Toifen zu fo viel Meilen, verhalten . fich wie eine Toife zu einer Meile, oder wie 1:22000, - welches noch weniger beträgt, als der fechfte Theil einer Linie auf einer Kugel von dritthalben Fuß im Durchſchnitte. Ein folche Erhöhung verderbt nichts an der ordentlichen Geftalt der Erde. Man f. des Haren Buffon Naturgefchichte I. Th, Alles in der Natur ift nur bloß Vergleichungs⸗ weife groß oder Elein, und die eingefchränften Kennt: niffe der Menfchen gründen fi) nur auf ſolche Ber: gleichungen. Wie fich die Erde nad) und nad) gegen die Linie erhebt, und gegen die Pole zu flacher wird, fo erhe⸗ ben und fenfen ſich auch die verfchiedenen Ketten von Gebirgen, nachdem fie ſich der Linie nähern, oder = ihr Needham von Höhen der Alpen. 159 ihr entfernen. Die africanifchen und afiatifchen Gebirge find höher als die europäifchen, und Die Eordelieres unfer der Linie in America die höchiten unter allen. Die anfehnlichften Gebirge ſtrecken fih, einige von Abend nach) Morgen, andere von Norden nad) Süden. Diefe nehmen die $änder zroifehen den Wendefreifen ein, nebft einigen andern Gegenden im Norden, jene ftrecfen fich in weit größerer Anzahl in. den gemäßigten Zonen. | Die Berge, deren Maffe von Weiten nach Often geht, rücken bier und da auf beyden Seiten nad). Morden und nad) Süden hinaus, wie diejenigen, die fich nordlich und füdlich ſtrecken, nach Oft und Wet zu hinaus ruͤcken. Die Gebirge machen alfo zwo Linien, die einander rechtwinklicht durchfreuzen, und fo viel als möglich der Linie und dem Mittagsftriche parallel gehen. Siegen zwey Gebirge einander zur Seite, fo machen fie Thäler von verfihiedener Breite, und wo eins her: vorrücke, ift das andere gegen über einwärts gebo— gen *. Diefes giebt ohnaefähr eine folche Art von Ordnung, wie bey Feſtungswerken, wo die ausfprin: genden 9 einwaͤrts gehenden Winfel einander ge— gen über ftehen. Man fehe des Heren Bourguet Lettres philofophiques. Diefe Anmerkung, welche dem Hrn, Bourquer ganz eigen, nebft ven Mufcheln, und andern aus dem Meere gefommenen Sachen, die fich über die ganze Erde ausgeftreuet finden, beweift Naturforfchern, ar die Hr | rde * Herr Buffon will dieſe Anmerkung auch gemachet ha⸗ ben. Sch zweifle fehr, ob fie allgemein iſt. Kaͤſtner . ten. 190 Needham von Höhen der Alpen. Erde aus dem Meere gefommen if. Sie führet uns darauf, die große Ordnung zu bemundern, die überall, felbft unter den Bergen herrſchet, welche ges meinen Augen fo unordentlich fiheinen. Daraus folget, Daß, wie id) in meinem Verſuche über die Theorie der Erde erweifen werde, gewiſſe allgemei« ne Lirfachen, die io nicht mehr — ſind, nach beſtimmten und vorgeſchriebenen Geſetzen ges wirket, und den Bergen eine ordentliche Hoͤhe, dem Meere eine gehörige Tiefe, der Erde die genaue ku— gelartige Krümmung gegeben haben, die ſich den Au— gen des Meßfünftlers zeiget. Wer endlich einen wahren Begriff von den Ber gen haben will, wie fid) folche in der Natur geordnet befinden, wie fie liegen, und wie fie ftufenweife zuneh⸗ men, muß den Mont Cenis z. E. als die erfte Stufe der Erhöhung anfehen, die allezeie mehr und mehr zunimmt, je weiter man fortgeht. Man wird alfo bey weitem nicht, wie Doc) viele tun, den Mont Ce- nis, oder den Vilo, oder ſelbſt la Roche-Melon, für fehr große Höhen halten, wenn man fie mit andern vergleicht, Die weiter ins Gebirge hinein liegen, Die Natur iſt überall vollkommen ordentlich, ihre Stufen find adgemeffen, fie feige nicht plöglich, fie ſtuͤrzet nicht jählina. Schon diefes reicht zu, den eingebildeten Weiſen zu befihämen, der auf ein Uns gefahr bauet, und den Thoren zu widerlegen, der in feinem Herzen ſagt: Es ift kein Gott. _ Die Weisheit des Schöpfers ſtrahlet fo ftarf am Fuße feines Thrones und auf der Erde als am Himmel und unter den Geſtirnen, die fo wunderwuͤrdig leuch⸗ * VI. Forte - 191 EEE TEEN ERTTEITLETTT N VI Fortfeßung von des Herrn Voltaire Abhandlung von Heldengedichten. Das fuͤnfte Capitel. | Trißino a), . ge das römifche Reich durch die Bar: baren war zerflöret worden, entſtunden aus den Ueberbleibfeln der lateiniſchen Sprache verfchiedene andere Sprachen, Die Ero- berer uͤberſchwemmten den ganzen Occident mit ae e Bar⸗ a) Giovan Giorgio Trißino war zu Vizenza im Jahre 1478 geboren. Er ſtammete aus einem ſehr alten und edeln Haufe ber, das einige Trefino, andere Dreßino ſchreiben. Gein Vater war Gafpar Trißino, die Mut: ter Caͤcilia Bevilacqua. Er legte den Anfang feiner. Studien zu Meyland; fein Hauptwerk war die Mathes matik und italienische Dichtkunft. Im Jahre 1503 verbeirathete er fich das erftemal mie Johanna Trife _ fina, mit der er zmeene Söhne, Franceſco und Giulio Trißino zeugte, Da ihm feine Frau ſtarb, gieng er nach Rom, und verfertigte das berühmte Trauerfpiel, Sophonisbe. Leo der X. ließ es mie vieler Pracht aufführen. Es it das erftemal zu Rom 1524 in 4. 192 Fortiekung vondes Hrn, Voltaire Barbaren und Unwiſſenheit. Alle Künfte verloren ſich, und da fie nad) achthundert Jahren ihr Haupt wieder gedruckt worden. Der Marchefe Scipio Maffei hat zwo Ausgaben davon beforge. Einmal hat er es in das von ibm zu Verona 1723 in 8. befurgte Theatro italiano eingeruͤcket. Es ſteht dafelbft im I. Bande. Das anderemal hat er e8 dem I. Bande der prächtigen Ausgabe der gefammten Werfe des Trißino einverleibt. Sie kam zu Verona 1729 in 2 Foliobanden an das kicht. Im Fahre 1526 verheirathere fich Trißino zum zweyten⸗ male mit Blanca Trißina. Er erzeugte aus diefer Ehe den Ciro. Diefe Ehe fegre ihn vielen Verdrießlichkeiten aus. Der Sohn Biulio konnte fich mit der Gtiefmutter nicht vertragen. Zrißino hatte fehr viel Gefälligkeit für fie, nahm fich ihrer an, und drohete dem Sohne mit der Enterbung. Giulio forderte fein Muttertheil und ftellte wider den Vater einen Proceß an. Trißino er füllte feine Drohung; Giulio wurde enterbet, und Dafür der Ciro, die Republik Venedig und die Procuratores ‚von S. Marco zu Erben eingefeßt. Mitten unter Die fen Berdrießlichkeiten ſtarb im Jahre 1540 die Blanca ; der Proceß gieng fort, und wurde zum Vortheile ded Giulio geendiget. Er nahm von dem prachtigen fand» baufe zu Ericcoli an dem Fluffe Aftego, und von den übrigen Gütern feine Vaters Beſitz. Trißino zug fich Diefes fo zu Gemuͤthe, daß er Vizenza verließ, und 1549 wieder nach Rom gieng. Er machte auf diefe ungluͤckliche Begegniß folgende Verfe: Quaeramus terras alio fub cardine mundi, Quando mihi eripitur fraude paterna domus:+ Et fouet hanc fraudem Venetum fententia dura, Quae nati in patrem comprobat infidias; Quae natum voluit confectum aetate parentem Atque aegrum antiquis pellere limitibus. ” Chara domus valeas, dulcesque valete penates, Nam mifer ignotos cogor adire lares. - Abhandlung von Heldengedichten. 193 rieder empor huben, Famen fie in gothiſcher und vanz dalifcher Geftalt zum Borfchein.- Dasjenige, was zum Unglück von der Baufunft und Bildhauerey diefer Zeiten übrig geblieben, ift ein Zufammenfluß von plumpen ungefchicften und nichtsmürdigen Dins gen. Das wenige, fo man fchrieb, war in eben dies ſem Geſchmacke. Die Mönche erhielten die lateini: ſche Sprache, um fie zu verderben; die Franken, die Bandalen, Die $ongobarden, mifchten unter diefes ver: dorbene tatein ihre unregelmäßige und unfruchtbare Sprache. Endlich Hellere fich die italienifche Spra— che, als die ältefte Tochter der lateinifchen, am erſten aus, hierauf wurde die fpanifche, alsdenn die franzö» ſiſche und-englifche zur Vollkommenheit gebracht. Die Er ftarb ein Jahr nachher, im 72 Sabre feines Alters. Die ausführlichite Lebensbeſchreibung von ibm ſteht im I. Theil in der III. Abtheil. der Galleria di Minerva auf der 65:75 ©. Der berühmte Apoſtolo Zeno iſt deren Verfaffer. Der Marchefe Scipio Maffei bat fie in einen Auszug gebracht und dem I. Th. der ſchon gedachten Sammlung der trißinifchen Werke vorgefeger. Niceron hat fie mit den Nachrichten des Tomaßini, Joh. Imperialis, Girof. Shilini und Jac. Gaddi verglichen, und in dem XXVIIIL Th. der Memoires pour fervir A Phiftoire des Hommes illuftres, dans la republique des lettres auf der 1052119 ©. mitgetheilet. In des Dom. Maria Manni Offervazioni fopra i figilli antichi ſteht im XV, Th. auf der 137-141. ©, eitte Offervaz. della perfonna dı Gio. Giorg. Triffino. und Mich. Angel. Zorzi bat dem III. Th. der Raccolta d’Opufeoli Scien. tifiche filologici auf der 398 - 442. ©. einen Diſcorſo in- torno alle opere Triflino einperfeibet, J— 10 Dand, N * 194 Fortſetzung von des Hrn. Voltaire Die Dichtkunſt war die erſte Kunſt, die mit eini— gem Fortgange ausgearbeitet wurde, Dantes b) und b) Der beruͤhmte florentinifche Dichter Durantes oder Dantes Aligbieri war 1265 geboren. Vinzent. Buo: nanni behauptet in dem. Dilcorfo fopra Pinferno di Dante auf der 2.3 und 184 ©. daß er ausder Familie derer Bello entſproſſen, und Afigbieri nur der Name feines Vaters gemefen fey. Er ſtund bey ber Nepublif Klorenz in großem Anſehen, mußte aber, da er fich in eine entſtandene Faction gemifcht hatte, da8 Gebiete der Republik verlaffen, und feine Zuflucht zu dem Gvi— Done Polentano, Herren von Ravenna, nehmen. Er ftarb zu Ravenna 1321. An der einen Ecke des Fran: sifcanerklofters ſieht man fein Grabmal auf öffentli> cher Gaffe- Es ift mit einem eifernen Gitterwerfums geben. Weder deffen Bruffbilde lieft man die in einen Korbeerfrang eingeföhloßnen Worte: Virtuti&Honori. Die übrigen Srabfchriften, Die dabey befindlich find, kann man in Herren Keyßlers Reifebefchreibung im 311. Th. auf der 480 u. f. S. nachlefen. In feinen ita— Sienifchen Gedichten hat er das Andenken feiner beyben Maitreſſen, der Beatrir Portinaria und Gentucca, ver: ewiget. Gein vornehmſtes Gedicht iſt das bekannte fatprifche Lufffpiel von dem Fegfeuer, der Hölle und dem Paradies, oder fogenannte divina Commedia. Sie Ausgaben diefed Gedichts find nicht zu zahlen. . Die italienifchen Kunſtrichter haben fich um die Wette ber muͤhet, Auslegungen und Anmerkungen daruber zu: ſchreiben. Man Fann ihr Berzeichnig in des Giov. Maris Crefcimbeni Iftoria della volgar poefia, auf der 00. 228 u. f. S. finden, und mit folchen Franc. Nicol. Haym Catalogo de’ libri rari nella lingua italiana auf Der 110 und f. ©. vergleichen. Biov. Anton. Volpi bat alle diefe Anınerkungen geſammlet, und fie nebit dem Lufffpiele felbft, zu Padua 1727 in 3 Detavban- ven herausgegeben. Der an paraboren Ginfalen Abhandlung von Heldengedichten. 195 und Petrarcha c) fchrieben zu einer Zeit, in der | 2 man uͤberaus fruchtbare P. Hardouin hat auch an dieſem Gedichte des Dantes fein Heil verſucht. Er ließ in dem Auguſt der Memoires von Trevoux auf das Jahr 1727 auf der 1516 und f. S. Doutes fur Page du Dante einruͤcken. Er ſuchet darinne unter andern zweifelhaft zu machen, daß Dantes der Verfaffer von der divina commedia fey. Ein ungenannfer Engellander undder Abt Gouiet, beantivorteten diefe Zweifel. Erfferer ließ in den V. Band des prefent ftate of the republik of Letters im Jenner 1730 auf der 57 und f. Seite, a Letter in anfwer tho Father Hardouin ’s doutes fur Page du Dante einruͤcken; Der andere fegte feine Ein: wuͤrfe in den VII. Ih. feiner Bibliotheque frangoife auf der 293 u. f. ©. Die Lebenssefchreibungen des Dantes find gleichfalls faſt unzaͤhlbar. Giannozzo Manerti, Lionardo Bruno, Lodovico Dolce, Paul Sovius, Alleffandro Vellutelo, Joh. Bapir. Maffon, - Franc. Sanfovino, Chriftoph. Landino, P. Baile, Joh. Albert Fabriz, Gio. Mar. Erefeimbeni, Anton Marta Biſcioni, u. a. m. haben theild ganze Lebensbefchreis bungen, theils andere gute Nachrichten von ibm und feinen Werken ercheilet. Der letztere bat auch die gefammten Werke des Dantes Alighieri zu Venedig 1743 in II. Theilen herausgegeben. co) Wen follte wohl der zartliche Liebhaber der ſchoͤnen Laura unbekannt ſeyn? Er war zu Arezzo im Jahr 1304 geboren, und ftarb zu Arqua 1374 im 70 Jahre feines Alters. Seine Werke find zu Bafel 15gr ing Fol. zufammengedruckt worden. Dieitalienifchen Gedichte machen den legten Band aus. Die erſte Ausgabe Fam zu Venedig 1470 in Fol. an das Licht. Sie iſt vor erftaunender Seltenheit. Ahr find unzählich viel andere mit und ohne Anmerkungen gefolget. Man findet ein ſehr meitläuftiged chronologifches und mit ° Anmerkungen verſehenes Verzeichniß vor denen Rime ‚del Petrarca fo zu Padun 1722 in 8. berausgefommen. 8 196 Fortſetzung von des Hrn. Voltaire man noch kein Werk von einer ertraͤglichen Proſe auf—⸗ Man kann damit des Nic. Fr. Hoym Catalogo de’ libri rari nella lingua italiana auf der 124 und f. ©: verglei: chen. Nebit ven fchon gedachten paduanifchen Aus: gaben wird des Herrn Muratori feine für die befte ge= halten. Sie führet folgende Auffehrift: Le rime del Petrarca, riscontrate coi tefti a penna della Libreria Eitenfe, e coi frammenti dell’ originale d’effo poeta; f’aggiungono le confiderazioni rivedute e ampliate d’ Alefflandro Taſſoni; le annotazioni di Girolamo Mu- zio; e le Offervazioni di Lodovico Antonio Muratori Bibliothecario del Serenifimo Duca di Modena. In odena per Bartolomeo Soliani Stampator Ducale 1711 in 4. Man wird nicht leicht einen Dichter finden, deſſen Leben fo oft befchrieben worden, al$ den Petrar— cha. Wir würden ohne Mühe einige Blatter mit den Aufſchriften diefer Kebensbefchreibungen anfüllen fön- ‚nen; e8 würde eine unverantwortliche Ausfchweifung feyn. Wir wollen alfo nur die Namen der Berfaffer, die ung bekannt worden, hier beybringen. Es find folgende: Paul, Vergeriv, Siccone Polentone, Gian- ' 10330 Manetti, Lionardo Aretino, Lodovico Beccateli, - Rudolph Agricola, Phil. Villani, Girolamo Ggpar- siafico, Aleffandro Vellutello, Andrea Gefualdo, An— tonio da Tempo, Bernardino Danielo, Andr. Schroe: deren, Sob. Papir. Maffon, Paul. Jovius, Giacom. Phil. Tomaßini, Michel Poccianti, Giulio Negri, Pa: sido Catanuſi, Joh. Henr. Acer u.f. f. Ein mweitläuf: tiges Verzeichniß finder man bey dem Niceron in dem XXIX. Ih. der Memoires auf der 396 und f. ©. und in des Joh. Alb. Fabrizens Biblioth, med. et inf. La- tinit. im XV. B. auf der 675 und f. S. Fur die beſte Lebensbefchreibung wird diejenige gehalten, die Dura: tori feiner Ausgabe der Rime del Petrarca vorgefeßet. Die Verfaffer des Giornale de’ letterati d’Italia haben im IIX. Ch. auf der 186 und f. ©. Zufage zu felbigen ertheilet, die nachher der fchon gedachten paduanifchen Abhandlung von Heldengedichtett. 197 aufzumeifen hafte; es ift eine wunderbare Gade, ‘daß man faft bey allen Nationen der Welt eher Dich» ter, als eine andere Art von Scribenten, gehabt hat. - Homer war ſchon bey den Griechen ein ganzes Jahr: hundert in Anfehen gewefen, ehe ein Gefchichtfchrei« ber zum Vorfchein kam. Die Gefänge des Mofes find die älteften Denfmaale der Hebräer. ' Bey den Caraiben * die in allen Künften unerfahren waren, bat man Gefänge gefunden. ‚Die Barbaren an den baftifchen Küften hatten ihre berufnen runifchen ** Reime, zu einer Zeit, da Ba ic TRIER! sr fle Ausgabe vorgefeget worden. Niceron ‚bat fie beyde gebraucht. | * Die Caraiben oder Kannibalen find eine fehr wilde Nation, fo ehemals die antillifchen Inſeln bewohneten; fie fraßen Menſchenfleiſch. Ihre Kriegsgefangenen ließen fie drey Tage bungern, ehe fie folche fchlachte- ten. Der Umgang mit den Europaern hat fie etwas zahm gemacht. Gie bewohnen igund nur noch einige von ben antillifchen Inſeln. Mehrern Unterricht muß man in den Reifebefchreibungen und fonderlich in des Joh. Baptiff du Tertre feltnen Hiftoire generale des Antilles, fo zu Paris 16671671 in IIII Theilen in 4. herausgekommen, füchen. ** Bon den verfchiedenen Bedeutungen des Wortes Rune kann man Herrn Keyßlers Antiquitates feptentrio- nales fele&tas er Celticas nachiihlagen. Ein Verzeich- niß von den allerslteiten nordiſchen Dichtern findet man in des Snorro Sturde norwegifchen Chronif, des⸗ gleichen in des Dlaus Worm Differtatione de prifca Danorum poefi, in Nicof, Petr. Gibbern Bibliotheca Hiftorica Dano-Norwegica im I. Cap. auf der au. f. S. Man Fanıı damit die von dem leßtern auf der 13 und 14 ©. angeführten Scribenten vergleichen. Diefe Dich- ter wurden Runen, Adelrunen, und Skalden genennet. “ 198 Fortſetzung von des Hrn. Voltaire Sie noch nicht leſen Fonnten, welches beyläuftg bemei« ‚fet, daß die Dichtkunſt den Menfchen viel natürlicher jey, als man insgemein denfer. Dem fey, wie ihm molle, Taſſo lag noch in der Wiege, als fih Trißino, der Urheber der berühmten Sophonisbe, des erften Trauerfpiels, fo in einer ges ‚meinen $Sandfprache gejchrieben worden, an ein epis fches Gedichte d) wagte, Er legte Das von dem -Belifarius unter der Herrfchaft des Kaifers Juſti⸗ ‚nianus, von den Öothen befreyete Italien zum Grun— de. Sein Grundriß ift fehr vernünftig und erdent- ih; aber der Ausdruck der Dichtkunſt ift darinne ſchwach. Dennoch fand das Werk Beyfall, und dieſe Morgenroͤthe des guten Geſchmacks ſchimmerte einige d) Die italieniſche Aufſchrift dieſes Gedichts iſt: L’Ita- lia liberata da Gotti. Es beſteht aus 27 Büchern, und iſt in reimloſen Verſen geſchrieben. Die erſte Ausgabe von Rom 1547 in 8. gehoͤret unter die gelehrten Sel⸗ tenheiten. Der Abt Antonini hat zu Paris 1729 eine neue Ausgabe in 3 Banden in 8. beſorget. In des Marcheſe Maffei Sammlung ſteht dieſes epifche Ge- dicht im J. Bande. Es haben es einige Italiener vor nicht gar zu langer Zeit in achtſylbigte Verſe oder ſo⸗ genannte ottave rime überfeßt, und vermeynten ihm dadurch ein beſſer Anfehen zu geben. Der befannte Janus Bincentius Bravina, ertheilet diefem Gedichte in feinen Buche della ragione poetica tiberaug viel Pobjprüche, und der Marchefe Maffei redet ebenfalls mit vieler Bewunderung davon. Eine überaug fcharfe und gründliche Critik befindet fich in den neuen eritis ſchen Briefen über ganz verfihiedene Sachen, von vers fchiedenen Berfaffern, Zurich 1749 in 8. Der ganze 28 Brief von der 223 bis 242 Seite iſt ihr gewidmet. Abhandlung von Heldengedichten. 199 einige Zeit, bis folche von dem hellen Tage, der mit dem Taffo anbrach, verfihlungen wurde, Trißino war ein Mann von einer fehr meitläuftis gen Wiflenfchaft, und von einer großen Fähigfeir. 8eo der X. hat ihn im verfchiedenen wichtigen Ge— Schäfften gebraucht. Er war Gefandter bey Carl dem V.e). Endlich opferie er feinen Ergeiz, und feine vorgegebene Gründlichfeit in den öffentlichen | Angelegenheiten, feinem Geſchmacke, ven er an den Wiſſenſchaften fand, gänzlich auf; er gieng bierinne von der Gewohnheit verfchiedener berühmter Männer ab, weldye, wie wir oft gewahr worden, die Wiſſen— fhaften bey Seite gefeget und verachtet haben, nach: dem fie bey felbigen ihr Gluͤck gemacht hatten, Er war mit Recht von den Schönheiten, die in dem Homer find, eingenommen, unterdeffen ift fein großer Fehler, daß er ihm zu fehr nachgegangen, Gr hat alles ohne Ueberlegung daraus genommen. Er leh⸗ net ſich auf den Homer, wenn er geht, und fällt, in: dem er ihm folgen will, Er ſammlet die Blumen . des griechifchen Dichters; aber fie verwelfen in den Händen des Nachahmers; Trißino hat zum Benfpiel die fehöne Stelle des Homers nachbilden wollen, in welcher die mit dem Gürtel der Venus geſchmuͤckte N4 uno e) Leo der x. hatte ihn fihon vorher 1516 zum Kaifer Marimilian in wichtigen Angelegenheiten abgefchiekt. Diefer Kaifer machte ihn zum Reichdgrafen und Rit- ter vom goldenen Vließ. Anden Kaifer Carl den V. und an die Nepublif Venedig wurde er von Clemens dem VII. als Gefandter abgeſchickt. Da diefer Pabſt im Sabre 1530 den Kaiſer zu gg frönte, trug Zrißino dem Pabſte die Schlepper. 200 Fortfegung von des Hrn. Voltaire Juno dem Jupiter einige tiebesbezeigungen abſtiehlt, Die er ihr zu erweiſen nicht in Gewohnheit hatte. Die Gemahlinn des Kaifers Juſtinianus, hat in Ber Italia liberata gleiche Abfichten bey ihrem Gemahl. Sie macht den Anfang mit einem Bade in ihrem fchönen Zimmer, fie zieht ein weißes Hemde an, und nad) einer langen Erzäh« lung aller Roftbarfeiten ihres Nachttiſches, gebe fie zum Kaifer, der in einem Fleineh Garten auf einem Rafen figt, fie macht ihm mit vielen vers - liebten Reizungen ein Blendwerk vor, und Juſti⸗ nianus giebt ihr endlid) einen Ruß. le diede un bafcio Suave, e le gettö le braccia al collo, Et ella ftette; e forridendo diſſe. Signor mio dolce, or che volete fare, Che fe veniffe alcuno in queſto lnogo, E ci vedefle harei tanta vergogna, Che piu non ardirei levar la fronte; Entriamo ne le noftre ufate ftanze, Chiudamo gli ufei, e fopra il voftro letto Poniamci, e fate poi quel, che vi piace L’Imperador rifpofe; Alma mia vita, Non dubitate de la vifta altrui, Che qui non pud venir perfona umana Senon per la mia ftanza, et io la chiufi Come qui venni, et hö la chiave a canto; E penfo, che ancor voi chiudelle l'uſcio, Che vien in eſſo da le flanze voflre; Perche giamai no lo lafciafte aperto. E detto quefto, fubito abracciolla; Poi Abhandlung von Heldengedichten. 20ꝛ Poi fi colcar ne la minuta erbetta- La quale allegra gli fioria d’intornoz u. ſ. w. Der Kaifer gab ihr einen füßen Kuß, und umfchlung mit feinem Arm ihren Hals.” Sie zog ſich zuruͤck, und fagte-lächelnd : mein lieber Herr, was wollt ihr machen ? wenn jemand hieher fom« men und ung gewahr werden follte, fo würde ich mich dergeftale ſchaͤmen, Daß ich meine Augen nicht würde auffchlagen koͤnnen. Wir wollen in unfer Zimmer gehen, und die Thüren hinter ung zu« fehließen, und uns auf das Bette legen, alsdenn Fonnet ihr machen, was ihr wolle. Der Kaifer ‚antwortete ihr: ‚meine liebe Seele, fürchtet nicht, daß ung jemand fehen wird, niemand Fann bieher als durch mein Zimmer fommen, ich habe eg ver. fohloflen, und habe den Schlüffel darzu in meiner Taſche. Ich glaube, daß ihr auch die Thüre von eurem Zimmer, wodurch man in meines koͤmmt, werdet zugefchloffen Haben, denn ihr laſſet eg nie: mals offen. Nachdem er diefes gefagt hafte,ums faflete er fie, und legte fie auf einen anmuthigen Raſen, der das Vergnügen mit ihnen zu theilen ſchien, und fie mie Blumen frönte, Auf diefe Are wird dasjenige, das bey dem Homer fo edel beichrieben ift, eben fo niedrig und fo efelhaft in dem Trißino, als die Liebesbezeigungen zwifchen Mann und Frau vor den Augen der Welt, Unterdeſſen gedenfe ich feiner nicht, daß ich nur feine Sehler bemerken will; fondern ihm das ver« diente Lob zu geben, daß er der erfte unter den neuern | N 5 Dich— 202 Fortſetzung von des Hrn. Voltaire Dichten in Europa gemwefen, der ein regelmäßiges und verfiünftiges epifches Gedichte gemacht, und das Koch der Reime abgemworfen ha. Was noch mehr ift, ſo iſt er der einzige unter den ifalienifchen Dich: tern, bey dem man feine Wortfpiele, noch Scharf: finnigfeiten antrifft, und derjenige, der unter ihnen die wenigften Zaubereyen f) und bezauberten Helden in feinen Werfen angebracht bat, welches Fein gerin« ges Verdienſt war. | Das fechfte Capitel. Camouens *, ternen und ſchwachen Schritte den Fußtapfen der Alten folgte, fo öffnete fi) Camouens in Portu- gal f) Diejenigen, die darinne angebracht worden, find da⸗ fir defto unmahrfeheinlicher und abgefchmadter. 3.€. der Ligridonia Erzahlung von dem Ringe, der alles, ſo er berührt, in Gold und Seide verwandelt; der drums, der aus den Thraͤnen entſtund, die Ureta um die et- mordete Syneſia vergoffen hatte; das Brodt der Pe— nia, an welchem fo wiel wieder nachwaͤchſt, ala man herunter ſchneidet; das Geſpenſt der Margona, das bald mie eine Forelle, bald mie eine Girene, und zuletzt wie ein Mal erfcheint, der andern ungereimten Erzah- lungen zu gefchweigen, die fich eher zur Belufligung fiir die Kinder, als in ein epifches Gedichte ſchicken. Die Begebenheiten des Luis de Camouens, oder wie ihn andre nennen, Camoens, oder Camoees, find von verfehiedenen aufgegeichnet worden. Es haben fich vor andern Emmanuel Corres, Emmanuel Severin de Faria, Emmanuel Farin de Souſa, Pedro de Ma— Ja ya da Trißino in Stalien mit einem fhüch- | %* Abhandlung von Heldengedichten. 203 gal eine ganz neue Bahn, und feßfe ſich in ein folches Anſehen, das bey feinen Landesleuten noch dauert, die ihn den portugiefifchen Birgil nennen, Camouens ftammte von einem alten g) porfugie= fifchen Haufe ber, er wurde in Spanien in den letz⸗ ten Jahren der ruhmwuͤrdigen Regierung Ferdis nands und Iſabellens geboren h), da unterdeffen ‚in Portugal Johann der andere den Scepter führete, Nach dem Tode des Königs Johann fam er an den Hof zu tiffaben, diefes geſchah in dem erften Fahre der Regierung des großen Könias Emanuel, der ſowohl von dem Throne, als von den großen Anfchlä« ‚gen des Königes Johann, ein würdiger Erbe war, Damals war die glücfliche Zeit für Portugal, die zu dem Ruhme diefer Nation beſtimmet war. - Emanuel war entfhloflen, den fo oft mislunge« nen-Anfchlag auszuführen, und fih) durch den Ocean Ri) in ris, Juan Franc. Barreto ıı.a.m. damit befchäfftiget. Man finder viele Unrichtigfeiten in ihren Nachrichten. In dem XXXVIL Th. der Memoires des Niceron auf der 244: 260 ©. ift des Camouens Leben auch anzus treffen. Niceron hat diefen Auffog aus Portugal ge ſchickt bekommen. Wir dürfen alfo ander Gründlich- — und Zuverlaͤßigkeit feiner Erzaͤhlungen nicht zwei⸗ = | | 8) Schon zu den Zeiten Ferdinands gieng Vafco Perez de Camouens aus Galicien nach Portugal. Ed war im Sabre 1370, da diefer König mit Heinrich dem III. Koͤnig von Kaſtilien Krieg führte. h) Einige fagen, er fey zu Liffabon im Jahre 1517 gebo- ren worden, andere wollen das 1524ſte Sabr zu feinem Geburtsjahre machen. Sein Vater war ein Schiffg- capitain Simon Baz de Camouens; feine Mutter Mas ria Macedo. 204 Fortſetzung von des Hrn. Boltaire - in das oftliche Indien einen Weg zu öffnen; er ruͤ⸗ ftete im “Yahre 1497 eine Flotte unter des Dafco de Gama i) Aufficht zu diefer berufnen Unternehmung aus, die bisher für verwwegen und unmöglich war. ge= halten worden, weil fie neu war. | Santa und diejenigen, die fo herzhaft waren, fich mit ihm einzufchiffen, wurden als Unſinnige betrach— tef, die mit einer Freudigkeit des Herzens dem Un— glück entgegen 'giengen, Die ganze Stade ertönete „von einem allgemeinen Öefchrey wider den König; ‚ganz Liſſabon fahe mit Widerwillen und Thränen diefe Wagehälfe abfegeln, und beweinte fie als Todte; unter⸗ i) Man findet von dieſer Unternehmung eine ſehr ſchoͤne Beſchreibung in des Biſchofs von Silva Hieron. Oſo— rius vortrefflichen Geſchichte de rebus Emmanuelis Re- gis Luſitaniae im J. B. auf dem 23 u. f. BI. der coͤlni⸗ ſchen Ausgabe 1574 ing. Es hat auch Americus Veſpucci eine beſondere Nachricht davon aufgeſetzet; fie iſt an Lorenz, Peter Franciſcus von Medices Sohn, gerichtet. Giovanni Battiſta Ramuſio hat ſie dem erſten Theile feiner ſehr ſeltenen Sammlung delle na- vigazioni e viaggi einverleiber. Der Berfaffer iſt ihm unbefannt geweſen. Man findet fie dafelbft unter fol- gender Aufſchrift: Navigazione di Vafco di Gama Ca- pitaneo dell’ armata del Re di Portogallo, fatta nell’ anno 1497. oltra il Capo di Buonafperanza fino en Ca- licut, feritta per un Gentiluomo Fiorentino, che fi trovo al tornare della armata in Lisbona. Der Abe Angelus Maria Bandini hat den wahren Berfaffer zuerft entdecket. Er bat diefe Nachricht unter des Belpuc Namen feinem Vita e lettere di Amerigo Vefpucei, Florenz 1745 in 4. beydrucken laffen. In der deutfchen zu Hamburg 1748 in 8. berausgefoms Fey Ueberſetzung iſt fle auf der 258 u f. ©. bes ndfich. Abhandlung von Heldengedichten. 205 unterdeſſen gieng dieſe Unternehmung gluͤcklich von ſtatten, und war der erſte Grund der Handlung, die Europa noch heutiges Tages mit den Indianern durch den Ocean treibt. Camouens begleitete den Gama auf dieſer Schif⸗ fahre nicht, wie id) in meinen erſtern Ausgaben ger fagt hatte; fondern er gieng erft eine geraume Zeit darnach zu den großen Syndianern. Cine ausfchwei« fende Begierde zu reifen, und fein Glück zu mas chen, das Auffehen , welches feine unbefonnene Liebes— begebenbeiten k) verurfachten, das Misvergnügen .- gegen den Hof, und infonderheit diejenige Neugier, die von einer großen Cinbildungsfraft unzertrenn- lich ift, entriß ihn feinem Vaterlande. Er diente anfänglich als Freymilliger auf einem Schiffe, und verlor in einem Geegefechte ein Auge ). Die Por⸗ k) Dieſes war wohl die Haupturſache; er war ſchon vorher nach Santarin verwieſen worden. Daſelbſt verfertigte er ſeine dritte Elegie, in welcher er ſein Schickſal mit der aͤhnlichen Begegniß des Ovidius in Vergleichung ſtellt. I) Diefeö geſchah nicht auf der indianiſchen Reiſe; er gieng vorher als ein Freymilliger anf ein Schiff, dag nebjt andern nach Ceuta zu einer Unternehmung wi- der die Mauren beftimmt war. Das Schiff wurde von den Mauren angegriffen; das Gefecht wurde higig und Camouens verlor dabey ein Auge Er lehret ung folches felbft in der 9 Stanze des 10 Ge: ‚fange. Da er nach Liſſabon zuruͤcke fam, mußte er zum zweytenmal aus der Stadt weichen; die Urfache - iſt unbefannt geblieben. Im Jahr 1553 gieng er auf einer Flotte von 4 Schiffen nach Dftindien. Er hat— te den Entſchluß gefaßt, niemals wieder in fein Va— u ter⸗ 206 Fortſetzung von des Hrn. Voltaire Portugiefen hatten fchon einen Bice-Ne m) in Indien; da Camouens zu Goa war, wurde er von | dem terland zuruckzulommen. Er fagte, als das Schiff vom Rande ſtieß, mit dem africanifchen Scipio: ingrata patria non poflidebis offa mea. Daß er ein unglücklicher Prophet gemefen, wird die Folge lehren. Er befand fich auf dem Admiralfchiffe des Ferdinand Alfarez Cabral. Diefes einzige Schiff Fam im Geptember eben diefes Jahres zu Goa an; die andern drey waren auf der Fahrt verunglucker. | m) Der Herr von Voltaire geht in feiner Erzählung ‚überaus gefcehwinde; mir muffen bier verfchiedenes nachholen. Der portugiefifihe Vicere in Goa, war Don Alpbonfo de Noronha. Camouens gieng mit ihm als Sreymilliger einen Monat nach feiner An- Zunft in Goa, zu Schiffe. Er fuhrte den Koͤnigen von Cochin und Porca Hülfgvölfer zu. Sie waren der Portugiefen Bundsgenoflen, und fuhreten mit dem Könige zu Chembe Krieg. Inter diefer Zeit war ein neuer Vicefönig, Don Pedro de Maſcarenhas, zu Goa angekommen ; die beftimmte Zeit des Noronha war zu Ende gegangen. Der neue Vicere hatte eine Slot: te in das rothe Meer gefchicker ; fie follte wider Die arabifchen Schiffe freuzen, die der portugiefifchen Handlung großen Abbruch thaten. Camouens Fam mit diefer Flotte 1555 nach Goa zurück, nachden er fich den Winter hindurch in Ormutz aufgebalten. Er fand den Maſcarenhas nicht mehr ; er war am ız Jenner dieſes Jahres mit Tode abgegangen. Der portugiefifche Hof hatte den Franz Barreto zum Rache folger des Maſcarenhas beſtimmt. Man hatte inGoan diefermwegen fehr viel Freudensbezeugungen angeftelt ; Camouens machte darauf eine Satire in Verfen, er gab ihr die Auffchrift : Difparates da India, die Thorheit der Indianer. Er begleitete fie mit einer Schrift im ungebundener Rede ; der Vicere und die vor: Abhandlung von Heldengedichten. 207 dem Vice-Re in das Elend gejagee. Don einem Orte verbannet zu feyn, den man felbft als den Auf— enthalt nad) einer graufamen Verbannung. betrach: ten Fonnte, Diefes war einer von den befondern Ln« glücsfällen, die das Verhaͤngniß für den Camouens aufbebiele. Cr ſchmachtete einige Fahre in einem Winfel des wilden Landes an den Gränzen von Chis na, wo die Portugiefen eine Fleine Niederlage hat⸗ ten, wo ſie anfiengen, die Stadt Macao zu bauen, Dafelbft n) war es, wo er fein Gedichte von der Entderfung Indiens, verfertigte, das er Luſiade be> titelte, ein Titel, der fich nicht fonderfich zum Inhalte fhidte, der, wenn man eigentlich reden will ‚ge viel als Portugade bedeutet. Er erhielt eine Fleine Bedienung 0) zu Macao, und vornehmſten in Goa waren darinne angegriffen; die- fes verdroß den Barreto dergeſtalt, daß er ihn nach China verwies. J n) Diefes iſt falſch, er hatte es ſchon angefangen, ehe er nach Macao Fam. Denn die Gefchichte von feinem Schiffbruche hat fich nicht zugerragen, wie er von Ma— cao wieder abgegangen, fondern ehe er noch dahin abgegangen. Er gieng im Jahr 1556 mit einem Schiffe von Boa nach Macao ab; in der Mündung des Fluffes Mecon, an der Kiüffe des Königreichs Cambaya feheiterte das Schiff an den Klippen. Mit der linken Hand ruberte Camoueus, und mit der rech- ten hielt er feine Eufiade in die Höhe. Er befchreibe diefen Schiffbruch im 10 Gefange in der 128 Gtrophe. | 0) Dberaufieber über die Gelder der Verſtorbenen und Abweſenden. Bi 208 Fortfekung von des Hrn. Voltaire und da er von dar nad) Goa p) zuruͤckkehren wollte, litte er an den Küften von China Schiffbruch, er rettete fih duch Schwimmen, da er mit einer Hand ruderte, in der andern, aber fein Gedichte, als das einzige Gut, fo ihm noch übrig war, ‚in die Höhe hielt. Da er nach Goa Fam, wurde er In Das Ge: fängniß geworfen ; er wurde daraus befreyet, um ein neues und viel größeres Unglück auszuftehen; er trat in das Gefolge eines Fleinen hochmuͤthigen und geizigen Befehlshaber q), ver nach Africa sieng; ER p) Camouens Fam nach Goa zuriick, ald Don Conſtan⸗ tin von Braganza, der mittellte Bruder des Theo— dofing I. Herzogs von Braganza, an die Stelle des Barreto, zu Goa Vicere worden war. Er bezeigte fich gegen dem Camouens fehr guͤnſtig. Diefed Gluck Dauerte aber nur bi8 in das Jahr 1561. da Don Franz Eouticho, den Don Eonftantin ablöfete. Der neue Vicere ließ ihn bald nach feiner Ankunft gefan: gen feßen; er follte viellinterfchleif bey feinem Ober: aufieheramte zu Macao gemacht haben. eine Un— fhuld kam an Tag; er follte wieder auf freyen Fuß geftelt werden, als feine Schuldner fulches hinters trieben. Er überreichte dem Vicere ein fehr ſcharf⸗ ſinniges Bittſchreiben; es that feine Wirkung ; er kam los. | q) Es war der ſchon gedachte Franz Barreto; er war Gouverneur in Sofala worden. Er beredete den Ca— mouens daß er ihn dahin begleitete; er lieb ihm zu dieſer Reife 200 Krufaden. Unterdeffen zeigte fich in So: fala eine Gelegenheit, nach Portugal zufommen. Hektor de Gilveira und Eduard Pacecho , nebft andern_ guten Freunden des Camouens, giengen zu Schiffe, nad Porz, tugall zuruͤck; fie wollten den Camouens mitnehmen, und unterweges frey halten. Kamonengd ug ihr ner⸗ Abhandlung vonHeldengedichten. 209 Er mußte allen Berdruß, von ihm befchüse zu ſeyn, erdulden. Endlich fam er mit feinem Gedichte, als dem einigen Nettungsmittel, wieder nach tiffa- bon r). Er erhielt ein Gnadengeld von ohngefähr 800 Livres an franzoͤſiſchem Gelde ; aber man hiele bald mit der Xuszahlung inne. Er hatte feinen an: dern Aufenthalte und Feine andere Hülfe, als’ ein Hoſpital s), Dafelbft brachte er die noch rückftäne dige Zeit feines gebens zu, und ftarb von jedermann verlaffen, Raum Anerbieten an. Dieſes verdroß den Barreto; er wollte fein Geld wieder haben. Des Camouend Freunde fchoffen folches zufammen, bezahlten den Bar: reto, und nahmen den Camouens mit. Er fand auf dem Gchiffe den beruhmten indifchen Geſchicht— ſchreiber Diego de Couto; er fihloß eine fehr genaue ae: mit ihm. Diego machte nachher einen ommentarius uber feine Lufiade, der aber niemals gedruckt worden. ' r) Diefes gefchah im Jahre 1569. _ Das Gnadengeld befam er fur die Zueignungsfchrift der Luſiade von bem Könige Gebaftian. Der Herr von Voltaire macht es viel zu groß; e8 waren nur ohngefaͤhr 20 Rth. Er befam fie mit der Bedingung, daß er dem Hofe beſtaͤn⸗ dig folgen follte. Des Tages erfihien er bey Hofe ; des Nachts bettelte fein Bedienter fur fich und feinen errn Allmoſen. | | s) So melden zwar einige Gefchichrfihreiber, die fich mit feiner Lebensbefchreibung befchafftiget ; es ift aber de: ren Meynung viel mwahrfcheinlicher, die fagen, er fey in einem fehlechten Haufe, in der Nachbarfchaft des Napnenklofters zu St. Annen, wo er auch begraben liegt, geftorben. Gein Tod erfolgte im Jahr 1579 in einem Alter von 62 Jahren. 10 Band. > 210 Fortſetzung vondes Hrn, Voltaire Kaum war er todt, fo bemühere man fich, ihn mit ruhmvollen Grabfchriften t) zu beehren, und ihn unter die Reihe großer Männer zu ſetzen. Einige Städte madıten ſich untereinander die Ehre, daß er in ihren Mauern geboren worden, ftreitig: er er: fuhr alfo in allem das Scieffal des Homers. Er veifete wie jener ; er lebte und ftarb arm, und fam nicht eher in Anfehen, als nad) feinem Tode. Der— gleihen Beyfpiele follten Männer von großem Geis fte belehren, daß man Feinesweges durch einen großen Geift fein Glück mache, und glücklid) lebe, * | er t) Gonzalo Cotinho ließ ihn 1595 ein prachtig Grab: mal errichten, und eine Grabichrift darauf feßen, die nicht viel fonderliches in ſich halt. Endlich aber ließ Martin Gonfalvo de Camara eine Grabfchrift in Vers fen hinzufegen, die der Herr von Voltaire vermuth- lich meynet. Sie ift von P. Matthias Gardofo ver: fertiget worden: Nafo elegis, Flaccus lyricis, epigrammate Marcus, Hic iacet heroo carmine Virgilius, Enfe fimul calamoque auxit tibi, Lyfia, famam: Vnam nobilitant Mars & Apollo manum, Caftalium fontem traxit modulamine, at Indos Et Gangi telis obftupefecit aquas. India mirata eft, quando aurea carmina lucrum Ingeni, haud gazas, ex oriente tulit. Sic bene de patria meruit, dum fulminat enfe; At plus, dum calamo bellica fa&ta refert. ‚Hunc Itali, Galli, Hifpani vertere poetam; Quaelibet hunc vellet terra vocare ſuum. “ Vertere fas, aequare nefas; aequabilis vni ER fibi, par nemo, nemo fecundus erit. Abhandlung von Heldengedichten. zıı Der Inhalt der Lufiade *t) der durch einen fo lebhaften Geift, als der Camouens war, ausgearz beitet * t) As Lufiadas de Luis de Camoens. En Lisboa 1572. Dieſes iſt die erffe Ausgabe; fie enthält 10 Geſaͤnge. Man bat nach diefer fehr viel andere veranffaltet, mit und ohne Anmerkungen. Manoel de Correa, ein Por- tugiefe, war der erffe, der die Lufiade mie Anmerfuns gen herausgab. Ihm folgte Pedro de Maris, Ems manuel de Faria y Sonſa; dieſer macht dem Tas mouens die meiſte Ehre; er ließ die Luſiade mit An— merkungen in ſpaniſcher Sprache, zu Madrit 1639 in 2 Foliobaͤnden drucken. Wer die verſchiedenen Ausgaben, der Luſiade, ihre Ausleger und Ueberſetzer will kennen lernen, muß ſich des Ignatius Garzez Fereira Ausgabe anſchaffen; ſie iſt zu Neapel 1731 herausgekommen. In das Spaniſche iſt ſie dreymal uͤberſetzt worden, von Luis Gomez de Tapia zu Sa⸗ lamanca 1580 in 8. von Benedict Caldera zu Alcala 1588 in 4. von Henrich Garzez zu Madrit 1591 in 4. Gie find alle drey in Verfen. Carlo Antonio Paggi - bat fie unter folgender Aufſchrift italienifch heraus: gegeben: la Lufiada tradorta in verfi italiani dal poe- ma portoghefe diLuigi de Camoens. In Lisbona 1659, in ı2. Bon der frangöfifchen Ueberfegung werden wir unten reden. Der befannte Ueberfeßer des pa- for fido, Richard Fanshaw, ſchenkte ihr ein englis ſches Kleid. The Lufiad or Portugall’s hiftorical poem; out of Portugal into english by Richard Fans- w fam zu London 1655 in Fol. heraus, Lufiadum libr. X. Olyflipone 1622 in 8. haben wir dem Thomas de Faria einem lisbonifchen Karmelitermönche und Bis fchof zu Carga zu danfen. Leo Allatius redet in fei- nen Apibus vrbanis auf der 30 ©. von einer andern lateiniſchen Meberfegung ; es foll fie Andreas Bajan von Goa verfertigt haben. Vermuchlich iſt fie nicht gedruckt worden. Es bat auch ber bekannte Portu⸗ O 2 gieſe, 212 Fortſetzung von des Hrn. Voltaire beitet worden, mußte nothwendig eine neue Art von einer Epopee zum Borfchein bringen. Der Stoff zu feinen Gedichten ift weder ein Krieg, noch eine zwis ſchen den Helden entftandne Verdrießlichkeit, noch) die Welt, die wegen einer Frau in Waffen ift, fons dern ein neuestand, das durch die Hülfe der Schiffs fahrt entdecke worden, Sehet, wie er anfängt: sch befinge die über den Poͤbel erhabnen Menfchen, die von dem occidentalifchen Ufer Luſi— taniens, über Meere, die noch Feine Schiffe ges fehen hatten, find getragen worden, Trapobane durch ihre Kuͤhnheit in Erftaunen zu ſetzen. Die» jenigen, deren Herzhaftigkeit mit Geduld menfclis che Kräfte überfteigende Befchiverlichkeiten er« trug, die unter einem unbefannten Himmel und unter andern Geftirnen, ein neues Neich errichte» te. Man rühme nicht mehr die Reifen jenes bes rufenen Trojaners, der feine Götter nach Sta- ‚lien aiefe, Franz Macedo, eine lateinifehe Ueberſetzung ver- fertiget. Es erhellet folches aus feinem propugnaculo lufitano -gallico G. 118. fie hat auf Befehl des Ko: nigs von Portunall unter der Aufficht des P. Anto— nio dos Reys follen gedruckt werden. Ob folches ges ſchehen fey, Eönnen wir nicht fagen. Eine Eritif über die Luftade findet man in des P. Rapin Reflexion fur la poetique de ce tems im I. Th. Refl. XXVIL auf der 44 ©. im II Th. Refl. III. XIII und XVI. auf der 80. 100 und u ©. der parifer Ausgabe 1675. in 12. Man kann damit des Baillet Jugemens des Savans im- III Th. auf der 440 ©. der parifer Ausg. 1722. in 4: vergleichen. Abhandlung von Heldengedichten. 213 lien trug, noch diejenigen des weiſen Griechen, der nach einer zwanzigjährigen Abwefenheit Itha— fa wieder ſahe; noch diejenigen des Aleranders des ungeftümen Eroberers. Verſchwindet ihr Fahnen, die Trajanus bey den Öränzen Indiens fliegen ließ. Sehet einen Menfchen, dem Ne» ptunus feine dreygeſpitzte Gabel überlaffen hat, Sehet Unternefmungen und Gefahren, die alle die eurigen übertreffen. | | Und ihr, ihr Nymphen des Tagus, wenn ihr mid) ehemals mit angenehmen und rührenden Tös nen begeiftert habt, da ich die Ufer eures liebens« würdigen Stromes befungen habe, fo belebet mich auch heute mit ftarfen und verwegenen Tönen, welche der Heftigfeit und Klarheit eures Fluſſes ähnlich und fo lauter, wie euere Bellen find, da= mit in Zufunfe der Gott der Verſe eure Waſſer den Waflern der heiligen Quelle vorziehe, Hierauf begleitet der Dichter die portugiefifche Forte bis in die Mündung des Ganges, befchreibt im Bor- beygehen die weftlichen Küften, den Mittag und Morgen von Africa, und die verfchiedenen Völker, die diefe Küfte bewohnen. Man fieht in dem drey- zehnten Geſange den Tod der berühmten "Ines de Caſtro u) der Gemahlinn des Königs Don Pe- | dro i) Diefe traurige Geſchichte dürfte wohl dem meiſten Theile unſerer Leſer ſchon bekannt ſeyn Wir wollen ſie auf das kuͤrzeſte erzablen. Don Pedro Fernandez de Caſtro hatte eine überaus ſchoͤne Tochter ; fie hieß Ines oder Aanes de Caſtro. Don Pedro, König Als pbonfo des III. Prinz, — in ein a” 3 ni >14 Fortſetzung von des Hrn. Voltaire dro, deren verſteckte Begebenheit nur vor kurzem auf dem Schauplatze v) von Paris iſt aufgefuͤhret worden. Dieſes iſt nach meinem Erachten das ſchoͤnſte Stuͤck in dem Camsens, es find wenig be» weglichere und nachdruͤcklichere Stellen in dem Birgil. | Die Einfalt des Gedichts ift durch die Erdiche {ungen , die eben fo neu, als deffen Stoff find, ie ’ en niß mit ihr ein. Er zeugte einige Kinder mit ihr, Nach dem Tode feiner Gemahlinn Conſtantia ließ er fie fich heimlich antrauen. Als folches Alphonfo er: fuhr, ward er fo aufgebracht, daß er fie vogelfrey machte. E3 fanden fich auch bald drey Bofewichter, Pedro Coello, Diego Lopez Pacheco und Alvaro Gon⸗ zalez, die fie zu Coimbra ermordeten. Vater und Sohn verfielen dieferwegen in einen fehr blutigen Krieg; erwabrte bis an den Tod des Alphonfo. Hiers auf beffieg Don Pedro den portugiefifchen Thron. Pedro der graufame König in Eaftilien, lieferte ihm den Eoello und Gonzalez aus; fie wurden auf dag grauſamſte hingerichtet; Pacheco aber war entfloben. Don Pedro ließ hierauf zwey prächtige Grabmaale von weißem Marmor, das eine für die ermordete Ines de Caſtro, das andere für fich aufrichten. Er befahl, daß man nach feinem Tode, feinen Körper zu dem ihrigen legen follte. Es geſchah folches im Jahr 1367. Das feltfame Leichbegängnig, Das er Der Ines de Caſtro halten lief, kann man in des Mangel de Faria y Soufa epitome de las hiftorias portuguefas im III Th. im 8. 9 und 10 Cap. nachlefen, wo dieſe Begebenheit mit vielen Umftanden erzaͤhlet wird. v) Vermurhlich meynt bier der Herr von Voltaire das Zrauerfpiel des Herren Houdard de Ia Motte, deffen wir fihon oben in einer Anmerkung gedacht haben, _ Abhandlung von Heldengedichten. 215 ‚ben worden. Diejenige, die ich itzund anführen werde, muß, mie ich mir zu behaupten getraue, zu allen Zeiten und bey allen Nationen Benfall finden. Indem die Flotte bereit ift, das Vorgebirge der guten Hoffnung vorbeyzufegeln, fo dazumal das ftürs mifche Borgebirge genennee wurde, wird man auf ‚einmal eines. erfehrecklichen Öegenftandes gewahr. Es ift ein Öefpenft, das aus dem Grunde des Meeres bervorfteigt,, fein Haupt berübret die Wolfen, die Stürme, die Winde, die Donner umgeben eg, ſei— ne Arme reichen fehr weit über die Oberfläche der | Waſſer. Diefes Ungeheuer oder diefer Gott ift der Borftehee und Schußgort diefes Oceans, deſſen Wellen noch von feinem Schiffe durchfchnitten wors den; er bedrohet die Flotte, er beflager ſich über die Verwegenheit der Portugiefen , die ihm feine Herrs Schaft über diefe Meere ftreitig machen wollen 5; er Fündiger ihnen alles Unglüf an, das fie bey ihrer Unternehmung betreffen würde, Diefes ift ohne weis fel in allen fanden groß und erhaben, Sehet eine andere Erdichtung, die den Portugies fen außerordentlicd) gefallen, und die, wie mir fchei- net, dem italienifchen Geſchmacke fehr nahe fümmt ; es iſt eine bezauberte Inſel, die fi) aus dem Meere erhebt; die Erfrifchung des Gama und feiner Flotte, Diefe Inſel fage man, habe der Inſel der Armide zum Mufter gedienet, die einige Jahre darnach von , dem Taflo befchrieben worden. | Dafelbft macht die Venus, die durch Hülfe der Rathſchlaͤge des ewigen Vaters, und zugleich durch den Beyſtand der Pfeile s Eupido unterſtuͤtzet wird, > 4 Die 216 Fortfegung von des Hrn. Voltaire die Mereiden in die Portugiefen verliebt. Die al: lerwollüftigften DBergnügungen ſind darinne ohne Maͤßigung abgefhildere. Jeder Porrugiefe unıfaf- fer eine Nereide, und der Thetis wird der Vaſco de Gama zu Theil. Diefe Göttinn verfege ihn auf eis nen hoben “Berg, welcher der angenehmfte Ort auf der Inſel ift, und von diefem Berge zeigt fie ihm alle Königreiche der Erden, und prophezeihet ihm Dortugalls Fünftiges Schickſal. —— 9 Nachdem ſich Camoens ohne Einſchraͤnkung der wolluͤſtigen Beſchreibung diefer Inſel, und der Ver— gnuͤgungen, in welche die Portugieſen verſetzet wor⸗ den, uͤberlaſſen hat, ſo beſinnet er ſich, den Leſer zu belehren, daß dieſe ganze Erdichtung nichts anders bedeute, als das Vergnuͤgen, das ein ehrlicher Mann empfindet, wenn er ſeine Schuldigkeit in Acht nimmt. Man muß aber geſtehen, daß eine bezau— berte Inſel, in welcher Venus die Goͤttinn iſt, und wo die Nymphen den Bootsknechten Liebkoſungen erzeigen, eher einem Mufichaufe w) zu Amſterdam, als einer andern ehrbaren Sache ähnlich ſey. Ich vernehme, Daß ein Ueberſetzer x) des Camoens vor» w) Wer fich davon eine lebhafte Vorſtellung machen will, darf nur le Putanisme d’Amfterdam ſo 168ı. in 12. gedruckt worden, lefen. x) Diefes iſt vermuchlich der Herr Du Perron de Ca> s ſtera. Er gab im Sabre 1735 La Lufiade du Camo- ens; pocme heroique fur la decouverte des Indes orientales traduit du Portugais zu Paris in drey Duos dezbandgen heraus, Dan bat auch eine amſterda⸗ mer Ausgabe mit Kupfern. Man findet bey diefer Heberfegung Furze Anmerkungen und eine — Abhandlung von Heldengedichten. 217 ‚ vorgeben foll, daß in diefem Gedichte Venus die heilige Sjungfrau bedeute, und daß Mars ganz of: fenbar Jeſus Ehriftus fy. Es mag fo feyn, ich will ihm bierinne nicht widerfprechen, aber ich muß zugleich geftehen, daß ich diefes nicht vermuthet hätte. | Diefe neue Allegorie y) wird alles vechtferti- gen; man wird nicht mehr in Verwunderung geras then, daß Gama bey einem Sturme fich mit fei» nem Gebeth zu Jeſus Chriftus wendet, und daß ihm die Venus zu Hülfe koͤmmt. Bacchus und die Jungfrau Maria werden fich ganz natürlich bey ein» ander befinden, Der Hauptendzweck der Portugiefen nach befer ftigter Handlung, ift. die Fortpflanzung des Glaus bens, und Benus nimmt den glüclichen Ausſchlag diefer Unternehmung auf ſich. Ernftlich davon zu reden, eine fo feltfame und abgeſchmackte Erfindung verftelle das ganze Werf in den Augen gefcheuter ges fer, man follte meynen , als wenn diefer große Fehler den Fall diefes Gevichtes hätte verurfachen follen, allein die dichterifche Schreibart und die lebhafte Vorftellung des Ausdrucks haben es erhalten, eben fo, wie die Schönheiten des Pinfels den Paul Des vonefe z) unter die großen Mahler verfeget ha- ben, | Ca» mweitläuftige Lebensbefchreibung des Camouens, die voller Unrichtigkeiten ift. y) f. die Anmerkung zum 2 Cap. 2) Paul Kailliari Veronefe, iſt zu Verona 1532 geboh- ren worden. Gein Bater, Gabriel Caillieri, war da⸗ 25 ſelbſt 218 Fortſetzung von des Hrn. Voltaire "Camoens verfällt faft allezeit in folche widerfinnis ge und ungefchickte Dinge, Ich entſinne mic), daß, nachdem Bafco dem Könige zu Melinde aa) feine Begebenheiten erzählt hat, er zu ihm fagt : D Koͤ⸗ nig urtheile, ob Ulyſſes und Aeneas fo weit gereifet find, feloit Bildhauer. Er unterrichtete feinen Sohn an⸗ fanglich felbfE in der Zeichnung. Hernach ſchickte er ihn zu feinem Schwager, Anton Badille, einem bes rühmten Mahler zu Verona, in die Schule. Worin- ne das DBorzügliche feines Pinfeld beftanden, lehret uns Felibien. Er fagt im III Th. auf der 135 ©. C’eft dans de grandes compofitions d’hiftoires que l'on decouvre la force de fon pinceau. Ce Peintre a porte la beaut€ du Coloris et Pentente des lumieres aufli loin, que pas un de ceux qui ayent paru jusqu’& pre- ſent. Er folim Jahr 1588 am 2ten Oſtertage ges fforben feyn. Felibien feßt auf der 148 ©. in einer Anmerkung Dazu Age de LVIII. ans. Dieſes iff falfch, oder e8 muß in der Sahrzabl ein Fehler feyn, wenn die Nachricht, daß er im Jahr 1532 gebohren worden, feine Richtigkeit hat. Wir wurden ung aus Carlo Ridolfi Vita di Paolo Caliarı Veronefe, cele- bre Pittore. Venetia preſſo Matteo Leni 1646 in 4. haben belehren Fönnen, wenn wir dieſes Buch hatten aufbringen Fönnen. | aa) Das Königreich Melinde liege auf der Küffe von Zanguebar in Africa, zwifchen Montbaza und Pata. Die Hauptftadt führer gleichen Namen. Gie hat eis nen guten Hafen und ein Gaftell, das die Portugiefen erbanet. Einige wollen an der Kuͤſte von Melinde des Ptolemaͤus mare afperum finden. Hieron. Dfo- ring ertheilet von diefem Königreiche eine gar artige Nachricht im IB, de rebus geftisEmanuelis, auf dem 310 f. Bl. | Abhandlung von Heldengedichten. 219 ſind, als ich, und ob ſie in ſo viel Gefahr geweſen ſind, als wenn ein africaniſcher Barbar an den Kuͤ⸗ ften von Zanguebar feinen Homer und Virgil Eens nete, Unter allen Fehlern aber diefes Gedichts be— ftebe der größte in der wenigen Verbindung, die man in allen feinen Theilen gewahr wird, Es glei« chet der Reife, davon es handelt, Eine Begeben« beit folget, auf die andere, und des Dichters größe Kunft befteht darinne, alle Umſtaͤnde wohl zu er— zählen. Aber diefe einige Kunft muß durch das Ber- gnuͤgen, das fie erreges, manchmal die Stelle alles andern erfeßen. | Alles diefes beweiſet endlich, daß das Werf vol ler Schönheiten fey, weil feit zweyhundert Jahren eine geiftreiche Nation, der die darinne befindlichen Fehler nicht unbekannt feyn Fönnen, ein befonders DBergnügen daran finder, VII Aug: | 220 Yuszug der neueften * * «+ een Free * * * * * x 5 VII. Auszug der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. I. Vermiſchte Anmerkungen aus Herrn Linnaͤi Skonska Reſa. as brandenburgiſche Mannagras iſt kein Gramen dactylon, wie man geglaubt hat, ſondern eine Art Hundsgras, die unter dem Namen Gramen agnaticum fluitans multiplici ſpica (Bauh.) ſehr bekannt iſt. Man ſtampfet die Körner in einem hoͤlzernen, eichenen Moͤrſer, mit Stempeln von Buchenholz, die aus zweenen Kegeln beſtehen, deren unterſte Theile, durch eine gewiſſe Erhabenheit, von einander abſtehen; ſo ſondern ſich die Huͤlſen von den Koͤrnern ab, und ſie bleiben gelb und rein. Man kochet ſie mit Mich, da ſie ſo gut als Sago ſchmecken. Herr Lhat bey dem geuͤbten Chymiſten, Herrn Swab, Glas, das von Weinſteinoͤl und gepuͤlverten Riefelfteinen gemacht worden, ſich durd) Vitrioloͤl wieder zerftören, und den Kiefel ſich präcipitiren ges ſehen. Ein gewiſſer vorher Pfifferling mit teißen Flecken, deſſen man fich bediener, die Fliegen zu tödten, ift nuͤtzlich um eins der befchtverlichften Thiere auszus roten. Man ftöße dieſen Pfifferling, und m ” bedeckt | | phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 221 bedeckt ftehen, bis er zerfloffen ift, und fich in eine Art von Leim oder zähen Schleim verwandelt hat. Hiermit beftreicht man, vermittelft eines Pinfels vie Ritzen in den Wänden, und. wiederholer diefes allemal nad) Verlauf eines Monates zwey bis’ dreymal, Hiervon entfteht ein Geftanf, der nicht länger, als drey bis vier Stunden dauret, und alle Inſecten ſter⸗ ben davon. - x Die Ruhr der Schafe in Schonen wird von den Einwohnern einer Pflanze zugefchrieben, welche fie Luck nennen, und die wilde Anemone ift, die Tour» nefort zu den Ranunfeln zählet (ranunculus nenio- rofus). Diefe Pflanze ift bey uns befannt genug, ohne daß man fich darüber zu beflagen Urſache finden follte. | Der Balsberg, welcher beynahe eine Meile von Rabdoͤf entfernt liegt, hat eine Höhle von dreyviertel Meilen, worinn die Felfen mit Mufchelwerf, Corals len und andern Sachen aus dem Meere verfehen find, die aber in Feinem fchwedifchen Meere gefunden werden, Herr Linnäus glauber nicht, daß man fie von der Sündfluth herleiten fünne, indem die Mee- reswellen, feiner Meynung nach, die Mufcheln nicht auf taufend Meilen hätten fortführen koͤnnen. Er alaube alfo, daß fie vermittelft des Sargafjo, einer Art ſchwimmender Kräuter dahin gelanget find, wel⸗ che in den Meeren der Wendezirfel gemein find, und woran ſich die Mufcheln angehänger hätten, und mit ihnen bis nad) Europa geſchwommien wären, Allein durch melde Mittel wären wohl auf diefe Weife die Erocodille, die Elephanten und Wallfifche indie Hoͤh— len in Deutfchland gefommen? Sa da man auf den Ber⸗ 222 Auszug der neueſten Bergen in Europa die Pflanzen und Mufcheln bey: der Indien antrifft, follte man wohl fo eigenfinnig. feyn, zu leugnen, daß fie hätten dahin Fommen koͤn⸗ nen? Die Veränderungen, welche die Suͤndfluth er reget hat, müffen in Wahrheit fehr groß gemwefen feyn. Ein allgemeines Meer, das von den heftig— ften Winden erreget worden, hat gar leicht den Schlamm und die darinn Elebenden Mufcheln ſehr weit hinweg führen Fönnen, und hat überdem noch viele Monate Zeit gehabt, fie bis nach Europa zu bringen. - Das Sargaſſo waͤchſt nirgends, als in den aͤthiopiſchen Meeren, und bat Siberien uns möglich mit Elephantenfnochen anfüflen Eönnen, Die daſelbſt fo. häufig zu finden find, daß man mic dem Elfenbein Handlung treibt. Herr Linnaͤus hat an einer Eiche die Kennzeichen der Fälteiten und am meiften gemäßigten Fahre deut lich entdecket. Er hat die Zirfel derfelben gezaͤhlet, und befunden, daß fie juft hundert Jahre alt gemefen, Die Jahre 1684, 1709, 1740 und viele andere, muß» ten diefen Kennzeichen zu Folge fehr Ealt, hingegen die Jahre 1714, 1715, 1716, 1717 gemaͤßigt gerefen fenn, Die erften erfannte er aus der Nähe der Zir« fel, und die leßtern, aus der Weite, die fie von eine ander abſtunden. 11. Nachricht für die Geburtshelfer. Daß die Geburtshülfe feine ſolche Wiſſenſchaft fen, die man, wie zuweilen das Derfemachen, ohne Berftand zu haben, nur mit den Händen alleine verz sichten kann, iſt heut zu Tage außer — | nach⸗ phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 223 nachdem mir einen Vorrath vortrefflicher Schriften Diefer Art, von großen Aerzten und berühmten Ge⸗ dehrten erhalten haben, die auch die Kunftgriffe der Hand nad) allgemeinen Bewegungsgefegen beftim- men, welche fie anzumenden lehren. Ob man nun alfo gleich mit Unrecht über einen Mangel an gründlichen Anleitungen zu diefer Kunſt klagen würde; fo darf doch denen, die dieſe Wiffenfchaft reiben, eine Schrift nicht unbefanne bleiben, die außer den gründlichen anatomifchen Befchreibungen, und freulich gegebenen vortheilhaften Rathſchlaͤgen, um deswillen ganz bes fonders merfwürdig ift, weil fie eine Borrede enthält, die Diefe Kunſt in ihrer Kindheit auffuicher, und indem ſie fie durch ale Jahrhunderte, vom Hippocrates an, hindurch führer, eine ziemlich vollftändige Bez fehichte der Runſt der Geburtshuͤlfe, und eine beurtheilte Lifte aller Schriften, deren Inhalt anges zeigt zu werden verdienef, den Leſern vor Augen ftellet, Der Titel diefes Werks ift diefer: A Treatife on the Theory and Pra&ice of Midwifry. by W. Smellie. M.D. tondon 1752 in 8. Denen, die nicht englifch verftehen, wird vielleicht Durch die Ueberſetzung dies fes Werfs ins $ateinifche, welche Luzac, in Leiden, mit den Bermehrungen und Verbeſſerungen des Herrn Verfaſſers fomohl, als feines Schülers, Des Ueber» fegers, beforget, gedient feyn, Doc) aber will man fagen, daß in Abficht fehr vieler deutfcher Gelehrten eine jede Ueberfeßung ins $ateinifche beynahe von eber fo wenig Nutzen, als eine in das Arabiſche feyn fol, —RA* Inhalt Anhalt des zweyten Stücke des zehnten Bandeg, . I. Heren Le Page Du Praz Abhandlung von Mißifipi oder Louiſiane ©. 115 II. Mittel wider den Ausſatz der Schweine, und den Krebs des Hornviehes 136 III. Paul Friſii mathematifche Unterfuchung der phy⸗ fialifchen Urfache der Geftalt und Größe unferer Erde 149 IV. Neue Theorie des Weltgebaͤudes, auf die Ge: fege der Natur gegründet, darinnen die allgemeis nen Erfcheinungen der fichtbaren Schöpfung, und beſonders der Milchftraße, aus mathematifchen Gründen erfläret werden. In neun Briefen an einen Freund vorgetragen, und mit mehr als 30 geitochenen und radirten Kupfern von den beften Meiftern erläutert; dur) Thomas Wright, von Durham 151 V. Beobachtungen von Höhen, welche vermittelſt des Barometers im April 1751 auf einem Theile der Alpen angeftellet worden, in Öegenwart und unter Beförderung Mylords, Örafens von Nocheford, außerordentl. Envoyes Ihro Kon. Maj. von Groß» britt. an dem Hofe zu Turin. Durch Herrn Need» ham, M,d. K. ©. zusondon 181 VI. Fortfegung von des Herrn Voltaire Abhandlung von Heldengedihten 9 VII. Auszug der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤr· digkeiten * 220 Km "Hamburgifäts Wagazin, oder geſammlete Schriften, zum unterricht und Vergnügen, aus der Naturforſchung und den angenehmen IE überhaupt. won), M h = 2 — BT : a EN Des zehnten Bandes drittes Städt: Mit Könjgl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Sachfiicher Freyheit. urs bey Georg Chriſt. ge und in Leipzig, ‚bey Adam Heinr. Holle, 1753, SER ER Bi Su J \ J. Des Dr. Joſeph Baldaſſari * Anmerkungen uͤber das Kreidenſalz in dem Sieneſiſchen, aus dem Italieniſchen uͤberſetzet. Vorbericht zu der Ueberſetzung. ser italienifche Titel diefes Werks beißt: 42 Oilervazioni fopra il Sale della Cre- ta con un Saggio di produzioni na⸗ turali dello Stato Saneſe del Dott. 4 Giuſeppe Baldaſſari Medico di M. O.M. In Siena 1750. della Stamperia del Pubblico - per Francefco Rofli Stampatore, a Spele di Vincenzo - Pazzini Carlo, 8° 36 Seiten. Diefem ift bengefüs get: Saggio di produzioni naturali dello Stato 'Sa- nefe chi fi ritrovane nel Mufeo del nobile Sig. NP 2 — ee 228 Anmerkungen Cavre Giovanni Venturi Gallerani. g0 32&, wovon nach dieſer Leberfegung etwas foll gefaget werden. _ * * * * * * * * * Schreiben an Se. Exc. ven Hn. Dr. Saverio Manetti, Profeſſor und Sekretair der botaniſchen Geſellſchaft Bu Florenz. Rh bin lange zweifelhaft geweſen, ob ich ihrem —J geneigten Anſuchen in ihrem hoͤflichen Schreiben Folge leiſten ſolle, wo ſie von mir verlangten, einige meiner Beobachtungen uͤber die Salze mitzutheilen, welche auf der Kreide ausſchlagen, und davon ich ihnen einige Nachricht gab, als ich Sie auf ihrer Reiſe Pflanzen, Foßilien, und andere Sachen, die zur Erzaͤhlung der Naturgeſchichte des Florentiniſchen gehoͤren aufzuſuchen, ſprach. Ihre Befehle, die ich als unverbruͤchliche Geſetze anſehe, reizten mich dazu, ſo wohl als zweytens die unerwartete und un— verdiente, und dadurch mir deſto hoͤher geſchaͤtzte Ehre, da mich die anſehnliche botaniſche Geſellſchaft aus eigener Bewegung dem Verzeichniſſe ihrer Mit— glieder einverleibet haben, welche angenehme Nach— richt Sie mir zuerft gemeldete haben, fo mie foldye ein böfliches Schreiben von dem gelehrten erften Cenſor eben der Akademie befräftiger hat. ch biele mich durch dieſe Ehre deſto mehr verbunden, einiger maßen mit an den Abfichten der Gefellfchaft durch Unterfuchung der Marurgefchichte zu arbeiten, , und iiber ein Kreidenſalz. 229 und ihr Verlangen zu erfüllen, weil ich dadurch, mei: ne Danfbarfeit zu entdecten, Gelegenheit erhielt, und zeigen Fonnte, daß mir zwar Gaben und Ge— ſchicklichkeit, aber doch nicht Fleiß und Aufmerkſam— feit mangelten. Auf der andern Geite unterftund ich mich nicht vecht, ihren Augen einen rohen Auf faß vorzulegen , der nichts von befonderm Werthe enthält, und wieder umgearbeiter werden follte, weil ich ihn nur entworfen hatte, der Berbindlichfeit eis nes jeden Arztnengelehrten zu gehorfamen, vermöge welcher er die Befchaffenheit der Derter unterfuchen foll, wo er feine Kunſt ausuͤbet. Endlich ift meine Unentfchließigfeit dadurch gehoben worden, weil ich meinen fihlechten Beobachtungen etwas benfügen fonnte, das wichtiger ift, und Ihnen, wie ich mit vorftelle, mehr Vergnuͤgen bringen, und Ihren völligen Benfall verdienen wird. Diefes befteht in einem DBerfuche einer Sammlung der natuͤrlichen Dinge, welche der fienefifche Staat hervor bringr. Wir haben ſolche dem unermüdeten Fleiße des Edlen Herrn Cavaliere Giov. Venturi Gallerani zu danfen, welcher die fchäßbarften Vorzuͤge beſitzt „und eine beſondere Liebe zu den Wiſſenſchaften traͤgt. Dieſer verehrungswerthe Herr hat den Anfang gemacht, ſolche Sachen zu ſammlen, die alle in der Gegend um Siena gefunden werden. Er hat ſolches anfangs nur zu ſeinem Vergnuͤgen gethan, und in der Abſicht zu zeigen, daß dieſes Sand an ſolchen Vorzuͤgen ans dern meitläuftigern und berühmtern Ländern nicht weichen darf, Er wird noch viel andere natürliche Sachen und Seltenheiten beyfügen, nachdem ihm von ſolchen immer mehr und mehr zu Handen koͤmmt. Ps Auch 1230 Anmerkungen.» Auch würde diefe Sammlung fehon viel reicher und vollſtaͤndiger ſeyn, wenn der Herr Ritter perſonlich überall in den Staat hinreiſen und fleißige Unterfu- chungen anftellen fönnte. Da aber alles auf Koften und auf Deforgung eines einzeln Mannes, den noch. feine Hausgefchäffte dabey zerſtreuen, angefchaffer werden muß: fo ift es viel, Daß es fo weit gefom- ». men ift, und diefes um defto mehr, da er bloß in der rühmlichen Abſicht, Die Ehre feines Vaterlandes zu befördern, noch die Buͤcher ſammlet, die Sieneſer zu Verfaſſern haben, welche ſchon eine große Zahl ausmachen , die Eleinen Werke derfelben in vielen Banden geſammlet hat, die Manuferipte auffucher, die Münzen, welche Sienefern zu Ehren find verfertigee worden, und alles übrige, was fonften mit Siena einen Zufammenbang hat, nebjt vielen Alterthümern, Die man zu Chiufi gefunden hat, zufammen bringt, welches alles diefe Sammlung bereichert, und fie ſchaͤtzbarer machet. Da er mir nun nach feiner ges wöhnlichen Höflichkeit das Berzeichniß der natürlichen Sachen mitgetheilet bat, fo habe ich zu meinem eis genen Anterrichte einige Anmerfungen darüber ge- mache, und diefes Derzeichniß meinen fchlechten Beobachtungen beygefüger, wodurch ich glaube, Ihnen einen Gefallen zu erzeigen. Dazu bin ich defto mehr angereizet worden, weil folches mit. den- Bemühungen der edlen botanifchen Gefellfchaft zu Slorenz, die Naturgeſchichte zu unterfiichen, überein- flimmer. Der Ekrich Freidenartigen Landes, welcher von dem Salze, das ich ißo befchreiben will, voll ift, - fängt fich bey Siena an, und erftrecfet fich der Laͤnge nach, | über ein Kreidenfalz. 231 nach, nach der Gegend hin, wo die Sonne in dent Winter aufgeht *, zwanzig und mehr italienische Meis len. Seine Breite verändert fich fehr nach der vers fehiedenelihen Beſchaffenheit und Natur der Derter ſelbſt. Diefes Sand ift überall von verfchiedenen Huͤ—⸗ geln unterbrochen, die meiftentbeils ‘zerfallen, umge= ſtuͤrzet, und unmegfam find. Die Erde ift’ hier fehr zum Einfallen geneigt, weil esan großen Schich⸗ ten Steinen zur Unterftügung fehler, die ſonſt ordent— lich bey Bergen und Hügeln befindlid) find. Dazu fommt, daß das Wafler und flarfe Regen in die tiefen Deffnungen des Erdreichs, welche bey großer Hitze der Luft entftanden find, und davon geoße Stüs den abreißt, mit fich forenimmt, und auf den Bo— den ſtuͤrzet, woraus nachgehends, indem immer ei- nes das andere fortreiße, fo große und häufige Klüfte entftehen. Wenn man diefe von oben hinunter in ihr tiefftes betrachter: fo zeiget fich augenfcheinlich, daß diefe Hügel aus mancherley und verfehiedenen Schichten Erde entftanden find, die eine über der an— dern, in wunderbarer Ordnung und Mannichfaltigs feit liegen, bald wagrecht, bald mehr oder weniger geneigt ftreichen, und dann und wann von andern . Schichten, die faft fenfrecht auffteigen, gefchnitten werden. Die Erden, welche diefe Schichten ausz machen, find von verfchiedener Yet, Manche beftes 24, ben * Verfo P oriente d’Inverno. Ich zmeifele, ob dieſes: gegen Morgen von Inverno heißt, wie man es in einer gewiſſen gelehrten Zeitung gegeben hat, weil ich Eeinen Ort bey Siena finden kann, ber Inverno genennet würde. — 232° Amerfngen ben aus allerley Arten Kreide, andere aus Topfftein, (Tufo) aus Thon, Ocher, Sand, groͤbern oder fleinern Steinchen, und einigen diefer Schichten ift eine eritaunlihe Menge fchalichter Meerthiere einges menget, die bald ganz, bald calciniret, bald zerbro- chen find. Hieraus fieht man deutlich, daß dieſe Hügel nicht vom Anfange dev Welt her gewefen find, fondern ſich nad) und nac) erzeuget haben, indem fih immer eine Schicht über die andere gefeßet hat. Ich will mich ißo nicht in die fo fehr unterfuchte . Frage einlaffen, ob der Urfprung von der Suͤndfluth berzubolen ift, oder daher, daß das Meer eine Zeit lang über diefen Dertern geftanden hat *, nur fo viel will ic) fagen, daß nach Leberlegung vieler befondern Umftände, die fih bier nicht alle vortragen laſſen, wenig fehlet, es dahin zu bringen, daß wir glau- ben, diefes Sand fen in entfernten Jahrhunderten ein nicht geringer Meerbufen gewefen. Die Dinge, welche aus dem Meere berftammen, finden fich auch nicht nur in dem Innern der Erde, fons dern auch häufig auf der Dberfläche ausgeſtreuet. Mehr als Hunderterley folcher Mufchelarten , die ſich daſelbſt ausgraben laſſen, habe ich gefunden, welche zu den Ordnungen der einſchalichten, zwoſchalichten, und gewundenen, oder nach Breyns Abtheilung un: ter die Tubülos, Cochlides, Lepades, Conchas, Conchoides, Balanos und Echinos gehören. Nur die Polythalamias habe ich hier nicht finden koͤnnen. Ich habe auch allezeit mit außerordentlihem Erftau- nen * nd könnte dieſes Meer nicht ein Reit von den Ge- mäffern der Suͤndfluth geweſen ſeyn? 2. uͤber ein Kreidenſalz. 233 nen bemerket, daß dieſe verſchiedene Arten von Mus ſcheln nicht unordentlich unter einander liegen, ſon— dern ordentlich und regelmäßig von einander abgethei⸗— lee find, daher finder man an einem Orte allein Kammmufcheln (pettini,) anderswo Auftern, Purz purfchnecken , Stadhelfchnecfen (murici,) Straub» ſchnecken (turbini,) Wendelſchnecken ( Chioceiole, ) wurmförmige Röhrchen zc. weldyes mehrere fchon an andern Oertern beobachtet haben. Es fehlet aud) nicht an verfteinerten. Schnecken ‚ ſo wohl die in Stein eingefchloffen find , oder in deren Höhlung Erde hinein gedrungen iſt, und ihr Bild auf das ge= nauefte darftellee, wenn man die Schale, welche von der Luft ift zermalmet worden, abnimmt. Manche diefer Verſteinerungen beftehen aus dem härteften,, leuchtenden und glänzenden Agathe, andere find mit angefchoffenen Ernftallen gezieret und erfüller. Mach verfchievenelicher Beſchaffenheit der Erde find auch die Mufchelarten verfchieden, vie folche ers füllen. In bloßer und reiner Kreide fieht man Fleine Schneckgen, die fehr zart find , als mwurmförmige Roͤhrchen, Lerzenfchnecfen (Neritute,) Gimufcheln (Came,) und verfchiedene andere fehr artig gemun- dene und gedrehte Schnecken, welche das Auge durch ihre äußere geftreifte, mit einem Meg überzogene, wellenartige, fachlichte, ıc. Fläche fo wohl auf ſich ziehen, als durch) die fehöne Anordnung ihrer Gewin— de, die auf fo mannigfaltige und vielerley Arten vers ändert find. Im gröbern Erdreiche, das fich der. Beſchaffenheit des Tofffteines nähert , fieht man Auftern, Pinnas, Walzen, Kräufeln, Purpurmus ſcheln ꝛc. In den Bergen, welche der Kreide nahe PD 5 liegen, / 234 - Anmerkungen ‚liegen, und aus Felſen (Pietra,) Gandfteinen (Macigni,) und Sande beftehen, findet man auf ge Meergeſchoͤpfe von außerordentlicher Groͤße, als ungemein große Auſtern, Muſcheln, die im Durch⸗ meffer eine halbe Eile halten, große Stachelſchnecken mit Spigen, und die verfteinerte Art des Geeigels, die Echinites floridus, oder lapis indica cucurbitae fimilis, genannt wird. | | In der fihlechten Kreide haben fich dieſe Schnecken am allerbeften erhalten. Man erftaunet, wenn man an den zarfeften gewundenen und gedrehe- ten Schnecken, nad) Ablauf fo vieler Jahrhunderte, trotz aller Witterung, nod) a. fleinften Theilchen, ı nod) die zarteften Zierratbrn, Die feinften gewundenen Striche, die Eleinften Tüpfelchen,, und die fehmälften Striche ſieht, aus denen ihr Bau befteht, daß ihnen nichts, als die eigentlichen Farben fehlen. Gegen—⸗ rheils findet man in den Hügeln und Schichten von Hcher, rother Erde, und anderem dergleichen eifen= Haltigen Erdreiche, daß die Schalen durchaus zer- freffen, und verzehret find, und man dafelbft bloß Die Mufcheln nach der andern Are verfteinert antrifft, wobey noch ihre Dberfläche eine fehr dunfele ſchwarze Sarbe hat. Ich vermuthe, diefe ſchwarze Farbe rühret von den Schalen felbft ber, welche von den Theilchen des Bitriols, der in ſolchen Erden zu finden ift, find angefreffen worden, denn ich habe in'die Auflöfung des Bitriols eine magere und Ealifche Erde gethan, die ſich bekannter maßen in eine gelbe ocher— artige Erde verändert, und als ich dieſem ein Stuͤck—⸗ hen fehr weiße Schneckenfchale , die aus der Erde ‚war gegraben worden, beygefürget, babe ich age da über ein Kreidenfalz- 235° daß es fich in kurzer Zeit auf der Oberfläche mit einer ſehr dunfeln ſchwarzen Farbe überzog, welche auch nach wiederholtem Abwafchen mit reinem WBafler nicht wiche. | Odb ſich wohl in diefem Landftriche-feine Schich⸗ ten Selfen befinden ‚ fo trifft man doch ‘auf allen Schritten, und befonders im Bette der Graben und Bäche Steine von verfchiedener Größe an, welche unzäblich viel laͤnglicht runde Löcher haben, die inwendig vollfommen platt und wie polire find. Ihr ftumpfes Ende geht allemal nad) dem innern Theile des Steines zu, das frißige, welches abges ftümmelt ift, öffnet fich in deflelben Fläche. Man hat nicht zu zweifeln, daß in diefen Hoͤhlungen vor dem die Schneden fi) aufgehalten haben, die man Dadtylos nennet, da fie mit den Klippen aus dem Meere, mo fich diefe Fingerfchnecken darinn befinden, vollfommen übereinftimmen,. Diefe länglicht runden Höhlen finden fich in den großen Sandfteinen, und in den Felfenfchichten der Berge, welche dem Krei— denlande benachbart find, in welchen Bergen ſich auch außer dem viele Ueberbleibfale aus dem Meere zeigen. Die Löcher find von verfchiedener Größe, die Eleinften Eleiner als ein Gerftenforn, die größten find ungefähr vier Querfinger Fang, und zweene breit, der andern Größen fallen ftufenmweife zwifchen diefe beyden äußerften, Ein folhe Mannichfaltigfeit bes mweifet, daß fi) die Mufcheln bier zu verfchiedenen Zeiten nach einander zu wiederholten malen fortge- pflanzet haben, sch überlaffe es andern, ob diefes ſich mit der Zeit vergleichen läßt, da das Waſſer der Suͤndfluth über der Erde geftanden har, oder ob | es 236 Anmerkungen es daher zu leiten ift, meil ſich das Meer hier ber funden hat. Außerdem find auch bier die fteinartigen Meer pflanzen , oder Lithophyta , oder wenn man will, die Mefter und Gebäude von Mteerinfeften , ſeht haͤufig, man findet ſie taͤglich auf dieſen Huͤgeln, naͤmlich verſchiedene Arten von Madreporen, Poris, Schwammſteine (Fungiti,) Corallen, x. da ſich aber wiederum die verſchiedenen Arten, jede an ihrem eigenen Orte befinden. Man findet darunter die Art der Madrepora, die beym Mercati in der Metal- lotheca luncus lapideus heißt, oder das Imperato Millepora, von einem folchen innern Baue, daß eis nige Scheibchen der Länge nach in ihr freichen, fo, daß derfelben Fläche mit einem Ende an der Are, mit dem andern an der Außern Schale hingehen, fo, daß Schnitte, die querducch, fenfrecht auf die Are gefuͤh⸗ tet werden, Sterne vorftellen, und die Räume der Rreisausfchnitte diefer runden Abfchnitte leer bleiben. Mandymal ift diefe Pflanze von der Erde abgefondert und befreyer, manchmal mit foldyen umgeben und faſt verſteinert; wenn dieſe Stuͤcken geſchliffen wer— den, zeigen fie auf ihrer Oberfläche weißlichte Stern ⸗ den, woher die Maturforfeher den Urſprung des Sternſteins (Pietra Stellaria) leiten. Man findet auch das Gebäude von zarten Röhrchen verfteinerk, das Alcyonium tertium Diofcoridis genennet wird, das wurmförmige Meerröhrchen (AleyonioMillefio e Vermiechiara) nebjt einigen feltenen Stücden fhas lichter Thiere, und Stacheln vom Geeigel (Iſtrice marino), Auch giebt es dafelbft Schlangenzungen (Gloflopetre) oder richtiger zu reden, Zähne des Hayfiſches über ein Kreidenfalz. 237 Hayfiſches (Lamia) oder des Canis Carchariae; der RPoͤbel glaubet , es feyn Donnerfeile aus der Luft, und manche haben, voll blinden und lächerlichen Aberglaubens , folche bey fich getragen , ſich dadurch vor dem Donner zu verfichern. Man findet auch, obwohl feltener, die fo genannten Kreidenfteine, ent= weder wie halbe Kugeln gebildet, oder wie halbirte melfche Bohnen, welche Steine nad) Auguftin Scilla, und anderer Schriftſteller Gedanken nichts weiter als Zähne gemiffer Arten von Fifchen find. Die ver— fteinerten Ihierfnochen , welche man bier antrifft, haben noch die Eigenfchaft, fih an Die Zunge anzu> hängen, wenn ınan fie daran bringt, wie mit den bolusartigen Erden gefchieht. Ich verwahre einen folgen, der 58 Pfund wiegt, eine halbe Elle lang ift, und eine Biertbelelle im Uinfange bar. Aus der, äußern Bildung, und den Geitenfortfäßen fo wohl, als andern Fortfäßen bintenaus, ſcheint überzeigend, daß es ein $endenwirbel gemwefen fey. Ich wei übrigens ‚nicht, ob man ihn für einen Elephanten= fnochen halten foll, wie die Gelehrten glauben; oder für einen Rieſenknochen, wie der Pöbel fich einbilder, oder für den Knochen eines ungeheuern Thieres aus der See, weil er fic) an einem Orte findet, wo fonft alles voll Meereinwohner ift, oder auch ob er fich beym Berfteinern vergrößert bat, wie manche Phi— loſophen fich vorftellen. | Unter den gegrabenen Körpern hat man eine große . Menge des Spiegelfteines (Pietra Speculare,) den man ſchuppichten Gipsftein , oder Eſelsſpiegel (Specchio d’Alino) nennet, Er findet fich ordents lich in einigen Schichten gelber Erde, welche ſenk— | recht 238 Anmerkungen recht auf dem Horizont ftehen, und mitten durch der $änge nach von einer Kluft durchftrichen werden, in welcher die Schuppen dieſes Gipfes lothrecht fteben. In diefen Spalten find die erften Anfangsgründe des Spiegelfteines leicht zu bemerken, fie beftchen in fei- nen Rafern und Säulchen, welche fich an die Wände der Oeffnung angehängt haben, und derfelben Breite wagrecht durchftreichen, als wie Eryftallen, die in einem Wafler angefchoflen wären, das vordem durch diefe Deffnungen gelaufen wäre, und fich nad) und nach vergrößert, und in dieſen Stein zufammen ges ſetzet hätten. Man finder fie auch auf andere Are erzeuget, in Geftalt eines Kreifes, und da find die Schuppen dreyeckigt, mif einer frummen Grundfinie, . und laufen in ihrem Scheitel, als in einem Mittel: punfte zufammen. Auch hiervon trifft man die er— ften Abriffe in einigen Erdſchollen an, die Kreisfoͤr⸗ mig und überall mit Eleinen Gipstheilchen beftreuee find, welche fic) nach) und nach vermehren, vollkom— mener werden, und die abgetheilte Geſtalt erhalten, welche mir von etwas ähnlichem mit dem Anfchießen der Salze in Ernftalle, das ich fo genau nicht beſtim— men kann, berzurühren fcheint, In einigen Schichten Dunkeln und ſchwarzen Erd— veichs finden ſich häufig unterirdifche Kobfen, welche man auch zumeilen aus den Tofffteinfchichten heraus bringe. Wenn man fie aus der Erde hervor bringt, find fie von mittelmäßiger Härte und Feſtigkeit; fie iaſſen fich in länglichte Würfel ( parallelepida ) zer⸗ fegen, aber das Abgefihnittene wird brüchig und ſpal⸗ tet fich in viele Scheibchen und Stückchen von eben der Geſtalt, fo, daß ich fie in. der Reihe der harzichten Körper, über ein Kreidenfalz. 239 Körper zroifchen die brennende Erde (terra ampelite ) und Die gemeine unterirdifche Koble(carbon foflıle com- mune) geordnet habe. Die Landleute bedienen ſich derfelben ihre Ställe damit bey Rindviebfeuchen zu durchräuchern,, in den Gedanfen, dieſes fen ein Fräf: tiges Berwahrungsmittel gegen eine folche anſteckende Krankheit, Ueber diefes gräbt man aud) bier harzi— ges Holz aus, naͤmlich Holz, das hier vor langen Zeiten ift mit Erde bedecfet worden, und fich mit Eröpeche (Bitume ) durchzogen hat. Es unterfcheis det fich von der unterirdifchen Kohle durch fein äußer= liches Anfehen, durch feine Leichtigkeit, und durch die helle Flamme, die es fängt, auch weil es im Waſſer ſchwimmt. Daß diefes Holz ift, in welches ſich erſt nach diefem Erdpech gezogen bat, und nicht Holz von harzigen Bäumen , wie fich einige vorgeſtellet haben, beweiſt der pechartige Geruch, der unter dem Verbrennen auffteigt, und dag man oft eine Rinde von wahren und gemeinen ſchwarzem Erdpeche übers . zogen findet, das beym Anbrennen wie Del läuft. Unter den angefchoffenen Steinen (concrezioni ) : Fann man erjtlich einige bauchförmige nennen, wel—⸗ che an Farbe, Geftalt und Größe, den bauchfoͤrmi— "gen Ervftallen gleichen, aber nicht wie diefe in ihrer» Hoͤhlung befle und durchfichtige Tuͤpfelchen, auch nicht das geringfte von einem mweinfteinartigen Wefen enthalten, wie diejenigen, welche der berühmte Gr, Marfigli in den bononifchen Bergen gefunden bat, fondern fie find von allen fremden Sachen leer, Diefen folgen andere folche gebildete Steinwüchfe, die walzenförmig , oder ein wenig zufammen gedrückt find, die Außere Schale ift fo hart als Felfenftein, X roſtfarben, 240 Anmerkungen roſtfarben, und mit kleinen Huͤbelchen beſetzet, in— wendig aber findet fich nur verhärtefer Sand. Die groͤßern find zweene Duerfinger dicke, fie ſtrecken feitwärts Aeſte von fih, daß fie wie Stämme von Bäumen mit abgehauenen Aeften ausfehen. Der Sand, den fie in ſich enthalten, und ihr eifenarti- ges Weſen veranlaffen mich, fie in die Claffe der Erdſteine (Geodes) zu ſetzen, wohin man auch, wie ich glaube, eine Art eines roͤhrfoͤrmigen Steinwuch— ſes bringen kann, der mie gedrehte und gebogene Höhren gebildet ift, aus gelber verhärteter Erde be- ſteht, und an Größe den Fleinften Finger an der Hand nicht übertrifft. Außer den zufammen gedruckten und rauhen Mar⸗ cafiten, die ſich hier und dar in der Kreide finden und Teufelspfennige genannt werden (Nummi diabolici)_ finder fich in diefer Machbarfchaft eine andere Art Marfafiten oder runder flumpenförmiger Kiefe, in der Größe eines Hünereyes, und fehr ſchwer. Ihre außere Schale befteht aus einem fteinigten dunfelbrau= nen eifenartigen Weſen, das Innere aber ganz und gar aus weißen Marcafiten von Farbe wie Zinf oder Spießglasfonig ausfieht. Wenn man es zerbricht und der freyen Luft ausſetzet, ſo ſchlaͤgt darauf auf nach und nad) ein falziges Weſen wie Wolle aus, und, als wenn innwendig eine Art Gaͤhrung entſtuͤn⸗ de, ſpringt alles in Eleine Deffnungen auf, und ends lich) zerfällt es in einen wahrhaften fehr fcharfen Bir triol, der wie ein ſchwarzes Pulver ausficht. Ich föfete folchen in gemeinem Wafler auf, da er denn eine ſchwarze Erde zu Boden feste, Das daruͤber fte- hende Waſſer ward gruͤnlich gefärber, und batte einen uͤber ein Kreidenfag. 241 einen vitrioliſchen Geſchmack, ich goß es ab, und ließ es ausdunſten, da ſich denn ein wahrer gruͤner Vitriol zeigte. In dem irdiſchen Bodenſatze fand ſich nachgehends ein Theil mineraliſcher Schwefel, der auf Kohlen geworfen in Flammen gerieth, und einen ſchwefelichten erſtickenden Dampf von ſich gab. - Diefe ſchwarze Erde ſchien eiſenhaltig zu ſeyn, ich brachte den Magnet binzu, aber die Erde ward niche angezogen, und machte Feine merfliche Bewegung: Doch diefer Verſuch ift, das Eifen zu entdecken, fehr betrüglich : Ich babe oft mit großem Erftaunen * beobachtet , daß die Eifenerzte felbft zu Pulver ge- macht, fo. veich fie auch gemwefen find, vom Magnet nicht angezogen werden, daraus folget alfo, daß er⸗ wähnte Marfafiten durchs Calciniren in Erde, Schwe- fel, und Vitriol aufgelöfee werden. Unter den vielen Arten Markafiten, welche. im freyer Luſt in Vitriol zerfallen, find zwo befonders bey den Schriftftelleen berühmt. Aus der einen wird in England zu Debrford, unweit London, der gruͤne Vitriol gemacht, er beftehr inwendig aus vielen gold⸗ farbigen Strahlen, die ſich aus einem Mittelpunkte nach dem Umfange ausbreiten. Der zweyte findet ſich in Deutſchland, er heißt heßiſches Eiſenerzt (Minera martis Haſſiaca) auch goldhaltiges Eifen« erʒt (Minera martis folaris), An Größe und Ge⸗ ſtalt * er einem — —— finden ſich =“ Man m noch nicht viel Eifenerzt unter Sähben: , gehabt Daben, wenn man noch darüber erſtaunet, weil der Magnet deren eine aroße — in * rohen Geſtalt nicht Be ae } BEN 10 Band d. 243. Anmerkungen ſich viel andere weniger berühmte und vielleicht weni» ger befannte; ich habe drey bis vier Arten bey mir, die eben das Spiel machen, und von freyen Stüden in Bitriol zerfallen. ' Die Philofophen bemühen ſich, den Urfprung diefer Begebenheiten bey den Kiefen zu erforfchen. Sie find alle eins, daß ein faures und ätendes Salz fie zerfreffen muß. Aber es frage fich nachgebends: mas für eine Art Säure Diefes verur- fachee? Manche ‚berufen ſich auf die allgemeine Salzfäure, die beftändig durch die Luft herumfchmei- fe, wie fie die Eingeweide der Erde durchftreicht ; andere behaupten, der Schwefel, der fich allezeit in den Kiefen befindet, zerftreue unvermerft, wenn fie der freyen Luft ausgefeger find, feinen verbrennlichen Theil, daß nur die Säure zurück bleibe, welche das Metallifche angreife, und fo den Bitriol erzeuge. Die erfte Meydnung hat unter andern Friedrid) Hyf- mann angenommen, der fi), befonders in der Ab⸗ handlung von der Erzeugung der Salze 18 $. (de Salium Generatione) folgendergeftalt ausdruͤcket: „Wegen diefer allgemeinen Säure, geben die Mar- „Fafiten , wenn man fie der freyen Luft ausfeger, eine ſaure durchdringende Feuchtigkeit, welche das Eifen „ſelbſt in Eifenvitriol auflöfer, wie ſolches in Eng» „land gefchieht 2c., Die zweyte Meynung verthei« diget der gelehrte Junker aufs eifrigfte Tom. 8. Tab: 58. Seine Worte find: „Das hefifche Eis „fenerzt, das man insgemein güldifch nennet, giebt „viel Schwefel, wenn man es noch neu ins Feuer „bringt, hat man. es aber viele Wochen lang in „‚Ichattichten und feuchten Oertern liegen laſſen, fo „verliert es feine fehwefelichte Befchaffenheit, "und S MEINTE HE uber ein Kreidenfalz. 243 „berändert fich ganz in vitriolifches Sal. . -» Zur Erläurerung dieſer Sache dienet eben ſowohi „der Urſprung des Vitriols aus dem heßiſchen Eifen- „erste, das man guͤldiſch nennet, und aus Dem eng» „lifchen , welches ihm vollfommen ähnlich if. Denn wie uns die Sinne in dem heßifchen Eifenerzte wah— ‚ren bengemifchten Schwefel entdecken, den man „ohne Schwierigfeit daraus abfondern kann, der „aber mit der Zeit bey einer völligen Veraͤnderung „in wahren Bitriol, gänzlich verſchwindet, wodurch „das Erzt die -vorige ſchwefelichte Befchaffenheit, „aber nicht die Säure verliert, fo Fann niemand leug« „ten, daß die Säure, bie fich itzo im Vitriol befin- „det, vorbin zum Schwefel gebörer habe. . .» » „So fann alfo’ erwähnter befannte Verſuch bey dem heßiſchen Eifenerzte allen Zweifel benehmen, denn „bey dieſen geht der verbrennliche Theil gelaſſen, und „wie ſtillſchweigend fort, die Saͤure aber vereiniget „ſich genauer mit den Metallen, und erzeuget den „Vitriol von neuem.,, Hier iſt nicht der Dre, da ich unterfuchen fönnte, welche von diefen behde Meynungen den Erfahrungen gemaͤßer ſcheint, und mit dem Verſuche beſſer uͤbereinſtimmet, ich wuͤrde mich auch nicht erkuͤhnen ‚, bey dem Streite dieſer großen Maͤnner ein Urtheil zu fällen *, nur fo viel 22 fann * Brandt in den Schriften a Ein. fehm. Mad. der Wiſſenſch. 1741 J. 1. Quart. 4. Urt. 19. ©. des Ul. B. der deutſch Ueberf. hat über eben dieſe 9 age Betrachtungen angeſtellet. Man ſehe auch nkels Kieshiſtorie 14. C. beſonders 869. Seite. immermann hat in feinen Anmerkungen wort: 244 Anmerkungen | kann ich im Vorbeygehen bemerken, daß in der That bey der Auflöfung unſerer Markafıten in Bitriol, der ‚Schwefel, der ſich in ihnen befindet, weder ver— ſchwindet, nod) die fehtwefelichte und brennende Eigen- ſchaft verliert, wie Junker von dem heßifchen Eifen- erzte verfichert, fondern mit allen feinen Befchaffen- beiten zurücke bleibe, fich entzündet, wie ich gefaget habe, und den Schmwefelgeruch von fich treibt, - Eben diefes findet auch bey andern Arten vitriolifcher Mar- kaſiten ſtatt, die ich befige. Ich will noch hinzu fe» Ben, daß ich bey der aufwallenden Erde von Petriolo ‚(terra di Bulicame di Petriolo) welches eine Erde voll mineralifchen Schwefels iſt, beobachtet habe, wenn man eine Kugel davon aufbricht und der freyen Luft ausfeget, daß der Bitriol nur ausfhlägt, und Das fchmefelichte Wefen zurücfe bleibt, Ich will da- Durch die erſte Meynung weder zu beftätigen fuchen, noch foldhes der zweyten entgegen ſetzen, das. aber begreife ich wohl, daß es fich fehr leicht. ereignen kann, wenn die Marfafiten in Bitriol zerfallen, daß - ein Theil von dem Berbrennlichen ihres Schmwefels fortgeht, dem ungeachtet aber noch ein anderer Theil zurüce bleibt, welcher fich noch entzündet, nachdent der Bitriol fi) gebilder hat. : Dem fen wie ihm wolle, fo iſt für mich genug, daß ich ‚fließen Fann, in unfern Marfafiten befinde fich zugleich Schwefel und Bitriol, ohne daß eines das andere hindert. kels kleinen Schriften hier und da merkwuͤrdige Er? fahrungen von der Vermitterung theild angefteller, cheils angepriefen, welche zur Erläuterung bier dienen koͤnnten. Kaͤſtnrer. ER uͤber ein Kreidenfalz. 245 Sch kann auch nicht umhin, eine Erdart zu erwaͤh⸗ nen, die fich hier findet, und von der Farbe ift, wel⸗ che man insgemein QTabaffarbe nenne. Gie hat folgendes Befondere: Wenn man fie gewafchen, ges ſtampfet, und im Reverberirofen durchhißet bat, fo zeiget fie fich ganz mit Schuppen und hellen glänzens: den Wiürfelchen mie das fhönfte Silber beftreuer, bie mwenigitens dem Anſehen nach einem wahren mi- neralifhen Talg ungemein: ähnlich find. Als ich. diefes beobachtete , fiel mir ein, diefe Schuppen moͤch⸗ ten ein Talg ſeyn, der in der Erde felbit befindlich iſt, ehe. fie noch ins Feuer koͤmmt, aber ich ftellte darüber viele und mühfame Unterfuchungen an, die mich alle verficherten, daß felbige von der Gewalt des Feuers felbft entftehen. Die Beobachtung dies fer Spiegelchen, wenn ich fie fo nennen darf, oder diefer wie Silber und Talg glänzenden Blättchen, erinnert mich an den Verſuch des berühmten Stahls, ein Fünftliches Eifen zu machen. Er diſtilliret in einer Retorte von gebranntem Thone, die leichte fprang und, fhon Riſſe harte, ein Mengfel von Alaun, gemeinem Salze, und rothen Bolus, nad) dem er davon einen Geift abgezogen hatte, welcher ‚theils aus dem Küchenfalze, theils aus dem flüchtis gen Schwefel entſtand, war das Leberbleibfel ſchwarz, und auf der Oberfläche wie mit einem leichten Ruße überzogen, es zeigten fich auch deren, ſowohl Auf: ſerlich als innerlich, fehr viel hellglänzende Würfel: chen und Spiegelchen von fchwersbimmelblaus piolettner Farbe. Stahl pülverte dieſe Maffe, und fie gab zweyerley Pulver; eines glänzte, und“ mar frifch zu Pulver gemachtem Spiesglaſe aͤhnlich; | 23 | das 246 Anmerkungen das andere beſtund aus ungemein zarten Schuͤppchen und ſehr glaͤnzenden Blaͤttchen. Dieſes Pulver ward eine halbe Stunde in einem Verglaſungsge— faͤße gehalten, bis ſie roth ward, ſie verlor dadurch weder ihren Glanz noch ihre erſte Beſchaffenheit, ward aud) im geringften nicht vom Magnet gezogen, Nachgehends ward eben das Pulver vermittelft eines fehr großen Brennfpiegels zu Eifen geſchmolzen, wel⸗ ches fich haͤmmern ließ, und fogleich an den Magnet: anbieng. ' Gegentheils ſetzte man eben vorerwaͤhntes Mengfel vom Salze und Bolus dem Brennfpiegeh aus, ohne daß man es zuvor ins Feuer gebracht‘ hatte, und da ward es zu einem glasartigen Weſen, ohne daß die geringfte Anzeige vom Eifen zuruͤck blieb. Wenn ich einen guten Brennfpiegel gehabt. haͤtte, fo würde ic auch meine leuchtenden Schup⸗ pen Damit unterfuchee haben, um zu bemerfen, was er Daraus machte, und ob er fie in Eifen verwan- delte, weil folches in dieſem Falle ein einfacherer Weg wäre, das Eifen zufammen zu feßen, ohne daß man Alaun und Meerfalz dazu brauchete, und diefes deſto mehr, weil der ftahlifche Verſuch gelingt, wenn man nur ſehr wenig von diefen Salzen zum Bolus ſetzet. Ich will von den Pflanzen, welche ich auf dieſen Hügeln beobachtet habe, kein verdrießliches Verzeich— niß herſetzen, es wird genug ſeyn, daß ich uͤberhaupt erinnere, dieſe Gegend ſey voll bitterer, wuͤrzreicher, und geiſtiger Gewaͤchſe, als Serpillum, Millefolium, Seriphium montanum, Ptarmica latifolia, Eryn- sium, Eryſimum, Ocymuii montanum, Smirni- um. montanum, Melifla, Alliaria, Sdordium; R Mai über ein Kreidenfalz. 247 Mattubiiun, Pulegium, Apium —— Cat- taria, Ariftolochia rotunda. In den Graben, melche voll ftebendes Waffers find, wachſen: Plan- tago aquatica, Equifetum foetidum, und Perficaria; Unter unzählicyen Arten von: Slechten, (Licheni) die man da beobachter, welche auf Bäumen, Erde, Steinen, wachſen, corallenformig, haarartig, horn⸗ foͤrmig, büchfenförmig, , und folchen ähnlich (pilh- dati e affini ai Piflidati ), röhrförmig, die, welche pulmonariae genannt werden (i pulmonici), rinden⸗ artige Ceruftacei), mehlichte, beſtaͤubte, weinſtein— artige (tartarici) ꝛc. iſt hier die aſchfarbene Erdflech— t g, welche Rajus in ſeiner Geſchichte der P anzen beſchrieben hat, und Georg Dampier als ein ſicheres und oft verſuchtes eigenes Mittel wider den Biß raſender Thiere anpreiſet, wenn man es naͤmlich gepuͤlvert mit gleichviel Pfeffer gebrauchet, wie in den engliſchen Transactionen 1698 im Hor⸗ nung, und in dein $eipziger Aclis Erud. im Maͤrz 1699 zu ſehen iſt. Unter den vielen Arten von Mooßen, findet ſich bier diejenige häufig, welche die Kraͤuterkenner Mu- ſcus capillaceus maior , pediculo et capitulo cras- fioribus nennen, deflen Blumen einige männlich, die andern weiblich find, welcher befondere Umftand zu der befannten Achnlichfeit zwifchen der Befruchtung der Thiere und der Gewächfe gehöret. Auch find bier viel Schwämme, (Agarici) als häurige , ſchup⸗ pihte, Mefenterici, ohrfoͤrmige gallertartige, roͤhrichte, Seuerfhwämme, netzfoͤrmige, weiße, zur fammengebrüchte, nicht zufammengedrücte, Lichen agarici. Marchantiae, Linkia cet. Der zufam- 94 men: 245 Anmerkungen mengedruͤckte, netzfoͤrmige, ſchwarze Schwamm, fungus niger compreſſus varie diuaricatus et imple- xus inter lignum et corticem Rai. Synopſ. Von dem letzten unterſtehe ich mich nicht zu entſcheiden, ob er, mit den Kraͤuterkennern insgemein,füreinen wahren Schwamm zu halten, oder ob er vielmehr eine uͤbers Jahr dauernde ‚Wurzel von Menzels ſchwarzem Schwamme zu halten iſt, wie Ge. Chr. Buchsbaum im II. Th. der Schriften der petersburgiſchen Afa- demie behauptet *, wie es in der That foldye übers Jahr daurende Wurzeln giebt, z. E. diejenige, wel⸗ che man gemeinigli” Schwanmftein (Pietra Fon- gaia) nennet, aus der jeden Monat ein Schwamm mit Damen: Polyporus. efculentus, ex ingenti, perenni et tuberofa radice in fingulos menfes ple- rumque nafcens fuperne rufefcens, inferne fimul cum pediculo albus, Mich. nou. pl. gen. waͤchſt, wie auch die Wurzeln einiger Arten des Agarici find, und des fungi, der fungoides cefpitofum, infundibuli forma radice nigra tuberofa perenni heißt. Ich geftehe, daß ich diefen Agaricum oft gefunden babe, ohne daß ich fo glücklich gemwefen wäre, den fungum digitatum nigrum Menzelii anzutreffen, Ich glau— be wohl, daß diefer Agaricus vom Agarico nigro reticulato non compreflo nicht unterfihieden ift, der fih in den Höhlungen der Eichbäume finder, da ich den Agaricum compreflum zwifchen der Rinde und dem Holze angetroffen habe, deſſen ftarfe Fafern das verfaulte Wefen des Holzes durbohrten, und in die Höhlen drungen , ſich mit dem Agarico non com- | preflo *S. des HM. ULB. 2. Sr. 4. Art. 2. uͤber ein Kreidenſalz. 249 preſſo zu verflechten. Ich folgere daraus, daß die zuſammengedruͤckte oder nicht zuſammengedruͤckte Be⸗ ſchaffenheit, nur von dem engern oder weitern Platze herruͤhren, in welchen dieſer Agaricus entſteht und wählt. F RT ber tsi teen . ‚Quellen zeigen ſich bier. fehr felten, und meiftens nur in folchen Dertern, wo fi) Schichten harten und Dichten. Toffteines ſtrecken. Ihr Waſſer iſt grob, ſchwer, und ungeſund; wenn man Oleum tartari per deliquium darunter, gießt, wird es febr. milchicht. Manches ſolches Waſſer entdeckt dem Geſchmacke et⸗ was dichtes und oͤlichtes, deſſen eigentliche Beſchaf⸗ fenheit ich nicht ſo genau beſtimmen kann, weil es bey ſeinem Durchgange unter der Erde ſo viel von dem Thone, einer fetten Erde, in fi) genommen bat; welche, im Munde gehalten, einer Seife gleicht, Obwohl der Gebrauch diefer Wafler nicht gar zu ges fund ift, weit ſie ſchwer durch die Eingeweide gehen, und Berftopfungen darinn verurfachen , fo werden fie doch fehr gefchickt feyn, einen kuͤnſtlichen Gefund- brumnen daraus zu machen, welcher das Wafler des Carlsbades nachahmen, und mit folchem in der - Sähnelligfeie feiner Wirkung, und den Materien, aus welchen diefe Waffer beftehen, und welche fie in fih gezogen haben, übereinftimmen würde. In diefer Abficht müßte man unfern Waffern, die ſchon mit einer Kalkerde beladen find, die Auflafung vom MWeinfteinfalze, und nachgebends etwas weniges vom Geifte des Meerfalzes benfügen, fo daß der Falifche Theil die Oberhand behielte. Auf diefe Art würde man ein Mittelfalz haben, welches aus der Bereini« gung des Salzgeiftes und der Kalferde, nebft einem D 25 Theile 250 Lieberoth, von einem der blind Theile Ealifchen Salzes beftünde, , und diefes find die Dinge, melche man durch eine genaue — in dem Waſſer des Carlsbades entdecket hat. Doch es iſt Zeit, daß ich Ihnen M. H. mit * chen umſtaͤndlichen Erzählungen beſchwerlich zu fallen aufhoͤre, weil ich nicht die Abficht babe, eine Fleine Naturgefhichte dieſer Derter zu fammlen, fondern nur für noͤthig Bielte, obenhin einiges zu berühren, mag Ihnen einen Begriff von der Defchaffenheit und Natur des’ Landes geben Fönnte, in welchem ſich das Salz zeiget, von dem ih nun reden will. Die Fortſetzung folget im naͤchſten Stuͤcke. — ——— II. Nachricht von einem Menſchen, der auf eine zweyfache Weiſe blind, und wieder ſehend geworben fi aufgeſetzet SE von 5. C. Lieberoth, Med. Lic. 8 wird den Aerzten nur allzu ofte zur Laſt ge⸗ leget, daß fie die wenigſten menſchlichen Ge« brechen heilen Fönnten,indem fie bey langwies rigen Krankheiten nur bloße Zufchauer der Natur abgeben, da die higigen Krankheiten von der . Natur “und wiederrfehend geworden. 251 Natur ſelbſt ohne ihren Beyſtand gehoben würden, Ich bin nicht geſonnen, mic) bey der Beurtheilung und Enrfcheidung diefes Vorwurfes aufzuhalten , ins dem er mehrentheils nur mit Scheingründen unter: ſtuͤtzet wird; ſondern will nur fo viel dabey anmer⸗ ken, Daß er ſehr ſelten ſtatt findet, und wenig Ers fahrungen vor ſich hat. Wie viele Menſchen wuͤr⸗ den wor der Zeit vom Tode hingeriſſen werden, wenn die Aerzte nicht im Stande wären, bißigen Krank— beiten abzubelfen, und langwierige wo nicht gänzlich zu heben, doch erfräglicher zu machen, Gollte aber wohl diefe Befchuldigung von den vielen Quackſal— bern und Stümperärzten ihren Urfprung erhalten has ben ? Das mehreſte. Doch es würde ſehr verdäch: tig fcheinen , dergleichen elenden-Creafuren fo viel ein- zuraumen , daß fie der Arztneymwiffenfchaft einen Vor— wurf zumege zu bringen gefchickt feyn follten, Nein, auch die gefchicteften und größten Aerzte find Men: ſchen. Indeſſen ‘aber feheine der Sag viele Erfah: rungen für fich zu haben, und nachfolgendes Exem—⸗ pel veder ihm, meiner Einficht nach, felbft das Work ARE Ein Knabe von zwölf Fahren verliert durch die zufammenfließenden Pocken das rechte Auge, weil ihm die auf der weißen Haut des Auges zurückgeblie: benen Pocdennarben nad) und nach einen Vorhang - vorziehen, durch ein darauf wachfendes Zell denen einfallenden &ichtftrahlen den Weg verfperren, und ihn alfo auf der rechten Seite blind machen. Es werden, weil er ein armer Menfch ift, Feine andern; . als Hausmittel gebraucher, und es waͤchſt diefes Fell mit.den zunehmenden Jahren immer ftärfer,. derge- ſtalt, 252. Lieberoth, von einem der bfind flalt, daß faft gar nichts mehr von dee weißen Hauf Des Auges gefehen werden: Fann, Das linke Auge aber bleibt recht helle und gut, Daß er als ein einaͤu⸗ giger Bergjunge feine Arbeit ohne Hinderniß verrich« tet. In feinem fiebenzehnten Jahre wird ihm von einem feiner Cammeraden das linfe Auge, das ihm allein zum- Sehen dienete, durch einen heftigen Stoß mit einem unten befchlagenen Stocke entzwey, und aus der Orbita herausgefchlagen, daß mit einer hef= tigen Berblutung ‚alle Feuchtigkeiten des Auges’ zus gleich verforen gehen, ungeachtet alle mögliche Sorg« falt, das Auge zu erhalten, angewendet wurden: fo war doch alles umfonft,, weil das Auge gänzlich zevffüree war, und nach zertheilter Entzündung die vertrodneten Häute, als betrübte Ueberbleibfel eines da geweſenen Auges zurück blieben, die durch die Augenlieder zugededt wurden. Mit einem Worte, der Menfch wurde zum zmenten male ftocblind. Allein die Natur zog nach diefer Tragödie nur. eine furze Zeit, beynahe auf vierzehen Tage, den Vor— bang vor, unter welcher Zeit fie fich bereit machte, einen ganz andern Auftritt zu fpielen, der zum Ders gnügen und wnausfprechlichen Freude des Blinden, und zum Erftaunen der Zufchauer ausſchlug. Denn unfer Blinder lernte mit dem rechten Auge wieder ſehen, indem fich dag dicke Fell von felbft, ohne des= balb gebrauchte Hülfsmittel, nach und nach derges ſtalt verlor, daß man auch nicht die geringfte Spur davon nunmehr entdecken kann, weil das Auge wie ein reche gutes und gefundes Auge feyn muß, aus: fieht und ift. Dieſer Menfch ift nunmehr vier und zwanzig Fahre alt, lebet gefund, und ift mit feinem ‚einen und wieder ſehend geworden. 253 einen Auge zufrieden; nur daß er zuweilen einige Stiche in dem vertrockneten blinden Auge empfinder. Ich muß mir, die Erlaubniß erbitten, einige An— merfungen über diefe Begebenheit zu machen. Es fcheint diefes ein flarfer Beweis * erſten Satzes, daß das auf dem rechten Auge geſeſſene Fell bloß durch die Huͤlfe der Natur weggeſchaffet worden. Sollte man aber auch nicht weit ſicherer behaupten koͤnnen, daß derjenige, der ihm das gute Auge, wie— wohl wider Willen ausgeſtoßen, zugleich der Opera⸗ teur des Blinden geweſen; und daß durch die heftige Erſchuͤtterung, die durch den ſtarken Stoß ins gute Auge zuwege gebracht worden, durch den ſtarken Blutfluß, nebſt dem Auslaufen der Feuchtigkeiten, und durch die ſtarke Entzündung, die zugleich dag bejogene Auge mit eingenommen, Das Zell bey der Zertheilung der Entzündung mit weggenommen wors den? Allerdings. Und es wird nicht ſchwer ſeyn, dieſes zu beweiſen. Das Fell war nach den Pocken entſtanden und nach und nach groͤßer geworden, bis es die weiße Haut zuſammt dem ganzen Sterne uͤberzogen. Man wird leicht ohne mein Erinnern einſehen, daß es fein Hypopyon (Eytergeſchwuͤr unter der Hornhaut des Auges wodurch der Stern verloren geht ) gewe— fen, fondern es war auf der weißen Haut nabe an dem intern Augenmwinfel entftanden. Da nun feine Narbe anders, als durch ein unordentliches Zuſam⸗ menwachſen derer durch den Eyter zerfreſſenen und zerriſſenen Blut und Waſſergefaͤßgen entſtehen kann: fo iſt leicht einzuſehen, daß fie ſtaͤrker wachſen muͤſ⸗ ſen, wo viele lymphatiſche Srwöngkein ſich befin« den. 254 Lieberoth, von einem der blind den. Das Auge aber befteht, wie befannt , meh: ‚rentheils bloß aus Feuchtigfeiten. Die Pocken ha- ben durch ihren fcharfen Enter ſowohl die tunicamı adnatam als corneam durch und in den humorem aqueum eingefreflen; fie find endlich abgetrocknet, und haben ihrer löblichen Gewohnheit nad) tiefe Mar: ben, fonderlich in diefen zarten Theilen, zurück gelaf fen, Diefe Narben wären höcricht verwachfen, wo nicht das beftändige Auf: und Zumachen der Augen- lieder fie glatt und breit zu wachen gleichfam gezwun» gen; die zulaufenden und durch die Narben erpreßten Thränen; die von der caruncula lachrymali abge: fehiedene Flebrichte Feuchtigkeit; und die wäßrid)te Feuchtigkeit des Auges felbft * gaben diefem in voͤl⸗ ligem Wachsthumebegriffenen Felle Hinlänglihe Nahe rung, die zerriffenen Fäfergen immer mehr. und mehr‘ auszudehnen, und ihre Elemente dicker und länger zu machen, bis e8 das ganze Auge überzogen hatte, und alfo nicht weiter wachfen Fönnen, + Ich bilde mir alfo ein, daß es eben fo, wie es entſtanden, wieder vergangen ift, Denn da mit eis nem heftigen Blurfluffe das gute Auge ausgelaufen, und durch die erregte Entzündung der Zufluß der Feuchtigfeiten heftig dahin getrieben worden: fo ift dem gegen über liegenden Selle die Nahrung auf einmal fo ftarf entzogen worden, daß feine Wurzeln fo zu fagen abgeftorben find, und es fich von ſelbſt nad) und nach verzehree bat. Denn was thun Haarſeile, ſtarke Blaſen ziehende Pflafter, wenn fie bey einer Yugenentzündung in Nacken geleget werden, iR Zr | | anders, * S. Kruͤgers Phyf: Part. II. $: 354. 9: 679. und wieder fehend geworden. 255 anders, als daß ſie den Zufluß der Feuchtigfeiten weg, und an einen andern Det hinziehen; dabey fie oft von fehr großem Mugen find. Diefes find meine Gedanfen von diefer fonderba- ven Begebenheit. Man mag fie nun für wahr oder falfch halten: fo ift es doch der Mühe werth, einer fo feltenen Sache nachzudenfen, Es fann fern, daß es auf eine ganz andere Art geſchehen ift. Jedoch: Weir irren alleſammt, nur jeder irret anders Indeß iſt ſo viel gewiß, daß der Vorwurf, der den Aerzten gemacht wird, daß die Natur ſich ſelbſt gelaſſen öfters erſtaunlichen Gebrechen abhilft, nicht ganzlich ohne Grund. Denn es würde vielleicht der Arzt, der das ftarfe Fell entweder durch eine Opera⸗ tion, oder. durch aͤtzende Mittel wegzubringen geſu— chet hätte, den Kürzern gezogen haben, welches die Natur nicht zu beforgen hatte: indem diefer Menfch, da er fünf Jahre auf der rechten Geite „ beynahe ei- nen Monat gänzlich, und nun fieben Sabre auf der linfen Seite blind gewefen, von der Borfehung zum Einäugigen beftimmt zu feyn feheine., — SESERNREDE Fi a en 20 Dieb. Aa. er en \ x IR & me BD our a‘ x” 9 * * 256" Befondere Nachrichten EEFERTTTTTERTETTEN Ueber ſetzung eines Briefes aus dem Journal Helvetique des Monats May 1741, Ueber einige | befondere Rachrichten von dem Rhone. Mein Herr, | (CFer\ie haben nunmehr , fagen Sie, das alte N I Vorurtheil verlaſſen, daß der Rhone durch RP) die Genferfee gehe, ohne ſich mit ihrem. Waſſer zu vermifhen, und ohne etwas von ferner Gefchtwindigfeit zu verlieren. Ich hege eine viel zu gute Meynung von Ihrer Einficht, als daß ich glauben follte, man habe eines fo langen DBriefes, als der meine ift *, nöthig, um Ihnen einen Gedanfen von diefer Art auszureden. Man hätte die Sache mit zwey Worten ausmachen koͤnnen. Hllein, das Vergnügen, mid) mit Ihnen zu befpre- chen, verlängert folhes Schreiben, Heute verlan ⸗ gen fie neue Erläuterungen über die Naturgeſchichte meines Baterlandes. Sie möchten gerne noch ein menig an unferem Rhone und an unſerer See mit mir herum gehen, und fid) dag merfwürdigfte Davon gar zeigen laffen. - Das * S. des Hamb. Drag. 10 B. 1St. VArt. von dem Rhone. u}. Das erfte Stuͤck, woruͤber Sie Unterricht von mir fordern, betrifft die Are und Weife, wie diefer Fluß ohnweit Genf von der Erde verfchlungen wird, Sch Hatte Ihnen eine Stelle des Herrn Parent, darinn man die Befchreibung davon finder, angezeis get. Sie ftehe in einer Eleinen Abhandlung, die ven Titel führer: Reflexions für quelques particula- rites du Bugei &c. Allein Sie fagen, diefe Schrift fey Ihnen nicht in die Hände gefommen. Sch will Ihnen alfo das, was er davon meldet, her— fchreiben. - „Bier Meilen unter der Genferfee, faget er ... „ſtuͤrzet ſich der Rhone in eine Felfenrige , mwelche „wohl eine Biertelmeile lang, aber nicht über 2 bisz „Toiſen breit feyn mag, wo fie am engften ift, und „deren Tiefe auf 20 bis 25 Toifen geht; alfo, daß „man ftart der Wafler diefes Fluffes in diefem Stur« „ze nichts fieht, als einen dicken Nebel, der durch „das Aufprallen ihrer Waſſer auf den Grund und an „die Seiten der Ritze, in welche fie mit der außer: „ſten Heftigkeit und mit großem Geräufche fallen, „verfpreitet wird. Von dort aus wird das Flußberre „durch die Felfen hin nach und nach immer weiter, „alfo, daß es zwo Meilen weiter unten, gerade ge „gen der Stadt Seißel über, ungefähr eben fo meit „ift, als das ‘Bette der Seine bey Paris.,, Bon den alten Erdbefchreibern hat Eeiner von Dies fem toche, darein fich der Rhone auf eine Zeit lang verliert, etwas gedacht. Es ift feirfam genug, daß fie der Nachwelt in ihren Werfen zwar die eingebil deten Geltfanfeiten diefes Fluſſes, wie etwa jene, wovon ich in meinem vorhergehenden Briefe handelte, Io Dand, R mit⸗ 258 Beſondere Nachrichten mittheilten, aber nichts von dieſer, die doch ganz richtig iſt, melden wollten. Es muß uns dieſes noch mehr befremden, wenn wir bedenken, wie umſtaͤndlich fie von andern Fluͤſ— fen gehandelt haben, Die dergleichen Abfälle leiden. Die Guadiana ift Ihnen unfehlbar nicht unbekannt. Es ift diefes ein aroßer Fluß in Spanien, der ſich auch) in die Erde verliert, und wieder heraus koͤmmt. Die alten Schriftfteller haben diefen Umftand wohl angemerfet. Strabo redet davon ; Mela, Plinius und andere lateinifche Eröbefchreiber haben davon Meldung getban. Man behauptet fo gar, daß man ihn fehon in dem Namen finde, den fie ihm bengele= get haben, Sienennen ihn ANAS, welches in ihrer Sprache eine Ente bedeutet, und diefes zwar, faget man, deswegen, weil fich diefer Fluß eben fo unter die Erde taucher, ‚wie wir jenen Bogel fich unter das Waſſer tauchen, und in einer Fleinen Entfernung wieder hervor fommen feben. Es ift wahr, einige Wortforſcher, Die etwas härter find, laffen ſich mit diefer Ableitung nicht bezablen, Sie geben vor, die: fes fen ein grammatifalifcher Schniger, weil Anas der Fluß in Genitivo Anae hätte, und Anas der Waſſervogel Anatis haben müffe. Man Fann indef fen diefe Ableitung noch brauchbar machen, wenn man fie ein wenig herum wendet, Der berühnite Bochart wird uns ein gutes Mittel hierzu an die Hand geben. Ergiebt uns einen arabifchen oder pu= nifchen Urfprung an, der eben das voraus feßet. Er leitet es von dem Worte Hanafa ab, welches heißt, fidy verbergen, um bald wieder zu erfcheis nen, und das heißt eben eine Ente oder einen Ent: vogel von dem Rhone, 259 vogel abgeben. Er giebt noch eine andere Ableitung an, damit wir die Wahl haben möchten. Er weit uns, daß Ana im Syrifchen ein Schaf bedeuter, und daß an den Ufern diefes Fluſſes viele Wenden für die ‚Schafe find, welches ihm diefen Namen fünnte ges geben haben. Diefes erinnert mich an ein ges wiſſes Räthfel, welches die Spanier den Fremden aufzuratben geben, Ä Sie ſagen, fie hätten in ihrem Lande eine Bruͤcke, worauf man ganz bequem 10000 Hammel weiden Eönnte. Es mag wohl diefe Zahl noch einen guten Abzug leiden. Allein Sie wiflen ſchon, daß die warmen Länder das Vorrecht haben , übertrieben zu reden, Ich will Ihnen noch eine andere Geburt diefes Landes zeigen, welche in einer andern Gegend nicht wohl würde aufgenom⸗ men werden. Es ift ein ausfchweifender Gedanfe eines fpanifchen Wißlings, welcher nach feiner Weife erklären will, warum die Guadiana alfo verſchwin— det. Die Urſache, die er hiervon angiebt, ift der Vorzug, den er andere fpanifche Fluͤſſe über fich haben fieht. Der Ebro übertrifft ibn durch den Namen, dev Durro durch feine Gewalt, der Duadalguivir durch feine Reichtbümer, die Busdiana , die den andern das Gleichges wicht nicht halten kann, befchliefie, fich sus Scham unter die Erde zu verftecfen. Selte⸗ ner und bober Schwung ver Einbildung! Wenn ein Autor in Frankreich Ihnen ein Werk, das er herausgeben wollte, zufchicte, und er hätte einen folchen Gedanken darinn, fo fehe ich, ſchon vor— aus, was Sie ihm für eine Antivort geben würden. N 2 Mich 260 Beſondere Nachrichten Mic deucht , ich höre Sie rund heraus zu ihm fa- gen, daß er nicht übel thun würde, wenn er der Guadiana nachahmete. Vielleicht hab ich felbft Ihren Tadel wegen die⸗ ſer Aus fchweifung verdienet. Sie Fünnten mit allem echte von mir fagen, daß ich es mache wie die Fluͤſ— fe, die ſich in die Erde verlieren, und dienicht auf ih: rem Wege bleiben. Ich gebe mich dießfalls gerne ſchuldig; allein Sie feyn fo gütig, und werden nicht unmillig darüber. Ich will diefen Fluͤſſen auch fo gleich darinn nachahmen, daß ich wieder hervorfom« me und meinen Lauf fortſetze. Erlauben Sie mir indeſſen nur noch zwey Worte, mein Herr, wegen einer kleinen Frage. Man fragt: Ob das Stillſchweigen der Alten von dem unterbroch— nen Laufe des Rhone nicht ein Beweis iſt, daß dieſes eine Veraͤnderung ſeyn muͤſſe, die ihm nachher zuge⸗ ſtoſſen? Es ſcheint daß man daraus ſchließen koͤnne, dieſer Fluß habe dieſen unterirdiſchen Weg nur ſeit etlichen 100 Jahren genommen. Man kann muth⸗ maſſen, daß ein Umſturz von Felſen, die durch ein Erdbeben ausgeriffen worden, dieſen Zufall verurs fachet habe; und zwar zu einer Zeit, die fo gar lange noch nicht vorbey ift. Die Sache Fönnte feyn; aber es fiheint Feine nothwendige Folge von dem Still ſchweigen der Alten zu feyn. Man wundert fih, dag die vormaligen Erdbefchreiber alle des Anas ausdrüc. lich gedacht haben, als eines Fluſſes, der unter die, Erde kreucht; und daß fie doch nicht angemerfet ha⸗ ben, daß der Rhone eben daffelbe thus. Allein erſtlich verſchwindet die Guadiana auf viel längere. Zeit als die Rhone, melche fich wenn es hoch — au von dem Rhone. 261 auf eine Viertelſtunde verliert. Zudem ſo haben die alten Erdbeſchreiber zwar den meiſten Theil von Spanien durchreiſet; aber es ſcheint nicht, daß ein ein⸗ ziger von ihnen dem Rhone fo forgfam nachgegangen, daß er alles beobachter hätte, was ihm wiederfährt. So Fönnte diefer Fluß ſchon vor vielen 100 Jahren angefangen haben, durch einen verborgenen Weg zu fehleichen, ohne daß ein alter Seribent viel Ruͤhmens Davon gemacht hätte, Eine andere Seltfamfeit des Rhone ift, daß er zum Widerfpiele der Seine und der meiften Flüffe in Sranfreich defto mehr auffchwille, je wärmer die Witterung iſt. Mämlich wenn die Tage am längs ften find, fo find feine Wafler am größten, das ift, eben zu der Zeit, wenn die Seine am feichteften ift. Der Rhone hat dieß mit dem Mil gemein, der im Sommer den Ueberfluß an Waffer hat, der wie je— dermann weiß, den ‚Reichthum des Landes ausmacht. Ein Reifebefchreiber faget uns, daß die Aegyptier diefen Vorzug ihres Fluſſes fehr erheben. Nach ide rer Meynung ift dieß ein Zeichen einer unumfchränften Herrfchaft. Sie machen den Schluß daraus, daß man den Mil als den König der andern Flüffe anzu— fehen habe, und diefes Vorgeben bemeifen fie durch eine fonderbare Anmerkung. Woher fommt es, fagen fie, daß im Sommer bey nahe alle andere Flüffe ausgetrocknet find, da indeffen der unfere einen fol chen Ueberfluß an Waſſer hat? dieß rührt daher: Sie alle find dem Mil zinsbar und muͤſſen ihm eben, wenn der Tag am längften ift, ven Tribut mic einem Theile ihrer Waſſer zahlen. Sie tragen ihm diefes unter der Erde auf eine unbemerfliche Weife zu, Rz Dis: — 262 Befondere Nachrichten Deswegen find fie leer, wenn der Nil fo voll ift, daß er überläauft. Dieſer Gedanke ſchickte ſich gut inein Gedichte, wie die Bermandlungen des Dvids find. Sie feben zur Genüge, mein Herr, daß nad) diefer Anz merkung unfere Rhone verlangen fönnte, Daß der Nil feine Hoheit mit ihr theilte: allein fie treibt ihre Anforderungen fo weit nicht. Sie verlanget nur, Daß Die Aegyptier fie nicht unter Die dem Mil zinsbarenSlüffe. zählen. Er fodert diefen Zins zwar von etlichen Elei« nen Slüffen; aber er will fih deswegen nicht als Oberherr über alle aufführen. Die Alpengebirge find es eigentlich, die ihm zinfen müffen, und die ſol⸗ ches ordentlich des Sommers in gefehmolzenem Schnee thun. Dieſes verurfacher feinen Ueberfluß, fo wie Die Regen in Xethiopien den Mil reich machen *. Solcllten Sie wohl glauben, mein Herr, daß unter Denen Fluͤſſen, die dem Rhone unterwürfig find, auch einer fey, der ihm feinen Tribue nicht nur an Waſ— ‚fer, fondern aud) an Golde zahlet? Es ift dieſer der Arvefluß, welcher einen Canonenſchuß weit von unfe- rer Stadt in den Rhone fälle. Es ift ein großer Strom, der von den Gebirgen fomme und Gold bey fi) führer. So bald ſich diefe zween Flüffe vermenget haben, wird der Rhone ein anderer Pactolus, deffen Sand von Gold ift, wenn ich es den Poeten nachfagen darf. Doc) bilden Sie ſich ja nicht ein, daß man von dieſem Foftbaren Metalle bey uns fo viel bes koͤmmt, als man Goldftaub in Guinea’ ſammlet. Mich * Man fehe davon befonderd defcription de P Egypte compofee fur les memoires de Mr. de Maillet &c. Lettre IL RK. : von dem Rhone 263 Mich deucht, ich habe in des Pater Labats Nachricht von Africa geleſen, daß eine Gegend in dieſem Lande ſey, wo das Gold in ſolchem Ueberfluſſe iſt, daß man ſich nur buͤcken, und es nehmen darf. Wenn ich mich recht erinnere, ſo ſaget er, ein Menſch, der Noth leidet, duͤrfe nur in ſeine hoͤlzerne Schuͤſſel Sand faſſen, wo er nur deſſen findet, ihn etlichemal hinter einander waſchen, bis das Waſſer alles weg: genommen bat, fo fande er auf dem Boden dieſes hölzernen Gefäßes einen guten Theil Gold. So „weit haben wir. es freylich an dem Rande unferes Rhone noch nicht gebracht. _ Alles, was wir heraus bringen, befteht etwa in etlichen Dünngefaeten Gold» flämmlein, die fich in feinem Sande finden. Diefes Gold ift in der that fein, allein es macht einen: fo geringen Theil aus, daß die Arbeiter, die ſich die Mühe nehmen, es zu fuchen, nicht mehr als ihr Tagelohn heraus bringen. Auch achtet man diefes Gold nicht ſonderlich, man will es lieber laufen laffen. Die benachbarten Bauern fangen es anders an: fie laſſen fi) es angelegen feyn, den Schag zu fuchen, den der allgemeine Vater der Menfchen in die Erde verftecfet hat, und den fie immer finden, wenn fie forgfaltig nachſuchen. Sie folgen dem weifen Rathe des Aefopi, der ihnen zurufet: Scharret, wuͤhlet, grabet, und laſſet! kein Plaͤtzgen undurchſuchet. Der Rhone gleicht nicht nun dem Pactolus, er hat auch einige Aehnlichkeit mit dem Euripus. Er hat, wie jener, eine Art von Ebbe und Fluth, die aber keine gewiſſe Zeit haͤlt. Es geſchieht dieſes durch wiederholten Anwachs des Waſſers ploͤtzlich, und vornehmlich im Sommer, wodurch feine Ober⸗ RN fläche 264 Befondere Nachrichten fläche ein bis zimeen Fuß erhöhet wird. Das Waffer fälle darauf wieder fo geſchwind, als es zuvor flieg. Diefe Ebbe und Fluth heißen in der Sprache des $andes Seches. Es ereignet fich diefe Abwechslung zu mwiederholtenmalen an einem Tage. Diefe Na— turbegebenheit bemerfet man vornehmlich in dem Rhone bey Genf und in der See auf 6 bis 7 Mei: len von unferer Stadt, aber fie wird immer unmerf- licher, je weiter man fich von dem Abfluffe der See in den Rhone entferne, Die Fifcher halten den An= wachs des Waffers für ein Zeichen einer bevorftehen- den Beränderung im Wetter. Sie wollen behau» pren, daß er Wind oder Regen bedeutet, Man be- merfet ibn befonders des Sommers, wenn das Waſſer am größten ift. Er ereignet fich auch bie- weilen des Winters, aber nicht fo merflich. Es fälle fehr ſchwer, die Urfache von diefem plöß- lichen Steigen der Waſſer anzugeben: Man bat es anfangs verfucher, fie in der Arve zu finden, die ein wenig unter Genev in den Rhone fällt. Bisweilen hat fie den auf, des Rhone gar gehemmt. Man kann daher begreifen, daß, wenn fie fehr angelaufen ift, und ſich ihrem Ausfluffe mwiderfeger, fie diefelbe wechfelsweife Fonne fteigen und fallen machen. Allein man hat diefe Ebbe und Fluch zu einer Zeit bemer- Fer, da die Arve am mwenigften Waſſer hatte. Herr Adiffon erfläret es alfo: Es ereignet fich in ber Genferfee, faget er, eine Art einer Ebbe und Fluth, die vom Aufthauen des Schnees herrübret, der des Nachmittags in größerer Menge hinein fällt, als die andern Stunden des Tages, Allein es ge ſchieht diefes bisweilen Bormittags fo wohl als Nach-⸗ mittags. I) von dem Rhone. 265 mittage. Was wäre über dieß fir eine ungeheure Menge Waſſer nöthig, um die Dberfläche der See innerhalb einer Stunde um etlihe Fuß zu erhöhen. Ein Keifender geht viel zu geſchwinde vor einem Orte vorbey, und hat nicht Besbachtungen genug anftellen Fönnen, um uns dieſe Seltfamfeit glüdlid zu ers klaͤren. Herr Fatio hatte den Vortheil, daß er zu Genf mohnte, und daher auch mehr Gelegenheit, die na= fürliche Lrfache, die wir fuchen, zu entdecken. Er glaubte fie in einem gewaltigen Süd» und Suͤdoſt— winde gefunden zu haben, welcher die Seewaſſer an ihrem Ausflufle hindern koͤnnte. Allein oft ſahe man den Rhone anmwachfen zu einer Zeit da alles ftille war; und wiederum, fo möchte auch dieſer Wind noch fo gewaltig fenn, fo würde er doc) die Waffer der See nicht viele Meilen über Genf auffchwellen koͤnnen. Andere haben endlich ihre Zuflucht zu den unter: irdifchen Winden und zu Ausdinftungen genommen, die unten in den Waſſern auffteigen und ihre Oberfläche erheben, Die Urfache mürde zugleich die VBerändes rung des Werters, welche auf die Ebbe und Flurh folget, erklären; allein, endlich beißt es doch nichts anders, als eine verborgene Urſache annehmen, die einem Befenntniffe der Unmiffenbeit fehr nahe koͤmmt. Bielleicht würde man eher zurechte fommen, wenn man verfchiedene diefer Urſachen vereinigte, und wenn man bald diefe bald jene annähme, nach der Ver— fhiedenheit der Umftände. Auf diefe Weife fönnten alle diefe Erflärungen ftatt haben, es Fame nur dars auf an, daß man fie wohl anzuwenden wüßte, wozu viele Geſchicklichkeit erfordert wird. NR 5 Der 266 Belondere Nachrichten .. Der Pater Babin, ein Jeſuite, der viele Bes trachtungen über die Unordnungen des Euripus ange: ftellet hat, verliere fic) endlich darinnen, Wir fe hen vieles Wunderbare an den Waflern, faget er, davon wir feinen Grund angeben, noch die Uxfas chen davon vollfommen einſehen fünnen. Gott bat fid) die Erfenntniß diefer Geheimniffe vorbe— halten, damit wir feine Macht defto mehr bemuns dern ſollen. Ein anderer noch neuerer Schrift» fteller faget ebenfalls, Gott, der uns gefchaffen hat, daß wir ihn erkennen follen, habe gewollt, daß alles in der Matur uns zwänge, auf ihn zu—⸗ rüc zu geben; dieſes ift unfehlbar der Grund, wes— wegen er uns die Warum. überlaffen, und wes⸗ wegen er fich das Wie vorbehalten hat. Sch weiß nicht, mein Here, ob Sie dieſe mora= fifche Betrachtung des P. Babins gänzlich billigen werden. Go fromm fie feheint, Fann man das Ge- gentheil behaupten, ohne jemand zu ärgern. Ich geftehbe, daß ich mich nicht weniger geneigt finde, die Macht Gottes in den wunderbaren Wirfungen der Natur zu bewundern, davon man mir die Ur- fache erflävet hat. Wenn mir ein gefchickter Philo— foph gezeiget bat, daß die vereinte Wirfung der Sonne und des Mondes die Ebbe und Fluth des Meeres verurfachen, fo beivundere ich die Macht und Weisheit eines Schöpfers, der alles fo wohl ges erdnet hat, defto mehr. Es fen ferne, daß man, vornehmlich von den wunderbaren Werfen der Natur, follte fagen Fonnen, bier fey die Berwunderung eine Tochter der Unwiſſenheit. Wenn von dem Rhone. 267 Wenn es wahr wäre, daß uns die Mache Got— tes die Mittel verbürge, deren ev fich.bedienef, um uns defto mehr in Verwunderung zu feßen, ſo müßte man doc) geftehen, daß feine Weisheit das Wider⸗ fpiel thun follte. Niemals beivundern wir fie mehr, als wenn wir das Wie davon einfehen. Herr Adiffon giebt ung ein Beyſpiel hievon, welches eben- falls unfern Rhone angeht, Diefe Probe der Weisheit des Schöpfers - verdiener a zu werden, „Wenn ich den größten Theil von dem Laufe „dieſes Fluſſes erwaͤge, ſo muß ich nothwendig eine „ganz; beſondere Regierung der goͤttlichen Vorſehung „bewundern. Er nimmt ſeinen Urſprung gleich mit— „ten auf den Alpen und in einem langen Thale, welches „darzu gemacht zu feyn ſcheint, feinen Waffern mitten „durch fo viele Klippen und ‘Berge, womit er von „allen Seiten umgeben ift, einen freyen Lauf zu „verfchaffen. Hier fuͤhret er uns faft in einer gera— „den Linie bis nach Genf. Er würde da das ganze „sand überfchwenmen, wenn fich nicht eine fonder: „bare Deffnung fände, die einen großen Bezirk von „Bergen theilet, und diefen Fluß bis nach Lyon lei— „tet. Jenſeit der Stadt finder fich eine andere große „Deffnung, die faſt in einer andern ſchmalen Linie „Durch das ganze Sand dahin geht, und ungeachref „ver ungeheuern Hoͤhe der Berge, die ſich um dieſe „Gegend finden, ſo nimmt er doch hier den kuͤrzeſten „Weg, um fich ins Meer zu ftürgen. Wenn ſich „ein dergleichen Fluß von ſich felbft einen Weg mits „een auf den Alpen hätte bahnen follen, fo möchte er „auch einen Gang genommen haben, welchen er | „gewollt - 268 Bing, von den „gewollt hätte, fo würde er Doch viele Fleine Meere „gemacht, und eine Menge Landes uͤberſchwemmet „haben, ehe er feinen Lauf vollendet hätte, Erz lfauben Sie, daß fein Brief auch den meinen be= fchließe. Ich bin ıc. REEL EEE EEST LTE EEE 2222 IV. * Electricorum effectuum explicatio, quam ex principiis Newtonianis detexit, nouiſque experimentis ornauit D. Andreas Bina Mediolanenfis ©. S. B. Congregationis Cafinenfis Monachus, acin Monafterico S.Iuftinae Philofophiae lector, Patauii 1751. e typographia Io. Bapt. Conzatti. Superior. Perm. d.i e ? . Erklärung der elektriſchen | Wirkungen, aus den newtoniſchen Grundfäßen hergeleitet, und mit neuen Verſuchen vermehret von D. Andreas Bina ıc. Padua, 1751. 8°. 157 ©. nebſt einem Kupfer, melched | eine bequeme Einrichtung einer eleftrifihen Mafchine zeiget. er Benedictinerorden hat ſchon einen Schrifte fteller von der Eleftricitat, der ihm Ehre bringt, und etiwas wichtigere als bloße Spielwerfe hervor gebracht, den unlängft verftorbenen,, und von allen vernünftigen Weltweiſen bedauerten elektrifchen Wirkungen. 269 bedauerten P. Gordon. Gegenmärtiger Aufſatz zei- ‚get ebenfalls von einer guten phyſikaliſchen Einſicht, und redlicheın Eifer für die Aufnahme der Wiffen- fhaften. Der geſchickte Benedictiner, den wir ihm zu danken haben, bat ſich die Borfchriften, melche Newton bey Unterfuchung der Natur anbefiehle, zu beobachten bemuͤhet, und glaubet in der anziehenden Kraft, die Urſachen der. elektriſchen Begebenheiten gefunden zu haben. Zuerft vedet er von dem Gefeße, nach welchem, \die Stärfe der anziehenden Kraft eines eleftrifchen Körpers abnimmt, indem die Entfernungen von ihm zunehmen. „Herr Kraßenftein hat im 85 $. feiner Theoriae electricitatis darthun wollen, daß fich dieſe Stärfe umgefehre wie die Entfernungen vers halte: Herr Bina finder die Berfuche Herrn Kras Genfteins nicht fo eingerichtee, daß dieſes überzeugend daraus erhellet. Herr Kratzenſtein hing über den Scheitelpunet der Elektriſirkugel eine metallene Scha- le, die fih an einem Wagebalfen befand, und ver- gli) das Gewichte, welches nöthig war, zu verhin— dern, daß die Schale nicht angezogen ward, mit ih. ren Entfernungen von der Kugel, Da aber ver Kaum zwifchen der Schale und der Kugel weder cylindriſch noch prifmatifch ift, fo kann man nicht an⸗ nehmen, daß er feiner Höhe oder der Entfernung der Scale von der Kugel proportioniet fey, und alfo laßt ſich aus dieſem Berfuche das nicht ſchließen ‚ was Herr Kragenftein daraus folgert. Moch andere Umftände bat Herr Kragenftein bey feinen Berfuchen nicht fo angegeben , daß er folche beobachtet zu haben ſchien, z. E. ob man die eleftrifche Kraft ficher | unter 270Blina, bon den unter die beffändigen Kräfte rechnen darf. Daß fie von der Wärme, dem Neiben, ıc. verfihiedentlich ſtark wird ꝛc. Herr Dina hat ſich daher zu Anftel- fung diefer Unterfuchung folgendermaßen eingerichtet: Er bat eine cryſtallene Platte 8 Zoll ins Gevierte an ven Winfeln auf vier gläfernen Saͤulchen unters ftüger; über der Platte Mittelpunfte hing eine me= tallene Scheibe ıg Linien im Durchmeffer vermittelft eines metallenen Drahtes, an einem Wagebalten, den man erhöhen und erniedrigen konnte; unter dere Platte befand fic) ein metallenes Schüffelchen, wel- ches dergeftalt an einer Schraube befeftiget war, daß man es, vermittelt derfelben Umdrehung erheben und erniedrigen Fonnte, Ueber einem Punkte des Schuͤſſelchens, Den er mit Dinte bezeichnet hatte, lag ein Kügelchen, das aus Goldblätschen zufammen gedruckt war, und dieſes Kügelchen wurde vermit= telſt der Schraube fo weit erböher, bis es der cry» ftallenen Platte fo nahe war, daß es von derfelben eleftrifchen Kraft angezogen wurde: alsdenn ließ man die Waage bis auf eine gemiffe Entfernung nieder, nachdem man fie zuvor, vermitteljt der Gewichte ins Gleihgewichte gebracht hatte, und bemerkte, wie viel Gewichte noch zugeleget werden mußte, Damit die vom eleftrifchen Anziehen verurfachte Ueberwucht des Tellers gehoben wurde. Die Entfernung des Tellers von der Platte ward zugleich bemerket, und fo gaben dergleichen in verfchiedenen Entfernungen wiederholte Verfuche, auf eine zwar muͤhſame aber fihere Art das Geſetz, nach welchem ſich Die an⸗ ziehende Kraft mit den Enrfernungen verändert, Und dieſes iſt ziemlich die ——— ——— Ns elektriſchen Wirkungen. 271 Entfernungen. Wie folgendes Taͤfelchen anzeiget, wo die letzte Columne den Unterſchied der anziehenden Kraft, wie die Erfahrung ſolche wies, und wie die Rechnung nad) der verkehrten Verhaͤltniß der Wei— ten fie gegeben hatte, in Bruͤchen von Zwoͤlftheilen eines Grans angiebt. J — Kraͤfte Unerfiee 6 Zoll zZ = dr. ® 5 E 4 4 17% J 3 2 0 2 — o PRORE | 6 o Nunmehro wendet fih Herr Bina felbft zu der elektriſchen Begebenheiten Erflärung. Ohne fich in die Streitigkeiten der neuern Naturforſcher einzulaffen, was eigentlich Feuer, Licht, Wärme u. ſ. w. fen, nimmt er als ausgemacht an, daß die Materie, wel che die eleferifchen Wirkungen bervor. bringt ,‚ mit dem Fichte einerley Natur ſey. Nun lehret die Er- ‚aabrung, daß die Körper durch Reiben am leichte: n’elektrifch werden, den Theil einer ftärfern Ge— eikking fähig find, und das Reiben lange ver: fragen koͤnnen, ohne weich zu werden, und ihre ſpan⸗ nende Kraft zu verlieren. Ja jede andere Erſchuͤtte— rung, die außer dem Reiben in ihnen erreget wird, macht ſie elektriſch, z. E. wenn auf ſie geſchlagen wird. Herr Kratzenſtein hat dieſes bemerket, und Herr Bina hat die — mit der Sorgfalt wie⸗ derholet, 272 Bina, vonden derhofet, daß aller Verdacht, als würde bey der Erſchuͤtterung nur einigermaßen gerieben, wegfaͤllt. Alſo fteller fi Herr Bina vor, durch die Erſchuͤtte— rung der Eleinften Theilchen würde die elektriſche Ma- terie aus ihnen heraus getrieben. Daß fie in ihnen befindlich ift, hat man nicht zu zweifeln, denn alle dieſe Körper find gewiß reichlich mit der Materie des Lichtes verforger. Ihr Abgang wird erfeget, Das Vehret die Erfahrung, es fey nun, daß fich in dem Körper felbft nur folche Materie erzeuget, oder daß felbige aus der umher befindlichen Luft hinein geht. ' Wenn nun auf einer Fläche, welche die eleftrifche Materie fortzugeben verhindert, ein lichtes Körper: chen, z. E. ein Goldblaͤttchen liegt, fo ſammlet fi um daſſelbe herum die eleftrifhe Materie, Die aus dem geriebenen Körper heraus geht, und wird immer dich- fer und dichter, Man Fann fic) vorftellen, als wäre fie in verfchiedene KRugelfchalen getheilet, welche den geriebenen Körper in der Mitte hätte, und wo die elektriſche Materie näher bey diefem Körper immer dichter und dichter wuͤrde. Wenn nun die Außerfte Schale, die dem Goldblaͤttchen am naͤchſten ift, fo viel Dichtigfeit erlanger hat, daß ihre anziehende Kraft die anziehende Kraft der verbindernden überwinden kann, fo gebt das Blaͤttchen, mit einer befchleunigten Bewegung, nach dem geriebenen Koͤr⸗ per zu. Er fucher alsdenn zu zeigen, daß die Stärfe diefer anziehenden Kraft fo zunehmen müfje, wie Die Entfernung abnimmt: wenn nur das Blättchen nad) dem geriebenen Körper zugeht, fo wird indeflen die elekerifche Materie zwifchen ihm und der Fläche auf der es lag, nach) und nach, vermöge der anzies benden elektriſchen Wirkungen. 273 henden Kraft diefer Fläche dergeſtalt zufammen ge- haͤufet, daß zwar ihre Dichtigkeit von der Flaͤche an nach dem Blaͤttchen immer abnimmt, aber doch bey dem letzten noch ſtark genug bleibt, das Blaͤttchen an ſich zu ziehen, und folglich gegen die Flaͤche wie⸗ der zu treiben, welches das elektriſche Zuruͤckſtoſ⸗ ſen ausmachet, ‚ Die Abficht ift in gegenmwärttigem Yuszuge nicht, die Hypotheſe des Herrn Bina vollftändig zu erzaͤh⸗ len; denn fo finnreich fie auch ift, und mit fo vieler Geſchicklichkeit er auch daraus die übrigen eleftrifchen Begebenheiten herleitet, fo bleibt es doch allezeit noch eine Hypotheſe. Man hat aber Doch das Bornehm- fte, worauf fie ankoͤmmt, nicht. gänzlich verſchwei⸗ ‚gen wollen, einige merfwürdige Erfahrungen aber feheinen noch mebr zu verdienen, daß ihnen bier ein Platz eingeräumet werde. Wenn man das Fleftrifirglas ftatt der Hand mit Metall veibt, wird die Kleftricität viel ftärfer, Duͤnn gefehlagenes Kupfer Fann an die Hoͤhlung einer halben Roͤhre oder eines Schuͤſſelchens mir Pe— che befeftiget werden, und thut fo fehr gute Dienfte, das Glas Damit zu reiben, - Die Befchleunigung‘ des umlaufenden Geblüces thut Hr. B. durch verfchiedene Verfuche dar. Den erften bat der P. Gordon angeftellee, und dem Herrn Dins durch den P. Carl de Pifporr, öf: fentlichen ordentlichen $ehrer der Theologie auf der - fuldifchen Univerficät, mitgerbeilet. „Ich beobach= „tete, find feine Worte, den Schwanz eines Fifch- „chens unter dem englifchen Bergrößerungsalafe der= „geftalt, daß fich dieſes Werkzeug auf einem etwas 10 Dand, S „großen — 274 Bing, von den - „großen eleftrifchen Geftelle befand, worauf ich ſelbſt „mit trat, um nebſt dem Bergrößerungsglafe zugleich „eleftrifch zu werden, fonft dürfte ein uneleftrifches „Auge, einen ihm fehädlichen Funken aus dem eleftri= „firten metallenen Bergrößerungsmerfzeuge heraus „ziehen. Weil ich fo auf den Gegenftand ſah, follte ‚ „einer der Benftehenden, der fich auf dem bloßen „Boden des Zimmers befand, ohne mein Willen, „den Fuß des hölzernen Geftelles, auf dem fich das „Bergrößerungswerfjeug befand, berühren, und da» „durch die Eleftricität hindern, in langfamerer „Fluß der Blurfügelchen, zeigte mir allezeit an, wenn „folches gefchehen mar, und aus derfelben Befchleu- „nigung erfannte ich allezeit, wenn die Hand wieder „weg war, welches ich auch den Umſtehenden jedes- „mal entdeckte. Doc, damit ich nicht betrogen „würde, ließ ich einen andern ftatt meiner auf dag „Geftelle treten, und ich griff mit der Hand an, „welches mir jener allemal richtig bemerfte, ob ic) „gleich durch allerley Fragen eine entgegen gefeßte „Antwort von ihm zurerhalten trachtete *. | Die = Der Berfuch ſteht auch in des P. Gordons Phyfica experimentali $. 569 Er will folchem daſelbſt nicht recht trauen, weil der Schluß von einem fo Eleinen Gegenftande, ald der Schwanz des Fifch- chen ift, auf den menfchlichen Körper nicht folge. Aber warum nicht, da der menfchliche Körper um fo viel er größer iſt, auch mehr Eleftricitat in fich nimmt. Wenn nur fonft der Berfuch mit dem Fifche chen richtig iſt, welcher mir deswegen bedenklich vorfömmt, weil ich _fonft manchmal bey Beobach- tung dieſes Umlaufes Stostungen und Beſchleuni— gun⸗ eleftrifchen Wirkungen. 275 Die andere Beobachtung in diefer Abfiche ift von Herr Tacob Placentinus, Profeffor der Medicin im Achigymnafio zu Padua, mie folget : Innerhalb einer Minute, die man vermittelft einer befonders dazu verfertigten Uhr aufs gensuelte abgemefjen bar, find die Pulsfchläs ge am (Beienfe der Hand (Carpo) zu drey verfchiedenen Zeiten folgendermaßen - bemerket worden, Vor dem Elektriſ. Im Elektr. Tach dem Elektr. Beym Marchefe Joh. Poleno 64 69 74 Beym D. Augu⸗ ſtino Tavelli 66 78 74 Bey Johann Carrario 71 80 79 Bey Jacob Durer 86 93 89 Beym P. Mo- dello Carmeliter 81 90 83 Die Auf behaltung der elektriſchen Kraft hat der P. Gordon ungemein weit gettieben, wie folgender Brief von ihm meldet: | » Das Ende des eifernen Drahtes, deſſen ich mich „bediene, ift in einen Ring gebogen, der der Größe | Sa „der gungen bemerfet habe, die etwan von der Lage und andern Umſtaͤnden des Fifchchens herruͤhren konn⸗ » ten, da ed nicht eleftrifireer war. Doch verdienef der Umſtand Aufmerkſamkeit, daß die Beſchleuni⸗ gung allemal mis dem Elektrifiren verbunden ge: weſen. Dar | 276 Bina, von den „ver Röhre gemäß ift, fo daß man ihn an folche „anftecfen und wieder abnehmen kann. Daher ba= „be ich) Gelegenheit befommen, eine andere fonder- „bare Begebenheit bey diefem Verſuche zu bemerfen, „vaß nämlich die vermittelft deflelben mitgetheilte: „eleftrifche Kraft viel langer als gewöhnlich daurer. - „Ich ftellte den Verſuch, ohne hiervon etwas zu wif „ten, morgens früh an, und hatte das Glas nebft „dem darinn befindlichen Drahte, den ic) von unge— „faͤhr angerühret hatte, von der Röhre abgefondert „auf den Tiſch gefeßet. Ungefähr um ı Uhr nach- „mittage nahm ich das Glas von dem Roͤhrchen „weg, und zog den Draht heraus. Da ich denn „einen ftarfen Funken erregte. Diefes geſchah wohl „Sieben Stunden darnach, da ich für mic) eleftrifirt „batte, und ich wunderte mich über die lange Erhal— „tung dieſer Kraft. Die Stärfe des Funkens wieß, „daß dieſe Kraft noch länger würde gedauret haben, „wenn ich nicht den Funken aus dem eifernen Drahte „gezogen hätte. Hierauf wiederholte ich den Ver— „ſuch mit Fleiß, zu erforfchen, wie lange die Kraft. „des Fadens dauern würde. Ich nahm alfo das „„gläferne Gefäß nebft dem Drahte darinn, nad) einer „langen Eleftrifirung von der Roͤhre weg, und vera „huͤtete forgfältig, Daß es nicht eher, als den Mor: „gen des folgenden Tages, angegriffen wurde, da ich „doch, einen ſchwaͤchern Funken als das vorige mal, „obgleich faft 14 Stunden nad) der Eleferifirung ver— „floffen waren. Diefes habe ich nachdem oft wies „derholet, und einftens war der Funfen fo ftarf, daß „er noch den andern Tag Spiritum aethereum an= „zundere, Ich hatte bey dem Elektriſiren ein fehr | „weites efeftrifchen Wirkungen. — „weites glaͤſernes Gefaͤße gebrauchet, (denn es iſt „deſto beſſer, je weiter es iſt,) und mich nebſt der „großen elektriſchen Maſchine noch zweyer kleinen be⸗ „dienet, deren Wirkung ich, vermittelſt einer Kette, „vereinigte, „Als ich diefe langwierige elektriſche Kraft bemer⸗ „ket hatte, habe ich ſie nachgehends noch auf eine „andere Art verſuchet. Ich habe aus dem glaͤſernen „Gefäße, das ich von der Roͤhre weggenommen hats „te, den Draht, vermittelft eines feidenen Fadens, „heraus gezogen, damit er feiner eleftrifchen Kraft „nicht beraubet würde. Dieſer Draht war alfo von „feinem Wafler abgefondere, und an einer feidenen „Schnur hängend, vermögend einen Funken von „ſich zugeben. Mach diefen ließ id) ihn wieder ins „Waſſer, und kurz zuvor, ehe er die Oberfläche des „Waſſers berührte, oder faft bey der Berührung „telbft, erregte er wieder einen merflichen Sunfen, „zum Beweife der noch rücftändigen eleftrifchen „Kraft. Diefen Berfuch babe ich öfters wiederho— „tet, und den eleftrifivten Draht, vermittelft des feis „denen Fadens, heraus gezogen, und einen andern, „noch nicht eleftrifirten Draht, ftatt feiner, ins Waf „ſer gelaffen, da ich denn die Kleftricität diefes Drah⸗ „tes ſo ſtark gefunden habe, als der vorige Draht, „wenn er im Waſſer geblieben waͤre, gewieſen haͤtte. „Aus dem, was ich von dieſem Verſuche geſaget „habe, erhellet, daß die Verſetzung des Glaſes von „einem Orte zum andern, der Elektricitaͤt nicht ges „ſchadet hat. Ich habe alſo das eleftrifirte Gefäße „aus einem Stockwerke ins andere getragen, und * zuruͤck gebracht, wo die Elektricitaͤt immer⸗ ©,3 „fort 278 Bina, von den „fort gedauret hat. Einſt habe ih das Glas fo „ſtark eleftrifivee, als ich fonnte, und den Draht „bermittelft Des feidenen Fadens heraus gezogen, „darauf einen guten Freund in der Stadt beſuchet, „und das Glas bedachtſam dahin bringen laſſen, dar— „auf den Draht mit dem feidenen Faden hinein ge- „laſſen, und Spiritum asthereum nicht ohne großes „Erſtaunen ver Anmefenden angezündet. ,, Herr Dina hat nad) feiner Theorie geglaubet, ver: mitteljt der Ausleerung der Luft müßte die eleftrifche Kraft noch länger dauren. Weil er nun. feine Luft pumpe befommen Fonnte, Bat er vermittelft des Feu⸗ ers aus einem Gefäße, (amphora) alle Luft, fo viel als möglich getrieben, diefes alsdenn mit einem mit Pech verfehmierten Deckel verfchloffen ‚Durch welchen ein fpißig gemachter Meßingdraht gefteckt ward, und dabey alles fo verwahrer, daß Die Außere Luft gar feinen Zugang fand. Der Theil des Drahtes, wel- cher aus dem Gefäße heraus gieng, war wie ein King am Ende gebogen, damit man ihn an die elef- trifirte Stange bringen, und davon, vermittelft des feidenen Fadens, bequem wegnehmen fünnte. Man brachte den Drabt, nebft dem Gefäße, in welchem er ſich befand, an die eleftrifche Stange, und ber merfte, daß die eleftrifche Kraft nicht nur merklich verftärfee wurde, fondern auch in der Stange viel länger blieb, als wenn ſich der Draht nicht daran befand, welches leßtere der Funfen wies, Gelhft der Draht, den man, vermittelft des feidenen Fa— dens, von der Stange abgefondert hatte, und ver- mittelft einer feidenen Schlinge an einen Nagel häng- te, gab nach) 26 Minuten bey Annäberung des Fin⸗ gers elektriſchen Wirfungen. 279 gers einen rothblitzenden und noch krachenden Funken von ſich. Herr Bina erſuchet die Naturforſcher, ihn, durch Wiederholung dieſes Verſuches, mit einer Luftpumpe zu verbinden, als wodurch ſeine Theorie merklich beſtaͤtiget wuͤrde. Herr Dins kennet unter den Schriften von der Eleftricitäat auch die Deutſchen. Er führee unfers Heren Prof. Winflers Werfe, und die Danziger Naturforſcher an. Unſere deurfchgefinnte Patrioten werden fich unftreitig darüber freuen, wenn fie fehen, daß ihre Sprache auch bald jenfeits der tyrolifchen Alpen zur gelehrten wird, A. G. K. 28060 Don einem Geſchwuͤre KERNE * 3*5* V. Daniel Peter Layard, der Arztneyk. D. und Mitglied d. K. G. Brief an den Praͤſidenten, d. K. G. zu London, worinnen ein Vorfall, der ſich mit ei⸗ nem jungen Frauenzimmer zugetragen, welche ein außerordentliches Geſchwuͤr in ihrem Magen gehabt, erzaͤhlet wird, Borgelefen den 3. May 1750. Aus den Philof. Transact. 495. N. U. Art. Mein Herr, ie Mittheilung des folgenden Vorfalles, tvels 5 che ich Ihnen vorzulegen die Ehre habe, wird mir, wie ich hoffe, nicht übel ausge= leget werden. Meine Abfiche ift einzig und allein, Ihren Befehlen zu gehorfamen, und Ihnen deſſen unvermerfte Eur, fo genau als ich im Stande bin, zu befchreiben, Ich iverde mir das größte Ber» gnügen inm Magen. 281 gnuͤgen daraus machen, wenn diefe Beobachtung von einigem Nutzen feyn follte. Sie werden. mir er⸗ lauben, daß ich mid) mit aller möglichen Hochach⸗ tung nenne Mein Herr, Dean ⸗ſtreet, den 17. Hornung 1749» hr ergebenfter und gehorfamfter Diener D. P. tayard. ——— = =» ein junges Frauenzimmer von 17 Jahren, welche ſich ungefähr 3 Meilen von dieſer Stadt in Koft und Unterricht befand, befam einen übermäßigen Schweiß, welcher, nachdem er einige Zeit angehalten, und fie fehr abgemattet, durch Salztraͤnke, die aus dem Vitriolelixire gemacht ‚waren, gehemmet wurde, Da diefer Schweiß vertrieben war, erfolgte eine Verftopfung der monatlichen Zeit, mit allen ihren Ba Ein Furzer Athem, trockener Huften, ein echender Schmerz in der linfen Seite an den Eur- zen Ribben (Hypochondrium), Erftarrungen, 1.0.9. wurden für Kennzeichen einer Entzündung der Lunge (Peripneumonf ) gehalten: und als die gewöhnli- chen Arzeneyen Feine Wirfung thaten, legte man ein Blafen ziehendes Mittel auf die linfe Dinne, Stinfende Sachen, und Biſam, wie man in ! SS; Mer: — 232 Bon einem Geſchwuͤre - Nervenkrankheiten brauchet, wurden in großer Men: ge verordnet z fie halfen aber auch wenig. Als man für rathſam befunden, das Fräulein in die Stadt zu fhaffen, fah ich fie den ı2. Hornung 1745:6 zum erftenmale an, und bemerfte eine breife und hohe Gefchmwulft auf der linken Dünne, welche fi zum Theil bis an die rechte erſtreckte, und die Ge— gend über dem Nabel (Epigaltrium) nebft der Herzgru⸗ be, wo fie über einen anhaltenden ftechenden Schmerz flagte, einnahm. Die Musfeln an der Gurgel, an dem Eingange des Schlundes (Pharynx) und am Halfe, waren fehr gefhwollen, und die Drüfen vers härter. Die andern Zufäfle waren ein beftändig ge— ſchwinder Puls, Durft, heiſcher Huften, beſchwer—⸗ liches Athemholen, Herzweh (Cardialgia) und Ver— ſchließung des Schlundes: fo, daß fie vas Getränke, fobald als etwas davon in die Höhlung ihres Magens hinunter fiel, wie fie fi) ausdrücte, den Augenbli unter beftigen Schmerzen, Poltern im $eibe, Aufftoßen, und Schlufen, wieder von fi) gab. As ih am 14. diefes fand, daß die Zufälle, bauptfähli die Verſchließung des Schlundes, zur genommen, und vermuthere, es muͤſſe ein Eiterge— _ ſchwuͤr in dem Magen entftanden feyn, bath ich,man möchte den D. Mead rufen laffen. Diefer beftärf- te mich in meiner Meynung. Zu $inderung der Entzuͤndung murde eine Fühlende fc)leimichte (muci— Iaginöfe) Mixtur, Wallvath (Sperina Ceti), und larivende Elnftire verordnet, Den andern Tag wur— de mir gemeldet, Daß der Magen nicht einen Tro— pfen von der Mirtur annehmen mollte, Doctor Mead { im Magen. 283 Mead — ‚ als ev Abſchied nahm, den Kath, man follte die Clyſtire, wenn es die Roch erforderte, alle drey oder vier Tage wiederholen, und ein wach— ſames Auge auf die Natur haben, im Fall ſie etwa eine heilſame Veraͤnderung wirken ſollte: welche aber, ſeiner Meynung nach, wenig zu hoffen waͤre, weil er bemerket, daß ſich dieſe Eitergeſchwuͤre oͤfte— rer mit dem Brande endigten, als zu einer vollfoms menen DBereiterung kaͤmen. Den 16, diefes giengen nad) dem Clyſtire einige Stuͤcken Haut, ungefähr eines Singers lang, und zween Finger breit, durch den Stuhlgang mit weg. Die Gedärme fhlüpfrig zu machen, verordnete ich zehen Unzen bloße Schöpfenfleifchbrühe einzufpri- Gen. Diefes gefchah alle Tage zweymal, bis auf den 3. Man, und die Brühe wurde nach dem erften male, allezeit eingefauget, und folches jeden Tag zweymal wiederholet, bis den 3. May. In diefem Zuftande blieb vie Kranfe, welche kei⸗ ne andere Nahrung als von den Vruͤhcloſtiren hatte, der man aller drey Tage ein laxirend Clyſtir ſetzte, und ein warmes Carminatiopflafter auf die Ge— ſchwulſt legte, bis den 17. März, Da ic) einen nach» laffenden Puls bemerfte, und hoffte, daß ein Des coct von der peruvianifchen Rinde, wenn es mie die Bruͤhclyſtire eingefauget würde, zu Stärfung ber feften Theile fehr dienlich ſeyn koͤnnte. Ich verord⸗ nete in dieſer Abſicht ihr 8 Unzen von dieſem De: cocte beyzubringen, und dieſes 4 Stunden darauf zu wiederholen. Das erſte war zufaͤlliger Weiſe nicht halb hinauf gekommen; das andere den 18. a früh Morgens um 2 Uhr, that eine fehr außer- 2834 Don einen Geſchwuͤre außerordentliche Wirkung. Es wurde gänzlich eins gefauget, und das junge Frauenzimmer klagte unge: faͤhr zwo Gtunden-darauf über einen fehr ftechenden Schmerz in ihrem Magen, welcher fo heftig war, daß er ihr einen häufigen Schweiß verurfachte, und eine Ohnmacht zuzog, darinn fie eine ganze Viertel: - ftunde blieb. Da fie wieder zu fich felbit Fam, ſchrie fie, und gab ihrer Wärterinn ein Zeichen, daß fie ihr ein Becken bringen ſollte. Sie brach beynahe zwey Pfund geronnen Geblüre, und hernach etwas eiterichter Materie weg. Hierauf giengen mehr als 4 Duart wohl digerivtes Eiter, mic verfchiedenen Stuͤcken Haut, die den vorgedachten gleich waren, durch den Stuhl von ihr, Die eiterichten Ausfuͤh— rungen, weldje nad) und nad) abnahmen, währeten bis den 23. April. Es wurden ihr täglich balfami- fhe Arzineyen, ein wenig Kalbfleifh, und Schoͤ— - pfenfleifchbrühbe gegeben. Den 29. April wurde die Kranke mit dem Fleifchichten der Caßia purgiret. Den 3. May wurde mit ven Schöpfenfleifhbrühelnftiren aufgeböref, und der Magen that nunmehr das feini- ge wieder. Den 7. wurden 10 Unzen Blut am Fuße weggelaffen, welches die monatliche Zeit wie— der herunter 309. Das Auffchwellen und die Ver: härtung der Musfeln und Drüfen des Halfes wurde durch beftändiges Auflegen des Emplaftr. Saponac. weggebracht. Und durch den Gebrauch magenftär- fenver Arztneyen und mineralifcher Waſſer war das junge Frauenzimmer den 17. Brachmonats 1746, vollfommen wieder curivet, und hat fich nachher alle: zeit wohl befunden, 2 Es im Magen. 285 ‚Es wird nicht undienlich ſeyn, zu bemerken, daß der Magen, in Anfebung der Menge Blutgefäße, womit derfelbe verfehen *, den Entzündungen und ı Eitergefehwüren fo gut als font ein Theil des menfch- lichen Körpers unterworfen ift, Diefe werden durch eine Stofung des Geblütes veranlaſſet, welche, wenn fie nicht bald gehoben wird, den Kranfen, weil fie die zum Leben nothwendigen Verrichtungen dieſes Eingeweides hemmen, in die groͤßte Lebensgefahr ſetzet. Der ſchnelle Fortgang dieſer Krankheit, und der Fehler, daß man nicht mit gehoͤrigen Huͤlfsmit⸗ teln zu dieſem Theile kommen kann, machen, daß ſie einen ungluͤcklichen Ausgang gewinnt; und daß diefe Eitergeſchwuͤre, wie Doctor Mead weislich bemerfer, öfterer in den “Brand geratben, als zur Vereiterung kommen. Diejenigen, welche zur Ders eiterung fommen, ziehen gemeiniglich bösartige Ge⸗ ſchwuͤre ( Vlcera) nach) fich, welche in die Höhlung des Unterleibes dringen, und manchmal aud) wohl die Integumente durchfreffen, wie folgende Beob⸗ achtungen, die hier aufgezeichnet find, beftätigen. 1) „Herr Petit hat ein frebshaftes und fiftulö- „ſes Gefchwür gefunden, welches ſich durch den „Grund des Magens und durch die Integumente „der — gefreſſen. 2) „Herr * Boerhaue in Aphorism. de ventricul. inflam. p. 228. Artieul. 951. 932. 955. 1) Mem. de P Academ. des Sciences Ann. 1716. p- 312, 286 Bon einem Geſchwuͤre 2) „Herr Duverney hat auch ein Loch in einem „Magen gefunden, durch welches er feinen Daumen „hat fteefen Finnen, Diefes Loch ift an dem untern „Magenmunde (Pförtner) gemefen, welchen er außerordentlich erweitert gefunden, ‚, 3) „Herr Littre hat ein bösartiges Geſchwuͤre „von fünf Linien im Durchmeffer, und ungefähr ein „und ein halb Zoll von dem untern Magenmunde, „benerfet: und drey Pinten geronnen und ferofes „Blut in dem Magen einer jungen Mannsperfon, „welche eine große Menge Blut verloren gehabt, „gefunden. » 4) » Befagter Herr Littre giebt auh Nachricht „von einer Geſchwulſt an der rechten Seite, aus „welcher, als fie zwifchen der Iegten wahren, und „der erften falfchen Ribbe geöffnet worden, Eiter, „Gries, und Magenfaft (Succus gaftricus), nebft „Stüdfen von halb verdaueten Speifen, gegangen. ; 5) „Und Herr Artinfon erzähler uns in den „pbilofopbifchen Transactionen, daß er eine Ge⸗ „ſchwulſt an dem obern Theile des Bauches geöffner, „aus deren Deffnung ein Theil des Netzes, nebſt al- „lem dem, was der Patient vor acht oder zehn Ta- „gen gegeffen, gegangen. Michts deſtoweniger wur⸗ „de der Patient wieder Berboffen, innerbalb fechs „Wochen curiret, ,, Folgende Bemerkung von dem Koreftus aber koͤmmt unferm Dorfalle am naͤchſten. „buella „quin- ») Hiftoire de P Acad. des Sciences, a 1704 P- 27. 3) Ebendaf. p. 30. " 4) Ebendaf. p 5) Bhilof. — 371. N. im Magen. 287 „guindecim annörum, per biennium fere cum de „dolore ventriculi conquereretur, anno tertio tu- „morem manifefte viderunt parentes, in eo loco; „neque tunc quiequanı confilii aut remedii tenta- „tum. Hinc ruptionem animaduerterunt, excre- „uitque puella materiam, biliofam, pituitofam ‚ac „faniofam, per aluum: ex his apoftema apparuit, „cet. 6). > „Luetus 7) führee verfchiedene Exempel vo „Perjonen an, melde eine lange Zeit ohne Speifen „gelebet, wenn fie nur flüßige Sachen haben anneh— „men fünnen. Und das junge Srauenzimmer, wel „ches Herr Littre 8) mit Bruͤhclyſtiren genäbrer, „morein ein oder zwey Eyerdotter, und manchmal „ein Glas Wein gemifcher worden, Fonnte auch „Waſſer, jedod) Feine andere Feuchtigfeit, in ihrem „Magen behalten. „ Diefes Vortheils war unfere Kranke berauber. | Es erbellet aus dem, was ich erzähle, daß unfer junges Srauenzimmer ein Eitergeſchwuͤr in ihrem Magen gehabt, welches nach und nach vereitert, ges veifet, gezeitiget, aufgebrochen, und fich wieder mit einer Narbe gefchloffen, wie bey jedem andern His tergeſchwuͤre gefchieht: und daß fie während der ae welches beynahe drey Monate waren, faft ein« zig und allein ihre Nahrung von den Schöpfenfleifch. brübelyftiren befommen. Ueberſetzt von Dr. J. €. Zeiher, v1. Vor⸗ 0) Foreftus Obſeru. 33. de ventricul. vleer. 7) Luetus de his qui diu viuunt fine alimento. 8) Memoir. de P Acad. des Sciences, A. 1716. p, 183. 238 Don einer Geſchwulſt, zer *R PR *44* * zz 2 u ſR * Vorfall einer inwendig in der Blaſeentſandenen Geſchwuſſ welche von Joſeph Warner, Wundarzt des Guy So gluͤcklich ausgerottet worden; dem Praͤſidenten in einem Briefe mitgetheilet, Vorgeleſen den 10 May 1750. | Aus den philofoph. Transact. 495 N. IIII. Art. ! Sin Gewüchs oder eine Geſchwulſt an der in- nern Haut der Blaſe ift eine Krankheit, wels che, ob fie gleich eben nicht fehr gemein, fleißigen Nachforſchern genugfam bekannt iſt. Allein, ich glaube nicht, daß bisher noch je— mand dieſe Krankheit durch das Ausrotten zu curiren unternommen, und daß es viele Exempel geben wird, da dieſe Operation verrichtet werden kann. Da es aus der mediciniſchen und chirurgiſchen Hiſtorie be— kannt, daß man gefunden, daß verſchiedene Krank— beiten, ‚, welche vor dieſem nicht bemerfet worden, öfters vorkommen, nachdem deren Natur einmal entdecke, und genau befchrieben worden, fo ſchmei— chele ich mir, daß das, was ich bier vor Yugen lege, gegens welche in der Blafe entfkanden. 239 | gegenwärtiger Marerie vielleicht einiges Licht ge⸗ ben wird, Maria Bevan , Ihres Alters 23 Jaht, hatte ſich den 24 Brachmon. 1747, da ſie ein ſchweres Ge— wicht heben wollte, wehe gethan. Unmittelbar dar⸗ auf, fühlte. fie” einen beftigen Schmerz unten, am Ruͤckgrade (am Kreimze),und fonnte ganz und gar feinen Urin laffen. Dieſe Zufälledauerten , ungeachtet man ſich verſchiedener Methoden bebienete, fie Davon wie⸗ der zu befrenen, ‚bis den 29 dieſes Monats; da ein beruͤhmter Medieus und Accoucheur ihr zu hetfen ge» ‚rufen wurde , : welcher ihr den Urin vermittelt des Gatheters abließ. Während der VBerbaltung des Urins wurde fie von einem feharfen Sieber ( Febris acuta) angefallen, und 18 oder 20 Stunden zuvor, ehe ihr der Urin abgelaffen wurde, gab fie eine große Menge falzichtes und mit Blute gefärbtes Waſſer von ſich, welches, nachdem fie ſich niedergeleget, in fo großer Menge von ihr ſchoß 2 daß fie in großer Geſahr zu erſticken war. Im Monat April 17 750 wurde ich zu diefer Patiene einn verlanger, Als ic) mich nach ihren Umfländen erfundigte, hörte ich, daß fie von dem Augenblicke ‚an, da ihr dieſer Zufall begegnet, nicht einen einzi⸗ gen Tropfen Urin, ohne Hülfe bes Catheters, wel⸗ cher alle 24 Stunden zwey oder dreymal gebrauchet | worden, laſſen Fönnen; daß fie beftändig Schmerzen . gehabt, und feit wenig Tagen , weil: fie einigemal- eine beträchtliche Menge Blut. verloren, welches die‘ Gewalt, welche man, diefes Inſtrument hinein zu ‚bringen , gebraucher, verurfachet , ſehr entkraͤftet worden. Als ich ſie mit meinem Vorderfinger, wel⸗ o0 Band, 7 chen 290 Von einer Geſchwulſt, chen ich nicht ohne die groͤßte Muͤhe durch den Urin— gang bringen konnte, unterſuchte, entdeckte ich eine betraͤchtliche Geſchwulſt, welche von fleiſchichtem Beſtandweſen zu ſeyn ſchien. Der Anfang war in dem niedern Theile der Blaſe, am Halſe, und den Umfang konnte ich nicht ohne große Muͤhe erreichen. Sie ſagte mir, daß ſie dieſe Geſchwulſt ſchon vor ungefaͤhr 20 Monaten entdecket. Wenn die Blaſe voll war, und die Patientinn ſich anſtrengte, um das Waſſer zu laſſen, bemerkte ich, daß die Ge— ſchwulſt ein wenig in den Uringang heraus getrieben wurde: aber gleich, fo bald als fie zu preſſen aufhoͤrte, wieder zurück frat. Diefe Erfcheinung zeigte fih nachher immer wie⸗ der, faſt auf eben diefe Art, wie fie anfänglic) ift bes merket worden: und ungefähr ein und ein halb Jahr Darauf wurde, weil man vermuthete, es müffe flüf« fige Materie in der Gefchwulft enthalten ſeyn, eine Deffnung, ein Schnitt hinein gemacht; e8 war aber vergebens, und es wollte nichts heraus laufen, Die Methode, deren id) mich, um die Geſchwulſt 'auszurotten, bediente, war diefe. Ich machte erft- lich folche Vorbereitungen mit der Patientinn , die man zu machen pflegt, wenn man den Stein ſchnei⸗ den will, Ich ließ fie hierauf, da die Blaſe voll war, fich fo preffen, als wenn fie den Urin laſſen wollte, und nahm alsdenn wahr, daß die Geſchwulſt ein wenig hervor gefchoben wurde. Ich verwehrte ‚derfelben das Zurücftreten in die Blaſe gaͤnzlich mit Hülfe einer gefrümmten Nabel, die id) durch die Geſchwulſt ftecfte, und um welche ic) ein Band leg. te, und verfuchte, ob ich felbige durch den — raus welche in der Blafe entſtanden. 291 heraus ziehen koͤnnte; allein, ich konnte ſolches, we—⸗ gen ihrer Groͤße, nicht bewerkſtelligen. Da ich die⸗ ſes ſahe, erweiterte ich den Uringang durch einen Schnitt, welchen ich an der rechten Seite aufwaͤrts, ungefaͤhr bis an die Haͤlfte gegen den Hals machte. Ich zog hernach die Geſchwulſt hervor, und hatte genugſamen Raum, ein breites Band um deren Grund zu legen. Die erſten drey Tage nach der Operation klagte die Patientinn uͤber großen Schmerz in dem Unterleibe. Den ſechſten Tag fiel die Geſchwulſt ab. Sie konnte gleich den erſten Tag nach der u tion den Urin, ohne einige Benhülfe, laffen, und befinder fich nunmebro vollfommen wieder wohl. Ueberfegt von D. J. E. Zeiher. Ta VI Nach⸗ 22 BinaErklieung. — * * 4 * * * e e e — Nachricht des Herrn Dina Erklärung des Erdbeben. om Andreas Bina, ein Benedickinermönd) von Monte Caßino, und Lector der Philo- fophie im Klofter St. Petri, beftändiger Sefretair der Acadeıniae Augnftae, hatzu Perugia 1751 6 B. in 49. unter dem Titel heraus gegeben: Ragionamento fopra la cagione de’ terre- möti ed in particolare di quello della terra di Gual- do di Nocera nell Umbria Segnita !’ A. 1751. Das iſt: Unterfuchung der Urfachen der Erdbeben, bee fonders deffen, das fich in der Terra di Gualdo di Nocera In Umbrien 1751 ereignet. %. Nach Prüfung verfchiedener Meynungen der Na⸗ furforfcher von dem Erdbeben fällt er darauf, ob fie fih nicht durch die Erfchütterung des Teidenfchen elektriſchen Verſuches erflären ließen. Wenn man unterirdifche Waſſerbehaͤltniſſe annimmt , faget er, fo läßt fich eine wahrſcheinliche Erflärung der Erdber Den aus dem leidenfchen Berfuche herleiten. Es ift befannt, wenn jemand eine eleftrifche Flafche voll Waſſer, oder eines andern lichten oder fetten fluͤßi⸗ gen Wefens in der Hand hält, und mit der nn and des Erdbebend. 293 Hand an den hinein gefteckten Eiſendraht ruͤhret, daß felbiger einen defto heftigern Stoß empfindet, je fläre fer die Flaſche von der eleftrifchen Kraft angefüllee ift. Und nicht nur derjenige, welcher das Glas hält, ſon— dern eine ganze Reihe Leute, die einander an den Händen anfaflen, fühlen folches. Herr Warfon hat, dieſen Verſuch allgemeiner und erjtaunlicyer zu machen, dadurch die Wirfungen der Minen nach» zuahmen gefuchee. Er ſetzet zwo Flaſchen mit großen runden Bäuchen die er mit Waſſer ges füllee, und mit dünnen Bley umwickelt hatte, in einen Winfel des Zimmers , dergeſtalt, daß fie vermittelft eines metallenen Drahtes die eleftri- ſche Kraft erhalten Fonnten, welche die Kugel einer eifernen Stange oder Röhre mittheilte. Er bieng einen eifernen Drabt an eine metallene Stange, die von zween Hafen getragen wurde, welche von den benden bfeyernen Einfaffungen herab biengen, und ließ folche unter einem Stücke Tuch hängen, damit der Boden bedeckt war. Darauf machte er die la: fchen eleftrifch, und trat mit dem Fuße gerade über den Draht unter dem Tuche, worauf er den Finger der Röhre oder Stange, die von der Kugel eleftrifi- tet ward, näherte, und eine pen Eerſchuͤtterung empfand. Waſſerbehaͤltniſſe, die ſich in de Erde befinden, Fonnen die Stelle der Flafchen vertreten. Der Schwefel und das Erdpeh, fo vom Wafler an den Boden und an die Wände der Behältniffe angefeßer wird, wenn es zuvor dergleichen Theilchen in ſich enthielte, ‚ überzieht den Boden und die Wände der» geftalt daß er die Stelle « feinften Glaſes, aus wel⸗ 294 Bing Erflärung welchem jene Flaſchen beſtunden, vertreten Fan, Esift wahr, der leidenfche Verſuch will nicht veche von ftatten gehen, wenn man ftatt der. gläfernen ne andere aus Siegellack oder andern, folchen arzigten und pechartigen Dingen, feget. Aber da man viefe Materien fonft bey allen eleftrifchen Ver⸗ fuchen ftatt des Glaſes brauchen kann, ſo laͤßt fich nicht anders ſchließen, als daß fie auch bier die Wir— Fung der eleftrifchen Kraft nicht finden koͤnnen. Biel: leicht müffen die Flaſchen aus folhen Materien fehr duͤnne feyn, wozu es ſchwer zu bringen ift, ohne daß fie aus andern Gründen einem guten Ausgange des Verſuches zumider wären. Setzte man nun ſtatt der Menfchen bey dem leidenfchen Verſuche andere leb⸗ Iofe Suchen, fo ift Eein Zweifel, daß ſolche unter eben den Umſtaͤnden auch würden erſchuͤttert werden: brauchte man bey Heren Warfons Verſuche, ſtatt deſſen, der auf dem Drahte ftand, eine Fleine leicht bemweglihe Mafchine, fo würde man foldhe beym Her= ausdringen des eleftrifchen Funfens, büpfen fehen, und dieſes defto ftärfer, je ftärker die eleftrifche Kraft wäre. Wenn alfo die unterirdifchen Waſſerbehaͤlt⸗ niffe die Stelleder Flafchen vertreten, werden die Roͤh⸗ ren oder Adern, die durch den Körper der Erde lau— fen, das Amt des eifernen Drahtes verrichten, und die Erde über-diefen Nöhren, wird eben das empfin- den, was der Menfch fühlte, der über dem: Drahte ſtund: es wird fich erheben und erfchürtert werden, fo bald ein Haufen verbrennlicher Dinge in irgend einer unterivdifchen Höhle. Feuer fängt z denn fo. wird fich in der dafelbjt eingefchloffenen Luft die elektri⸗ ſche Kraft erregen, fih den Adern mittheilen, und | nn des Erdbebens. 295 von bar in die Waflerbehältniffe fammien. Der Stoß wird da flärfer, und die Erfchürterung befti« ger feyn, wo. man ſich über den Adern und Waſſer-⸗ röhren ‚befindet, von denen ein Theil die eleftrifche Kraft von der Luft empfängt, die durch die Entzuͤn— dung erreget ward, und fie nach) den Waflerbehälts niffen bringt, ein Theil den Lauf derfelben wieder von neuem anfaͤngt. Anderswo wird die Erfchütterung fchwächer feyn, fo wie einer bey Warfons Verſuche, der denjenigen, welcher eigentlicd) den Funken heraus zieht, bey der Hand haͤtte, auch eine ſchwaͤchere Er» fchütterung empfinden würde, Man muß alfo. zum: voraus feßen, ehe es von des eleftrifchen Feuers Ges malt erfchüttert würde, das gegen daſſelbe heftig ans ftößt, fid) an einem feiner Theile, nahe bey einem elektriſirten Behältniffe befindet „ eben wie bey Wars fons Berfuche der Stoß nicht eher gefühler wird, bis man den eleftrifchen Funken heraus zieht. Diefes wird ſich ereignen, wenn fic) vermittelft einer unge⸗ möhnlichen Geſchwindigkeit der eleferifirten Adern, _ die Behaͤltniſſe mehr als gewöhnlich anfüllen, und. das Wafler fi) in ihnen zu außerordentlicher Höhe erhebt; fo wird es fich an einem Orte dem Erdreiche nähern, das fich in den Umſtaͤnden befinder, erfchüte fert zu werden, und darauf wird eine eleftriiche Ex⸗ plofion entftehen, als wie erfolgen würde, wenn man Waſſer in einem eleftrifirten Gefäße erhübe, bis es einem unelektriſchen Körper nahe genug kaͤme. Wie fi) der Stoß der eleftrifchen Mine vergrößert, wenn bie eleftriihe Kraft ftärfer wird, und größere oder mebrere Flaſchen genommen werden, fo begreift man leicht, daß nach der Größe her eleftrifchen Körpers, b 206 Bina Erklärung den man in der Erde annimmt, und der MWeitläuf- tigkeit und Menge der Waflerbehältniffe auch die Erfchütterung der Erde merklich feyn, und ſolche we— nigftens erhoben werden muß , das erhobene Erd⸗ reich) fallt durch fein eigenes Gewichte wieder zuruͤck, und fenfet fic), dadurch nähert es fich vorermähn- tem eleferifchen Waſſer, und wird alfo in folchen ab» wechfelnden Bewegungen nah Richtungen, welche durch die Stöße beftimmet werden, fortfahren, fo lange ihnen das Waffer Kraft dazu mittheilen kann, daß das Erdreich auch , wenn es fchon eleftrifiree ft, noch ſolche Stöße empfangen fann , läßt ſich eben fo begreifen, wie bey dem leidenfchen Werfuche der Stoß, ob wohl etwas ſchwaͤcher, noch erfolgte, wenn der , welcher das eleftrifirte Glas halt, auf Deche fteht. a wenn die äußere Fläche der. Fla— ſche benetzet ift, geht der Berfuch viel beffer von ftat- ten, wenn man auf etivas eleftrifchem, als wenn ‚man auf dem bloßen Fußboden fteht, und da bie Schichten von Peh und Schwefel, welche die un« ferirdifchen Waflerbebältnifle befleiden, nothmendig naß find, fo werden fie in gegenmwärtigem Falle de- fto gefchicfter zur Erplofion fern. Daher find Der- fer, mo fi warme Duellen befinden, dem Erdbe— ben mehr unterworfen, als andere , einmal, ‘ weil nach) Jallaberts Erfahrung der eleftrifche Stoß ftär- Fer wird, wenn das Waſſer in der Flafche Eocher, zweytens, weilda eine Menge fchrefelichter und pech» artiger Theilchen ift, welche auch dieferwegen behuͤlf⸗ lich find, die Gewalt des — Rüßigen Mer’ fens zu verftärfen , und den Stoß zu vergrößern. Auch machet die Erfahrung den Sag‘ or | re da des Erdbeben 207 daß ſich im Innern der Erde, wo folhe Quellen ent fpringen, Behaͤltniſſe voll kochenden Waffers befin- den, durch Ben der Adern beftändiger Lauf erhals ten told; Sollte Frtähben diefe mit Schwefel und Pech überzogenen Wände und Boden zu eingebildet vor= fommen, oder follte er glauben , die Erobeben an Orten, wo man folhe Materien gar nicht antrifft, ließen fich daraus nicht erfiären: fo wird vielleicht fehon die Luft, welche in ſolchen Behältniffen das Waſſer umgiebt, ihre Stelle vertreten koͤnnen. Wenn unterivdifche Waflerbehältniffe austrocfnen, oder aus alleriey Urfachen leer werden, oder Gegen—⸗ theils neue entſtehen, fo Fönnen diefe Umftände, daß ein Dre dem Eröbeben mehr oder weniger unterwors fen ift, als zuvor, Herr Bina wendet feine Hypotheſe noch auf ver ſchiedene Umftände des Erdbebens an, welche zu weitläuftig fallen würde, bier erzählee zu werden, da die Hauptabſicht ift, feine neue Anwendung der itzigen Modephyſik auf die Erklärung der Erdbeben bekannt zu machen. Das Erdbeben, von dem er beſonders redet, ift dasjenige, welches die Terra di: - Gualdo faft verwuͤſtet, und mit wiederholten Erfchüt- ferungen nicht nur die Stadt Perugia, fondern ganz Umbrien und die benachbarten Provinzen beunruhi⸗ get hat. Die erften Erſchuͤtterungen ereigneten fich zwiſchen zwey und drey Uhr des Nachmittags den 27 Heumonats, und zroifchen fünf und fechs uhr ems pfand'man zweene die heftiger waren, und länger dauerten, als die vorhergehenden: die ftärfften aber, —* welche ein ſehr alter und hoher Glockenthurm * T5 umge: 268 Bing Erflärung umgefallen, und fehr viel andere Gebäude verberbet worden, ereigneten fich zwiſchen 6 und 8 Uhr berfel« ben Nacht, und hielten eine Bierthelftunde lang mit großem Schaden, und gewaltiger Beſtuͤrzung ber armen Einwohner an. Nachdem diefes fo langwie⸗ rige und zerftörende Erdbeben aufgehöret hatte, zeige te fi auf dem Gipfel des Berges Sarafanta, an deffen Fuße der unglückliche Flecken liegt, ein Rauch, wie ein dichter Nebel, der auf eine große Weite eis nen fehr heftigen und unerträglichen Geftanf, wie verbranntes Papier, oder brennenden Schwefel, aus» breitete. Manche verfichern , mit ihren Augen, mährenden Erdbebens , beym Anbruche des 27ſten Heumon. eine große Flamme gefehen zu haben, wel⸗ che aus dem oberſten Gipfel des ‘Berges heraus ges, fahren wäre, und einer von ihnen erzählet, da er gleich von Nocera nach) Gualdo, ungefähr zwo ita⸗ lienifche Meilen weit, gereifet, habe ihn der unver⸗ hoffte Anblick diefer Flamme, nebft beftändigen Ein« ftürzungen der benachbarten Berge dergeftalt erſchre⸗ det, daß er nicht das Herz gehabt, feine Keife weis ter fortzufeßen. Auch in Perugia befräftigen viele, daß fie diefes Feuer wirklich gefehen haben. Da fi) aber Herr Bina gegen das Ende-des Auguſts felbft nad) Gualdo begeben, fo wohl zu fehen, ob das Erdbeben einige merfliche Beränderungen ges macht hatte, als fich von allen Umftänden deffelben, befonders der Flamme, und der Deffuung des Ber ges, genauer zu unterrichten, welche von den meiften. Perufinern ungezweifelt angenommen wurde, bat er auf genaues Befragen verfchiedener Einwohner in Gualdo niemanden en „ der bezeuget rn des Erdbebens. 299 daß ein ſolcher Glanz waͤre zu ſehen geweſen, und glaubet daher, das Erſchrecken habe jene veranlaſſet, zu glauben, Solem geminum et duplices ſe oſten- dere Thebas, oder ſie haͤtten gern was wunderbares berichten wollen. Keine Oeffnung, keine Spalten und Riſſe hat man auch nicht bemerket. Kurz vor den Erſchuͤtterungen, etwa eine halbe Ninute zuvor, hörte man ein Getoͤſe, welches den Einwohnern von Gualdo ein Borbote des heran na-= benden Erdbebens ward. Es Flang wie der Knall eines großen Geſchuͤtzes, und feine Stärfe war der Heftigkeit des darauf folgenden Stoßes gemäß. Zu Gualdo find die Wirfungen des Erdbebens am „ ftärfften gewefen, man hat fie weit herum gefpürer, felbft in Kom aber ſchwaͤcher. Gualdo ftand, nach Hern Bina Hypotheſe, auf dem Drahte, und zog den Sunfen heraus. Sin der That hat es in feiner Nachbarfchaft eine berühmte und alte Quelle la Raflı- na, deren unangenehmer Geruch, und ihr Gebrauch), gewiſſe Krankheiten zu heilen , verfichert, daß fie pechartige und ſchwefelichte Beſchaffenheiten habe. Die vielen Regen, die den Winter zuvor gefallen waren, haben das Erdreich durchdrungen, Dichter, und folglich zur Erregung des eleferifchen Feuers fäs biger gemacht. Der Berg Sarafanta zeiget durch feine. vielen Quellen, def er voll Feuchtigfeie fey. ie Regen haben in ihm eben die nur erwähnten Wir⸗ fingen gehabt, er wäre vielleicht ein feuerfpenender Derg geworden, wenn es ihm nicht an Metalle mangelte, die eleftrifche Kraft durch und heraus zu führen. So erfläret Here Bina aus feiner Hypotheſe die befondern Umſtaͤnde diefes Erdbebens mit. viel Scharfſinnigkeit. OR! VII, Eini- 300 Bon Materin, > EZ ZZ EZ SE u 2 zZ ZZ ZZ Ze 2" VIII. Einige Verſuche mit — welche der Faͤulniß widerſtehen, von John Pringle, M. D. Mitgl. der Königl. Gefellfchaft. | Vorgeleſen den 28ften Brachmonats, 1750, ER Hier mit Zuſaͤtzen eingeruͤckt. Aus den Philofoph. Transact. 495 N. KV Art. RD gleich eine Unterſuchung der Art und Weiſe, IB wie Körper durch die Faͤulniß aufgelöfee werben , und der Mittel, diefelbe zu ber föhleunigen , oder zu verhindern ‚ nice allein für lehrreich, fondern auch für nuͤtzlich gehalten worden *: fo finden wir dennoch, daß man die Vers ſuchei in dieſe Sache noch gar nicht weit getrieben. Es *Lord Bacon nennet „die Veranlaſſung zur Faͤulniß, „oder die Beſchleinigung derſelben, eine Materie, „welche am meiften unterfuchet zu werden verdies „net, und fpricht: Die Unterfuchung der Mittel „der. Faͤulniß zuvor zu kommen, oder ea, „abzumehren, fey von ausnehmendem Nugen, mei „ſie einen großen Se der Arztneykunſt und Chi⸗ „rurgie ausmacht. S IE Nat. ILL Qundert, welche der Faulniß widerfichen. 301 Es iſt auch nicht zu verwundern, wenn man bedenfer, wie unangenehm dieſe Arbeiten find. » Weit ich num sufälliger Weiſe eine ungemeine Anzahl Krankheiten, da eine Faͤulniß vorhanden gewefen, inden Hofpitäs lern der Armee unter meiner Beforgung gehabt, und Dadurch veranlaffet worden, einige Berfuche und Ans merfungen über dieſe Materie zu machen, fo. erfühne ic) mich, der Gocietät ‚fo wohl dasjenige, was ich von der gemeinen Meynung unteeſchieden gefunden, als auch einige Dinge, deren zuvor, fo viel als ich weiß, noch nicht gedacht worden, vorzulegen. . 1) Zu Folge des, angenommenen Begriffes, daß - Körper durch die Faͤulniß hoͤchſt kaliſch werden, machte ich folgende Berfuche, um zu unterfuchen, wie weit diefelbe richtig wäre, PR Das verfaulte Serum von. Menfchenblute, mit einer Auflöfung des Queckfüberfublimats vermifcher; gab erftlich eine truͤbe Mirtur, und nachmals einen Niederſchlag. Die ift eine von den Proben, das Dafeyn eines Kali zu beweiſen. Allein, da ich eben diefes mit frifchem Urine (‘von einer gefunden Derfon) welcher niemals für Falifch gehalten worden, gemacht, Fann diefe Probe bier fehwerlich als richtig angenoms men werden, Eben diefes Serum färbte den Veil⸗ chenſyrup gar nicht grün, und braufte auch mit dem Diteiolgeifte nicht. Ich machte diefen Berfuch zwey⸗ mal mit Portionen von verfchiedenem Sero, welches beydes ſehr verfaufet war, und einmal mit Waſſer, in welchem einige Zeit verdorben Fleiſch eingeweichet gewefen: und das meifte, was ich finden Eonnte, war! diefes, daß die röthlichte Farbe, mit welcher ich vor- ber den Veilgenſyrup, vermittelft etwas Sauern ne ein 302 Von Mäterin, ein wenig überlaufen laffen, von den verfauften Saͤf⸗ ten geſchwaͤchet, aber gar nicht zerſtoͤret wurde: und um zu fehen, wie fichs mit dem Aufbraufen verhielte, tröpfelte ich Bitriolgeift in diefe unvermifchten Fluͤßig⸗ feiten, und verdünnte fie auch mit Waffer; allein das Mengfel blieb ruhig, und es zeigten fich nur menige $ufeblafen, ‚als ich die Glaͤſer ſchuͤttelte. Und obfich ſchon, wenn ich alles hin und ber betrachte, einige Merkmaale eines verborgenen Kali in dem verfaulten Gero zeigten, fo waren fie doc) fo ſchwach, daß ein Tropfen Hirfchhorngeift in einer Menge Waſſer, die der Menge der verfaulten Slüßigfeiten gleich war, mehr von einem Kali zeigte, als 30 Tropfen von einer der andern Materien. 2) Man hat als eine Grundregel angenommen, daß aus allen thierifchen Subftanzen, wenn fie nad) der Fäulung vdeftilliret werden, eine große Menge flüchtiges Salz; in dem erften Waſſer berüber gebt: allein, der Herr Boyle * bat gefunden, daß Diefes nur bey dem Urine ftatt hat, und daß das flüßige Weſen, welches zuerft übergeht, wenn das verfaulte Serum von Menfchenblute deftillivee wird, wenig Stärfe, fd wohl in Anfehung feines Geruchs, als feines Geſchmackes hat, und gleich anfänglich nicht mit dem Sauren aufgebrauft, Und hier ift wohl zu bemerken, daß die Ehymiften insgemein diefe Eigene fchaften, welche fie in dem Urine entdecket, allen thie— rifhen Flüßigfeiten ohne Unterſchied beygeleget: da doch in der That ein großer Unterfchied darinnen ift, Einige thierifche Subftanzen, als wie Urin und alle, gehen * Nat. Hift. of Human Blood- Vol. III. p. 178. fol. welche der Faͤulniß widerfichen. 303 ‚gehen bald in Faͤulniß; der Speichel und das Ey: weiße langfam; Gleichwohl gelangen: Diejenigen, welche am gefcehwindeften verderben, nicht allezeit auf den hoͤchſten Grad der Faͤulniß. Alſo verdirbt’ die Galle zwar gefhwind, allein der faule Geruch der: felben ift gar nicht mit der Faͤulniß des Sleifches zu vergleichen: und das Weiße vom Ey ift nicht allein viel weniger als Das Dotter zum Faulen geneigt, ſon⸗ dern giebt auch, wenn es verdorben, einen verfchies denen und niche jo widerlichen Gerudy. Und es ſcheint bey altem Lirine etwas befonders zu ſeyn, daß er ein kaliſch Salz in ſich hält, welches ohne Deftil- lation ftarf mit dem Sauren aufbrauft; da doch die ‚meiften andern thierifchen Säfte, nad) der Faͤulung weniger flüchtiges Salz , melches niche fo Teiche zu befreyen ift, und nicht mit dem Sauren brau—⸗ fer, enthalten: ob fie fchon einen unerträglichen Geftanf von ſich geben. Allein, der Unterfcyied zwifchen als ‚tem Urine, und andern verfaulten Subftanzen, bes ftimme fich dadurch noch genauer , daß jener der Ge⸗ ſundheit nicht ſchaͤdlich iſt: da Hingegen die Ausduͤn⸗ ſtungen der meiſten andern verdorbenen Koͤrper oͤfters die Urſache fauler und boͤsartiger Krankheiten ſind. Da wir nunmehro gefunden, daß in dem Urine eine weit größere Menge flüchtiges Salz ſteckt, wel- ches leichter als von einer andern Fluͤßigkeit abzuſon⸗ bern ift, und daß alter Urin unter verfaulten thieri— hen Subftanzen das unfchädlichfte iſt, fo koͤnnen ‚mir anftatt uns vor dem flüchtigen Kali, als einen ‚giftigen Theile verfaulter Körper zu fürchten, viele mehr hieraus fihliegen, daß es eine Art eines Ver⸗ beſſerers der Faͤulniß abgiebr, * 3) Zeiger 304 Von Materie, I). 3) Zeiget die tägliche Erfahrung, wie ünfchädlich die flüchtigen Sachen find, ſowohl wenn fie zum Ries chen ,. als wenn fie mit ihrem völligen Weſen gebrau⸗ chet werden. Allein, man bleibt immer noch bey dem Borurtheile ftehen, als wenn diefe Salze, weil ‚fie von einer Verderbniß hervor gebracht werden, die Faͤulniß befördern müßten: nicht allein in Krankhei⸗ ‚een, wo dieſe Salze unvorfichtig gebraucher werden, fondern auch bey Verfuchen außer dem Körper. ©. Bon den Wirfungen, welche aus dem —— Gebrauche derſelben entſtehen, laͤßt ſich wenig ſagen, wenn die Art der Krankheit nicht genau beſtimmet wird. Denn, geſetzt, ſie waͤre ihrer Natur nach die Faͤulniß zu befoͤrdern geſchickt, ſo wuͤrde ſie doch, wenn ſich ſolche bey einem allzu langſamen Umlauſe der Säfte, oder bey Verſtopfung, bereits angefan-⸗ gen, durch ihre reizende und eröffnende Kraft, der⸗ felben Fortgang hemmen. Und auf der andern Sei- te würden eben diefe Salze, wenn fie gleich antiſeptiſch waͤren, dennoch, wenn die Säfte durch eine übers mäßige Hiße ‚oder Bewegung in: die Beſchaffen⸗ heit zu verderben, gefeget werden, die Arfache, und Dadurch Die Krankheit zugleich, vermehren: fo, daß es nach dem allen der befte Weg, die Natur dieſer Salze zu erfennen, ift, wenn man unterſuchet, ob diefelben außer dem Körper die Saulniß ber, oder verhindern, | Um dieſe Frage zu enefcheiden, h habe. ich fo wohf, den Geiſt als das Salz von dem Hir ſchhorn zu verſchie⸗ denen thieriſchen Subſtanzen gethan, und bey tie derholten Verſuchen beſtaͤndig gefunden, daß ſolche, anſtatt die Faulniß zu befoͤrdern, dieſelbe vielmehr offenbar weiche der Faͤulniß wider ſtehen. 305 offenbar verhindert Haben !und diefes mit einer Kraft, die ihrer Menge gemäß gewefen. ch babe Berfur che mit dem Sero des Blutes, und auch, nachdem ich es bingeftellet und trocknen laffen, mit dem Dis fen gemacht. Ich fonderte einmal die dicke inflam⸗ matorifhe Rinde pleuritifchen Blutes von der übri» gen Maffe ab. ch rheilte diefelbe, und that einen Theil in diftillirten Eßig, den andern in Hirſchhorn⸗ geift: und nachdem ich die Synfufionen über einen Monat mitten im Sommer ſtehen laffen, fand ich das Stuͤck, welches in dem Falifchen Geifte gelegen, fo frifch als das in dem Sauren. Ein andermal that ich ungefähr ein und eine halbe Unze eines Mengfels von gleichen Theilen Rindsgalle und Wafler, mit 100 Tropfen Hirfihhorngeift, in. eine Phiofe: und in eine andere that ich eben fo viel. Galle und Waffer ohne Hirfchhorngeift. Ich ftopfte die Phiolen mit einem Korke zu, feste fie bey ein: Teuer, fo daß fie ungefähr den Grad der Wärme - eines Thieres erhielten. Dies Mengfel ohne Hirſch⸗ borngeift wurde in weniger als zween Tagen faul; allein, das andere fand ich nicht nur nach der Zeit, fondern auch, nachdem es zween Tage länger geſtan⸗ den, noch unverſehrt. Ich goß nachmals auf zroeen Drachmen mageres Rindfleiſch zwo Unzen Waller, und that eine halbe. Drachme Hirfchhornfalz; darzu. In eine zwote Phiole that ich eben fo viel Fleifch und Waffer, und noch einmal fo viel Seeſalz; in eine dritte, Fleifh und Wafler allein, um: mid) deren an flatt eines An⸗ zeigers zu bedienen, ’ Diefe Phiolen wurden auf eis: nen Dfen -mit einem Sampenfeuer, in eine Hiße,- 10 Band. u wel⸗ 306°. Von Materie, «u, welche zroifchen dem 94 und 104 Grad bes. Fahren⸗ heitiſchen Waͤrmemaaßes wechſelte, geſetzet. Unge« fähr ı8 Stunden nach der Infuſion war das, was in der Phiole war, die zu einem Anzeiger diente, ſtin— . Eend, und in wenig Stunden darauf war. das Fleiſch mit dem Seefalze auch verfaulet: allein, das mit dem. flüchtigen Kali war noch friſch, und blieb es auch, nachdem es noch 24 Stunden länger. in ‚eben dem: Grade der Hiße geftanden. Und damit der. Gerud), des Hirſchhorns nicht etwa ‚die Sinnen betriegen möchte, wurde das Stüde Fleifch von dem. Salze gewaſchen: und auch alsdenn war nie dev, geringſte faule Geruch daran zu fpüren, Um eben diefelbe Zeit nahm. ich drey Stüden Kindfleifch von eben. dem vorigen ‚Gewichte, legte zwey derſelben in irdene Buͤchschen, und bedeckte eins mit Saͤgeſpaͤnen, und das andere mit Kleyen: das dritte Stuͤck aber beſtreuete ich mit, gepuͤlvertem Hirſchhornſalze, und that es in eine Phiole von vier Unzen, welche einen glaͤſernen Stöpfel hatte. Sie, wurden. alle drey auswendig in ein Fenſter an die Sonne geſetzet: und weil es warm Wetter war, fing das Fleiſch in den Buͤchschen den dritten Tag zu rie— chen an; am vierten war es verfaulet. Den Tag darauf unterſuchte ich die Phiole, und fand, daß das Fleiſch, nachdem das Salz ausgewaſchen war, noch vollkommen friſch roch. Es wurde alsdenn getrode net, und. wieder mit Hirfehhornfalze beſtreuet. Nach⸗ dem es einige Wochen bey fehwühlen Wetter im Haufe geſtanden, befah ich es zum: zweyten male, und A „daß es noch fo friſch als vorher war. “u war nicht allein: ganz «und garnichts " den k ‚onn“ Qub» > welche der Faͤulniß widerſtehen. 307 Subſtanz aufgelöfer ‚ fondern es hatte auch eine fol: che Feſtigkeit *, als ihr gemeine Salzbruͤhe würde gegeben haben, Und damit der Verdacht nicht, übrig bleiben: möchte, Daß das Fleifch in den Büchschen deswegen eher faul geworden, weil es der Luft mehr, als das in der: Phiole, ausgefegt geweſen, ſo habe ich nachher Fleiſch eben fo wie das mit dem Hirſch⸗ bornfalze, in Phiolen verfchloffen, und gefunden, daß die Faͤulniß Nu das Einſchließen vielmehr be⸗ foͤrdert worden. Da nun dieſe, und, viele andere Berfuche, von ‚eben der Art, zeigen, daß fluͤchtige kaliſche Salze nicht nur thieriſche Subftanzen außer dem: Körper nicht zur Faͤulniß vorbereiten, fondern folche ſogar verhindern ; und diefes Fräftiger als das; gemeine See⸗ ſalz: ſo koͤnnen wir hoffen, daß felbige, als Arztneyen gebrauchet, eine antiſeptiſche Kraft aͤußern werden: zum wenigſten koͤnnen wir ſolche nicht mit Rechte mehr fuͤr Verderber der, Saͤfte halten, als die Gei⸗ ſter aus gegohrnen Materien, oder das Seeſalz, welche, wenn ſie unmaͤßig gebrauchet werden, ein Fieber erregen, und dadurch zufaͤlliger Weiſe bie Urs fache eines Verderbniſſes werden; koͤnnen. 4) Habe ich gleicher Weiſe verſchiedene Verſuche — feuerbeſtaͤndigen alkaliſchen Salzen gemacht, und gefunden, daß ſie Feine geringere antiſeptiſche Kraft als die fluͤchtigen beſitzen. Die Verſuche wur⸗ den — — — als mit Wermuthſalz U uni gemacht. * Doſſebe Sit if ein ganzes Fahr trocken aufbe⸗ halten worden? und ift bis ißo noch we J uud ſo feſt als es anfänglich war. — 308 Bon Materien 3 PR h gemacht. Allein, man muß den unangenehmen Ge ruch folcher Mengfel nicht mit einem "wahrhaftig faulen, und die Kraft, melche diefe Saugen befigen, thieriſche Subftanzen aufzulöfen, nicht mit der har: lung verwechfeln, 5) War aus diefen DVerfuchen tätüeficher Weiſe zu fließen, daß, da die fauren Materien am ſich felbft unter die Fräftigften antifeptifchen Mittel gehö-' ren, und die Ealifchen Salze ebenfalls zu diefer Claſſe gerechnet werden koͤnnen, die gefättigten Mixturen diefer beyden Dinge der Fäulniß nicht weniger, als das Saure allein, widerſtehen müßten. Allein, als: ich Berfuche am Sleifche, mit einem Spiritu.Minde- reri, welcher aus Eßig, der mit Hirſchhornſalze ge⸗ ſaͤttiget worden, beſtand; imgleichen auch mit Limo⸗ nienſafte, der mit Wermuthſalze geſaͤttiget worden, anſtellte, fand ich die antiſeptiſche Kraft um ein merk⸗ liches geringer, als wenn entweder das Saure: oder: das Kali, jedes für ſich allein wäre gebrauchet worden. 6) Als ich eine Bergleichung — den gKraͤf⸗ ten/ mit welchen dieſe Salze auf das Fleiſch wirken, anftellte, fand ich, daß eine‘ halbe Unze von Limo⸗ nienſafte, mit einem Scrupel Wermuthſalze geſaͤtti⸗ get, der Faͤulniß beynahe ſo viel als funfzehn Gran Salpeter widerſtund: allein, als ich den Verſuch mit Rindsgalle machte, waren zwey Drachmen die⸗ fer Mixtur — als ein Scrupel von die⸗ ſem Salze. Wiederum: Salbpeter iſt in Verglei⸗ chung mit den trockenen Mittelſalzen, wenn die Ge⸗ wichte einander gleich ſind, antiſeptifcher, in Erhal⸗ tung des Fleiſches, als alle diejenigen, welche — no welche der Faͤulniß widerfichen. 309 «noch verfucher habe. Das rohe Salmiac kam ihm am nächften, und übertraf felbigen fogar in dem Bern fuche mie der Rindsgalle, Nach diefem fchienen der ‘Sal’ diuretieus, der Tartarns folubilis, und Tartarus — beynahe dieſelbe Kraft zu beſitzen. Ich miſchte eine große Menge, ſowohl Kalk als eigen, in Eßig, um ein gefättigtes Mengfet zwerbalten: allein, .ob es gleid) dem Anfehen nad) »gefattiget war, als das 334 aufhoͤrte, ſo behielt es doch ſtets eine Saͤure, und erwies ſich antiſepti⸗ ſcher, als der mit Wermuthſalz geſaͤttigte Limonien⸗ ſaft: obſchon dieſer letztere faure Saft ein gut Theil ſtaͤrker als Eßig ift. 7) Soweit haben mir die gemeinen Mittelfalze betrachtet, welche, fie mögen der Faͤulniß fo fräftig ‚ividerftehen als fie wollen, dennoch einigen barzigten Subſtanzen, und fogar einigen Pflanzen, mit wel⸗ chen ich Berfuche gemacht, nicht beyfommen. Alſo habe ich gefunden , daß Myrrhen in einem waͤſſerich⸗ ‚ten Auflöfüungsmittel zum wenigften zwoͤlfmal antifes ptifcher als Geefalz iſt. Zween Gran Campher mit Waſſer vermiſcht, erhielten das Fleiſch beſſer, als 60 Gran von dieſem Salze: und ich glaube, wenn man machen koͤnnte, daß der Campher nicht verfloͤge, oder ſich an die Seiten der Phiole anhinge, es wuͤrde ein halb Gran, oder wohl noch weniger hinlaͤnglich geweſen ſeyn. Eine Infuſion von wenig Granen gepuͤlverter virginiſcher Schlangenwurzel uͤbertraf zwoͤlfmal fo viel Gewichte vom Seeſalze. Chamil⸗ Ienbtiten "haben faſt eben diefe außerordentliche El: genfhaft. Die Fieberrinde hat folche auch: und wenn wich ſie nicht ſo ſtark die zwo letzt er 13 b so Bon Mäterien, welche der ꝛcc. Subſtanzen gefunden, fo rechne. ich Diefes dem Um— ftande zu, daß ich deren balfamifche Theile nicht mit bloßem Waſſer habe ausziehen koͤnnen. Da nun Pflanzen, welche dieſe balſamiſche Kaft beſitzen, in dem Stuͤcke dieſen Vorzug haben, daß ſie meiſtens frey von Schaͤrfe ſind, ſo koͤnnen ſie in weit größerer Menge, als Geifter,, ſaure Säfte, Harze, oder fogar Mittelfalze, eingenommen wer: den. Und da bey der großen Verſchiedenheit der Subſtanzen, welche zu dieſem Endzwecke zu brauchen find, auch einige ſeyn koͤnnen, die — ſchaͤdliche oder nuͤtzliche Eigenſchaften zugleich, mit befißen, fo wird es vielleicht nicht unrecht feyn, einen Theil der ‚Materiae medicae zw diefem Ende genau durch zu gehen. Ich muß noch hinzu fügen, daß ich außer dieſer außerordentlichen Kraft, Koͤrper zu erhalten, auch noch in einigen dieſer Subftanzen eine Eigenfchaft entdecket, vermittelft deren fie Körper, welche ſchon «wirklich zu faulen angefangen haben, die Faͤulniß, ‘nachdem fie fehon wirklich angefangen, vermindern und verbeffern fönnen. Allein diefe Berfuche werde ich der Socierät, nebft einer Tabelle, auf welcher die Berhältniffe der Stärke ver Salze verzeichnet find, und einigen fernern Anmerfungen über dieſer | PURE zu anderer Zeit vorlegen. uebefet von pt | ; eu Errr x Pa ne Er WERE FF RR I ER 7— IX. Be Nachricht | ‚von Kupferfiden - welche mit einer Farbe abgedruckt werden, Imprefhion Taille-douce en Camayeu.) Aus den Journal Oeconomique. 3 = ° Mois de Novembre, 1751. ER bgleich verfchiedene Leute behaupten , daß der 4 Norentinifche Goldſchmidt, Maſo, ges RK) mann Finiguera, die Kunft, gegrabene | Platten (eftampes) abzudrudfen, zuerſt erfunden. habe, fo müflen wir doch den Ruhm diefer ſchoͤnen Erfindung vielmehr den Deutſchen überlaf- fen, . Alles verbindet uns, ihnen diefen Ruhm vers fichern zu ‚hellen, und es ſcheint uns eine Formliche Ungerechtigkeit zu feyn, Denenjenigen diefen Ruhm ſtreitig zu. machen, Die, durch Meberlegungen und Verſuche, die Drucerey mit beweglichen Buchftas ben erfunden und. vollfommener gemacht haben, mit welcher. Die Druckeren der Kupferplatten eine viel zu große Verwandtſchaſt hat, als daß man fie für ein Geſchenk des bloßen Gluͤckes, und für einen ungefäh« ren Zufall in den Händen eines Italieners anſehen — UV4 e ſollte. u Nachricht folfte. Sie find es, welche die Kunſt erfunden ha⸗ ben, Zeichnungen in Holz zu fchneiden, welches ih— nen Anlaß gab, auch die Zeichen ver Buchftaben auf eben die Art auszufchneiden. Sie find es, welche dieſe Buchftaben, die anfänglich unbeweglich waren, und in die Platten, wie die Zeichnungen, (Defleins) eingegraben wurden, beweglich gemacht Haben; fie haben die erften Preffen, und die erſte Drudfer- ſchwaͤrze erfunden; fie haben die Mothroendigfeit ein- gefehen, das Papier anzufeuchten; endlich haben Wisrtin Sehon und Bamperlein das Kupferfte chen erfunden, welches Albveche Dürer, von Nuͤrnberg, nad) der Zeit vollfommener gemachet bat, Wäre es nicht erftaunend, daß fie auf einer fo fchönen Bahn geblieben wären, da doch diefe neue Künfte fo geſchwind auf einander gefolger find, und Daß fie Durch die Schwierigfeit, die Kupferplatten abzudrucken, follten aufgehalten worden feyn, da doch die geringfte Aufmerffamfeit hinreichend mar, ihnen Die Mittel darzu zu entdecken? In der That waren die in Holz gefchnitfenen Zeichnungen über die Ober: fläche der Platte erhaben; hingegen die Zeichnungen auf Kupfer find in das Metall hinein gegraben. Wollte man beym Abdrucke diefer benderley Platten einerley Methode benbehalten; fo müßte fich freylich eine ganzliche Verſchiedenheit zeigen: Denn da bey Dem gemeinen Abdrucke die Farbe nur von den erha= benen Theilen der Platte abgedruckt wurde; fo mußte nothwendig das Papier unter den Kupferplatten eben fo fhmugig und ohne allen Abriß der Zeichnung ber- vor fommen, als es unter den Holzplatten fauber und mit dem genaueften Abdrucke der erde ervor von bunter Kupferflichen. 313 “hervor Fan. Man hatte alfo nur bloß darauf zu ‚finnen, die fchwarze Farbe von den erhabenen Thei⸗ len des Rupfers weg zu fchaffen , bingegen ‚das Pa» pier in die Formen einzudrüden, damit es die darinn zuruͤck gebliebene Farbe an ſich nehmen moͤchte. Es war nicht ſchwer, die uͤberfluͤßige Schwaͤrze wegzu⸗ ſchaffen: man durfte nur die Platte abwiſchen, und um auch das Papier in die Formen zu zwingen, hat⸗ te man nur noͤthig, es mit einem Stuͤcke Tuch zu be⸗ decken, welches es beſſer niederdruͤckte, wenn es un— ter die Preſſe gebracht wurde, Dieſe beyde Hulfs- mittel mußten den Erfindern der Drucerey narürli- cher Weife in die Gedanfen fommen, und es ift,um die Kunſt damit zu bereichern, gar nicht nörbig, feine Zuflucht weder zu der Gefchichte: des Maſo, noch zu den ftufenweifen Berfuchen zu nehmen, Die er in Sachen anftellte, welche in Deutſchland fehon be: kannt und ausgeuͤbet worden waren, ob er gleich vielleicye nichts davon mußte - | Die Gunft, welche fid) das Kupferftechen erwarb, - war-fehr groß: indeffen ſah man doch in kurzer Zeit da die Malerey durch ihre ungemeine Aufnahme den Geſchmack verbeſſert hatte, gar wohl ein, daf das Schwarz und Weiß, weldyes auf den Kupfertafelin allzuſehr gegen einander abſtach, ein wenig unange- nehm ins Auge fiel. Man urtheilte, daß eine et⸗ was fanftere Farbe, als das Schwarze, eine beffere Wirfung thun würde, und verfuchte zu diefer Abfiche ‚das Derlinerblau und Utramarin. Als der Cardinal de Richelieu, zu Anfange des ſieben⸗ zehnten Jahrhunderts, zu Rom war, uͤberredete (eis Re er 34 Lie Nr N Nachricht Ian er einige’ Künftler, mie dieſen Farben Verfuche ans zuſtellen. Sie bedienten ſich ihrer auch wirklich, ſo, wie man ſie in der Malerey brauchet⸗ und ihre freffende Eigenſchaft im Kupfer, machte die Kupferſtiche ſchmierig, und verdarb die Platten. Die Englaͤnder und Hollaͤnder waren in ihren Verſuchen won dieſer Art nicht gluͤcklicher. Der große Colbert liebte die Kuͤnſte viel zu ſehr, als daß er nicht hätte wuͤnſchen ſollen, Die Kupferſtecher⸗ kunſt noch mis dieſer Vollkommenheit zu.bereichern, Er ließ neue Verſuche machen: allein die Arbeiter, die bey ihrer einmal erlerneten Methode blieben, hat⸗ ten eben das Ungluͤck als die erſtern. Umſonſt ließ 1717. Pabſt Clemens der Eilfte, zu Nom, neue Verſuche anſtellen. Denn weil die Farben ı nicht beiler, als bisher, oder. um genauer zu fprechen, weil fie gar) wicht. zubereitet waren, ſo mußte ‚man. das Vorhaben wieder aufgeben, Eben diefelbe Urſache machte auch Diejenigen, Berfuche vergeblich, welche 1725. der Cardinal Polignac von neuem anftellen ließ, und man fing endlich ‚an die Kupferſtiche mit ‚einer Farbe als eine ſchoͤne Idee zu betrachten, die ‚aber niemals einen wahren Grgenftanb: ‚erhalten koͤnnte. mh) Idoch Herr Palmeus dachte nicht auf- eben die Weile, ‚Als ein beftändiger Liebhaber dieſer Kunft, unterfuchte ev Die Urfachen des ſchlechten Fortganges, den man gehabt hatte, und fann auf Mittel) diefe Urfachen zu vermeiden. Die Hauptſache war dieſe, die Farben zuzubereiten. Nicht ohne viele Muͤhe und eine Menge —— zft er endlich zu ſei⸗ nem von bunten Kupferfticheit 315 nem Zwecke gekommen: "allein er hat auch dafür die Befctedigung , daß ihm fein Vorhaben vollkommen gelungen iſt · Er bat im September 1751 das Städt, welches 7 beureux prefage de! Hymen beti-⸗ telt iſt/ in Lapis, das iſt, mit blauen Farbe, yu Stande gebracht „und die. Ehre gehabt, es Sr, Majeſtaͤt zu Fontaineblau vorzulegen. Die gnä- dige Aufnahme großer Herren ift eine ftarfe Triebfe— der fir die Kinftier.” Das Bergnügen, welches der König an diefer neuen Kupfertafel gehabt zu haben geſchienen, bat den Eifer des Heren Palmens ver doppelt, um auch die Sardoine, oder die rothe Sarbe, fo, wie den Laͤpis, zu verfuchen, und er hat von diefem Verſuche gleiche Ehre gehabt. Er wird alſo, von nun an, fo viel Kupfertafeln, von ei⸗ | er Far e , fie fen blau, oder roth, liefern koͤnnen, als man verlanget: denn diefe Art von Druck fcha- det nicht allein den Platten nichts; fondern wenn fie ‚auch fehon durch den Abdruf in Schwarz genug ge= braucher find; fo Fann man noch eine große Menge ſehr fehöner und fauberer Kupfertafeln davon abzie⸗ ben. » Die Kupferdruefer verfichern ‚daß man ihrer ein Biertheil mehr mit einer Farbe, als in Schwarz, ‚werde abdrucken fönnen. IT ans Man kann nicht umhin, der Erfindungsfunft des Herrn Palmeus großen Benfall zu geben, und un: fer Jahrhundert wird ihm die Verbindlichkeit Haben, Daß es der erſte Zeitpunkt einer Vollkommenheit der Kupferftecherfunft ift, wozu fie fo viele große Män- ner, umfonft zu erheben geſuchet haben. Allein er will feine Sache noch weiter treiben. Wir mwiffens, N | und 316 Unterſuchung, wie dem und wir eilen, es dem Publica bekannt zu mädchen, daß er mwirflich daran arbeiter, Abdrüce in Gold und Silber zu bewerkſtelligen. Weil er dasjenige leicht zu machen’ gewußt hat, was doch fo oft ganz unmög- lich geſchienen, fo ift nichts übrig, mas man * von ſeiner gluͤcklichen Klugheit und ſeinem —5—— ſollte erwarten koͤnnen. pi — nennen x Unterfugung, tie. dem Mehithaue borzubeugen in Aus dem Journ: Vet anne Mois de Mai. 1751. ©. 35. Da Are weiß, daß der Mehlhn ein — ſender Thau ſey, weicher in dem Getreide, worauf er faͤllt, ſobald nur die Sonne we auf fcheint, den Brand verurſachet. ber diefe erfchreckliche Landplage, welche Die — Erndte vernichtet, find nur zwey Mittel bekannt, die man doch nur auf kleinen Stuͤcken Landes gebrau⸗ chen kann, da ſie hingegen ganz unzureichend ſind, wenn die Felder irgend einen großen Umfang haben. Das eine beſteht darinn, vor der Sonnen Aufgang, ra an dem Acker hin, ‚ Mift — — davon der Mehlthaue vorzubeugen ſey· 317 der Wind den Rauch auf das Getreide wehen, und forchergeftalt die Schärfe des Thaues verbeflern, oder, indem er die Luft verdicer, die Wirfung der Son« nenftrahlen auf das "Getreide unterbrechen muß. Dasiandere Mittel ift, daß ein Paar Leute ein Seil an beyden Enden anfaflen, und es, vor der Sonnen Aufgange, zu wiederholten malen uͤber das Getreide hin und her ſtreichen damit diefer ſchaͤdliche Thau berab falle. So fchlechr diefe Mittel find, fo ſchwer ift Doch, wie jedermann fieht, ihre Anwendung, und wenn man alles genau unterſuchet; fo koͤmmt nichts damit heraus, und es würde viel ficherer und fürzer fen, es fo einzurichten, daß das Getreide felbit dem fhädlichen Nebel oder Mehlthau widerftehen fönnte, Folgende Zubereitung, welche zu dem Ende vorge⸗ fchlagen wird, iſt ganz einfach, und das Mittel ift in einer Gegend gebraucher worden, wo der Mehl-⸗ thau das Getreide alle Jahre verdarb, und mo man nun, feit acht bis zehn Jahren, da es gebrauchee worden ift, das fehönfte Getreide von der Welt eins erndtet. Die Zubereitung ift diefe: GERN, Für fechs Scheffel Saamen nehmer ungefähr den neunten Theil eines Scheffels ungelöfchten Ralks, drey Händevoll Ofen» oder Keſſelruß, und eben fo viel Salz, Miſchet alles wohl unter: einander, fireuet es auf: das Getreide, und ruͤh— vet daſſelbe zugleich" mic einer Schaufel wohl um. Beſprenget hernach das Getreide mit Miſtlaa⸗ Fe, und zwar für jeden Scheffel ein ganzes Sprengfaß voll. Während des Befprengens ruͤhret das Getreide beftändig um, und befprenget es fo lange, bis es ganz feuchte iſt. Alsdenn ſchuͤttet urn | 8 318 Unterſuchung, wie dem Mehlthaue?c. es auf einen Haufen, und laſſet es ſo eine Nacht Durch liegen: denn dieſe Operation muß den Tag zuvor vorgenommen werden, ehe. man ausſaͤen mil. Das Getreide trocknet hinlaͤnglich, um den folgenden Tag ausgefaet werden zu koͤnnen. Saͤet man mehr, als fechs Scheffel, fo muß man nad) Proportion die angefuͤhrten Doſen erhoͤhen. Der den Tag vorher alſo zubereitete Same muß des Morgens in die Erde gebrache werden, und wenn man nachmittages faet, muß man. ihn erſt des Mor= gens zubereiten: denn wenn man das Getreide zu lan⸗ ge auf behielte, moͤchte es verderben. Weil es aber ſolchergeſtalt von Morgens bis Abends nicht hinlaͤng⸗ lich trocknen moͤchte, wofern es allzuſehr angefeuchtet worden waͤre; ſo muß man, an ſtatt der ſechs Spreng- fäffer voll! Miftlaate, auf fechs Scheffel, nur viere rechnen ‚das iſt, man muß das Waſſer, womit man den Saamen gehe um den dritten Theil vers mindern. Der Mehlchau ——— einen fo: großen: Scha. den, daß man den für feinem klugen Haushalter halten Eann, der diefe Zubereitung nicht verſuchen wollte, und wir wuͤnſchen, daß der Verſuch ſo gluͤcklich von ſtatten gehen moͤge, als man es uns verſichert. Um alle Ziveybeutigfeit;, ‚in Abficht des Sprengfaſſes, zu vermeiden ‚deflen Größe mancherley iſt, fo iſt zu mer⸗ ken ‚daß das Getreide nur indem -Örade angefeuchtee werden müffe,daß man im Stande ift, es zu der Zeit auszufaen, die man fi) dazu ausgeſetzet hatz und eben Desmegen befprenger man es des Morgens, für ‚den Abend⸗ weniger, als den vorhergehen Tag, fuͤr den folgenden. XI. ee \ BIETER ET 2 319 rennen 8 * Roðod⸗ Ze a a xl. mi 2 Auszug ir neueſten — Merkwuͤrdigkeiten. — 2* 12: Bemipunge zur Verbeſſerung der Erdbeſchreibung und Schifffahrt. — lan REM J Son ſeit langer, Zeit hat man ſch 8 die Oerter des Mondes genaͤu kennen zu AP) lernen. Die heut zu Tage faſt ‚non, ‚allen. 0 Maturforfchern angenommene. ' Theorie. der Schwere giebt zu Tafeln, Gelegenheit, woraus man, in jeder gegebenen Zeit, den Stand des Mondes und ſeine verſchiedene Ungleichheiten beftimmen, kann. Hinwiederum dienen auch die Beobachtungen dazu, die, Irrthuͤmer in den Berechnungen, welche, fo. lange man noch nicht ‚alle Gefege der Theorie volle fommen einſieht, unvermeidlich find, zu entdecken, und zu verbeſſern. Die Kunft, welche lehren ſoll, aus den Beobachtungen des Mondes, den Weg ei⸗ —— genau zu beſtimmen, beruhet auf einer ſehr großen Menge, von. Beobachtungen. Je⸗ dermann weiß, daß man aus der Beobachtung der Mond- und Sonnenfinfterniffen ohne Schrwierig« keit die Länge eines Ortes befiimmen koͤnne. Der * und Austritt ſo wohl, als auch die AS bes 320 Auszug der neueſten Durchganges dieſer Geſtirne durch die Mitte des Schattens, find feſte und beſtimmte Punkte: allein, man muß zuvor die Meridiane desjenigen Ortes, wo ſich die Erſcheinung zutraͤgt, und desjenigen, wo man die Beobachtungen anſtellet, beſtimmet haben, tel: ches auf dem Sande allemal thunlich ift, und der Un- terfchied der Zeiten zwifchen den Beobachtungen giebe _ hernad) den Lnferfchied der Meridiane, oder der !änge. Ganz anders ift es hingegen, wenn man zu Schiffe reiſet. Die beftändige Bewegung des Mee« tes hindert-die Genauigkeit der Beobachtungen, und überdem fann man fich auch nicht die wechſelsweiſen — in einerley Zeitpunkten mittheilen. Daher haben ſich die Sternkundigen alle Muͤhe gege⸗ ben, die aftronomifchen Tafeln vollkommener zu mas chen ‚welche aber dem ungeachtet noch fo vielen Irrthuͤ⸗ mern unterworfen find, daß Fälle vorkommen, wo man ſich auf fünf oder fechs Grade in der gefuchten Laͤnge irren kann. Es ift wahr, daß Newton, welcher fein Syſtem von der Schwere einführen wollte, wahrgenommen, daß die Theorie vom Monde mit feinen Meynungen mohl überein ſtimmte; feine‘ Verbeſſerung diefer Theorie fcheint fie mit den beobach⸗ teren Bewegungen fehr einftimmig gemacht zu haben, denn man bemerfet darinn nur felten einen Unter— fchied von zwo oder drey Minuten? allein, man muß: dem ungeachtet zugleich eingeftehen, daß es ſchwer fey , einen folchen Irrthum vorher zu fehen, und was noch mehr ijt, fo finden ſich Fälle, wo die auf diefe Theorie gegründete Tafeln öfters um fünf Mi⸗ nuten von der unter dem Meridian gemachten Be⸗ obachtung abweichen, woraus erhellet, daß Diefes in’ der phnfifalifchen Merkwuͤrdigkeiten. 321 der Beftimmung der Sänge eines Schiffes ſchon bes traͤchtliche Fehler verurſachen koͤnne, ohne noch die— jenigen zu rechnen, welche dem Beobachter auf dem Schiffe unvermeidlich find. Um dieſem Uebel abzus helfen, hat matt gegen das Ende des vorigen Jahr⸗ bunderts angefangen, ‚durch eine beftändige achtzehn⸗ jährige genaue Beobachtung, alle, Mondphafes ken⸗ nen zu lernen, zu fuchen. Denn Die Entfernungen der Sonne und des Mondes von der Erde, die Ver— ‚der Knoten und des Apogäi des Mondes ges gen Die Sonne ‚find alle achtzehn Jahre faft eben die— ‚felben ; und es. war alfo natuͤrlich, zu vermuthen, e denn eben dieſelben Abweichungen der ſchein⸗ en Bewegung des Mondes, wieder wahrzuneh⸗ men fenn muͤßten, und diefes hat man nad) einer fehr zahlreichen Sammlung von Beobachtungen, einfehen lernen· Es iſt alfo unentbehrlich, Die (heinbaren Bewegungen des Mondes, während einer oder meh⸗ terer Revolutionen der Knoten forgfältig zu beobach⸗ ten: allein, es iſt leichter dieſes einzuſehen, als ins Werk zu richten. Endlich hat ſich Herr Halley die Muͤhe nicht verdrießen laſſen, die gerade Aſcenſion des Mondes während einer Revolution des Apogät, oder einer ‚halben. Periodi, forgfältig zu beobachten. Man machte den Fortgang diefer großen Arbeit gegen das Ende des Jahres 1731 bekannt. Die neun Jah⸗ re der Beobachtungen dieſes beruͤhmten —— gen ſchienen hinreichend zu ſeyn, die Länge bis unge⸗ Fahr auf einen "Grad zu beftimmen. Im neunten und zehnten Jahre feiner Beobachtungen verglich er dieſelben fo wohl, als die Rechnungen feiner Taf s mi⸗e den, mas er eine halbe, DE zuvor be⸗ ‚10 Dand, | 0 322 Yuszug der neueften obachtet hatte, und fahe, daß Diefelbigen Irrthuͤmer in den Tafeln fo richtig wieder eintrafen , daß der Unterfchied manchmal nur kaum eine Minute betrug, Diefes war hinlänglich, um in der andern halben Kevolution der Knoten den wahren Dre des Mondes vorher zu fagen, ohne zwifchen dem auf dem Meere beftimmten wahren Orte des Mondes und dem für den Meridinum der Tafeln berechneten, mehr als zwey Minuten Linterfchied zu befürchten zu haben, Diefes ift der Weg, welchen Herr Halley betreten, und worinn er einen eben fo arbeitfamen Nachfolger an dem Herrn le Monnier befommen bat, dernod) ganz andere Schwierigkeiten aus dem Wege zu raus men gefucher hat. Diefer gelehrte Mann fieng 1732 an, verfchievene Bederfungen von Sternen und eie nige gerade Afcenfionen und Declinarionen des Mon- des vom Meridiano zu beobachten, Er wollte die ganze Periodum zu Ende bringen, und feine Ber obachtungen mit denen vergleichen, welche fat neun Jahre zuvor in England angeftellet worden waren, Allein, er gerierh auf eine Betrachtung, welche ihn nöthigte, die Arbeit voch viel länger fortzufegen. Herr Halley hatte feine Beobachtungen nicht, wie man e8 germünfchet und gehoffet hatte, mitgetheilet. Herr le Monnier gerieth alfo auf den Anfchlag, feine Beobachtungen nicht allein den noch übrigen Periodum bindurch, fondern auch noch den ganzen folgenden, aufs forgfältigfte fortzufegen. Dieſes war das ein. zige Mittel, diefes große Werk zur Vollkommenheit zu bringen, und nichts defto weniger erinnert er felbft, daß noch viele leere Pläge übrig feyn würden, wenn auch der dritte vollendet ſeyn wird. en in phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 323 dieſer ſeiner Arbeit ward er vom Koͤnige nach Lapp⸗ land geſchicket, den Grad des Meridiani zu meſſen. Bon 1732 bis dahin hatte er ſchon auf vier hundert Beobachtungen gemacht, und felbft in Sappland fegte er feine Arbeic fort. Er beobachtete bey jeder Gele: genheit die Bedeckungen der Sterne vom Monde, woraus er deſſen wahren Drt beftimmte, und er hat fortgefahren , diefen Planeten in den Ber ticalzirkeln und dem Meridiano mit einem neuen Inſtrumente zu beobachten, deſſen Beſchreibung man in ſeiner Hiſtoire ‚Celefte finder. Bey feiner Zuruͤckkunft nad) Frank⸗ | — ) verglich er die feheinbare Bewegung des Mon- des mit den erften Beobachtungen des Herrn de la Hire von 1683 und 1684, das ift, bis zum vierten Periodo ruͤckwaͤrts. Hieraus Fonnte man allein erfahren, was man aus den Beobachtungen in Abſicht der “Bes ftimmung der Laͤngen für Gewißheit erhalten koͤnnte, und ob einerley Irrthuͤmer in den Tafeln aller neun Jahre wieder vorkaͤmen. Aus der Vergleichung der Beobachtungen von 1741 mit denen von 1732 konnte man in den Quantitaͤten, worinn die Rechnungen von den Beobachtungen abweichen, eine große Ueber⸗ einftimmung wahrnehmen. Herr le Monnier hat ſich, um die gerade Afcenfion des Mondes zu beftims men, fo. ‚viel als möglich, Sterne der erften Größe ber dienet. Bey dem allen fonnte man ſich ausden Mond» beobachtungen feinen wahren Mugen verfprechen, wenn man nicht die wahren Derter der Sonne under Fixſter⸗ nefennet. Daher hat Herr le Monnier gefuchet, die wahren Derterder Sterne erfter Größe genauer zu be⸗ ftimmen, um damit die Sonne und Sterne des Thiers * zu vergleichen. Es war von nicht geringer #2 Wichtig⸗ 324 Auszug der neueſten Wichtigkeit, den Stand einer Menge von Sternen, befonders folcher,, die von dem Monde bedecket wers den fönnen, zu beftimmen, weil die beften Berzeich- niffe hiervon viel Irrthuͤmer in fi) halten, und man alfo bey deren Gebrauche Gefahr kaufen muß, fich in dem wahren Orte des Mondes auf dem Meere zu berrügen. Die gewöhnlichen Inſtrumente find ges meiniglich fehr mangelhaft, und man ift gluͤcklich, ans dere erfunden zu haben, die nicht fo viel Unbequem« lichkeit bey ſich führen, und wofür diejenigen, ‚denen die Handlung und das gemeine Beſte am Herz fiege, den Naturforſchern vielen Dank fhuldig find. Am allermeiften aber gebühret er, in der gegenwaͤr⸗ tigen Abficht denen Herren Zalley und le Momnier, welcher letztere dasjenige, was wir hier von feinem unermüdeten Fleiße gerühmer haben, der Welt in einer Schrift mitgerheilet hat, deren Titel folgender ift: Obfervations de la Lune, du Soleil, et ‘des Etoiles Fixes, pour fervir & la ‚phyfique Celefe‘; et aux ufages de la Navigation, ou P’ondonne le Möx vement de Ja Lune en afcenfion droite deterinine independamment de la parallaxe, "et les-nouvelles Recherches pour conflater l’Inclinaifon de l’orbite Lunaire au plan de l’Ecliptique. Par M. le Mon- nier, Ledteur du Roi et de’ Academie R. des Sei- ences, & Paris 1751. Wer nur die erften Gründe der Sternfunft verfteht, wird den Nutzen, welchen die Tafeln des Heren le Monnier zu Teiften im Stande find, aus demjenigen leicht einfehen, mas bier gefaget worden ift. Alle diefe Beobachtungen leiften in der Erdbefchreibung und Schifffahrt wahre und vortreffliche Vortheile da hingegen die eo eher phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 325 ſeher die geraden Aſcenſionen des Mondes beynahe Grade der Nichtigkeit Daraus: werden er» ſehen koͤnnen. Der Herr le Monnier wird. diefe feine Beobachtungen in noch mehr Theilen fortgefegee liefern, und: viele Sternfundige unterſtuͤtzen dieſes feim großes und edles Vorhaben. Herr Lapinı hat viele Beobachtungen hergegeben,, fo er mit dem Monde angefteller hat; Herr Kirch hat dem Herrn le Monnier verfehiedene Bedekungen der Firfterne vom Monde uͤberſandt, die er zu Berlin beobachtet bat, Man wird alſo leicht im Stande feyn, die Ents fernung des Mondes von der Sonne, oder den Firs fernen fehr genau zu beſtimmen, und ein bequemes Mittel an die Hand zu geben, die Länge zu beſtim⸗ men, und dadurch den Weg eines Schiffes einzufes ben. Welches Lob, melchen Danf, welche Auf: munterung verdienen nicye Männer, Die fich auf eine fo vortheilhafte Weife dem gemeinen Beften auf: opfern, und: nicht, wie mit den Mücken, die meiften Menfchen, in unerfärtlichem Triebe zum Vergnuͤ— gen, fondern im muͤhſamſten Sn für die ganze zukünftige —* ſterben. Beſchreibung der Niederlande, und der daſelbſt gemeinen Krankheiten *, "Die Leye und Schelde theilen Slandern ir in — Theile, J wovon der eine hoch und trocken, der AR an⸗ Diefe PEN ift aus der ſchönen Schrift des Hexrrn D. Pringle ‚welche den Titel fuͤhret: Obfer- auons on the Difeafes of the Army, in — and ni⸗ 326 Auszug der neueſten andere, niedrig und feuchte liegt. Ein großer Theil der vereinigten Provinzen, das h Brabant ‚und vornehmlich Seeland, leiden gleich viel vom Waffır, und es gefchiehe bloß vermittelſt der Canaͤle und Daͤmme, daß ſich dieſes Land, wel⸗ ches mit dem Meere beynahe in einer Fläche. liegt, von einem mweitläuftigen Morafte unterſcheidet, und von den Ueberſchwemmungen befrenet, die es öfters verheeren, ihm aber. allezeit draͤuen. Die Ausdiin: ftungen ſowohl diefer Gewaͤſſer als auch der Pflan⸗ zen und Inſekten, welche im Sommer darinn leben, fterben und verfaulen, verunreinigen in diefer Landes⸗ ‚gegend die Luft, und find den Einwohnern ſowohl ſchaͤdlich als beſchwerlich. Eine andere Urſache der Feuchtigkeit beſteht in den unterirdiſchen Gewaͤſſern. Sie ſind durchgaͤngig nahe bey der Oberflaͤche, und außer den erhabenſten Oertern, ſieht man nirgends trockene Graben. Die Erdlage, die dieſe Gewaͤſſer bedeckt, iſt leicht; die Feuchtigkeit dunſtet hindurch und erfuͤllet die Luft mit Duͤnſten. Aus der Tiefe der Brunnen urtheilet man, welcher Ort geſunder ſey, als ein anderer. Der Schlamm und Leimen, den man auf den ſeelaͤndiſchen, brabancıfehen, und zum Theil auf den flandrifchen Küften findet, verurfachet zur Zeit ‚ ber Ebbe verdorbene Ausdünftungen, bie man zu Oſtende, Garniſon; in — parts, with an Appendix con- taining fome papers of experiments read at feveral -meetings of the Royal fociety. By John Pringle: h M.D.F.R.S. Phyfician- General to his. Majefty’s Forces employed abroad, une * Inf war. Lon⸗ don. 1752, in 80. 431 Geiten. . j x phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 327 Oſtende, und uͤberhaupt auf den offenen und ſan⸗ digten Kuͤſten nicht zu befürchten hat. Eine der allgemeinften Urfachen der Feuchtigfeie und Verunreinigung der Luft ruͤhret daher, daß die Winde Feinen veche frenen Durchzug haben, Weil es an Bergen fehlet, die den Wind faffen, und eine Zugluft verurfachen , fo befomme die $uft, befonders in den Dörfern, Landhaͤuſern, und Gebölzen, weil fie nicht zerſtreuet und aus einander getrieben wird, eine Menge freinder und fehädlicher Theile. Hierzu rechne man noch, daß das Wafler, deffen man fich zum Trinken bediener, aus Waflerbehältern, oder feichten Brunnen gefchöpfee wird, die fehr leicht aus⸗ trodnen, weil fie feine Tiefe haben. Diefe allgemeine dee des Landes reicher bin, um von den Uebeln zu urtheilen, die darinn regieren müfs fen. Der Schaarbock ift die allgemeinfte lang» wierige Krankheit, und die higigen find die Rubr, und ein befonderes Sieber. Diefes hat gemeinig: lich) die Art drentägiger Fieber, und in den ungeſun⸗ deften Gegenden ift es bald alltägig, bald abwech— felnd, bald anhaltend, und zumeilen hitzig (ardens). In Seeland nenne man es die Gallenkrankheit. Die Verdorbenheit diefes. Saftes , und vielleicht auch aller übrigen, -offenbaret fich durch die Hige, Durft, Efel, Niedergefchlagenheit, den Abfcheu für Fleiſch, das Verlangen nach fauren Sachen, eine heftige Deängftigung, blaue Flecken, und verfchiedene ane dere Zufälle-von eben der Art. Je weniger dieſes Fieber ganz nachläßt (intermittirt), defto gefährlicher iſt es; und je eher die Hige ihren Anfang nimint, je länger fie anhaͤlt, je ftiller, je feuchter die Luft ift, %4 und 338° Auszug der neueſten und je weniger fie von dem Negen erfriſchet wird, deſto ungeſtuͤmer und heftiger find feine Anfälle, Die feuchten Gegenden find yon den’ regnichten wohl zu unterfcheiden. Je mehr der Dunftfreis mie Dünften angefüllee ift, defto weniger koͤnnen darinn Körper, die von der beftändigen Hiße erfchöpfer find, mwiderftehen. Die öftern Regen hingegen erfrifchen die Luft, verdünnen und erneuern die verdorbenen Waflır, und: vermindern endlich und fehlagen die Ausphnflungen nieder, m Von dem vornehmſten Kranfheiten einer Armee, in den verfchiedenen Jahreszeiten, und. einigen practifchen Beobachtungen hieruͤber * Die Krankheiten moraſtiger Gegenden haben eine große Aehnlichkeit mit denen im Felde. Zwo Haupt⸗ gattungen von Uebeln pflegen in den Armeen zu wuͤ— 9 Die eine ſind die Entzuͤndungskrankhei⸗ die im Winter und die andere, Die Gallen⸗ —— ‚ die im Sommer gemein find, Die erften nehmen ihren Urfprung von einer Steifigkeit der Fäferchen, von der Verdickung des Geblütes, pon der Auflöfung (diffolutio) der fluͤßigen Theile, und der Geneigtheit ſowohl dieſer, als jenes, jur Faͤulniß. Was beyde 1ebel mit einander gemein haben, iſt vielfeicht die unterbrochene unmerfliche | —— welche in dem einen li * Aus ber vorhin angezeigten Schrift bed Herrn D. Pringle, phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 329 und entweder allgemeine ‚oder beſondere Entzuͤndun⸗ gen hervor bringe, und im andern Diejenigen verdor⸗ benen Theilchen zurück hält, ‚die fih im Blute befin⸗ den, und die ganze Maffe deſſelben anſtecken. Die Entjündungen des Gehirns, der Augen, des: Hals fes, der Bruft, der Leber, des Magens, der Ges daͤrme, und die hitzigen Fluͤſſe (cheumatisıni), ma⸗ chen die erſte Gattung von Uebeln aus: hingegen die Ruhr, die Gallenfieber, und die Spitalkrankheiten, gehoͤren zur letztern Claſſe. = Eine Armee , die zu Felde zieht, hat anfänglich, viele Kranke. Iſt Diefes auch wohl zu verwundern? Der Soldat vermwechfelt auf einmal: dies warme Luft, die Ruhe und die Bequemlichfeiten zu Haufe, oder in feinen Duartieren , mit: befehmwerlichen Märfchen, heftigen Kriegsübungen, Kälte, und Feuchtigkeit, auch wohl “mit dem. Mangel der erforderlichiten Morhwendigfeiten. Die Berhältnig derer, die in den erften Strapagen drauf gehen, gegen die, fo fie überwinden, ift viel geringer, wenn die Cams pagnen erft ein wenig. ſpaͤt ‚eröffnet werden... Aus denen ſowohl in Flandern, als auch in der rauhen und ruhmvollen Erpedition von 1746 in Schott« land «gemachten Beobachtungen erhellet, ‚daß die Anzahl der Kranken, wenn die Armee ſchon im April zu Felde zieht, den fieben und zwanzigften Theil der ganzen Armee betrage, da ſie hingegen nur den ſechs und dreyßigſten ausmacht, wenn ſich erſt im May die Kriegsoperationen angefangen haben. Nach den erften zwey bis Drey Wochen, hören Diefe Krankheiten, —9 eben fo, wie die Winterkrank⸗ heiten, zu den Poeaane gehören, "allmählich 5 auf, 38° Auszug der neueſten auf, und mwechfeln gegen den Auguſt mie den Gal⸗ lenfiebern und der Ruhe ab, die alsdenn ihren An- fang nehmen. Sie nehmen ibten Urſprung von der anhaltenden’ Hige, von der Naͤhe fumpfichter Ge- genden, von angeſteckten Feldern, und fühlen Niüch ten , welche auf hißige Tage zu folgen pflegen *. Die Blurflüffe dauern gemeiniglich nur bis zu Ans fange des Octobers, allein die Fieber weichen nicht eher , als’ bis der Froft einfälle, und die Entzuͤn⸗ dungsfranfheiten wieder anfangen. Im Anfange einer Campagne ift die Anzahl der Kranken mehr beftimme, als gegen das Ende derfelben. Taufend Umftände, die man unmöglich aus einander. feßen Fann , vermehren, oder vermindern das Sterben. Mur fcheint es, als ob die Gefahr weit größer wäre, wenn die Campagnen allzu fpät, als wenn ſie noch bey quter Zeit aufgehoben werden, Die zwo letz⸗ ten Wochen eines Feldzuges, der erft im LTovems ber zu Ende gebt, find viel fruchtbarer an Kranfe heiten, als die 'beyden eriten Monate. Die Kecis Dive find beftändig zu fürchten ‚ und die Ungefundes ften bleiben Jahr und Tag in diefem Elende, bis die Rrankheiten'nach und nach die Soldaten wegge: gerafft haben, og zuerft Davon find 5 — worden. Man * Da D. Pringle allhier des Obſtes nicht be⸗ ſonders Erwahnung thut, fo beſtaͤtiget dieſes ge⸗ wiſſerm aßen vom neuen, daß man der Rubr mit Anvedht vielmehr dag Obſteſſe An als die Erkaltun- gen des Leibes, in den erften Fühlen Nächten, und durch das eiskalte —* —9 erhibtem Ki sur Urfache giebt. U U. . = phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 331 Man kann hier weder die Vorbeugungsmittel, noch die Curen aller dieſer ‚Kranfbeiten ausführlich befchreiben. Indeſſen mögen folgende practifche Beobachtungen die Stelle dieſes Mangels einigers maßen erſetzen. In den Entgündutigefranfheiten des Halfes hat Herr Pringle, an dem leidenden Theile, ein Stück flaniellenes Zeug , in eine Vermiſchung von Oele und Hirſchhorngeiſt eingeweicher, mit gutem Forts gange appliciven lafjen. Wenn man Diefes Außer» liche Mittel alle vier bis fünf Stunden erneuret; fo erreget es einen Schweiß, der öfters die Entzün ; dung zertheilet. Dieſes Mittel ift nicht weiter neu, als nur feiner Form nach. Celſus raͤth den Ge- brauch in Del getauchter Schwämme ‚ und der Säf- fein von warmen Salze *. Kremüller hingegen preifet Umfchläge (fomentationes) von Kothe der * an **, | m) Gebrauch) der Blafenziehenden Pflafter ( Wehchiokis) an der franfen Seite, beym Seiten- und 'Sungenftechen , (pleuritis et peripneumonia) wird vom Herrn Pringle fehr gebilliger. Folgendes pathognomonifches Zeichen der laus fenden Gicht, welche fo oft mit dem feorbutifchen Rhevmatiſmo verwechfelt wird, hat man dem Freunde des Heren Pringle, Heren Clerk, bes rühmten edimburgifihen Arzte zu danken. „Die: „ſes Hebel, fager er, unterfcheider fich öfters Durch „den Urin des Kranken, Man fi fiehe darin Faͤſer⸗ i „hen, die, ß ur fie darinn ſchwimmen, viel un- duch» * Celſ. L. Wie c. 4: ** Estmüller, de Angina, zz2 Auszug der neueſten „durchſichtiger, als ter. Urin find: fo bald man fie „aber heraus nimmf, fo ſind ſie durchſichtig, wie ein „Cryſtall, laſſen ſich lang winden, und werden, „wenn man ſie trocknet, zu einem kalkichten Staube. „Dieſes iſt meines Erachtens die der Gicht eigene „Materie, wie auch des Griesſandes im Urine, und „anderer uͤebel von der. Art wodurch fie ſich vom „Rhevmatiſmo unterſcheiden, und ich glaube hier⸗ „inn den glasartigen Schleim der Alten zu fin⸗ „den, der ſich nicht im Blute, ſondern nur bloß im „Urine der Kranken zeiget. Die neuern, wenig⸗ „ſtens die, ſo ich geſehen, und Bie.die Alten nicht: „ausgefchrieben ‚haben , ſagen nichts von dieſem „Sthleime' (pituita). Die Seife löfer ihn auf, ‚und „ich habe einige Monate hindurch ‚ täglich eine halbe, ‚ja wohl eine ganze Unze Davon, in den —— „Arten der Gicht gegeben. Das Fieber in ſumpfigten Gegenden } befonders das, fo man durch den Namen des hitzigen (ardens) uneerfcheidet ‚ zielet beftändig auf eine Fäulniß, und feine Xebnlichfeit mit den peftilentialifchen Kranfheis ten ift offenbar, Es fängt fich, wie diefe; mit Srofte, Ropffchmerzen, Matrigkeit, Bemuͤ⸗ hungen zum Erbrechen, einer brennenden in⸗ nerlichen Hicze, unerfärtlichem Durſte und einem * dtingenden Pulſe an. » + Zströgtfich zu, # + daß fich diefes Uebel unter alle Kenne zeichen eines doppelten dreprägigen Fiebers verbirgt. .» = *% Die Öallenfieber der Soldaten u felbft die unterbrochenen in Geoßbricaugl ver⸗ athen — Oder wie nennet man ſonſt einen poux concentr&? ”* S. Abh. von der Peſt. I. Th. ©. 217.218. phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 333 rathen auch eine Neigung zur Faͤulniß: allein, nach» dem mehr oder weniger Entzündung dabey iſt, find die Unterbrechungen (intermifliones ) fürzer, und die Zufälle minder entfcheidend, I wi Die Ruhren haben überhaupt eben diefelben Urs ſachen, als die ißterwähnten Fieber, und die Mares vie, die fie hervor bringe, mag nun Galle, oder fonft eine verdorbene Feuchtigkeit ſeyn; fo wird doc) ihr Angriff in den dicfen Gedärmen, deren Zellen und Falten fid) ihrem Durchgange widerſetzen, von einer Verlegung und Aufreffung der willdfen Haur, vom Brande und der Faͤulniß des ganzen Canals der Gedaͤrme, begleitet. Die Mittel , deren fich Herr Pringle mit. beften Fortgange bedienet hat, find Brechinittel, Purganzen und Ancifeptica. = Dieſe — koͤmmt in ihrem letzten Zuſtande öfters mit dem bösartigen Fieber der. Hoſpitaͤler und Gefängniffe überein, von welchem wir die Beobach⸗ j tungen des Herrn Pringle zu anderer Zeit mirges theilet haben *, 1: Re IV, Natuͤrliche Merkwuͤrdigkeiten von Guinea **, Es giebt in Guinea ein Thier, welches die Eng» fänder, vielleicht feiner Aehnlichkeit wegen mit dem | | 2 Merle * Siehe den 2. Artikel dieſes Aussuges der phyſika⸗ lſchen Merkwuͤrdigkeiten im 5. Stüdt ded 9. D." *Aus der Nouveau Voyage de Guinee, etc. Tra- duit de P Anglois de: Guillaume ‘Smith. : Ecuyer 2. Tom. In gtav Paris, bey Durand und Piſſot, 1751. 334 Muszug der neueften Menfhen, Mandril nennen, denn Man Heiße im Englifhen Menſch. Der ausgewachfene Leib deſſelben -gleiht an Größe und Geſtalt dem Men» ſchen; die Schenkel aber find Fürzer, und hingegen die Füße viel länger, gleichwie auch die Arme und Hände eben diefelbe Proportion haben, Der Kopf iſt von unfoͤrmlicher Größe: Das Gefiche ift breie und platt, und hat, außer den Yugenbraunen, feine Haare. Die Nafe ift ungemein Elein, der Mund weit, umd die Lippen ganz dünne. Das Gefichr, welches mit einer weißen Haut bedecket ift, ſieht vollfommen häßlih aus, und hat eine Menge von Kunzeln. Die Zähne find breit und gelb, und die Hände unbehaart, fonft aber hat der ganze Leib lange ſchwarze Haare. Diefes Thier kriecht niemals, wie der Affe, auf allen vieren, und wenn man es reizet, fo fchreyet es natürlich, wie ein Kind, Man fager, daß das männliche Gefchlecht diefer Thiere dem weif- fen Frauenzimmer fehr nachftellen foll, wenn es fie in den Waldungen antrifft. Es fließt ihm fat. be: ftändig ein Schleim aus der Nafe, den fie ſehr bes gierig mit dem Munde auffangen. Bat; . Die Boldküjte ift nicht die einzige Gegend in Öuines , wo man viel und fhönes Gold finder, Das ganze Eingeweide diefeg Landes ſteckt über» haupt voll vom Golde, und obgleich die Landesein⸗ mohner die Kunft nicht fonderlich verftehen, einer entdeckten Aber nachzufpüren, fo finden fie doch Gold genug in ihren Bergwerken, die fie aber für heilig Balten, und Feinem Europäer erlauben, fie zu befah⸗ — 2 ven, * phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 335 ren, ‚oder neue zu ſuchen. Die ſo v dem: Meere nahe wohnen, Men das Regenwaſſer, das aus den Gebirgen berabfließt, auf, und. waßben, das darinn befindliche Gold heraus. ie Schwalben find in Guinea nicht weniger Häufig, ‘als bey ung. . Man begräbt dafelbit die Todten niche in den Städten, fondern fie werben bis fünf Meilen da- von weggebracht, und an einem Ufer in den Sand begraben. Ich bin verfichere, daß wir eben daffelbe thun würden, wenn nicht die Vortbeile der Pfarrei, das Borurtheil wegen der chriftlichen Begräbniife, und. die Lehre von der Auferſtehung eben deffelbigen Seibes, Hinderungen in den Weg legten. „ Diefes | ſt die Anmerkung des Verfaſſers dieſer Reiſebeſchreibung. | fi Inhalt Inhalt T zum dritten Stuͤcke des zehnten Bandes. | I. Dr. Tofeph Raldaffari Aintungen fer dag Krei⸗ denſalz in dem Sieneſiſchen Seite 227 U. %. © Bieberord, Nachricht von: einen. Menfchen, der auf eine zweyfache Weife blind, und —— geworden III. Ueberſetzung eines Briefes über einige — Nachrichten von dem Rhone Ei Dr, Andr, Bing, Erklärung der eleltriſchen a. ungen V. Dr, P. Bayard , vort einem außerordentlichen Ge⸗ ee ‚in dem Magen eines jungen Gronengiin- vn. Sr Warner, Vorfall eine? inwendig in der Safe entſtandenen Geſchwu iſt 288 VII Nachricht von des Herrn Bina Erklärung des Erdbebens 292 VIII. Dr. John Pringle, von Materien, welche der Faulniß widerſtehen 390 IX. Nachricht von Kupferftichen welche mit einer Ti be abgedruckt werden X. Unterfuchung, wie dem Mehlthaue vorzubeugen ie xi. ne pbufialifihe Merkwuͤrdigleiten —* Hamburgiſches Wagazin, oder geſammlete Schriften, zum Unterricht und Bergnügen, aus der Naturforfchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Des zehnten Bandes viertes Stuͤck. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig, bey Adam Heinr. Holle, 1753. — gFortfebung ee ‚des int vorigen Stücke BPUERFMENN Auffases dom Kreidenfalze Neu allen Zeiten des Jahres findet man m Fu Die Dberfläche diefes Kreidenlandes I} mit einem. gewiſſen mweißlichten, oder LES, vielmehr afchfarbenen Salze beftreuer. KA. Ob fich auch gleich bey feuchter und tegnichter Mirterunn feine Spur davon zeiger, fo fälle doch folches fogleich indie Augen, wenn die sufe heiter und trocken if. Noch mehr zeiget es fich, wenn auf feuchte und ſuͤdliche Winde nordliche und trockene folgen, ſo, daß das Erdreich an einigen Or⸗ ten ſo weiß ausſieht als waͤre es mit einem leichten Reife bedecket. Ss weiſt ſich meiſtens in Geſtalt ae; ‚Staubes, . ‚und beſonders in Oertern, wo es ) 2 der nr 200 ’ 340°, Anmerkungen der Luft ausgeſetzet iftz aber in Höhlen, wo es vor, dem Wafl er und Winde ficher liege, erfcheint es in Geſtalt eines wollichten oder (himmlichten Wefensz die Fäden deſſelben find alsdenn fo lang als ein Quer⸗ daumen, und manchmal bat es ſich in den Höhlen wie eine fehr weiße Ninde angehängt, Alle Arten von Kreide enthalten diefes Salz, einige mehr andere weniger; doch habe ich das allezeit vichrig befunden, daß eine Art von fehwärzlicher Farbe‘, welche an der Natur fetter und _pechartiger Erden Theil, nimmt, und in welcher fich vorerwaͤhnte unterirdiſche Kohlen finden, folches Salz in größerer Menge enthält, als die andern. Wenn nad) häufigem. Regen der Guß aufgehoret hat, hängt es in großer Menge an. den Steinen, und am Schl amme der in den Betten der Graben und Baͤche liegt, auch enthalten die ge⸗ trockneten Erdklumpen ſolches in ihren innerfien Theilen. Bat man im erften Augenblicke einen, Gefchmack, mel: cher dem Meerfalze vollig ahnlich iſt⸗ darauf aber folget unmittelbar ein ſehr bitterer und widerwaͤrtiger Geſchmack, den man einige Zeitlang „ohne daß man ibn los werden koͤnnte, empfinder. ‚Die, natürliche Befchaffenheit hiervon zu unterfuchen. und ins Sicht zu ſetzen, ließ ic) einen Theif diefes Salzes, wie es mit Erde vermengt war, fanmlen,. und. löfete alles in- warmem Waſſer auf. Ich ſonderte das Aufgeloͤ⸗ ſete ab, ließ es ausdunſten, und von neuem aufloͤ— fen, alsdenn aber feigete ich es durd) Papier, Im Papiere blieb ein ſehr ſchwarzes, fettes und fhrnies riges Weſen, welches bey der 8 Singer — Wenn man dieſes Sal; auf die, Zunge bringt, ſo erührung mie dem uber ein Kreidenſalz. 348 Zinger etwas dlichtes entdeckte, und aͤußerſt ekelhaft ſchmeckte. Nachdem dieſe Materie: auf dem Papiere getrocknet war, warf ich alles ins Feuer, und im Verbrennen erhob fich ein widerwättiger Geruch wie von Erdpech; zugleich bemerkte ich, daß eine kleine blaue Flamme auf der Oberflaͤche dieſer Ma⸗ terie hinſtrich. ° "Das erfte, was ich beobachten wollte, war bie Seftare der Cryſtalle, in welcher Abſicht ich einen Theil der durchgeſeigten Feuchtigkeit abdunſten ließ, bis fid) ein Haͤutchen darauf fegte, ich ließ alles lange Zeit ruhig ftehen, und fand endlich die ver⸗ fangten Eryftallen, wie fie fi) an die Seiten des Gefaͤßes angehängt hatten, Sie hatten die Geſtalt eines laͤnglichten Wuͤrfels, (Parallelepipedi) an je⸗ der der beyden Grundflaͤchen befand ſich noch eine Pyramide auf dieſem vierſeitigen Grunde, ſo daß die Cryſtallen aus zwo viereckigten Pyramiden, und eis ner Säule in der Mitten, die’ auch viereckigt war, beftunden. Andere beobachtete ich, wo nicht recht⸗ winflichte lange Wuͤrfel, ſondern geſchobene waren; andere, die ihre Vollkommenheit noch nicht erreicher hatten, und deren ganzer Zufaß nur in. einer unor=: dentlichen Geftalt beftand; andere zeigten fich wie lange und dünne Scheibehen von ſechseckichter Ges ftalt, von denen zwo gleichlaufende Seiten größer als die andern waren. Ein Durchfchnitt durch die: Achſe vorhergehender vollfommener Ernftallen würde genau dieſe Geſtalt vorſtellen. Ich hielte ſie eine kurze Zeit in glaͤſernen Gefäßen, und ſie verloren mit einer Art von Calcination ihre Durchſichtigkeit, wobey fie in ein weißes und weiches Pulver wie zar⸗ N 3 tes * 342 Anmerkungen tes Mehl zerfielen, das weder mit ſauren Salzen; noch mit kaliſchen, guiges Zeichen eines Aufwal· lens gab. Das Leberbfiebene der ——— Feuchtigkeit liez ich endlich bis zur völligen Trockne abdunften, und erhielt daraus ein Sal; von ſehr weißer Farbe. Es fchien, als hätte folches mit dem fehwarzen pech⸗ artigen Weſen in dem: Papiere, zugleich, die heftige, efelhafte Bitterkeit zum Theil gelaflen, ‚die es vorhin befaß. Ich warf es auf gelüende Koblen ‚ auch. auf eine glüende eiferne Platte, da ic) es denn plößlich fie den und auffchwellen ſah; es braufte und machte DBläsgen, als wie, wenn man Alaun und Borrax auf das Feuer wirft, doch mit dem Unterfchiede, daß die Maunbläschen ohne Geſchmack find, diefe aber, ihre erſte falzigte Beſchaffenheit behalten, | Folgendes beobachtete ic), indem ich diefes Sal mit andern Körpern vermengte: 1.. Sowohl daffelbe: felbit, als feine Auflöfung, j gab nicht das geringfte Zeichen eines Aufwallens oder’ . Giedens, wenn es mit den ſauren Geiftern von: Schivefel, Vitriol, Eßig, und nachgehends mit der weißen Magnefia, der Terra di Nocera, calcinit: ten Mufchelfchalen, Weinfteinöl und Weinfteinfalze, und andern Ealifchen Körpern vermengt wurde. 2. Indem ich ſeine trübe und weiße Aufloͤſung mit Weinſteinoͤl vermengt, entſtand ein milchichtes zuſammen geronnenes Weſen, welches ſich bald auf den Boden des Gefaͤßes ſetzte. Wenn man es ſchuͤttelte, bekam das Waſſer eine wahre Milchfarbe, und das geronnene Weſen ſetzte ſich nachgehends wie⸗ der auf den Boden des Ge fäßes, 3. Das uber ein Kreidenſalz. 343 "3. Das Salz mit Weinfteinöl vermengt, giebt in. wenig Augenblicken ein zufammen geronnenes We⸗ fen, melches nicht heraus läuft, wenn man aud) gleich das Gefäße umkehret, und diefes geronnene Werfen trocknet in wenig Tagen, und wird zu etwas hartem und feftern, nicht viel weicher als ein Stein. 4. Eben vergleichen geronnenes Wefen giebt Bleyſalz mit der Auflöfung unfers Kreidenfalzes vermengt. | 5. Veilchenſaft faͤrbet fih davon ungemein ſchoͤn grün, wenige Tropfen Bitriolgeift verurfachen, daß biefe Farbe verfchwindt. | 6. Wenn man es mit der Auflöfung des äßenden Sublimats vermengt, feßet fic) in wenig Stunden ein orangefarbiges Wefen zu Boden; das darüber ftehende Waſſer bleibt hell und durchfichtig. 7. Salmiafsgeift bringe in der Auflöfung diefes Salzes einige ‚weiße Floͤckchen, aber in geringer Menge, hervor. | 8. In einem glüenden Schmelztiegel wird unfer Sal; flüßig, aber dabey fehr zähe und dicke, wie ges fhmolzenes Glas. Wenn man es alsdenn auf eine Marmorplatte gießt, und wieder abfühlen läßt, ver- ändert es fich in ein hartes Weſen, welches der freyen Luft ausgefeßet, in ein falzigtes Pulver zerfällt, dem nun feine natürliche Bitterfeit fehler, die mit einer laugenfalzigten Schärfe verbunden war. 9... Mit gefchmolzenem Schwefel vereinigek, zer: fließe e8 alsdenn von der Feuchtigkeit der Luft nicht, löfee fich auch nicht im Waſſer auf.- \ ı0. Es braucher zu feiner Auflöfung fo viel Wafz fer als es felbft beträgt. ° t | a 11, In 344 Anmerkungen u. In dieſe Auflöfung in gleichviel Waſſer, goß ich hoͤchſtrectificirten Weingeiſt und brachte kaum etwas weniges von einem ſchleimichten zuſammen ge⸗ ronnenen Weſen hervor. 12. Das Mengſel von Waſſer, und dem im 2. Abſatze beſchriebenen geronnenen Weſen, ſeigte ich durch Papier, da denn das geronnene Weſen im Pa⸗ piere blieb. Ich loͤſete ſolches öfters im Waſſer auf, und ſeigte es wieder durch, bis die Aufloͤſung den urinoͤſen Geſchmack und Geruch des Weinſteinoͤls völlig verloren hatte, und ganz Geſchmacklos blieb, Da es denn im Papiere eine gefehmacflofe weiße Falis ſche Erde zurück ließ. Ich bitte hier mir die Erlaub— niß aus, als in einer Eleinen Ausfchweifung anzus merfen, daß ich die Lauge, welche durch das Papier bey der erften Durchfeigung gegangen war, meiftens in einer gläfern Flaſche aufbehalten habe. Diefe Lauge war klar und durchfichtig, fie hatte noch den Geruch und den Geſchmack des Weinfteinöls, und da ich fie nad) drey Tagen beobachtete, fand ic) den Boden der Flaſche mit unglaublich vielen fehr Fleinen aſchfarbenen Körnchen bedeckt, die in gleichen Ent: fernungen von einander ftunden, und unter ſich eine fehr zarte Rinde hatten. Mich eines Gleichniſſes zu bedienen, ſo ſchien der Boden der Flaſche mit vielen weißen Mopntörnchen bedeckt. Bey diefer unerwars teten Körnung gerieth ich leicht auf die Gedanfen, daß folhe vom Anſchießen des Galzes in Cryſtallen berrührte, Ich erinnerte mid) dabey, was der uns fterblihe Boerhave im II. Th, feiner Chymie 14. Pro» ceß lehret, daß die Potafche im Regenwaſſer aufges föfet, gefchüttele, und nachgebends ruhig setafien, und uͤber ein Kreidenſalz. 345 und alsdenn die daruͤber ſtehende Lauge gelinde abges goſſen, mie einigen Hefen, ſehr viel Salzkoͤrnchen von Aſchenfarbe, bittern Geſchmack, und einer glas⸗ artigen Haͤrte und Bruͤchigkeit zuruͤck bleiben. Nach abgegoſſener Feuchtigkeit fand ich eine Menge ſehr kleiner Sandkoͤrnchen, ganz ohne Geſchmack, harte, widerſtehend, mehlicht, man mußte ſie fuͤr eine bloße kaliſche Erde erkennen; mit einem Glaſe betrachtet, zeigten ſich viele klar und durchſichtig wie ein Cryſtall. Ich verlangte Doch noch einige Unterfuchungen an zuftellen; daher ich ein Pfund dieſes Salzes mit ges nugfamer Menge durchnegter Kreide vermengte, und daraus viel kleine Klumpen machte, ſolche darauf, fo viel als möglich, trocknen ließ. Ich that diefe Klum pen in eine gehöriger maßen lutirte Retorte, und feß- te fie in einen offenen Meverberierofen, legte auc) eine zulängliche geraumige Vorlage daran. Mach): dem das Feuer war angezüunder worden, zeigten ſich ‚anfangs einige weiße Dämpfe, welche die ganze Vor—⸗ lage erfülleten, wie aber das Feuer nad) und nad) verftärfee wurde, wurden die Dämpfe gelber und von eigentlicher Schmwefelfarbe. Ich verftärfte das Seuer immer mehr und mehr, bis ich bemerfte, daß der obere Theil der Vorlage ſich abfühlte; welches ein Zeichen war, daß das Lebertreiben vollendet waͤ⸗ re; dieſerwegen nahm ic) das Feuer weg, und ließ alfes nach) und nach von ſich felbit verfühlen. Ich zerbrach alsdenn die Retorte, und fand auf dem Bo⸗ den eine fehwarze geſchmackloſe Erde, mit einigen fels, tenen Koͤrnchen Salz. Die Vorlage gab einen far: Een Schwefelgeruch von fich, und in ihr befanden’ ſich ungefähr vier Unzen einer durchſichtigen und kla⸗ | N) 5 ren 346 Anmerkungen ven Feuchtigkeit, von fäuerlihem Geſchmacke, und einem Geruche, welcher dem Geifte des Meerfalzes ſehr aͤhnlich war. Dieſe Feuchtigkeit färbte blaues Papier roth, ‚mie Ren den Beilchenfaft , welches von, fauren Geiftern zu gefchehen pfleget. Ich fchloß da⸗ ber, er würde’ auch mit Laugenfalzen aufſchaͤumen; aber da ich ihn zu Weinfteinöl und NWeinfteinfalze, zu weißer Magnefia,auf OsSepiae, Krebsaugen, calcis nirte Mufcheln, goß, gab er nicht das geringfte Zei— chen eines YAufwallens oder einer Bewegung, ob ich ihn wohl viele Stunden lang beobachtete. Mur bes mer£te ic) mit Erſtauen, daß er mit der terra di No- cera vermiſchet, plößlich ein erftaunliches Aufwallen erregte. Außerdem ift auch merkwürdig, daß ſich bey der Vermiſchung dieſes Geiftes mit Weinfteinöle plöglid) einige weiße Floͤckchen erzeugeten, Die nad) und nach) größer wurden, und fich mie ein milchich⸗ res geronnenes Wefen zu Boden fenften. Die Feuchtigkeit darüber blieb ganz ohne Geſchmack, und gab bey dieſer Verrichtung felbft einen flüchtigen Dampf, der gleicdyfam feurig war, und ftarf in die Naſe flieg, von fi. Am Boden des Gefäßes, wo diefe Feuchtigkeit fich befand, fegte fich mit der Zeit ein Theil Erde. | Schon vom Anfange meiner Beobachtungen hatte ich bemerfer, daß mit diefem Salze ein Theil erd« pechartiger Schwefel verbunden wäre. Daher fiel mir ein, die Scheidung diefes Schwefels von Salze zu verfuchen, in Hoffnung, id) würde dadurch auch die efelhafte Bitterfeit wegnehmen fönnen. Unter den verfchiedenen Betrachtungen, welche mir zu Er⸗ haltung dieſer Abfiche einfielen, erinnerte ich mid) einer tiber ein Kreidenfalz. 347 einer fehr ‚befannten Sache, daß Schwefel, Dele und Erdpeche fich mit dem Waſſer nicht vereinigen, und darinnen.nicht auflöfen, wenn fie nicht mit einem Ealifchen Körper verbunden find, mie. diefes gefchieht, wenn. man Schwefeliim gemeinen Waſſer mit unges löfchten Kalke Eochen läßt, wodurd) man eine Schwe⸗ feltinctur erhält; wenn man mit dem gefchmolzenen Schwefel Weinfteinfalz vereiniget, entfteht eine blut— farbige Maffe daraus, welche die Chymiſten Schwer felleber nennen; der feuchten Luft ausgefeßer, zer⸗ fliege diefelbe, und wenn man fie in Waſſer thut, loͤ⸗ ſet ſie ſich auf, giebt dem Waſſer eine Purpurfarbe, und riechet ſtark, wie die ſchwefelichten warmen Baͤ⸗ der. Das Oel, ſo wohl das von Thieren koͤmmt, als das aus Pflanzen erhalten wird, verwandelt fic) in Seife, und loͤſet fih im Waffer auf ‚wenn Afchens lauge dazu fomme, die man durch den Beyſatz uns gelöfchten Kalfes noch Falifcher gemacht hat, Nach Abdunftung diefer Lauge bleibt das fcharfe kaliſche brennende Salz Juri‘, das man insgemein todtes Seuer nennet. Jin Zinnober, und im mineralifchen Mohr vereinigen ſich Schwefel und Dueckfilber der geftalt, daß fie auch in eine Retorte gethan, und ftarfem Feuer ausgefeget, ſich nicht wollen feheiden laſſen, wenn man fie aber mit ungelöfchtem Kalfe, oder mit Weinfteinfalze vermenger, oder auch Feils ftaub dazu thut, erfolget Diefe Abfonderung fehr bald, und das Queckfilber erhält feine erfte Geftalt wieder. Hierzu kann man fegen, daß die Chymiſten die Thier⸗ falze,. welche im Oele ſtecken, zu reinigen, fie mit ungelöfchtem Kalte fublimiven, Alle biefe Betrach⸗ tungen fuͤhreten mich dahin, daß es mir mit PR huͤlfe 348 Anmerkungen hülfe deffelben aelingen wirde, ben erdpechichten Theil von unferm Salze abzufondern, und ihn mie dem Waſſer zu vereinigen; Daß es alfo von dem Erdpeche , das nun im Waſſer wäre, befreyet in Cryſtallen anſchießen wuͤrde. Ich betrog mich auch in meiner Meynung nicht, denn nachdem ich einen Theil Salz und ungelöfchten Kalk in zulaͤnglicher Menge gemeinen Waſſers aufgeloͤſet hatte, ließ ich ſolches einige Zeitlang kochen, und ſeigte das Ges kochte durch Papier, ließ ſolches in glaͤſernen Gefaͤſ⸗ ſen ausduͤnſten, bis ſich ein Haͤutchen anſetzete, und darauf alles ruhig ſtehen, da denn das Salz anſchoß, und ſich an die Waͤnde des Gefaͤßes anhing. Dieſe Cryſtallen waren klar und durchſichtig, von obenbe⸗ ſchriebener Geſtalt, und ich fand bey ihnen keinen merklichen Unterſchied von den vorhin erwaͤhnten Cryſtallen eben dieſes Salzes, der das meiſte ſagen wollte, war dieſer, daß fie viel gelinder und ange— nehmer ſalzigt ſchmeckten, und die efelhafte Bitter: Feit gar nicht mehr an fich hatten; woraus ich die Ab« fonderung des erdpechartigen Wefens fehließen konnte. Ich babe ſchon oben gefager, daß unfer Salz in einem glüenden Tiegel geſchmolzen, die Bitterkeit verlieret, weil ſich der verbrennliche Theil deffelben, der aus Erdpeche beſteht, verzebret: ich wollte aber auch diefen leßtern Weg verfuchen , da die Mache des Feuers im Salze feine Veränderung bverurfacher, mie bei jenem Verfahren, und da man alfo das Salz in feiner natüriichen Geſtalt befüommt.-: Wenn ich diefes cryſtalliſirte Salz mit ſauren oder kaliſchen Feuchtigkeiten vereinigte, ſo gab es nie ein Zeichen einiges Aufwallens, ſondern ward in einem glaͤſer⸗ uͤber ein Kreidenſalz. 349 glaͤſernen Gefaͤße ruhig hingeſetzet, in kurzer Zeit weiß, undurchſichtig, und zerfiel in ein weißes Pul⸗ ver, welches nach und nach die erſte Bitterkeit wie— der bekam. Den diefer freywilligen Calcination wollte ich unterſuchen, ob eine neue Eigenſchaft Hinz ein gekommen waͤre. Ich bemerkte, daß es noch eben den Geſchmack hatte, daß es den Veilchenſaft gruͤn faͤrbte. Aber das war etwas Neues, daß es mit ſauren Geiſtern vermenget, aufwallete, wovon ich nicht dag geringſte Merkmaal zuvor bey dem Sal⸗ je, wie es aus der Erde gefommen, oder auch, wie es in Erpftallen angefchoffen war, batte beobachten fönnen, Ich muß geftehen, daß diefes Aufwallen nicht fo fehr heftig war, wie es von andern falifchen: Körpern zu entftehen pflege. Ein anderer Verſuch beftätigte mich ebenfalls darinnen, daß diefes Salz, mit Kalfe verbunden, und freymillig in Pulver zer» fallen, einen größern Grad der Falifchen Schärfe ers haft. Ich Hatte von ungefähr ein gewiſſes vitrioli» fhes Wafler unter Händen, das unweit Pienza quilfe, der Duell beißt Lago d’ Averno. Ich brach: te darinn die ſchwarze Farbe auf die gemeinen Arten, mit gepülverten Galläpfeln , Oranatenblüten, Eichen= blättern, Theeblättern,; "hervor; darauf mengte ic) Unter ein ander Theil defjelben verfchiedene. kaliſche Körper, und beobachtete, daß ſich allezeit eine gelbe Erve, wie eine Ocher zu Boden feßte. In den Ges danken alfo, daß vorerwaͤhntes Pulver auch kaliſch ſey, goß ich einen Theil in dieſes vitriolifche Waſſer, und fahe fo gleich die ker MD den Boden des: Ge Ba Kam | h ei Re — —— 4 J 350 : Anmerkungen Diefes find die wenigen und einfachen Beobachtuns gen, die ich bey der Unterfuchung diefes Salzes ans geftellet habe: Einige andere von geringerer Wich- tigkeit übergehe ich. : Ich zweifele nicht, daß man die eigentlichen Beſchaffenheiten deffelben „und die wahre Natur zu entdecken, noch mehrere und ge⸗ nauere hätte anftellen koͤnnen. Doc) meine zu ge- einge Geſchicklichkeit und die wenige Erfahrung, die ich in folchen Dingen habe, auch andere nicht allzu vortheilbafte Limftände, haben mich ‚verhindert, diefe Arbeit zu mehrerer Bollfommenbeit zu bringen. Ich ſchmeichele mir indeflen doch, fo viel angemerfer zu haben, als zu genauerer Kenntniß diefes Salzes die— nen kann. Haben Sie aber bisher die Geduld ge— habt, meine fchlechten Beobachtungen durch zu Iefen, fo bereiten Sie ſich zu noch größerer, um noch einige leichte Betrachtungen anzufehen, die ic) Ihnen dar⸗ über zu fchreiben unfernehme, Es ſcheint fein Zweifel übrig, daß diefes ein Mittelfalz, oder Sal neutrum, ift, welches mit Feis ner Art von fauren oder kaliſchen Salzen eine merkli— che Unrube erveget, und daß zu feiner Zufanmenfe= Bung fich eine Falifche Erde, eine fluͤchtige Säure von der Art des Meerfalzgeiftes, und ein erdpech⸗ artiger Schwefel vereinigen. Die Gegenwart der kaliſchen Erde zeuger fich deutlich in der Erde, wel— che aus der Auflöfung unferes Salzes mit Weinſiein oͤle vermenget, als ein geronnenes Weſen zu Boden fallt, und nachgehends bey der Durchſeigung im Papiere zurück bleibe, wie ich, im ı2 Abſ. erwaͤhnet babe. Das Dafeyn eines fauren flüchtigen Geiſtes Ren aus der geiftigen Feuchtigkeit, melche a a5 uber ein Kreidenfalz. 351 das Uebertreiben erhalten wird, die ihre Säure dem Geſchmacke entdecfet, und fich auch dadurd) zeiger, daß fie blaues Papier und Beilchenfaft roth faͤrbet, wie auch, daß fie mit der terra di Nocera aufwallet. Daß diefe flüchtige Säure von der Natur des Meers falzgeiftes ift, entdecket der Geruch deutlich. Der fehwefelichte erdpechartige Geruch, den die Vorlage nach dem Uebertreiben durchläßf, und das ſchwarze und fette Weſen, das nad) dem Durchfeigen in dem Papiere bleibt, und beym Verbrennen wie Erdpech riecht, weiſet die Beymifchung erdpechartigen Schwe— fels, Außerdem hat man aud) ſchon bemerfer, daß fich diefes Salz am häuftgften in den Schichten der: fhwarzen Kreide zeiger, die voll unterirdifcher Koh— len find, und auch diefes ift ein Beweis, melcher deutlich vor Augen ftellet, wie viel Theil ver erdpech⸗ artige Schwefel an viefem Salze bat. Wenn ich fage, erdpechartiger Schwefel, fo feße ih zum Bor: aus, daß man den Unterfchied fchon weiß, der ſich zwiſchen dieſem Schwefel und dem gemeinen minera⸗ lichen Schwefel befindet; denn da diefer letztere durch fein Uebertreiben, weder Del noch Geift giebt, fon= dern bloß als Blumen in die Höhe ſteigt, fo giebt der erfte, in einem gläfernen Gefäße — —— Oel, Geiſt und Erde. Wie aber das beſte Mittel, die Matur zu erklã ren, ſeyn wuͤrde, ihr nachjuaßmen , wenn man e8 nur allegeit bemwerfftelligen Eönnte, und fie fo zu res den nachzubilden, indem man eben die Wirkungen; die fie hervor bringt, zeigte, weil man alsdenn nicht mehr rathen, fondern mie eigenen Augen fehen, und ſicher wuͤrde, daß die natuͤrlichen Begebenheiten mit 352 Anmerkungen mit der Eünftlichen einerley Urfachen haben müßte, oder daß ſolche wenigftens nicht fehr unterfchieden feyn fönnte: fo fann man auch feinen arößern Bes weis. fodern, daß unfer Kreidenfalz wirklich aus ſol⸗ chen Zheilen beſteht, als wenn man es gleichſam wie⸗ der erzeuget, ‚oder richtiger zu reden, ein ſolches bits teres Salz wieder zufammen feßet. Go oft auf ges pülvertes Os Sepiae Meerfalzgeift gegoffen wird, ent⸗ ſteht nach einem heftigen Aufwallen ein ungemein bitteres Salz, welches im Anfange die Zunge mit einer ſalzichten Empfindung ruͤhret, bald aber einen ungemein bittern und aͤußerſt ekelhaften Geſchmack verurſachet. Nun iſt gewiß, daß Os Sepiae eine Falifche Erde, und ein fehwefelichtes pechartiges Wes fen enthält, welches letztere aus dem widerwaͤrtigen Geruche erhellet, ven es beym Verbrennen von fic) giebt, imgleichen aus der ſchwarzen Farbe , die es alsdenn erhält, und die ausgelöfchten Kohlen gleicht. Ein Salz, das ebenfalls bitter ift, ob wohl niche fo ftarf, als das erfte, entſteht, wenn man Meera falzgeift mit weißer Magnefia und andern Falifchen Körpern vermenget, wobey aber zu erinnern if, daß diefer Geift-allezeit etiwas ölichtes enthalt, welches ihm vom Bitriofe ift mitgetheilet worden, wenn man ihm nach Glaubers Art zubereitet, zieht man ihn aber. mit bolusartigen Erden aus, fo erhält er Bee chen auch von derfelbigen. Sch habe oft, aber allezeit vergebens, ein ähnlie ches bitteres Salz mit Bitriolgeifte und weißer- Magnefia hervor zu bringen, gefuchet. - Dazu ver feitete mich der berühmte Friedric) Hofmann, der an ber fie ne Orten behauptet, aus der Verbindung, genannter uͤͤber ein Kreidenfalz. | 353 genannter beyden Stüde entftehe ein ſolches Salz. In der Abhandlung de fonte et fale Sedlizenfi 16 $. faget er: „Will aber jemand von der Wahrheit die: „fes vollfommener überzeuget feyn, fo gieße er nur „Bitriolgeift auf die Magnefia, da alles in eine bit „tere und falzigte Feuchtigkeit zerfließen wird , die „alsdenn verdicket, ein bitteres Laxirſalz giebt, Das babe ich gefunden, daß nad) dem Aufwallen allezeit. ein.faft geſchmackloſes Wefen, ohne einige Bitter feit, zurücke geblieben ift, welches etwas adſtringi— rend war; daher wurde ich verwirrt und zweifelhaft, und da ich einem fo großen Manne den Glauben nicht verfagen Fonnte, ſchloß ih, ich müßte nicht recht ges wußt haben, den Verſuch anzuftellen, und hätte vielleicht einen nothrwendigen Umſtand verfehen oder verändert. Endlich fand ich bey Leſung feiner chn= miſch phufifchen Beobachtungen in der 30.des 2.8. wo er von der- verfchiedenen Befchaffenheit der faus ven Salze redet, dieſes: „Fuͤnftens, wenn man „Salzgeiſt mie Ealifchen Körpern, als Eyerfchalen, „zubereiteten Mufcheln, Krebsaugen, ungelöfchtem „Kalfe, und deflen zärtern Theile, den fie ißo „Magnefie nennen, vermenget, fo entſteht eine gels „be Auflöfung mit Aufwallen, und der Gefchmad „wird fehr bitter und falzigt, auch) etwas zufammene „siehend. Vermiſchet man aber diefe genannte Sa— „chen, jede befonders mit Bitriolgeifte, fo wird Fein „unangenehmer falzigter oder Falfartiger Geſchmack, „oder einige Bitterfeit empfunden , und die Zunge - „faft von gar Feiner falzigten Schärfe gerührer, ſon— „dern: beydes zuſammen fcheint fich in ein Mengſel von „gelinde zufammenziehenden und ein wenig gefalzenem 10 Dand, 3 Ge⸗ 34 Anmerkungen „Geſchmacke zu verwandeln, Aus diefen Worten begriff ich fehr deutlich, daß ſich Diefer gelehrre Schriftſteller auf die Art konnte geirvee haben, ‘daß er bloß aus Unachtfamfeit geglauber hatte, er babe Sal;geift auf Magnefia gegoffen, und davon fen das Mengfel fogleich falzig und bitter geworden, Aus reinem Eßiggeiſte, und einigen Ealifchen Körpern, entfteht ein bitteres Salz, das unferm fehr ähnlich ift. Die verdriegliche Arbeit zu vermei⸗ den, daß man immer ein wenig Saures oder Kalis fches, zu oft wiederholtenmalen, bis zur Sättigung, zugießen muß, wählte ich zu diefem Verfahren einige Ealifche harte Steine, als die bauchförm’gen Cryſtal⸗ fen, die bauchförmigen Steinwüchfe in der Kreide, die Körner von den Bädern von Bignone, und die von der Solfatare und Rapolano. Auf diefe Körper goß ich, auf jeden befonderg, abgezogenen Eßig, da ſich den plöglich ein heftiges Aufwallen erregte, welches einige Stunden dauerte, bis der Eßig geſchmacklos wurde. Die Oberfläche diefer Körper fonderte fi) bey diefer Gelegenheit ab, und fenfte ſich in irdifcher Geftale zu Boden, Um nicht allzu weitläuftig zu feyn , will ich bier einige befondere Begebenheiten nicht erwähnen, die ich bey diefen Auflöfungen beobachtet habe, als ihre verſchie— denen Farben, die Luftblaͤschen, die bey einigen auf die Dberfläche ftiegen, und da verſchwunden, bey andern ſich nach Art eines Schaumes zufammen feß- ten, bey andern fich auf den Boden fenften, und da- felbft andingen, und andere folche Vorfälle, Ich that dieſe Auflöfungen zum Theil in Eegelför- mige Gefäße, mit der Grundfläche des Kegels in bie Höbe gekehrt, zum Theil in glafirte irdene | NEE, Gefäße, über ein Kreidenfatz. 3355 Gefäße, die fehr weit waren: darinnem ließ ich fie ftehen, - damit die Feuchtigkeit bloß durch Wärme Der Luft abdunften follte. Kaum gieng diefes an, fo ſah ich, wie ſich bald eine weiße Salzrinde an dig Wände des Gefäßes anhing, aber weit über der wagrechten Fläche der ftehänden Feuchtigkeit ; dieſe werftärfte fi immer nach dem Maaße der Ausbün- ftung , ſo, daß daraus, als fie vollkommen wurde, ein größer Streifen fehr weißen Salzes über dieſer Waſſerflaͤche entſtund, ver aus runden Körnchen zus ſammen gefeget war, welche fi) nach innen zu er- hoben; daß alfo das Salz längft diefer Wände hin- angeftiegen, und folchergeftale fublimiret zufammen gezogen und gebildet war *. Mach diefen Streifen folgte eine Salzrinde, die immer dünner und dünner wurde, nach dem Maaße, mie fie fich gegen den Boden hinſtrecketen, um welchen fie fih in allerley Salsgeftalten zertheilete, welche verfchiedene Ge: büfche und Baumchen, mit ihren Aeſten und Staͤm— men aufs artigfte abgezeichnet vorftelleten. Aus die— fen Salzgewächfen , dieman eine philofophifche Subli- ‚mation nennen Fönnte, läßt fi der Urfprung der Gebuͤſche und Bäume leicht veritehen, welche man auf den Bäumchenfteinen, oder Dendriten abgezeich— nee findet, wenn man fich vorftellee, ein Salz, das in — 3 2 Waſſer ch weiß nicht, ob die Leſer hier die Dunkelheit finden, Die ich aefunden habe, und derentmegen ich für Sprachveritandige dag Italieniſche berfegen will: . . z Ne refulto un groſſo cordone di Sale bianchiffimo fopra detto livello formato di = grumetti rotondi e globulofi che rifaltavano in den- tro eflendo il Sale afcefo lungo le dette parieti ed in tal guifa fublimato, congelato e configurato, K vr 356 Anmerkungen Waſſer aufgeloͤſet geweſen, habe ſich innerhalb der Materie dieſer Steine, dergeſtalt zu einer Zeit, da ſie verhaͤrtete, gebildet, oder es ſey auch in ſie hinein gedrungen, nachdem ſie ſchon die ſteinige Haͤrte er⸗ langer hatten, weil wir wiſſen, daß man Arten ges funden , verfchiedene fluͤßige Weſen in den Agat felbft hinein zu treiben, der doc) fo hart iſt, und weil man vermittelft diefer durchdringenden Feuchtigkeiten, im Innern der Steine Pflänzgen, Gebüfche, und ande: ve Geftalten, die zuvor nicht da waren; aufs Khön- ſte vorgeſtellet hat. | Indem ich einige Beobachtungen über diefe Salj- aewächfe angeftellee babe, ift mir bey verſchiedenen Arten von Salzen ein anfehnlicher Unterfchied, in der Zeihung und Austheilung der Aefte und Staͤm— me, nach Berfchiedenbeit der Salze felbft in die Au: gen gefallen, und ich habe dabey das Vergnügen ‚ges habt, eine vollfommene Uebereinſtimmung einiger folcher Salzbaͤumchen mit verfchiedenen Arten Baum: chen auf Steinen, die ich befiße, zu bemerken, Sonſt aber zeiget unfer Kreidenfalz nicht viel Ge: ſchicklichkeit, wohlgeftalte Pflanzen zu bilden, fie bas ben meiftens Fein gutes Anfeben, und find unform: lich und übel gezeichnet, daher fommt es, wo id ‚mich nicht irre, daß ſich auf einer Art zarten und weißen Steines, den man in der Kreide antrifft, ein Entwurf von Baumchen und Gebüfchen finder, die fo übel ausgedruckt find, daß es ſich Faum die Mühe verlohner, den Stein unter die Baͤumchen⸗ ſteine zu rechnen. Doch wieder auf dag Anſchießen dieſes Salzes zu kommen, ſo habe ich bemenfet, daß ſich bey ne älte uber ein Kreidenfalz. 357 Kälte der Luft ſtatt erwähnten Streifens ein ſehr dichtes wollenähnliches Gewebe von Salzfäden zeigte, welches ziemlich feft war, mwagrecht fund, und Die Hoͤhlung der Gefäße völlig verfhloß, wenn fie fehr voll waren, in welchem Falle das Salz ſich uͤber ihren Rand erhob, und ſich mit dem, das an ihrem aͤußern Theile darunter war, vereinigte. Weil ich mich aber zu weit von meinem Hauptzweke entfer- nen würde, wenn ich mich in die Erzählung ver: fehiedener merfwürdigen Begenheiten, die ich beym Anfchießen diefes Salzes beobachtet. habe, einlaffen wollte. Davon mir in diefer Abſicht fehr viele Ber: fuche find angeftellee worden, fo will ich nur eines anführen, welches mir nicht weniger als die andern merfwürdig gefchienen bat. Ich nahm zwo gleiche gläferne rechtwinflichte Platten, feßte fie. mit zwo Seiten an einander , daß-ihre. Flächen einen: ſehr Eleinen Winkel einfchloffen ,. und: legte fie. fo ſchief in ein Gefäße, mit. flacheın Boden, in welchem fich der Eßiggeiſt befand, darein ich einige vorerwaͤhnter ka⸗— liſcher Steinwuͤchſe geleget hatte. Der Geiſt erhob: ſich bald zwiſchen die beyden Platten, und machte gewoͤhnlichermaßen eine apolloniſche Hyperbel, deren eine Aſymptote die Linie war, in welcher die: Platten die Flaͤche des Weingeiſtes ſchnitten, die andere, die gemeinſchaftliche Seite der Platten ſelbſt war. Ich ließ alles zuſammen in dieſer Stellung, daß der Geiſt bloß von der Birfung der Luft auſsdunſtete, da fich denn das Salz ander aͤußern Fläche der: Platte zu. erheben anfing, welche den ftumpfen Winkel mit der Flaͤche des Geiftes machte, und nach und nach bil dete eine anſehnliche Rinde ‚itber der wagrechten 33 Flaͤche 358 Anmerkungen Fläche des Waſſers, aber an der äußern Fläche der andern Platte, welche mit der Fläche des Eßigs den ſpitzigen Winfel machte, bieng fich wenig an. Der Geiſt, welcher ſich zwifchen die Platten: erhoben hatte, fchickte fein Salz alles durch ihre Fuge, wo fie nicht völlig genau an einander fließen, und vers dichtete ſich außen an den Seiten in Rlumpen wie Kügelchen, im innern der Platten aber, fonnte fich nicht das mindefte Theilchen Salz bilden, ob ich mohl die Beobachtung bis. zum völligen Vertrocknen der Feuchtigkeit fortfegte. Ob dieſes Salz wohl aus zmeen dem Anfehen nach magern Körpern, Eßig und den vorermähnten Steinen hervor gebracht fcheint, fo mangelt es ihm doch nicht an einem ölichten und entzündbaren Theile, denn es wurde auf glüenden Kohlen fo gleich ſchwarz, ent⸗ zuͤndete fich bald darauf, wie es ſich denn auch in einem ©chmelztiegel entzündete, fo bald viefer erhigt wur= de, und gab eine fehr helle Slamme, ohne übeln Ge» ruch von fich, wobey es zuletzt eine graue, geſchmack- loſe, kaliſche Aſche zuruͤck ließ. Ich weiß wohl, daß einige Chpmiften , weil fic) abgezogener Eßig ins Feuer geworfen, nicht entzündet, daraus gefchloffen haben, es mangelten ihm verbrennliche Theile; aber andere Beobachtungen verfichern das Gegentheil, Bleyſalz, welches aus abgezogenem Eßig und Bleye befteht, giebt dur) Uebertreiben eine fette Feuchtig⸗ keit, welche wie Weingeiſt brennet, "ja ermähntes Dlenfalz auf glüende Kohlen geworfen entzündee fich fogleih. Man kann aush nicht ſagen, der verbrenn- liche Theil werde aus dem Metallifchen des Bleyes gezogen, weil ihn der —9 ja nicht a | en | tiber ein Kreidenfaß. 359 Beym wiedererzeugten Weinfteine , welcher aus höchftfaleinivtem Weinſteine und EBiggeifte, zufams mengefeßet ift, entſteht eine entzuͤndbare Feuchtigfeit, und diefer wiedererzeugte Weinftein fange, auf Koh— fen geworfen fogleich Feuer. Am aber allen Zweifel bey dem, was ich behaupte, zu heben, habe id) die Aſche fo wohl von Blenfalze, als von dem Salze, das mit Eßig und Steinen gemacht war, genommen, ſolche in einem Schmelztiegel gebrannt, und vom neuen abgezogenen Eßig darauf gegoflen, woraus ein neues entzimdbares Salz, dem erften vollfommen ähnlich, entftanden if. Daraus folget alfo, daß das Entzündbare vom Efige herrühret , weil man nicht voraus ſetzen kann, es fey etwas dergleichen in dieſen Afchen zurücke geblieben, wo das Feuer alles verzehret haben muß. Leberdieß habe idy auch in Eßig ein Stuͤckchen ſchwarzes Kupfererzt mit Eleinen Tuͤpfelchen Silber angeflogen, gethan, woraus bald ein blauer Vitriol entſtanden iſt, der auch entzuͤnd⸗ bar, welches mit dem gemeinen blauen Vitriole nicht angeht. Aus allen dieſen laͤßt ſich ſchließen, daß die Salze, die von dem Eßiggeiſte entſtehen, ent— zuͤndbar find, und daß er felbit alſo entzuͤndbare Theilchen enthalten muß. Ob es wohl viel Salze giebt, die Mittelfahe und bittere Salze heißen, und theils von der Natur, theils von der Kunft, hervor gebracht merden, * muß man ſie doch deswegen nicht blindlings fuͤr einer⸗ ley halten, und glauben, daß fie in ihren Wirkun⸗ gen und in ihrer Befchaffenbeit einander völlig abe lich wären. Jedes bat feine befondern und untere en Eigenfchaften , wodurch es ſich von, den 34 andern 36° Anmerkungen andern abfondert, ob fie wohl in gewiffen allgemeinen übereinftimmen. Ich will daher mit einem Beyſpie⸗ le den Unterfchted zu erläutern fuchen, der ſich zwi⸗— fchen unferm Kreidenfalze und andern mittleren und bitteren Salzen befinde. Das englifche Laxirſalz, welches man aud) Sal eblomenfe nennet, unterfcheis det fich von dem unfrigen zuerft in Anfehung des Uez- fprunges, und nachgends der Wirfungen, meil es den Beilchenfaft blau, wie unfers ihn grün macher, es ift nicht fo bitter und efelhaft, es macht mit dem Salmiafsgeifte viel Floͤckgen⸗ da unſeres deren nur wenige zeiget; wenn es in gleichviel gemeinem Waſ— ſer aufgeloſet wird, und wenn man es nachgehends in ein wenig hoͤchſt rectificirten Weingeiſt gießt, ohne das Gefaͤße zu ruͤtteln, und ohne daß ſonſt etwas beſonders dabey vorgeht, ſo verwandelt ſich ſogleich die ganze Aufloͤſung in ein hartes geronnenes Weſen, das ſo ſtark als ein Kieß widerſteht, da unſers kaum ein wenig ſchleimichtes geronnenes Weſen hervor bringt. Der gelehrte Muſchenbroek erinnert in ſei— hen Anfangsgruͤnden der Naturlehre 18 Cap. 540 $. fehr wohl: „Wenn man ebfomer Salz in Waffer „auflöfet, fo ziehen beyde einander nicht ſtark an; „man gieße Weinalcohol dazu, welches das Waſſer „ſtaͤrker an ſich zieht, fo wird das Salz bald vom „Waſſer verlaffen werden , und in Cryſtallen am Boden 'anfchiegen.„ Diefe Worte, welche eine Pracipitation anzudeuten fheinen, die fich ereignete, wenn man Weingeift in die Auflöfung des englifchen Salzes göffez.fcheinen ſich nicht recht zu dem Gerin⸗ nen zu ſchicken, das, wie ich erwaͤhnet habe, in fol» chen Amſtaͤnden entſteht, da die Praͤcipitation von der tiber ein Kreidenfüß. 361 der Coagulation gänzlich unterfchieden iſt. Und dies ſes defto mehr, da erwähnter berühmte Schriftfteller in feinen Derfüchen der Naturlehre 18 E, 625 $, lehrer, es ſchiene, als ereigne fich die Präeipitation plößlich, nachdem man den Weingeift darauf gegoſe ſen hat. Geine Worte find: „Man löfe ebfomer Salz in Waffer auf, diefe beyden Körper werden „einander nur ſchwach anziehen, man gieße vectifi- cirten Weingeift darauf, welcher das Waſſer ftärs „Fer anzieht, und man wird ſehen, daß fi) dag „Salz fogleich vom Waffer abfondern, und auf den „Boden des Gefäßes fegen wird, wo es zu Ervftal- Zlen anfchieße.,, Hierbey ift nöchig zu willen, daß zuerſt erwähntes flarfe geronnene Weſen entjieht, nad) einem oder ziween Tagen aber fängt es an zu zergehen, und löfer fich in eine fehr helle Feuchtigkeit auf, wobey fich das Salz nach) und nach als Cryſtal⸗ len zu Boden feget, Das Arztnenfalz des Carlsbades iſt auch ein bit: teres Mittelſalz, indeſſen, wenn wir Hofmanns ſehr genaue Verſuche davon durchgehen, ſo werden wir finden, daß es faſt in allen Umſtaͤnden von unſerm verſchieden iſt, da es ſich vom Weinſteinoͤle weder treibt, noch milchicht wird, mit dem gelindeſten Sauren bald aufwallet, ſo wohl als mit dem ftärf- ften, und andere Unterfchiebe zeiget, die ich der Kür ze wegen uͤbergehe. In der That Fann ich ſagen daß unfer Salz viel übdereinftimmendes mit dem Seblißer hat, das von Hofmannen ebenfalls it befchrieben worden ; aber doch iſt auch hier ein Untorſchied Das Sedlitzer fliege i im Schmelztiegel wie * Waſſer, unſeres wie 5 ein 362 Anmerkungen ein Glas; Hofmann thut auch feine Erwähnung eis nes erdperhartigen Wefens, das fich bey unferm fins der, und er befchreibt jenes Cryſtallen dem Galpeter ähnlich. Ueber diefes ift der Urfprung auch unters fihieden, meil man das Sedlitzer aus einem Bruns nen bekoͤmmt. Der Unterfehied zwiſchen unferm Salze und den urindfen Salze der Bäder von Petriolo einzufehen, darf man nur Überlegen , daß felbiges mit den fauren Säften aufivallet. Auch ift unfers einigermaßen von dem ftinfend bittern Salze unterfchieden, das auf den Mauern des Bades zu Vignone ausfchlägk. Um noch ein Benfpiel eines Fünftlichen und bittern Mittelſalzes nicht zu übergehen, fo wollen wir den vitrioliſirten Weinftein, und das Arcanum duplica: tun betrachten. Beyde find von unferm, erftlich, was ihre Anfangsgründe betrifft, unterfchieden: der vitrioliſirte Weinſtein befteht aus dem ftärfften Kali des MWeinfteinfalzes, und der heftigften Säure des Vitrioloͤls. Das Arcanum duplicarum ift aus dem Kali des Salpeters und der vitriglifhen Säure zus fanımen gefeget. Unſers befteht aus der Säure des Meerfalzes, dem erdpechartigen Wefen, und einer Kalkerde. Zweytens entſteht in diefer Auflöfung im Waſſer kein Nebel und feine Trübung, wenn man Weinfteinöl hinzu gießt. Zuletzt iſt unfer Salz von demjenigen, das Eßig mit Ealifchen Steinen machte, vornehmlich an der Entzündbarfeit zu unterfcheiden, welche man bey dem. legtern, wie ic) oben erinnert Babe, beobachtet. Den Ehymiften ift bekannt, daß die Cryſtallen der Se nichts anders —* als eine Sammlung von iiber ein Kreidenſalz. 363 von Waſſer und Salztheilchen, die auf gewiſſe Art nach beftimmten Gefegen vereiniget find, und eine gehörige Verhältniß unter einander haben. Man kann diefes daraus fhließen, weil Cryſtallen in ein gläfernes Gefäß gethan, das man mit feinem Helme bedecket und im Feuer erhißer, ein reines Waſſer übergeben laffen, worauf fie weiß und undurchfichtig ‚werden, ihre erfte Geſtalt verlieren, und in ein uns förmliches Pulver zerfallen, Wenn man viefes im Waſſer auflöfer, folches verdicker, und zu Cryſtallen anſchießen läßt, fo bekoͤmmt es von neuem die erſte Geſtalt und Durchfichtigfeit. Dabey ift merfivür: dig, daß nicht alle Salzernftalfen gleichviel Waſſer in fih Haben, und folches mit gleich ftarfer Gewalt halten, Diefe beyden Umftände verändern fich fehr nach Befchaffenbeit der verfchiedenen Naturen der Salze ſelbſt. Eifenvirriol enthält wenigſtens Die Hälfte Waflers, denn wenn man ihn calciniret und trocknet, behält er nur das halbe Gewichte. Dies ſem folgeet das englifhe Salz, und nachgehends Alaun. Kupfervitriol, wenn er rein ift, enthält viel weniger Wafler, und Borrar nur was fehr geringes. Kuͤchenſalz, Salpeter, vitriofifirter Weinſtein, ges gentheils, brauchen ſehr wenig Waſſer zu ihrem An⸗ ſchießen in Cryſtallen. Manche halten das Waſſer ſehr feſte, als Kupfervitriol, Salpeter, u. a.; aber Eiſenvitriol laͤßt es ſehr leicht fahren, ſo, daß nur die Waͤrme eines eingeheizten Zimmers im Winter, oder die Sonnenwaͤrme im Sommer, zulaͤnglich iſt, das Waſſer aus dieſem eryſtalliſirten Salze zu trei⸗ ben. Unſeres alſo bat fo wie Eifenvitriol wenig Stärfe das Wafler zu halten, das bey feinen Cry⸗ a ; ftallen 364 Anmerkungen ſtallen befindlich ift, denn fie werden bloß von ber Wärme der Luft in wenig Tagen weiß, unduchfic)- tig, und zerfallen in Staub. Das Waffer, das fie enthalten, beträgt, meinen Gedanken nad), mebr, als die Hälfte, weil fünf Quentchen von ihnen nicht viel mehr als zwey Quentchen Pulver gaben, nach⸗ dem alles getrocknet war. Man Eönnte vielleicht auf die Gedanken gerathen, in unferm Salze befinde fich etwas Alaunartiges, wo⸗ zu verfchiedene und mancheriey Gründe Anlaß geben fönnten: Erſtlich die Erfahrung, daß Weinfteinöl ‚ in die Auflöfung diefes Salzes gegoflen, fie milchicht mache; ‚welcher Nebel ſich mit dergleichen Farbe ebenfalls zeiget, wenn man diefes Del in die Auflö« fung von Alaun gießt. Zweytens koͤnnte das Auf ſchwellen und Schäumen unferes Galzes auf gluͤen⸗ den Kohlen jemanden auf die Gedanken bringen, weil folches auch) beym Alaune- erfolge. Endlich Fönnte auch der Dre der Erzeugung diefe Meynung beftäti« gen, da: befannter maßen zum Alaune die Kreidenz erde beytritt. Doc in der That find diefe Gründe alle nicht «genug , Die Gegenwart des Alaunes zuzu⸗ laſſen, weil der erfte Verſuch darinnen betrüglich iſt, daß alle ſalzartige und kalkichte Waſſer ihre Durc)- fichtigkeit verlieren und. weiß werden, wenn man eine Ealifche Feuchtigkeit zugießt. Dieſes beweiſt nur, dafs fic) in erwaͤhnten Fällen die mildyichte Farbe: zeis get, weil die Falifhe Erde mit dem fauren Theile ſehr ſchwach vereiniget iſt, folchen alfobald verläßt, und fich mit dem Kali: des Weinſteins verbindet. Dies ſes aber geht bey folhen Salzen nicht an, bey denen die ſauren und Falifhen Theile ftarf verbunden find, allg] wie uͤber ein Kreidenfalz. 365. wie beym vitrioliſirten Weinftein und Arcanum du: plicatum. Das Auffchwellen und Schaͤumen rühret nicht von etwas Aaunartigem, fondern von dem Waller, das damit verbunden ift, ber. Endlich ift nicht genug, unfer Salz für alaunartig zu erklaͤren, daß es mit: einer Kreidenerde vereiniget ift, denn es gehören andere Merkmaale dazu, befonders eine Bi: triolſaure, da bey unferm die un mit dem Meer: ſalze uͤbereinſtimmt. Wenn unſer Salz nichts von Alaun enthäle, fo iſt doch mit ihm ein Theil: natürliches Falifches Salz vereiniget, wie uns die grüne Farbe fehr Deutlich. zei: get, die es im Beilchenfafte verurfacher, imgleichen der orangenfarbene Bodenfaß, welcher fich bey Ein: gießung des aufgelöften aͤtzenden Sublimats fenft. Ob man auch gleich das kaliſche Salz in vergange⸗ nen Zeiten bloß für eine Wirfung der Kunft und des Feuers gehalten har, fo fegen doch die neuern Ente deckungen außer allen Zweifel, daß es fich auch von Natur in der Erde erzeuget, wie befonders die ge: nauen Beobachtungen darthun, welche man über die Salze, verfchiedener Quellen angeftelfet hat, die aufe ferdem, daß es Mittelfalze find, auch noch meiftens mehr oder weniger Falifches Salz bey fich haben. Der Geift, welchen man durch Liebertreiben aus ſolchen Brunnenfalzen erhält, ift. nach Seips Beobs achtungen von der Natur des Schwefel⸗ und Vitriol⸗ geiſtes, worinnen ſich wieder ein anderer Unterſchied zwiſchen dieſem Brunnenſalze und unſerm zeiget. Außerdem kann man nicht leugnen, daß ſich bey deß ſelben Uebertreiben Schwefelduͤnſte erheben, wie aus dem Geruche, den die Vorlage von ſich giebt, deut— Be | ich 366 Arnmerkungen lich erhellet. Dieſes ruͤhret von einem Theile mine: raliſchen Schwefels her, welcher fich allezeit im Erd» peche findet, wie aus der Unterſuchung der gegrabe⸗ nen Kohlen erhellet. Beſonders iſt die Erde merk⸗ würdig, die ſich, wie ich geſaget habe, auf den Bor den des Gefäße ſetzet, wo Die uͤbergetriebene Feuch— tigfeit darinn ruhet, und diefes beftätiget die Eigen ſchaft, melche die Chymiften den ſchweflicht Harzigen Geiftern beylegen, die Erde mit fich fortzufuͤhren und zu erheben, auf eben die Ark, wie der gemeine. fubli= mirte Schwefel das Bermögen hat, fo ſchwere Koͤr⸗ per, als Quecfilber und Spießglas find, bey ber Zubereitung des Zinnobers mit fort zu führen und zu erheben. ne Obwohl bey Diftillation der Salze insgemein Bo⸗ larerden genommen werben, fo bat es mir doch befler gefchienen, die fhlechte Kreide zu brauchen, Denn die Bolarerden find voll einer verborgenen Säure, die fich durch Gewalt des Feuers erhebt; ‚Daher man auf den Argwohn gerathen Fan, daß mit der Säure der Salze auch eine Säure von dieſer Erde übergebe: Und diefes deftomehr, weil der Gebrauch der Bolar⸗ erden nicht iſt, das Schmelzen der Salze zu verbin- bern, als wozu fehon magere und kaliſche Erden die— nen könnten, fondern weil die fauren Geifter der Salze fih mit den Geiftern der Erden verbinden, und obgleich die legtern dazu dienen, daß fie die etz ften [os machen, und ſolche leichter forttreiben, ſo muß doch aflezeit eine Verbindung von beyden entſte⸗ hen; daher ich für beffer hielte, fo, wie ich. befchries ben babe, zu verfahren, um nur das zu uber ein Kreidenfalz. 367 fich aus dem Salze allein, vermittelft des Feuers, era halten läßt. EEE IDEE RTL Wenn diefe.übergetriebene Feuchtigkeit mie Wein⸗ fteinöl vermengt wird, erfolget Fein Aufwallen, oder einige merfliche Bewegung, aber die Enrftehung der Floͤckchgen und ihr Senfen nach) dem Boden des Ges fäßes auch der zarte feurige Dampf, welcher in Dies fem Augenblicke auffteigt, machen uns begreiflich‘, daß bey diefer Begebenheit wirflich eine unmerfliche Art von Gährung vorgeht, wie auch gefchicht, wenn man Weinfteinöl mit gemeinem Brunnenwaffer vers mifcher, da fich das erfte Kali mit dem verborgenen Sauren, das in dem andern aufgelöfet ift, vereinis get, wodurd) fich die Kalkerde ohne einige merfliche Erregung des Waflers zu Boden ſenkt. Daraus kann man alfo den Schluß machen, daß die Bereis nigung des Sauren und des KRalifchen, ohne empfinds liche Unruhe, auf die Art felbft erfolge, Wie Here Geofroy in den Schriften der Parifer Akad, der W. 3. Ch, bemerfer hat, daß Salze, die mie Wafler, oder anderem flüßigen Wefen, vermenge werden, ſol⸗ ches bisweilen mit heftiger ‘Bewegung abfühlen, bis» weilen davon nicht das geringfte Mertmaal geben. Daß unſer Salz, nachdem es mit Kalk bearbeitet worden üft, noch Ealifcher wird, bat mir eine Wir» fung des Kalfes felbft gefchienen, Denn außerdem, daß man von felbigem überhaupt weiß, daß er fehr wirkſam ift, die Falifche Schärfe zu befördern, folche durchdeingender und brennender zu machen, fo bes - frachte ich, daß die zärtefte Erde dieſes Kalkes fi) mit dem ſchwefelichten Theile unferes Salzes vereint get, und von ſelbigem die fluͤchtige Salzſaͤure abfüne dert, 368 - Anmerkungen ders Wie aber die £alifche Schärfe durch Beyfuͤ⸗ gung faurer Salze gedämpfet wird, fo ſcheint es auch vernünftig, daß, wenn dieſe zarte Säure nebſt dem entzindbaven Grundſtuͤcke ſich voneinem Mittelſalze, oder einem ſolchen, ‚das ein wenig kaliſch iſt, abfonz dert, in dafielbe Gegentheil ein Ealifhes Grundſtuͤcke eindringen, oder die kaliſche Schärfe ftarfer werden wird. Daher folget auch, daß, wenn man: diefes Ealifirte Kreidenfalz der Luft einige Zeitlang ausgefes get. hat, Da es von neuem aus der Luft eine zarte Eäure mit dem entzündbaren Wefen an fi) zieht, daß es, fage ich, alsdenn die verlorne Bitterkeit wieder bekomt. Syn der That lehren auch Die er— fahrenften Chymiften, daß man ein Mittelfalz aus den feuerbeftändigen Falifchen Salzen zu ziehen, noͤ— thig ift, folche lange Zeit in der freyen Luft zu halten, weil fie folchergeftalt ein herumfchweifendes Saures in fich ziehen, und dadurch zu einem Mitteljalze werden. - Die Körnung, ber 12, N. befchriebenen Erde, bat mich auf eine Berrachtung gebracht, ob fid) dadurch die Erzeugung des Steines im menſchlichen ‚Körper erklären ließe. Einige haben ihre Zuflucht zu einem Kali und Sauren des Blutes genommen, andere zu der Falifchen Faͤulniß des Harnes. Die erfie Mey: nung ift ganz und gar willführlic angenommen, und feet diefe beyden Grundftücke, obne einigen Beweis im Blute, zum voraus: Ja aus der Bereinigung diefer beyden Grundſtuͤcke laßt fich auch durch Die Erfahrung gar nicht die Bildung fandigter Koͤrnchen herleiten. Aus der zweyten aber erhaͤlt man bloß die Bildung einer irdiſchen oder ſteinigten aber über ein Kreidenfalz. 369 aber Feine Körnchen. In unferm Berfuche, wo ein Mittelſalz und ein Falifches zufammen fommen, bat man eine Menge Eleiner fandigter Körnchen, wie der Stein im menſchlichen Körper. : Diefe Muthmaf fung wird nod) mehr durch die Aehnlichkeit beſtaͤti— get, die fich zwifchen der Seigung durch Papier, und der durch) die Nieren, imgleichen zwiichen der Hoͤh⸗ lung der Flafche, und dem Becken, und der Blafe, auch den Harngefäßen, wenn ſich die Steine in ib: nen außerhalb des Körpers bilden, befindet. Sch trage dieſes nur als etwas fehr zweifelhaftes vor, und fuche genauere Beobachtungen, forgfaltigere Prüfuns gen, und reifere Ueberlegungen. Par; "Bon der Menge diefes Salzes ruͤhret es her, daß die Früchte und Kräuter, welche bier wachfen, einen beffern Geſchmack haben, als in einigen andern Or⸗ ten. Auch hat man eben derfelben die Menge würz> bafter und bitrerlicher Gewächfe zuzufchreiben, beſon— ders das Seriphii montani, weldyes in den Gegenden häufig waͤchſt, die mehr durchnetzet und reicher am Salze find, Einige Betrachtungen führen mich auf die Gedan- fen, unfer Salz trage fehr viel zu Erzeugung des Spiegelfteines bey, der ermähnter maßen hier häufig in fenfrechten Schichten gefunden wird. Stenos, Michelis, u. a. Beobachtungen lehren, daß fid) die Theilchen des Spiegelfteines immer in andere, und andere von eben der Geftalt, wie die erften, zergliedern laffen; die Geftalt der erften mag nun rautenförmig, viereckigt, oder länglicht vierecfigt feyn. Eben diefes ers eignet fic ben den Salzernftallen, da die Eleinften Theile chen den größern Cryſtallen ähnlich ſeyn follten. Aus 10 und, Ya die⸗ 370 Anmerkungen diefem Lebereinftimmen der beyden Zuſammenſetzun⸗ gen des Spiegelfteines und der Salze entfteht eine ftarfe Murhmaßung, daß die legten etwas zu Erz zeugung des erftern beytragen. Sie wird dadurch beftärkee, daß man die erften Anfänge des Spiegel fteines in den Deffnungen der Ocherfehichten wie An- fänge eines in Ernftallen anfchießenden Salzes finder, da fie fich auch auf eben die Art vermehren. , Das unordentliche Haufwerk unfers angefchoffenen Sal: zes theilet fich, wenn es zerbrochen wird, in viel ebe- ne, glatte und durchfichtige Schuppen, die. ſowohl bierinnen, als in dem äußerlichen rohen Anfehen, Dem Spiegelfteine ähnlich find. - Weber diefes werden die Eryftallen vom Kreidenfalze nur durch die Wärme ber Luft weiß, durchfichtig, und zerfallen in ein Pul: ver; jener ift bey einem leichten Feuer eben den Ber: änderungen unterworfen, calcinirt fich leicht, und wird zu einem Klumpen Pulver. Die Leichtigkeit mit welcher fich der Spiegelftein calciniret, giebt ung noch einen andern Bemwegungsgrund, eben das zu glauben. Denn die Leichtigkeit, ſich zu caleiniren, ift bey den Körpern, welche fie befigen, eine Folge davon, daß die Feuchtigfeit aus ihrem Gewebe leicht ausdunfter, und. daß fie fich leicht entzünden, Da alfo das Wafler aus unferm angefihoflenen Salze leicht heraus geht, und da eg fid) wegen bes erd- pechartigen Schwefels, den es enthält, leicht ent- zündet, fo jtimmet diefes auf eine wunderbare Art mit dem Spiegelfteine überein, ver fih auch fo leicht calciniret, man mag nun diefes herleiten woher man will. Es ift auch niche ſchwer zu begreifen, wie ſich diefes ereignen Ffann, wenn man nur in Betrachtung zieht, über ein Kreidenſalz. 374 zieht, daß diefes Salz mit Regenwaſſer aufgelöfer, und mit der Kreide in die Deffnungen der lorhrechten Dcherfhichten gebracht wird, nachgehends das Waf fer, vermöge der Gewalt det Sonne, ausdunfter, und eine Are eines Anfchießens in Eryftalle darauf folge, ben welcher die Salztheilchen mit ſich die zarteften Erdtheilchen vereinigen und fammlen, und die geöbern zu Boden fallen laflen. Daher fommt alsdenn das Saure der cher , oder eine andere uns unbefannte Urfache, welche, fo zu veden, verfteinerf, und fo bilden fic) endlich die Schuppen diefer Art von Gips. Ich geftche „, daß alle diefe Berrachtungen Feine überzeugende Beweife, fondern bloße Muthmaßuns gen find, und ich gebe fie für nichts weiter aus, Was aber auch an meiner Mennung feyn mag, fo wird folche doch durch das Beyſpiel verfchiedener großen Männer, und befonders des berühmten Graz fen Marfigli, beftätiger. In einer Nachricht von dem bononifchen Phosphor, die für den gefehrten Rob, Bonle beftimmet war, aber nach) diefes ange⸗ fehenen Mannes Tode in die Leipziger Adta 1697. im Herbftm. ift eingerücket worden, ermähner der Graf ein gemiffes bitteres Salz, welches vielleicht unſerm ahnlich ift, und in diefen Bergen gefunden wird, und das er fir den Anfang des frhalichten Gipſes hält, in dem es ſich häufig finder, doch feßet er feine Urfache dazu. Auch der gelehrre Monfig, Lamiſi in feinen Anmerkungen zu Mercati Metallo- theca behauptet, der Spiegelftein entftche aus einer falzige ſchwefelichten Feuchtigkeit, welches mit unferm Yaz erde 372 Anmerkungen erbpechartigen Salze im Waffer aufgelöfet, völlig übereinitimmen würde, | Ich habe an einem falzreichen Orte einige Stuͤcken Glas gefunden, die fich in fehr zarte Schuppen aufz löfeten, und ein buntes Licht zurück warfen. Diefes hat mich auf die Gedanken gebracht, das Salz habe das Vermögen, das Glas anzugreifen und zu zerfrefe fen. Man darf fi auch daruͤber nicht wundern, denn es iſt bekannt, daß außer dem friſchen Salpeter— und Meerſalzgeiſte, auch die Aufloͤſung und das De— coct des Salmiaks das Glas dergeſtalt durchdringt, daß ſich ſelbiges in verſchiedene Ritze von allerley Groͤße oͤffnet. Dieſes Anfreſſen des Glaſes geſchieht auch bisweilen vom Weine, und daher verdirbt der Wein in gewiſſen Flaſchen, und in andern nicht, wel- ches von der großen Menge Falifchen Salzes herruͤh— vet, das im Glafe enthalten ift, und Dadurch die Säure des Weines angegriffen wird. Wenn zu viel Kali im Glaſe ift, daß ſich folches nicht vollfonnmen bat mit dem Sande vereinigen koͤnnen, fo wird das übrige von der Säure angegriffen. Auch löfet fich Glas leicht wieder im Waller auf. Wenn es mit dreymal fo viel Falifchem Salze vermengt wird, ch follte noch von einigen andern bey unferm Salze vorfommenden Umftänden, von feiner Erzeus gung, dem Gebrauche, den es in der Arzeneyfunft haben Fan, und einigen Krankheiten, reden, mit denen e8, wie ich aus wiederholten Beobachtungen fihließen kann, ben gewillen befondern Befchaffenbei: ten. der $uft eine Berbindung bat. Alles diefes aber wurde mich zu meit führen, und id) wuͤrde dadurd) bie Gränze - eines Briefes überfchreiten. Alfo ſchraͤnke über ein Kreidenfaß. 373 ſchraͤnke ich mich auf das, was ich gefaget habe, ein, und erfpare Ihnen M. H. den Verdruß, mich länger anzuhören. Sie werden mich nun eines beffern be» ehren, und mit Ihrer gelehrten Einficht meine Män- gel erfegen, da ich mich indeß mit größter Hochach— fung nenne | Ew. Exc. Mont Oliveto Maggiore, 1, Apr. 1750. ergebenfter und verbun⸗ denfter Diener Giufeppe Baldaſſari. * * * So weit geht des Herrn Baldaſſari Brief. Das Verzeichniß von des Ritters Galleranie Sammlung enthaͤlt 167 Artikel, und weift, daß die Sammlung aus Erden, Steinen, und Ersten beſteht. Es würe ‚De überflüßig ſeyn, fie bier weitläuftig mitzutheilen, ſo wenig als auch nöthig ift,von den Anmerfungen des Herrn Balvaffari ausführlich zu reden, welche mei: ftens Nachrichten enthalten, die er zu feinem Unter» richte fich aufgefeßer haben mag, doch follen nur von einigen Proben gegeben werden. Man findet zu Perſonata, einem $andaute der Hrn. Finetto, acht Meilen von Siena, in den Klüften des Hügels eine weiße Erde, welche Flecken aus Tuche zu machen Diener, wie die terra Saponaria und cimolia. os the, blaue, u. a, gefärbte Erben, enthält dieſe hit Ya 3 Samm⸗ 374 Anmerkungen \ Sammlung in Menge, wie auch vielerley Cryſtallen, die der Hr. Baldaſſ. für den Grund der Evelgefteine ‘ hält, wenn fie durch metallifche Benmifchungen ge- färbee würden. Ben den Ammonsbörnern erwaͤhnet der Hr. Baldaffari eine Stelle aus dem Pfinius: Ammonis cornu inter facratiflimas Aethiopiae Gemmas aurso colore, arietini cornu effigiem reddens, promittitur, praediuina fomnia repraefen- tare. Die Ammonshörner, die wir itzo ſo nennen, haben nichts, das fie unter die Edelfteine verfeßen Fünnte, Dlinius bat alfo wohl von einem geredet, dasunsnoc unbekannt ift, und man darf fich darüber nicht wundern, da fich deren fo eine große Mannichfal- tigkeit findet. Amianth der fteinige, holzigt, und vol- ler Borſten (Setofo ) ift, findet man unweit des Weges von Groß-Eafal nach dem Schloffe Pari. Hr. B. erwaͤhnet verfihiedene Arten von Amianth, und meldet, das Geheimniß ihn zu verarbeiten follte darinn beftehen, daß man den Stein eine Zeitlang in laulichtes Waſſer oder ein anderes bequemes Auf: löfungsmittel einweichet, morauf er ſich handthieren laͤßt, daß man die Faͤden abſondern kann, und eine gewiſſe Erde, welche das Waſſer gelb färbet , zu Boden fällt. Die Fäden werden gemwafchen, ges trocknet, und wie leinene Fäden verarbeiter; man be= ſtreicht fie mic Leinoͤle, daß fie biegfam werden, und die Singer beym Arbeiten nicht fo befchädigen. Ei: nige Schichten pechartiger Erde oder unterirdifcher Koblen find in den legten Tagen des Jahres 1749. mit Fleiß angezündet worden, und brannten ned) im ‘Brachmonat 1750. , dabey fich diefes Pech lang⸗ fam verzehrte._ Einige alte Bauern haben ger dieſe uder ein Kreidenfaß. 375 diefe Sage, die fie Holzftein nennen, fey einft enf= zündet worden, und habe viele Jahre durch ge branne. Man fann fic) diefes, faget Hr. B., vor: ftelfen, wenn man, fieht, wie wenig das Feuer in dies fen fechs Monaten fortgerücker ift; ‚daher man bes greift, daß viele. Jahre noͤthig wären, alle diefe Schichten zu verzehren. Daraus laffen fich die feus erfpeyenden Berge erflären, und man kann einfehen, wie fich ein Feuer in ihren Eingeweiden fehr lange " Zeit enthalten kann. Naͤchſt Eifen, Bley, Silber, Kupfer, und Golderzten, auch Zinnober, enthäle Herr Gallerani Sammlung aud viele Marmor, Achate, Amethyſten, u. d. g. auch verſteinerte Sa⸗ chen. Die in des H. B. Anmerkungen uͤber das Kreidenſalz, ſogenannte Terra di Bulicame iſt ein weißer Schwefel, der ſich bey Mont Antico in einem Bache il Leſcone genannt, findet; indem ſich die Erde, vermittelſt der Gewalt des Stromes, an deſſen Ufern reibe, überziehen fi) dieſe Eroffößer mit Schwefel, und werden theils Fugelförmig, theils eyrund. Das Unternehmen, die natürlichen Schä- Se des Vaterlandes ducch eine folche Sammlung bes Fannfer zu machen, ift an dem Herrn Ritter zu ruͤh⸗ men, und andern zur Nachfolge er vorzuftellen, | 376 Bertrand ſur la ſtruct. EEE * ll. * Memoires fur la Structure interieure de ‚la terre, | par Mr. Elie Bertrand, M.D. , S. E. et Membre de l’ Acad.Roi des Sc. de Pruffe, Zuric chez Heidegger et Comp. 17352. du Ban? | Abhandlungen dom innern Baue der Erde, Durch Herren Bertrand, ıc. Br. gv. 9 B. o viel auch von diefem Gegenftande ift ges ſchrieben worden, fo hat der Herr Berf. doch geglauber, noch etwas benfügen zu fönnen, Er liefert hier drey Abhandlun- gen. In der erften find Die Beobachtungen geſamm⸗ let, auf welche ſich die Schluͤſſe vom innern Bau der Erden gruͤnden. Der Boden des Meeres iſt ſeiner ige nad) dem EN, das wir bewohnen, voll: fommen int. de la terre, 377 fommen ähnlich. Man findet da: Abgründe, und Gebirge; Inſeln und Klippen find der leßtern Gipfel, plößliche Erfchütterungen des Meeres, Die oft von Schiffern find empfunden worden, zeigen feuerfpeys ende Berge in ihman. Die trodene Erde beiteht aus verfchiedenen Schichten, von denen man gar nicht, wie Woodward behaupten fann, daß Die Ge: ſetze der eigenthümlichen Schwere bey ihnen beobad)s tet wären. Ben Gebirgen fehen die augwärts fprin« genden Winfel des einen dem einmwärfs gehenden des gegen über befindlichen entgegen. Der Schweiz find unter andern Naturwundern, ihre Eisberge oder Glerfcher eigen, die Herr Altmann unfängft in einer ‚befondern deutſchen Schrift befannter gemachet hat. Ein See, ungefähr 40 Meilen (lieues) lang, und eine halbe Stunde breit, zeinet felbft im Sommer eine fehr tief hinein gefrorne Fläche, Das Becken diefes Sees ift von Marmor, von dem Steine, in welchem. unter allen der Froft den geringften Eindruck machet. Unter diefem Eiſe geht Waſſer durch die - Deffnungen des Thales for, das im Herabfteigen bier und da wieder gefeiert, und vortreffliche Pyra— miden gebilder hat. Der Fuß, den man Lutſchi⸗ nen nennet, entfteht nachdem aus diefem Waſſer. Das Eis, welches den See überzieht, verhindert die Ausdünftung des Waflers, oder vermindert fie wenigſtens; daher fann diefes MWaflerbehältniß die Duellen, die von ihm berfließen, bejtändig verforgen. Eben das Eis verhindert, daß das Wafler nicht faul wird. Den See umgeben Bergfpigen, die allezeit mit Eis bedecket find, welches in der Hiße nach und Yas5 nah 378 Bertrand ſur la ftrudt. nach ſchmelzt, und das Waſſer des Gees ımterhäft, zugleich verhindern diefe Spiken, daß die Sonne das Eis nicht ſchmelzet. Im Grindelwald fieht man durch ein Loch Eisfchollen, die geſchwommen Batten, fallen, denn das Eis baſtet im Sommer, und er hebt fih duch Zufluß Des Waflers, das von dem geſchmolzenen Schnee herfümmt, daß fich alfo Stuͤ⸗ fen davon abfendern und herunter fallen. Diefe Eisberge wachfen einige fahre nad) einander, wor—⸗ auf ein warmer Sommer fümmt, der fie wieder ver- mindert. Diefes fah man 1719. und eben das hatte man 1740, bemerfer. Die Gebirge, welche ein Thal einfaffen, zeigen niche nur das vorhin erwähnte, daß einwaͤrts gehende, und auswärts fpringende Winfel einander gegen über fte= ben, wie etwa, wenn ein Fluß fchlängelnd durch eine Ebene ftreicht, fondern dieſe Abmwechfelungen der Winfel find auch defto häufiger, je enger das Thal ift. Die innern Schichten folgen dieſen aͤußern Wendungen nach), wenn fie nicht fenfreche abgefchnit- ten werden. Diefes ſieht man ordentlich in engen Ihälern. Sie laffen zwifchen zween Bergen eine Tiefe, auf deren Boden vrdentlih Wafler läuft. Beyde Seiten find fteil, und die Schichten gemei- niglich abgefchnitten oder abgebrochen, aber fo, daß ‚die Schichten eines Berges, an Dicke und Drdnung, mit den Schichten des andern gegen über, überein ſtimmen, und das Gebirge auf beyden Seiten unges fähr in gleicher Höhe nach der wagrechten Linie zu rechnen ſteht. Die Berge: find voll Klüfte, die fremde Materie, ern und. g. in fie) enthal- ten, int. de laterre. 379 een * Saft alle Berge zeigen unferirdifche Höhlen, welche befonders Waffer zu enthalten, abzuleiten, uf. w. dienen, > Nebſt den erzählten Erfahrungen, melche der Hr. Verf. felbit bey Anterfuchung der Berge angeftellee hat, findet er verfchiedene, die unficher fcheinen, ans dere, Die einander gar aufheben. Z. E. Wenn Herr Bourguet faget, die höchften Berge giengen zwifchen den Wendefreifen von Norden nach) Süden, oder im | Mittel “ * Ein Umffand, den die meiſten Erdtheoriſten, die insgemein beffere Steinſammler ald Bergleute find, zu erinnern vergeffen, iſt, daß die Klüfte in Bergs werken Diejenigen Erzte oder andere Materien, die fie ausfüllen, auf beyden Geiten nach der Richtung der Wande der Kluft, in Geſteine eingefchloffen enthalten, das von dem Geſteine, welches den uͤbri— gen Berg ausmacher, öfters verfchieden iff, und fich davon ablöfet. Man nennet es die Sralbänz ‚Der ded Ganges ‚und daher unterfcheidet man das Gefteine, das die Bange einfchließt, von dem, das ben Berg ausmacher, oder die Gangart von der Bergart. Da bier keine Schichten, fondern Khif: te mit fremder Materie ausgefuͤllet find, fo laßt ſich folches kaum anders erklären, ald dag der Berg muß vorhanden geweſen und geborften ſeyn, worauf dieſe fremde Materie in die Kluft gekom— men iſt. Es könnte auch wohl feyn, daß der ges borſtene Berg unter Waffer geffanden, und fich dieſes Wefen in ihm geſammlet hatte. Ob ſich andere Möglichfeiten, wie dieſes ſo geworden iff, erdenken laffen, kann ich ifo nicht unterfuchen. Vielleicht koͤmmt Herr Bertrand bier viel Fürzer weg, wenn er etwan dabey fpricht, es fen gleich fo geichaffen worden. K. / 380 Bertrand fur la ſtruct. Mittel der gemäßigten Erbftrihe von Weften nad) Diten, die niedrigften befinden ſich nach den Polar- freifen und den Polen zu. Noch weniger kann man mit dem Herrn v. Büffon fagen, daß ſich die höch- ften Berge nahe bey der Linie befanden, da der größ- te Theil der Linie über Meer geht. Tauſend Erfahr tungen beftreiten auch deſſelben Gedanken, daß die Gebirge auf beyden Seiten eines Thales oder einer Meerenge gleich buch wären. Herr Bertrand erzähler hierauf das Verſchiedene, das Die Berge in ſich enthält, und redet befonders von den gebiideten Steinen, welche von den, Natur⸗ forfchern für verfteinerte Meermufcheln gehalten mer: den. Darauf unferfucher er in der zweyten Abhand- lung die verfchiedenen Hypotheſen, deren man ſich bedienet hat, dieſe Begebenheiten zu erklären, ‚ mit denen wir nicht nöthig finden, uns hier aufzuhalten, Es find ihrer, feit dem Cartefius die erfte Geogonie gedichtet bar, fo viel nachgedichtet worden, als Ro» binfons nach) den Robinſon Cruſoe, oder Clariffen, Sirenen und Sallns nad) der Pamela, und ein Philoſoph lieft manchmal zu feiner Ergößung „lieber des Robinfons und der Pamela Machahmungen, als die Erdeheorien, weil es eradzender'ift, einen zärtlichen oder luſtigen, als einen tieffinnig feyn follenden Ro— man zu lefen. In der dritten Abhandlung trägt Here Bertrand feine eigenen Gedanken von diefer Sache vor. "Man muß Begebenheiten , die verſchiedene Urfachen haben, nicht aus einer herleiten wollen. Einige rühren von der Schöpfung her, andere von der Suͤndfluth, an⸗ dere von beſondern Veraͤnderungen. Moſes meldet nur, int. de laterre, 381 nur, daß die Erde ben der Schöpfung unter Waſſer geftanden, von denen einiges, nad) des Heren Ber: faflers Gedanken, in unterirdifche Höhlungen gegans gen ift, anderes nad) Erfchaffung des &ichtes und Seuers ſich in Dünfte: zerſtreuet hat; fo erflärer er die Waſſer über der Beite *. Die Materie unferer. Kugel war alfo ſchon gebilder, und einige Zeit mit den, Waffer vermenget, und darunfer verdeckt. Con— centriſche Schichten ſetzten ſich nach der Regierung der ewigen Weisheit, die aus verſchiedenen Dingen, wie ſolches der Abſicht des Schoͤpfers gemaͤß war, beſtunden. Unter dieſe gleich damals entſtandene Sachen rechnet der Here Verfaſſer auch die gebilde— ten Steine, alle Marcaſiten, alle Cryſtalliſationen, alle die ordentlich gebildeten Steine, die ven Mu: fheln, den fchalichten Thieren, den Fiſchen, den an- dern Thieren, den Gewaͤchſen, ähnlich, nachahmend, und mit ihnen überein fommend find, menigftens alle Steine von diefer Art, die ſich in urfprünglichen, nicht * Die von einigen unferer igigen Gchulmeifen, mwel- che Doch wohl auch mit Naturforfcher nach der neuejten Mode feyn wollen, noch als Waſſer über den Sternhimmel vertheiiget werden, Ein Gedan- fe, der zuden Zeiten, da man ihn erfunden bat, Verzeihung verdienete; zu unſern, ſoll ich ſagen, zu belachen? oder zu beſtrafen? iſt, weil er die Traͤu— me der barbarifihen Unmiffenheit unter das Wort Gottes menget, welches Verfahren zu allen Zeiten die heiligen Bucher den Spöttereyen ber Religions verachter auf eine unverdiente, aber doch von Aus: legern , Die fich an ein fo wichtiges Gefchaffte ohne die nöchige machten, ee. ausgefeger hat. K 382 Bertrand ſur la ſtruct. nicht gebrochenen, Jungferſchichten befinden *. Er erkennet, daß bey einigen die Aehnlichkeit recht ſehr genau iſt, aber er verlanget auch, man ſoll ihm zu— gefteben, daß fie bey andern fehr ungewiß und ziemlic) eingebildet iſt **, Er glaubet alſo, Gott habe alle dieſe gebil⸗ Woran ſi eht man wohl dieſe Eigenſchaft bey einer Schicht, die anderswo fo ſchwer mit Zuverlaͤßig— feit zu erfennen fepn ſoll? Wiffen wir die Wirfun- gen der Suͤndfluth ſo genau, daß wir ſagen koͤn— nen, ob eine Schicht von ihr herruͤhret, oder 1600 Sabre alter iſt? Kann fie ſich aus den Wal: fern der Suͤndfluth nicht eben fo gut zufammen ge- ſetzet haben, als aus dem, welches bey der Schoͤ— pfung über der Erde Fand? Nach des Herrn Ver- faſſers eigenem Geſtaͤndniſſe, betragt die Tiefe, in welche wir in die Erde gekommen find, noch unge- mein wenig: Sollte die Suͤndfluth nicht tiefer ges kommen feyn, als unfere Bergleute? wo würden wir alsdenn die Jungferſchichten zu fischen haben? ** Wenn man Diefe —J fahren laͤßt, fo bleibt noch eine unſaͤgliche Menge der erſtern übrig. Nimmt man nun an, daß die erjfen wirklich die Beichöpfe, mit denen fie nicht nur Aehnlichkeit, fondern auch vollfonimene Gleichheit nach allen Yinsftanden und Abmeffungen find, und nur in der Erde gewiffe Veränderungen erlitten haben, fo kann man ſagen, dergleichen Beranderungen haben pie legtern unfenntlich gemacht, oder auch, wir ba- ben folche noch nicht in ihrem natürlichen Zuſtande kennen gelernet, welches nichts weiter geſaget iſt, als die neugbare Erfahrung: daß unſer Wiſſen Stuͤckwerk iſt. Alſo laͤſſen ſich die kenntlichen und unkenntlichen Aehnlichkeiten aus einem einzigen Grundſatze auf dieſe Art erklaͤren, wenn man von dem Kenntlichen auf. dad Unkenntliche ſchließt; aber ordentlich pflegen die Naturforſcher wohl ſo zu int. de la terre, >" 383 gebildeten Foßilien erfchaffen, wie er fo wiel Eryftalle, Edelgefteine und andere Körper erfchaffen hat, die eine beftändige und ordentliche Geftale zeigen, allezeit zur Erde gehörer haben, und nie: als Weberbleibfale von Thieren oder Gewaͤchſen angefehen worden find.’ Man hat ja Steine, die Aus 'gleichlaufenden Faſern beftehen, als Talk und Amianth, dreyeckigte wie der Ludus Helmontii, welche, die aus Schichten über: einander zufammen gefeßet find, mie der mineralifhe Bezoar, prifmatifche Cryſtallen, wie der irrländifche Dafaltes, ſechseckigte, wie die ſchweizeriſchen und deutfchen, runde in Erdfchichten; wuͤrfelichte, pyra= midenfoͤrmige, fegelformige Salze, runde , blättrich- te u. d. 9. Steine; conifche, wie die Belemniten, die Herr Bourguet, fager Herr Bertrand, zuerft zu eis nem Thiere gebracht hat * Körper, die beftän. ee | dig zu fehließen , und nicht ruͤckwaͤrts. Wenn man in einem Beinhauſe unter einer Menge ganzer Hirnſchaͤ⸗ del, Röhren und Ribben , auch Kleine unförmliche harte Stückchen und haufigen Staub finder, wird man zu tadeln feyn, wenn man glaubet , diefe un: erkenntlichen Dinge ruhren von zermalmten Gerip: ‚pen ber, oder wird man den Umſtand, Daß man nicht fagen kann, mas fie gewefen find, als einen SGrund vorbringen, Daß jene große Stuͤcken das auch nicht find, wofür man fie anficht, und vielleicht, als man das Beinhaus wölbte, von den Arbeitern | mit zum Feyerabende find verfertiget worden, da: mit cd niche fo ganz leer ware, und die Nachkom— men allerley artige Spielwerke Darinnen fanden. Man fehe Kofins Abhandlung Davon im Hamb. Mag. VII, ı St. 7 Art. welcher es wohl nicht vom Hersn Bourguet gelernet bat. 0° % Br Bertrand fur la ftrudt. dig würfliche find, als manche Aethiten und Marfa- ſiten, melonenförmige. Steine, wie man auf dem Berge Carmel antrifft, auch die Steine, welche fo wohl innerlich als aͤußerlich eine beftimmte Bildung haben , die Seleniten, die Belemniten, Coralloi— den, Atroiten,owf we % + Man hat die Kroͤten⸗ fteine, und maltheſiſchen Schlangenzungen, als Zähne des Seewolfes, und des. Carcharias angefehen, | m* 2) 485,8 Aber: ” Unter diefen Dingen find viele, die unleugbar Jahr⸗ taufende neuer, als Die Schöpfung, find. Ich be: ſitze fehöne Salzwuͤrfel aus den polnifchen Salz⸗ gruben Wieliczka, Die entſtehen in den Tagewaſſern, die in die Grube hinein dringen, Salz bey ihrem Durchgange durch das Gebirge in ſich nehmen, fih in Suͤmpfe fanımlen, und wieder ausdunſten. Die ordentlichen Geſtalten der Steinciyftallen haben mit den Salzeryſtallen fo viel ähnliches, daß man nicht anders denken kann, als daß fie auf ähnliche Art durch Sammlung der Theilchen aus einem flüßigen Weſen entffanden find, und mar ſieht nicht, warum dieſe Sammlung fogleich bey der Schöpfung geſchehen ſeyn muͤſſe Hterzw koͤmmt, daß in den Cryſtallen Dinge geſehen werden, die alle Naturforſcher bisher fuͤr fremde Materien, fuͤr Theile von Pflanzen u. d. a. gehalten haben, und die alſo beweiſen, daß die Eryffalle, nachdem Ge: wächfe fchon vorhanden geweſen, entflanden find, wenn nicht Here Boͤrtrand etwa fager, Gott habe diefe Dinge gleich hinein gefchaffen. Aber die Flei- sten Inſekten in dem Börnfteine bat er doch wohl nicht hinein gefchaffen, und die Naturforfcher ha— ben den Schluß der Aehnlichkeit, der Urſachen, mo ähnliche Wirkungen find, fo vortheilhaft befun— den, daß fie vom Börnfkeine und den Salzeryſtal⸗ len immer auf andere Dinge fihliegen werden. intt. de la terre. 385 Aber Herr Bertrand frager, warum man diefe an- geblichen Zähne allein in fo großer Menge beyfam- men, und nie andere Theile des Thieres dabey finder, Man fieht in Schlefien Marmorbrüche, wo cylin= driſche Geftalten reihenweife, wie Drgelpfeifen, ſte— ben. Agathe, Jaſpiſſe, u. d. g. baben ordentliche, Geſtalten, warum ſollten ſo viel gebildete Steine ſchwerer zu erklaͤren ſeyn, als dieſe eingebildeten Seekoͤrper? warum ſollte nicht eben das Weſen zu eben der Zeit, Koͤrper, die ſich an einem Orte be— finden, und von eben der Natur ſind, haben bilden koͤnnen *? Wenn die genaue Uebereinſtimmung eini— ger * Herr Bertrand drücket fich immer fo aus, daß je: mand, der nach Art eines Spoͤtters wider ihn ſtrei⸗ ten wollte, ihn befchuldigen könnte, Gott habe fich, nach feiner Meynung, unmittelbar mit Berfertigung aller diefer Körper befchafftiget. Ich glaube, man ‚würde ihm Damit unrecht thun. eine Gedanken, fo phyfifalifch „ als es ſich thun laßt, einzuffeiden, ſind diefe Körper, bey der Schöpfung nach den Narurgejegen entftanden, die Gott dem ſtummen Dichten vorgefchrieben hat, und dadurch fich bie Welt noch in ihrer Ordnung erhält. Diefe Befege nun beftreben fich die Naturforfcher aus der Erfab- rung kennen zu lernen, und wenn fie bey einer ges wiſſen Art von Körpern welche beobachter finden, alsdenn andere Körper antreffen, deren Entite: hung ſich auf abnliche Art begreifen laͤßt, fo ſchlieſ⸗ fen fie von jenen auf diefe, 3. E. von den Ealzcry- fallen auf die Steine. Nun bat ihnen bisher die bloß Förperliche Welt feine Begebenheiten gezeiget, aus denen fich beareifen ließe, mie die Kroͤtenſteine und dergleichen, voͤllig, wenn noch nichts von ihnen in einiger. Verbindung beyſammen wäre, gebildet 10 Bano. | 3b wer· 386 Bertrand für la ſtruct. ‘ger folcher Foßilien mit Thieren und Pflanzen uns geneigt machet, zu glauben, daß es in der That welche find, fo mülfen auf der andern Seite, die fo oft unfruchtbaren Bemühungen, die man zu un: ternehmen hat, das Aehnliche mit andern zu finden, ung ein Schrgebäude bequem machen, das uns diefe Unterfuchungen erfparet *. ya man ift gezwungen, zu geftehen, daß verfchiedene Mufcheln verfteinert, fehr gemein find, die man in ihrem natürlichen Zu: ftande noch nie gefunden hat **. Der werden können: fie glauben alfo, man müffe ihren Urfprung aus dem befeelten Theile der Welt ber- holen, und fuchen fo lange, bis fie was Aehnliches daſelbſt antreffen. Gie können fich vielleicht. in Aufſuchung dieſes Aehnlichen irren, indeß reizee fie ihr Grundfaß immer mehr zu Erforfihung der Natur und Bergleichung verfchiedener Dinge an, und erweitert alſo unfere Kenntniß gewiß, wenn fie auch bey einem Gage in einen Irrthum verfallen. Micht deucht, auf diefe Art irren, ift Iehrreicher, als nach des Hn. B. Grundfage, auch wenn er richtig ware, zu denken, denn berfelbe fcheint nicht weit von dem unterfihieden zu fepn, was Leibnitz und Wolf die Weltmweisheit der Fau—⸗ len nennen. Videatur der Schluß der vorhergehenden Anmer— fung. Sch weiß noch ein bequemeres Lehrgebäude ; man darf nur die Natur gar nicht betrachten, und ſich nicht befiimmern, wie fich die Benebenheiten der finnlichen Welt erklären laſſen. Wenn man fih aber vornimmt, ſich darum zu bekuͤmmern, fo zweifele ich fehr, ob man dabey eine Bequem: lichkeit verlangen darf, die und Unterfuchungen er⸗ fparef. | Die Antwort bat ſich Herr Bertrand oben ſchon felbft gegeben. Friſch bat von —— en * int. de la terre. 387 % * Der Zuſtand, in dem man dieſe Körper meiſtens findet, die Materie ſelbſt, die man ſo gebildet an— trifft, kuͤndiget nach Hn. B. Gedanken ſehr deutlich an, daß es nie Thiere oder Pflanzen geweſen ſind. Dieſe Materie iſt Felſen, Marmor, Feuerſtein, Metalle, u. d. g. Es iſt leicht zu ſagen, daß es verſteinerte, eryſtalliſirte, metalliſirte Thiere find, aber ſchwerer es zu begreifen, denn es ſind nicht nur fremdartige Theilchen, die in die Zwiſchenraͤumchen der verwandelten Koͤrper eingedrungen ſind, das ganze Weſen iſt Stein, Marmor, Marcaſit, Me— tall. Es wäre eine wahre Transfubjtantiation *. J DBb 2 a Bas \ fen Kaͤfern Eyer und Würmer nicht finden können, aber deswegen nicht gezweifelt, Daß ſie Durch eben die Bermandlungen gehen, wie andere, deren ver: fehiedentlichen Zuffand er beobachtet hat. * ch befige (und wenn ich nicht fo eitel ware, fo fprache ich, alle Steinſammler befigen) Mufcheln, bey denen fich die Schale deutlich Jeiget, und vom Steine ablöfen laßt. Ich babe befonders derglei: chen durch Herrn Schobers Guͤtigkeit von. Wie- liczka, da die Schalen durch ihren ungemein ſchoͤ— nen Glanz und ihre zarte Bildung das Auge ergo: gen. Ich wollte wohl, daß Hn. B. befondere Exempel, wo eine folche Transfubffantiation vor: gegangen feyn müffe, angeführer haͤtte. Daß die Materie der Mufiheln völlig zerſtoͤret worden ſeyn Fann, und fih an ihre Stelle Stein gefeßet, iſt möglich ; dieſes beweiſet alddenn fo ficher , daß Mufcheln da geweſen find, fo ficher die kuͤpfernen Hufeifen von Neufohl beweifen, dag fie aus ber Zerfförung eiferner entitanden find; außerdem aber —zeiget fich gewiß bey den eigentlich verſteinerten Muſcheln Das Ueberbleibſel deffen, was fie fonft “ wefen 588 Bertrand fur la Arnd. Balifnieri redet von verfteinerten Auſtern, die bey deren gemwaltfamer Eröffnung den Stein voll Stern chen und Bäumchen zeigten. Sind’ alfo: auch die Sternchen Theile des Ihieres? oder die Dendriten Abdrüce von Pflanzen ? In diefer gefchloffenen zwey— fchalichten Mufchel, wo das Schloß (Charnier) ganz war, zeigte fich noch das Schwarze Flecfchen, das man für ein Heberbleibfel des Thieres annimmt. Wie waren alfo die Sterne und Pflaͤnzchen hinein gekommen? Nicht felten findet man verfteinerte Mus fcheln, die alles Aeußere einer Meermufchel vorftel- Ien, wohl gefchloflen find, und oft Eleine Ernftallen, allemal die Materie der Schicht, in ber fie liegen, enthalten *. Wenn die Eleinen Ammonshörnden, die man unzahlbar im bononienfifchen Sande finder, . und weſen find, durch deutliche Merkmaale. Go iſt ja ver tbierifche Urſprung der Verſteinerungen von den Naturforſchern fo gar durch chymifche Verſuche Dargethan worden. * ie mögen doch wohl die Bergwerke in die Gläfer mis engen Halfen gefommen ſeyn, die unfere Bergleute unter andern Tandeleyen verkaufen, und wo der Hald noch mit einem Stoͤpſel zugemacht, und folcher inwendig mit einem Riegel verwahret iſt, daß ınan ihn nicht heraus ziehen Fann? Manz: che Leute find gleich mit der Antwort fertig: die Gläfer find darüber geblafen worden: Ich habe folchen Leuten bisher immer geantwortet, fie waͤ⸗ ven ihr Lebtage in Feiner Glashutte -gemefen; hat: ten fie mir aber gefaget, ed ware Bergwerg, Ri: gel, Stöpfel und Glas alles zufammen gleich fo er: ſchaffen worden: fo weiß ich wirklich nicht, mie ich fie hatte widerlegen fönnen. Denn wer wollte die Moͤg⸗ lichkeit davon laͤugnen? “int. de la terre, 389 und die nicht eine Linie im Durchmeffer haben, Thiere find; was für eine Verhaͤltniß haben fie mit dem, welches ı3 Palmen im Amfange hat, und vom Balifnieri erwaͤhnet wird, oder mit dem, welches die fondonifche Geſellſchaft beſitzt, das vier Centner wiege *? Warum findet man unter diefen Eleinen Thieren nie größere, und wie kann man ſich vorftel- len, daß diefe Thierchen von einer Menge in folcher Anzahl an einem Drte zuſammen gefommen find **. Denn ficherlih wird die Verhaͤltniß bier nicht | Bb 3 beobad)- * Ungefähr die Verhaͤltniß, welche unter den Schmet: terlingen die Eleinfte und faſt unfichtbare Motte, zum furinamifchen Atlas bat. Auf etwas mehr oder weniger koͤmmt es ja bier nichtan. ch werte darauf, wenn man entweder nur Eleine verffeinerte Schnesfen, oder nur große fande, fo würde Herr Bertrand aus den verfchiedenen Stufen, die man im der Größe diefer Gefchöpfe beobachtet folgern, die ffeinernen, wo man diefe Stufen nicht fande, waren dag niche, wofür man fie ausgiebt. Wie ſollen es denn die armen Ihiere machen, daß fie beny ihm Thiere bleiben? **Wo ich mich nicht irre, fo berichten die Unterfucher des Meeres, daß Mufcheln von einer . Art gern baufenweife an einem Orte im Meere beyfanmen wohnen. Wenn einmal nach etlichen fchönen Frühlinggtagen in einem Garten, mo das Jahr zuvor die Schmetterlinge gut geratben find, eine plögliche Anertalte Sins. wie viel erffarrte Raupenklumpen würde man nicht da antreffen, und wie würde ein Naturforfiher 349 den Kopf zerbrechen, zu erklären, warum man fo viele dieſer Gefihöpfe beyfammen, und Feine großen une ser ben Kleinen antrafe? Kir li > 290 Bertrand für la ſtruct. beobachtet, die man im Meere antrifft *%. Wirft man aber An, 3. bier ein, wenn diefe gebildeten Steine feine Thiere gewefen find, warum ſtimmen die meiften mit den ihnen ähnlichen befannten Ge— fchöpfen ſo vollkommen überein? Hat Gott fie wie Steine in der Erde gebilder, fo giebt er ja denen, die fie als Ueberbleibfale des Thier- oder Pflanzen: reichs anfehen, Gelegenheit zu irren? Statt der Ant⸗ wort fraget Herr Berfrand, warum die Menfchen ſich in ihren Urtheilen übereilen? Was fie fehen, ift in großer Tiefe **, unter den fefteiten und vollfoms men ganzen *** Steinbanfen begraben, Nicht der | - geringfte ° Mir Tonnen doch das Meer fo vollfommen, daß mir folches zuverlaßig behaupten, und die Bewoh— ner ſeines Bodens fo zahlen koͤnnten, wie man bie Familien und Einwohner einer Stadt zahle ? ** Die für und groß find, aber in Vergleichung der ganzen Erddicke faſt nichts betragen, und alfo bey Beranderungen, welche Die ganze Erdfläche follen betroffen haben, nicht groß zu nennen find. rr Ich Fanın mich nicht enthalten, einen Gedanken herzuſchreiben, der vielleicht manchen Leſern an: fiößig ſeyn dürfte, doch hoffentlich den Steinfamm: fern nicht Die Priapolithos und Hyfterolithos als große Merkwuͤrdigkeiten aufheben. Bey diefen ganz umd gar ganzen (bien entiers) Steinbanfen, find mir die vorhin erwahnten ungebrochenen Jungferſchich⸗ ten eingefallen, und dabey iſt mir wieder eingefals len, daß Herr Buͤffon in feiner Naturgefchichte behauptet, eine Witwe koͤnne ihre Sunaferichaft wieder befommen. Der Gaß hat in Deu fihle ‚keinen Beyfall finden wollen. Aber von Gtein- baͤnken wollte ich ſelbſt faft Herrn Büffong Mey- nung behaupten. Ein Gleichniß zu geben, —* nt int. de la terre. - >91 geringſte Schein zeiget fich, daß einiger Zufall feit der Schöpfung habe diefe Bänfe bilden, und fremde Körper binein bringen Fönnen *. Alſo find diefe | B * b4 Foßi⸗ nicht fo wollůſtig if, fo heilen ja wohl geſchickte Mundarzte Beinbruͤche dergeftalt, daß die Spuren des Bruches vergeben, und der Knochen da fo fefte wird, ald anderswo, und ich glaube, eg ift ſchwe⸗ rer, organifche Körper zufammen zu heilen, als un- organifche.: Wenn die Künfkler verfchiedene Stuͤ— en Metall zufammen gelötbet-baben, fo wird ib: nen, wofern die Arbeit gut geratben ift, der Ort unfenntlich, mo die Lörhung geſchehen. Aber fie geben das zufammen gelöthete Metall deswegen nicht dafuͤr aus, daß es in einem Stuͤcke erſchaf⸗ fen wäre. TEE Pegteng wieß ich jemanden ein mit Gtein uberzoges nes Vogelneſt. Weil er nicht3 von Sradirhaufern mußte, fo zeigte fich ibm nicht der gerinfte Schein, wie ſich diefer Stein habe bilden, und das Vogelneſt hinein kommen können. Gleichwohl mollte cr nicht glauben, daß es fo gefchaffenware. Herr Bertrand nimmt , glaube ich, den Grundfag an: Alles, was für ung ſehr felte iſt, it fo gefchaffen. Als wenn die erhaltende Kraft der Welt nicht fo feſte bau— en Eönnte, alg die fchaffende? Sollte er die Gange unferer Bergwerke ſehen, deren Harnifche mit J Schlaͤgel und Eiſen kaum zu durchbrechen, mit Pul- ver kaum zu fprengen find, da der Hauer Zeit ſei⸗ nes Lebens ein Dre ing Feld treibt, da fein Groß: vater augefeffen hatte: fo würde er unflreitig bes baupten, fie müßten alter ſeyn, ald Adam: wenn er nun bemerkte, wie diefe Gange fich zertrümmtern _ and fchaaren, durch einander fügen, Baͤuche wer “fen, verdruͤcket und wieder gefunden werden, kurz, Merfinaale erlittener Gewaltthaͤtigkeiten zeigen, zu deren Bewerkitelligung die fiegreichiten Heere er 392 Bertrand fur la ſtruct. Foßilien feit den Urfprunge der Erde darinnen ge— wefen. Iſt dieſer Schluß nicht natürlicher als der vorige *? Fit es denn was ungereimtes, zu fagen, Gott habe bey ver Schöpfung der Welt feinen Ges fallen gehabt, felbige mit unzaͤhlich mannigfaltigen Körpern von verfchiedenen Materien und Goeftalten zu erfüllen. Wäre bey ver Schöpfung nichts von diefen Mineralien, Marcafiten, Cryſtallen, gebils deten Steinen geivefen, fo hätten ſich in der Tiefe der Erde nicht fo viel Schönheiten befunden, als ißo, da man alle diefe Körper in ihr finder. Es ift offen- bar, daß der Schöpfer fein Gefallen gehabt, eine Art von Aehnlichkeit zroifhen gewiſſen Arten von Thieren und Gewaͤchſen hervor zu bringen. So hans gen die Meerpülze an den Klippen, mie die Pülze an der Erde, So ift eg mit den baumförmigen See» fernen, mit den Polypen, u. f. f. beſchaffen. Hat Gott, die Kette noch wunderbarer zu machen, nicht aud) folhe Koßilien verfertigen fönnen, die den Thies ren und Pflanzen ähnlicy find. Iſt da der ftufen» artige Fortgang nicht befler beobachtet, die Verbin— dung genauer zufammenhängend , die Reihe der Staffeln, zwifchen dem Thierreiche, Pflanzenreiche, Mineralreiche vollfommener? Diefe Aehnlichkeik, diefe Analogie ift der Vereinigungs- der Lebereinftim» mungspunft, der einen Sprung in der Matur vers ‘ ji hindert. ber größten Erbverwüfter zu ohnmaͤchtig ‚wären, fo wurde er wohl fagen, dieß alles fey fo erfchaffen, damit den Bergleuten ihre Arbeit fein fauer und unficher werden follfe. J * Bequemer iſt er. int. de la terre. » 393 hindert. Je vollfommener folche Aehnlichkeit ift, defto mehr foll fie unfere Verwunderung erwecken. So zeiget fich die Weisheit des Schöpfers unfern Augen mit ftärferem Glanze, weil in einer Marcafite mic verfchiedenen Spiegelflächen, in einer- Kamm— mufchel mit. Streifen, unftreitig mehr Kunft ift, als in einem unförmljchen Kiefel. Dieſe mannigfaltig gebildeten Steine koͤnnen aud) zu Abfichten dienen, die uns unbefanne find. Nicht von allen diefen ge: bildeten Foßilien, Fennen wir die ihnen Aehnlichen m anderen Reichen, vermuthlich haben viele gar Feine, und diefe Mannichfaltigfeit in der Einformigfeit, erhebt die unerfchöpfliche und ‚allezeit veränderte All: macht des Schöpfers noch mehr, Alſo macht Here Bertrand den allgemeinen Schluß, zur Schöpfung und zum Werke der erften beyden Tage gehöre alles, was man in den Eröfchichten findet, die ganz in eis nem Stüde fortgehend, zufammenhängend, und un— unterbrochen auf einander geleget fcheinen. Er zei: get ferner, daß andere diefen Gedanken fchon gehabt, und feine Neuheit alfo ihn nicht verdächtig machen follen. Er meynet, man Fönne ſich ja wohl vor- ftellen, diefe Körper wären eben ſolche Körper gewe— fen, wie die, aus welchen Gott in den folgenden Tagen die Thiere und Pflanzen gemacht, nur indem —9* letzten die innerliche organiſche Beſchaffenheit gegeben, damit ſie des Lebens faͤhig waͤren, ihre Maſchine in Bewegung geſetzet, und ihnen das Ver⸗ mögen, ſich fortzupflanzen mitgetheilet. Die Ein- wendung, daß dieſe Foßilien keine Abſicht haͤtten, gilt nichts, weil wir nicht aller Geſchoͤpfe Abſichten wiſſen, und man kann eben fo fragen, was die wirk— | bs lichen - 394 Bertrand für la ſtruct. lichen Seetbiere, die verfteinert feyn ſollen, ſolcher⸗ geſtalt fuͤr Nutzen bringen? So ſind die Gruͤnde beſchaffen, mit denen Herr Bertrand dieſe ſeine Meynung unterſtuͤtzet. Nach dem, was in den vorhin beygefuͤgten Anmerkungen geſaget worden, trauet man den Leſern, (und viel» leicht find für viele auch diefe Anmerkungen überflüf fig) zu, daß fie denjenigen Theil derfelben, dem man feine Anmerkungen bengefüget har, felbft beur-- heilen werden, Kin Italiener würde ſolche Schlüffe mit einem diefer Nation gewöhnlichen Spruͤchworte in die Predigt verwiefen haben, dießfeits ber Do— nau find wir Gott ob! nicht befugt, diefes Spruͤch⸗ wort durchgaͤngig nach zu gebrauchen. Nun befchreibt Herr Bertrand weiter, mie, nach dem zwenten Tage die alfo gebildete Erde mit Waffer bedecket gewefen, daffelbe fich durd) Erhebungen des Erdreiches und Brüche deifelben verlaufen, und das Trockene zum VBorfchein gefommen ..... Wer fich das nicht vorftellen fan, mag die Beſchreibung beym Hn. DB. felbft lefen. Die Mittel, welche Gore gebrauchet hat, die Ingleichheiten der Erde bervor- zu bringen, (denn bey der Schöpfung mar alles eben,) will Herr Bertrand nicht beftimmen. Die allgemeine Suͤndfluth aber beweift er aus dem Zeugniffe und der alten Sage aller Bölfer; das Wafler Dazu leitee er vom Himmel, und aus den Abgründen. Zu des letztern Erhebung laſſen ſich verſchiedene Mittel er» denken. In eben dieſe Abgruͤnde kann es ſich wieder verlaufen haben. Die Veraͤnderungen, welche die Suͤndfluth auf dem Erdboden hervor gebracht, be— ſtehen in Zerſtoͤrung der Oberflaͤche, vun der - | Höhen, "int. de la terre." 395 Höhen, die Kegengüfle verurfachten Ströme deren Wuth, Steine und Erde von den Felfen herab. in die Ebene riſſe. Kinige von den Gewolbern, welche die unterirdifchen Waſſer bedecken, flürzten ein, Berge verfunfen, und ftatt ihrer entftunden Seen. Das Wafler der Suͤndfluth ift unſtreitig ziemlich truͤbe geweſen, die Bermijchung aller Materien, die in ihm ſchwammen, ‘machte, daß alles unter einander fam, wo alfo einzelne Arten von allen ans dern abgefondert gefunden werden , fünnen folche nicht von der Sündfluth dahin gebracht fern *. Die Boden⸗ * Aber wohl ſich in Gewaͤſſer geſammlet haben, das von der Suͤndfluth noch uber den Gegenden, mo ‚wir wohnen, flehen geblieben. Denn ich habe mir immer vorgeftellet, Moſes, der ung berichtet, daß fih das Waller der Suͤndfluth wieder verlaufen, babe und dadurch eben nicht fagen wollen, daß Irtalien und Frankreich, und Deutſchland u. 1. f. F Fogleich trocken geworben. Es konnte für ihn ge: nug feyn, daß Aſieñn, wo fich Noah zuerſt geſetzet, wohnbar war, Unlaͤugbare Erfahrungen haben in Schweden und in Italien bewieſen, daß das Waſſer abnimmt, und bier von der Natur geichieht, wag der größte, und bey fo vielen reimenden und un: reimenden Saͤngern unſerer Zeiten bey nahe der einzige, philoſophiſche Dichter Deutſchlands anders⸗ wo als von der Arbeit der Menſchen geſchehen angiebt: Das Meer wird ſelbſt verträgt fein altes Ziel ntfern . Und mo manch Schiff — it aſteng geerndt. Ich bilde mir alſo ein, Europa, und beſonders un⸗ fere nordlichen Theile, haben vielleicht — 396 Bertrand fur la ſtruct. Bodenfäße hievon haben das Jahr der Suͤndfluth über nur fehr dünne Schichten geben koͤnnen. Denn Herr Bertrand verfichert, die Schichten vonder Suͤnd⸗ fluth Eönnten nicht viel Tiefe haben , befonders auf den Höhen. Das find ungefähr die Wirkungen, die er der Suͤndfluth geftartet. Er beſtimmet feinen befondern von den Maturforfchern beobachteten Umſtand, den er zus verläßig der Suͤndfluth zufchriebe. Es kann auch niche ſeyn, weil man leicht fiehbt, daß, was Hr. 2. von der Suͤndfluth ſaget, auf einem befondern Theile . der nach der Suͤndfluth unter Waffer geffanden, und fo meynte ich, die Wirkungen, die fi, wenn man nicht mie Heren Bertrand und ben faulen Weltweiſen feine Zuflucht zur Schöpfung nehmen will, fehwerlich anders, als aus einer allgemei⸗ nen Ueberſchwemmung herleiten laſſen, z €. daß wir die Muſcheln aſiatiſcher Seen in der Schweiz, africaniſcher Ungeheuer Knochen in Deutſchland, americaniſche Farrntraͤuter in Frankreich J. ſo meynte ich, ſage ich, dieſe Wirkungen mit dem Umſtande zu vergleichen, daß nach vielen andern Beobachtungen, die Verſteinerungen laͤngere Zeit erfodert haben, als die Suͤndfluth gedauret bat, weil die von Moſes gegebene Daner der Suͤndfluth nicht alle und jede Theile der Erdfugel angeht. Sch unterwerfe meine Gedanken willig dem Urtheile befferer Schriftausleger,, als ich bin, wenn fie nur auch Sachen und nicht bloß Wörter verftehen, und ich bin darauf in der reblichen Abſicht gefallen, denen zu antworten, welche, aus der vorhin ange fuͤhrten Urfache, die & Suͤndfluth nicht für die Ur— ſache der Verſteiner ungen halten wollen. Vielleicht koͤnnen andere auch bloß aus der Dauer der Suͤnd⸗ fluth, die Moſes angiebt, Hn. B. antworten, — wor int. de la A | 597 der Erdflaͤche durch eine befondere Ueberſchwemmung kann 'eneftanden feyn. Da er alfo feine Merfmaale angiebt, Ueberbleibfale der Suͤndfluth von Ueber bleibfalen befonderer Ueberſchwemmungen zu unter fcheiden, fo kann er Feine juverläßigen Denfmaale der | Suͤndfluth aufweifen. Er ift recht Buͤttners Ge genfüßer und rechner nichts zur Suͤndfluth, wo jener alles hinrechnete. Das ficherfte Denfmaal ver Suͤnd⸗ fluth find wohl die Geburten enrfernter Länder, die man bey uns verfteinert antrifft, und die ſchon ber Alten Aufinerffamfeit gereijer haben. 3 ” 5 Procul a pelago conchae iacuere marinae. Ouid. Da nun dieſe Steine bey Hn. DB. erſchaffen find, fo bleiben ihm allerdings gar Feine Urkunden von der Suͤndfluth übrig. Der dritte Abfchniet eben diefer Abhandlung * Bon den Veränderungen, die befondere Urſachen gehabt haben, wenn das Meer einen Dre verlaften har, Flüffe ihren Lar f geändert , Erdbeben Gemaltthaten verübet haben, u. ſ.f. Hr. Bertrand hat verfchiedene merkwuͤr⸗ dige Begebenheiten hier ſehr geſchickt geſammlet, da« ben aber defto weniger nöthig feyn wird, fich lange aufzuhalten, weil andere Schriftſteller eben derglei⸗ chen ſchon ausgefuͤhret haben *, Noch ift ein Brief an Herrn Formen, Sekretair der Kon. Pr. Akademie der Wiflenfchaften beyge— füger, der von der Verminderung des Meeres und . dem * Man fehe unter andern des Hamb. M 1 8, IIII Et. ı Art. va 398 Bertrand fur la ſtruct. dem Urſprunge der Berge handele. Herrn Formeys Beurrbeilung des Tellismed hat ibn veranlaffer, in welchem ‘Buche der feltfame Einfall vorgetragen ift, daß nicht nur die Erde, die wir ißo bewohnen, vordem mit Wafler bedecfet gewefen , fondern: die Menfchen ſelbſt urfprünglih Waſſerthiere wären. Herr de Maillet, aus deffen hinterlaſſenen Schrif- ten diefes Werk verfertiget, und ihm fein verfegter Name zur Auffchrift gegeben worden, war Conſul in Aegypten, ‚und hat diefes kuͤhne Lehrgebäude auf die daſelbſt beobachtete Zurückweichung des Meeres ; Die Verminderung des Wallers, das Erdreich das der Nil anfeget, gegründer, aber Herr Bertrand haͤlt ſelbſt diefe Begebenheiten noch nicht für völlig dar- gethan *. Herodotus, der ſchon Diefen Gedanfen h geäußert, * Herr Benedict de Maillet war ein Torhringifcher von Adel, Generalconful des Königs von Frank: reich in Aegypten und Toſcana, nachgehends Ge- neralvifiteur der Handeldplage der Levante und Barbarey, und ward zulege zum Envoye an den König von Aethiopien .ernennet. Der Abt Maſcrier hat aus feinen Auffägen eine ſehr leſens⸗ wuͤrdige Befchreibung von Aegypten verfertiget, die den Titel führet: Defeription de P’Egypte con- tenant plufieurs remarques curieufes fur la Geogra- phie ancienne et moderne de ce Pais fur fes monu- mens anciens, compofee fur les memoires de Mr. de NMaillet Ancien Conful de France au Caire, per Mr. L’Abbe le Maferier. Ouvrage enrichi de Cartes et de Figures. Tomes II. 80. Hang 1740. Man kann diefes fo fehr befihriebene Land fchon ziemlich ken— nen, und doch noch das angeführte Werk fehr lehr⸗ reich finden. Den Urforung des Delta ins be- fondere aus dem Bodenfage das Nils finder man im int. de la terre. ; 399 geäußert, ift von andern durch fich felbft mwiderleger worden. Man fehe des Abts Raynal Mercure de France im May 1752, gu. f. S. Pelufiens Ruinen findnoch da, die Stadt Bequir ift auf Die Ruinen des alten Cianopus gebauet, beyde find noch an eben den Ufern, mo Herodorus ſie geſehen. Die andern Beweiſe vom Ruͤckgange des Meeres erfläret Herr Bertrand für-eben fo unficher, und wendet ſich als— denn zu Heren Sulzers Abhandlung vom. Urfprun- ge der ‘Berge, die er mit dem $obe erhebt, welches diefer forgfältige Beobachter und gründliche Philo— ſoph verdienet, will ihm aber nicht glauben , duß viel Berge durch Erdbeben entftanden wären, weil die meiften Berge fichtbarlich mit der ‚Side zufamı: men Dingen. im I Ib. 114 u. f. S. ausgeführet. Was im uͤbri⸗ gen im Auszuge wegen des Urſprunges des Namens Telliamed geſaget iſt, ſcheint mir ſo offenbar, daß ich glaube, es werde genug ſeyn, den ſinnreichen Gedanken eines berühmten Mannes nur —— Telliamed ſey gl. Tellus amet. A. ©. © IT. Be: 400 Stahls theoret. Grundſatz Green rer) Betrachtungen / ‚über des u i SER ſel. Herrn Hofraths Stabld theoretiſchen Grundſatz in Der Arztneywiſſenſchaft, | von Joh. Aug. Unzer, D. Ss it weder eine Vertheidigung neh Wider: fegung der ftahlifchen Lehre von der Gele, die ich mir bier zu unternehmen vorgefeßer habe. Denn warum follte man eine Mey: nung vertheivigen, die. doch ſchon mitten im Sterben ift, und warum follte man ihr mit einer Widerle— gung den Tod befördern, der doch nothwendig erfol- gen mußte, nachdem ihre Seele, der Erfinder der— felben, von ihr gefchieden war. Wen diefes nicht genug ift, der erinnere fic) der Menge von Schriften diefer Art, davon ich felbft eine gefchrieben habe, und die von beyden Seiten fehr felten gut gerathen find: fo wird man es für eine überflüßige Verdrießlichkeit anfehen, die ich meinen Leſern, durch die eine oder die andere von dieſen Unternehmungen, erzeigen wuͤr⸗ de, Sch will vielmehr nur einzelne Betrachtungen I über in der Arztneywiſſenſchaft. 401 über diefe Lehre anftellen, denen ich felbft weiter kei— nen allgemeinen Namen geben kann, als daß fie alle diefelbe Sache betreffen, fie mögen nun übrigens für, oder wider fie feyn, Der felige Herr Hofrath Stabi ift unter fo vie- len verfchiedenen Namen groß und unfterblic) gewor⸗ den, daß es ihn wenig erniedrigen Fann, wenn feine Meynung von der Seele eher wieder verfchwinder, als der Tag für die größten Werfe des menfchlichen Berftandes erfcheinen wird, da man fagen muß: Run geht des Himmel! weite Runde, Der hoben Welten Harmonie Und Marons heiligg Werk zu Grunde: Seine Gegner. haben diefes wohl eingefehen; und feine Anhänger haben niemals daran gedacht. Da- ber findet man Widerlegungen diefer Meynung, die gründlich find, und dem ungeachtet ihrem Erfinder beynahe nichts- ‚von feinem Ruhme entziehen; und. daher findet man DBertheidigungen, die dem Erfin⸗ der Schande machen, meil fie bloß anf fein Anſehen und feine übrige Größe gebauer ſind, die, fo weit fie: fih ‚auch immer hat ausdehnen Ffünnen, doch nur) ſchwachen Gemürbern das Vorurtheil zuwege brin⸗ gen kann, daß ſo ein Mann unfehlbar waͤre. Haͤt⸗ ten ſich viele Schüler dieſes großen Gelehrten nur einmal einfallen laſſen, daß ihr Meiſter groß bleiben koͤnnte, wenn gleich feine Irrthuͤmer nicht wahr find, . fo mürden fie fich nicht fo fehr bemüher haben, afles was nur jemals: feine, Feder gefehrieben,, und ſogar das, was ſie von der Seele geſchrieben hat, fuͤr Wahrheiten auszugeben, die man nicht in Zweifel; 10 Band. BE. ziehen 402 Stahls theoret. Grundfag ziehen koͤnnte, ohne die Hochachtung zu. beleidigen, melche man diefem vortrefflichen Geifte fchuldig ift. Es ijt ſowohl bey den Bertheidigungen, als bey den Widerlegungen der ftahlifchen: Theorie ven der Seele viel fonderbares anzutreffen, Stahls Mey- nung war ſchon geößtentheils viele hundert Jahre vor ihm befannt geweſen, und man verachtete fie, ober man lobte fie; aber. beydes ganz nachläßig, unter dem Namen des pfycbologifchen Influxionis⸗ mus. . Sobald er fie aber vom neuen vorgefragen hatte, fo befam fie weit heftigere Bertheidiger, weit heftigere Gegner. Man nahm auf einer Seite die Bibel zu Hülfe, fie. zu beftätigen, und unterdeflen fegte man ihr auf der andern fogar die gefunde Vers nunft entgegen. Man wußte felten recht, was man vertheidigte, oder widerlegt, Stahl felbft fah ſei⸗ ne Meynung nicht in ihrem ganzen Umfange ein, und hätte nimmermehr vermuthet, daß fie wohl gar it den Lehrfäsen eines Spinoza beftehen koͤnnte. Er fagte: Die Seele ift die Natur des menfhlichen Körpers, oder vielmehr des ganzen Menfchenz fie- iſt die Urheberinn aller willführlichen, aller Lebens⸗ bewegungen, aller natürlichen Verrichtungen und Seelenwirkungen. Der Ausſpruch war einmal ge [heben ; die Folgerungen’ waren ein wenig verdrüßlich ©’ denn man mußte fogar zugeben, daß Die Seele den Leib felber eröffnete, und man fagte es felbft, um dem Einfalle in dem Munde der Gegner das. Salz: zu benehmen. Hierwider führte man'nun den Leib⸗ iz fleißig an; man ſprach von der vorher beſtimm⸗ ten Harmonie, und widerlegte daraus eine Mepnung, die * damals die ER Menſchen RS, * in der Arzeneywiffenfihaft. 403 Es iſt wohl der Mühe werth, diefe Sache etwas enauer zu überlegen. Here Stahl fehrieb zu einer —* da die Gruͤnde der neuern Weltweisheit noch lange nicht einen ſo allgemeinen Beyfall hatten, als itzo. Itzo, da man ſich die groͤßte Muͤhe gegeben bat, alle zu dieſer Frage gehörige Begriffe wohl ause einander, zu feßen, iſt es vielleicht niche mehr ſo ſchwer, ein entſcheidendes Urtheil zu finden. Dieſer große Kenner der Natur nahm die Seele für die wirkende Urfache der Bewegungen des Leibes an. Er konnte ſich über die Art und Weiſe, wie dieſe Wirkung der Seele in den Körper geſchehen ſollte, auf Feine begreifliche Art ausdrüden, und dies fes fihien auch überhaupt bey dem ganzen Streite niche die erheblichfte Frage zu feyn. Jedermann er» griff nur den Satz, daß die Seele ın den Roͤr⸗ per wirken follre. Man machte den ſchwachen Einwurf, daß ein Geift in feinen Körper wirken Fonnte, und vielleicht ift es bloß eine beißende Ant wort gewefen, als fich der Erfinder der Meynung Dagegen auf "alte: bibtifche Gefchichte berufte, wo entweder Gott, oder ein Engel in Körper gemirfet hatte. Man finder noch in vielen Schriften, auch von Stahls Schuͤlern, daß fie fich auf die Erſchaf⸗ fung der Welt durch Gottes Hand, und auf den Engel berufen, der in Davids Lager einft eine ſo große Verhrerung ſtiftete . Die neuern Weltweiſen nahmen dieſes Argument mit Lachen auf, und die Stahlianer wiederholen es noch immer ganz ernſte haft. Man ſieht alſo den Streit bis auf die Frage ge⸗ bracht: ob die Seele in ihren Körper wirken koͤnne? min Ce 2 | Ich | 404 Stahls theoret. Grundfag Sch weiß nicht, wie ein einziger von den neuern Weitweiſen ſichs fönnte in den Sinn fommen lafe fen, diefe Frage zu verneinen, oder fie dem Herrn Hofrath Stahl für einen Irrthum anzurechnen. Wenn ift wohl Leibniz, wenn ift wohl Wolf, oder ein einziger vernünftiger Wolfianer ſo weit verfal⸗ ken, daß er die Wirkung der Seele in den Körpern hätte in Zweifel ziehen follen? Wie fonnte wohl dem aufgeflärten Erfinder der vorher beftimmten Uebereinftimmung ein fo thoͤrichter Gedanke in den Kopf kommen, der fein’eigenes Lehrgebaͤude ganz über den Haufen geftürzt haben würde. Worinn bes ſteht die ganze vorher beſtimmte Uebereinftimmung wohl anders, als in einer wechſelsweiſen Gemein⸗ ſchaft aller endlichen Subſtanzen in einander durch einen idealiſchen Einfluß? Setzte nicht Leibniz ſelbſt alle Körper aus Subſtanzen zufammen? War er es nicht, den Herr Juſti deshalb der Widerle- gung würdig fand? Wie fonnte er num wohl zwei⸗ feln, daß Subftanzen in Körper wirften, da er. der erfte war, der, um diefe Wirkung auf eine vernünfs tigere Art, als bis dahin gefchehen war, vorzuftels Ien, die Wirkung eines Geiftes in einen Körper zu nichts anders, als einer Wirfung eines Geiftes in andere einfache Wefen machte? Wäre es nicht eine vergeblidye Arbeit, wenn ich aus feinen, und den Dolfifchen Schriften, die Stellen Hier anführen wollte, worinn ausdrüdlich behauptet wird, daß die Seele in den Körper wirke, da ſich kein Seibnigianer heut zu Tage in den Sinn fommen: — daran We zweifeln. 2 —»— — Wenn “in der Arztneywiſſenſchaft. 405 “ Wenn man diefes bedenkt, und das Verhalten der flreitigen Parteyen gegen einander betrachtet: fo erhellet Flärlich, daß fie ſich meiftenrheils über eine ſonnenklare Wahrheit geftritten, die der eine Theil vertheidigte, und für den Syrethum biele, den man ihm Schuld gab, und die der andere Theil, der fie entweder felbft annehmen ‚ oder ganz anders als 2 eibnirz und alle vernünftige Menfchen denken muß⸗ te, ohne zu willen, was er wollte, beſtritt. ‚Der wahre Streit betraf, ohne alle Einwendung, einzig und allein die Art und Weife, wie man die Wirfungen der Geele in den Körper und des Kör- pers in die Seele erflären füllte. Denn wenn man gleich fagen wollte, daß die Stahlianer die Wirfung der Seele faft auf alle Bewegungen des Körpers zus gleich erftvecften, ohne davon eine Ausnahme zu ma» chen, fo ift doch diefes eine Sade, die weder ein Jrrthum genennet, noch für eine den Stahlianern eigene Meynung gehalten werden kann. Wer nur in der Lehre von der vorher beftimmten Uebereinftin- mung recht unterrichtet iſt, kann ohne Schwierigkeit einfehen, daß felbft nad) diefer pſychologiſchen Erflä- tungsart mit volllommenem Grunde angenommen werden Fönne und müffe, daß es der vornehmfte Un⸗ terſcheidungscharacter aller thieriſchen Bewegungen eines belebten Koͤrpers ſey, daß ſie zugleich, indem fie durch die Structur des Körpers und feine bewe⸗ gende Kraft hinreichend beſtimmet werden, auch ih— ven zureichenden Grund in der Seele haben müflen, die mit dieſem Körper in der genaueften Berbindung, ſteht. Solchergeftalt würde es eine vergebliche Arz beit fern, die Stahlianer über eine Behauptung an Er 3 zugreis 406 Stahls theoret. Grundſatz zugreifen, Die fie doch in der That mit Ihrem vor- nehmften Gegnern, den pfi ychologifchen KHarmoniften gemein haben. Hierbey will ich nur noch das einzige anmerken, daß diejenigen unter den mechanifchen Arztnengelehrten, welche behaupten, daß nur) die Geelenwirfungen, oder Doch wenigftens‘ nicht ‚alle Bewegungen des Körpers von der Seele herrührer ten, gar nicht Urfache haben, ſich auf den Beyfall der neuern Weltweiſen erwas zu gute zu thun. Kein wahrer Wolfianer, oder Leibnigianer, kann ihnen, vermöge des Syſtems, das dieſe beyde große Man: ner feftgefeget haben, bentreten, und fie nehmen zu einer Meynung ihre Zuflucht, deren Gründlichfeit noch erſt dargethan werden müßte, anftatt daß fie Dies felbe voraus feßen, Ich unterwerfe mich, bey diefer Abhandlung, den Urtheilen aller wahren und gründlichen Leibnigianer, und hoffe, daß fie mir, ohne Widerrede eingeftehen werden, daß Harmoniften, Fnflurioniften, und Stahlianer, in ver Seelenlehre alle eineriey behau⸗ pten, fo lange nicht die Are des Einfluffes unterfuchee wird, und daß die beyden erjtern behaupten, oder wenigfteng,, nach ihren Grundfägen, einer wie der andere, behaupten fonnens ) daß die Seele in den Korper, 2) daß der Körper in Die Seele mwirfe, und 3) daß alle thierifche Bewegungen organifcher lebender Körper einen binreichenden Grund in der Seele haben. Sobald gefraget wird ‚wie die —* in den Koͤrper wirke, und wie der Koͤrper dieſes die Seele verrichte; f trennen ſich erſt die Par und der pſychologiſche Harmoniſt nimmt den i ie ſchen, der Influxioniſt aber, den reellen Einfluß an. "in der Arztneywiſſenſchaft. 407 an. Ich will diefe Begriffe nur mit zwey Worten in einem Beyſpiele erklären. - Der pfochologifche Harmonift behauptet, daß jede Bewegung in einem lebenden thieriſchen Körper wenigftens zween Binreis chende Gründe habe: den einen in der bewegenden Kraft und Structur des Körpers felbft; den andern in der Damit verbundenen Seele, dergeftalt, daß, Bedingungsweiſe, Feine Bewegung im Körper ohne die Seele erfolgen kann, fofern er als ein wirklicher lebender Körper in diefer Welt vorgeftellee wird, ob» gleich , abftract betrachtet, der Leib alle feine Bewe—⸗ gunggn aud) ohne Die Seele würde hervor bringen Können, wenn man ihn nicht als einen wirklichen Theil diefer Welt betrachten wollte. Eben fo ift es mit den Seelenwirfungen, und nad) der Meynung der pſychologiſchen Harmoniften muß jede Vorftellung der Seele fowohl ihren zureichenden Grund in dem Leibe, als in der Vorftellungskraft der Seele haben. Ein pſychologiſcher Influxioniſt leugnet dieſen ideali« ſchen Einfluß, von welchem ich hier nicht noͤthig ha⸗ be, die Beweiſe abzuſchreiben, daß er ein wirklicher und wahrhafter, nicht aber, wie die Benennung zu glauben veranlaſſen moͤchte, ein bloß eingebildeter Einfluß ſey. Ein pſychologiſcher Inſluxioniſt giebt den Bewegungen des Koͤrpers nur einen einzigen zu⸗ reichenden Grund, und ſetzet denſelben bloß in der Seele. Er giebt den Vorſtellungen der Seele nur einen einzigen Grund, und ſetzet denſelben bloß in den Koͤrper. Daher geht Stahl ſelbſt, der doch gewiß ein einſeitiger pſychologiſcher Influxioniſt war, von dieſer Meynung in ſofern ab, als er den Koͤr⸗ wi Ce 4 per 408 Stahls theoret. Grundfag per als einen bloß leidenden Klumpen betrachfet , der alfo aud) nicht einmal in die Geele wirken koͤnnte. Daß Herr Stabi: diefen reellen Einfluß der Seele in den Körper wirklich angenommen habe, erhellet, ohne daß man zu andern Beweiſen fortgehen müßte, ganz unftreitig.aus den Beyſpielen der heil. Schrift, die er anführte, um die Moͤglichkeit der Wirfung der Seele in den Körper zu beweifen: denn die da— felbft gefchehene Wirkungen Gottes, fie fenn nun uns mittelbar ‚oder vermittelft der Engel gefchehen , find, als übernatürlihe Begebenheiten, bloß durch den reellen Einfluß Gottes gewirfet worden. Hier tren= nen ſich alfo erft die Harmoniften und Staffianer. Sie erklären eine Sache, welche fie behaupten, auf verfchiedene , einander widerfprechende Arten. Wer bat nun von ihnen beyden recht? Iſt der idealifche, ift der veelle Einfluß der Seele in den Körper der wahre? Ich babe ſchon anfangs gefaget, daß ich diefe Fragen nicht beantworten werde. Vielmehr will idy mich bemühen, meine Gedanfen anißo , auf eine bisher ungewöhnliche Are über diefe Materie zu denfen, fortzufegen, eh Wohin gehöret wohl die Frage: Auf welche Art und Weife die Seele in ihren Körper wirfe?: Mei— nethalben mag man fie überall hin verfegen: allein, fie gehöret gewiß nicht in die Arztneywiſſenſchaft; fie hat auch darinn nicht den geringften erheblichen Nu— gen; fie ift ein unfruchtbarer Baum in diefer Wiflen- ſchaſt, der, mweil ev darinn Feine Früchte trägt, ganz ausgerottet zu merben verdiene. Man wird viel: leicht die Kühnbeit bewundern, mit der ich mich un- terftehe, den Arztneyverſtaͤndigen einen Streit aus den in der Arztneywiſſenſch aft. 409 den Händen zu winden, den fie fo lange, und mic fo viel Umſtaͤnden geführet haben. Allein, wenn meis ne bisherigen Gedanfen gegründer gewefen find, fo ift dieſe Folge 'unvermeidlih. Was kann einem Arzeneyverftändigen daran liegen, wie und auf wel che Weife die Seele in ihren Körper wirfe, ob eg auf eine idealiſche, oder auf eine reelle Art geſchieht: wenn er nur diefes gewiß zum voraus feßen Fann, daß Leib und Seele beftändig mechfelsweife in einan der wirken, es gehe nun zu, wie es wolle. Damit ich einem vergeblichen Einwurfe vorbeuge, ſo will ich erinnern, daß ich hier den Stahlianismum nur in ſofern betrachte, als er mit dem pſychologiſchen Influxionismo einerley iſt; und in dieſer Abſicht bes haupte ich nochmals, daß es in der Arztneywiſſen⸗ ſchaft ſo viel als gar keinen Nutzen habe, auszuma⸗ chen, ob die wechſelsweiſe Wirkung Leibes und der Seele durch einen reellen, oder durch einen idealiſchen > gefchehe. Ich habe aber ſchon oben gezeiz et, daß der Stahlianismus nur ein einfeitiger pfys ologifeher Influxionismus fey, das iſt, Daß. die Stahlianer die reelle Wirkung der Seele in den Koͤr⸗ per annehmen, aber die reelle Wirkung des Körpers in die Seele leugnen, und behaupten, daß der Koͤr⸗ pi bloß leidendes Wefen ey. Diefer Umftand hat einen gewaltigen Einfluß in die Arzeneywifien- ſchaft, „und dieſer iſt der einzige, wowider ein Arzt mit Recht und von Amtswegen ſtreiten muß. Durch dieſe Meynung wird dem Koͤrper die kuͤnſtliche Ein⸗ richtung unnuͤtz, und ſie veraͤndert ungemein vieles in der Praxi. N, Sol. go Stahls theoret. Grundſatz Soolchergeſtalt hat die ftahlianifche Meynung zween Hauptrbeile. Der erſte ift der Grundſatz, daß die Seele durch einen reellen Einfluß in den Körper wir fe, und der hat, meines Erachtens, in der Arztnep funft. feinen merklichen Nutzen, und darf auch von Rechtswegen nur in der vernuͤnftigen Seelenlehre ausgemacht werden. Der andere iſt der Sag daß ber Rörper ein ganz untbätiges, leidendes Ding fey, und diefer Sag muß in der Phyſiologie ausgemacht werden, und hat einen ftarfen Einfluß in alle Theile der Arztneyfunft. Dieſen Unterſchied baben die vernünftigften Beftreiter der ſtahliſchen Meynung wohl eingeſehen, und man findet in eines Boerhaven, allers, u: a, Angriffen, dieſen eis gentlichen Streitpunct oben an, und faft alleine. Nur diefe. Gegner haben dem Stahlianismo aus Herz gegriffen, und fie haben den Körper belebet, und würdig gemacher, von menfchlichen Augen be- trachtet, und als ein Meifterftüd der Matur * zu werden. Aus dieſen bisherigen Betrachtungen * ſi A einige Folgen herleiten, die wegen-ber Streitigkeiten der Secten in der neueren Schule der Arzeneyfunft von nicht geringer Wichtigkeit find. Vorerſt kann man Daraus abnehmen, daß man ein Feind der ſtah⸗ liſchen Lehre ſeyn, und doch behaupten Fönne, daß alle Bewegungen fhierifcher Körper einen binreichen« den Grund in der Seele haben. Wie viele, wie große Streitigkeiten fallen nicht durch diefe einzige Betrachtung über den Haufen, 2) Man kann ein pſychologiſcher Influxioniſt ſeyn, und dennoch keinen einzigen Irrthum —— der in die Arztneywiſ⸗ fenfchaft in dee Arztneywiſſenſchaft. Au fenfchaft einen erheblichen Einfluß hatte: Alſo muͤſ⸗ fen nicht alle mechanifche Arztneygelehrte pſychologi⸗ fche ‚Harmoniften feyn. Man finder dieſes auch wirklich in verfchiedenen Schriften der beſten mecha⸗ nifchen Arztneygelehrten. Sie find Feinde der vor—⸗ herbeftimmten Harmonie, wie ihre Erklaͤrungsarten ausmweifen , und find doch gleichwohl auch Feinde des Influx ionismus, wenigſtens in ihren Gedanken, weil ſie glauben, daß ſie dieſes nicht ſeyn koͤnnten, ohne zugleich Stahlianer zu ſeyn. Wenn ein pſychologi⸗ ſcher Influxioniſt ein wahrer Jofluxioniſt iſt der for wohl die reelle Wirkung der Seele in den ‚Körper, als des Körpers in die Seele annimmt, fü hat er mit den GStahlianern zwar einerley philofophifchen Irrthum, in Abſicht des reellen Einflufles , welcher doc) aber in ver Arztneywiſſenſchaft weder nuͤtzlich noch ſchaͤdlich ift: aber er hat mir ihnen nicht einers ley mediciniſchen Irrthum, meil er die Wirfung des Leibes annimmt, und da er in fofern wider dasjenige ſireitet ‚was in der ſtahliſchen Lehre eigentlich die Arztneywiſſenſchaft angeht, fo Fann er ſich zugleich für einen völligen Feind diefer mediciniſchen Lehre, und für einen völligen Freund des Influxionismus ausgeben, 3) Weil felbit die Harmoniſten eingeſte⸗ hen, daß ihre Erflärungsart in den natürlichen Bes gebenbeiten und deren Erflärung nichts weiter aͤn⸗ dere; ideen daß man diefe Begebenheiten als Erz ſcheinungen anſehen muͤſſe, ohne ſich in der Natur⸗ lehre um ihren tieſern und eigentlichen Grund zu be⸗ kuͤmmern; wei alſo nicht zuwider find, daß r in der Naturlehre die Begebenheiten, die durch einen reellen Einfluß zu gefchehen icheinen, als folche vor⸗ aus 412 Stahls theoret. Grundfag aus feße, ohne die Sprache zu ändern; fo kann die⸗ fes noch vielmehr von der Xrzeneywiffenfehaft: gelten, und es fann alfo ein Arztneygelehrter ein pſychologi⸗ ſcher Harmoniſt ſeyn, ohne daß er, als ein Arzt, und ſo lange er nicht als ein Phuloſoph von Profeßion ſpricht, dawider ſtreiten ſollte, daß die Wirkungen Leibes und der Seele in einander, fo, mie fie zu ges ſchehen fcheinen, nad) einem reellen Einfluffe gefches ben. . Solchergeftalt fonnen fi) die Harmoniften und Influxionſten in der Arztneywiſſ enſchaft ganz vollkommen vertragen, und wie hieraus erhellet, daß der Unterſchied des idealiſchen und reellen Einfluſſes in der Arztneykunſt keinen erheblichen Unterſchied ma⸗ chen, ſo ſieht man hieraus noch mehr ein, daß dieje— nigen einen blinden Luftſtreich thun, die in der Arzt— neykunſt wider die Stahlianer fechten, in ſofern ſie bloß als Influxioniſten muͤſſen angeſehen werden. 4) Wenn ein Stahlianer den einzigen Irrthum ab⸗ legen wollte, daß der Körper ein unwirkſames, bloß leidendes Weſen wäre; fo würde er mit feiner Mey— nung in der Arztneymiltenfchaft von der Meynung der mechanifchen Aerzte in nichts erheblichem abge= ben; fie und er möchten nun pft ſchologiſche urn ften oder Ipnflurioniften feyn. » Wenn man; nach allen diefen Einfihränfungen manchen Stahlianer fragen follte, ob er es noch im⸗ mer fern wollte, fo Hoffe ich, es wuͤrden viele, we— ” diefes einzigen Saßes, pon der gänslichen Uns ſamkeit des Koͤrpers, gern ſo viel nachgeben, daß verdrießliche Streit nach und nach ganz ausge⸗ rottet werden koͤnnte. Denn nachdem fo viele vor⸗ treffliche Schriften heraus gekommen ſind, worinn die in der Arztneywiſſenſchaft. 413 die Wirkſamkeit des Körpers aufs vortrefflichfte dar⸗ gethan wird; fo fönnte die Heberzeugung nicht ſchwer fallen, die bis dato nicht flatt gefunden hat, meil man vielleicht Faum ſelbſt gewußt hat, mas man als les verleugnen müßte, um ſich des Namens eines mechanifchen Arztneygelehrten würdig zu machen, Ich will diefe fehlechte Seite der ftahlifchen Lehre an- itzo nicht weiter unterfuchen: aber wir wollen die un— fhuldige Seite derſelben noch etwas näher bes frachten. ‚Ein Stahlianer haͤlt alle Bewegungen des Koͤr⸗ pers fuͤr Wirkungen der Seele. Ich habe ſchon oben erwaͤhnet, daß dieſes ein jeder wahrer Harmo⸗ nift ebenfalls hun Fann und ihun muß. Da. aber gleichwohl viele mechanifche Arztneygelehrte hierwider am allermeiſten geftritten haben; fo ift viefes ein Zeugniß, daß fie nicht alle wahre Wolfianer find, Ich will. nicht ausmachen, ob man diefes in der Arzt nenfunft nothwendig feyn müffe. Allein, damit ich die Mittelftraße vecht genau halte, fo will ich auch nicht unberührt laffen, daß man eben nicht Urſache habe, diefe Meynung fo fchlechterdings zu verwerfen. Geſetzt, daß es jemanden unbefannt wäre, ob diefe Meynung gegründer iſt, oder nicht, fo wollen wir zufehen, bey welcher er am beften zurechte kom⸗ men kann. Unſer Leib iſt ſo kuͤnſtlich gebauet, daß auch ſogar ſeine kleinſten Theile nach weiſen Abſichten geordnet ſind, und alles, ſo viel moͤglich, zu ſeiner Erhaltung abzieler. Das heißt: es erfolgen in unfern Körpern ‚alle Bewegungen nach gewiſſen ordentlichen abfichts« ur Gefegen, die der Schöpfer fhon in den Bau Des 414 Stahls theoret. Grundſatz des ganzen Leibes mit eingewebet hat. Wenn ein Stahlianer behauptet, Daß die Seele alle Bewegun⸗ gen des Körpers nach) weifen Abfichten, die fie e fiber nicht einmal weiß, die aber alle zu feiner Erhaltung, abzielen, felbft unternähme: was iſt, in diefem Be— griffe falfches, als das einzige, daß die Beobachtung: diefer Geſetze dem unrechten Manne, der Seele, zu- gefchrieben wird? Geſetzt nun, dieſes wäre in der That ein Irrthum: was iſt dabey wohl für Gefahr: zu fürchten? Kann wohl jemand vernünftig vom: unferm Körper urtheilen, Fann.er ihm wohl in Krank⸗ beiten gründlich und Flug benftehen, wenn er nicht dieſe abfichtsiveife Drönung der Bewegungen: voraus feget, fie mag nun rühren, woher fie will. Viel⸗ leicht ift Diefes der Hauptgrund, warum wir unter den Stahlianern fo große Practicos, einen Stahl ſelbſt, Mead, Junker, u. a. antreffen, die auſ⸗ ſerordentlich gluͤcklich und vernuͤnftig curiren. Viel⸗ leicht iſt es der einzige Grund, warum Aerzte, die in den Theorien unendlich von einander verſchieden zu ſeyn ſcheinen, in der Praxi ſehr leicht vereiniget Be fonnen; und vielleicht haben wir darum fo große Practicos unter den Mechaniften, dergleichen ein Boerhave, Swieten, Werlhof, u.a. find, weil fie. in dev That den Körper nad) einerley allge: meinen Gefegen beurtheilen, und nur in Abſicht des Urhebers dieſer Ordnung, das iſt, in einer Sache von einander abgehen, die ihre Urtheile in nichts merklich veraͤndert. Ein Arzt mag einer Meynung zugethan ſeyn, welcher er will, ſo ſollte er doch alle⸗ mal von des —— von Sellrs en de eg feyns — Der in der Arztneywiſſenſchaft. aı5 Der Menfih, vor deſſen Wort ſich fol. die Erde bücfen, Iſt ein Zufammenhang von Inuter Meifterftücken ; In ihm vereinet fich der Körper Kunſt und Pracht: Kein Glied iſt, das ihm nicht zum Herrn der * | pfung mache. Wie flein würde alsdenn nicht der Unterfchied der Theorien werden. Wie leicht fönnte der dem Stahlianer nachgeben, daß nicht =: ber Gaft, der in den Nerven fließer, Und in das Zleifch Kraft und Empfindung gießet; fondern daß, an deffen Statt, die Seele jedes Fass chen nach) Abfichten bewege, da doch den Bewegun« gen des Mervenfaftes alle diejenigen heilfame Gefege, durch die. ganze Structur des Körpers, vorgefchrie- ben find, welche die Stahlianer der Seele zufchreiben, Diefe Betrachtung hätte mich faft überredet, daß ich. allen denen, die in der Praxi, ohne fich den Kopf viel zu zerbrechen, vernünftig wollen verfahren lernen, die ftahlifche Sehre ohne Bedenken angerathen hätte, dieweil ſie die wahre Beſchaffenheit der Sache in ei⸗ nem Bilde lehret, oder in einem; Gleichniſſe vorſtel⸗ let, das faſt allen Menſchen natuͤrlich iſt, fuͤr wahr zu halten, und wobey man nur wenig irren kann. Es iſt wahr, daß die Stahlianer, bloß durch ihre Meynung, zuweilen i in der Praxi auf Irrthuͤmer fal⸗ len koͤnnen. Sie koͤnnen zuweilen, um der Natur in einer gewiſſen Abſicht zu Huͤlſe zu kommen, groſ⸗ ſes Unheil anrichten: allen. dieſes äft in der That nur, noch ein bloßer Mangel, in. der ſtahliſchen Theorie, der ga mit. der Zeit noch gehoben werden Ya adh 416 Stahls theoret. Grundſatz Hat nicht Stahl ſelbſt fchon genug an dieſer Vollen⸗ dung feiner Theorie gearbeitet? Wie hat er'niche in Biebern die Abfichten der Natur heraus zu "bringen gefucher, daß fie ſich auf die Erfcheinungen. richtig paſſen. Geſetzt, Stahl hätte feine Meynung nie fie eine ernfthafte Theorie ausgegeben; gefest, er hätte fie nur als ein Mittel vorgefchlagen, welches, wenn es durch Mühe und Beobachtung erſt recht zu Stande gebracht worden ware, einen Arzt in den Stand gefeget Haben würde; alle Vorfälle in Kranf- heiten und die Negeln feines Verhaltens beynahe auf eine bloß mechaniſche Art aus den Erfcheinungen zu beurtheilen und herzuleiten: würde nicht jeder: man geftehen müffen, daß diefes die allerſchoͤnſte Erfindung und daß es dem Publico, das immer viel Aerzte brauchet, obgleich nicht viel Menfchen die da⸗ zu gehörige Fäbigfeit haben, es zu werden, die nuͤtz⸗ lichfte von der Welt wäre, Denn nach der vielen Gelegenheit, die ich gehabt babe, die ftahlifche Art zu denfen zu erfahren, bin ich gewiß verfichert, wenn fie zu ihrer Bollfommenheit gebracht würde, daß fie nichts anders, als ein adäquates Sinnbild der mes’ chaniſchen Theorie feyn würde. —— Inzwiſchen aber kann doch denen, die in der Leib⸗ nitziſchen Erklaͤrungsart der Gemeinſchaft Leibes und der Seele wohl unterrichtet ſind, hierbey einfallen, daß ein Stahlianer, auch auf ſeiner beſten Seite, nämlich nah dem Grundſatze betrachtet, daß alle Bewegungen des Körpers Wirkungen der Seele find, dennoch. zugleich einen ſchaͤdlichen Irrthum hegete, indem er die Mitwirkung des Körpers bey den Be⸗ megungen ausfchließt,. und nur einen einzigen zurei⸗ u chenden in der Arztneywiſſenſchaft. 417 chenden Grund derfelben in der Seele annimmt. Ob nun gleich ein Stahlianer in der That feine Bewe— gung des Körpers zugleich von der eigenen bewegen⸗ den Kraft des Körpers hetleitet: fo muß man doch dagegen auch bedenken, daß er diefen Irrthum auf eine folhe Art vermittelt, die ihn ganz unerheblich macht. Das ift, er weber die Seele dergeftalt in den Körper ein, daß er fie zugleich für die bewegende Kraft jedes einzelnen Theiles des Körpers hält. Die Bewegung des Magens hat, nad) Seibnigens Erflä- rungsart, ‚ihren binreichenden Grund, eritlich in der. Seele, hernach aud) in der Structur und beivegen« den Kraft des Magens. Nach ger ftahlifchen Theo— tie, bat fie ihren Grund erjtlich überhaupt in der Seele, in fo fern fie den ganzen Körper belebet, ohne welches fih der Magen nicht würde bewegen koͤnnen. Hernach auch in der befondern Kraft der Seele, wo⸗ mit fie den Magen beweget, welches ein befonderes Vermögen ift, Das man von dem, das Herz zu bes wegen , unterfcheidet, und welches alfo vollkommen die Stelle der beiwvegenden-Kraft des Magens im Körper vertreten Fann. Daher fprechen die Stah— lianer fo viel von der eingefleifchten Seele (anima incarnata) um anzudeuten, daß fie die bewegende Kraft aller einzelnen Theile und Glieder des menfch- lichen Körpers vorftellen foll. Solchergeftalt koͤmmt ihre Meynung, da fie den Einfluß der Seele in den Körper behaupten, der leibnigifchen in der That. näs ber, und flimme mic der wahren Erflärungsart beſ— ſer überein, als der einfeitige Synflurionifmus, wos durch die bewegende Kraft nicht fo tief in den Koͤr— per eingefleifchee wird, Daß man fie ohne Scha= 10 Dand, D>d den as Stahl theoret. Grundfag den für eine Eigenſchaft des Koͤrpers ſelbſt anſehen koͤnnte. Mit dem allem nun will ich doch nicht Geha Daß es dienlich wäre, die ftahlifche Theorie weiter fortzupflanzen, Denn ob id) gleich dafür halte, daß fie, in fo fern fie alle Bewegungen des Körpers für Wirfungen der Seele erflärer, aud) felbft mit. der leibnitziſchen Erklaͤrungsart ziemlich genau uͤberein komme, und ein ſchoͤnes Sinnbild der wahren Deco- nomie der Bewegungen in einem tbierifchen Körpet genennet zu werden verdiene; fo ift fie doch felbft in diefer Abficht noch nicht fo weit ausgearbeitet worden, daß fie Anfänger, vor der Gefahr zu irren, fchügen koͤnnte, und was das vornehmfte ift, fo if der da: mit verfnüpfte andere Grundfag , daß der Körper ein bloß -leidendes Ding ſey, ein fchwarzes Merk: maal derfelben, und man muß ihn von Rechts * mit der Warnung zeichnen: Hic niger eſt; hunc tu, Romane caueto, Diefer Sag verleitet die jungen Aerzte, den Leib als einen rohen Klumpen zu betrachten, welchen kennen zu lernen fic)s nicht der Mühe verlohnete. Er macht den Arzt nachläßig, Die Fehler der Structur ben Krankheiten zu unterfuchen , und überhäufet die Arzt neywiſſenſchaft mit Krankheiten, die Feine materiellen Urfachen haben ſollen, damit die Aerzte einen guten Borwand haben mögen, fie nicht euriren zu koͤnnen. Ich brauche diefes nicht zu beweiſen; die gelehrteſten Beſtreiter der- ftahlifchen Theorie haben es auf eine unverbefferliche Art dargethan. Sch will an deflen ſtatt alles, was ich in r dieſen Blattern vorgetragen, habe, in der Arzeneymwiffenfchaft. 419 habe, , Furz zufammen ziehen, damit es die Leſer mit einem Blicke uͤberſehen koͤnnen. | Sch behaupte demnach in gegenmärtigem Auffage folgende Süße: 1. Es iſt fein Irrthum, fondern eine wahre, und felbft vom Leibniz angenommene $ehre, Daß die Seele in ihren Körper wirfe, und man beftreitet alfo bierinn die Lehre des Herrn Hofrath Stahls vergeblich. "2, Die Streitfrage beſteht bloß darinn, auf wel: che Weife die Seele viefes verrihte ? und Stahl er- klaͤret diefes überhaupt nach dem Influxioniſmus. “3. Diefe Erflärungsart hat in die Arzineywiffen- fhaft wenig Einfluß, und verändert nichts in der Erklärung der natürlichen und widernatürlichen Be: wegungen, fo weit fi) ein Arzt darein einlaffen darf. 4. Bielmehr würde die ftahlifhe Theorie, von diefer Seite betrachtet, wenn fie völlig ausgearbeiter wäre, ein adäquates Sinnbild der mechanifchen und der wahren Theorie des menfchlichen Körpers fern, 5. Anderer feits aber leugnet Stahl alle Thätig- feit des Körpers, und in fo fern haf feine Mennung einen großen Einfluß in die Arztnenfunft, 6. Von diefer Seite allein Fann und muß fie von Rechts wegen von den Aerzten beftritten werden. Weil es nicht allein wider die beffere Aufnahme der theoretifchen Arzenenfunft ein mächtiges Hinder- niß iſt; fondern auch in der Prari unendlich vielen Verdruß anrichter, wenn die Arztnengelehrren in zwo fo fehr von einander verfchiedene und noch mehr wider einander ‚eingenommene Secten getheilee find; fo iſt es eine in der Arztneykunſt hoͤchſt wichtige Sad, die wahre Streitfrage aufs allergenauefte zu beftims Dd 2 men, 420 Gtahlg theoret. Grundſatz men, damit die Streitigkeiten, die leider noch täglich fortgehen, doch einmal ein Ende nehmen möchten, Um diefes zu unternehmen, bin ich noch befonders durch meinen eigenen Irrthum verleitet worden, da jedermann, wer meine Gedanfen vom Einfluffe der Seele in ihren Körper gelefen hat, einfehen wird, daß überall eine Verwirrung des Streits und eine unbeflimmte Streitfrage herrſche. Ich will mic), diefes Fehlers wegen, nur allein nennen; und’ über- laffe es denen, fo daran gelegen ift, zu unterfuchen, ob ich der einzige geweſen fen, der den Satz, daß die Seele in ihrem Körper wirfe, bemwiefen hat, weil er in den Gedanken geftanden, daß diefes die Leibnitzia— ner leugnen, Nachdem ich alles genauer unterſuchet, und die Örundfäge der Hauptwiſſenſchaft näher habe einfehen lernen, fo Fann ich mich nunmehro mit beffe: rer Zuverfiche dem Urtheile folcher Leſer unterwerfen, denen bas leibnigifche und ftablifche Syftem vom Ein- fluffe der Seele in ihren Körper bekannt iſt. Ich habe, meines Erachtens, den Herren $eibnißianern nichts beygemeſſen, das fie nicht in der That entwe- der behaupten, oder doch vermöge der leibnißifchen. Grundfäße vollfommen behaupten fünnen, und ic) bin bereit, wenn es verlanget würde, die nöthigen Zeugniffe hiervon anzuführen. Was die ftahlifche Lehre beeriffe, fo follte ich diefelbe wohl von Rechts wegen verftehen, Da ich darinn ausführlich unterrich⸗ tet worden bin. Ich habe fie bier nicht. widerleger, aud) nicht vertheidiget. Als ein Arzt brauche ich nicht zu erklären, ob ich die vorher beftimmte Har⸗ monie, den Decafionalifmus, oder den Influxionis— mus für wahr halte. Hingegen denjenigen Puncr, welcher in der Arztneywiſſenſchaft. 421 welcher Die eigentliche medicinifche Streitfrage in der ftahlifchen Theorie ift, Habe ich fo genau beftimmt, und auf eine folche Art vorgeftellee, daß ich nicht glaube, daß ſich jemand aus meinem Vortrage ver— führen laffen wird, ein threoretifcher Stahlianer zu werden. Lind vielleicht ift gar nichts weiter nöthig, als daß man jedermann überführe, daß dieſer Satz ‚von der Unthätigfeit des Körpers , eigentlich nur ‚allein der medicinifche theoretifche Stahlianifmus fen, um nachdenfende Geifter abzuſchrecken, ſich Fünftig zu Diefer Schule zu befennen, Der practifche Stahlianifmus, welcher hauptfächs lich in der Meynung beftehr, daß alle, oder doc) die meiften Krankheiten gemeiniglic) bloß von der Voll: blütigfeie ihren Urfprung nehmen, ift von einer noch viel größern Wichtigkeit in der Arzenenfunft, und vielleicht entfchließe ich mich, bey anderer Gelegenheit meine Öedanfen auf eben die Art darüber zu eröffnen, wenn ich fehe, daß vernünftige Aerzte diefen Aufjag geneigt aufnehmen follten, ‚422 Unterfuchung, wenn der franz. Hof WER FF FT FF FF MR ON Ueberfeßung einer Abhandlung aus dem Journal Helvetique, May 1741, 426 ©, Ueber die befondere Frage: | Um weiche Zeit der franzoͤſiſche Hof aufgehoret hat, deutſch zu feyn. N ch beſprach mich einftmals mit. einem franzoͤ⸗ u & ) ff hen Mönche, der aus dem Klofter ges 9 fprungen und nach der Schweiz geflüchtet war, über vie Hiftorie von Frankreich. Wir hatten von Dingen gefprochen, die bier zu mei- nem Vorhaben nicht dienen, als. mir von ungefähr, id) weiß nicht bey welcher Gelegenheit, die Worte entfielen, daß die Könige in Frankreich lange Zeit Deutfche geweſen wären. Darüber fieng mein lieber Herr, ver ein Bruder aus der Kirche, und fehr un- wiſſend in der Hiftorie feines Baterlandes war, hefz tig an zu fehreyen, als wenn ich die größte Schmä- hung wider feine‘ Könige ausgeftoßen hätte, indem ich geſaget Batte, fie wären Deurfche geweſen. Dieſe feltfame Hiße geficl mir heimlich wohl, und ich lachte herzlich über die Unwiſſenheit und Einfalt dieſes Moͤnches. Indeſſen gerieth ich durch dieſe Unter» redung auf das Vorhaben, zu unterſuchen, um jr e 2. gufgehöret hat, deutſch zu ſeyn. 423 che Zeit der franzöfifche Hof aufgehörer habe, deutſch zu feyn. Ich weiß nicht, ob die franzoſiſchen Ge: fehichrfchreiber dieſen Punct ihrer Hiftorie in einiges Licht gefeger haben. Daich die Hiftoriedes P. Daniel nicht bey der Hand habe, welcher, mie man ſaget, alles geſammlet hat, fo kann ich nichts davon fagen, Allein, fie mögen es gethan haben oder nicht, fo ſchmeichle mir, daß die Sefer des Sournals Helve- _ tique Die Unterſuchung die ich ihnen mittheilen will, nicht Koarnser aufnehmen werden. i Alle, die fi nur einigermaßen in der alten Ge: fehichte umgefehen haben, millen, daß die Sranfen, welche fich im fünften Jahrhunderte eines guten Theils von Gallien bemächtigten, ein niederdeurfches Volk, oder vielmehr eine Menge deutfcher Stämme oder Fleiner Bölfer waren, welche der Laͤnge bin an den Küften des deutſchen Weltmeeres zwifchen der Elbe und dem Rheine wohneten. - Nachdem fie ſich von- dem römifchen Joche befreyet hatten, traten fie vom dritten Jahrhunderte an, unter dem gemeinfchaftlis chen Namen der Sranfen, in ein Bündniß zufams men, wodurch ſie zu erkennen geben wollten, daß ſie entfchloffen wären, als ein frank und freyes Volk: zu leben, und ihre Freyheit bis in den Tod zu bes, baupten, und zuvertbeidigen; faſt eben wie fich heut zu Tage die 13 Cantons und ihre Eidgenoſſen, unter ‚dem gemeinfchaftlichen Namen der Schweizer verei⸗ niget haben. Dieſes bezeugen die. Franken ſelbſt in- der Borrede ihres alten Gefeges, welches unter dem, Namen des Saliſchen Gefeges auf uns gekommen iſt. Haec eft enim Gens, fagen ſie, quae fortis dp eſſet⸗ et. robore valida Romanorum iugum Dda4 duriſſi- # 4 Unterſuchung, wenn der franz. Hof duriſſimum de fuis ceruicibus excuflit pugnando. Diefe Bölfer begnügeren fich nicht damit, das roͤmi— fhe Joch abgefchüttele zu haben ‚ fie machten ſich auch die Schwäche des Kaifers Honorius und feiner Nachfolger zu Mugen, und, nachdem fie verfchiedes ne vergebliche Angriffe gewaget hatten, geriethen fie über Gallien, bemächtigten fich gegen das Jahr 418 nach und nach) der mitternächtigen Provinzen, und brachten es fo weit, daß fie noch vor dem Ende des» felben Jahrhunderts die Nömer daraus verjagten, dem Lande ihren Namen gaben, und eine Monarchie Dafelbft errichteten , welche nun bey nahe feit 1300. Jahren bis auf den heutigen Tag beftanden ift. Ich will bier nicht die Frage unterfuchen,, welche die fran« zöfifchen Gefehichtfchreiber in zween Haufen theiler, ob Pharamund oder Elodio mit den langen Haaren ihr erfter König gewefen fen; fo viel ift gewiß, Daß Elodio der erfte fränfifche König, der um das Jahr 440 Dießfeit des Rheins regieret hat, geweſen ift. Allein, da diefes nichts zu meiner Abficht Diener, fo will ic) mid) nicht dabey aufbalten. Das, was ich zeigen will, ift, daß, da die Franken ein deurfches Volk gewefen, fie ihre Sprache mit zu ih» ren neuen Unterthanen brachten, und daß alfo der franzöfifche Hof unter den Königen vom erften Ges ſchlechte, welche die merovingifchen heißen, von Merovaus, dem Vater Childerichs des erften, der der Großvater Clovis des erften, und der Nachfol⸗ ger des Clodio war, deutſche gemwefen feyn. Diefes Haus befaß den franzöfifchen Thron 300 Fahre, oder doc) ungefähr fo lange, und hörte mit der Perfon Childerichs des dritten auf, welcher um Pipino dem Kurzen, aufgehöret hat, deutſch zu ſeyn. 425 Kurzen, der ein Sohn Caroli Martelli und der Stammvater der Könige vom 2ten Gefchlechte mar, Platz zu machen, im Jahre 752 in ein Clofter ges ftecfee wurde. Um diefe Zeit war die deutfche Sprache fehr rauh und ungeſchickt, und hatte vornehmlich einen großen Ueberfluß an Buchſtaben, die mit einem Hauch aus» gefprochen werden müßten. Sie hatte unter andern auch, nach dem Beyſpiele der Hebräaer, Araber und Griechen, die Afpiratam Th, deren Klang den ans dern Nationen unbefanne ift; aber fie harfic) feit vielen Kahrhunderten daraus verloren, und fich nur noch bey den Engländern erhalten, melche ebenfalls von andern niederdeutfchen Völkern, den Angeln und Sachſen, berftammen. Ich Fönnte diefen Umſtand durch verfchiedene Erempel ermweifen : allein, dieß wuͤrde mich von meinem Vorhaben zu weit abführen. Die alten Deutfchen , die Franken wie die andern, bedienten jich der Afpiraionen fehr gerne. Sie feß- gen fie im Anfange der Woͤrter vor die Buchftaben L und R, und bezeichneten fie entweder mit einem Ch, oder mit einem ſchlechten H, wie man aus einigen Mamen diefer Könige fieht, Alſo ift Elovis, oder EhHlodoväus durd) eine Berderbung aus Chlotoweech, welches trefflicher Wars oder Krieger bedeutet: diefes lehret uns Helmoldus Nigellus, ein fächfifcher Poet des neunten Jahrhunderts, der lateinifch ges - ſchrieben hat: Nempe fonat HLVTO praeclarum , Weech quoque Mars eſt, Unde fuum nomen compofuifle Be Dd5 Man 426 Unterfuchung, wenn der franz Hof Man wuͤrde heut zu Tage ſprechen und fehreiben-Lut - oder Laut-Weechh Diefes erflaret uns, Damit ich es doc) im Vorbeygehen mit anführe, die wahre Be— deutung des NBortes Meroväus, Meroweech , wel: ches fo viel ſagen will, als Meerheld und nicht Meerkalb, wie Mezerai nebft andern Scribenten in feinem Abrege Chronologique auf eine lächerliche Weiſe vorgiebt. Childerich ift Helderich, mächti- ger Held; Chlothilde, das ift, Lothe hilde treffli⸗ che Fraͤulein. Ich will dieſes noch hinzu — ‚ daß die Frans A ‚ als fie aus Niederdeurfchland auszogen ‚Die Sprache ihres Landes mit nach Gallien brachten, welche damals von der hochdeutſchen unterſchieden war, ſo wie ſie es heut zu Tage noch iſt. Denn Tacitus berichtet uns in der Beſchreibung, Die er uns von dem alten Deutfchlande hinterlaffen hat, daß man dreyerlen Sprachen: darinnen redete. Der Uns rerfchied des Nieder: und Hochdeutſchen befteht unter andern darinn, daß jener am Ende der Worte P fes Get, wo der andere F ſetzet, z. &, helpen, hopen, loopen; fürbeifen, boffen, laufen, ꝛc. Alſo wäre CHilperich heut zu Tage huͤlfreich. Dieſes hat Venantius Fortunatus, ein Poet des fechiten Jahr⸗ hunderts, durch diefe beyden Verſe ausgedrücker: * Chilperice, potens (fi interpres barbarus extet) Adiutor, fortis tu quoque nomen habes. Ein anderer Unterſchied iſt, Daß Die Niederbeuſchen oder V ie * wo die Ak aka B —* * Poem. — *⸗ di - wer - auıfgehöret hat, deutſch zu ſeyn. 427 als Staf, Schryven; an ftatt Stab, ſchreiben: und T wo ff oder 5 vorfommen,, als lateit, faten, tuſſchen; an ſtatt laſſen, faſſen, wiſchen x Man fieht Beyfpiele von diefer Art in dem Salifchen Gefege, einem Werfe der alten Franken, als Stava, das heiße, ein Pfahl, wovon das alte franzöfifche Wort Eftave, Tertuflum , welches 311 Aaus erzo⸗ gen bedeute, herſtammet, Ter tu hus,-fürder zu Haus. Ich glaube, daß man hierher einige franzofle ſche Wörter ziehen müffe, die vom Miederdeutfchen berfommen, als frelater, varlope, Lot, Arnotte &c. Die Könige vom zten Gefchlechte, die man die Garolinger nennet, von Carln dem Großen, dem zweyten und berühmteften unter allen , find aud) Deutfche gewefen. Diefes iſt außer allem Streit. Dieß Gefchleche befaß den Thron von Franfreic) unter 11 Königen vom Jahre 752 an bis 987, wel— ches eine Zeit von 235 Jahren ausmacht, Diefe Prinzen waren Pipinus, Carl der Große, Lud— wig der Fromme, Earl der zweyte, genannt der KRable, Ludwig der ziweyte, mit dem Beynamen der Stammler, Ludwig der dritte, und feine Brüder, Eselmann und Carl der dritte, benannt der Einfälcige, 2 udwig der vierte, genannt Ul— tramarinus, Lotharius und Ludwig der fünfte, der Teäge,. welcher 987 ohne Kinder farb, In allem ız Könige und g Glieder. Allein, man muß merfen, daß, da die Sprade .. der Könige vom eriten Gefchlechte, das Niederdeut— fehe geivefen ift, fo war die Sprache der Könige vonr zweyten Gefchlechte das Hochdeurfche ; weil fie ihrem Urfprung aus Schwaben berleiteten, welches ein, Theil 428 Unterfuchung, wenn der fang, Hof Theil von Hochdeutſchland iſt, ſo brachten ſie die Sprache ihrer Provinz mit nady Sranfreich und an den Hof. Ich ermeife diefes aus verfchiedenen Schrif: ten, die uns noch von diefer Zeit übrig find. Die. hochdeutſche Sprache wurde damals Frenckifga Zungen genennet, das ift, die fränfifche oder franzöfifhe Sprache, wie diefes aus der Er— Elärung der Evangelien, welche Otfrid, ein weißen: burgifcher Mönch, in deutfchen Verſen abfaffete, der im neunten Jahrhundert lebte, und fein Werk Lud⸗ wig dem erften deutſchen Koͤnige, dem Sohne Lud⸗ wigs des Frommen zueignete. Er ſpricht im 1 Buche im ı Cap. alfo: Nu will ih feriban — heil Evangeliono deil So wir nu hiar bigunnun In Frenkilga Zungun: Thaz fie ni wefen eino Thez felben adeilo: Ni man in iro gizungi Chriftus lob fungi. | Das heißt von Wort zu Wort: „Nun mill ich „fthreiben unfer Heil einen Theil des Evangelüi, wels „ches wir ist in fränfifcher Sprache anfangen; da— „mit niemand fey, der nicht daran Theil habe; denn „niemand hat bisher gefungen vom Lobe Chrifti in - „diefer Sprache,, Man fieht wohl, was er unter der fränfifchen Sprache verfteht. | 2. Daher rühret auch die Gewohnheit der Hoch— deutſchen, die die Sprache ihrer Väter, fo wie man fie vor vielen hundert — redete, ordentlich alt— —— nennen. 3. Carl aufgehoͤret hat, deutfch zu feytt. 429 3. Carl der Broße, der zweyte und größte KRö« nig von diefem Gefchlechte , ‚ließ ſich es angelegen, fenn , feine Murterfprache auszupußen, wie ung Eginhard , fein Secretair, der einen Eleinen Ent: wurf von feinem $eben machte, anzeiget. Diefer Prinz gab fich fo gar die Mühe, eine Grammatif auszuarbeiten, um ihren Gebrauch dadurch deſto ficherer zu machen, indem er fie an gewiſſe Regeln bände, Er fammelte die alten Lieder, die in den verwichnen Jahrhunderten waren gemacht worden, um das Andenfen der Könige, feiner Borfahren, zu erhalten, und lernte fie auswendig. Endlich bereis cherte er feine Sprache mit verfchiedenen neuen Wor: ten, indem er den 12 Monaten des Jahres, und den 12 Hauptwinden Namen gab, Ich will bier nur die Nomen der Monate berfegen, wie fie Eginhard an- führer. Fünfe davon find noch ißo bey den Deur- ſchen üblich. Die andern, deren Benennungen fich geändert haben, find mit einem Sterngen bezeichnet. Januar, Winterimonat * (T) Februar, Hornung März, Lenzmonat * April, Oftermonat * Man, Wunnemonat * Sun, Brachmonat. Sul, Heumonat. Auguft, Arnmonat * (?) September, Herbftmonat,, October, Weinmonat, November, Windmonat December, Heiligmonat. * | Man (1) Dan hat num diefen Namen dem November ges geben. (2) Erndtmonat. re 436 Unter ſuchung, wenn der franz. Hof Man ficht aus diefem Mufter, was Cart der Größe, der 814 ftarb, für eine Mutterſprache hatte. Wer dieſe Sprache etwas genauer will kennen, und ihre Verwandtſchaft mit der heutigen hochdeut fhen. einfeben lernen, bat hiervon. ein anderes Mus fter am Ge beth des Harn, welches aus einem ans dern Werke des Otfrids genommen iſt. Vater unfer du in himilebift. Thin namo VVer- de ‚geheiligot. Thin riche chome. : Thin wille giske he en erda fone ımennilgen, alfo in himele fone, den Engilen. Unfir. dagalich brot gib \uns huitu. Unde unſere feulde bilaz uns allo — fir⸗ lazen unſeren ſculdenaren. Unde in thia chor unga ne leitift du unfih, funtir -irlofe unfilı fone demo ubile. So war die Sprache des framdfiſchen Hofes im neunten Jahrhunderte beſchaffen. Dieß war die Mutterſprache Carls des Großen, und auch ſeiner Nachkoͤmmlinae. Im Jahre 883 ſchlug Ludwig der Dritte, der Sohn Ludwig des Stammlers, Die Normänner, und bieb ihre Armee in die Pfanne, bey einem Orte der Scaldrich heißt , und an den Ufern der Seine nicht weit von ihrem Ausfluſſe in Die See liegt. Ben diefer Gelegenheit machte ein Hofpoete eine Dde zu feinen Ehren in deurfcher Spra⸗ che. Der Poet befchreibt varinn die Tapferfeit des Prinzen mit den Worten , die ich gleich anführen will, und die ich von Wort zu Wort lateinifch übers ſetzt beyfügen will, für die, denen es etwa ſchwer fallen möchte, fie zu verftehen. Sang aufgehoͤret hat, deutſch zu ſeyn. 431 Sang was giſungen Wig'was bigunnen Bluot fkein in Wangon Spilodunder Vrankon That ( ) raht thegeno (%) ner: getik; 7 Nihein Sofo Hludwig: Sael indi Kuoni. her T'has-was imo: gekunfi » Suman.(3)thuruch Sluog her Suman thuruch (4) Stah her, Her (5) ſkankta ceihanton Sinan (6 ) fianton. | Bitteres lides *, Canticum fuit cantatum Praelium fuit inceptum Sanguis apparuit in genis Exultantium Exancorum Tunc vltus et miles ſtatim Nullus (tamen) ficut Lu- | douieus Promtus et audax Illud erat ei congenitum Aliquos pereuſſit ille Aliquos perfodit ille Propinauit fubito, (proprie ad manus) Suis hoftibus Amarum potum. Man fiehe bier, damit ich es kuͤrzlich berühre, ein Benfpiel diefer hiſtoriſchen Lieder der alten deut— fehen Poeten , von denen ich geredet habe, Nun⸗ mehro koͤmmt es darauf an, daß wir ſehen, zu welcher Zeit, wie, und bey welcher Gelegen⸗ beit die deutſche Sprache aufgehöret baf, an dem franzöfifchen Hofe üblich zu feyn. Um diefe. Sache in einiges Sicht zu feßen, bin ich gezwungen, die Sa⸗ che etwas weiter herzubolen, und bey diefer Abhand— lung eine allgemeine PER zum Örunde zu feßen, | welche (1) Itzo ſaget man: Raͤchete. (2) Heutzut. Gleich. (3) Durchfchlug. (4) Durchflach. (65) Schenfte ein. (6) Feinden. *Man ſieht biefe Ode gang im II 2), von. Na deutſchen Alterthuͤmern. DER? 432 Unterfuchung, wenn derfrang. Hof welche von dem hergenommen ift, was fi) in verz fhiedenen Ländern zugetragen hat; nämlich daß die Eroberer ihre Sprache in einem eroberten Lande niche einführen fönnen, alfo, Daß fie dafelbft allgemein und nafürlich würde, es wäre denn durch eines der bier folgenden Mittel: 1. Daß fie den größten Theil der Einwohner austrieben. 2: Daß fie eben fogroße und noch zahlreichere Colonien , als die alten Einwoh— ner waren, dahin feßen; 3. und daß fie endlich über- ein ſolches Sand viele hundert Jahre unumfchränft und auf eine folche Weife regieren, daß ihre Unter- thanen in ihrem Staate nicht rubig leben koͤnnen, wenn fie nicht die Sprache ihres Oberherrn verftehen. Wir wollen diefe Regeln auf verfchiedene ‘Begeben- heiten, die fich uns in der Hiſtorie zeigen, anwen- den. Die Angelfachfen, die Großbritannien im fünften Sgahrhunderte mit Gewalt an fich riſſen, führes ten Dafelbft ihre Sprache ein, weil fie diefes Sand mit ihren Colonien anfülleren, ‚nachdem fie die alten: Einwohner daraus vertrieben oder verjaget hatten: allein, fie haben fie indem Lande Wallis nicht einfüh- renfönnen, ob fie gleich fchon bey 500 Jahren Herren davon find, weil fie die alten Einwohner nicht aus ihrem Siße bringen fonnten. Die Araber, die fich im achten Jahrhundert Spaniens bemächtigten, ba: ben ihre Sprache dafelbft eingeführer, alfo, daß die fpanifche Sprache heut zu Tage eine Menge Wörter bat, die aus dem Arabifchen berfommen; aflein, da ihre Anzahl noch zu gering in Anfehung der Spanier war, fo Fonnte fih ihre Sprache dafelbft nicht fo feft fegen, daß fie allgemein und fo zu fagen national worden wäre: fie erftarb mit ihrer Regierung, Bor Den aufachsret hat, deutfeh zu ſeyn. 433 den Arabern batten fich verfchiedene deutſche Völker ‚als die Schwaben, Alanen, Bandalen und die Vifi- gothen zu Herren über Spanien aufgeworfen; aber da ihre Herrfchaft nicht über 300 .ahre dafelbft ge- dauret hatte, fo gieng ihre Sprache mit ihrer Mache zu Grunde, Eben diefes wiederfuhr den Gothen und Longobarden, die hinter einander in Italien ves gieret haben, deren Regierungen aber viel zu kurz waren, als daß fie ihre Sprache da hätten einführen fonnen, Die Normaͤnner, Bölker die aus Dä- nemarf und aus Norwegen Famen, feßten ſich im Jahre g12 in der Provinz, die noch ihren Namen führer, feft, vermöge eines Tractars, den fie Carln dem Einfaltigen abzwangen , aber fie fonten eben fo wenig ihre Sprache dafelbft einführen , weil fie in viel geringerer Anzahl waren, als die alten Einwoh— ner Sie ift im dritten oder vierten Gliede erlos fhen *. Nur die Römer find es, die ihre Spras che in verfihiedenen eroberten Sändern in Europa ein- führeten, als in Tofcana und dem übrigen obern Theile Italiens, in Gallien und Spanien; allein, man fieht die Urfache bievon leicht ein. 1. ihre Herr ſchaft war langwierig, und damit ih nur allein von Öallien fpreche, fie haben es bey 500 Jahren befef fen. 2. Sie haben eine große Menge mächtige und anfebnliche Colonien dahin geſchicket. 3. Ihre Herr: "34 ſchaft * Zum Beweiſe dienet, dag Wilhelm I. der Erobe— rer genannt, fechiter Herzog der Normandie, der fich Englands 1066 bemächtigte, den Engländern franzöfifch abgefaßte Gefeße gab, und verlangte, alles folte bey Hofe und vor Gerichten in diefer Sprache verrichtet werben, unſtreitig in ber Ab: ſicht, fie einzuführen, 10 Dand '&s " 434 Unterſuchung / wenn der franz. Hof ſchaft war allezeit unumſchraͤnkt und furchtbar; und man konnte weder zu Ruhe noch zu Ehren, noch zu einiger Bedienung fommen, menn man nicht Latei⸗ nifch konnte. 4. Sie brachten allerhand Künfte und Wiffenfchaften dahin, die in Gallien entweder ganz und gar unbefannt, oder: doch nicht fonderlich- hoch getrieben worden waren, und durch diefe Künfte und Wiſſenſchaften verfchafferen fie ihrer Sprache einen feften Sig, weil fie die Sprache der Gelehrten und alfer derer wurde, die über den gemeinen: Haufen er: hoben waren. Alle diefe Lmftände zufammen ges nommen, machten, daß zu Ende des vierten Jahr⸗ Hunderts die lateinische Sprache nad) und nach in Gallien allgemein wurde, und das Celtiſche, welches die Sprache des Landes war, hörte ganz und gar auf *. Wir wollen nun diefe Betrachtungen auf, unfer Borhaben ziehen : dadurch werden wir Die Urfache ent» decken, warum Frankreich nicht deutſch ift, und fo gar wenn, wie und warum die deutſche Sprache aufges böret hat, an dem franzöfifchen Hofe üblich zu ſeyn. Unter den Galliern verhielt fi) die Sache in An- fehung der Sprache alfo, wie ich erſt angemerfet habe, ‚als die Franfen in ihre mitternächtlichen Provinzen eindrangen,. und als die Gothen auf ver andern Seite IR | von *Man muß Niederbretagne ausnehmen, mo dieſe Sprache geblieben iſt. Dieſes hat ſeine beſondere Urſache, die Haufen der Britten oder alten Ein— wohner von Großbritannien, die von den Sachſen ſo gequaͤlet oder verjaget wurden, daß ſie 458 uͤber das Meer giengen und mit Erlaubniß der Roͤmer ſich an dieſer Provinz weſtlichen und nordlichen Kü- ſten ſetzeten, wo ihre Nachkommenſchaft noch dauert, daher iſt ihre Sprache dem Walliſchen ſehr aͤhnlich. _ > aufgehöret bat, deutfch zu ſeyn. 435 von Italien herfamen, und ſich der Provinzen gegen Mittag bemächtigren. Da die legten durch die Koͤ— nige von Frankreich) aus dem erften Gefchlechte bald wieder verjaget wurden, fo hatten fie nicht Zeit, ihre Sprache dafelbft einzuführen. Mit den Franken ‚verhält es fich anders. Diefe regierten dafelbft bey 450 Sabre. Wir wollen dahero unterfuchen, wie es gefchehen Eonnte, daß ihre Spache nicht auf be» ftändig da eingejühret wurde ? u. Sind die Franken niemals zahlreich genug in . Sranfreich geweſen, daß fie ihr erobertes fand hätten anfüllen oder nur zu gleichen Theilen mit. den alten Ein- wehnern hatten theilen Fonnen; alfo, daß fie ſich nach einer Zeit von 3 bis 400 Jahren, mit ihnen ver- mengeten, und ihre Sprache annahmen. 2. Man feße noch) diefes hinzu, Daß, da fie in den eriten Zeiten die einzigen waren, Die in den häufigen innerlichen und auswärtigen Kriegen gebrauchet wur» den, ihrer nad) Proportion, auch mehr umkamen, als „der alten Einwohner, In den Provinzen, die am weiteften gegen Mitternacht lieg&h, wo ſie wahrſchein⸗ licher Weiſe zahlreicher waren, und wo ſich deuſche Colonien fanden, die ſich ſchon ſeit der Roͤmer Zeit da feſt geſetzet hatten, bat ſich die niederdeutſche Spra« che bis ißo fortgepflanzet; Doch alfo, Daß fie die Spra— che der alten Einwohner, die ſich unter dem Namen der Walloner oder alten Gallier erhalten haben, nicht ausrotten Fonnten. Durch Diefen Namen haben fie fih immer von ihren Ueberwindern unterfchieden. Daber ſieht man noch) heut zu Tage in den Nieder—⸗ landen die Wallonen mit den Flandern vermiſchet; Durch die Sprache aber von ihnen unterfihieden, wel⸗ ches ein franzöfifcher —— iſt, der mit deut⸗ “fen 436 Unterfuchung, wenn der franz. Hof fihen Wörtern und Redensarten vermengt iſt. Eben diefes trug fi) in dem Theile Öafliens zu, den die Kömer Germania prima oder fuperior nannten, und auch in der Schweiz. Die Gegenden diefer Provin: zen, die den Deurfchen am naͤchſten find, find auch deutſch; dahingegen die, fo ferne find, wie man es zu nennen pflege, Romanifch, das ift, franzoͤſiſch find. So wie man in den Niederlanden eine deutſch⸗ flandriſche und walloniſchſlandriſche Sprache hat, fo hat man in den benachbarten Gegenden vom Ober- rhein, eine deutfch-lothringifcehe und eine vomanifch: kothringifche; eine deutſch-ſchweizeriſche, und eine ro: manifch-fhweizerifche *. 3. Da die deutſche Sprache damals fehr rauh und plump war, wurde fie-fogar von den Deutfchen ſelbſt verabfäumer und verachtet, indem fie fie ohne Be⸗ denken für barbarifch hielten. Man bediente fid) ib» ver nicht in den Wiflenfchaften. Man lehrte fie alle Iateinifch. Weil diefe Sprache weit gelinder und angenehmer für dag Ohr war, fo haben fie alle, bie vor andern etwas voraus haben wollten, alle, die fid) dem geiftlichen Stande widmeten, alle, die fid) auf die Wiffenfchaften legten, mit Vergnügen ftudi- rer, und ſich eine Ehre Daraus gemacht, fie zu Fön« nen, oder fie wenigftens zu verftehen; alſo daß fie unter den Franfen ſelbſt fehr gemein wurde; eben fo, wie wir heut zu Tage fehın, daß das Franzöfifche nicht nur an den Höfen, fondern auch unter den Leu— ten von Stande und den Öelehreen in Deutfhland ges Ä ; mein * Man kann mit dieſen Betrachtungen die Geſchichte der celtiſchen und romaniſchen Sprachen im Elſaß vergleichen, die Herr Schoͤpflin in ſ. Alfatia illu- firata T. I. vom 105:107 $. vorträgt. Raͤſtner. * aufgehoͤret hat, deutſch zu ſeyn. 437 mein iſt. Man hat ſich daher nicht zu verwundern, daß die deutſche Sprache in Frankreich nicht aufge⸗ kommen ift, ob fie gleich die Sprache des Hofes und des Negenten war; da fie durch Fein Volk unterſtuͤ⸗ tzet wurde, das zahlreich genug geweſen waͤre, und da fie überdies ſelbſt von denen, welchen fie angeboh— ten war‘, verabfäumer wurde. Man muß bierbey erwägen, mas ſich 841. zufrug, als Ludwig der Erſte, König in Deutfhland, und Carl der Rabie, König in Frankreich, ſich wider ihren ältern uder, den Raiſer Yorbarius , verbanden, Karl that den Eid der Verbindung in deurfcher Sprache, damit er von der Armee Ludwigs verftan« den würde, und Ludwig legte ihn von feiner Seite in romanifcher Sprache ab, Damit er von der Armee Carls verftanden würde. Daraus laßt fich fchliefe fen, daß der größte Theil diefer Armee aus Leuten beftanden habe, die nicht Deutfch verftunden, und daß ſich folglich Das Gefchlecht der Franken feit 400 Jahren in ſeinem Reiche ſehr muͤſſe vermindert haben. 4. Endlich hat die Schwaͤche der Koͤnige vom zweyten Geſchlechte vieles zu der Veraͤnderung bey⸗ getragen, die wir unterſuchen, durch einen Umſtand, den ich gleich anfuͤhren will. Wenn Carl der Große, der feine Mutterfprache ſehr liebte, und fich eine Eh— re daraus machte, fie auszupußen und zu erhalten, zwey oder drey hundert Jahre lang Nachfolger gehabt hätte, die ihm ähnlich gewefen wären ; fo zweifele ich nicht, es wuͤrde Die deutſche Sprache in Frankreich guten Fortgang gewonnen haben. Allein alle feine Mac)» folger von Ludwig dem Frommen feinem Sohne an, waren die, Schwachheit felbft, und die befondere Verachtung, welche ihre BR gegen fie * e 3 438 Unterfuchiing, wennder franz. Hof ten, fiel unfehlbar auf ihre Sprache zurück. Auf der andern Seite hat der unverbefferliche Sebler, den Ludwig der Fromme begiena, indem er die Statthal: terfchaften feiner Provinzen erblich machte, feinem’ und feiner Machfommen Anfehen einen toͤdtlichen Streich verſetzet, und nebft ihnen auch ihrer Spra« che. Jeder Statthalter bielt ſich für einen Fleinen Regenten in feiner Gegend, und übte mwirklich alle Gefchäffte eines Regenten aus; und da die franzoͤſi— fhen Statthalter gallifchen oder römifchen Urſprungs waren, wie man Damals zu reden pflegte, oder we⸗ nigjtens aus Familien, die in Anfehung der Sprache roͤmiſch worden waren, fo gefchab ee von felbiger Zeit an, daß die roͤmiſche oder romanifche Sprache immer mehr ausgepußet, die deutfehe aber hingegen ſehr hintan gefeget wurde, alfo, daß fie gleichſam nur noch an einem Faden hieng. Dieſe Betrachtung machte mich bald vermuthend, daß die deutſche Sprache in Franfreich feit dem Jah⸗ te 887. erlofchen fen, welches der merkwürdige Zeit⸗ punct ift, da die fehädliche und betrübte Zerrüttung der franzöfifchen Monarchie durch Die Unbefonnenheit Carls des Dicken, des Urenkels Carls des Großen, der Kaifer und König von Frankreich und Deutſch— land war, veranlaffet wurde, Die Unterthanen dies fes unglüctichen Prinzen verließen ihn alle auf ein- mal, als ob fie deswegen mit einander eing worden wären, und die meiften Großen machten ſich zu Her« ‚von der ihnen anvertrauten Laͤnder. Die Sranzofen feßeten Damals die ſchwache Nachfommenfchaft Carls des Großen auf die Seite, und mähleten fich einen König aus ihrer Nation, welcher Herzog von Frank: reich und Graf von Paris war, Allein — Bein * ahren > aufgehöret hat, deutſch zu ſeyn 439 fahren wurde nicht von der ganzen Nation gebilliget, ein betraͤchtlicher Theil wandte ſich wieder zur Fami⸗ lie feiner alten Herren, und ſetzete Carln dem Einfäls tigen, dem Sohne Ludwigs des Stammtlers, und Uvenfeln Carls des Kahlen, im Jahre 893. die Kro- ne auf. Diefe Wiedereinfesung des Föniglichen Haufes erhielt die deutſche Sprache in Frankreich noch fo lange, als derfelbe auf dem Throne war, der Fall des einen zog den Fall der andern nach fich. Was mich auf diefe Gedanken bringe, ijt ein befons derer Umſtand, den ich im Frodoard, einem Geſchicht⸗ fchreiber des 10. Jahrhundertes finde. Es iſt dieſer: Da ſich Ludwig der III. mit dem Beynamen Ultra marinus, der König in Frankreich und Sohn Carls des Einfaltigen im Jahre 948. mit dem Kaiſer Otto dem Erſten auf einem Synodus zu Ingelheim be— fand, erhielt man daſelbſt einen Brief vom Pabſte, der, wie gewoͤhnlich, lateiniſch abgefaſſet war; und Frodoerd ſaget, daß man ihn dieſer zween Könige: wegen ins Dentfche überfeger babe, iuxta theotifcam linguam propter Reges. Hieraus folget, daß das fönigliche franzöfifche Haus die Sprache feiner Väter noch hatte; denn wenn es fie hätte vergeffen gehabt, oder gar ausgehen laſſen, fo wuͤrde man auf diefer Berfammlung der Geiftlichen zu Ingelheim gezwun⸗ gen geweſen feyn, den pabftlichen Brief ſowohl⸗ ins Roͤmiſche oder Romaniſche, des Koͤniges in Frauk- reich wegen, als ins Deutſche, des Kaiſers Ottonis wegen, zu uͤberſetzen. Die Koͤnige vom Geſchlechte Carls des Großen, haben nach dieſer Verſammlung der Geiſtlichen den Thron von Frankreich nicht laͤn⸗ ger mehr beſeſſen, als 39 Sabre. Ladouicus vltra⸗ marinus ſtarb im Jahre 954, Lotharius fein Sohn Ee 4 im 440 Unterfuchung, wenn der franz. Hof im Jahre 986, und Ludwig der V, dem man den Beynamen des Faulen anhing, im Jehre 987. Es iſt wahrſcheinlich, daß die deutſche Sprache damals nur allein noch am Hofe von Frankreich und bey dem koͤniglichen Hauſe war. Sie wurde ganz und gar daraus verbannet, als dieſe Familie gefallen ift. Da. Hugo Capetus, der Stammvater der Könige, die - Frankreich bereits vor mehr als 750 Jahren von der Nation einmüthig zum Könige ermäblet worden ift, fo deucht mid), es muͤſſe dieſes die Zeit feyn, die wir ſuchen, und um welche der Hof von Franfreic) aufs gehöret hat deutſch zu fern. Mac) dem Tode Ludwigs des V, gebörete die fran- zoͤſiſhe Krone von Rechtswegen ſeinem Vetter Carl, dem Herzoge von Lothringen, dem Bruder Königs | Lotharius. Allein diefer Prinz, der wegen feines Herzogthums dem Kaifer Otto dem II. buldigte, an ftate, daß er es dem Könige feinem Bruder hätte thun follen, machte fih bey den Franzoſen verhaßt; daher fiel eg dem Hugo Capetus, dem mächtigften Herren des Keichs, gar nicht ſchwer Carln auszu⸗ ſchließen, und ſich an feiner Statt wählen zu laſſen. Damals gefchah es, daß die römifche Sprache , wel⸗ ches die allgemeine des Königreichs war, mit dem Könige auf den Thron ſtieg, und die Sprache des Hofes wurde, fo wiefiedie Sprache des Bolfes war, Don der Zeit an wurde fie von Jahrhunderten zu Jahrhunderten, wenigftens durd) 1500 Jahre, von. verfchiedenen witzigen Köpfen, von allerhand Stand und Anfehen , fie mochten gebunden oder ungebunden ſchreiben, ausgepugt, und wurde das, was fie noch iso unfer dem Namen ber t frangößfehen Sprache iſt. inr, IM Juni? > Mebrie aufgehöret hat, Deutfch zu ſeyn. 441 Uebrigens untermwerfe ich meine Gedanken. gerne dem Urtheile der Gelehrten, Die die franzöfifche Hiſto⸗ rie beſſer inne haben als ich. Es wird mir fehr an genehm fenn, wenn der Verſuch, dem ic) über diefe artige Materie gewaget habe, einer gelehrten Feder Gelegenheit giebt, fie in ein noch größeres Licht zu fegen. PR 0 RR oe a RO re | V, Auszug nn der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. I. Einige zur natürlichen Geſchichte gehoͤ⸗ rige Bemerkungen des Herrn v. Reaumuͤr *. Ss geſchieht hauptſaͤchlich in der Abſicht, Leu⸗ ten, welche in den Gedanken ſtehen, daß die Schrift des Herrn von Reaumuͤr al⸗ lerhand Federvieh durch die Kunſt auszu⸗ brüten, nur allein Haus: und Landwirthen nuͤtzlich und brauchbar wäre, ein Vorurtheil zu widerlegen, welches viele hindern Fönnte ‚diefes vortreffliche Werk felbft zu lefen, daß, wir einige Bemerkungen daraus mittheilen, die zu dieſer Hauptabſicht deſſelben nicht — RE | gehö- » Yus des Herren v. Reaumuͤr Art de faire eclorre et d’ elever en toute faifon des Oifeaux domeftiques de toutes efpeces, foit par le moien de la chaleur Au fumier, foit par le moien du feu ordinaire, Paris, 1751. Zween Theile, in ı2, aa2 Auszug der neueſten gehören, und auc) ſolche Naturliebhaber reizen Fon- nen, die das Sonderbare mehr lieben, als das wah- ve Nuͤtzliche. Wir wollen aus fehr vielen natuͤrli⸗ chen Merkwürdigkeiten von diefer Art nur folgende hier mittheilen. — J Man hat bisher von der Art und Weiſe, wie die Straußeneyer bebruͤtet werden, die ſeltſamſten Mey— nungen geheget. Einige haben geglaubet, daß ſie der Strauß in den Sand vergruͤbe, und ſie der Son⸗ nenhitze zum Ausbruͤten uͤberließe. Andere ſetzen hin— zu, daß die Straußen nahe dabey blieben, wo ſie ſie vergraben haͤtten, ‚und daß fie ſie zwar bruͤteten, aber nur mit den Augen, indem die Richtung ihrer Blicke auf die Ener von ſolcher Wichtigkeit wäre, daß fie den Augenblick verdürben, fobald fie die Augen da— von abwendeten. Inzwiſchen giebt e8 wieder andere, die dafür halten, daß fie wirklich ihre Eyer bebruͤte⸗ tem Um nun dieſe verſchiedenen Nachrichten mie einander zu vereinigen, hatte Herr von Reaumür in der erſten Auflage dieſer Schrift gefager: Weil des Tages über die Hige in Africa fehr groß wäre, daß bie Straußeneyer, die eine folhe Hitze der Luft niche einmal nöthig haben, manchmal müßten bedeckt wer: ven, und daß es alfo ganz natuͤrlich waͤre, daß ſie die Straußen in den Sand vergruͤben: dahingegen die Nächte daſelbſt zu Zeiten ſehr kalt find, fo möchs te es wohl fern, daß fie die Ener zur Nachtzeit bruͤ⸗ teten. Nun bat in der That ein gelehrrer Englaͤn⸗ der aus Senegal dem Herrn v, Reaumuͤr gefehries ben, daß es gewiß genug wäre," daß in biefern Sande Hr diefes nur des. Nachts. v phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 443 von Reaumuͤr, kann das, was wir nur bloß ger muchmaßet hatten, als eine in der Erfahrung gegrüns dete Sache angefehen werden, und rechtfertiger zus gleich die Straußen wegen der Nacjläfigkeit, deren man fie in Abficht ihrer ‚Eyer befchuldiger hat. Es gereicher alfo diefem Vogel vielmehr zur Ehre, was man ihm als eine Schwachheit angerechnet bat, und an statt, daß andere Vögel ihre Eyer beftändig bruͤ⸗ ten, fo thun diefe es nur alsdenn, wenn fie es noͤthig haben, bedriitet zu werden. Herr v. Beaumuͤr bemerfet an einem andern Drte, daß ihn verfchiedene Beobachtungen belehret hätten, daß die Farbe der Federn der Vögel nicht beftändig einerley bliebe, daß die Hahne und Hüner diefelbe, fo vft fie fi) maußen, verändern, und Daß das Alter und die HDinfälligfeit, wovon fih uns fere Haare weiß farben, bey den Federn der Hüner und Bögel nicht eben diefelbe Wirfung äußern; ins dem Diefe vielmehr zumeilen eine ſchoͤne ſchwarze Far⸗ be befommten, welches er aus den Federn zweyer Vögel erweifen kann, die er in- feinem Cabinette aufbehaͤlt. Herr v. Reaumuͤr hat nun ſchon bey zweyen Ka⸗ ninchen bemerket, daß ſie ſich zu einer Senne gehal⸗ ten haben, gleich als ob ſie ein Weiblein von ihrer Gattung waͤre. Die eine von dieſen Huͤnern hat angefangen Ener zu legen, die ganz belle gewefen find: allein Herr v. Resumür hat nicht ausgema«. chet, ob eines davon wohl häfte befruchtet fern Fün= nen. Man fann aber viel ficherere Erfahrungen von: diefer Art leicht anftellen, wenn man Hüner zu Haͤh⸗ nen ausſuchet, die in der Structur davon abweichen, z. E. 444 | Auszug der neueſten H z. E. die an jedem Fuße fünf Zehen, oder bie feinen Schwanz haben, oder fonft an einigen organifchen heiten einige Abweichungen befigen. Herr», Reau⸗ mür hat viele folche Beobachtungen wiederholet, und ermahnet die Naturforſcher um defto mehr zu dergleichen Berfuchen, je wichtiger das Geheimniß ift, dem man dadurd) immer näher kommen koͤnnte. Er erinnert aber zu gleicher Zeit, daß man dieſe Er—⸗ fahrungen durch Verſuche mit vierfüßigen Thieren, die man fich paaren ließe, beftätigen müßte, Bloß der Mangel diefer Beobachtungen bat ihn abgebal« ten, dasjenige noch zur Zeit befannt zu machen, was ihn feine erſten Erfahrungen davon gelehret haben, befonders, da diejenigen, welche er ſeitdem fortgefe- get hat, die Folgerungen einigermaßen ungewiß ma= chen, die man anfänglich aus diefen erften Erfahrun—⸗ gen natürlicher Weiſe hätte erwarten mögen, Gewiſſe Beobachtungen von den Mauleſeln, melche von zweyen fo verfchiedenen Gattungen der Thiere, als die wiederfäuenden und die nicht wieder⸗ Fäuenden find, erzeuget werden, und dergleichen Die in der Daupbine und Auvergne hauptfächlid) be Fannte Art von Maulthieren find, Die ſie Jumarts nen> nen, und welche von einer Kuh und einem Stiere, oder. auch von einer Kuh undeinem Efel herrühren , muͤſſen, wie Here v. Reaumuͤr ſaget, binlängliche Merk maale an die Hand geben koͤnnen, um zu entfcheiden,, ob ein folches Thier vielmehr dein Vater, oder der Mutter, vornehmlich den Urſprung feiner Drganifa- tion zu danken habe, und in welchen von beyden Gefchlechtern alfo, ſchon vor der Belegung, ter er fte Stoff des Thieres enthalten fey. Weil aber hier« zu phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten. 445 zu nothwendig erfodert wird, daß man ſolche Thiere zergliedere, ſo verſparet Herr v. Reaumuͤr ſeine Erklaͤrung dieſer Frage, bis auf dieſe Gelegenheit, welche er zu erhalten Hoffnung bat *. J * Es iſt wohl nichts gewiſſers, als dag die bloßen aͤußerlichen Merkmaale ſolcher Thiere, welche von Aeltern verſchiedener Gattungen gezeuget worden, nicht hinreichend ſind, in der — dieſer © wichtigen Frage ein großes Licht zu geben. Allein weil dergleichen ſeltſame Geſchoͤpfe fo felten find, und die Naturforſcher mit Stücken von diefer Gat— tung eine Art von Abgötterey treiben, und fie in den Sammlungen ihrer natürlichen Geltenpeiten aufs forgfaltigite aufbewahren, fo verurfachet die- ſes, daß man fehr wenige Gelegenheit befommen kann, dergleichen Sergliederungen vorzunehmen, und hierinn dem gerechten Rathe des Herrn vor Reaumuͤr zu folgen. Eine gleiche, vieleicht thoͤrich— te Sorgfalt, dergleichen Ausnahmen in der Natur zu vernichten, verbinderrt mich, ein gewiffes Thier; das ich befige, zu zerfchneiden,, deſſen Urſprung, fo wie feine außerliche Geftalt, fonderbar genug iff. Der Vater dieſer zweydeutigen Erentur war ein fchlechter Gaffenbund, und die Mutter eines von den Furzbeinigten indifcben Schweinen, deren man allhier einige findet. Vielleicht iſt die allgemeine Befchreibung der außerlichen Geſtalt dieſes Thie- res einigen Leſern nicht unangenehm, und ich will fie bier mittheilen, weil ich es meiner zartlichen Neugier noch nicht zu leide thun kann, Die Einges weide deifelben zu durchfichen. Man findet im 24lten Stücke der hannoͤveriſchen gelchrien Anzeis gen, vom Jahre ı75ı eine Befihreibung von der Misgeburt eines Schweined, das unweit Weißen« fels eine Sau, unter ſechs andern wohlgerathenen Ferkeln, zur Welt gebracht hat. Ich nn 446 Auszug der neueſten ſchen diefer Befchreibung und meinem Hriginale eine fo große Aebnlichkeit, daß ich faſt überzeuget glaube, daß diefe beyden Misgeburten auf einerley Are muͤſſen erzeugetworben feyn. Man findet dort indeffen feine Nachricht von dem Vater der Mis— geburt, welcher, wenn er ein Hund gemwefen, feine Arbeit vielleicht , ohne bemerket zu werden, verrich⸗ ser haben mag. Mein Original hat mit jenem fol: ende Stürfe gemein: E8 betragt ungefähr zehn Son in der Range. Der untere Theil des Küffels if mit einzelnen Haaren beſetzt, allein darinn gebe er von jenem ab, Daß er vielmehr der untern Kin⸗ baske eined Hundes, ald eined Gchweines gleicht, indem er nicht fo fpig zuläuft, al8 bey den Schwei⸗ nen, auch unter der obern Kinnbacke vielmehr, ber- vorraget, ald daß der obere, twie bey den Schwei— nen, mit dem Ruffel über ihn hinragen follte. Der Rachen ift aufgefperrer, und der obere Rüffel mit einigen Falten aufwarts gebogen. Die Spige def: felben , oder der Drt, wo fonft die Naſe des Hun— des befindlich feyn ſollte, if von beyben Geiten zu: ſammen gedrucker, und ſteht fenfrecht auf der obern Kinnbacke in die Höhe. Sonſt iſt weder Naſe noch Naſenloch wahrzunehmen. In dem Munde der weißenfelſiſchen Misgeburt ſieht man zwiſchen dem Gaumen und der Zunge ein Gewaͤchs mit warzigten Yuswichfen, an deſſen Spitze ein rund geſpitter Zahn horizontal heraus ſteht, der eines viertel Zol— es lang iſt. Vielleicht hat der Beſchreiber der Misgeburt hier nicht recht geſehen. Ich finde an der, die ich beſitze, zwar kein Gewaͤchs: allein der Gaumen ſenket ſich etwas tief herunter nach der Zun⸗ ge, iſt mit viel runzlichten Falten beſetzet; und bat orn an dem obern Kinnbacken, ber durch Diefe Page: des Gaumes mit verfchoben worben, den horizontal heraus lebenden Zahn. Diesundssäbne find auch bey meinem Driginale oben und unten fpigig zu fuͤh⸗ len; Die Sunge if} ſehr breit, und bat einen Haute an phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 447 Rand von dicken warzenfoͤrmigen Erhöhungen, rings umher, welches bey der weißenfelſiſchen Misgeburt nicht angemerket iſt. Sie iſt fo breit, daß fie im Munde nicht Kaum bat, fondern rings herum um ein gutes Theil berans ſteht. Die Augen ſtehen in beyden Köpfen nahe beyfanımen; ich will eben nicht jagen, wie bey einem Menfchen: aber doch gewiß naͤher, alö bey einem Schweine. Leber allen beyden find ftarfe Yugenlieder, Augenwimpern und Augen⸗ ee braunen mit Haaren. . Der Kopf iſt rund, und mit einem Worte, der ganze Kopf meines Driginalg koͤnn⸗ te vollfommmen den Namen eines Aundekopfes ver- dienen, wenn nicht Der Elephantenruͤſſel daran waͤ⸗ re, welcher fich bey der weißenfelfifchen Misgeburt ‚gleichfalls zeiget. Diefer Rüffel koͤmmt über den Au: gen ans dem Stirnbeine, von welchem er ein wahrer Fortſatz zu ſeyn ſcheint denn er if, vonder Wurzel anzurechnen, big zur Halfte, fnöchern. Der andere fleifchichte Theil ift in beyden Thieren mit einen bar: ten Rande unten eingefaßt, und hat eine Eröffnung, die man bisin die Mitte, wo der Knochen angeht ver⸗ folgen fann. Die Ohren meines Stuͤckes find fich völlig abnlich und breit gefpigt. Sie gleichen weder den Dhren der Schweine, noch Hunde, und ließen ſich vielleicht noch am erſten mit den Elepbantenohren vergleichen, fo wie man diefelben abzubilden pfleget. Die vordern und bintern Rlauen find in beyden Stuͤ— een fchmal, und wie Schrittſchuhe, aufwartd gebo: gen: allein die an meinem Stuͤcke haben keine Nagel, ‚wie jene haben follen. Beyde Thiere find uber den ganzen Leib glatt, und ohne Borſten. Die weißen: felſiſche Misgeburt iſt weiblichen, und die, fo ich ber fise ‚männlichen Befchlechtd. Der Elepbantenrüß fel iſt in jener aufwaͤrts gebogen, wie die Abbildung ibn vorftellet , in Diefer aber liegt er auf der Erhaben⸗ heit der obern Reize; fonft aber ffeller jene Figur das Thier, fo ich befige, jo natürlich vor, daß man ſich aus derjelben und der gegenwärtigen ae epder 448 Auszug der neueſten ꝛtc. beyder Thiere, einen voͤlligen Begriff von der aͤußern Geſtalt derjenigen wird machen koͤnnen, davon ich das Driginal in Handen habe. Die KTabelfehnur befindet fich noch an beyden, und daher fchage ich fie ungefähre von gleichem Alter. Ich babe aber feine weitere Nachricht, ob die Misgeburt, fo ich befige , wie jene , bey der Geburt noch gelebet hat. Ueberhaupt gleiche der Kopf mehr einem Hunde, der Leib „ die Füße, und der Schwanz aber einem Schweine. Kann man hieraus Feine großen Erläip terungen der Erzeugung berleiten ; fo iſt es doch ar- tig, zu fehen, wie die Natur in zweyen Fallen faſt auf einerfey Art von ihven Befeen abgewichen iſt. D. J. A. Unger. Inhalt zum vierten Stuͤcke des zehnten Bandes. 1. Fortſetzung vom Kreidenſalze. 339 II. Hr. Bertrand, Abhandlung vom innern Baue der Erde 376 II, D. J. X. Unger, Betrachtungen über des ſel. Hrn. Hofrath Stahls theoretiſchen Grundſatz in der Arztneywiſſenſchaft 400 IV. Ueberſetzung einer Abhandlung über die befondere Frage: Um welche zeit der franzsfifche Hof auf- neböret hat, deutfch zu feyn "422 V. Auszug der neueften phyſikal. Merkwuͤrdigk. gr 4 Hamburgiſches — Schriften, zum Unterricht und Bergnügen, aus der Naturforfchung und den sigeahimen Says iiberhaupt. | Des zehnten Bandes fünftes Stud. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. Hamburg, bey Georg Soul: Grund, und in Leipzig, bey Adam Hein, Holle, 1753. En. y G u F 32 Rn Er, 8 %ı est uw * Menge der Menſhen bey den alten Nationen, Ans dem Engtlifchen des Hrn. David Hume Eſqr. uͤberſetzt. a) gaͤnglichkeit der Welt ſchließen koͤnn⸗ ten, Die beſtaͤndige und ſchnelle Be- wegung der Materie,die gewaltfamen Veränderungen, denen einjeder Theil derfelben unterworfen ift, Die Ab« mweichungen, die man am Himmel bemerket bat, die _ offenbaren Spuren, und die Tradition von einer alle f2 gemei · —* deſſen Political Diſcourſes Edimburg i752. 432 Von der Menge der Menſchen 9 emeinen Suͤndfluth, oder allgemeinen Zerruͤttun Mm Elementen; alle diefe Dinge geben Beim Beweis davon ab, daß dieſer Weltbau verg: fey , und durch Berfehlimmerung ‚oder durch Auflö- fung aus einem ZJuftande oder — Vebıfingt in den ans dern Die Welt alfo, und alle befondere Theile derfelben müffen ihre Kindheit, ihre Jugend, ihr männliches und hohes Alter haben; und es iſt wahrfcheinlih, daß der Menfc), fo. mie alle Thiere und Pflanzen, an diefen Beränderungen Theil — Vermuthlich wird das menſchliche Geſchlecht in bluͤhenden Alter der Welt eine groͤßere Staͤrke der * fe und des Leibes, eine gluͤcklichere Geſundheit, erha- bener Geijter, ein längeres eben, und eine ftärfere Neigung und Vermögen zur Fortpflanzung haben. Wenn aber gleich das allgemeine Syſtem der Dinge, und alfo auch die menſchliche Gefellfhaft, folchen ftufenweifen Veränderungen unterworfen iſt, ſo geſche⸗ ben doc) diefe en zu ala als E Te I Fr und Stärfe des 1199 und felbft der Ai und der Umfang des Gemürhe, fcheinen bisher noch in allen Weltaltern gleich gewefen zu feyn. Die Kin- ſte und Wiffenfchaften haben in der. That in einer Periode geblüher, und find in der andern wie— der in Verfall gerathen: aber wir bemerken auch, daß zu der Zeit, da fie bey einem Wolfe den Gipfel der Vollkommenheit erreicht hatten, fie — al⸗ len Nachbarn dieſes Volks unbekannt geweſen; u wenn ſie in einem Weltalter verfielen, ſie dennoch in den folgenden Zeiten roieder auflebeten und ſich über die bey den alten Nationen. 453 die Erde ausbreiteten. So weit ale die Erfahrung richtig, ift fein allgemeiner Unterſchied in menfchlichen Gefchlechten zu bemerfen; und wenn man alfo.gleich zugiebt, daß das Ganze gleich einem thierifchen Köre per, einen natürlichen Fortgang von der Kindheit zum Alter hat, fo koͤnnen wir doc) daraus feinen Ber- fall in der menfchlichen Natur ſchließen, b) weilnicht ausgemacht ift, ob fie fich jegund dem Puncte der Voll⸗ Eommenheit nähere, oder ob fie ſich Davon entferne, Der Beweis alfo den man aus der vergeblichen Ju— gend oder der Stärke der Welt fürdie größere Volks menge im Alterthum hernimmt, wird demjenigen der vicheig denkt, fehr feicht vorfommen. Diefe allge: mein pbpfikalifche Urfachen müffen von diefer Streitfrage gänzlich ausgefchloffen werden. Es giebt in der That einige befondere phyſika⸗ liſche Uxfachen , die fehr wichtig find. Die Alten erwähnen gewiſſe Krankheiten, die unſern Aerzten ganz unbekannt find, und es haben fich einige neue Bann Ff3 Krank⸗ b Columella faget Kb. 3. c. 8. daß in Aegypten und in Africa Die Zroillingsgeburten haufig, und ſelbſt ges möhnlich gewefen, Gemini partus familiares, ac pe.. ne folennes ſunt. Wenn dieſes wahr iff, fo finden wir beydes in den Zeiten und im den Ländern eine phyſikaliſche Verfchiedenheit, denn jegund machen die Reifenden von diejen Landern diefe Anmerkung nicht. Wir glauben vielmehr, daß die nordifchen Kationen fruchtbarer find. Da diefe beyden Lanz der roͤmiſche Provinzen maren, fo iff es fchmer, wo nicht, gar ungereimt, fich einzubilden, daß ein ſolcher Mann als Columells fich hierinn follte bes trogen haben. 454 Don der Menge Der Menfchen Krankheiten hervor gethan, und fortgepflanzer, wo⸗ von wir in der alten Gefchichte Feine Spuren finden. Und wollte man in diefer Abfiche zwifchen uns, und den Alten eine Bergleichung anftellen ; fo wuͤrde fie uns fehr zum Nachtheile gereichen. Derer Krankheiten, die von geringerer Wichtigkeit find, nicht zu. gedenken! fo richten die Blattern eine ſolche Verherung an, die faft allein eine Urfache von der vorgegebenen größern Bolf: menge der alten Zeiten abgeben koͤnnte. Man follte denken, daß der zehnte oder der zwoͤlfte Theil der Men- fen, der in jedem Menfchenalter umkoͤmmt, in der Zahl der Völker einen withtigen Linterfchied machen müffe; und nimmt man die venerifchen Krankheiten, Diefe neue Seuche ‚die überall ausgebreitet ift, noch das zu , fo möchte die beftandige Verwuͤſtung diefer bey den Krankheiten vielleicht eben fo groß feyn, als die Berheerung, fo die drey großen Plagen des menfchlis chen Gefchlechts, der Krieg, der Hunger, und Die Peſt anrichten, Wäre es alfo gewiß, daß die alten Zeiten volfreicher, als die unfrigen, gemwefen, und Fönnte man Eeine moralifchen Urfadye einer fo grog- fen Beränderung angeben ; fo würden diefe phyſikali⸗ fihen Urfachen, nach der Meynung vieler Leute, ung ſchon Genüge thun müffen.. | | Aber ift es denn ausgemacht, Daß das Alter um - fo viel volfreicher gemefen ift, als man vorgiebt ? Die Yusfchweifungen des Doßtus in diefer Sache, find befannt: aber ein Schriftfteller von weit größerem Geiſte und Einficht, hat ſich unterftanden, zu behaus pten, daß, vermöge der beften Berechnungen, die in einer folhen Sache Fönnen gemacht Werden, jetzund nicht der funfzigfte Theil der Menfchen auf u | oden bey den alten Nationen. 455 boden ift, die zur Zeit des Julius Caͤſars darauf ge: weſen c). Man Eann fich leicht vorftellen, daß die Bergleichungen in diefem Falle fehr unvollfommen ſeyn müffen, wenn wir uns auch nur auf die Scene der alten Gefchichte, auf Europa und die Nationen um das mittellandifche Meer einfchränken wollten. Wir miffen jegund nicht genau die Zahl der Einwoh⸗ ner eines europäifchen Reichs, oder nur einer Stadt: wie fonnen mir denn vorgeben, daß wir im Stande find, die Einwohner alter Städte und Reiche zu bes rechnen, da ung die Geſchichtſchreiber fo unvollkom⸗ mene Nachrichten binterlaffen haben? was mich an⸗ langet,, fo ſcheint mir die Sache fo ungewiß zu feyn, ‚Daß ich bey meiner Betrachtung über diefen Bormurf, die Unterfuchung der Lrfachen diefer vorgegebenen greößern Volkmenge, mit der Entfcheidung der Frage felbit verbinden werde; eine Art zu unterfuchen,, die alsdenn niemals muß gebraucht werden, wenn die Sache durch) Hiftorifche Gründe mit einiger Gewißheit kann bewiefen werden. Wir wollen zuerft unterſu⸗ chen, ob es aus demjenigen, was wir. von ben Zu« ftande der menfchlichen Geſellſchaft inbenden Zeitpun⸗ een wiffen, wahrfcheinlic) ift, daß in den alten Zei- tenein größerer Ueberfluß vom Volke geweſen. Zwey⸗ tens, ob dieſer groͤßere Ueberfluß in der That gerves fen? Wenn ich darthun Fann , daß der Schluß zum Vortheil des Alterthums nicht fo gewiß ift, als man gemeiniglich vorgiebt, fo habe ic) mein Vorhaben erreichet. ES) Lettres Perfanes. Siehe auch L’ Efprit des loix Lix r vie 23: €..17. 18:19: 3f4 ueber · 336 Von der Menge der Menfchen "> Meberhaupt merken wir an, daß die Frage, ob ein Weltalter oder ein Staat: volfreicher.gewefen ‚ als an⸗ dere Staaten oder Zeiten, fehr wichtige Folgen habe, und gemeiniglich den. Borzug der ganzen Policey, der Sitten ,und'der Regierungsform dieſes Staats, oder diefer Zeiten entſcheide. Denn da allerMenfchen Manns : ſowol als Frauensperfonen eine Begierde, und ein: Vermögen) zur Zeugung haben, und DIE Vermoͤgen ſich immer weiter erſtrecket, als es ſich jemals auslaſſen kann: ſo muß der Zwang wodurch es einge ſchraͤnkt wird, von einigen Schwierigkeiten herruͤhren, die die Menſchen in ihrem Lebensunterhalte und Nah⸗ rung finden, und dieſe Schwierigkeiten muß ein wei⸗ ſer Geſetzgeber ſorgfaͤltig bemerken, und heben. Faſt ein jeder, der da glaubet, daß er. eine Familie unter⸗ balten kann, wird eine haben wollen; und in dieſem Falle würde das menſchliche Gefchlecht iin jedem Men fchenalter , mehr als noch einmal fo ſtark werden, wenn nämlich ein jeder fich paarete, ſo bald er mannbar wird. Wie gefchmindevermehren fih die Menfchen in einer jeden Colonie, oder in einem neuen Staate, wo es Leicht iſt, eine Familie zu verforgen, und wo die Mei ſchen nicht fo beengt, oder eingefchränfet find, als in alten Staaten ? Die Gefchichte giebt ung oft von Plas gen Nachricht, welche den dritten oder vierten Theil seines Volks meggerafft haben; und doch bemerfte man in ein oder zwey Menfchenaltern diefe Verwuͤſtung nicht mehr, und die Geſellſchaft Hatte ihre vorige Zhhl erreicht. Die Laͤnder die ſchon angebauet waren, die Haͤuſer die fertig ſtunden, die Bequemlichkeiten, die ſchon herbey geſchafft waren, ſetzeten die übrig geblie⸗ benen in den Stand, alfobald zu heirathen, und Fa— | 3 milien bey den alten Nationen. 457 milien aufzuziehen, die den Abgang erſetzen konnten. d) Und aus eben derſelbigen Urſache wird eine jede weiſe gerechte und milde Regierung ‚indem ſie die Umſtaͤn⸗ de ihrer Unterthanen bequem und, ficher machet, um ſo viel volkreicher ſeyn, „als fie bequemer und reicher if In der; That wird: ein Sand, deffen Elima und Boden zum Weinbau geſchickt iſt, natürlicher Weiſe volkreicher ſeyn/als ein Land das bloß Korn hervor⸗ bringt/ und dieſes wird wieder volkreicher ſeyn ‚als ein Land welches bloß zur Viehzucht geſchickt iſt. Aber wenn ſonſt alles gleich iſt, kann man natürlicher Weiſe nicht anders denken, als daß in dem Lande, wo die meiſte Gluͤckſeligkeit und: Tugend zu finden iſt, auch die meiften Einwohner feyn werden. » Da man ‚alfo zugeben muß; daß. diefe Frage, deren Vorwurf Die Volkmenge der alten und neuern Zeiten.ift, von großer Wichtigkeit ſey; fo wird es noͤthig feyn ‚wenn wir fie etwas genau beantworten wollen, daß wir bey⸗ des die haͤusliche und politiſche Verfaſſung dieſer bey⸗ den Zeitpuncte mit einander vergleichen, um von der Sache ſelbſt, aus ihren moraliſchen Urfachen zu’ ur⸗ theilen, Diß iſt der erfte Geſichtspunct, aus * wir * eh — werden. fiat Der EN; ——— die Urſache, warum die Blattern Die Zander nicht fo entvoͤlkern, ‚als man fich anfangs | lich wohl. einbilden möchte, In einem Lande, wo fuͤr mehreres Volk Raum iff wird eg nie an dem- ſelben fehlen , auch felbft ohne Hulfe der Naturali: ſation. Don Geromion de Liftariz bemerket, daß die Provinzien von Spanien, die die meiften nach Bu ſchicken, Die ERMIFEeISHE find weile nämlich am reichſten find. 458 Von der Menge der Menfchen Der vornehmfte Unterfchied der‘ häuslichen Ein⸗ richtung der Alten und der Neuern, beſteht in der Sklaverey, die bey den Alten uͤblich war, und die ſeit einigen Jahrhunderten in dem groͤßten Theile von Europa abgeſchaffet worden. Einige hitzige Bewun⸗ derer der Alten, und eifrige Verfechter der buͤrgerli⸗ chen Freyheit: (denn man bemerfer, daß diefe Ge⸗ finnungen, die beyde in dee Hauptſache fehr gerecht find, faſt allezeit unzertrennlich find ) fönnen fich nicht ‚enthalten, den Verluſt dieſer Einrichtung zu bedauren, and indem fie alle Unterwerfung unter der Herrſchaft ‚einer. einzigen Perfon mit dem harten Mamen der Sklaverey belegen, möchten fie gern den größten Theil des menfchlichen Gefchlechts einer wirklichen Eflave- rey und Dienftbarfeit unterwerfen. Aber derjenige, der die Sache mit kaltem Blute überleget, wird leicht ſehen, daß das menfchliche Gefchlecht überhaupt: je tzund mehr Freyheit beſitzt, felbft unter der willführ- lichſten Regierung in Europa, als es jemals in den bluͤhendſten Zeiten des Alterthums beſeſſen hat. Um ſo viel es beſchwerlicher iſt, einen kleinen Prinzen, deſ⸗ ſen Regierung ſich etwa uͤber eine Stadt erſtrecket, als einem großen Monarchen zu dienen ; um ſo viel iſt die häusliche Sklaverey geaufamer und unerträglicher, als eine jede bürgerliche Unterwürfigfeit. Je weiter der Regent in Abficht des Orts und Des Ranges von uns entfernet ift, deſto größere Freyheit genießen wir, der fto weniger werden unfere Handlungen beobachtet Per eingefehränfer ; und einen defto fhmächern Eindrud macht die graufame Bergleichung die wir zwifchen uns ferer Dienftbarfeit,und der Freyheit, ja felbft der Herr- {haft eines andern anftellen. Die Uberbleibfel die man — bey den alten Nationen. 459 ‚man von der häuslichen Sklaverey i in den america⸗ niſchen Colonien, unter einigen europäifchen Nati⸗ onen antrifft werden wohl ſchwerlich ein Verlangen bey uns erregen, dieſelbige allgemeiner zu machen. Die wenige Menſchlichkeit, die von den Perſonen be— obachtet wird ‚fo von ihrer Kindheit an gewohnt find, eine fo große Gewalt über ihre Nebengefchöpfe aus zuuͤben, und die menfhlihe Natur unter die Füße Ay treten, ift fehon allein zureichend, ung diefe Ge- walt verhaßt zu machen. Man Fann auch) Feine bef- fere Urfache der frengen, und ich Fönnte wohl fagen, der barbarifhen Sitten des Altertbums angeben ‚als eben die häusliche Sflaverey ; wodurch ein jeder Mann von Stande zu einem Eleinen Tyrannen gemacht, und unter der Schmeicheley , Unterwürfigfeit, und Nie— dDerträchtigfeit feiner Sklaven auferzogen ward. Nach der Einrichtung der Alten fiel aller Zwang und Verpflichtung zum Gehorfam auf den Unterthan. Hiegegen waren gar Feine Bewegungsaründe und Verbindlichkeiten, die den Herrn zur Güte und zur Menſchlichkeit hätten verpflichten koͤnnen. In den neuern Zeiten wird nicht leicht ein fchlechter Bedien⸗ ter einen guten Herten, noch sin fehlechter Herr einen guten Bedienten finden ; beyde Theile haben ihre Ber- bindlichfeiten, die den unverleglichen und ewigen Öes fegen der Vernunft und det Billigfeit gemäß find. Die Gewohnheit, alte unbrauchbare oder kranke Sklaven in eine Inſel der Tiber zu ſetzen, damit ſie daſelbſt vor Mangel umkommen möchten , fcheint ſehr häufig in Rom geweſen zu ſeyn. Denenjenigen, die dieſe Todesgefahr überftanden hatten ‚ward Durch) einen 460 Bon der Menge der Menfchen einen Befehl des Kaiſers Claudius die. Freyheit ge⸗ ſchenket, und es ward darinn zugleich verboten, einen Sklaven bloß aus der Urfache umzubringen , weil er alt oder krank wäre. e) Aber geſetzt, daß dieſer Bea fehl genau beobachtet worden, ward den Sklaven dar» um beffer begegnet ‚und ward ihnen Dadurd) ihr Leben erträglicher gemacht? Wir fönnen ung vorſtellen, was andere werden getban haben, da es ein befannter Grundſatz ‚des Altern Cato geweſen, feine verjaͤhr⸗ ten Sklaven lieber um den wohlfeilſten Preis zu ver- Faufen, als fie zu unterhalten, da er fie für eine un: nüße Saft hielt. £) | — Die Ergaſtula oder Sklavenkerker, worinnen man die Sklaven gefeſſelt zur Arbeit pruͤgelte, waren in ganz Italien ſehr häufig. Columella g) meldet, daß fie jederzeit unter der Erde gebauet geweſen; und prei⸗ ſet es h) als eine Pflicht eines ſorgfaͤltigen Aufſehers an, täglich die Namen diefer Sklaven zuüberzählen, und fie gleichfam wie ein Regiment Soldaten zu mus ftern, damit er gleich willen Fünne, wenn einer von ihnen etwa entwilcht wäre. Dieß bemeift, wie häu- fig diefe ergaftula gewefen, und was für eine große Anzahl Sklaven in denfelbigen eingefchloffen geme- fen. Livius fagt: partem kalise ergaftula a foli- tudine vindicant, Es war gewöhnlich in Rom, zum Thürhütter einen gefeffelten Sklaven zu gebrauchen, wie wir aus dem sr * Ovid e) Suetonius in vita Claudii. f)Plutarchus in vita Catonis. g)Lib. ı. cap. 6, h)id.Lib. 2.cap. ı. % ER Ovid i) und andern Schiffen k)fehen. Wann die Römer nicht alle Empfindung des Mitleids ges gen diefen unglücklichen Theil: des menfchlichen Ge ſchlechts abgeleger hätten, würden fie wohl allen ih⸗ ven Freunden beym erften Antritt ein folches Bild der Strenge des Herrn, und des Elends der Sela⸗ ven dargeſtellt Haben? ? Michts war in allen gericherichen Unterſuchungen, ſelbſt wenn es nur bürgerliche Streitſachen betraf, gemeiner, als fich auf Die Ausfage der Sclaven zu be— rufen; und. dieſe Ausſage ward allemal durch die ausgefuchteften Martern erpreßt. Demoſthenes ſagt, Hdaß wenn es möglich wäre, in einer Sache etweder freye Leute oder Sclaven zu Zeugen anzuführen, bie Richter allemal lieber die Sclaven gepeiniger Härten, m)weil fie diefes für einen gewiſſern und untruͤgli— chern Beweis gehalten. Seneca befchreibt die unzeitige Schwelgeren, die den Tag zur Nacht, und die Nacht zum Tage macher, und jede Verrichtung des $ebens zur unrechten Zeit vornimmt. Unter andern Umftänden, als dag man zur unrechten Zeit ißt und fich badet, meldet er auch, daß die Nachbaren eines ſolchen Woltüftlings ordent⸗ Eh um —— ia einen Laͤrm Top } we | | und 6 Amor. lid, i. leg. — Sueton. de clar. Rheror. So faget IR der aite m et: Ianiteris tintinnire i enta audio. . 1) In Oneteroın. Orat. 1. ın) Eben dieg war 5* in Rom ‚gewöhnlich: aber es nit: als wenn Cicero | ür Bexweis nicht für fo gemiß | bielte, als Me frever Bürger. Pro 6‘ 462 Von der Menge der Menfehen und Schlägen hörefen, und bey der. Nachfrage befän- den, daß er alsdenn die Aufführung feiner Knechte unterfuche, und fie verdienter maßen züchtige. Er führe es nicht an, als ein “Benfpiel der Grauſamkeit, fondern der Unordnung, die felbit in den gewoͤhnlich⸗ ften Verrichtungen die Stunden verändere, die ein feftgefegter Gebrauch dazu beftimmer hatten). * Dooch unſer Vorhaben iſt jetzund nur, die Sflave- ven in fo weit zu betrachten, als fie einen Einfluß-auf er die n) Epift. 122. Man kann bie unmenſchlichen Spiele die zu Rom gehaltenwurden, mit Recht als eine Wirkung der Verachtung dieſes Volks gegen die Sklaven an⸗ ſehen; und dieſes war auch eine große Urſache der all⸗ gemeinen Unmenſchlichkeit ihrer Prinzen und Regen⸗ ten. Der kann die Nachrichten von den amphithe—⸗ atralifchen Luſtbarkeiten ohne Graufen lefen 2 Oder wer kann fich wundern, daß die Kaifer dem Volke eben fo begegnet haben, als diefes Volk feinen Unter⸗ thanen begegnete? Man möchte bey diefer Gelegen⸗ beit aus Menjchenliebe, den barbarifchen Wunfch des Ealigula erneuern; daß das ganze Volk nur eis nen Hals haben möchte. Es follte einem faft ange⸗ nehm ſeyn, durch einen Streich ein folcheg Befchlecht von Ungeheuern zu vertilgen. „Ihr koͤnnet Gore „danken ( fagt der obgedachte Schriftfteller Epift. 7. „indem er ſich an dag römifche Volk wendete) daß „ihr einen Herrn habt, ( namlich den gütigen und „ barmberzigen Nero ) der nicht fahig ift, von eurem „Beyſpiele die Sraufamfeit zu lernen, Dieß fag- te Seneca im Anfange der Regierung des Nero, aber hernach richtete er fich fehr gut nach ihrer Neigung, und es iſt Fein Zweifel, daß feine Grauſamkeit durch den Anblick der barbariſchen Gegenftande, wozu er BRNO Kindheit angemohnt war, ſehr vermehret ward. A u ——— beh den alten Nationen. 463 die Bevoͤlkerung eines Staats hat. Man giebt vor, daß diefe Einrichtung, den Alten unendlichen Bor: theil verfchaffere,und daß es die vornehmfte Lirfachedes ungemeinen Ueberflufies an Volke geweſen, den mar diefen Zeiten zufihreibt. Jetzund verhindern alle Herren das Heirathen ihrer männlichen Bedienten, und den Mägden wird es gar nicht verſtattet, weil man glaubt, baß fie alsdenn ungeſchickt zum dienen find. Aber, wo die Knechte ein Eigenthum ihrer Herren find, da macht ihre Fruchtbarkeit den, Keich« um ihrer Beſitzer aus, und verſchaffet innen ein efchlecht von Sklaven, die den Abgang derjenigen erfegen koͤnnen, die durch Alter und Schwachheiten unbrauchbar gemacht werden. Der Herr wird alfo ihre Fortpflanzung eben fo fehr befördern, als die it feines Viehes; er wird die Kinder mit eben der Sorgfalt aufziehen, und er wird fiein einer. Kunſt oder einem Handwerfe unterrichten laflen , wo— Durch fie defto nußbarer werden fönnen. Durch dieſe Po⸗ litik nehmen die Reichen, mo nicht an dem Wohlfenn, doch wenigftens andem Dafeyn der Armen Theil; und bereichern. fich felbit , indem fie die Zahl und die ——— ihrer Unterthanen vermehren. Da er Hausvater ein unumſchraͤnkter Herr in feiner Familie iſt, fo verpflichter ihn. fein befonderer Vortheil zu. eben demjenigen, wozu einen Prinzen ber Staatsvortheil verbindet ; und bey ihm finden fih niche, wie ben dem Prinzen, befondere Abſich⸗ ten des. Hochmuths und der Eitelkeit, die ihn bes wegen Fönnten, feinen Eleinen Staat zu entvöls fen. Er ‚Kann ihn immer überfehen, und er hat die Muße ‚ bie geringſten Umſtaͤnde der Verheira. thung 453 Von der Mengeder Menfihen thung und Erziehung feiner Untertanen ſelbſt zu unterfuchen. 0) Dieß find Dem eriten. Anblicke nach, bie Folhen der Sklaverey: aber wenn wir Die Sache genauer unter⸗ fuchen ‚ fo werden wir vielleicht Urfache finden‘, unſern gar zu geſchwinden Schluß wieder zurück zu nehmen, Die Bergleihung der Unterhaltung: menfihlicher Ere: aturen mit. der Viehzucht it anſtoͤßig; aber da fiein gegenmwärtiger Abficht vollfommen richtig iſt, fo wird es gut ſeyn, Die Folgen derfelben vorzuſtellen. In der Haupſtadt und in der Nachbarſchaft aller großen Staͤdte, in jeder wohlbevoͤlkerten, reichen und fleißi⸗ gen Provinz wird wenig Vieh gezogen, Der Unter halt, die Wohnung, die Aufficht „Die Arbeit „alles ift da theuer; und man. befinder ſich beſſer Dabey, wenn man das Vieh ‚nachdem es ein gewiffes Alter er chet hat, aus entfernten und wohffeilern‘ Gegenden Eauft. Diefe legteren find alfo allein.diejenigen Laͤn⸗ der, die zur Viehzucht und. aus eben der Urſache, zur Fortpflanzung der Menfchen geſchickt ſind, wenn man nämlich Menſchen und Vieh auf einen Fuß ſetzet. In BR ein RE zu lg " bis HARIEHER * J Wweit — 0) Wir merken an, daß wenn die — — rt die Zahl eines‘ Volks vermehrer,, dieſes eine Aus hs von der allgemeinen Regel ſeyn wurde) d die Gluͤckſeligkeit und der Ueberfluß an Leuten Pa zeit mit einander Ba: find. Ein He aus Eigenfinn oder aus Eigennuß fe —— ſehr ungluͤcklich machen, und doch au enn bedacht feyn, ibre Zahl zu vernichreh. —4 are geſchehen alsdenn fo wenig’ f — 5 als alle ihre andere Handlungen 9* 510 ‚ben den alten Nationen. 465 meit mehr foften, als wenn man es in einem Alter, da es ſchon dienen kann, aus Schottland oder Irr⸗ land kauft, wo es in einer Hüfte aufgezogen, mit Lumpen bedeckt, und mit Habergräge und Erdäpfeln gefüttert worden, Diejenigen alfo, die in reichern und mehr bevölferten Laͤndern Sklaven hatten, muß» ten die Fruchtbarkeit der weiblichen Sklaven vers hindern, und der Geburt entweder zuvorkommen, oder auch toͤdten. Das menfchliche Geſchlecht wird an denjenigen Derterh am meiften abnehmen, wo es ſich am geſchwindeſten vermehren follee, und diefer Abs Yang wird beftändig aus den aͤrmern und weniger volfveichern Provinzen, erfeßer werden müffen. Dies ſes muß in der Sänge der Bevölkerung des Staats ſehr nachtheilig werden, und die großen Städte wer ben alsdenn, nöch zehnmal ſo viel Volk wegnehmen, als fie jeßund thun, da ein jeder Herr von fic) ift, und nach dem mächtigen Triebe der Natur, und nicht, nach der Berechnung eines niederträchtigen Cigen- nußes für feine Kinder ſorget. Man rechnet gemels niglieh, daß London jeßund einen jährlichen Zuwachs von 50068 Menfchen aus den Provinzen nöthig habe, ohne daß fich die Anzahl der Einwohner fehr dadurch vermehret, wie groß würde nicht der Zuwachs ſeyn muͤſſen, wenn die größte Anzahl der Handelsleute und des gemeinen Volks aus Sklaven beftünde, und von ihren geizigen Herren an der Fortpflanzung vers bindert würden? — | Wie fehen aus allen alten Schriftſtellern, daß aus den entferntern Provinzen, vornehmlich aus ‚10 Band. Gg Syrien, 466 Don der Menge der Menſchen Syrien, Cilicien P) Cappadocien, klein Aflen, Thracien und Aegypten ein beſtaͤndiger Zufluß von - Sflaven nad) Italien gemefen : doch nahm die Zahl der Einwohner Italiens nicht zu, und die Scriben« ten beflagen fich über den beftändigen DBerfall des Ackerbaues und anderer Handthierungen q). Wo ift alfo die ungemeine Fruchtbarfeit der römifchen Sklaven, die man gemeiniglich vorgiebt ? Sie was ren fo wenig im Stande, fic) zu vermehren, daß fie vielmehr, wie es ſcheint, ſich nicht ohne ungeheuren Zuwachs bey ihrer Zahl erhalten fönnen, Und ob» gleich viele derfelben beftändig frengelaffen, und zu römifchen Bürgern gemacht wurden, fo nahm doch nicht einmal die Zahl diefer Tegtern eher zu, als bis das Bürgerrecht den auswärtigen Provinzen ertheilet wurde r). Be u — | Der Name eines in der Familie gebornen und auferzogenen_SEflaven war Verna s) ; und dieſe Sflaven p) Zehn taufend Sklaven find an eittem Tage zum Ge- brauche der römifchen Buͤrger zu Delus in Eilicien verfauft worden. Szrabo Lib, XIV. j g) Columella Lib. L. Prooem. et cap. 2. et7. Varro, lib. 3. cap. 3. Horat. lib. 2. od. 15, Tacit. Annal. lıb. 3. cap. 54. Sueton. in vita Atıg. cap, 42. Plin. lib. 18. cap. 23. j * r) Minor in dies plebe ingenua, ſaget Tatitus ann. lib, 4. cap. 27. er — *) Da Seruus der Name des Geſchlechts, und Verna der Name einer befondern Art gewefen, ohne daß Dies fe beyden Namen fich auf einander bezoaen haben, fo macht dieß eine ſtarke Vermuthung, daß diefe legtern ungemein viel ſchwaͤcher geweſen. Es iff eine allge i meine v behy demalten Nationen. 467 Sklaven feheinen durch die Gewohnheit gemiffe Vor⸗ rechte und Freybeiten vor andern gehabt zu haben; ' —6892 eine meine Anmerkung, die wir uͤber die Sprachen machen koͤnnen, daß wenn zweene Theile eines Ganzen in der Zahl, Rang, oder in anderer Betrachtung ein Ver: haͤltniß gegen einander haben, man allemal für beyde Theile Ausdruͤcke erfunden hat, die dieß Verhaͤltniß anzeigen. Haben dieſe Theile kein ſolches merkliches Verhaͤltniß gegen einander; ſo erfindet man bloß ei⸗ nen Ausdruck fuͤr den ſchwaͤchern Theil, um ihn von dem Ganzen zu unterſcheiden. So ſind Mann und Frau, Herr und Knecht, Vater und Sohn, Prinz und Unterthan, Fremder und Bürger Ausdrücke, die fich auf einander beziehen. Aber die Wörter, Seemann, Tiſchler, Schneider u. ſ. f. baben Feine folche Aus— drücke, Die ihnen entgegen ſtehen und Diejenigen be- "nennen, die nicht Seeleute zc. find. ' Die Sprachen find, in Abſicht dieſer Wörter, ſehr verſchieden, und man Fann daraus vieles von den Sitten und Ges wohnheiten der verfchiedenen Nationen fchliegen. Die kriegeriſche Verfaffung des römifchen Reichs unteg den Kaiſern hatte den Soldatenſtand fo hoch erho—⸗ ben, daß er allen andern Ständen des Neichg dag Gleichgewichte halten Fonnte; daher kam e8, daß Mi- les und Paganus entgegen gefeßte Namen wurden, mel: ches bisher. bey den Alten nicht geweſen war, und bey den Neuern noch niche iſt. Der Aberglaube der neuern Zeiten erhob die Geiftlichen fo hoch, daß fie die Dberband in dem Staatebefamen, und daher wur: den fich Geiftliche und Layen in den neuern Sprachen und auch nur in, Diefen allein, entgegen gefegt. Aug eben diefen Gründen” fehließe ich, daß, wenn die Zahl der Sklaven, welche die Römer aus frem— den Ländern Faufeten, nicht ungleich ſtaͤrker gewes fen wäre, ald die Zahl derer, die in ihren Haufern ges boren wurden, fo würde Verna einen entgegengefeß; ser Ausdruck gehabt haben, der Die erſte Art der Skla— ven 468 Bon der Menge der Menfchen eine binlängliche Urfache, warum die Herren nicht viele von diefer Art unterhielten 1), Wem vie Grundfäge der Anbauer unferer Pflanzſtaͤdte ein we⸗ nig befannt find, der wird die Richtigkeit dieſer Aria merfung einfehen u). N Atticus wird fehr gerühmt wegen feiner Fürforge, bie Zahl feiner Knechte Durch) Diejenigen zu ergänzen, die ihm auf feinen Gütern geboren wurden, Köns nen wir nicht daraus fhließen, daß diefe Gewohnheit ' damals nicht fehr häufig muß gemefen feyn x): Die Namen der Sklaven in den griechifchen Comoͤ⸗ dien find: Syrus, Myſus, Gets, Tbrar, Das ven angezeiget hätte. Aber diefs fcheinen den größten Theil der alten Sklaven ausgemacht zu haben, und Die leßtern waren nur feltene Yusnahmen. 2) Verna wird bey den römifchen Scribenten im eben der Bedeutung gebraucht, als Scurra wegen dev Un: verfchamtheit und des Muthwillens diefer Sklaven. Mart. lib. I. ep. 42. Horaz gedenft auch der Vernae procaces, und Petron. cap. 24. vernula vrbanitas. Se- neca de prouid. cap. I. vernwlarum licentia. —— u) Man rechnet in America, daß man jährlich an hun⸗ dert Sklaven fünfe verliert, wo man nicht die Zahl Durch angekaufte Sklaven ergaͤnzet. Man kann nicht einmal in diefen warmen Ländern, wo Kleidung und Lebensmittel fo wohlfeil find, die alte Zahl erhalten, Wie vielmeniger wird dieß in Europa, in großen Gtadten, oder in der Nachbarfchaft großer Stadte gefchehen ? Ne x) Corn, Nepos in vita Attici. Wir bemerfen, daß die Laͤndereyen des Atticus größtentheild in Epirus la⸗ gen, einer Provinz, die wegen ihrer Entfernung und Mangel an Einwohnern zur Sklavenzucht ſehr be⸗ quem war. ben den alten Nationen. 469 Davus, Lydus, Phryx u.f. f. und diefe Na— men machen eine große Vermuthung, daß menig- ftens in Athen die Sklaven meiftentheils aus frem» den Sändern gewefen. Die Achenienfer, faget Stras bo y), gaben ihren Sflaven entweder die Namen der Nation, aus der fie gefauft waren, als Lydus, Sprus, oder die Namen, fo unter diefen Marionen am gewöhnlichiten waren: fo nannten fie einen Phry⸗ gier, Manes oder Midas, einen Paphlagonier Tibias, Demofthenes gebenft eines Geſetzes, wodurch verboten wird, den Sklaven eines anderit zu fhlas ‚gen, und preifet die Billigfeit dieſes Geſetzes; er feger hinzu, daß, wenn die Barbaren, von denen die Sflaven gekauft werden, wüßten, wie leutfelig man ihnen in Athen begegne ; fie die Athenienfer unges mein hochfhägen wuͤrden z). Iſokrates a) ſaget Be daß alle griechifche Sklaven Barbaren ges weſen. Man weiß, daß Demoſthenes in ſeiner Minder— jaͤhrigkeit von feinen Vormuͤndern um ein anſehnli— ches Vermoͤgen betrogen worden, welches er durch einen Proceß wieder erhielt. Die Reden, die er bey dieſer Gelegenheit gehalten hat, ſind noch vorhanden, und enthalten ein ſehr genaues Verzeichniß der ganz zen Berlaffenfchaft feines Baters b), an Geld, Waa— ren, Häufern und Sflaven, nebft einer Nachricht, wie viel ein jedes dieſer Stuͤcke werth geweſen. Uns Gg 3 ter y) Lib. 7. f z) In Midiam, p. 221. ex edit. Aldi. _ a) Panegyr. b) in Aphobum orat.I. 470 Bon der Menge der Menſchen ter andern waren dabey 52 Sklaven, die Handwerks⸗ leute waren, nämlich 32 Schwerdtfeger und. 20 Ca⸗ binermacher, oder vielmehr Hutmacher, alles Manns» perfonen, Weiber, Kinder oder Familien werden mit Feinem Worte gedacht, und fie hätten Doch muͤſſen er— wähnet werden, wenn es gewöhnlich zu Athen gewefen wäre, die Sfläven zuverheirathen: und von dieſem Umſtande würde der Werth des Ganzen abgehangen haben. Sklavinnen werden gar nicht einmal ges nannt, außer einige Kammermägde , die feiner Mut— ter sugehöreten, Diefer Beweis ift fehr ftarf, wo nicht gar entfcheidend. Saffet uns die Stelle des Plutarchs c) befrach« ten, wo er von dem ältern Cato redet: „Er hatte „eine große Anzahl von Sklaven, die er bey dem „Verkaufe der Kriegsgefangenen zu erhandeln pflege „te; er Faufte immer junge Sftaven, damit er fie „zu Einer jeden Lebensart gewöhnen, und in jeder Ars „beit koͤnnte unterrichten laffen, fo wie man junge „Hunde oder Pferde zu allem abrichten Fann. Und „da er die Siebe fir die vornehmfte Urfache aller Unordnungen hielt, ſo erlaubte er es, daß ſeine „Sklaven mit ſeinen Sklavinnen zuhalten möchten, „vwenn fie für diefe Freyheit eine gewiſſe Summe bes „ahleten: aber er verbot ihnen fehr feharf, mit frem— „den Liebeshaͤndel zu haben.,, Findet man in dies fer Erzählung die geringften Spuren der vorgeges benen Fürforge der Alten für die Verheirathung und Fortpflanzung ihrer Sclaven ? Wäre dieß ein gewöhnlicher Gebrauch gewefen, ver fich auf den allgemeinen Vortheil gegründet hätte, fo würde gewi e) In vita Catonis. bey den alten Nationen. 471 gewiß Cato beobachtet haben, der ein fo großer Hauswirth war , und zu einer Zeit lebte, wo die alte Mäßigkeit und Einfalt der Sitten noch) galt, Die Verfaſſer bes römifchen Rechts haben aus drücklich angemerfet, daß faft niemand in der Abfiche Sklaven kaufe, um neue Sklaven von ihnen zu ziehen d), Gg 4 Ich d) Non temere ancillae eius rei caufa comparantur, vt pariant,, Digeft. Lib, 5. tit.3. de haered. petit. lex 27. ‚Die folgenden Gtellen fagen eben daſſelbe. Spadonen® morbofum non eſſe, neque vitiofum verius mihi vi- detur; fed ſanum efle, ficuti illum, qui vnum tefticu- lunı habet, qui etiam generare poteft. Digeft. lib. 2. tit, 1. de aedılitio edi&o, lex 6. ſect. 2. Sin autem quis ita fpado fit, vt tam neceflaria pars corporis enitus abfit, morbofus eft. Id. Lex. 7. Es ſcheint/ bag man nur in fo fern auf fein Unvermoͤgen fabe, als fein Leben oder feine Gefundheit Schaden litte. In andern Abfichten war er eben fo gültig, ald ein anderer. Bon den Sklavinnen gilt eben daſſelbe ' Quaeritur de ea muliere, quaefemper mortuos parit, an morbofa fit ; et ait Sabinus, fi vuluae_vitio hoc contingit, morbofaın effe. Id. lexı4. Man hat felbi£ - daran gezweifelt, ob ein fchiwangeres Weib krank oder angefteckt ſey, und es iſt feffgefegt worden, daß fie gefund fey, nicht weil ihre Kinder fo viel werth wa- “ren, fondeen weil es dad naturfiche Amt oder die Ber> richtung der Weiber ware, Kinder zur Welt zu brin⸗ gen. Si mulier praegnans venerit, inter omnes con venit fanam eaın efle. Maximum enim ac praeci- puum munus foeminarum accipere, ac tueri conce- ptim, Puerperam quoque fanam effe: fi modo nihil extrinfecus accedit, quod corpus eius in aliquam va- letudinem imniitteret. De fterili, Coelius, diftingue- | re 472 Bon der Menge der Menfchen Ich geftehe es, unfere Lakeyen und Mägde fra» gen nicht viel zur Vermehrung des menfchlicyen Ge⸗ fchlechts beys aber außer denenjenigen Sklaven, wel⸗ che die Alten zu ihrer Bedienung gebrauchten, ließen fie alle ihre Arbeiten durch Sflaven verrichten; und einige Große haften bis 10000 derfelben, Wenn man alfa vermuthen kann, daß diefe Einrichtung der - Fortpflanzung ſchaͤdlich gewefen, (und diefelbige Urs füche, die wir haben, diefes in Abficht auf unfere jes tzigen Bedienten, zu glauben, gilt auch wenigfteng zum Theil von den alten Sklaven), Wie verderbs lich muß alsdenn die Sklaverey gemefen ſeyn? Die Gefchichte gedenft eines römifchen Edelman⸗ nes, der mit 400 feiner Sklaven unter einem Dache rwarz und da er von einem derfelben in feinem Haus fe aus Kachbegierde ermordet ward, volljog man dag Geſetz aufs ftrengefte, und ließ alle ohne Unterſchied binrichten e). Viele andere romifche Edelleute hats fen eben fo viel, mo niche noch mehr Hausgeſinde, und dieſes wäre wohl kaum möglich gewefen, wennman fest, daß alle Sflaven verheirather geweſen, und daß alle Kinder gezeuget hätten f), SER Schen re Trebatium, dicit, ytfi natura fterilis fit, fana fit, Si vitio corporis, contra. . e) Tacit. Ann. Lib, XIV, cap. 43. f) Die Sklaven harten in den großen Haufern Fleine Behaltniffe, die Cellae hießen. Daher ward der Nas me Celle auf die Bebaltniffe der Mönche in den Kid: ftern übergetragen. Siehe mit mehrern hiervon Iuſt. Lipfus, Saturn. 1.cap. 14, Die macht ein ſtar⸗ kes Vorurtheil wider die Verheirathung und Fort⸗ pflanzung der Sklaven. bey den alten Kationen. 473 Schon zur Zeit des Poeten Heſiodus g) hielt man verheirathete Sklaven und Sklavinnen fuͤr ſehr undienlich. Wie vielmehr wird man es nicht damals gethan haben, da das Geſinde ſo zahlreich ward, als es in Rom geweſen iſt, und da die alte Einfalt der Sitten aus allen Staͤnden des Volks verbannet war. | Xenopbon preifet es in feinen Büchern von der Sande wirthſchaft fehr an, eine genaue Aufficht darauf zu haben, daß die Sklaven und Sflavinnen in einer ges wiſſen Gintfernung von einander liegen möchten. Es ſcheint nicht, als wenn er voraus feßet, daß fie je» mals verheirathet gewefen, Die einzigen Sklaven unter den riechen , von denen es ſcheint, daß fie ihe Gefchlecht fortgepflanzer haben, waren die Heloten, die befonders wohneten, und mehr Sklaven des ges . meinen Wefens, als einzelne Perfonen waren h), Die Alten veden fo häufig von einem feftgefeßten Maaße von Speifen, fo einem jeden Sklaven beftimmt geweſen i), daß mir natürlicher Weife daraus ſchließen müffen, daß fie faft alle befonders gelebet, und dieß gefeßte Mach von Speifen als eine Art von Koftgeld befommen haben, Es fcheint in der That, daß die Verheirarhung der- Sklaven felbft bey den Landleuten, von denen man es noch) am erſten haͤtte vermuchen follen, niche Öss5 | $) Opera et dies lib. 2. 1. 24 et J. 220. h) Strabo , lib, 8. i) Vid. Cato de re ruftica, cap. 36. Donatus in Phor- nuone Li. 9. Seneca piũ. 80. 474 Don der Menge der Menfihen ſehr gewöhnlich geweſen. Cato k) berechnet die Sflaven, die zum Anbau eines Weingartens von hundert Morgen nötbig find, er fordert 15 dar⸗ zu; den Auffeher und fein Weib, Villicus und Vil- lica und 13 Sklaven, Zu einer Delplantation von 240 Morgen rechnet er den Auffeher und fein Weib, und ıı Sklaven: und fo rechnet er mehr oder weni⸗ ‚ger Sklaven ; je nachdem der Weinberg oder die Plantation größer oder Fleiner iſt. Varro 1), der diefe Stelle des Cato anfuͤhret, hält die Berechnung für richtig, dag leßtere ausges nommen. Denn da es nothwendig ift, faget er, daß man zu jedem Weinberge oder Plantation, fie mögen groß oder klein feyn, einen Auffeher mit feinem Weis be haben muß; fo verändert diefer Umſtand das ans gegebene Verhaͤltniß. Wäre die Berechnung des Cato in anderer Abſicht irrig gemwefen, fo würde fie gewiß Barro verbeflert haben, der fich ein Vergnüs gen baraus zu machen feheint, einen fo geringen Irr⸗ thum zu entdecken. Eben dieſer Schriftſteller m) und Columella n) preifen es als nothwendig an, dem Auffeher ein Weib zu geben, um ihn dadurch defto getreuer in dem Dienfte feines Herrn zu machen. Dieß war als fo eine Are von einer befondern Nachficht gegen einen Sklaven, auf den man ein ſo großes Vertrauen ges fest hatte, Un ehen der Stelle führet es Varro als eine ſehr 32 Vorſicht an, nicht zu viel Sklaven von einer Nation k) De re ruft. can.ıo.ı. 1) Lib. I. cap.igß. m) Lib. I, cap. i7. n) Lib. I. cap. is. H bey den alten Nationen. 475 Nation zu Faufen, damit fie nicht Meutereyen und Aufruhr anfliften möchten : er feßet voraus, daß in Sstalien der größte Theil felbft dererjenigen Sklaven, die zum Landbaue gebraucher wurden, (denn ev redet von feinen andern) aus den entfernten Provinzen ges Fauft worden. Es ift befannt, daß die Hausfflaven in Rom, die Werfzeuge der Pracht und Ueppigkeit waren, gemeiniglich aus. öftlichen Ländern gebracht wurden. Wenn Plinius von der eiferfüchtigen Fürs forge der Herren vedet, faget er: Hoc profecere mancipiorum legiones, et in domo turba externa; ac feruorum quoque gaufa nomenclator adhiben- dus o). | | Varro p) griff es in der That an, junge Schäs fer von den Kindern der Alten zu ziehen. Denn da Die Ländereyen, fo zur Weide geſchickt waren, gemeie niglic) an entferaten und wohlfeilen Dertern waren, und ein jeder Schäfer in feiner Hütte befonders woh- nete, fo hatte feine Verheirathung und Vermehrung nicht Die Unbequemlichfeiten, die dieſe Umftände in theuren Dertern, und wo viele Knechte in einer Fa⸗ milie lebeten, nothwendig nach fich ziehen mußten; und Diefes war allezeit der Fall bey denjenigen römifchen Sandgütern, die Wein oder Korn hervorbrachten. Wenn wir diefe Ausnahme, die in Abficht der Schä- fer gemacher worden, betrachten, und die Urfache ders felben erwägen, fo werden wir darinn eine ftarfe Ber Eräftigung unferer eingeführten Vermuthungen fin. den q). Ich o) Lib/33. cap, r. p) Lib. 2. cap. ıo. q) Paftoris duri eft hie filius, ille bubulci. Iuuen..Sar, XI, ı5r. 476 Bon der Menge der Menfihen Sch geftehe es, Columells r) giebt den Herren den Kath, ihren Sflavinnen, die ihnen über drey Kinder aufgezogen, eine Belohnung und gar die Frey: beit zu ſchenken; ein Beweis, daß die Alten biswei— fen ihre Sklaven zur Fortpflanzung gebrauchet haben, welches in der That nicht Fann geleugnet werden, Wäre dieß nicht gewefen, fo würde Die Sklaverey, die bey den Alten fo gewöhnlich war, der Fortpflanzung des menfchlichen Geſchlechts einen Machtheil zugezo- gen haben, der auf Feine Weife hätte Fönnen erfeßet merden, Ich will aber auch weiter nichts. beweilen, als daß die Sflaveren überhaupt, ſowohl der Glück. feligfeit, als auc) der Vermehrung der Menfchen ſchaͤd⸗ lich) geivefen, und daß die Gewohnheit, gemiethete Bedienten zu unterhalten, zu diefen Abfichten weit vortheilhafter fen. Die Gefege, oder, wie fie von einigen Schriftftel» lern genennet werden, die Meuterenen der Brachen murden dadurch veranlaflet, daß fie den Anwachs der Sflaven in ganz Italien, und Die Abnahme der frenen Dürger bemerfeten, Appian s) fchreibt dieſen Zus wachs der Fortpflanzung der Sflaven ber. Plu⸗ tarch t) giebt für die Urſache deffelben die Erfaufung gefeflelter und eingeferferser Sflaven an, [Breßagına ÖsTkwrngd u)]. Sici⸗ r) Lib. I. cap. 8. 8) De bell. ciu. lib. m- t) In vita Tib. et C. Grachi. u) Eben das beweiſet dieſe Stelle aus dem ältern Seneca ex controuerfia, lib. 5. Arata quondam populis rura fin- gulorum ergaftulorum funt; latiusque nune villici, quam olim reges, imperant. Plinius. ſaget: At nune ' eadem, bey dei alten Nationen. 477 Sicilien, faget $lorus x), war voll von ergaftu- lis, und ward von gefeffelten Acersieuten gebauet, Eunus und Arhenio erregeten den Sflavenkrieg, - indem fie jene ungeheuren Kerker aufbrachen, und 60000 Sflaven die Freyheit ſchenketen. Der jüngere Pompejus verftärfere fein Heer in Spanien durch eben diefes Mittel y)y. Wenn alle Ackersleute im roͤmiſchen Meiche fich in eben den Umſtaͤnden befunden haben, und wenn es ſchwer, oder unmöglich war, Bes ſondere Wohnungen fuͤr die Sklaven in den Staͤdten zu finden; wie ſchaͤdlich muß alsdenn dieſe Einrich- tung der Sklaverey der Fortpflanzung, und wie ſeht muß fie dee Menſchlichkeit zuwider geweſen ſeyn? Lönftantinopel erfordert ißo eben den Zuwachs von Sklaven aus den Provinzen, den Nom vermals erfordert hatte, und diefe Provinzen find alfo nichts weniger als volreih; | Aegypten fendet beftändig, nad) der Mennung des Herrn Maillet, Colönien von ſchwarzen Sklaven nach den andern Theilen des türfifchen Reiches, und empfaͤngt dafuͤr jaͤhrlich eben ſo viel weiße Sklaven: | Die eadem, vindi pedes, damnatae tnänus, inferipti vultus exercent, lib. ı8. cap.3. Und fo auch Martial: Et fonet innumera compede Thufcus ager, lib.9. ep. 23 Und Lucan! — Tum lonsos iungere fines, Asrorum, et quondam duro ſuleata Camilli Vomere, et antiquas Curiorum pafla ligones, Loriga ſub ignotis extendere rura colonis. lib.. Vincto foſſore eoluntur | Hefperiae fegetes - = = - 44 x) Lib.3. cap. 19, pMUMlbecae 478 Von der Menge der Menfehen Die erftern werden aus dem Innerſten von Africa, und die leßtern aus Mingrelien, Circaßien, und ber Tartarey gebolet, . Unſere Klöfter find ohne Zweifel eine fehr fchlechte Einrichtung ; aber man hat Urfache zu glauben, daß in den alten Zeiten jede große Familie in. Italien, und vermuthlich auch in ven andern Theilen der Welt, ein Klofter geweſen. Und ob wir gleic) Urfache ha— ben, alle ſolche päbftlihe Einrichtungen zu verabs fiheuen, als die den elendeften Aberglauben unterbals ten, dem gemeinen Wefen befchwerlich, und den ara men Gefangenen vom männlichen und weiblichen Öes ſchlechte unerträglich find; fo iſt es dennoch die Frage, ob fie der Bevölkerung des Staats fo ſchaͤdlich find, als man fi) gemeiniglich einbildet? Würde das fand, welches einem Klofter zugeböret, von einem Edelmans ne befeffen, fo würde er feine Einnahmen auf Hunde, Pferde, Kammerdiener, Safenen Köche und Kammer: mägde verwenden; und feine Familie wuͤrde nicht viel mehr Bürgeliefern, als das Kloſter. | Die gemeinen Urfachen, warum Aeltern ihre Toͤch⸗ ter in die Klöfter thun, damit fie nicht von einer gar zu zahlreichen Familie möchten beläftigetroerden ; aber Die . Alten harten Hierzu ein Mittel, das faſt eben fo un: fhuldig war, und diefen Zweck weit befler erreichete, nämlich fie legten ihre Rinder in ihrer erften Kindheit an Derter, da fie umfommen mußten. Diefer Ge— brauch war fehr gemein, und wird von feinem Schrifte, ſteller diefer Zeiten mit dem verdienten Abſcheu z) oder nur mit Tadel angeführer. Plutarch, der leut⸗ ER”, ſelige, 2) Tacitus tadelt cd: De morib, Germ . bey den alten Nationen. 479 felige, der Menfchen freundlich gefinnete Plutarch a), rühmet es als eine Tugend am Attalus, dem Könige von Pergamus, daß er alle feine Kinder ermordete, oder, wenn man es anders nennen will, auf obges dachte Weife wegwarf, damit er feine Krone feinem Bruderfohne, dem Eumenes, laſſch moͤchte: er wollte ‚hierdurch feine Erfenntlichfeit und Liebe gegen den Zus menes an den Tag legen, weil er ihn zum Nachtheile feines eigenen Sohnes zu feinem Erben eingefegt hafte, Es war Solon, der berühmtefte von allen griechiſchen Weiſen, der durch ein Gefeg den Xeltern die Erlaube niß gab, ihre Kinder umzubringen b). Wollen wir denn behaupten, daß die benden Um— ftände, nämlic) das Klofterleben, ud das Wegwerfen r Kinder einander aufheben, und daß fie auf gleiche eife der Fortpflanzung des menfchlichen Gefchlechts binderlich geweſen? Ich follte faſt denfen, daß hier der Bortheil auf der Seite des Altertbumes fen. Biel: feicht hat diefe barbarifche Gewohnheit, durch einen - wunderlichen Zufammenhang der Urfachen, dazu Dies nen koͤnnen, diefe Zeiten noch volfreicher zu machen, - Da fich das Schrecken verlor, das eine gar zu zahlreiche Familie erreget, bequemeren fich manche zur Heirath; und fo ftarf ift die nafürliche Liebe, daß, in Bergleichung, nur ſehr wenige Entſchließung genug haben würden, wenn es zur Sache felbit Fame, ihre vorgefaßtes Vorhaben auszuführen, | Ehins a) De fraterno amore. Seneca billiget auch dad Weg⸗ werfen der ſchwachen und Eranklichen Kinder, De Ira - Lib. 1. cap. 13. b) Sext. Emp. Lib.3. cap, 24. | 480 Bon der Menge der Menſchen China iſt das einzige Land, wo dieſe barbariſche Gewohnheit, die Kinder wegzuwerfen, noch herrſchet; und es iſt doch das volkreichſte Land, das wir kennen, wo ſich alle Leute vor dem zwanzigſten Jahre verhei⸗ rathen. Solche frühe Heirathen koͤnnten kaum all⸗ gemein ſeyn, went man nicht ein ſo leichtes Mittel vorausfähe, fid) von feinen Kindern loszumachen. Ich geſtehe es, Plutarch c) reder von diefem Gebrauche, als einem fehr allgemeinen Grundfaße der Armen; und da die Reichen damals vom Heirathen abyeneige waren, wegen der Schmeicheleyen, die ihnen diejenigen erzeigeten, die auf ihre Erbfchaft hoffeten d); fomußte das gemeine Wefen fich nothwendig ſchlecht dabey bea nden, N In keiner Wiffenfchafe ift der erſte Anfchein bes trüglicher, als in der Staatskunſt. Findlingshofpis räler fcheinen der Vermehrung zuttäglich zu fen; und vielleicht koͤnnen fie e8 aud) unter gehöriger Ein: ſchraͤnkung ſeyn. Aber wenn fie allen ohne Linters. ſchied offen ftehen; ſo Haben fie vermurhlich eine wi— drige Wirfung, und find dem Staate ſchaͤdlich. Man rechnet, daß jedesmal das neunte Kind, das in Paris geboren wird, ins Hofpital koͤmmt, ob man gleid) nach dem gemeinen Saufe der Sachen glauben follte, da ©) De amore proli. | BR ß d) Die Gewohnheit, feinen Freunden anſehnliche Ber: mächtniffe, zum Nachtbeile naher Verwandten, zu bin: terlaffen, war in Griechenland ſowohl, als in Rom. gemein, wie wir aus dem Lucian ſchlieſten koͤnnen. Diefer Gebrauch gilt in den neueren Zeiten nicht viel mehr, und Ben Jofepbus Volpone ift alfo faft ganz: lich aus den alten Schriftitellern genommen, und hie fich beffer für die Sitten jener Zeiten. ben den alter Nationen. 48ı daß unter hundert Kindern nicht ein einziges fen, deſſen Aeltern ganz und gar unfähig wären, es zu ernähren und zu erziehen. Der unendliche Linterfchied zwiſchen einer Erziehung im Hofpitale, und einer Familiener: ziehung, follte uns bewegen, den Eintritt in ein Hoſpi⸗ tal nicht allzu leicht und allzu lockend zumachen. Seine Kinder umzubringen ift der Natur anftößig, und muß alfo ganz ungewöhnlich feyn; aber die Sorge für Dies felben andern aufbürden zu Fönnen, dieß ift eine große Berfuhung für die natürliche Faulheit der Mens fhen e). SR Nachdem wir den Hausftand, und die Sitten der Alten, in Abficht auf denfelben, mit der Aufführung der Neuern in diefem Puncte verglichen Haben, moben wir, wie es feheint, in der Hauptfache ven Vortheil über die Alten haben; fo wollen wir itzund die policifchen Gebräuche und Einrichtungen beyder Zeitalter unter: fuchen, und ihren Einfluß in die Verhinderung oder Beförderung der Fortpflanzung des menfchlichen Ges fhlechtes erwägen. Por dem Anmachfe der römifchen Gewalt, oder viel: mehr ehe diefelbe völlig fejtgefege war, waren faft alle Rn Voͤl⸗ e) Man kann mit Recht dafuͤr halten, daß die Freyheit der Eheſcheidungen in Rom gleichfalls vom Heirathen abgeſchrecket habe. Dieſer Gebrauch verhindert die Uneinigkeiten nicht, die aus einer widrigen Gemüthe- befchaffenheit entfteben, fondern vermehret fie vielmehr, und verurfacher die Uneinigkeiten, die aus dem Eigen: nuße entſtehen, und von weit gefahrlichern Folgen find. Siehe mit mehrerem hiervon Effays moral and politi- cal, Eſſay XXI. Vieleicht müffen auch die unnatürlichen Luͤſte der Alten hier in Betrachtung gezogen werben. ıo Dand, Hh | 482 Bon der Menge der Menfchen Völker, die in der alten Gefchichte vorfamen, in kleine $änder oder Fleine Republifen abgerheiler; wo folglich) eine große Gleichheit der Güter obwaltete, und der Mittelpunct des Staats allezeit nahe bey feiner Graͤnze war. In dieſen Umftänden befand fich nicht allein Griechenland und Tftalien, fondern aud) Spaz nien, Gallien, Bermanien, Africa, und ein großer Theil von Rleinaſien; und man muß befennen, daß Feine Einrichtung zur Fortpflanzung des menſchlichen Gefhlechts bequemer fern Fönne, als diefe Denn obgleich diejenigen, die überflüßige Güter befigen, da fie nicht im Stande find, mehr zu verzehren, als an— dere, diefelben nothwendig mit denen theilen müffen, die ihnen dienen und aufwarten: fo haben doch diefe $eute, weil ihr Befis ungewiß und erbettele ift, die Aufmunterung zum Heirathen nicht, als wenn fie ein. kleines aber ficheres und unabhängliches Glüd hätten. Außer dem find fehr große Städte der Gefellfchaft ſchaͤdlich, fie bringen Lafter und Unorönungen von aller Art hervor, fie entziehen den entferntern Provinzen den Unterhalt, und entziehen ihn fich felbft, da fie alle Le— bensmittel zu fo hohen Preifen erheben: Wo ein jeder fein fleines Haus und Feld für ſich Bat, und jede kleine Sandfchaft ihre-freye und unabhängliche Hauptftadt hat: mie gluͤcklich find alsdenn nicht die Menfchen! und wie fehr befördert eine folche Einrich—⸗ tung den Fleiß und den Ackerbau, die Heirathen und die Fortpflanzung? Wenn das Bermögen zu zeugen, das die Menfchen haben, in feiner völligen Staͤrke mirfete; fo würde die. Zahl der Menfchen in jeden Menfchenalter verdoppelt werden, wenn nämlic) diefes Bermögen nicht durch Armuth und Nothwendigkeit ein⸗ bey den alten Nationen. 483 eingefchränft würde: und gewiß nichts kann demfel- ben mehr Freyheit zu wirfen geben, als folche kleine Kepublifen, und folche Gleichheit der Gluͤcksguͤter un- fer den Bürgern. In allen Fleinen Staaten finder ſich natürlicher Weiſe eine Gleichheit der Güter, weil man in demfelben Feine Gelegenheit hat, fich weit aus⸗ zubreiten; aber in Eleinen Republiken findet dieſe Gleichheit noch mehr Statt, wegen der ihnen weſent— lichen Eintheilung der Gewalt und des Anfehens. Da fic) Eenophon nad) dem berühmten Feldzuge des Cyrus zurückgezogen hatte, vermiethete er fich mit 6000 Griechen an den Seutbes, einen thraciichen Prinzen; und in dem Bergleiche ward bedungen, daß ein jeder Soldat monatlich einen Darifen, jeder Haupts mann zen, und er ſelbſt, als Anfuͤhrer, viere befom- men follte, eine Einrichtung des Soldes, woruͤber fic) unfere Dfficiers nicht wenig vermwundern würden f). As Demofthenes und Aefihines mit noch acht andern, als Gefandte an den Philippus von Mace= bonien abgeſchickt wurden, ward ihnen ohngefähr auf vier Monate ein Gehalt von taufend Drachmen be— ftimmet, welches noch nicht einen Drachmen für jeden Gefandten täglich madt g). Aber, ein Drachme, wo nicht gar zwey, war das £ägliche Gehalt eines ge meinen Fußfnechtes h). Ein Hauptmann hatte ben den Römern zu Dos lybius i) Zeiten nichts mehr als den Doppeiten Sold ‚eines gemeinen Soldaten, und die Gefchenfe, die ihnen | h 2 nach f) De exped. Cyr. Lib. 7. g) De h) Thueyd. Lib, z. i) Lib.6. cap.3. = th, de falfa Leg. Er nennet es eine anfehnliche ds Fa 434 Bon der Menge der Menfchen nach einem Triumphe gemachet wurden, waren folg« lich nach dieſem Berhältniffe eingerichtet kK). Aber Marcus Antonius und das Triumvirat gaben den Hauptleuten fünfmal fo viel als den Gemeinen ]). Um fo viel hatte alfo der Anwachs der Republik die Ungleichheit unter den Bürgern vermehret m). Man muß befennen, daß die Berfaffung der neues ren Staaten, in Abficht auf die bürgerliche Freyheit, und die Gleichheit der Güter, der Fortpflanzung und Gluͤckſeligkeit des menfchlichen Geſchlechts bey weiten niche fo vortbeilhaft fey. uropa ift geößtentheils in große Monarchien eingetheilet, und die Fleinen Länder in denfelben werden gemeiniglich von unumfchränfs ten Prinzen regieret, die ihr Volk durch eine lächers fiche Nachaͤffung der größern Monarchen in dem Glanze ihrer Höfe und Anzahl ihrer Truppen, ungluͤck⸗ lih machen. Mur die Schweiz und Hollend gleichen den alten Republiken; und obgleich die "Schweiz im geringften feine Vortheile, weder in Ab- ſicht des Bodens, des Clima, noch der Handlung bes figt, fo bemeifet doc) die große Anzahl von Volke, das in diefer Republik ift, (ob fich gleich ihre Bürger faft an alle Prinzen in Europa vermierhen) zur Ges nüge die Vorzüge ihrer politifchen Berfaflung. Ic k) Tit. Liu. lib. 41. cap. 7, 13. et alibi paſſim. ]) Appian, de bell. ciu. lib. 4. m) Caſar gab den Hauptleuten ein Geſchenk, das gehts mal mehr werth mar, als dag, fo er einem gemeinen Soldaten gab. De bell. Gallico Lib. s. In der Rho⸗ diſchen Auswechſelung, deren hernach wird gedacht werden, wird kein Unterſchied nach dem Range bey der Armee in der Ranzion gemachet. * 13 bey den alten Nationen. 485 Die alten Kepublifen fegeten ihre vornehmfte oder vielmehr einzige Sicherheit in die Menge der Bürger. Da die Trachinienfer eine große Anzahl Volk eine gebüßee hatten, wandten fich die Ubriggebliebenen an Sparta, ihre Hauptftadt, um von da einen neuen Zus wachs von Einwohnern zu befommen, an ftatt ſich durd) die Berlaffenfchaft ver abgegangenen Bürger zu bereichern. Die Spartaner brachten alfobald zeben eaufend Mann zufammen, unter welche die alten Bürs ger die Aecker der Umgefommenen austheileten n). Nachdem Timoleon den Dionpfius aus Syras cus verbannef, und Sicilien wieder in Drdnung ges bracht hatte, fahe er, daß die Städte, Syracus und Sellinuntium, durch Tyranney, Krieg und Aufruhr, ungemein entwölfert worden, und lud aus Griechenland neue Einwohner ein, um fie wieder zu bevölfern 0). Alfobald bothen fich 4oooo Mann an, (Plutarch p) fagt 60000), und er theilete das fand, zum großen Bergnügen der alten Einmohner, in eben fo viel Theile unter fie aus. Wir fehen hieraus die Grundfäge ber alten Politif, der mehr daran gelegen war, daß der Staat bevölkert, als daß er reich fen; und es zeiget zugleich die gute Wirfung diefer Grundfäge, daß ein ſo kleines Sand, als Griechenland, fo volkreich war, daß es auf einmal eine fo ftarfe Kolonie hergeben fonnte. Die römifche Republik befand fich in den erften Zeiten faft in eben den Umſtaͤnden. Es ift ein gefährlicher Bürger, der Yo mit fieben Morgen 3 ans n) Diod. Sic. Lib.12. Thucyd. lib.3. 0) Diod.Sic. lib. ı6. p) In vita Timol. 486 Von der Menge der Menſchen Landes begnügen kann, ſagete M. Curius q). Solche Begriffe von der Gleichheit muͤſſen nothwendig eine große Anzahl Volkes hervorbringen. Nun muͤſſen wir auch die Hinderniſſe und die Ein— ſchraͤnkungen betrachten, wodurch der Ueberfluß an Volk von Seiten der Regierungsform und Staats⸗ marimen ber Alten gelitten bat. Jeder Zuftand der Menſchen hat gemeiniglic) feine Erfegungen; und ob gleich diefe Erfegungen nicht allemal von vollfommen gleichem Werthe find, fo dienen fie doch wenigſtens darzu, den herrſchenden Grundſatz einzufchranfen. Sie mit einander zu vergleichen, und ihren Einfluß zu bes ſtimmen, ift felbft alsdenn ſchwer, wenn fie in einem Zeitalter und in benachbarten Ländern Statt finden; aber wenn verfchiedene Zeitpuncte darzwiſchen find, und die alten Schriftfteller uns nur zerftreutes Licht geben, was bleibt uns da anders übrig, als daß wir über einen fo wichtigen Borwurf für und woider flreiten, und dadurch unfere übereilten und gemaltfa- men Schlüffe verbeffern ? | ae Erſt⸗ q) Plin. lib. 18. cap. 3. Eben derſelbe ſagt cap. 6. Ve- rumque fatentibus latifundia perdidere Italiam, iam vero et prouincias. Sex domi femiflem Africae pofü- debant, cum interfecit eos Nero princeps. In dieſer Abſicht waren die barbarifchen Hnrichtungen der er: ſten römifchen Kaifer der Bevölkerung des gemeinen Weſens nicht fo fehadlich, als wie man fich etwa ein= ‚ bilden möchte. Diefes Blurbad hörete nicht eher auf, als bis die berühmten Kamilien ausgerottet waren, bie. den Raub der Welt in den legten Zeiten der Republik befaßen. Der neue Adel, der an ihre Stelle Fam, war nicht fo anfehnlich, wie wir aus dem Tacitus fehen. Ann, Lib, 3. cap. 55. Erſtlich merken wir an, daß die alten Republiken faft beftändig im Krige verwickelt gewefen ; es war dieſes eine natürliche Wirkung ihres Friegerifchen Gei« ftes, ihrer Liebe zur Freyheit, ihrer Nacheiferung un-⸗ ter einander, und des Hafles, der durchgehends unter Nationen berrfchet, die gar zu nahe Nachbarn find. Nun ift ein Krieg in einem Fleinen Staate viel vers derblicher, als in einem großen; theils, weil alle Ein= wohner zu Felde ziehen müfjen, theilg, weil der Staat nichts als Graͤnze ift, und den Einfällen der Feinde ganz offen ſteht. Die Kriegesmarimen der Alten waren weit ver- Derblicher, als fie zu unfern Zeiten find; vornehmlich Durch die Austheilung des Raubes, den man den Sol- Daten erlaubete, . Die gemeinen Soldaten in unferen Heeren find ein fo niederträchtiges Gefindel, daß mir finden, daß ein jeder Ueberfluß über ihren gewoͤhnli— chen Gehalt, Unordnung, Bermirrung, und eine voll: kommene Berabfaumung der Kriegeszucht hervor- bringe. Eben die niederfrächtige- und fchlechte Aufz führung dererjenigen, aus Denen unfere Heere beftehen, machet, daß fiedenen $ändern, die fie anfallen, nicht fo fürchterlich und fchädlich find. Dieß Beyfpiel leh⸗ ret unter andern, wie betrüglich der erfte Anfchein in politifchen Anterfuchungen ſey r). IR, 254 Die 5) Da die alten Soldaten freye Bürger waren, und nicht zur niedrigften Claffe gehöreten, fo waren fie alle ver= beirathet. Unfere Soldaten werden entweder gezwun⸗ gen, ehelos zur eben, oder e8 tragen auch ihre Heira= then nicht viel zur Vermehrung des menfchlichen Ge- ſchlechts bey. Es iſt dieß ein Umftand, der vielleicht — der Alten muß in Betrachtung gezogen werden. bey den alten Nationen. 487 rn 488 Bon der Menge der Menfehen Die alten Schlachten waren eben wegen der Be: fehaffenheit der Waffen, deren man fich in denfelben bedienete, viel blutige. Die Alten macheten. ihre Schlachtordnungen 16 bis 20, zumeilen wohl so Mann boch, und folglich war die Spige ſehr ſchmal. Es mar leicht ein Feld zu finden, worinnen beyde Heere Fonnten geordnet und handgemein werden. Selbſt da, wo ein Haufen Rriegesvolfer durch Hecken, Hügel, Gebüfche oder hohle Wege abgehalten ward, harten fie Zeit, fo bald das Treffen angegangen war, die Hins derniffe, die fich ihnen mwiderfegten, zu überminden, und an dem Treffen Theilzunehmen. Da alfo dag ganze Heer fochte, und ein jeder, Mann vor Mann, es mit feinem Gegner aufnahm; waren die Schlachten ges meiniglich fehr blutig, und es war an benden Seiten ein graufames Morden, vornehmlich unter den Ueber mwundenen, Die langen, dünnen Reihen, welche das Schießgewehr erfordert, und die geſchwinde Entſchei⸗ dung der Schlacht, machen, daß in unferen heutigen Treffen fih nur Theile des Heeres mit einander fchla- gen, und fegen den Feldherrn, der am hellen Tage gefchlagen wird, in den Stand, den größten Theil feines Heeres unverfehre zurück zu ziehen. Könnte Folards Entwurf, die Schlachtordnung in Form | einer Golumne zu ftellen s), Statt finden, —— do s) Was hat die Columne für Nutzen, wenn fie des Fein⸗ des Linie gebrochen hat? keinen andern, als daß fie den Feinden in die Geite fallt, und alle das, was ihr nahe ift, durch ein Feuer von allen Geiten in Unord- nung bringe. Aber muß fie nicht, ehe fie durchbrechen kann, ben Feinden eine Seite bloß geben, Die bem Feuer des Fleinen Gewehres, und was noch viel fehlimmer ift, dem groben Gefihüge, ausgefege iſt? Ä bey den alten N n 489 doch unmoͤglich ſcheint), ſo wuͤrden unſere Schlachten eben ſo blutig, als der Alten ihre, werden. Die Schlachten der Alten wurden durch ihre Dauer, und durch ihre Aehnlichkeit mit einer einzelnen Schlaͤ⸗ gerey, zu einem Grade der Wuth gebracht, die in un— fern Tagen ganz unbekannt ift, Nichts, als die Hoffe nung des Gewinns, wenn fie Die Gefangenen zu Sfla«s ven macheten, konnte die fireitenden Parteyen bemes gen, einander Quartier zu geben. Syn bürgerlichen Kriegen waren die Schlachten, wie wir aus dem Tas citus ſehen t), am blutigften, weil die Gefangenen nicht zu Sklaven gemachet wurden. Wie hartnäckig muß der Widerftand gemefen feyn, da der Uebermwundene ein fo hartes Schikfal erwar- tete! Mit welcher Erbitterung und Wurh muß man gefochten haben, da die Kriegesmarimen in aller Ab» ficht fo blutig und graufam waren! Man finder oft in der alten Gefchichte, daß die Einwohner in belagerten Städten, ehe fie dem Feinde die Thore geöffnet, lieber ihre Kinder und Weiber umgebracht, und fich felbft in einen freymwilligen Tod geftürzee haben, da fie vielleicht noch) den Fleinen Troft hatten, daß fie fih dadurch an ihrem Feinde rächen würden. Die Griechen fowohl, als die Barbaren u), find oft zu diefem Grade der Wuth gebracht worden, und eben diefer gefegte Geift und Graufamfeit müffen in vielen andern Fällen, die weniger merkwuͤrdig find, für die menfchliche Gefellfchaft ausnehmend verberb» 2 bz lich t) Hiſt. Lib. 1. cap, 44. | u) 3.€. Abydus deren Livius gedenkt Lib. 31. cap. 17. 18. und Polyb. Lib. 18. So auch die Kanthier. Appian de bell. eiuil. Lib. 4. - ER #7 Al > 490 Bon der Menge * Menſchen lich geweſen ſeyn, vornehmlich in den kleinen Repu⸗ bliken, die ſo nahe Nachbarn waren, und ſich beſtaͤn⸗ dig in den Haaren lagen. Oft wurden, ſaget Plutarch x), die Kriege in Griechenland bloß durch Einfälle, Plünderungen, und Seeraͤubereyen geführer, Diefe Ark zu Eriegen muß in Eleinen Staaten verderblicher gewefen feyn, als die blutigſten Schlachten und Belagerungen, Mach den Gefegen der zwoͤlf Tafeln wurden unbes megliche Güter, durch einen Befis von zwey fahren, und bewegliche Güter, durch einen Beſitz von -einem „Sabre, verjähret y). Dieß zeiget an, daß, während diefer Zeit, in Italien nicht viel mehr Ordnung, Rus be, und gut eingerichtete Policey gemefen, als itzund unter den Tartarn iſt. Der einzige Auswechſelungsvergleich, den ich in der alten Geſchichte finde, iſt der, ſo zwiſchen dem Demetrius Poliorcetes und den Rhodiern ge— ſchloſſen ward; da man ſich daruͤber verglich, daß ein freyer Buͤrger fuͤr 1000 Drachmen, und ein Sklave, der die Waffen trug, für 500 follte ausgelöfer wer⸗ den 2). Aber zum zweyten fcheint es, daß die alten Sit⸗ ten nicht allein zu Krieges-fondern auch zu Friedens» zeiten, in allen Abfichten der Fortpflanzung bey weis fem x) In vita Arati. y) Inft, Lib.2. cap, 6. Es ift wahr, eben dieſes Geſetz ſcheint bis auf Die Zeit Juſtiniaus gedauert zu haben. Aber Misbraͤuche, die durch die Barbarey eingeführet worden, werden nicht allemal durch eine gute bürger- liche Berfaffung verbeffert. 2) Diodor, Sic. lib, 20. | R bey den alten Nationen. 491 tem nicht fo zutraͤglich gewefen, als die unfrigen find, wenn wir die Siebe zur bürgerlichen Freyheit und Gleichheit ausnehmen, die allerdings von fehr großer Wichtigkeit find. Es it fehr ſchwer, wo nicht gar unmöglich, die Unruben der Parteyen aus einer freyen Regierung zu verbannen; aber diefe eingewurzelte Wuth zwifchen den Parteyen, und diefe blutigen Grundfäße, findet man zu unfern Zeiten nur noch bey den Reli⸗ gionsparteyen, da abergläubige Priefter die Anfläger, Richter und Bollftreder find. In der alten Ges ſchichte finden wir allezeit, daß, wenn die eine Partey die Oberhand befam, es mochte nun der Adel oder das Volk feyn, (denn ich kann hierinn einen Unterfchied bemerfen a)), fie alfobald alle ihre Gegner, deren fie habhaft werden Fonnte, hinrichten ließ, und Diejenigen verbannete, die fo glücklich waren, ihrer Wuth zu ent« rinnen. Da mar fein gerichtliches Verhoͤr und Uns terfuchung, Fein Gefeg, Feine Gnade, Bey einer jeden Staatsveränderung ward der vierte, der dritte Theil, und bisweilen gar die Hälfte einer Stadt, hingerichtet oder verjaget, und die Verbanneten vereinigten ſich allezeit mic den auswärtigen Feinden, und fügeten ih: ven Mitbürgern alles mögliche Ungemach zu, bis ihnen das Glück erlaubere, fih bey einer neuen Staatsver⸗ änderung vollfommen zu rächen. Und da biefe Staatsveränderungen fehr häufig waren; fo koͤnnen mie uns Faum einen Begriff von der Unordnung, Dem Mistrauen, der Eiferfucht und der Feindfchaft machen, _ die in Diefem Weltalter herrfcheten. Ich a) Ayfias, der es ſelbſt mit dem Volke gehalten hatte, und mit Noth den dreyßig Tyrannen entmwifcher war, ſagt, dag die demokratiſche Regierung eben fo gewaltfam ges weſen, als die Oligarchie. Orat, 24. de ftatu Popul, j son Born der Menge der Menfchen ch erinnere mich nur zwoer Staatsveränderuns gen inder alten Geſchichte, die ohne große Grauſamkeit und Blutvergießen vorgegangen find, naͤmlichdie Wies derherſtellnng der athenienfifchen Demveratie durch den Thrafpbulus, und .die Bezwingung der römifchen Republik durch den Caͤſar. Bir lernen aus der alten Gefchichte, daß Thraſybulus für alle vergan« gene Verbrechen eine Amneftie ſtiftete; und dieſes Wort und dieſen Gebrauch zuerſt in Griechenland einfuͤhrete b). Nichts deſto weniger erhellet aus vie⸗ len Reden des Lyſias , daß die vornehmſten Verbrecher, und auch einige von den geringern, die ſich bey der vorhergehenden Tyranney ſchuldig ges macht hatten, vor Gericht gefodert, und am $eben ges ftrafe worden. Es ift dieß eine Schwierigkeit, die von den Kennern der Alterthuͤmer und der Geſchich⸗ ‚ te nicht aufaefläret, ja nicht einmal bemerfet worden. " > Und was die Gnade des Caͤſars anbetrifft, fo würde fie, fo beruͤhmt fie auch iſt, zu unferer Zeit, Doch nur fchlechten Benfall finden. Er ermordete, zum Exem⸗ pel, den ganzen Kath des Cato d), nachdem er Utica erobert hatte; und wir koͤnnen leicht denfen, daß diefe nicht der fchlechteften Glieder Partey gemes fen, Alle diejenigen, fo wider diefen unrechtmäßigen Eroberer die Waffen getragen hatten, wurden als Verbrecher angefehen, und durch ein Geſetz des Hir⸗ tius aller öffentlichen Bedienungen unfähig er⸗ klaͤret. | | Diefe b) Cicero Philipp. T. €) Orat. ı. contra Eratoft, orat. ı2. contra Agorat, orat, 15. pro Mantiff, d) Appian. de bell. ciu. lib. 2. bey den alten Nationen, 493 Diefe Völker waren aͤußerſt in die Freyheit ver- liebt; aber die wahre Natur derfelben ſcheint ihnen unbefanne gervefen zu ſeyn. Als die dreyßig Tyran⸗ nen ihre Herrfchaft in Athen feftfegeren, fiengen fie da« mit an, alle dje Angeber und Spionen beym Kopfe zu nehmen, die während der Democratie ſo viel Uns heil angerichtet hatten, und brachten fie durch einen willkuͤhrlichen Ausfpruch und Bolftrefung zum Tos de. Ein jeder, (faget Salluft e) und Lyfias f) freueten fid) über diefe Beſtrafungen: man bedachte nicht, Daß von dieſem Augenblicke an alle Frey: heit völlig aufgehoben war. Die ungemein farfe und Eräftige Schreibart des Thucydides, und der große Reichthum und der Nachdruck der griechifchen Sprache fcheine zu ſchwach zu feyn, wenn diefer Geſchichtſchreiber ſich bemüber, die Unordnung zu befchreiben, die die Parteyen in allen griechifchen Republiken angeſtiftet. Man fol: te denfen, daß, er fic) noch ftets mit einem Gedanfen befchäfftige, für den er Feine Worte finden fönne. Und er befchließt dieſe parherifche Befchreibung durch eine Anmerfung, die eben fo fein als gründlich iſt: „In „diefen Streitigkeiten (faget er,) behielten die Ein« „fältigften, die Dümmften, und, die die wenigfte „Einſicht ins Künftige hatten, die Oberhand, Denn „da fie fic) ihrer Schwäche bewußt waren, und bes „forgefen, von den Klügern überwunden zu werben, ö „ſo e) Siehe Caͤſars Rede, de Bell. Catil. f) Orat. 24. Er faget nur, daß die Parteplichkeit die Ur⸗ fache fey, warum dieſe unrechtmäßigen Beftrafungen misfallen follten. 1 AN 494 Don der Menge der Menfchen „fo nahmen fie eiligft, und obne ſich fange zu beden⸗ „een, ihre Zuflucht zum Schwerdte und zum Dolche, „und famen dadurch ihren Feinden zuvor, die auf „feine und liftige Entwürfe, fie aus dem Wege zu „träumen, dachten „» 9) Des aͤltern Dionyſius h) nicht zu gedenken, dem man nachgerechnet hat, daß er mit Faltem Blu- te bey 10000 feiner Mitbürger hat hinrichten laffen ; noch den Agarbocles i), den Nabis k) und an— dere, die noch graufamer als er gemefen, anzuführen; ſo gab es felbft in freyen Republifen ungemein ge= waltfame und verderblihe Vorfälle, Zu Athen » brachten die dreyßig Tyrannen und die Edlen in eis. ner Zeit von zwölf Monaten, obngefähr 1200 von dem Volke ohne gerichtliches Berhör um, und ver» bannten über die Hälfte von denen Bürgern, die noch | 8) Lib. 3. Das Land in Europa, worinn ich bemerfet habe, daß die Parteyen am gewaltfamften, und der Haß derfelben am flarkften iſt, iſt Irrland. Dieß sehr fo weit, daß felbft Die gemeinften Pflichten der Höflichkeit zwifchen den Proteffanten und Catho— Yifen nicht beobachtet werden. ihre graufamen Ans alle, und die ſtrenge Rache, Die fie aneinander ausge— über haben, find die Urfachen dieſer übeln Gefinnung, welche Die vornehmfte Duelle der Unordnung, der Ar⸗ muth, und der fehlechten Bevölkerung Diefed Landes iſt. Ich ſtelle mir vor, daß die griechifchen Parteyen ihre Such noch weiter getrieben haben, die Staatd- veränderungen waren gemeiniglich Haufiger, und dee Mordgeiſt allgemeiner. h) Plut. de virt. et fort. Alex. i) Diod. Sie lib. 18, 19. k) Tit. Liv, Lib. 31, 33, 34. — 4 bey den alten Nationen. 495 noch übriggvaren 1). In Argos tödtege das Volk bey nahe Um eben die Zeit 1200 von den Edlen, und ermordete feine eigenen Anführer, weil fie die Berfolgungen nicht weiter treiben wollten m), Das Volk in Corcyra brachte gleichfalls 1500 von den Edlen um, und verbannte 1000 derfelben n), Wir muͤſſen uns über diefe Zahlen noch mehr verwundern, wenn wir bedenfen, wie ungemein Flein diefe Staa— ten geweſen: doch die ganze alte Gefchichte ift voll von Borfällen diefer Are 0). | As h Diod. Sicul. lib, 14. Iſocrates faget, daß nur 5000 derbannet worden. Er rechnet die Zahl der Getoͤd— teten auf 1500. Areop. Aefchines, contra Ctefiph. ‚rechnet eben fo viel. Seneca (de tranqu. anim. cap. 5.) ſaget, daß es 1300 gewefen. | m) Diod. Sie, lib. 15. n) Diod. Sic. lab. 13. 0) Wir wollen nur bloß aus dem Diodorus Sicufus einige wenige anführen, Die fich innerhalb 60 Jahren zu einer Zeit zugetragen haben, da Griechen: land das meifte Auffehen machte. Aus Sybaris wurs den 500 Edle und ihre Anhänger verbannet. Lib. ı2. Pag. 77. ex edit. Rhodomanni. Bon den Chiern wur: den 600 Bürger verbannet. Lib. 13. p. 189, Zu Ephe⸗ ſus wurden 340 umgebracht, und 1000 verbannet. Lib, 13. p. 223. Von den Eyrenieen wurden 500 Edle ges - tödtet, und alle übrige wurden verbannt, p. 263: Die Co: rinther ermordeten 120, und verjagten 500, Lib. 14. P. 354. Der Spartaner Pborbidas verbannte 300 Boͤotier, Lib. 15. pag. 34» Beym Verfalle der La: vedamonier ward die Regierung des Bolfs in vielen Städten wieder: eingeführet, und an den Edlen eine fehr ftrenge Rache, nach Art der Briechen, ausgeuͤbet Aber hierbey hatte die Sache noch fein Ende ; 13 J N * 496 Don der Menge der Menſchen Als Alexander befahl, daß alle Verbannte in alle Staͤdte wieder ſollten eingeſetzet werden, Mn man, daß ſich die Zahl bis auf 20000 erſtreckte p), fo Ders die verbannten Edlen kamen in manche Städte mies der zurück, und ermordeten ihre Gegner, als in Eos zintb, in Phialaͤ, Megara und Phliafie. In diefem Teßtern Drte brachten fie 300 von dem Volke um; doch diefe empöreten fich von neuem, und brachten 600 von den Edlen um, und ver- banneten die übrigen, Lib. 15. pag. 3577. In Ar⸗ cadia wurden 1400 verbannef, und außerdem noch viele getödter. Die Verbannten flüchteten nach Sparta und Pallantium, die Ießtern wurden alle ausgeliefert und umgebracht, Lib. 15. pag.373. Bon den VBerbannten aus Argos und aus Theben waren soo bey dem fpartanifchen Heere, Lib. 15. pag. 374: . In eben diefem Buche des Diodorus finden wir eine Nachricht der merfwürdigften Graufamfeit des Age- tbocles. Das Volk hatte, ehe er fich der Regierung bemächtigte, 600 Edle verjaget, Lib. 19. pag: 655. nachher ließ diefer Tyrann gemeinfchaftlich mit dem Bolfe 4000 hinrichten, und verjagte 6000, Id. pag. 647. Er tödtere 4000 von dem Volke zu Gele, Id. pag. 741. Der Bruder des Agathocles verbanne- te 8000 aus Syracus, Lib. 20. pag. 737. Die Eins wohner von Aegeſta, deren Anzahl fich auf 40000 erfirerfte, wurden mit Weibern und Kindern umger bracht, und noch dazu wegen ihres Gelded gemar: tert, Id. pas. 802. Alle Anverwandten, namlich Ba: ter, Brüder, Kinder und Großvater feiner Iybifchen Armee wurden getödtet, Id. pag. 803. Er toͤdtete 7000 Berbannte, nachdem fie capitulivet hatten, Id. pas. 816... Es wird angemerkt, daß Agarbocles ein Mann von großem Verdienſte und Tapferfeit ges weſen. | p) Diod, Sicul, Lib. 18. bey den alten Nationen 497 vermuthlich die Ueberbleibfel von noch weit größerm Morden waren, Welch eine erftaunende Menge in einem fo Eleinen Sande, als das alte Griechenland war. Und wie fehr müffen diefe Städte, in welchen die Parteyen fo wuͤthend, fo verzweifelnd waren, Durch häusliche Verwirrung, Eiferſucht, Darteylichkeit, Nas che und bittern Verdruß feyn zerriffen worden, Es würde leichter feyn, fagte Iſocrates zum Philippus, aus den Fluͤchtlingen ein Heer zʒuſam—⸗ men zu bringen, als aus den Staͤdten. | Selbft wern die Sachen nicht ſo weit Famenz (welches doc) in jeder Stadt alle Jahrhunderte ‚men oder dreymal geſchah), fo ward doch der Beſitz durch) Die Regierungsgrundfäge der Alten ſehr unge wiß gemacht, Xenophon giebt uns in dem Gafts mahle des Socrates eine fehr natürliche und unges Fünftelee Befchreibung von der Tyranney des athe⸗ nienſiſchen Volkes. „Bey meiner Armuth (faget „Charinides) bin ich weit gluͤckſeliger, als ich je— „mals bey meinen Neichthümern gewefen,. Um fo „viel man nämlich glücklicher ift, wenn man ficher, als „wenn man in Furcht it, wenn man frey ifl, als „wenn man ein Sklave ift, und um fo viel es „beſſer ift, zu empfangen als auszugeben, und ein „Gegenftand des Vertrauens als des Verdachts zu „ſeyn. Vormals war ich verbunden, alle Spionen „zu liebkoſen; man legte mir immer was auf, und „man erlaubte mir es niemals, zu reiſen, und von „der Stadt abivefend zu ſeyn. Jetzund, da ich arm „bin, babe ich eine drohende und troßige Mine ans „genommen, Die Keichen find vor mir in Furcht, he erzeigen mir jede Art der Höflichkeit und der ‚40 Dand, Si 2 Ehr- 493 Von der Menge der Menfchen „Ehrfurcht; und ich bin ein Eleiner Tyrann in der „Stadt geworden q). » Bir. In einer vonden gerichtlichen Reden des Lyſias r), redet der Redner mit Faltem Blute nur im Vorbey— gehen von dem Grundfage der Arhenienfer, daß wenn fie in Geldnoth geweſen, fie einige von den reichften Bürgern und Fremden binrichten ließen , damit ihre Güter an den Staat verfallen möchten. Er era waͤhnet Diefes auf eine folche Art, daß es nicht fcheint, als wenn er es tadeln, vder Dadurch Diejenigen aufbringen wolle, die feine Zuhörer und Richter waren. Es mochte einer ein Fremdlig oder ein Bürger unter diefem DBolfe ſeyn, fo fiheint es in der That nothwendig geweſen zu feyn, ſich felbft feiner Reich⸗ thuͤmer zu berauben, wo man nicht wollte, daß das Volk fie mie dem Leben rauben follte. Diefer Ned» ner giebt eine luftige Nachricht von einem Capital, das zum öffentlichen Behuf beſtimmt worden s), und wovon q) Pag. 885. ex edit. Leunel. r) Orat. 29. in Nicom? ' s) Um feinen Elienten der Gunſt des Volks zu empfeb- len, fübret er alle die Summen an, die er aufgewandt hatte. Da er xuenyas geweſen, 30 Minen: für eis nen Chor von Mannsperfonen, 20 Minen ; sirzuger xıras, 8 Minen; ardgası xoenyar, 50 Minen; zu zrruxwen, 3 Minen; fiebenmal war er Trierarch gemwefen, wobey er 6 Zalente aufgewendet. An Ta= gen hatte er entrichtet, einmal 30 Deinen, einander- ' mal 405 yuwasızeyge, 12 Minen, xupnyos zadıra. xuceu, 15 Minen ; xonedus xweryav, 18 Minen; wuryisms ayamasy. 4 Minen; und noch in 2 an⸗ dern Bedienungen. 45 Minen : überhaupt 10 — 38 Bi⸗ 4 bey den alten Nationen. 499 wovon mehr als der dritte Theil auf feltene Schau» fpiele und Tänze verwandte worden, Es ift nicht nöhig, daß ich von den griechifchen Tpranneyen rede, Die ganz und gar abfcheulich wa« ven. Selbſt da, wo die monarchifche Regierung vera mifcht war, wie ſie es in den meiften alten Staaten Griechenlandes war, ehe fie Republifen wurden, mar es mit diefer Negierungsform fehr ſchlecht beſtellt. Kaum eine Stadt in Öriechenland, ſaget Iſokrates, — i2 fann 38 Minen ; eine ungeheure Summe für einen Athe—⸗ nienfer, welche ſchon allein große Reichthuͤmer aus⸗ machte. Orat, 20, Es iff wahr, er ſaget, die Gefege verbinden nicht zu einem fo großen Aufwande, fie fors dern nicht uber den vierten Zheil. Aber obne die Gunſt des Volks war niemand ficher; und dieß war der einzige Weg, fie zu gewinnen. Siehe ferner Orat. 24.de Pop. ftatu. An einem andern Drte führer er jes mand vedend ein, welcher faget, Daß er fein ganzes Bermögen, das ungemein betrachtlich gemwefen, naͤm— lich 80 Talente, dem Bolfe zum beften gegeben. Orat. 25, de prob. Euandri, Die mereixos ODER Sremden, fa: et er, hatten Urſache, es fich gereuen zu laffen, wenn fie nicht genug zur Eitelkeit des Volks hergegeben Hatten, Orat. 30. contra Phil, Man ficher, mit wels cher Sorgfalt Demoftbenes feinen Aufwand von dies fer Art ausſtreicht, da er fich vertheidigte: De coro= na, Und wie fehr er die filjige Sparfamfeit Des Mi: Dias in diefem Punkte vergrößert, in feiner Ankla Diefes Verbrechers. Alles dieſes zeiget art, wie ımbils lig die Gerechtigkeit in Athen gehandhabt worden. And doch rühmten ſich die Athenienfer, daß fie vor allen griechifchen Voͤlkern die rechtmaͤßigſte und beſte Gtaatsverfaflung hatten. ge * 500 Bon der enge der » Denfien kann außer Arhen eine: Folge von. Königen, waͤhrend vier oder fuͤnf Menſchenaltern, aufweiſen t). Außer vielen andern Urſachen der Unbeftändigfeit der alten Monarchien, mußte Die gleiche Austheilung der Guͤter unter Die Brüder einer Privatfamilie nothwendi⸗ ger Weife den Staat in Unruhe und Unordnung fegen, Obgleich der allgemeine Vorzug, den die aͤlteſten Bruͤ⸗ der in den neuern Staaten haben, die Ungleichheit der Guͤter vermehret, ſo hat er dennoch dieſe gute Wirkung, daß die Menſchen dadurch angewoͤhnt werden, von der Regierungsfolge eben ſo zu denken, und den juͤngern Bruͤdern dadurch alles Recht und Anſpruch auf die Erbfolge benommen wird, | Da die neue Colonie, die fih zu Heraclea nie dergelaffen hatte, in Parteyen zerfallen war, wandte fie fich an die Spartaner, die den Heripidas mit der’ Vollmacht abfandten, die Zwiftigfeiten beyzule⸗ gen. Diefer Mann, der durch feinen Widerftand gereizet, und durch Eeine Parteywuth erhitzt war, wuß⸗ te Fein beſſer Mittel, als alſobald ohngefähr 500 Bürger um; ubringen u). Es ift dieß ein Beweis, wie tief dick gewaltfamen Staatsmarimen bey allen Griechen eingewurzelt gemwefen. | Wenn diefes geſittete und feine Volk fo geſinnt ges mefen, was müffen wir denn nicht von den Kepublis Een in Italien, Africa, Spanien und Gallien geden» ' fen, da diefe ander alle für barbarifc) gehalten wur« den? Was hätten fonft die Griechen für Urfache ges habt, ſich wegen ihrer Menſchlichkeit, Gelindigkeit amd Mäßigung über alle andere Nationen zu m th Panath. u) Diod. Sic, Lib. 14, — behy demalten Nationen. 501 ben? &o follte man freylic) natürlicherroeife ſchlieſ⸗ ſen: aber zum Ungluͤcke widerſetzt ſich die Geſchichte der roͤmiſchen Republik in ihren fruͤhern Zeiten, wo wir anders den angenommenen Meynungen Glauben beymeſſen, dieſem Schluſſe. Es war zu Rom in keinem Aufruhr Blut vergoſſen worden, bis auf die Zeit, da die Grachen ermordet wurden. Dionys fins von Salicarnaf x), der die fonderbare Menfchlichfeit des römifchen Volks in diefer Abfiche anmerket, will daraus fihließen, daß es von griech: fcher Abkunft fey : und wir Fönnen daraus fchließen, daß die Meutereyen und Staatsveränderungen in den bar barifchen Kepublifen noch gewaltfaner gewe⸗ fen, als in den griechifchen. Wenn die Römer fo ſpaͤt zum Blutvergießen fa: men, fo holeten fie diefe Verſaͤumniß defto beffer ein, nachdem fie einmal die Blurbühne betreten hatten; und Appians Geſchichte der buͤrgerlichen Kriege enthaͤlt das fürchterlichfte Gemälde von Mordthaten, Berweifungen und Achtserflärungen, fo jemals der Melt vorgeftelle worden. Was bey dieſem Ge— ſchichtſchreiber am meiften gefällt, ift, daß es ſcheint, als wenn er eine gehörige Empfindung diefes barba- rifchen Berfahrens habe, und daß er nicht Davon mit dem anftößigen Kaltfinne und Gleichguͤltigkeit rede, wozu Die — viele griechiſche Geſchichtſchrei⸗ ber gebracht hatte y). ) Lib I. Ki; \ y) Die oben angeführten Bewerte find alle aus Se: ſchichtſchreibern, Rednern und Philoſophen genom⸗ men, deren Zeugniß gültig iſt. Es iſt gefährlich, ſich ‚a Scheiftifeller zu — ‚ die ſich mit ven ers * 502 Bon der Menge der Menfehen. cherlichen und der Satyre befchafftigen. Was foll, 3.€. die Nachwelt aus diefer Stelle des Dr. Swifts fehließen ? „Ich erzablte ihm, daß in dem König: „reiche Tribnia, (Britannien) (das die Eingebornen „Langdon (London) nennen, wofelbit ich mich auf „meinen Neifen eine Zeitlang aufgehalten Hatte), „der größte Theil des Volks gewiffermaßen nur aus „Spionen, Zeugen, Angebern, Klagern, Berfolgern, „Augenzeugen und Schwörern beffehe, Die mit ihren „derfihiedenen Unterbedienten und Werkzeugen alle „in der Linrey, in der Gewalt und in dem Solde de „Staatsminifter und ihrer Deputivten ffünden. "DIE Meutereyen in dieſem Koͤnigreiche find die ordentlis - „che Handthierung diefer Perſonen uff. „ Galli vers Reifen. Eine folche Borftellung wurde fich viel- leicht zu der arhenienfifchen Regierung fehicken, aber nicht zu der englifchen, die felbft in den neuern Zei- ten wegen ihrer Menfchlichkeit, Gerechtigkeit und Freyheit ein Wunder ift. Doch e8 fehlt der Saryre des Swifts, ob fie gleich feiner Gewohnheit nach big aufs außerfte getrieben ift, und er weiter geht, als als le andere Satyrenfchreiber, nicht ganzlich an einem Gegenſtande. Sein Freund,der Biſchof von Rocheſter, der mit Swift eine Partey hielt, war kurz vorher durch eine Ueberzeugungsbill mit vieler Gerechtigkeit, aber ohne einen geſetzmaßigen Beweis ind Elend vers wieſen worden, Die Fortſetzung folge Fünftig. — 6 NA | 503 XX X xXxX xX Ze Ze Ze ze Ze ze ze ee Ge II. Ä Nachricht von einer neuen Beſchreibung von Island. KR er Nils Aorrebow, ein Sohn des bes 2 ruͤhmten daͤniſchen Sternfundigen, ift von Ä Ihro Königl. Majeft. in Dännemarf nach Island gefendet worden, dafelbft phyſikaliſche und aftronomifche Beobachtungen anzuftellen. Diefes hat ihm Anlaß gegeben, eine Befchreibung der In— fel zu verfertigen, welche den Titel führer : Tilfor- ladelige Efterrettninger om Island med et nyt Landkort og 2 Aars Meteorologiske Obfervationer : d. i. zuverläßige Nachrichten von Island, mit einer neuen Landcharte und zwenjährigen Witterungsbe- obachtungen, 1752. 8°.1 Alph.6 B. Der Herr Verf. findet darinnen verfchiedenes an des feligen Herrn Buͤrgerm. Anderſons Nachricht von Island, zu vers beffern und zu ergänzen, welches an fich felbft die— ſes Ruhme nicht nachtheilig feyn kaun, da es nur be weifer, Daß demfelben von den Schiffern und Unter Faufleuten, die er wegen diefer Sachen befraget, nicht der gehörige Bericht ertheilet worden. Da man Herrn Horrebows Werk nächftens auch deurfch übers ſetzet wird lefen fünnen, fo würde ein mweitläuftiger Si4 Auszug "a SEHR vun # 504 Von einer neuen Befchreibung Auszug daraus bier unnüge feyn. Mur eines und das andere ift etiva, um einige Proben von dem Wirfe zu geben, bier benzubringen. Mit einem fchönen. großen parifer Quadranten, hat Herr H. die Polhöhe auf dem Koͤn. Gute (Aongens Baard) Beflelted im füdlichen Viertheile der Inſel, 64 Gr. 6 M. und vermiccelft einer Mondfinfterniß die Sänge vom Lond⸗ ner Mittagskreife 25 Gr. weftlich gefunden, welches 4 Ör. oftlicher ift, als man bisher geglauber hat, Eis ne umfländlichere Befchreibung diefer Beobachtuns gen theilet er hier nicht mit, wie doch vielleicht aſtro⸗ nomiſche Liebhaber der Erdbeſchreibung wuͤrden ge⸗ wuͤnſchet haben, beſonders da man itzo die Mondfin- ſterniſſe nicht fo gern mehr zu Beſtimmung der Laͤn⸗ gen braucher, als die Verdeckungen der Jupiters— monden. Doch wo Irrthuͤmer von 4 Gr. zu vers beffern find, werden Mondfinfterniffe ſchon eine viel größere Nichtigkeit, als diefe ift, gewähren, - Die Erdbrände find in Island bey weiten nicht fo gemein, wie Herr Anderſon berichter worden, Schwe« fel graͤbt man nur an zweyen Orten. Der Hefla ift fonft feines Feuerfpeyens wegen fehr berühmt gemes fen, i60 aber hält er fich ftille, und eg giebt andere, die feitdem fo ftarf gerafet haben, als der Hekla zu— - vor; dergleichen find Krafle im Morderamte (Nor⸗ der Syſſel) Kötlegau, im Sfaftfieldesamte, In den 800 Jahren, da Island bemohnet ift, hat der Hefla nur zehnmal gebrannt, als 1104, 1157, 1222, J300, 1341, 1362, 1389, 1558, 1636, und dag leßtemal 1693, da er den 13 Hornung anfteng, und big in den Auguſt anhielt, fo hat er auch die vorigenmale alle— zeit einige Monate gebrannt, Herr H. hält bier * merk⸗ — von Island. 505 merkwuͤrdig, daß er im 14 Jahrhundert am meiſten, naͤmlich viermal geraſet, darauf das ganze folgende 15 Jahrhundert ſtille geweſen, und erft 169 Jahr darauf, auch im 16 Jahrhunderte nur einmal, und im 17 zwey⸗ mal Feuer ausgeworfen, darauf aber fih nun faft 60 Jahre ruhig gehalten. Jetzo iſt kein Feuer, noch Dampf auf dem Hekla zu ſehen, nur findet man in - einigen Höhlen ſiedendes Waſſer, dergleichen aber auch fonft haufig in Island angetroffen wird, Herr H. Beſchreibung von Island überhaupt ift fol« ende ; i Die Inſel ſtrecket ſich der $änge nach von Oſten nach Welten auf 120 Meilen, der Breite nach von Suͤden nad) Norden auf 505 das Sand hat häufige Gebirge, zwifchen folchen aber große Thäler, viele Meilen breit und lang, die herrlich fruchtbar find, Diefe haben meift die Abtheilung des Landes in ı8 Spffeler oder Aemter veranlaſſet, deren jedes ſo groß iſt, als eine Provinz in Dännemarf, ja mans che fo groß, daß fie zweene Amtleute (Syfjelemänd) erfodern. Diefe Syſſeler werden bier und dar auch durch Meerbufen und Fluͤſſe von einander gefonderr, Die Gebirge mitten im $ande find meift unfruchtbar, doch geben manche guten Graswachs, die aber an den Meerbufen liegen, und die Syſſeler von einatt> ‘der fondern, oder auf felbft darinnen liegen, find meift fruchtbar, und geben häufigen Graswachs. Die unfruchebaren Gebirge find wieder zweyerley, manche bloße Sand» und Steinberge, andere Eisberge, und das ganze Jahr entweder über und über, oder am Gipfel mit Eis und Schnee bedecfer. Diefe Eiss berge find nicht alfezeit die höchiten, fondern manche ES, jiem- 506 Bon einer neuen Beſchreibung ziemlich niedrig, daß fie höhere um fich herum ha⸗ ben, die im Sommer feinen Schnee zeigen, woraus zu ſchließen ift, daß foldyes von der innern Befkhaf: fenheit des Erdreiches herruͤhret. Aus den unfruchts baren Bergen bricht doch. "Gott Lob, felten Feuer aus, und meift aus Eisbergen, wie Hefla, Koftergau, Deraife find, aber Krafle ift Feiner, Weiter im Lan— de findet man verfchiedene Reihen “Berge, zwiſchen denen große Thäler find, nicht fo tief als die andern . an der Seefüfte, Die aber Herr H. für fo bach hält, als die Berge in den Aemtern, weil fie nur gegen die höchften Berge mitten im Lande Thäler find, Dieſe Thaͤler bewohnt niemand, ob wohl verfchiedene non ih⸗ nen fehönen Graswachs geben, auch die Schafe darauf meiden, und einige Jahre wohl hintereinander gelaf» fen und fehr fett werden. In diefen Thälern finden, ſich viele Fluͤſſe, Bäche und Seen mit ſchoͤnem Bu fer, und viel Forellen. Die andern bewohnten Tha- ler find alle niedriger, als diefe mitten im Lande, und gehen nad) der Seefüfte zu, daß manche fich laͤngſt ber See bin, 4 bis 5 Meilen breit, an die Gebirge ſtrecken, andere der Laͤnge nach in die Berge geben, und die Breite an der See haben. Alle Diefe großen bewohnten Thäler, welches eigentlich die Syffelerz ne felbft find, haben nieder Fleinere Thäler oben zwifchen den Bergen zue Gräferey, wo im Som⸗ mer Seler, auf isländifch, d.i. Häufer zu finden find, mo fich Leute zur Viehzucht aufhalten. Von den - Gobirgen fließen Ströme mit fhönen Fifchen herab, auch machet die See große und zur Fifcherey fehr be— queme Bufen, und es giebt herrliche fifchreiche Seen zu 6 Meilen und mehr im Sande, fo daß dem 347 , | nichts von Island. 507 nichts fehler, als Waldung, die zwar bier und dar befonders im Norderfuffel zu finden, aber gegen dem, was man in andern $anden ſieht, geringe if. Das Erdreich iſt mannigfaltig, ‚bier gute Öartenerde, ans derswo Thon und Sand, vornehmlic) find da viele Moräfte, über die man dod im Sommer reifen fann, wenn man von Diefen das Waſſer mit Graben ableis tet, find fie das fchönfte Erdreich, Torf wird faft über- all, und bie und da ſehr gut gegraben. Die Unge legenheiten, denen das Land unterworfen ift, beftehen in ven bisweilen feuerfpeyenden ‘Bergen ; ift das Erdreich daherum fchwefelicht, fo entftehen Erdbraͤn⸗ de, find es aber Eisberge, fo verurfacht es Webers ſchwemmungen: beydes aber gefchieht weder fo gar ofte, noch mit fo gar vieler Verwuͤſtung, als man vorgiebt. Dieſer allgemeinen Beſchreibung des Landes kann man noch die Regierung deſſelben beyfuͤgen. Eine Gerichtsſache wird in jedem Syſſel für den Spflel- mann in das Gerichte gebracht, in das fie gehöret, denn er hat ihrer viele nach verfchiedenen Bezirken. Vom Amtmanne appellivet man an eine Berfammlung (Laug⸗Rett) die jährlich zu Dereraar gehalten wird, den 8 Heumonat anfängt, und fo lange Ga- chen vorhanden find, dauert. Jeder Richter (Laugs mend) fpriche für fich felbft in den Sachen, die ſei— nem Urtheile unterworfen find, und hat auch) Ges richesperfonen (Laug⸗Rettemaͤd) zu Benfigern. Bon dar wird ans Obergerichte appelliret, welches zu eben der Zeit an eben dem Orte gehalten wird, wo der Amtmann präfidivet, und übrigens befteht es aus den Laugmand, deſſen Urtheil nicht zu unters fuchen 508 Bon einer Beſchreib. von Island. ſuchen iſt, und ſo viel Syſſelmaͤnner oder Laug⸗ raͤttemaͤnner im Nothfalle, daß fie außer dem Praͤ⸗ ſidenten, 12 Perſonen ausmachen. In des Amt» manns Abweſenheit praͤſidiret des Königs Landvogt. Vom Obergerichte wird an das hoͤchſte Gerichte in Koppenhagen appellirt, wenn die Sache wichtig ges nug iſt, welches die nordiſchen Geſetze beſtimmen. In geiſtlichen Sachen iſt erſt das Probſtgerichte (Prouſte Ketten) das aus dem Probſte und 2 Beyſitzern beiteht, alsdenn ein Confiftorialgevichte und von dar we man wieder an das hoͤchſte dänifche Ge— richte. | | Bu. Die Witterungsbeobachturigen hat Herr H. mit einem Barometer in franzöfifche Zolle und Linien, und einem nach Hrn. Reaumurs Art verfertigten Thermo- meter angefteller, 1750, da die Islaͤnder felbft den Win: ter fuͤr ſtrenge erkannten, fanf das letztere 13 Or: unter den Gefrierungspunft; doch hat man 1709 und 1740 in Kopenhagen ftrengere Kälte gehabt. Sonſt wech» fein im Winter immer Froft und Thauwetter ab. Die gröfte Barometerhoͤhe ift 28 Zoll, bis g Fin. die Fleinfte 26 Zoll, 4 Linien. Dieſe Proben werden zu | gegenmärtiger Abficht aus dem Werfe genug feyn, welches zu der Abficht, einige Nachrichten von Island zu ertheilen, zulänglich, aber in der Maturgefchichte bey weitem nicht fo vellftändig ift, als vielleicht Lieb» haber derfelben mwünfchen möchten. Die Alterthür mer und die Sprache fehlen gänzlich. A ©. Re I. Mor- | Re 509 BESTER AR BF de Sp A Aare MM. er — Morbilli Variolarum Vindices, delineati ’ ware | Io. Gothofr: de Hahn. nter diefem Titel hat der Herr Dr. Hahn eine Schrift von 6% ‚Bogen in 4. in Korns Ver lag herausgegeben, in der er, fein im Hamb. M. VIIB. ISt. VII Art. erzähltes Lehrgebaͤude von den Pocken, durch die Begebenheiten der Maſern bes ftätiget, welche er nicht als einen Anhang d der Packen, ’ fondern als eine eigene Krankheit, die oft für fich toͤdt⸗ lid) ift, und befonders auf die Auswickelung der Fließ— waflergefäße der Haut, (wie die Pocken auf die Pr wicelung der Schlagadern) ankomme, vorſtellet. Er ' beantwortet zuerft die Einwuͤrfe gegen fein Sehrgebäus de, die ihm wegen der Grönländer, Caraiben, Hot tentotten, u. a. Völker gemachet worden, welche die Pocken erft durch Anſteckung haben kennen lernen, Die Auswicelungen find nach Befchaffenbeie des Koͤr⸗ pers, des Landftriches, der Lebensart, ſehr verſchieden. Den groͤnlaͤndiſchen Weibern fehlet die monatliche Reinigung; in einigen nordiſchen Laͤndern haben die Maͤnner große Bruͤſte, die Auswickelung der Haare — einige raucher als andere. Die Veſchn | unfer> j — 510 Morbilli Variolarum unterſcheiden ſich in verſchiedenen Auswickelungen des Koͤrpers von Maͤnnern. Das Anſtecken der Pocken erklaͤret er durch die Vergleichung weiblicher Pflanzen, die vom Pulver der männlichen befruchtet werden, da fie zuvor unfeuchrbar waren, — * Er handelt hierauf von den gutartigen Maſern. Daß man ſich Hoffnung machet, außer Gefahr zu ſeyn, ſo bald ſie heraus ſind, beweiſet, daß ſie auf einen Uebergang aus einem guten Zuſtande des Koͤrpers in einen beſſern, auf eine Veraͤnderung ankomme, die der Koͤrper nur einmal auszuſtehen hat, und nicht wieder befuͤrchten darf. Der Schnupfen, welcher die Maſern begleitet, gehoͤret ohnſtreitig unter die Krankheiten der Fließwaſſergefaͤße. Der Huſten dabey laͤßt ſich aus der Fortpflanzung der ſchneideriſchen Haut bis in die Lunge erklaͤren, dadurch dieſe erreget werde, wenn ſich in jener in der Naſe und im Munde Fließwaſſergefaͤße aus: wickeln. Daß fid) die Lunge mit der nach) und nad) erfolgenden Auswickelung unfers Körpers bey zuneh⸗ menden "ahren ändere, erhellet aus der Veränderung der Stimme, die als ein Kennzeichen dee Mannbarz feit bekannt ift. Die Augen thränen, und man weiß, wie viel Feuchtigkeit diefelben enthalten. Der Durch⸗ lauf hänge mit einer Krankheit wohl zufammen, welche die ganze Verbindung der Fließwaſſergefaͤße erreger, "Auf diefe Art geht der Herr v. Hahn alle Umſtaͤnde Der gutartigen und bösartigen Mafern durch, und jeiz get, daß fie mit feinem Lehrgebaͤude übereinflimmen, toben er verfchiedene ihm wegen der Pocken gemachete Einmwürfe aus dem Wege raͤumet. Es würde uns nüße feyn, hier Davon weitläuftiger zu reden, da Diejes nigen, welche fi) um die Kenntniß des ee oͤr · Vindices. Ss Körpers bemühen, diefe Schrift felbft leſen, und gefegt, daß fie nicht des Heren Berfaffers Meynung wären, dennoch denfelben wegen fo vieler und forgfältiger Beobachtungen, und fo großer phuftfalifchen Einficht, welches alles ungemein finnreich und geſchickt zu Une terftüßung feiner Gedanken angewandt wird, verehren werden, KRRERRERERTRR TFT RD | IIII. Von einer im Holze entdeckten | Figur, ir Hornung 1753 — hier ein Scheit Brenn holz gefpalten, in dem fich dadurch eine Figur entdecfete, Die man mit nichts beffer, als mit einem Keichsapfel vergleichen Fann. Here Marbach, ein allhier Studierender, dem das Holz gehörete, zei— gete diefes merfwürdige Scheit Herrn Prof. Winklern, und diefer hatte die Guͤtigkeit für mich, zu beforgen, daß ich es aud) zu fehen befam. AM Es ift weigbüchen Holz, und das Scheit in zweene Theile gefpalten tworden, da an einem die Rinde bes findlich ift, der andere tiefer in das Innere des Baus mes gehöret, und wie fich aus den fogenannten Jah⸗ Pi zeigee, faft bis mitten in den Baum gereichet at. 2. In dieſem letztern Theile zeiget ſich eine laͤnglichte Rundung. Ihr groͤßter Durchmeſſer, der — aͤnge ‚512 Don einer im Holze aͤnge bes Holzes geht, ift etwa 3% Rheinl, Zoll, der Duerdurchmeffer 3 Zoll. Darüber erhebet ſich ein Kreuz, das zwifchen dem Orte, vo es fich auf der Rune dung anfängt, und dem Querbalfen 2% Zoll, von eben dem Anfange aber an bis an den Gipfel 4 Zoll hat. Auf dem Öipfel zeigen fich ein paar ohngefähr concen⸗ triſche Kreisbogen, die Höhlungen aufwärts gefehrer, an der Seite mit geraden Linien abgefihnitten. Sie find etwa 7 Zoll von einander, Die Vergleichung mit dem Keichsapfel wird nun wohl gerechtfertiget . feyn. Der Stamm des Kreuzesiftmeift 3 Zoll breit, und der Duerbalfen 23 lang, von einem Ende zum andern 3. Die Farbe der Rundung und des Kreuzes iſt braun, und beydes ift weder erhabener noch tiefer, als die Fläche des Holzes, auf der es ſich befindet. 4. Aber die Rundung ift durch den Querdurchmefz fer in zwo Hälften, und die obere Hälfte, durch den halben großen Ducchmeffer, wieder in zweene Theile getheilet, die untere Hälfte geht in einem Stücke fort, In jedem dieſer drey Theile zeiger ſich Etwas ohnge⸗ fähr JZoll dicke, oder fo viel über die Fläche der Rundung und des Holzes, auf dem fie ift, eehaben, das der Rinde des Holzes vollkommen ähnlich fiehe, ſowohl was feine Oberfläche, als die Seiten betrifft, nur daß ‘es, mit der Außeren Rinde des Scheites verglichen, zaͤrter, glätter, und wie die Rinde eines jungen Bau mes ausficht, Man wird ein richtiges Bild davon haben, wenn man ſich auf der Rinde eines Baumes eine folche Rundung bezeichnet, und auf die beſchrie— bene Art, in drey Felder getbeiler, vorſtellet. 5. Die entdeckten Figur. 513 5. Die Fläche des Teiles, welcher noch die Rinde hat, hat genau auf die vorige gepaffet, und iſt durch die glückliche Are des Holzbauers von ihr geſondert worden. Sie zeiger eben das Bild, aber in fich ver tiefe, und ſchwarz, als ob es eingebrannt wäre, Wo: ſich auf jener Flaͤche die Erhöhungen des rindenaͤhn⸗ lichen Etivas befün ıden, zeige Diefe Vertiefungen, und egentheils einige Erhöhungen, die in jener Vertiefun⸗ n paffen, Laͤngſt dem Stamme des Kreuzes bins an, und den Duerbalfen bin, auch zwiſchen den Kreise bogen, ift das Holz aufgeriffen. 6. Bon biefer Figur an, bis an die Rinde des Scheites, find 34 Zoll dicke Holz. 7. Auf der Rinde des Holzes zeiget ſich etwas, das man nur fuͤr eine gemeine Ungleichheit der Rinde hal⸗ ten wuͤrde, wenn man das Innwendige nicht geſehen haͤtte; aber ſo bald man dieſes geſehen hat, fuͤr etwas, das damit genau verwandt iſt, erkennen muß. Es iſt naͤmlich eine etwas verzogene Rundung, aus der ſich ein vertiefter Strich der Laͤnge des Scheites nach ſtrecket, auf beyden Seiten in einen Querſtrich auslaͤuft, und oben einen aufwaͤrts gekruͤmmten halben Mond zeiget. Mit einem Worte, es iſt der vorige Heichsapfel, nur etwas verftellt, aber dem, der das innere gefehen bat, vollkommen fenntlich. 8. Auf diefem äußeren Keichsapfel ift der Durch meffer der Rundung, welchernac) der Länge des Schei⸗ tes geht, zuſamt der Laͤnge des Kreuzes in eben der ii nie 73 Zoll, fo viel als beym inneren (2). 9. Wie weit fid) die Rundung der Quere — | ‚der Rinde ausgebreitet, iſt nicht vollkommen zu feben ; denn, philoſophiſch zu reden, als man der Materie des Kr 10 Sand, Schei⸗ — 514 Bon einer im Holze Scheites ihre Form gab, oder vernünftig zu reden, als man diefes Scheit von dem Holze,-das e8 auf beyden Seiten um ſich hatte, abfonderte, find die Außerften Theile der Rundung mit abgehauen worden. Doch ſcheint diefes fo viel nicht zu betragen, weil die Släche der Rinde viel merflicher gekruͤmmet ift, als die innere des Holzes, die doch aud), natürlicher Weiſe nicht völlig gerade ift, fo Fonnte man die größte Breite der Run—⸗ dung auf diefer Rinde, nicht als eine gerade Linie a fehen, wie ohngefähr bey der inneren angieng. Man vectificirte fie alfo, vermittelft einer Conftruction, die dem Frauenzimmer fo befannt ift, als den Mathema⸗ tifverftandigen, Man legte ein Band darüber, fpane nete folches gerade aus, und fand folchergeftalt diefe Breite 74 Zul. Mehr als noch einmal fo groß, als die aͤhnliche Linie innwendig (2), ob gleich außen Die Breite der völligen Rundung verſtuͤmmelt war. 10, Man hat etwas, Das vermuthlich der bisher erzählten Begebenheit ungemein ähnlich gewefen iſt, ſchon einmal in Seipzig erleber. Hier ift die Nachricht davon aus Vogels Leipziger Jahrbuche 387 Seite, „Anno 1625, den 7 Sch find aus dem Nauenhofer „Holze eine Klafter Scheite in Leipzig auf den Kauf „geführet, und als man fie gefpalten, ift in einem ein „ſchoner, erhabener, und ganz kenntlicher Reichsapfel, „im Holze gewachſen gefunden, und von vielen Men⸗ „ſchen mit Verwunderung angeſehen worden. ır. Dieſes iſt auch im Hornung geſchehen, und die Periode des Neichsapfelfindens fcheint ziemlich genau 128 Jahre, etliche Tage auf oder ab, zu betragen, Daß man alfo wohl 1881 im Hornung fo ficher wird mieder — im Holze ſuchen duͤrfen, als der nun —* ende m entdeckten Sigut. 515 -fende Henn das Borfpiel des jüngften Gerichtes 1752 erwartete. | | 12. ch will alles, was ich habr, verwetten, daß 1625 alle Menfchen, auch Gelehrte, und zwar Phylici, Mathematici und Philofophi, (denn von den andern verfteht es fich ohnedem), merden gefraget haben : Das bedeuter das? Und i6o fragen auch Unſtu— Dierte, wenn fie es fehen: Wo ift das hergekom⸗ men? So fehr ändert die Neugier der Menfchen ihre Gegenftände! 13. Wer diefe Neugier aus meinem Auffage ftillen will, wird fih gefallen laffen, daß ich erft eine ähnliche Begebenheit anführe. Im Brachmonate 1727 bat man in Elbingen, bey Zerfpaltung eines Scheites Buͤchenholz, Buchftaben in ihm entdecer, die man denn auch auf der Außeren Ninde gefunden. Diefes Scheit befinder fich in Herren Kleins Samma lung, in Danzig. Herr Kulmus bat daffelbige bes ſchrieben, eine Menge übereinftimmende Begebendeiz ten erzaͤhlet, und die Urſachen erflärer *. Bekannter: Sen, u 90) maßen * Io. Ad. Kulmi, Med. D. ei. et Phyſ. P. P. O. Ac. Imp. N. C. Sod, difp. Botanico phyfica de litteris in ligno fagi repertis, Gedani 1730. 48. ı Rupfertafel. Eiche auch Mifeell. Nat. Curiof. Dee. I. Ann, II. O. 53. et Ann. VI.et VII. O.4. et Dec. II. A. VII. O.239. Dec. III. Ann. V. VI. O. 29. Dee. III, A. VII. et VII. O. rı8. Dee. III. A, VIIII.X. O. 158. Ephem. N. C. Centur, III. IIII. 0.89. Scheuchzer It. Alpin. V. ann. 1706. Herbar. Diluu. p. 46. Tab. X. Brest. Samml. 1717. Sept. Claſſ. IIII. art. 9. Ich habe diefe Stellen as aus Herren Kulmus Schrift in der Abſicht angefü die angeführten Bucher vielleicht in mıebr Hande als Herrn Rulmus Schrift, 56 Domeiner im Holze maßen verwandelt fich der Splint, oder das ſchwam⸗ michte lockere Wefen, das fich zunächft unter der Rinde befindet, nach und nach in Holz, es fen nun, daß zwi⸗ fhen der Rinde und dem Holze eine neue Schicht Holzfaſern rings um den Baum entftehen, oder daß, wie Herr R. im XXVINI Abf. angef. Schrift für twahrfcheinlicher hält, die innere am Holze anliegende Haut der Rinde, den Winter über, da fie feinen Nah— rungsfaft bekoͤmmt, fich fefter an die Duerfafern des Holzes auhaͤngt, und alfo im Fruͤhjahre, da neuer Saft zuflisßt, von der auffchwellenden Rinde leichter ‚abgeht, und folchergeftale jabrlich einen neuen Holzring machet, durch welchen die Dice des Baumes ver- größert, und die Rinde, oft daß fie bier und dar ber> ſten muß, ausgedehnet wird. Herr Kulmus fegt alfo (XXXI Abf.) daß jemand diefe Buchftaben in die Ninde fo tief gefchnitten habe, daß die Schnitte in das Holz gegangen; die Fafern zerfchnirtener Safteöhren vereis nigen fich nie fo genau, daß nicht von dem austreten« den Safte eine Geſchwulſt (Gallus) entftehen follte; die neuanwachfenden Holzringe alfo, haben diefe Buch» ftaben verdecket, aber nicht ausgelöfcher; die Wunden der Rinde find wieder verwachfen, und die neuen Holz: ringe haben fich zwifchen fie und die eingefchnittenen Buchftaben im Holze immer in größerer Menge ges ſetzt, und folchergeftalt beyde von einander entferner. Bey ven Buchftaben befanden fid) die Ziffern 1672, woraus man zuverläßig fehließen Fann, daß der Ein: ſchnitt im Jahre 1672 gefchehen. Herr Kulmus bat 10 iemlich wabrfcheinliche Erflärungen von den ungen Der Buchftaben erhalten, aus welchem erhellet, ‚daß ei ein n damaliger Dichter, Daniel Barckholz, ver⸗ entdeckten Figur. - 517 vermuthlich die Anfangsbuchftaben der Namen eini: ger Freundinnen und Freunde in den Baum gefchnir: ten, und dadurch den Maturforfchern des folgenden Jahrhundertes einen merfiwürdigen Gegenftand ihrer Beobachtung vorbereitet. Das D und B, die Na— mensbuchftaben diefes Dichters, hatten in ihren Kun dungen noch Schale von der Art, wie außen am Scheite. Denn diefe Schale war (XXXIIII) durch, das Ausfchneiden rings herum von der übrigen abge= fondert worden, hatte fich alfo nicht mit ausgedehnet, fondern das Holz um ſich wachfen laffen. Die Ent: fernung der Buchftaben von der außern Rinde betrug etwa 45 Zoll; ‚die fhwärzlichte und braune Farbe der Buchftaben leitete Herr Kulmus (XXXIII Abf. ) von dem Safte her, der beym Einfchneiden ausgetres ten ift, das eiferne Werfzeug des Schnittes angegrif- fen und folchergeftalt mit dem Bitriolfauren des Ei: fens vermenget, wie Säfte ver Pflanzen ordenelich hun, eine ſchwarze Farbe angenommen hat. Die Gruben, welche fih den Buchftaben gegen über, in dem Theile des Holzes, an welchem die Rinde war, befanden, find nach Herrn K. Gedanken folgender: maßen entftanden: Die Rinde, welche an den Bud): ftaben bieng, bat ihrer Erhöhung über die übrige Fläche wegen, nicht eher zugelaffen, daß Holzfaſern über die Buchitaben wuchfen, bis fich derfelben ver=- fhiedene neue Schichten um den Baum herum ange= fest hatten, daß alle zufammen der Erhöhung der Rinde gleich kamen. Dieſe neuen Schichten alfo, welche noch nicht fo viel Erhöhung hatten, als die Rinde erforderte, haben Be an dem Dite, wo die Buchftaben waren, fallen müffen, Auch) | RE 3 haben 58 Doneiner im Holze haben die Erhöhungen, welche von dem Einſchnitte der Buchſtaben auf dem Holze entftanden, verhindert, daß - fich die darüber wachfenden Holzeinge nicht fo genau an die fihon vorhandenen anſchließen koͤnnen (XXXVD) als wenn dieſe Erhöhungen nicht da geweſen wären, und daher hat ſich Das Scheit am leichteften auf eine folche Art fpalten Iaffen, daß die Buchftaben entdeckt twurden. 14. So viel ich einfehe, merden biefe Gedanken des Herrn K. vollkommen durch das gegenwärtige Beys fpiel beſtaͤtiget. Es ift offenbar, daß der Reichsapfel durch die Rinde (7) in das Holz (2) gefommen ift. Ich habe zwar nicht die Freyheit, daß id) das Holz zwifchen der Figur des 5 Abſ. und der Rinde des 7 Abf. nod) eins mal dürfte fpalten laflen; aflein ich weiß auch, fo gewiß, als ob ich es hätte thun dürfen, daß man darinnen Feinen Reichsapfel weiter antreffen wird, weit Holz Fein floventinifcher Marmor if. UÜbrigens will ich meinen $efern das Vergnuͤgen nicht vauben, zroifchen dem EAbingichen Holze und dem Leipziger die Aehn— lichkeiten felbft zu entdeden. Wenn fie nicht lebhaft genug find, folhes ohne mein Erinnern zu thun, fo würde ihnen auch die Ausführung, Die id) davon mas chete, fehr langweilig vorfommen, Ich will dadurch eben nicht alle Erklaͤrungen Herrn Kulmus annehmen. Ich geſtehe, daß mir die Aufloͤſung des Eiſens, durch ven Saft, der unter dem Schneiden herausdringt, et⸗ was zu geſchwind vorkoͤmmt, und daß es nur ſcheint, als würde dergleichen Aufloͤſung, geſetzt, daß fie wirk⸗ lich gefchähe, —— ſeyn koͤnnen, eine fo. volls kommen ſchwa rbe uͤber ſo viel Flaͤche zu verur⸗ | ſachen. — entdeckten Sigi, 519 fachen. Aber ich weiß doc) igo Feine befiere Erklaͤ⸗ rung zu geben. 15. Das Zeichen iſt vermuehlich ein Maal eines Gränzbaumes gewefen, und das ihm ähnliche (10) ebenfalls. Man weiß, daß dieſe Maale mit der Zeit verwachfen, und desivegen, obngefähr alle fünf Jahre, follen verneuert werden *, wie fie fih denn aud) (ohne Zweifel nur bey harzigten Bäumen) mit Pech über» ziehen **. Man kann es wenigftens nicht wohl für ein Spiel etwa eines deurfehen Tityrus halten, und Feine andere ernfthafte Abficht fällt nicht in die Augen. 16. Sch babe die Holzringe, oder Jahre, mie man fie nennet, an dem Stuͤcke, dag die Rinde hatte, gezählet, und ihrer ı7 befunden. Das Zählen ges ſchah an dem untern Ende des Scheites, wo fie, weil daffelbe lange der freyen Luft ausgefegt geivefen war, beſſer zu erkennen waren, als an dem oberen nur erft= lich abgefägeten. Das untere Ende gieng 4 Zoll une ter der Figur hervor. Mach der gewöhnlichen Art das Alter eines Baumes zu berechnen, wären alfe etwa 17 Jahre feit Berfertigung des Zeichnens vers floffen. Ich habe mit Fleiß ermähner, daß dieſes Zählen einige Zoll unter der Figur gefcheben ift, denn nach Herrn Kulmus Erklärung würde es unficher fen, die Holzringe gleich unter oder über derſelben zaͤhlen zu wollen, da fie derfelben Wachsthum verhindert har. Kk4 17. Ich * Hartmann in not. ad Ruginellum de arboribus contro- verfis c.$8. num. Florim Hausvater III. B. 27 Cap. in Donauers Rechtsanmerkungen. — 5 a 20° Doneiner im Hole 17. Sch befenne indeffen, daß ich von diefem jähr: lichen Anwachfen der Holzeinge noch nicht fo vollkom⸗ men überzeugt bin, als ich wuͤnſchte. Wenn ic) die Naturforſcher davon nachgelefen babe, fo bat es mit, gefchienen, ale nähmen fie ſolches aus der Erfahrung. der Holzverſtaͤndigen an. Ich habe diefe gelefen, und ſelbſt befrager, weil ich gern wiflen wollte, woher fie Erfahrungen hätten, die mehr Zeit als eines Mannes Alter erfordeve; ich habe aber Feine andern Antwor⸗ ten befommen, als entroeder bloße Verſicherung der Erfahrung, ohne daß ich begriffen haͤtte, wie man ſie erhalten, oder phyſikaliſche Erklaͤrungen, die mit Herrn Kulmus vorhinangefuͤhrten Gedanken ziemlich übereinftimmen *, aber mir nicht völlig Genuͤge thunz denn wenn ich. wuͤßte, daß ſich haͤhrlich ein ſolcher Holz⸗ ring anſetzte, ſo wuͤrde ich aus einer ſolchen Erklaͤrung einfehen, wie es zugehe; aber wenn ich das erſte nicht weiß, ſo kann ich die letzte fuͤr nichts weiter als eine Moͤglichkeit anſehen, aus der ſich keine Wirklichkeit folgern laͤßt; denn wo iſt der Beweis, daß die Saft⸗ roͤhrchen eben den Winter uͤber verhaͤrten, und einen neuen Holzring machen muͤſſen, ob man gleich gern zugeben wird, daß ſie dieſes thun koͤnnen. Ich halte meine Zweifel fuͤr noch gegruͤndeter, da der Herr von Carlowitz ** geſteht, daß oft 2 bis 3 Jahre Wachs⸗ thum ſich in einen Kreis einſchließen, und uͤberhaupt dieſe Art, das Alter der Baͤume zu beſtimmen, fuͤr ziem⸗ * Caron traitẽ des bois fervans a tous ufages T. I. p. 58. „ Paris 1740. v. Flemming deutſcher Fäger 1 Zpeil von Heiden und Wäldern 24 ©. * Auweiſ. zur wilbeh Banınzucht 135. 3€. 37 ©. entdeckten Figur.521 ziemlich unſicher erklaͤet. Iſt indeß die Erfahrung richtig, von deren Allgemeinheit ich noch keine Gele— genheit mich zulaͤnglich zu verſichern gehabt: ‚habe, daß die Hölzer aus warmen Ländern, z. E, Die ame« ricaniſchen Farbehoͤlzer, Ebenholz u. d. g. feine Jahre zeigen, fo ließe ſich ſchließen, daß dieſes vielleicht des— wegen geſchehe, weil in ihrem Vaterlande die Kaͤlte nicht ſo groß wird, und ihnen kein ſolcher Mangel an Safte zuſtoͤßt, daf die Holzfafern auf die befchriebene * jaͤhrlich verhaͤrteten. Ich habe lange auf ein Mittel gedacht, wie man dieſen Glauben wegen der Jahre des Holzes beſtaͤti⸗ gen oder widerlegen koͤnnte; und bey gegenwaͤrtigen Unterſuchungen iſt mir eines beygefallen, das ich dem Urtheile der Holzgerechten willig unterwerfe. Man ſollte in einen Baum eine Jahrzahl einſchneiden, daß man dieſes gethan, nebſt den Merkmaalen, wodurch die im Holze verwachſene Jahrzahl einſt zu entdecken waͤre, aufſchreiben, den Baum bis auf die Neſtor— jahre eines Baumes vor der Art befreyen, und Die Enfel zählen laffen, wie viel Holzringe ſich uͤber die Jahrzahl geſetzt haben, die ihr Großvater einge ſchnit⸗ ten hatte. Vielleicht wuͤrde bey Baͤumen, die ein ge⸗ ſchwindes Wachsthum haben, ein naturforſchender Waldmann ſelbſt das Vergnuͤgen genießen, dieſe Beobachtung anzufangen, und zu endigen, welches ich jedem, der ſich damit beſchaͤfftigen wollte, aus noch einer ſtaͤrkern Neigung, als der bloß allgemeinen Menſchenliebe, von Herzen wuͤnſche. Waͤren an dem elbingiſchen Holze die Jahre zu zaͤhlen, ſo wuͤrde es was beſonders ſeyn, Ba eine wichtige phufikalifche Kfz Stage RR > 522 Bon einer im Holze entd. Figur. Frage durch ein Schäferftücdchen eines Dichters aus - dem vorigen Jahrhunderte Licht erhielte. | Auf den Fall, wenn die Richter, denen ic) meine Gedanken unterworfen habe, ihn brauchbar: finden, will ich hiermit, Dreyviertheile unferee Dichter erfus chen, ihre Mamen lieber auf diefe Art in Bäumen, als auf dem Papiere zu verewigen. Ich bin gewiß, daß fie dadurch mas nüglichers ehun, und der Nach— welt ficherer und auf eine vortheilhaftere Art befannt bleiben werden. Wo ftünden aber Bäume genug dazu? | A. ©. Röftner, J ins EAN | J 523 * * * EKEREREEE V. R Bon einem zu Rom beobachteten Windwirbel, und vielfachen Regenbogen. as folgende ift aus einer Schrift gezogen, die den Titel führet: Sopra il turbine, che la notte tragli XI e XII Giugno del MDCCXXXXVINI danneggio una gran parte. di Roına, Differtazione del P. Rugiero Giufeppe Bofco- - vich della comp. di Giefu. d. i. Abhandlung von dem Wirbel, der die Nacht zroifchen dem u und 12 Brachm. 1749 einen großen Theil von Rom befchä- diget bat, vom P. Roger Joſeph Boſcovich aus der Geſ. Jeſu, Rom 1749 bey Nicolo und Maro Pagliart 8.14 B. der Anhang + B. "7 Des P. Bofcovich, welcher wegen feiner phyſika— lifchen und mathematifchen Kenntniß berühmt ift, hat diefe Schrift auf Verordnung des Cardinals Sylvio Balentini, Seeretärs des Kirchenftaates, und Kaͤm— merlings der Nöm. Kirche, aufgefegt, und fie demfel= ben zugeeignet. Sie erhält in drey Theilen eine Er: zäblung der Begebenheiten, welche der Verf. durch) den Augenfchein, fo zuverläßig und vollftändig, als möglich war, zu liefern ſich bemühet hat; eine Vera gleichung mit andern Wirbeln; und eine Unterfuch der Urſachen. Hr Kr | Der 5324 Don einem Windwirbel * Der Wirbel kam (IIII- $.) bey Nachte, mit einem wuͤthenden Sturme unter Donner und Blißen, daher ſich die Landleute und Neifenden unter Bedeckungen begeben hatten, - Gleichwohl bat der Berfaffer mit Leuten geredet, welche berichtet haben, fie hätten ihn ankommen feben, und er hätte die Geſtalt einer Dun: fein langen Wolfe gehabt, die beftändig häufige Blige von ſich geſchicke. In Nom haben ihn nod) viel $eute unter dieſer Geftalt gefehen und einige Maul: eſeltreiber, die fich auf der Straße befunden, haben ges meldet, er hätte ihnen wie eine fehr dunkele und hohe Wolfe gefchienen, die fich fehr fehnell 4oder Palmen von der Erde beweget, und beftändig viel Bliße von ſich gefchicker, fie hätten fi) aber vor Schrecken zur Erde geworfen, und nahdem nichts weiter gefehen. Manchen ift er wie eine helle glänzende feurige Wolfe vorgefommen, vermufhlich weil fie ihn gleich im Bli⸗ Ben betrachter. Er kam (VI) von dem benachbarten Meere her. Er entftand in ver Mache zwifchen dem in und 12 Brachm. und langete zu Dftia an, welches von Rom aus faft nach Suͤdweſt (Lebenio) liegt. Dafelbft hat er Dächer und Hütten zerftöret, und auf den Feldern, unterwegens nach) Nom, andern Scha: den gethan. In Nom gieng er zwifchen den Thoren von ©. Sebaftian und St. Paul hinein, und zwifchen der Porta Pia und dem St. forenjthore hinaus, durd) die Stade durch aber in einer faft geraden Linie. Man kann aus den Plägen, die Herr B. angiebt, den Weg des Wirbels auf des Nolli vor wenig Jahren heraus: gegebenen Charte von Kom fehen, ‚deren Nichtigkeit hier gerühmee wird. . Mach eben der Richtung gieng er über Kom binaus, und man kann nicht eigentlich A # fagen, und vielfachen Regenbogen. 525 fagen, wo er aufgehöret hat. (XI): Sein Weg von * Oſtia bis Redicicoli liegt gaͤnzlich in einer Senkung von SW nah NO (Greco) etwas von NO nach N (Tramontana) abweichend, in einer Laͤnge von mehr als 20 ital. Meilen. Die gerade Linie, nach der er in Kom gegangen ift, weicht ohngefähr von der Mit: tagslinie 35 Gr. ab. Seine Gefchwindigfeit (XII) mar fehr groß. Wüßte man die Zeit, da er in Dftia geweſen, fönnte man folche genau beſtimmen, aber der geringfte Unterfchied der Uhren, würde hier beträchtliche Irrthuͤmer geben. Genau weiß Herr B. die Schnel» ligfeie nicht zu beftimmen. Vor der Anfunfe des Wirbels war (XIU) zu Kom ein beftiges Ungewitter mit Donner und Blitz. Der Suͤdwind wehete einige Tage zuvor und hernach, und brachte viele Ungewitter über Kom. Einen YAugenblid vor des Wirbels An> kunft (XIIII) Fam ein heftiger Windfturm mit einem rauhen Tone. ‚Die Häufer, welche er unmittelbar berührete, und die benachbarten, wurden, wie von einem Erdbeben, erſchuͤttert, Dächer abgedeckt, Thüren und Fenſter befchädiger, Weinberge zerſtoͤret, Bäume aus— geriffen und abgebrochen, u.d.g. Machdem der Wir: bel vorbey war, wanfeten die Häufer noch hin und ber, und bald darauf folgete eine ungemeine Stille, ohne den geringften Wind. Die befondern Wirkungen des Wirbels, die zumal eine befondere Kenntniß von Nom erfodern, werden bier eben nicht dürfen angefüb» vet werden, daß die Schindeln auf den Dächern (coppi) abgeworfen oder zufammengehäufet worden, ift leicht zu ſchließen; aber bier und da find fie aud), ſowohl als die Ziegel, in kleine Stückchen zermalmet worden. Bäume, die feitiwärts Des Weges des: Wirbels, und 36 Don einem Windwirbel . ziemlich, weit davon geftanden, find in einer fenfrechten Lage auf feineRichtung, hingeftürzer worden (XXVIIL XXVIIII), Weinftöce find in einer Breite von 100 Palmen * zur Erde geworfen, und in einer Breite von 200 Palmen auf jede Seite befchädiger worden. Man will an ihnen einen Schwefelgeruch bemerfee haben (XXXIII). Unter den Weinftöcden die fehr gemishandelt waren, fahe der Verf, andere ganz nie- drige Gewaͤchſe völlig unbefchädiger; überhaupt haben die Weinftöcke in einer viel größern Breite gelitten, als diefe Pflänzchen, die Bäume in einer noch größern Breite, und die hohen und großen Bäume find auf viele Hundert Palmen weit von dem Wege des Wir: bels zerftörer, oder übel gemishandelt worden. Wie: derum, wo Bäume und Weinſtoͤcke undefchädiget wa- ren, find die Schindeln von den Dächern geflogen (XXXV). Aus der Reihe der Begebenheiten folge (XXXX), daß die Gewalt des Wirbels von feinem Eintritte in Rom an beftandig gewachfen. Seine Breite (XXXXI) Fann man, ob wohl nicht fehr zuver⸗ läßia, auf 270 Palmen beftimmen. i Im andern Theile zeiget der Herr P. B. daß eben dergleichen Wirkungen fonft befannt find. Er redet von * Sach Riccioli Berichte aus dem Villalpandus (Geogr. Ref. L.II. c.7.) bat der römifche Baumeifterpalm 8 zwölftheilige Zolle, und 8632 Hunderttbeilchen eines folchen Zolles vom roͤmiſchen veſpaſianiſchen Fuße. Der rheinlandifche Fuß aber begreift einen folchen ve= ivafianifchen ganz und des Zolles. Portius in fei- ner Arithmerif 685 $. giebt verfchiedene Palmen an, da der arößte 9240, der kleinſte 6865 Zehntaufend- theile des parifer Fußes iſt. Man f. auch des Hamb. Mag. 112. und vielfachen Negenbogen. 527 von den Waflerhofen (Pr. trombes) die aufdem adriati« ſchen 9 fehr gemein find, (TIT) mo fie Scioni heißen, und d affer felbft dergleichen gefehen hat. Ihr Name bedeutet im venetianl. fo viel als Heber. (Sifoni) Er redet darauf von den Drcanen, denen Typho Des - Ariftoreles u. dergl. mit vieler Gelehrſamkeit. 7 Im UI TH, zeiget der Here Verfaſſer mit vieler Gelehrfamfeit, was Typho, Ecnephias, Prefter und dergleichen bey den Alten heiße. Die Frucht hier von ift, daß man weiß, (XXXVI.) der befchriebene Wirbel fen ein wahrer Typho geweſen, ver ſich im Fortgange in einen Prefter verwandelt. Den Urs fprung folcher Wirbel ftelle er fih (XXXVIIIL) u.f. f. dergeftalt vor: Man bilde fih ein, innerhalb einer größern Menge flüßiger Materie, werde aus der Mitten etwas weggenommen, fo wird fich fo gleich alles Uebrige bemühen, in den leeren Platz hineinzus dringen. Giebt man aber diefem flüßigen Weſen ei« ne Wirbelartige Bewegung um eine lothrechtftehende Are, fo werden die Theile, die am mweiteften von der Are entfernet find, den größten Schwung befommen, alfo dem innern auf fie dringenden weichen, und eg wird in dem Wirbel eine Höhlung entftehen, deren Geftalt Herr Elairaut in feinem Werke, von der Fie gur der Erde beftimme hat. Diefe Höblung kann fich bis ins Unterfte des Wirbels erftrecfen, und wird noch oben zu immer weiter. Ben elaftifchen Weſen, als bey einem $uftwirbel, finder fie nicht Statt, fons . dern Statt ihrer ift die Luft in der Mitte dünner; es waͤre denn, daß ſich in dem Luftwirbel ein Waſſerwir⸗ bei befände, der die Luft nad) außen zurücke hielte : denn es kann ein Wirbel in dem andern ftecfen, wenn N i eine >28 Don einem Widdwirbel eine Menge Eleiner Theilchen in den Wirbel fommen, und durch ihn auch in wirbelartige Be geſe⸗ tzet werden. Die dichtern Materien — dem Aeußern des Wirbels, die duͤnnen nach den Innern. Alles dieſes ſind leichte Folgen, aus den — der Schwungsfräfte (vires centrifugae). Etwas mehr dem Verfaſſer eigenes hat die Hypo⸗ theſe deffelben im XXXXVIIII u. f. $. Die er aus Den newtoniſchen Grundfägen berleitet, daß die anziehen: de Kraft der Eleinften Teilchen der Körper fich wech⸗ felsweife nach Veränderung der Enrfernungen in eine zuriicftreibende verwandele. Wenn folchergeftalt von diefen Kräften durch Verminderung oder Vergroͤße⸗ rung der Entfernungen eine aus der andern wird, fo kann aus der $uft, einem elaftifchen Weſen, deff en Theile folglich einander wegtreiben, ein unelaftifches werden, deffen Theile einander anziehen (LIII.). Eben diefes Fann fich auch ereignen, wenn eine andere Materie die Sufttheilchen viel ſtaͤrker anzieht, als fie felbft einander wegtreiben. Die dymifchen Aufloͤ⸗ ſungen und Faͤllungen, auch mas, der Luft, die mit den Eleinften Theilchen der Körper aufs genauejte verbunden iſt, widerfähre, beftätigen ſolche Begriffe. Aus diefen Grundfäßen läßt fich der Wirbel ohn— gefähr folgendermaßen erflären: (L.XII) Man ftels fe fich einen Wirbel von Luft vor, in deffen Mitten dünnere $uft und nach außen zu immer dichtere und dDichtere feyn wird. In demfelben kann fich ein Wir: bel von einem andern Wefen, z. E. Waſſer befinden, und alsdenn in. feiner Mitten eine wirkliche Höblung machen, die Luft kann aus ihrem elaftifchen Zuftande | in und vielfachen Diegenbogenfg>s in unelaftifchen und umgekehrt. übergehen. "Das Waſſer enthält zwifchen feinen Theilchen viel unela⸗ ftifche Luft, die durch Erhitzung, Wirbel u, d. gl. fich abfondern, und elaftifch berausfahren kann; mengen fih num noch entzündbare Schwefeldünfte darunter, fo ift der Wirbel, wie wir ihn bier brauchen, fertige Der Here Berfafler erfläret die beobachteten Umftän: de ausführlich daraus, worinnen man ihm bier aber der Weirläuftigfeit wegen nicht folgen kann, weil die Abficht vielmehr erfordert, noch etwas von dem viels fachen Regenbogen zu erwähnen, der in einem Ane hange von einem halben Bogen befchrieben ift. Denfelben in Brachmonat, faget der Verfaſſer, als ich ausgegangen war, die Zerftörungen des Wirs bels zu betrachten, Fam mir eine andere Erfcheinung vor, Die in ihrer Abficht eben fo außerordentlich und wichtig war. Ohngefaͤhr zwo Stunden vor Unter» gange der Sonne fahe ich in einem ziemlich nahen häufigen Negen die gewöhnlichen beyden Regenbo⸗ gen, Innerhalb des innerften und vornehmften, fas be ich, daß fich ein dritter anfieng, der. ihn berührte , das Roche war in demfelben fehr lebhaft, und das Grüne noch belle genug, aber das Violettene undeut⸗ be aber das Rothe, Gelbe und Grüne niche fo elle, Als ich eine Viertheilſtunde vor Untergange der Sonne nad) Haufe gieng, erftaunte ich noch mehr. Sin einem ftarfen Regen zeigten fich die beyden ges woͤhnlichen Regenbogen viel lebhafter als fonft, weil _ es in Welten fehr helle war. innerhalb des inner ſten vornehmften Regenbogens fahe ich vollfommen aodand, dl deut⸗ —* ee einem Windwirbel deu rey Regenbogen mit eben der Drdnung der Farben, einen an den andern anrührend, nebft einer zweifelhaften Spur des vierten. Der dritte Negen- bogen, welcher an den vornehmſten ruͤhrte, war merke lich enger (piu ftretta) als derfelbe, und nicht fo belle, fo waren auc) die andern immer einer enger und we⸗ niger helle als der andere Sie waren auch nicht ganz, fondern da zu fehen, wo der vornehmfte am leb« hafteften war. Mich zu verfichern, fragte id) meinen Begleiter, wie viel Regenbogen er fähe? Er aute wortete, einen äußern, der nicht fo lebhaft wäre, ei» nen inneren lebhaftern und vier andere innerhalb, die— fes noch ganz deutlich, vbmohl immer weniger und we⸗ niger helle, aneinander rührend, mit eben der Ord— nung der Farben: Er verficherte mich, den vierten, den ich, weit ich ein kurzes Geſicht habe, nicht vecht deutlich ſaͤhe, fähe er fehr deutlich. Ich machte die Augen einigemal zu, und fühe wegen Untergange der Sonne zu verfchiedenenmalen dahin, da ic) immer eben diefelbe Erfcheinung fand. Mir war leid, daß ich Feine Werkzeuge hatte, die Bogen zu meſſen. Man hat fonften mehr Regenbogen um einen ge» ‚meinfchaftlichen Mittelpunfe gefehen. Carteſius ers waͤhnet einen dritten, der um den zweyten herum: gieng, u. fo weit von dieſem, alsder zweyte von dem er» fien war. In den leipziger Adis Eruditorum 1730, wird ein Auszug aus den philofophifchen Transactio⸗ nen von 1723 gegeben, wo es heißt: „Languith hat „mehr als einmal, innerhalb des erften Hegenbogens die zweyte, ja die dritte Reihe von Farben, an die erſte anruͤhrend gefehen. „, Aber die Ordnung der Farben mar nicht wie im Kegenbogen,. welches fein Brief an | | den und vielfachen Regenbogen. 531 den Herrn Jurin in den Transactionen bemeifer, In eben diefen leipziger Adtis von 1731 befindet fih ein Auffaß von Wegnern, der außer den beyden gewoͤhn⸗ lichen Regenbogen, noch innerhalb des erſten, zweene mit eben der Drdnung der Farben beobachter hat, doc) waren dieſe beyden und der erfte von einander abgefondert, ‚fo viel als die Breite des erften betrug. Bon diefen beyden fihien der äußerfte fo breit als der vornehmſte Regenbogen, aber die grüne Farbe zeigte fi) in ihm niche deutlich. Von dem zweyten war nur der Außere Rand deutlic) zu ſehen. Eben in diefer Monatsſchrift, im III TH, der Supplemente, im Auss zuge von Parents phyſikaliſchen und mathematifchen Unterfuchungen heißt es: „Er erwähnet 7 Kegens „bogen, die man in einer Wolke gefehen hat, dabey „ein ſtarker Plagregen gefallen ift; die Außerften dar „von waren Faum zu ſehen. Die Beobachtung ‚ finder fich im I Ih. der parifer Ausgabe von 1705 auf der 267 ©. ° Es wird dafelbft nicht gemeldet, was für eine Ordnung die Farben gehabt haben, und ob die Bogen an einander rühreten. Vitellio im 103, 718. faget: „Man fieht Regenbogen, wo die Farben „einerley Lage haben, einen unter dem andern, als erft: slich roth, darnach grün, ferner, . (alurgus) wieder roch und wieder grün, und alsdenn wieder roth und wieder grün, und zulegt... (alurgus): ,„, Er nennet nur drey Farben, weil er nur diefe drey im Regenbogen ers kennt. Die Figur zeiger, daß fie einander berühren, aber die Worte und die Figur weifen nur zweene Mes genbogen, ob er gleic) von mehrern zu reden ſcheint. Alberrus Magnus, im III B. de Meteoris 16 Cap, ſaget : „Wir fehen oft drey oder vier in eben dir gl 2 „Lüge ı®€ / 532° Don einem Windwirbel „Sage gegen die Sonne. „ Aber Hier druͤcket er die Berührung nicht aus, ä | x Wie ſchwer die Erklärung diefer Begenheit ift, Fann demjenigen nicht unbefannt feyn, der weiß, wie die Farben des Regenbogens von dem größten Wins fel der wirffamen Strahlen berühren, . Es bilfe nichts, ſich mit den Alten, auf den Gegenfchein des vornehmften Regenbogens in andern Wolfen zu be rufen, denn diefe find nicht glaft genug dazu, und fols che Regenbogen würden auch einander nicht beruͤh⸗ ven, Eben fo helfen hier Sonnehftrahlen nichts, die von einem Fläche des Waflers zurückgemworfen, oder in einem bucchfichtigen Weſen, ebe fie an den Regen fämen, gebrochen würden, denn das würde nicht alle Bogen um einen Mittelpunkt geben. Wie der erfte Regenbogen von einmalin Waflertropfen zuruͤckgewor⸗ fenen Strahlen,der zweyte, von zweymal zuruͤckgeworfe⸗ nen entſteht, fo giebt fich für jede Menge von Zuruͤckpral⸗ lungen ein Regenbogen: aber diefe Regenbogen müflen - zu ſchwach werden, und in gewiffen Entfernungen von einander ftehen*. Sich auf das abmwechfelnde leichtere Durchgeben u. Zurückprallen der Strahlen (vices faci- lioris tranfmiflionis et reflexionis) zu beziehen, welches Newton beftimmt hat, und woher die mannichfaltigen Farben in zarten Scheibchen, und in den farbichten Kreifen der Seifenblafen entitehen, und fich dazu der Strahlen zu bedienen, welche in den Tropfen die * Man febe Joh. Bern. Werke III B. 171 N. 3 Art. wo die Art alle Regenbogen zu berechnen am deuflichs ſten gemwiefen wird. En, il u ı und vielfachen Regenbogen. 533 Richtungen von Sehnen hätten, die der Tangente fehr nabe fämen, hilft hier auch nichts, weil Diefe Strahlen ungemein zarte find, weil die Drdnung der Farben nicht fo ſeyn würde, wie im vornehmften Res genbogen, fondern in einer Bermifchung mancherley Farben befteben müßte, und weil foldye Regenbogen den vornehmften nicht berühren würden. Muſſchenbroek nimmt Langwiths farbichte Kreife zu erklaͤren, die Farbenſtrahlen zuHuͤlfe, die in Eleinern Wins keln, als im groͤßten aus den Tropfen ausfahren. Erſt— lich aber laͤßt ſich erweiſen, daß innerhalb des Re— genbogens eine ſolche Vermiſchung aller auf dieſe Art zuruͤckgeworfener Farben ſeyn muß, daß daraus nicht eine beſondere Farbe, geſchweige eine Menge von Kreiſen entſtehen Fan, Und ferner iſt offenbar, daß fih fünf aneinander rührende Regenbogen mit ihren Farben daraus nicht herleiten laflen. Das bleibe noch) übrig , daß ſich im Regen Tropfen finden, die einer mehr,der andere weniger Bermögen,die Strahlen zu brechen, haben, Aus Newtons allgemeiner Formel »erhellet, daß eine Eleine Beränderung-in der-brechene den Kraft fehr viel in der Sage des Regenbogens ver⸗ ändert, Da nun Newton gewiefen hat, daß ſchwe— felichte Sachen die Strahlen ftärfer brechen, und da die großen: Ungewitter und Wirbel erwähntermaßen von-häufigen Schwefeldünften entftehen; fo find Dies felben vielleicht diefen Tag ungleich in den Negentropfen ausgetheilt geroefen. Nur ift fehwer zu begreifen, daß gleich fünferley Tropfen gemefen find, und daß ſich ihr Unterfchied fo verhalten hat, daß die Kreife aneinander gerübret haben, außer dem, daß fie auch) ohngefaͤhr — 3 gleich 334 Einige medieinif, Beobachtungen ‚gleich werden ſollten. Doch da fich die Biolerfarbe nicht wohl unterfcheider, lagen fie zum Theil überein. ander, und das machte, daß einer enger alg der an- dere ausfahe. Dem fen wie ihm wolle, fo bin ich von der Richtigkeit dee Erfcheinung verfichere, und begnuͤge mich, angegeben zu haben, was fich dar⸗ über denfen läßt. f FRKEEKKKKKEKKKEK FF FA XXX M VEn Sammlung einiger medicine Beobochtungen Be 112 Ma, Betrachtungen D. Johann Auguft Unzer, } I @ > ch erinnere mich eines Mannes, welcher vor 6), einigen Jahren, an einer Verlegung der Le⸗ ber ftarb, die, wie gewöhnlich, mit einem bectifchen Fieber Berbihbint war. Go bald er ver= fhieden war, ward er aus dem Bette gehoben, und man bemerfte, daß er nicht die geringfte Feftigfeie in allen feinen Öliedern hatte, Jedes Gelenfe war fo N ſchlaff, und Betrachtungen 535 ſchlaff, als ob alle Sehnen abgefehnieten worden waͤ⸗ ‚ren. Der Kopf fanf dahin, die Arme, die Füße und ‚alles fiel von fich felbft weg. Nachdem der Körper angekleidet und immer ſo ſchlaff befunden worden, nachdem er auch ſchon einige Tage im Sarge an freyer Luft geſtanden hatte, bemerkte man noch eben dieſelbe Erſchlaffung, ſo daß es nicht moͤglich war, ihm den Kopf recht gerade, oder die Haͤnde auf dem Leibe uͤbereinander zu legen, wie man ſonſt wohl daſiger Orten zu thun gewohnt war. Dieſe und dergleichen Beobachtungen, denn ich zweifle nicht, daß ihrer noch genug von der Art vorhanden ſind, machen ſich anitzo etwas merkwuͤrdig, ſeitdem Herr Louis in Paris zum Dienſte he Die nicht: 'gern lebendig "begraben. feyn wollen , Die Kennzeichen des vorhanz Denen Todes befehrieben, und befonders auch dieſes mi angeführe bat : daß wahrhaftig fodte Körper, gleich nad) dem Abfcheiden, wenn fie noch warm find, eine gewiſſe Steifigkeit in allen Gelenken hätten, welche verurfachte, daß es befchwerlich wäre, fie zu der Zeit anzukleiden *%. Ich weiß wohl, daß Herr Zonis ſelbſt, ſowohl bey ven Erfrornen, als auch bey eini= gen mit feltfamen Umſtaͤnden yerbirribenen Todesfaͤl⸗ len, Ausnahmen von feiner Kegel zulaͤßt. Allein bey dieſem Todesfalle war gar nichts außerordentliches, als diefes, daß der Körper gar nicht erftarrte, und welcher Liebhaber des Lebens wollte alfo bey fröblichen la Erben - Er. ©. die Lettres fur la Certitude des Signes de la Mört, ou Pon raffure les Citoyens de la Crainte d’etre enter- res vivans, etc. par M. Louis. Confeiller, etc, — chez M. Lambert. 1752. In Duode;. 36 Einige mediciniſ· Beobachtungen ‚Erben es darauf anfommen laflen, ſich nach feinem vermeyntlichen und ohnedem erwuͤnſchten Abſterben, nach einem ſo auf Schrauben — Kennzeichen beurtheilen zu laffen, 2. Warum fürchtet man doch fo (hr, daß die Kin⸗ der, welche Die Blattern haben, blind werden moͤch⸗ ten, wenn ihnen die Augen zufchivären? Man wens der eine Menge Künfte darauf, ihnen die Augen of⸗ fen zu erhalten. Allein meines Erachtens follte man gerade das Gegentheil thun. Ich weiß mich Feines Erempels zu erinnern, daß ein Kind an den Augen ‚Schaden gelitten hätte, wenn es an den Dlattern blind gelegen, und man feine Mühe angewendet bat, es dawider zu vertheidigen. Hingegen haben die Dlattern, welche dicht an dem Auge ſitzen, entweder durch den Saft, der in das Auge gefommen, oder dielleicht Durch andere Lrfachen Gelegenheit gegeben, Daß die Augen felbft angegriffen worden find, wenn ſie in währender Krankheit mit Gewalt find offen er halten worden, Danun die Mühe doch ohnedem öfters vergeblich ift, die Augen für dem Zufchwären zu ver- theidigen ; fo halte ich eine vergebliche Arbeit, von der nicht einmal zu wünfchen ift, daß fie gelinger, für ein Unternehmen bey den Blattern, welches man bila lig abſchaffen ſollte. 3. Das Saͤlblein, welches Herr Raulin im Sei— tenftechen (pleuritis) wider die Stiche anräth, und welches aus dem Oleo hyperiei und Campher vers fertiget wird *, iſt, in meiner Erfahrung, denen Lob⸗ ſpruͤchen * ©. die Abhandlung: Des Maladies occaſionnées par les promptes et fr&quentes variations de l’Air, confi- dere IF Be Fr I“ x I — and Betrachtungen. 537 ſpruͤchen vollkommen gemäß, welche ihm Herr Rau⸗ lin beylegt, und ich habe dadurch Linderung erhalten, ehe noch zue Ader gelaffen worden, und ohne die Stechförner zu gebrauhen: Die Wundärzteitheilen fih wegen des Camphers nod) in zwey Theile; ; Eis nige wollen ihn bey allen Entzündungen gebrauchen, andere halten diefes für die ‚größte Sünde von der Welt. Ich zweifle nicht, daß von: beyden Theilen viel gefagt werden koͤnne: ich glaube aber, daß Die Lobredner des Camphers das meifte denfen. Doch wer wird fo glücklich werden, in der Arztneykunſt der⸗ einft mit dem Perſius fagen zu fünnen, daß er den Amtsbrüdern die alten Großmütter aus den Herzen geriffen hätte ? N 4gEben diefer Verfaſſer ruͤhmet bey böfen Hälfen, das "Johannisbeerwaffer zum Gurgeln, und den Campher. Ich fenne einen Mann, der aller zwölf . Wochen mit der falfchen Bräune (angina fpuria) befchiveret war, und diefes von Kindheit an, bis in fein vier und zmwanzigftes Jahr, alfo ausgeftanden hatte Es ward alles auf der Welt verfucht, nur das Aufbrechen der Gefchmwüre zu bintertreiben : als lein das gleich anfänglich wiederholte Aderlaflen, alle Gurgelwaſſer, Saranzen und temperirende Sachen, die Bibinelleflenz, der Salpeter, bis auf den Hunds⸗ koth, alles war umfonft, —* einiger Zeit gebraucht — er dere comme Atmoſphére terreſtre, etc. par M. Joſ. Raulin. D. etc, Paris, bey Huart und Morreau 1752. In Duodez. ER | 538 Einige medichnif. Beobachtungen — ‘er gleich bey angehendem Schmerze im Halſe, den mit Zucker dickgekochten Saft von Johannisbeeren, und ſolches hat ſchon viermal hintereinander die Schmerzen erleichtert und das Aufbrechen verhindert. Wenn man bey dieſer Krankheit Campher äußerlich gebrauchen will, ſo iſt nicht undienlich, außer dem aͤußerlichen Umſchlage, auch reichcamphorirten Wein— geiſt auf ein zuſammengeſchlagenes leinenes Tuch zu traͤufeln, und es, nachdem es getrocknet, vor Mund und Naſe zu halten, um dadurch Luft zu ſchoͤpfen. So lege ſich der Campher recht im Munde und Hal- fe an, und thut treffliche Wirkung. Es iſt mehr heilſam, als ſchaͤdlich, daß man auf dieſe Weiſe etwas von Campher mit verſchluckt. Der Campherſpiritus muß dem Apotheker nicht ſelbſt zuſammenzuſetzen uͤberlaſſen werden, wenn man ihn ſtark camphoritt ha« ben will: weil ſie ihn gar zu ſehr ſparen, und viele nicht einmal wiſſen, was fuͤr eine erſtaunliche Menge von Campher in einer Unze guten Weingeiſtes ver» ſchwinden Fann, i | 5. Die Herren Werfaffer des Journal des Sgavans führen, wider die Herleitung der Nhevmatifmen von der unterdrücken Ausdünftung, Die Erfahrungen des D Jacob Reils an, welcher bemerket hat, daß öf- ters bey Rhevmatiſmen und Huften Die Ausduͤnſtung keinesweges bey den Kranken vermindert gewefen waͤ⸗ re, und daß, im Fall eine Erfältung dazu Anlaß ger ‚geben, derjenige Theil der Ausdünftungen, welcher dadurch zuruͤckgetrieben worden, niemals häfte hinrei⸗ hend feyn koͤnnen, die andern Ausführungen fo ftarf | u und Betrachtungen 339 zu vermehren * Ich will nicht behaupten, daß Hu⸗ ‚sten und Rhevmatiſmen allezeit von unterdrückter Ausdünftung ihren Urfprung nehmen müßten. Als fein ich kann auch nicht finden, daß vorige beyde Schlüffe die gehörige Gründlichkeie haben follten. Niemand wird fich wohl leicht einbilden, daß es bie fi. unterdrückte Materie der Ausbünftung felbft fen, wel- che man bey einem davon herrührenden Huſten außs wirft, und alfo braucht die Menge des Auswurfs feis nesweges der Menge der unterdrückten Materie der Ausdünftung proportional zu ſeyn. Geſetzt, Die zus rückgetriebenen Ausdünftungen verurfachten, durch eis ne Empfindung, die fie in den Aeften der Luftröhre erregten, Diefe heftige Bewegung der Bruft, welche ‚man den Huften nenner; fo würde diefe Empfindung einen ftärfern Zufluß der Säfte nad) der Bruſt erre— bi gen, und die Gefäßchen, welche hier beftändig eine Seuchtigkeit abfondern, werden dieſelbe häufiger ge= ben, Der Huften, welcher anfänglich trocken war, wird nun feucht, die Ausdünftung wird wieder her» geftelle; aber diefe Empfindung, welche auf der Bruſt | “noch immer fortdauret, unterhält dennoch den Hu⸗ fien. In diefem Falle kann alfo unter dem ſtaͤrkſten Huften die Ausdünftung vollfommen wohl von flat ten geben; er Fann aber dem ohnerachtet von der un« terdruͤckten Ausdünftung herrübren, und Fann Mate: vie zum Auswurfe fchaffen, die der unterdrückten Nuss dünftung ganz und gar nicht proportional ift. Auf die ähnliche Art lafjen fich die rhevmatiſchen Zufälle vers fheidigen. Ä 6.3 S des Journal des Sgay. Aclit. 1752. ©.190. - j ie 540 Einige mediciniſ. Beobachkungen 06 ch babe in einem der vorigen Theile * Dies fer Schriften den Auszug einer Schrift mitgetheiler, worinn der Zufammenhang des Zmwerchfells mit allen übrigen Theilen des menfchlichen Körpers durch man» nigfaltige Proben gezeigt wird, und tworinn man die zegionem epigaftricam, dem Nange nach, für den zweyten, das Gehirn aber für den erften Sitz des Le⸗ bens halt **, Es ift befonders und gehört mit zur Gefchichte diefer Theorie, daß fich mehrere von den neuern Schriftftelleen auf einmal für diefelbe erflären. Ich kann hier den Herrn Raulin anführen +, wel cher eben fo, wie der Berfafler der vorigen Schrift, den Magen, alsden Mittelpunkt aller Häute betrachtet, der mit den verſchiedenen Theilen des Körpers, in Abfiche der Fortfegung der Membranen, und der ge meinſchaftlichen Nerven, in einem merflichen und. be- ftimmten Zufammenbange ſtehe. Vornehmlich aber gehöre der portugiefifche Arzt, Herr Rodrigues de Payva bieber, welcher in eben dem Jahre, da jene Schrift zu Paris erfchienen, eine andere in Rom hat drucken laffen, worinn er er eben diefelbe Mey: nung behaupter +}. Diefer Herr fehreibe — *— | flu 3 *6.. bed hamburg. Magaz. 8 B. 6 Et. tes Auszu der neueſten phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten, JArt. S. 647 bis 655. ** Der Titel dieſer Schrift heißt: Specimen noui Me- dicinae confpedtus, und iſt zu Paris bey Guerin, 1751 in Detav berausgefommen. | | + ©. die obangezeigte Schrift de8 Herrn Raulim. +t Der Titel diefer Schrift beißt: Epierifis Critico-Apo- logetica de Afte&tu-atrabilario, :mirachiali, N de OI[- TR Betrachtungen. 541 fluß eines gewiſſen hypochondriſchen Mannes, der ſchwarzen Galle zu, welche auf die Nerven des Uns terleibes gewirft, und folchergeftale den Laͤhmfluß verurfacher haͤtte. Er hält gleichfalls dafür, weil ſich diefe ſchwarze Galle lange in der regione Epigaflrica derweilt hat, daß fie dem Patienten den Kopf vers | ruͤckt haͤtte, und dieſes vermittelſt des Reizes der Ner⸗ ven des Zwerchfelles als welches in einem beſondern Zufammenhange mit dem Gehirne ſtuͤnde. Er grün: der diefe feine Meynung auf das Anfehen der beruͤhm— teften griechiſchen Aerzte, befonders Des Hippocra⸗ tes, Aetins, Aretaͤus und anderer, wie auch auf ei— nige Beobachtungen des Barcholins ‚ Willis, d'Houlier, van Helmont, Zacutus, Ruiſch, Boerhaave und vieler anderer. Er bemerket, daß die verſchiedenen, ſo wohl ſchmerzhaften als angerieh- men Empfindungen, welche man hat, ſich öfters am obern Magenmunde fpüren laſſen, wo, wie er fager, Die Seele ihr Wohnhaus aufgefchlagen, zu haben feheint, Allein man- wird an oben angeführtem Or⸗ te * die Gründe finden, warum es wahrfcheinlicher ift, diefe Empfindungen vielmehr dem nervigten Mita telpunfte des Zwerchfells, als dem obern Magenmun⸗ de zuzufchreiben. Es wäre feltfam, wenn eine Mode, die in Paris und Kom zugleich aufkoͤmmt, feinen allgemeinen Beyfall erhalten follte, 7. Die Morbis terebri et tmentis, qui extra — origi« nem ducunt., Auctore Gafpare Rodrigues de Payvas Nom 1751, in Quart. * Bi die erg Sal des banburgifpcn aM azins. - 542 Einige medicnif Beobachtungen 7, Die meiften Wundärzte hören es mit einer ſehr veraͤchtlichen Mine an, wenn man ihnen ſaget, daß ſie die Eitergeſchwuͤre an den aͤußerlichen Theilen des Lei⸗ bes auch wohl eroͤffnen koͤnnten, ehe ſie noch zu ihrer voͤlligen Reife gelanget ſind. Gleichwohl iſt nichts gewiſſer, als dieſee, wenn man nur die Vorſicht dabey gebrauchet, die Eröffnung nicht fo groß zu machen, als gemeiniglich gefchiebt, um den Ton der feiten Theile nicht zu ſchwaͤchen. Der Herr Prof, Junker in Halle hat ven Verfuh viele hundertmale gemacht, und ich bin von vielen ein Zeuge gewefen. Das Ges ſchwuͤr wird mit einem Schnepper oder Schneller ere öffnet, und wenn gleich anfangs nur bloßes Blut zumt Borfcheine koͤmmt, fo erzeuger ſich doch auch bald her— nach gute Materie. Auf diefe Weife heilen die Ge— ſchwuͤre eben fo geſchwind, und öfters noch geſchwin— der, als nach der gemeinen Methode z der Patient erfpavet fich die großen Schmerzen, welche bey der Xb= wartung der Zeit, bis die Zeichen, daß Marerie vor— handen ift, äußerlich untrüglic) merflich werden, nicht zu vermeiden find, und verhütet, daß nicht die Materie indeffen zu weit um ſich greife, oder wohl unter ſich freffee Der Here Prof. Junker war vor einigen Jahren willens, dieſe Methode in einer neuen Auflage — Chirurgie bekannt zu machen. 8. Ich kenne einen gewiſſen Mann, der, weil er faſt taͤglich zu Gaſte geht, und immer guten Appetit hat, auch faſt taͤglich ſeinen Magen uͤberladet, und bavon eine Zeitlang viel Ungelegenheit gehabt hat. Bor einigen Wochen verficherte er mich, daß er nun⸗ mehro, feit einem halben Jahre, feine vorige Lebens: art forrfegen koͤnnte, ohne Die agjro Beſchwerlich⸗ keit 4 und Betrachtungen. ' 543 keit davon zu baben, weil er, wie er fagete,ein Mitcel erfunden hätte, fich allemal geſchwind zu helfen, Ich will fein Geheimniß, welches gar nicht. ungereimt: ift, denenjenigen mittheilen, welche mit ihm einerley Lebens⸗ art führen. Wenn er des Abends von einem Schmauſe nach Haufe koͤmmt, fo legt er fich zu “Bette, und ur—⸗ theilet aus einem unrubigen Schlafe, und Spannen in der Gegend des Magens, wie auch aus der Leblig- Leif, wenn er des Morgens erwacher, daß er fich den Magen verdorben haben müffe, Er trinfe alfo des Morgens ein wenig Thee. Zu Mittage, wenn bie Zeit zu fpeilen koͤmmt, nimmt er, ſtatt des Effens, einen großen Eßloͤffel voll von einem Pulver, das aus gleis chen Theilen von vitrioliſchem Weinftein, und zubereis teten Schnedfenichalen beftcht, mit Waller, Nach Verlauf dreyer Stunden bricht er fich, oder bekoͤmmt einen Durchlauf. Bo nicht, fo nimmt er diefelbige Portion noch einmal, und fo aller zwey Stunden forr, bis eines von beyden erfolget, und fo findet er fich ge= fchidt, den folgenden Tag wieder zu fhmaufen. Hat er zweene Tage hinter einander Schmaufe abzumars ten, fo verfchiebt er die Eur bis auf den dritten, Kömme es aber öfter hinter einander, fo läßt er fich einmal entſchuldigen, und erfucher feine Freunde um einen Tag zur Verdauung. 9. Zuweilen find die Efeinften Umſtaͤnde vermögend, eine Krankheit zu erregen, die faſt durch nichts gehoben werden Fann, wenn man das Glück bat, ihre Urfache zu entdecken. Zweene Eheleute, die gewohnt waren, in einem Bette beyſammen zu fchlafen, Elageten mir einsmals ein Uebel, deſſen Beſchaffenheit mir ſehr ſelt⸗ kn zu ſeyn ſchien. Schon drey Jahre hinter einan⸗ der 544 Einige medichmif Beobachtungen der hatte der Mann des Winters, alle Morgen, wenn’ . er aufftund, einen Schmerz in dem linfen Auge, und es war ihm etwas gefchwollen, zuweilen war auch die weite Haut des Auges entzuͤndet. Des Sommers wußte er von dem allen nichts, In eben diefen drey Jahren hatte die Frau des Sommers, alle Morgen, wenn fie aufftund, einen Schmerz in dem linfen Auge, und es war ihr auc) zumeilen geſchwollen und entzuͤn⸗ det. Des Winters wußte fie von dem allen nichts. Weilman ganz im Ernfte von mir verlangere, daß. ich die Urfache dieſer Beſchwerlichkeit unterfuchen follte, fo ließ ich mich in das Schlafzimmer führen. Das Bette ftand auf der einen Seite an einer Wand, und zum Häupten war ein Bret, das nicht völlig bis an den Himmel veichete, dergeftale, daß der Zugwind eines eben nicht allzuwohl verwahreten Fenſters, welches neben dem Haupte des Bettes war, durch dieſe Deff- nung hindurch blafen Fonnfe, und juft auf die linfe Seite desjenigen traf, der forn im Berte lag. Des Winters pflegere der Mann forn zu liegen,‘ um feiner Frau den wärmften Dre zu laffen Des Sommers Tag er binten, um feiner Frau den Fühlften Dre zu laſ⸗ fen. Auf diefer periodifchen Gefäfligfeit des Mannes beruhete das ganze Unglücf der Eheleute. Man brachte das Berte an einen andern Ort, und die linfen Augen der beyden guten Leute find iso Winters und Sommers Abends und Morgens gefund, 10. Wie fann doch zuweilen in einer und eben der: felben Seele fo viel guter natürlicher Verſtand, bey der allerabgeſchmackteſten Thorheit wohnen? Es iſt bier eine Frau, welche in allen ihren Handlungen völlig vernünftig, befcheiden, arbeitfam und nachdenklich ift, und und Betrachtungen. 545 und ihre Sachen in der Haushaltung mit aller Klug- heit abwartet. Dabey hat fie die Gemohnbeit, daß fie fich, wenn fie ausgeht, ein Küffen vor den Unter: leib bindet. Wenn fie nun jemand fraget, ob fie ſchwanger fey; fo erzaͤhlet fie eine Gefchichte, worinn fie mie Documenten, die die gehörige Form haben, Darthut, daß fie mir dem heiligen Geifte ſchwanger fen, und daher den Vorzug bäfte, viel länger, als an⸗ dere gemeine Weiber mit Menfchenfindern, ſchwan— ger zu gehen. Hierdurch beuget fie, mit guter Webers legung, dem Einwurfe vor, den man ihr machen Fönnte, daß fie fehon fo viele Jahre mit diefer Bürde ſchwanger gegangen wäre, Wir Fennen die vernünfs tige Seele fehr ſchlecht; allein es ſcheint, daß mir die närrifche noch viel weniger kennen. — wi + ur 10 Band, Ar Vm Aue 546 Auszug der neueſten serie | VII. | Auszug | der neueſten phyſikaliſche Merkwuͤrdigkeiten. I. Beſchreibung der erſten Entdeckungen vonder alten Stadt Herfulaneum*. (2 m Sabre 1689, faget 3. Picchetti, ein neas politanifcher Baumeifter und berühmter An» tiguarius, grub man am Fuße des Berges Veſuv, eine Meile vom Meere, einen Brunnen, und ich bemerfere, daß dafelbft die Erde und die verglafe: ten Steine in einer ſchoͤnen Ordnung auf einander folgeten. Anfänglich hatte man zwölf Hände ‚breit gute Erde: hierauf folgeten viere von verglafeten Steinen ;_ denn roieder dreye, fefter Erde; ferner, fechs und eine halbe verglafeter Erde, worunter man Koh⸗ len, eiferne Schlöffer, und zwey Aufichriften fand, woraus man erfahb, daß bier Pompeja geftanden harte. Hierauf grub man ferner zehn Rz | tie * Yu der Bibl. Raifonnee Tom. 48. Part. I. Art.I. Cie ift die Fortſetzung derjenigen Beichreibung, wovon wir im 2 Gtücfe des neunten Bandes des Hamb. Mag. im eriten Artikel diefes Auszuges das legte Stück des er: ſten Haupttheiles mirgetheiler haben. | phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 547 tief eine Art einer Laugenaſche (Soute), worunter drittehalb Hände breit verglaferer Stein lag. Dann folgeten acht Hundbreiten fefte Erde, viere verglaferer Stein, der aber leichter und wie Schiefer war; ferner fünf und zwanzig fehr fefter Erde, die dem Tufjteine gleich; nachher fechzehn, eines fehr ſchweren verglafeten Gefteins, und endlich zwölfe von Tufjtein, worunter man eine Menge Quellwaſſer fand, welches verhin— derte, daß man nicht tiefer graben konnte *. Ich habe im Vorhergehenden gezeiget, daß die Stadt Herku— laneum von den fechzehn handbreiten Lavalagen, oder verglafeten Gefteine, ift zu Grunde gerichtet worden ; und es ift wahrfcheinlich, Daß fie auf dem zwölf hand» breiten Tufſteine geftanden hat, worunter man die Waſſerquellen gefunden, weil der Eingang zu den Rui⸗ nen über dem Wafler, in einer Tiefe von acht und achtzig Handbreiten iſt. As der Prinz; Elbeuf ızıı zu Neapolis war, und bey Portici ein Landhaus harte bauen laſſen, das an dem Ufer des Meeres ftand; fo wollte er den Fuß: boden mit einer befondern Art von Moͤrtel pflaftern laffen, dev aus verfchiedenen Arten gepülverten Mar: Mm 2 mors * Manerficht aus einem Sendſchreiben des Herrn Georg Knapton, das ſich in der 58 Numer der Philoſoph caltransactionen befindet, daß die erſten Arbeiten Fünf Sabre dauerten, und Daß das vornehmite, was man gefunden, zwo Säulen von orientalifchem Alabafter gewefen, die man fiir 50000 Ducaten verkauft bat, nebſt vielen Bildfaulen, wovgn die beiten verkauft, und die andern nach Lothringen gefihiekt worden, wodurch der Herzog von Belbevofi fein Glück gemachet haben fol, ©. der Lettr. Tom. I, S. 159. | | 548. Auszug der neueften mors zufammengefegt iſt. Weil er nun vernommen hatte, daß man beym Yusgraben eines Brunnens zu Refing Stücken Marmor von gelber und andern Sarben ausgegraben hatte; fo wollte er in. eben ber: felben Gegend darnad) eingraben laflen. Kaum aber hatten die Arbeiter feitwärts in diefen Brunnen einzu graben angefangen, als fie in eine Are von einem Ge⸗ mölbe kamen, wo fie fehr fehone Bildfäulen, und dar⸗ unter einen Herkules und eine Cleopatra fanden, Sie arbeiteten weiter fort, und fanden buntgeſprengte alabafterne Säulen, die in einen runden Tempel ges höreten, der von außen mit vier und zwanzig folcher Säulen, die meiftentheils gelb waren, ausgezieret war, Der innere Tempel war mit eben fo viel Säulen aus- gezieret, die nad) der Berhältnig derer, von außen, ges ‚ fege waren, und zwifchen welchen eine gleiche Anzahl Bildfäulen von gelbem griechifiben Marmor ftun- den. Der Tempel war mit eben folhem Marmor gepflaftert, Der Prinz fchenfete von diefen Bildfäu- len einige an den Prinzen Eugen, die er ihm nad) Wien ſandte. Man entdeckte zugleid) eine große marmorne Tafel, worauf, in Buchftaben von Metall, diefe Aufſchrift ſtund: | ? Appius- Pulcher Caii Filius Templum Baccho dedicauit ſuo [umptu Septemnir Epulonum. Außer dem fand man noch eine große Menge africanifchen Marmor, woraus man Tafeln ma« chete. Der Ruf von diefen Entdeckungen fam dem Fifcal zu Ohren, und um die ausfchmweifenden Gerecht⸗ fame zu vermeiden, deren fich die Oberherren bey fol: chen Gelegenheiten anmaßen, ließ man die Arbeit lies | | gen, vhyſitaliſchen Merkwůrd igkeiten. 549 gen, und es blieb alles ganzerfieben und zwanzig Sabre in diefem Zuftande, namlich bis 1738. ! Als dee Rönig beyder Sicilien im Monat De- cember zu Portici war, wo er einen Pallaft auffuͤh⸗ ven lief, befahf er, in dev Gegend, wo der Prinz El⸗ beuf fo glückliche Entdeckungen gemachet hatte, neue * anzuſtellen. Man fand alſobald die Stuͤcke zweyer Bildſaͤulen zu Pferde von Erzt, die mehr als natuͤrliche Groͤße hatten. Als man einige Hände breit uͤber dem Waſſer des Brunnens waſſer⸗ gleich zu graben fortfuhr, fanden ſich zwey marmorne Bildſaͤulen, togatae, und in mehr als natürlicher Größe ine davon fhien den Auguſtus vorzuftel« len. Hierauf fand man noch eine andere, von eben der Art, nächdem man unterwegens fehr wohl gema= chete, mie Kuͤtt überzogene, und mit verfchiedenen Farz . ben augemalete Saͤulen von Ziegelfteinen, angetrof— fen hatte. Nachmals fand man zwey Stüde eines Architrabs, die der Aufichrift zu folge, welche daran ftund, zu dem Schaugerüfte (Theatro) gehöreten. Die Aufſchrift war diefe: L. Annius. L. F. MAMMIANUS RUFUS, IL VIR. QUINQ, THEATER. O. P. NU- MISIUS. PR F. ARCHI HERCULA- NEN .... Das if: Pucius Annius Mammianus Rufus, Dü« umvir Quinquennalis, ließ diefes Schauges rüfte, von dem Baumeifter Numiſius, für die Einwohner zu Jerkulsneum, auf ve Unfojten bauen, Mm 3 . Die 50° Auszug der neueſten Die Buchſtaben diefer Auffchrife waren eines hal⸗ ben Armes hoch, und fo verunftaltef, daß man viel Mühe gehabt hat, fie fo,daß fie einen Sinn befamen, zufammen zu reimen, Inzwiſchen mar doch diefes der erite Beweisgrund, den man anführen Eonnte, daß die hier entdeckte Stadt Herkulaneum, und niche Pompeja fey. Die Arbeiterleute gruben hierauf um diefes Theater herum, das fie gleich zum erften Anfange ihrer Nach— forfhungen zu entdecken das Glück gehabt hatten. Nahe bey den Stücden des Architrabs fand man Ueberbleibfel von zwey großen Pferden, von vergoldes tem Kupfer, deren eines durch den Fall auf die Seite dergeftalt zerfchmertert worden war, Daß es nur noch die Hälfte eines Pferdes zu ſeyn fhien. Nicht lange hernach entdecfete man Stüde von dem Wagen, an den fie gehöreten, und der dem großen Eingange des Schaugerüftes zur Zierrath dienete. Die Bildfäu len zu Pferde dieneten ohne Zweifel eben auch von außen zur Zierde dieſes Gebäudes, und ftelleten wahr= fcheinlicher Weiſe Kaifer vor, ob man es gleich nicht anders, als nur bloß mutbmaßen Fann, indem ihnen die Köpfe mangelten. Das Schaugerüfte felbit harte von außen 290 Zuß im Umfange, 230 innwendig, bis an die Schaubühne, und 160 Fuß äußerlid) in der Breite, Der Dre des Schauplaszes, oder wo die fpielenden Perfonen auffraten, war 72 Fuß breit, und nur 30 land . Das ganze —3 hatte die ie | ale * ch gebe Hi Maaße nach den Mdmoires. ‚Dar Marz guis de Venuti halt fie für unrichtig, und giebt an dere all, für deren Richtigkeit er eben jo wenig ne wei phyſikaliſchen Mertwuͤrdigkeiten. 551 | ftalt eines Hufeifens. Das Außenwerf war erhaben auf Pfeilern, die in gewiffen Weiten von einander ab» ftunden, aus Ziegelfteinen gemacher, und mit mars mornen Karnießen gezieret waren; fie waren miteiner _ Art von Terraſſen, verfchiedener Farben bedeckt, und fahen an einigen Orten wie Jaſpis, an andern ſchwarz und glänzend, wie der chinefifche Firniß. Inn— wendig waren ein und zwanzig Reihen Sige, die alle aus einem Mittelpuncte kamen, und ſich nach der Verhaͤltniß, wie ſie hoͤher wurden, erweiterten. Sie waren nicht ſo, wie auf den roͤmiſchen Schaugeruͤſten, durch eine Art von Abfägen von ſieben zu ſieben, einge— theilet: allein es waren dardinter drey Oallerien über einander,deren jede für fieben ReibenSiße gehörete,und in die man auf einer großen Treppe binauf flieg. Das Uebrige des Gebäudes beftund aus einem großen länglichten Vierecke, das in drey Theile gerheilet war, die mit demjenigen überein fommen, was wir ben uns ‚Das Parrerre, das Theater, und hinter den Sces nen nennen, wo fich Die Spieler anfleiden. Der Vordertheil des Schauplaßes war auf eine Facade von doriſcher Ordnung aufgeführer, und hatte drey Eröffnungen *. Man bat unter dem Schauplage viele Stuͤcken Hol, die zu Kohlen gebrannt waren, gefunden, und dieſes waren ohne Zweifel die Mafchi- nen, deren fic) Die Alten in ihren Borftellungen häufig bedieneten. Endlich fo war diefes prächtige Gebaͤude Mm 4 innwen⸗ weil es ſchwer iſt, ein Gebaͤude, das mit Erde und Rui⸗ nen angefuͤllet iſt, auszumeſſen. * Die Proportionen dieſes Theaters kommen mit des Vitrubvs feinen überein. lib. V. 6. a Auszug der neueſten innwendig mit Säulen und Statuen gezieret, und mie allerhand Sorten von altem Marmor ausgeſchmuͤcket; ja Die Dafelbft gefundene geoße Menge deffelben laͤßt vermutben, daß es wohl gar Damit gepflaftere: gerves fen; und wenn man aus den Stüden der Schnitz⸗ arbeit, des Architrab, u. ſ. w. urteilen foll, fo ift nichts von befferem Geſchmacke und vollfommener zu nennen, | Inm Jenner 1739 fand man in diefem Theatro zwey ſehr ſchoͤne Bildfäulen von Erzt, ohngefaͤhr einen Fuß hoch. Die eine ſtellete den Auguſt, und die andere die Livia vor, Die erſte mit entbloͤßetem KHaupte, und mit dem roͤmiſchen Mantel (togata). Die andere verfchleyere, mit einer Art von Dreyecke auf dem Haupte, das ohngefähr eine mit Strahlen umgebene Krone vorftellen follte. 2. Zwey Hörner des Ueberfluſſes von vergolderem Kupfer, eine Klaf⸗ ter lang, Die fich in einen Adlerskopf endigten, der hin und wieder durchbrochen war, vermuthlich, um Die Lampen hinein zu hängen, 3. Eine große Bildfäule einer Srauensperfon-von Erzt, im Ehrenkleide, aber nur mie halben Kopfe. 4. Zwo andere eherne Bildſaͤulen, vollkommen ſchoͤn gearbeitet, aber ſehr verunſtaltet. 5. Fünf marmorne Bildſaͤulen, von eben der Gattung, als die drey erſten von Erzt, groͤßer als natürlich, und wovon viere den römifchen langen Rod (togam) anhatten, mit Auffchriften an den Fuß⸗ geftelfen. 6, Zwo andere eherne Bildfäulen, viel über natürfiche Größe. 7. Zwey fehr fchöne mars morne Bruftftücken, eines von der Kaiferinn Domis tia, und das andere vielleicht vom Gneus, dem Bas ter Diefer Prinzeßinn. 8. Drey andere Bildſaͤulen von phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 553 von Marmor (togätae), deren Haͤupter und Arme von verſchiedenem Marmor, und viel ſchoͤner waren; welches nicht ſowohl deswegen, weil die Bildhauer keine ſo große Stuͤcke Marmor gehabt haͤtten, als vermuthlich darum geſchehen, weil ſie bey Gelegenheit Körper von verſchiedener Größe und Stellung auss arbeiteten, wozu fie denn, wenn eine Bildfäufe bey ib» nen beſtellet wurde, nur den Kopf und die Arme ned) zu verfertigen nötbig hatten. Die meiften Diefer Bildfäulen haben zu ihren Füßen einen gewiffen riin= den Bloc, den einige für die Figur eines kleinen Als tars halten, der die Verehrung anzeigen follte, welche man der vorgeftelften Perfon fehuldig wäre: dahinge⸗ gen andere glauben, Daß es eine Büchfe gervefen, um die Bittfchriften hinein zu thun, welche ihnen das Volk darreichete. Man fand auch ein praͤchtiges Bas relief, wo verſchiedene fliehende Barbaren vorgeſtellet ſind, wovon man glaubet, daß es die von dem Kaiſer be— werkſtelligte Zerſtreuung der Juden ſeyn ſoll. Man entdeckete ferner eine nackende Venus, von ohngefaͤhr drey Fuß hoch, in der Stellung der Venus de Me⸗ dicis, die ſich auf einen baͤrtigten Priapus ſtuͤtzete; wie auch drey große beſchaͤdigte Saͤulen von Gips (fuc), zwiſchen welchen zwo Marmortafeln waren, worauf die Namen von mehr als 400 Buͤrgern ſtehen, woran aber die Titel fehlen. Dieſes iſt es, was zur Zeit und in Gegenwart des Marquis gefunden wor⸗ den iſt. Er ſteht nicht fuͤr dasjenige, was man in feiner Abweſenheit entdecket hat. Er hat die Nach— richten geſehen, worinn man viel mehrerer Bildſaͤulen Mm 5 Erwaͤh © ® 554 Auszug der neueſten Erwaͤhnung thut * allein er befürchtee, daß ſie be mebret feyn mögen, indem mon einerley Stuͤcken ver: fehiedene Namen gegeben bat. Dem fey nun, wie ihm wolle, fo fpricht man datinn von Bildfäulen des Nero, Bermanicus, Claudius, und zweyer Frauen, die man nicht Fennet. Man fieht in eben dem Verzeichniffe eine marmorne Bildfäule des Des fpefians, und eine vom Ataͤlantes, wo man die griechifehe Methode erkennet; ferner zwo fehr ſchone Bildfaufen auf elfenbeinernen römifchen Stuͤh⸗ len, die wohl erhalten worden find, und unter der großen Menge Fleiner Bildſaulen, die man täglich findet, bes merfet man die Hausgoͤtter der Herkulanenſer, und nad) einigen Antiquaris, auch Pantheos. Unter andern ift eine Bildfäule des Mercurs, wie man glaubet, die in der rechten Hand. einen Beutel, und in der linfen eine Art einer gefrönten Schildkroͤ⸗ tenfchale halt, deren Name (teftudo), auch ein muſi— Falifches Inſtrument bedeutet, wovon er der Erfinder gervefen ift. Man erwaͤhnet * verſchiedene Bruſt⸗ bilder, unter andern des Jupiter Hammon, der Juno, Pallas, Ceres Neptuns, Nercurs, Ja⸗ nus mit zwey Sefichtern; ; ein Fleines Mägdchen und einen Fleinen Raben mit einem Fleinen goldenen Ey (bulla autea) das ihm vom Halfe auf die Bruſt herunter hängt, und viele Das veliefs von geringem Werthe. Der Marquis glaubet mie vielem Grunde, daß fo viele Bildfäulen nicht auf einmal, fondern nur nah und nach, or Ge legenheit, in das Schauſpielhaus gebracht * Diefe Erklärung — — fi ch nur allein auf den gegen- wartigen Abſatz. — phhyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 555 waͤren. Wir wollen mit dieſem gelehrten Manne, kuͤnftig zu einigen andern neuent— deckten Sachen zuruͤckgehen, die zu ſeiner Zeit ans Lcht gebracht worden find, I. Natuͤrliche Merkwuͤrdigkeiten von Jamaica *. Jamaica, dieſer beträchtliche Theil der neuen Welt, bat wenig Aehnlichkeit mit dem unſrigen. Die Natur bat ihm viele Vortheile gegeben : allein fie geht mit den Europäern, die ſich allda niedergelaf- fen haben, als eine wahre Stiefmutter um. Kaum kann man auf einem einzigen Geſichte, das muntere Auge und die bluͤhende Farbe eines Englaͤnders mehr wahrnehmen. Die Einwohner haben eine un« gefunde Luft, blaſſe, erdfahle Farbe, und einen magern Leib. Man ſollte ſie fuͤr herumgehende Gerippe an= ſehen, die noch dazu in ihren Sterbekleidern erſcheinen. Suzmifchen genießen fie des Lebens fo gut fie koͤnnen, und find in Geſellſchaften luftig, um das Zukuͤnf⸗ * unbekuͤmmert, und wegen des Todes wenig be— orgt. Jamaica liegt unterm ı7 Grad, 40 Minuten, Morderbreite, ift 160 Meilen lang und 55 breit. Eis ne von ten nach Süden zu liegende Reihe Berge fcheidet das fand, von einem Ende, bis zum andern. Hier entfpringen viele fchöne, — doch une bare * S. Hiftoire de la Jamaique, —— de l’Anglois par M.- - Ancien Ofheier de Dragon. CLondon, bey Nourſe, 1752. In Duodez. 556 Auszug der menefen bare Slüffe, Davon einige, nach den Stüemen, an ser bleiben, andere aber ihren $auf verändern, Einig laufen viele Meilen lang unter ver Erde. Die Bers ge und der größte Theil der Inſel find mit immer grünen Bäumen, Cedern, Lignum Dirk und Mahoganyboaͤumen beſeht, deren Schatten und verſchiedene Vermiſchung den Leib erfriſchen und das Auge vergnuͤgen. Sonſt giebt es in den Ebenen auch viele fruchtbare Baͤume, und es iſt nur Scha⸗ de, daß die giftigen Thiere und die unerträgliche Hitze den Einwohnern allzubeſchwerlich fallen. Der laͤngſte Tag hat 13 Stunden. Des Mor⸗ gens gegen neun Uhr, wuͤrde die Hitze ſchon unerträg. lich feyn, wenn fich nicht gegen dieſe Zeit ein regulä« rer Wind, vom Meere her, erhübe, der fie mäßiger, Diefer Wind fängt garız fanft an auf dem Waller binzuwehen, daß fic) die Oberfläche deffeiben Fräu- ſelt; gegen Mittag ift er am ftärfften, und des Mach. mittags um fünf Uhr höre ev wieder auf, und koͤmmt nie vor Morgen wieder, Seines Nutzen wegen nen⸗ nen ihn die Einwohner den Arzt. Man hat in dieſem Lande jaͤhrlich zwey Fruͤhlinge, oder Saͤezeiten, und ſonſt keinen Unterſchied der Jahrszeiten, als die trocknen und die Regenmonate. Im Julio bis September giebt es viele Donnet- wetter, und des Nachts beſtaͤndige Blitze; im Fe⸗ bruar und Merz aber Erdbeben, die oft ſehr arg ſind. Nur der dritte Theil der Inſel iſt bewohnt, und der merkwuͤrdigen Städte find nur dreye: Portros yal, Kingſton und Spaniſch⸗Town, ei letztere phyſikaliſchen Merkwuͤrdigteiten. 557 leßtere Die Hauptſtadt ift, und böchftens fünfhundere Einwohner hat. J Die gemeinſten Getraͤnke ſind Madera und Punſch von Rum, welcher letzte mit Recht Kill⸗ derill oder Mordteufel genennt wird: indem er jährlich wohl tauſend Menſchen hinopfert. Das ge: meinfte Brodt wird aus gewilfen dafigen Pflanzen zubereitet; denn ihr eigentliches Brodt ift fo fchlecht, daß es die wenigften genießen koͤnnen. Die Schwei— ne find fehr häufig und ungemein ſchmackhaft; das Rindfleiſch diene bloß in die Suppen, und die Schoͤ— pſe, welche Feine Wolle, fondern eine Art von Ziegens haare fragen, find nicht befonders, Die Schwar- zen leben von Heringen und gefalzenen Fifchen, hr befter Schmaus find Ratten, woran ihnen die gütige Natur, wegen der vielen Zucerpflanzen, feinen Mangel leiden läßt. Können fie eine Rage dabey haben; fo halten fie eine fehr herrliche Mahlzeit, Die Einwöhner gehen fchlecht beffeider, und die meiften Schwarzen nackend. Das europäifche FSrauenzimmer führet indeffen einen vollfommenen Staat. Die ſchwarzen nackenden Mägdchen wun« dern fich, daß jene, wenn fie ihnen begegnen , die Aus gen niederihlagen, oder den Fächer wor das Gefiche halten, da es doch nicht einmal die europäifchen Mannsperfonen thun. | Die Künfte und Wilfenfchaften find ganz derächta lich, und Leſen, Schreiben und Rechnen ift alles, was mandie Kinder lernen läßt. Wenige Damen lefen Bits cher, die meiften tanzen und lieben das DBefte, was fie fehen, find aber mehrentheils zufrieden, wenn fich end“ 53 Auszug der neueflen endlich einer ihrer Sflaven über fie erbarmet, und Sehnſucht und Gegengunft für fie heger. Die geibesftrafen find wohl nirgends leicht grau: famer als bier, Ein Schwarzer, der aufrübrifch ges worden, oder einen Weißen zweymal gefchlagen hat, wird lebendig verbrannt. Man legt ihn auf den Bauch, dehnt ihm mit Ketten Arme und Füße aus, hernach macht man zun Füßen Feuer an, und läßt ihn fo bis oben hinauf, nach und nach verbrennen, Andere müffen Hungers ſterben, denen man- öfters gegen über ein Brodt aufbängt, damit fie den Ap— petit nicht verlieren. Ä r Nach den Stuͤrmen und Erdbeben wird die Luft fehr ungefund, und es fterben viele Menfchen. Die hitzigſten Fieber und fehmerzlichften Colifen find die gemeinften Krankheiten, Lindernde Mittel, Chyſtire und warme Bäder find ihre Artzneymittel. Das Sand bringt Zuder, Rum, Ingwer, Baum: wolle, Taffee, Indig, Cacao, verfchiedene Arten von Hol;, medicinifche Kräuter und etwas Tabak hervor. Don Früchten giebt es die Menge Citro— nen, Pomeranzen, Granaten, Melonen, u. ſ. w. II. Don einen befondern Nugen des Aberlaſſens *. | Außerdem, daß das Aderlaffen die Vollbluͤtigkeit mindert, fchreibt ihm der Fönigliche franzoͤſiſche a | err * Aus des Herrn Quegnai Traité des Effects et de PVU- | br de la Saignee, Zwote Auflage. In Dupdez. Pa: ris, 1752 phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 559 Herr Quesnai einen noch andern Nutzen zu, den er die Spoliation nennet. Sie beſteht darinn, daß dem Blute, feiner Meynung nad), durchs Aderlaf fen eine viel größere Menge feiner rothen Eubftanz abgezogen wird, als der andern Feuchtigfeiten, fo daflelbe, ausmachen. Der rorhe Theil des Bluts verhält ſich, nach Herrn Quesnai Rechnung, zu al- len vermifchten flüßigen Theilen deffelben, wie 5 zu 95 Man fege alfo, daß durch eine Aderlaffe 16 Unzen vermifchte Maffe abgezapft würden, worinn fich die vorhen Theile zum vermifchten wie 5 zu 95 verhalten : fo würde nur eine Unze rothes, hingegen 15 Unzen vermifchtes Gebluͤte fortgehen. Nun aber lehret die Erfahrung, daß bey einer ſolchen Aderlaſſe die rothen Theile in der ganzen Maſſe ſich zu den uͤbrigen nicht verhalten, wie 5 zu 95; ſondern daß im geſetzten Falle 3 Unzen rothes, und ohngefaͤhr 13 Unzen anderer Feuchtigkeit abgeben, dergeſtalt, daß man ohngefähr den 27 Theil der rothen Maſſe im Blute des menfchlichen Leibes, hingegen nur den hunderſten Theil der übrigen Feuchtigkeiten abzapfer, woraus folger, Daß die Aderlaß alfo dem Blute obngefähr viermal mehr rothes, als andere flüßige Theile ent= zieht. Bey diefer ganzen Sache ift nur das einzige bedenklich, woher Herr Duesnai weiß, daß fich die Verhaͤltniß des rothen Theils im Blute zu der übri- gen Maffe defelben in den Blutgefaͤßen anders vers halte, als nachdem es aus denſelben herausge— laſſen worden iſt. —A 2 = | Inhalt Inhalt des fuͤnften Stuͤckes des zehnten Bandes. L. Bon der Menge der Menſchen bey den alten Par tionen Geite 451 II Nachricht von einer neuen Beſchreibung von Is⸗ land 503 III. Morbilli Variolarum Vindices "509 III. Bon einer im Holze entdeskten Figur 5 V. Bon einem zu Rom beobachteten Windwirbel und _ ‚vielfachen Regenbogen ER 523 ; VI. Unzers Sammlung einiger mediciniſcher Beobach⸗ tungen und Betrachtungen 534 VIL Auszug aus den neuelten * kaliſchen * tungen 2% Samburgiſches Wagazin, ze geammlete Schriften— | Unterricht und Vergnügen, aus der Naturforſchung und den angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt. Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. Samburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig, | bey Adam Heine, Holle, 1753. * — n 4 4r arg BE EI Pe 2 9 22 — * — LAD | — DE —— — 2 Re & 2 —— ae oe a 0 — AN | Fortſetzung der im vorigen Stuͤcke abgebrochenen ———— der Menge der Renſcen bey den» alten Nationen. und Mabigung, & es An fiheint, einen befondern Grund der : Gemaltthätigfeiten anzugeben, die in einem — Zeitpunkte geſchehen ſind. Ich muß aber dennoch anmerken, daß die Geſetze in der letztern Zeit der roͤmiſchen Ropubit ſo ungereimt abgefaßt waren, daß ſie die Haͤupter der Parteyen zwungen, zu den aͤußerſten Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen, „ Nn2 Alle 9— H J www van x 8 564 Von der Menge der Menſchen — Alle Lebensſtrafen waren abgeſchafft, ſo fträflich, oder was noch mehr iſt, ſo gefaͤhrlich auch ein Buͤrger ſeyn mochte, fo konnte er doch ordentlicher Weiſe nicht an— ders, als durch die Verweiſung, beſtraft werden: und es ward nothwendig, wenn die eine Parten die Ober» hand behielt, daß fie das Schwerdt der Privatrache ziehen mußte: und wenn Die efege einmal verleget waren, bielt eg ſchwer, dem blutigen Verfahren Ein« halt zu hun. Würde wohl Brutus, wenn er gefiege hätte, es haben zugeben können, daß Octavius und Antonius am $eben geblieben wären, und würde er wohl damit zufrieden gemwefen feyn, wenn fie nach Rho⸗ dus oder Marfeille verwiefen wären, wo fie noch im» mer hätten neue Unruben und Empörungen anftiften fönnen? Er ließ den C. Antonius den Bruder des Triumvirs binrichten, und zeigte Dadurch deutlich, wie er hierinn geſinnet ſey. Berdammte nicht Eices ro, mit Gutheißen aller weifen und tugendhaften Roͤ⸗ mer, die Mitverſchwornen des Catilina wider das Ges feß ohne einige Form des Proceffes willkuͤhrlicher Weiſe zum Tode? und wenn er die Bollftrecfüng diefes Ausfpruchs milderte, fo gefchah e8 entweder wegen feiner natürlichen Gelindigfeir, oder wegen der Beſchaffenheit der Zeiten. Dieß aber ift eine ſchlech⸗ te Sicherheit unter einer Negierung, die vorgiebt, daß fie gefegmäßig und frey fey: | NG - So fälle man aus einem Neußerften in das andere, So wie eine ausnehmende Strenge der Gefege die Bollziehung derfelben fehr lofe und nachläßig mache; ' fo verurfachet auf der andern Seite eine übermäßige Gelindigfeit der Gefege Graufamfeit und Barbaren. Es ift gefährlich, ung in irgend einen Fall zu zwin⸗ gen, \ — “rn den alten Nationen. 565 gen, uns der Freyheit mir ihren geheiligten Verſchrif⸗ ten zu bedienen. Eine allgemeine Urfache der häufigen Unordnun⸗ gen in allen Regierungen der Alten ſcheint in der Schwierigkeit beſtanden zu haben, eine Ariſtocratie in diefen Zeiten zum Stande zu bringen, und in dem be— ſtaͤndigen Misvergnügen und Meutereyen des Volks, ſo bald nur die Niedrigſten und Aermſten von der Res ‚gierung und von den öffentlichen Bedienungen aus⸗ geſchloſſen wurden. Der Stand eines freyen Buͤr⸗ gers gab, indem er dem Sklavenſtande entgegenge— ſetzt war, einen ſolchen Rang, daß es ſchien, als wenn er allen denen, die ihn beſaͤßen, ein Anrecht zur Verwaltung des gemeinen Weſens ertheilte. Die Geſetze des Solons a) ſchloſſen keinen freyen Bürger von dem Rechte ſeine Stimme zu geben, oder von der Wahl aus, ſondern ſchraͤnkten nur einige obrigkeitli— che Bedienungen auf einen befondern Cenſus ein, und doch ruhete das Volk nicht eher, als bis dieſe Gefege verändert waren. Durch den Vergleich mit dem Antipater b) hatte Fein Arhenienfer eine Stimme, deffen Cenfus weniger als 2000 Drachmen war (ohngefähr 60 Pf. Sterling). Und ob uns gleich eine folhe Regierung demokratiſch genug vorfommen möchte, fo war fie doch diefem Volke fo unangenehm, daß über zwey Drittheile deffelben ihr Vaterland verließen c). Caſſander fegte diefen Cenſus auf die Hälfte herunter d), und doc) hielt man dieſe | Sn; Re⸗ a), Plutarch. in vita rn , Diod. Sic. Lib. 18. c) Id. ibid, d) Id. ibid. 366 Bon der Menge der Menſchen. Regierung für eine Tyranney weniger Perfonen, und fuͤr eine Wirkung einer unumſchraͤnkten Gewaltthaͤ⸗ tigkeit. Die Geſetze des Servius Tullius e), die die Gewalt der Bürger nach Maafgebung ihres Vers mögens beſtimmen, feheinen fehr billig und vernünfs tig zu ſeyn; und doc) Eonnten die Römer nie dahin gebracht werden, daß fie fi) benfelben gerubig uns. ferworfen hätten, u Zu der Zeit war zroifchen einer ſtrengen, eiferfch. tigen Ariftocratifchen Regierung über misvergnügte Unterthanen, und, zwifchen einer yrannifchen und von Parteyen beunrubigten Demokratie gar Fein Mittel zu treffen. | Aber zum dritten find noch viele andere Umftäns de, morinnen die alten Nationen fowohl, was die , Gfückfeligkeit als die Wermehrung des menfchlichen Geſchlechts anbetrifft, von den neuern übertroffen zu werden ſcheinen. Die Handlung, die Manufacturen bluͤheten vormals an keinem Orte ſo ſehr, als jetzund in Europa. RS Die einzige Kleidung der Alten, ſowohl der Manns⸗ als Frauensperſonen, feheint eine Art von Flannell geweſen zu ſeyn, welches fie gemeiniglich weiß oder weißgrau frugen, und welches fie immer reinigen ließen, fo oft es beſchmutzt war. Tyrus, welches ‚nach Carthago, die größte Handelsſtatt am mit⸗ tellaͤndiſchem Meere war, che es zerftört wurde, war niche mächtig, wenn wir der Machricht des Arvians von ihren Cinwohnern Glauben beys * ſen, e) Tit. Liu. Lib. I. cap. 43. bey den alten Nationen. 567 meſſen f). Man haͤlt gemeiniglich dafuͤr, daß Athen eine Handelsſtadt geweſen; aber es war vor dem mediſchen Kriege ſo bevoͤlkert, als es nachher jemals geweſen, nach dem Berichte des Herodotus g), und doch war Damals, wie eben diefer Gefchichtfchreis ber anmerket h), die Handlung der Arhenienfer fo wenig beträchtlich, daß felbft die benachbarten Kuͤſten Afiens von den Griechen eben fo wenig beſucht wur= den, als die Säulen des Hercules: denn diefe waren die Gränzen feiner Borftellung. ‚Ein großer Wucher mit dem Gelde, und ein großer Gewinn’ bey der Handlung find. unfrügliche Zeichen, daß der Fleiß und der Handel noch in der Kindheit find. Wir lefen beym Lyſias i), da man bey einer Ladung von zwey Talenten, die nicht weiter als von Athen. nach dem adriatifchen Meere verfande wurde, hundert pro Cent gewonnen habe, und dieß wird Doc) eben nicht als ein außerordentlicher Ges winn angeführt. Antidorns, (fügt k Demoſthe⸗ nes), bezahlte drey Talente und ein halbes für: ein Haus, mweldjes erjährlich für ein Talent vermierbete: und der. Redner tadelt feine Bormünder, daß fie feirk Geo hiche eben ſo genutzt haͤtten. Mein Vermoͤgen, Rn 4 fage f) Ep Es wurden 8000 während der Belagerung getoͤdtet ; und die Gefangenen uͤberhaupt machten 39000 Menfchen aus, Diod. Sic. fagt nur 33000 } Er fagt aber, daß die Tyrier vorher einen Theil ihrer Weiber und Kinder nach Carthago geſchickt haͤtten. 2) * 5. Er rechnet die Zahl der Bürger auf —— 1) Ib. 5. j) Orat. 33. aduerf. Diagit. k) Contra Aphob. pag. 235. ex edit. Aldi, 563: Bon der Menge der Menſchen fagt er, hätte fih muͤſſen in den eilf Jahren meiner Minderjährigkeit-dreyfach; vermehre haben. Den Werth von zwanzig Sklaven, die ihm fein Vater ge: Iaflen hatte, rechnet er auf 40 Minen, und den Ges winn ihrer Arbeit auf ı2 1). Der mäßigfte Zins zu Arhen (denn m) oft war er noch höher,) warız pro Cent, und diefer Zins ward monatlich n) bezahle. , Den ausfchweifenden. Wucher von 34 pro Eent, wozu die ungeheuren Summen, die bey den Wahlen ausgetheite wurden, das Geld in Rom 0) gebracht hatten, nicht zu erwähnen , fo finden wir, daß Verres noch vor dieſer Zeit 24 pro Cent für das Geld geſetzt hatte, wel⸗ ches er den Zöllnern in Händen ließ, Und ob ‚gleich Cicero über dieſe Sache ſchreyt, ſo geſchieht es doch nicht wegen des ausnehmenden Wuchers, ſondern weil; es nicht gewoͤhnlich war, won ſolchem Gelde Zins zu nehmen. p). Der Zins fiel in der That zu Kom, nad) der Aufrichtung des Kaiſerthums, aber er. ift doch nie: ſo niedrig geweſen, als in den neuern Staaten, wo Handlung getrieben wird, gs (ak ‚Unter andern Knbequemlichkeiten, welche den Year uienfern. Die Befeftigung der Stadt. Decelia, ſchwer machten, führer Thucydides r) als eine der wichtigften an; daß fie ihr Korn nicht zu Sande durch Oropus aus Eubsa abholen fonnten, fondern gezwungen waren, es ne und um das Borgebirge Sunium zu fee» 2 geln, 1) 1d. ibid. ın) 1d, sbia. n) ’1a, ibid. Aefehines contra Ctefiph, 0) Epift, ad Attic. lib. 5. epäft, ar, 2 -P) Contra Verr. orat. 3. | —S— q) — den vierten Diſcourſfhe. s)L | e a den den alten Nationen.‘ 569 geln. Es ift.dieß ein wunderbarer Beweis von der Unvollkommenheit der alten Schifffahrt: denn der Weg zu Waffe war nicht üder: die Halfte vr. ee der zu Lande. Ich erinnere mich nicht, eine Stelle in einem —* Schrifefteller gefunden zu haben, worinn der Wache: ‘ thum einer Stadt der Anlegung der Manufacturen zugefchrieben wird, Die Handlung, von dermanfagte, - daß fie blühete,mar vornehmlich die Austauſchung derje⸗ nigen BequemlichFeiten,die in verfchiedenen Erdreichen, und unter verfchiedenen Himmelsgegenden hervorkom⸗ men, Der Berfauf des Weins und Dels nach Africa war, nach dem ‘Berichte des Diodorus Siculus's), die Quelle der Reichthuͤmer von Agrigentum. Die tage der Stadt Sybaris war nach eben diefemSchriftfteller t) die Urfache ihrer ungemeinen ‘Bevölferung ; indem fie an den zween Slüffen, Cratis und Sybaris, lag. Aber: diefe Fluͤſſe waren beyde nicht: fchiffbar, und’ Fonnten bloß einige fruchtbare Thaͤler für den Acker— - bau und für das Hausweſen hervorbringen, ein Bor- theil, der fo wenig betraͤchtlich ift, daß ibn ein neuer. Schrei, kaum wuͤrde angeführet haben. | Die Barbaren der alten Thrannen, und die aus⸗ nehmende Siebe zur Freyheit, die diefe Zeiten beſeelte, haͤtte nothwendig jeden Kaufmann und Manufactu⸗ rier vertreiben, und den Staat ganz verwuͤſten muͤſ⸗ ſen, wenn er auf Fleiß und Handlung beruhet haͤtte. Da der grauſame und argwoͤhniſche Dionyſtius mordete, wird wohl niemand, der nicht durch ſeine liegende Gruͤnde gurickgehalten ward, und eine Kunſt ' Nnis * En, "SLibn. A 570 Bon.der Menge der Menſchen oder Geſchicklichkeit hatte, vermoͤge der er in einem an⸗ dern lande leben konnte, zuruͤckgeblieben ſeyn, und ſich einer ‚fo unverſoͤhnlichen Barbarey ausgeſetzt haben, Die Verfolgungen Philippi des zweyten, und Lud⸗ wigs des vierzehenten, fülleten ganz Europa mit den nn von Flandern und von Frankreich Tr gebe es zu, daß der Ackerbau eine Handehtes rung ift, die zue Unterhaltung einer Menge Volks nptbivendig erfordert wird, und es ift möglich, daß! dieſe Handthierung -felbft da blühe, wo die Manufa«' cturen oder andere Künfte unbekannt find, oder verab⸗ ſaͤumet werden, Die Schweiz ift itzund ein merk⸗ wuͤrdiges Benfniel davon, wo wir beydes die erfah- renften KHaushalter, und die fchlechteften Kaufleute, die’ man nur in Europa finden kann, antreffen. . Wir haben Lirfache, zu vermuthen, daß der: Ackerbau in’ Griechenland und in Stalien, wenigftens in einigen. heilen dieſer Länder, zu gewiſſen Zeiten gebtüher! habe: uhd es war nicht fo viel daran. gelegen, daß die! mechanifihen Künfte eben den Grad der Vollkommen⸗ beit erveicheten; infonderheit wenn wir. die große Gleichheit in den alten Nepublifen bedenken, wo jede Familie verbunden: war, ihr Eleines Feld mit dem’ größten Fleiße und Sorgfalt zu bauen, damit je da⸗ von leben koͤnnte. Aber iſt es recht geſchloſſen, wenn wir aus Pie Gase, daß der Ackerbau in einigen Fällen ohne Hand» lung oder Manufacturen blühen fann, die Folge zie— ben wollten, Daß der Aderbau in einem großen Sande‘ fich auf eine lange Zeit allein erhalten Eonne? Gewiß, das natuͤclichſte Mittel, zum Hausweſen aufzumun⸗ Meei— bey den alten Nationen. 571 tern, ift dieſes, daß man zuerft andere Arten von Hands thierungen aufbringt, und dadurch dem Ackersmanne einen Markt von Bequemlichkeiten bereitet, wo er Güter eintaufchen Fann, die ihm nuͤtzlich und angenehm find, Diefes Mittel ift untrüglich und allgemein, und weil es in den neuern Kegierungen mehr gebraus cher wird, als bey den Alten, fo koͤnnen wir daraus. vermuthen, daß die erfteren beffer bevölkert find, Ein jeder, faget Eenophon u), kann ein Sandmann ſeyn, dazu wird Feine Kunft oder Geſchicklichkeit er= fordert: alles koͤmmt auf den Fleiß ‚oder Aufmerk-⸗ famfeit ben der Ausführung an, Ein ſtarker Bes, weis, wie Columella bemerfet, daß der Ackerbau zur Zeit des Zenopbons fehr unvollkommen gemefen. Sollten alle unfere legtern Ausbefferungen und klugen Erfindungen nichts zum bequemen und leichten ., Unterhalte, und folglich zu der Vermehrung und Fortz pflanzung der Menfchen bengetragen haben? Unſere größere Gefchieklichfeit in den mechanifchen Künften, die Entdeckung neuer Welten, wodurch der Handel fo ı fehr erweitert worden. Die Einrichtung der Poſten, und der Gebrauch der Wechfelbriefe; alte diefe Dinge feheinen zur Aufmunterung der Künfte, des Fleißes und der Bevölferung fehr Dienlich zu feyn. Wie viel ı würde der Fleiß und eine jede Handthierung leiden, wenn wir Derfelben beraubet wären, und wie viel Fa⸗ milien würden alfobald vor Mangel und Hunger ums fommen müffen? Und es ſcheint nicht wahrſcheinlich zu feyn, daß man an die Stelle diefer neuen Erfindun— gen irgend eine andere Einrichtung feßen koͤnne, Die. eben den Nutzen hätte, | | a Habeu u) Oecon. 572 Von der Menge der Menſchen Haben wir Urſache, zu glauben, daß die Policey der alten Staaten auf irgend eine Weife mie der unfri- gen zu vergleichen fen, vder daß Die Menfchen vormals —* ſo viel Sicherheit, entweder daheim, oder auf ihren Reiſen zu Waſſer und zu Lande gehabt haben? Ich zweifle nicht daran, daß ein jeder, der die Sache un⸗ partenifch unterſuchet, uns hierinn den Vorzug geden | wird x). Aus diefer Bergleihung des Ganzen feheint es * moͤglich zu ſeyn, einige richtige Urſachen anzugeben, warum die Melt in den alten Zeiten. follte mehr bes voͤlkert geweſen ſeyn, als itzund. Die Gleichheit der — Guͤter unter den Alten, die Freyheit, und die kleinen Eintheilungen ihrer Staaten, waren in der That der Fortpflanzung des menſchlichen Geſchlechts zutraͤglich; aber ihre Kriege waren blutiger und verderblicher, ihre Regierungen waren unruhiger und unſicherer; die Handlung und die Manufacturen waren in einem ſchlechten Zuſtande, und die Policey war uͤberhaupt loſer und unordentlicher. Dieſe nachtheiligen Um— ſtaͤnde ſcheinen den erſtern Vortheilen vollkommen die: Waage zu halten, und das Gegentheil von dem zu erweiſen, mas man gemeiniglich yon dieſer Sache zu behaupten pflegt. "Aber man möchte einwenden, daß man bey einer Sache, wo e8 auf die Wahrheit einer Begebenheit anfommt, Feine Bernunftfhlüffe anbringen müffe. Wenn es Flar ift, daß die Welt vormals mehr bevoͤl⸗ kert geweſen, als fie itzund ift, fo fönnen wir verſichert ſeyn, daß unſere Schlůſſe falſch ſind, und daß wir einen ) Siehe Eſſays/moral and political Effay XV. bey den alten Nationen, > 1573 einen weſentlichen Umftand bey der Vergleichung über: ſehen haben. Dieß will’ ich gern zugeben, alle unfere bisherige Gründe haben in diefem Falle nichts zu be» deuten gehabt, oder find höchftens nur Fleine Schar: muͤtzel geweſen die nichts entfcheiden, Aber ungluͤck⸗ licher Weiſe kann der Hauptſtreit, worinne wir die Sachen ſelber mit einander vergleichen, nicht entſchei⸗ dender gemachet werden, Die Nachrichten der alten Schriftſteller find entweder fo ungewiß, oder fo unvoll: kommen, daß ſie gar keinen Ausſchlag geben koͤnnen. Und wie kann es auch anders ſeyn? Die Berechnun⸗ gen, die wir ihren Nachrichten von der Bevölkerung ihrer Zeiten entgegen ſetzen müffen, find felbft weder gewiß noch vollfommen, Manche Arten der Aug- rechnungen, fo von berühmten Schriftſtellern gemachet worden, ruben ‚nicht auf einem viel beffern Grunde, als des Seliogadalus ſeine, der die Groͤße Roms nach 10000 Pfund Spinnwebe ſchaͤtzete, die man in dieſer Stadt gefunden hatte y). Man muß bemerken, daß alle Arten von — ——— in den alten Handſchriften ungewiß ſind, und mehr, als andere Theile des Textes, der Verfaͤlſchung unter⸗ worfen geweſen; die Urſache davon läßt ſich leicht ein⸗ ſehen. Eine jede andere Verfaͤlſchung des Tertes. be leidiget entweder den Verſtand, oder die Grammatik, und konnte von dem $efer und Abfchreiber deſto leich⸗ ter bemerfet werden. “Uns find wenig Nachrichten von der Zahl der Ein⸗ wohner irgend eines Jandes von glaubwürdigen alten Schriftſtellern hinterlaſſen worden, ſo, daß wir nicht im Stande ſind, Vergleichungen anzuſtellen. y) Aelii Lamprid, in vita Heliog. cap. 26, rd 74 Von der Menge der Menſchen Es ift wahrfcheinlich, daß man vormals eine ge- ‘gründete Nachricht von der Anzahl der Bürger einer freyen Stadt haben Fonnte, weil fie alle an der Re— gierung heil nahmen, und weil man ein genaues Re⸗ gifter derfelben hielt. Weil aber die Anzahl der Sklaven felten gemeldet wird, fo bleiben wir in eben der Ungewißheit, felbft in Abficht auf die Bevölkerung einzelner Städte, ; Das erfte Blatt des Thucpdides ift, meiner Mey« nung nach, der Anfang der wahren Gefchichte. Alte vorhergehende Erzählungen find mit der Zabel fo uns termiſcht, daß Philofopben fie größtentheils der Vers ſchoͤnerung der Dichter und der Redner überlaffen muͤſſen z) s Was die entfernten Zeiten anbetrifft, fo finden wir, daß darinn oft folche Zahlen von Bölfern angegeben Ders 2) Ueberhaupt ift bey den alten Befchichtfchreibern mehr Wahrheitsliebe und Aufrichtigkeit, aber weniger Ge: nauigkeit und Gorafalt, ald bey den neuern. Unſere ſpeculativiſche Parteyen, oder Meutereyen, fonderlich Religionsſtreitigkeiten, verführen ung dergeftalt, Daß e8 fiheint, als wenn man die Unparteylichkeit gegen Keger und Gegner ald eine Schwachheit und Verbre— chen anfebe; aber da fich die Bücher durch die Dru— ckerey fo fehr vermehret haben, fo muͤſſen die neuern Schriftſteller forgfaltig darauf bebacht feyn, Wider⸗ foruche und Ungereimtheiten zu vermeiden. Diodo⸗ zus Siculus iff ein guter Schriftffeller ; aber ich ſehe mit Verdruß, daß feine Erzählungen in fo vielen Stuͤ⸗ cken den beyden glaubwuͤrdigſten Nachrichten von dee geiechifchen Gefchichte, namlich Dem Feldzuge des Xe⸗ nopbons, und den Neben des Demofibenes, widerſpre⸗ chen. Piutarch und Appion feheinen nicht einmai die Sriefe des Cicero geleſen zu haben. —— bey den alten Nationen. 575 werden, die lächerlich find, und alle Glaubwuͤrdigkeit ‚verlieren Die freyen Bürger von Sybaris, die Die Waffen fragen konnten, und die auch wirklich ins Feld geftellet wurden, waren 300000, Sie lieferten bey Siagra 100000 Bürgern von Crotona, einer er griechiſchen Stadt, die nahe dabey lag, ein Treffen, und fie murden gefchlagen. Dieß iſt eine Nachricht des Diodorus Sıculus a), der fie in ganzem Ernfte vortraͤgt. Strabo b) führer eben dieſe Zahl der Sybatiten an. | Wenn Diodorus Siculus c) die Zahl der Eins wohner von Agrigent, als es von den. Carthagi⸗ nenſern zerſtoͤret wurde, meldet, faget er, daß diefelbe in 20000 Bürgern, und 360600 Fremden beftandeit habe. Die Sklaven noch) ausgenommeh, die in einer ſo reichen Stadt, als er. fie vorſtellet, vermurhlich zum ivenigften eben ſo ſtark muͤſſen geweſen ſeyn. Wit muͤſſen anmerken, daß die Weiber und Kinder in dieſe Zahl nicht eingeſchloſſen find, und daß daher die Stade überhaupt beynahe zweh Millionen Einwohner ent-⸗ balten babe d). "Und was war die Urfache einer ſo ungebeuren Bolfmenge? Sie waren ſehr fleißig und emſig in Anbauung der benachbarten Felder, die nicht viel mehr als eine kleine englifche Graffchaft ausma⸗ heten und fie handelten mir ihrem Weine und Dele nach Africa, welches damals dieſe Sachen nicht hatte. Ptolemaͤus, faget Theocritus e), herrfchete über 33339 Städte: ' Sich glaube, daß er diefe Zahl | N — genannt a) Lib i b) Lib.. 6 LUb. 13. d) Diogenes Caertius (in vita Empedoclis) fagege daß Agrigens nur 809009 Einwohner gehabt habe, e) Idyll. VE Belt (i | —— ⸗ 376 Bon der Menge der Menſchen genannt hat, weil fie fo ſonderbar iſt. Diodorus Siculus f) rechnet in Aegypten 3 Millionen, Ein⸗ wohner, eine fehr Fleine Anzahl,» aber zugleich. vechner ‚er 18000 Städte: ein offenbarer Widerſpruch . Er faget g), die Einwohner wären bormals 4 ‚Millionen ſtark gewefen. So werben immer die ak ten Zeiten bewundert und beneidet, Ich will es gern glauben, daß das Heer des Eeryes ausnehmend zahlreich gemefen; beydes wegen, der Größe feines Reiches, als auch wegen der thoͤrichten Gewohnheit der öftlichen Nationen, ihre Laͤger mit einer. überflüßigen Menge zu beſchweren: Aber wird wohl irgend ein vernünftiger Menſch die, wunderbaren Erzählungen des Servdorus ‚als glaubwürdig an- führen? Ich geitehe «8, Das, was Lyſtas h) hierüber faget, tft ſhr vernünftig, ‚Ware, ſaget er, das Heer des erges nicht fo zahlreich geweſen, ſo würde er nie eine. Brüce über den Helleſpont geſchlagen haben: es wuͤrde viel leichter gewefen feyn, wenn er die eure ö über eine fo kurze — ſeinen zahlreichen Polxybius ſaget i), daß die Roͤmer zwiſchen dem erſten und zweyten puniſchen Kriege, da ſie mit einem Einfalle der Gallier bedrohet wurden, alle ihre und ihrer Bundesgenoſſen Mannſchaft gemuſtert und bes funden haͤtten, daß ſie 700000 ſtreitbare Maͤnner ausmachete. In der That, eine große Anzahl, die, wenn man die Sklaven darzu rechnet, mehr ausma⸗ eher, als was dieſer Strich Landes itzund aufbringen 22 . Zus BIRE. A N al: kann DB ETHERNET NERRE ET 0 h) Crat. funebris, i) Lib, 2. VAL (2 Schiffen hätte uͤberſetzen laſſen. bey den alten Nationen. 577 kann k). Es ſcheint noch dazu, daß dieſe Muſterung genau geweſen; und Polybius erzähler ung die bes fondern Umftande verfelben. Aber bat man niche vielleicht die Zahl vermehren, um das Volk dadurch aufzumuntern ? iodorus Siculus 1) bringt Aus eben dieſer iſterung beynahe eine Million heraus: dieſe Abs weichung iſt verdächtig. Er feßer deutlich zum vors aus, daß Italien zu feiner Zeit nicht fo volfreich fey: ein anderer Umſtand, der fehr verdächtig if. Denn wer kann glauben, daß die Zahl der Einwohner diefeg $andes, vom erſten punifchen Kriege bis an die Tri— —— ſollte abgenommen haben? Julius Caoͤſar hat ſich, nach dem Berichte des Appians in) , Mit vier Millionen Balliern herums gefchlagen, eine Million getödtet, und eine Million efangen genommen n). Gefeßt, Daß die Zahl eines feindlichen Heeres und der Getödteten genau koͤnnte angegeben werden, welches doch nicht Möglich ift; wie konnte man wiſſen, wie oft dieſelbigen Leute wieder zum Heere gekommen ſind; oder wie konnte man die neuen Soldaten von den alten unterſcheiden? Solche ne und übertriebene Berechnungen — eine — Land, das dieſe Anzahl aufbringen konnte, inas chete nicht uͤber den dritten Theil von Italien aus; namlich des Pabſtes Gebiete, Toſcana, und einen Theil . von dem Königreiche Neapolis. 1) Lib. 3 m) Celtica: | im putzech (in vita Caefar.) ſetzt die Zahl ber Feinde, mit denen Caͤſar gefochten, nur auf 3 Millionen. Ju⸗ lian (in Caefaribüs) Auf 2 Niliorien: i6 Band, DH 578 Von der Menge der Menfchen feine Aufmerkſamkeit, vornehmlich wenn die Schrift⸗ fteller uns ‚nicht. melden, durch welches Mittel. ann diefe Berechnungen gemachet hat. Doterculus:o) rechnet die vom Käfer Gräber ten nur auf 400000; eine viel wahrſcheinlichere Nach⸗ richt, und die ſich viel leichter mit der Geſchichte x 5 Kriege, die der Heberwinder felbft gefchrieben bat, einigen laßt. Man follte denen, daß ein jeder Umſtand des $e ) bens und der Thaten des Altern Dionyſius, als glaub: würdig und frey von allen fabelhaften VBergrößerun- gen Fonne angefeben werden; theils, weil er zu einer Zeit lebete, da die Wiffenfchaften i in Griechenland am meiften blüheten; theils, weil fein vornehmſter Ges ſchichtſchreiber Philiftus war, ein Mann, von. dem ‚man zugeben muß, daß er ein großer Geift geweſen, und der zugleich ein Hoͤfling und Miniſter dieſes Prin⸗ zen war, Aber koͤnnen wir es wohl einräumen, daß er ein fiehendes Heer von 100000 Mann zu Fuße, 10000 zu Pferde, und eine Flotte von 400 Galeeren unterhalten babe p)? Dieſes waren noch dazu Trups pen, die in feinem Solde ftunden, und fo, mie unfere europäifchen Heere, unterhalten wurden. Denn die - Bürger waren alle entwaffnet, und als Dion nad) der Zeit Sieilien anfiel, und feine Sandesleute wieder zur Freyheit rief, mußte er Waffen mitbringen, die ee unter Diejenigen austheilete,diezu ihm fließen a), Ein Staat, worinn bloß der Ackerbau blüher, kann viele — haben; und wenn dieſe alle bewaffnet und um 0) Lib. 2. cap. 47. p) Diod. Sic. Lib. 2. 30 q) Plutarch. in vita Dionis, ae EEE _ u _ en > bey den alten Nationen. 579 ‚zum Kriege abgerichtet werden, kann man bey Gele⸗ genheit eine große Macht ins Feld ſtellen; aber eine große Anzahl fremder Truppen, die im Solde ſtehen, kann nie unterhalten werden, es ſey denn, daß der a und die Manufacturemblüben, oder ‘daß das Reich ſehr groß und weitlaͤuftig ſey. Die vereinig« ten Provinzen haben nie eine ſolche Mache zu Waſſer und zu Lande, als Dionyſius ſoll gehabt haben, auf⸗ bringen koͤnnen, und doch iſt ihr Gebiete eben ſo groß, und vollkommen wohl angebauet, und bat durch ven Handel, und durd) den Fleiß unendlich mehr Hülfs« mittel. Diodorus Siculus giebt zu, daß ſelbſt zur feiner Zeit die Zahlen der Heere des Dionvfius uns glaublich gewefen; das ift, fo wie ich es auslege, es war alles erdichter, und die Meynung entftand bloß aus der übertriebenen Schmeicheley der Hofleute, und vielleiht aus. der Eitelkeit und Staatsklugheit des Tprannen-felbft. { | II. 33 Erfahrung überfchreiten. Ich will davon ein Beya fpiel aus der neuern Gefchichte geben. William Tempel erzählet uns in feinen Denfwürdigfeiten, daß er in einer freyen Anferredung mit Carl dem zweyten Gelegenheit genommen habe, dieſem Monarchen vor« | 29 2 zuſtel⸗ 580 Don der Menge der Menfchen zuſtellen, daß es unmöglich fey, die Religion und bie Kegierungsform Sranfteihs in Engelland einzufüh: - ren, vornehmlich. wegen der. großen Macht; die dazu erfordert würde, den Geift und die Freyheit eines ſo braven Bolfes zu unterdrücen. Die Römer, ſaget „er, waren gezwungen, zu dieſem Endzwecke Legio⸗ nen zu-unterbalten, feine große Ungereimtheit r)] „und Cromwel hinterließ ein Heer von beynahe 80606 Manri.;, Muß nicht diefes letztere von allen Fünf: tigen Eririfverftändigen als eine ganz gewiſſe Nach: richt angeſehen werden, went fie fehen, daß ein weiſer und gelehrter Staatsminifter, der tum die Zeit lebete, ſie gegeben Bat, da er von einer unangenehmen Sache mit einem großen Monarchen redete, der eben diefe Macht vierzehn Jahre vorher zu Grunde gerichtet hatte? Und doch koͤnnen wir durch die glaubwuͤrdig— ſten Zeugniffe erweifen, daß Cromwels Heer nicht | halb fo ſtark gemwefen, als Tempel vorgiebt; Es iſt ein ſehr gewöhnlicher Srrthum, daß man die berfchiedenen Zeitalter des Alterthumes für einen De tioden hält, und die Zahl der Einwohner der großen Städte, deren bey den ‚alten Schriftftelleen gedacht wird, fo zufammentechnet, als mern alle diefe Städte zu einer Zeit gewefen wären, Die griechifchen Colo- nien bluͤheten um die Zeit des Alexanders ungemein in Sieilien; aber zur Zeit des Augufts waren fie in | einen 1) Strabo (Lib:4) faget, baß eine Legion mit einwenig Reuterey zulänglich feyn würde; aber die Römer un- terbielten gemeiniglich eine noch etwas größere Macht in diefer Inſel, die fie fich nie Die. Muhe genommen baben, ganz zu bezwingen. | 4 bey den alten Nationen. 581 einen folchen Verfall geratben, daß faft alles, was dieſe fruchtbare ae in Italien verzehret ward s). > Laffet uns alfo isund Die Zahl der Einwoh⸗ ner unterfüchen, Die ein jedes Sand. in ven alten Zeiten foll-gehabt haben; und ohne uns bey den Zahlen von Ninive, Babylon, und dem ägypifchen Cheben aufzuhalten, unfere Unterfuchung auf die Sphäre der wahren Gefchichte, naͤmlich auf die 'griechifchen und sömifchen Staaten einfchränfen, Ich muß geftehen, je mebr. ich diefe Sache überlege, defto zweifelhafter werde ich in Abficht der großen Volkmenge, die man den alten Zeiten zufchreibt, Mi Plato t) fager, daß Athen eine fehr große Stadt gemwefen, und gewiß; es war Die größte von allen gries chiſchen Städten n); wenn wir Spracus ausneh> men, welches zur Zeit des Thucydıdes x) beynahe von eben dem Umfange geweſen, hernach aber noch größer geworden, : Denn Cicero redet Davon, als von der größten unter allen griechifchen Städten fei- ner Zeit y), ich alaube aber, daß er weder Antio- chien, noch Alerandrien unter diefelben rechnet, Arbes naͤus z) fager, daß nach der Mufterung des Deme⸗ 203: ttrius s) Strabo Lib. 6. t) Apolog. Socr. u) Argos fiheint eine große Stadt geweſen zu feyn, Denn Ayfias begnüger fich Damit, daß er ſaget, es fey nicht ‚größer als Athen gemefen. Orat: 34. x) Lib.s, Siehe auch Plutarch. in vita Niciae, y) Orat. contra Verrem Lib. 4. cap. 52. Strabo (Lib. 6.) faget, daß e822 Meilen im Umfange gehabt habe. Aber wir müſſen auch bedenken, daß diefe Stadt 2 Hafen in ſich gehalten habe, wovon der eine ſehr groß war, und fuͤr eine Art von Meerbuſen konnte gehalten werden. 2) Lib. 6. cap. 20. 592 Don der Menge der Menſchen trius Phalereus in Athen 21000 Buͤrger, 10000 Fremde, und 400000 Sklaven gewefen. Diejenigen, deven Mennung wir bier anfechten, beftehen. fehr auf dieſe Zabl, und führen fie als einen, Hauptbeweis; an. Aber, meiner Meynung nad), ift: Feine critiſche Anz merfung gewiffer, als daß Athenaͤus, und Cteſiles, den er anfuͤhret, fich bier geirret haben, und: daß Die Zahl der Sklaven mit einer ganzen Ziffer vermehret ſey, und nicht höher, als 40900 muͤſſe e geſchaͤtet werden. Erſtlich. Wenn die Zahl der Buͤrger a ——— auf 21000 gerechnet wird a), ſo werden bloß Erwachſene darunter verſtanden. Denn () He⸗ rodotus b) ſaget, daß Ariſtagoras, ein Geſandter der Jonier, es ſchwerer gefunden habe, einen Lace— daͤmonier zu betruͤgen, als dreyßig tauſend Athe⸗ nienſer; indem er hierdurch gleichſam den ganzen Staat andeuten wollte, Der aus einer Berfammlung des Volks beftand, wovon die Weiber und Kinder ausgefehloffen waren. (2) Thucydides c) ſaget, daß, wenn man diejenigen Bürger abrechnete, die fich auf der Flotte, in dem Heere, und in den Befaßungen aufs Dielten, oder wegen häuslicher Gefchäffte verbindere wurden, die Verſammlung der Achenienfer niemals 5000 ftarf gewefen, (3) Die Zahl der Truppen, die aus laufer Bürgern beftanden, und die eben diefer es ichichefchreiber d) auf 13000 ſchwer bewaffnete Fuß: fnechte a) Demofthenes rechnet 20000, contra Ariftog, b) Lib. 3. e) Lib.$. & Lib.2. Der Bericht des Diodorus ſtimmet Bermie völlig überein. — Pr i3 = “3 ' bey den alten Nationen. 583 knechte ſetzt, beweiſet eben dieſe Art zu rechnen; wie auch alle griechiſche Geſchichtſchreiber, die allemal Er- wachfene verftehen, wenn fie die Zahl der Bürger einer Republik beftimmen. Da die Ermachfenen alfo nur den vierten Theil der Einwohner ausmachen, fo waren die freyen Athenienfer, diefer Nachricht zufolge, 84000 ſtark; die Fremden 40000, und die Sklaven, wenn wir: die Fleinefte Zahl nehmen wollen, und zugeben, “ Daß fie fich eben fo, wie die freyen “Bürger, verheira— thet und vermehrer haben, macheten 160000 aus, und Die ganze Summe alſo der Einwohner war 284000, Gewiß eine fehr anfehnliche Anzahl. Die andere Zahl 1720000 machet Achen größer, als London und Paris zufammengenommen. | ‚Sum zweyten. Es waren mu 10000 Käufer in.Athen e). Zum dritten, Obgleich der Umfang der Mauern, -fo wie ihn Thucydides angiebt, groß ift f), (näm- Kid) 18 Meilen, die Küfte ausgenommen); fo faget Doch Eenophon g), daß fehr viel leere Pläße inner ‚halb den Mauern gewefen. Es fiheint: in der That, ‘Daß diefelben vier unferfchiedene und: abgefonderte Städte an einander gehänget haben h). | 94 Zum e) Xenophon. mem. lib. 2. f) Lib. 2. g) De ratione red, a) Wir müffen bemerken, daß, wenn Dionyfius von Ha— licarnaß faget, wenn man die alten Mauern von Rom anfahe, man denken follte, Daß diefe Stadt nicht größer geweſen, als Athen; wenn er dieſes behauptet, fage ich, fo redet er nur von Acropolis, oder der hoben Stadt. Kein alter Schriftfteller begreift Pirkum, Pbalerus - und Munychia, mit unter Athen. Viel weniger un Be‘. e 584 Bomder Menge der Men fett Zum vierten. Niemals wird von den Gefchicht: fehreibern ein Aufftand der Sklaven, oder nur eine Vermuthung eines folchen Aufftandes ermähnet, wenn wir einen Aufruhr der “Bergleute ausgenommen 1). Zum fünften, Die Arhenienfer begegneten ih—⸗ ren Sklaven, wie Zenopbon k), Demoftbenes 1) und Plautus ın) bezeugen, ungemein gelinde und gütig: fie harten "diefes nimmermehr thun koͤnnen, wenn fie fich ‘gegen diefelben wie 1 zu 20 verhalten hätten, In unfern Eolonien find die Sklaven nicht um fo viel ftärfer; und dennoch find wir gezwungen, Die. Megers ungemein flrenge und Friegerifch zu res gieren, | | Ä | Zum fechften. Niemals kann man jemand we: gen eines Befiges für reich ſchaͤtzen, den man als eine gleiche Austheilung der Güter in einem $ande, oder nur für den driften oder vierten Theil der gleich aus— getheileten Summe rechnen kann. So rechnen einis ge, daß jebe Perfon in Engelland räglid) 6 Pence verzehre ; und Doch. wird derjenige nur für arm gehal- ten, der fünfmal fo viel zu verzehren hat. Nun faget Aeſchines n), daß Timarchus in guten Umftänden fen binterlaffen worden; er harte aber doch weiter nichts als 10 Sklaven, die zu Manufacturen ge» ef es Dionyfius thun, nachdem die Mauern des Eimons und Pericles fihon gerflörer waren, und Athen von die fen andern Städten ganz abgefondert war. Diefe An— merkung wirft alle Schlüffe des Voßius über den Hau⸗ fen, und machet diefe Berechnungen vernünftig, | i) Athen. lib. 6, k) De rep. Athen, — 1) Philip. 3. m) Sticho, ä m) Contra Timarch. { 2 | Y ‚bey den alten Nationen. 585 het wurden, . Lyſias und fein Bruder, zween Freunde, wurden: wegen ihrer Neichthümer von Den Dreyßigern ins, Elend verwiefen; ob fie gleich. nur 60 Sklaven hatten 0). Demoftbenes ward, fehr reich von feinem Vater binterlaffen; Doch hatte er nicht mehr: als 52 Sklaven py. Sein Werkſtuhl von 20 Cabinetmachern wird eine fehr anfehnliche Manufactur genennet q). Zum ſiebenten. Während dem decelianiſchen Kriege, wie ihn die griechiſchen Geſchichtſchreiber nen⸗ nen, riſſen 10000 Sklaven aus, und die Athenienſer geriethen dadurch in große Noth, wie wir aus dem Thucydides r) ſehen. Dieß haͤtte nicht ſeyn koͤn⸗ nen, wenn dieſe nur den zwanzigſten Theil ausgema— chet haͤtten. Die beften Sklaven werden nicht aus— reißen. Zum achten; AZenophon s) machet einen Ent⸗ wurf, wie das gemeine Weſen 10000 Sklaven unter⸗ halten koͤnnte: er faget, ein jeder wird leicht einfehen fönnen, daß man eine fo große Anzahl unterhalten fonne, wenn man die Anzahl von Sflaven bedenft, die wir dor dem Decelianifchen Kriege hatten. Eine Art zu veden, die ganz und gar nicht mit der größern Zahl des Athenaͤus übereinfommt, Zum neunten. Der ganze Cenfus oder Ber ‚mögen des athenienfifchen Staates war weniger als 6000 Talente, und obgleich die Zahlen in den. alten Handfchriften von den Eritifverftändigen für verdäch- “tig gehalten werden ; jo ift Doch wider diefe nichts ein» D05 zuwen⸗ 0) Ofen. -D Contra Aphob. 9) Ibid, HL, 7. s) Derat. red. | | ahnen 386 Den der Menge der Menfchen zuwenden; theils, weil’ Demoſthenes t), der fie be: ſtimmet, uns auch) die beſondern Umftände meldet, nach denen er fich in der Beſtimmung derfelben rich⸗ ten müßte; theils, weil Polybius u) eben viefelbe Sunmme angiebt, und Darüber Berrachtungen at ſtellet. Nun konnte der geringfte Sklave täglich Durch feine Arbeit einen Obolus über feinen Unter: halt eriverben, wie Zenophon x) meldet, wenn er fager, daß der Dberauffeher des YTictas feinem Herrn fo viel für feine Sklaven bezahlet Habe, die er in den Bergwerfen habe graben laſſen; und daß er noch) dazu die Zahl der Sklaven unterhalten habe, Wenn man ſich vie Mühe nehmen mill, täglich einen ©bolus zu rechten, und die Sklaven nur auf vier Jahre, zu 400000 zu rechnen, ſo wird man fehen, Daß eine Summe von mehr als 12000 Talenten herz auskoͤmmt; ſelbſt wenn man die große Menge der Feyertage in Athen abrechnet. "Außer dem konnten viele Sklaven durch ihre Kunſt noch viel mehr ver⸗ dienen. Wenn Demoſthenes y) einige von feines Vaters Sklaven recht niedrig fehägen will, feger ee jeden zu 2 Minen an. Und wenn wir dich anneh⸗ men, fo geſtehe ich, wir werden eine kleine Schwie— rigkeit finden, ſelbſt die Zahl von 40000 Sklaven mit dem Cenfirs von 6000 Talenten zu vereinigen. | Sum zehnten, Thucydides z) faget, daß in Chios mehr Sklaven als in allen griechiihen Städ- ten gervefen, Sparfa ausgenommen, Sparta alfo Ale mehr Sklaven als Athen, nad) Maßgebung * t) De claſſibus. ) Lib. 2. cap. 62. | a0 - x) De rat. red. ‚ y) Contra Aphobum. , we 2 SLib. 8. yet A Fo bey Den alten Nationen. 587 Zahl der Bürger, » Die Spartaner waren in der Stadt 9000; und 30000 auf dem Sande ſtark a). Die erwachfenen Sklaven alfo müflen ftärfer als 780000 gemefen feyn. Ueberhaupt aber mehr als 3120000. Es iſt dieß eine Anzahl, die ſich in ei- nem fo Eleinen und unfruchtbaren Sande, als Laconien war, und Das noch dazu feinen Handel hatte, uns möglich ernähren bäfte fönnen. Wären die Helo— ten fo zahlreich gemwefen, ſo würde die Ermordung von 2000, deren Thucydides b) gedenket, fie a gebracht, üben ‚nicht geſchwaͤcht haben. Ueberdem muͤſſen wir bedenken, daß die Zahl, die Athenaͤus angiebt c), was es auch für eine ſeyn mag, alle Einwohner von Attica ſowohl als von Athen in fich begreift. Die Athenienſer hielten ſehr viel vom Landleben, wie Thucydidesmelder d); und als fie durch den Einfall der Feinde während dem pes foponnefifchen Kriege in die Stadt getrieben wurden, war die Stade nicht im Stande, fie alle zu falten, und fie waren gezwungen, da es ihnen an Wohnun⸗ gen fehlte, in den öffentlichen Spaßiergängen, Tem⸗ peln und gar auf der Straße zu liegen e)- | ‚Eben a) Plutarch. in vita Lycurg, b) Lib. 4. c) Eben diefer Schriftffeller verfichert, daß Corinth ein⸗ mal 460, 000 Gflaven, und Aegina 470, 000 ges habt habe. Aber die vorhergehenden Grunde fireiten ſehr mider diefe Nachrichten. Es iſt indeffen doch merfwürdig, daß Arhenäus fich bey dem legten Bes richt auf das fo anfehnliche Zeugniß des Ariſtoteles - beruft : und der Scholiafte des Pindars erwähnt eben His ne Zahl von BE in En en ch Lib. e) Id. ibid. 538 Bon der Menge der Menfchen u Eben diefelbige Anmerkung erſtreckt fih auf alle andere griechifche Städte; und wenn die Zahl der Bürger angegeben wird, müffen wir allemal die Einwohner des benachbarten Sandes, und der Stadt felber zufammennehmen. Doc) diefem ungeachtet muß man bekennen, daß Griechenland volkreich ge⸗ weſen, und weit volkleicher ‚ als wir es uns von einem fo Fleinen Sande hätten vorftellen koͤnnen, das von Natur eben nicht fehr fruchtbar war, und feinen Zus {hub von Korn aus fremden $ändern befam, Denn wenn wir Athen ausnehmen , welches aus diefer Urs fache nach Pontus handelte, fo feheint es, als wenn Die andern Städte ſich vornehmlich von ihren bes nachbarten $ändereyen unterhalten haben f ) Bon Rhodus ift es befannt, daß es einen 1Deiäig laͤuftigen Handel geführt, und in großem . und nfe= £) Demoftb. contra Lept. Die Athenienfer hatten jahrlich aus Pontus 400000 Medimnos, deren jeder etwas uber ‚anderthalb Scheffel macht, wie aus den Zollbüchern er- hellte. Und damals ward wenig Korn von andern Dertern eingeführet. Dieß iſt zugleich ein ſtarker Be= weis, daß in der vorangefuͤhrten Stelle des Athenaͤus ein großer Fehler feyn müffe. Denn Attica für fich war fo unfruchtbar an Korn, Daß es nicht einmal die Bauern ernähren fonnte. Tit. Lin. Lib. 43. cap. 6 * Aucian ſagt in feinem Nauigio, fine votis, daß ein Schiff, welched nach der Ausmeſſung, die er angiebt, ohngefaͤhr fo groß febeint gewefen zu ſeyn, ald eing unferer Schiffe vom dritten Range, ſo viel Korn ge: : führe habe, daß ganz Attica 12 Monate davon feben koͤnnen. Doch war vielleicht Arben damals in Ber- fall gerathen, und ohnedem ift es nicht ficher, fich auf "a nachläßige rebnerifche Ausrechnungen zu ver⸗ laſſen. . —* — an g u bey den alten Nationen. 589 — geſtanden habe; doch enthielt es nur 6000 ſtreitbare Buͤrger, als es von —— belagert ward g). Theben war allemal eine von den wichtigſten Städten in Griechenland h); doch hatte es nicht mehr Bürger als Rhodus i). Phliaſia iſt, nach dem Lenophon k) nur eine kleine Stadt geweſen; doch finden wir, daß es 6000 Buͤrger enthalten habe I); Ich getraue mir nicht, diefe beyden Nachrichten mie einander zu vereinigen: Mantinata war fo groß, als irgend eine Stadt in Arcadien in), folglich war es auch fo groß als Megalopolis, welches 50 Stadia oder 6 Meilen und ein Viertheil im Umkreis harte n). Aber Mantus cära hatte fur 3006 Bürger 0), Die griechifchen Städte alfo enthielten oft Felder und Gärten, nebft den Käufern; und wir Fönnen fie nicht nach dent Umfange ihrer Mauern beurtheilen: Athen enthielte nicht mehr als 10000 Haͤuſer; aber die Mauern hats ten die Küfte mit eingeſchloſſen, über 20 Meilen im Umfange. Spracus war 22 Meilen im Umkreiſe; und doch wird man kaum bey den Alten finden, daß fie es für volfreicher als Athen ausgegeben, Babys lon war. ein Viereck von i5 Meilen, oder von 66 Meilen im Umfange; aber es enthielt größe anges bauete pet und unverzäunte Gärten, wie wir f, 8 6) Diod. Sie: Lib. 35. Br er, | h) Ifocrat. paneg. i) Diod. Sie. lib. i5. et 19, * k) Hiſt. Graec. lib. 7. l) Id, lib 7 * im) Polyb. lib. 2. n) Polyb. lib. 9. cap. 26, 9) Lyfias, orat, 34: 590 Bon der Menge der Menfihen aus dem Dlinius lernen. Dbgleich die Mauer des Aurelians 50 Meilen im Umkreis hatte p) 5. fo war doch der Umfang von allen 13 Abtheilungen Noms, befonders genommen, nach dem Bericht des Publius Dictor, nur ungefähr 3 Meilen, Wenn ein Feind Das Land anfiel, zogen fich alle Einwohner mit ihrem Vieh und ſaͤmmtlichen Hausgeräthe in die Mauern der alten Städte, Und die große Höhe der Mauern erfordete nur fehr wenige zu ihrer Vertheidigung. Sparta, fagt Zenophon q), ft eine von den Städten Griechenlandes, die am wenigften Einwoh⸗ ner hat. Doch fagt Polybius r), daß es 48 Stadien im Umkreiſe gehabt bat, und rund ge- weſen. — Alle Aetolier, die zu Antipaters Zeiten die Waffen tragen konnen ‚, machten nicht mehr als 10000 Mann aus Ss). Polybius t) erzähle uns, daß Die achäifihen | Bundegenofl en 30 bis 40000 Mann ohne Schwiee rigfeit, ins Feld ftellen Fonnten; ‚und Diefe Mach riche ſcheint ſehr mwahrfcheinlich zu feyn: denn: der größte Theil von Poleponnefus war in diefem Binde niffe begriffen. » Doch fügt Pauſanias u), da er von eben vielem Zeitpunfte: redet, daß alle. Achäer, * Vopifeus in vita Aurel, 9) rebus Laced. Diefe Stelle laßt fich nich 4 nie Wenigen vereinigen, was wir aus dem Plutarch se — haben, daß naͤmlich — IR * t) Beh, lib, s cap. 26: - ö * s) Diod. Sie. lib. 18: . t) Legat, u) In Achaicis, — — 4 bey den alten Nationen. 59% die die Waffen tragen koͤnnten, wenn man gleich ver⸗ ſchiedene freygelaſſene Sklaven dazu rechnete, noch nicht 15000 Mann ſtark waͤren. walltanfle Die Theffalier waren jederzeit, ehe fie von den Roͤ⸗ mern völlig bezwungen wurden, unruhig, aufruͤhriſch und in Verwirrung geweſen ix); Bon ihnen laͤßt ſichs alſo nicht vermuthen, daß ſie ſehr volfrrich ge⸗— weſen. —4 ey Hard Ari * ihr . Alle Einwohner von Evirus, von allen Altern, Geſchlechtern u, Umſtaͤnden, die vom Paullus Aemiz | lius verkauft wurden, machten nur 50000 Aus Y), und doch mochte Epirus wohl noch) einmal fo groß ſeyn, als die Landſchaft York 2). Jetzund 3) Tit. Liu. lib. 34. cap. sr. Plato in Critone, ‚9) Tit. Liu. lib. 43. cap. 34. 2) Ein neuer Franzoͤſiſ Schriftffeller bemerkt in feinen - Anmerkungen über Die Griechen, daß, daPbilippus von Miacedonien fir den oberſten Feldherrn der Griechen war erklärt worden, ihm 230, 600 Grie⸗ chen in feinem vorgefegten Kriege wider die Perfer hatten in den Ruͤcken fallen koͤnnen. Dieſe Zahl bes greift, mie ich glaube, alle freye Burger in allen grie- chiſchen Städten in ſich 3 ‚aber die Zeugniffe, woräuf Diefe Berechnung negrundet iſt, babe ich nirgends fin- den können; und diefer Schriftfieller, der fonften viel Verſtand zeigt, hat die üble Gewohnheit, daß er viel Beleſenheit andringt, ohne die Quellen derfelben anzu⸗ zeigen. Aber geſetzt, daß dieſe Berechnung durch glaubwuͤrdige Zeugniſſe der Alten kann gerechtfertiget werden, fo koͤnnen wir folgende Rechnung anſtellen. Die freyen Briechen machten. überhaupt g20 , 000 Perfonen aus: die Sklaven, falls Mir fie fo berech⸗ nen, wie wir oben die arbenienfifchen Sklaven berech⸗ net haben, Die fich nur felsen verheiratheten und Kin Det 592 Don der Menge der Menfchen Jetzund wollen wir die Zahl der Einwohner in Kom und in Italien betrachten, und die Lichtſtrahlen auffammlen, die in den alten Schrifrftellern zerſtreuet find, Wir werden überhaupt finden,’ daß es fehr ſchwer fen, bierinn etwas Gewiffes zu beftimmen; und daß die uͤbertriebenen Rechnungen der neuern Scri⸗ benten ſehr ſchlecht gegruͤndet ſind... Dionyſius von Halicarnaß fagt a), daß die alten Mauern von Rom beynahe einerlen Umfang mit den Athenienferi gehabt, aber daß die Vorftädte ſich feht weit erſtreckt hätten; und es war ſchwer zu bes ſtimmen, wo die Stadt aufhörfe, und wo fich die Vorwerke anfiengen: Cs erhellet aus eben dieſem Schriftſteller b), aus dem Juvenal c), und aus einige andern Seribenten d), daß die Häufer fehr ber zeugten, waren noch einmal fo ſtark, als die er: wachfenen Burger, nämlich 460,000, und die Zahl aller Einwohner des alten Briechenlandes war uns | Betebe i, 380, 000. Eben feine große Anzahl, und ie wohl eben nicht viel ſtaͤrker iſt, als die Zahl der heu⸗ tigen Einwohner Schöttlandes, welches ein Land iff, das beynahe eben den Umfang bat, und fehr mittel: mäßig bevölkert if. r a) Lib. 4: b) Lib, io, &): Batyr. 31 1.269. 298.) il E — d) Strabo (lib. 5) faget, daß Auguſtus verbothen has be, die Haufer höber als 7o Fuß zu bauen. An einer andern Gtelle (lib. 16.) fagt er, daß die Häufer in Rom ungemein hoch geweſen. ©. bievon mit mebreren Vitruu. lib: 2. cap: 8 Der Sophiſt Ariflides fagt in feiner Rede #% Paum; daß Rom aus Stadten beſtehe, Die auf Gtadtegebauet waren, und wenn man es aus⸗ einander legete, fo würde es die ganze Dberflache von | | Stalien i aa Bi. bey den alten Nationen. 593 hoch geweſen, daß verfchiedene Familien in abgefon- derten Stochwerfen, eine über die andere, gewohnt haben: aber es ift wahrſcheinlich, daß diefes nur die armen Bürger, und zwar nur in einigen wenigen Straßen gethan haben. Wenn wir nach des jün: gern Plinius Befchreibung von feinem Haufe e) und von des Bartoli Kiffen alter Gebäude urthei— fen Fonnen ; fo hatten die vornehmen Roͤmer fehr geräumige Palläfte, und ihre Bauart Fam mit der chinefifchen überein, two eine jede Wohnung von den übrigen abgefondert, und nicht hoher als ein Stock: werk Italien bedecken. Wenn ein Schriftſteller ſich ſolche Hyperbolen erlaubt, ſo weiß man nicht, wie vielman abziehen foll. Aber dieß ſcheint doch natürlich zu feyn: - wenn Rom fo weitlauftig gebauet gewefen, als Dio- nyfius fanet, und fich fo tief bis ind Land erffrecke bat, jo müffen wenig Straßen gewefen feyn, worinn die Haufer fo hoch gebauet worden, Denn diefe unbes queme Bauart hat bloß ihren Grund in dem Mangel des Raums, | e) Lib. 2. epift. 16. lib. 5. epift. 6. ahr, Plie nius befchreibt hier ein Landhaus ; er dieß doch die Bauart war, deren ſich die Roͤmer bey ihren praͤch⸗ tigen und bequemen Gebauden bedienten, ſo werden die vornehmen Roͤmer gewiß auch eben ſo in der Stadt gebauet haben. Seneca (epiſt. 114) ſagt von den Rei: chen und Wolluͤſtigen in laxitatem ruris excurrunt. Valerius Maximus (lib. 4. cap. 4.) ſaget, da er von den Aeckern des Cincinnarus, die vier Morgen be: tragen, vedet: angufte fe habitare nunc putat, cuius domus tantum patet, quantum Cincinnati rura patue- runt, Giehe eben hievon lib. 36. cap. ı5, et lib. 18. cap. 2. 10 Band. Pp | 594 Von der Menge Der Menfchen werk ift. Nehmen wir noch Biezu, daß Die vorneh— men Roͤmer fehr viel von geräumigen Spagiergän- gen und felbft von Wäldern £) hielten, die fie in der Stadt anlegten; fo koͤnnen wir es vielleicht vem Voſ⸗ fius erlauben, (fo wenig Grund er aud) hat) die be- kannte Stelle des Altern Plinius g) nad) feiner Mey: £) Vitrus. lib 5. cap. ı1. Tacit. annal, lib. ır. cap. 3. Sueton. in vita Octau, cap. 72. etc. g) Moenia eius(Romae) collegere ambitu imperatoribus, cenforibusque Vefpafianis, A. U. C. 828. pafl. XIII. MCC. complexa montes feptem, ipfa diuiditur in re- giones quatuordecim, compita earum 265. Eiusdem fpatii menfura, currente a milliario in capite Rom. Fori ftatuto, ad fingulas portas, quae funt hodie nu- mero 37. ita vt duodecim portae feınel numerentur, praetereanturque ex veteribus feptem, quae efle defie- runt, efhcit pafluum per direftum 30775. Ad extre- ma vero tetorum cum caftris praetoriis ab eodem milliario, per vicos omnium viarum, menfura colle- git paullo amplius feptuaginta millia pafluum. Quo fi quis altitudinem teftorum addat, dignam profecto aeftimati concipiat, fateaturque nullius vrbis magniti in toto orbe potuiſſe ei comparari. Plin. lib. 3. cap. 3. Die beften Handfchriften vom Plinius lefen diefe Stelle fo, wie fie hier angeführt iff, und ſetzen den Um⸗ fang der römifchen Dauern auf 13 Meilen. Es koͤmmt bloß darauf an, zu wiffen, was Plinius unter 30775 Schritte verſtehet, und wie diefe Zahl gerechnet fey- Ich ftele 3 mir fo vor : Rom machte einen halben Tirkel aus, deffen Umfang 13 Meilen war. Es ift bekannt, daß dag Forum, und folglich auch das Millia- zium, an dem Ufer der Tiber und nahe am beim Mittelpunkte des Cirkels, oder an dem Durchmeiler dieſes halben Girfeld gelegen habe. Ob Rom gleich 37 Thore ae 4 bey den alten Nationen. 595 Meynung zu lefen, ohne daß wir die ausſchweifende ‚Folgen annehmen, die er daraus herleitet. | pp 2 Die 37 Thore hatte, fo waren doch nur 12 unter denfelben, von welchen gerade Straßen nach dem Milliarium giengen. Plinius alfo, der den Umfang von Kom bes ſtimmet hatte, wußte, Daß dieſes noch nicht zureichend fey, ung einen rechten Begriff von der Größe Roms zu geben, und bediente fich noch einer andern Metho— de. Er fest zum voraus, daß, wenn alle Straßen, die von dem Milliarium bis an die 12 Thore geben, in einer geraden Linie aneinander gefegt wurden, und man diefe Linie zu Ende gienge, fo daß man jedes Thor einmal zahlte, fo wurde in biefem Falle die ganze Kinie 30775 Schritte ausmachen, oder mit andern Worten, dag jede Strafe, oder Radius diefes halben Cirkels 2 Meilen und eine halbe betrage; und daß die ganze Laͤnge von Rom 5 Meilen, und die Breite ungefahr balbeinmal fo viel augmachten, wenn wir die weitlauftis gen und zerfireutgelegenen Vorwerke nicht mit rechnen. Der Jeſuit Yarduin legt diefe Stelle eben fo aus; ‚er verſteht e8 namlich eben, fo, daß, wenn man die a, Straßen von Rom in eine Xinie brach» te, dieſe Linie 30775 Schritte ausmachen : aber er verfteht darunter alle Straßen, die feiner Meynung nach von jedem Thore nach dem Milliarium gegangen find, und er glaubet, Daß feine derfelben uber goo ‚Schritte lang geweſen. Aber ı) ein halber Cirkel def: fen Radius nur goo Schritte iſt, Fonnte niemal3 einen Umfreis von beynabe 13 Meifen haben, und dick ift doch der Umfang, den Plinius Rom beylegt. Ein Radiusvon 2 und einer balden Meile macht ungefabe ſolchen Umkreis aus. 2) Es iſt ungereimt, zu glaus ben, daß eine Stadt fo jollte gebauer feyn, daß von jedem Thore, fo indem Umkreiße liegt, nach dem Mittel: punkte berfelben Straßen geben follren. Diefe Straf ‚fen mußten fich durchkreuzen, fo mie fie ſich — ER: 3) Di 96 Von der Menge der Menfchen Die Zahl der Bürger, die bey der öffentlichen Aus- theilung zur Zeit des Auguſts Brodt befamen, bes ftand. 3) Dieg macht Nom gar zu Flein, denn e8 wuͤrde alsdenn wirklich kleiner, ald Briftol und Rotterdam gewefen ſeyn. | ne! Die Auslegung, die Voßius in feinen obferuationi- bus variis macht, ift an der andern Seite eben fo ir: rig. Eine Handfchrift, die gar Fein Anfehen hat, giebt anffatt 13 Meilen 30 Meilen fir den Umfang der roͤ⸗ mifchen Mauern an. Und Voßius veriteht Darunter bloß die Erumme Linie des halben Cirkels: indem er dafür halt, daß, weil die Tyber den Durchmeffer aus: machte, an der Eeite gar Feine Mauern gemwefen. Aber r) falt alle Handfchriften find diefer Lesart zuwider. 2) Warum follte Plinius, der kurz fchreibt, zwey⸗ mal nach einander den Umfang der römifchen Maus - ern bejihrieben haben? 3) Warum follte diefe Wie: derholung jo merklich verfihieden feyn? 4) Warum erwahnt Plinius zmeymal das Milliarium, wenn.er will, daß eine Linie foll gemeffen werden, die gar nicht von dem Milliarium abhangt ? 5) Vopifcus meldet , daß die Mauer ded Aurelians laxiore ambitu gezogen fey, und alle Vorftadte und Vorwekke an der nördlichen Geite der Tyber umfaffet habe; und doch ſey der Umfang derfelben nicht größer ald 50 Meilen gewefen, und felbit diefe Stelle iſt den Cri— tikverſtandigen noch verdächtig: Es ift nicht wahr feheinlich, daß Rom wahrend diefer Zeit vom Augufi big zum Aurelian follte abgenommen haben. 8 blieb immer die Hauptfladt von eben demfelbigen ‚ Reiche; und fein bürgerlicher Krieg kat in dieſem langen Zeitraume die Stadt berübrer, wenn wir den Laͤrm bey dem Tode des Maximus und Balbinus ausnehmen. Caracalla hat, nach dem Berichte des Aurelius Victor, Rom vergrößert. 6) Wir haben feine Veberbleibfel von alten Bebauden, die er | Größe — bey den alten Nationen. 597 ftand aus 200000 Menfchen bh). Mean follte den. fen, daß man hierauf fiher eine Berechnung bauen koͤnnte; doch eg finden fich Umſtaͤnde dabey, die ung wieder zweirelhaft und ungewiß machen. Ward das Korn bloß unter die armen Bürger ausgetheilt ? Gewiß, es war zu ihrem Beſten vor⸗ Pp 3 nehm Größe der Stadt Rom anzeigen. Die Antwort deg Voßius, dag der Schutt 60 oder 70 Fuß tief unter die Erde follte gefunfen feyn, diefe Antwort, fage ich, ſcheint ungereimt zu feyn. Es erbellet aus dem Spar tian (in vita Seueri) Daf der Stein, der die fünfte Meile in via Lauicana anzeiate, außerhalb der Stadt geweſen. 7) Olympiodorus und Publius Victor fegen die Zahl der Haufer in Rom zwiſchen 40 und. 50000, 8) Selbſt die ausichweifenden Kolgen, die Voßius fomohl, ald Kipfius, aus diefer Lesart ziehen, vernichten, falls fie norhwendig daraus fließen, den - Grund, worauf fiegebauet werden: daß naͤmlich Rom nad) diefer Ausrechnung ı4 Millionen Einwohner gehabt habe, da das ganze Königreich Frankreich nur z nach feiner Rechnung enthalten foll ıc. Der einzige Einwurf, den man wider unfere Aug: legung diefer Stelle des Plinius machen Fann, ſcheint darinnen zu beſtehen, daß Plinius, nachdem er 37 Thore angefuhret hatte, bloß von den 7 alten Thoren eine Lirfache angiebt, warum fie nicht mitgerechnet werden, und von den andern 18 nicht3 jaget, deren Straßen, meiner Meynung nach, fich endigten, ebe fie das Forum erreichten. Da aber Plinius für die Rö- mer fchreibt, denen die Befchaffenbeit der Straßen befannt wor ; fo iſt eg fein Wunder, daß er Dielen Umſtand auch für befannt und ausgemacht angenom- men hat. Vielleicht mochten auch viele von diefen Thoren an den Strand der Tyber führen. h) Ex monument. Ancyr. 598 Von der Menge der Menfchen nehmlich beftimmt, Uber es erheflet aus einer Stelle des Cicero i), daß die Reichen auch ihr Anz theil nehmen Eonnfen, und daß man fie nicht tadelte, wenn fie fich dießfalls meldeten, | k Wem ward das Korn gegeben? ward es bloß den Häuptern der Familie, oder allen Mannsperfonen, Weibern ımd Kindern gegeben? in jeder befam monatlih 5 Modios k), (ungefähr & von einem Scheffel). Dieß mar zu menig für, eine Samiile, und zu viel für eine einzelne Perfon. _ Ein fehr ges lehrter Renner des Alterthums 1) fchließt daraus, daß es eine jede erwachfene Mannsperfon befommen: aber er giebt zu, daß es doch ungewiß fen. Hat man genau unterfucht, ob derjenige, der an diefer Austheilung Theil nehmen Eonnte, innerhalb der Mauern ber Stadt Kom leben mußte, oder ob es zureichend war, daß man fid) alle Monate bey der Austheilung ftellen mußte? Dieß letztere ſcheint wahr: fheinlicher zu ſeyn m). | N Gab 1) Tufe. quaeft. lib. 3. cap. 48. k) Licinius apud Salluf. hift. frag. lib. 3. * Nicolaus Hortenfius de re frumentaria Roman. m) Yuauftus ordnete an, daß diefe Austheilung ded Korns nur dreymal im Jahre geſchehen follte, damit das Volk nicht zu fehr in feinen Gefchäfften möchte verhindert werben: dad Volk aber, fo die monatlichen AYustheilungen weit bequemer fand, (meil fie, wie ich glaube, eine beffere Deconomie in den Familen unter— bielten,) verlangte, daß fie wieder follten eingefuͤhret werden. Sueton. Auguft. cap. 40. Waren nicht ein= ge von dem Volke von entfernten Dertern gekommen, um ihr Korn abzuholen, fo wuͤrde die Vorficht des Auguſts, vem Anſehen nach, überflüßig gewefen ſeyn. behy den alten Nationen. _ 599 Gab es gar Feine, die mit Unrecht Anſp ch dar⸗ auf machten ? Wir leſen n), daß Caͤſar auf einmal 170000 ausgeſchloſſen babe, die ſich heimlich einge— ſchlichen hatten; und es iſt gar nicht TE daß er alle Misbräuche gehoben bar. _ y Was follen wir aber endlich für ein Vahaleniß Sklaven zu dieſer Zahl der Bürger angeben ? Dieß ift die wichtigfte und ungewiffefte Frage. Es ehr zweifelhaft, ob man Athen als eine Regel für annehmen fünne. Vielleicht hatten die Athe— nienfer mehr Sklaven, weil fie fie zu den Manufackus von gebrauchten, wozu eine Hauptſtadt, wie Nom war, niche fo gefchickt gemefen zu fenn ſcheint. Aber vielleicht Hatten auch die Römer mehr Sklaven, mes gen ihrer geößern Se goendung und Keichtgs mer. — 4 Es wurden in Rom genaue Todtenliſten gehalten; aber kein alter Schriftſteller hat uns die Zahl der Verſtorbenen hinterlaſſen, ausgenommen Suetos nius 0); diefer meldet, daß zu einer Syahrszeif 3000@ Namen in den Tempel der Libitina gebracht wur« den: aber dieß geſchahe während einer Seuche, und man Fann daraus nichts geroiffes fchließen. Obgleich das öffentliche Korn nur unter 200000 Bürger ausgetheilt ward; fo hatte es doch einen merflichen Einfluß in den Aerbau von Italien p) : es laßt fich dieſes auf Feine Weife mit den uͤbertriebe · | Pp4 nen n) Sueton. in Iul. cap. 41. ©) In vita Neronis. } p) Sueton. Aug. cap. 42. * % 60 Bon der Menge der Menfchen nen Mhnungen der Meuern von der Bevölferung Diefes Landes reimen, . 75 ae | — Ich weiß keinen beſſern Grund, worauf ich meine Muthmaßung von der Groͤße des alten Roms bauen koͤnnte: als dieſen: Herodian q) erzählt, daß An⸗ tiochien und Alexandrien nicht viel kleiner als Rom gewefen, Cs erhellet aus dem Diodorus Sicu⸗ Ius r), daß eine gerade Straße in Alerandrien, die vom Hafen bis zum Hafen gieng, 5 Meilen fang gewefen; und da Alerandrien viel weiter in die Laͤnge als in die Breite ausgedehnt war; fo fcheint es eine Stadt geweſen zu feyn, die Paris s) ziemlich) glei) | gene: q) Lib. 4. cap. 5. r) Lib. 17. sh E s) &, Curtius meldet, daß die Mauern von Alexan— drien fo Wie fie vom Alerander angelegte wurden, nur 10 Meilen im Umfange gehabt haben. (Lib. 4. cap. 8.) Strabo, der ſowohl ald Diodorus Siculus in Aley: andrien gemwefen, fagt, daß ed faum 4 Meilen lang, und an den meiften Orten eine halbe Meile breit geweſen (Lib.17.).. Plinius fagt, (Lib.5. cap. 10.) daß es ei⸗ nem ausgebreiteten macedonifchen Oberrocke geglichen. - Obgleich diefen Nachrichten zu Folge, Alerandrien nur mittelmäßig groß gemwefen zu feyn fcheint, fo fagt Doch Diodorus Siculus, (Ibid.) wenn er von der Anlage des Aleranders redet, (die niemals vergrößert wor: den, wie wir aus dem Ammianus Marcellinus (Lib. 22. cap. 16.) fehen,) daß es ausnchmend groß gewe— fen. Die Urfache, warum es feiner Meynung nach alle Städte in der Welt übertrifft, (denn er nimmt Rom nicht aus) iſt dieſe, daß es 30000 freye Eins wohner habe. In eben diefer Abſicht fuͤhret er auch an, daß die Könige 6000 Talente Einkünfte daran gezogen, welches ihn in feiner Meynung noch mehr beftarfer: ben den alten Nationen. 60 gemwefen, und Rom mag ohngefaͤhr von eben BeRIbi- ‚gen Größe gewefen feyn, als London ift. Zur Zeit des Diodorus Sıculus ) — in Alerandrien 300000 freye Leute, vermuthlich Weiber und Kinder mit eingefchloffen u). Aber wie viel Sklaven waren darinnen? Hätten wir guten Grund, fie eben fo zahlreich anzunehmen, als die freyen Cine wohner waren, fo würde Dadurch Die obige Berech⸗ | nung — werden. HN —— | ie 2 N Bir beſtaͤrket: es iſt dieß eben keine ſo — Summe in unſern Augen, wenn wir auch gleich den verſchiedenen Werth des Geldes in Anfchlag bringen wollten. Was Strabo von dem herumliegenden Lande meldet, will weiter nichts fagen, als daß es wohl bevölkert geweſen. - Könnte man nicht fagen, ohne daß man die Sache zu ſehr vergrößert, daß das ganze Ufer der Themfe, von Graveſand big Windfor, eine Stadt augmache? Und dieß iſt noch mehr, ald Strabo von dem Ufer des ma— reotiſchen Sees, und des Kanals der Etadt Canopus faget. Dan faget gemeiniglich in Italien, daß der König von Sardinien nur eine Stadt in Piemont ang denn dag ganze Land ift eine Stadt. Agrippa, er beym Joſephus (de bello Iudaico lib. 2. cap. 16.) - „feinen Zuhörern die ausnehmende Größe von Alexan⸗ dria befchreiben will, melder ihnen weiter nichts, als den Umfang, den Alerander diefer Stadt gegeben hat. Dieß ift ein klarer Beweis, daß der größte Theil der Einwohner in der Stadt felber gewohnet habe, und daß das benachbarte Land nicht volfreicher geweſen, als alle * ſind, die an große und wohlbevoͤlkerte Staͤdte toßen. t) Lib, 17. u) Er faget eruuSsgos Nicht worry. Dieß leßtere hat a. bloß von ermachfenen Mannsperfonen verſtehen muffen. 602 Bon der Menge der Menfchen Wir finden beym Herodian eine Stelle, die etwas underkär if, Er faget mit klaren und deutlichen Worten, daß der Pallaft des Kaifers eben fo groß gewefen x), als der ganze übrige Theil der Stadt. Dieß war des Nero goldenes Haus, welches in der That vom Suetonius y) und Plinius z) als unge mein groß vorgeſtellet wird; aber es iſt nicht möglich, daß wir uns auch, mit der "größten Einbildungstrafe von der Welt, diefes Haus fo vorftellen Fönnen, als wenn es einige Gleichniß mit einer ſolchen Stadt, wie London ift, gehabt habe. - Wir müffen anmerfen, daß, wenn Der Geſchicht⸗ | — von der Ausſchweiſung des Nero geredet, und fid) alsdenn dieſer Worte bedienet * fo wuͤr⸗ ‚den x) Lib. 4. cap. I. wuens worews. Politian überfeget E3 aedibus maioribus etiam reliqua vrbe, y) Er faget (in Nerone cap. 30.) daß ein Porticus deſſel⸗ ben 3000 Fuß lang geweſen; tanta laxitas, vt porticus triplices milliarias haberet. Er kann unmöglich drey Meilen verftehen. Denn der ganze Umfang des Hau— ſes vom Palatio bi8 an den Eſquilin war faum fo ‚groß. So muß ebenfalld Dopiftus (in Aureliano) verfianden werden, wenn er ın des Salluſts Gärten einen Porticum milliarenfeın erwaͤhnet. Es Bedeutet namlich auch bier 1000 Fuß. Go auch Horaz: Nulla decempedis Metata priuatis opacam \ Porticus ——— Arcton. Lib. 2. ode. 15, Und eben fo lib. ı. fatyr Mille pedes in fronte, er cippus in agrum - Hic dabat. 2) Lib. 36. cap. 15. Bis vidimus vrbem totam cingi do- mibus principum, Caii ac Netonis. bey den alten Nationen. KR den fie viel weniger Gewicht haben; da dergleichen rednerifche Bergrößerungen ſich leicht in die Schreib» art eines Schriftftellers fehleichen, wenn fie auch noch fo keuſch und genau iſt. Aber Herodian faget Diefes bloß im Vorbeygehen, wenn er von den Sereitigfeiten des Beta und Caracalla redet. Es erhellet aus eben diefem Geſchichtſchreiber a); ; daf um eben die Zeit fehr viel Sand wüfte und unge: braucht gelegen habe; und er rühmer den Pertinax ſehr, daß er einem jeden erlaubete, ſich ein ſolches wuͤ⸗ ſtes Land innerhalb oder außerhalb Italien zuzueignen, und nach eigenem Gutduͤnken zu bauen, ohne Abga⸗ ben davon zu bezahlen, Pre und ungebrauch. te Felder! Dieß find Worte, die man wohl ſchwer— lich von einem Sande in der Chriftenheit gebrauchen wird; wenn wir vielleicht einige entfernte Laͤndereyen in Ungarn ausnehmen, Die, wie man mir gefaget haf, fo befchaffen feyn follen. Es ſtimmet auc) diefes nur fehr fchlecht mit dem Vorgeben überein, daß das Al- terthum fo fehr volkreich geweſen. Wir ſehen aus dem Vopiſcus b), daß in Etru⸗ rien ſehr viel fruchtbares Land wuͤſte gelegen, welches der Kaiſer Aurelian zum Weinbaue gebrauchen wollte, um unter das roͤmiſche Volk Geſchenke von Wein auszufbeilen: ein Mittel, das ſehr geſchickt ge-⸗ wefen wäre, diefe Hauptſtadt und das herumliegende and nod) immer mehr zu entvölfern. Bielleicht ift es nicht übel angebracht, wenn wir bier die Nachricht anmerken, die Polybius c) von | ‚den a) Lib. 2. cap. 15. b) Vopifcus in Aurelian. cap. 48. ce) Lib. 12. or 2. 604 Don der Menge der Menfchen den großen Heerden Schweinen, fo fich in der Lom⸗ bardey, Tofcana und Griechenland befunden haben, und von der Art und Weife, wie man fie fütterte, er: £beilet. „Es find große Heerden Säue (faget er) „in ganz Italien. Vornehmlich waren fie in vorigen „zeiten in Etrurien, und dem Gallien dieffeits der „Alpen. Kine Heerde enthält oft 1000 und noch „mehr Schweine. Wenn fi) ein paar von folchen „Heerden zufammen in der Weide antreffen, fo laufen „ſie unter einander; und die Schweinhirten haben „kein ander Mittel, fie von einander- abzufondern, als „daß fie fich in verfchiedene Gegenden ftellen, und mit „ihrem Horne blafen; die Schweine, die an diefes „Signal gewoͤhnet find, laufen, ein jedes dem Horne „ihres Hirten zu. Hingegen wenn fich in Griechen: „land die Heerden Schweine in den Wäldern mit „einander vermifchen, nimmt derjenige, der die größte „Heerde hat, auf eine gefchickte Art der Gelegenheit „wahr, fie ganz wegzutreiben. Und die Diebe Fons „nen fehr leicht die Schweine, die fich auf der Weide „zu meit von ihrem Hirten entfernet haben, entwen- „ven. Können wir nicht aus diefer Nachricht fhließen, daß der nördliche Theil von Italien Damals weniger bevoͤlkert, und fehlechter angebauer gewefen, als itzund? Wie hätten diefe ungeheuren Heerden in einem ande koͤnnen unterhalten, werden, das allenthalben fo ſehr umfäunet, durch den Ackerbau fo verbeffert, durch Land» güter fo zertheiler, und mit Weine und Korn, die uns fer einander gepflanzet werden, fo angebauet ift? Ich muß geftehen, die Erzählung des Polybius hat Das Anfeben, als wenn er von einer folchen Deconomie, Die man ben den alten Nationen. 605 man in unfern americanifchen Eolonien antrifft, und nicht von einer Einrichtung eines europäifchen Landes, rede. * Wir treffen in der Sittenlehre des Ariſtoteles d) eine Betrachtung an, die ich auf keine Weiſe erklaͤren kann, und die, indem ſie unſere Gruͤnde und Schluͤſſe zu ſehr unterſtuͤtzet, vielleicht gar nichts beweiſet. Dieſer Philoſoph handelt von der Freundſchaft, und merket an, daß man dieſelbe weder auf ſehr wenige Perſonen einſchraͤnken, noch auf eine ſehr große Menge ausdeh⸗ nen muͤſſe. Er erläutert feine Meynung durch fol- genden Grund, „So wie eine Stadt (faget er) „nicht beſtehen Fann, wenn fie entweder nicht mehr „Einwohner hat, als zehen, oder mehr als hundert „taufend bat; fo wird ebenfalls inder Zahl der Freun- „de eine Mittelmäßigkeit erfordert, und man vernichtet. „das Wefen der Freundfchaft, wenn man in einen „von dieſen entgegengefegten Fehlern verfällt,,, Wie Fann es unmöglich feyn, daß eine Stadt 100000 Men: (chen enthalte? Hat Ariftoteles nie eine Stadt ges feben, oder nur von einer Stadt gehöret, die unges fahr fo volfreich gemwefen ? Ach geftehe es, das ift mir unbegreiflich. - | | Plinius e) meldet, daß Seleucia, diefer Sitz de griechiſchen Reiches im Drient, 600000 Menfchen ſoll enthalten haben. Bon Carthago fager Strabo f), daß e8 700000 enthalten habe. Die Einwohner von Peking find nicht viel zahlreicher, London, Paris | N / und | d) Lib,9. cap. 10. Gein Ausdruck ff ardgumes, nicht | wodırns, folglich verſteht er Einwohner, nicht Bürger. 9) Eib. 6, cap.a$. £) Lib. 17. | 606 Von der Menge der Menfchen und Eonftantinopel, mögen beynahe eben dieſe Berech⸗ nung leiden, wenigſtens überfchreiten die beyden Ie&- tern Städte dieſe Zahl nicht. Von Rom, Aleran« drien und Antiochien, haben wir bereits geredet. Aus der Erfahrung der vergangenen und gegenwärtigen Zeiten follte man faft fehließen, daß es der Natur der Dinge nach) unmöglic) fen, daß eine Stadt jemals viel über diefe Anzahl von Einwohnern anmwachfen follte, Es mag die Größe einer Stadt auf die Handlung oder auf Die Negierung gegründet feyn, fo fcheint es, als wenn es unüberwindliche Schwierigkeiten gäbe, die ihren ferneren Wachsthum verhindern. Die Re— fivenzen großer Monarchien find zur Handlung nicht gefchict, weil fie. ausfchweifende Berfchwendung, un= erdentlihe Ausgaben, Einfchränfungen, und falfche Begriffe vom Range und von den Borzügen hervor— bringen. Ein gar zuweitläuftiger Handel ſchraͤnkt fich ſelbſt ein, indem dadurch der Preiß der Arbeit und der Bequemlichkeiten zu fehr erhöhet wird. Wenn ein großer Hof ein zahlreiches Gefolge von fehr reie chen und vornehmen Edelleuten hat, fo bleibt der ges vingere Adel in den Städten ihrer Provinzen, mo fie von mäßigen Einfünften auf eine anfehnliche Art leben fönnen. Und wenn die Gränzen eines Staats fehr erweitert werden, müffen nothivendig in den entfern« teren Provinzen viele Hauptſtaͤdte auffommen; wo— bin ſich alle Einwohner, einige wenige Hofleute auss genommen, wegen der Erziehung, wegen ihres Ges - werbes und Zeitvertreibs, begeben g). London, das | einen g) Dergleichen waren Aleyandria, Antiochien, Carthago, } Ebpheſus, Lion ı. im roͤmiſchen Reiche. Und — ind "Al «la N — a ' Ar m le Ira ER I, J beyh den alten Nationen. einen weitläuftigen Handel, und eine nicht allzugroße Regierung mit einander vereiniger, ift zu einer Größe gediehen, Die wohl Feine Stadt jemals wird übertreffen fünnen. | | Bi: Man nehme Dover oder Calais zum Mittelpuncte an, und ziehe einen Cirkel, deffen Radius 200 Meilen groß ift: Diefer Eirfel wird Sonden, Paris, die Nie: 607 Derlande, Die vereinigten Provinzen, und einige von den beften und bluͤhendſten Provinzen von Engelland und Frankreich in fich begreifen. ch glaube, man kann ficher fagen, daß im Alterebume Fein Stuͤck Sand von einer gleichen Größe Fann gefunden werden, melches b viel große und volfreiche Städte, und fo viel Reich» thuͤmer und Einwohner follte in fih gehabt haben. Es ſcheint die beſte Art der Vergleichung zu feyn, wenn man in beyden Zeitpuncten diejenigen Staaten gegen einander hält, die die meifte Kunft, Wiffenfchaft, Artigkeit, nie befte Berfaffung gehabt haben, Es ift eine Anmerkung des Abts du Bos h), daß Italien itzund wärmer ift, als es in alten Zeiten ges weſen. „Die roͤmiſchen Jahrbuͤcher melden, (ſaget er) „daß im Jahre 480 nach Erbauung der Stadt Rom „ein ſo ſtrenger Winter eingefallen, daß die Baͤume „davon erfroren ſind. Die Tiber gefror in Rom, „und die Erde war 40 Tage hindurch mit Schnee be— „deckt. Wenn Juvenal i) ein aberglaͤubiſches „Weib beſchreiben will, fo ſtellet er fie vor, als wenn „ſie das Eis der Tiber zerbräche, damit fie fich abwa— „ſchen koͤnne. „Hy- find dergleichen Bourdeaur, Thouloufe, Dijon, Rouen, Aix ꝛc. in Frankreich. Und in dem Brittiſchen Gebiete Dublin, Edenburg, York. EU h) Vol. 2. ſect. ı6. i) Sat. 6. e JJ—— 608 Von der Bee der Menſchen „Uybernum. fracta glacie, deſcendet in anmem. er matutino Tyberi mergetur. „Er redet von dem Gefrieren dieſes Fluſſes, als von „einer ganz gemeinen Begebenheit. Viele Stellen „des Horaz ſtellen die Straßen von Rom mit Schnee „und Eis bedeckt vor. Wir hätten hierinn mehr Ge— wißhei haben koͤnnen, wenn den Alten der Gebrauch „der Thermometer bekannt geweſen wäre; aber ihre Schriftfteller geben uns, ohne daran zu gedenken, Nachrichten, die Aureichend find, uns zu überführen, „daß die Winter isund in Rom viel gemäßigter find, „als fie vormals geweſen. Itzund gefriert die Tiber „zu Rom eben fo wenig, als der Nil zu Cairo. Die „Römer halten den Winter fchon für fehr ftrenge, wenn „der Schnee 2 Tage liegt, und wenn man einige we— nige kleine Eiszapfen an einem Brunnen hängen ſieht, „der gegen Norden gelegen iſt. Die Anmerkung dieſes ſinnreichen Eritifus erſtreckt ſich vielleicht auch über andere europaͤiſche Himmels» gegenden. Wer Fann das gelinde Clima von Franke reich. in des Diodorus Siculus k) ——— von dem Clima des alten Galliens entdecken? „Da „es unter einer nördlichen Himmelsgegend liegt, (ſa⸗ „get er) fo ift es ausnehmend kalt darinn. Ben trüs „bem Wetter fallt an ftart des Negens eine Menge „von Schnee herunter, und ben hellem Wetter ift der Soft fo ftrenge, daß die Flüffe von ihren Slurhen „Brücfen befommen, über welche nicht allein einzelne Reiſende, ſondern auch ganze Armeen mit ihrem Troß „und beladenen Wagen geben fönnen, Und es find k) Lib. 4. 9 „ver⸗ bey den alten Nationen. 609 „verfchiedene Fluͤſſe in Gallien, als die Rhone, der „Rhein ꝛc. Die faft alle zugefroren find; und man bat „die Gewohnheit, um das Fallen zu verhindern, Spreu „und Stroh über das Eis zu legen, an den Oertern, wo die Sandftraße Darüber geht, ‚Der nördliche Theil von Sevennes, füget Stra» bo 1), trägt Eeine eigen und Dliven, und der Wein, der da gepflanzee wird, koͤmmt nicht zur Reife. Ovid behauptet ausdruͤcklich, und mic allem Ernft der Profe, daß zu feiner Zeit der Pontus Eurinus alle Winter zugefi ; und er berufer ſich namentlid) auf das Zu unit Statthalter m). Dieß gefchieht isund Memals in der Gegend von Tomi, wohin Ovid verbannet mar Alle Klagen diefes Dichters feheinen eine fo ftrenge Witterung zu bezeich: ‚nen, als igund kaum in Petersburg oder Stockholm empfunden wird; Tournefort, der aus der Provence gebürtig iff, und eben diefe Länder durchreifee har, merfer an, daß es die fchönfte Himmelsgegend von der Welt ſey; und er verfichert, daß nichts, als die Schwermuth des Ovids, demſelben einen fo traurigen, Begriff von dies fem Sande habe beybringen können. Aber die Nach: richt des Poeten ift viel zu umftändlich, als daß man fie fo auslegen koͤnne. Polybius n) faget, daß das Clima von Arcadien ſehr kalt, und die Luft feucht geweſen. „Keine Himmelsgegend in Europa, ſaget Var— „ro 0), iſt fo gemaͤßiget, als die italiaͤniſche. Die „inne 1) Lib. 4: in) Trift.lib.3. eleg.9: De Ponto lib. 4. eleg. 7. 1m n) Lib. 4. cap, 21. o) Lib. ı. Beh 2. k 10 Dand, ng 610 Von der Menge der Menfihen inneren Theile, als Gallien, Germanien und Panno⸗ „nien müffen faft beftändige Winter Haben, | Die nördlichen Theile von Spanien waren, nach. dem Berichte des Strabo p), wegen der großen Kälte nur fehlecht bewohnet. | Wenn alfo Diefe Anmerkung ihre Richtigkeit hat, daß Europa waͤrmer geworden, als es vormals gewe⸗ ſen; was ſollen wir fuͤr eine Urſache dieſer Veraͤnde— rung angeben? Gewiß, wir koͤnnen keine andere an— fuͤhren, als daß wir annehmen, daß das Land itzund viel beſſer angebauet, und daß die älder ausgerottet | und Die Son⸗ ie Erde nicht durch» find, die vormals die Erde befchat nenſtrahlen auffiengen, daß fie die deingen konnten. Unſere nördliche Eolonien in Ame— rica werden immer gemäßigter, fo wie die Wälder nad) und nach) ausgetilget werden q); aber überhaupt kann ein jeder bemerken, daß die Kälte in dem nörds lichen und füdlichen America viel empfindlicher ift, als in den europäifchen Gegenden, die unter eben dem Grade der Breite liegen. Saferna, den Columella r) anführet, giebt vor, | daß die Befchaffenheie der Witterungen ſich verändert babe, und daß die Luft viel — und wärmer ge» _ wor⸗ p) Lib. 3 J 3 Die ai ſuͤdlichen — werden auch geſun ⸗ der, und es iſt merkwuͤrdig, daß es aus den ſpaniſchen Hiſtorien, von der erſten Entdeckung und Eroberung biefer Länder fcheint, ald wenn fie fehr gefund gemefen wären; indem fie damals fehr volfreich und gut ange bauet gewefen. Wir finden gar Feine Nachrichten dar» ⸗ inn, daß die Eleinen Armeen des Corte, oder bes Pi: zarro, von Krankheiten aufgerieben worden. r) Lib. ı, cap. ı. 4 | bey den alten Nationen, 66 worden. Dieß erhellet daraus, faget er, daß viele Oerter itzund eine Menge von Weinbergen und Del gärten haben, die vor Zeiten wegen der flrengen Him⸗ melsgegenden nichts dergleichen hervorbringen koͤnnen. Wenn dieſe Veraͤnderung wirklich geſchehen iſt, fo fol⸗ get daraus offenbar, daß die Laͤnder kurz vor der Zeit des Saſerna s) beſſer angebauet und bevoͤlkert wor⸗ den; und wenn dieſe Veraͤnderung bis auf unſere Zei⸗ ten immer zugenommen hat, ſo kann man daraus ſchlieſ⸗ fen, daß dieſe Vorzuͤge in dieſem Theile der Welt ſich gleichfalls beſtaͤndig vermehret haben. Laſſet uns itzund alle die Laͤnder betrachten, ſo die Scene der alten und neuern Geſchichte ſind, und laſſet uns ihren vorigen und itzigen Zuſtand mir einander vergleichen Wir werden vielleicht finden, daß die Klagen über die igige Leere und Entoölferung der Welt nicht eben allzu gut gegründet find. Aegypten wird vom Maillet, dem wir die befte Nachricht da: von zu Danfen haben, als ungemein volfreich vorges ftellet; ob er gleich glauber, daß die Zahl der Ein: wohner deffelben fich verringert habe. Ach kann es gern zugeben, daß Syrien, Elein Afien, und die Küfte der Barbarey, in Vergleichung mit ihrem alten Zus ftande, fehr entblößer von Einwohnern find. Daß Griechenland entvoͤlkert fen, ſieht ein jeder; aber es kann noch zweifelhaft ſeyn, ob das Land, das itzund die europaͤiſche Tuͤrkey genannt wird, uͤberhaupt eben ſo viel Einwohner enthalte, als es waͤhrend dem bluͤhen⸗ den Zeitpuncte Griechenlandes gehabt Bat. Die Dg2 / Thra⸗ 9 Er ſcheint um die Zeit des juͤngern Africanus gelebet u haben. Id. ibid. — 62 Bon der Menge der Menfchen Thracier feheinen damals eben fo gelebt zu haben, wie die Tartarn igund leben, naͤmlich von der Vieh— zucht, und vom Kaube t). Die Beten u) waren noch viel barbarifcher; und die Illyrier waren nichts beffer x). Diefe nahmen Theile von diefem Sande ein: und obgleich die eürfifche Regierungsart für den Fleiß und für die Fortpflanzung nicht fehr vortbeilhafe iſt; fo unterhält fie dennoch wenigftens Friede und Ordnung unter den Einwohnern, und ift der barbari- fchen und unfichern Berfaffung weit vorzuziehen, wor: inn die alten Einwohner lebeten. Ka Polen und das europäifche Rußland find nicht fehr bevölkert; aber fie find doch gewiß viel volfreicher, als das alte Sarmatien und Scythien waren, wo man an Haushaltung und Ackerbau nicht gedachte, und wodie Biehzuche die einzige Kunſt war, wovon die Einwoh- ner lebeten, Eben viefes gilt auch von Dänemark und Schweden. Man muß ja nicht glauben,daßber ungeheure Schwarm von Bölfern, die vormals aus dem Norden gefommen, und ganz Europa übers ſchwemmet haben, diefe Meynung widerlege. Wenn ein ganzes Volk, oder die Hälfte deffelben, feinen Sitz verändert, fo kann man fich leicht vorftellen, was für eine ungeheure Menge ein folches Volk ausmachet, wie verzweifelt. es anfalle, und wie fehr die erfchrocfene Einbildungsfraft der angefallenen Nationen den Muth und die Zahl diefer ihrer Feinde vergrößere, Schotte (and ift weder groß noch volfreich; aber wenn die Hälfte der Einwohner defjelben neue Sitze fuchen ſoll⸗ fe, t) Xenoph. exp. lib.7. Polyb.lib.4: eap.g. u) Ouid, paſſim, etc. Strabo lib. 7. x) Polyb. lib.2. cap. 22. bi t | ü⏑⏑—— bey den alten Nationen. 613 te, fo mürden fie eine eben fo zahlreiche Kolonie als die Teutonen und Cimbern ausmachen, und ganz Eus ropa erſchuͤttern; falls es nicht in beffevem Vertheidi— gungsftande wäre, als vormals. Deutſchland hat gewiß itzund zwanzigmal mehr Einwohner, als in alten Zeiten, da der Aderbau nicht getrieben ward, und ein jeder Stamm auf die Ver— beerung ftolz war, die er verbreitete, vie wir aus dem Caͤſar y), Tacirus z) und Strabo a) fehen, Dieß ift ein Beweis, daß die Eintheilung in Eleine Republis_ fen nicht allein zureichend ift, eine Nation volkreich zu machen, wofern fie nicht von dem Geifte des Friedens, der Ordnung, und des Fleißes befeelet wird. e Der barbarifchezuftandBritanniens,in altenZeiten, ift befannt, und man Fann theils aus der Barbarey der Einwohner, theils aus einem Umftande, den Herodia⸗ nus b) erzähler, daß nämlich das ganze Land moraflig geweſen, fchließen, wie wenig Einwohner es müffe ge= habt Haben, und zwar felbft zur Zeit des Severus, nachdem fich die Roͤmer bereits langer, als feit einem Jahrhunderte in dieſem Lande feftgefest hatten. Man Fann ſich ſchwerlich einbilden, daß die Gallier in den Künften, die zum $ebensunterhalte die— nen, viel erfahrner gervefen, als ihre nordifchen Nach— barn, da fie nach Britannien reiferen, um fich von den Druiden in den Gcheimniffen der Religion und der Philoſophie unterrichten zu laffen c). Ich Fann alfo | Q nicht y) De bello Gallico. lib. 6. — — 2) De moribus Germ. a) Lib.7. & b) Lib. 3. cap. 47. | c) Caefar de bello Gallico, lib.6. Strabo lib. 7. faget, daß . PR Gallier nicht viel gefitteter gemwefen, als die Deut⸗ en. 8* sr 4 64 Von der Menge der Menſchen nicht glauben, daß Gallien ſollte nur beynahe fo volk⸗ reich geweſen ſeyn, als Frankreich itzund iſt. In der That, wenn wir dem Zeugniffe des Ap⸗ pians und des Diodorus Siculus Glauben bey⸗ meſſen, und dieſe beyden Zeugniſſ⸗ e mit einander ver⸗ binden wollten, fo müßten wir Gallien unglaublich volkreih annehmen. Appian d) meldet, daß in dDiefem Sande 400 Mationen gewefen; und Diodo⸗ rus e) faget, daß die ftärffte von diefen gallifchen Na— tionen aus 20000 Mann, ohne Weiber und Kinder, und die ſchwaͤchſte aus 5000 beftanden habe. Wenn wir alfo durchgehende die mittlere Zahl zwiſchen Die fen beyden annehmen, fo ‚bringen wir beynahe 208 Millionen Einwohner in einem Sande heraus, das mir ißund für volkreich halten, ob wir gleich glauben, daß es nicht viel mehr als 20 Millionen Menfchen enthal« te £). Solche ausfchweifende Rechnungen verlieren ; allen Glauben. Wir bemerken noch, daß die Gleiche heit der Güter, der man die große Bevölferung des Als terthums beymeſſen koͤnnte, bey den Galliern nicht ftatt gehabt bat g). Auch waren fie vor des Caͤſars Fat faft beftändig in bürgerliche Kriege verwickelt h), Und Strabo i) merfet an, daß, obgleich ganz Gal⸗ lien angebauet geweſen, es dennoch ohne die geringfte Gefhicklichfeit und Sorgfalt angebauee worden; ins dem das Genie diefer Bölfer mehr für die Waffen, als die Künfte war, bis endlich die roͤmiſche * den Frieden in Gallien — Caͤſar d) Celt, par 5 f) Das alte Gallien: * aan größer, ais das heutige Frankreich. g) Caeſar de bello Gallico, lib. 6, Ä & k) Id. ibid. i) Lib. 4. 7 bey dem alten Nationen, 615 Caͤſar k) meldet ganz genau die Menge der Krie- gesvölfer, die man in Belgium wider ihn angeworben babe, und’ rechnet fie auf 208000. Dieß waren nicht alle die Männer in Belgium, die die Waffen fragen fonnten; denn eben diefer Gefchichtfchreiber fager, daß die Bellovaci hätten 100000 Mann ins Feld ftellen fonnen, ob fie gleidy nur 60000 Mann lieferten. Nehmen wir dieß Berhältniß von 10 zu 6 durchges bends an, fo finden wir, daß die Zahl der ftreitbaren Männer in Belgium über eine halbe Million ausge- machet habe; die Einwohner aber überhaupt 2 Milz dionen, Und da Belgium ohngefaͤhr der vierte Theil von Gallien war, fo mochte dieß fand überhaupt 8 Millionen enthalten, welches fehr wenig. über den drit⸗ ten Theil der igigen Einwohner ausmachet 1). Ä 244 Das k) De bello Gallico, lib. 2. 1) Man ſieht aus des Caͤſars Nachricht, daß die Gallier keine Sklaven gehabt haben. Das ganze gemeine Volk war in der That gewiſſermaßen ein Sklave des Adels, ſo wie es noch itzund in Pohlen iſt. Und ein galliſcher Edelmann hatte bisweilen 10000 Leute, die von ihm abhiengen; wir koͤnnen auch nicht daran zweifeln, daß die Heere aus dem Volke fomohl, als aus dem Adel be- ‚fanden haben. Es ift unglaublich, daß ein Fleiner Staat ein Heer von 100000 Ebelleuten habe aufbrin- gen fönnen. Die flreitbaren Männer unter den Hel⸗ vetiern macheten den vierten Theil der ganzen Nation aus; ein deutlicher Beweis, daß alle Mannsperfonen, Die zum Kriege alt genug gemwefen, die Waffen getragen haben. Giehe Cäfar de bello Gallico, lib. 1. Die Zahlen in des Caͤſars Denkwuͤrdigkeiten find zuverläßiger, als die, fo man bey andern alten Schrift- ſtellern antrifft, weil eine griechiſche Ueberſetzung, ar wir noch übrig haben, das Driginal vor der Verfaͤl⸗ ſchung bewahret. | 616 Bon der Menge der Menſchen | Das alte Heldetien war, nach dem Berichte des Caͤſars m), 250 Meilen lang, und ıgo breit; doc) hatte es nicht mehr als 36000 Einwohner. Der Canton Bern allein bat ißund fo viel Einwohner, Ich weiß nicht, ob ich mich unterftehen darf, nach diefer Rechnung des Appians und des Diodorus - Sıculus zu fagen, daß die heutigen Holländer zahl veicher find, als die alten Batavi geweſen. Spanien ift das nicht mehr, was e8 vor 300 Jah⸗ ren geweſen; aber gehen wir 2000 Jahre zuruͤck, Aa betrachten den unrubigen, ftürmifchen und unfichern Zuftand der Einwohner deffelben, fo werden wir viel leicht Urfache finden, zu glauben, daß es ißund viel polfreicher iſt. Biele Spanier brachten fich felbfkum, wenn fie von den Römern ihrer Waffen beraubet wur⸗ denn). Es erhellee aus dem Plutarch o), daß die Rauberey und das Plündern unter ihnen für ruͤhm⸗ lich gehalten worden. Hirtius p) ſtellet ven Zuftand Diefes Landes, zur Zeit des Caͤſars, eben fo vor, und er” fagt, daß ein jeder gezwungen gervefen, in Schlöffern und mit Mauern umgebenen Städten, feiner Sicher: ‚beit halber, zu wohnen. Diefen Unordnungen gefhab nicht eher Einhalt, als bis diefes fand unter dem Aus | guſt völlig bezwungen ward q). Die Nachricht, die Strabo r) und Juſtin s) von Spanten geben, flim= | met mit. dem obgedachten völlig überein. Wie ſehr muß alſo unfer Begriff von dem großen Ueberfluffe am Volk im Alterthume verringert werden, da wir ſehen, in) De bello Gallico, lib. x. # n) Titi Liuii lib. 34. cap. u. 0) In vita Mari, p) De bello Hifp. g) Vell: Patere. 'Lib. 2 «2, 5 * Lib. 5. — Lib. 44: ber den alten Rationen. 617 fehen, daß Cicero, wenn er Stalien, Africa, Gallien, Griechenland und Spanien mit einander vergleicht, die große Zahl der Einwohner als einen befondern Umitand anführet, der Spanien fo furchtbar mache ) Indeſſen ift es doch wahrfcheinlich, daß Italien a genommen habe; aber wie viel große Städte enthält es nicht noch, als Venedig, Genua, Pavia, Turin, Meyland, Neapolis, Florenz, Livorno, Städte, die „entweder in alten Zeiten gar nicht waren, oder damals gar nicht betrachelich waren? Wenn mir dies beden- Een, fo werden wir die Sache in diefer Abſicht nicht ſo weit treiben, als wie man gemeiniglich zu thun pfleget. Weuann ſich die roͤmiſchen Scribenten beklagen, daß Italien, fo vormals Korn verſchicket Habe, allen Pro- vinzien für das tägliche Brode verbunden ſeyn müffe, fchreiben fie nie die Urfache diefer Beränderung dem Zumwachfe der Einwohner, fondern der Berabfaumung des Feld- und Ackerbaues zu u). Es war dies eine natürliche Wirkung der verderblichen Gewohnheit, Korn einzuführen, um es umfonft unter die römifchen -‚ Bürger auszufheilen; ein fehr fchlechtes Mittel, die 245 Zahl .£) Nec.numero Hifpanos, nec robore Gallos, nec callidi- tate Poenos, nec artibus Graecos, nec denique hoc ipſo huius gentis, ac terrae domeftico natiuoque fenfu, Ita- los ipfos ac Latinos fuperauimus,. De harufp. rep. ceap. 9. Es ſcheint, als wenn ſpaniſche Uneinigkeiten zum Spruͤchwort geworden ſind. Nec impacatos a tergo horrebis Iberos. Virg. Georg. lib. 3. Die be: rier werden bier durch eine poetifche Figur für Raus ber überhaupt genommen. | j u) Varro de re zuftica, lib. 2. praef. Columella praef, Sueton.Auguſt. cap.42. | A ——— 613 Don der Menge der Menſchen Zahl der Einwohner eines Landes zu vermehren x). Die Sportula, wovon Martial und Juvenal fo viel reden, waren Gefchenfe, die die großen Herren den armen Bürgern macheten, und fie fonnten gleichfalls feine andere Wirkung haben, als daß fie ven Müßig« gang, die Schwelgerey, und die Abnahme des Volkes beförderten. Die Dorfgefchente (parish rates) ba- ben itzund in Engelland eben diefe fehlimmen Folgen, Sollte ic) ja einen Zeitpunct angeben, worinn mei: ner Meynung nach diefer Theil der Welt mehr Ein- wohner hätte enthalten koͤnnen, als,igund; fo würden es Die Zeiten des Trajans und der Antoninen feyn, . Damals war das ganze vömifche Keichefite und engebauet; damals hatte es von innen und außen Sieden, und febete unter einerley regelmäßigen Poli: cey und Negierungsart y). Aber man berichtet Pr d x) Wenn gleich die Anmerkung des Abts du os richtig iſt, daß Italien itzund waͤrmer, als in vorigen Zeiten iſt, ſo folget doch daraus nicht nothwendig, daß es auch volkreicher und beſſer angebauet iſt. Wenn die andern europaͤiſchen Lander wilder und waldichter geweſen find, ſo konnten die Winde, die aus dieſen Laͤndern entſtan⸗ den, das italiaͤniſche Elima rauher machen. y) Die Einwohner von Marſeille verloren die großen Vorzuͤge, die ſie in der Handlung und in mechaniſchen Kuͤnſten uͤber die Gallier hatten, nicht eher, als bis die roͤmiſche Herrſchaft dieſe letztere von den Waffen zum Ackerbaue und zum bürgerlichen Leben gebracht hatte. Eiche Strabo lib. 4. Diefer Schriftffeller wiederho⸗ let an verfchiedenen Stellen die Anmerkung, daß die Welt durch Die vömifchen Künfte und Gefittung verbefr - fert worden; und er lebete zu einer Zeit, da die Ber: Anderung neu war, und leichter bemerket ae a 722 us bey den alten Nationen. 619 daß alle große Regierungen, vornehmlich daß unum- = fchränfte Plinius faget eben daffelbe: Quis enim non, commu- nicato arbe terrarum, maieftate Romani imperii, pro- fecifle vitam, putet, commercio rerum ac focietate faftae pacis, omniaque etiam, quae occulta antea fuerant, in promiſeuo vfu facta. Lib. 14. prooem. Numine Deum eledta (er redet von Stalien) quae coelum ipfum cla- rius faceret, fparfa congregaret imperia, ritusque mol- liret, et tot populorum difcordes, ferasque linguas fer- monis commercio contraheret ad colloquia, et huma- nitatem homini daret; breuitergue, vna cundtarum gentiumin toto orbe patria fieret, Lib. 2. cap. 5. Nichts ‚aber bemeifet diefe Sache mehr, als die folgende Stelle des Tertullians, der um die Zeit des Severus lebete. - Certe quidem ipfe orbis in promptu eft, cultior de die et inftrudtior prifiino. Omnia iam peruia, omnia iam nota, omnia iam negotiofa. Solitudines famofas retro fundi amoeniffimi ®bliterauerunt, filuas arua domue- runt, feras pecora fugauerunt; arenae feruntur, faxa panguntur; paludes eliquantur, tantae vrbes, quantae non cafae quondam, Jam nec infulae horrent, nec fcopuli terrent; vbique domus, vbique populus, vbi- que respublica, vbique vita. Summum tefimonium frequentiae humanae, onerofi fumus mundo, vix nobis elementa fufhciunt; et neceflitates ardtiores, et quere- lae apud omnes, dum iam nos natura non fuftinet, De anima cap.30. Der rednerifche Schulgon, der in die: fen Worten berrfchet, vermindert das Anfehen derfel- ben in etwas, hebt es aber doch nicht völlia auf. Ein Mann von einer fo heftigen Einbildungskvaft, als Tertullian war, vergrößert alle Dinge; und aus Dies - fer Urfache find feine Urtheile bey Veraleichungen am zuverlaßigften. Eben dieſes gilt auch von der folgenz den Stelle des Sophiften Ariſtides, der zu Hadrians Zeiten lebete. „Die ganze Welt, Cfages ey, indem er „ſich an die Römer wender,) fiheint ein Feſt au feuern; „und die Menfchen haben ihre Schwerdter —32 — 22 eget, 620 Bon der Menge der Menſchen ſchraͤnkte Monarchien diFevollerung verhindern, Ä —— „leget, und uͤberlaſſen ſich dem Wohlleben und der Freu: „de. Die Staͤdte vergeſſen ihre alten Streitigkeiten, „und beſtreben ſich um die Wette, wie fie ſich durch „jede Kunſt und Zierde verſchoͤnern mögen. Allent⸗ „halben entſtehen Theater, Amphitheater, bedeckte „Gange, Waſſerleitungen, Tempel, Schulen und Aka— „demien; und man muß geſtehen, daß die ſinkende Welt „ſich unter eurem glücklichen Reiche empor hebt. Aber „nicht nur die Städte Faben einen Zuwachs von Zierde „und Schönheiten bekommen die ganze Erdeift gleich. „einem Garten, oder Paradiefe gebauet und ausge „ſchmuͤcket, ſo daß diejeu gen Menſchen, die außerhalb „den Graͤnzen eures Reiches leben, (deren nur wenige „ſind) unſere Neigung und unfer Mitleiden zu verdie⸗ „nen ſcheinen. | Es ift merkwürdig, daß, obgleich Diodorus Sicu⸗ lus die Zahl aller Einwohner Aegyptens, als e8 von den Römer bezwungen ward, nur auf 3 Millionen fest. Joſephus (de bello Iud. lib.2. cap. 16.) meldet, Daß die Einwohner diefed Landes, die Stadt Aleran- x Dria ausgenommen, unter Der Regierung des Tlero 7 und eine halbe Million ausgemachet haben, und er faget ausdrücklich, daß er dieſe Nachricht aus den Buͤ—⸗ chern ber roͤmiſchen Zöllner, die die Kopfſteuer einfor- berten, genommen habe. Strabo (lib. 17.) ruͤhmet die vorzuͤgliche Policey der Römer, in Abficht auf die öf> fentliihen Einkünfte aus Aegypten, Die weit beffer ein- gerichtet gewefen, al3 unter den vorigen agpptifchen Monarchen, und Fein Stück der Negierung bat einen groͤßern Einfluß im die Glückfeligkeit eines Volkes, Dennoch leſen wie beym Athenaͤus (lib, ı. cap. 25.) ber unter der Regierung der Antoninen lebete, daß die AS Etadt Mareia, nahe bey Alexandria, aus einer großen Stadt in ein Dorf verwandelt worden. Es iſt die eigentlich Fein Widerfpruch. Suidas (Auguft.) faget, daß der Kaifer Auguſtus, da er das ganze römifche Reich > ben den alten Nationen. 621 and ein geheimes Gift enthalten, welches die Wir: fungen diefes verheißenden Anfcheins vernichtet 2). Zur Befräftigung führet man eine Stelle des a) Plus tarchs an, die, weil fie etwas fonderbar ift, wir bier unterfuchen wollen N Dieſer Schriftftelfer bemuͤhet fich, eine Urſache des Stillſchweigens vieler Drafel anzugeben, und fager, daß diefes Stillſchweigen der damaligen Entvölkes rung der Welt zuzufchreiben fey, deren Urſache in den vörhergehenden Kriegen und Meutereyen liege, Diefes allgemeine Unglück, fegt er hinzu, Hat Gries chenland ſchwerer als andere Länder betroffen; derges falt, daß das ganze Land jegund kaum 3000 Krie⸗ ger aufbringen kann, eine Zahl, die die einzige Stade, Megara zur Zeit des medifhen Krieges ins. Feld ſtellen konnte. Die Götter alfo, Die ſich nur mit würdigen und wichtigen Werfen befhäfftigen, haben viele von ihren Drafeln unterdrüdt, und würdigen ein ſo Fleines Volk nicht, ſo vieler Yusleger ihres ‚Willens, | Ich Reich zaͤhlen ließ, befunden habe, daß es nur 4101017 Maͤnner (ardgss) enthalten. Hier iſt gewiß ein großes Berfehen,entweder von dem Schriftfteller,oder von dem . Abfchreiber begangen worden, Doch fo ſchwach auch dieſes Zeugniß iſt, fo iſt es dennoch zureichend, dei uͤbertriebenen Rachrichten Des Herodotus und des Diodorus Siculus, in Abſicht der fruͤhern Zeiten, dad Gleichgewicht zu halten. 2) L’Efprit des loix, livre 23. chap. 19. ) De orac, defectu. — 622 Bon der Menge der Menfchen. Ich muß es geftehen, dieſe Stelle har fo viel Schwierigkeiteiten, daß ich nicht weiß, was ich dar- aus machen fol. | 8 Plutarch giebt nicht die weitlaͤuftige Herefehaft der Römer, ſondern die vorigen Kriege und Uneinigs Feiten der verfchledenen Nationen, die doch alle durch die römifchen Waffen waren zur Ruhe gebracht wor⸗ den, als die Urfache der Abnahme der Menfchen an. Was Plutarch alſo fager, ift dem Schluffe ganz zuwider, der aus der von ihm angefuͤhrten Begeben⸗ heit gezogen wird. — Polybius iſt der Meynung, daß Griechenland unter der roͤmiſchen Herrſchaft gluͤcklicher und blaͤhen⸗ der geworden b); und obgleich dieſer Geſchichtſchrei— ber ſchrieb, ehe die Sieger aus der Art ſchlugen, und aus den Beſchuͤtzern die Raͤuber des menſchlichen Geſchlechtes wurden; ſo ſehen wir doch aus dem Ta⸗ eitus, by) Lib. 2: cap. 62. Man möchte fich etwa vorffellen, dag Polybius, der von den Römern abhieng, die rös miſche Herrfchaft natuͤrlicher Weife erhoben hätte. Aber i) ob mir gleich fehen, daß Polybius fehr vor: fichtig ift, fo koͤnnen wir ihn Doc) nicht der Schmei: cheley befchuldigen. 2) Er faget dieß bloß in wenig Worten, und im Borbeygehen, da er fich mit ganz an⸗ dern Vorwürfen befchafftiget; und man muß zuge: ben, daß, wenn die Aufrichtigkeit eines Schriftftelers verdachtig ift, dasjenige, was er im Vorbeygehen faget, feine wahre Neynung weit beffer entdecke ald —— er beſonders und foͤrmlich von einer Sache bey den alten Nationen. 623 citus c), daß die Strenge der roͤmiſchen Kaiſer der Frechheit der Statthalter Einhalt gerhan habe; und wir haben alfo feinen Grund zu glauben, Daß diefe weitläuftige Monarchie fo verderblid) gewefen, als man oft vorgiebt. IR Strabo d) meldet, daß die Römer aus einer Achtung gegen die Griechen diefer berühmten Nation, zu feiner Zeit ihre meiften Vorzüge und Freyheiten gelaffen haben ; und Nero vermehrte fie hernach noch mehr ©). Wie koͤnnen wir uns alfo vorftellen,- daß das römifche Joch diefem Theile der Welt fü bes fehwerlich gewefen ? Den Unterdruͤckungen der Pro: confuls war Einhalt gefchehen ; alle obrigkeitliche Stellen in Griechenland wurden in den verfchiedenen Städten durch die freye Wahl des Bolfs ertheiler, und die Candidaten hatten alfo eben nicht nörbig, ſich an den römifhen Hof zu wenden. Wenn viele Öries chen durch Gelehrſamkeit und Beredſamkeit, die ihr Vaterland vorzüglich) hervorbrachte, in Rom ide Gluͤck fuchten; fo werden auch vermuthlich viele der— felben mit ihrem Gluͤcke wieder zurückgefommen feyn, und Dadurch die griechifchen Republiken bereichert haben · | Aber Plutarch ſagt, dag die allgemeine Entvöls ferung in Griechenland viel empfindlicher als in je— dem andern Sande gemerfer worden, Wie läßt ſich dieß mit den obgedachten Freyheiten und Vorzuͤgen Öriechenlandes reimen ? | Außer⸗ c)Annal. lib.t. cap. 2. d) Lib. 8 et 9. Z 6) Plutarch, de his, qui fero a Numine punitintur, 624 Bon der Menge der Menſchen "Außerdem bemeift diefe Stelle nichts, weil fie all zubiel beweiſet. Nur 3000 ftreitbare Maͤnner in ganz Griechenland! Wer kann einen fo wun— derlichen Satz zugeben; vornehmlich, wenn wir die große Zahl der griechifchen Städte betrachten, deren. Namen noch in der Gefchichte übrig find, und ‚Die lange nach den Zeiten des Plutarchs noch von den Schriftſtellern angeführer werden ? Gewiß, es waren damals zehnmal mehr Einwohner in dieſem Lande, als itzund, da kaum in den Graͤnzen des alten Grie— chenlandes eine einzige Stadt zu finden if. Noch jetzund ift diefes Land ziemlich gut angebaut, und vera, forget Spanien, Italien, oder den füblichen Theil von Fronkreich im Falle der Noth mit einem fichern Zus ſchuſſe von Getreide. Wir müffen anmerken, daß die alte Mäßigkeie der Grischen, und die Gleichheit ihrer Güter noch bis auf die Zeiten des Plutarchs gedauert habe; wie. aus dem f) Lucian erhellet. Wir haben auch Feis nen Grund zu glauben, daß diefes Land von wenigen , befeffen worden, und eine große Anzahl von Sklaven enthalten habe, Es ift in der That wahrfcheinlich, daß die Krieges» zucht, die den Griechen vollfommen unnüße war, nach⸗ dem fich die Römer Griechenlandes bemächtiger hats - fen, dafelbft fehr verabfäumee ward; und wenn dieſe vormals fo kriegeriſche und ehrgeizige Hepublifen eine jede eine geringe Stadtwache unterhielten, um den Poͤbel im Zaume zu halten ; fo war dieß alles, was fie nörhig hatten; und diefe Stadtſoldaten * Ü uͤber⸗ £) De wercede condudis, bey den alten Nationen. 625 überhaupt in Griechenland wohl nicht 3000 Mann ausmachen. Ich geitehe es, bat Plutarch hierauf gefehen, ſo bat er einen fehr groben Irrthum im Schließen begangen, und führt Urfachen an, vie fei- nesweges den Wirfungen gemäß find. Aber ift eg denn fo fehr wunderbar, daß ein Schriftfteller ein fols ches Berfehen begeht g) ? Mas 9 Sch muß es befennen, daß die Abhandlung des Plus tarchs von dem Stillſchweigen der Drafel iiberhaupt fo wunderlich, und feinen andern Werfen fo ungleich iſt, daß man nicht weiß, was man für ein Urtheil darüber fällen fol. Es beiteht diefe Abhandlung aus - einem Geſpraͤche, eine Art zu fchreiben, Die dem Plu: tarch fonft eben nicht gewöhnlich iff.. Die Perfonen, Die er redend einführet, bringen fehr wilde, ungereim- "te und widerfprechende Meynungen vor, die den Traͤu⸗ men des Plaro ahnlicher find, ald dem gründlichen Berffande des Plutarchs. Durch und durch herrſchet ein gewiſſer Aberglaube und Reichtglaubigfeit , welche dem Beifte, der in den andern philofophifchen Ab- handlungen diefes Schriftflellerd bervorleuchter, eben nicht ahnlich find, denn es ifemerkfwurdig, dag in dem ganzen Alterthume, wenn man den Cicero und Zus cian ausnimmt, kaum ein weniger abergläubifcher Philoſoph ift, ald Plutarch; ob er gleich eben fo ein e 10 Band, aberglaubifcher Gefchichtfchreiber, ald Berodotus oder Kivius if. Ich muß alfo befennen, daß eine Stelle des Plutarchs aus diefer Abhandlung weit ‚weniger Antehen bey mir bat, ald wenn man fie in den meiften feiner andern Werke fünde.. Man bat nur noch eine Schrift vom Plutsrch, ges gen die man eben diefe Einwuͤrfe machen kann, nanız lich feine Abhandlung von denenjenigen Perfonen, deren Strafe von der Gottbeit aufgefchoben wird, Sir beſteht gleichfang in er Gefpräche, a | r aber» En 626 Von der Menge der Menfchen Was aber aud) diefe Stelle des Plutarchs noch für Stärke behalten mag, fo wollen wir fuchen, der- felben durch eine eben fo merfwürdige Stelle des Diodorus Siculus vas Gleichgewicht zu balten. Diefer Gefchichtfchreiber meldet, daß das Heer des Ninus aus 1790000 zu Fuß und 200000 zu Pfer- de beftanden habe, und er beinüher“fich, diele Nach⸗ richt durch einige fpätere Begebenheiten glaubwürdig - zu machen; er feßer hinzu, daß ınan nicht denfen müf- fe, die alten Zeiten, wären eben fo [eer und arm an Volk gewefen, als die gegenwärtigen h), Ein Schriftſteller alfo, der eben in dem Zeitpunfte des Alterthums lebte, den man uns fo volfreich vorftel- let ) beſchweret ſich uͤber die damalige Verwuͤſtung, erhebt aberglaͤubiſche wilde Geſichter, und ſcheint als eine Nach⸗ eiferung des Plato, vornehmlich ſeines letzten Buchs, von dee Republik, geſchrieben zu ſeyn. | ch kann nicht umbin, bier zu bemerken, daß Fon— tenelle ein Schriftfteller,, der wegen feiner Aufrichtige keit beruͤhmt iff, ein wenig von feinem eröhnlichen Charakter abzugeben fcheint, wenn er fc bemuͤhet, den Plutarch wegen der Stellen laͤcherlich zu machen, die ſich in dieſem Geſpraͤche von den Orakeln den. Die Ungereimtheiten, die den Perſonen dieſes Geſpraͤches in den Mund gelegt werden, koͤnnen dem Plutarch nicht beygemeſſen werden. Er laͤßt einen durch den andern widerlegen; und uͤberhaupt ſcheint es ſein Vorhaben zu ſeyn, eben die a laͤcherlich zu machen, die ihm Sontenelle zufchreißt, und ibn deßfalls Basen Siehe Hiftoire * Oraeles. ? h) Lib. 2. Er war cin auitgenofl des Caſars und des —* A bey den alten Nationen. 627 erhebt die vorigen Zeiten über die feinigen, und nimme zu alten Fabeln feine Zuflucht, um feine Meynung zu unterſtuͤtzen. Die Neigung, das Gegenwärtige zu fadeln, und das Vergangene zu bewundern, ift bey Menfchen gar zu tief eingerourzelf, und verleitet felbft diejenigen Perfonen, die den gründlichften Verſtand und die weitlaͤuftigſte Gelehrſamkeit haben. ù— * * a a a * ****** J II. Von der veraͤnderten Art, die Stunden * zu zaͤhlen, im Florentiniſchen. ie Italiaͤner zaͤhlen bekanntermaßen die Stunden ganz anders, als der uͤbrige Theil der vernuͤnftigen Welt. Sie fangen an beym Untergange der Sonnen zu zaͤhlen, und gehen ſo bis auf 24 fort. Ihre Uhren ſchlagen verſchie— dentlich, manche bis 12, die meiſten nur bis 6, Wer die Stunde wiſſen will, muß fi die Mühe nehmen, diefe Rechnung in Ordnung zu bringen, Man weiß, zum Erempel, daß es y Uhr-ift, wenn man 3 fchlagen hoͤret, nachdem es das erſtemal 6 geichlagen bat, aber wenn es das zweytemal 6 geſchlagen bat, zeigen ii Schläge ı5 Uhr an, v2 Mits 628 Bon der veränderten Art, Mittag und Mitternacht, welche bey andern Men- chen den Anfang und das Mittel des Tages ma— chen, ftimmen bey den Italiaͤnern mit ihnen nur alsdenn überein, wenn Tag und Macht gleich ift. ' Mittag ift es alsdenn um 18 Uhr, und die Sonne gehet ihnen um 24 unter, wenn wir 6 zählen. Wer , nur erft in Italien anlanger, findet bey diefer beſon— dern Art, die Stunden zu zählen, fehr viel Schwie- rigfeit, bis man fi) daran gewoͤhnet. Ein Cardinal ward einftens gefragt, welche Art, ‚die Stunden zu zählen, die befte wäre, ob die italide nifche oder die franzöfifche ?_ Er erfundigte fich wies der, wie die Spanier und Deurfchen die Stunden zähleten. Man antwortete ihm auf die franzöfifche Art. Darauf war fein Schluß, dieſe müßte ohn⸗ freitig Die befte feyn, fonft würden ſich Völker, die in allem einander fo fehr zuwider wären, darinnen nicht vereiniget haben. | Das Angeführte ift aus des P. Labat Voyage d Eſpagne et d’Italie, T. I. ch. 2.p. 32. der ams fterdamer Ausgabe 1731 genommen, Da der Unters gang der Sonne alle Tage anders fällt, fo fieht man leicht, daß Mitternacht und Mittag jeden Tag dem nächft vorhergegangenen Untergange der Sonne näs ber oder weiter davon entfernet feyn müffe, als den andern Tag. Von der Zeit, da Tag und Nacht im Herbfte gleich find, bis zum Anfange des Winters, wird das Stüce des Tagefreifes der Sonne, das uns ter dem Horizonte liegt, von Tage zu Tage größer, fie braucher alfo von Tage zu Tage mehr Zeit bis zur Mitternacht, und wenn alfo bey ihrem Untergange 1 ges £ ‚Die Stunden zu zählen. 629 1 gezähfet wird, fo zählet man um Mitternacht im— mer mehr und mehr, bis die Sonne vom Steinbocfe wieder aufwaͤrts fteige, die Nächte Fürzer werden, und es alfo die folgende Nacht um Mitternacht weni: ger an der italiänifchen Uhr ift, als die vorhergehen: be. Man fieht hieraus leicht, daß die italiänifchen Stunden auf afteonomifche zu bringen, die Polhoͤhe, eines Ortes, und der Stand der Sonne gegeben feyn muß, wenn man daraus findet, welche Zeit die Son» nemach unferer Uhr unfergeht und von dieſer Zeit nach der italiänifchen Uhr zu zählen anfängt; fo wird eines leicht in das andere verwandelt. Go bat eben ver $abat dem IIII 3, feiner erwähnten fpanis ſchen und italiänifcyen Neife eine Tafel angehängr, welche den Aufgang der Sonne, und die Zeit der Mitternacht und des Mittages, nach italiänifchen Zeiger für alle Tage im Jahre für die Polhöhen 40:44 Ör. angiebt. Den ı Jan. 5. E. zaͤhlet man nach diefer Tas fel in Italien, (19 die angegebene Polböhe ftatt fine det,) um Mitternacht 7, Uhr 7 M. Die Sonne geht um 14 Uhr, 14 M. auf, und um 19 Uhr, 7 M. hat man Mittag. Diefes will nichts weiter fagen, als daß die Sonne diefen Tag 7 St. 7M. brauchet, vom Abendhorizonte in das untere Theil des Mit ‚ zählen, den Mittag um 19 Uhr 7 M. giebt. Nr 3 telfreifes, und eben fo viel von da wieder herauf an den Morgenhorizont zu kommen. Weil alfo die Mache 14 Stunden, 14 M. lang ift, bleiben für die Länge des nächft folgenden Tages, 9 St. 46 Min, übrig, deren Hälfte, 4 St. 53 M. zu der Zeit gerech- net, welche die Italiaͤner beym Aufgange ver Some Die 630 Von der veränderten et, Die erklaͤrte Art, die Stunden zu zaͤhlen, iſt durch eine Verordnung Ihro Kaiſerl. Majeſtaͤt vom 20 Nov, 1749, im Florentiniſchen mit dem 31 Chriſtm. 1749 zu Ende gegangen, und den Mittag erwähnten 3ı Chriftmonats die Zählungsare der Stunden, von der andern Seite des Gebirges, wie die Ita⸗ liaͤner das nennen, was über die Alpen zu ihnen kom» men muß, eingefuͤhret. Die Veränderung ift ohnftreitig vielen, Die fich ihr unterwerfen mußten, fremde vorgefommen, undses bar ihnen folglich nicht an Gründen gemangelt, fie zu tadeln. Ein folcher Umftand hat folgende Schrift veranlaflee, die bey Bonetti zu Siena 1750 auf einem Bogen in 8 —— iſt: Lettera d'un ma- tematico al Signor Conte N. N. Sopra l'oriuolo oltamontano ; introdotto nel Granducato di Tofcano al Mezzogiorno de’ 3ı Decembre 1749. Per edi‘to di S.M. Imperiale de’ 20 Novembre del- lo flefl’ Anno. Der Herr Graf harte doch mirflich einen wichti— gen Einwurf wider die fransalpinifche Art, die Stun» den zu jählen erdacht, den der Mathematicus im ges gegenwärtigen ‘Briefe an ihn widerleget. Wenn eis ne Uhr, ſaget der Graf, 19 miele, da es Mittag ift, und man nun einen andern Weiſer und Zifferblatt daran braͤchte, daß ſie nach der europaͤiſchen Art 12 wieſe, ſo würde fie (da von 19 bis wieder zu 19 alles mal gleich) lang ift,) alle Tage 12 weifen, wenn die italtänifche Uhr 19 weiſet, und folglich auch im Brach⸗ monat; aber im Brachmonat ift um 16 Uhr italiaͤni-⸗ fhen Zeigers Mittag, und alfo gienge die ns um 3” Stunden unrichtig, hi Der die Stunden zu zählen, 671 Der Marhematifus bemerfer, daß ſich diefer Schluß umfehren läßt. Man fege, ein Uhr weifer zu Mittage 12, und es fen in Ftalien zu der Zeit um 19. Man feße einen italiänifchen Zeiger daran, fo wird folcher, (weil von einem Mittage zum andern immer gleich lang ift, ) alle Mitrage 19 weifen, und alfo im Brachmonate, da er 16 zeigen follte, drey Stunden unrichtig geben. Benyde koͤnnen doch) nicht zugleich recht haben, und dennoch fihließe einer vollfommen wie der andere, Der Fehler liegt darinnen, daß beyde etwas voraus- ſetzen, das bewiefen werden follte: der Italiaͤner, daß von 19 bis zu 19, oder vom Untergange der Sonne bis⸗ zum mächitiolgenden aflezeit gleich lang ift: Der Europäer, daß von einem Mittage zum naͤchſtfol⸗ genden allezeit gleich lang ift, Beydes ift faljch, die Aftronomen erfennen die Unrichtigkeit des leßtern, und Das erftere erhellet daraus, daß der italiänifche Tag im Srühlingsäquinoetio um drey Minuten länger iſt, als ver im Herbſtaͤquinoctio. Nahe ben den Polen wuͤrde zu der Zeit, da die Sonne nicht untergebr, der italiänifche Tag Monate lang werden, und eine Rechnung der Stunden, die nicht auf dem Khen Erdboden allgemein werden kann, muß wohl nicht richtig feyn. Die geringen Ungleichheiten zwifchen dem Abftande ziveyer nächften Mittage von einander heyſeite geſetzet, Die fich durch Die Gleichung der Seit, welche der Marhematicus hier mic erklaͤret, he⸗ ben laffen, ſieht man leicht, daß eine Uhr mir gleich- förmiger Bewegung eher nad) der europaͤiſchen —4— nach der italiaͤniſchen Are die Stunden abtheilen kann. Rr 4 Ob 632 Woͤhring, Ob dieſe Unterſuchung gleich nicht eben die tiefſin⸗ nigſte und wichtigſte iſt, hat man doch geglaubet, einige Leſer wuͤrden ſie hier mit Vergnuͤgen finden, da ſie zeiget, wie etwas, das man gewohnt iſt, Vorur— theile fuͤr ſich erregen kann, die allen andern, welche nicht von eben der Angewohnheit verfuͤhret werden, unbegreiflich ſcheinen. J I ** A. G. R. — ü * **** III. AVIVM GENERA Auctore Paulo Henr. Gerardo Moehringio, Med. D. Ser. Pr. Anhalt. Serueſt. Conſ. et Ar- chiatr. Dynaſtiae ac ciuit. Ieueranae phyſico Pro- vinc. Ac. I. N. C. Sod. Veneunt Breinae ap. Ger. Guil. Runſt. Auricae Typis Tapperianis 1752. das iſt: Geſchlechte der Voͤgel, durch | P. H. G. Möhring, gr. Octav, 55 B. — n der Vorrede erwaͤhnt der Herr Verfaſſer die mannichfaltigen Nutzbarkeiten und Belu⸗ ſtigungen, welche die Vögel Menſchen und Philofophen geben. Diefes rechtfertiget allerdings - den Geſchlechte der Voͤgel. 633 den Fleiß, den man auf ihre Erkenntniß wendet, darauf folgen Erklaͤrungen der Kunſtwoͤrter, mit des nen er die verfchiedenen Befchaffenheiten und Theile der Bögel bezeichnet, Seine Methode, welche das ein- zige ift, was in einem Auszuge aus ſolchen Werken kann angeführer werden, ohne fie abzufchreiben, koͤmmt auf folgendes an: Die Vögel haben I. Borne an den Knien Zederchen, die Füße mit eis ner dünnen fehuppichten Haut überzogen, und den Anfang der Zähen genau zufammenhän- gend. HYMENOPODES: 1. einen langen bauchidyten (conuexum) am Kamme zufammengedrüdten Schnabel. Picae. 2. Einen £egelförmigen ploͤtzlich fich verdünnenden Schnabel. Pafleres. Diefer ihr Schna⸗ bel hat Einen walzenartigen (Subcylindracea) Ans fang (baſin) und verlieret ſich fchleu- nigſt in eine kegelartige duͤnne Spitze. Crafhroftrae. b) Eine pfriemenartige Geftalt, (roftrum fu- bulatum) der Anfang iſt oben dreyeckicht, unten ebnet er fih. Tenuiroftrae. - I. Vorne an den Knien Federn, die Fuͤße mit einer runzlichten, lederartigen Haut bedecket. D= r- MATOPODES. 1. Einen frummen Schnabel, und Klauen. Acci- pitres. 2. Einen kegelfoͤrmigen an der Spitze gefrümmten Schnabel. Gallinae. —* Rr5 a) Die 634 Moͤhring, a) Die Vorderzehen an ihrem Anfange nur weitlaͤuftig, vermittelſt eines —— Haͤutchens zuſammenhaͤngend. b) Die Zehen faſt gar geſpalten, daß nur ein Anfang von einer Haut zwiſchen den Vorderzehen haͤngt. III. Die Knie vorne bloß, Fluͤgel, die zum fliegen faſt gar nicht taugen, geſpaltene zum Laufen * ſchickte Füße BRACHIFTERAE. EG’ a u IIII. Die Knie vorne bloß, die Süße mit einer weis chen lederartigen Haut bedeckt. HYDro- PFHILAE. 1, Den Rand des Rachens mit Saͤgehahnen. Odontorhynchae. 2, Einen eyfoͤrmigen (fubouatum ) ſehr engen an den Seiten genau zufammengedrüdten Schnabel. Platyrhinchae. 3. Einen fegelartigen, (conoides) bauchichten, an den Seiten zufammengedrücten Schnabel, die Zehen mit Haut zufammenhängend, (Pal- # mipedes) Stenorhynchae. a) Der Schnabel erſt gerade, denn gekruͤmmt. b) Der Schnabel pfriemenförmig, gerade, an der Außerften Spiße ein wenig gefrümmt. c) Der Schnabel pftiemenförmig, gerade. 4. einen Eegelartigen, an den Seiten zufammenge- drücten Schnabel, flache Füße, Die Haut der Zehen getheilet. Vrinatrices. 5, Eine Furche oder ein Grübchen vor der Naſe. Scolopaces. a) Einen fegelförmigen an ben Seiten zufam- mengedrückten Schnabel, vie Sehen auf die | Gefchlechte der Vögel. 635 die Hälfte mit Haut zufammenhängend. 0. (Semipalmipedes) b) Einen fegelförmigen Schnabel an der Sei- ER, ten zufammengedrüct. Gefpaltene Zehen. €) Der Schnabel auf beyden Seiten dreyeckicht⸗ pyramidenfoͤrmig. Gefpaltene Zehen. d) Ein pfriemenförmig dünne rundlichter (tere- tiuſculum) Schnabel, Die Zehen auf die Hälfte mit Haut zufammenhängend. e) Ein pfriemenförmiger, dünne rundlichter Schnabel. Geſpaltene Zehen. Soolchergeſtalt machet Herr Moͤhring UII Claſſen von Voͤgeln. Die mit arabiſchen Ziffern bezeichne— ten Abtheilungen, geben die Ordnungen jeder Claſſen, und die mit lateiniſchen Buchſtaben bemerkten Unter: fehiede die Unterabtheilungen der Drönungen. Die Merkmaale der Gefchlechte werden von der Befchaf: fenheit des Schnabels und der anliegenden Theile, den Zehen, Flügeln, Schwanze u. ſ. f. bergenoms men. Am Ende find Fragmenta Generum benges füget, oder Bögel von denen Herr M. nicht alle Thei- le hat kennen lernen, daß er ihnen ihre Stelle anzu» weifen müßte. Er hat die, welche er felbft lebend oder todt, vollfonmen ober. unvollfommen gefehen, von denen unterfchieden, die er nur aus anderer Nach— richten genommen. Weiter laßt fich bier aus dem Werke nichts anführen, welches von Liebhabern der Naturgeſchichte ſelbſt durchgegangen zu werden ver⸗ dienet. Es zeiget eine weitlaͤuftige Erfahrung und große Aufmerkſamkeit des Verfaſſers an. Waͤre es echo in einer Sache, mo man fich mit Herr Moͤh⸗ ringen 636 Moͤhring, Gefchlechte der Vögel. ringen gar nicht in Vergleichung zu ftellen gefinnet ift, eine Erinnerung zu machen, fo würde man fra» gen, ob der Unterfchied unter den fedrichten und bloßen Füßen, fo fehr wichtig iſt, daß man die Haupt« abtheilungen darnach machen darf. Außerdem, daß die linnäifche Abtheilung nad) den Köpfen, Merk: maale anzugeben heine, die dauerhafter find; fo hat fie auch den Borzug, (und der ift doch, wenn man nicht bloß Namen, fondern auch Befchaffenbeiten Fennen lernen will, nicht zu verachten, ) daß man aus der Befchaffenheit des Schnabels die Lebensart der Vögel folgern, die Raubvoͤgel von denen, die fic) von Körnern nahren u. d. gl, unterfcheiden Fann. Doch man bar noch feine Criticam Zoologicam, in wel her Borfchriften wegen ber merhodifchen AnocDiung \ der Thiere gegeben wären. 4.6 8. m. Bon | 637 RER RR KR u 10. Don einer ireientiatgleiäjung, die man integriren kann, ob ſie ſich ſchon durch die ordentlichen Regeln nicht integriren laͤßt. s fen eine gegebene Differentialgleihung ydx — xdy=as"dx?+dy?. Mach den bekannten Kegeln der ntegration wird man diefe Öleichung auf feine endliche Größe bringen koͤnnen. Wenn ich aber ihre Integralgroͤße dennoch zu fin⸗ den im Stande bin, ſo wird folgender Satz richtig ſeyn: Nicht alles, was ich durch die ordentlichen Regeln nicht integriren Eann, ae der Integrirung ganz und gar unfähig. Die gegebene Gleichung ift ylx—xdy=a7 (dx? +dy?). Aufloͤſung. Es fen dy=pdx, fo wird ydx — xpdx = a7” (dx +ppdx?). Dividiret man nun beyderfeits durch dx, | fo befümmt man (A) y-—xp=a7”Tı+pp)- Diefe 638 Von einer Differentialgleichung, Dieſe Gleichung wird durch eine zwehte Differen⸗ zirung in folgende verwandelt: dy — xdp — pdx = apdp . Da nun dy= pdx, mie wir oben an. Fit pp) genommen baben, fo wird, wenn man gleiches fuͤr gleiches ſetzet, was ſich aufhebt mwegläßt, und nachge= B) hends mit dp beyderfeits Dividiret, x= — ap rt (erpp) Aus der zuerft gefundenen Gleichung (A) folge, | den Werth von x aus (B) gebraucher y=a — ® ("+ pp): folglich Et — und ps undalfo wiederum —— daher y? PxSa welches N — eine Gleichung vom Zirkel ift, deren Conſtuttlon v von rd bften fich ergiebe. Wir haben alfo, ohne zu integeiven, die endlichen Größen einer Differentialgleichung durch eine zweyte - Differentiation gefunden. Tübingen den 10 Der. 1752 —— Ir M. Seile, Wilh. Glenn | illuftr. Seminarıi T’heol. Tubing. ' Repetens, atque ehi Te logie Ledtor, . &. u nr ee > die man integriven kann. 639 Erinnerung. Als Herr Clemm mir diefen Aufſatz Überfendete, fiel mir ein, daß ich nebft einem guten Freunde mit dieſer Differentialgleihung und einer noch allgemei⸗ nern vor verſchiedenen Jahren befhäfftiget geweſen war. Sich willeiniges dahin gehöriges hier beufügen. 1. Es wird verlange ady + ydx — xdy=b Y (dx” + dy*) zu integriren. Man fege dy = pdx fo koͤnmt y=xp+bF(i+pp) —ap und folglich dy= pdx+xdp +bpdp : Y (1+pp) — adp welches fich, weil dy=pdx,in a—x=bp: 7 (U+ pp), verwan⸗ delt. Daraus erhält man (b — (a ⸗)) pp= (ax)? und folglich wenn daraus der Werth von p I und an defien Stellen dy: dx gefeßet wird, —=(a— x) d&: ’(bb— (a —x)?). 2. Ich ſetz hier a—x=w fo wird dy=a—wdw? r(bb— ww) Davon zeiget fich fogleid) das Integral ae +r(bb—ww). 3. Beil c willführlich ift, fo fege man c=o und es ift lg alfo find y und w die Eoordinaren eines Kreifes, davon der Halbmeffer =b ift, und die Abfciffen w aus dem Mittelpuncte gerechnet werden. 4. Was ich hier b genennet —7* heißt Herr Clemm a, und mein a iſt bey ihm =o, Solchergeftalt: mas het feine Gleichung einen befondern Fall der meinigen aus, Doc) die Wahrheit zu geftehen, ift meine Glei- chung nur dem Scheine nach allgemeiner, weil (a—x) dy nichts allgemeiners iſt, als wdy, und man alfo gleich, wenn w ſtatt a—x gefeget wird, eine in Die andere vermandelr, m; Mannehme AP=w, AB= =b, und beichyeibe mie AB: 640 Bon einer Differentialgleichung AB einen Kreis aus A, fo wird zwifchen ſelbigen und AB enthaltenen $änge einer $inie, die durch Pauf AB ſenkrecht fteht, das zu w gehörige y feyn. Wenn AQ=a, pit OP=a—w=x und y=o wo w=+tbobderxsa+tb. Iſt as o, ſo een zufammen, ift a=b, fo find B und Qeing, Ar. DB 6, Man haͤtte auch de koͤnnen p= (x— 3): r (bb—(a—x)?). Diefes.härte gegeben — dy ⸗ (a—x) dx: 7(bb—(a—x)”) und alfo c—y= r (bb— ww), woraus eben die vorige Gleichung gefommen wäre, weil nur —y ftatt +y fümmt, und wenn durch) Setzung c=o die erfte Potenz von y wegfallt, erhält man völlig die Gleichung des 3 Ab⸗ faßes. Gegenwärtiges Verfahren giebt nämlich bie untere Hälfte des Kreifes, wenn jenes die obere giebt, 4 oder vielmehr jedes giebt beyde Hälften. 7. Die Öleichung ydx — xdy= bds läßt ſich leicht F aus den Eigenfihaften des Kreifes herleiten, weil ſydx WW ENTER die Fläche des Kreifes zwifchen den Ordinaten durch a A und B (3 Abf.) aber [—xdy das Stücke der Flüs che ift, welches von einer Linie, die durch das Ende der Ordinate zu P mit AP parallel geht, von dem Stüde ‚ ber Ordinate zu A, das zwifchen den ‚Kreis und er= waͤhnte Parallele fällt, und von dem zwifchen beyde Linien fallenden Bogen begränzet wird, Daß diefer Fläche Element ein Product aus x in dy ift, fälle in die Augen, und es muß —xdy feyn, weil die Ordinaten von A nad) P zu abnehmen. Daß aber beyde Flächen zufammen den doppelten Ausfehnict, das ift, bs geben, wird jeder ſich leicht erweifen Fönnen, ber fich die Mühe geben will, eine Figur dazu zu entmwer« | en, die man infegriven kann. 641 fen. Ich finde folche hier beyzufügen nicht nöthig, denn wer fie zu brauchen wüßte, wird fie fich felbft bilden koͤnnen. 8. Meine Abſicht ift gewefen, zu zeigen, daß fich die Gleichung, auch wenn man es fo anfängt, wie Herr Clemm gethan hat, integriven läßt, ob er gleich die integration auf eine finnreiche Art vermieden hat, Außer dem Eann man die Öleichung ydx — xdy=ads noch auf verfchiedene andere Arten integriren. 9. Man feße ds unveränderlich, und diffeventüire, fo erhält man yddx — xddy=o, aber weil ds’ be= ftändig bleibt, ift ddy = — dxddx:dy folglich ydy-+ xdx=o welches yy+xx=aa giebt, 10. Man fege dy unveränderlich alfo dds=dxddx: ds und differentiire, fo befümmt man yds=adx welches ydy: (a? — y?)=dx oder aa —yy=xx gicht, u Wenn man die Gleichung des 8 Ab. Durch Quadriren von der Irrationalitaͤt befrener, erhält man dy = (zydx + adx P(xx+yy—-aa)) : (xx—aa). Setzt man hier xx + yy=aa fo bleibt — dy=xdx: y welches wieder xx + yy=aa giebt, daß alfo die endli— che Gleichung ſchon in der Differentialgleichung ftecfet, welches man aber der feßtern nicht würde angefehen haben, wenn man es nicht fchon gewußt härte. Eben als wenn man für der geraden Linie x= y Differen⸗ tialgleichung dx=dy + dx. 7 (x—y):a annähme, 12. Wer etwa zweifelte, daß im 3 Abſ. auch y= ce+r(bb— ww) zum reife gehörete, braucher, fich davon zu überführen, nur die Gleichung (y— c)’= ‚bb — ww zu betrachten, wo u ftatt y—c gefeßef, ee die Ordinate des Kreifes zur a i Ä | | A ft. A. ©. —* 10 Dand, Ss v. Send. [* 642 Vorſchlag zur Verbeſſerung * *4 A | V. | 9 Sendſhreihen an den | Herausgeber des ‚Journal N | einen Vorſchlag zur Verbeſſerung des Feldbaues betreffend. Aus dem Franzoͤſiſchen des Journ. Öecononis May 175% > Mein Herr! er Vorſchlag, dei ib such hiermit vortrage, ſcheint mir zur Aufnahme des Feldbaues etwas beytragen zu koͤnnen. Kein Menſch wird in Abrede ſeyn, daß eine Kunſt von ſolchen Fol⸗ gen und ſolcher Weitlaͤuftigkeit den Fleiß und die Un⸗ terſuchung aller Menſchen erfordere. Wo kann man ſich aber wohl die hierdurch erlangten Einſichten eine ander bequemer mittheilen, als in einem Werke von dieſer Art, das in jedermanns Haͤnde koͤmmt, und — Aufnahme der Haushaltungskunſt gewiedmet iſt. Nichts iſt ſchmeichelhafter, als etwas zum Wohle ftande des Vaterlandes beytragen zu koͤnnen; und min fheint, daß man ihm nicht vortheilbafter dienen kann, als wenn man Fragen ee die deſſen Be | fo nahe angeben. Senn des Feldbaues. 643 | Wenn ſich Leute von Einſichten die Muͤhe geben wollten, euch umſtaͤndliche Abhandlungen von der Natur desjenigen Landes, das ſie bewohnen, und von der Art und Weiſe, wie ſie es anbauen, einzuſenden, fo würde man, wenn ihr diefelben bekannt macheter, gewiß große Lehren daraus herleiten koͤnnen. | Ein Eigenthümer fönnte daraus den Unterſchied fehen, der zwiſchen der Verwaltung feiner, und der Güter eines andern anzutreffen if, Ein Pachter wuͤrde ſich ein Vergnügen. machen, die Einrichtung einer fremden Wirthſchaſt mit feiner zu vergleichen; und ſowohl diefer, als jener, wuͤrde ſich, ohne viel Mühe und Nachdenken, in den Stand feßen, feine Knechte und Arbeitsleute gehörig anzuführen, und fie durch Benfpiele von Vorurtheilen zu befreyen, bie bey den landleuten nur mehr als allzugemein find, Was find nicht im Felobaue für Beobachtungen zu machen, woran die, fo fich am meiften damit be> ſchaͤfftigen, noch niemals gedacht haben! Ein Eluger, arbeitſamer, und ſelbſt ein einfichtevollet Wirth bringe öfters feine ganze Lebenszeit mit Anfchlägen und Ver⸗ ſuchen bin, und ftirbe, ohne dasjenige entdecke zu ha: ben, was vielleicht andrer Orten ſchon feit langer Zeit ausgeuͤbet worden ift, wovon ich mehr als ein Beyſpiel anführen Fönnte, das mir meine Reiſen und verfehie: dene Aufenthalte aelehret haben; Bald würde man ung die Lage, Befchaffenheit, die Verhaͤltniß gegen die Sonne, Winde, u. f m. die Staͤrke und Magerfeit eines Erdreichs beſchreiben, und uns dadurch belehren, was jenes erfordert, und wie man dieſes endlich fett machen ſoll; bald wuͤrde man über die ——— veobahuge anſtel⸗ len. 644 Vorſchlag zur Verbeſſerung len. Die verſchiedenen Grade der Kaͤlte und Hitze, der Trockenheit und Naͤſſe, erfordern eine ganz beſon⸗ dere Aufmerkſamkeit. Die Ebenen werden insgemein fuͤr das Getreide behalten: allein es dienet ihnen nicht allen einerley Saame. Der Roden, der Haber, die Gerfte, der Hirſen, der Weizen, u. ſ. w. erfordern alle ein eigenes Erdreich. Man muß alle diefe Arten von Saamen nach) und nach in eben demfelben Erdreiche verfuchee haben, ehe man erfahren Fann, welche Art es am be: ften verträgt: Sollte diefer einzige Punct nicht ver« dienen, daß man dem Publico die Beſchaffenheit fol cher Erdreiche befannt machete, worinn dieſe oder jene Saamen fparfamer oder häufiger wachfen ? Sollten nicht die Eigenthlimer ihren Nachkommen ihre Beob⸗ achtungen über die Natur ihrer Felder und ver Früchte, Die fie fragen, hinterlaflen? Was würden fie ihnen nicht dadurch für Mühe und Arbeiten erfparen! Man würde gewiß nicht fo oft genöthiget feyn, alles wieder von vornen anzufangen, Manches Erdreich muß wechfelsweife von Jahre zu Jahre braache liegen, und würde nichts hervorbrin- gen, ja vielmehr gänzlich erfchöpfet werden, wenn man es einige Jahre hinter einander befüen wollte. An— dere hingegen find ftarf genug, alle Jahre zu fragen, wenn man nur an ihrer Euleur und Düngung nichts mangeln läßt. Ich babe felbft einige Felder gefehen, bie sehen Jadre hinter einander eine veiche Erndte gebracht ha⸗ ben, welches man bloß durch unaufhörliche Abwar⸗ fung derfelben erhalten hat, die von der bey uns ges wöbnlichen niche fonderlich unterfihieden war, | Nichts des Feldbaues. 645 liches duͤnget meine Felder beffer, als diejenige Art von Dünger, deren ich mich zu bedienen pflege. Er ift viel natürlicher, und nicht fo teuer, als der faft überafl gebräuchliche, : Ich weiß nicht, ob er in an- dern Gegenden eben die Dienfte thun möchte: allein es fcheint mit, als ob er fic) für jedes Erdreich ſchicken würde *. In meiner Provinz arbeiten einige mit Dchfen, andere mit Maulehieren, und noch andere mit Pferden. Die erfte Art der Bearbeitung ift bey ung die beſte, dahingegen die andern nicht voͤllig ſo gut ſind. Vermittelſt der Ochſen wird das Erdreich beſſer umgewuͤhlet und aufgeworfen. Ich weiß, daß man in den Gegenden von Paris diefes nicht zu thun pfle= get. Es ließ es in Isle de France ein gewiſſer Herr auf feinen Laͤndereyen verſuchen: allein er erndtete nichts, als ein bloßes Stroh ein, das faſt gar kein Ge— treide in ſich enthielt. So dick und fett die Ochſen waren, welche man zu dieſem Endzwecke aus Limoſin ſelbſt hatte kommen laſſen, ſo wurden ſie doch ſo ſchwach und mager, daß ſie, aller angewandten Muͤhe ohner— achtet, doch ſtarben. Sollte die Urſache dieſer Be— gebenheit nicht den Inhalt einer nuͤtzlichen Unterfüs Hung abgeben fonnen? Vielleicht verfuche ich ein ans dermal die Erflärung diefer und vieler anderer Bege— 633 benhei⸗ ⸗Wenn man dasjenige in Erwaͤgung zieht, was Herr Eller von der Kruchtbarfeit des Erdreiches angemers ket hat, (S. des Zamb. Wing. SB. 3 St. 1%. 227 u. f. ©.) fo wird man im Stande ſeyn, zu beurtheilen, in wie fern eine folche Hoffnung gegründet feyn könne, oder Han Siehe auch der gefellfchaftlichen Erzählungen Stu uf. Anm.d. Ueberſ. 645 Vorſchlag zur Verbefferung benheiren, Aber iso will ich nur allein bey dem ein- zigen Gedanken bleiben, der der Inhalt des gegenwär- tigen Schreibens ift, Die Wiefen erfordern nicht fo viel Aufmerkſamkeit des Befißers, als die andern Länderenyen. Welche feltfame Abwechfelungen beobachtet man nicht i in dem, was fie beroorbringen! Warum geben einige mehr Heu? andere mehr Schnedentlee (Luferne) Einige vertragen mehr, andere weniger Wäfferung; anderer Defonderheiten zu gefchweigen, die einer Erläuterung nöthig hätten, Indeſſen muß man doch zugeben, daß überhaupt die Thäler, die Fühlen und feuchten Derter und niedrigen Gegenden, insgemein zu Wiefen am beften find: allein giebt hierauf wohl der Verwalter jederzeit Acht, und fuchet er wohl immer, ihnen flief- fendes Fluß- oder Quellwaſſer zuzuführen? u. ſ. w. - Mach Verlauf einer gewiſſen Anzahl von en bringen diefe Wiefen nichts mehr hervor. Welche Mittel foll man alfo anwenden, fie fruchtbar zu ma» chen? Einige befaen fie vom neuen; andere votten fie neu um, fäen Getreide darauf, und ergreifen allerhand Huͤlfsmittel. Welches ift aber das befte? Ein neu umgerottetes Land, deflen Erdflößer wohl auseinander getrieben worden, und das man guf umgearbeiter hat, giebt, ohne einige Düngung nörhig zu haben, eine viel austräglichere Erndte, als ein anderes wohlgeduͤnge⸗ tes, Was iſt wohl hiervon die Urſache? * In * So leicht es vielleicht vielen ſcheinen wird, dieſe Aufgabe zuloͤſen, fo nuͤtzlich ſcheint es Dagegen andern, vieleicht aus tieferer Ueberlegung der Sache, ihr noch immer weiter nachzudenken. Es iſt gewiß, daß Die — en⸗ des Feldbaues. 647 In einigen Laͤndern find die Berge ungemein frucht- bar, da fie hingegen in andern ganz und gar wuͤſte lie: gen. Was ift wohl hiervon die Urfache ? | - Die Morafte und Seen verurfachen wegen der fhädlichen Ausdünftungen, die fie in die Nachbarfchaft ausbreiten, verfchiedene Krankheiten, Welche Bor: theile koͤnnte man nicht dadurch erhalten, daß man fie abließe, und in Wiefen verwandelte, oder fie austroc- nee, und zu Fruchtfeldern machete, Das Austreten der Fluͤſſe ift den $änderenen zumeilen nüglich, zuwei— fen fhadlich, nachdem man fih dabey gewiſſer Bor: fihten bedienet, Was find aber dieſes für Vorſich⸗ ten? Ein lebendiges und kaltes Waſſer thut ihnen wichtigen Schaden; ein niedriges Erdreich, ohne Daͤmme, wird ſtets von dem Fluſſe des Waſſers mit Ss 4 weg⸗ denjenigen Theilchen reichlich erfuͤllet ſey, die die Ge-⸗ waͤchſe zu ihrem Fortkommen und zur Nahrung noͤthig haben; es iſt auch wahr, daß eine ausgezehrte Erde, wenn ſie wohl auseinander gebreitet wird, dieſe Duͤnſte in ſich begierig hinein ziehe, und alfo vom neuen geſchickt werde, Pflanzen dadurch zu ernaͤhren: Allein wiſſen wir wohl die Art und Weife, wie die Luft dieſe Befruchtung der Erde wirfet, fo genau, daß wir im Stande waren, fie deutlich zu erklären, oder einen Dünger ausfündig zu machen, der ihre Stelle in gleichem Grade der Boll kommenheit vertreten könnte. Eine jede Luft hat ihre eigene Arten von Pflanzen, die darinn am beiten, oder wohl gar nur einzig und allein fortfommen. Ohne Zgweifel ruͤhret dieſes von ihrem verſchiedenen Einfluſſe in das Erdreich her, und wer kann wohl dieſen erklaͤ⸗ ven? An der Gemwißheit der Sache iff Fein Zweifel. 6. Herrn Linnai Verfuch von Pflansung der Ge⸗ waͤchſe, in den Abhandlungen der Koͤn. Schwed. Acad. der Veberf. 1 Zheil 1 Art. ©. 11. $.22 u. f. Anm, d. Ueb. 648 Vorſchlag zur Berbefferung weggeſchwemmet. Sind die Damme nicht bey Län» dereyen nothivendig, die Ueberſchwemmungen ausge: fest find, es fey nun, um fie gegen die Ueberſtroͤmung zu verwahren, oder fie durch ven Schlamm, der nach⸗ ber auf ihnen zuräcbleibt, zu verbeflern ? * ; Jedoch, mein Herr, ich merfe, daß ich die Gränzen eines Briefes überfchreite. Die Wichtigkeit der Sa— che wird mich bey euch entfchuldigee haben, Um nun zu meinem Borfchlage zu Fommen, und euch davon einen genauen und deutlichen Begriff zu geben, fo will ich nur ſchlechthin fagen, daß es für die Aufnahme des Feldbaues fehr nüglich feyn würde, wenn verftändige Wirthe, die hin und wieder in den Provinzen zerftreue leben, die Mühe über ſich nähmen, euch Abhandluns gen einzufenden, worinn folgende Puncte vorftellig ges machee wuͤrden: 1. Die Sage des Landes, das fie anbauen, bewohnen oder Fennen, feine Befchaffenheit, Verhaͤltniß gegen Sonne und Winde, Einrichtung und Eintheilung, 2. Die Drdnung, Zeit und Art, es zu befäen. 3. Die Art, es zudüngen, und die Dünger, die dazu gebrauchee werden, | | i 4. Was für Thiere man dafelbft zieht. . Mas * Das alte fehr bekannte Beyfpiel des Nils iff nicht das einzige, woraus erhellet, daß zuweilen die Sruchtbars keit eined ganzen meitlauftigen Landes von jährlich wiederholten Ueberſchwemmungen herruͤhre. Der große Fluß Zt. Louis in der Kouifiane ergießt fich jahrlich vom Monate Day, bis zum Ende des Julius, und mache aus einem cryffallenen unfruchtbaren Eande, eins der allerfruchtbareften Erdreiche, indem er feinen Schlamm darauf zurücke läßt. G. des Hamb. Mag. 103. 2 St. ©. 122. 127.128, A. d. Ueberſ. des Feldbaues. 649 5. Was fuͤr Fruͤchte es — und was dieſe fuͤr Eigenſchaften haben? 6. Die darauf befindlichen Berge, Slächen, Mor raͤſte, u. f f. 7. Die Baͤche, Fluͤſſe, Seen, u. ſ. w. ihre Er— gießungen, wofern es dergleichen giebt; wie man die— ſelben vortheilhaft anwendet, und wie man ſich dawi— der verwahret. 8. Den Holzbau und deſſen Zuſtand; und andere Arten von Feuerwerk, wenn es einige giebt, als Stein⸗ kohlen, Torf, u. ſ. w. Zur Befoͤrderung der Handlung muͤßte man auch zugleich eine umſtaͤndliche Beſchreibung von den Fa— brifen, Mühlen, Mafchinen u. dergl, mittheilen; auch anzeigen , woher die Materialien genommen werden; wie man fie bearbeitet, und was für Handel damit ges trieben wird: Ferner, mas das fand davon felbft ges beauchet, mas man von Sremden befümmf, und was in andere Sander gefendee wird, Außer dem Nutzen, den dieſe legtern Punfte dem gemeinen Wefen fiften würden, müßten fie auch den Kaufleuten erfprießliche Vortheile gewähren, indem fie folchergeftalt ihre Raufmannsmwaaren beffer Eennen und verhandeln lers nen würden, | Abhandlungen, die nach diefem Plane wohl ausges arbeitet wuͤrden, Fünnfen auch anderer Drten zu Ges danken, Einfichten, oder noch unbefannten Nußuns gen und Berfahren Gelegenheit geden, und alfo auch ihnen nüglich werden. Es würden wenig Leute feyn, die nich: in einer folchen Befchreibung follten etwas finden Fönnen, das ihnen nüglich wäre. Denn wir müffen uns von einem Ss5 Vor⸗ 650. Vorſchlag zur Verbeſſerung | Borurtheile befrenen, das zwar in der That unferer Traͤgheit günftig ift, welches aber zugleich den Schoͤ⸗ pfer zu beleidigen ſcheint, und gewiß verfichert feyn, daß er nichts gemacht har, mas nicht nüßlich und gut waͤre, und daß die Dberfläche der Erde nicht das ge= ringfte hervorbringf, woraus nicht wiederum was nüß» liches hervorgebracht werden koͤnnte. Die Unwiſſen⸗ heit feines Befißers erlaubt ihm nicht, die Eigenfhaf- ten Davon zu entdecken; allein er höre nur einen ges ſchicktern oder erfahrnern Mann, als er ift, davon uͤr— heilen, fo wird er einfehen lernen, was ihm noch) un⸗ bekannt war, u. ſ. f. Ich bin u. m. Der Landbau ift fo wohl für die Großen, als Klei— | nen, für einfichtswolle und für andere Menfchen be traͤchtlich. In allen verfchiedenen Ständen wird feiner gefunden, dem die Aufnahme deffelben gleid)- gültig, oder unvortheilhaft vorfommen fönnte, weil Feiner die Früchte des Erdbodens entbehren kann. So ift auch der in diefem Schreiben entworfene Plan nicht nur denenjenigen vorgefchlagen worden, Die ge» zungen find, auf dem Sande zu bleiben ; ſondern auch denen, die ihre Gefchäffte in die Staͤdte fodern, und die nur aufs Sand ziehen, um ſich dafelbft von ihren Arbeiten wieder zu erholen, Je einen aufgehei⸗ tertern und geuͤbtern Verſtand einer beſitzt, deſto ver— moͤgender iſt er, genaue und richtige Beobachtungen anzu⸗ * "Pan hat in der Ueberſetzung dieſes Schreibens eini⸗ ge Abſaͤtze vorſetzlich weggelaſſen, worinn nichts wei— ter, als ſolche Hoͤflichkeiten vorkommen, die den Herausgeber des Journal oeconomique allein ange⸗ “ben. A. d. eb, des Feldbaues. 65 anzuſtellen, und deſtoweniger wird er an den alten - Gewohnheiten hängen bleiben. Mandarf gar nicht glauben, daß man es in den Werfen vom Sandbaue fchon zur Bollfommenbeit gebracht hätte, ob fie gleich feit mehr. als vier taufend Jahren beftändig find mies derholet worden, Die Landbaukunſt ift zugleich eine Kunft und eine Wiſſenſchaft, und in diefen beyden Abfichten ift fie eben fo unerfchöpflich, als jede andere Kunſt und Wiſſenſchaft. Die Abwechſelungen, ſo unvermerkt in der Natur vorgehen, die man aber doch nach Verlauf einer gewiſſen Anzahl von Jahren leicht wahrnehmen kann, bieten uns, der Schwierig— feit ohnerachtet, Die fich der genauen Kenntniß der Pflanzen und Früchte und des Baues des Landes, worinn fie wachfen, entgegen feßet, eine weitläuftige Materie zu neuen Weberlegungen dar, und nöthigen uns öfters, die alten Gebräuche zu verändern, Nur die Erfahrungen koͤnnen uns bierinn fichere Einfich- ten an die Hand geben, und der Zweck des Schrei: bens befteht darinn, diejenigen Erfahrungen Jeder— mann befannt zu machen, die ein jeder für fich ange— -ftelle bat. Man kann alfo nicht umhin, diefem Pla— ne feinen Befall zu geben, und es wäre zu wünfchen, - daß ihm alle diejenigen folgen möchten, die Laͤnde— reyen anbauen, Denn fo würde diefe Kunft bald ein ganz anderes Anfehen gewinnen, und die Men: fhen mit den reinften und bäufigften Schaͤtzen bez veichern, | SE — © 2 | VI. An⸗ 632 Anmerkung uber eine ERWETA IE IE HR TORE FR BO EEE IE RT VI. Anmerkung bey Gelegenheit der achten von Hrn. Dr. Unzers mediciniſchen Beobachtungen in vorigem Stuͤcke des Hamb. Mag. VI. Art. ſs ich dieſe Methode, ſich zu beſtaͤndigem Schmauſen geſchickt zu erhalten, las, fiel mir gleich aus Middletons Leben des Cice— vo (Life of Cicero, ad A. V. C. 708, gegen das En- de IB. 410 ©, ) ein, daß es die alten Roͤmer aud) fo gemacht hatten. Aus des Cicero Rede für den König, Dejstarus (7 E.) und aus feinen Briefen an den Atti⸗ cus (173 B. 52 Br.) erhellet, daß Cäfar durch Brech⸗ mittel zuneuer Anfüllung des Magens Platz gemachet, und Bitelltus erwarb ſich dadurch die loͤbliche Fertige. keit in einem Tage drey bis viermal zu ſchmauſen, wie Sveton (im ı2 Cap.) von ihm meldet. Ich koͤnnte noch den Seneca, den Dio Caßius, und wer weiß wie viel anführen, wenn ich nicht Bedenken trüs ge, diefe herrliche Materie einem jungen Gelehrten wegzunehmen, der mir mehrerer Belefenheit als ich, Romanos, vt vorare poflint , vomentes vorzuftellen vermögend iſt. Ich weiß nicht mehr, in was für eis ner Reifebefchreibung ich gelefen habe, daß gemilfe ir Dianifche -medicinifche Beobachtung. 653 dianifche Völker alle Morgen durch diefe Reinigung des Magens ihre Geſundheit befördern. Die Men- fehen aber, welchen die Pflicht obliegt, fich den Ma— gen zu überladen, bedaure ich von Herzen, wegen einer fo ftrengen Verbindlichkeit, und ich fange faft an, die Naͤtur zu fehelten, daß fie ihnen bey Auflegung diefer Pflicht nicht zu derfelben befferer Erfüllung zugleich den Vorzug mirgetheilet hat, den fie manchen Wür- mern giebt, daß den Speifen, Die in die eine Deffnung des Leibes hineingehen, an der entgegengefeßten gleich Platz gemacht wird, das wäre wenigftens viel beque⸗ mer als ein Emeticum, (um das Ding auch einmal in der Grundfprache zu nennen, ) welches doch Teiche der Seele beſchwerlich fallen Fann, wenn fie nad) der neueften Mode im obern Magenmunde ſitzt, wo fie, glaube id), in der That bey manchen $euten figen mag. Ob es der Gefundheit ſchade, werden die Hers ren Arztneygelehrten beffer urtheilen, als ich, und da es Herr Dr. Unzer nicht für ganz ungereimt erklärer, fo trete ic) feiner Meynung völlig bey, danke aber doch der Vorſicht, daß fie mir nicht fo viel und fo aute Sreunde gegeben hat, vaß ich mich allemal über den andern Tag brechen müßte. Wenn ich einen Bogen Papier hätte, an deffen Erhaltung mir was gelegen wäre, fo würde ich nicht mechfelsweife einen Tag zur $uft einen Dintenflect darauf machen, und folchen ven andern Tag wieder ausradiren, Wer aber Mapier bat, das ſolches aushaͤlt, den willich deswegen nicht tadeln. EN A A. G. Röftner. VN.Aus⸗ 6541 - Auszug der neueſten | à ZZ nz VII. Auszug der neueſten fifa Merkwürdigkeiten. 1, Bon einigen americanifchen Ger — waͤchſen * er aus America zuruͤckgekommene Herr Profefjor Ralm, welcher fi) in Pen» 9 fplvanien und Canada feine vornehm- fte Sorge mit feyn laffen, eine große ‚Menge Saamen zu ſammlen, welche die koͤniglichſchwe⸗ diſche Akademie der Wiſſenſchaften, ohne Ent: geld, an die neugierigen Liebhaber verſchenkt, die in Schweden ihr Glück damit verfüchen, und fie in ihrem Vaterlande einführen wollen, hat eine Menge nüglicher Nachrichten von Gewachſen dieſes Landes aufgezeichnet, wovon wir allhier einige mittheilen wollen. Vom Ginſeng merkt er ati, daß dieſe Wur⸗ zel eine Handlungswaare in Canada geworden, Die, man dort das Pfund zu 5 bis 6 8. verkauft, und nach China bringt, wo ſie die Chineſer, zur Rache wegen des * Aus den goͤtting. gelehrt: Zeit. iind des Herrn Prof. Peter Kalm Fleinen Schrift; de Titels: En kort berätelfe om natürliga ſtallet niytten faint fkötfel af nogra waxter heimbragte fron Norra America, Stoff: j holm, bey Salvius, 3 “8 in 8; 1751: phyſikaliſchen Merkwuͤrdigkeiten. 655 bes Thees, theuer bezahlen. Von det Baumwolle bemerket er, daß ſie erſtlich aus Providence nach Suͤdcarolina gekommen, und ſich, ſo zu ſagen, ſehr zaͤrtlich angeſtellt, nach und nach aber an den rau— hern Himmel gewoͤhnt habe, und nunmehr in Neu⸗ york reifen Saamen mache, welches eben auch mit dem Maͤyz geſchehen iſt, und woraus Herr Ralm die Hoffnung ſchoͤpfet, daß ſein Vaterland auch wohl nach und nach ſolchen Gewaͤchſen ertraͤglich werden möchte, die matt ige für viel zu zart anſieht. Hin— gegen ermahne er feine Landsleute gar fehr, Die euro⸗ paͤiſche Eiche hoch und werth zu halten. In Nordamerica wachſen wohl neun Arten Eichen : aber alle fchledht, und die daraus gebaueten Schiffe find in acht oder höchitens zwölf Fahren ganz faul, Mit dem giftigen Firnisbaume hat er allerley herz: bafte Verſuche angeftellt: Man fagt, ſein bloßer Dunſt mache blind, doch ihm hat er eben nicht viel angehabt, und nur einige Geſchwulſt um die Augen und etwas Beißen verurſacht. Beym Saſſafras warnet er, daß dieſer Baum ſehr ſchwer fortzupflan⸗ zen ſey, und daß auch in America die Natur dieſe Sorge faſt allein den Voͤgeln uͤberlaſſen habe. Die ſogenannte Sophora verdient eine genauere Kennt⸗ niß, da man dieſes Kraut nunmehr in Nordame⸗ rica bauet, und daraus noch beſſeres Indigo, als aus der rechten Indigopflanze verfertiget. Ei» ne Entdefung, die den franzöfifchen Inſeln fehr ges fährlich fenn Eanit, indem die Sophora in gemäßigs ten Gegenden gat wohl leben kann, und in dem weit: - laͤuftigen Nordamerica viel wohlfeiler, als auf den theuren und taͤglich engern Suckerinfeln gebauet wird, 1. Bon 656 Auszug der neueſten ic. I. Bon einer feltenen Krankheit Der berühmte Herr von Haller hat in dem Körs per eines Studiofi verfchiedene Berbärtungen im Her- zen und Herzfade, die beyde zufammen verwachfen waren, gefunden, In der linfen Borfammer des Herzens fand fich eine Menge Fnöcherner Schuppen, und in den Kallthüren des linfen Herzens eine Menge Sand und Steine, Diefes war nicht allein in den— jenigen zu bemerfen, die in die große Schlagader fuͤh— ren; fondern auch in denen, die das zurücktretende Blut einlaffen. Diefe feltene Krankheit ift an einem fo jungen Manne um fo viel merfwürdiger. * Aus dengöttingif. gelehrten Zeitungen 1752. Gt. 18. | Inhalt des ſechſten Stuͤckes des zehnten Bandes. I. Fortſetzung der Abhandlung von der Menge der Menfihen bey den alten Nationen Geite 503 II. Bon der veranderten Art, die Stunden zu sabiene int Florentiniſchen 27 III. Geſchlechte der Voͤgel, durch P. H. G. Moͤhring 632 IIII. Von einer Differentialgleichung, die man integri⸗ ren kann 37 V. Sendfchreiben an den Herausgeber des Journal Oeconomique , von Berbefferung des Feldbaues 642 VI. Anmerkung über die achte medicinifche Beobachtung Herren Dr. Unzers in vorigem Stuͤcke 652 VII Auszug aus den neueſten Merkwürdigkeiten 654 ch. du Regi⸗ ROSSI Berne Br + Kerr — Er EA R* Regiſter der vornehmſten Sachen A. N keesan, ob er ohne Handlung und Manufackuren blühen Fönne 570. 571 Aderlaffen, befonderer Nutzen deſſelben 558 Afterkugel, (Sphaͤroides) Bedeutung dieſes Wortes * Agaricus, verſchiedene Arten deſſelben 248 Agrigent, Anzahl der Einwohner dieſer Stadt 575 Akademien der Wiſſenſchaften, deren Abſicht 20 Akauhas, Beſchreibung dieſes Fluſſes 124 Alerandrien, wie groß diefe Stadt gemwefen 600: * viel freye Leute darinn gewohnet ro Beobachtungen verfihtedener Höhen auf nf ben Amiantb, wie er zum Verarbeiten zuzurichten — Antiochien ſoll nicht vikl kleiner als Rom geweſen Apalachiſche Bohnen werden beſchrieben — Duplicatum, Natur und Eigenſchaften oa Nee Vornehmſte Krankheiten in den — — Jahreszeiten/ bey einer Armee 28 ff. Aeve, ein Fluß, der Gold bey fich führer ar . der Name eines regulairen Windes auf X Ir —— — Grundſatz des Herrn Safe Stahls in derfelben F. — ——— Beobachtungen Herrn Mayers 68 ai : 49 hmalig Größe diefer Stadt 581. Anzahl ® 10 Band, it Regiſter. rer Einwohner 583. ihrer Haͤuſer 589. Seide | fenheit ihrer Handlung s67 Arbenienfer, wie ſie fiih geholfen, wenn fie Mangel an Gelde gelitten 498. wie unbilig fie die an ven verwaltet 499 Auge, Aehnlichkeit deſſelben mit einem verfinſterten in mer 67 ff. merkwürdige Begebenheit mit einem Schmer⸗ ze im linken Auge eine Mannes und Weibes 544 Ausdünftung verhinderte bey den Menſchen, ob fie Hu: ſten und Schnuppen verurfache 538: 539 Yuftern, Betrachtungen * die verſteinerten 388 Balsberg, merkwuͤrdige Höhle in demfelben 221 Barometer, verfchiedene Anmerkungen davon 35. 36. Needhams Beobachtungen verfchiedener Höhen aufden Alpen, vermittelt deifelben ı8ı ff. Manier mit dem Barometer zu beobachten, und die Folgerungen Daran zu ziehen 186 Baumfchnitt, zu welcher Jahreszeit er gefcheben folle 43 ob man auf den Mondwechfel dabey zu ſehen habe 44 45. bey was für Witterung er am füglichften gefche: be 47. an melchen Baumen man anzufangen habe 47. 48. wie er eigentlich zu machen 48. wie zur Zierrath 50. wie zur Fruchkbarkeit 51 f. f. wie zu beyden zugleich 58. wie der erſte Schnitt nach dem Berfegen zu machen ‚60 Dtegase und Gangart, wie fie von einander unsere en Serge, Höhen ber merkwuͤrdigſten in der Landſchaft Su £0 in Peru 184. welches der höchfteBera fey 195. verfchiedene befondere Anmerkungen von Bergen 188 189. 190.377 f. wie die feuerfpeyenden zu erflaren 375 Bine, befondere elektrifche Verſuche deffelben 268 FF. Biß raſender Thiere, Mittel dafür 247 Blaſe, mie die Gewuͤchſe oder Geſchwulſten an er innern Haut derfelben zu curiren 88 f-f. | Blafebalg, Berbefferung der Mafchinen dazu bey Sitten, werfen 3. Anmerk, von denfelben ber⸗ ur 6. 16 Regiſter. ren ober Pocken, was für Vorficht bey der ur ders felben anzuwenden iſt 105 f. ob fie die Laͤnder fo ſehr entvoͤlkern, ald man fich insgemein einbildet 457. was diefelben feyn 509. ob es d dienlich ſey, wenn die Kinder die Blattern haben, zu verhuͤten, daß ihnen die Augen nicht zuſchwaͤren mögen 536 Bleyſalz, Verſuch damit 358 Blindheit. Nachricht von einem Menfchen, der — blind und wieder ſehend geworden 250 : 255 Blut, ben Umlauf beffelben befchleuniger dag Eleferifiren 273. wie die rothen Theilchen deffelben ſich gegen die andern flůßigen verhalten 559 Bohnen, vierzigtägige, warıım man ſie ſo nennet — Nachricht von den apalachiſchen Boluserden haben bey der Diſtillation der Salze rn Nutzen 366 Brechwein, nuͤtzlicher Gebrauch deſſelben 1 Bruſtentzuͤndungen, ehe ri vonbenfelden 107 Camilla, deren ungemeine Geſchwindigkeit im Laufen 84 Eamouens, Camoens oder Eamoees, umſtaͤndliche Nach: richt, von diefem portugiefifchen Dichter 202 f.f. feine - Unfalle 206, 207 Campber, getheilte Meynungen, von dem Nugen deſſel⸗ 537 Caraiben oder Cannibalen, Nachricht von dieſen —* ſchenfreſſern 197 Carlisbad, das Waſſer des Geſundbrunnens allda Ei lich nachzumachen 249. Cartbago/ große Menge Eintvohner diefer Stadt. ar Eellen in den Mönchsklöftern, woher fie ipesn Dame haben 472 Charinides, deffelben Gedanken von der Armuth und dem Reichthume. 497 Cherubinen, wie deren Oak ausgefehben 3 Su ‚32 Dantes, Nachricht von diefem berühmten Dichten: 294 Daupbine, (Snfel) wo diefelbe liegt Deuiſchland hat itzo mehr — als cbemals 03 Zt Dichter, Regiſter. Dichter, wer von den nordiſchen gefehrieben 197 Dichtkunſt, wenn fie in Stalien in Aufnehmen gefom- men 194. diefelbe ift den Menfchen viel natürlicher, als man indgemein denkt 198 Differentialgleichung, Abhandlung von einer, die mar integriven kann i | 37 Diodorus Siculus, Gedanken über diefen Schriftfieller | 574 E. Eheſcheidung ſchreckte viele Roͤmer vomHeirathen ab 481 Seifen, künftlich nachgemachtes 245 Eiſenerzt, heßiſches deſſen Bechaffenheit 242: 244 Eiſenvitriol, Befchaffenheit deffelben 363 Eitergeſchwuͤre kann man ohne Gefahr öfftien, ehe fie noch völlig reif find i 42 Exliplik, was die mancherley Beſtimmungen ber Shi; fe derfelben verurfachen Ä 165. 16 elbeuf,; Prinz, laßt viele feltene Alterthumer ausgra⸗ b 547- 348 en Blektricieät, Curirung des ſchwarzen Staares vermitz telſt derfelben 99: 103. Erklärung der Erdbeben durch Diefelbe 292 f.f. mielange man die Kraft berfelben aufbehalten könne | . 275. 276 Eiektriſche Verſuche, aus nentonifchen Grunden berge 208 Sure } enalander, Befchaffenheit derer in Jamaica 555 Entzuͤndungskrankheiten, Beſchaffenheit derſelben 328 Erdbeben, Erklaͤrung derſelben durch die Efeftricitat Laer 1. 202 f-f- Erde, Unterfuchung der Gefkalt und Größe derfelben moff. deren Entfernung von der Sonne 173. Ber: trands Abhandl. von dem innern Baue der Erde 376 Ergafula, oder Sklavenkerker, waren ih Italien ſehr ge mein o &felskopf, ob man die Cherubinen mit einem vorgeitel- let 33 europa, 0b es warmer ‚geworden, als es — ED ‘ ** J 10 weft en * Regiſter. S- —— Verſuche mit einigen Materien, die derſelben widerſtehen 300 ff. Feldbau, Vorſchlag zur een deffelben 642 f. E Sieber, higiges, deffen Beſchaffenheit 332 ‚Sindelbäufer, ob fie fo nuglich find, ald man insgemein glaubet 480. 481 Firnißbaum, ob fein bloßer Dunſt blind —— 655 Flannel, wurde von den Alten ſehr ſtark zur Kleidung gebraucht + 566 Sliegen, werden mit einem Pfifferlinge getödfet 220 Sliefige Materien, von den Geſtalten der Oberflaͤche derſelben 38 Frankreich. Wenn der franzoͤſiſche Hof —— * be, deutſch zu ſeyn 422 » 441. wie die Sprache an demfelben im neunten Sahrhunderte befihaffen geme- fen: 439 Frau, Nachricht von einer, die da vorgiebt, fie gienge mit dem heiligen Geifte ſchwanger 545 ®. Enkafvonkben, Befchaffenheit derfelben 71: 328 Galliſche Nationen, welche ehemals Die Birke unter ihnen geweſen 614 Gebläfe bey Huͤttenwerken, Verbeſſerung deſſelben 4. ob ein ſehr heftiges oder ein gelinderes nuͤtzlicher fey 5 Geburtsbelfer, Nachricht fuͤr diefelben 222 ? Geiſt beiligeer, mit demfelben ruhmt fich eine er ſchwanger zu gehen —9* wie hoch der Zins davon in Rom ehemals Genferfee, ob die Rhone durch denfelben ließe, ohne i mit deſſen Waffer zu vermifchen —— kann man ohne Gefahr oͤffnen,ehe fie noch st reif fin 542 Geſetze, ausnehmende Strenge, und übermäßige Ge lindigkeit derfelben, find beyde fehädlich 564 Geſi icht, warum wir dir Sachen nicht — * hen 72 — Tt 3 Geſtirne, Regiſter. Geftiene, deren Schoͤpfung iſt endlich "TREE Getreide, verfchiedene Arten deffelben erfordern denes Erdreich Gewächfe, Nachricht von: einigen — 654. er Gewitter entiteben aus Schwefeldünften 533 Gicht laufende, ſicheres Kennzeichen derfelben 331 Giromons, eine befondere Art Kirbiffe 134 Glas von Weinffeinöl und gepülverten Kiefelfteinen wird: aufgelöfet 220. wovon das Glas durchdrungen wird, 374. wie es in Waffer aufzulöfen 374 Glaͤſer gefchliffene, Gedanken über deren Abweichung 33 Goldkuͤſte in Guinea, Furze Nachricht davon 334 Gras, das fehr hoch wacht 126 Griechen, die freyen, deren Anzahl Griechenland iff jego nicht mehr fo volfreich 95 mals Gualdo di Perugia, Nachricht von dem Erdbeben * ſelbſt 267. 268 Guinea, natürliche Merkwuͤrdigkeiten daſelbſt 333 * deſſen forgfältige Beobachtungen des Mondes 321 Hals Huͤlfsmittel, wider boͤſe Haͤlſe 537 Baͤusliche Einrichtung der Alten und der Neuern, wor⸗ inn ihr vornehmſter Unterſchied beſtehe 458 Heirathen, warum man es den Bedienten nicht gern er— laubet 463 Bekla, wie oft dieſer Berg gebrannt hat 504 Heldengedichte, des Hrn. Voltaire Abhandlung davon i91 Heloten, was diefes für eine Are Sklaven bey den Grie⸗ chen geweſen 473 neu. wodurch fie zu Grunde gerichtet worden 547. diefe Stadt wird wieder gefunden, und viele Geltenheiten von derfelben ausgegraben 547: 548 infonderheit ein Theater 549. und fehr viele Bild- ſaͤulen 552.553 YBermapbroditen, ob es welche gebe 21 ‚ers, welches Herzohr am fängften Iebe 40, 41. Nach? | richt von verfchiedenen Berbärtungen in einem si 652 ac 17.2074 Regiſter. Zirſchhornſalz, wie ſtark es der Faͤulniß widerſteht 306 kr da8 heutige iſt volfreicher als ehemals ——— in welchem die Figur eines Reichsapfels entdecket worden 5ıı. 514. imgleichen Buchſtaben 515. mie beydes hineingekommen 518 »olseinge, mie diefelben mahrfcheinlicher Weiſe — hen 516. ob alle Jahre ein neuer Holzring anwachſe 520. Mittel, wie man den Glauben davon entweder beſtaͤtigen oder widerlegen koͤnne 521 Horninſel, Rage derſelben 126 Hornvieh, Mittel wider den Krebs deſſelben 136 3. Jamaica, die Luft dafelbft will den Englandern nicht mohl befommen 555. Page dieſes Landes 555. große Hige und viele aiftige Thiere, Tageslänge und zween Fruͤhlinge dafelbit 556. Lebensart der Einwohner und ihre herrlichften Mahlzeiten 557. grauſame dafelbſt gewöhnliche Leibesſtrafen 557. was Das Land je Früchte bervorbringt Ines de Eafiro, deren traurigeg Liebesverſtandniß ke * Influxionismus, pſychologiſcher 409. 410. 412 Alert und Waffer , deren Nutzen wider böfe } alte 538. Island, Nachricht von der Befchaffenheit diefes ee 503. age, Größe und Abtheilung Pieter Inſel 505 Beſchaffenheit der Regierung dafelbit 507 Julius Eafar fol fich mit vier Millionen Galliern her— umgefchlagen haben 577 Yumaets, eine befondere Art Maulthiere 444 Jungferſchichten was — fo nenne 382. 390 Aatzeninfel, Lage derſelben 16 Kinder warum fie ſo oft von den Alten weggeleget wurden 478. Solons Geſetz wegen Umbringung derſelben 479 die Gewohnheit, die Kinder wegzuwerfen iſt in — noch uͤblich 480 Rloͤſter, Anmerkung gehen derfelben - 478 Regifier. Born, Austheilung deſſelben in Rom, wie es Bam be: ſchaffen gewefen 596. 597. 508 Krankheit, Nachricht von einer eöbtfichen, die 7 A durch ein befchiverliches Hinunterfchlucken der Speife und Getränke offenbaret 103. von einer befondern im Herzen und Herzſacke 52 Krankheiten, welche inden Niederlanden gemein find 325 vornehmfte bey einer Armee in den verfchiedenen Sabreszeiten und einige practifche Beobachtungen dar: über 328 f.f. verfchiedene neuere, Davon die Alten nichts mußten 454. ob nicht bie meiften aus der Voll: bluͤtigkeit entſtehen ger. fie rühren oftmals von 9 geringen Umſtaͤnden her 543. Kratzenſtein, elektriſche Verſuche deſſelben | = Beeidenfalz in dem Ginefifchen, Nachricht von. demſel⸗ ben 227. 339. natürliche Befchaffenheit deffelben 340. _ verfihiedene Berfuche damit 342 f.f. es ent- halt Schwefel in ſich 346. wie ihm feine Bitterkeit zü benehmen fen 348. ob es ein Sal neutrum fey 350 Briege der Alten wurden mit größerer Wuth gefuͤhret, als heut zu. Tage 488- 489. 490 Bupferftiche, Nachricht von folchen, Die J einer Farbe abgedruckt werden 311 C. Laͤhmfluß, wird der ſchwarzen Galle zugeſchrieben 541 Caͤnder, welche insgemein Die volkreichſten ſind 457- Zautbuchffaben, Anmerkung über die fieben in er — * calyptifchen Geiftern Leibesſtaͤrke und Groͤße, ob fie Bisher noch. in a Weltaltern gleich gemefen Zeibesfirafen, fehr graufame auf Kam Louiſiane oder Mißifipi, Lage und —— Landes 117. Eintheilung deſſelben in die obere und niedere Inſel 126. natürliche Bekhichte davon 128 * Schaden den dieſe Pflanze beym Schafpieh F richtet | | Zufiade ded Camouens, Nachricht davon 202 Zeh: fer in derfelben 7. 218 | mi ma⸗ Regiſter. M. Sagen, derſelbe iſt der Mittefpunct aller Häufe 540 Mittel für überladenen Magen. 542.543. —— von einem Geſchwuͤre in demſelben Magneſie, was dieſelbe fey N Maillet (Benedict) Nachricht von demfelben 38 Mais oder Mahis, tuͤrkiſches Korn, wie es auf Louiſiane fortkoͤmmt 130. wie das Mehl davon ———— und was davon zubereitet wird 0.131 Mandeil, ein Ihier, das einem M enfihen ſehr —* 4 Mannagras, brandenburgiſches, Nachricht von demſ 220 Manufacturen befördern dag Wachsthum einer Stadt 569. die franzöfifchen werden inEuropa ausgebreitet 570 Marcellinus, deifen Nachricht yon der Rhone wird ;* falfch widerlegt Markaſite, verfchiedene Berfuche mit denfelben a Mlafern, Auszug aus Herrn von Hahns Schrift von den⸗ A 509: was für Zufaͤlle fich dabey zu aͤußern Ir Mithan, Mittel, demſelben vorzubeugen 316. Es Mienfcben, Betrachtungen über die Menge derfeiben bey „den alten Nationen 451. ob igund kaum der funfsiafte Theil Menfchen fo viel auf dem Erdboden wohne, als zu Julius Caſars Zeiten 454.455. welche Einrichtung du Sestoflangung des menfehlichen Geſchlechts am zu⸗ aͤglichſten ſey 482. 572. ob die Verfaſſung der neuern Staaten dazu vortbeilhaft fey 484 Mienfchenblur, verfauftes, Berfirche mit demfelben 301 Mikrometer, deffen Nugen bey Fernroͤhren, in Meffung großer Weiten. 24 Milch ſtraße, Betrachtung derfelßen Kaps, 163 Miles und Paganus, warum es einander etgegengeee Namen find 467 Misgeburt von einem Hunde u einem Schweine, Nachricht von derfelben . 44 ff Mißifipi, fiche Aouiſiane. Wiſſouri, Nachricht von diefem Fluffe “24 VILOTERN ein nemlich — Flug 129 Monats * Regiſter. —J Gedanken über die Unbeftändigfeit der als. 500 urond, was ed nutze, den wahren Stand des Mondes — wiſſen Wonnier (fe) deffen forgfaltige Beobachtungen des Din, des irafbeln, ob die Suͤndfluth aus Indien welche nach &r ropa geführet 221 f. fehr viele unterfchiedene Sorten ‚felben um Siena — 23h. Kationen, Unterfuchung, 06 die alten fo ſehr volkreich geweſen, ald man indgemein biefelben le 453 Niederlande, Befchreibung derfelben, und was für Frank, beiten allda gemein find 325 Nil, einige Nachrichten von dieſem Fluffe 262 LTordifche Voͤlker, Gedanken über die große Dienge der- felben bey ihren Wanderungen 612 Nuͤrnberg, bie wahre Breite Diefer Stade wird Seffinme 38.39 — oder der ſchön Fluß, Nachricht von sen Paganus, ftche Miles, Palmeus, erfindet die Kunſt, blaue und rothe Kupfer drucken 314 E Parates, Befihreibung diefer Wurzeln 133, Perdeig, pder der verlorne Flu Lund Petrarcha, Nachricht von demfelben 95 Pfifferling, ein gewiſſer, womit man liegen toͤdten NE k | ‚220° Pfirſchbaͤume, wie fie zu beſchneiden | 64 Phyſikaliſche 99:I1I, 2203223. 319: _ 441-448: 5406:559. 654656 Plutarch, Lob dieſes Befghichrfehteibere 625 Poden, fiehe Blaͤttern. Politi£, Grundfäge der alten | 485 Pompti, wo dieſe site verfptere Sindtgeſiadn 546° Pontus 4 Regiſter. Pontus Euxinus, ſoll ehedem alle Jahre zugefroren Rn 609 Ptolemäus, über wie viel Städte er geherrſchet 575 Punſch, ein fchadfiches Getränfe auf Jamaica, fonft Mordteufel genannt J 557 Ratten, werden auf Jamaica gegeſſen 557 —— Nachricht von einem vielfachen zu Nom 529 von andern eben dergleichen * anderwaͤrts beobach⸗ teten 330.531. wie ſie entſtehen 532 Rehfußſchnitt was die Gartner fo heißen 48 Reichsapfel, deffen Abbildung wird in einem Pu ges funden 514 Reichthum zu befißen, war bey den Athenienfern Fehr ges faͤhrlich 498: 499 Reif, ob er auf flachem Lande fortfomme 132 Religionseifer der Irrlaͤnder 494 Republiken die alten, feßten ihre Sicherheit in die enge Pr ara 485. waren faft beſtaͤndig in Kriege re wickelt ee großer Menarchien, find zur Sandtungmic equem Rhein, vorgegebene Merkwuͤrdigkeit an diefem Stufe sr bone, vorgegebene Seltfamfeit dieſes Fluſſes 76. Sr. 3 Falfchheit derfelben 88. 89. warum diefer Irrthum bisher beybehalten worden 93. fernere befondere Nach⸗ richten von dieſem Fluſſe 256 ff. warum er von den Alten Anas genennet worden 258. Ebbe und Stuh | deffelben 263. Urfachen davon 265 Rhevmatismen, ob fie von der ungerdrückten Ausduͤn⸗ ſtung herzuleiten 5 Rom, Ariſtides Gedanken von dieſer Stadt 592. die Haufer barinn waren ſehr hoch 592.593. die Bürger konnten ordentlicher Weife, wenn fie was verbrochen hatten, nicht anders, als durch die Berweifung beſtra⸗ fet werden 564. Schaͤtzung ihrer Größe nach 10600 Pfund Spinneweben 373. wie flark ihre Macht gewes Ali 576. die vornehmen Römer hatten en Palaſte Regiſter. Palaͤſte 593. Umfang von den Mauern der Stadt Rom - 594. Anzahl ihrer Thore 595. wenn und wie dag Brodt oder Korn in Rom ausgetheilet wurde 596. 557 598. mie groß des Nero Palaſt dafelbft gemefen 602 was für Winter daſelbſt für Ealt gehalten werden 607 608. ob es ehemals Falter daſelbſt geweſen, als itzo 608 Rouge, Nachricht von diefem Fluffe 123 Rube, deren Beſchaffenheit und Urfachen 1.398 Aunen, wer fo genennet worden 197 Salse kaliſche, ob fie die Faulniß befördern. ober verhin- dern 307. Verſuche mit dem englifchen Larirfalge 360 . mit bem Carlsbader und Gebliger 361. mie die Salze diſtilliret werden er Salzgeiſt, verfihiedene Verſuche damit und mit Falifchen Körpern | 2 353 Sargaſſo, eine Art ſchwimmender Kraͤuter 221 Schafe, Mittel wider die Faͤulung derſelben 137f. wider die Ruhr 221 Schaͤfer, wie es Varro mit den ſeinigen gehalten 475 Schiffe, Nachricht von den nauibus Aæcapois und nn WVoig 37- 3 Schiffahrt, morauf die Kunſt, den Weg eines Schiffes aus den Beobachtungen des Mondes genau zu beſtim⸗ men, hauptfachlich anfomme 319 Schiffsinfel, Zage derfeiben » 126 Schlachten der Alten, warum fie viel blutiger waren, als Die heut zu Tage 488.489 Schleim, glasartiger der Alten 1932 Schmaufen, Beyfpiele verfihiedener Perfonen, mie fie fich dazu gefchieft gemachet 542.543. 652. 653 Schriftſteller, der alten ihr Zeugniß von der übergroßen Dienge ber Menfchen zu ihren Zeiten, Fann Feinen Aus⸗ fihlag geben 573. überhaupt hatten Diefelben wohl viel Wahrheitsliebe und Aufrichtigfeit, aber weniger Ges nauigkeit und Sorgfalt ; 574 Schwefeldünfte, aus denfelben entffehen Gewitter 533 Schweine, Mittel wider den Ausfag derfelben 136. 13 große Heerden derſelben in Italien 604. m * Regiſter. Hirten machen, wenn ſich die Schweine von verſchiede⸗ nen Heerden unter einander miſchen, Daß fie sy wieder aus einander bringen Schweiz, Gedanfen darüber, warum fie fo volfreich jr 484. fie bat die erfahrenften Hauswirthe, und die ehfechteften Kaufleute 570 Scurrs, fiehe Verna. Seele. Nachricht von des Heracliti und Hippocratis Seelchen 28. mas Heraklit unter dem Worte Gede verfieht 29. Vorſtellung der Seele unter dem Bilde eine Schmetterlinges 31. ob die Seele die Natur des menfchlichen Körpers fey 402.653. ob fie Ro a reellen Einfluß in den Körper wire Seele, wo fie ihr Wohnhaus im menfchlichen Körper aut gefiplagen babe 541 Seitenftechen, Herrn Raulins Saͤlblein dafür 536. 537 Seleucia, wie viel e8 Menſchen foll enthalten haben 6035 Seruns, eigentliche Bedeutung diefes Wortes 466 Siena, Merkwuͤrdigkeiten der Natur dafelbft PR ff: BE warum die Sitten des Alterthumes fo Barbarifch aren 459 490.491 Sklaven, was die Römer mit ihren alten unbrauchbas ven und kranken anfiengen 459. des Cato Grundfag davon 460.470. tie man bey gerichtlichen Unter⸗ fuchungen mit ihnen umgieng 461. wein Wolluͤſtige die Aufführung ihrer Sklaven zu unterfuchen pflegten 462, große Verachtung gegen diefelben 462. ob fie fich verheirathen Durften 464. 470. 473. ob man fie nicht wohlfeiler kaufen, als erzieben konnte 455. Ans merfung über die americanifchen Sklaven 468. Des mofthenis Gefeß wegen der Sklaven 469. bie Groß fen in Rom hatten derfelben fehr viele 4 wie es gehalten wurde, wenn ein Sklave ſeinen en ermors - dete 472. zu Heſiodus Zeiten hielt man verbeirarbere Sklaven fir ſehr Dienlich 473. was ber Griechen ihre Heloten für Sklaven gewefen 473. ſehr große u berfelben zu Athen 586.591.599. Corinth 587 om Sbkiavenkries, von wem er erreget worden —3 or han Meaifter., - Sklaverey, mar zu den alten Zeiten fehr gewöhnlich 458 Unterſchied der haͤuslichen Sklaverey von der bürger: lichen Untermwürfigkeit 458. was fie für einen Einfluß in die Bevölkerung eines Staats habe 462.463. fie war der Glückfeligfeit fowohl, al8 auch der Vermeh⸗ rung der Menfchen überhaupt ſchaͤdlich 476.477 Soldaten, wie fie in alten Zeiten bejoldet worden 483 Gedanken über die igigen gemeinen. Soldaten 4837 Soldstenfisnd, deffen großes Anfehen bey den Römern Tin i | 467 Solon, erlaubet ben Aeltern durch ein Geſetz, ihre Kin— der umzubringen 479. Anmerkung uber die Gefege 6 deffelben | 565 Sophora, eine Pflanze, die beflern Indigo giebt, als die rechte Indigopflanze nt 655 Spbäroides, oder Afterkugel 145 Spiegelftein, deffen Befihaffenheit 379 Sprache, Nachricht von der altfrankifchen 428 St. Francois, Nachricht von diefem Fluffe 124 St. Louis (Fluß) Nachricht von demfelben 119 f. bes fondere Befchaffenheit der Gegenden um die Muͤndung deffelden 121. feine erſtaunliche Ergießungen 122 - Stasr,der ſchwarze, wird durch die Elektricitaͤt curiret | 99: 103 Staatsveränderungen waren in ben alten Zeiten insge⸗ mein fehr blutig 490. 491. 494. 495. ein paar Bey⸗ fpiele, wo es nicht fo fehr blutig dabey zugieng 492 Städte, fehr aroße, ob fie einem Lande zutranlich find 482 Stabl, Betrachtungen über den theoretifchen Brundfaß deffelben in der Arztneywiſſenſchaft 400.419 Steifigkeit der Gelenke gehöret unter die Kennzeichen wahrhaftig todter Körper 535 Stein, deffen Erzeugung im menfchlichen Körper 368 Steinbänke, Gedanken uber Diefelben 390 Sterne, Nachricht von neuerfihienenen 156. von Vers Anderung ihrer Stellen 167. wie ınan folche Funftig entdecken könne 168. ob fie fich in geraden Linien be> wegen 170. wie weit fie von und abftehen 172, wie viel ihr Fortruͤcken in einem Sabre betragt 177 Straußen, Regiſter. Straußen, ob und wenn ſie ihre Eyer bebruͤten 442 Stunden, veraͤnderte Art, dieſelben im Florentiniſchen zu zahlen 627. Gedanken eines Cardinals, welche die beſte Art ſey, die Stunden zuzählen - R 628 Suͤndfluth, ob fie Muſcheln c. aus Indien nach Europa ge⸗ fuhret 222. ob fie für die Urſache der Verſteinerungen fünne angegeben werden 39 Sybaris, was die ungemeine Bevölferung dieſer Stadt befoͤrdert habe 569. wie vielfich frepe Burger daſelbſt befunden 575 F Telliamed, Nachricht von dieſem Buche und dem Ver⸗ faſſer deſſelben 398 Thuͤrhuͤter in Rom waren insgemein gefeſſelte Sklaven 460 Todt, Nachricht von einem todten Manne, welcher gar nicht ſteif geworden 534. 535. welches doch ſonſt ein Kennzeichen wahrhaftig todter Körper iſt 535 Todte, wie und wo fie in Guinea hin begraben werden 335 Trißino (Giovan Giorgio) Nachricht von demf, 191*f. 199. mas man an ihm ausfegen Fönne 200. und was an ihm zu loben - 202 Verna, wurde ein in der Familie geborner und auferzoge⸗ ner Sklave genannt 466. ob ſie vor den andern eini— gen Vorzug gehabt 467. warum es auch ſo viel als Scurra bedeutet 468 Vexillarii, was diefeg fir Soldaten geweſen 37 en Su Villica, was dieſes für Leute bey den Roͤmern Z Ysadl, "Möheings Abhandlung von den Geſchlechten 3 ſelben 632 ff. Vogelneſt ein mit Stein aͤberzogenes 391 W. Waſſer, wie das Carlsbader Geſundbrunnenwaſſer kuͤnſt⸗ lich nachzumachen 249. 250 Waſſerhoſen find auf dein adriatifchen Meere gemein 527 Waſſerreiſer, wenn fie an den Bäumen abzufipneiden 44 Mein Fa a 2 Regiſter. %: & Weinbau, warum die Ränder volkreicher find, mo Wein, als andere, mo bloß Korn gebauet wird ı 457 Weizen, was — zu beobachten, wenn er auf * ane fortkommen ſoll 134. 135 Weltbau, wodurch er immer aus einem Zuſtande inden andern gerath ER Weltgebaͤude, neue Theorie deffelben Miefen brauchen niche fo viel Aufficht ala ahtbere Bände reyen 646 Mindwirbel, ein ganz befonderer, der zu Rom beobach: tet worden 523. _ feine Geſtalt, und wo er bergefoms men, auch was für einen Weg er durch Rom genom> men 524. feine Befchivindigfeit, und was er für Schas ben gethan 525. er war ein mwirflicher Typho 327 nie ein folcher Wirbel entftebe 327: Erflarung deß elben 528 Winter, ob derſelbe ehemals in Italien und Branch harter geweſen als itzo Witterung, die Beobechtungen derfelden find bisher — von ſchlechtem Nutzen geweſen 25. Gedanken davon 26.27 Wucher, großer, mit dem Gelde, was derfelbe anzeige 367 wie hoch er in Rom Ben 508 % bien, bey den alten Sefihichtfhreibe, find meiſtens übertrieben 573. 579. die in Caͤſars Denkwuͤrdigkei⸗ ten find zuverlaͤßiger 6ig Seitalter des Alterthums, verfchiedene werden für einen Perioden gehalten 3580 Ziegel, werden durch einen Windwirbel zermalmet 5 Ziegen fußſchnitt, was die Gärtiter fo heißen Zins vom Gelde, wie hoch er in Kom ehemals gefkiegen sc Zirkel der Jahre, werden an einer Eiche gezaͤhlet 222. Zwerchfell, deffen Zuſammenhang mit allen übrigen Theis len des menfchlichen Koͤrpers 540 Swirser, ob es welche gebe 2 I PR di | | 3 5185 00299 8720 } 2 ö ; [ee] 5 5 Er ar — J * *