dv 9L21L0600 1921 € HANDBOUND AT THE ke $ UNIVERSITY OF TORONTO PRESS F=) ie Br ri % HANDBUeR DER BO TANTE BEARBEITET UND HERAUSGEGEBEN VON Dr. N. J. C. MÜLLER, PROFESSOR DER BOTANIK AN DER KÖNIGL. FORSTAKADEMIE ZU HANN. MÜNDEN. ERSTER BAND: ALLGEMEIN EZBO TAN IE ERSTER. THEIL, MIT 480 ABBILDUNGEN IN HOLZSCHNITT. HEIDELBERG. CARL WINTER'S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG, 1880. HANDBUCH DER ALLGEMEINEN BOTANIK VON Dr. N. J. C. MÜLLER, PROFESSOR DER BOTANIK AN DER KÖNIGL. FORSTAKADEMIE ZU HANN. MÜNDEN. ERSTER: THELIE: ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE DER GEWÄCHSE. MIT 480 ABBILDUNGEN IN HOLZSCHNITT. a er ne u HEIDELBERG. CARL WINTER'S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG. 1880. SEINER EXCELLENZ, DEM WIRKLICHEN GEHEIMEN RATH, OBERLANDFORSTMEISTER UND CURATOR DER KÖNIGL. PREUSSISCHEN FORSTAKADEMIEEN, HERRN OÖ. VON HAGEN IN EHRERBIETUNG GEWIDMET VOM VERFASSER. & 3 x F u RER ee VI VORWORT. ollen die Hauptgefichtspunkte heutiger Forfchung und die S vorhandenen Refultate in einem Lehrgebäude vereinigt werden, fo ift das erfte Erfordernify, dafs der Plan ein ein- heitlicher fei. Ob der Ausbau der einzelnen Abfchnitte in gleicher Weife vollkommen von einem Botaniker behandelt werden kann, darf bei dem Reichthum der fpecialiftifchen Studien der heutigen Zeit billigerweife bezweifelt werden. Die Frage wird nur fein: ift es vortheilhafter, wenn Compi- latorien, welche dem directen Lehrzweck der Hochfchulen dienen follen, durch mehrere Fachleute zu einem einheitlichen Bau zufammengetragen werden, als wenn fich ein Einzelner diefer Aufgabe unterzicht ? Ich habe mich für die letztere Weife entfchieden und in dem vorliegenden Bande der Aufgabe, die Hauptzüge der Zellen-Phyfiologie und -Anatomie mit den Lebenserfcheinungen zu vereinigen, gerecht zu werden gefucht. Zu ganz befonderem und aufrichtigem Danke ‚für die Unterftützung bei Ausarbeitung des Werkes bin ich ver- VII Vorwort. pflichtet Seiner Excellenz, dem Herrn Geheimen Rath und Cu- rator der kgl. Forftakademieen von HaGeEn und den Directoren der kgl. Forftakademie in Münden, Herrn Geheimen Regie- rungsrath Dr. HeyEer und dem für das forftliche höhere Unterrichtswefen leider zu frühe verftorbenen Oberforftmeifter BERNHARDT. Die Herren Fachgenoffen haben mich in der freundlich- ften Weife mit den oft fchwer zu erlangenden Abhandlungen aus den Akademieberichten bedacht. Ich fage allen diefen Herren aufrichtigft Dank und insbefondere. den Herren Pro- feffor Dr. pe Bary in Straßburg, Profeflor Dr. PrinGsHEim in Berlin, Profefflor Dr. SCHwENnDENER in Berlin, Profeffor Dr. von NÄGeLı in München, Profefflor Dr. Bönm in Wien, Pro- feffor Dr. Wiesner in Wien, Profeflor Dr. GöÖPPERT is Breslau, Profefflor Dr. A. pe CanporLE in Genf, Dr. Tuırenıus in Wiesbaden, Sir RICHARD ge Dr. phil., Director des botanifchen Gartens in Adelaide. Münden, im November 1879. Dr. N. J. ©. Müller. IX Inhaltsverzeichniss. m Erfter Theil: Anatomie und Physiologie der Gewächse. ann Seite. OO EAN IRB NH Erste Abtheilung: Das Protoplasma. $ 1. Das Leben als eine Bewegungserfcheinung aufgefalt . . . . . . - 3 Synthetifche Verfuche 5 $ 2. Die Continuität der organifchen Bew re 10 A. Nackte Protoplasmamafen . 12 B. Thierifche befchalte olastnatnatiln 18 $ 3. Pflanzliche nackte Plasmamaffen . 21 A. Art der Strömung 22 B. Verhalten gegen die Gero ind Centrifugalkraft 22 C. Das Capillitium 24 '$ 4. Plasmamaffen, welche in = Zeilhöhieaumi Unseichiohin find 24 1. Lage des Protoplasmakörpers . 24 2. Temperatur EN ee N Er 3. Athmung . . . MEERE ET NEET 4. Phyfikalifche Eigenfchaft (chemilche Confinition) - RR a ee BE A MEERE ZESWEHBE I. ee, wa ae a AT TE 2 Bi SIHaHen und. SChaciien ; Te ae ee tn 5. Lage abhängig vom Licht . . . . DT et 2 6. Einfluß des elektrifchen Stromes und a El EIER ER RN re ie EN EEE ER 5, Allgemeine Betrachtung der Strömung . 43 Zweite Abtheilung: Zellbildung. $ 5. Die Bedeutung der Zelle im mechanifchen Sinne (Feftigkeit, osmotifche und chemifche Spannung) . . EEE >. $ 6. Die Bedeutung der Zelle im sahen ee sole idhen RR FERLIEEIDAS ET RN N EN VE Gr Ar A | 50: Kieakie er Zallbildung :..°,: 0 8 an nr Be a TREE 47 Der Zellkern . .- . . N N ER Er N IAE $ 8. Sogenannte freie Zellbildung ST a In EEE. 4: SE NSR $ 16. A. B. £, D. A. B. A. B. G), 3:0 H. Inhaltsverzeichniß. . Zelltheilung Die Spirogyra Sporen der east. Pollen der Phanerogamen ; Vorkeimzellbildung bei den Contferen i . Theilung bei Oedogonium und den Diatomeen . . Theilungen in der Epidermis . Theilungen an vegetativen Körpern . Scheitelzellen . Theilungen im N Banane Cambium). Dritte Abtheilung: Wachsthumserscheinungen der Membran. . Dickenwachsthum der Membran Centrifugale Verfchiebung des äußeren Conronis ei Centripetale Verfchiebung des inneren Contours I. Abrundung des Lumens in centripetaler Richtung II. Ungleiche Wandverdickung III. Zellftoffbalken und in centripetaler Richung vorpringende Leifen A. Zellftoffbalken der Caulerpa . NH B. Cyftolithe (Steinkammern) BE RR IV. Centripetale Verdickung, Schrauben und Ringe V. Porenkanäle ED . Der einfache Porus . Der verzweigte Porus . . Der Nadelholz-Tüpfel (behöfte Por . Schraubenlinige Poren . i . Leiterförmige ner 3 . Siebporen EN ET N N VI. Combination aus IV id Y. Schraubenverdichung und Poren in der- felben Membranfläche 2 VII. Intercellularfubftanz und a primäre Menbin: HmOnu»> . Schichtung und Streifung der Membran . Phyfikalifche Eigenfchaften der Pflaizenabinkten A. ’ B. Unbegrenzte Quellung in ausgewachfenen Zellen ‚os D. Beobachtungen über die Volumänderung durch Quellung in verfchiedenen Quellung jugendlicher Membranen _. Begrenzte Quellung wachfender und ausgewachfener Menke Regionen des Baumes . Specififche Anziehung der feften, heile zu ı verfchiedetien Flüfigkeiten . Die Dichte SUR EN . Unbegrenzte Ouellänp ı° Pathologifche Erfcheinungen . 2° Normale Schleimbildung Quellungsdrucke Theorie der Intusfusception hd Ansottan A. Structur der Stärkekörner a ai ua 4 u ee B. & D. Inhaltsverzeichniß. Wachsthum und Differenzirung des Stärkekornes Argumente für die Intusfusception - : £ Chemifche Reactionen der Cellulofe und diren Deivare $ 17. Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge A. B. SI Oo vu a ww DD Gefchwindigkeit der Leitung des Schalles im Holze . Verhalten im 'polarifirten Lichte . 1. Verfuche mit dem Doppelfpath . . Hotropie und Anifotropie . ö . Verhalten dünner Gypsplättchen . Verhalten’ gepreßter Glasplatten . Verhalten von Glasringen und Ginstahrehen . Verhalten pflanzlicher Gewebedurchfchnitte . . Argumente für und gegen die Annahme kry Aallinifcher RR in der Membran . : 8. Künftliche Mirbreneh a aus : Cellulofederivaren I 9. Beziehungen zwifchen den —_. und dem Elaficitätsellipfoid 10. Allgemeine Folgerungen . $ 18, Beftimmungen der verlchiedenen Lächtbrecheng in Flüffigkeiten XI Seite. 102 : 113 116 121 122 122 123 126 128 133 134 140 146 150 163 165 168 Vierte Abtheilung: Flächenwachsthum der Membranen. Streckung der Pflanzenorgane. $ 19. Umgrenzung des Gegenftandes $ 20. Räumliche Orientirung b $ 21. Methoden der Beobachtung . A. B. € D. Allgemeine Beobachtungen . 3 Verdrängung beftimmter Zellen dur; das Hass eine Ser Beftimmung der Wachsthumscurve durch Scalirung der Pflanzentheile (Partial- zuwachs) 5 ? Auxanometrifche Beohachnunden : $ 22. Ergebniffe der Meflungen nach den RER FE Merhoden. $ 23. Allgemeine Mufterung der Disgregation der Gewebe . Fünfte Abtheilung: Folgen des Flächenwachsthums. $ 24. Gewebeipannung ee E. Fi . Umgrenzung des Geseniusden. . Vergleichung der Spannungscurve mit ee Carpe sei Barsieiiei Ya che . Drucke, welche der Expanfion das Gleichgewicht halten . . Die Gewebefpannung, eine Folge der osmotifchen Spannung des W 4 und der Quellung . Turgor und Feftigkeit Periode der Spannungsintenfität $ 25. Intercellularräume A. B. C. Specififches Gewicht dar Games Entftehung der Intercellularräume .. . Bedeutung der intercellularen Räume 1. Bei den Wafferpflanzen . 2. Bei den Landpflanzen 170 171 172 174 176 176 182 182 185 186 186 188 189 191 195 194 195 196 198 199 199 201 XI ß; Inhaltsverzeichniß. a) Entwickelung und Stellung der Spaltöffnung s b) Diffufion und Abforption der Gafe in der Membran . c) Diffufion und Abforption im Laubblatt d) Verdunftung am Blatte . e) Verdunftung der Blattflächen RER, Enpwickelunge f) Verdunftung einer Blattfläche bezogen auf eine gleichgroße Wafler- fläche . g) Verdunftung einer Mesh herein =. elite Wafferfläche h) Verdunftung gleicher Flächen der Innen- und Außenfeite . i) Erguß von tropfbarem Waffer in die Intercellularen des Blattes . Bedeutung der Intercellularräume bei der Secretion a) Erftes Auftreten der Secrete b) Translocation der Secrete c) Erguß in die Intercellularräume d) Stellung der Secretionsorgane Sechste Abtheilung: Ursachen der Richtungs- und Lageänderung. $ 26. Vererbliche Habituszüge durch Anpafflung der Organe an befimmte Lagen zur Lothlinie und den einfallenden Lichtftrahl . A. Gravitation I o- os “um > B. Formbedingender Einfluß, de Tadlites 5 I; 2: 3. Negativer und pofitiver Heliotropismus . KnicHT’s Erbe : . Die Wurzeln heben eine Laft. Experimente mit Queckfilber Er Mo- dellirthon . Blattentwickelung an enden Zr eigen. ‚Behiebe verlchteden BE ter Blätter . Krümmung der Kbleiineenfptöffe . Stellung der zygomorphen Blüthen . Stellung der Trameteshüte an aufrechten und liehenideh Barimklkinmien . Beugung der Moosfrüchte . . Prädispofition zum Geotropismus i . Vorbeftimmung der Gewebe, welche Adventivfproffen bilden (Polarität der Gewebe) Folgen des Lichtmangels . \ Einfeitiger Beftrahlung angepaßte Pflansen ; a) Stämme und Wurzeln b) Blätter . Theorie der Bewegung. Dekan über de 'Lichtflärke,, ve nöthig ift, die Pflanzen zu affıciren. Zur Theorie der Reizung . Verfuche im Sonnenfpectrum . Prädispofition und Anpaflung . Polarifation . : ; . Bewegung der Schwärmipdien gegen das Licht , . Wirkung einfeitiger Beftrahlung . . Wirkung des Lichts auf die Zellcheilung , 229 230 231 234 235 239 240 241 241 242 247 247 248 249 250 251 251 254 261 261 262 264 268 269 $ 27. Formverhältniffe, welche complexen Einwirkungen aus der Beftrahlung und $ 28. $ 32. :Inhaltsverzeichniß. gegenfeitigen Lage der Organe entfpringen ı. Heliotropifche und geotropifche Pflansensheile 2. Lage der Hauptaxe zum Loth ; 3. Structurverhältniffe in horizontalen Rhizomen Periodifche Bewegungserfcheinungen Allgemeine Betrachtung der Perioden A.. Tag- und Nachtperioden B. Br der Bewegung . I. Muskelapparate, Gelenke 2. Einfluß des Reizes. Stoß. Elektrifcher Schlag: PUERTO 3. Gewöhnung an den Reiz 4. Phototonus und Dunkelftarre C. Reizbewegung der Staubfäden . . Schlingen und Ranken A. Drehung der Stämme um ihre BEE B. Rotirende und fchraubenlinige Bewegungen . . Nutation : . . Bewegung in Folge Verfihiedener "Austrockdurgg der Gew be A A. Saftige Springfrüchte . B. Trockene Springfrüchte . C. Fruchtklappen der Leguminofen D. Zapfen der Abietineen E. Geraniumfrüchte (Moosfeten, Gisane)- F. Bewegung in elaftifchen Zellen begründet . Siebente Abtheilung: Grobe Anatomie. Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt A. Geometrifche Aufgabe ; a) Volumvermehrung der EEE AR Zellen \ b) Längsftreckung gleich bei ungleicher Theilung . c) Ungleiche Querausdehnung d) Ungleiches Dickenwachsthum der Meinbranes ER Zellengenerationen . a) Stammbaum der EEE b) Erlöfchende Defcendenten: Eenie; Mark, Holz, Boibs; Kork; c) Dauernd thätige Defcendenten: Cambiform, Gitterleitzelle, Cambium, leitendes Grundgewebe : . . . %. .. . Vertheilung der Gefäßbündel . . Feftigkeit der Gewebe . . . Secundärer Zuwachs am Baume { a I. Vertheilung ‘über Wurzel, Stamm, Setze Blatt ; 1. Wurzeleinfügung u 2. Periodifch beblätterte Stämme . 3. Immergrüne Blätter 4. Ruhende Knofpen II. Stamm und Zweig (Faferv BEER, ) MON XIV Inhaltsverzeichniß. S 33. Grenzen der Reproduction A. Folgen der a Korkildung a) Lenticellen dan b) Periderma c) Borkenfchuppen . j ; d) Namenszüge in Blätter BEER e) Der Blattftiel durchfchnitten Zweignarben, Blattnarben B. Callusbildungen . t. Rindenfenfter \ 2. Ringelung der Rinde 3. Spiralringelung 4. Umfchlingung . ei ; 5. Verwachfung und Teenndine 6. Bruch . ut 7. Oculiren, Piraien 8. Callus an Stecklingen 9. Trockenäfte . ı0. Callus aus den Schälftellen ı1. Namenszüge in der Rinde ; C. Deformirung von Pflanzentheilen durch aka $ 34. Evolution des Baumes . A. Allgemeine Gefetze der Blatt- = Zwögtiitung, Die Behr ie 1a : B. Discufion der Reihen + n+ n® +. Achte Abtheilung: Theorie der Ernährung der Pflanzen. $ 35. Allgemeine Orientirung A. Die Medien - a) Ernährung der Ameben i Verdauung eigener und fekidardipee ie Koleper b) Algen des Süßwaffers. Meeresalgen c) Pilze. Flechten ; B. Abriß der Entwickelungs- und Erräbiiigseriiheieie a) Ernährung der Moosfeta und. Frucht b) Ernährung der beblätterten Pflanze der Geißerypröpänien., c) Ernährung der entftehenden Keimpflanze im Embryofack d) Ernährung der Phanerogamenparafiten $ 36. Ernährung der grünen Landpflanze . oo . 392 A. Die verbrennlichen Kohlenftoffv re befeheäiben " einen Kreisprüchl Zwei eintretende Ströme: Gas- und Wafferftrom B. Ä i C. Allgemeine Theorie der Gas- und Wafferftröme in der Die > D. Was ift ein abfolutes: Nährmittel? ; ; ı. Kohlenftoff. Stickftoff. Wafferftoff. Sauertoff ; 2. Schwefel- und Phosphorverbindungen . 3. Chlor. Fluor. Brom. Jod . 4. Kalium. Natrium 5. Calcium. Magnefium . 6. Mangan. Eifen. Zink . 395 389 389 390 391 393 394 394 395 396 397 Tühältöverseichmiß. 7. Kiefelfäure 8. Das Afchenfkelett (Gefantmtätche) Afchenzuwachs vom jüngeren nach dem älteren Zuftande E. Ort der osmotifchen Aufnahme 1. Wurzelauszweigungen 2. Wurzelhaare . 3 3. Secretion einer Säure : aus de Wural = F. Diffufionsverfuche 1. Die Osmofe . 2. Natürliche Membranen 3. Künftliche Membranen G. Fortleitung des Waffers (der Lang, Weiche: aus Er Boden Sekannmen wird) rt - ı. Die Pflanzen warfen ER : a) Beftimmung des Waffergehaltes im Baume k b) Beftimmung des Stärkeftromes in dem Holz des RER 2. Ueber die ganze Strombahn befinden fich waflergefüllte Gewebe Veriheile . Holzconvolute von Stamm und Wurzel 4. Filtrationserfcheinungen . I. Periode des Blutens . - a) Größe des Druckes bei ned EIER b) Der Druck bei wechfelnder Temperatur, Thränen der Gräfer und Aroideen . En ERE ’ c) Größe des Drücke bei din Waldbaum, ve Rebe d) Periode im Druck und der Ausflußgefchwindigkeit e) Theorie der Erfcheinung RT II. Periode der Verdunftung H. Theorie der Bewegung . Ra I. Phänologifche Beobachtungen II. Phyfikalifche Momente n ı. Adhäfion der Flüffigkeit in 2 Bienen Zellen dr enden Blätter und Zweige TERN NEE FOR Er .2. Capillarität. 3. Jamn’s Phänomen ; 4: Strömungsgefchwindigkeit $ a) Geradlinige unverzweigte Eehschahrieti b) In winkligen Zweigbahnen 5. Diffufion des Flüfigen zum Feften (Imbibition) 6. Mac Nap’s und Prrrzer’s Verfuche (CoTTa’s Tin ctionsyeriiche) 7. Bewegung in den Nervenenden des Blattes . 8. Einfluß der Verdunftung - 9. Verdunftungsgröße verfchiedener Bäume : ww N 37. Affimilation > ; Literatur über die Wiking e= Fichten a die Pflanze ä A. Ueberficht der Erfcheinungen an der Erde TE B. Die Endproducte der Aflimilation und deren Merkrennungeihkne > C. Die Arbeit der Pflanze gegenüber den äußeren Agentien a) Die äußere Arbeit Ae’ XV Seite. 409 409 410 411 411 412 412 412 413 414 419 422 422 422 425 426 426 427 427 429 429 430 430 430 436 441 442 446 446 446- 448 449 449 452 455 458 462 463 465 470 472 474 475 480 486 XVI Inhaltsverzeichniß. b) Die innere Arbeit Ai’ D. Ort der Affimilation . ..Der Chlorophylikörper . . Differenzirung im Dunkeln . Ergrünen im Lichte. . Amylumeinfchlüffe . Eifen ein Conftituent des Mlssönkrlien:, . Theilung und Lagenänderung . Auffällige Form der Chlorophylizellen i . Die Strahlengattung, welche das Pigment bildet . . Zerftörung des Pigmentes in lebenden und todten Pflanzen . . Der Chlorophylikörper ein Organismus . . Function der Laubblätter . . Durchleuchtung des Pflanzenblattes . Abforption der chemifchen Strahlen . Abforption der minder brechbaren Strahlen . Spectrum der Chlorophylllöfung . Fluorefcenz des Chlorophylles . . Kohlenfäurezerlegung a) Directer Nachweis für die Abforption des Lichtes bei ae Afı- milation . 3 b) Diffufion der Gate im Sönmenlicht and Sontenkbesirhi & ©) Gasanalytifche Methoden . d) Die Verbrennungswärme der Beniktepraduck: beiogen su er eingeftrahlte Wärme e) Refultate $ 38. Fortleitung der affimilirten Körper h A. Aeufßere Kennzeichen für das Ziel des Stromes B. Der Rindeftrom . ; ı. Erfolg der Ringelung und Renferäne ? 2. Verfuche mit Stecklingen ; C. Hiftologifche und chemifche Unterfiichungsnieilihlleg . I. Gruppe: Nährmittel . i I. Kohlehydrate 2 a) Stärke (Amylum) . b) Inulin . c) Rohrzucker GiaHs On : d) Traubenzucker, Glucofe GH1Os e) Gummiarten . 2. Fette und fette Oele . 3. Proteinkörper (Albumine) . Il. Gruppe: Secrete 57%: . i ı. Harze, Gummiharze, Ehasen Reben Camaliiee) j 2. Aetherifche Oele (Effenzen) I. Sauerftofffreie (Camphene, Terbene) » II. Sauerftoffhaltige ätherifche Oele . Kampfer SB 4. Schwefelhaltige ätherifche Oele, Senföl „ oO ou can PwD Ho. DD HHHH Oo“ PR w _ SI ww Seite. 487 490 ° 491 491 492 492 494 494 495 495 495 496 497 497 498 499 s0o2 507 509 sıı 512 513 517 517. 526 527 530 530 532 535 539 539 540 543 543 3 544 545 546 549 549 551 551 552 552 552 a ‘ Bl Ja DENTRIBEN BR } Shan ae” Ve a a Inhaltsverzeichniß. | XV Seite. ee Re en u SM RE RE —ooe- $1. Das Leben als eine Bewegungserscheinung aufgefasst. An der Pflanze kann man einen Theil der Lebenserfcheinungen und der Geftaltung ‚zurückführen auf die folgenden elementaren Proceffe: 1° Aus dem flüffigen Zellenleib fchlagen fich im Beginn plaftifche, fpäter fefte Membranen nieder, welche das flüflige Lebewefen in eine fefte Form einhüllen. Ein einziger folcher Raum mag einftweilen eine Zelle, ein Com- plex vieler folcher mag ein Zellgewebe genannt werden. 2° Das flüflige Lebewefen nimmt von außen durch Diffufion gelöfte, fefte und gasförmige Körper auf, vergrößert fein Volum und gliedert das- felbe in mehr und mehr von feften Membranen umhüllte Hohlräume, welch’ letztere felbft während diefes Vorganges an Mafle zunehmen. 3° Während diefer Vorgänge in ı° und 2° müffen fich chemifche Proceffe im Innern des Lebewefens abfpielen, durch welche die durch Diffufion eingeführten Körper (Rohnährkörper) umgewandelt werden. in verbrennliche Nährkörper (Affimflationsproducte). Diefe find zum Theil ge- löft, zum Theil häufen fie fich als Niederfchläge an. Die Pflanze affi- milirt und fie fcheidet dabei gasförmigen Sauerftoff oder fauerftoffreiches Gas aus. 4° Bei allen Vorgängen des Lebens herrfcht der Procef der Ver- | ee Ein Theil der verbrennlichen Subftanz wird als Kohlenfäure ausgefchieden. Die Pflanze athmet. 5° Die fefte Hülle der Zellen ift eine quellungsfähige Membran, welche os Volumfchwankungen unterliegt: a) indem fie durch Einlagerung fefter Theile wächtt; b) indem fie je nach dem Waffergehalt der umgebenden Medien quillt oder fchrumpft ; c) indem fie quillt oder fchrumpft in Folge chemifcher Veränderung ‘des Zellinhaltes. Die Quellung ift eine ganz wefentliche und der organifchen Mafle allein zukommende Eigenfchaft. Gewifle Bewegungsvorgänge an Pflanzenzellen oder an complexen Ge- weben von Pflanzenzellen können fchon aus den vorftehenden Molecular- 2 4 1. Das Protoplasma. wirkungen erklärt, d. h. auf Folgen äußerer Einflüffe zurückgeführt werden. Möge m Fig. ı die Dicke der gleichmäßigen elaftifchen Membran einer Kugelzelle fein, welche ebenfo gleichmäßig mit tropfbarem Zellinhalte er- füllt ift, fo ift die erfte Bewegungsurfache alsdann in dem Temperaturwechfel begründet. Die fefte Hülle zieht fich gleichmäßig in der Richtung des Pfeiles o. zufammen nach m‘, wenn die Temperatur finkt, fie dehnt fich gleichmäßig in Richtung des Pfeiles ß-aus, wenn die Temperatur wächft. Im erfteren Fall wächft der Druck, im letzteren finkt derfelbe. Diefe Schwankung muß auch unabhängig von der Temperatur ein- treten, wenn in Folge chemifcher Vorgänge die Concentration der Löfungen im Innern der Zelle fich verändert. Denken wir uns zunächft die Osmofe ausgefchloffen, fo tritt eine geringe Contraction der Membran ein, wenn die Concentration in der Löfung wächft, und umgekehrt erfolgt eine geringe Expansion (Pfeil ß m nach m“), wenn diefelbe finkt. befitzen, weil das Gebilde nach es nach auffen von den Nachbarn in demfelben Gewebe eifige- Fıc. 1. Kreisfigur für den hydroftatifchen Druck und die Span- a“ gelangen, fo daß der Ring aa“ g in der Zelle. 2 er re mit fefter Membranfubftanz aus- gefüllt wird. Das Volum des Flüffigen wird immer kleiner; daher ift das Druckfchwankungen müflen endlich ftetig und in allen Ge- weben herrfchen, durch den Vor- ‚gang des Dickenwachsthums an einer felbft dem Volum nach aus- gewachfenen Zelle. In unferer Fig. ı möge der äußere Contour in a defswegen conftante Lage ‚außen ausgewachfen, oder weil fchränkt ift. Durch Wachsthum möge aber der innere Contour VA: der feften Membran allmälig nach * Dickenwachsthum an fich eine Urfache der Translocation in Richtung 53: Pfeiles A Fig. 1. Einen kleinen Theil der organifchen Bewegungserfcheinungen vermag man fomit auf mechanifche Urfachen zurückzuführen, welche entweder in einfachen Bedingungsänderungen der Umgebung, oder in einfachen Ände-. rungen des Organismus während des Lebens begründet find. Man kann felbft einen Theil der hier gedachten Vorgänge durch Experimente nachahmen. Könnte man die Bewegungserfcheinungen an (vor dem Experiment) todten Maffen ftetig machen, fo dafs der Verluft der Das Leben als eine Bewegungserfcheinung aufgefaßt. 5 Bewegungsurfache (Betriebskraft) von außen ftetig wieder erfetzt würde, hätte man die in den nachfolgenden Verfuchen vereinzelten Wandlungen in einem- Individuum vereinigt, fo wäre man dem Wesen organifcher Be- wegung um einen kleinen Schritt näher gerückt. ; Synthetifche Verfüche. Die Maflen-Zu- und Abnahme, verbunden mit den Phänomenen der Ausdehnung und Verkleinerung des Zellenvolums, alfo Bewegungserfchei- nungen allgemeinfter Bedeutung, laffen fich leicht und lehrreich demon- ftriren, indem man Seifenblafen mit verfchiedenen Gafen anfüllt (mit Hilfe des Apparates Fig. 2). Eine mit atmofphärifcher Luft angefüllte Seifen- blafe ift, in der atmofphärifchen Luft fchwebend, eine geraume Zeit ftabil, in Volum und Maffe unveränder- lich. Eine mit Kohlenfäure ge- füllte Blafe aber finkt von dem Moment, wo fie das größte Vo- lum erreicht hat, allmälig in fich zufammen, weil die Theil- chen des Zellinhaltes in der Mem- bran von Waffer leichter löslich find, wie die Theile in dem Medium, welches die Zelle um- spült. (Sauerftoff und Stickftoff.) Füllt man endlich eine dritte Seifenblafe mit Wafferftoff, fo erhält man .die umgekehrte Be- z \e Fıc. 2. Wenn man den Behälter 4, Fig. 2, mit COs füllt wegung, die Blafe wächft und und in 5 eine Seifenblafe mit diefem Gas füllt, dann den . Er . a Hahn fchließt, fo kann man beobachten, wie die Gasblafe all- platzt endlich, w eil die Theilchen mählich zufammenfinkt, bis fie verfchwindet. Stellt man aber des umgebenden Mediums in der eine Wafferfoffblase her, fo wäch diefe, bis fie platzt. Membran löslicher find, wie die Wafferftofftheilchen, welche das Zellen- volum ausfüllen !). Stellen wir uns vor, daß in der Luftfeifenblafe gerade fo viel Gas- theilchen aufgenommen wie abgegeben werden, fo ftellt die Wafferftoffblafe eine Zelle dar, welche, indem fie fich ernährt, fefte Theilchen aufnimmt oder beffer gefagt, mehr derfelben aufnimmt, wie fie abgibt. Die Kohlen- fäureblafe aber ftellt eine Zelle vor, welche den umgekehrten Proceß) aus- führt. In beiden Fällen ift der Proceß auf eine elementare Urfache zurück- geführt, auf die Diffufion chemifch verfchiedener gasförmiger Flüffigkeiten, 1) Die Abforptionscoäfficienten für Wafler und eine mittlere Temperatur find für Wafferftoff kleiner, für Kohlenfäure größer wie für atmofphärifche Luft. 6 I. Das Protoplasma. durch eine tropfbar flüffıge, gefpannte Membran. Der chemifche Unter- fchied zwifchen dem Inhalt der Zelle und dem umgebenden Medium ift die Urfache der Bewegung. Die chemifche Differenz zwifchen dem Lebewefen und feinem Me- dium wird verbraucht in dem Maaße, wie die Bewegung vor fich geht. In einem Falle unferer Verfuche, in der Wasserftoffblafe nämlich, fieht man, daß die Membran der Volumzunahme nicht folgen kann, weil fie felbft nicht ernährt wird, fie platzt in Folge davon. Könnte auch die ge-. fpannte Membran in dem gleichen Maaße ernährt werden, wie das Volum der Zelle wächft, fo wäre ein Gebilde gefchaffen, welches die Vorgänge an der lebenden Pflanze in vollkommener Weife nachahmt. Es ift TRAUBE gelungen, folche Zellen herzuftellen, indem er zwei folche lösliche Körper in Löfung zufammenbrachte, welche einen Niederfchlag bilden. So ver- halten fich z. B. die Löfungen von Leim und Gerbfäure, Eifenchlorid und Ferrocyankalium, Chlorcalcium und kohlenfaurem Kali (f. für letztere die Verfuche von FAmINTzın weiter unten). Bringt man einen Tropfen Leim [ß Leim!) z, Fig. 3, an einem Glasftabe in die Löfung des Tannin, fo überzieht fich derfelbe mit einer durchfcheinenden, elaftifchen Membran von Leimgerbfäure, welche verhindert, daß fich der von ihr umfchloffene In- halt der Zelle mit der: Tanninlöfung mifcht. Die Zelle wächft und bildet gelegentlich Ausftülpungen, welche in gleicher Weife von der- äußeren Nährlöfung durch Membranen gefchieden find. Das Wachfen ift eine ftetige Erfcheinung, die in unferem ‚Verfuche auf die Anziehung der Leim- löfung zu den Waffertheilchen der die Zelle umgebenden Nährlöfung zu- rückgeführt werden muß. Die Membran ift fo befchaffen, daß fie für beide Membranogene undurchläfig ist und für die ganze Dauer des Vorganges verbleibt. „Möge a a, Fig. 4, die Ausdehnung der Zelle für einen gegebe- nen Zeitpunkt bedeuten, die Figuren Kreis und Kreuz mögen die Molecule der Gerbfäure-Leim-Membran darftellen, deren Interftitien fo eng find, daß weder Gerbfäure-Molecule in centrifugaler, noch Leimtheilchen in centri- petaler Richtung die Membran paffıren können, fo werden die Molecule der Membran dadurch, daß Waffertheilchen mit dem Pfeile die molecu- laren Interftitien paffıren, in radialer Richtung in die Schale b b* gelangen. !) Der 8 Leim entfteht durch anhaltendes Kochen des gewöhnlichen Leims, er hat die Eigenfchaft, zu geliren, verloren und läßt fich: zu einer zerreiblichen Mafle ein- dampfen. SIEGFRIED REISSECK, Ueber künftliche Zellenbildung in gekochten Kartoffeln. 1851. Sitzungsber. d. K. Acad. Aprilheft 1851. — Prof. FAMmInTzın, Ueber amumylartige Ge- bilde des kohlenfauren Kalkes (Verhandl. des naturhiftor.-medicin. Vereins zu Heidelberg). — P. Harrıng, Recherches de Morpholog. fynthetique fur la production artificielle de quelques formations calcaires organiques. Amfterdam. van der Poft. 1872. Das Leben als eine Bewegungserfcheinung aufgefaßt. 7 Die Interftitien erweitern fich fo, daß foeben die beiden Membranogene die Lücken, welche felbft von unendlich kleiner Ausdehnung gedacht wer- den müffen, ausfüllen. Sobald fie dort zufammentreffen, fchließen fie aber hinwiederum jene Lücken. Die Membran wächft daher ftetig, fo lange noch eine genügende Anzahl wafferanziehender Theilchen des inneren Membranogenes vorhanden ift. Sie wächft durch Einlagerung kleinfter Theilchen zwifchen Fıc. 3. Apparat zur Herftellung der Trause’fchen Fıg. 4. Schema der Trause’fchen Zelle. Zelle. vorhandene kleinfte Theilchen und dadurch, daß ein Vorrath chemifcher und osmotifcher Spannung verbraucht wird. Denn offenbar muß einmal Stillftand in diefem Wachsthumsvorgang eintreten, wenn nämlich die Mole- cule im Innern / (fiehe Fig. 3) verbraucht find). Bezogen auf die Vorgänge in der Seifenblafe, ift in der TrAUBE’- {chen Zelle das Wachsthum in voll- kommener Weife nachgeahmt, weil in ihr das Volum durch Stoffauf- nahme wächft und weil die fefte Hülle (Membran) durch einen che- mifchen Procef3 eine Maffenzunahme erfährt. Könnten beide Vorgänge rıc. ;. Eine Kette von Kalk-Sphäroiden, welche aus in einem Experiment fo realifirt {nz Lone Crakim reinen Mi ‘ werden, dafs ftetig in dem Maaßse, 600: 1. wie durch die Membranbildung der Zellinhalt einen Verluft erfährt, neuer Vorrath an plaftifchem Material eingeführt würde, fo entfpräche das Gebilde in mechanifchem. Sinne mindeftens dem vegetativen Theil einer niederen 1) Dr. J. Sachs, Zur Gefch. der mechanifchen Theorie des Wachsthums der organi- fchen Zellen. Bot. Ztg. 1878. 8 | I. Das Protoplasma. Pflanze. Drei im Pflanzenreich vorherrfchend in die Augen eine 3 Erfcheinungen fehlten dann freilich-noch: die feine Structur organifcher Membranen, die Theilungsfähigkeit und die conftante Form. ; Die Traupr’fche Zelle läßt, wie fchon aus der Diffufion des Waffers hervorgeht, folche Verbindungen diffundiren, deren Moleculargewicht kleiner ift, wie das der beiden Membranogene. So diffundiren Ammonfalze z. B. durch eine Niederfchlagsmembran, welche aus Metallfalzen hergeftellt wurde. FAmınTzın ift es vor einiger Zeit gelungen, anorgane Formen fo aus Chlorcalcium und kohlenfaurem Kali zu fällen, daß das noch plaftifche Kalk-Sphäroid unter dem Auge des Beobachters wuchs, einen helleren, anders lichtbrechenden Kern differenzirte, der nach der Angabe Famnrzın’s fich theilte, fo dal mehrere Kerne zum Centrum neuer Sphäroide wurden. Er fah in wenigen Minuten Drillinge, Vierlinge und Ketten von Kalk- FıcG. 6. Niederfchlagskörper von kohlenfaurem Kalk, durch vorfichtiges Zufammenbringen von Chlorcalcium und kohlenfaurem Kali entftanden (nach Famıntzın). Sphäroiden entftehen (Fig. 5). Jedes Individuum fchichtete fich in Schalen von verfchiedenem Lichtbrechungsvermögen. Eine großse Anzahl der Ge- bilde ähnelte den zufammengefetzten Stärkekörnern, wie fie in der Pflanze vorkommen, fo fehr, daß felbft ein geübter Mikrofkopiker fie nach dem bloßen Augenfchein für Stärke halten mußte (Fig. 6). | Bei ee Herftellung folcher Niederfchlagskörper bringt man zwei Tröpfchen von kohlenfaurem Kali und Chlorcalcium an einem Deckglafe an, legt diefes, nachdem man die Tropfen durch eine fchmale Wafferbahn in Berührung gebracht hat, fo auf einen hohlen Objectträger, daß die Tröpfchen, an dem Deckglas hängend, vor Verdunftung gefchützt find. An der Berührungsftelle der beiden Tropfen bildet fich eine TrAugE’fche Membran. Im Chlorcalciumtropfen entftehen nach einiger Zeit jene allmälig anwachfen- den Sphäroide (Fig. 6). Gewiffe feine Structurverhältniffe der Planzenmembran -laffen fich fynthetifch ermöglichen in Kiefelfäure-Niederfchlägen, welche bei der -- che mit Chlorcal- Das Leben als eine Bewegungserfcheinung aufgefaßt. 9 Zerfetzung von Siliciumfluorwafferftoff entftehen. Man verfährt bei diefem Experiment fo, daß man in einem Glasgefäß Sand, Flußfpath und Schwefel- fäure mifcht und die entftehenden Dämpfe von Siliciumfluorwafferftoff in einem befeuchteten Baumwollpflock auffängt. Bei der Zerfetzung des Gafes fchlägt fich die Kiefelfäure in Form der in Fig. 7 abgebildeten Schalen nieder. Diefelben befitzen die Geftalt verzweigter Cylinder oder Kugeln, . deren Wand zum Theil mit außerordentlich regelmäßigen Areolen bedeckt ift. Andere Kiefelfchalen find mit zierlichen Warzen bedeckt oder die Schale ift an regelmäßig umfchriebenen Kreisftellen örtlich verdünnt (Be- ginn eines Porus). Von Intereffe ift, daß an folchen Kiefelfchalen die sechsfeitigen Felder der Diatomeenpanzer mit verfchieden großem Durch- meffer .eines Feldes vorkommen. Ich habe folche Schalen hergeftellt, bei welchen die Felder nur mit ftärkeren Vergrößerungen aufgelöft werden konnten. Andere laffen die Felde- rung fchon bei 2- bis 300-facher Vergrößerung er- kennen. In fehr alten mikrofkopifchen Präparaten, wel- ciumlöfung einge- fchloffen waren, zerfetzt fich diefe Fıc. 7. Zellengebilde aus Kiefelfäure: A verzweigte, abenteuerlich geftaltete Cylinder- Löfung in der ketten. B Blafen mit warzigen Verdickungen. C Blafe mit fechsfeitigen Feldern. Weife, dafs, jedenfalls ganz langfam wachfende, Sphäroide von kohlen- faurem Kalk entftehen (Fig. 8), welche durchaus den Inulinfphäroiden ähnlich find. Es find Kugeln und abgeglättete fphärifche Körper mit dop- pelter Schichtung und Streifung, welche in concentrifche Schalen und radial geftellte Pyramiden differenzirt find. Wie das Inulin find fie doppeltbrechend. Die gefetzmäßige Wiederholung der Pflanzenformen und, der in ihnen vorgehenden Bewegungserfcheinungen ift an die Wandlung eines beftimmten Zellinhaltes ge- FRE Fıc. 8. Sphäroid bunden — des Protoplasma. Dasfelbe ift ein zähflüffiger kohtenauem Kalk, Körper, welcher die Zelle mehr oder weniger vollftändig Ye it in der a ; { orcalciumlösung_ ei- ausfüllt. Die Bewegungen der Protoplasmamaffen, foweit nes mikrofkopifchen Präparates nach vielen fie dem Auge des Beobachters mit Hilfe des Mikrofkopes jahren gebildet hat. direct zugänglich, find fehr complicirt und werden in den hier nachfolgen- % Zi #4 u 10 I. Das Protoplasma. den Abfchnitten ftudirt. Von Generation zu Generation vermitteln kleine Protoplasmamaffen den Zufammenhang, die Continuität organifchen Werdens. $ 2. Die Continuität der organischen Bewegungserscheinung'). Denkt man fich eine Kette von vielen taufend Generationen einer und derfelben Pflanzenart in die Vergangenheit und eine unendliche Reihe derfelben in die Zukunft, von dem Zeitpunkt gerechnet, in welchem diefe Betrachtung angeftellt wird, fo ift die Kette lebender Wefen in diefer Reihe continuirlich dadurch, daß in mikrofkopifch kleinen Tröpfchen von Protoplasma der Ei- oder Keimzellen die Evolution des Pflanzen- oder Thier-Individuums beginnt. Eine fefte, innerhalb weniger Generationen conftante oder wenig wandelbare Form ift das Ende der Entwickelung. Jenes Tröpfchen ftammt von einer vorhergehenden Generation und das aus ihm gebildete Individuum häuft erft nach beftimmter Zeit alle die Form- keime in fich an, welche nöthig find, um von Neuem eine Keimzelle in dem gleichen Sinne wie vorher keimfähig zu machen. Es ift zunächft die Anhäufung der potentiellen Energie, die Keimkraft während !) H. v. Mouı, Bemerk. über den Bau der vegetativen Zelle. Bot. Ztg. 44. S. 273. — H. v. Mon, Ueber die Saftbewegung im Inneren der Zellen. 73. 89. Ueber das Wachs- thum der. Zellmembran. 337. 53. 69. 85. Bot. Ztg. 46. — GÖPPERT u. CoHN, Ueber die Rotation des Zellinhaltes in Nitella flexilis. 665. 81. 97. 713. Bot. Ztg. 49. — SCHACHT, Die Pflanzenzelle, der innere Bau und das Leben der Gewächfe. 1852. Berlin. C. W. FE. Müller. — N. PRINGSHEIM, Ueber den Bau und die Bildung der Pflanzenzelle. ı. Abthlg. Theorie der Pflanzenzelle. 1854. Berlin. A. Hirfchwald. — Tu. Harrıg, Ueber die Func- tionen des Zellkerns. S. 574. Ueber das Verfahren bei Behandlung des Zellkerns mit Farbftoffen. S. 877. Bot. Ztg. 54. — TH. Harrıc, Ueber das Verhalten des Zellkerns der Zellbrut-Entwickelung. 161. Bot. Ztg. 55. — H. v. MonHr, Der Primordialfchlauch. Bot. - Ztg. 55. — Max SCHULTZE, Das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen. ° Leipzig. W. Engelmann. 1863. — CIENKowsKY, Das Plasmodium. Pr. Jahrb. Bd. III, S. 400. — Dr. LEopoLp DirpeL, Entftehung der wandftändigen Protoplasmaftrömchen in den Pflanzenzellen und deren Verhältniß zu den fpiral- und netzförmigen Verdickungsfchichten. Halle. H. W. Schmidt. 1867. — S. ROsAanoFF, De Pinfluence de Valtraction terrefire fur la direction du Plasmodie des Myxomicetes. 1869—70. — HuGo DE VRrıes, Sur la permeabilite du protoplasma des betteraves rouges. (Extrait des „Archives Neerlandaifes“. T. H. 1871.) — Dr. W. VELTEn, Bewegung und Bau des Protoplasmas. 1872. — W. VELTEN, Ueber die Verbreitung der Protoplasmabewegungen im Pflanzenreiche. 645. Bot. Ztg. 72. — Han- STEIN, Vorläuf. Mittheil. über die Bewegungserfcheinungen des Zellkerns in ihren Be- ziehungen zum Protoplasma. 22. 41. Bot. Ztg. 72. — C. F. W. KRUKENBERG, Ueber ein peptifches Enzym im Plasmodium der Mixomyceten. Unterf. d. phyfiol. Inftituts d. Univ. Heidelberg. II. 3. Die Continuität der organifchen Bewegungserfcheinung. ı1 der Evolution eines Individuums in der abzufchnürenden Eizelle der complicirtere Vorgang in mechanifchem Sinn. Die Auslöfung der po- tentiellen Energie in eine beftimmte Art der actuellen während der Ent- wickelung, und mag der entwickelte Keim noch fo complicirt fein, ift als eine Vereinfachung der Aufgabe für jede Zelle anzufehen. Wir haben nun in jener Reihe von zahllofen, hintereinander belegenen Keimzellen, durch welche die gegebene organifche Bewegungserfcheinung continuirlich wurde, eine zweite Wandlung in’s Auge zu faffen: von Keimzelle zu Keimzelle wächft die Größe der potentiellen Energie mit der Erhebung der Rage und im Allgemeinen von den niederen nach den höheren Pflanzen die Zeitdauer, bis das Individuum mannbar wird, d. h. von Neuem eine mit allen Form- - keimen verfehene Eizelle zu differenziren vermag. Diefes Heranwachfen der potentiellen Energie über die ganze Kette ift aber offenbar wie vorher bei der einmaligen Evolution des Individuums der complicirtere Proceß; derfelbe ift gegenüber der einmaligen Entwickelung aus einer befruchteten Eizelle, nach der heute herrfchenden Defcendenzlehre von einem inneren. Bildungstriebe abhängig, welcher mechanifch nicht begreiflich ift. Mecha- nifch betrachtet, ift daher die Evolution der morphotifch höheren aus den morphotifch niederen Ragen ein einfacherer Proceß wie derjenige, durch ‚welchen der Bildungstrieb in die frühere Eizelle angehäuft wurde. Die Protoplasmamaffe niederfter und niederer Pflanzen wird daher in ihrem molecularen Gefüge viel complicirter gedacht werden müffen, wie diejenige in den vegetativen Zellen höherer Gewächfe. Stellen wir mit Bezugnahme auf die heutige Defcendenzlehre den vorftehenden Gedankengang in einer Reihe von Sätzen zufammen. In zwei Formftäimmen (Ragen), welche in die Vergangenheit con- vergiren, ift die organifche Bewegung für ungeheure Zeiträume continuir- lich dadurch, daß von Generation zu Generation in kleinen Protoplasma- maflen die Keime zur Formentfaltung für die je nächfte Generation angehäuft werden. Diefß ift der mechanifch complicirtere Vorgang. In dem Maaß, wie für die einmalige Auslöfung der Keimkraft wäh- rend der Evolution eines Individuums aus der Eizelle die Form entfteht, verliert die Protoplasmamafle je eines der vielen Zellenabkömmlinge die Fähigkeit, den Gefammteyclus der Eizelle auszuführen, bis nach der Vol- lendung der vegetativen Form und nach Aufwand von gewifler Zeit, bis zur Mannbarkeit, in beftimmt localifirten Zellen die Abfonderung der Ei- zellen möglich wird. Diefe Evolution der vegetativen Organe ift in me- chanifchem Sinne der einfachere Procef). In unferen zwei in die Vergangenheit convergenten Aeften muß der mechanifche Vorgang der Anhäufung von potentieller (Keim-)Energie in dem Schnittpunkt der Zweige, dem Ort, wo zwei verfchiedene Eizellen in 12 E I. Das Protoplasma. einem Form-Individuum Urfprung nahmen, complicirter fein wie in allen Eidefcendenten der fpäteren Generationen. In dem älteren Eidefcendenten muf3 daher der moleculare Vorgang der Anhäufung von Formkeimen im Allgemeinen complicirter fein wie in den jüngeren. Unter diefem. Gefichtspunkt erfcheint uns die Evolution der jetzt an- | ; ; 3 5 gepaßsten Ragen als eine ftetig fich vereinfachende Aufgabe, je höher die Race fich erhebt, gegenüber dem Proceß der Anhäufung der Keimkraft, welcher in den Ahnen unferer heutigen Ragen fich vollzog, in welchen ° zwar die Demonftration der äußeren Form einfacher, die moleculare An- ordnung dagegen complicirter war. Wenn es an der Erde eine einzige zufammenhängende Protoplasma- mafle gegeben hätte, in welcher die Keime der heutigen Formen gleich- mäßig vertheilt waren (dieß wäre die alleräußerfte Confequenz, zu welcher fich billigerweife unfere Phantafie verfteigen darf), fo müßte diefelbe felbft fchon (nach unferer Vorftellungsweife) fo complicirt fein, daß fie von dem Wiffen eines Physikers und Chemikers aus nicht mehr beherrfcht werden kann, gerade defswegen, weil aus ihr im nächften Schritt der Erhebung und ° Gliederung in verfchiedene Ragen Bewegungsänderungen auftreten, welche als innerer Trieb in der urfprünglichen Mafle vorbeftimmt waren. Diefer Trieb nach verfchiedener Geftaltung ift nach unferer heutigen Erkenntniß nicht mechanifch zu erklären. Die Discufion liegt jetzt an der äußerften Grenze des für den Zweck des vorliegenden Handbuches umfteckten Gebietes. Soviel wird Jeder- mann, der Neigung zum Nachdenken über Naturproceffe in fich trägt, nachempfinden. ‘Bei der Betrachtung zweier Keimlinge, der eine dem Apfel, der andere der Birne entfproffen, ift die geheimnißvolle Kraft, welche in denfelben fteckt, räthfelhafter wie die Formentwickelung nach der Aus- faat, welche aus dem einen einen Birn-, aus dem anderen einen Apfelbaum macht, auf gleichem Boden und bei gleichen äußeren Bedingungen. Die äußere fefte Form der Pflanzen kann vielleicht als eine Anpassung aufge- faßt werden, gegenüber den bis jetzt wenig zugänglichen molecularen Vor- gängen in den Keim-(Ei-)Zellen. Die niederfte hüllenlofe Protoplasma- mafle aber im Gegenfatz zu jener ftarren, feften Hülle der höheren Pflanze kann nicht in diefem Sinne begriffen werden. Ihre Bewegungen find zu mannigfach. Ich betrachte das Protoplasma, indem ich, von den nackten thierifchen nach den pflanzlichen fortfchreitend, zu den Plasmakörpern ge- lange, welche fefte pflanzliche Zellräume bewohnen. A. Nackte Protoplasmamassen. In dem ftagnirenden Waffer der Teiche, Flüffe, Sümpfe, aber auch in feuchter Erde, im Moos und Moor, leben die niederften, nackten, hüllen- . läßt in der Formenreihe, Die Continuität der organifchen Bewegungserfcheinung. 13 lofen Protiften. Es find flüfige Maffen mit einer hyalinen Grundfubftanz, welche geformte dichtere und weniger dichte Körner von verfchiedenem Durchmefler enthält. Ein folcher Plasmakörper verändert langfam und ftetig feinen Umriß, indem er flüflige Ausläufer ausfendet, andere einzieht. Er verändert ftetig die Anordnung feiner fichtbaren Inhaltstheilchen, indem er hier waflerreiche, fcharf umfchriebene Blafen (Vacuolen) bildet, dort verfchwinden läßt. Die beiden Amö- ben (Fig. 9) gerathen offenbar einmal in eine und diefelbe äußere Form, fo daß man fie alsdann für zwei der Art nach gleiche an- fehen könnte, und nur die längere Beobachtung welche von jeder durch- laufen wird, in der Art und Weife, wie die Va- cuolen entftehen und vergehen, einen Cha- rakterunterfchied erken- nen. A führt kleine Excurfionen nach allen ©, 2 beobachtet. Aus dem Formencyclus ergibt fich, wiewohl gleiche möglichen Richtungen, Formen in beiden Reihen vorkommen, eine Charakterverfchiedenheit der zwei = s . Maffen. In A find die körnerlofen Ausftülpungen der Grundfubftanz, bei a lehr- B führt ftetig fortschrei- reich. v Vacuole, welche verfchwindet und wieder auftritt. Zwei Amöben, jede im Verlauf von ı—2 Minuten durch die Reihe A ‚tende, wälzend ftrömende Bewegung aus. Bei der Amaba princeps (Fig. 10) ift die Stromrichtung ganz conftant. Die Spitze bildet dichotome Abzweigungen, welche entftehen und vergehen, während der gänze Körper fortfchreitet. Die Amöbe Fig. ıı bewegt fich außerordentlich mannigfach, fie durchläuft in 4 Minuten die Formenreihe a bis f, bald mit vielen * Piedopodien a bis e, Dada ana sera reiten te sb gerun det mit einem herr- ?% 3% 3 zeigen, daß der Körper Arömend fortrückt, fo zwar, daß an dem vorderen Ende nach links und rechts blafige Ausftülpungen fchenden fpitzen Ausläufer; getrieben, welche fofort wieder eingezogen werden, wie eine derfel- ben in der Hauptftromrichtung dominirt. (In Eurenserg’s Atlas be- fie fchmiegt fich der Luft- fehrieben) blafe L an und umwandert diefelbe, bildet zahlreiche kleine Vacuolen 14 I. Das Protoplasma. e a 4 Be. KIE ENET Fıc. ıı. Süßwaflfer-Amöben in aufeinanderfolgenden Zuftänden. v‘ v in b, welche demnächft wieder verfchwinden. Bei einer anderen waflerbewohnenden Amöbe, Fig. 12, tritt die Son- . derung der glashellen Grundfubftanz von der Körnermaffe dann befonders Fıc. 12. Amöbe, durch die Reihe r bis 7 verfolgt. v Vacuole. fcharf hervor, wenn fich die erftere am Rande in blafige Ausftülpungen mannigfach verfchiebt. en, - Die Continuität der organifchen Bewegungserfcheinung. 15 » Unter den erdebewohnenden Amöben gibt es pigmentführende; die Amphizonella violacea z. B. enthält ein violettes Pigment neben einem diffus verbreiteten gelben. Die trägen Bewe- gungen diefer Amöbe beftehen in der Bildung floffenartiger Ausftülpungen der hyalinen Grund- fubftanz a b, Fig. 13. Comprimirt man die Mafle, fo zerreifst die zähflüffigere Hülle a b und der körnerreiche, dünnflüfligere Inhalt. tritt aus. Gleichwohl darf jene Hülle a b, Fig. ı3, nicht als feft angefehen werden. ' Sie ftellt jedenfalls einen zähflüffigen, plaftifchen und gering elafti- Fıs. 13. Amphizonella violacea. Erd- fehen Aggregatzuftand dar. eg eg te Im Allgemeinen verlaufen die Formände- "lb :° Minuten. (Schafsberg bei Lim- ; burg, TuıLEnıus.) FıG. 14. Amoeba terricola (Grerr a. a. O.l) in drei Stadien, welche innerhalb ro0—ı5 Minuten an einem und dem- felben Individuum beobachtet wurden. Temperatur 20°C. # eine eingefchloffene Trinema acinus (befchälte Mono- thalamien). 7 Vacuole. ° rungen der erdbewohnenden Amöben langfamer wie diejenigen der wafler- bewohnenden, wie die Vergleichung der beiden Aufnahmen Fig. 14 und Fig. 15 zeigt. In Fig. 14 werden ıo bis 15 Minuten, in Fig. ı5 aber nur wenige Secunden gebraucht, um auf- _ fällige Geftaltänderungen hervorzu- 5 bringen. Faft alle waflerbewohnende keine» 5 © 2 dargetelle. Die Aufzeichnung der Um Amöben fchließen gelegentlich fremde riffe der hyalinen Grundfubftanz konnte kaum der Be- wegung folgen, von Secunde zu Secunde veränderte Körper, niedere Algen aus den Fa- ich der Umriß. In « ift die Amöbe eine Kugel, in z zweiarmig. In 2 fließt fie wieder nach der entgegen- milien der Palmellaceen, Desmidieen, gefeuzten Seite u.1:£.1.:490, Diatomeen u.a. m. ein. Sie zerftören das Leben in diefen und aflımiliren 1) Ueber einige in der Erde lebende Amöben. R. Gr£rF in M. SCHULTZE’s Archiv für mikr. Anat. 1866. S. 299. 16 I. Das Protoplasma. einen Theil des flüfigen Inhaltes‘ der aufgenommenen Zellenpflanzen?). Die Refte werden während der Bewegung wieder ausgeftofsen. Bei jener‘ Amceba princeps, Fig. 10, mit rafch ftrömender Bewegung erfolgt die Auf- * ; : nahme an dem vorderen, die Abgabe der Refte an dem hinteren Ede r bezogen auf die fortfchreitende Richtung. Die Vampyrella vorax, Fig. 16°), ift eine fphärifche Pizsmanıke mit haarfeinen Pfeudopodien A, fie fchliefßft die kleineren Diatomeen vollftän- dig ein, B, ohne diefe Geftalt zu verändern. Größere Synedren, wie die in Fig. C, gegenüber welchen ihre Maffe fehr klein ift, überzieht fie. Nach der vorliegenden Beobachtung rückt fie in 7, 2, 6 Minuten in der darge-" ftellten Weife über den Körper, der Synedra, fo daß nach vollftändiger Umfchließung der Parafıt als dünner Ueberzug über jene Synedra kaum noch Am complicirte- ften von allen thie- rifchen Protiften ift die Actinofpharra Eichhornii, Fig. 17. Sie ftellt eine voll- ftändig flüflige,. in zellige Hohlräume ge- gliederte Kugel dar, von welcher lange Stäbe ausftrahlen. Die periphere Schale der Kugel befteht aus hyalinerGrundmaffe, welche um polyedri- fche Vacuolen ein gefchloffenes Zellennetz bildet. Das Centrum der Kugel Fig. 17 (rechte Hälfte) enthält ein ebenfolches Zellenwerk mit körnigen Platten und Kernen. In großen Vacuolen befinden fich die gefangenen niederen Algen aus den Familien der Diatomeen, Desmideen, Volvocineen u. f. £.?). ‘ Die Strahlen felbft entfpringen dem inneren Theil der Kugel und Fıc. 16. Vampyrella vorax, nach der Natur gezeichnet. durchfetzen die hyaline Hülle, fie find differenzirt in einen mafliven Axen- ftab a und einen hyalinen Mantel in Fig. 17 B, in welchem die Kör- ner k k‘ fich gleitend bewegen. !) Hier handelt es fich jedenfalls um einen Verdauungsproceß. 2?) CZIENKOWSKY, Ueber einige Rhizopoden und verwandte Organismen. Scuurrze’s Archiv für mikr. Anat. XI. 3) Paftor EICHHORN, «Der Stern». 1776. — WaLLIcH. — HEckEL. — SCHULTZE’S Archiv. XXXI. Band. erkannt werden kann. Die Continuität der organifchen Bewegungserfcheinung. 17 Fıc. 174. Actinofphsera Eichhornii. Links von der punktirt. Linie it d. Zone der Grenzzellen i. optifchen Durchfchnitt a a ...., und in der Kugelfläche find diefelben Zellen in ihrer Flächenanficht dargeftellt b 5... Rechts von der punktirten Linie aber ift ein opt. Durchfchnitt durch d. ganze Kugel dargeftellt. Man unterfcheidet nach der Vertheilung der hyalinen, homogenen u. kör- nigen Mafle 4 verfchiedene Räume: die Grenzzone a a...., die körnigen kleineren i. Innern, ganz m. körnigem Plasma erfüllte - Gruppen au, zum vierten 2 großse Blafen hyalin und homogen. Die eine enthält ein Pediaftrum 5 und eine Scenedesmus- gruppe B‘ die andere eine Diatomee und eine Volvocinee (um Raum zu fparen, wurden die Strahlen rechts weggelaffen). Fıc. 17 B. Eine kleine Parthie der Kugel und ein Protoplasmaftrahl mit größeren k und kleineren Körnern, welche in einer hyalinen Hüllfchicht m eingebettet, um eine dichtere Axe a fortfließt. N. J. C. Mürrer, Handbuch 1. ı. 2 18 I. Das Protoplasma. Die randftändigen Vacuolen a a treiben oft blafige Anfchwellungen, welche über die Peripherie der Kugel weit hervorragen. Schneidet man eine Actinofphäre mit einem kleinen Mefferchen in zwei Hälften, fo grup- piren fich die flüffigen Theile nach einiger Zeit doch wieder fo, dal) zwei Individuen entftehen, indem die Randfchicht an jeder der Durchfchnitts- flächen von Neuem gebildet wird. Mit Bezugnahme auf die Abhandlung S. 15 geht aus der Schilderung der Bewegungsformen der nackten Protoplasmamaffen hervor, daß fchon in der flüffigen Protoplasmamafle ftete Charakterzüge in der Bewegung zum Ausdruck kommen, welche auf eine hochgradige Differenz in der molecularen Anordnung fchließen laffen. Die Bewegung felbft ift fo com- plicirt, daß die Formänderungen in der Evolution der höheren Pflanzen für je eine Race in mechanifchem Sinne einfacher erfcheinen. Denn es ift der ftete Wechfel der Form und die ftete Tag und Nacht und immer durch unendliche Zeiträume anhaltende Umlagerung der kleinften Theil- chen, welche hier in’s Auge fpringt. Diefe Bewegung läßt einen einiger- maßen ftabilen Zuftand der Form nicht zu, wie er in der Zellenpflanze erreicht ift. B. Thierische beschalte Protoplasmamassen. Wir betrachten zwei der lehrreichften Protoplasmakörper: Cochlio- podium pellucidum und Zyphoderia margaritacea (SCHLUMBERGER). Die erftere ftellt eine flache, tellerförmige Scheibe, Fig. 18, 19, im Fıc. 18. Cochliopodium pellucidum. Timtextus (Baflıns in der Umgebung von Wiesbaden). Eine Amöbe in drei Zuftänden, welche im Zeitraum von 15—20 Minuten im Mikrofkop beobachtet wurden. A. a hyaline Schicht, 5 dichtere Körnerfchicht im optifchen Durchfchnitt, c Körnermaffe der inneren Kugel. B. a a’ außerordentlich feine (körnig punktirt erfcheinende) Strahlen. C. In a die Strahlen und die hyaline Schicht vereinigt bis auf eine äußerft feine Zähnelung bei b, Durchfchnitt dar, m m die ftarre, fefte Hülle, P P' die bewegliche Plasma- mafle. In der Richtung des Pfeiles, Fig. 19, betrachtet, erfcheint die aus der Schale ausfließende Mafle, wie die Figuren ı8 A, B, C zeigen, als Die Continuität der organifchen Bewegungserfcheinung. 19 eine kreisförmige Figur, an deren Rande außerordentlich feine Körner- ftrömchen fich ausbreiten. Im Verlauf von r0—ız Minuten verändert fich der Contour, fo daß er bald ganz nach dem Rande der Schale ein- gezogen, bald in jene fehr feinen Strahlen aufgelöft wird, bald als breite, gezahnte und geftreifte Floffe hervorragt. Nach der Auffafflung von Thuırenıus!) ift S, Fig. 18 B, jene geftreifte‘ Schale, eine fefte, wenn fchon fehr zarte Hülle, durch deren Oeffnung die Protoplasmafäden ausfließen. Der Organismus ift in einer Ebene, welche fenkrecht zu den Figuren 18 fteht, eine Mütze m m, mit der Oeffnung, aus welcher die Protoplasmamaffe P P' ausfließt. Die Figuren ı8 find daher Anfichten von Fig. 19, welche in Richtung des Pfeiles gewonnen wurden. Die Bewegung der | Plasmamafle ift eine träge fließende, dabei aber treten - jene Aenderungen in der Lage der feften Theilchen zu den flüfligen außerordentlich rafch auf, wie dies aus der Ver- änderung der Streifung in der Maffe und der Zähnelung an ihrem Rande kenntlich wird. Fıc. 19. Bei der Cyphoderia [Lagynis ]?), einer befchalten Rhizopode des füßsen Waffers, ift das Studium der Bewegung von noch gröfserem Intereffe. Im gegebenen Momente füllt die Plasmamaffe die Schale vollftändig aus, Fig. 20 a. Soeben beginnt das Ausflieffen aus der Mündung M. Bald breiten fich lange, vielverzweigte, oft äußerft zarte hyaline Fangarme von Protoplasma aus, in dem Maafie, wie die Flafche entleert wird. Bei dem allmäligen Zurückziehen der Maffe von der Wand bleiben einzelne Stellen dort haften « a, bis endlich der größte Theil des Organismus aus der Mündung getreten ift. Bei diefem Ausfließen differenzirt fich die Körner- fchicht k von der hyalinen Grundfubftanz c, Fig. 20, fo daß zwei Menis- ken den hinteren Theil des Rhizopoden abgrenzen. Der von dem Rhizo- !) Vortrag im naturwiffenfchaftlichen Verein in Wiesbaden. Nov. 1876. — SCHULTZE, Archiv für Mikrofkopie. HERTWIG & Lesser. Supplem. zum X. Band. 2) Cyphoderia margaritacea. SCHLUMBERGER, 1845. Ann. d. fc. nat. III. S. 3. d. — 1852. PERTY (Bern), Zur Kenntnißder kleinften Lebensformen. — 1854. MAx SCHULTZE, Organismus der Polythalamien. — 1858. Fresenius, Abhandl. d. Senkenberg. Gefellfch. Frankfurt. — 1857. STEIN, Sitz.-Ber. der Böhm. Acad. — 1864. CARTER, Ann. of natur. hiftory: «on frefhwater rhizopodes of England and India». — 1864. WALLICH, Ann. of na- tur. hiftory. — 1874. HERTwIG & LESSER, SCHULTZE’s Archiv. X. Band. Supplem. — 1875. E. E. ScHULZE, in Arch. für Anatomie. — Fundort: Genf, Simplon, Bonn, Wiesbaden, nach THıILEnIus in allen Teichen. 9* = {7 Ss _— = je} wo . ° 5 = 2) ix = - 20 Fıc. 20. Formenreihe der Plasmamafe einer befchalten Amöbe (Lagynis). In a ift diefelbe, in die Flafche zurückgezogen, im Begriff, diefelbe zu verlafflen: eine Reihe von an der Wand haftenden Plasmafäden &, b die Flafche von der Seite (a um 900 gedreht). c hyaline, k%Körnerfchicht. ss die aus der Mündung M ausfließenden Plasmaftröme. S die Schale, bei S' ein kleines Flächenftückchen, welches die Felder zeigt. Pflanzliche nackte Plasmamaffen. 21 poden verlaffene Theil der Schale in a b ift gleichwohl mit Flüfligkeit - angefüllt. Es muß daher bei der Lagenänderung, wie fie von a nach c graphifch dargeftellt ift, ein der Plasmamaffe entgegengerichteter Waffer- ftrom nach dem Bauch der Flafche herrfchen. $ 3. Pflanzliche nackte Plasmamassen. Mit Ausnahme der in der feften Form niedrigft gegliederten Mixo- myceten und der Gefchlechtszellen und Schwärmfporen der niederen Pflanzen ift das Protoplasma in allen Pflanzen in Hohlräumen eingefchlof- fen, deren Wände von ihm felbft aufgebaut wurden. Die Bewegung der nackten Plasma- maffen ift eine ftrrömende, eine gleitende oder Flimmerbewe- gung. Bei der er- fteren entfaltet fich aus der hyalinen flüffigen Grund- fubftanz ein im Allgemeinen den- -tritifiches Strom- netz, in welchem die Körnchen ftrö- ‘Fre. 21. 1 Der Schwärmer van Aethalium fepticum. II. Die Amöbe von Aethalium. d f fi ß III. Das Plasmodium yon Aethalium. IV. Die Amöboiden-Bewegungen eines Plasma- men orttlielden, tropfens der Spongilla innerhalb ; Minuten. Y. Das Capillitium eines Mixomyceten auf Bei der zweiten EEE On pIEONGEDER: werden ganze Parthieen der zähflüffigen Maffe in einer vorgefchriebenen Bahn gleitend bewegt. Bei der dritten bewegt fich eine fcharf umfchriebene Plasmamaffe von beftimmter Form dadurch, dafs wimperartige Plasmaaus- ftülpungen durch ihre Schwingungen den Gefammtkörper im Waffer fort- fchieben. Die Sporen der Mixomyceten!) entlaffen zur Zeit der Keimung 'in feuchter, warmer Unterlage den Schwärmer, Fig. 21 I, welcher, mit einer Cilie verfehen, eine rotirende Bewegung im Waffer ausführt. Nach eini- 1) Syftematik der Mixomyceten, f. FuckEL, Symbolae mycologicae aus d. Jahrb. d. nafl. Ver. f. Naturk. Jahrg. 23 u. 24. WIEGAND in PrinGsHEIM’s Jahrb. Bd. II. S. ı. 22 | I. Das Protoplasma. ger Zeit wird diefe langfamer, die Cilie wird eingezogen und die Maffe geht in den Amöbenzuftand über (Fig. 21 II. Vergl. Figurenerklärung IV). Die Bewegungen diefer find identifch, wenn fchon träger wie die der oben befchriebenen thierifchen Protiften. Die Amöben verfchmelzen zuweilen durch Zufammenfließfen, fie ernähren fich felbftändig. Die Maffe wächft und wird zum Plasmodium, Fig. 2ı III, ein Stromfyftem, in wel- chem die complicirtere Bewegungsform herrfcht. Die Plasmodien führen weite Wanderungen aus, indem die hyaline Grundfubftanz gegen die Schwere und in der Richtung diefer fortfließt. Die Figur 21 III ftellt ein folches Syftem auf einer ebenen Glasplatte dar. In jedem der Stromarme herrfcht Bewegung. Nach allen möglichen Richtungen communiciren die Hauptarme durch kleinere, ein Netzwerk darftellende befteht in dem vorliegenden Syftem eine in der Richtung des großen ‚tion, fo daß in einer peripheren Gegend des Syftems die Maffe fich anhäufen muß. In wenigen Minuten aber kann der Strom, so- wie in jedem Zweiglein umfchla- gen, derart, dal ganz neue Bahnen eingefchlagen werden und- das ganze Syftem in jedem Theil feine Configuration verändert. A. Art der Strömung. a a en Bei dem Aufizeten euer arg Strombahn wird ftets die hyaline Grundfubftanz vorgefchoben, und fie fließft wie ein Strom von Waffer in einem Flußbett. In folchen Strängen gleiten die Körner, fich drängend, zufammen- ftoffend und fich gegenfeitig ausweichend. In einem Strange können felbft zwei gegenfinnige Ströme verlaufen, fo daß die Körnchen des einen mit denjenigen des andern mitunter in ftrudelnde Bewegung gerathen. B. Verhalten gegen die Gravitation und Centrifugalkraft. Wenn die Plasmodien auf Glasplatten in ftrrömender Bewegung find, fo beobachtet man, daß die Gefchwindigkeit abhängig ift von der Lage PN. Seitenftrömchen. Im Allgemeinen Pfeiles vorherrfchende Transloca- ' Pflanzliche nackte Plasmamaffen. | 23 der Platte zum Loth. Bei 'geneigter und lothrechter Stellung der Platte bewegen fich die dentritifchen Aefte rafcher nach oben wie nach den ho- rizontalen und abwärts gehenden Richtungen. Dieß ift fehr wahrfchein- lich eine Folge des Auftriebes in der Hauptfchicht oder in der an der Platte haftenden dünnen Wafferfchicht. RosanorF unterfuchte die Ein- wirkung der Centrifugalkraft. Er ließ Plasmodien von Aethalium fepti- cum, welche fich auf einer Glasplatte gefammelt hatten, in horizontaler Stellung der Platten rotiren. Der Erfolg war eine Ausbreitung der Maffe auf einen größeren Kreis, fo zwar, daß diefelbe fich nicht dentritisch verzweigte. Fıc. 22 AB. 4 eın Plasmo- dium auf einer unter 450 ge- neigten Platte rückt gegenfinnig zur Schwere von aaa nach bbb und b'b' b' vor. Natür- liche Größe. B Plasmodium auf horizontaler Platte nach Rosa- S —L< Ze RS norF. Natürl. Größe. L ZU N \XK Fıc. 23. Aufeinanderfolgende r \N 5 Formen eines Plasmodiums, wel- ches auf einer rotirenden Glas- platte cultivirt war. a Anfangs- lage, Drehungsgefchwindigkeit 5—8 Umdrehungen in der Se- 0 5 cunde (nach Rosanorr). Ohne Zweifel bewirkt der Auftrieb im Waffer in dem einen Fall, die Centrifugalkraft im andern eine Befchleunigung der Theilchen. Das Heben und Senken der Plasmamaffen in dem feuchten Subftrat der Gerberlohe muß jedenfalls eine Folge des Auftriebes der Gefammt- maffe fein. Es läßt fich denken, dafs diefelbe, ungeachtet der felbftändi- gen Bewegung der kleinften Theilchen, im Gefammten durch ein fpecifi- fches Gewicht, welches größer wie Waffer, in Richtung der Schwere be- fchleunigt wird, durch ein kleineres fpecififches Gewicht in den capillaren "Wafferräumen der Unterlage einen Auftrieb erfährt. Ein Wechfel in der 1) Extr. d. mem. de la Soc. imperiale d. fc. nat. de Cherbourg. V. XIV. — S. Ro- SANOFF, Influence de Vattraction terrefire fur la direction des plasmodia. 24 I. Das Protoplasma. RL > Y 1 il R ü \ Ä De Vo = a: S nen IMIZ 2202 G [4 < ı An 0 CERYE Bi 00) de Lola SEI TRY- aaa Ar 8 = ER ST — u - /F rY] ne AR Kae Fıc. 23 A. Capillitium von Stemonites fusca. Der Körper entfpringt in B B' der flructur- lofen erhärteten Plasmamaffe, ift in der Achfe A in einen maffiven Zellftofftab und außer- ordentlich feine, hie und da (in e) verbrei- terte Haarfäden differenzirt, welche in eine feine Hülle verlaufen. Dichte der Gefammtmaffe aber dürfte in Folge des Stoffwechfels fehr möglich fein. Experimentell läßt fich die Sache aber bis jetzt nicht entfcheiden. C. Das Capillitium. Der Cyclus der Mixomycetenentwicke- lung, welcher bisher gefchildert, fchließt ab mit der Bildung des Sporenkörpers. Die Maffe: des Plasmodiums fliefst zufammen und bildet wenige mm große flüffige Warzen, in welchen fich gefchichtete Zellftofffäden und zahlreiche dentritifche Haarfäden diffe- renziren. In unferer Figur 23 A ift A der: Hauptftamm, c das Haargeflecht (Capillitium). Die Protoplasmamaffe zerfällt in zahllofe kugeliche Sporen, welche von einer feften Membran eingehüllt find. $ 4. Plasmamassen, welche in dem Zellhohlraum eingeschlossen sind‘). - 1. Lage des Protoplasmakörpers. Das Protoplasma füllt die Zelle der Pflanze lückenlos aus und adhärirt an der feften: Wand, fo daß eine Differenzirung in wafferreichere Orte nicht kenntlich ift, fo in allen jungen, eben entftehenden Zellen der vegetativen Gewebe höherer Pflanzen. Mit dem Heranwachfen der Zelle aber ver- theilt fich die Maffe in mannigfacher Weife, Die Configuration der Plasmaftränge ift dann abhängig von der Geftalt der wafferreichen Orte (Vacuolen) und der an- derweiten flüffigen und feften Zellinhalte. In den Wurzelhaaren von Hydro- charis, den Stamm- und Blatthaaren der Tradescantia, Ecballium, Urtica, wiegen die waffererfüllten Räume vor. In vielen Süßwafferalgen ift das u 3, !) Cart NÄGELI, Die Bewegung im Pflanzenreiche. 1860. Leipzig. Engelmann. Plasmamaffen, welche in dem Zellhohlraum eingefchloffen find. 25 Protoplasma in geometrifch fcharf umfchriebene Schraubenbänder vertheilt. In allen folchen herrfcht Bewegung von größerer oder kleinerer Strömungs- gefchwindigkeit. Bei den Spirogyren und Draparnaldien ift die Bewegung eine Eher ordentlich langfame. Die Zähnchen x z, Fig. 24 C, werden innerhalb eini- ger Minuten ausgefandt und wiederum eingezogeh. Der Vorgang wird an einem Ocularmikrometer wahrgenommen. Das Studium der ftrömenden Bewegung in Pflanzenzellen ergiebt die folgenden Hauptzüge: i 1° Die Strombahn ift conftant. Nitella, Chara, Vallisneria, Hydrocharis. 2° Die Strombahn unterliegt ftetem Wechfel, Tradescantia (Staubfaden- haare '), Ecballium, Urtica (Stammhaare). as are 3° Die Strombahn ift conftant. Ein centraler Haupt- from, welcher durch die grofßse Vacuole der Zelle fließt und fich in einen oder meh- rere wandftändige ‚Ströme auflöft.En- dofpermzelle von Ceratophyllum. Eine allgemeine Be- ziehung zwifchen der Vertheilung der wand- ftändigen Plasmaftröm- Fıc. 24. 4A zwei Gliederzellen der Draparnaldia, a vor b nach der Behandlung Ay mit verdünntem Giycerin, c die contrahirte Hautfchicht, Wandbeleg. B zwei chen und dem fpäter en -Bänder chlorophyllführenden Plasma’s, aus A flark vergrößert, v v Vacuolen oder Di k h h d ungefärbte Parthieen des Wandbelegs. C Theil einer Zelle der Spirogyra. Ein ıckenwachsthum ET Schraubenband des chlorophyliführenden Plasma mit beweglichen, fehr kleinen Wand fand Dirrer für ee er den Holzkörper der höheren Pflanzen. Er zeigt, dafs die Verdickung vor- zugsweife in dem Stromnetz am ftärkften ift?). Bei den Nitellen und Charen (vorzügliches Studienobject ift die Keimpflanze der Charen) ftrömt die ganze Maffe in der merkwürdigen Weife, daf) ein Strom auf der einen Seite der cylindrifchen Zelle parallel der Cylinderaxe oder wenig zu ihr geneigt fortfchreitet und in fich felbft zurückläuft. Die räumliche Vorftellung diefes Gegenftandes ift nicht fo ein- 1) RoBERT BROwN, 1828, hat die Bewegung entdeckt. 2) Dıpper, Wandftändige Protoplasmaftrömchen, 26 5. Das Protoplasma. lung umgangen werden kann. Möge zunächft A B, Fig. 25, eine cylindrifche Zelle des Vorkeims der Chara fein, fo ftrömt die ganze Maffe zwifchen a und b refp. a’ und großen und die fchweren Amy- lumkörper langfamer fortge- F1@. ‚25... Schema der Protoplssmatrömung in/den. «= (hoben "werden. - 23° ilt dann aus neutrale Zone. In ihr herrfcht keine Strömung oder es hebt fich die Bewegung auf, weil fie oben nach links, unten nach rechts gehen müßte. An den Enden des Cylinders, an den Querwänden kehrt der Strom um. Denkt man fich nun denfelben tordirt, fo wird die Indifferenzzone i;‘ zur Cylinderaxe geneigt, fo wie die Fig. 25 C zeigt, im Uebrigen bleiben die Verhältniffe ungeändert. Die circulirende Bewegung befchreibt eine Schraubenlinie mit zwei in den Querwänden belegenen Umkehren, und die Indifferenzzone folgt derfelben Schraubenlinie. In den wenigen großsen Endofpermzellen von Ceratophyllum, Fig. 26, folgt die Maffe den Pfeilen, ‚in a a‘ aber ift der Strom wandläufig. In ß ß’ geht er durch den waffergefüllten Zellenhohlraum. _ Die veränderlichen Strombahnen werden an den Stamm- und Blatthaaren der Ecballien am beften ftudirt. Durch die cylindrifchen Zellen derfelben zieht fich nach allen möglichen Richtungen von dem jedenfalls continuirlichen Wandbeleg ein Netzwerk hyaliner Fäden, in welchen die Körnchen ftrömen, während die Fäden fortfliefen, bald hie, bald da Fıc. 26. Schema der Proto- plasmaftrömung in der Endo- anfchwellend, zu fortgleitenden und wieder zergehen- fpermzelle von Ceratophyllium. den Spindeln. In der Figurenreihe, Fig. 27, wurde ein Eck des optifchen Durchfchnittes eingeftellt und die Configuration der- felben Ströme im Zeitraum von 30—40 Minuten feftgehalten. Die Pfeile bedeuten die Stromrichtung. Man erkennt, daß in dem gegebenen Ort ein fteter Wechfel der Strombahnen, aber auch der örtlichen Anfammlung flüffiger Maffe herrfcht. Die Vacuolendurchfchnitte verändern fich. Da nun der Wandbeleg ab c eine continuirliche Schicht bildet, da in ihm fich örtlich die Maffe häuft oder vermindert, fo müffen die durch den Hohl- fach, daß eine graphifche Darftel- b‘ mit den Pfeilen, indem die klei- neren Körnchen rafcher, die raum gehenden Strömchen ftete Verfchiebungen, fowohl in Richtung der x Plasmamaffen, welche in dem Zellhohlraum eingefchloffen find. 27 X-, der Y- wie der Z-Axe machen, während fie gleichwohl als Ströme erhalten bleiben. Die X Y-Ebene ift diejenige unferer Aufnahmen. Ich will fagen: das Stromfyftem r verändert in den nächften Minuten nach 2 hin feine Con- figuration, weil es in der feften Zellhülle a b um die Axe Y oder um X oder Z rotirt. Nie- mals habe ich bei niederer Temperatur ein Abreiffen eines der Strömchen bemerkt. Die Vacuolendurchfchnitte v v’v“ von 4 nach 5 und 6 werden verändert dadurch, daß die fie umgrenzenden Ströme fich nähern, bis v v’ v“ im Zuftand 6 der Fig. 27 verfchwinden, fo dal die fie trennenden Ströme ineinander- fließen. ‘2. Temperatur. Die Strömungsgefchwindigkeit ift ab- hängig von der Temperatur, fie wird fehr‘ klein in der Nähe des Nullpunkts der rootheiligen Scala. Das Protoplasma erträgt nicht über 55° C. für längere Zeit (!/s Stunde). Inner- halb der niederften und der höchften Tempe- ratur befchleunigt fich die Bewegung bei all- mäliger Steigerung der Temperatur bis zu einem beftimmten Grade. In Hinficht der- Empfindlichkeit gegen Temperaturfchwankun- gen verhalten fich felbftredend verfchiedene Pflanzen verfchieden. Auch die Plasmodien der Mixomyceten felbft zeigen hierin dasfelbe. So ift dasjenige von Aethalium fepticum gegen Temperaturfchwankungen empfindlicher wie == dasjenige von Stemonites fusca. Plötzliche Schwankungen der Temperatur felbft innerhalb der Grenzen, in welchen noch Strömung möglich ift, fiftiren die Bewegung vorübergehend. _ 3. Athmung. Für eine jede Bewegung, welche, wie die Strömung des Protoplasma, ftetig durch unendlich große Zeiträume vor fich geht, muß FıG. 27. Veränderungen in einem Strom- fyftem von Protoplasma im Haare von Ec- ballium im Zeitraum von 30—40 Minuten bei einer Temperatur von 18° C. und einer ‚mitt- leren Einftellung der Zelle, welche um weni- ger wie 1/4Schraubenumgang fchwankt. abc der optifche Durchfchnitt zweier Zellwände, ab Quer-, be Längswand. Man beobachtet niemals, daß ein noch fo dünner Fadenabreißt, 28 I. Das Protoplasma. die Urfache eben fo ftetig fein. Die Temperatur der Umgebung, fowie die molecularen Vorgänge der Ernährung: Zufuhr von Waffer und feften Bauftoffen, welche im Waffer gelöft find, find zwar ftetige Bedingungen, nicht aber: Urfachen der vorliegenden Bewegung. Als eine ftete Ur- fache muf die Verbrennung angefehen werden, welche fortwährend einen Theil der Kohlehydrate des Protoplasma in Kohlenfäure und Waffer ver- wandelt. Diefer Vorgang der Athmung vollzieht fich in jedem Orte, in ‚jedem kleinen Raumelement. Mit jedem Molecul verbrennlichen Kohlen- ftoffes, welches von Secunde zu Secunde aus dem Syftem verfchwindet und als Gas in Form von Kohlenfäure ausgehaucht oder im Waffer gelöft wird, vollzieht fich eine locale Störung des vorherrfchenden Zuftandes in der molecularen Anordnung, welche die Bewegung der fichtbaren Theil- chen zur Folge haben muß. Die fichtbare Strömung wird fiftirt in fauerftofffreier Luft und im Vacuum. Gleichwohl kommt es niemals im lebenden Protoplasma zur Ausfcheidung von Gasbläschen. Auch in der lebenden Pflanzenzelle fehlt die Anhäufung der Gafe in Blafen, das "Auftreten von Gasblafen ift ein Symptom des Todes!). 4. Physikalische Eigenschaft (Chemische Constitution). Die bisher gefchilderten Bewegungen: die Vermittlung alles Lebens während unendlicher Zeiträume durch verfchwindend kleine Protoplasma- maffen, die fichtbare Erfcheinung der Strömung und die Vorgänge des Wachfens, welche eine verwickelte Kette von chemifchen und mechani- fchen Umlagerungen in dem Protoplasma einfchließen, zwingen zu der‘ Vorftellung, dafs hier von einer für längere Zeit ftabilen Conftitution in mechanifchem oder chemifchem Sinne nicht die Rede fein kann. Steter Wechfel in den fichtbaren Theilen und in den Moleculen ift eben das Leben. Chemifche Analyfen können hier nur grobe Verhält- niffe jener Beziehungen aufklären. Zuftandsänderungen phyfikalifcher Be- dingungen, wie fie uns bis jetzt zu-Gebote ftehen, werden ebenfalls uns dem Wefen der Bewegung nur wenig nähern. In dem Protoplasma der lebenden, wachfenden Zelle müffen vor- kommen und können zum Theil nachgewiefen werden: 1° Kohlehydrate: Zucker, Amylum, Inulin. 2° Oele, Fette, ätherifche Oele. 3° Säuren der Fettfäurereihe: Ameifen-, Propion-, Efligfäure. 4° Oxal-, Trauben-, Wein-, Citronenfäure und deren Salze. !) In dem Holzkörper der perennirenden Pflanzen finden fich Gasblafen, von der Zelllüfigkeit umfchloffen, auch in folchen Zellen, in welchen noch Translocation für Amylum herrfcht; dort aber ift das Leben des Protoplasmakörpers, welcher die Holzzelle bildete, erlofchen. Plasmamaffen, welche in den Zellhohlraum eingefchloffen find. 29 5° Eiweiß und andere Proteinkörper. 6° Harze: Gummiharz, wechfelnde Gemenge von Harz, Schleim, Caut- chouc. 7° Organifche Salze. 8° Anorganifche Salze. Das fpecififche Gewicht der Protoplasmamaffe fchwankt. Es kann größer oder kleiner wie dasjenige des Waffers fein, je nach dem Verhält- niß, in welchem fpecififch leichtere Flüffigkeiten in ihm vorkommen. Die Gefammtmaffe muß vorübergehend in kürzefter Zeit in einen und denfelben feften Körper verwandelt werden (die Cellulofe), fo daff der wägbare Theil des Rückftandes, verfchwindend klein, nur die Rolle eines Fermentes fpielt, welches von neuem gelöfte Maffe nach derfelben Richtung hin umfetzt. A. Verhalten zu Wasser. Das Protoplasma der an das Salzwaffer adaptirten Gewächfe, nament- lich der Algen, befitzt ein höheres osmotifches Aequivalent. Süßes Waffer wird nicht ertragen. Ja bei einigen Florideen knattern die Pflänzchen, wenn fie foeben in Süfßwaffer gelegt werden. Die Membranen werden durch übergroßfe Wafferaufnahme gefpannt und fchließlich zerfprengt. Um- gekehrt erträgt das Protoplasma der an das Süßwafler adaptirten nicht den Salzgehalt des Meeres. Die Vacuole ift ein wafferreicherer Ort im Innern der Grundfubftanz, bei der Bewegung der Amöben, Fig. 9 vv‘, fteten Veränderungen unter- worfen. Die Vacuole wächft innerhalb weniger Secunden, indem die. in ihr gelöften Körper Waffer anziehen. Sie verfchwindet, wenn die osmo- tifche Spannung der angrenzenden Maffe zunimmt. Der waffererfüllte Raum überwiegt und die Plasmamaffe wird zum Wandbeleg. Bei ifodia- 'metrifchen Zellen entfteht fo eine einzige, den reg Theil der Zelle ' ausfüllende Vacuole, bei geftreckten befinden fich zahlreiche, welche in mannigfacher Weife grup- pirt find. In manchen Zellen, fo bei Clofterium und ‘ in den Schwärmzellen von Chlamidomonas, be- v., finden fich pulfirende Vacuolen, vv‘ Fig. 28; wächft v, fo finkt v‘, erreicht ein Minimum, wächft wieder, während v fich verkleinert. Die Configuration des Vacuolenfyftems ift abhängig von derjenigen des Stromfyftems in den Haaren fr. > Vacuolnrbytums von der Tradescantia, von 'Ecballium (m. f. Fig. 27) _ erreicht foeben das Maximum ihrer = Ausdehnung, die rechte ift dem Ver- und vielen anderen. fchwinden nahe. 50... 1. Das Protoplasma. Das osmotifche Aequivalent!) muß fomit in jedem kleinen Raum- theil einer gegebenen Protoplasmamaffe fchwanken, fo wie es von Zelle zu Zelle an einer gegebenen Pflanze veränderlich ift. Künftliche Zufuhr von reinem Waffer zu lebendem, aber vacuolen- armem Protoplasma bewirkt inftantan das Auftreten von Vacuolen, nament- lich dann, wenn die Zellwand durch einen Nadelftich geöffnet ift, fo daß die Volumvermehrung den Druck der Membran nicht zurückzufchieben hat. Fig. 29. Ohne dies verläuft die Erfcheinung träger. Vacuolenreiche Spirogyren, der Haarzellen werden nicht in diefem Sinne verändert. Salzlöfung verkleinern die Vacuolen der Pflanzenzelle durch Wafferent- ziehung. Der Wandbeleg zieht fich zurück mit oder ohne Zerftörung der feineren Structurverhältniffe, Fig. 30, 31. Hie und da haftet die Maffe in einzelnen Punkten, dauern- Waffer ftellt den Anfangszuftand Fıc. 29. Clofterium Lunula. Nach dem Oeffnen der wieder her. Concentrirte Löfungen Membran quillt die Protoplasmamaffe mit wolkigen Vacuolen auf, v v' die vor der Verletzung im Ende bringen den Inhalt dauernd zum der Zelle vorhandene Vacuole mit den kleinen Kry- E ftallkörperchen. Die ganze ausfließende Mafle wird Schrumpfen und tödten das Plasma. durch Vacuolen fchaumig. Eine Scala von gradweife concen- trirten Löfungen eines und desfelben Salzes von bekanntem osmotifchem Verhalten ift gegebenen Pflanzenzelle näherungsweife aus ftimmen?). Die Figur 31 zeigt außer jener Con- traction ein weiteres Verhalten der geform- ten Plasmafäden gegenüber äußeren Ein- Fıc. 30.. Allium Cepa. Protoplasmamaffe, gefchrumpft in: den Parenchymzellen der Niederblätter. @ Zellenken. griffen. Die chlorophyliführenden dichteren Bänder find nicht in ihrer gegenfeitigen Lage durch die Compreffion ge- !) Das osmotifche Aequivalent ift die Waffermenge, welche durch eine gegebene Haut oder in unferem Falle durch eine Hautfchicht von Protoplasma im Austaufch gegen die Gewichtseinheit eines gelöften Körpers diffundirt. ?) N. J. C. MÜLLER, PrinGsHEIM’s Jahrb. Bd. VII. S. 80. An Verdünnte Zucker-, Glycerin-,_ der in a a. Wiederzufuhr von geeignet, das osmotifche Aequivalent einer dem Schrumpfen des Wandbelegs zu ©. | Plasmamaffen der Mixomyceten, der Plasmamaffen, welche in den Zellhohlraum eingefchloffen find. 31 ftört. Sie fetzen in @ a‘ der Compreflion einen größeren Widerftand ent- gegen. Ein Pilzparafit ift in die Zelle eingedrungen. Der Verlauf feines Myceliums ift nicht regellos, fondern es folgen die Mycelfäden den Schrau- benlinien der Chlorophylibänder cc, Fig. 31. | Die Protoplasmamaffe fchrumpft, weil fie für Waffer nach der Rich- tung der wafferentziehenden Löfung durchläffiger ift, wie für die Theile der Löfung, welche in entgegengefetzter Richtung den Wandbeleg durch- dringen müffen, um den Volumverluft zu decken. Nennen wir v das Vo- lum der Zelle, v‘ das Volum der nicht contrahirten Plasmamaffe, v“ das- jenige der zugefügten Löfung, fo hat fich die Summe v +» + v“ nicht geändert, nachdem die Contraction erfolgt, v aber und v‘ find kleiner, v“ größer geworden, und es find nun drei optifch differente Räume entftanden, es ift der Raum vv‘ v“, Fig. 31, hinzugekommen, welcher eine verdünntere Löfung, wie die urfprünglich zu- gefetzte enthält. B. Streifen und Schichten. Bei einigen Protoplasmakörpern differen- zirt fich die Maffe in ähnliche Streifen und Schichten von verfchiedenem Lichtbrechungs- vermögen, wie die fpäter zu behandelnde Zell- membran. Die Chlorophylikörper von Funa- ria und einigen Meeresalgen, f. Fig. 32, find kreuzweife zerklüftet in wafferreichere und wafferärmere Schalen, die als Streifenfyfteme den Plasmakörper durchfetzen. 5. Lage abhängig vom Licht. Fıg. 31. Spirogyra maxima. Das Plasma Die Chlorophylikörper führen in dem Swan cur Hafnellen an der Wand, Wandbeleg der höheren Pflanzenzelle, fo in STD. den Blattzellen der Moofe, den Prothallien der Farren u. a. m. langfame Wande- rungen aus, deren Richtung von der Beftrahlung ab- hängig ift. In einer Zelle, welche Fı6. 33. Lage der Chlorophylikärper in den Flächen a bc d von Chlorophylikörpermit Areolen zu dem Lichtfrahl in einer Prothal- te verfchiedenen Waflergehaltes liumzelle der Farren, es ift die Apo- anderen Zellen begrenzt, in (nach Rosaxorr). Rrophe. !) ROSANOFF, f. Horm., Phyf. d. Zelle. S. 369. 32 1. Das Protoplasma. der Fläche ac aber frei ift, häuft fich die Chlorophylimaffe entweder in die Fläche ab, die Epiftrophe (f. Frank a. a. OÖ. S. 291), oder es breitet fich an der freien Fläche ac aus, Fig. 33, die Apoftrophe, nach Frank. Im jugendlichen Zuftand der Zelle herrfcht im Allgemeinen eine indifferente Vertheilung, fodann ftellt fich die Epiftrophe, im Alter die Apoftrophe her. Aus diefen Anordnungen darf man mit Frank auf gewiffe Zuftandsände- rungen im Innern des Plasmakörpers fchließen, welche vom Alter der Zelle abhängig find. Böhum zeigte nun zuerft, daß die Chlorophylikörper fich zu Gruppen zufammenziehen, wenn .das Blatt beftrahlt wird. » Nach Fa- MINTZIN fammeln fich diefelben auf den freien Flächen bei der Beftrahlung, fie ziehen fich nach den Verwachfungsflächen im Dunkeln. Die Lage der Chlo- rophylikörper in ver- fchiedenen Zuftänden der Blätter ift in Fig. 34 demonftrirt. In A find alle randftändig, in B ift ein Theil flächenftändig, ein anderer und der grö- Bere Theil wie in A. Bei diefem Object, welches der Xylo- graph mit der größ- ten Treue von dem Fıc. 34. Funarid hygrometrica. Chlorophylikörner in den Zellen, des Blattes. . Bei Photogramm auf den a ift ein Korn fo eingeftellt, daß fein Brennpunkt auf die photographifche Platte Holzftock übertrug, fiel. Die randfändigen Körner wie c aber find mit parallelen Strahlen auf der Platte zum Ausdruck gekommen. wolle man beachten, dafs die Zellenfläche B auf den optifchen Durchfchnitt der zur Linie ver- kürzten Wände eingeftellt war. Die Lichtftrahlen, welche bei der Her- ftellung des Negativs durch das Object nach der Jodfilberplatte in der Richtung von dem Bild nach dem Befchauer gingen, wurden in der hinte- ren, dem Befchauer abgewandten Fläche von dem Chlorophylikorn con- vergent gemacht und entwarfen ein ganz kleines, deutliches Sonnenbild- chen auf die empfindliche Platte in aa‘ u. f. £. Die Chlorophylikörner haben das Vermögen, fich felbftändig zu be- wegen, wenn fchon diefe Bewegung kleiner ift, wie die Ortsveränderung im conftanten Strom der Gefammtmaffe des Protoplasma'). Außerdem aber werden fie in den Strombahnen der farblofen Protoplasmaftränge fort- bewegt, fo bei Vallisneria. 1) VELTEN, Activ. ad Paflıv. Oefterr. bot. Ztfchr. 1876, Nr. 3. Plasmamaffen, welche in den Zellhohlraum eingefchloffen find. 33 6. Einfluss des elektrischen Stromes und der Entladung'). Schwache Inductionsfchläge bewirken in dem Stromfyftem des Proto- plasma im Beginne eine Befchleunigung der Strömung, nach längerer Dauer eine Contraction des Wandbeleges, und zuletzt zerklüftet fich derfelbe in mehrere gefchloffene Blafen, in welchen die Strömung noch in dem Sinne .fort- herrfcht, welcher aus der Richtung des Gefammtftromes gefordert wird. Fig. 35 veranfchaulicht diefe Umwandlung. Sie gilt für die Wurzelhaare der Hydro- charis morfus ranae. Nach den ‘Publicationen VELTEN’S bedient man fich, um die ‘hier einfchlä- gigen Phänomene zu ftudiren, am .beften der durch Fig. 36: veranfchaulichten Vor- richtung. Sowohl der. conftante Strom, wie die Inductionsftröme und die Reibungs- = elektricität der HoLTz’fchen Mafchine be- ! ER wirken eine Befehleunigung der Strömung "Tusonsculge nahen den Wndielg m ir oder mindeftens eine Lagenänderung der Weife, fo daß zuletzt mehrere Sphäroide entftchen, sin, Praoylasniakörger: in welchen die Strömung, im Sinne: der Bfeile fort Auch in der | molecularen An- .» ordnung der fei- neren und feinften Strömchen tritt durch die Induc- tionsfchläge oder- / den conftanten S a A Fıc. 36. Elektrifcher Objectträger. @ @ die Elektroden, welche mit dem Object in Be- trom eıne EeN- rührung ftehen, s s zwei Stanniolplatten mit je einer Klemmfchraube für die Leitungsdrähte derung auf. Es (nach VELTEN). werden Vacuolen gebildet. Die Stränge o werden wafferreicher (Bildung von In- ERTRER fuccationskanälen. VELTEN?), Einwirkung _ Ph 5 m: Zuge. !) Vorrichtungen für Elektricität. DiPpeL, Rs Mikrofkop. — NÄGELI & SCHWENDENER, Das —— Mikrofkop. 457. 2) VELTEN, Einwirkung ftrömender Elek- tricität u.{. f. Sitzesber. d. Br: : Fıc. 37. Elodea canadenfis. In den Zellen des Blat- w; z 8 Acad. d. Wiffenfch. tes haben fich die feften Körper (Stärke) im Sinne des ıen. Aprilheft 1876. negativen Stromes an einer Querwand angehäuft bei @. N. J. C. Mürter, Handbuch I. r. 3 34 I. Das Protoplasma. ftrömender Electricität a. a. O.). Dauernde Reizung bringt die Protoplasma- maffe in den zähflüfligen Zuftand. Fefte Partikel, welche vorher nicht in Bewegung find, werden durch den elektrifchen Strom in ähnliche Rotation verfetzt, wie fie fonft in den normalen Verhältniffen beobachtet wird. Das Fortführen kleiner Körper, welche, in einer Flüfligkeit vertheilt, fuspen- dirt find, durch den elektri- fchen Strom ift bekannt!). Alle jene elektrifchen Ströme, welche künftlich auf die Pflanzenzelle angewendet werden, find außerordentlich intenfiv, bezogen auf den Fıc. 38. Cucurbita Pepo, Protoplasma der Haarzellen,. a engmafchi- FıG. 39. Epidermiszelle von Val- ges Stromnetz. b dicker Stromfaden neben einem feineren. c Vacuolen- lisneria. Die Strömung geht mit den bildung nach elektrifcher Reizung. d Anfchwellung der Infuccations- Pfeilen. kanälchen durch die elektrifche Reizung. a — — „?'’ 2. 2 2 “ ar Fıc. 40. Carminpartikel in Gummilöfung bei 80/1 Vergrößerung unter dem Mikrofkop, während ein Inductions- ftrom von der Elektrode E nach E' überfpringt. & &' Wafferftoffbläschen von mikrofkopifcher Ausdehnung. 4 ein Strudel von Carmintheilchen in rafcher Rotation. B B' Carminftrom nach der Elektrode E'. C' zwei große Car- winftröme nach der Elektrode E. Der Carmin bewegt fich mit dem Pfeile P, das Wafler mit dem Pfeile P', !) Aber wahrfcheinlich nur eine Folge der Diffufionsftrömung, welche in der Nähe der Elektroden anderweit erregt wird. Plasmamaffen, welche in den Zellhohlraum eingefchloffen find. 35 elektrifchen Strom, welcher etwa in der Zelle felbft herrfcht und Urfache der Protoplasmaftrömung fein könnte. Die Experimente über diefen Gegen- ftand haben daher die Theorie der Protoplasmabewegung wenig gefördert. Alle Einwirkung der conftanten Ströme bewirkt in einem gegebenen Zellen- complexe: ı° eine elektrifche Diffufion, 2° eine Ortsbewegung nicht gelöfter kleiner Partikel, 3° eine. Veränderung der chemifchen Conftitution, welche mit fo großer Intenfität herrfcht, wie fie im normalen Leben der Pflanze niemals vorkommen kann. - Strömende Bewegung kleiner Carmintheile, welche in Gummilöfung fuspendirt find, wird erhalten, wenn fchwache Inductionsfchläge von ganz dünnen Platinelektroden E E‘, Fig. 40, durch die Flüffigkeit gefandt wer- den. An der einen. Elektrode ftrömen mikrofkopifch kleine Wafferftoff- bläschen ab, & a‘, an der anderen, E E‘, gerathen die Theilchen durch die Entladung in wirbelnde Bewegung und insgefammt entfteht eine Strö- mung, welche die Carminpartikel mit den Pfeilen fortführt. Eine auffällige Ablagerung derfelben findet an der Elektrode E ftatt. Schwächt man den Strom allmälig, bis die Wafferzerfetzung felbft mit dem Mikrofkop an den Elektroden nicht mehr wahrnehmbar wird, fo hört auch die Strömung, fowie die Strudelbewegung der Partikel auf. Von Intereffe ift die Thatfache, daß in gefchloffenen Pflanzenzellen, felbft wenn man diefelben Electroden bei gleicher Stromftärke mit der Membran in Berührung bringt, eine Gasentbindung im Innern Wer Zelle nicht ftattfindet. 7. Zur Theorie der Bewegung. Aus den Schilderungen unter S. 13 ff. geht zur Genüge hervor, daß mindeftens, ganz entfprechend dem Reichthum in den höheren feften Pflanzenformen, die Bewegungsarten flüfiger Protoplasmamaflen außer- ordentlich mannichfaltig find. Was will oder wollte man nun erklären? Was kann in der ganzen Reihe von hier einfchlägigen Erfcheinungen über- haupt erklärt werden? Die wefentliche Vorausfetzung, welche für die Er- klärung der Bewegungserfcheinung gemacht wurde, ift folgende: ı° Die moleculare Anordnung im flüfigen lebenden Protoplasma muß wefentlich verfchieden fein von der einer todten Flüffigkeit. Das Protoplasma ift dem entfprechend den hydroftatifchen Gefetzen nicht in der Weife unterworfen wie Wafer. Dieß aber ift offenbar felbft eine Folgerung aus der Wahrnehmung aller der Lebenserfcheinungen, die mikrofkopifch ftudirt waren, nämlich: a) Das lebende Protoplasma verbrennt ftetig und an der ganzen Oberfläche einen Theil feiner Kohlenftoffverbindungen, es erhält dadurch 3 36 1. Das Protoplasma. einen kleinen Zuwachs an Eigenwärme, welcher wie in einer Mafchine in Bewegung der einzelnen Mafchinentheile umgefetzt werden kann. b) Es ändert durch die Verbrennung ftetig den Zuftand der Löfung oder der Mifchung. c) Aus dem Verfchwinden, Wiederauftreten, Verfchwinden und der damit verbundenen Ortsveränderung der Vacuolen geht hervor, daß es ftetig feine osmotifche Capacität in kleinen Orten verändern kann. (Ver- änderung der Imbibition nach Hormezister.) Ob diefe letzteren Vorgänge nicht Folgen der mole- cularen Verfchiebung find, wie fie die Ath- mung nothwendiger- weife bewirken muß, kann nicht unterfucht werden. Fıc. 41. Austretende Zoofpore der Vaucherien. d) Die lebende Plasmamaffe unterliegt ftetem Wechfel ihrer Mifchung dadurch, daß fie die umgebende Zellhaut wachfen macht. Nennen wir diefe unter a b c d genannten Momente die Urfachen der fichtbaren Bewegung, fo können wir als äußere Bedingung derfelben nennen: die Temperatur der Umgebung und die Ge- .genwart von Waffer oder allgemein einer nicht fchädlichen, fehr verdünnten Löfung. Erhöhung der Temperatur befchleunigt die Bewegung, weil die Reibungswiderftände wie bei allen capillaren Strömungen kleiner wer- den. Bei einem beftimmten niederen, wie bei einem beftimmten höchften Temperaturgrad tritt vorübergehende, oder wenn bei dem höhe- ren der Tod erfolgt, dauernde Starre ein. Ei A In ähnlichem Sinne verhalten fich Wafler- Spermatozoid. Zufuhr und -Verluft als Bedingungen, welche befchleunigend oder verzögernd wirken, können. Die fichtbare Bewegung ift, wenn wir noch die Schwärmfporen und Spermatozoiden in die Betrachtung hereinziehen, fo außerordentlich com- plicirt, daß unmöglich auf Grund der bisher gewonnenen Kenntniffe eine Theorie in mechanifchem Sinne gegründet werden kann. Die Schwärmfpore der Vaucherien bewegt fich, nachdem fie frei ge- worden, Fig. 41, durch die fimmernde Bewegung ihrer Protoplasmacilien in flachen Schrauben und Zickzacklinien. Die Euglena, Fig. 42, bewegt fich, indem ihre beiden Cilien die Bahn eines Kegels befchreiben, deflen Plasmamaffen, welche in den Zellhohlraum eingefchloflen find. 37 Axe die Verlängerung der fpindelförmigen Maffe darftellt. Das Spermato- zoid der Moofe bewegt fich durch ähnliche rotirende Peitfchung durch zwei Cilien, welche fich um die korkzieherförmige Plasmamaffe h, Fig. 42, drehen. Daf die Locomotion auf der ‘Bewegung der Cilien beruht, fo daß die große Maflfe m nur fortgerudert wird, zeigte HorMEISTER aus Beobachtungen an der Vaucheria. Wird die Schwärmfpore durch Zer- reifen in zwei ungleiche Theile m und m‘, Fig. 4I, zerlegt, wie dief durch Zufall entftehen kann, fo befitzt die kleinere Kugel für - diefelbe Maffeneinheit häufig eine größere Anzahl von randftändigen Cilien, wie die große. Ihre Bewegung ift alsdann fichtlich größer, wie die des großen Bruchftückes. Die Bewegungen eines fichtbaren Körperchens in der Körnerfubftanz ac” 2 Ar ) . ee er ee Fıc. 43. r Molecularbewegung. 2 Amöbe. 3 Amceba princeps. 4 Schwärmfpore. 5 Spermatozoid der Moofe. 6 befchalte Monothalamie. 7 Strömung in der Charenzelle. 8 Endofpermzelle von Ceratophylium. oder eines gegebenen Punktes in der Cilie der fchwärmenden Plasma- maflen find entweder undulatorifche, wie die fogenannte Molecularbewegung Brown’s, Fig. 43, 1, fie find vor- und rückfchreitende, wie in den Amöben, Fig. 2, oder fie find vor-, rück- und wiederum vorfchreitend, wie bei der Amoeba princeps, wo trotz folcher Schwankungen die conftante Richtung des Pfeiles (der Figur 3) eingehalten wird. Ein Theilchen kann eine ge- fchloffene Bahn wie 8, fo in Ceratophyllum-Endofpermzellen, oder wie in den Stammzellen der Charen 7 befchreiben. Es kann dabei rotiren oder eine beliebige Anzahl von Kreisbewegungen (Pfeile 7 und 8) befchreiben. Es kann in größeren Klumpen fortgleiten und wieder aus diefen frei wer- den. Die Bahn kann vor- und rückläufig, feitenläufig und wieder vorläufig fein, wie bei den Mixomyceten Fig. 45, fo daß a die Anfangs-, c oder 5 die 38 I. Das Protoplasma. Endlagen fein mögen. Endlich kann es fchwingen in einem Stab wie eine 3 elaftifche Saite, fo in den Cilien der Schwärmer. In Verband mit der Maffe der fchwärmenden Spore kann das Theil- chen die Bahn 4, 5, 6 befchreiben, welche nicht in der einzigen Ebene der Zeichnung zu liegen brauchen. Wie follen alle diefe Bewegungen unter eine gemeinfame mechanifche Urfache gebracht werden können? Zwei Theorieen wurden bis jetzt aufgeftellt über die ftrömende Bewegung der Plasmodien und Plasmafäden im Innern der Haarzellen. Die Thierphyfiologen ftellen fich die hyaline Grundfubftanz als eine contractile, muskelähnliche Mafle vor, durch deren Zufammenziehung und Ausdehnung die Körnerfubftanz, fowie die anderweit fuspendirten Par- tikel fortrücken!). Ausdrücklich wird dort gegen das Fliefßfen Verwahrung Zi eingelegt. Nach diefer Auffaffung wird die Urfache der Veränderlichkeit der Contractilität, welche gefordert ift durch die Erfcheinung in der Fi-. gur 43 und den folgenden, gar nicht aufgefucht. Die Theorie ift nicht eine mechanifche. HorMmeEIsTER?) nähert fich diefer Aufgabe fchon viel mehr. Er will das Flieffen erklären. Nach der Auffaffung der Pflanzenphyfiologen, welche dem Gegenftande größeren Ernft zugewandt, handelt es fich bei allem pflanzlichen Protoplasma jedenfalls um einen zähflüfligen Körper, welcher gleichwohl in ftabileren Formen, wie Spermätozoiden und Schwärmfporen find, fcharf umfchrieben oder aber in ftets veränderlichen, capillaren Strom- netzen vertheilt fein kann. Die Veränderung der Form führt HOoFMEISTER auf den Wechfel der Imbibition mit Waffer zurück. So wie die fichtbare Vacuolenbildung ftetem Wechfel unterliegt, fo daß, gefetzmäßig localifirt, Waffer hier ausgefchieden, dort imbibirt, wiederum vertheilt wird, wie bei den pulfirenden Vacuolen, fo foll ein ähnlicher Wechfel auch in den klein- ften Theilchen herrfchen. Indem diefe Anfchauung auf eine Kette von Moleculen übertragen wird, Fig. 44, erhält man eine Annäherung der feften Theile, wenn die Wafferhüllen in gegebener Richtung von Molecul zu Molecul kleiner werden, wie dief die Fig. 44 erläutern mag. In der Kette I möge a der fefte Sübftanzkern, b die Wafferhülle bedeuten; find alle gleich, fo herrfcht Ruhe, wächft aber in dem Molecul r die Imbibition, fo nähert - fich das Molecul 3 dem Molecul 2 u. f. f. In der Richtung des Pfeiles wandern die Waffertheilchen wie die Subftanzkerne. Offenbar ift es auch möglich, die Wafferhülle in dem einen, die Subftanzkerne in dem anderen Sinne wandern zu laflen. In einer un- ı) M. SCHULTZE, Das Protoplasma. W.- Engelmann. Leipzig. 1863. S. 53. ?) Handbuch der phyfiolog. Botanik. Phyfiologie der Pflanzenzelle. S. 64. Leipzig. W. Engelmann. Plasmamiaffen, welche in den Zellhohlraum eingefchloffen find. 39 “endlichen Kette von Moleculen diefer Befchaffenheit wird wohl durch diefen Vorgang eine oscillatorifche Bewegung der Theilchen möglich, nicht aber die ftete Strömung erklärt. Die fichtbare Strömung wird ficherlich unter einfacheren Hypothefen erklärt werden können, fo dafs folche über die moleculare Anordnung zunächft überflüfig find, um die ftrömende Bewe- gung zu verftehen. a) Bei den freien Protoplasmamaflen der Mixomyceten beobachtet man ftets, daß die Strömung der Körnchen in der Grundfubftanz von dem Ziel rückwärts um fich greift. Dieß ift aber eine nothwendige b Folge des Vorrückens der Grund- AR / fubftanz. Wenn a, Fig. 45, eine /| ®@ [ o kleine, fcharf begrenzte Parthie = eines folchen Plasmodiums if und 5 die erfte Phafe der zu beobachtenden Bewegung, c die (®) zweite, fo wird zunächft die | ie; ® 1 Maffe a a‘ fortgefchoben und es 3 E 5 werden die fichtbaren Körnchen - ER nothwendigerweife in derReihen- Fıc. 44. Schema des Fortrückens der fefen Subflanzkerne durch Men neh: Aenderung der Waferhüllen. men, fich in d zu einem Refervoir anfammeln, bis in d möglicherweife genau diefelbe Configuration aller einzelnen Theile hergeftellt ift, wie in a. Der Körper hat fich aber um eine gegebene Strecke fortbewegt. Diefe Veränderung in der Lage if ftetem Wechfel unterworfen, und de wenn dem unbefangen Urthei- lenden gefagt wird, die fo wahr- 2 genommene Bewegung vollziehe „ ——- fich an einer zähen Flüffigkeit, 4 BER fo wird er fagen müffen: indem d Gebilde a, Fig. 45, herrfcht ein . = ER: Druck auf die periphere zähere Wandfchicht, diefer treibt in a‘ FıG. 45. Schema der Protoplasmabewegung. eine Ausftülpung, in welcher die fefteren Körnchen fließen. Später kann vielleicht einmal in a oder in f oder in g eine folche dehnbare Stelle fich bilden. Die rafche Verfchiebung a bis g läßt gleichwohl keinen anderen Aggregatzuftand zu, wie den flüffigen. Die dentritifche Strombahn mit faft allen Einzelnheiten der Configu- ration, wie fie in den früheren Figuren zum Ausdruck kam, wird einge- halten, wenn man einen zähflüfigen Harzlack, in welchem feine Bleiweiß- 40 I. Das Protoplasma. alsdann Glycerin-Vacuolen v v‘, es finden fich fpindelförmige Anhäufungen, z ö u - En a Ar ve a er Br: partikel fuspendirt find, in Glycerin fließen läßt, Fig. 46. Dort finden fih & durch welche zartere Ströme eingezogen werden, bei & «‘ und dichotome i Endftröme ß ß‘' u. f. f. Freilich herrfcht hier keine dauernde Bewegung, fo lange aber Strömung. herrfcht, geht fie genau fo vor fich, wie in dem = Netzwerk der Plasmodien. Keineswegs foll damit die in Frage ftehende Theorie begründet werden, vielleicht gibt es aber einen Fingerzeig für die naturgemäßße Behandlung der Sache. Wir erhalten zunächft: Das nackte Protoplasma der Mixomyceten verhält fich wie eine zähflüffige Maffe, fie vertheilt fich in capillare Strom- bahnen,in welchen Se: ie fteter Wechfel des Ar Druckes und des Widerftandes in der Wandfchicht der Grundfubftanz herrfcht. Das Nach- fluthen der Parti- kel ift eine noth- wendige Folge die- fes Verhaltens. Profeflor v. BoHns- DORF (Helfingfors) de- monftrirte auf der Ver- fammlung deutfcher in Stuttgart 1834 einen künftlichen Proteus, deflen Bewegungen an- geblich mit denjenigen der Amaeba difluens übereinftimmen follen. Nach der Angabe FıG. 46. Figuren von ausgefloffener Terpentinmaffe in Glycerin. v die Glyce- rinflächen. Die Körnchen find fuspendirtes Bleiweiß. das Experiment unter von Bonnsporr’s Leitung anftellte, wird diefer künftliche Proteus herge- ftellt, indem man eine Löfung von Chloraluminium in Kalilöfung tropft. Durch abwechfelndes Fällen und Wiederauflöfen der. Thonerde in dem über- fchüffigen Kali follen dann die amöboiden Bewegungen entftehen (EHREN- BERG, Infuforien. Text. S. 129). b) Bei den in Zellen eingefchloffenen Stromnetzen ift die Strömung Naturforfcher u. Aerzte. EHRENBERG’s, welcher Plasmamaffen, welche in den Zellhohlraum eingefchloffen find. 41 nur in vacuplenreichem Plasma auffällig fichtbar. Bezüglich der Intenfität diefer Strömung ift zu beachten, daß die Section der betreffenden Pflanzen- theile und das Eintauchen der mikrofkopifchen Abfchnitte in Waffer jedenfalls fchon ftörend wirken, bezogen auf die Verhältniffe, welche an dem unverletzten Pflanzentheile herrfchen. Der Gefammtinhalt fteht unter erheblichem Druck der Wand, wie aus dem Verhalten ausfließender Protoplasmamaffen erhellt. In jedem einzelnen Stromfaden herrfcht ein peripherer Druck auf die In- haltsmafle, wie in jedem capillaren Flüfligkeitsfaden anderer Natur. Die Wand ift gleichmäßig benetzt, d. h. alle Stromfäden, welche quer durch den Zellenhohlraum gehen, ftehen in Communication ‚mit einer gleichmäßig der Zellwand anliegenden dünneren oder dickeren Flüffigkeitslamelle. Der capillare Faden a, Fig. 47, möge durch den Hohlraum der Zelle gehen, m deren Wand, nn. die Krümmungen des Wandbelegs, welche nach dem capillaren Faden continuirlich übergehen, v v die Vacuolen dar- ftellen. In dem Syftem muß fo lange Bewegung herrfchen, wie ein Unterfchied in der Dicke der Wandfchicht herrfcht. Diefer Unterschied muß zum Theil durch Strömung in der Wandfchicht und folche in dem capillaren Faden aus- geglichen werden. Dieß gilt für jede zähe Flüfligkeit und es mag v v Lüft oder eine an- dere mit erfterer nicht mifchbare Flüfligkeit fein. Solche Strömung herrfcht in allen Wafferlamellen, wie fie im großblafigen Bierfchaum vorliegen, wenn durch den Austaufch verfchiedener Gafe die Hohlräume ihren Druck mindern. Dort ändern fich die mit Luft erfüllten Hohlräume, welche unfe- ren Vacuolen v v‘, Fig. 47, entfprechen. Werden fie kleiner, fo muß die Lamelle von Flüfligkeit dicker werden. Es fließen in folch grofßsen Blafen Flüfigkeitsfpindeln und feine Partikel dahin, dorthin, je nachdem zwei Va- cuolen zufammenfließfen oder eine gegebene Vacuole fich vergrößert. In unferem Syftem, Fig. 47, find zwei Vacuolen oder, befler gefagt, der Raum v v‘ ift ein einziger Hohlraum mit verdünnterer Löfung, wie der Wandbeleg, durch welchen ein Strang dichterer Flüffigkeit fich von der Wand W nach W* hinzieht. Damit dauernde fichtbare Strömung herrfche, muß dauernd eine Störung des osmotifchen Gleichgewichtes zwifchen dem Stromfyftem und den Vacuolen hergeftellt werden oder es muß dauernd Ver- brennung herrfchen. Sollen neue Strombahnen durch die Räume v v‘ mög- lich werden, fo muß in einem gegebenen Orte v“ eine neue Vacuole entftehen, welche wachfend nach vv‘ durchbricht bis auf zwei capillare ‚Stränge s s. In dem complicirten Syftem, Fig. 27, S. 27, kann nach der dort Fıc. 47. Sc chema der Vacuolenbildung im Protoplasma. 42 I. Das Protoplasma. angewandten Beobachtungsmethode das Auftreten der Vacuolen v v’ v“ in der Phafe 6 nur begriffen werden, wenn man annimmt, daß fie erft aus A 2 ver EURE - u ii ıi BEE = der dichteren Grundfubftanz entftanden find, dann mußte Ausgleich durch Strömung erfolgen, oder daß fie durch Annäherung der Fäden v v’ in der Phafe 4 entftanden find. Dief muß eintreten, wenn die Einmündungspunkte der angrenzenden Stränge in der Hautfchicht fich nähern. Fragt man, wie das Stromfyftem Fig. 27 überhaupt zu Stande kommt, fo findet man nur diefe Erklärung: zahlreiche kleine Vacuolen, alfo Räume, welche allfeitig von der dichteren Grundfubftanz umgeben waren, durchbrachen diefe Lamellen, fo daß zahlreiche capillare Stromfäden entftanden, die ein continuirliches Netzwerk darftellen. Wir erhalten fomit: 2° In einer Protoplasmamaffe müffen Strömungen in capil- laren Lamellen oder in capillaren Fäden herrfchen, wenn neue Vacuolen entftehen oder früher*gebildete vergehen, oder wenn mehrere Vacuolen fich vereinigen, fo daß eine Lamelle der Grundfubftanz zu einem capillaren Faden wird. In einem fol- chen Syftem wird Tempe- W raturwechfel die capillare » Spannung verändern, alfo eine Druckfchwankung be- deuten, welche nothwendi- "Fi. 48. Vorgang der Aufnahme einer Diatomee in eine Amöbe. gerweife eine Aenderung der Stromgefchwindigkeit zur Folge hat. c) Die Vacuolenbildung ift fehr wahrfcheinlich ein Quellungs- oder Löfungsproceß, eine Art Verdauung vorher ungelöfter Partikel. Die Amö- ben, Fig. 9—ı5, die Vampyrella vorax, Fig. 16, die Actinofphsra Eich- hornii, Fig. 17, u. a. m. nehmen kleine feftfchalige Diatomeen und nie- dere Zellenpflanzen auf, fchließen fie in hyaline, vacuolenähnliche Räume ein, behalten fie eine Zeitlang und ftoßen die Refte der Schalen und Zellenfkelette während ihrer Wanderung wieder aus. Das Protoplasma in folchen Auswurfs- ° maffen hat fich feiner Farbe und Lagerung der Theilchen nach fichtlich verändert, Bei einigen verläuft die Aufnahme fo langfam, daß man diefem Pro- cel Schritt für Schritt folgen kann, Fig. 48. Hier wird ein Theil der hyalinen Randzone mit dem feften Körper der Diatomee durch die Schicht h nach der Körnerzone k eingeftülpt. In c befteht alsdann das Gebilde aus drei concentrifchen Räumen h‘ k h. Aechnliche Löfungs- und Verdauungsprocefle müflen fich in der Pflanze ftetig vollziehen für die Niederfchlagskörper der Stärke des Fettes und Oeles der geformten, in Waffer unlöslichen Proteine und anderer Körper mehr. Bei der Entwickelung der Pflanzenzelle von dem jüngften nach dem ausgewachfenen Zuftande werden im Allgemeinen folche Procefle ftetig Plasmamaffen, welche in den Zellhohlraum eingefchloffen find. 43 eine Rolle fpielen und es wird die Plasmamaffe in der Regel aus dem vacuolenlofen in diefen Vacuolenzuftand allmälig übergehen. Diefes gilt . jedenfalls für alle die vegetativen Zellen, welche vorzugsweife zum Studium der Protoplasmabewegung herangezogen wurden, als da find die vegetati- ven Zellen der Vallisneria, Hydrocharis, Tradescantia, Ecballium, die Cam- biumzellen der Bäume u. a. m. Wir erhalten fomit: 3° Die Vacuolenbildung in heranwachfenden Zellen kommt allgemein vor, ift wahrfcheinlich eine Folge von Löfungsvorgängen, und es wird eine Vacuole ein mit klarer Flüffigkeit erfüllter Raum von größerem ‚wie ge- ringerem fpecififchem Gewicht, bezogen auf feine Umgebung, fein können. Allgemeine Betrachtung der Strömung. Je größer die Bewegung der einzelnen Theile in einem complicirten Stromfyftem ift, um fo größer muß der Stoffumfatz fein. Je größer die Fläche wird und damit die Anzahl der Auszweigungen in jenen dentritifchen Syftemen Fig. 21, 22, um fo mehr wächft die Gefchwindigkeit der ficht- baren Theilchen. Das Stromfyftem, Fig. 21, in welchem die Pfeile der Einzelftrömungen nach allen möglichen Richtungen weifen, kann mit geringem Maffenzuwachs fich auf fußweite Strecken ausbreiten und doch nur wenige Centimeter lückenlofer Flüffigkeit darftellen, wenn alle Stromarme ein- gezogen find. Die Mafle ftrebt gleichwohl nicht, nach allen Richtungen und über alle Grenzen hinaus, fich zu verbreiten, fie ftrebt nach einem dentri- . tifchen Syftem, in welchem p p‘ eine periphere Zone, ähnlich der Baumkrone, darftellt. Das Verrücken folcher Syfteme ift nach Rosanorr eine periodifche Bewegung, d. h. die Grenzzone rückt vor, finkt wieder zurück, rückt wieder vor u. f. f., fo daß die Schritte vorwärts ftetig die Rückfchritte überwiegen, f. Fig. 22 A. Je feiner die Vertheilung, um fo mehr herrfcht die Strömung. Diefelbe muß fich aber in fich felbft begrenzen, weil die Stromfäden nicht unendlich dünn werden können und weil die Maffe eine begrenzte ift. Es muß alfo immer wieder ‘irgendwo in unferem Syftem Anhäufung erfolgen, welche gleichbedeutend ift mit einer Verringerung der Oberfläche. Wie das Gebilde fich auch verhalten mag, ftets werden nur folche Schwankungen zwifchen Volum und Oberfläche vorkommen, wie die Fig. 45 zeigt, wo a die kleinfte, c die größte, e wieder die kleinfte Oberfläche für dasfelbe Volum der ftrömenden Maffe bedeutet. Diefe Schwankungen find Folge von Druckfchwankungen, welche deßwegen unabhängig von dem hydroftatifchen Druck des Zellinhaltes, weil die Stromfäden capillare, ja mikrofkopifch kleine find. Da mit der Oberfläche bei allen wachfenden flüffigen, wie fpäter er- härtenden feften Stromfyftemen der Einfluß äußerer Agentien: Temperatur, Strahlung, Oxydation für die Einheit der in dem Syftem umgefetzten er er Rn h 44 II. Zellbildung. Maffe wächft, mul die lebendige Kraft der fichtbaren Bewegung wachfen. Dieß wird erreicht, indem die Einheit der Maffe in immer neue Bahnen gelenkt wird, welche alle von den umgebenden Medien vortheilhafteft be- einflußt find. Verfetzen wir uns in Gedanken in den Wachsthumsvorgang einer höheren Pflanze, fo wächft nach ihrer Ausfaat ftetig ihre Oberfläche, die fefte Mafle wird von Jahr zu Jahr auf größeren Flächen vertheilt. So entfteht der reichgliederige . Baum, welcher mit der Fig. 21 zu ver- | gleichen ift. Auch der Zuwachs der feften Maffe ift ein ftetiger, wenn man abfieht von dem periodifchen Hinfall der Blätter und fchlecht fituirten Aefte, Jene Vertheilung aber der Mafle auf die möglichft große Oberfläche ift nicht unbegrenzt, d.h. es kommt für jede Pflanze eine Zeit, wo für gegebene Ober- fläche die Maflfe einmal ein abfolutes Minimum erreicht hat. Von nun aber wächft diefelbe für. die gegebene gleiche Oberfläche. Dieß entfpringt. aus dem Bedürfniß), das Syftem feft zu machen. Diefer zweiten Anfor- derung kann aber nur genügt werden dadurch, daß an dem Orte, wo Strömung erfolgen foll, eine fefte Röhrenleitung durch den Verbrauch der ftrömenden Maffe angelegt wird. Zweite Abtheilung: Zellbildung‘). —— > — $ 5. Die Bedeutung der Zelle im mechanischen Sinne, Feftigkeit, osmotifche und chemifche Spannung. Die dauernde fefte Form der höheren Pflanzen beginnt mit der Aus- fcheidung von dichteren Wänden in jenen bisher betrachteten Protoplasma- maflen. Lamellen oder Fäden ftellen in dem Syftem eine capillare Span- nung her, ähnlich wie fie in dem Seifen- oder Bierfchaum herrfchen oder wie in der Actinofphsra, Fig. 17 4; dort find alle Theile flüfig, gleich- wohl herrfcht eine gewiffe Feftigkeit gegenüber dem umgebenden Medium Luft und Waffer. Die Lamellen werden allmälig oder plötzlich feft zu !) von MoHr, Verm. Schriften. -—— NÄGELI. SCHLEIDEN. SCHACHT. HOFMEISTER. PRINGSHEIM. STRASSBURGER. — H. SCHACHT, Beitrag zur Entwickelungsgefchichte der Frucht und Spore von Anthoceros laevis. Bot. Ztg. 50. 457. 73. 8. — J. TSCHISTJAKOFF, Beiträge zur Theorie der Pflanzenzelle. Pr. Jahrb. Bd. X. S. 7. — J. TSCHISTJAKOFF, Beiträge zur Phyfiologie der Pflanzenzelle. . ı. 17. 33. 81. 97. 329. — Bot. Ztg. 75. — E. Russow, Einige Bemerkungen zu den Beitr. zur Phyfiol. der Pflanzenzelle des Herrn J. TscHisTJakorr. 329. 345. — Bot. Ztg. 75. — Ueber Zellbildung und Zelltheilung. Von Dr. Ep. StrassBurG. Jena 1875. Hermann Dabis. Die Bedeutung der Zelle im mechanifchen Sinne. 45 wirklichen Häuten (Zellmembranen), widerftehen einem begrenzten Zug oder Druck. Die flüfige Protoplasmamaffe befindet fich jetzt in einer felbftgefchaffenen Hülle, Caulerpa, Vaucheria find einzellige Pflanzen diefer Art!). Die Bildung fefter, elaftifcher Häute befeftigt das ganze Syftem und ftellt zwifchen den Medien Luft und Waffer außerhalb und dem flüf- figen Protoplasma innerhalb jener Hülle chemifche und osmotifche Span- nung her. Der Ausgleich ift jetzt langfamer, wie wenn die zwei verfchie- denen Medien ohne Membran an einander grenzen. Lösliche Körper, welche in dem Protoplasma entftehen, können jetzt gefpeichert, zurückge- halten werden. Die Diffufion nach außen ift verlangfamt. Diefelben Pro- ceffe werden auch im Innern verzögert, wenn die Pflanze vielzellig wird, d. h. zahlreiche Hohlräume in dem genannten Sinne herftell. Die räum- liche Entfernung folcher Hohlräume macht jetzt einen Widerftand möglich, welcher im einzelligen Syftem nicht herrfchen kann. $ 6. Die Bedeutung der Zelle im morphotischen und genetischen Sinne. Nach dem, was man jetzt von Organismen weiß, wird man fagen müffen: das Wachfen und die Formentfaltung find als Bewegungserfchei- nungen des flüfligen Protoplasmakörpers anzufehen. Soll die Form dauernd fein, fo muß fie erftarren, gleichwohl beftimmt belegene Ausflußftellen, die Knofpen z. B. befitzen, Orte, wo von Neuem feft werdende Hüllen heraus- fließen (beziehungsweife wachfen). Diefer Vorgang ift, wie aus dem Frühe- ren erhellt, um fo gefahrlofer äußeren Störungen gegenüber, je kleiner diefe Ausflußftellen find, daher im Allgemeinen die Bedeutung kleiner Zellen- hohlräume. Die Formänderung fetzt aber felbft wiederum im Innern der Plasmamaffe eine Vertheilung der Keimkraft voraus. An einer Ausflußftelle mag ein Blatt, an einer zweiten ein Zweig, ein Haar an einer dritten ent- ftehen, fo find alle diefe Entwickelungen um fo leichter möglich, je mehr jene fpecififchen Keimkräfte vertheilt werden an verfchiedene kleinfte Zellen- hohlräume. Die Möglichkeit hoher geftaltlicher Differenzirung wächft mit der Gliederung der Protoplasmaffe in differente Zellenräume. Genau unter denfelben Gefichtspunkt fällt aber die Betrachtung der Generation. Alle Pflanzen befanden fich einmal im Zuftande einer einzi- gen Zelle oder fie waren einmal in einer fphärifchen Plasmamaffe indivi- dualifirt. = Die Abfchnürung folcher kleinen Maffen in großer Anzahl erfcheint ı) Einzellige Pflanzen: Vaucheria. Bryopfis. Vallonia. 46 Il. Zellbildung. abfolut nothwendig für die Erhaltung und Vermehrung der Organismen an der Frde. Mechanifch kann fie eben fo wenig wie der Vorgang ge- fchlechtlicher Uebertragung von Keimorganen irgend wie weiter begriffen werden. | In kleinen Räumen, Keim- oder Eizellen, muß die Anlage für alle aus ihnen durch Wachsthum fpäter differenzirte Organe angehäuft und es müffen die Zellen von ihren Ahnen getrennt fein, foll die Continuität der organifchen Bewegung durch ungemeflen große Zeiträume verftanden werden. Solche Zellen wachfen, d. h. fie nehmen zu an Mafle und Vo- lum, fie theilen fich und bilden neue Zellen, weil fie wachfen. Sie for-- men nach beftimmten Gefetzen ihrer Evolution große Maffen, welche von außen in das Syftem hereingezogen werden, und ftellen in der gegebenen Generation einen Maffenumtrieb her, welcher riefenhaft it gegenüber der Bewegung, welche die Keimkraft in die Ahnenzelle legte. Die junge Pflanzenzelle enthält alle Formkeime und macht die ganze Evolution der Generation durch, fo die Eizellen, die Sporen u. f. f. Oder die junge Zelle ift eine Protoplasmamafle, in welcher nur ein Theil der Formkeime enthalten: ı° Merifteme der Vegetationspunkte. zo Cambium des Holzkörpers. 3° Scheitelzelle der Blätter bei den Mooien, Farrenkräutern u. f. £. Waffergehalt. In allen wachfenden Pflanzentheilen ift die plaftifche Maffe während des Vorgangs der Zellenvermehrung in hohem Grade quellungsfähig. Der Waffergehalt in faftigen Pflanzen ift ein außerordentlich großer, nichtsdefto- weniger wird durch die feine Vertheilung in mikrofkopifch capillaren Hohl- räumen eine gewiffe Feftigkeit hergeftellt. Das Gewebe der Agaricineen mit nur 4 bis 13 Procent fefter Mafle kann gleichwohl dem Zug und Druck großen Widerftand entgegenfetzen. Durchschnittswassergehalt in 100 Gewichtstheilen. a Zaltsnle ee a ee Bütter.... = as Blätter 4:32:72 2 Tabak, ‚ABtengel a5 Wurzel : 738. 2. BE 84 Linde : 55.2 Blätter ae Eiche....,55 waere Die Bedeutung der Zelle im mechanifchen Sinne. 47 Tante 23 > No EFT 7 Biene 2.02, RS le 35 Alde 2.2 2 EA RE 60 Schwämme Hutgewebe. . . . 87—96. $ 7. Theorie der Zellbildung. Alle pflanzliche Formbildung beruht auf zwei Vorgängen: ‘ ı° Vorhandene Zellen wachfen und theilen fich, die Zahl der Zellen wird vermehrt. 2° Alle Zellen ftreben von dem kleinften.Volum, welches fie unmit- telbar nach der Theilung einnehmen, nach einem abfolut größten, d. h. fie wachfen und find endlich ausgewachfen. Die Heerde dauernder Vermehrung find die Orte, wo die Vorgänge unter 1° fich abfpielen. An folchen muß derfelbe Vorgang Jahrhunderte, Jahrtaufende herrfchen, foll die Bedingung erfüllt fein, welche oben, S. 10, für die Continuität der Organifation an der Erde geftellt wurde. Diefe Orte find zum Studium der Zellenbildung gewählt worden in den Vegetations- punkten der Knofpe, in den Gefchlechtsapparaten aller Pflanzen, dem vegetativen Gewebe der niederen Algen, den Propagationsappara- ten der Pflanze — kurz da, wo man wachfen fah, hat man entwickelungsge- fchichtlich die Zerklüftung der vorhandenen Hohlräume ftudirt. Eine befon- dere Rolle fpielten die Gefchlechtsapparate der höheren Pflanze: die Pollen- behälter und die Ovula der Phanerogamen. . Bei allen Beobachtungen über Zelltheilung folcher Pflanzentheile, welche durch das Mefler oder die Nadel zergliedert werden, macht fich ein Fehler in der Beobachtung geltend, welcher bei ähnlichen Forfchungen an wafferbewohnenden niederen Algen und Pilzen ausgefchloffen ift. Es ift der Einfluß des Waffers felbft. Welches die wirklich in der Pflanze herr- fchende Anordnung ift, kann daher aus den Präparaten nach der erften Methode nicht erfchloffen werden. Auch der Einfluß von Waffer auf Zel- len, die foeben in der Vermehrung begriffen find, ftört das Gefüge, da immer alsbald Phänomene der Quellung und der Vacuolenbildung eintreten, die in der Pflanze nicht vörzukommen brauchen, weil die Flüfligkeiten, -welche die jungen Zellen begrenzen, concentrirter find wie Waffer. Etwas Aehnliches gilt für pflanzliche Gebilde, welche in Alcohol lagen. Auch hier werden Niederfchlags- und Gerinnungserfcheinungen im Protoplasma bewirkt, die im lebenden Pflanzenkörper nicht vorzukommen brauchen. 48 II. Zellbildung. Der Zellkern. ET \ 3 = Br "ER ; “ E; Br Im Innern der Protoplasmamaffe fchwebend, Fig. 49 A, bei Pfilothum, oder an der Wand dem protoplasmatifchen Belege eingebettet, oder auch in einem Netzwerk hyaliner Protoplasmafäden befindet fich eine klare fphä- rifche Ausfcheidung von eiweißreichem Protoplasma, der Zellenkern (nu- cleus). In dem Zellkern befinden fich noch dichtere Körperchen, die nu- Fıc. 49 A. Pfilothum triquetrum. Zwei Zellen vor, eine nach der Theilung. M Membran. » nucleus. nn' zwei aus den Zellen ausgetretene nuclei. cleoli. Selbft Stärkekörnchen können vorübergehend und dauernd dort niedergefchlagen werden. Der Zellkern fehlt den Pilzen und vielen Algen. In der Genefe fpielt er daher nicht überall eine wefent- liche Rolle. Den Theilungen des nucleus wurde in neuerer Zeit!) befondere Aufmerkfamkeit gewidmet. In der Fig. 49 B ift in »‘“ ein ungetheilter Kern mit zahlreichen Körnchenreihen, in n‘ in der Theilung be- griffen, gezeichnet. So weit unfere Kenntniffe über ‚den Zellkern reichen, und fie find bis jetzt rein morphotifcher Natur, wird derfelbe bei der Zellbildung zerklüftet. Er ver- theilt fich durch Auseinanderfließen und bildet fecun- däre Kerne, oder die Subftanz des Kernes löft und vertheilt fich. im Plasma der Mutterzelle und es diffe- renziren fich fpäter die Kerne der Tochterzellen. FıG. 49 B. Embryofack von Monotropa hypopitys (nach STRASSBURGER). Bei der gefchlechtlichen Befruchtung der Coniferen und Phanerogamen tritt umgekehrt als anregender Act der Zellbildung eine Verfchmelzung je zweier Kernfubftanzen ein, die MFSUDRARE des Pollenfchlauches verfchmilzt mit dem Kern der Eizelle. !) f. STRASSBURGER, Zellbildung und Zelltheilung, Befruchtung und Zelltheilung. Die Bedeutung der Zelle im mechanifchen Sinne. 49 En Säuren und Salzlöfungen gerinnt die Maffe des Kermes zu geftaltlofem Klumpen mit unregelmäßigem Contour. | Bei den Zelltheilungsvorgängen beobachtete man: ı° daß der Zellkern der Mutterzelle nicht afhicirt wird durch die Fıc. 5o. Spirogyra orthofpir.. A die zwei Kerne in einer Zelle, acht Minuten nach dem Aus- einanderrücken. B ebenfo vierzehn Minuten nachher. C noch fpäterer Zufand. Theilung des Protoplasma, fo bei manchen Sporenmutterzellen, den Embryosäcken der höheren Pflanze, Fig. 49 B. 2° Er wird gelöft und es 4 entftehen nach und nach zwei und fo viele fecundäre Kerne, 5 eine viren. C benfo (Alkchei), D Kom, wie fpäter Tochterzellen auftreten, a REN dahin gehören vielleicht alle vegetativen Zellen der höheren Pflanze. 3° Der Zellkern theilt fich wie die Protoplasmamafle in zwei oder mehrere Tochterzellkerne, welche auseinander- fließen und fich nach dem Orte begeben, welcher durch die Lage der neu auftre- tenden Zellwände vorgefchrieben if, Fig. 50, 51. Die Theilung des Kernes in zwei oder mehrere Tochterzellkerne vollzieht fich in wenigen Minuten, Fig. 50, 5I, bei den Fadenalgen des füßen Waffers. Als beftes Studienobject find die Conju- | = .... gaten, insbefondere die großen Formen Fıc. 52. Kleine Parthie aus der Zelle von Spiro- der Gattung Spirogyra zu empfehlen. RR RE Bei Zellkernen, welche fich in centraler Lage befinden, findet fich ent- weder ein Netzwerk hyalinen Plasma’s, Fig. 52, in welchem der Kern wie in einem Takelwerk aufgehängt erfcheint, oder ein ebenfolches von körnigem Plasma, Fig. 54. Hier bei den Epidermiszellen von Orchis N. J. C. Mürter, Handbuch I. r. 4 €. D. so II. Zellbildung, N Be kommt, wenn von dem Wandbeleg ww‘, Fig. 54, abgefehen wird, eine ähnliche Vertheilung der Protoplasmaftränge vor, wie bei der Amaba radiata des Süßwaflers, welche in Fig. 53 abgebil- det ift!). Diefelbe befitzt in gleichwinkligen Abftänden zugefpitzte, in- ihrem Fuß- punkte drehbare Fangarme. Durch Contraction wer- den diefe Pfeudopodien verkürzt. Ganz ähnliche Drehungen und Verände- rungen der Stränge kom- men in dem Syftem der Fig. 54 vor, f. Figuren- Fıc. 53. Amoba radiata. In a fechs Strahlen der hyalinen Grund- erklärung. Dort aber muß fubftanz, in b find nur fünf, in c nur drei in der ganzen Länge fichtbar. der Wandbeleg ww" die N artbewegt, dEingefchloffener Dietomeanpanzer. Verfchiebung der Fuß- punkte der Stränge bewir- ken. Der Zellkern und die nucleoli wer- den nach den neueren Unterfuchungen S’TRASSBURGER’S, AUERBACH’S u. a.?) als Ge- bilde angefehen, die für das Wefen der Zelle - als organifches Individuum die größte Be- deutung haben. Bei den vergleichen- den Unterfuchungen über die Neubildung thierifcher und pflanzlicher Zellen hat fich bis jetzt indef) nicht die Uebereinftim- mung in der Auffaflung herausgeftellt, welche nöthig ift, um diefen Gegenftand Fıc. 54. Orchis Morio. Epidermiszelle mit einer Bei der Befruchtung der Abietineen amöbenartigen Vertheilung des Protoplasma’s a, b der wird der nucleus des Pollenfchlauches n Wandbeleg. Die Räume I, II, IV der wäfferige Zell- z h inhalt. durch deffen Spitze in das Corpusculum ge- 1) FAMmINTzIN, Ann. d. fe. nat. V. 7. Für das ausgezeichnete Studienobject der Spi- rogyren f. noch A. Braun, Verjüngung. 257 ff. PRINGSHEIM, Pflanzenzelle. 1854. S. 31 ft. DE Bary, Die Conjugaten. 1852. S. 2. 2?) HansTEm, Bot. Ztg. über den Zellkern. — Zelle und Zellkern. Bemerkungen zu STRASSBURGER’S Schrift «Ueber Zellbildung und ‚Zelltheilung» von Dr. LEOPOLD AUER- BACH. — ConHn, Beitr. Bd. 2. Heft ı. S. ı. Breslau 1876. J. U. Kern’s Verlag. 3) AUERBACH in CoHn’s Beitr. zur Biologie der Pflanzen. II. Bd. ı. Heft. als abgefchloffen betrachten zu können?). Sogenannte freie Zellbildung. PR 51 preßt und verfchmilzt dort mit dem nucleus n‘ der Eizelle zu einem Kern- individuum. In Fig. 54 A a verläßt der Kern des. Pollenfchlauches n foeben die Spitze desfelben, in der Fig. b ift er auf dem Wege nach dem Centrum des Corpusculum, in c ift er in der Verfchmelzung mit dem Kern des Corpusculum begriffen. S 8. Sogenannte freie Zellbildung. Fısc. 56. Tuber zfivum. z Tochterzelle. 5 Haut- 2 : eh icht dir Plasma 2 Mem- Fıc. 544. Embryofackfcheitel. Das Corpusculum der Coniferen nach brän der Mütterselle; STRASSBURGER. n n* die Zellkerne. In der Pro- toplasma-Maffe der Mutterzelle differenziren ne: N BE; < SS fich zuerft die 2 Kerne, fodann ballt fich ein Theil des Pro- toplasma um den Kern und umzieht fich miteinerimBe- ginne vergäng- lichen > fpäter Fıc. 55. Gingko biloba. Ein Ei mit freien Fıc. 57. Ephedra altiflima. Ein Ei’ ui feften # elafti- Kernen, um jeden Kern eine hellere- Zone. freier Zellbildung nach STRASSBURGER. : BERN, Fıc. 58. Ephedra altifima. Die frei ent- fchen Membran. Die Integrität der Mutter- ftandenen Tochterzellen wachfen durch die zelle ir durch diefen Vorgang nicht voll: Eihaut, find zum Theil in Theilung begriffen. ftändig zerftört. Diefelbe kann längere Zeit den gleichen Procef wieder- holen, fo daß die Anzahl der Tochterzellen wächft, bis endlich der ganze 2” ir 5 II. Zellbildung. - Mar Raum der Mutterzelle erfüllt, ihr ganzer protoplasmatifcher Inhalt ver braucht ift. So entftehen die Eizellen wahrfcheinlich aller Pflanzen, die Keimbläschen der Phanerogamen mit Sicherheit, die Ascofporen der Pilze, - das Endofperm der Mehrzahl der Phanerogamen. Als geeignetes Material FıG. 59. Ephedra altifima nach Strasspsurger. Theilungsvorgänge im Ei (Corpus- culum). 4A freie Zellen im Protoplasma. B fpäterer Zuftand, die untere Zelle be- - reits mit Zellhaut. C eine einzelne, frei entftandene Zelle. D eine Monftrofität, das Ei von Gängen durchfetzt, welche die Zellen umgrenzen. ee De, RER nn Br ZoE Al \ Fig. 56, die Osgonien der Algen und Pilze, die Embryo- fäcke der Coniferen, Fig. 55, 57, 58- Fıc. 60. Eine der großen Endofpermzellen von Ceratophyllum. Die freie Zellbildung kommt im Pflanzenreiche vorzugsweife in denjenigen Orten vor, wo mit hoher Keimkraft verfehene Zellen entftehen follen; folche find: die Sporen der Ascomyceten, die Schwärmfporen der Pilze (Peronofporeen, Mucorinen, Sa- prolegnieen). Sogenannte freie Zellbildung. 53 Die Zellen, welche den Procel) diefer Zerklüftung ausführen, find felbft meift in gefchloffenem Verbande oder als Endglieder eines Zellenzweig- fyftems durch Theilung entftanden. Das Wefen der entftehenden, zuerft hüllenlofen Plasmakugel, wie fie in mannigfacher Form und Anzahl entfteht, beruht in der Individualifirung. _ Die Zelle heifft Primordialzelle und entfpricht diefem Namen durch die Zartheit ihrer Begrenzungsfchicht. Die frei entftandenen Tochterzellen, Fig. 59 Abis C, ftellen im Beginn ihrer Entwickelung außerordentlich vergängliche, zarte Plasmaballen dar, durch geringe Contraction in Alcohol von dem umgebenden Mutterplasma unterfchieden, Fig. 59 C B!). Ihr fpecififches Gewicht muß fich, da fie in der Mutterzelle zum Theil, fo bei den Abietineen, Wanderungen von dem Orte der Entftehung ausführen, von demjenigen der übrigen fie umgeben- den Plasma unterfcheiden. In den Eizellen wiederholt fich die Bildung freier Zellen zuweilen mehrmals, oft in abnormer oder ungewohnter Weife, Fig. 57, 59, 60. So bildet der Embryofack der Phanerogamen nach der Anlegung der Eizellen das Endofperm. Aber felbft in den erwachfenen Endofpermzellen des Cerato- phyllum, Fig. 60, bilden fich nach und nach, zuweilen in ungewohnter Weife, zahlreiche Nuclei, um welche die Primordialzellen fich ballen und mit einer feften Membran verfehen. Von STRASSBURGER wurden ähnliche Gebilde bei Ephedra, Fig. 59 D, beobachtet. Die wiederholte Freizellbildung von Ceratophyllum verläuft fo: die Zelle z ift felbft aus dem Protoplasma des Embryofackes entftanden, befitzt den wandftändigen Nucleus n, Fig. 60, und einen dicken Wandbeleg von Protoplasma. In diefem differenziren fich zahlreiche Nuclei n‘ und um diefe differenzirt fich ein Plasmaballen, welcher alsbald bei x’ mit einer feften Cellulofemembran verfehen ift. Viele folcher Zellen des zweiten Grades liegen in dem Vacuolentheil der Mutterzelle bei z‘. $ 9. Zelltheilung. Der ganze protoplasmatifche Inhalt zerklüftet fich in zwei, vier und mehr Tochterzellen. Die ganze Mafle der Mutterzelle geht in die Tochter- zellen auf. Die vegetativen Gewebe und die männlichen Propagationszellen der 1) Die Einzelheiten d. Differenzirung f. STRASSBURGER, Zellbildung u. Zelltheilung. S. 4 ft. Mi | II. Zellbildung. Phanerogamen, die Pollenkörner gehören hieher. Bei dem. Studium diefes Vorganges find offenbar mehrere Aufgaben zu löfen. Zunächft ift die mikro- fkopifche Structur des Zellenleibes während der Theilung zu ftudiren, fodann aber die Lage der Tochterzellen und das Gefüge der durch die ‚7 Theilung entftehenden Gewebe, fowie die Structur und gegen- feitige Lage der Zell- wände, welche die nander trennen. In feinem ganzen Umfang kann diefes Gebiet nicht allgemein hier abgehandelt werden. Es gehört zum Theil in die Morphologie und Entwickelungsge- fchichte. A. Die Spirogyra, In vorhandenen F 16.61. Beobachtungen über die Zelltheilung der Spirogyren. A die beiden Cylindergliedern des Kerne differenzirt, jeder mit zwei Kernkörperchen. BCDE allmäliges Vor- y fchreiten der Scheidewände. F die. fertige Scheidewand. G eine beiderfeits ab- Algentadens werden geftoßene Querwandfcheibe (Spirogyra orthofpira). nach der Theilung der Kerne und deren Wanderung Querfcheidewände im Verlauf weniger Stunden allmälig ausgebildet, Fig. 61. Die Wand, welche aus der cylindrifchen Zelle des Algenfadens zwei Zellen bildet, entfpringt als fchmale Ringleifte, welche mit der Cylinder- - wand verwachfen ift, B. Sie fchreitet in dem Maaße, wie die Kerne und Tochterzellen von ei- ? Zelltheilung. > 5 EIER eg | die fie tragenden Protoplasmafiden auseinanderrücken, nach dem Mittel- punkte vor, bis der Kreis, welchen die neue Zellwand ausfüllt, gefchloffen ift, Fig. 61 E, F. : B. Sporen der Cryptogamen. In den auf vegetativem Wege, nach zahlreichen Zellgenerationen entftandenen, Mutterzellen der Sporen zerklüftet fich der primäre Zellkern oder er bleibt vorhanden. Im erfteren Falle theilt er fich in zwei Theile, fodann nochmals, fo daß vier Zellkerne vorhanden find. 1° Der primäre Kern bleibt eine Zeit lang erhalten. Die Sporen- mutterzellen von Isoötes find das befte Studienobject, Fig. 62, 63. In der Mutterzelle bilden fich vier Zellkerne, welche fich fo wie die Ecken eines in der Kugel belegenen Tetraöders lagern; von der Kugelwand aus entfpringen Fıc. 62. Ifoetes Durieni Bory. Mutterzelle der Makro- Fıc. 63. lfoötes Durieni. Mutterzelle der Makro- fpore nach vollendeter Theilung, kurz vor Auflöfung fporen nach vollendeter Theilung. des primären: Kerns. die fechs Membranplatten, welche im Centrum der Kugel in einem Punkte fich fchneiden, vier Tochterzellen von einander trennen, von welchen jede drei im Innern der Kugel belegene plane Wände und eine in der Kugel- fläche belegene Wand befitzt. 2° Der primäre Kern vergeht. Die Wandbildung gefchieht in einem conftanten, allfeitig auftretenden Niederfchlagsproceß. Es treten in einer Entwickelungsreihe von verfchieden alten Sporangien (das befte Studienobject ift Pfilothum triquetrum) zuerft zwei Kerne auf, diefe verfchwinden, es treten vier auf. Jetzt bilden fich zwei Körnerplatten, welche vier Kugelquadranten abfchneiden, und im letzten Stadium ift die Kugel vierzellig, Fig. 49 A. Die Membran der Mutterzelle ift während diefes Vorganges in hohem Grade in Wafler quellungsfähig, fie wird bis zur - vollen Ausbildung der Sporen reforbirt. 56 . I. Zellbildung. 3° Zelltheilung der Moofe, allmälige Wandbildung. Nach dem Auftreten der vier Zellkerne zerklüftet fich der protoplas- matifche Inhalt durch fechs Körnerplatten bei Anthoceros levis, Fig. 64 a und Db, es entftehen vier Zellen, jede von der Geftalt eines Tetraöders. Bei Pellia epiphylla fchnürt fich die Wand der Theilung entfprechend ein und verdickt fich in den Winkeln bei v, Fig. 64, da, wo die end- liche Abfchnürung der Tochterzellen erfolgen muß. Diefe führt bei An- thoceros zur Vertheilung der Membran der Mutterzelle um die vier Tochter- zellen. Die Spore der Pellia theilt fich in fpäterer Phafe, aber noch vor der Ausfaat, in mehrere Zellen, welche in dem fphärifchen Sporenkörper in Verband bleiben. i 4° Zellbildung der Moosfpore, plötzliche Wandbildung. Bei den Laubmoofen wird innerhalb der Membran der Mutterzelle jede tetraö- drifche Tochterzelle von einer eigenen Membran umhüllt, während diejenige der Mut- terzelle noch eine Zeitlang Sporenreife aber find die Hüllen der Mutterzellen re- forbirt, die Sporen find ifo- lirt und füllen als ein Pulver den Sporenraum des Frucht- körpers aus. | 5° Theilung der S ; . 5 ” . Fıc. 64. Anthoceros l&vis!). Sporenmutterzellen in der Theilung. Ent- E qui feten ) > die $ pecı al- wickelung der Sporen: a die Sporenmutterzelle. b fpätere Phafe. c, d, e = = Pellia epiphylla2). 'Theilung der Sporenmutterzelle, c die urfprünglich mutterzelle bleibt = kugelige Zelle in vier Säcke, von welchen drei fichtbar, eingefchnürt, d halten. fpäteres Stadium, in e die Sporen ifolirt. v Zellftoffverdickung in der Schnürftelle. Die Theilungen im Sporangium der Equifeten find analog den früheren bei den Moofen, we- nigftens in den wefentlichen Zügen. Die Membran m der Tochterzelle aber wird nicht zur definitiven Hülle, fondern der Protoplasmakörper bildet eine zweite Hülle m‘, Fig. 65 B, diefe bleibt dauernd. Die erftere m aber zerklüftet fich in zierliche Schraubenbänder, welche zur Zeit der Sporen- reife in der Zweizahl an je einer Spore fefthaften, fich dehnen oder fpi- !) f. SCHACHT, Bot. Ztg. 1850. Entwicklungsgefchichte der Frucht von Anthoceros levis. S. 489 ft. ?) HOFMEISTER, vergl. Unterfuchungen. 8) Sanıo, Botan. Ztg. 57. S. 657 ft. erhalten bleibt. Zur Zeit der Zelltheilung. | Rn ER 57 ralig verkürzen und als Schleuderer (Elateren) die Fortbewegung und Aus- ftreuung der Sporen unterftützen. Bei den Equifeten bildet fich fomit in der Zelle eine zweite durch vollffändigen Verbrauch des Plasma, während die Membran der vorhergehenden Generation fich in. die dauernden Schraubenbänder 'zerklüftet. Etwas ganz Analoges bei noch auflälligerer Zerklüftung der Membranen, ja der vorhergehenden Generation kommt bei den niederen Algen (Schizoglamis) vor!). Es zerreiffen die Membranen in zwei halbkugelige Klappen, für die erfte Generation ohne Theilung, ebenfo für die Theilung in zwei Individuen. Vier Klappen entlaffen den Zellen- Fıc. 65 A. Equifetum hyemale. Mutterzelle mit vier Kernen und Mutterzelle nach der Theilung in zwei Tochterzellen. körper nach der zweimaligen Zerklüftung des protoplasmatifchen Inhaltes in vier Ku- geln, f. Fig. 65 C. 6° Zerklüftung der Fucuseizelle Fıc. 65 B. Halbreife Sporen, in m m! S 2 differenziren fich die Elateren. und Häutung?). Fıc.65 C. Schizoglamis gelatinofa. Zwei Zellen, welche ihre Zellhaut in zwei Klappen zerreißen. Zwei neue Zellen, welche ebenfo die Membran Fie. 66. der Mutterzellen zerklüften. Die dritte Genera- tion vier Tochterzellen, die Membran zerfällt in Fucus veficulofus. „ Früheres und fpäteres Stadium der Häutung des Oofporangium, m die erfte, m! die zweite Hülle ). vier Klappen. Die Gattung Fucus bildet an beftimmten Stellen des Lagers Sporan- gien, welche an die Oberfläche des vegetativen Körpers durch Quellung 1) A. BRAUN, Ueber die Erfcheinungen der Verjüngung in der Natur. Leipzig 1871. Taf. I. 2) Ann. d. fe. nat. IV. 2. 58 | I. Zellbildung. - ‚entlafflen werden. In diefen entftehen. durch Zelltheilung acht Tochter- : zellen, Fig. 66. Die Hülle m wird gefprengt und eine zweite, felbft dritte Membranlamelle abgeftreift, bis endlich die acht Keimzellen als hüllenlofe Primordialzellchen frei im Meerwaffer fluthen?). C. Pollen der Phanerogamen. ı° Einzelzellen. Die Einzelpollenzellen entftehen in einem urfprünglich gefchloffenen Gewebe der Antheren. Nachdem in demfelben eine Reihe vegetativer Theilungen, in welchen die Zahlen der von einer Zelle abgeleiteten Tochter- zellen find: ı, 2, 4, 8, abgefchloflen ift, Fig. a, werden die letzten Abkömm- linge zu Pollenmutterzellen. Jede bildet vier Kerne, Fig. 67 ab cd, | Es erfolgt die Zerklüf- tung des Plasmakörpers - durch Membranen ]/, Fig. 67 c d, welche all- mälig von der Wand nach dem Mittelpunkt der Zelle wachfen und endlich die vier Plasma- maflen trennen; in d der Fig. 67 find in den drei rechts in der Figur belegenen Zellen die Protoplasmamaffennoch durch zarte Brücken in Verbindung. Die Indi- vidualifirung der Pollen- körner ift damit aber noch nicht erreicht. Das Gehäufe, Fig. 67 cd, Fıc. 67. Malva rofea. Pollenmutterzellen mit quellender Membran. Lavatera. a Pollenmutterzellen. 5 Pollenmutterzelle in vier Special- ftellt erft die Special- mutterzellen. 3 folcher Zuftand ifolirt. 5 leere Special-Membranzellen. 4 reifer Pollen. Bildung der Special-Mutterzellen von Althxa rofea. mutterzellen dar. Jeder 2 die Zellftoffleiften. p die Primordialzellen. ce Nucleus. Pflanzenphyf. d Unterfuch. von NäceLı und Cramer. 1. Heft. Zürich 1855. er vier gefonderten Protoplasmakörper um- zieht fich nochmals mit einer fpäter in zwei Schichten differenzirten Mem- bran, Fig. 67 3. 4. Das Syftem der Specialmutterzellen wird im Verlauf des Wachsthums diefer Pollenzellen reforbirt. !) 'THURET, rech. fur 1. fucac. Ann. d. fc. nat. bot. IV. 2. Fe u ee arg ’“ « u jr 5: Zelltheilung. ee © Et 7) 2. Tetraden, Octaden u. f£. £. bis Maffula der Asclepiadeen und Orchideen. Bei den vorherbefchriebenen Theilungen fchließt. die Entwickelung mit einzelligen ifolirten Propagationszellen, Sporen, Pollenkörnern ab. Bei “ tativen Theilungen ein Com- den vorgenannten Familien werden zuletzt vielzellige ifolirte Gebilde erzeugt. Das Individuum im Blüthenftaub der Acacien, Monotropeen, Ericaceen u. a. m. ift mehrzellig. Die 4, 8, 16 Zellen befitzen eine gemeinfchaftliche, das ganze Syftem, Fig. 68 A, umhül- lende Auffenhaüt, Exine. Die Individualifirung der Maflulae in Pollen der Orchideen, Fig. 68 B, gefchieht fo, daß fich nach einer Reihe von vege- plex von Tochterzellen mit jener Exine umzieht. In folcher Maflula befinden fich dann 100 und mehr Pollenzellen. Bei den Asclepiadeen, Fig. 68 C, wird der ganze In- halt eines Antheren- faches zu einer ein- zigen Maflula, 5 ift die gemeinfame La- melle, die vor der Gefchlechtsreife, ja fchon vor der vol- lendeten Theilung differenzirte Exine. Der Querfchnitt einer jugendlichen Anthere, welcher in unferer Fig. 68 dar- Fo. 68. 4 Pollen der Acacien, von der Fläche und im Durchfehnitt gefehen (fchema- 5 : tifch). Das Pollenkorn befteht aus 16 Zellen. B Maflula von Phajus Wallichii wäh- geftellt ift, zeigt zu- rend der Zelltheilung. C Asclepias fyriaca. Querfchnitt einer Maflula. Die Pollen- nächft an der rech- mutterzellen von @ bis 5 ungetheilt, bei r in der Theilung begriffen. ten Seite langgeftreckte Mutterzellen, welche fich fpäter fo theilen, wie die linke Seite halbfchematifch darftellt. Zuletzt befteht die zufammenhängende Pollenmaffe aus zahlreichen parallelopipedifchen Zellen. 60° | - I. Zellbildung. D. Vorkeimzellbildung bei den Coniferen, Die befruchtete Eizelle der Coniferen, namentlich der Taxineen ine Abietineen ift ein vorzügliches Studienobject, leicht zu befchaffen und ebenfo leicht mikrofkopifch zu präpariren. Das Corpusculum (der fecundäre Embryofack der Abietineen, f. Sy- ftematik und allgemeine Morphologie) ift ein eiförmiger bis zu zwei mm großer Raum, welcher von einer einzigen Zelle ausgefüllt it (Fig. 55, 57, 54). In dem einen Pol derfelben Fig. 69 A B differenzirt fich die be- fruchtete Eizelle zunächft in den Vorkeim des Embryon. Derfelbe ift von Geftalt einer biconvexen Linfe, theilt fich durch fenkrecht zu einander _ ftehende Wände in vier gleich große Zellen, Fig. 69 A B, jede derfelben theilt fich gleichfinnig mit den Nachbarn durch Querwände, fo daß ein Syftem entfteht, welches 4, 8, 16, 32 Zellen enthält. Bei je einer folchen FıG. 69 A. Picea vulgaris. Theilungszuftand im Vor- keim. ab Körnerplatte, in der fpäter die Membran auf- tritt. FıG. 69 B. Picea vulgaris. Theilungen im Vorkeim zu einer Zeit, wo diefer aus ı2 Zellen in 3 Etagen befteht (nach STRASSBURGER). Theilung fließt der Kern in zwei Tochterkerne auseinander, welche durch ‚zahlreiche Körnerreihen mit einander in einen eigenthümlichen Spindelraum verbunden bleiben, Fig. 69 A). $ 10. Theilung bei (Edogonium und den Diatomeen. Bei den CEdogonien wurde von PrınGsHEIM zuerft eingehender eine Modalität der Theilung ftudirt, welche auch den Diatomeen in den wefent- lichen Zügen eigen und von großem Interefle ift, weil der Vorgang des Zellenwachsthums direct unter dem Auge des Beobachters verläuft. Die erfte Cylinderkette der Figur :70 bildet in der ausgezeichneten Zelle einen Ring von plaftifcher Cellulofemaffe, welcher der Innenfeite der | 1) STRASSBURGER, Zellbildung. Jena. H. Dabis. 1876: ey eek De 2a, hy? u A De ar 4 Fri rs ee ee Vorkeimzellbildung bei den Coniferen. 6 - Cylinderwand anliegt. Zu gleicher Zeit theilt fich der protoplasmatifche ‚Zellinhalt in zwei Tochterzellen, durch eine Querwand, Fig. 70 B. Die eine der Zellen (in der Fig. 70 die untere in B) zerreißst ihre. Wand mit fcharf umfchriebenem Ringfchnitte, und es entfernen fich die beiden Hälften des Zellenfadens, indem fie die entftehende Lücke in der Cylinderwand mit einem neuen Stücke ausfüllen, welches aus dem Ringe plaftifcher Cellulofemafle ausgezogen wird. Diefer Vorgang erfordert 20 bis 30 Minuten. Die Zellenkette ift jetzt in den Zuftand C, Fig. 70, vorgerückt. Die größere Tochterzelle in B derfelben Figur ftreckt fich nun und verfchiebt die Quer- wand bis in die Nähe der Rißftelle. Das Syftem ift jetzt in das Stadium D A B C D 00 ER Bist: 088 09002 1'000 +00 0,00, 0000 9000 0,00 900° 00.00 D 0050 520 Ogoeu 0.09 0 0009 003% R sarla „Don CHE N) Er 0 [2 ® o og00, 290 De 0000 00 Do.0 sp Re 0000 0 00 0° [} 0,0 D 0,89 ) Pe 2 000 On. 0? AL b eD Dar Nraor 800 98 005005 009° H 09 00,90 B 3108? 1.058 RE 00909 0,000 °g°® TS, NKOMYS 09.05" 1,0000 0 nor DO 0ut. on ld "0 ex Er so, “pi 0 .0%9 E INSEL Ss Fıc. 70. CEdogonium. A. Die Zelle, welche fich zur Theilung anfchickt, hat den Cellulofering gebildet, f. F bei ftärkerer Vergrößerung. B. Die Zelle hat: fich getheilt. C. Die Wand ift ge- riffen, der Ring ift zum Cylinderftück ausgezogen. D. Die Mutterzelle hat fich bis zur+Rißftelle geftreckt. E. Zwei Schwärmfporen bildende Zellen. Die obere ift die jüngere. F. CEdogonium tumidulum. Ein fertig gebildeter Cellulofering (nach STRAssBURGER). 2 getreten. Die Tochterzelle, welche zuerft austrat und ihre Wand aus dem Cellulofering bildete, ftreckt fich und erreicht die Größe ihrer Schwefter- zelle. Die Kappe unterhalb der Rißftelle, f. Fig. D, bleibt erhalten als ein kurzer, ftarker, verdickter Membranhohlkegel. Aus diefer Entwickelungsgefchichte geht hervor, daß die Hülle aus zwei Membrancylindern befteht, von welchen der innere an dem äußeren bei dem Uebergang von C nach D vorbeigleitet. Aehnlich dem Theilungsvorgang bei CEdogonium ift derjenige eini- 1) PRINGSHEIM, Jahrbücher I. 1858. S. 1. 62 II. Zellbildung. ger Diatomeen, der Melofiren, Pinnularien und der Himanthidien. Die Zellhäute der Diatomeen find ftarr und ftark mit Kiefelfäure infiltrirt. L Sc £ u La u N N TE Die Zelle befteht aus zwei Schalen a und b, Fig. 71 A. Die eine b : fteckt in der anderen a wie eine Schachtel im Deckel. Bei der Theilung fchieben fich diefe beiden auseinander und es differenziren fich zwei neue Schalenftücke c, d, welche urfprünglich verwachfen waren. c gehört jetzt zu a, d Ei zu b. Das Syftem ift jetzt zweizellig. Der Durchfchnitt fenkrecht zur Ebene der Figur ift bei ver fchiedenen Arten beziehentlich ein Kreis, eine Ellipfe, ein Rechteck u. f. f. matifch dargeftellt nach der zweiten Thei- lung. (Ein Fehler in der Zeichnung ift dahin zu ändern: von links nach rechts ift - die erfte Schale ein Deckel, die zweite eine fein, ift aber in der Figur als Deckel zur vierten Schale dargeftellt. Die vierte Schale muß ein Deckel fein.) [Eingehenderes über | diefen Theilungsvorgang im II. Buch, All- gemeine Morphologie $ 6. A. 4.] $ 11. Theilungen in der Epidermis. allfeitig dicht an einander fchließßender Zellen Fig. 71 B zeigt dasfelbe Syftem fche- Schachtel, die dritte muß eine Schachtel Die Epidermis ftellt eine Gewebeplatte B. dar, welche fchon fehr frühzeitig in der Knofpe der Blätter und Zweige gefetzmäßige Theilungen durchmachen. Solche fchließen Fıc. 71. Schema der Theilung der Dia- x = tomeen. A Pinnularia gibba, EHRENBERG. a ab mit der Entftehung der Spaltöffnung. und 5b alte Zellenfchalen eines Individuums. a und ce und b und d die zu den zwei neu Ein Syftem von zwei halbmondförmigen entftandenen Individuen gehörigen Schalen. Zellen, zwifchen denen ein fpaltenförmiger e Zwifchenftück. B Melofira varians. Schema für die zweimalige Theilung. Intercellularraum!) den Verkehr der atmo- fphärifchen mit den Binnenlufträumen herftellt. Fig. 73 E. In der Fläche der Epidermis befitzt die Mutterzelle der beiden Schließ- zellen verfchiedene Lagen: ı° Sie geht als Tochterzelle des erften Grades aus einer gegebenen Epidermiszelle hervor und zu jeder folchen gehört eine Spaltöffnung. 1)f. $ 25 B des Buches. Theilungen in der Epidermis. 63 2° Sie entfteht wie vorher aus beftimmten vereinzelten Epidermiszellen. 3° Der Bildung der Mutterzelle geht ein Cyclus von Theilungen voraus, welcher mit den Spaltzellen abfchließt, fo in den Fig. 72, 74, - welche einen der complicirteren diefer Theilungsvorgänge graphifch darftellen. In der Fläche Fig. 74 theilt fich jede Epidermiszelle durch zwei fenk- “recht zur Ebene der Zeichnung ftehende Wände. Es entfteht dadurch eine linfencylindrifche Zelle in der Mitte des Complexes. Ein Durchfchnitt 23 Fıc. 72. Aneimia fraxinifolia. A Spaltöffnungszellen „im Durchfchnitt der Epidermis. B ebenfo zur Zeit der Anlegung der Schließzellen. durch einen folchen Complex, Fig.72 A B, zeigt “alsdann in A das Syftem vor der Bildung der Fıc. 74. Cibotiuin Schiedei. Junge = R\ P u . Epidermis. Schließzellen. Die mittlere Zelle in A theilt fich ses durch eine letzte Wand in zwei fymmetrifch geordnete Tochterzellen s s, Fig. 72 B. Diefe werden zu den Schließzellen'). FıG. 73. Aneimia fraxinifolia nach Hırpdesranpt: Ueber die Entwicklung der Farren- krautfpaltöffnungen. A die Epidermis im Durchfchnitt fenkrecht zu ihrer Fläche, theilt eine Zelle in a. B und C fpätere Phafen von A. DE Pteris cretica. Die Zelle M theilt fich zweimal, M’, M“. E. M“' bildet die Schliefzellen. Noch complicirtere Anordnung herrfcht bei Aneimia, Fig. 73 A bis C. Die Mutterzelle a für die Spaltöffnung wird durch eine gewölbte Wand, welche parallel zu der Oberfläche orientirt ift, abgefchieden. Sie wächft, 1) Aehnliche Zellbildung für die Mutterzelle der Schließzellen kommt bei den Craffulaceen vor; f. STRASSBURGER, PRINGSHEIM’s Jahrb. Bd. VII. RN ' II. Zellbildung, wie die fpäteren Phafen, Fig. 73 B.C, zeigen, zu einem tonnenförmigen Raume. Die Mutterzelle bildet dann noch zwei Wände, fo daß das Syftem vor der Anlegung der Schließzellen dreizellig ift. Bei Pteris cretica ift in der Epidermis ein Convolut von Zellen M M' M“ entftanden, Fig. 73 D, in der letzten Zelle M’ entftehen die Schließzellen. Der Zuftand des aus- ® . gewachfenen Epidermiselementes ift in Fig. 73 E dargetftellt. (Bedeutung der Spaltöffnung f. $ 25 C diefes Buches.) $ 12. Theilungen an vegetativen Körpern A. Scheitelzellen. Alle Wachsthums- angefehen werden. Der protoplasmatifche Zell- inhalt wandert nach den A Fıc. 74. Nach NÄceLı und SCHWENDENER. Das Mikrofkop. S. 589. Folge der Anfammlung und des hydroftati- und es treten neue Wände nach der Streckung höheren Pflanzen kann das plaftifche Material Fıc. 75. Metzgeria furcata. Scheitelgruppe. hin als nach den Orten des geringften Widerttandes ftrömen. Neue Zellen werden überhaupt nur angelegt, weil die Pflanze in diefem Sinne wächft oder gewachfen ift. Die Theilungen in einfachften Zellenfyftemen, wie fie die Fig. 74 darftellt, bilden einen cylindrifchen Zellenfaden durch wiederholte Quer- wandbildung weiter. Die am Scheitel ftehende Zelle bildet die Seitenzweige, . die kann in verfchiedener Weife gefchehen. A Fig. 74, fie theilt fich genau in zwei Hälften, jede derfelben erhält die Function der Mutterzelle. Damit aber erlifcht offenbar deren Verjüng- ungsvermögen, fie ift bei der Theilung in ihre beiden Defcendenten auf- 1) NäcELı und SCHWENDENER, Das Mikrofkop. S. 589. © phänomene in reich ge- | , gliederten Pflanzen müf- £ A fen als Formdemonftra- tionen der Plasmamaffen B C D E Zuwachsftellen, nach den Knofpen, den Scheitel- zellen. Der Hohlraum der Zellen wächft in fchen Druckes der Flüfigkeit auf die Wand ° der Mutterzelle auf. In dem Zuwachsorte der nicht gebildet worden fein. Es mußte. dort- Theilungen an vegetativen Körpern. e: 65 gegangen, die urfprüngliche Wachsthumsrichtung geht verloren, wenn beide Zweiganlagen ganz gleich _wachfen. Es muß eine ächte Gabelftellung. (Dichotomie) entftehen. £ B Fig. 74. Die Zweiganlage entfteht als eine Tochterzelle von der ‘ Geftalt der kleinen linfenförmigen Zelle. Die Mutterzelle dominirt. Die Hauptwachsthumsrichtung bleibt erhalten. Ebenfo in D und E, wo die Zelle, welche dem Zweige. Urfprung giebt, mehr und mehr vom abfoluten Scheitel entfernt ift. C Fig. 74. Endlich entftehen zwei gleichwerthige Zweiganlagen, ohne dafd die Mutterzelle aufgetheilt wird wie A. In D und E aber entftehen zwei Seitenzweige, fo dafs der Haupttrieb überhaupt gar nicht beeinflußt wird. An der Spitze der Stämme erfolgt der Zuwachs überall, -zunächft durch Zelltheilung. Je weiter man fich von dem Scheitel entfernt, um fo mehr gelangt man in Regionen, wo die Zelltheilung erlifcht oder doch nur auf beftimmte Orte befchränkt ift. Die Geftalt der Zellen von abfolut unbegrenzter Theilungs- fähigkeit t 1 Fig. 76, der Scheitelzellen in-Fig. 77 ift abhängig von den Geftaltungsvorgängen, welche fich in ihren Abkömmlingen abfpielen. So theilt fich in Fig. 75 der Scheitel des flachen, an dem jüngften Orte aus einer einzigen Zellfchicht beftehenden Lagers der Metzgerien, indem die Scheitelzelle den Zellencom- plex 4, fodann den Complex 3, fodann 2 und endlich ı bildete; 2 ift eine jüngere Phafe von 4 und 3, ı ift der jüngfte Zuftand aller. Der Complex 3 hat fich aber fo geftaltet, dal wiederum Fıc. 76 a, b. ee! en von Fifidens eine Scheitelzelle abgefchieden BErT if, welche gerade fo functionirt, wie ihr Ahne neben dem Segmente r. Nach HorweEister befitzen die jungen, eben dem Protonema ent- fproffenden Brutknofpen der Moofe dreifeitige Scheitelzellen, welche mit der nachträglichen Beblätterung nach !/e Divergenz erft zweifchneidig werden. In diefem Falle geht die Knofpe aus dem Zuftande der Figur 77 B nach dem Zuftande der Fig. 76 b über. Das Scheitelwachsthum und die Geftalt der Scheitelzelle find abhängig von den Organen, Blättern, welche die Scheitelregion einfchließen. Es er- geben fich hieraus ganz beftimmte Formen. Ift die Stellung der Blätter !/e, fo ift die geforderte Form eine Linfe mit planer Endfläche. Ein fphä- N. J. C. Mürer, Handbuch 1. r. 5 6 8 5.1 Zellbildung. rifches Zweieck, Fig. 76 a b, ift die Scheitelläche. Ift die Stellung /s, fo ift die Scheitelfläche genau ein dreifeitiges Dreieck, Fig. 77.AB. It fie 2/5, ?/s u.f. f., fo ift der Scheitel ein ungleichfeitiges Dreieck, Fig. 78. In den Figuren 76 a b find die auf: einander folgenden Blattquer- fchnitte r, 2, 3, 4 nach der. Divergenz "ja geftellt und es find alle Theilungen ° vom jüngften nach dem älteften Zuftande verzeichnet. - Das Syftem ift ein durchaus regelmäßiges. Ein Längsfchnitt durch den Scheitel würde. die Anficht der Figur 77 A liefern. Man erkennt, daf die wechfelnd nach der einen oder andern Seite geneigten Zellenabfchnitte der Scheitelzelle £ verfchiedenen Etagen an der beblätterten Pflanze entfprechen. Sollen diefe Etagen nach drei und mehr Richtungen ftehen, foll die jüngfte Zelle, welche der Ahne aller in einer Etage ftehenden Zellen ift, eine Tochterzelle der Scheitelzelle fein, fo muß nothwendigerweife diefe: felbft eine dreifeitige Scheitelfläche befitzen, Fig. 77 B, 78. Fıc. 77 B. Scheitelanficht des vege- Fıc. 77 4. Fontinalis antipyrethica. Längsdurch- tativen Stammes von Fontinalis an- fchnitt der Scheitelregion 7. Scheitelzelle, vergl. tipyrethica. Die Scheitelfläche ift ein Fig. B. 1. 2 die erften blattbildenden Segmente. fphärifch-gleichfeitiges Dreieck. In der Verwandtfchaftsreihe der höheren Pflanzen geht die Scheitel- zelle mit von den Charen, Florideen durch die Moofe bis zu den fämmt- lichen höheren Cryptogamen. ı° Wächft die Pflanze vorzugsweife an der Spitze, fo daß alle Neben- organe rafch ausgebildet werden, fo bleibt eine einzige Scheitelzelle als je- weiliger Reft zwifchen zwei auf einander folgenden Theilungen: Algen, Moofe, Farren, Equifeten, (Coniferen, felten Gramineen). 2° Wächft die Pflanze, fo daß die Streckung langfam erfolgt und die Nebenorgane langfam fich entfalten, fo ift der Vegetationspunkt viel- zellig und felbft aus complexen Geweben zufammengefetzt, Phanerogamen. In dem Moosftamm können alle Zellbildungen zurückverfolgt werden bis zu dem einzelligen Segment, ı Fig. 78, welches foeben von der Scheitel- zelle i abgefchieden wurde. Die Zahlenreihe 1, 2, 3, 4 gibt die Seg- mentfolge an. Geht man mit dem rechts verzeichneten Pfeile, fo fchreitet man von 10 nach 9, nach 8, alfo vom älteren, beziehentlich unteren Stamm- a a irn: = Theilungen an vegetativen Körpern. Br 67 theil nach dem jüngeren oberen Stammtheil vor. Geht man mit dem links verzeichneten Pfeil, fo durchläuft man den Stamm von dem Scheitel nach dem älteren Theile durch die Segmente T, 2, 3, 4 uf. f. Bei einer und derfelben Art der Lebermoofe kann, je nach dem Gange des Wachsthums, der Scheitel von einer einzigen Zelle beherrfcht fein, Fig. 79 A, oder es können viele gleichartig functionirende Zellen denfelben einnehmen, Fig. 79 B. In der Fig. 79 A ift c die Scheitelzelle. Das Lager ift zwar an der vorderen Schneide flach, der jüngfte Ort aber nicht eingefenkt. In der Fig. 79 B find mehrere Scheitelzellen in der Zell- theilung thätig. Die neuen Wände gehen parallel der vorderen Schneide des La- gers, oder parallel mit der idealen Axe desfelben. Der jüngfte Ort aber ift ein- ‚gefenkt. — Die Farren- kräuter mögen hier noch AN als Studienobject gewählt Ss ER ARTE fein. Die Aspidien zeigen \ N IM eine einzige Scheitelzelle. abc Aund B, Fig. 80, die Scheitel, t, Fig. 80 C, 3 5 Fıc. 78. Polytrichum formofum. Schema eines Querfchnittes durch die Dur chfchnittsanficht. den Scheitel des beblätterten Stammes. z Scheitelfläche. r 23 u. f. f. Die Theilungsfolge kann die Infertionsflächen der Blätter. Fıc. 79. Vegetationspunkte von Pellia epiphylla. A eine einzige Scheitelzelle c. B mehrere Zellen beherrfchen den Scheitel des Lagers. im Längsfchnitt auf eine kleine Entfernung z 2 3 4, hier auf die Segmen- _tirung in der Scheitelanficht, Fig. 80 A B, zurückgeführt werden. Ebenfo kann “op nn Er IT. Zellbildung. in den Zeichnungen A und B für zwei bis drei Segmente die Theilung in Entfernung von der Scheitelzelle entftehen rafch und inftantan über d den ganzen Querfchnitt fo zahl- reiche Zellen durch Wände, welche B nach allen Richtungen orientirt find, Zellen höheren Grades verfolgt werden. In weiterer dafs die Entwickelungsfolge nicht in dem Sinne klar gelegt werden kann, wie in den Figuren 75, 76 und den fpäteren. ' In noch höherem Grade gilt die von dem fpen, wie überhaupt der Mehrzahl der Blüthen- pflanzen. In der fehr Fıc. 80. Aspidium filix mas. A, B Scheitelzellgruppe nach der Photographie eines Scalp-Präparates. — A Scheitelzellgruppe nach einem Photogramm. abc die Scheitelzelle. acde die Gruppe von Zellen, welche auf das jüngfte Segment Scheitelanficht einer fol- zurückgeführt werden kann. C Längsfchnitt durch diefelbe Knofpe. S chen Pflanze, Fig. 81, fieht man im Centrum der Scheitelfläche die theilungs- fähigen Zellenc d. Die Wände, welche normal zur Fläche der Zeichnung ftehen, find nach allen Richtungen in der Ebene orientirt, kaum läßt Anordnung erkennen. "Die 2 es: ig USING in den Zuftand einer einzigen Er BR, Zelle verfolgen. Sie erhebt fich als vielzellige Warze!). \\ \) xinus excelfior. f, fn fr, die jüngften Blätter des inneren dreigliederigen Wirtels. FF, die Blätter des nächften Wirtels. !) f. Allgemeine Morphologie d. Handbuchs II. 2. fich nach außen eine radiale Fıc. 81. Scheitelanficht der Knofpe von Fra- Scheitel der Baumkno- getreuen Abbildung der Blattanlage läßt fich nicht bis ee Ne =. Theilungen im vegetativen Gewebe (Cambium). 69 i - n s : B. Theilungen im vegetativen Gewebe (Cambium). In allen vegetativen Geweben kann die directe Beobachtung des Theilungsvorganges nicht ausgeführt werden. Aus den Wahrnehmungen an Durchfchnitten verfchieden alter Gewebe wird die Entwickelungsfolge erfchloffen. Nur in der Zuwachsfchicht, insbefondere der Bäume der holz- führenden Pflanzen findet man alle Stadien des allmäligen Uebergangs von der eben entftehenden Zelle bis zu dem fertig differenzirten und ausge- wachfenen Zuwachselement. Aus den Durchfchnitten nach zwei oder drei Richtungen des Raumes wird die Geftalt und geometrifche Lage der frag- lichen Zelle combinirt und der Ort ihrer Entftehung feftgeftellt. Der Auf- gaben find zwei zu löfen. 1° Die eine ift eine morphologifche und phyfiologifche, infofern die Vorgänge bei der Theilung im Protoplasma und die Wachsthumserfchei- nungen in die Dicke der Membranen ftudirt werden. 2° Die andere ift eine ftereometrifche oder analytifch-geometrifche, infofern der Wachsthumsvorgang und die Lage der Zellen, Es Gewebe ' in Raumcoordinaten klar gelegt fein muß. Der Gegenftand gehört fomit zum Theil in die vergleichende Ana- _ tomie, zum Theil in die Morphologie. Allgemeine Züge laffen fich hier nur für die Richtung des Zuwachfes angeben und dieß auch nur für die cambiale ‘Thätigkeit. Denkt man fich eine Linie gelegt, welche mit der Wachsthumsrich- tung zufammenfällt, fo erhalten wir für den Längenzuwachs diefes Schema für die Generationen der bei höheren Pflanzen neu auftretenden Zellen: Si aa ae RREEN ! Eee 1 1 ger SE; b 22,72 74 2 c 4 4 4 4 4 d 8.8 8.8 8 e 163.187 416:-316°: 16 f 32: 32 32: 32 32 64 64 a 128. Es möge hierin o die jeweilig jüngfte Zelle bedeuten, fie liegt im Scheitel der Pflanze oder in deflen Nähe, fo hat diefe abgefchieden die Zellen I, II in hintereinanderbelegenen Zeitpunkten. Jede diefer Zellen liegt in verfchiedenem Niveau, V tiefer wie IV, IV tiefer wie III u. f. f., jede - diefer Zellen theilt fich in 2, diefe 2 in 4, diefe 4 in 8u. f.f. Wir fehen der Einfachheit halber davon ab, daß einmal ein Defcendent der Reihe 5b die Zweitheilung unterläßt, während fein Altersgenoffe diefelbe ausführt, Be I. Zellbildung. und erhalten dann für jeden,erften Abkömmling aus der Zelle o eine geo- metrifche Reihe 2, 4, 8, 16, welche für die Längsrichtung begrenzt fein muß, denn offenbar muß einmal ein Zeitpunkt kommen, wo die Defcen- denten aus V die Theilungsfähigkeit verloren haben. Dieß tritt bei IV fpäter ein wie bei V, bei III fpäter wie bei II u. f. f. Zu gleicher Zeit ” rückt -die Kette V IV IT I Io fort nach I-I-II u. f. f, das heißt, es bilden fich ftets neue Kettenglieder in die Zukunft, fo lange Wachsthum erfolgt. Liegen nun die Defcendenten erfter Ordnung o II IH u. f. f. nicht allein unter, fondern auch neben einander in einer gewölbten Fläche des Vegetationspunktes Fig. 80, 81, fo werden fie diefen je nach der Inten- fität der Theilung deformiren, hier und da werden Wölbungen auftreten müffen, kleine Hügel, die Anlagen von Blättern und Seitenzweigen. Er- folgt die Theilung eines Defcendenten erfter Ordnung I II II hauptfäch- 4 lich durch Querwände, fo wird fich der Vegetationshügel fteiler geftalten,;, ° liegen aber die Defcendenten höherer Ordnung in der Reihe 2 48 ı6 zum größeren Theil in einer Querfchnittebene, fo wird der Hügel flacher und zuletzt gar eingefenkt. In den ausgewachfenen Zweigen der perennirenden Pflanzen erfolgt das Wachsthum im Cambiumringe fo, daß nach zwei Seiten Defcendenten I. Ordnung abgefchieden werden, eine Zellenkette ift dann räumlich und zeitlich geordnet fo zu, denken: ISSN EV AV. BI 1:0, 0 8. DI IN das heißt, von der alten Zelle im Centrum der Stämme gelangt man zu jüngften, welche das Syftem in der Richtung VI nach o weiter bilden, jen- feits diefer fteigert fich wieder das Alter in der Rinde und der Bildungs- heerd fällt für Holz und Rinde in o zufammen. Dritte Abtheilung: Wachsthumserfcheinungen der Membran. Volum und Maflenzunahme der Zellwand verlaufen gleichzeitig von „ dem erften Auftreten derfelben. Der von der Zellwand umfchloffene Hohl- raum wird größer, weil in der Richtung der Fläche neue Theilchen ein- gelagert werden. Die Dicke der Wand nimmt zu, weil in normaler Rich- tung zur Wandfläche neue Theile fich ab- oder einlagern. Wiewohl diefe = Dickenwachsthum der Membran. - =} gs Vorgänge in der Zeit zufammenfallen, möge, lediglich der leichteren Ueber- ficht halber, zuerft die Dickenzunahme der Membran betrachtet werden. . $ 13. Dickenwachsthum der Membran). Alle jugendlichen Membranen find frei oder faft frei von Afche, in hohem Grade quellungsfähig, fo daß fie in Wafler ihre Feftigkeit verlieren und einer geftaltlofen Gallert zuftreben. Erft mit der Zeit wächft die Wand- dicke durch Einlagerung von Moleculen der Cellulofe, fowie der Afchen- beftandtheile. Der einfache Contour der jungen Membran wird doppelt. Sehen wir, wie fchon gefagt, von der Volumzunahme ab, fo kann die Membran in zwei Richtungen wachfen: ı° Der äußere Contour wird verfchoben, während der innere con-- ftante Lage behält: centrifugales Dickenwachsthum. 2° Der innere Contour wird verfchoben, während der äußere eine relativ conftante Lage behält. (Man beachte die Figuren 82, 83.) A. Centrifugale Verschiebung des äusseren Contours. Bei den Zellen der Epidermis, bei denjenigen vegetativen Zellen, welche an große Intercellularräume grenzen, endlich bei allen fpäter frei werdenden 1) SCHACHT, De maculis (Tüpfel) in plantarum vafıs cellulisque lignofis abvüs. 1840. Bonn. Ad. Marcus. — H. v. Mon, Ueber das Eindringen der Cuticula in die Spaltöff- nungen. f. H. v. Mour, Ueber die Cuticula von Viscum album. 593. Bot. Ztg. 49. — H. ScHACHT, Ueber eigenthümliche, bisher noch nicht beobachtete Erfcheinungen in den Verdickungsfchichten gewiffer Holzzellen. 697. 713. Bot. Ztg. 50. — L. DirpEL, Beiträge zur Löfung der Frage: Kommt der Zellmembran blos ein Wachsthum von außen nach innen zu, oder befitzt diefelbe zugleich ein folches von innen nach außen ? Bot. Ztg. 51. — Ta. Harrıc, Ueber die Wirkung verdünnter Schwefelfäure auf die Ablagerungs- fchichten der Zellwand in deren jugendlichftem Zuftande. 222. Bot. Ztg. 55. — TH. Har- TIG, Bildung der Ablagerungsfchichten. Bot. Ztg. 55. S. 185. — TH. HARrTIG, Zur Ent- wickelung der Spiralfaferzelle. Bot. Ztg. 55. S. 201. — TH. HarrTıc, Ueber die Quer- fcheidewände der Siebröhren. Bot. Ztg. 55. S. 51. — H. ScHacHT, Ueber die Zellftoff- fäden in der vorderen Ausfackung des Embryofackes von Pedicularis fylvatica. S. .339. PrinGsH. Jahrb. Bd. III. 1863. — A. StuTzer, Die Rohfafer der Gramineen. Braunfchweig. Ausbell’s Buchdruckerei. 1875. — F. HEGELMAIER, Ueber Bau und Entwickelung einiger Cuticulargebilde. PRINGSH. Jahrb. Bd. IX. S. 286. — Tu. Harrıc, Ueber die Entwicke- lungsfolge und den Bau der Holzfaferwandung. Sitzungsber. d. K. Acad. d. Wiffenfch. Bd. LXI. I. Abth. Mai 1870. — A. MILLARDET, Notice pour fervir d Phifloire du develop- pement en &paiffeur des parois cellulaires. Annales des fciences naturelles. — L. ROSANOFF,' Ueber die Kryftalldrüfen im Marke von Kerria japonica DE Canp. und Ricinus com- munis. 329. (392.) 72 ; En III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Pollen- und Sporenzellen, treten locale Erhebungen ‚von Zellftofl, Warzen, Stacheln, Leiften auf, welche bei der Entftehung: nicht vorhanden waren, Fig. 82, 83, und es fpaltet fich die Membran in zwei optifch und chemifch differente Platten, die Exine und die Intine. Erftere wiederfteht dem Ein- griff der englifchen Schwefelfäure, letztere nicht. In den Durchfchnitten durch Pollenkörner, Fig. 82, 83, find örtlich verdünnte Stellen n ABC abwechfelnd mit dorn- oder kegelförmigen Hautvorfprüngen. Bei dem Kürbis, Fig. 83 A, entfpricht eine kreisförmige Klappe der Exine X einem centripetal örtlich verdickten Wulft X’. Die Klappe wird abgeftoßen, der Wulft der Intine wächft zum Pollenfchlauch aus, Fig. 83 B. Die Epidermis der höheren Pflanzen verhält fich ähnlich, befonders lehrreich find die ledrigen immergrünen Blätter, Hier differenziren fich®) die Intine abc d, Fig. 84, die Exine, welche in Cuticularfchichten C und ein dünnes ftructurlofes Häutchen zerfällt, die Cuticula c, Fig. 84. ae | „in Fıc. 82. (ScuacHt über den Bau einiger Pollenkörner. Prinssu. Jahrb. Il. S. 109.) . Fı, 83. Cucürbita Pepo. Durchschnittspartie durch A. B. C. Durchfchnitt der Pollenkörner von: A das Pollenkorn. ex. Exine. int. Intine. K Deckel. Kt Lavaterä trimeftris. B Nyctago longifolia. C Verdickung der Intine. In B treibt foeben die In- Nyctago longifolia in Schwefelfäure?). tine, den Deckel wegfchiebend, den Pollenfchlauch. Bei der Miftel zeigte von MonHr, daß jene Cuticularfchichten felbft wieder in Schalen verfchiedenen Waffergehaltes (verfchiedener Dichte) zer- fallen, Fig. 85. In dem Convolut III ift einmal die Zelle I ein Convolut der nächften Ordnung, das innere Convolut der Zellen II ift nochmals zu- fammengefetzt. Eine Differenzirung, welche fpäter befprochen wird. Die Cuticularfchichten und die Cuticula überziehen die Pflanzentheile als homogene Membranen. | B. Gentripetale Verschiebung des inneren Contours. I. Abrundung des Lumens in centripetaler Richtung. Zu den bemerkenswerthen allgemeinen Zügen der hier einfchlägigen Erfcheinungen gehören: X) SCHACHT, Lehrbuch der Anatomie und Phyfiologie der Pflanzen. P2 Dickenwachsthum der Membran. azeS 1° In allen vegetativen Geweben verfchmelzen bei der Bildung neuer Zellen zwei Lamellen halb flüffıg plaftifcher Subftanz zu einer im Beginne homogen erfcheinenden, außerordentlich dünnen Membran. Die Zellen find nach allen Richtungen von Nachbarn umgeben (von der freien Aufßenfläche ift hier abgefehen).. Diefe Lamelle ift fomit je zwei Zellen gemeinfam zu- gehörig, wie die Wandmauer zwifchen zwei Wohnräumen. 2° Geht diefe Membran aus dem Zuftand mit einfachem Contour durch Maffenzunahme in denjenigen über, wo fie mit doppeltem Contour er- fcheint, fo kann dief) nur ge- c ‚€ fchehen, indem der innere —_ Contour in centripetaler Rich- tung nach dem Mittelpunkt des Zellenlumens verfchoben wird. 3° Bei dem Dickenwachs- thum häuft fich, abgefehen von auffälligeren Structurverhält- 5° 4. niffen, ganz allgemein die rFıc. 84. Durchfehnitt durch die Epidermis von Alo& obliqua. A . . fchematifche Darftellung. B,nach einem Photogramme für A, be- ‚Mafle vorzugsweife ın den deutet ce die Cuticula. C die Cuticularfchichten (nach der Bezeich- Winkeln, Kanten und Ecken, nung von Scuacur). a bed die Cellulofemembran, eine menisken- förmige Haut. er T ö und a e der Hohlraum der Zelle. In B ammen Fig. 86, 87, fo daß die pla- ift E die Exine (zu gefetzt aus den Cuticularfchichten und der i ; Cutieul d=% die Marine, nen Wandareale weniger, die See ee ) Fıg. 86. Pteris aquilina. Kleine Partie aus dem Querfchnitt des Gefäßbündels des Stammes. Die Membran erfcheint in 3 Schichten a a und 5, die fogenannte primäre Membran differen- zirt. In dem Vereinigungspunkt dreier Zellen liegen drei eigen- thümliche flark lichtbrechende Maffen C in der Zellwand einge- fchlofien, die Refte der durch die Gefäfszellen bei ihrem Heran- wachfen comprimirten Nachbarn. Fıc. 85. Cuticularfchichten. Man unter- fcheidet ein allen drei Zellen gemeinfames Convolut III, ein folches für zwei Zellen II und ein folches für eine einzige Zelle 72). Winkel, Ecken und Kanten mehr verdickt werden. Das Lumen ftrebt da- durch einem Kreis, einer Ellipfe u. f. f. zu. Die fcharfen Kanten, Ecken !) H. v. MoHr, Ueber die Cuticula von Viscum album. Bot. Ztg. 1849. Nr. 33. x 74 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. und: Winkel des Hohlraumes werden ausgeglichen, ‘indem die ‚beiden in- neren Contouren nach dem Mittelpunkt der zwei Zellen zu ftreben, Fig. 87 B. Diefe ungleiche Verdickung findet fich fchon in dem jugendlichen Gefäßbündel Fig. 87 B. Auch in den ftark 'quellenden Pollenmütterzellen der Phanerogamen ift die fonft zarte Zellmembran ungleichmäßig verdickt, Fig. 87 A. In den ausgewachfenen Gefäßen von Pteris, Fig. 86, ift die Wand differenzirt in zwei Platten b, beiderfeits die nachträgliche Verdickung a, in den Kanten C finden fich drei, beziehungsweife fo viele eigenthüm- lich ftärker lichtbrechende Cellulofeausfcheidungen, wie Bellen in der Kante vereinigt find. II. Ungleiche Wandverdickung'). In dem Collenchym, einer Gewebeform unter der Epidermis der Rinde der höheren Gefäßpflanzen, Fig. 88 A, B, ift die Verdickungsmaffe nur in den Ecken abgelagert. In den Kernfcheiden der Irisarten, Fig.88 C, werden die in einen Ring geftellten Zellen der Kernfcheide nur an den drei Innenfeiten verdickt, die Außen- feite bleibt unverdickt. Die Schich- ten brechen an diefer Seite ab. In der Fig. 88 C find die confecutiven Schichten fchematifch dargeftellt für einen mittleren Zuftand der Ver- er _ dickung. Sie beftehen aus wech- B junge Gefäße aus dem Gefißbündel von Piets ayuli, felnd lockerer, waflerreicher und SCHERER: dichter wafferarmer Membranfub- ftanz. Im jüngeren Zuftande ift die Verdickung fchwächer und die Schichten verfchiedener Dichte find noch nicht differenzirt. Zu den auf- fälligften Verdickungen im vegetativen Gewebe gehören die kegelförmigen Einftülpungen der Wand in dem Chlorophyllgewebe der Pinusnadeln, Fig. 88 D. Diefelben find hohl, wie in der Figur an der rechten abgefchnitten ge- zeichneten Zelle dargeftellt ift. II. Zellstoffbalken und in centripetaler Richtung vorspringende Leisten. 1° An ganz beftimmten Orten treten Leiften oder Warzen in centri- petaler Richtung auf, während die größere Fläche relativ wenig verdickt wird. 2° Oder es differenziren fich quer durch den Hohlraum ausgefpannte Fäden von Cellulofe (Zellftoftbalken) aus dem Protoplasma. Caulerpa. Fig. 89. !) Studienobjecte: Collenchym, eine Gewebeart, welche durch ihre Verdickungen kenntlich wird in der primären Rinde der krautartigen Phanerogamenpflanzen. Kernfcheide: die Kernfcheide der Monocotylenwurzel, insbefondere der Irideen, Smilaceen, Gramineen. | Bickentrachsihunin der Membran. 75 30 Solche :Fäden bilden ein vielverzweigtes Netzwerk, welches einem eben folchen, vorher beftehenden Stromfyftem von Protoplasmafäden ent- fpricht. | 4° Die vorfpringenden Leiften oder Stacheln find Einftülpungen der Membran und in der Mitte ausgehöhlt bei den Mefophylizellen der Kiefer- nadeln. Fig. 88 D. A. Zellftoffbalken der Caulerpa'). Die Structur diefes intereffanten Studienobjectes zeigt im Wefentlichen diefe Züge: Die cylindrifche Membran ift in zwei optifch und der Dichte nach verfchiedene Lamellen differenzirt. Eine äußere dünnere e und eine innere dickere, i, beide find ge- fchichtet. Von der äußeren ent- EU PER) RER N fpringen cylindrifche Zellftofffäden, |] - welche in der Fig. 89 zum Theil | Na Fıc. 88. A Querfchnitt durch das Collenchym im Stamme von Canna indica. ;.die Intercellularen. B die Ver- . dickung in einer Kante, in welcher vier Zellen fich berühren, flärker vergrößert. C Iris pumila. Querfchnittsparthie aus der Wurzelkernfcheide. D Zellen aus dem Chlorophyligewebe der Pinus Laricio. quergefchnitten find bei a. Die Schichten folcher Fäden ftehen mit den zahlreichen Schichten der Intine i, Fig. 89, nicht in Verbindung, fo daß diefe von dem Faden unterbrochen werden. Der Faden durchfetzt mit fei- ner geringeren Schichtenzahl das Convolut der Wandfchichten fo, wie ein Trockenaft der Fichte die Jahreslagen des Stammes durchfetzt. !) Zellftoffbalken und Leiften: Caulerpa, Stammzelle. Veronica und Pedicularis im Endofperm. Wurzelhaare der Riccien und Marchantieen. 76. I. Wachsthumserfcheinungen der Membran. B. Cyftolithe [Steinkammern])). In zerftreut zwifchen und unter den Epidermiszellen belegenen größe- ren Zellen der Urticaceen, Ficus, Parietaria, Pilea entftehen örtliche Zell- ftoffverdickungen. Gleichzeitig lagert fich kohlenfaurer Kalk zwifchen die Membranlamellen derfelben ab. Der Kalk kryftallifirt in größeren Kry- ftallen, fo daß diefelben traubenförmige Ausftülpungen über den äußeren — TI \ o vo 2o000c00°%0o Contour der Cyfto- lithe treiben, Fig. 90 A, B. Bei der Be- Fıg.89. (Schacht über Zellftofffäden. PrınGs- handlung der Durch-: HEIM’s Jahrb. Bd. III. S. 339.) Caulerpa pro- > ' SEEN lifera. Querfchnittsparthie der Stammzelle. fchnitte mit verdünn ten Säuren wird das Kalkfalz zerfetzt, die Kohlenfäure entweicht in am Mikrofkop fichtbaren Gasblafen. Der Cyftolith finkt merklich zufammen und zeigt nach der Ent- fernung der Kryftalle eine deutliche concentrifche Eas. 0 we Schichtung in Schalen verfchiedener Dichte. Das }s, montana, 5 Darietaria nach ER 5 ; k } . A. Wenper, C Zelltofffäden mit Schichtenfyftem ift auch in radialer Richtung im Drufen von oxalfaurem Kalk in dem Marke der Kerria japonica, nach gleichem Sinne differenzirt. (Eine genauere Dar- Rosanorr. ftellung diefer Structur findet fich in den botan. Wandtafeln von Kxy.) !) Cyftolithe wurden zuerft von MEYEN 1827 entdeckt, fodann Payen. Ann. d. fe. nat. 1854. M. et A. WEDDELL, fur les cyfolithes. . Dickenwachsthum der Membran. RE 77 Von noch auffälligerer Form find die Cyftolithe von Pilea, Fig. 91. Sie ftellen im Querfchnitte des Blattes, Fig. 9r A, Hufeifen oder fichel- förmige Wucherungen dar mit dichter Einlagerung der mikrofkopifchen 277 “ 02/278 Ss 2 NIE nn % », er Ng h : | ) | N MR 1} Fıc. 92. A Equifetam hyemale. Abnorme Ausbildung der Elateren. Sanuıo. Bot. Ztg. 57. S. 657 fl. B Schraubenband von Mammillaria dolichocentra. C Parthie eines Schraubenbandes von Echinocactus Courantii. E Spiralzellen aus der fogenannten Kernfcheide des Holzes der Abietineen. F optifcher Durchfchnitt eines Schraubenbandes. 78 II. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Kryftällchen. Im tangentialen ge en fie, Fig. 9ı B, als Kryftallfpindeln. Rosanorr fand in dem Marke der Kerria japonica, Fig. 90 C, Zell- ftofffäden, welche von einer zur anderen Wand quer durch den Zellen- raum ausgefpannt find. In örtlichen Verdickungen lagern fich hier Kry- ftalle von oxalfaurem Kalke ab, in der Weife, "daß die Prismen alle um einen Punkt radial geordnet erfcheinen. Die in dem Sphäroid belegenen Kryftallflächen find wie in einer Kryftalldrufe nicht ausgebildet, und nur die Pyramidenflächen, welche über der äußeren Begrenzung des morgen- fternförmigen Kryftallcomplexes hervorragen, find mehr oder SEORUBRE nor- mal ausgebildet. IV. Gentripetale Verdickung, Schrauben und Ringe). k Man kann diefe Verdickungen vielleicht fo definiren: der größere Theil der Zellenwand bleibt verhältnißmäßig weniger verdickt, während an beftimmt umfchriebenen, ring- oder fchraubenförmig ” geordneten Stellen die Verdickung eintritt. Ein Theil diefer Gebilde wird fehr wahrfcheinlich auf Faltungen der am AN e d Re 2 )) ) Ber Fıc. 94. Querfcheidewände im'vegetativen Faden der Conjugaten. jungen plaftifchen Membtan zurückgeführt werden können. Das Spiralband Fig. 92 A aber ftammt nach der Fr. 93. Ringzelten von Entwickelungsgefchichte der Equifetenfporen aus der ku- Mamillaria quadrispina®). gelichen Hülle der Specialmutterzelle (f. Sanıo a. a. O. und oben $. 57). Bei den Conjugaten ift die Querwand in einer und derfelben Art, ja in einem und demfelben Faden in der verfchiedenften Weife gegliedert. In a, Fig. 94, find von beiden Zellen her trichterförmige Vertiefungen und eine ringförmige Stelle der Verdünnung. In 5 ift die Wand nach der einen Seite meniskenförmig mit zahlreichen Schichten. In c ift die fogenannte primäre Wand plan mit zwei Zellftoffringen, die im Innern weniger licht- brechend (hohl?) find. In d und e ragen mehrfach gefchichtete Kappen in das Lumen des angrenzenden Zellengliedes. !) Studienmaterial: Holzkörper der Laubbäume. Markfcheide der Coniferen. Holz von Taxus baccata. Wurzelrinde der tropifchen Orchideen (Epidendron u. a. m.). — 2?) TRECUL, form. fec. d. 1. cell. veget. Ann. d. fe. 1854. .Dickenwachsthum der Membran. % V. Porenkanäle !). fe behhaniteh kreis- oder fpaltenförmigen Orten unterbleibt die ie ‚dickung, während fie in den größeren Theil der Membranfläche vorfchreitet ; es entftehen cylindrifche, linfencylindrifche oder conifche einfache oder verzweigte Porendurchgänge, welche mit ihrer Längsaxe fenkrecht zur Membranfläche orientirt find und, wenn fie von einem zum Nachbarzellenraum zufammentreffen, im Beginn durch die primäre Membran getrennt find. Fig. 98. A. Der einfache Porus. Das vegetabilifche Elfenbein (das - Endofperm von Phytelephas makrocarpa) zeigt die Zellen außerordentlich ftark verdickt. Von dem Lumen der Zelle gehen fchmale cylindrifche Kanäle nach der primären Membran, wo fie umbie- gen und blind endigen, Fig. 95. Die Porenkanäle ftellen fomit eine Commu- nication zwifchen den zwei Zellen nicht her. Die fchrafirte Wand unferer Zeichnung, Fig. 95 rechts, ift von gleich- mäßiger Dichte und außerordentlich ftark lichtbrechend. Man erkennt am Fic. 95. Phytelephas he da Mikrofkop foeben noch die primäre i Membran, welche oben rechts in einer _—— en Kante auf den Membranplatten von vier anderen „ Nachbarzellen zufammentrift. Die einfachen Poren communiciren da- durch, dafs die primäre Membranplatte endlich reforbirt wird, fo in dem Holz D der Laubbäume, in dem Mark und zahl- R E FıG. 96. Verzweigte Poren aus dem Endofperm reichen anderen Gewebeformen. der Arecapalme. B. Der verzweigte Porus. In dem Endofperm anderer Palmen, z. B. der Areca artens, unter- bleibt die Verdickung an mehreren Stellen, im Verlaufe des Dickenwachs- 1) Studienmaterial: dieNadel- undLaubhölzer, Caffytha filiformis der Stamm, Cinchona Baftzelle, Paranuß die Schale, Endofperm von Phytelephas makrocarpa und viele hornartige Endofperme der Monocotylen Siebröhren der Rinde, insbefondere der Rinde älterer Ulmen. 1 > = 80, Mm. Wachsthumserfcheinungen der Membran. -thums werden die entftehenden cylindrifchen Poren fo angelegt, daß fie convergiren und fich fchließßlich in einen einzigen Porengang vereinigen. Fig. 96. Um diefen Vorgang zu verftehen, muß man beachten, daß der innere Contour nur in centripetaler Richtung vorrücken kann und daß in beftimmter Phafe des Dickenwachsthums an Stelle des verzweigten Porus D, Fig. 96, in der Thät zwei convergente Porencylinder vorhanden waren. C. Der Nadelholz-Tüpfel (behöfte Poren). Die Flächenanficht der radial geftellten Zellwand im Holze der Coni- feren zeigt eine Reihe größerer Kreife, Fig. 98 links. In jedem der Kreife I befinden fich ein bis zwei kleinere NIT In 2,77 concentrifche Kreife. Der Durch / fchnitt fenkrecht auf diefe Ebene zeigt diefe behöften Poren, Tüp- fel, als Linfenräume, in welche Ga von beiden Seiten zwei kleine cylindrifche Poren einmünden. Diefelbe Anfıcht muß felbftredend im Querfchnitt durch die Holz- zelle gewonnen werden. Fig. 97 A C. Die Ent- wickelungsge- fchichte der Nadel- holztüpfel wird durch dig Fig. 98 BR. klar. Die im '/ Durchfchnitt ge- Fıc. 97. A und C Caflytha laurifolia. A Querfchnitt zweier Fı6.98. Entwickelung „,; Zellen, welche einen behöften Tüpfel z befitzen, fchematifch. des Nadelholztüpfels, zeichnete Wand C Querfchnittparthie des Gefäßbündels. a a’ die Begrenzung links die Flächen, rechts rechts zeigt vier des inneren Poremganges. B Pinus fylveftris. Schematifche die Durchfchnittsanficht ” 2 Anfıcht des Tüpfels mit einem Spaltenporus. der Wand. Tüpfel ın ver- fchiedener Phafe der Entwickelung, oben den jüngeren, unten den älteren Zuftand. Es geht hieraus hervor, daf) in der gegebenen Wand die Ver- dickung von einer kreisförmig umfchriebenen Stelle unterbleibt. Der innere Contour rückt beiderfeits, man vergleiche die Querfchnitte Fig. 97 A GC, in centripetaler Richtung vor, verengt aber allmälig jene kreisförmige Stelle. Die Projection der confecutiven Linfenräume auf die dazu fenk- rechte Ebene der Flächenanficht muß daher eine Verfchiebung des inneren Kreisumfanges ergeben. Hierbei‘ wird diefer verengt , bis die endliche Diäkenwäckähum der. Membran. ee 81 Weite der zwei Porengänge erreicht ift!).. Bei diefem, durch den Vergleich der Kreis- und Durchfchnittsanfichten in Fig. 98 veranfchaulichten Wachs- thumsvorgang müffen die endlich entftehenden engeren Poren nicht immer Cylindergeftalt erhalten, die-Verengung kann auch mit der Bildung eines Spaltes, Fig. 97 B, abfchließen. Solche Spalten laufen parallel mit den Schichtendurchgängen der Areolen des Membranelements (f. $ 14). Die allmälige Verengung des Porendurchganges, beziehentlich die Er- weiterung- wiederholen fich in einer und derfelben Membran bei den Cy- cadeen. Bei Caryota urens, Fig. 99 AC, ift in C der Querfchnitt einiger Holzzellen dargeftell. Die Poren find bald weiter, bald enger bei, im All- gemeinen, radialem Verlauf. In 4 ift der Durchfchnitt eines- Porus mit dreimaliger Verengung, beziehentlich Er- 'weiterung feines lichten Rau- mes. An einigen Orten in C “finden fich tangential geftreckte Lücken, hier unterblieb die Verdickung, dann trat fie für dasfelbe Element wieder ein. So entftanden Porengänge, welche in der Längsrichtung (man fehe Fig. 99 B) die Membran in fchraubenliniger Richtung unterbrechen. Diefe Lücken aber führen nicht zu einer Communication zwifchen zwei Zellen. In einer und ER derfelben Membranplatte kön- yerengren Poren, 3 Hermandia lonora, Holzzelle mit Kchraubenlinig nen diefe der Caryota eigen- geordneten Spaltenporen. C eg Querfchnittsparthie der‘ thümlichen Porengänge in zwei verfchiedenen, hintereinander belegenen Ebenen im Sinne einer rechts und einer links gewundenen Schraube angeordnet fein. \ D. Schraubenlinige Poren. In der fteinharten Samenfchale der Bertholletia kommen ähnliche, aber noch viel verwickelter gebaute Poren vor. Ein cylindrifcher oder in 1) Dr. TH. HarTıc, Ueber die Schließhaut des Nadelholz -Tüpfels. 293. Bot. Ztg. 63. 2) SCHACHT, Bot. Ztg. 1850. Ueber eigenthümliche u. f. f. Erfcheinungen in den Verdickungsfchichten der Holzzelle. — MILLARDET über die fpiraligen Poren in der Samenfchale der Bertholletia. Ann. sc. IV. 34. N. J. C. Mürter, Handbuch 1. r. : 6 82 ee SHE -Wachsthumserfcheinungen der Membran. ; benlinig gewundenen Poren in abenteuerlicher Weife umkreist fein. E. Leiterförmige Gefäßgquerwände. Die Querwände der Gefäße und Tracheiden find durchbrochen durch einen Porus, Fig. 100 BCE, welcher in gleichem Sinne im Wefen der Sache züerft als eine fchwächer verdickte Stelle auftritt, oder es entftehen zahlreiche, durch leiterfproffenartig ge- Mäandern verlaufender Porengang kann nochmals von fpiralig oder fchrau- h Be ) ordnete Verdickungsftellen getrennte Spal- | tenporen, fo bei Alnus, Corylus u.a.m. Il— ) Die Längswände der Gefäßelemente a ' find in gleicher und für die Art mehr mm oder weniger conftanter Weife ungleich MM verdickt in Schrauben, Ringen, Treppen, u = Poren oder, wie Fig. 101 demonftriren, Fıc. ror. Echinocactus Brognartii. Gefäßparthieen. : 1 ı Ä fa In A optifcher Durchfchnitt der Membran. B Netz- noch a netzförmig geordneten Bänder werk der Verdickung. In & hohl dargeftellte Zell- fyftemen, in welchen Linfen oder kreis- ftoff balken 2). br f 5 . ; förmige Unterbrechungen mit verzweigten Zellftofffäden abwechfeln. | F. Siebporen. In der Rinde der dicotylen Bäume und im Cambiforum der kraut- artigen Gewächfe befinden fich cylindrifche, in continuirlichen Ketten über- \) DippeL, Botan. Ztg. 60. 2) TRECUL, Ann. de fc. nat. IV. 20. S. 273. - . . e n : , - > Dickenwachsthum ‚der Membran. 83. einander geordnete Zellen, welche der Translocation der Nährkörper die- nen, die Leitzellen. Die Querwände derfelben find durchbrochen mit zahlreichen Poren, Fig. 102 C. Die Längswand des Cylinders ift zunächft -bedeckt mit fenfterartig verdünnten Arealen, welche durch leiftenförmige Stellen örtlich ftärkerer Verdickung getrennt find. Die Fenfter find noch- mals durch außerordentlich feine und entfprechend der Dünne der Fenfter- wand kurze Porengänge durchbohrt oder verdünnt. Diefe Siebporen werden am beften in der älteren Rinde erwachfener Ulmen ftudirt. Die feinen Poren in der Längs- wand find wahrfcheinlich nicht wirkliche Durchbrechungen, fondern blos nochmalige Verdünnungen der an fich fchon fehr feinen Membranlamelle des Fenfters. > > Fıc. 102. A Cucurbita Pepo. Querwände der Leitzellen nach v. Monı. B Flächenanficht der Wand einer Sieb- röhre aus der Ulmenrinde [H. v. Mour]!).. C Pyrus communis. Rindenparthie mit Siebröhren im Querfchnitt nach v. Mont. . Für die Poren der Querwände aber, welche die Communication ca- pillarer Flüfigkeitsfäulen in der Längsrichtung vermitteln, ift der Nachweis geliefert, daß fie wirklichen Durchbrechungen der Membranplatte entfprechen. Fig. 102 C. | VI. Combination aus IV und V. Schraubenverdickung und Poren in derfelben Membranfläche. In einer und derfelben Lamelle der Gefäße oder Tracheiden kommt die örtliche Verdickung in Schrauben- oder Leiftenform vor, während die weniger verdickten, zwifchen den Schraubenbändern belegenen Membran- flächen behöfte Tüpfel führen, . z. B. bei der Linde. Der Vorgang der 1) von Mont, Botan. Ztg. 1855. S. 373 fl. ® 84° m. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Entftehung kann nur fo gedacht werden: die Membran wächft in die Dicke einmal und zuerft im Sinne der Kiefernholzzelle; ‚wenig fpäter, nachdem die von Poren durchfetzten Membranelemente drehe find, unterbleibt das Dickenwachsthum an allen Stellen, mit Ausnahme derjenigen, wo- fpäter die Schraubenbänder differenzirt erfcheinen. VII. Intercellularsubstanz und sogenannte primäre Membran. In den Geweben der Gefäßbündel in dem Holzkörper der Bäume u. a. m., überall da, wo die Zellwand ftark verdickt ift, differenzirt fich fpäter da, wo die urfprüngliche Membran vorhanden, eine Lamelle, welche mit doppeltem, oft felbft mit dreifachem Contour gefehen wird. In letz- terem Falle erfcheint fie wieder aus zwei Platten, die fich im mittleren Contour berühren, zufammengefetzt. In den Kanten findet fich eine ört- liche Verdickung, welche als Intercellularfubftanz angefprochen wurde, als ein Zellenkitt, der, einem Secrete ähnlich, die Membran in centrifugaler Richtung durchfetzte, draußen abgefchieden die Zellen verklebte. Bei der Behandlung folcher Gewebe mit englifcher Schwefelfäure löfen fich die Verdickungsfchichten. Ein Netzwerk, beftehend aus jenen Membranlamellen und der fupponirten Intercellularfubftanz, bleibt ungelöft. Gegen das Vorhandenfein eines folchen Secretes fpricht nach $ 7 und $ 8, 9 die Entwickelungsgefchichte der vegetativen Gewebe. Nach diefer handelt es fich offenbar gar nicht darum, vorher ifolirte Zellen in Verband zu bringen, zu verkleben. Die zwei Tochterzellen, welche aus einer vege-. tativen Cambiumzelle etwa entftehen, find fchon mit dem Auftreten einer im Beginn homogenen Scheidewand verbunden. Die Scheidewand erft trennt und individualifirt die Protoplasmakörper der beiden Zellen. Sie gehört, wie aus der Betrachtung jedes Zellennetzes am Mikrofkop hervor- geht, den beiden Zellen, welche fie von einander trennt, gleichmäßig an. Erft im weiteren Verlaufe des Wachsthums differenzirt fie fich in zwei Lamellen, fo daß fie mit dreifachem Contour gefehen wird. $ 14. Schichtung und Streifung der Membran '). x In dem Querfchnitt ftark verdickter Zellen erfcheinen die Ver- dickungen der Wand als concentrifche Schalenconvolute. Die Wand ift nicht. homogen, wie‘ die Wand einer Glasröhre, fondern es verhalten fich die 1) NÄceLı, Pflanzenphyfiolog. Unterf. Heft II. Das Stärkemehl. Sehichtung Ind ge der Membran. 85 une folgenden Schalen wie dichtere und weniger dichte Cylinder- querfchnitte. Die dichteren zeigen eine bläulich weiße, die WER dichten eine blaß rofarothe Interferenzfarbet). ‚Zufuhr von Waffer zu folchen Objecten vergrößert die Anzahl diefir wechfelnden Schichten. Wafferentziehung verringert Anzahl und Ausdehnung derfelben. Auch in der Längsfläche (Baftzelle der Vinca, Holzzelle der Abie- tineen) differenzirt fich die Membran in Flächen-, refp. Raumelemente verfchie- denen Waffergehalts, die Areolen. Es bedeutet dieß: in jeder Membran diefer Art beftehen Raumelemente verfchiedener Quellungsfähig- keit und demgemäß verfchiedener Dichte. Im Winterholz der Kiefer und Fichte, Fig. 102 A, find die Bänder der wechfelnd dichteren und weniger dichten Membranfubftanz breiter und von ungleicher und größerer Dicke. Im Sommerholz, Fig. 103 B, hin- gegen find fie fchmäler und von gleich- mäßiger Dicke. Wie fchon oben bemerkt, fallen die Längsdurchmefler der Spalten- poren mit der Richtung der Bänder zu- fammen. -Aehnlich den Durchgängen der "Spaltungsflächen im Kryftall, aber jeden- falls von ganz anderer molecularer Bedeu- tung, können in einem Raumelemente der Membran Schichten verfchiedener Dichte ri«. 105. 4 Winterholz der Tanne im Längs- fich kreuzen. Nennen wir d einen dich- Sic, Di Holncimenbeu iR 1 green ten, langfamer quellenden, / einen weniger im Querfchnitt. Die Membran it geftreift. dichten, rafcher quellenden folchen Streifen, fo find bei einmaliger Kreu- zung, Fig. 103, in der Ebene der Membranplatte die folgenden Combi- nationen möglich: ! I die Areole mit der geringften Anzahl fefter Molecule, dl» » mit der mittleren » » Br 5 dd » » mit der größten Anzahl » » Beachtet man aber, daß auch parallel der optifchen Axe der fo be- obachteten Membran Schichten d, I abwechfeln, fo erhalten wir vier ver- fchiedene Areolen: Ill dil ddl ddd als die Combinationen zwifchen d und / zu drei Raumdimenfionen, ohne Wiederholung; dahin gehört z. B. die Vinca-Baftzelle?). 1) Studienmaterial: Winterholz der Abietineen und Cupreflineen, Baftzelle von Vinca Apocynum, Cinchona Baftzelle, Stengelhaare der Cacteen. 2) Bei der ungemein geringen Ausdehnung folcher Lamellen aber könnte es immer- 86 III. Wachsthumserfcheinungen der- Membran. Wenn ein Presster’fcher Zuwachsbohrer unter dem Drucke der Mus- kelkraft parallel der Faferaxe in das Holz eines Baumftammes im Winter eindringt, fo kann man die Wirkung des Druckes auf eine 3—4 Centimeter dicke Schale um den Bohrer direct wahrnehmen. Um den Böhrer bildet fich eine Compreflionsfchale, welche heller, in einiger Entfernung bildet fich eine Schale, welche dunkler gefärbt erfcheint, die erftere ift wafler- ärmer, die letztere ift wafferreicher. Aehnliche Schalen waflerreicherer und wafferärmerer Mafle finden fich in der Membran der Einzelzelle vieler Pflanzen, vor allen ift ein bequemes Studienobject die Stammzelle der Caulerpen. -Im trockenen Zuftande ift be- kanntlich die Anzahl der Schalen kleiner, wie im nafflen. (Man vergleiche Fig. 105 a mit 5b und c.) Diefes höchft merkwürdige Quellungsphänomen a, a F ß b. VRR IIIRNN Fıs. 104. a kleine Parthie eines Rafirmeffers, welches auf einem feinen Stein gefchliffen war. Die angefchliffene Keilfläche zeigt die Spuren des Steinkornes in Streifen, welche parallel laufen. Die Diftanzen diefer find diefelben, wie die der Meflerfpuren in Fig. 105 a b. b Dasfelbe Mefler wurde fpäter auf einem grobkörnigen Stein gefchliffen, feine Streifen mit den Streifen in Fig. 105 c verglichen. Die Aufnahme der Maaße gefchah bei beiden mit ıı60:ı Vergr. Die Figuren wurden photographifch auf 1/3 verkleinert. zeigt, dal) auch fcheinbar ftarre Maffen, wie die Cellulofegebilde in ihren Maffenelementen in’ hohem Grade plaftifch find. Die Kiefernholzzelle zeigt, wie oben S. 85 angegeben, zwei Streifen- fyfteme, welche fich kreuzen. Die Phänomene der Interferenz, welche fich in den Areolen geltend machen, können künftlich an der Caulerpazelle nach- gemacht werden. Wer fich bemüht hat, äußert dünne Schnitte durch trockene pflanzliche Gewebe herzuftellen, dem find bei der genauen Mufte- rung des Meffers und der Schnittfläche drei Phänomene aufgefallen: hin noch fein, daß es fich hier um zwei verfchiedene Tangential-Lamellen der Membran - handelt, welche hintereinander liegen. Stellt man die fich kreuzenden Streifen des Kiefern- holzes auf eine Jodfilberplatte mikrophotographifch ein, fo erhält man ftets ein Band- oder Streifenfyftem, deutlicher wie die fcheinbar gekreuzten. Schichtung und. Streifung der Membran. 87 .. 1° Die Schnitte rollen fich in dem. Maaßse auf, wie fie durch das Mefler von der Mafle losgelöft werden, fo daß die dem Meffer zugekehrte Seite die convexe wird. Dieß rührt daher, daß in der elaftifchen Maffe, in welcher das Mefler die Cohäfion zerftörte, die beiden Flächen, welche den mikrofkopifchen Schnitt begrenzen, ungleichen Zugkräften unterlagen. Zur Zeit, wo die obere, in Bezug auf die zu durchfchneidende Mafle äußere Fläche mit dem Mefler in Berührung war, war fie deswegen weniger ge- zerrt, weil fie mit der ganzen Mafle in Verbindung ftand. Die untere Fläche .aber, durch welche die Scheibe foeben losgelöft wird, ift einmal die Be- grenzungsfläche der ftärker gezerrten Scheibe, sodann aber die äußere Fläche des nächften Abfchnittes. In Bezug auf die Schneide des Meffers, welche foeben die Continuität aufhebt, können wir fagen: zwei Theilchen über dem Meffer werden bei dem Schneiden über ihre Elafticitätsgrenze gezerrt, zwei Theilchen unter dem Meffer nicht. Deßwegen krümmt fich der mikrofkopifche Schnitt nach der Mefferfeite convex. Wären beide durch das Mefler hergeftellte Theile gleich dick, fo müßten bei entfprechender Dicke beide Theile in Bezug auf das Mefler fym- metrifch gekrümmt erfcheinen. 2° Neue Rafirmefler, welche polirt und äußerft fcharf aus der (Dirrmar’fchen) Fabrik kommen, find für die Herftellung dünn- fter Schnitte weniger geeignet, wie fpäter, wo fie viele Male auf dem Stein abge- zogen wurden. Der Stein fchleift an einen fpitzeren Keil einen ftumpferen an. Die Figur 104 a b zeigt die Schneide des letzteren, a auf einem feinen, b auf einem groben Stein abgezogen. (Vergrößerung 1160: 1, mit dem Bildmikrofkop aufge- GH} N M 9 } N W N ; N, W a > BY ) hy ' genommen.) Die Schneide zeigt eine Fıc. 105. Querfchnittsparthieen aus der Cylinder- große Anzahl äußerft unregelmäßiger wand der Caulerpa. Alle bei 1160: ı aufgenommen und auf !/s verklei- a in Wafer. b und c trocken. Sägezähne welche zuweilen fo dünn find, „et _ In « find die Mefferfpuren erweitert. In 5 - ; 9 ‘find fie wie die Schichten zufammengezogen. In a b .daf) fie wie andere dünnfte Metallplätt- wurde das” Mefler Fig. 44 a, in c wurde das Meffer chen das Licht durchlaffen. Das Schnei- Ba a Are 7 Pe den ift fomit auch bei der Herftellung mikrofkopifch dünnfter Schnitte ein Sägen. Das Meffer wird ftumpf, auch wenn es nur benutzt wurde, um weiche, faftige, ja felbft paftofe Objecte zu zerfchneiden, weil die fein- 88 m. Wachsthumserfcheinungen der Membran. ften Zähne abbrechen. Die Keilfläche in der Nähe der Schneide des Meflers ift in Berge und Thäler zerriffen, es find die Spuren der Körner des Schleiffteines. 3° Alle härteren Objecte, welche mit dem Rafırmeffer in mikrofko- ‚- pifch dünne Schnitte zerlegt wurden, zeigen in der Fläche des Schnittes die Spuren des Meflfers in breiteren oder fchmäleren Streifen. Da der mi- krofkopifche Schnitt, wie oben erwähnt, von zwei Flächen ungleicher Ela- fticität eingefchloffen ift, da mithin die kleinften Theilchen in der oberen anderen Anziehen folgen, wie in der unteren, fo follte man glau- ben, die Mefferfpuren müßten nur in der oberen oder mindeftens in der oberen ftärker fein, wie in der unteren. Dieß ift nicht der Fall; fchneidet man fo, daß die Normalen zu der Schneide für die beiden den mikrofko- pifchen Abfchnitt einfchlieffenden Schnittflächen zu einander fenkrecht ftehen, fo findet man bei der mikrofkopifchen Abmufterung zwei fich kreuzende Syfteme von Streifen, das eine auf der Oberfeite, das andere auf der Unterfeite. $ 15. Physikalische Eigenschaften der Pflanzenmembran. A. Quellung jugendlicher Membranen). Soeben entftehende Eizellen der Phanerogamen fchwellen im Waffer an, die jugendliche Membran quillt, befitzt aber in einer peripheren Schicht fchon einige Spannung; bei einer gewiffen Volumzunahme platzt fie plötzlich und läßt den Inhalt zu einer geftaltlofen Mafle ausfließen. Die Quellung ganz junger vegetativer Zellen ift faft unbegrenzt, Fig. 106. B. Unbegrenzte Quellung in ausgewachsenen Zellen). Im Laufe der Ernährungsvorgänge werden ganze Gewebe verflüfligt und verbraucht, die Pollenmutterzellen, die Gewebe des Embryofackes, die Wurzelfpitze u. a. m. | Ein anfehnliches Studienobject in diefer Beziehung” ift die Pollenzelle der Maranta biflora, Fig. 107. Die Zelle quillt in Wafler, fo daß die 1) Studienmaterial für Quellungsphänomene: Thallus der Flechten und Algen, Paraphyfen von Diphyscium, quellende Samenfchalen: Salvia horminum, Plantago, Collo- mia, Ruellia, Sinapis u. a. Cruciferen. 2) H. v. MoHr, Unterfuchungen über die Entftehungsweife des Traganthgummi. 33. Bot. Ztg. 65. — A. B. Frank, Ueber die anatomifche Bedeutung und die Entftehung der vegetabilifchen Schleime. 1867. PrınGsH. Jahrb. Bd. V. 1866—67. S. 161. — WILHELM KIRCHNER, Unterfuchungen über den Pflanzenfchleim. Inaug.-Differt. d. Univerf. Göttingen 1876. — WiıEGAnD, Entftehung des Kirfchgummi. PrinGsH. Jahrb. III. S. ı15. Ans RREN » Phyfikalifche Eigenfchaften der Pflanzenmembran. 89 dichteren, an Volum zunehmend, fich wellenförmig beugen. Die lockeren Kugelfchalen 2], Fig. 107, werden geradezu verflüfligt. C. Begrenzte Quellung wachsender und ausgewachsener Membranen '). Die wachfenden Membranen, welche in beftimmter Entfernung von ihrem Bildungsheerde liegen, befitzen lange, ehe fie durch ausgewach- fene Nachbarn in Schranken gehalten werden und felbft ausgewachfen find, 5 Fıc. 106. Pfilothum triquetrum. Lycopodiaceen. Zelltheilung der Sporen- Pfilothum triquetrum. mutterzellen. A BC verfchiedene Theilungszuffände. K K' ifolirte Diefelbe Zelle wie Fig. „ Zellkerne. K' Zellkern in der Zelle eingefchloffen. In 4 BC liegen die 106 C, aber im Waffer. Zellen in Glycerin, in 4* liegt die Zelle in Wafler. - eine größere Quellungsfähigkeit. Die Quellungsgröße ift aber bereits in ' gleichem ;Volum ab. Im Beginn ift der- _ verfchiedenen Richtungen ungleich. Offenbar befinden fich folche Häute in einem Zuftande, der in keinem anorganen Gebilde ähnlicher Be- fchaffenheit in irgend einem Sinne hergeftellt werden kann. Sie nehmen in der nächften Zeit nach ihrer Entftehung fefte oder flüflige Theile auf und ihr Vo- lum vergrößert fich. Sie befitzen fomit Anziehungskräfte fpecififcher Natur, fo- wohl in Bezug auf die Mafle, wie auch auf die Richtung, in welcher fie folche einlagern. | Mit dem Heranwachfen jugendlicher Membranen nimmt ihr Waffergehalt in felbe außerordentlich groß, zuletzt ver- hälnißmäßlig klein. ee Um das Verhältniß der Waffer- menge zur feften Subftanz zu beftimmen, wurden die vier jüngften, mikro- fkopifch wahrnehmbaren Blätter von dem Vegetationspunkt des Sempervi- vum tectorum frei präparirt, nal gemeffen, im Exficcator getrocknet und . nochmals gemeffen. ı ift das jüngfte, 4 ift das ältefte der vier Blätter. 1) Botan. Unterf. von Dr. N. J. C. MüLrer. Heidelberg. C. Winter. I. Bd. S. 125. 90 Bei 111. Wachsthumserfcheinungen ‚der Membran. “sr Se In ı fchrumpften 20 Längeneinheiten auf 5, v2 » 45 » » 25, » 3 » 85 » » 64, » 4 » "743 » » I24. Die trockene Maffe ift fomit im jüngften Blatte, wenn wir annehmen, fie würde bei der Wiederbenetzung auch das urfprüngliche Volum wieder einnehmen, von 100 auf 400 Längeneinheiten gequollen. Im Blatte 4 aber würden unter denfelben Vorausfetzungen 100 nur auf 112,9 Längen- einheiten quellen. In der ausgewachfenen Membran der Laubblätter ergibt fich für Allium rotundum die procentifche Quellung aus dem trockenen in den naflen Zuftand: der Länge '-.7 „7 rap 752 0, der Breite: .- 2... ,, Sasse, Es herrfcht fomit auch bei der ausgewachfenen Epidermis eine mini- male Quellung in Richtung der Blattaxe, während diefelbe in der Quer- richtung fehr merklich ift. Diefelben Meflungen, welche an vier mikrofkopifch kleinen Blättern ausgeführt wurden, konnte ich an vier eben deutlich fichtbaren Blättern vornehmen. Die Epidermen diefer vier Blätter wurden in die Breite und - Länge gemeffen, auch wurde die Anzahl der Zellen nach beiden Rich- tungen beftimmt. 5 6 7. 8 naß. | trckn. naß. | trekn.| naß. | trckn. | naß. | trekn. la 187 | ı7ı | 301 | 292 | 861 | 835 | 1093 | 1050 Re 7,00 °o 3,08% |* 3,11% 4,08 0/0 363 | 363 | 453 1 365 | 457 | 450 | 722 | 680 Breiie, oo 24,11 Po 1,55 0/0 6,17 °Jo Anzahl der Zellenbreite. ” Fei] > = Anzahl der 10 Il 2 4 Zellenlänge. : . ' Bildgröße von 0,5; mm = 185 mm. Die procentifche Flächenzunahme durch das Waffer berechnet fich hieraus zu: Länge: 7°, 3,08 Jo, 3,11. lo, 4,08 Io. Breite: 0°lo, 24,119), ‘1,55%, 6,17. Zu Meflungen über die Quellung in cylindrifchen Zellen eignet fich in erfter Linie die Stammzelle der Caulerpen. Die Zelle quillt am ftärkften Phyfikalifche Eigenfchaften der Pflanzenmembran. 91 in radialer Richtung, fodann kommt die Axenrichtung, am fchwächften ift die tangentiale. Fig. 108. Zu Studien über das Quellen und Schrumpfen am ganzen Baume wurde die Fichte gewählt. Es ift bekannt, daß, wenn das nafle Stamm- holz austrocknet, radial ge-. Ä ftellte Riffe entftehen, wäh- rend die Cohäfion nach allen anderen Richtungen fo groß ift, daß die Con- tinuität erhalten bleibt. Da- raus geht hervor, dafs das Holz in tangentialer Rich- tung etwas ftärker quillt, wie in radialer. Bringt man an der naflen Querfchnittsfcheibe einen radialen Sägefchnitt mit der Laubfäge an, wel- cher fich von der Periphe- rie bis ins Mark erftreckt, = iii are der zahl "Ye Bere ra LET reichen radıalen 5pa ten eın auf 1/3 verkleinert. einziger großer keilförmiger Spalt. Fig. 109. Die Quellungsaxen für ein Raumelement des Holzes wird man leicht und bequem meffen können, wenn man die Ab- und Zunahme der Flächen in einem Holzquer- fchnitt.und in einem Längsfchnitt mißt, bei der Wafferzufuhr und dem Austrocknen. Ich benutzte mikrofkopifch dünne Schnitte aus dem Holz der Fichte, um folche Meflungen aus- zuführen. Ein quadratifches Plättchen, ; deffen Seiten tmit der Richtung der 14,0, En ig Fitumtsen u die Geis Markftrahlen und den Tangenten felbe zerlegt wache ergeiag EEE der Jahrringe zufammenfielen, Eh ; wurde für den Querfchnitt, ein rechteckiges Plättchen, deflen Seiten von 92 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. ’ der Faferaxe begrenzt find, für den Radiallängsfchnitt BRBENERRERE für das letztere kam nur Sommerholz in Betracht. Die Plättchen wurden fo lange im Ca-Cl-Exfiecator getrocknet, bis“ das Volum fich nicht mehr verkleinerte; fodann gemeflen und in: Waffer liegend durch mehrere Tage hindurch wiederh gemeflen, bis keine Volum- zunahme mehr eintrat. Die Bildgröße eines halben Millimeters war bei derfelben Vergröße- rung 184 mm, die Vergrößerung mithin eine 368fache. Anfang trocken. Ende naf. Radiale Richtung . . . 190,5 mm, 203. mm, Tangent- "nu 20,2 ,.%.:.32602 0. ara Längs- ee RE » 952,5. ». In dem One in war die Zahl der Zellen in m .. der ‘radialer Richtung 55, (wovon 45 Winterholzzellen waren), in der tangentialen 22. Im Längsfchnitt "maß eine Holzzelle 800 mm. längerung berechnet fich naffen Zuftand. Tangente = 3,7 Jo, Radius! 2 77: TE a En Die procentifche Ver- hieraus für den Uebergang aus dem trockenen in den 2 la UN Are 0 = 0,80%. 7 N - Die Quellungsaxen Q in der Wand der Ein- Fıc. ır0. Querfchnitt einer Winterholzzelle der Fichte bei 2rg2facher zelzellen find ftets ab- Vergrößerung gemeffen und auf 1/s verkleinert, # trocken, » naß. ER | hängig von der vorhergehen- den Zerrung oder den Molecularkräften der Adhäfion und Cohäfion. Da alle vegetativen Gewebe in diefem Sinne beeinflußt find durch ihre eigene Ge- ftalt und durch die Nachbarzellen, fo wird dıe Größe der Quellung nach verfchiedener Richtung fehr verfchieden fein. Die Zerrung oder Compref- fion wirken vorzugsweife zu einer Zeit, wo die Membranen noch nicht im ftabilen Zuftande waren, fondern wuchfen, alfo ftetig ihre Molecule ver- fchoben und in Spannung verfetzten. Erhärtet nun die Membran plötzlich, fo wirken jene Kräfte noch nach und kommen zum fichtbaren Ausdruck, wenn dem Gewebe entweder Waffer zugeführt oder entzogen wird. Für eine einzelne Holzzelle aber ergeben fich die Quellungsgrößen Phyfikalifche Eigenfchaften der Pflanzenmembran. 93 für den Radius 23,5 °/o, für die tangentiale Richtung zu 7,0 °/o, für die Axenrichtung zu 0,8 °/o, f. Fig. 110 und ıııÖb. Bei dem Uebergang aus dem trockenen nach dem naflfen Zuftand wird das Lumen der Zelle verengt, die capillare Spannung fomit vergrößert. In den Figuren ırı a, b, c find die Quellungs- axen graphifch darge- ftellt. Die ausgezogenen ,,,. sr 5. Qucı- Axen CR, C A, CP in der lungsaxen im Vohim- element des Fichten- Fig. ır1 a bedeuten die Län- holzes. 4 Fıc. ıır c. Quellungsaxen im Maffenelement des Fichtenholzes. genzunahmen für roo Theile der Ordinaten in den anzugebenden Richtungen, für die Cau- lerpaftammzelle it C A die Längenzunahme der Axe, C P in der peripher transverfalen Richtung und C R in der radial transverfalen. In Fig. ııı 5b find die Volumzunahmen für ein ‘aus vielen Zellen beftehendes Holz- würfelchen der Fichte dargeftellt, C R für die radial transverfale, C .P für die trans- verfal tangentiale und C A für die Axen- richtung. -Für die ifolirte Holzzelle der Fichte endlich ift die Volumzunahme im Querfchnitt verfchieden, je nachdem das "nn. TREE: Maffenelement die Lage « ß x ö, Fig. ı1o, Caulerpa. oder a‘ ß' x‘ Ö hat; für erftere gilt die links, für letztere die rechts ver- zeichnete Figur in Fig. ııı c. F IF + HH EEH ZEBE | 12 II N -| EHER 94 II. Wachsthumserfcheinungen der Membran: . D. Beobachtungen über die Volumänderung durch Quellung in verschiedenen Regionen des Baumes. In zwei Regionen wurden bei der Fichte Bohrfchnitte gefammelt und diefe in kleine Tangentialfcheiben zerlegt. Eine kreisförmige, in der Cylinder- fläche gelegene Scheibe muß im Allgemeinen in einem Jahre zwifchen drei Figuren fchwanken; da nämlich die Volumänderung in Richtung der Axe fehr klein ift, fo verwandelt das Trocknen den kreisförmigen Ausfchnitt in eine Ellipfe, deren große Axe mit der Faferaxe zufammenfäht. Beim Quellen aber wird diefe letztere zur kleinen, die transverfale zur großen Axe einer zweiten Ellipfe. Der Durch- mefler der Kreife wurde im Anfang gemeffen, fodann wurden die Plättchen in Waffer bis zum Maximum der Quellung naff, endlich im Exficcator ausgetrock- net und gemeffen. | Es zeigte fich, daß für das Sommerholz des Stammes an der Bafıs und der Peripherie die Quel- lungsgrößse 7,66 °/o beträgt, während das Winterholz nur 6,66 °/o befitzt. = Es wurden gefunden Fıc. 112. Querfchnitt der Caulerpazelle. a.in Waffer. b in Canada- 3,99 00 für Sommer- und balfam. v trocken. Bei 108: 1 in objectiver Weife. aufgenommen und auf }/s verkleinert. 3,33 °/o für Winterholz im Kern des Stammes und endlich 8,29 und 7,25 an der Spitze des Stammes in den Splintlagen. ‘ E. Specifische Anziehung der festen Theile zu verschiedenen Flüssigkeiten. Die Volumzunahme und die Volumabnahme einer gegebenen Pflanzen- haut bei Zufuhr refp. Entziehung von Flüffigkeit verlaufen nicht in gleichem Sinne für alle Flüffigkeiten. Die feften Membrantheile in der lückenlofen Subftanz laffen die Abftände ihrer molecularen Interftitien innerhalb weiter Grenzen fchwanken. Das mit der gegebenen Flüffigkeit gefättigte Raum- element kann größer oder kleiner fein, wie das trockene Raumelement. Denken wir uns ein Würfelchen der Holzmaffe aus der Holzzelle ohne fichtbare Lücken ausgefchnitten, getrocknet und gemeflen, fo ift fein Volum Phyfikalifche Eigenfchaften der Pflanzenmembran. 95° .v größer, wie wenn wir es mit Harz, ätherifchem Oel, Alkohol tränken und fättigen v‘, es ift aber kleiner, wie wenn wir es mit Waffer fättigen, v. Bei diefen Vorgängen ift die Anzahl der Molecule fefter Zellftoff- theilchen nicht verändert worden. Im Volum v‘ und v“ aber find offenbar mehr Molecule beider Aggregate wie in v‘, es folgt daraus, daß Flüfig- keitsmolecule die Eigenfchaft befitzen, die Molecule der Membran einander zu nähern und von einander zu entfernen, bezogen auf den lufttrockenen ‚Zuftand (m. f. Fig. 112). F. Die Dichte. ı° Das fpecififche Gewicht der Gewebe ift, bezogen auf deftllirtes Waffer, immer größer, wenn luftführende Räume in ihm fehlen. | 2° Unter denfelben Umftänden wird es in weiteften Grenzen fchwanken, Fıc. ı13. A Corrofionsftelle aus dem Gummi-kranken Kirfchholze. B kleine Parthie aus dem quellenden Marke des Aftragalus creticus. je nach der Dichte der Löfungen in dem Zellhohlraum und je nach der Mafle der feften Membranen in dem gegebenen Volumelement. 3° Die lückenlofe Membran aber felbft muß fchwanken, je nach der Anzahl und der chemifchen Natur der imbibirten Flüfligkeitsmolecule. Das fpecififche Gewicht lufttrockenen Holzes ift bei Quajacum ofheinle ... . .. .. 139, Buxus fempervirens . . . . .. 1,00, Taxus-bacceke 7 72252: °2.210084, Fagiıs Tpvae2 3.5 7..28°.,:7,.2074, Auerens Rob Fa 7 Piees 5:75. 0,48, ift felbftredend abhängig von der Weite der lufterfüllten Hohlräume und fchwankt nach der hiftiologifchen Natur in weiten Grenzen. In einem und demfelben Gewebe wird das fpecififche Gewicht abhängen: 7 96 al. Wachsthumserfcheinungen der Membran. ı° Von der Größe der Zellenlumina, 2° von der Menge des imbi- birten Waffers, 3° von der Menge lufterfüllter Räume. G. Unbegrenzte Quellung. ı° Pathologifche Erfcheinungen. In dem Marke des "Astragalus creticus quellen zu beftimmter Zeit!) die Zellen in der Weife, dafs fie ihre Feftigkeit verlieren, in Form einer Gallert aus dem Riß des Stämmchens hervorfließen und zu dem bekannten Traganthgummi erhärten. Mikrofkopifche Durchfchnitte durch das Mark, Fig. 113 B, zeigen in den Quellungsfchichten, fowie in der Vertheilung der Körner transitorifcher Stärke noch die Ueberrefte der urfprünglichen Zellenftructur. In dem Holze und der Rinde der Amygdaleen, ins- befondere der Kirfche, wer- den die Gewebe wahrfchein- lich in Folge äußerer roher = ' Eingriffe, wie das Abfchnei- Fıc. 114. A quellende Hautzellen der Samen von Collomia. a ein Schleimcylinder aus den weniger dichten Theilen der Zellwand entftanden. s die Schraubenbänder dichterer und langfamer quellenier Maffe. B Teesdalia , nudicaulis. Quellende Samenfchale. den der Aefte, fo umgewandelt, dafs fie zuerft die Doppelbrechung verlie- ren, fodann zur geftaltlofen Gallert aufquellen. Diefe Gummikrankheit (gummofis) corrodirt die Holzftructur auf centimeterweite Strecken, fie fchreitet in transverfaler Richtung parallel den Jahresringen fort und über- fpringt zuweilen die Markftrahlen und Grenzfchichten der Jahrringe, welche der Erkrankung größeren Widerftand entgegenfetzen, Fig. 113 A. ı) H. v. MoHL, in Botan. Ztg. a. a. ©. f. oben. S. 88. ' leren, weniger dichten Lamelle. die betrachteten Volumzunahmen Phyfikalifche Eigenfchaften der Pflanzenmembran. 97 2° Normale Schleimbildung. Die äußerfte Zellenfchicht der Integumente vieler Samen!) wird gefetzmäßig in der Weife umgewandelt, daß fie bei Wafferzufuhr rafch auf- quellen. Hierbei werden die Membranen, da die waflerreicheren Lamellen rafcher, die waflerarmen langfamer quellen, zerklüftet in fchraubenlinige Bän- der, Fig. 114 A, fo bei der Collomia, bei der Salvia horminum. Am Samen der Teesdalia nudicaulis, Fig. 114 B, zerklüftet fich die Membran hierbei, indem wie vorher die dichteren Lamellen langfamer quellen, in kegelförmige Kappen, welche ineinander gefchachtelt find. Cydonia- und Linum-Samen quellen fo, wie die fchematifche Figur ı15 A demonftrirt. Stets macht fich ein Widerftand in den dichteren Schalen geltend. | Die Paraphyfen von Diphyscium foliofum, Fig. 115 B, find urfprüng- lich Zellenfäden, ähnlich den cylindrifchen Ketten der Fadenalgen. Die Zellen wachfen und lockern fich auf, indem eine äußere dichtere Schale a.a', Fig. ıı5 B, von der inne- ren wachfenden Haut abhebt, durch die Quellung, einer mitt- Die äußere Schale & a’ zerreifßst und bildet zwei zu je einer Cy»- linderzelle gehörige Kappen (1. $ 18, Fig. 174). H. Quellungsdrucke. Der Druck, welcher durch bei Waflerzufuhr zu gefchlofle- nen Pflanzengeweben erzeugt wird, bewirkt zwei wefentlich ver- fchiedene Bewegungsvorgänge: a eg re gefchoben, das Organ fchwillt. 2° Die in den Hohlräumen der quellenden Zellen enthaltene Flüfligkeit wird gepreßßt und eventuell fortgefchoben oder durch die Membran transpirirt. Volumänderung bei der Quellung von Cellulofe und deren Derivaten. Um zu zeigen, daß eine Volumverminderung oder Vermehrung beim 4) Studienobjecte: Leinfamen, Samen von Cydonia vulgaris, Teesdalia nudicaulis, Sinapis, Collomia, Salvia horminum. Paraphyfen von Diphyscium foliofum. N. J. €. Mürıer, Handbuch I. r. 1 98 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Uebergang in den gequollenen Zuftand eintritt, wurden mehrere Kugel- apparate!), Fig. 116, angewendet. Bringt man trockene Erbfen in Waffer, fo beobachtet man, daß das Gefammtvolum hin und her fchwankt, ehe eine dauernde Volumvermeh- rung eintritt. Versuch. In den Kugelapparat Fig. 116 wurden 80 trockene Erbfen gegeben; derfelbe enthielt etwas Queckfilber bis zum Niveau e, welches in dem Rohre f auffteigen kann. Zu den Erbfen wurde Wafler gefüllt und der Apparat mit einer an- gefchliffenen Platte verfchloffen. Quellung. Zeit | Tempera | „Mol, | Velkm, Anfangs au, o 0 60 Minuten fpäter 21,750 » 0,0007643 120 » » 21,75% » 0,0007365 180 » » 21,80 » 0,001271 240 » » 21,8° » 0,001 107 345 » » 22,00 » 0,0008153 450 » » 218.0. 9 & 0,00005 134 81o » ae A » 0,004340 930 » » BER: 5 0,002360 Von nun an treten Gafe aus. Aus dem Gang der Tem- peratur und der Volumfchwan- kung ergibt fich fonach mit’ Sicherheit eine Verminderung der Volumfummen, fomit eine Contraction, denn von der zweiten Ablefung ab finkt das Volum, während die Tempe- ratur langfam wächft. Wäre die abgelefene Temperaturerhöhung Folge einer Wärmezufuhr von aufyen, fo hätte das Volum ftetig wachfen müflen. Der Druck, welcher von der RIBEH N ICEN OENERE | quellenden Maffe zurückgefchoben y) Die Apparate Fig. 116 wurden in ein fehr großes Gefäß in Waffer getaucht. Damit wurden die äußeren Temperaturfchwankungen möglichft ausgefchloffen. a De wer re a a a Theorie der Intusfusception und Appofition. | 99 wird, ift ein fehr bedeutender. Er wird von Bönm gegen 18 Atmofphären für quellende Erbfen angegeben. Bönm gab die zerkleinerten Erbfen in eine Metallhülfe, welche, am einen Ende wie eine Kanone gefchloffen, in ihrer cylindrifchen Wand fo durchlöchert war, daß das Waffer, welches die Ka- none in einem zweiten Gefäße umgab, zu den quellenden Bruchftücken treten kann. Diefe aber find fo groß, daß fie nicht durch die Poren der Kanone austreten können. Die quellende Maffe wird mit einem dicht an die Cylinderwand anfchließenden Stempel bedeckt. Nachdem die luft- erfüllten Lücken in der Kanone mit Wafler erfüllt find, wird der Stempel „nach jeder Volumvermehrung fo lange mit neu aufgelegten Gewichten be- laftet, bis das quellende Volum conftant erhalten bleibt. Der Druck, wel- cher fo gefunden wurde, ift die äußerfte Größe des Quellungsdruckes. Denfelben Grenzdruck fand ich (Bot. Unterf. Bd. I. S. 52 ff.) für das bei der Benetzung quellende faftige Mark von Helianthus zu 13!/2 At- mofphäre. Ich ifolirte ein Markprisma von !/s Meter Länge von dem Holz und der Rinde, fchloß es aber mit den Abfchnitten diefer Gewebe in einen ftarken Glascylinder fo ein, daß es fich nur in der Längsrichtung ausdeh- nen konnte. Der obere Querfchnitt wurde allmälig fo belaftet, -daß jede foeben eintretende Volumvermehrung wieder durch Gewichtszulagen auf ‘ein verfchiebbares Tifchchen vernichtet wurde. Die Phänomene .der Quellung haben foeben durch REmkE eine er- 'neute Bearbeitung erfahren (Unterf. über d. Quellung einiger vegetab. Sub- ftanzen, Sep.-Abdr.). Wir entnehmen diefer Abhandlung die folgenden Angaben (S. 132 fl.):; Um aus dem gequollenen Laube der Laminarien, welches 170 °/o Waffer aufgenommen hätte, foeben Wafler zu preflen, ge- nügte ein Druck von 16 Atm. Bei 93 °/o Waffer war ein Druck von 200 Atm. nöthig. Dahingegen bilden ungefähr 8 Atm. den Grenzdruck, unter welchem 93 °/o Wafler aufgenommen werden. In demfelben Pflanzenge- webe, welches 230 °/o Wafler aufgenommen hatte, erfuhr die Volumfumme aus beiden Körpern eine Compreflion von 0,2 Volumprocenten, was einem Drucke von 45 Atm. entfpricht. Bei ausgewachfenen. und getrockneten Drehfpähnen des Laminarienlaubes zeigte fich bei der Quellung mit 66 °/o Waffer ein Wärmeverbrauch von 2,29 Wärmeeinheiten, was dem pofitiven Arbeitswerth 0,97 Kilogr.-meter entfpricht. «Indem wir bei unferen Mef- fungen wahrnahmen, dafs den QuellungsprocefS eine Entwickglung pofitiver Quellungswärme begleitet, beobachten wir darin einen beträchtlichen Ueber- fchuß des im Zufammenftrömen von Waffer und quellbarer Subftanz ge- gebenen Arbeitsvorrathes über die wirklich bei der Quellung geleiftete Arbeit, mithin einen beträchtlichen Ueberfchuß von disponibler lebendiger Kraft über die vorhandenen Widerftände.» 100 m. Wachsthumserfcheinungen der Membran. $ 16. Theorie der Intussusception und Apposition. Alle Wachsthumserfcheinungen beruhen in letzter Linie darauf, daß die Molecule der feften Subftanz in den Heerd des Wachsthums eingeführt werden. Der ftete Vorgang der Volumvergrößerung entzieht fich dem bloßen Auge. Mit Hilfe von feineren Meßinftrumenten kann die Volum- zunahme als Function der Zeit beobachtet werden. S. $ 21. Die Bewegung der Molecule, die Anfammlung der feften Theilchen aber entzieht fich dem finnlichen Auge. Zahlreiche Vorgänge erlauben aber den Schluß, daß kleinfte Theilchen zwifchen vorhandene kleinfte Theilchen eingelagert werden. Bei dem ftattlichften Repräfentanten des Pflanzenreiches, bei unferem Waldbaume, ift zwar die grobe Maffenanhäufung eine Appofition neuer Jahrringe, in je- dem kleineren, noch fichtbaren Volum desfelben, in jeder Zelle aber müffen ftetige Verfchiebungen unfichtbarer Theile zwifchen ftabileren herrfchen, wenn das Wachsthum überhaupt räumlich vorftellig werden foll. Es werden in pflanzlichen Zellen nach den Betrachtungen im $ ı und $ 3 neben dem Vor- gang des Niederfchlages fefter Maffen, Verfchiebungen und Einlagerungen eine bedeutende Rolle fpielen. Ja, alle Stoffaufnahme beruht auf letzterer Molecularbewegung. Von dem Orte der Aufnahme oder der Entftehung muß ein gelöftes Theilchen unzählige Male zwifchen vorhandenen feften Theilen eingelagert und fortbewegt fein, ehe es zu einer dauernden Endlage zu gelangen vermag. Bei einem wachfenden Kryftall!) müffen die hintereinander belegenen Molecule aufgelagert gedacht werden. Wächft der Kryftall unter dem Mi- krofkop, fo wird der äußere Contour einer Kante parallel der Wachsthums- richtung verfchoben. Der Kryftall wächft in der That durch Appofition, fo daß eine gegebene innere Lamelle an ihm älter ift, als eine äußere. ® Diefe Altersfolge der in dem Gebilde eingelagerten Molecule herrfcht bei der wachfenden Zelle mit wenigen Ausnahmen nicht. In dem ftabilften Pflanzengewebe, dem Holz der Bäume, wächft im Laufe von Jahrzehnten das fpecififche Gewicht des lückenlofen Holzwürfels und es nimmt der Kohlenftoffgehalt zu. Diefe Vorgänge können nur durch die Intusfusception erklärt werden. Specififches Gewicht. 48 rn re Tanne”. "2, Ma Eichenhalz: 225.52 %6 Eiche, =. 98 Ebenhölz. 172 37°59 Me Flachs: 125: ED 28 Nußfchale =... 54%. !) Dr. Fr. Krock£E, Beobachtungen und Bemerkungen über das Wachsthum der Kryftalle. 1871. N. Jahrb. f. sr Theorie der Intusfusception und Appofition. 101 A. Structur der Stärkekörner!). Das nächfte wichtige Kohlehydrat ift das Stärkemehl (Amylum). Von der gleichen Molecularformel wie die Cellulofe, unterfcheidet fich die Stärke durch die Geftalt und die Jodreaction. Das Stärkemehl entfteht als ein Niederfchlag in der Pflanzenzelle. Das Niederfchlagskorn ift im Momente feines Entftehens eine punktförmige kleine Kugel, welche nach mehr oder weniger ftrengen Formgefetzen durch Intusfusception wächft, fich differen- zirt in Schalen verfchiedenen Waffergehaltes und fich bei vielen Pflanzenarten in mehrere, oft zahlreiche Tochterkörner theilt. Das Stärkemehl wandert von dem Orte feines erften Auftretens, dem Blatte, rückwärts über das ganze Syftem des Baumes, und überall, wo es während diefer Wanderung auftritt, ift es in Form kleiner kugeliger Nieder- Fıc. 117. A Kartoffelfärke mit excentrifcher Schichtung nach Näceır. B Kartoffelftärke, halbgequollen, der Kern und einige äußere Schichten aufgelockert (nach Näcer). fchlagskörner nachweisbar. Diefe transitorifche Stärke wird endlich in den Refervebehältern der perennirenden Pflanzen in größeren Sphäroiden ange- fammelt und füllt dort die Zellen der Gewebe vollfifhdig an. Die Stärke ift in kaltem Waffer unlöslich, quillt in heißem Waffer bei 70°C. zu einer geftaltlofen Gallert (Kleifter). Mit alkoholifeher Jod- löfung, welche nach längerem Stehen ftets geringe Mengen von Jodwafler- ftoff (wohl auch Jodfäure) enthält, behandelt, lagert das Stärkekorn die Jodtheilchen fo ein, dafs es blau gefärbt erfcheint. Solche Jodftärke ver- kleiftert bei der Behandlung mit kochendem Waffer nicht, fo lange noch J in der Verbindung enthalten ift. !) NÄGELI, Die Stärkekörner. Zürich bei Fr. Schultheß. 1858. 102 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Das Stärkekorn enthält einen wafferreicheren Kern, um welchen con- centrifche oder excentrifche Schalen gelagert find, in diefen wechfelt die Dichte, beziehungsweife der Waffergehalt. Die lockeren, wafferreicheren Schalen erfcheinen im Mikrofkop mit rofarothem, die diciteren mit bläu- lich weißem Interferenzlichte. Aus dem Stärkekorn wird durch Fermentation mit EN oder ver- dünnter Salzfäure eine Verbindung löslich und ausgezogen, die Granulofe. Nach diefer Behandlung hat das Korn feine Geftalt wenig geändert, 'aber die Jodreaction tritt jetzt nicht mehr ein. Die Reaction im polarifirten Lichte ift jetzt fchwächer. Näcert ftellt fich den Körper des Stärkekornes als ein inniges Gemifch von Moleculen zweier Verbindungen vor, von welchen die eine die Granulofe, die andere die Cellulofe ift. B. Wachsthum und Differenzirung des Stärkekornes?). Die Wachsthumserfcheinungen der Stärke wurden zuerft von NÄGELI in einer umfaffenden Monographie ftudirt. Dabei wurde eine Reihe der wichtigften. Folgerungen über den nee Vorgang des Zellenwachs- thums gewonnen. ı° Das Korn wächft zur Geftalt einer Kugel und differenzirt fich in einen wafferreicheren Kern und eine dichte Schale. Es nimmt an Volum zu und differenzirt die dichte Schale in drei Schalen, eine dichte äußere, eine lockere und eine dichte, welche an den Kern grenzt. Die Differenzirung, welche während der Volum-, beziehentlich Maffezunahme ftattfindet, fchreitet von außen nach innen fort. Es kann dabei eine dichtere Schale in zwei dichte und eine fie trennende lockere zerfallen, aber auch umgekehrt kann in einer lockeren eine dichte fo auftreten, daß fie zwei lockere Schalen trennt. Der Kern und ein folches Schalenfyftem bilden ein einfaches Korn, Figur 117 A. Behandelt man folche Körner mit Reagentien oder warmem Waffer, welche nur eine mäßige Quellung veranlaffen, fo quellen der Kern und die lockeren Schichten ftärker, wie die dichten. Das Gebilde wird fo defor- mirt, wie es die Fig. 117 B demonftrirt. Wächft das K#tn im Wandbeleg des Protoplasma einer ftärkeführen- den Zelle, fo ift es bei excentrifchem Wuchfe fo orientirt, daß der wafler- reiche Kern dem Wandbeleg zugekehrt, das excentrifche Schichtungsfyftem Fig. 117 nach dem Zellenraum gerichtet ift. 1) Die Stärkekörner wachfen von.der Größe einer kleinen Kugel von I—2 mm, bis fie 4--6mm Durchmeffer erhalten. Denkt man fich nun, daß die Maffe, welche aus der umgebenden Löfung verbraucht wird, von außen nach innen in das Korn vorfchrei- tend, eindringt, fo werden zunächft die Molecule der äußeren Schale in tangentialer Richtung auseinander weichen müffen, um die neu aufzunehmenden Theilchen zwifchen fich einzulagern. Diefe Einlagerung erfolgt in der äußeren Schale von Moleculen jeden- Krk, A iR 33% N”, ur Theorie der Intusfusception und Appofition. 103 2° Halb zufammenge- fetzte Körner entftehen fo, daß in früher Phafe des Kornes der vorher weiche, lockere Kern erhärtet, indem er mehr fefte Molecule ein- lagert. In ihm differenziren fich zwei und mehr wafler- reiche Kerne. Nunmehr wächft das Korn durch Ein- lagerung fo, daß um jeden Kern, wie vorher im einfachen Korn, zahlreiche Schichten- fyfteme gebildet werden, welche von dem urfprünglich zu dem ungetheilten Kern gehörigen Convolut Fıc. ı19. Halb zufammengefetztes Korn mit einem Spalt, nach Näcerı. eingehüllt erfcheinen. Fig. 119. falls, die Ausdehnung aber, weiche für die Schale erfolgen müßte, wird durch die Co- häfion an die innere Schale überwunden. Es befindet fich daher die äußere im Zuftande der Compreflion, fie würde fich zu größerem Volum ausbreiten, wenn nicht die jeweilig ' innere Schale einen Gegenzug ausübte. Die nothwendige Folge aber ift, daß die innere Schale _ dadurch in ‚den Zuftand der Expanfion geräth, fo lange beide Schalen nicht ge- trennt find, nicht von einander abreißen. Die Kugelflächen a und 5, Fig. 120, haben die Radien Rund R+D, wo D die Dicke einer molecularen Schale bedeutet. Es wachfe nun die Kugel a um ?/«, die Kugel b um ?/a, die neuen Kugel- flächen find alsdann: = R(r+ Ja) 4r(R+ Di (+ 2a). Die Radien beider Kugeln verlängern fich mithin von R auf RVr + a; R+ D auf (R+D) Vr + Ja = C RVı+!a +DYyı+t la. Der Abftand beider Kugelflächen war urfprünglich D, jetzt it er R VYı + !ja+ D yYı + !a — DYyı +!a =D Yı + ja, der Zuwachs , des Abflandes it ao = DYr + a —- D=D(Yı+ a —n). Die zwei Schichten würden fich, wenn nicht die Cohäfion entgegen wirkte, alfo trennen, weil D< D (Vi + !fa— r). Da fie fich thatfächlich nicht trennen, fo muß eine Spannung entftehen, fo daß jede folgende Schicht expandirt, negativ gefpannt ift zu jeder vorhergehenden, welche pofitiv gefpannt, alfo comprimirt ift. NÄGELI wirft nunmehr zur Begründung der Lehre von der Intusfusception die Frage auf: wenn in der Kugel die Spannkräfte, welche durch das Eindringen der Nähr- löfung erzeugt werden, in dem genannten Sinne vertheilt find, wo wird der Raum am erften befchafft werden für die Aufnahme neuer Molecule, welche dauernd eingelagert werden follen? In der Fig. 123 feien p, o, p! kleinfte Theilchen oder Punkte, welche gleichen Abftand befitzen und in einer größten Kugelfchale liegen. Durch Erwärmung oder Fıc. 118. - Wachsthum werden nun # und o auseinander ftreben mit einer Kraft, deren tangentiale 104 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. „We 3° Zufammengefetzte Körner. Die Differenzirung kann fo rafch vor fich gehen, daß die Maffe der urfprünglich den Kern des einfachen Kornes einhüllenden Schicht verfchwindend klein wird. Die Theilkörner platten fich gegenfeitig ab, 3, 4, 6, 8, 100, ja bis gegen 3000 Theilkörner bleiben in bie( IC U1as, Fıg. 126. Excentrifch gefchichtetes Stärkekorn nach Näceri. 37 m aCe, eCn entfprechen einem Viertel, aCc, cCe,e Cg, a Cb\ g Cn entfprechen einem Achtel des Querfchnittes des urfprüng- lich kugeligen Kornes. b GL aCb,bCce,cCd, dCeu.f. f. bis h Cn jedes gleich Yıe. c Cd hCi,iCn jedes gleich 1/32, er dc el, A n » » 128, 16 ) 256. ICm,mCn » » 1/26. e Cf f mCn fCg gCh hCn, x Die rechte Hälfte ift mit Rückficht auf gleiches Flächenwachsthum der Schichten conftruirt: aoo= op=pg=aCo=oCp =pCy =4ıCr, wo C das Schichtencentrum bedeutet; auch hier wird die Verfchiebung der radialen, hintereinander liegenden Theilchen, welche mit diefer Annahme nothwendig verbunden ift, durch die fpitzen Winkel deutlich, welche die nach o p q u. f. f. verlängerten Linien mit den Schichten bilden. Wird angenommen, dal) eine Verfchiebung nicht ftattfindet, fo läßt Man hat fomit die Gleichung 2RKr D= K'R?r. Hieraus ergibt fih = 2RKrD _2KD Rx Re R kraft in Hohlkugeln von gleicher Dicke und gleicher Befchaffenheit, aber von ungleichem Halbmeffer das Gleichgewicht hält, fteht im umgekehrten Verhältniß der Radien. - Diefes Refultat beruht darauf, daß ein Druck, der auf alle Punkte einer Halbkugel wirkt, in feinem Effect auf die Grundfläche gleich it dem Druck auf diefe Grundfläche (r R?) ‚d.h. die Radialkraft, welche einer Tangentialkraft oder Flächen- Theorie der Intusfusception und Appofition. 109 fich aus den Veränderungen in Geftalt und Schichtung des Korns ein Schluß ziehen auf die Zunahme in jedem Theil. Die Körner von Canna lagu- nenfis erlangen eine Größe von 170 micr. und eine Excentricität von 1:70. Die Oberfläche berechnet fich zu 32.500 []micr. im ausgewachfenen Zuftand. Das junge kugelige Korn hat eine Oberfläche von 28 [Jmicr. 32.500 Die Oberfläche hat fomit zugenommen um das Br = 1160,7fache. Die felber; die Gleichungen 2rD K'R ie A find allgemein giltig für beliebige Kugelcalotten. Aehnliches gilt für En den Cylinder. Stellt die- : ER = felbe Fig. 127 A den 1% Querfchnitt eines Cylin- PL: y2 e x Ne ” dermantels dar, fo müf- » fen KDL+KDL(wo d D die Dicke des Cylin- |, B dermantels, ZL deffen Länge bedeuten) dem Drucke auf die Ober- fläche das Gleichgewicht halten. Der Druck auf ein Cylinderfegment ft KLRdB, die allein zu berückfichtigende Componente ift K’ cos B und die ganze Kraft, welche antagoni- K / Fıc. 127 A. fiifch zu K wirkt, it KLRcosBdB, in der Cylinderhälfte aber 2ELR f cosBdB=2kLR / d sinBundin derganzenFläche 2 KL R s: cos BAB=aKLR f d sin B. Die Integra- tion zwifchen den Grenzen sin B= o und sin B= ı ausgeführt, kommt 2r LR 1 . K'R „-K&2 faim8=»Kr, aoit2KDL=2KLRoK= o 4? R Das Verhältniß zwifchen Flächen- kraft und radialer Kraft ift alfo dasfelbe, wie in der Kugel, nur ift die Radialkraft doppelt fo groß. Zweites Problem. Die Kugel- fchalen e ;, Fig. 127, werden, wenn die Einlagerung neuer Theile in tangentialer Richtung erfolgt, auseinander weichen, wenn nicht die Adhäfion fie hinderte. Beide wachfen nämlich um ?/a, d.h. i Ü wächft von 4 R?x auf 4R?r 4 Fıc. 127. die anderen von 4(R+ DJ)? x auf 4(R+DJ x + ne Hieraus ergibt fich der Abftand, wenn die Schalen fich zu trennen vermöchten, auf D (Vi + :la— nr). Der 110 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. äußfere Schicht hat ihrem Volum nach um das 8125 fache zugenommen. Wird das junge Korn in Pyramiden zerlegt, fo nimmt die äußere Schicht jeder Pyramide 1,75 [Jmicr. ein. Im ausgewachfenen Zuftand haben aber die den kurzen Radius umgebenden Pyramiden eine Fläche von je 4[_]micr., die Pyramidenftücke c Ce je 13 DJmier., e Cg je 196 []micr. und die den langen Halbmeffer umgebende gCn je 7912 []micr. Die Flächenzu- nahme beträgt alfo in urfprünglich gleichen Partieen das 2?/r-, 7°/r-, 112-, 4521-fache der anfänglichen Ausdehnung, und am hinteren Ende ift fie 1979mal größer als am vorderen. Zerlegt man die Kugel und das Ellipfoid in noch mehr Pyreriän! fo kommen noch andere Verhältniffe heraus. So z. B. bei Fig. 126 ent- fpricht eine Partie vom langen Halbmeffer dem 16.384ften Theil des ur- fprünglich kugeligen Korns, die äußerfte Schicht diefer Parthie enthält 28 [_Jmicr., während an einer gleichen Parthie am kurzen Radius weniger als rn — 1/e56 []Jmicr. enthalten ift. Die Flächenzunahme war alfo am erften Ort 256 X 28 — 7168mal größer. Der Cubikinhalt des jungen Korns beträgt 14 Cub.-micromillimeter, mit- hin beträgt der Cubikinhalt jeder der 16 Pyramiden ı cb.-micr. annäherungs- weife. Der Cubikinhalt im ausgewachfenen Korn: die vier Pyramiden a Cr, cCe,eCg, gCn verhalten fich wie 5:26:749:75.720 cb.-micr. 757209 5 Die Pyramide am langen Radius hat zugenommen, als am kurzen. Die Volumzunahme am hinteren Ende ift 73.800mal größer, als am vorderen Ende c. = 15.144mal mehr Ausdruck ift unabhängig von R. Die Entfernung ift um fo größer, je größer der Wachs- thumsco£fficient (?/a) und um je größer D die Dicke der Schalen ift. Die Radien verlängern fich, wenn das Wachsthum ungehindert erfolgte, von R auf R(r+!ja) R+ D auf (R+ D) (1 + Ja). Setzen wir den Wachsthumsco£fficienten t/a=x, fo wachfen R auf R(r+x), R+Dauf (R+D) (r+x). Der Abftand der Grenzfläche, früher o, ift'nach dem Zuwachs R(r+o)+ D(r+a)— R(r+u)— D=Da. Nun wachfen aber die Kugelfchalen nicht fo, daß fie diefe Entfernung erlangen, denn da fie verwachfen bleiben, erhalten fie die mittlere Ausdehnung beider, welche in e’ i‘ dargeftellt ift, bezogen auf die Lage = i, wenn beide unverbunden gedacht werden. Es bedeute nun Fi, Fe die Mittelflächen der beiden Kugelfchalen, wenn fie in der Lage e i, alfo in Spannung fich befinden, fo verhält fih Fi:Fur = Fa:Fe. Diefe Proportion drückt aus, daß durch die Spannung ‘die innere Schicht ? über den Zuwachs (um ?/a) gedehnt ift und fich in ö befindet, während Fe durch den Zuwachs um ?/a im freien Zuftand in e fein würde durch die Dehnung von i, aber in e’’ ift. Die Ausdehnung von i hat um foviel gewonnen, wie die von e verloren hat. Wie die Kugel- flächen verhalten fich die Quadrate der Radien, mithin: R?:Ri®=Re?: Re undRi:Ruü=Ra:Re; fetzen wir hierin die Werthe R (i+ a) für Ri und Ri‘ + D für Ri, fo erhalten wir R(r + s»):R"= RY"+D:(R+D)(r+a), Per2e), Theorie der Intusfusception und Appofition. ırı Dieß ift aber noch nicht die größte Ungleichheit in der Volümzu- nahme der. verfchiedenen Partieen am Korn. Beim Kartoffelftärkekorn fehen wir, daß die ganze innere Maffe 234mal mehr zunimmt, als die äußere Schicht. Das Cannakorn verhält fich ebenfo. Die Rindenfchicht hat alfo hier bei einer Pyramide am vorderen Ende 234,73800 = 17.269.200mal weniger zugenommen, als diejenige innere Mafle einer glei- chen Pyramide am hinteren Ende, und der Unterfchied in der Volumzu- nahme würde noch beträchtlicher,. wenn wir die äußere Schicht am kurzen Radius mit derjenigen des langen ie a könnten, welche am ftärk- ‚ften fich vergrößert hat. Angenommen, in dem vorliegenden Fall habe an einer Pyramide, welche den 16.384ften Theil des Korns ausmacht, am vorderen Ende die Rindenfchicht von 0,0008 auf 0,0026 cb.-micr. zugenommen, bis das Korn ausgewachfen ift, alfo von ı auf 3,3, die innere Maffe einer Pyramide des hinteren Endes aber von 0,000005 auf 280 cb.-micr., alfo von eins auf 56.000.000, fo ift die Zunahme hier etwa 17.000.000 ftärker, als dort. Angenommen, derfelbe komme von dem Durchmeffer mit 3 micr. in 6 Wochen zum ausgewachfenen Zuftand, fo beträgt der Wachsthumscoöfhcient für die Rindenfchicht während einer Stunde am vorderen Ende 0,001, für die innere Maffe am Verdickungsradius 0,018 für die Stunde. Das Volum am erften Ort wächft in der Stunde von 1000 auf 1001, am zweiten Orte hieraus die Gleichung R# (R” + D):(R+ DJ) (r+ oJ}; R?E+D=(R+D) (i+ a) je b und nach ER lH rs >) Rr=-— 24 Frame Re=+ 2 cz Vı+ (R®-+ RD)(r + o)?; hieraus berechnet fich leicht der Abftand = e‘ und. ii. Wir nehmen diefe als gleich groß an und vernachläfiigen bei geringem Zuwachs die weiteren Differenzen. Die Entfernung der Mittelflächen von e und i beträgt D(r+«), diejenige ihrer Grenzflächen D «, der Abftand der Löthfläche ift fomit = Die Radien der inneren und äußeren us find fomit im Zuftande der Spannung und annähe- rungsweife der innere R(r+«) 1%. ——, der äußere (R+ D)(ı +«) — = Betrachten wir für. die ae zunächft die innere Kugelfchale, deren Radius im nicht gefpannten Zuftand R(r + «), im gefpannten Zuftand R(r +.) + = Der Radius ift alfo durch Spannung um a re es ift dieß der Ausdehnungs- R(ı+«) coefficient der Kugelfchale, [denn wenn 7 die Längeneinheit der inneren Hohlkugel im | 112 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. von Iooo auf 1018 Volumeinheiten. Diefer Unterfchied bewirkt nach {ecke Wochen, daß das erfte Volum 17,000,000mal größer wird, als das zweite. Dieß ergibt fich mit Leichtigkeit aus der Rechnung: die Maffe m des Korns 2 n wächft in den Zeiteinheiten mm (1 +2); m(I-+ ....M(I+ 7 In 1008 Stunden (6 Wochen) verhalten fich die gewählten Orte, da die langfamft wachfende Parthie in der Stunde von 1000 auf 1001, die rafcheft wachfende von Iooo auf 1018 zunimmt, fo dafs die eine in 1008 Stunden von 0,0008 auf 0,0026 cb.-micr., die andere von 0,000005 auf 280,0 T ı+1 2 1008 cb.-micr. heranwächft (alfo 0,0008 (1 + =) — 0,0026, woraus N... 1008 0,0026 I 0 — 1,00II und — = 0,0011. Ebenfo 0,000005 (1 + —. V 0,0008 aı x x IR a2 1008 . ' I 280 BR — 280, woraus I + Sera ee — 1,0178 und mn 0,0178). Würde das Korn, ftatt in 6 Wochen, fein Wachsthum in 3 Wochen (504 Stunden) vollenden, fo würden die Zunahmen fein: Die langfamen Theile von 1000 auf 1002 Volumtheile in der Zeiteinheit, » rafch wachfenden » » I000 » 1036 » ferner » langf: am » » » IO0O0O » IOO5 » für 252 Stunden der » rafch » » » IO0O0O » 1073 » | Wachsthumsdauer. »; langfam » » » I0O00 » 1009 » N 126 Stunden der » rafch » » » IO0O0O » II52 » Wachsthumsdauer. » langfam » » ». IOOO » IOI9 » für 63 St.— 21/2 Tage. » rafch » » » IOOO ».1327 » » DD.» Hieraus ergibt fich, wie oben fchon angedeutet, das Verhältniß im langfam und ftark wachfenden Ort wie ı zu 17 Millionen. ungefpannten, / die im gefpannten Zuftande ift, fo verhalten fich R: RL—= 7: und es a R der Ausdehnungsco£&fhi- Du h Daraus folgt, daß FRGHE R(i+.) cient für den Bogen der Kugelfchale if. Die tangentiale oder Flächenkraft it nun gleich dem Product aus dem Ausdeh- ee Die nt Kraft läßt fich nun aus diefer und der früheren Formel für das Verhältniß der radialen und tan- KD ya gentialen Kraft ableiten; die frühere Gleichung war K = = RR fetzt man hierin für nungs- und Elafticitätscoöfhicienten g, alfo K=g- fo erhalten wir die radiale Kraft 29D?® u D? I "aat+a)R Ge K den Werth 2(1 ll Zn uhr A dh I han Vs 5 4 ad Br $ PETTEE WET. . Theorie der Intusfusception und Appofition. er C. Argumente für die Intussusception. Sieht man zunächft von Hypothefen über die Molecularconftitution ab, fo gelangt man nach einem Ueberblick über die Vorgänge der An- lagerung neuer Zellen durch Appofition zu einer Reihe ganz fchlagender Beweisgründe für die Einlagerung von kleinften Theilchen (Moleculen) zwifchen die vorhandenen kleinften Theilchen, aus welchen der wachfende Pflanzentheil befteht. Das Längenwachsthum der Stämme beruht ficherlich im Groben und von außen betrachtet darin, daß zu vorhandenen Zellen neue hinzukommen, fich anlagern. Ebenfo find die Jahrringe der Bäume durch Appofition ent- ftanden. Jede Zelltheilung aber fetzt voraus, daß die fichtbaren Gewebe Betrachten wir den äußeren Radius, derfelbe ift im nicht gefpannten Zuftand der Schale (R+ D) (r + «) und im gefpannten (R+ D)(r+ ua) — 2 *. Der Ausdeh- Da “ nungsco@fhicient ift fomit 2 ‚ die Flächenkraft fomit wie vorher (R+D)(+a) Du f D® a I KU TRLDGHE die radiale Kraft aber k=g. 2 "TRHIRR+D" Wir haben, indem wir den Unterfchied des Radius der inneren Kugelfchale im natürlichen und gefpannten Zuftande (Ri! — Ri) gleich fetzten dem Unterfchied der Ra- dien der. äußeren Schicht (Re — Ret), jenen etwas zu groß, diefen etwas zu klein an- genommen. Daher zeigt die Spannung, je nachdem man fie aus dem Verhalten der in- neren oder der äußeren Schale ableitet, nicht die gleichen Werthe, jene ift etwas zu groß, diefe etwas zu klein. Beide müffen natürlich gleich fein, wir geben ihnen den der mathematifchen. Ge- nauigkeit nahekommenden Werth: D® u. I I D® u. I ı+« el ToRE+ Ro) ode TER REED Wenn alfo zwei fich berührende Kugelfchalen von gleicher Dicke und gleicher Elasticität um einen gleichen Quotienten in die Fläche wachfen, fo verhält fich die Kraft, mit der fie fich von einander zu trennen ftreben, umgekehrt proportional einer Größe, die dem Quadrat der Radien gleichkommt, wenn D im Verhältniß zu R fehr klein wird, und die Größen nähern fich dem Quadrat der Radien, wenn D zunimmt oder R abnimmt. Spannung im Cylinder. Die Mittelflächen der Cylindermäntel haben die Radien Rund R+ D, es betra- gen dann die Mittellächen 2x LR, 2x L (R+ D), wobei L die Länge des Cylinders bedeutet. Beide Flächen wachfen um -?/a, alsdann werden die Flächeninhalte Fi=2rLR+ arek, Fe=2rL(R+D) + u! EIEIRUHS BE KHLR DAHIN. a a Die Radien haben fich verlängert N. ]J. C. Mürrer, Handbuch 1. 1. 8 114°. III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. “ für kleinfte Theile durchläfig find. In jeder Zelle müffen Vorgänge der Intusfusception herrfchen. Das Splintholz wird zum Kern, nimmt dabei zu an Dichte und Kohlenftoffgehalt, ohne an Volum zu gewinnen. Jede Zelle entläßt gelöfte Theile, nimmt andere dafür auf. Der elementare Vorgang in den verwickelten Proceffen der Ernährung muß darauf beruhen, dafs zunächft gelöfte fefte Theile zwifchen vorhandene fefte kleinfte Theile derjenigen Membranen eingelagert werden, welche an die Medien (Waffer, Atmofphäre) grenzen, aus welchen die Rohnährftoffe eingeführt werden. Aus den. fcharffinnigen Studien Näcemr’s laffen fich die folgenden Argumente zufammenftellen: 1° In wachfenden Stärkekörnern beobachtet man für alle Phafen des Wachsthums, daß das fpäter gefchichtete Korn ftets von einer dichten Außsenfchicht begrenzt ift. 2° Die Schichtung und fonftige Anordnung ift im ausgewachfenen Stärkekorn im Centrum niemals identifch mit der Structur des jungen Kornes. von R auf R+—); (R+ D) auf R(r + —) +Du+—). Der Abftand der Mittelflächen ift jetzt von D auf (? + =) der Abftand. der D Grenzflächen von o auf Afr-+ — -D= E d. h. wenn fie fich trennen würden, gewachfen. Trennen fie fich nicht, findet alfo Spannung ftatt, fo geftaltet fich die Sache fo: Nennen wir Fläche und Radien Fi Ri des inneren, Fe Re des äußeren im unge- fpannten Zuftand, und im gefpannten Fit Rit Fei Rei, fo befteht die Proportion Fi:Fit = Fa:Fe; Ri: Ru‘ = Ra’: Re, und hieraus, indem wir die obigen Werthe wieder einfezen, KN=Rı + —; Re = (R+D) (: es er Re= Rıü £D, bekomm die Proportion die Geftalt: R (: + 2) : R’= (R’ + D):(R+ Dy(: BE 4); hieraus wird die unbekannte R:’ beftimmt: Rü2 + RıaD=(Rı RD) (: + = und Re = + V: + (Re + RD) (+7) fowie D 2 2 Rr=+Z + V ++ RD: +4): Vernachläfligen wir wieder den kleinen Fehler, indem wir gleich fetzen Ri’— Ri D = Re —Re= u welcher Werth die Dehnung von Ri und Verkürzung von Re ausdrückt, fo ift im gefpannten Zuftand das Syftem Ri’ = R(: + =) + 2; Re = R+D ( + ei — 2. Der Ausdehnungsco£ffhicient ift demnach 20° B% 2R(a en ZRa+ Dieß gilt auch für jeden Bogen des Cylindermantels. Theorie der Intusfusception und Appofition. 115 3° Später gefchichtete Körner wachfen zu einem Volum heran, deffen Radius einem Multiplum der Schichtendicke entfpricht, ohne daß die ge- forderte Schichtenzahl vorhanden wäre. Die Schichtung in Schalen ver- fchiedenen Waffergehaltes tritt als eine nachträgliche Differenzirung in be- ftimmter Wachsthumsphafe auf. 4° Die Anzahl der Schichten wird durch wafferentziehende Mittel vermindert, durch Wafferzufuhr vermehrt. 5° In der Stammzelle der Caulerpa wächft die Cylinderwand mit größerer Intenfität, wie der Zellftoffbalken, jene differenzirt fich mit vielen, 20, 50, Ioo, diefer nur mit 3—4 Schichten. Fig. 89. Nach den Anforderungen der Appofition müßte der Zellftoffbalken im Durchfchnitte die doppelte Anzahl der Schichten zeigen, welche in der Cylinderwand abgezählt werden. 6° Aus den Meflungen von NÄceLi (f. oben S. 104 fl. und Fig. 120) ergibt fich in wachfenden Stärkekörnern die größere Maffenzunahme im In- nern des Kornes. D 1 ZR(a+ r) D D eg I RTzRa+ı) za)! R Die Flächenkraft der Spannung ift nun X = Die radiale Compo- nente nach der Formel K = = (f. oben) itnın X = für den inneren Cylinder. Für den äußeren ift er (R+ D) (+ vn ohne und (R+D)(r+ = — 2 mit Spannung. Der Ausdehnungsco£fficient ift mithin D 24 = D (R+D)G +) 2(R+D)(a+ ı) Die durch die Spannung erzeugte Flächen- ? D i ö - z kraft t XÄ=g S(RFD)(GH+ N) Die radiale Compönente ift nach früheren D D Bee 1 R ?z(R+D)(atr) z(a+7) 1 RHRD r 1 D 4 D I 2(@+ 7) der. € RER + Di) OF Z(a+ 7) ee) 2 K= und kann gefetzt werden Die Cylinder verhalten fich alfo wie die Kugelfchalen, d. h. die durch gleich- mäßige Einlagerung bewirkte Spannung wirkt in radialer Richtung mit einer Kraft, die annähernd umgekehrt proportional dem Quadrat der Radien ift. Aus den bisherigen Betrachtungen ergibt fich: ı° daß das Wachsthum im Stärkekorn eine Spannung hervorbringt, welche die Schichten von einander zu trennen ftrebt, 2° daß dann die Kraft, mit der fie fich zu trennen ftreben, um fo größer, je klei- ner der Krümmungsradius ift. Nimmt man in einem kugeligen Korn die Schichtendicken gleich für alle Schich- ten, fo verhalten fich die Kräfte in den Schichten: * g* 116 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Von diefer Theorie der Differenzirung in Schalen verfchiedenen “ Waffergehaltes muß auseinander gehalten werden die Schalenbildung durch Appofition neu entftehender Membranen, welche den älteren Membranen dicht angrenzen, an diefen im Laufe der Entwickelung felbft vorbeigefcho- ben werden können. Dahin gehören die Zellwände der CEdogonien und der Diatomeen (f. oben S. 61. 62). D. Chemische Reactionen der Cellulose und deren Derivate?). Die jugendliche Pflanzenmembran verändert mit der Zeit ihre Tex- tur und chemifche Befchaffenheit. Die chemifchen Procefle hierbei find 1) v. Monr, Botan. Ztg. 1847. — NÄGELI, Sitzungsber. der Münchener Acad. der Wiffenfchaften. 1863. — FREMY, Compt. rend. 1859. — KaBscH, PRINGSHEIM’s .Jahrb. IH. über die chemifche Befchaffenheit der Pflanzengewebe. Schichten, von innen gezählt. Kraft. . Radienlänge. en RE ee OT ns Rn AI TE a 100 Le TEEN TEN ER 25 BE N 4 500 ; I NÄGeELı nahm dabei an, daß das Wachitkuie durch Einlagerung neuer Theile in tangentialer Richtung die Einfchiebung in radialer überwiege. Hypothese über Molecularconstitution. Das Stärkemolecul befteht aus Cio Hıo Oi0. Diefes Subftanzelement zieht das Sub- ftanzelement an, ebenfo aber auch das Wafler. Der Subftanzkern hat eine Wafferhülle. Nehmen wir an, die Anziehung von Molecul zu Molecul der Subftanz fei A und ab- hängig von ihrer Maffe, die Anziehung der Subftanz zum Waffer fei B, dann haben wir De 2 = 5, als Gleichgewichtsgleichung. Hierin bedeute D die Entfernung zweier Subftanzelemente; die Kraft, mit welcher zwei Subftanzelemente fich anziehen, wird direct proportional fein der Maffe (BA) und umgekehrt proportional der Entfernung D. Die Gleichung drückt dann aus, daß die Anziehung zwifchen Subftanz und Waffer höheren Potenzen der Entfernung umgekehrt proportional fei, als die An- ziehung von Subftanz zu Subftanz. Bei der zweiten Annahme, die Kerne feien un- gleich groß, muß ein Kern alsdann ein Complex mehrerer Molecule fein. Es folgt da- raus, daß, wenn diefelben wachfen, die Wafferhüllen dünner werden und die Entfernun- gen zwifchen den Schwerpunkten etwas wachfen. Die weichen wafferreichen haben kleine, die dichten wafferarmen haben größere Subftanzkerne. Hieraus folgert nun NÄceLı, daß in den dichteren Parthieen mit blos 14 %/o Waffer die Kerne nicht kugelig fein: können (für kugelige Kerne bei dichter Berührung werden 26 °/o Waffer verlangt), fondern polyedrifch fein müffen. In der dichten Subftanz von 14 °/o Waffer beträgt die Entfernung zwifchen den Kernen unter allen Umftänden weniger als 1/20 des Durchmeffers eines derfelben, in der Theorie der Intusfusception und Appofition. 117 fo gut wie unbekannt. Von dem Stärkemehl unterfcheidet fich die Zell- membran durch die Jodreaction nicht abfolut. Die jugendliche Zellmem- bran bläut fich mit Jod, wenn eine Säure vorher angewandt wird, welche die Membran auflockert, zum Quellen bringt, z. B. Jodwaflerftoff, Schwefel- fäure. Bei Behandlung mit englifcher Schwefelfäure quillt die Membran, bei Zufatz von Jod bläut fie fich. Reine fäurefreie Jodlöfung erzielt die Bläuung nicht. Die Cellulofe ift nun aber ficherlich ein Derivat des Stärkemehls oder einer Verbindung, welche, je nach Umftänden, in Form von Stärke oder Cellulofe niedergefchlagen wird. Wir müffen uns vorftellen, daß die feften Gebilde, Gewebe und Niederfchlagskörper Gemifche verfchiedener Verbindungen von hohem Moleculargewicht find. Die hauptfächlichen Gemifche diefer Art find dem entfprechend: weichen von 70°]o Wafler weniger als !/a des Durchmeflers und in der weichften von 98 °/o ficher nicht über das Dreifache des Durchmeffers. Wenn in Subftanzen von 14/0, 70°/o, 98 °/o Wafler die Subftanzkerne ähnlich ge- ftaltet und angeordnet find, fo verhalten fich die Durchmefler der Mölecule für 14 0/0 70 0/0 98 Po wie 30 - 10 ; I und die Volume für 14 Jo Wafler 70°/o Waffer 98 %/o Wafler wie 9000 (30)? i 100 (10)3 - ı (7)°. Das Stärkemolecul ift nämlich gleich groß. Der größte Kern enthält fomit 9000 Mole- cule,-während der kleinfte eines enthält. Der Subftanzkern ift undurchdringlich und wächft durch Auflagerung neuer Molecule. jr Das Quellen in Säuren, Alkalien und heißem Waffer ift wahrfcheinlich Folge des Zerfalls des Kerns in Molecule. Bedeutet M die Mafle eines Subftanzkerns, m die Maffe eines Moleculs, fo if Mm 4 { Dp eines Moleculs), D die Entfernung der Schwerpunkte. Da der Subftanzkern und das Molecul gleich dicht find, fo kann die Anziehung auch durch das Volum ausgedrückt die Anziehung zwifchen beiden. A ift die Attraction der Maffeneinheit (alfo werden, alfo Bezeichnet B die Attraction des Stärkemoleculs zu demjenigen vA Dp Maffenelement Waffer, welches gleiches Volum einnimmt, fo ift die Anziehung des Kerns und Moleculs zu den von ihnen verdrängten Waflermaflen EL hieraus die Glei- v A VvB re chung Di — Dr E Diefe Gleichung hat indeß blos fymbolifche Bedeutung und ift überdieß unrichtig. Denken wir uns zwei kugelige Kerne, jeden aus zwei Moleculen von Halbkugelgeftalt fo. gelagert, daß die Molecule in einer Reihe liegen. Die Anziehung ift dann ER wo D den Abftand der beiden Mittelpunkte be- Dp \ i x 4,7 .Dp Br zeichnet. [Aus der Gleichung (fiehe oben) ergibt fich ER GERA Per oder Br 118 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Die Stärke: Gemenge von Granulofe und Cellulofe. Befchränkte Quellung in kaltem, unbegrenzte Quellung in: heißem Wafler. Mit Jod und fchwacher Jodwafferftofflöfung gebläut. Nach der Fermentation mit Speichel ift die Granulofe gelöft, ein Skelett von Cellulofe bleibt zurück. Die Bläuung tritt nicht mehr ein. Die Subftanz der verholzten Gewebe: Gemenge verfchiedener Cellu- lofederivate. Der Kork. Unlöslich in conc. Schwefelfäure. Nach dem Kochen mit Kalilauge tritt die Cellulofereaction ein. Cuticularfchichten und Cuticula: Gemenge in conc. Schwefelfäure un- löslich mit Jod gebräunt (infiltrirt mit Wachs und Harz). Maffe des Flechtenascus: mit Jod direct gebläut, in Wafler befchränkt quellend. Maffe einiger Algengewebe: in kaltem Wafler begrenzt, in heißem Waffer zur Gallert quellend. Fremy unterfcheidet diefe Verbindungen \ * d. h. die Entfernung der Schwerpunkte zweier Molecule ift unabhängig von dem ze; Dg Volum derfelben und blos bedingt durch das Verhältniß der Anziehung .von Stärke zu Stärke und von Stärke zu Waffer. In gleichem Maße, wie die Molecule wachfen, nimmt die Wafferfchicht zwifchen ihnen ab und verfchwindet zuletzt ganz. Wir könnten ftatt D fetzen R+r +8, wo R und r die Radien der Kerne vom Schwerpunkt zur Oberfläche, 5 den Abftand beider Vv A er VvB 4A Air Rare Der Abftand $ wird nur kleiner, wenn R und r größer werden. Er Oberflächen bedeutet, dann hat man I (R+r+B)7 wird = o, wenn R+r= D. Diefe Folgerung ift indeß unmöglich, da die Anziehung von Stärke zu Waffer mit der Abnahme der Entfernung in ftärkerem Verhältniß wächft, als die Anziehung von Stärke zu Stärke.] BR 4A 2 A Die Summe der Attraction der einzelnen Molecule (f. oben) ift (Da) 4 DB + m) no. 2) p, wenn D die Entfernung vom Schwerpunkt des Kerns bis zum Centrum eines der Molecule ift und diefe gegen D verfchwindend klein Wird. Dieß ift aber nicht der Fall, es muß alfo die Summe aller Attractionen aller einzelnen Molecule genommen werden. Sie ift eine Reihe von der Form ' 4 4A 4A 4A Dra’+rorm’+*ormtr rm? Für die Anziehung der Subftanzkerne find B B B B für die Anziehung von Subftanz und Waffe. D + do ift hier die Entfernung von dem Molecul des einen Kerns bis zu dem nächften Molecul des anderen Atoms, es wird in der Regel= Dfen. D+d, D+ dr, D + dn bezeichnen die Entfernung aller übri- gen Molecule je des einen zu den Moleculen des anderen Kernes. Die Zahl der Glieder u Theorie der ‚Intusfusception und Appofition. 119 Cellulofe: löslich in Kupferoxydammoniak, in concentrirter Schwefel- fäure, in kochender Kalilauge. Paracellulofe: unlöslich in Kupferoxydammoniak, löslich in Schwefel- fäure und Kalilauge. Fibrofe (Vasculofe): löslich in Schwefelfäure, unlöslich in Kalilauge und Kupferoxydammoniak. Pectofe der Früchte: mit Kupferoxydammoniak bildet fich pectin- faures Kupferoxyd. Cutine: in Schwefelfäure und Kupferoxydammoniak unlöslich, verfeift fich mit Alkalien. NÄGELI und SCHWENDENER (f. das Mikrofkop, S. 471) unterfuchten die Pflanzengewebe in Hinficht ihrer Löslichkeit (beziehungsweife Quellung), ihres Verhaltens zu Jodlöfung und zur Löfung von Kupferoxydammoniak. Es möge anbei eine Zufammenftellung der Refultate folgen: jeder Reihe ift gleich derjenigen der möglichen Combinationen zwifchen jedem Molecul des einen und derjenigen des anderen Kernes, alfo NN!, wo NN die Anzahl der Mole-: cule der Kerne darftellen. Die Gleichgewichtslage ift alfo durch diefe Gleichung aus- gedrückt: A 4 4A B B Darm tt: Or a ra DZ rer PER Diefe Gleichung ift nur richtig, wenn die Anziehungen alle parallel wirken oder wenn die Abweichungen von der parallelen Richtung als verfchwindend klein angefehen werden dürfen. Dieß ift aber nicht der Fall, daher ift eine Correctur für jedes Glied nöthig. Zwei Kerne mit je zwei Moleculen haben den Abftand D + dm, die Attraction zwifchen beiden ift hiervon wirkt aber, infofern es fich um die Anziehung 4A (D + dm) P der Kerne handelt, die Componente, welche parallel ift mit der Verbindungslinie beider Schwerpunkte. Conftruiren wir, um diefe zu finden, ein rechtwinkeliges Dreieck, wo die Hypothenufe = (D + din), fo ift x? +em?=(D+ dm)! x + V(D + dm)?— em?’ nun verhält fich die Anziehung zwifchen den zwei Moleculen M M! zu der wirkfamen Ns A Componente y, wie die Hypothenufe zu den Catheten, alfo (D+ dm) p:y=D+Hdm: : 4A V(D-+ dm) — em? ; 2 mi AS \ V(D+ dm)? — em? und hieraus y D+rm? D+ dm ; auf gleiche Weife verändern fich alle Glieder der erften und zweiten Reihe. em bezeichnet den Ab- ftand eines Moleculs des einen Kerns von einem Molecul des anderen Kerns. Ift der- yAZE 2 felbe o, fo wird V(D+ dm) "7. Wir fetzen diefen Werth ein und er- D-+ dm halten fomit die Gleichung 120. Löslichkeit. ı° In kaltem Waffer aufquel- lend, in kochendem gelöst: Pflanzenfchleim: Salep. Cacteen. Cydonia. Linum. Salvia. 20 Löslich in SO4H und in Cuoxam: Baumwolle. Baftfafer der Bäume. Perifperm von Phyt- elephas. 3° Löslich in conc. SO4H, un- löslich in Cuoxam, wird aber löslich durch vorherige Behandlung mit CIH oder SO4H und Alkalien: Mark. Markftrahlen d.Hölzer. 4° Löslich in SO«H, unlöslich in Cuoxam, wird in letzte- rem löslich durch vorher- gehende Behandlung mit chlorfaurem Kali und Sal- peterfäure (SCHULTZE’fche Löfung). Holzzellen von: Pinus, Quercus. Taxus. Steinzelien der Birne, ebenfo imMarkv.Hoya. Bläuung mit Jod. ı° durch Jod und Waffer allein: Flechtenascus. 2° durch Jod und Waffer allein, nicht erft durch Ein- wirkung eines die‘ Quel- lung bewirkenden Mittels, wie JH,CIH,SOsH. a) Bläuung tritt ein nach längerem Liegen in der Jod- löfung, welche JH bildet und fauer reagirt: Samenlappen: Hymenzxa Curbaril. . Mucuna ureus. Endofperm: Gladiolus. Iris. Cyclamen. b) Bläuung tritt ein nach mehrmalig. Eintrocknen des Präparates in Jodlöfung: Dünnwandiges Rinden- parenchym der mei- ften Pflanzen. c) Bläuung tritt ein bei gleichzeitiger Behandlung mit J + SOsH conc. Aeltere Parenchymzellen. Innerer Theil der verdickten Holzzelle: Pinus, : Abies, Hanffafer. 30° Bläuung tritt ein nach Behandlung mit NOsH, Auswafchen, mit Jöd und III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Verhalten gegen Kupfer- oxydammoniak. ı0 Weder Färbung noch - Quellung. Oscillatoria viridis. Flechten. Kork. Zellftoffkeulen der Fi- cuscyftolithen. 2° Färbung ohne Quel- lung: Caulerpa. Fucus. Holzzellen von: Quercus, Taxus, . Pinus. 3° Zuerft Bläuung, dann Quellung: Die meiften Algen. Holzzellen von Acer vitis. Alle Parenchym- und Epidermis-Zellen. 4° Zuerft Quellung, dann Löfung: Baumwolle, Baftfafern, Phytelephas Perifperm, II Afo Afı ATI Bf er Dar Dat Dr Bfn + at Bft p+4+ DwımPt In diefer allgemeinen Gleichung ftellen A und B unverwan- delbare Werthe dar, während f, D und d von der Zahl und Stellung der Atome in den Moleculen bedingt werden. Afo 238 oder (D-+ do) 2. = (Drdpte Dp Befteht der Kern aus einem Molecul, fo hat man BER Deptas' Denken wir uns zwei Kerne, jeden mit zwei Moleculen, fo ift die Bedingung für die Gleichung: Theorie der Intusfusception und Appofition. 121 - Löslichkeit. z ‘ Bläuung mit Jod. ‘| Verhalten gegen Kupfer- Baftzellen der Rinde. SO4H. Alle Zellen im In- oxydammoniak. » » Chinarinde.| neren der Pflanze, welche Zellgewebe der Früchte Spiralfafer der Mamillaria.| fich durch J und SO4H und Wurzeln. Pilz- u. Flechten-Hyphen.| allein nicht. bläuen: die fogen. primäre Mem- bran und Intercellular- fubftanz der Holzzelle und Gefäße; die braunen Gefäßbün- delfcheiden der Far- renkräuter. 4° Die J- und SOsH-Bläu- ung tritt erft ein nach vor- herigem Kochen in Kali und: Kork, Cuticula, | Periderma. $ 17. Molecularstructur der Membran und der festen er Niederschläge '). Alle pflanzlichen, ja alle organifchen Häute und feften, nicht kryftal- linifchen Niederfchläge kommen darin überein, ‘daß fie nicht homogen elaftifch und dicht find. Die Folge davon ift, daß fie die Molecularbewegungen, welche von außen durch ein Syftem von Zellen hindurchgehen, Wärme, Electricität, auch den Schall, nicht nach allen Richtungen gleichfchnell fortleiten. Aus der Leitungsgefchwindigkeit, welche experimentell für folche Gewebe be- ftimmt wurde, kann man indeß nicht direct auf die Widerftände in den einzelnen Zellen fchlieffen, da in dem Gewebe in verfchiedener Richtung eine Verfchiedenheit in der anatomifchen Structur herrfcht, welche an fich fchon eine ungleiche Anzahl von Membranen für gleiche Länge der Bahn in verfchiedenen Richtungen mit fich bringt. 1) H. von Mont, Die Unterfuchung des Pflanzengewebes mit Hilfe des polarifirten Lichtes. Botan. Ztg. 58. S. 9. (373-) 93. Einige nachträgliche Bemerkungen zu dem Auf- fatze: Die Unterfuchung des Pflanzengewebes mit Hilfe des polarifirten Lichtes. 373. Bo- tan. Ztg. 58. H. von Mohr. r Ban > AR de Be 5, Bf (D+do)P (D+dı)p (D+d) (D+dP (D+dpta (D+dypta r Bfa Bf (D+ap+ı T TDrapre’ 122 11I. Wachsthumserfcheinungen der Membran. A. Geschwindigkeit der Leitung des Schalles im Holze. Längsrichtung Querrichtung parallel fenkrecht zu Fafer| fenkrecht zur Fafer, der Fafer. und Jahrring. | parallel den Jahrringen. Eiche 12,622 5,0366 4,229 Kiefer 15,218 4,382 2,572 Tanne 10,900 4,611 2,605 Afpe 16,677 5,297 2,987 Wärmeleitung im Holz!). Die Zahlen find gleich der Ablenkung der Magnetnadel im Galvanometer bei gleicher Lage des Holzftückes, welches zwifchen der Wärmequelle und der Thermofäule eingefchaltet ift. Senkrecht zur Senkrecht Parallel der Fafer./Fafer, parallel den) zu Fafer und ar Jahrringen. Jahrringen. Piche 7; > 34 9,5 Il ‘ Buxbaum . 31 EG 12 Nußbaum . 28 II 12 Sandelholz. > 8 10,9 II tlmessica ı 24 10,0 I1,O B. Verhalten im polarisirten Lichte ?). Die Doppelbrechung und Polarifation des Lichtes in organifchen Membranen und nicht kryftallifchen organifchen Niederfchlägen gewähren einen Einblick in die Molecularftructur der Einzelzelle, der Membran- - 1) TynDALL, Wärme, überf. von HELMHOLTZ. S. 280 ff. Braunfchweig. Vieweg und Sohn. 1867. 2) H. v. Mour, Bot. Ztg. a. a. O., f. oben S. ı21. — VALENTIN, Unterfuchungen der Gewebe im polarifirten Licht. Leipzig. Engelmann. 1861. — C. NÄGELI u. $. SCHWEN- DENER, Das Mikrofkop, 'Theorie und Anwendung. 1867. Leipzig. W. Engelmann. — C. NäceLı, Beiträge zur wiffenfchaftl. Botanik. 4 Hefte. 1858—68. Leipzig. W. Engelmann. N. J. C. MüLter, Bot. Unterf. I. Bd. S. 132 ff., ebend. S. 206 fl. fallen die vier Molegule in eine Linie, fo ift die Gleichung A 24 A En 2B B Dy + or + Dr — Doti * (Drspr: * (Drasptr d drückt die Entfernung der Molecule in dem einen und dem anderen Kern aus. Es folgt aus diefer Abhandlung, daß mit, dem Heranwachfen der Subftanzkerne die Anziehung für Waffer finkt. Große Kerne, welche aus zahlreichen Stärkemoleculen zu- fammengefetzt find, werden eine dünne Wafferhülle befitzen, wie kleine Subftanzkerne. Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 123 lamelle und’ des Niederfchlagsindividuum, welchen die Meflungen unter A nicht zuließen, weil die experimentellen Schwierigkeiten, in der Kleinheit der Zellen begründet, nicht überwunden werden können. Zu diefen Studien ift ein praktifcher Curfus unerläßlich. Der Inte- reffent wird,. ausgerüftet mit einem guten Polarifationsmikrofkop (f. NÄGELI und SCHWENDENER, Das Mikrofkop), befchaffen müffen: dünne Glimmer, Gyps, Kalkfpathplättchen, einen dünnen Gypskeil und eine größere An- zahl von natürlichen Membranpräparaten: Durchfchnitte durch die Hölzer, Epidermis der Alo&, Haare, Fafern, Stärkemehl, Inulinfphäroide der Dahlia- knolle, Schraubenbänder der Gefäße und Tracheiden. Künftliche Mem- branen mögen hergeftellt werden, indem man Stärkekleifter (S), ebenfo Tra- ganth-(T)fchleim, Collodium (C) auf Glasplatten erhärten läßt. Man ftelle ferner her: Membranlamellen, welche auf Objectträgern erhärtet und durch wechfelnde Schichtung entftanden find, aus S, T, $S, Tu. f. f,, aus S, C, $....,aus T,C, T.... Endlich tauche man kleine Wachskügelchen, welche an einer Nadel aufgefpießt find, abwechfelnd in $S, C, C, T u. f. f., und ebenfo ftelle man Röhren aus diefen künftlichen Membranogenen her, indem man ganz dünne Grashalme in die Flüffigkeiten S, T, C taucht und um das Mo- dell trocknen läßt, bis eine merklich dicke cylindrifche Membran entftanden ift. 2 1. Versuche mit dem Doppelspath. Bei gewiflen kryftallinifchen Körpern ändert fich die Lichterfcheinung eines durchgehenden Strahles je nach der Lage des Körpers zum einfallen- den Strahl. Der Kalkfpath z. B. kryftallifirt im hexagonalen Syftem, er ift ein Rhomboöeder, und die optifche Axe ift die Hauptaxe des Kryftalls, fie ver- bindet zwei gegenüberliegende ftumpfe Ecken. Alle Ebenen durch die kurzen Diagonalen zweier gegenüberftehenden Rhomben find Hauptfchnitte. Läßt man einen Lichtftrahl parallel der optifchen Axe durch den Kryftall gehen, fo erleidet derfelbe keine Veränderung. In diefer Richtung verhält fich der Kryftall wie ein ifotroper Körper. Der Lichtftrahl aber wird in zwei Strahlen zerlegt, wenn er auf’eine Rhombenfläche fenkrecht auffällt. Die Ebene, welche durch beide Strahlen gelegt werden kann, liegt im Hauptfchnitt. Man nennt denjenigen der beiden Strahlen den ordentlichen, der fo durch den Kryftall geht, wie wenn diefer ein ifotroper Glasrhom- bo&der wäre; der andere, der fogenannte extraordinäre, ift gegen feine ur- fprüngliche Richtung im Hauptfchnitt verfchoben. Sei \/ eine Figur auf weißem Papier. Wird auf diefes der -Kryftall mit einer feiner Rhombenflächen gelegt, fo fehen wir \/ \, das eine - derfelben dreht fich und macht alle Lagen durch um das andere herum, wenn wir den Kryftall drehen. 124 “III. Wachsthumserfcheinungen der Membran, Bezeichnen wir den ordinären Strahl mit \/, den extraordinären mit \/'; fo hat letzterer je nach der Stellung des Hauptfchnittes bei einer Drehung des Kryftalls um den einfallenden Strahl als Axe folgende Lagen: Fig. 128. Der Hauptfchnitt ift bei diefer Drehung des Kryftalls (von rechts nach links) leicht zu erkennen. Er geht von der Ecke « nach der sut{prechene den, welche unter ß liegt. Fıc. 128, Legt man einen zweiten Kryftall fo, daß er mit feinem Hauptfchnitt dem des erften parallel ift, fo beobachtet man bei der Drehung derfelben um den Strahl als Axe folgende Erfcheinungen: 44 Wir fehen, wenn die Kryftalle parallel liegen, Fig. 129 A, 1, daß dann keiner der beiden aus dem erften in den zweiten eintretenden Strah- len durch den zweiten Kryftall zerlegt wird. Verfchieben wir den Haupt- 135° 180° Fıc. 129 A. Zur Analyfe der hier einfchlägigen Phänomene kann man zunächft die Rotation eines Kalkfpathes um einen Stra als Axe, fodann aber auch die Rotation eines folchen Kryftalles a B’ um einen gleich dicken & ßB, welcher bezogen auf d Strahl \Y feftliegt, anwenden. Bei diefer Drehung nach ı2 (45 0) findet eine Uebertragung beider in dem feftliegenden gebrochen: Strahle in den zweiten Kryftall ftatt. Bei einer Drehung 13 um 90° wird nur der extraordinäre in «‘ ß’ durchgelaffen. einer Drehung um 1800 (ı nach 5) wird hingegen nur der ordinäre:Strahl durchgelaffen. Man nennt den gewöhnlichen St: im Hauptfchnitt & B, den außergewöhnlichen fenkrecht zum Hauptfchnitt polarifirt. Das Schema zeigt dann die Brechung ur den Durchgang von V und W, und da fih \Y \/ leicht, bezogen auf den Ort c, orientiren laffen, die Lage der Brechur ebenen für \Y und \V.. Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 125 fehnitt des zweiten Kryftalls um 45°, fo werden die beiden einfallenden zerlegt, Fig. 2. Schlieffen die Hauptfchnitte Winkel von 90° ein, Fig. 3, fo geht nur der- extraordinäre durch den zweiten Kryftall. Daraus geht im Vergleich mit Fig. 5 hervor, daf die Schwingungen des extraordinären Strahls fenkrecht zum Hauptfchnitt ftehen. Bei 135° gehen beide, bei der Stellung von 180°, Fig. 5, geht nur der ordinäre Strahl hindurch. Bis auf die Richtung der Verfchiebung entfprechen fich dann weiter: Figur 6 und Figur 2, Ei a Se » 8 » » 4 in dem Holzfchnitte Figur 129 A. Das Licht erfährt in dem erften Kryftall eine Veränderung, welche darin befteht, daß es fich nicht mehr allfeitig um feine Fortpflanzungs- richtung gleich verhält. Der zweite Kryftall ift in feinen kleinften Theil- chen fo .befchaffen, daß er die neue Eigenfchaft des aus dem erften kom- menden Lichtes verräth. Wir fchließen aus den Erfcheinungen, daß das Licht im erften Kry- - . ftall den zweiten nur in einer Lage unverändert durchfetzt, Fig. 129 A 1. Hier wirkt aber der zweite Kryftall nur wie eine Verdickung des erften. In zwei anderen Lagen, Fig. 2, 6 und 4, 8, gehen beide Strahlen, der ordentliche und der außerordentliche, in den zweiten Kryftall und werden in diefem nochmals zerlegt. Als ordentlicher Strahl geht das Licht nur in einer Lage durch den zweiten Kryftall, nämlich wenn die Ebene, welche wir durch \/ \/ legen, parallel fteht zu der Ebene des Hauptfchnittes im zweiten Kryftall. Der Hauptfchnitt ift die Polarifationsebene des ordentlichen Strahles. In zwei Lagen, Fig. 3 und 7, ftehen die Hauptfchnitte fenkrecht und nur der extraordinäre des unteren Kryftalls geht durch den oberen. Wir fagen daher: der extraordinäre ift in einer Ebene polarifirt, welche fenkrecht zum Hauptfchnitt fteht. Steht der Hauptfchnitt des zweiten Kryftalls zu demjenigen des erften fenkrecht, fo geht der or- dentliche Strahl im erften nicht, der außerordentliche im erften aber als ordentlicher durch den zweiten Kryftall, d. h. er wird zerlegt wie der ur- fprüngliche Strahl im erften Kryftall. Bei der Annahme, das Licht beftehe in Transverfalfchwingungen, müffen dann die Schwingungsebenen der beiden Strahlen im erften Kryftall fenkrecht zu einander ftehen. Young und FresneL nehmen an, die Schwingungsebene falle mit der Polarifationsebene nicht zufammen, dann gehen die Transverfalfchwingungen des extraordinären Strahls in dem Hauptfchnitt, die des ordinären in einer dazu fenkrechten Richtung vor fich. 126 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Polarifationsapparat. Um nun einen polarifirten Strahl in’s Gefichtsfeld eines opttlchen In- ftrumentes zu laffen, wird ein Kalkfpathrhomboeder fo gefchliffen, daß die Flächen a bc d und a’ b‘ c' d’ fenkrecht zu bb‘ dd‘ ftehen, aber X von 68° mit den Kanten cc‘ und aa‘ einfchließen. Hierauf wird das fo erhaltene Prisma durch eine Ebene in zwei Stücke gefägt, welche fenkrecht auf den Schlifflächen abcd und a’ b‘c’d‘ und fenkrecht auf dem Hauptfchnitt bd d' b‘ fteht. Parallel der letzten Schnittfläche werden die beiden Stücke mit Canadabalfanı zufammengeklebt. Der ordentliche Strahl erleidet bei der Canadabalfamfläche eine totale Reflexion und wird an der gefchwärzten Wand der Faffung verfchluckt. Mit zwei folcher Prismen [Nıcor’fche Prismen]!) ftattet man ein Mjkrofkop aus und behandelt die Phänomene, welche bei gekreuzter Stellung beider Polarifationsebe- nen beobachtet werden. Ifotrope Körper find dann im Gefichtsfeld dunkel, anifotrope hell?). 2. Isotropie und Anisotropie ?). Der Gegenftand, welcher jetzt zu behandeln ift, verdient deßwegen ein grolses Intereffe, weil er opti- fche Eigenfchaften behandelt, die allen organifchen feften Häuten zukommen, den thierifchen fo- wohl, wie den pflanzlichen. Es mögen hier nun, ehe zur Theorie der Phä- !) Nıcor, Lehrer der Phyfik in Edinburgh. (1768— 1851.) 2) Die Literatur, welche in den nachfolgenden Abhandlungen benutzt ift, findet fich in A. BEER, Einleitung in die höhere Optik. Braunfchweig bei Vieweg. 1852. — WÜLL- NER, Lehrbuch der Experimentalphyfik. Bd. I. Leipzig. Teubner. 1853. — MÜLLER (-PovitLLer), Lehrbuch der Phyfik. Bd. I. Braunfchweig. Vieweg. 1862. — NÄGELI, Bei- träge zur wiffenfchaftlichen Botanik. Leipzig. Engelmann. 1858. 3. Heft. — NäÄGeLI und SCHWENDENER, Das Mikrofkop. S. 292 ff. Leipzig. Engelmann. 1867. ®) Huighens’ Princip und Snell’sches Gesetz. Die theoretifche Phyfik lehrt die Lichterfcheinung als die Bewegung eines unendlich sin. i Fıc. 131. PN N, dc) alien Bi a ZN Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 127 nomene gefchritten wird, zunächft die Beobachtungen abgehandelt werden, welche zum Verftändniß der Theorie unerläßlich find. Ifotrope Körper, -d. h. folche, in welchen das Licht fich nach allen Richtungen mit gleicher Gefchwindigkeit fortpflanzt, find:..das gleichmäßig abgekühlte und erftarrte Glas, alle Flüffigkeiten, alle Kryftalle des regulären Syftems. Anifotrope Körper find alle Kryftalle der übrigen Kryftallfyfteme, alle organifchen Membranen, Zellgewebe, alle fphärifchen feften Nieder- fchläge in der Pflanzenzelle, Aleuron, Amylum, die Inulinfphäroide u. a. m., endlich alle künftlichen Membranen, welche unter dem Einfluffe der Adhä- fion oder unter Zug-, beziehentlich Druckkräften aus einem flüfligen Colloid erftarren. Solche Membranen können hergeftellt werden aus Collodium, Traganthfchleim, Gummi arabicum, aus Leim und Stärkekleifter, aus Kirfch- gummi, Salepleim u. a. m. Alle diefe Körper reagiren im Polarifkop. Die optifchen Phänomene find aber fo mannigfach, daß eine Analyfe derfelben am beften von den einfachften Erfcheinungen am dünnen Kryftallplättchen ihren Ausgang nimmt. Befchränken wir hierbei die Zahl der Beobachtungen auf das geringfte Maafß. feinen Körpers, des Aethers. Die Richtung, in welcher eine kugelige Welle in diefem Körper fortfchreitet, ift der Strahl. Senkrecht zu diefer ftellen wir uns undulatorifche Bewegungen. der kleinften Aethertheilchen vor. Bei der Brechung des Lichts, von welcher Erfcheinung aus die Doppelbrechung verftanden wird, haben wir die Beziehung zwifchen Ablenkung und Lichtgefchwindigkeit feftzuftellen. Sei A 4‘, Fig. 130, ein Theil einer kugeligen Welle (mit der Gefchwindigkeit v), die auf das Medium MM auftrifit. In A wird zuerft eine Welle im Medium M M erregt, die fich mit der beftimmten Gefchwindigkeit v’ durch dasfelbe fortpflanzt. Da die Strecken, durch welche fich die Lichtbewegung fortfetzt, fich wie die Ge- fchwindigkeit verhalten, fo wird fich der Weg im einen Mittel (4° B) zum Weg im an- deren Mittel in derfelben Zeit verhalten, wie v: v’, und es ift: Ar = AB. v AB aber ift der Sinus des Winkels 9, Ar der Sinus von 9‘, mithin sin y' = sin 9 —; hieraus ergiebt fich: 5 sing _ v no Ww Da nun für die gegebenen Medien die Gefchwindigkeiten v und v* conftante find, fo muß das Verhältniß der beiden Sinus auch conftant fein, unter welchem Winkel auch die an- kommende Welle das Medium trifft. It nun beim Uebergang aus dem einen Mittel in’s andere die Quadratwurzel aus. TE Enz fich der gebrochene Strahl dem Einfallsloth, Fig. 131; ift dagegen. V rn größer, fo entfernt er fich. der Elafticität durch die Dichte für letzteres kleiner, wie für’s erfte, fo nähert 128 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran, 3. Verhalten dünner Gypsplättchen. Erfter Verfuch. Wenn die Polarifationsebenen, beziehentlich Schwingungsebenen der beiden Nicols fich unter rechtem Winkel kreuzen, das Gefichtsfeld des Mikrofkops dunkel erfcheint, legen wir ein dünnes Gypsplättchen, Fig. 132, welches wir aus dem Marienglas abfpalten, in das Gefichtsfeld und drehen dasfelbe um die optifche Axe des Inftrumentes. Das Plättchen erfcheint dann in feiner Interferenzfarbe viermal hell und viermal dunkel. Diefes Phänomen wird ohne Weiteres verftändlich aus dem Verhalten der beiden Nicols felbft. In dem unteren Nicol gehen alle Schwingungen nur nach einer, in dem oberen gehen diefelben alle nach der dazu fenkrechten Richtung. In dem Plätt- chen entftehen ebenfalls zwei zu einander fenk- 7;.. 132. Gypsplättchen recht fchwingende Strah- ge Fekgel rar len. Daher muß dasfelbe z Axe der kleinten Elafi- bei feiner Drehung in _ dem Inftrument viermal in die Lage ge- rathen, wo es lediglich wie eine Verdickung der Kryftallmaffe der beiden Nicols wirkt, ‚Ap, Fig. 135. Diefe Stellung nennen die Polarifationsmikrofkopiker die orthogonale. Fıc. 133: Aus der Behandlung der Wellenbewegung in feften, elaftifchen Körpern ergibt fich | e 4’ wegung ift der Quadratwurzel aus der Elafticität direct, derjenigen aus der Dichte um- gekehrt proportional. In dem Glas ift, wenn dasfelbe allfeitig gleichartig erftarrt, die Begrenzungsfläche einer von einem im Glas befindlichen leuchtenden Punkt ausgehenden Welle eine Kugel. Bei ifotropen Mitteln ift die Brechung eines einfachen Strahls, wie oben gezeigt, immer dem Gefetz unterworfen, daß ; sin 9 sin g' wie mian das Licht auch auffallen laffen mag. 5 Anders bei den Kryftallen, z. B. Kalkfpath, hier ift nun in einer Richtung (der sin @ (f. Elafticitätslehre) ce = C d.h. die Fortpflanzungsgefchwindigkeit der Lichtbe- =. GoBsh, Axe) r = Const., in allen anderen veränderlich. sin Berechnet man bei verfchiedenen Kryftallen für alle Einfallswinkel das Verhältniß sr und hieraus die Fortpflanzungsgefchwindigkeit, fo findet man in verfchiedenen Kryftallen die Wellenfläche für den extraordinären Strahl als ein zweiaxiges oder als ein 1 f. Mechanik EI =v IF: j Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 129 Jedesmal, wenn das Plättchen bei feiner Drehung von einer ortho- gonalen Stellung nach der nächften übergeht, leuchtet es in feiner Inter- ferenzfarbe. Die gröfste Lichtintenfität erhält es, wenn es den halben Weg von einer orthogonalen Lage zur zweiten erreicht hat, wenn feine Polari- fations-, beziehentlich Schwingungsebenen Winkel von 45° mit denjenigen der Nicols einfchließen. Diefe Stellung wird die diagonale genannt. Fig. 133, adbec. Beachten wir nun, daß- das Plättchen bei feiner Bewegung einen Ring befchreibt, welcher überall gleich dick mit der Kryftallmaffe ausge- füllt ift, fo muß diefer Ring das Phänomen des Polarifationskreuzes zeigen. Er befitzt vier helle Quadranten, welche durch vier dunkle Radien von einander getrennt find. Denken wir uns diefe Scheibe bei fonft unverän- derter Lage aller Theile des Inftrumentes in ihrer eigenen Fläche rotiren, dreiaxiges Ellipfoid, die des ordentlichen Strahls ift eine Kugel. Das Ellipfoid ift nun zur optifchen Axe zu orientiren. Wellenbewegung. Wir haben die Aufgabe, eine Gleichung für die Bewegung eines Punktes zu finden, welche uns den Ort und die Bewegungsgröße des Punktes ergibt. Dabei wird vorausgefetzt, daß die Kraft im Punkt proportional feiner Entfernung von der Gleichgewichtslage fei. Ift diefe Kraft im Abftand y von der Gleichgewichts- lage % und p eine Conftante, fo ift ig Das negative Zeichen deßhalb, weil der Punkt fich der Richtung entgegen zu bewegen ftrebt, in welcher er aus der Gleichgewichtslage entfernt wurde. It K die Befchleunigung durch '), m die Maffe des Punktes, fo ift ER; . m” und ift 9 die Befchleunigung im Abftande y, fo ift ee Daraus geht hervor, daß die Amplitude ohne Einfluß ift auf die Dauer einer Oscilla- tion, denn mit dem Abftand wächft die Gefchwindigkeit. Bedeuten « Amplitude, 7 Schwingungsdauer, t Zeit für die Bewegung aus der Gleichgewichtslage nach dem Orte y, fo ift nach der analytifchen Mechanik | y-asnın m und wenn wir ‘die Gefchwindigkeit für den Punkt fuchen, müffen wir y differenziren dt gs T vn co2 ER € = T Tr ne B cos 2rn "Fr f 9 „dv ’ Die Befchleunigung ift Teen nr sin 2r . worin ER Le 4m. K = BAT gr ik. N. J. C. Mürrer, Handbuch I. r. 9 x 130 . II. Wachsthumserfcheinungen der Membran. fo ändert fich die Lichterfcheinung in keiner Weife. Die Lage der hellen Quadranten und des dunkeln Radienkreuzes bleibt diefelbe. Genau fo würde fich ein Ring verhalten, den wir befchreiben mit demfelben Gypsplättchen, indem wir eine oder die andere feiner Diagonalen als eine fefte Axe, als Leitftrahl benutzen, welcher das Plättchen um den Mittelpunkt ‚eines Kreifes führt, in welchem der Leitftrahl drehbar gedacht wird. Zweiter Verfuch. Wir können den Leitftrahl einmal in die Diagonale der ftumpfen Winkel an unferem Gypsplättchen legen, den vor- befchriebenen Ring herftellen, fodann aber einen zweiten Ring befchreiben, indem wir den Leit- ftrahl in die Diagonale der fpitzen Winkel legen, Fig. 134. Fr. 134. Das Polarifationskreuz, aus zwei rotirenden Gyps- De det Pi RE ber kryfiallen confruirt, welche Weiß oder Bläulichweiß der erten Anordnung des Inftrumentes ae a werden beide Ringe genau die- Der Punkt it nchy =usin2xr = in der Gleichgewichtslage, wenn y = 0, t=1b Vi=ı1T, i=bs , t= WAT. Ry=- ou, ctS(tie We Wo Der Punkt ift im Wellenberg nach der einen Seite. y=— ,t=®4T, "ı T, HAT, - Der Punkt ift im Wellenberge nach der anderen Seite (Fig. 135). AT 14T 7-0 4 ? Ar: 2 4% N 1 A Ya £ 2 % ‘2 Y-0., ir | ER S a ee AT 14T PiG.135; e- Die Oscillationsdauer T ift aus einer der Gleichungen 2r an x y' Th = ———2t Er aa in VK Vz “Ve 4x |, |) für das Medium m eine conftante. ° | S Der Aetherpunkt. oscillirt zwifchen « «' (C, Fig. 136, ift = _/. feine Gleichgewichtslage), nach !/ıa 7 der Oscillationsdauer ift er = in y‘. Der Kreisumfang ift in 12 Theile getheilt und bedeutet die 2 Dauer der Oscillation T. Fıc. 136. Die Cosinus der >& find dann die Gefchwindigkeiten nach a a Zu al Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 131 felbe optifche Reaction zeigen, wiewohl doch ihre moleculare Structur wefentlich verfchieden if. Um den Unterfchied in der molecularen An- ordnung zu ftudiren, beachten wir zunächft das Folgende: Die Interferenzfarben an der Schneide eines Gypskeiles find in dia- gonaler Stellung derfelben für die erfte Ordnung Eifengrau, Graublau, Weiß, Gelb, Roth und für die zweite Blau, Grün, Gelb, Roth. Mit Leichtigkeit kann man nun ein folches Gypsplättchen von der Dicke a b, Fig. 140, fpalten, welches die Interferenzfarbe Roth I in dia- gonaler Stellung zeigt. Ein | folches Plättchen legen wir auf den unteren Nicol einmal für allemal feft. Wir fpalten = R nun ein zweites Plättchen, er a} Dolh ta welches, zu dem erften ad- N 5 Fıc. 137. Gypskeil. Schematifch. Die durch die drei Klammern dirt, die Interferenzfarbe Blau bezeichneten Dicken ergeben Gelb, Roth I, Blau 11. IIter Ordnung, vom erften Plättchen fubtrahirt, Gelb Iter Ordnung ergibt. Diefes Additionsplättchen zeigt aber für fich allein im Polarifkop und in diagonaler Stellung etwa Bläulichweiß der erften Ordnung. Führen v=Bßocos2r a und die Sinus find die Orte, in denen fich der Punkt befindet. T 5 5 Nach y' = «u sin2r rn ergibt fich alsdann aus den trigonometrifchen Functionen: v=0 y= a für = il Se = » » — ® By R T u v0 y=-—a» RR 8a T ’ 1; vap$ß y=o» 77: Optifch einaxige pofitive Kryftalle werden diejenigen genannt, bei welchen die optifche Axe mit der Axe eines fla- chen Rotations-Ellipfoids zufammenfällt, 4 A, Fig. 138. Fıc. 138. Optifch einaxig pofitive ; BREITEN ; Wellenfläche. AA optifche Axe. Die Gefchwindigkeit der außerordentlichen Strahlen "* " sage ift hier größer wie die der ordentlichen. Der nz sin i s F Brechungsexponent ge der ordentlichen ift größer als der der außerordentlichen (Kalkfpath). Das Ellipfoid der Dichte aber if nach c= a C das reciproke Elafici- tätsellipfoid der Subftanz. Optifch einaxig negative Kryftalle zeigen A die Wellenfläche der beiftehenden Fig. 139. Die . RENTEN ive Wellenfä 16. 139. ifch einaxig negativ ellenfläche. Gefchwindigkeit der ordentlichen ift größer als Rn AA optifche Br EEE i 9* 132 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran, wir nun mit diefem Plättchen jene beiden Rotationen aus, während ABCD, das rothe Plättchen, in diagonaler Stellung feftliegt, fo erhalten wir zwei Ringe. Im inneren fteht die Diagonale der ftumpfen, &, im äußeren Ring fteht die Diagonale der fpitzen Ecken im Leitftrahl, ß, Fig. 140. Drıtter.V eriuch x Wir legen nun auf dasfelbe Plättchen ABCD, Fig. 140, einen‘ Glasring, welchen wir von einer 3—4 mm dicken Glasröhre abgefpalten ar. ER % . a ee BRAD ‚ PRO e FEW Er AT Bule FEN S X RE DEN era N AREISER H AA PER ER RE IBERTEN DEE Fıc. 190. ABCD if ein Gypsplättchen von Roth I. cität. Im inneren Farbenring rotirt ein Gypsplättchen Bläulichweiß erfter Ordnung & oder ein in Richtung der Pfeile com- primirtes Glaswürfelchen b. Im äußeren Farbenring rotirt ein gleiches Gypsplättchen in Richtung der Pfeile « comprimirt if. 1, 2, 3, 4 die Lage der Elafticitätsellipfen im feftlliegenden Gypsplättchen zu den- jenigen des rotirenden. Im äußeren Ring haben diefe die umgekehrte Lage, in allen diefen Quadranten aber fchneiden fich die ungleichnamigen Elafticitätsaxen unter rechtem Winkel oder fie fallen zufammen, 7, 3 innen, 2, 4 außen. In den mit Z, II, III, IV bezeichneten Stellen fchneiden fich die Elafticitätsellipfen unter Winkeln von 45°. die der außerordentlichen (Bıor 1814). Der Brechungsexponent der außerordentlichen ift größer als der der ordentlichen Strahlen. AA ift die optifche Axe, das innere Ellip- foid ift das Ellipfoid der Dichte. Das Ellipfoid der Elafticität liegt umgekehrt, die große Axe fenkrecht zu AA. N Die Lichtbewegung fteht nun, wie nachweislich, in enger Beziehung zur Elafticität. Denken wir uns einen elaftifchen Stab von elliptifchem Querfchnitt, fo werden zu- G if die Richtung der größten, g die Richtung der kleinften Elafi- oder ein Glaswürfelchen, welches TO dar ei RE Wo a A Allie en ae N a 2 Zu 0 Hy 1 a „> air Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 133 haben. In demfelben erfcheinen die Additions- und Subtractionsquadranten genau fo vertheilt, wie unfere Figur 140 zeigt. Es geht daraus hervor, daß der Glasring ähnliche Spannkräfte befitzen muß, wie die Kryftallmaffe des Gypfes felbft. Dief3 beruht darin, daß in dem Glasringe Compref- fions- und Expanfionskräfte herrfchen, welche nun zu unterfuchen find. 4. Verhalten gepreßter Glasplatten. Wird mit Hilfe einer Schraubenklammer ein ifotropes Glaswürfelchen nächft zweierlei Schwingungen möglich fein, je nachdem der Stab parallel feinem großen oder parallel feinem kleinen Durchmefler gezerrt wird. Ein folcher Anftoß bringt aber zwei Wellen parallel dem großen und dem kleinen Durchmeffer zu Stande, wenn er in einer Richtung zwifchen beiden Hauptdurchmeffern erfolgte. Für die Lichtbewegung wird daher der mit der Wellenfläche parallel gehende Querfchnitt des Ellipfoids maßgebend fein, E u A d. h. die einfallende Lichtwelle wird bei ; T den einaxigen Kryftallen nicht in zwei zer- legt, wenn fie parallel der Hauptaxe geht, denn der Querfchnitt des Elafticitätsellip- foids ift in beiden Fällen ein Kreis. (Fig. I Ef > er in 141 Elafticitätsellipfoid der optifch ein- 24 Ba axig negativen, Fig. II Elafticitätsellipfoid A A ER * der optifch einaxig pofitiven. Die Ebene Fıs. 141. RR ift ein Kreis.) Fällt aber die Weile parallel einer anderen Richtung in den Körper, fo wird fie in zwei zerlegt; der Diametralfchnitt (Durchfchnitt durch das Ellipfoid parallel der Oberfläche der einfallenden Welle) ift dann eine Ellipfe. Die Schwingungsebenen beider Wellen ftehen zu einander fenkrecht, wie im Stabe. Die durch die Schwingung erregte Elafticität ift proportional dem Quadrat von ot, Fig. 142, fie ift, wenn m eine Conftante: e=mo®=mg?, p der Leitftrahl in der Ellipfe, und nach der Gleichung für die Ellipfe ift die erregte Elafticität E= m (8? co? 9 + a? sin? 9). Fällt nun eine ebene Welle w w, Fig. 142, auf das doppelbrechende Medium A A, deflen Elaftici- tätsellipfoid in die Maffe conftruirt it, fo kommt der den Winkel mit der Axe A A machende Dia- metralfchnitt für unfere Welle zur Wirkung, weil die Elafticität in der Richtung der Schwingungen und nicht die Elafticität in der Richtung des Strahles maßgebend if. os ift die Richtung kleinfter, of die Richtung größter Elafticität. Die beiden entftandenen Wellen haben ihre refp. Schwingungsebene in os und ot, zwei Richtungen, die zu einander fenkrecht in einer Ebene liegen, welche um den Winkel d von der Axe abweicht. Die Fortpflanzungsgefchwindigkeit beider Wel- len it aus c—C . leicht zu finden. 134 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. von zwei Seiten gepreft, fo nimmt die Annäherung der Theilchen in der Richtung der Preffung zu. Die Dichte wird in diefer Richtung größer fein, wie in der dazu fenkrechten. Ein folches Würfelchen wird fich wie ein Gypsplättchen verhalten, und durch die Größe des Druckes, beziehent- lich die Dicke der Glasmaffe haben wir es in der Hand, bei der Rotation desfelben im Polarifkop genau diefelben Interferenzphänomene hervorzu- rufen, welche wir bei der Rotation des Additionsplättchens auf dem feft- liegenden Plättchen von Roth I beobachteten. Wir laffen das geprefßte Würfelchen zuerft, rotirend, einen Ring befchreiben, fo daß der Leitftrahl fenkrecht fteht zur Richtung, in welcher die Compreflion erfolgt, b, Figur 140. Sodann befchreiben wir mit demfelben Glaswürfel einen zweiten Ring, indem wir den Leitftrahl mit der Richtung der Compreflion zufam- menlegen, a, Figur 140. Diefer entfpricht dem äußeren Farbenring der Figur 140. 5. Verhalten von Glasringen und Glasröhrchen. Wie fchon angedeutet, zeigen dünne Glasröhrchen, im Querfchnitte betrachtet, immer deutliche Reaction auf das polarifirte Licht, welche Die Elafticität im Aequatorialdurchmefler os fei «, die Welle, die parallel os fchwingt, erregt fomit die Elafticität e=möo, und ihre Fonpfanzungsgefchwindigkeit iR 2 o=cV”5 , und wenn ar ER ff ft = Ao. Wird die Lichtbewegung vom Punkt w ausgehend gedacht, fo ift ihre Wellen- fläche nach der Zeit t eine Kugel, deren Radius wt ift. Die Schwingungsrichtung der zweiten Welle geht mit ot parallel und macht den Winkel 90 —» mit der Axe. Die durch fie erregte Elafticität ift e=mot und hieraus ihre Fortpflanzungsgefchwindigkeit Ei cy®? er Die Wellenfläche nach dem Elafticitätsellipfoid zu conftruiren, ift nunmehr leicht möglich; die der ordinären ift eine Kugel oder ein Ellipfoid, die der extraordinären ein Ellipfoid oder eine Kugel, wir conftruiren nur die ellipfoidifche. It AA, Fig. 143, ein Hauptfchnitt, of die Schwingungsrich- tung, fo ift | ot= VB: cos? (go —Y) + ua? sin? (90 — Y) = vB: sin? 9 + a? cos? y. Der Abftand d ift aber aus der Gefchwindigkeit c und der Zeit t leicht zu finden: d=ct, - und hierin ift (nach früherer Gleichung): ae de AVBE sin? o + a? cos? pt, A und für die Zeiteinheit Fıc. 143. d—= VArB2 cos 9 + Au2cossy. ul 7 una da I a u u la ee + a a Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 135 außerordentlich verftärkt wird, wenn man ein Gypsplättchen (Roth I) über dem Polarifator einfchaltet. Stets findet fich dort im Glasring eine com- primirte innere, eine expandirte äußere Schale. Es entftehen fomit die Additions- und Subtractionsquadranten zu dem Roth I mit Gelb und Blau mit wechfelnder Lage in den beiden Schalen. Durch Erwärmen wird die Spannung vergrößert und es nimmt die Intenfität der Interferenzfarbe zu. Aa. ift die Fortpflanzungsgefchwindigkeit des Lichtes parallel der Axe A A Fig. 143, 8° ift der Elafticität in Richtung der Axe proportional. AB ift alfo die Gefchwindigkeit fenkrecht zur Axe, fie ift dem reciproken Werth des Brechungsexponenten proportional; be- zeichnen wir fie mit =, fo wird N d—= Ye: cos + w? sin? 9. SET, wo und = find die Halbaxen des Ellipfoids, welches $ t die Wellenfläche darftellt, und zwar it 3 o gleich der kleinen Halbaxe der Ellipfe TT, Fig. 144, e gleich der großen Halbaxe OT. .T o ® Nennen wir x die Abftände der Punkte der liegenden Ellipfe, TT, Fig. 144, von der kleinen Axe, y die von der TT-Axe, fo befteht für die Lage eines Punktes die -Glei- chung 2 4 I =). Fıc. 144- Ift br die ot parallele Tangente, die mit der Axe AA den X 90—p macht, fo be- fteht die Gleichung für die Punkte der Tangente: y=tangy.x+g (I. Wird x = o, fo wird y = g; hieraus folgt g=6R. oR ift gleich dem Abftand des Punktes, in welchem die Tangente die Axe der aufrechten Ellipfe fchneidet. Für os, welches fenkrecht auf DR fteht, erhalten wir: 3 os 4 RE = sın oRs, Os = g.c0sp. Sind die Ordinaten des Berührungspunktes b.x’y’, fo ift (analyt. Geometrie) wer w? ee te y (N). Diefe Gleichung geht in (I) über, wenn x zux‘ und y zu y‘ wird, wodurch ihre Richtigkeit erwiefen it. Wir können nun’aus (I) und (II) die folgende Gleichung er- halten: wix u Em. d fomit Re > Ay e9;9= y? m omi en .. 605 9. Wird der Abftand os durch den Winkel p und durch die Halbaxen » und = aus- gedrückt, fo erhalten wir aus den Werthen für y‘ und tang p: 2 ; 2 2 a, G ) ie) oder =; —= Verlang:y + w? ss wt* und endlich: PR = = — copy = Ve? sin® o-+ w? cos? 9 , Diefer Ausdruck ift dem für d gefundenen identifch. Hieraus folgt, daß die Wellen- fläche, welche von einer in dem Erregungspunkt o entftehenden Lichtbewegung ausgeht, - ein Rotationsellipfoid ift, welches um die Richtung oR, Fig. 144, als Axe befchrieben wird. 136: III. Wachsthuniserfcheinungen der Menıbran. Es geht aber aus der optifchen Analyfe hervor, daß die Theilchen -im inneren Ringe fo durch den Druck afhcirt find, daß fie, fich felbft überlaffen, in tangentialer Richtung von einander fliehen würden, f. b, Fi- gur 140; in radialer Richtung würden fie fich einander nähern. Umge- kehrt liegt die Sache in der äußeren Schale. Dort würden fich die Theil- chen (fiehe a, Figur 140) in radialer Richtung fliehen und in tangentialer Elasticitätsfläche in zweiaxigen Krystallen. FRESNEL macht hier die Annahme, daß die Elafticität des Aethers nach allen durch einen Punkt gelegten Richtungen verfchieden fei. Nach drei zu einander fenkrechten Richtungen werden die Axen der Elafticität ungleich fein. Sind oz, oy, ox diefe Axen, fo wird die Elafticität, die erregt wird Bands eine Schwingung, die parallel OR geht, wenn « ß y die X diefer Richtung mit der xyz-Axe find, fein: r? = a? cost a + b2 co Bß + c? co®?y (f. analyt. Geometrie), ‚und wenn «, ß, y alle möglichen Werthe annehmen, erhalten wir die Elafticität nach allen durch O gelegten Richtungen. Die Endpunkte von r liegen auf einer rings gefchloffenen Ebene, deren Axen abe find, wo a > b > ec ift (dreiaxiges Ellipfoid). Ein durch den Schnittpunkt der Axe gelegter Diametralfchnitt wird, wenn er ro- tirt, zweimal das Ellipfoid in einem Kreis fchneiden. ZER BE FTR Möge das Licht fenkrecht / ri % N . P N 7 N Ä \ zur Ebene des Papieres, Figur \ ! \ . . . . f \ \ 145, durch ein optifch zweiaxi- N \ Ni I ß fticitätsellipfoid in diefelbe Ebene projicirt fein foll. In der obe- ren Figurenreihe kommt dann 2 DR ee Sb links die Axe der größten und der kleinften Elafticität zur Wir- $ x kung. Drehen wir das Object / \ um die große Axe, fo kommt diefe und die mittlere und end- “ / lich wieder die große und die Su ee kleinfte Elafticitätsaxe zur Wir- f #-R kung. Drehen wir aber in der a mittleren Lage der in der Figur N) Ü von links nach rechts verzeich- / neten Rotation das Object um ° ee 635 die mittlere Axe um 90°, fo kommt eine Ellipfe zur Wirkung, Er ER welche die Axen der kleinften 2 N und mittleren Elafticität auf- / \ nimmt. Ehe diefe Lage erreicht wird und nachdem die Rotation N A die Werthe (90° —«) oder 90° ae r —ß (f. die Figur rechts oben) . Fıc. 145. zurückgelegt hat, wird die wirk- \ Ya n ges Medium fallen, deffen Ela- i 1 a ee” P2 . are Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 137 nähern. Da aber der Ring eine Verlöthung aller Molecularfchalen if, fo halten fich die antagoniftifchen Zugkräfte das Gleichgewicht, d. h. die Cohäfion der Theilchen überwindet die RER, welche den Ring in concentrifche Schalen zu zerlegen ftreben. Wirkt der innere Ring dort durch einen radialen Druck gleichmäßig expandirend auf | den äußeren, fo wird der erftere pofitiv, der A, letztere negativ gefpannt. Beide mögen in dem Zeitpunkt der Entftehung ifotrop und nicht völlig erhärtet fein; in dem Momente aber, wo fie DB Wim erhärten, möge die vorgenannte Spannung noch herrfchen. Nach diefem Uebergang aus dem plaftifchen in den ftarren Zuftand muß alsdann das Syftem anifotrop fein, wie es das Schema für die radiale Vertheilung wirklich doppeltbre- chender Kryftalle darftellt. / Beim Abmuftern zahlreicher Glasröhren fand ich einen Ring, welcher fo gekühlt war, daß er, bezogen auf ein Gypsplättchen Roth I], genau die Erfcheinungen des Schema Fig. 140 zeigte. Er muß fomit aus zwei Schalen beftehen, z,.. 146. In dem Glasringe find die von welchen die innere pofitiv, die äußere Anzichungs- und Abfoßungskräfte bei einer einfeitigen Comprefhion in Richtung negativ gefpannt ift. In der inneren herrfchen er Pfeile ab durch den im Text be- ; Piss . = . fchriebenen Klammer-Apparat A fo ver- Abftoßungskräfte, in der äußeren Anziehungs- nein, wie die Pfeile andenten. & @ die kräft € Abftoßung. B B' die Anziehung in dem ge ganzen Ringe. In jedem Theile der Wird der Ring einmal erkältet und ein- Wand find diefe Kräfte nochmals pola- mal erwärmt, fo verhält er fich bezüglich der I pet er er — inneren Spannung wie die trockene Membran, Polarifationsmikrofkop gelegt wird. wenn wir fie einmal in Canadabalfam, einmal in Waffer legen. In unfe- rem Glasringe, in welchem, wie fchon gefagt, die beiden Schalen, Fig. 140, zufammen verfchmolzen find, wachfen wechfelnd die blauen oder gelben Quadranten. Wächft die Temperatur, fo wachfen die gelben Quadranten und es wandert der Lichteffect über die blauen. Sinkt die Temperatur, fo wächft Blau und es wandert der Lichteffect über die gelben Quadran- ten. Man fieht fomit, dal bei dem ftarren Glafe durch die Temperatur fame Ellipfe zum Kreis mit der mittleren Axe der Elafticität als Radius. Zweimal kann diefes Ellipfoid durch Kreisflächen gefchnitten werden. Die Normalen zu diefen Flächen werden optifche Axen genannt. Der Winkel, welchen beide einfchließen, wird von der Axe der größten Elafticität halbirt. Bei verfchiedenen doppeltbrechenden Maffen ift diefer fehr verfchieden groß. Man theilt aber alle Kryftalle nach dem Werth diefes Winkels in zwei Klaffen: 138 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. ähnliche Spannkräfte erregt werden, wie in den Membranen durch präexi- ftirende, während der Evolution entftandene Molecularkräfte. In unferem Glasring mul mit wachfender Temperatur, mit Vergrößerung der Mole- cularabftände die Intenfität des Lichteffectes wachfen, weil die Spannung zunimmt. Man kann diefe optifchen Phänomene noch deutlicher mit Hilfe des Apparates Fig. 146 ftudiren. Ziehen wir die Schrauben, welche den Glasring Fig. 146 in eine Ellipfe verwandeln, an, fo fteigert fich im Polarifkop die Interferenzfarbe. Jetzt ift aber im Großen und Ganzen die Dichte in der Richtung der Pfeile a b größer, während die Ellipfe der Elafticität mit ihrer großen Axe fenkrecht zu a 5 fteht, d. h. die Elafticitätsellipfe fällt, da fie den reciproken Werth der Dichtigkeitsellipfe hat, mit der Ellipfe B Ift der von der Axe größter Elafticität halbirte Winkel der beiden Kreisflächen ein fpitzer, fo ift derfelbe Winkel zwifchen den optifchen Axen ein ftumpfer; folche Kryftalle heißen: Zweiaxig pofitive. Ift der von der Axe größter Eiafticität halbirte Winkel der beiden Kreisflächen ein ftumpfer, fo ift derfelbe Winkel zwifchen den optifchen Axen ein fpitzer; folche Kryftalle heißen: Zweiaxig negative. Sind durch Beobachtung die Winkel zwifchen den optifchen Axen gegeben, fo kann die Wellenfläche conftruirt werden. Sind in Fig. 147 GE Mige große, nina nd die Kreieicha und c c die Axe kleinfter| und fchneidet man aus der Subftanz ein Prisma, deflen Grenzflächen fenkrecht zur Ebene der Zeichnung, alfo fenkrecht zur Ebene der optifchen Axen ftehen, fo nimmt die bre- chende Kante die Axe der mittleren Elafticität auf. Ein fenkrecht zur brechenden Kante‘ durch das Prisma gehender Strahl wird in zwei zerlegt, von welchen einer den gewöhn- lichen Brechungsgefetzen folgt, deffen Brechungscoefficient = const ift. IR const = ß, fo wird die Gefchwindigkeit im Kryftall v. gefunden (nach S. 126) = — ‚ wo v die Gefchwindigkeit des Lichts in Luft bedeutet. v. it aber = Ab und daraus b die mittlere Elafticität a Sr a ar Ä Schleifen wir ein zweites Prisma, deffen Seiten der erften = Mittellinie parallel find, fo beflimmen wir den Brechungsexponenten x und daraus die kleinfte Axe c, wenn die brechende Kante diefes Prisma’s die Axe kleinfter Elafticität aufnimmt. In ähnlicher Weife wird a beflimmt, wenn in dem nach der erften Mittellinie orientirten Prisma die große Elafticitätsaxe parallel = geht, mithin wenn « ß y die Brechungsexponenten, fo verhalten fich ES EHR En ES a Sage Zu diefen experimentellen Beftimmungen ift nur die Kenntniß der Ebene erforder- lich, welche die optifchen Axen aufnimmt. Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 139 des geprefsten Ringes zufammen. Daher erfcheint der Glasring, wenn er auf einem Gypsplättchen Roth I rotirt, dann additionell, wenn feine größere Axe mit der großen Elafticitätsaxe im Plättchen zufammenfällt. Wenden wir uns nun zu jenen beiden Ringen Fig. 140 zurück. Stellen wir uns vor, diefelben feien Membrandurchfchnitte aus pflanzlichen oder thierifchen Zellen, fo geht aus den Verfuchen hervor, dafs das Phä- nomen auf zweierlei Weife erklärt werden kann: ° I’ Die Ringe find aus kryftallinifchen Moleculen zufammengefetzt, welche ftreng gefetzmäßig um das Centrum des Durchfchnitts geordnet find, derart, daß immer für alle die gleiche Kryftall-, beziehungsweife Ela- fticitätsaxe mit dem Radius zufammenfällt. II® Die gedachten Membranringe beftehen aus erhärteter colloidaler Maffe, in welcher die Compreflion, beziehentlich Expanfion, allgemein die Spannung in allen Membranelementen gleichmäßig vertheilt if. Construction der Wellenfläche der zweiaxigen Krystalle. Nehmen wir zunächft an, die Lichtbewegung pflanze fich in einer Richtung fort, welche in der Ebene der optifchen Axe liegt, alfo auch in der Ebene der größten und kleinften Elafticität, fo wird der Diametralfchnitt der Elafticitätsfläche die Ellipfe mit den Axen b und a oder c fein. Eine Elaftitätsrichtung wird unveränderlich 5 fein, eine an- dere der beiden kann aber den Werth a oder c oder einen zwifchen beiden erhalten. Wenn das einfallende Licht nicht polarifirt ift, fo wird es in zwei Wellen zerlegt, von welchen die eine eine Kugel, die andere ein Ellipfoid ift. Die Kugel ift mit dem Radius b, das Ellipfoid ift mit den Axen c und a befchrie- ben; daraus folgt, daa > b > c, daß die Rotationsfläche diefer beiden Wellenflächen folgende Geftalt hat: 3 — a —_ db —_e \ i ea Be a EL Et Fig. 148 bis 150. : | Geht die Lichtbewegung parallel einer Ebene, welche EN die Axe mittlerer 5 und kleinfter c Elafticität aufnimmt, fo werden zwei Wellen gebildet, von welchen eine den conftan- Fıc. 148. ten Werth der größten Axe a hat, während die andere, als in der Schwingungsrichtung belegen, Elafticität b oder c oder eine der zwifchen b und c liegenden haben wird. Die erfte wird eine Kugel mit dem Radius Aa, die andere ein Ellipfoid mit den Axen b c fein und die en Geftalt der Rotationsfläche ift wie in Fig. 149. 8 N 5 4 , = Pflanzt fich endlich die Lichtbewegung parallel der Ebene der Axen a und 5 fort, fo zerfällt fie in eine, die nach allen Richtungen den conftanten Elafticitätswerth in der Rich- tung der Schwingungen c gibt; die eine Wellen- fläche wird daher eine Kugel fein mit dem Radius A c, die andere kann, je nach der Richtung, alle Werthe zwifchen Aa und Ab erhalten, fie wird eine Ellipfe fein mit den Axen a und 5 und die Rotationsfläche wird die in Fig. 150 angedeutete Geftalt befitzen. Fıc. 149. Fıc. 150. 140 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. 6. Verhalten pflanzlicher Gewebedurehschnitte. Von der Erklärung der Polarifationsphäno- mene in pflanzlichen Ge- weben foll hier zunächft ganz abgefehen fein. Wir vergleichen zunächft le- diglich die kreisförmigen oder polygonen Durch- fchnitte durch die Zellen der verfchiedenen Gewebe mit den Ringen der Fi- gur 140, indem wir das Gypsplättchen Roth I im Inftrument feftliegen laflen. So wie der innere Ring verhalten fich alle Fıc. ıst. Querfchnitt der Caulerpaftammzelle im polarifirten Licht. Querfchnitte durch Ge- fiße und Holzzellen, durch das Markgewebe, die Flächenanficht der Tüpfel in der radialen Längswand der Nadelhölzer, ebenfo Querfchnitte durch Holzcylinder, welche aus Collodium, aus Gelatine erftarrt find, die Endo- fpermzellen von Phytelephas, die Intine der äußeren Zellmembran aller Epidermen. Dem äußeren Ringe entfprechen die Zellen des Korkes, die Cuticu- Interferenz. Beginnt ein Punkt feine Bewegung fpäter, wie ein Gegebener, fo wird die Lage des erfteren zu finden fein durch Re T y=zasmıır BD x aber kann feint—=r-— f, alfo ein beftimmter Theil der Öscillationsdauer des erften Punktes : —!' JTasSin2R or Wenn c die Fortpflanzungsgefchwindigkeit der Welle, fo ift Lee x, worin x die Entfernung des zweiten Punktes vom erften bedeutet, "= Bi c und j sin 2 i R = 0 T Tr er SORTE 2 BE ra | Während der Zeit 7 pflanzt fich das Licht um eine Wellenlänge fort: Pa Be S Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 141 larfchichten und die Cuticula, der Querfchnitt der Stammzelle von Caulerpa, Fig. 151, und einiger Meeresalgen, die Stärkekörner, die Inulinfphäroide und der Querfchnitt einer Zelle, welche aus Traganthfchleim um ein Cy- lindermodell entftanden if. Dem Verhalten der beiden verwachfenen Ringe entfpricht die äußere cuticularifirte Membran der Epidermis. Bei allen Längsfchnitten durch Pflanzenzellen hat man zu beachten die Lage des Schnittes; diefer wird fein ein radialer oder ein tangentialer Längsfchnitt. Die Wirkung für den letzteren wird auch erreicht, indem Fıc. 152. Gefäße von Impatiens im polarifirten Lich. 44 P P' die Schwingungsebenen der Nicols, g' g' diejenigen im Gypsplättchen Roth 1. daher wird die obige Gleichung gefchrieben werden können: j £ x y—=asm2 nt = 77.77 - iE 2 Nach der Figur 156 ift alfo die Lage aller Punkte und ihre Gefchwindigkeit aus diefen letzten zwei Gleichungen zu beftimmen. x wird in Wellenlängen zu beftimmen fein, der Punkt ift in der o- oder «- und —o-Lage nach folgenden Werthen von x: Mi=»sT,lltx=owy=asmznnr=o. MR x = mi; X =mfliky=-ousn2a(n—mM)r=o. A Alle Punkte, die ganze Wellenlängen von einander entfernt find, find in der Gleichgewichtslage. (Fig. 135, f. oben $. 130.) 142 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. man die Membran zu einer Ebene ausbreitet. Handelt es fich um ifo- lirte Zellen, Holzfafern, Baftzellen, Haare u. f. f., fo ift bei dem Einfchal- ten in das Polarifkop zu beachten, dafs das Object, je nach der Einftellung, zweierlei zeigt: die obere und untere Cylinderwand (diefe Flächen ent- Fıc. 153. Impatiens, Spiralfafer im polarifirten Licht. fprechen dem Tangentiallängsfchnitt oder der aufgewickelten Membran- fläche) und die Streifen der Wand, welche ihren optifchen Durchfchnitt darftellen, da, wo nämlich die cylindrifche Wand von der Unter- nach Alle Punkte, die eine ungerade Anzahl halber Wellenlängen von einander entfernt find, find in der Gleichgewichtslage. (Fig. 135, f. oben.) x ’ Ift nämlich x=(2m+ 7) — - 2 er, fo ift ya sin(@n— (2m-+ ı)) n=o0. \ Alle Punkte, die ungerade Anzahlen von — von einander entfernt 2 find, befitzen entgegengefetzte Gefchwindigkeiten. Wären zugleich an mehreren Stellen der Punktreihe Wellen erregt, fo pflanzen fich diefe über die Punktreihe fort und fetzen fich zufammen; y wird dann aus den an einzel- nen Bewegungen zukommenden Entfernungen beftehen, fo daß Y= Yı + Yn + Im +7 Ift der Abftand des zweiten Erregungspunkts vom erften x und «’ die Amplitude der zweiten Bewegung, fo ift für diefe die Lage der Punkte gegeben durch y=asin2r AN TEEL ; % I Ift a die Entfernung des zweiten Erregungspunktes, fo ift X=x—a und er t x—d = a sn a, I x Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 143 der Oberfeite umbiegt. Alle diefe Schnitte, beziehungsweife Streifen, erfcheinen im Polarifkop wie homogene, dünne Gypsplättchen. Sie er- fcheinen auf dem Gypsplättchen Roth I additionell oder fubtractionell ge- färbt, alfo gelb oder blau, und die bisher gefchilderte Methode läßt ledig- lich die eine Beftim- mung zu: in welcher Richtung liegt die Axe der größten oder klein- ften Elafticität im ge- gebenen Streifen? Legen wir z. B. die tangentialen Längs- ftreifen eines Gefäles oder einer Holzzelle in das Polarifkop, fo fin- den wir additionelle Färbung, wenn die Axe parallel mit g‘ g‘ im Gypsplättchen Fi- gur 154 fteht, daraus und aus den Ringen Fig. 154 folgt die Axe größserer Elafticität. Sie fteht im Querfchnitt radial (r>t), imLängs- Fıs. 154. Pinus, Holzzelle (Tüpfel) im polarifirten Licht. fchnitt ftehtdie größere tangential (E>/). Wir erhalten fomit r>t>[/, damit aber ift die Lage des Ellipfoides beftimmt. Ein Cylinder von Eraganshgummn zeigt im Querfchnitt die große Gehen beide "Bewes egungen gleichzeitig über die Punktreihe, fo w ird‘ f 5 t x—a t x Y=y+y=asn2r n _— + asnzr([ — — — z ; F: k % x a =sn2zrl — — — a a' c052%r — +cos2r Zr — — Ju’ sin2r —. k k Beftimmen wir zwei Größen A und a fo daß a Acos 2r zack. +0’ cos 2n —, \ k Asin ar — = u snzr —, Ben, 5 t x DN {fo wird Y= Asn2a (7 ++ iw; k A Es refultirt fomit aus beiden einzelnen Wellenbewegungen eine neue, deren Am- “ 144 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Elafticitätsaxe tangential, die kleine radial orientirt. Im Radiallängsfehnitt ift die große Axe parallel der Cylinderaxe, die kleine radial geftellt. Das- felbe ergibt fich aber auch für den Tangentiallängsfchnit. Nennen wir een a=nı = nd; Pr | er! . o B Y . nv a ee EEE 7 VE a ER E D Fu ZEN ab N Fıc. 155. In A ift eine Punktreihe in Schwingung mit der Amplitude a. Geht nun eine zweite Welle über die Reihe, nachdem die erfte Welle um ganze Wellenlängen fortgefchritten ift, fo werden die Anftöße fich fummiren und die Amplitude vergrößern, fo daß z. B. der Punkt 2 die Amplitude & erhält. — In B ift der Durchfchnitt eine Wellenbewegung; ift der Gangunterfchied der zweiten Welle eine halbe oder un- gerade Vielfache einer halben Wellenlänge, fo wird der Punkt r von der erften Bewegung im Sinne des Pfeiles p, von der zweiten im Sinne des Pfeiles p' afficirt; die Bewegung wird dadurch 0. — C Durchfchnitt x der beiden Wellen, welche fich in diefem Sinne gegenfeitig vernichten; rücken wir die eine Curve um a fort, fo geht C in A über. Endlich ift in D die Interferenz zweier Wellen dargeftellt, welche um !/4 Wellen- länge von einander entfernt find. Die refultirende Welle it um !/s verfchoben. plitude A ift und deren Phafe gegen die erfte um D, gegen die letzte um a—D ver- fchieden ift. & Ü Schwingungsdauer und Wellenlänge haben fich nicht geändert. Aus obiger Gleichung er- halten wir: A=Vatahzunosant D . o.' . Sin. 28 ae. ER E h A a 6 Fıc. 156. ab ift die componirte Amplitude Fig. 156. A wird nun zur Summe der Theilamplituden « «‘, wenn in [17 #=ot+oa?+2amcos2n a= nX, d.h. wenn der Phafeunterfchied o oder das Vielfache einer ganzen Wellenlänge wird, dann ift nämlich a SR T=COnn—T, mithin 2—=m+ ur, A=atu. IR aber a = _ oder = (2 n + ı) > fo wird Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 145 r die Elafticität in radial-transverfaler, ? in tangential-transverfaler und / in der Längsrichtung, fo erhalten wir für die drei Ebenen: rderichmitt : 2° 4.78 >% Radiallängsfchnit . . !>r, Tangentialfchnitt . . I>t. Aus den beiden erften Unglei- chungen ergibt fich t und / größer wie r. Nun könnte t gleich oder kleiner oder größer wie / fein. Aus der letzten Ungleichung ergibt fich aber 2 >t. Somit liegt die Axe grölster Elafticität im Längsfchnitt, die mittlere liegt transverfal-tangen- tial und die kleinfte liegt radial. Ganz in derfelben Weife er- gibt fich das Elafticitätsellipfoid im Collodiumcylinder, die radiale als größte, die tangentiale als mitt- lere, die Längsrichtung als kleinfte. Drehen wir eine Nadelholzzelle in dem gedachten Sinne, Fig. 154, fo wirkt der Tüpfel genau fö, wie der Querfchnitt oder wie ein coni- fches Loch, welches wir uns in die Zellwand gebohrt denken, die Längs- wand aber bekommt, wie vorher die Spiralleiften, bei der Drehung nach und nach die Farben eines Additionsplättchens, Gelb Subtrac- tion, Blau Addition, Roth neutrale Lage (f. Farbenringe Fig. 140). Die Cuticula der Alo& zeigt F%,CH7, Im ash ect Getshstid bi ern eine entgegengefetzte Lage des im Amylumkorn die Polarifationschenen der gekreuzten Ni- 2 ser, "> cols. Bei Gegenwart einesGypsplättchens Roth erfler Ord- wirkfamen Elafticitätsellipfoides, wie nung entfpricht das Roth im Amylumkorn den Polarifations- ebenen der Nicols. A die große Elafticitätsaxe im Amylum- die mit ihr verwachfene Cellulofe- korn ift fenkrecht zur Schichtung. a IR 608 2r — zu cos2r(2n-+ r) oder zu ve alfo — ı, und wenn « =, fo wird rk A= 0, d.h. es tritt keine Bewegung ein. Erhält a irgend einen anderen Werth, z. B. a=(n + !), X mithin cos 2 x (n + !fa); cos(2n + !!z)r= o, mithin 42 = u? + u, “fo wird das Parallelogramm ein Quadrat, wenn a’ = ao, N. J. C. Mürter, Handbuch I. r. 10 146 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. (Intine)-wand. Figur 158. Bei dem Durch- fchnitt durch die Epi- dermis, Figur 158, fteht die wirkfame Ellipfe innen radial, aufßsen tangential. Hier hat man eine der halbkugeligen Wölbungen, Fig. 158, zu vergleichen mit dem Farbenring Fi- gur 140; der innere Ring dort entfpricht der Intine, deräußere Fıc. 158. Ring entfpricht der Exine. 7. Argumente für und gegen die Annahme krystallinischer Molecule in der Membran. Näceui folgerte in diefer Weife, dafs die Molecule der pflanzlichen Membran krytftallinifch fein müffen: 1° Die Membran ift im gequollenen wie im trockenen Zuftande doppelbrechend. A=oaV2 D an tler, D=4\; die Refultirende ift fomit um !/s A von den beiden Interferirenden verfchoben. Die Farben dünner Plättchen' (Seifenblafe, Glas, Oelfchicht) kommen bekanntlich durch Interferenz dadurch zu Stand, daß der refl. Strahl von der vorderen und hinteren Fläche einen Gangunterfchied von einer halben Wellenlänge erfährt. Fig. 159. Hat das Blättchen die Dicke von !/a X oder das Vielfache für den gegebenen ho- , mogenen Lichtftrahl, fo wird es in der Farbe 7/7 desfelben leuchten. Wird das Licht, aus einem dichten Medium kommend, an ein weniger dichtes übertragen, fo fchwingen die Punkte der Grenz- fchicht im dünnen Medium gerade fo, wie wenn fie die Fortfetzung der Punktreihe im dichteren wären. Es geht aber von ihnen in’s dichtere \/ 14 Medium die Bewegung zurück. Fig. 160. Nach T/4 einer !/s Schwingungsdauer ift der Grenz- punkt in m und ein halbes Wellenthal ift in’s erfte Medium zurückgefandt. Nach 7/2 ift ein ganzes Wellenthal zurückgefandt u. f. f., während die ankommende Welle im dünneren . Medium mit größerer Amplitude fortfchreite. An einem dichteren Medium wird die Fıc. 159. Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 147 a u no, { \ 2° Zug und Druck auf die Membran bringen eine Steigerung der Interferenzfarbe nicht hervor. 3° Die Molecule der Membran find doppelbrechende Kryftalle, welche lebendige Kraft des > ei M letzten fchwingenden \ Theils nicht ausrei- 0 en chen ” die Bewegung auf den Punkt der Grenzfchicht zu über- 7 FE EEE RE ; TR tragen. Kommt die Welle wie vorher mit ee einem Wellenthale in << der Grenzfchicht, Fig. 161, an, fo wird der + PN —— Punkt m die entge- gengefetzte Bewe- gung ausführen und F die reflectirte Welle —& De nen ae 4 2 geht mit einem halben BEER ae ‘ Wellenberg nach 7/4 in’s erfte Medium zu- rück; nach T/2iftein 7 ganzer Wellenberg ET: zurückgelegt we f Fıc. 160. Reflexion an einem dichteren Medium. Beachten wir nach den 3 7, beiden Tafeln, daß derfelbe x ine Strahl an der Grenze eines ER * er 9m Medium dünneren nach einem dichte- 0 Irre RE / ren anders reflectirt wird, fo erhalten wir den Gangunter- ae ee fchied nach den zwei Tafeln nit RER 2 in folgender Abbildung. DRS IS 2 Wir wenden Licht von KL m beftimmter Wellenlänge % 73 an und wählen die Dicke der ER, VE ! Luftfchicht d = a dann macht der Lichtftrahl in I Se BE den Weg bis zur Luftfchicht. Zr a In II, nach !/s Ofcillations- EDER dauer ift er auf dem Rück- weg in’s Glas und hat £ u einen Weg von — Wel- NS lenlänge in die Luftfchicht T gemacht, wird dort reflec- Fıc. 161. Reflexion an einem weniger dichten Medium. 10* — 148 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. verfchiebbare Wafferhüllen befitzen. Zug und Druck beeinfluffen daher den Grad der Doppelbrechung nicht, wiewohl fie eine Verfchiebung, even- tirt, verliert aber wiederum 1/2 Wellenlänge. In III und IV tritt alfo Vernichtung der Be- wegung im erften Mittel (Glas) ein. Dieß muß eintreten, wenn 19.5 4, dann ift der Gangunterfchied 25 =\, PA Be ende » .» » DIEB x, zı8= = 5 Dr Ba) » 23= 3% Von jedem Gangunterfchied geht den beziehentlichen Wellengängen eine halbe Ofcillation verloren, die beiden Strahlen interferiren daher mit dem Phafenunterfchied von 1/s Ofcillation. Wird aber die Dicke der Luftfchicht bei gleicher Wellenlänge d.= BR fo wird der Ganguinerichied — E 4 4 = = FR u) » » » 10% — I, 4 4 2 = Re, » » » » 14h == 72 4 4 2 Die Dicke der Luftfchichten in den aufeinanderfolgenden hellen Ringen ift, wenn die Dicke der hellen Mittelfelder gleich z gefetzt wird, gleich 3.5.7. If die Dicke des dunkeln Mittelfeldes bei dem Newron’fchen Experiment gleich o, fo ift die der dunkeln Ringe 2.4.6.8. Bei einem Keil, einem dünnen Plättchen, einem New’ronx’fchen (Linfen-Planglas-) Apparat werden die refp. Erfcheinungen auch dann eintreten, wenn die der dünnen Schicht ftärker brechende find, als die Grenz- flächen, nur werden die hellen Streifen Glas Luft Glas die Dicken 0.2.4.6, die dunkeln da- a er GE - gegen die Dicken 1.3.5.7.8 befitzen. W In einem Keil aus Luft oder Gyps 7 werden alle möglichen Lichtftrahlen interferiren können, weil hier d alle En % 2 Rd X ve TZ- 02° Werthe der a : 5 der NS Ey £ vom Rare ae Be SE verfchiedenen Lichtftrahlen annehmen kann. \ FE N „ Genauere Beachtung für unferen . m Zweck verdient der Gypskeil und das 3 De Gypsplättchen im polarifirten Licht. T% ı° Wir wiffen, daß in gekreuzten Nicols Gypsplättchen oder Keil in vier TER a ° 7 Lagen hell, in vier dunkel find (Fig. a . 133, f. oben). T, dl 2° Ein Plättchen von beftimmter Fıc. 162. gleichmäßiger Dicke leuchtet in den vier Lagen mit gleicher beftimmter Farbe, in den vier anderen Lagen (f. Fig. 140) ift es dunkel wie das Gefichtsfeld. rc Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 149 tuell auch eine Annäherung oder Entfernung der doppelbrechenden Kry- ftallmolecule bewirken mögen. Die trockene Membran aber reagirt in dem geforderten Sinne, wie beim Glafe auf Druck oder Zug. Gegen diefe Vorftellung läßt fich mit einiger Berechtigung folgender Einwurf erheben: 1° Die Membranen find, mit Waffer gefättigt, weniger doppelbrechend, weil fie eine geringere Dichte befitzen. Die Intenfität der Interferenzfarbe fteigt inftantan, wenn fie mit Flüfigkeiten wie Alkohol, ätherifche Oele, Canadabalfam imbibirt werden, welche das Volum zufammenziehen. Hieraus folgt aber: 2° Zug und Druck können nicht eine Annäherung der feften Theile hervorbringen, wie wenn ein Glaswürfel zwifchen zwei Schrauben gepreßt wird. Wohl aber ift jene Annäherung der Molecule durch Flüfligkeiten möglich (f. S. 112), welche die Membran zufammenziehen, und von den geforderten Folgen begleitet. 3° Zerriebene Membranen und Stärkekörner verlieren jede Einwir- kung auf das polarifirte Licht. Der feinfte Staub doppelbrechender Kryftalle ift aber in jedem Staubindividuum noch doppelbrechend. Verfuche von MaxweLL haben eine wefentliche Erweiterung unferer Vorftellung über Molecularftructur der flüfigen und feften Körper herbei- geführt. MAxweELL zeigt, daß jede zähe Flüffigkeit durch Zug oder Druck fich vorübergehend wie ein fefter Körper verhalten kann, dafs fomit Span- nung zwifchen den kleinften Flüffigkeitstheilchen möglich ift. (Ueber Doppel- brechung in einer bewegten zähen Flüfligkeit. MaxweLr, PoGGEnnD. Ann. 3° Bei Kreuzung gleichdicker Gypsplättchen oder Drehung eines Plättchens um das andere feftliegende treten zwei neue Farben, wenn das eine dicker wie das andere, auf; find beide gleichdick, fo tritt nur eine Farbe oder Dunkelheit ein, je nach der Lage. Zunächft ift klar, daß, da die Farbe von der Dicke abhängt, der Gangunterfchied bei durchgelaffenem Licht mit in Betracht kommt. Betrachten wir zunächft ein Plättchen von gleicher Dicke und einen Keil. Das Plättchen und der Keil erfcheinen in diagonaler Lage (Fig. 133) hell. Mit einem einfarbigen Glas betrachtet, erfcheint das Plättchen hell; der Keil hat helle und dunkle Streifen. Die Dicke bewirkt alfo hier wie in den Newron’fchen Ringen den Gangunter- fchied. Hier beim Gyps allgemein, bei den doppelbrechenden Kryftallen kommt aber kein Reflexionsphänomen, fondern ein Brechungsphänomen in Betracht. Die beiden inter- ferirenden Strahien im Gypsplättchen beftimmter Dicke müffen daher beim Eintritt in den Gyps ungleiche Gefchwindigkeit erhalten. Die Gefchwindigkeit zweier Strahlen verhält fich aber (f. oben S. 127) nach dem Huicnens’fchen Princip umgekehrt wie die Brechungsverhältniffe: sin i vn x —- BEUTE RMAR — Sy sınr n sin i : LT n - = BE le et sın r' N... n 150 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. d. Phyf. 1874, Nr. 1.) Maxwerr weift nach, daß durch die Reibung an einem ftarren Stabe, welcher durch eine zähe Flüfligkeit bewegt wird, Polarifationserfcheinungen wahrnehmbar find, daß mithin thatfächlich eine folche Flüfligkeit vorübergehend einem ftarren Körper gleich wird. Nach meinen Verfuchen kann man nun in folchen Flüfligkeiten, welche fonft zu anifotropen Körpern erftarren, die Elafticität in jedem Sinne vertheilen, wenn man in dem Momente des Erftarrens durch Umrühren, Zug oder Druck die Theilchen in Bewegung fetzt. 8. Künstliche Membranen aus Cellulosederivaten. Es ift bekannt, daß ifotropes Glas durch Druck anifotrop gemacht, werden kann; man könnte aus einem Glaselement durch Druck ein Element herftellen, welches dem Gyps in feinen Wirkungen auf das polarifirte Licht ganz gleich ift. Hört der Druck auf, fo geht das Glas wieder in den ifo- tropen Zuftand über. Schlecht gekühltes Glas ift aber an fich fchon in Folge der Spannung in ihm anifotrop. Eine anifotrope Glasröhre bis zu gewiffem Grade zer- trümmert, verliert mit der Spannung die Wirkung auf polarifirtes Licht. In optifcher Hinficht und in der Entftehung haben die Glasröhre und die Pflanzenzelle die folgenden Züge gemein. Man kann in diefer Zufammenftellung noch das Marienglas, den Gun mit in Betracht ziehen, und es mögen alsdann die drei Körper in ihrer Umwandlung verglichen werden: Wir wiffen nun, daß der Gyps nach drei zu einander fenkrechten Richtungen un- gleich elaftifch ift, daß eine in ihn eindringende Lichtbewegung in zwei nach den Rich- tungen der größten und kleinften Elafticität orientirte Schwingungen zerlegt wird. Der polarifirte Lichtftrahl im Polarifator wird auf diefe Richtungen im Gyps über- tragen, dort entftehen zwei zu einander fenkrecht polarifirte Strahlen, diefe zwei Strahlen pflanzen fich ungleich fchnell fort und werden auf die Schwingungsebene des Analyfators übertragen. Sie erhalten Gangunterfchied im Gyps und Phafenunterfchied bei der letzten Uebertragung auf eine Schwingungsebene, daher muß das Plättchen bei Anwendung ho- mogenen Lichtes, je nach dem letzten Phafenunterfchied, hell oder dunkel erfcheinen. - Bei einem Plättchen beftimmter Dicke, wo alfo nur Farben beftimmter Art zum Vorfchein kommen, interferiren (d. h. erhalten den zur Stärkung der Intenfität nöthigen Phafenunterfchied) Strahlen beftimmter Wellenlänge. x Der Strahl in der G-Ebene, Fig. 163, eilt dem Strahl in der g-Ebene um eine be- ftimmte Anzahl halber Wellenlängen voraus. Die Amplitude der beiden Strahlen in Gg wird abhängen von den Winkeln » #‘. Die Intenfität des Lichts (der beftimmten Wellen- länge beim Gypsplättchen von gleicher Dicke) wird abhängen von der Amplitude; es ift leicht einzufehen, daß das Maximum der Helligkeit eintreten wird, wenn 9 = y' = 45". Fig. 163. An dem Polarifationsmikrofkop liegt, bei der von uns der Einfachheit halber ge- wählten Stellung aller Theile (nämlich gekreuzte Stellung der Nicols und diagonale Lage des Gypsplättchens Roth I), die Sache fo: In dem unteren Nicol entfteht eine linear po- Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 151 Gyps. Zuftand: a) In Löfung. b) Ein Kryftall fchießt an und ift doppelbrechend. c) Der Kryftall wächft durch Appofition doppelbre- chender Molecüle. If nach drei Richtungen ge- fchichtet und fpaltbar, zeigt keine Quellung. d) Wird zum feinften Pulver zertrümmert, jedes Staub- ‚Individuum zeigt Doppel- brechung. Glas. a) Gefchmolzen. b) Wird in eine. Form ge- goffen oder geblafen, fet. Diefe zeigt Polarifations- erfcheinungen oder nicht, jenach dem Vorgang der Kühlung, und ift durch- fichtig. c) Die Glasröhre zeigt im Querfchnitt concentrifche Ringftreifen, zeigt keine Quellung. d) Die anifotrope Röhre zer- trümmert, die Trümmer haben die verloren. Anifotropie Zellmembran. a) Imzähfchleimigen Plasma. b) Wächtt in eine fefte Hülle, Cylinderzelle der Cau- lerpa oder maflive Kugel, Stärkekorn, im Beginn der Evolution ifotrop und ift und bleibt durchfichtig. c) Wächft durch Intusfus- ception, wird anifotrop und zeigt drei Quellungs- axen. Zeigt im Quer- fchnitt concentr. Schich- ten, welche wechfelnd ftärker und fchwächer quellen. d) Ueber den Caulerpaquer- fchnitt geht ein Achat- piftill "unter dem Druck der Muskelkraft — das Amylumkorn wird zer- trümmert. Die Anifotropie wird dadurch in beiden vernichtet. larifirte Welle, welche fich im Gypsplättchen in zwei fenkrecht zu einander polarifirte Strahlen zerlegt. Die Schwingungsebenen diefer fchließen Winkel von 45° mit der Schwingungsebene des Analyfators ein. Sie werden bei dem Eintritt in den oberen Nicol auf deffen Schwingungsebene übertragen und kommen dort zur Interferenz. Wenn in C ein fchwingender Aetherpunkt in der Schwingungsebene des Polari- fators PP, Fig. 163, durch eine Welle afficirt wird und zwifchen a a’ ofcillirt, g g‘ die Schwingungsebenen des Gypsplättchens bedeuten, fo wird nach dem Parallelogramm der Kräfte die Schwingung in g nach « u‘, in g‘ nach B ß' erfolgen. In derfelben Weife, aber umgekehrt, werden die beiden Schwingungen « ß auf die Schwingungsebene des Analyfators A 4’ übertragen; fie kommen auf die gleiche Amplitude x y‘, unter der Vo- rausfetzung, daß fie in g und g‘ die gleiche Amplitude, alfo Schwingungsintenfität, be- faßen. « und 8 müflen bei dem Eintritt in die Kryftallmaffe des oberen Nicols oder beim Austritt aus gg einen Gangunterfchied erhalten. Es ift zu unterfuchen, wie die Aetherpunktreihen in folchen Ebenen fich verhalten, welche fenkrecht zu «a u‘, BP, xy’ orientirt liegen. Die beiden Wellen a «‘, 8 8° fchreiten, da fie ungleiche Elafticität in der Transverfalrichtung antreffen, mit ungleicher Gefchwindigkeit fort, fie erhalten einen Gangunterfchied von ne &3 ; ihn beziehungsweife 4% ; A 2 2 2 2 2 Schwingung im unteren Nicol von a nach a‘ geht, fo wird fie, wenn wir das Gypsplätt- chen in die Lage g, g, g,' g,‘ bringen, nunmehr nach a a‘ in der einen und nach b b‘ in der anderen Schwingungsebene übertragen; fie kommt nach c c* in der Schwingungsebene Wenn die 152 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Von unferen drei Körpern kann nur die Zellmembran nach der Vol- lendung der Form noch Spannkräfte anhäufen, welche unabhängig von der Temperatur find. Es find dieß eben die Anziehungskräfte zu Flüffigkeiten. A ’ A Fıc. 163. des Analyfators, die Intenfität it gefunken. Sie wird gleich Null, wenn g g,, g, g, mit A 4A' B P' zufammenfallen. Liegt nun das Plättchen genau in der diagonalen Stellung, fo wird die Amplitude Ca Ca‘ in der Ebene g des Plättchens = cu, ca’ und in g* wird fie CB, CB‘, beide auf A A' übertragen, wird dort die Amplitude Cy, Cy‘. ftp der Winkel, welchen gg‘ mit P einfchließen, fo it Ca = cosy.Ca. Mo» = 45°, fo find die Amplituden in g und g‘ die gleichen. Bei der Uebertragung der beiden Schwingungen auf A A wird dort Cy= Ca Interferiren die Strahlen in y y‘, fo erhält der componirte Strahl die Intenfität ]J=VCr+ er" +2C?7? cos (6 + 180). Hier bedeutet nach Früherem % den Phafenunterfchied der beiden Wellen. Diefer Ausdruck ift aber J= V 2a: sin? 9 cos? p — 2 a? sin? $ cos? 9 cos 6. Die Lichtintenfität entfpricht dem Werthe JP = 2a? sin? 9 cos? 9 (I — cos 6). Wird 9» gleich Null, fallen g g‘ mit A P zufammen, fo wird der Sinus gleich o, das Gefichtsfeld erfcheint dunkel. In dem gleichen Sinne werden die beiden Wellen in g g‘ nach einem zweiten doppelbrechenden Medium, welches über g g‘ eingefchaltet ift, und von dort endlich auf die Schwingungsebene des oberen Nicols übertragen. Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 153 In jedem Maffenelemente der Membran herrfchen folche fpecififche An- ziehungskräfte für verfchiedene Flüffigkeiten; Waffer entfernt die feften Theile am weiteften. Alkohol, Canadabalfam, ätherifche Oele ziehen fie felbft viel näher zufammen, wie im trockenen Zuftande. Eine trockene Membran ift in Bezug auf Waffer in pofitiver, in Bezug auf Ca- nadabalfam aber in negativer Spannung; werden diefe Spannkräfte befriedigt, fo nähern fich die Theilchen, fo beim Canadabalfam, wodurch ‚die Reaction auf das polarifirte Licht in der auffallendften Weife verftärkt wird, oder fie entfernen fich fo beim Mae wodurch die befagte Reac- tion merklich gefchwächt wird. Zur Analyfe diefer Erfcheinungen beachte man, daß, wenn ein anifo- troper fefter Körper plötzlich fo ftark quillt, daß die Theilchen auf große Entfernungen aus ihren Kraftcentren hinaus in’s Wafler gelangen, dann die Anifotropie verfchwinden muß, ehe die Körper vollftändig flüfig find; haben fie unter dem Einfluß diefer Kräfte ihre Doppelbrechung verloren, find fie gar flüfig geworden, wie der Traganthfchleim, der Stärkekleifter, das Collodium, fo haben fie ihre Anifotropie verloren. Es fchien aber auch, daß es nunmehr nicht mehr möglich fei, die Theilchen wieder fo zu nähern, daß ihre Wirkungsfphäre eine andere wie eine Kugel werde, daf fie eben ifotrop werden. Diefe Vorausfetzung ift falfch. Man kann Be- dingungen herftellen, unter welchen die genannten flüflıigen Membranogene fo erftarren, daß fie eine voraus zu beftimmende ellipfoidifche Wirkungs- {phäre erhalten. Wenn man auf eine ebene Glasfläche ein flüfliges Colloid gießt, wel- ches verdunftend fchrumpft und zur glasartigen Haut erhärtet, fo entfteht an und für fich fchon mindeftens ein optifch einaxiger Körper in Form einer Platte, weil die Molecularkräfte in der Ebene der Glasfläche andere find, wie in einer Ebene fenkrecht zu diefer. Bei dem Schrumpfen ift die moleculare Kraft in der Ebene des Glafes nach allen Richtungen gleich, daher ift für den Strahl, welcher fenkrecht zur Ebene des Plättchens aus erhärtetem Colloid dasfelbe durcheilt, die Ellipfe der Elafticität ein Kreis, das Plättchen erfcheint ifotrrop. Ift aber eine Luftblafe in der Schicht aus Collodium, Traganthfchleim, Stärkekleifter und wird diefelbe während des Erhärtens eingefchloffen, fo müflen zellenartige, luftführende Hohlräume, welche von einer optifch einaxigen Colloidfchicht eingefchloffen find, ent- ftehen. In der That zeigt der optifche Durchfchnitt einer Luftblafe in den erhärteten Colloiden zu einem Gypsplättchen Roth I alle Phänomene, welche eine ifodiametrifche Zelle des Grundgewebes in der Pflanze zeigt. Dabei ift es offenbar einerlei, ob die Blafe in Collodium, Traganthfchleim oder Stärkekleifter liegt, fie wird in allen Fällen optifch einaxig fein. 154 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Es ift daher in hohem Grade wahrfcheinlich, daß diejenigen Gewebe . in der Pflanze, welche während ihrer ganzen Evolution nach allen Rich- tungen des Raumes gleichmäßige Streckung erfahren, in ihren optifchen Eigenichaften folchen Luftblafen gleichkommen. Die Phänomene in den auf Glasplatten erhärtenden Colloiden find fo lehrreich, daß ich hier noch einige zu befprechen wünfche: Erfcheinungen in künftlichen Collodium-, Traganth-, Stärke- kleifter-Membranen. Wir gießen auf mehrere Objectträger die Flüfigkeiten, bezogen auf die Glasfläche in der folgenden Reihenfolge: I. Glasfläcke. I. Glasfläche. II. Glasfläche. Stärkekleifter. Traganthfchleim. Collodium. Wir laffen erhärten und fertigen mit einigen der Objectträger noch die folgenden Combinationen an: IV. Glasfläche. V. Glasfläche. VI. Glasfläche. VI. Glasfläche. Stärkekleifter. Traganth. Collodium. Collodium. Collodium. Collodium. Stärkekleifter. Traganth. Bei allen nachfolgenden Beobachtungen liegt der Objectträger über einem Gypsplättchen Roth I bei gekreuzter Stellung der Nicols. Erfcheinung an I und I. Die Colloidfchicht erfcheint in der Fläche ifotrop, zeigt äußerlich keine Spannung. Zieht man mit einer fcharfen Nadel im Momente des Erhärtens Namenszüge, Zickzacklinien hinein, fo erfcheinen die Ränder der Züge, welche dem Querfchnitt der Membranlamelle entfprechen (man be- achte den Nadelholztüpfel Fig. 154), additionell oder fubtractionell. Örientirt man fie zur großen Elafticitätsaxe des Gypfes, fo findet man, daf) diefe fenkrecht zum Rande des Zuges fteht. Hieraus ergibt fich die große Axe der Elafticität fenkrecht zur Membranfläche, die kleine in der Membranfläche oder umgekehrt. Die eingefchloffene Luftblafe zeigt nern Weife eine ver- fchiedene Lage der Elafticitätsellipfe in dem optifchen Durchfchnitt. Bei Collodium und Stärke fteht die große Axe tangential, bei Traganthfchleim fteht fie radial. Hieraus geht hervor, daß auch in flüffigen Colloiden durch die bloffe Adhäfion die Spannkräfte in gleichem Sinne polarifirt werden, wie in der erhärtenden Membran in der Pflanze. Erfcheinungen an Il. Die Colloidfchicht erfcheint in der Fläche ifotrop, zeigt außer der Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 155 areolenartigen, den Photographen bekannten Streifung äußerlich keine Spannung. i Die Ränder der Züge zeigen da, wo fie glatt abgeriffen, keine Ver- änderung oder nur äußerft fchwache Addition und Subtraction, erftere, wenn der Rand parallel der großen Axe im Gyps, letztere, wenn er fenk- recht dazu fteht. Da aber, wo Falten fich gebildet, erfcheint Subtraction und Addition. Läuft die Falte parallel der großen Axe im Gyps, fo er- fcheint Addition. Erfcheinungen an IV bis VL In dünnen Schichten zeigen diefe Membranen, wiewohl fie der Span- nung nach von der Glasfläche ab + IV, V; £ VI, VII gefpannt find, mit wenig kleinen Abweichungen diefelben Erfcheinungen. V reißt fchärfer und zeigt Addition und Subtraction in dem Rande der Züge. VI zeigt keine Veränderung im Rand des Zuges. Beide aber zeigen in den Orten der ftärkften Prefflung durch den Gang der Nadel die ftärkfte Addition und Subtraction. In dicken Schichten verhalten diefelben Membranen fich in den Riffen wie eine Cuticula Exine und Intine, fo daß derfelbe Rand des Zuges Addition und Subtraction zeigt. -Liegt dabei die pofitiv gefpannte Schicht (Traganth oder Stärke) in der Glasfläche, Collodium außen, fo kommt es meift zum Zerreißfen der nach der Glasfläche concav gekrümmten Mufchelflächen. In folchen Bruch- ftücken find die Polarifationserfcheinungen am brillanteften. Fertigt man, Bestimmung der Lage des Elasticitätsellipsoids in der pflanzlichen Membran, wenn die Axen irgend welchen Winkel mit den Axen der Zelle bilden. Unter Axen der Zellen foll die Cylinderaxe einer cylindrifchen oder der Durch- meffer einer kugeligen oder der Längsdurchmeffer einer prismatifchen Zelle verftanden fein, fowie die tangentiale und radiale Richtung durch die Membran; die drei Axen fchei- den fich dann unter rechtem Winkel. Bezogen auf diefes Axenfyftem, kann dann das dreiaxige Elafticitätsellipfoid des rotirenden Kryftalls eine beliebige Lage haben; diefe Lage zu beftimmen, bezogen auf die Axen der Zelle, ift die eigentliche Aufgabe der Polarifationsricofkopie. Diefelbe läßt fich kurz dahin definiren: Es foll der Winkel zwifchen den zwei optifchen Axen gefucht und beftimmt werden, ob das Kryftallelement ein optifch pofi- tives oder 'optifch negatives ift. Sind diefe Daten gegeben, dann ift es leicht, das Elafti- eitätsellipfoid in die Membran zu conftruiren. Was die experimentellen Operationen zu diefer Aufgabe anbelangt, fo ift klar, daß das zu unterfuchende Object entweder gefchliffen oder gefchnitten oder gefpalten werden muß, follen die verfchiedenen Normallagen der wirkfamen Ellipfe zum einfallenden Strahl möglich fein. 5 Bedient man fich der Methode des Schneidens nach drei zu einander fenkrechten Richtungen, fo genügt ferner ein einfacher Goniometer, um Winkel in einer Ebene zu beftimmen. 156 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. ehe die Membran reißt, Querfchnitte, nachdem man fie S-förmig aufgerollt hat, fo entfprechen die S-Ringe den Querfchnitten der Membran-Cylinder, welche an dem Federkiel entftanden find!). ° Die Unterfuchung diefer Schnitte bietet zweierlei Intereffe: 1° zeigt fie uns die Wirkung der Adhäfion auf ifotrope Colloide, 2° kann entfchieden werden, ob eine begrenzte Quellung unferer künftlichen Lamellen die Spannung und Anifotropie vernichtet oder ob fie, wie bei den fertigen Pflanzenhäuten, die Intenfität der Polarifationserfchei- nung nur dämpft (f. oben Spannung zu Waffer und Canadabalfam). Die wechfelnd und mehrfach gefchichteten Lamellen aus Collodium und Traganth laffen an Farbenpracht die pflanzlichen Membranen weit hinter fich. Ich ftelle die Beobachtungen in dem Nachfolgenden fo zufammen, daß} ich von den allgemeinen nach den befonderen Eigenfchaften fortfchreite: I. Dünne Lamellen, aus wenig Schichten (mindeftens zwei) nach IV bis VII angefertigt und aus S-förmigen Convoluten gefchnitten, ferner dünne Ringe, verhalten fich, bezogen auf ein Gypsplättchen von Roth I, wie der Ring Intine. Befchränkte Quellung in Waffer oder Alkohol ändert die Lage der Elafticitätsellipfe nicht. Dabei ift es gleichgültig, ob die Fläche, welche in den Lamellen IV bis VII mit der Glasfläche zufammenfiel, durch das Rol- len in der S-Figur pofitiv (concav), negativ (convex) gefpannt wird bis !) Streng genommen ift dieß nicht richtig, weil in den Cylindern die Colloide er- härteten unter der Einwirkung anderer Tangentialkräfte; in der aufgewickelten Cylinder- fläche muß die Ellipfe nicht wie in den auf der Glascbene erhärteten Membranen ein Kreis fein, weil im Cylinder ‘die Tangentialfpannung parallel der Axe eine andere ift, wie in einer Transverfalrichtung. Man könnte auch den durch die obenbefchriebene Rotation entftehenden Cylinder der Länge nach auffchneiden und die Cylinderwand flach legen; das rechteckige Stück, welches fo entfteht, verhält fich ganz wie ein Gypsplättchen. Bei der Methode des Drehens des Objectes aber find zwei Winkelmeffer für zwei aufeinander fenkrechte Ebenen abfolut nöthig. Wir bedienen uns der letzteren Methode als der exacteren und behandeln zunächft die Aufgabe an einem Cylinder, an welchem zunächft ein Querfchnitt fenkrecht' auf die Axe leicht hergeftellt werden kann. Sind durch den Querfchnitt und die beiden Hauptfchnitte die Axen größter, mittlerer und kleinfter Elafticität gegeben (f. S. 139), fo dreht man das Object um eine horizontale Axe bei diagonaler Stellung des Gypsplättchens zu dem Nicol. Dabei aber muß die Axe mittlerer Elafticität mit befagter Drehungsaxe zufammenfallen. Das Object er- fcheint dann zweimal in der Farbe des Gefichtsfeldes und behält diefe Färbung auch, wenn es um eine fenkrechte Axe in diefen Lägen rotirt. Dreht man es aber aus der neutralen Lage um die horizontale Axe erft nach links, dann nach rechts, fo muß es in beiden Fällen Addition und dann Subtraction oder Subtraction und dann Addition zeigen. Dieß wird in den folgenden graphifchen Darftellungen erfichtlichh 4A PP die "| ER . ‚neutrale Lage erreicht, fo wird es, nach links gedreht, Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 157 zu der Grenze von 0,3; mm Diameter der Beugung bei einer Dicke von 0,25 mm der Membran. II. Bei mehrfach aus Collodium und Traganth oder Stärkekleifter ge- fchichteten dicken Lamellen erfcheinen im gewöhnlichen Lichte Schichten, im polarifirten Lichte aber nur zwei optifch differente Convolute, welche dem Syftem der beiden verfchmolzenen Ringe (Intine und Exine) entfpre- Ebenen der Nicols. a die Axe der größten Elafticität, b die mittlerer, c die Axe kleinfter Elafticität in dem rotirenden Object. Wir drehen das Object um die mittlere Elafticitäts- axe, welche horizontal fteht. Das Object hat in I diejenige Lage, bei welcher ein Kreisfchnitt in der Ebene des Gefichtsfelds liegt; es ift dann in der Farbe diefes gefärbt. Die Elaftici- tätsellipfe hat dann, bezogen auf die mikrofkopifche Axe ZZ, welche fenkrecht zu der Ebene des Gefichts- feldes AA‘ PP‘ fteht, die Lage in II. 5 ift in II zum Punkt verkürzt, ebenfo die Axe b b im Object. Drehen wir jetzt das Object nach links um, fo bekommt die wirkfame Ellipfe, bezogen auf AA PP, die I.age Fig. II. Das Object erfcheint zuerft in be- flimmter Lage additionell und bei noch weiterer Dreh- ung von diefer letzteren Lage (bis um 90° weiter) fub- tractionell. Fig. IV. Drehen wir hingegen das Object aus den Anfangs- lagen, Fig. I und II, nach rechts um b, fo wird es zu- Fr erft in eine Lage kommen, in welcher es fubtractionell erfcheint; bei weiterer Drehung um diefelbe Axe er- fcheint es dann additionell. Hat das Object die zweite A zuerft fubtractionell und weiter additionell, nach rechts = b aber. zuerft additionell, dann fubtractionell gefärbt er- c fcheinen. IT. P TS pP’ (Um wie viel Grade gedreht werden muf,, ift von | den Winkeln, welche die optifchen Axen mit den Axen b der größten refp. kleinften Elafticität einfchließen, ab- ; hängig.) A Ift nun wieder, wie vorausgefetzt war, die Lage von b bekannt, fo ift es auch leicht, aus diefen Be- obachtungen auf die Lage des Elafticitätsellipfoides in dem Object zu fchließen; möge z. B. die Holzzelle von Pinus mit zwei gekreuzten Streifenfyftemen in der \ s Membran dienen. Stellen wir zunächft das Object mit y P feiner mittleren Elafticitätsaxe b 5 auf die größte Elafti- \ citätsaxe im Gyps ein. b Steht erftere querradial, fo rotiren wir um a den Querdurchmeffer der Wand; fteht erftere tangentialquer, fo rotiren wir zZ’ _ um den Tangentialdurchmeffer der Wand; Fıc. 164. 158 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. chen. Es liegt in dem inneren Ringe, welcher der Glasfläche angrenzt, die große Axe parallel der Schichtung, die kleine fenkrecht dazu. In dem äußeren liegen fie umgekehrt. Partielle Quellung zerftört diefe Anordnung nicht. Stärkeres Quellen, namentlich in Wafler, macht, daß das Syftem «Intine, Exine» in den einfachen Ring (Intine) übergeht. III. Nur bei einer Membran ift ein Einfluß der Quellung auf die Elafticitätsaxen merklich gewefen. Es war dief) eine nur aus zwei Schich- ten beftehende Lamelle, Collodium an der Glasfläche, Stärke außen. Collodiuminnen, Stärke außen. Spannung. Elasticitätsaxen. | \ Be. [ innen radial. I. Zufatz von Waffer bis zur begrenzten | Men = | STONE: | außen tangential. Quellung, fodann rafch in warmen Ca- nadabalfam. Außen + | Kleine: f außen tangential. "innen radial. Il. Zufatz von Alkohol, ebenfo in innen + | große: ebenfo. Canadabalfam. außen — | kleine: ebenfo. Trocken: innen — . f außen tangential. Tracken, außen + große: \ innen radial. . innen — | große: wie vorher III. Canadabalfam auf die trockene alle Erfcheinungen Membran. außen + | kleine: verftärkt. Geht einer Pflanzenzelle durch Maceration ein Theil der feften Sub- ftanz verloren, fo bleibt ein Skelet übrig, welches im Allgemeinen mit der Feftigkeit feine Anifotropie deffwegen verloren hat, weil jetzt die Kraft- centren der Subftanzkerne auf zu große Diftanzen vertheilt find. Rothfaules Eichenholz ift korkartig, weich, plaftifch, fpecififch leichter, bröckelig, be- zogen auf das gefunde, und wirkt äußerft fchwach auf das polarifirte Licht. Ich verfuchte folches Holz in verdünntem Collodium zu tränken, um zu entfcheiden, ob bei diefer Imbibition die befagten Lücken fo gefüllt werden, dafd die frühere Vertheilung der Spannung wieder hergeftellt wird. Das Refultat war ein negatives. fteht fie axial, fo rotiren wir um die Längsaxe der Zelle. . In diefer Weife läßt fich wohl bei fehr fchwachen Vergrößerungen verfahren. Für alle Objecte, welche eine flärkere Vergrößerung beanfpruchen, läßt fich bei der Einrich- tung des Mikrofkopes, wie fie gegenwärtig befteht, diefe Methode nicht anwenden, in- foweit das Object um eine Axe gedreht werden muß, welche in die Ebene des Object- tifches fällt. Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 159 Wir können nunmehr bei der weiteren Betrachtung der Polarifations- erfcheinungen in natürlichen Pflanzenmembranen, fowie an künftlichen Membranen, welche aus Cellulofe-Derivaten hergeftellt wurden, von den fol- genden Vorausfetzungen ausgehen: ı° Beim Erftarren eines ifotropen Colloides in einer Ebene entftehen Membranen, welche nur nach zwei Richtungen verfchieden elaftifch, refp. dicht find: die eine Richtung ift die Ebene der Adhäfion felbft und die Anziehungskräfte in ihr müffen nach allen Richtungen gleich, die bei fenk- rechter Incidenz des Lichtes wirkfame Elafticitätsellipfe in ihr muß fomit ein Kreis fein; die andere fteht fenkrecht zur Ebene der Adhäfıon. _Diefes Element der Mem- bran entfpricht fomit einem op- tifch einaxigen Kryftall, feine Elafticitätsfläche ift ein Rota- tionsellipfoid, dieRichtung fenk- recht zur Ebene der Adhäfıon = + T z ift die optifche Axe. Es ift mir (wie aus den “Ss Abbildungen Taf. IV, Botan. ® e: an y Unterfuchungen, "Verlag von Fıc. 165 4, B » 10 Collodium. 20 Ed 30 Berg- C. Winter in Heidelberg, er- sryfall. 4% Cellulofe Intine. — B. 19 Traganth. 20 Kalkfparh, hellt) gelungen, zu zeigen, daß yeasiget sage die Colloide fich beim Erftarren in einer Ebene je nach ihrer chemifchen Natur oder derjenigen ihres Löfungsmittels verfchieden verhalten, daß die aus ihnen entftehenden Membranen (wie die optifch einaxigen Kryftalle) optifch pofitiv oder negativ fein können. Mögen x yz, Fig. 165, rechtwinke- lige Raumcoordinaten bedeuten, abcd ein Raumelement der Membran, welches in der Ebene yx an einer feften Glaswand erhärtet ift, fo ift leicht einzufehen, daf), ob fich die Membranen in der Ebene x y fchrumpfend los- reifen von der Glasfläche oder nicht, die Spannung nach allen Richtungen um einen in der Ebene gewählten Punkt C diefelbe fein muß. Die Theilchen der Membran, durch die Verdunftung des Löfungs- mittels beftrebt, fich zu nähern, werden in der x y-Ebene durch die Glas- wand eine Zeit lang feftgehalten, in allen Richtungen parallel der x-Axe aber können fie fich gegenfeitig nähern, der Lichtftrahl, welcher fenkrecht zur Ebene der Adhäfıon die Membran durcheilt, wird nicht zerlegt. In diefer Richtung verhält fie fich wie ein ifotroper Körper. x d Geht derfelbe aber in jeder anderen Richtung, fo mufßs eine Zerlegung in zwei Strahlen und bei der Uebertragung diefer auf eine Schwingungs- ebene ein Interferenzphänomen eintreten. 160 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Einaxig und optifch pofitiv nennen wir einen Kryftall, deffen Elafti- citätsellipfoid, bezogen auf die x-Axe, mit welcher die Richtung des Strahles parallel geht, die Lage Fig. 165 A hat; fo verhält fich Bergkryftall und von unferen künftlichen Membranen die in der Ebene erftarrten, aus Collodium und Stärkekleifter, fowie Gelatine. Einaxig optifch negativ hingegen nennen wir ein Kryftallelement, deflen Elafticitätsellipfoid, bezogen auf den mit der z-Axe parallelen Strahl, die Lage B Fig. 165 hat; fo verhält fich Kalkipath und von den künft- lichen Membranen diejenige aus Traganth- fchleim, welcher in der Ebene erftarrt. . Die Vorausfetzung, daß die Elafticitäts- ellipfe einer erhärtenden Colloidmembran in der Fläche der Adhäfion ein Kreis fei, gilt FıcG. 166. Cptifch zweiaxiger Cylinder FıG. 167. von Collodium, in einer Glasröhre eingefchloffen. nur noch für die Kugelfläche, denn offenbar müflen, gleiche Dicke des er- ftarrenden Colloides vorausgefetzt, die Tangentialkräfte, welche ein Theil- chen beim Erftarren afhıciren, nach allen Richtungen in der Kugelfläche gleich fein. Die Radialkräfte müffen ebenfalls für alle Elemente. der Fläche gleich fein, find aber verfchieden von den Tangentialkräften. Wir können daher optifch pofitive und optifch negative kugelförmige Membranen er- halten, wenn wir die Membranelemente A und B, Fig. 165, mit der opti- fchen Axe als Radius eine Kugelfläche befchreiben laffen, d. h. wenn wir die betreffenden Colloide in oder über eine Hohlkugel gießen und erftar- ren laffen. Stets müffen folche Kugeln für ein kleines Element in der Richtung des Radius neutral fein. Bam" Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 161 Dasfelbe muß, wenn wir von den künftlichen Membranen, welche in der Ebene erftarrten, ausgehen, auch für jede kugelige Membranhülle gel- ten, welche nicht an einer feften Form anhaftet, fo etwa die von einem Colloid umfchloffene Luftblafe, welche im Sinne einer Seifenblafe entftan- den fein möge. Die Trauge’fchen Zellen, die Inulin- und Stärkefphäroide, wenn fie genau kugelig gewachfen find, werden ebenfalls hierher gehören, während bei den kugeligen Niederfchlägen von kohlenfaurem Kalk, die in - der auffälligften Weife die morphotifchen Proceflfe der Stärkebildung nach- ahmen, nicht erwiefen ift, ob nicht die Anordnung der Kryftallmolecule die Urfache des hier betrachteten Phänomens ift. 2° Erftarrt das Colloid in einer Cylinderfläche, etwa in einer Glas- capillare, fo entfteht ein optifch zweiaxiges Membranelement, weil die Theilchen in der Cylinderaxe fich nicht nähern können, während fie in den transverfalen Richtungen des Cylinderquerfchnittes eine Näherung er- fahren. Es kommt fomit zu den vorher (für die Ebene und Kugel) be- fprochenen Zugkräften eine dritte hinzu, welche nur von der geometri- fchen Geftalt der Zelle abhängig ift. Mit Rückficht auf die Geftalt der Pflanzenzelle können wir fagen: optifch zweiaxige Elemente in erftarren- den Colloidmembranen müffen entftehen in jeder Fläche, welche nach ver- fchiedenen Richtungen verfchieden gekrümmt ift (Ellipfoidfläche, Kegel, Cylinder, elliptifcher Kegel u. f. f.). Legen wir. einen dünnen Collodiumeylinder aus der Glascapillare (Fig. 166) horizontal (in Canadabalfam) in’s Gefichtsfeld des Polarifations- mikrofkopes über ein Gypsplättchen von Roth I in der diagonalen Stellung, fo erhalten wir, wenn die optifchen Durchfchnitte o 0° der Cylinderwand mit der großen Axe der Elafticität im Gyps zufammenfallen, Addition. In den Ringquerfchnitten R R’ erhalten wir Addition in denjenigen Quadran- ten, welche mit der großen Axe der Elafticität im Gyps zufammenfallen. Endlich in einem Flächenelement der Cylinderwand finden wir die große Axe der Elafticität parallel der Cylinderaxe. Wir erhalten fomit: 1. Im Ringabfchnitte große Axe der Elafticität tangential, kleine ra- dial, Fig. 167 rechts. 2. Im radialen Längsfchnitt große Axe parallel der Axe, kleine fenk- recht dazu, Fig. 167 rechts. 3. In der Fläche des Cylinders große Axe parallel der Cylinderaxe, kleine fenkrecht dazu, Fig. 167 rechts, und hieraus: 1. Die große Axe der Elafticität parallel der Cylinderaxe. 2. Die kleine fenkrecht zur Cylinderaxe und parallel dem Radius (fenkrecht zur Schichtung). N. ]J. C. Mürrer, Handbuch I. ı. 11 162 ° « III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. 3. Die mittlere fenkrecht zur Cylinderaxe und fenkrecht zum Radius (parallel der Schichtung). Wir können nun ftatt Collodium dasjenige Colloid anwenden, welches, für die Membran in der Ebene b£&zogen, auf Collodium optifch ent- gegengefetzt fich verhält: den Traganthfchleim. Der Cylinder aus Traganthfchleim befitzt nach derfelben Analyfe, welche wir für den Collodiumcylinder vornahmen, das Elafticitätsellipfoid, welches wir in der Fig. 167 links darftellen: & 1. Die große Axe ift parallel der Cylinderaxe. 2. Die mittlere ift fenkrecht zur Cylinderaxe und fenkrecht zur Schichtung. (radial). 3. Die kleine ift fenkrecht zur Cylinderaxe und parallel der Schich- tung (tangential.). ’ Leicht ift nun zu erweifen, daß in den aus Collodium und Traganth oder Stärkekleifter gefchichteten optifch zweiaxigen Cylindern durch Auf- hebung eines Theiles der Spannung die Doppelbrechung nicht ganz ver- nichtet wird. Behandelt man den gefchichteten Cylinder mit Alkohol, fo - wird das Collodium gelöft und es bleibt der Traganthcylinder übrig. Behandelt man mit Waffer, fo quillt die Traganthfchicht und es bleibt der Collodium- cylinder übrig. Beide fo erhaltene Cylinder find noch ftark doppelbrechend. Es ftimmen fomit unfere künftlichen Membranen auf das Genauefte mit den natürlichen überein, wenn man von der ftärkeren Quellung eines Theiles der Colloide in den künftlichen Zellen abfieht. Auch in dem Glascylinder in den gewöhnlichen Röhren felbft find die Molecularkräfte in dem- felben Sinne vertheilt; und von denfelben Betrachtungen aus- gehend, welche wir für die in der Ebene und in der Kugel erftar- rende Colloidmaffe anftellten, © 6 können wir fagen: in einer Glas- ei Ans hohlkugel, welche geometrifch Fr ’ A u „ genau und von gleicher Wand- TE ee | ——nun .. . ar . SH or ftärke geblafen ift, müffen die DR SER / Spannkräfte fich fo vertheilen, ec e’ dafd ein Flächenelement optifch Fıc. 168. einaxig + ift. Wir finden in einer Operation der Glasbläferei den Uebergang zu den Wachsthumserfcheinungen an der lebenden Pflanze und gelangen da- durch zur dritten Vorausfetzung. Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 163 3° Um an eine Glasröhre eine dünnere auszuziehen, verfährt man be- kanntlich fo, daß man an der Röhre a Fig. 168 in einem Querfchnitt r die Glasmafle verflüffigt und zu einem Ring r zufammenfließen läßt. Hierauf zieht man mit beiden ftarren Enden die flüflige Maflfe zu dem dünneren Cylinder c c‘ aus. Solche Cylinder werden beim Erftarren optifch zweiaxig und zerfallen in zwei Cylinderfchalen, deren große Axe der Elafticität mit der Cylinderaxe zufammenfällt, während die kleine und mittlere in dem Querfchnitt des Cylinders und zwar fo liegen, daß in der äußeren die mittlere radial, die kleine tangential, in der inneren Schale die mittlere tangential, die kleine radial liegt. So wie durch Zug aus einer flüfigen Glasmaffe durch Erftarren eine neue Cylinderwand entfteht, fo bietet CEdogonium, eine Süßwafferalge, ei- nen ähnlichen Proceß durch einen Druck auf die Zellwände. Die ausge- wachfene Zelle A, Fig. 168, in der Cylinderkette durch die Wände b b‘ begrenzt, bildet bei r einen Ring flüffiger Cellulofe, reißt bei a durch einen Ringfchnitt und zieht den Ring r zu dem dünneren Cylinder cc‘ aus. Offenbar müffen hier, wenn das Erftarren vor der Relaxation erfolgt, fowie beim Glas fich die Spannkräfte nach dem herrfchenden Zug oder Druck vertheilen. "Wir kommen nun zur vierten Vorausfetzung. 4° Bei der Vertheilung der Spannkräfte in der Pflanzenzelle kommt nicht allein die Adhäfion, fondern auch die Spannung in Betracht, wel- che entfteht, wenn die inlapsfche Maffe der Wand aus einem Ara volum der Zelle nach einem größeren Volum gezerrt wird. Wir unter- fcheiden hier: a) Die Zelle war zur Zeit ihrer Entftehung ifodiametrifch und wächft nach allen Richtungen des Raumes gleichmäßig. b) Die Zelle war im Anfang ifodiametrifch und wächft nach einer Richtung vorzugsweife (Haare und Fafern). c) Die Zelle war fchon im Anfang anifodiametrifch und wächft nach allen Richtungen näherungsweife gleichmäßig: Holzelemente, welche aus dem Cambium entftehen. d) Die Membran ift in gewiffem Sinne ein Secret, welches die freie Außenfläche überzieht und mit diefer gleichmäßig weiter wachfen muß (Cuticula, Cuticularfchichten). 9. Beziehungen zwischen den Quellungsaxen und dem Rlastieitätsellipsoid. Soweit beftimmte Meflungen vorliegen, giebt es Membranen mit drei verfchiedenen Quellungsaxen; dahin gehören zum Beifpiel die Holzzelle, die Gefäße. In Fig. 169 A find 100 Theile in der Axenrichtung a c mit 11° 164 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. einer Zunahme vom trockenen nach dem naffen Zuftande von 0.8°/o. Inab find 100 Längeneinheiten aus der Maffe derfelben Holzzelle in tangentialer nass 4. Nu88 Trochen AeNz Trocken N e 7 7 x os j a %| je’ | © _—> FE 7% —> Ar? 23% Fıc. 169 A. Fichtenholzzelle. 100 Theile der Peripherie. 100 Theile des Radius. B. 5 Ferinherie | Radius Aufgewickelle Cylinderfläche 16 100 60 ou e 5 ” b Axe des Cylinders oe Trochen nass Fıc. 169 B. Caulerpa-Stammazelle. „Äussere Ferinhe rie, 227 nass Richtung gemeflen; fie werden zu 107, wenn fie naß find. Ein ebenfolches quadratifches _ Plättchen von 100 Theilen Axenlänge in den Radius der Zellwand gelegt, quillt von a’ b nach a’ b‘ um 23 °Jo. ' Bei der Mafle der Holz- und Gefäßzellen wirken alfo bei dem umgekehrten Vorgange _ des Quellens die Kräfte, welche die Volumveränderung herbei- führen, fo: in Richtung der ‚Axe (die Pfeile «) würde die kleinfte, in Richtung der Pfeile ß, in radialer Richtung, die größte An- näherung erfolgen, und endlich in der tangentialen (die Pfeile 7) würde die Compreffion eine mittlere fein. Bei der Caulerpaftammzelle entfpricht diefelbe Volumver- minderung der Compreffion von ab auf ab in der Periphe- AL 155 trocken EN rie und in transverfaler 2 2% An S 318 Be rar x Richtung von aß auf ab in der radialen Längsrich- tung und von ay aufac in der Längsrichtung. Der letzte Cylinder C verdient ein be- fonderes Intereffe. Er be- fteht aus erhärtetem Tra- ganthfchleim und wurde in einer Mifchung von Alkohol (50/0) und Wafler (50 °/o) Fıc. 169 C. Traganthcylinder. zum Quellen gebracht. Man fieht, daß) auch hier, ganz analog der Caulerpa, die Quellung nach den Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 165 drei Richtungen ungleich ift. Nun ift leicht einzufehen, dafs in der ge- ftaltlofen Mafle des Traganthfchleimes die Molecule nach allen Richtungen gleichartig vertheilt waren. Im erhärteten Cylinder aber ftimmen nicht allein. die Quellungsgrößen, fondern auch die Polarifationserfcheinungen auf das volkommenfte mit denjenigen der Caulerpazelle überein. Es liegt fomit in diefem Falle mit Beftimmtheit das Bedürfniß nicht vor, den Sitz der Doppelbrechung in die Molecule der feften Subftanz zu ee und diefen Moleculen kryftallinifche Natur zu vindiciren. Bei den Betrachtungen über diefen Gegenftand wolle man beachten, daß alle ifotropen Mittel durch Druck anifotrop werden. Man wird daher mit den Axen der Quellung refp. des Schrumpfens beffer die ne und Ellipfoide der Dichte in anifotropen Kryftallen der Vergleichung zu Grunde legen. Die Axen PL diefer haben den reciproken Werth der Elaftici- 2 tätsaxen. 10. Allgemeine Folgerungen. Es ift aus den Abhandlungen über die Zell- bildung gewiß, daß die pflanzliche Membran aus dem Zuftande einer plaftifchen und colloidalen Mafle allmälig erhärtet, dabei Zug- und Druck- kräften, fowie den Anziehungen unterliegt, welche in jedem capillar gefpannten Syftem herrfchen, wie z. B. in der Schaummafle der Actinofphxra, in dem Schaum. der Flüffigkeiten. Um die Dop- pelbrechung in der fpäter feften, elaftifchen und / Re 2 . 6) quellungsfähigen Membran zu erklären, wird man . Ah! x inılr E Fıc. 170. llex aquifolium. daher nicht nöthig haben, kryftallinifche Subftanz a kerne anzunehmen. Zu erklären aber find immer Zweiges. noch einige Phänomene: ı° Die Membran wirkt im naffen Zuftande fchwächer auf das pola- rifirte Licht, wie im trockenen oder im Canadabalfam (f. S. 158). 2° Die Membranen können als optifch einaxige und optifch zweiaxige entftehen. Die Erklärung fließt aus der früheren Schilderung ($. 159). 3° Die ungleiche Quellung nach den drei Richtungen des Raumes erlaubt den Schluß, daß die Maffe nach den drei Richtungen ungleiche Dichte befitzt. Daher muß auch die Elafticitätsfläche ein dreiaxiges Ellipfoid fein. 4° Das dreiaxige Ellipfoid der Elafticität des Aethers muß für die beiden Lagen der wirkfamen Ellipfe im Querfchnitt der Caulerpa einerfeits, in der Holzzelle andererfeits, gleichfinnig aus dem Axenfyftem die Quel- lung erklärt werden können. 166 III. Wachsthumserfcheinungen der Membran. 5° Die Structur der Alodepidermis’ muß aus Phänomenen der Span- nung zweier ungleich ftark quellender Membranplatten erklärt werden können. Ein Längsdurchfchnitt durch die Epidermis und die Peridermlagen des Zweiges von Ilex aquifolium zeigt die Ellipfe der Dichte in der äußer- ften Cuticula fo orientirt, wie es die Figur zeigt; dann kommt eine dickere homogene Haut (welche wohl der Cuticularfchicht von ScHacHT entfpricht), fie ift neutral, und endlich kommt die Schicht, welche der Intine entfpricht. Hier ift die Ellipfe umgekehrt orientirt, die große Axe fteht fenkrecht zur Längsaxe. Die Wände des Binnengewebes, welche an der rech- ten Seite der Figur 170 liegen, zeigen die Ellipfe fo orientirt, wie die äußere Haut (Cuticula). Ganz in gleicher | Weife verfuhr ich mit den übrigen Durch- f fchnitten, ftellte dabei aber zuerft in das dureh Sonnenlicht mit dem Helioftaten beleuchtete Polarifa- tionsmikrofkop die Inulinfphäroide der 9 Dahliaknolle ein, Fi- gur 171 E, verzeich- nete an ihnen die FıcG. ı71. Ilex aquifolium. ° Durchfchnitte durch die Epidermis im Zweige im ai E E: polarifirten Lichte. h Additions und Sub A und D tangentiale Längsfchnitte. B Querfchnitt. C radialer Längsfchnitt. E Inu- tractionsquadranten, linfphäroid aus der Dahlienknolle im Polarifkop. bezogen auf ein Gyps- plättchen von Roth der erften Ordnung. Betrachten wir zunächft die tangentialen Schalenfchnitte in Fig. 171 A und D; in der Lage der Längsaxe A ift der Abfchnitt additionell; in der Lage D ift er fubtractionell gefärbt. Der transverfale Durchfchnitt zeigt in Fig. 171 B die äußerfte Haut (Cuticula), die Dichtigkeitsellipfe ra- dial, in der innern tangential orientirt. Im längsradialen Schnitte, Figur 171 D, find die beziehentlichen Ellipfen umgekehrt orientirt. | Im Periderm der Weide, welche ich hier noch in Figur 172 analy- Molecularftructur der Membran und der feften Niederfchläge. 167 firen möchte, ift a die Cuticula, beziehungsweife die Cuticularfchicht (ScHacHT’s), bis b die Epidermis, in c die erften Korkzellen. Für die äußerfte Schicht ergiebt fich die Ellipfe der Dichtigkeit für den Querfchnitt fo orientirt, dal die größere Axe tangential fteht. ' Für den Radiallängsfchnitt fteht die größere Axe radial, und im tangen- tialen Längsfchnitt, d.h. in der Fläche, fteht die größere Axe parallel der Cylinderaxe des Zweiges. Hieraus ergeben fich drei Ungleichungen für die zwei, beziehentlich drei unbekannten Axen der Dichte, wenn ? die quertangentiale, r die querradiale, / die Längsrichtung bedeuten: Fıc. 172. Salix fragilis. Durchfchnitte des Periderm und der Epidermis im polarifirten Licht. d Fläche der Cuticula. Links oben liegt der radiale Längsfchnitt, rechts oben der Querfchnitt. este A radialer Längsfchnit . . . r>1. Nun kann offenbar t > r > 1 fein, aber auht>1!>r; dieß ift aber nur möglich, da 12 r fein foll; wenn ! = r ift, dann erhalten wir t > r und das Element entfpricht einem optifch einaxigen Kryftalle. Stellt man nach ganz genauen Beftimmungen die drei Ebenen zu einem Modell zufammen, Fig. 173, in welchem die Durchfchnitte fich in dem Eck fchneiden, welches dem Befchauer zugekehrt ift, fo ift die obere Fläche der Querfchnitt, die unter der y-Axe liegende die radiale, die unter der x-Axe liegende ‚Ebene die tangentiale Flächenanficht. 168 III.. Wachsthumserfcheinungen der Membran. Von außen nach innen kommt die Cuticula, es ift die Platte bei x. Die Ellipfe der Dichte ift im Querfchnitt tangential orientirt, fodann kommt die Cuticularfchicht; die Ellipfe G g ift radial orientirt. Es find nun noch drei tangentiäl geftellte Zellhautplatten fchrafhirt dargeftellt. In der erften fteht die Ellipfe der Dichte tangential, in den.beiden folgen- den fteht fie radial; diefe letzteren find die erften Korkzellen. $ 18. Bestimmungen der verschiedenen Lichtbrechung in Flüssigkeiten. Ein Theil,: ja der größte Theil mikrofkopifcher Wahr- nehmung ift darin begründet, daf das Mikrofkop uns grobe Lichtbrechungsunterfchiede in klaren, durchfichtigen, glashellen Membranlamellen oder capillaren Flüffigkeitsräumen zeigt. Feinere Brechungsunterfchiede, wie es theoretifch gefordert ift, wahr- zunehmen, entgeht uns, wenn nicht eine von TÖPLER vor eini- gen Jahren vorgefchlagene Ein- richtung mit dem Mikrofkop verbunden wird. TÖPLErR!) nennt diefe Einrichtung den Schlieren- apparat. Eine Schliere ift ein Ä unregelmäßig umfchriebener Ort | a A eher u in einer ifotropen Glasmafle, an IG. 173- alıx ragı 1S. chema es erıderm aus f, 5 drei Durchfehnitten. - welchem die Dichte der Mafle Nach der Natur gezeichnet und zufammengeftellt. von der Umgebung um ein We niges abweicht. Die optifche Beobachtungsmethode, Schlierenmethode, welche TÖPLER erfunden, beziehungsweife verbeflert hat, beruht in folgenden phyfikalifchen Principien: Die Lichtftrahlen, welche durch Luft, allgemein durch ein gleich dichtes Medium gehen, werden in den Linfenfyftemen eines Fernrohrs in !) TÖPLER, Beobachtungen nach einer neuen optifchen Methode. Beftimmungen der verfchiedenen Lichtbrechung in Flüffigkeiten. 169 einem Punkt, dem Brennpunkt der regulären Strahlen, vereinigt. Die Strahlen aber, welche auf ihrem Wege durch ftärker oder fchwächer licht- brechende Orte in einem durchfichtigen Medium gehen, werden, wenn {chon nur um eine ganz geringe Diftanz, vor oder hinter jenem Brenn- punkt vereinigt. Es entftehen fomit viel&®Brennpunkte, welche in der op- tifchen Axe eines Fernrohres oder Mikrofkops hintereinander gereiht find. Freilich wird die Intenfität des Lichtes in denfelben, gegenüber dem Strahlen- büfchel, welches in feiner Gefammtheit das Fernrohr oder Mikrofkop durch- eilt, fehr klein fein. Schaltet man nun, wie TöPrLEr vorgefchlagen, einen Schieber an dem Orte ein, wo fich die regulären Strahlen ver- einigen, fo kann bewirkt werden, daß das Fıc. 174. Copulirende Spirogyrenzellen. reg im Schlierenmikrofkop betrachtet. Strahlenbüfchel, welches das Gefichtsfeld erhellt, in feinem Brennpunkt ab- geblendet wird, während die ftärker oder fchwächer gebrochenen in einem der zahlreichen Brennpunkte an dem Rande des Schiebers vorbeigehen. Es erfcheint dann das Bild der ftärker brechenden Parthieen des Körpers auf dunklem Gefichtsfeld. Törter konnte eine Menge der präch- tigften Beobachtungen machen. Er konnte mit feiner Methode die Ströme der Luft, welche fich um Flammen und erwärmte Körper bilden, die Strömung der Kohlenfäure bei dem Uebergießen diefes Gafes aus einem damit gefüllten Gefäß in ein luftgefülltes Gefäß beobachten. Selbft die Compreflionen der Luft beim Durchgang der Schallwellen konnten zur Wahrnehmung gebracht werden. 170 IV. Flächenwachsthum der Membranen. Für die Pflanzenphyfiologie fcheint mir die Methode bedeutungsvoll. Die Strömungen um die Pflanze, die Beobachtungen über Dichtigkeitsver- hältniffe an der Grenzfchicht des Plasma bei den Strömungen desfelben, die Theilungs- und Wachsthumsvorgänge der Zelle könnten mit ihr viel- - leicht befler wie zuvor belangt werden. Mit Hülfe der immerhin noch rohen Einrichtung erkennt man in den copulirenden Spirogyrenzellen, daß die Wanderung der Protoplasmamaffe aus der Zelle I nach der Zelle II in der Folge oder mindeftens gleich- zeitig mit giner partialen Quellung der Membran erfolgt. Auch die quel- lenden Schichten in den Paraphyfen von Diphyscium foliofum, Fig. 175, werden erkannt. Bis jetzt ift die Methode noch nicht weit genug für die mikrofkopifche Beobachtung gefördert. Vierte Abtheilung: Flächenwachsthum der Membranen. Streckung der Pflanzenorgane'). ee $ 19. Umgrenzung des Gegenstands. * Es wurde oben angezeigt, daß die Dispofition über Dickenwachsthum und Flächenzunahme der Zellen und Organe eine künftliche ift, welche lediglich aus praktifchen Rückfichten vorgenommen wurde. Befchäftigen wir uns nun mit der Volumzunahme von Zellen und Zellencomplexen, und möge an die Spitze der Discufion diefer Satz geftellt werden: Das Wachfen ift eine allmälige Auslöfung innerer (in der Zelle oder dem Zellencomplex) angehäufter Spannkräfte: 1° osmotifche Spannung wird verbraucht, das Volum der Zelle nimmt zu durch Wafferaufnahme; 2° ihrer chemifchen Natur nach verfchiedene Körper. gehen in einen ı) Hares, vegetable flatics. 32 edit. London 1738. vol. I. S. 344 giebt fchon einige Methoden an, den Zuwachs an Pflanzen zu beftimmen. — Dr. N. J. C. MÜLLER, Unter- fuchungen über einige Wachsthumserfcheinungen. Bot. Ztg. 70. 793. 830. 852. — E. As- KENASY, Ueber den Einfluß des Wachsthumsmediums auf die Geftalt der Pflanzen. Bot. Ztg. 70. 193. 209. 225. — Dr. N. J. C. MÜLrer, Ueber die Anwendung des Bildmikro- fkops. Bot. Ztg. 71. 890. Die Wachsthumserfcheinungen der Wurzel. Bot. Ztg. 71. 693. 709. 725. — J. REInkE, Unterf. über Wachsthum. Bot. Ztg. 76. 65. Umgrenzung des Gegenftandes. - 171 ftabilen Zuftand über, indem fie als fefte Membranen niedergefchlagen werden: Zucker, Stärke, Inulin u. a. m.; 3° geftaltliche Keimkräfte werden nur verbraucht, indem Zellen und Zellencomplexe von einem kleinen Volum zu einem größeren von be- ftimmter und je für verfchiedene Zellen und Zellencomplexe verfchiedener Form übergehen. Die Wiederholung diefes Vorganges aber wird nach der einmaligen Evolution unmöglich, fowie die zweimalige Keimung aus einer Eizelle. Die phyfiologifche Bedeutung der Gewebe läßt fich hieraus mit Leichtigkeit überfchauen: Da alle Verjüngungen, an der dauernden Pflanze fowohl, wie in vielen Generationen, nur Zelltheilungsvorgänge find, in welchen fich viele Zellengenerationen organ- oder individuumbildend hintereinanderreihen, fo unterfcheidet man wohl: ı° Zellen oder Gewebe, in welchen nur . einmal die drei Wirkungen fich ee Dauergewebe; . 2° ebenfolche, welche für das ganze Leben der Pflanze folche Wir- kungen dauernd zur Geltung bringen: Cambium, Merifteme der Knofpen; ° ebenfolche, welche von Generation zu Generation durch unge- meflene Zeiträume, als Derivate der beiden erften, die organifche Form- entwicklung vermitteln: Propagationszellen: Sporen, Eizellen, Brutzellen oder Gewebe. Ein Theil der anatomifch hiftiologifchen Studien ift fchon in den früheren Abfchnitten über Zelltheilung abgehandelt, ein Theil wird in der groben Anatomie und endlich in der allgemeinen Morphologie zum Vor- trag kommen. $ 20. Räumliche Orientirung'). In dem Heerd der Zellenbildung, an den Vegetationspunkten, an der Spitze der Zweige und Blätter werden für einen gegebenen kleinen Zeit- raum zwei abgefteckte Marken nur eine außerordentlich kleine Verfchie- bung durch den Zuwachs erfahren. (Man fehe Figur 176.) Die Wachsthumsvorgänge rückwärts der Spitze bewirken, daß diefe ftetig, bezogen auf den erften ausgewachfenen Ort, fortgefcho- ben wird. So wachfen faft alle Pflanzenorgane. ') Haben Temperaturfchwankungen als folche einen ungünftigen Einfluß auf das Wachsthum? Von Dr. R. PEDERSEN. Jur. Sachs, Arb. d. bot. Inftit. in Würzburg. Leip- zig 1874. Engelmann’s Verlag. 172 IV. Flächenwachsthum der Membranen. 26 fol. 20 fol. 21 A M 24 mm 29 28 27! . 4 oa, Be - ae ' | ! ' OR 4 — Ss Sg S 58 N \ \ ' x ® N \ N \ un Fıc. 176. In diefer Curvenfchaar ift eine E S 5 IF =] wachfende Erbfenpflanze durch den Zeitraum ir von ı9 Tagen verfolgt. Die Ordinate ftellt + on = den Stamm der Pflanze dar, auf ihm wurden Si 4 im Beginn fechs fchwarze Marken angebracht und ihre Verfchiebung bis zur fechsten Or- dinate nach cathetometrifchen Aufnahmen ver- = A: 54 zeichnet. Am fechsten Tage wurden im obe- = ren Theile die Marken 7—ı0, am fiebenten Tage ıı—ı4, am elften Tage ı5—ı7, am zwölften Tage 18—19, am vierzehnten Tage 20—22 und 25—26 und am fiebzehnten Tage I —- > IS 27—30 angebracht. Die Pfeile bedeuten die jeweilig fich entfaltenden „- : Blätter. In dem rechteckigen Raum rechts würden, wenn die Curvenfchaar 4 links durchgeführt wäre, nur parallele liegen. Der Raum wurde daher benutzt, um den Verlauf einiger Curven an der Pflanze zu demonftriren. Ir . * . ” 4 Die Ausbildung beginnt in der Spitze SS | zuerft und endet an der Bafıs bei den Blüthen- ftänden der Gräfer und einigen monocotylen Blättern. Die Streckung fchreitet von der Mitte eines cy- lindrifchen Organes nach den beiden Enden fort bei den Moosfeten. \ Endlich wachfen die Stämme, Wurzeln nach vollen- deter Längsftreckung durch unbegrenzte Zeiträume bei dem Baum nur in transverfaler Richtung. | | fi | $ 21. Methoden der Beobachtung '). \| en ı° Um Wachsthumsvorgänge im Allgemeinen zu ftudiren, wird das Mikrofkop Manches lehren können. Durch die vergleichende Unterfuchung desfelben Gewebes in verfchiedener Entwickelungsphafe (f. A.) bilden wir !) Von einem Ungenannten: Die Milchfaftgefäße, ihre Entwickelung. 833. 49. 65. Bot. Ztg. 46. — Dr. A. ScHacHT, Die fogenannten Milchfaftgefäße der Euphorbiaceen Methoden der Beobachtung. y 173 uns die Kette von Vorftellungen, welche wir die Entwickelungsgefchichte des betreffenden Gewebes nennen. 2° Die Wägung und die Volumbeftimmung ergeben die Wachsthumscurve als Function der Zeit. Trägt man das Gewicht oder das Volum oder die Länge je als Ordinaten auf eine Ab- fciffenaxe, welche die Zeit bedeutet, fo erhält man durch Verbindung der Ordinaten drei Curven, welche als Wachsthumscurven bezeichnet fein mögen. Sie zeigen die gefetzmäßige Entwicke- lung in der Zeit und zwar kommt jeder der- ‚felben, wie felbftredend, eine befondere Bedeu- ‚tung zu. 3° Wägung, Volumbeftim- mung der Zu- nahme voneinem nach dem zweiten, von dem zweiten nach dem dritten Zeitpunkt ergeben den Zuwachs, welcher, wie unter 2° alsFunction der Zeit,alsZuwachs- curve dargeftellt werden kann. R Fıc. 177 A. B. C. (Nach Rees, Bot. Ztg. 1868, S. 1. Zur Kritik der Bönm’fchen An- ficht u.f.f.) Cucurbita. A, B Thyllen, welche foeben aus dem Holzparenchym bei a 5 in ein Gefäß wachfen. C Thylienbildung im Eichenholz. Man erkennt die Continuität der Membran der Thylle mit derjenigen der dem Gefäß beriachbarten Zellen ?). u. f. w. und Milchfaft führende, nicht felten verzweigte Baftzellen. 513. Bot. Ztg. 1851. — SCHACHT, Die Milchfaftgefäße der Carica Papaya, deren Entftehung, Bau und Ver- lauf. 1856. Monatsber. d. K. Ac. d. Wiffenfch. Berlin. — Hanstem, Die Milchfaftgefäße und die verwandten Organe der Rinde. 1864. Berlin. Wiegandt u. Hempel. — A. VocL, Beiträge zur Kenntnifß der Milchfaftorgane der Pflanzen. S. 31. PrinGsH. Jahrb. Bd. V. 1866—1867. — Dr. A. Vocr, Phyfiologifche Beiträge. ı. Ueber Milchfaftgefäße in’ der Klette. 193. — Ueber den Einfluß der Lufttemperatur und des Tageslichtes auf die ftündlichen und täglichen Aenderungen des Längenwachsthums — Streckung der Internodien. JuL. SacHs, Arb. d. bot. Inft. in Würzburg. Heft 2. Leipzig 1872. Engelmann. !) Von einem Ungenannten: Unterfuchungen über die zellenartigen Ausfül- lungen der Gefäße. Bot. Ztg. 45. 241. — Dr. R. Rees, Zur Kritik der Bönm’fchen Ueber- ficht über die Entwickelungsgefchichte und Function der Thyllen. Bot. Ztg. 68. ı. 174 IV. Flächenwachsthum der Membranen. A. Allgemeine Beobachtungen. (Thyllen, verzweigte Baftfafern und Milchfaftgefäße, Diphyscium- Praha Bei der Robinie, der Eiche, der Buche, bei dem Weinftock, bei Phy- tolacca und wenigen anderen wurden im fertigen Holzkörper lange nach beendigtem Dickenwachsthum der Membranen blafige Zellhautwucherungen beobachtet, welche von ganz kleinen, an die Poren der Gefäße grenzenden Zellhautflächen der Markftrahlen (wohl allgemein der leitungsfähigen Zellen mit Berückfichtigung der Phytolacca) durch die Poren der Gefäße getrieben werden, Fig. 177 4, dort fich gegenfeitig abplatten, Fig. 177 C, und endlich als ein Pfeudoparenchym das Lumen der befallenen Zelle ausfüllen. Nach vergleichenden Beobachtungen über den Einfluß von Bohrwunden und Aftabfchnitten, welche ich auszu- . FıcG. 179. Micrasterias rotata. Entftehung zweier Individuen aus einem. führen Gelegenheit hatte, erftreckt fich diefer Vorgang nach den im Sommer des laufenden Jahres : vorgenommenen Verwundungen felbft auf den Jahrring des vorhergehenden Jahres, fo bei der Eiche und der Buche. Auffällige Erfcheinungen des Flächenwachsthums kom- men noch vor: a) in den Embryofäcken in den Keimbläschen der Fıc. 178. Embryofack Phanerogamen, fo wachfen z. B. Fig. 178 die Keimbläs- wei ans dem Scheitel chen der Bartonia weit aus dem Embryofack heraus in den Kembläschen. die Mikropyle. Aehnliches kommt bei der Calendula (nach den Unterfuchungen TuLAsne’s) vor. b) Die Zygnemaceen Micrasterias, Fig. 179, auch Cosmarium, wachfen fo, daß an dem Orte, wo die beiden gleichen Zellhälften zufammenhängen, zwei Ausftülpungen getrieben werden, nachdem die Theilung im Protoplasma Methoden der Beobachtung. 175 der Zelle erfolgt ift. Jede Hälfte differenzirt fich fofort in die zierlichen und ‚dichotomifchen Zweige, die neu entftandenen Hälften wachfen, bis fie die entfprechende Größe erhalten haben, um a und b je für fich fo zu ergänzen, dal die Configuration des urfprünglichen Individuums hergeftellt wird. c) Die verzweigten Baftzellen der Monftera und mehrerer anderer Monocotyledonen waren urfprünglich einfache cylindrifche Zellen. Durch nachträgliches Flächenwachsthum treiben fie von begrenzten Kreisflächen der Zellwand aus Zweige, welche die Nachbarzellen auflockern. Die Zweige ' verlaufen in den Intercellularräumen, Fig. 180. Diefer Vorgang vollzieht fich fehr wahrfcheinlich nur, während die hier in Frage kommenden Ge- Fıc. 180. Tornelia fragrans. Verzweigte Baftfafer, in a zwifchen zwei Parenchym- zellen wachfend. webeparthieen noch durch Wachsthum in der Auf- lockerung begriffen find. MN d) Die Paraphyfen des Diphyscium foliofum | find im Anlagezuftand cylindrifche Zellenfäden. Durch E intercalares Flächenwachsthum zerreißt nach der Differenzirung zweier Zellhautplatten die äußere, die || | innere wächft. Der äußere Hohlcylinder wird in Form zweier zu jeder Zelle gehörigen Kappen ab- gegliedert. Die Oeffnungen der beiden Kappen ent- fprechen der kreisförmigen Rißfteile des äußeren Membrancylinders, Fig. 181. In ähnlichem Sinne, wenn fchon nicht fo auf- fällig wie bei den verzweigten Baftzellen, müffen Verfchiebungen in der gemeinfamen Lamelle “bei 4 dem complexen Gewebe wie Holz und Rinde un- >. SEE. ferer Bäume ftatthaben. Da fie aus einem Gewebe sum. Zwei Zufände einer Pa- entfpringen, muß nämlich die Anfangslänge der Bat rn vun Pen klüftet die Wand in 2 Schalen, und Holzzellen nahezu gleich fein. Ihre Länge im die äußere wird durch quel- ; : lende Mittelfchichten in a a in ausgewachfenen Zuftande aber ift fehr verfchieden. C aufgetrieben und reißt. In C n . “ find die Refte der äußeren Haut Dieß ift gleichfalls nur fo zu denken nach den E als tutenförmige Hüllen fichtbar. 176 IV. Flächenwachsthum der Membranen. Erfahrungen, welche den Hiftiologen zur Verfügung ftehen, daß jene pri- märe Membran urfprünglich aus zwei differenten Niederfchlagslamellen zu- fammengefetzt wurde, welche felbfiftändig zu wachfen vermögen, fo daß zwei im gleichen Niveau liegende fefte Punkte, der eine zu diefer, der an- dere zur Nachbarzelle gehörig, an einander vorbeigleiten'). B. Verdrängung bestimmter Zellen durch das Heranwachsen anderer. In heterogenen Geweben wachfen beftimmte Zellen fo ftark in die Fläche, daß fie ihre Nachbarn beeinträchtigen, fo die Gefäße und Trachei- ‚den des Holzkörpers. Urfprünglich waren diefe von gleicher Größe; fo lange das Gefäßbündel, beziehentlich der fecundäre Zuwachs, fich im cam- bialen Zuftande befand. Mit der Volumvermehrung der in Frage kommen- den Zellen müffen die Nachbarn entweder collabiren oder doch im Volum auf ein Minimum ,befchränkt werden. Hierbei werden die Nachbarzellen nach den Unter- fuchungen VELTEN’s durch das heranwachfende Gefäß in ihrer gemeinfamen Membran fo auf- _ geriffen, als wenn diefe in zwei Lamellen gefpalten würde, und mehr oder weniger, fo lange fie noch im plaftifchen Zuftande be- findlich, zu ftructurlofen Maffen Fıc. 182. Pteris aquilina. Kleine Parthie aus dem Querfchnitt des Gefäfsbündels des Stammes. Die Membran erfcheint in drei zufammengepreßt, Fig. 182. Schichten a a und b, die fogenannte primäre Membran differen- zirt. In dem Vereinigungspunkt dreier Zellen liegen drei eigen- thümliche, ftark lichtbrechende Maflen C in der Zellwand einge- fchloffen, die Refte der durch die Gefäfzellen bei ihrem Heran- wachfen comprimirten Nachbarn. C. Bestimmung der Wachsthumscurve durch Scalirung der Pflanzentheile. (Partialzuwachs,.) I. Methode (f. Figur 176). Gutes Millimetercoordinatenpapier wird, in Harz getränkt, zwifchen zwei Glasplatten in Canadabalfam eingekittet, eine oder zwei folcher Wände werden in’s Loth orientirt und es werden wachfende Pflanzen vor diefe Platten fo aufgeftellt, daß man mit einem geeigneten Cathetometerfernrohr ihre Lage zu den Ordinaten der Glaswände fefthalten und in geeignetes Coordinatenpapier einzeichnen kann. !) Dieß muß auch gelten für die erften Ausftülpungen der Milchfaftzellen bei Vinca, Scorconera, Euphorbia u. a. m. Methoden der Beobachtung. 177 Die Längen der ganzen Pflanze für viele hintereinander belegene Zeitpunkte ergeben die Zuwachscurve. Punktirt man rückwärts der Spitze mit fchwarzer Farbe die Stamm- und Wurzelftückchen!), fo kann der Zu- wachs der einzelnen Abfchnitte und durch geeignete Interpolation die Wachs- thumscurve des kleinften Ortes (Punktes) aufgefunden werden. Fig. 183, 184. r # Fıc. 184. Rafch wachfende . Erbfenwurzel. Fıc. 183. Langfam wachfende Erbfenpflanze. Zeitintervall 8 Stunden. Zeitintervall 24 Stunden. Temperatur 20°. Temperatur 20°. 1) Bei wachfenden Wurzeln und Stämmen wird eine kleine fchwarze Marke, welche zwifchen der fichtbaren abfoluten Spitze und dem erften ausgewachfenen Punkt rückwärts der Spitze angebracht ift, allmälig in der Weife verfchoben, daß fie fich dauernd von der Spitze entfernt, von dem ausgewachfenen Punkte aber nur einige Zeit, bis ihre Lage be- zogen auf den letzteren. conftant wird. Legen wir den feften Punkt in die Abfciffenaxe und tragen wir für verfchiedene aufeinanderfolgende Zeitpunkte die Länge des Abftandes der Spitze von dem Punkt in der Abfciffenaxe als Ordinate ein, fo ftellt für einen kleinen Zeitraum die Verbindungslinie der Spitzen eine gerade Linie dar, deren allgemeine Formel bekanntlich ift: I) y=4+Bt. Hierin bedeutet A die anfängliche Diftanz der Spitze, ft die Zeit und B die trigonometrifche Tangente des Winkels, welchen die Gerade mit der Abfciffenaxe einfchließt. Die Länge der veränderlichen, durch das Wachsthum verfchobenen fchwarzen Marke hinter der Spitze und über der Abfciffenaxe, Fig. 183, wird gefunden, wenn wir von dem Werthe y in ı) einen zu dem Zeitpunkt gehörigen Functionswerth X, Fig. 185, abziehen. Diefe Länge ift ebenfalls eine Function der Zeit. Aus dem Verlauf der Curvenfchaaren aber ergiebt fich, “ daß fie nicht eine lineare Function der Zeit fein kann. Wählen wir die von REGNAULT angewandte Formel für die Tenfion des Waffer- ‚dampfes mit wachfender Temperatur und fetzen 2) A\=a+bß, N. J. C. Mürzer, Handbuch 1. ı. 12 178 IV. Flächenwachsthum der Membranen. Die Punkte 8, 9, Fig. 183, befchreiben flache Curven, welche end- lich mit der Abfciffenaxe parallel gehen. Die Punkte 11, 12 aber ergeben fteilere Curven. Vom Zeitpunkt tı nach 12 fließt ein folcher Farbenpunkt zu einer Linie aus, ı1, 12, Fig. 183. Ganz ähnlich verhält fich in Figur 184 die Wurzel. Es folgt aus diefen Beobachtungen mit Zuhilfenahme noch genauerer Meflungen, wie fie bei conftanter Temperatur bei der Erb- fenwurzel und mehreren anderen typifchen Organen angeftellt wurden, Fi- gur 186: wenn man von der Spitze ab aequidiftante Marken an- bringt und deren Abftand in einem nicht zu großen Zeitintervall beftimmt (die Zeitgrenzen müffen fo gewählt fein, daß keines der Cylinderftückchen darin wirklich auswächft), fo befchreiben die Punkte Curven, welche bei den entfernteften Punkten flacher, bei den mittleren fteiler find, während die der Spitze zunächft gelegenen Marken parallel mit der Wachsthumscurve verlaufen oder wenig von diefer divergiren. worin a der anfängliche Abftand von der Spitze, b und ß Coäfficienten find, welche fich aus der Meflung durch die Rechnung ergeben. Wir berechnen drei Conftanten aus den Meffungen mit Hilfe jener Scale und des Cathetometers, nämlich kı, %2, As zu den Zeitpunkten bo, k, tı (Fig. 185). Diefelben find be- ftimmt durch die drei Gleichungen: I) a+b =U, 2) a+bBß=%, 3): a+bBt=\. Die Zuwachfe in den Zeitpunkten 2 und 4 werden erhalten, indem wir den je vorhergehenden von dem z, t, 1, nachfolgenden Werth für A ab- Fıc. 185. ziehen: N=hk —\ N? = 1 — k. Hieraus und aus den drei at Gleichungen wird: 4) A=b (B? 7 I), = ß?b(B? — ı) und Kir Ne ee Ber Die Formel hat aber nur Geltung, wie leicht einzufehen, wenn der Totalzuwachs y eine lineare Function der Zeit it. If diefe Curve felbft eine Wellenlinie, fo ift die Gleichung y felbft eine periodifche Function, und wenn auch X nicht beeinflußt würde, bezogen auf eine Gerade, fo muß doch felbftredend y erft bekannt fein um y‘ zu finden. Es möge an einem gegebenen Beifpiel die vorftehende Rechnung veranfchaulicht fein. Methoden der Beobachtung. | 179. ‘Da nun je ein tieferer Punkt die fpätere Phafe eines vor ihm bele- genen höheren ift und der Vorgang des Wachfens eine continuirliche Be- wegungserfcheinung darftellt, fo müffen alle die Curvenftücke congruent fein, welche von Punkten gleicher Anfangs- entfernung von der Spitze befchrieben wurden. Man fehe Fig. 176 und ver- gleiche diefe mit Fig. 189. Es folgt aber weiter aus denfelben Curvenfchaaren, -“ daß der Partialzuwachs von hinter- einander belegenen Cylinderftück- chen merklicher Ausdehnung, Fig. 188, verfchieden ift in dem Sinne, daß er eine beftimmte Function der Entfernung des Stückchens von der Spitze darftellt. Fıc. ı86. Erbfenwurzel mit 2 fchwarzen Marken. Zeitintervall (Einheit der Abfciffe) ı Stande. Die Curve ss s die Wachsthums- curve der Spitze. Für die Zeitpunkte 0.2.4 wurden gefunden für X d2 As und Ar As: - : : 25 ...N 1 g=k—ıM a s=-k—k 4 %s 31.0 7 : nach der Gleichung A = a + b ß' erhalten wir: 2.5=a+b- =\, 13.4 = a: + bBß = %k, 31 = 4 + pt = 3 A =2 TE, nach B = ES gB = 1 I — 1.216, Aı 2%; : 3 7 De ee 24.84; 5 ER | = ncha=A—b= — 22.34 Pr und fomit \=a+bfi= — 22.34 A 2 + 24.84.1.216. % Durch Meffung wurde ferner gefunden der Werth für y= 4A + Bı. Ay ” Aus der Gleichung 4) erhalten wir: ( Nı ax Au A I, A; = —, -- B aA A? ig Fıc. 187. Schema der Curve X = f (!). Au Aus ı) aber wrda=ı — b. Für X erhalten wir fomit: 12* „180 W . Flächenwachsthum der Membranen. Nennen wir h,k,ls...... u. f. f. die Längen, welche gleichlange, durch Marken kenntlich gemachte Cylinderftückchen nach beftimmtem Zeitintervall erlangen, deren Anfangslänge gleich / war, fo find: ı — 1, — 1,1 —] die Zu- a S | 228 1 Vers. 1. m 6. i »7 ; Ne b Ä % 5 . ze Fre; a „TH 5% IE ETER ER! .-— GEBE: $ ie: — HH ml III? | | ae. a 11% Ber. 9 £ Vers. IT. w 3. f I. E22 7 7 X ET I 2% g FıG. 189. Curvenfchaar für das Längenwachsthum, Fıc. 188. Zuwachscurven der unter der Vorausfetzung, daß diefes eine lineare Wurzeln. Function der Zeit fei. N ni JaN Na x — u —— 4}. VAN £ Ai Ni Diefe Gleichung ergiebt die Länge der Marke hinter der Spitze. Nennen wir nun yı die Wachsthumsfunction des durch die fchwarze Marke kenntlichen Punktes (Ortes) bezogen auf die Abfciffenaxe, fo müffen wir X von y der Wachsthumsfunction der Spitze abziehen. Wir erhalten: ja A En lang. o eo a + ee) ’ Ni 1, Methoden der Beobachtung. 181 wachfe der Stückchen. Trägt man diefe in eine Abfciffenaxe, Figur 188, deren Intervalle durch die Länge / gemeflen find, fo ftellt die Verbindungs- linie der ®rdinaten die Zuwachfe als Function der Entfernung von der Spitze dar, Fig. 188. Solche Curven können nach der Abfciffenaxe con- cav, a und e, oder convex fein, bc f, Fig. 188. Ein allgemeiner Zug aller ift diefer: fie ftellen eine periodifche Function der Entfernung mit abfo- lutem Maximum und abfolutem Minimum, welches gleich Null ift, dar, d. h. ein jedes fichtbare Cylinderftückchen wächft zuerft langfam, dann ftärker, dann wieder langfamer, bis zuletzt diefe Bewegung in . ihm erlifcht. Die Urfache hiefür liegt darin begründet, daß für endliche Zeitgrenzen in der gleichen Länge an einem näher der Spitze gelegenen Cylinderftück eine größere Anzahl nach der -definitiven Ausdehnüng ftre- bender Zellen liegt, wie in jedem tiefer belegenen. Das Schema Fig. 189 mag die Verhältniß erläutern. In der ftark ausgezogenen Treppe p, Fi- gur 189, ift dargeftellt, daß der Zuwachs an ausgewachfenen Zellen ein- fach proportional der Zeit erfolgt. Auch die Spitze s rückt in demfelben Sinne fort. Daher laufen beide Gerade (die Gerade g und die Geräde s) parallel, zwifchen ihnen aber befchreiben die Marken, welche die Diftanzen b y= 46.0 y=A4 3 h y= 92.0. a=4+ Bi, »n—yr=Bi, B- AZ, fomit endlich Yı = 46.0 + 11.5: — (— 22.34 + 24,84. 1,216‘) —= 68.34 4 11,5t — 24.84. 1,216. Aus allen diefen Curven ift es leicht einzufehen, daß die Zuwachfe der einzelnen kleinften Cylinderabfchnitte, die fogenannten partiären Zuwachfe, an einem beftimmten Punkte hinter der Spitze ein Maximum erreichen. Von Bedeutung fcheint mir, darauf hin- zuweifen, daß diefe Eigenfchaft der Stämme und Wurzeln darin begründet ift, daß fie aus verfchieden alten Zellen beftehen. Eine Zelle, welche in der Nähe des Vegetationspunktes liegt, ift im Minimum der Ausdehnung, fie wächft und durchläuft ftetig mit der Zeit alle die Längen der tiefer belegenen Zellen, bis fie ausgewachfen ift. Sie rückt aber während deffen auch von der Spitze fort, wenn in dem Vegetationspunkt ftetig neue Zellen ange- legt werden. Endlich kommt die betrachtete Zelle an den Ort, wo die ausgewachfenen Zellen liegen. Diefer Ort hat, bezogen auf die Spitze der Wurzel oder des Stammes, eine conftante Lage. Das Schema 189 verfinnlicht das Wachfen eines aus 16 Zellen beftehenden kleinen Cylinderftückchens unter der Vorausfetzung, daß unter den 16 Zellen die kleinfte eben ihr Wachsthum beginne und daß diefe, wie alle anderen proportional der erften Potenz der Zeit wachfe. Die Abfciffen I II... VIII bedeuten dann die Zeit und die Figur veranfchaulicht fomit, wie in je einem Zeitpunkt I II III... je eine Zelle aus dem Zuftand geringfter Ausdehnung im Vorrath s heraustritt, um allmälig wachfend in den Zuftand der größten Ausdehnung überzugehen. Der Vorrath der ausgewachfenen Zellen rückt mit der Linie p p, alfo mit der Zeit proportional fo wie die Spitze fort. 182 IV. Flächenwachsthum der Membranen. der nicht ausgewachfenen Zellen darftellen, Curven; welche zuletzt pa- rallel der Abfciflenaxe gehen. ” D. Auxanometrische Beobachtungen. Beffimmung des Zuwachfes in der Längsrichtung. Das Princip diefer Beobachtungsmethode ift diefes: Ein fefter Faden wird mit Hilfe einer Klammer an der Spitze des wachfenden Pflanzentheiles befeftigt, andererfeits über eine Rolle geführt, an deren Peripherie das Ende befeftigt ift. Mit derfelben Rolle fteht ein Zeiger in Verbindung, welcher fich dreht, wenn auf die Rolle dasjenige Fadenftück aufgewickelt wird, welches dem Zuwachs des Pflanzentheiles entfpricht. Der Zeiger befitzt eine fehr viel größere Länge wie der Radius der Rolle. Das aufgewickelte Fadenftück wird demgemäf) von dem Zeiger an einer Kreistheilung vergrößert angegeben um —-, wo R die, Länge des Radius am Zeiger, r den Radius der Rolle bedeutet. Ein folcher Apparat erlaubt, wenn durch ein Uhrwerk die Rolle ftetig den Faden aufwickelt, fo daß der Zeiger ganze Kreisumläufe befchreiben kann, für lange oder kurze Zeiträume den Zuwachs zu beftimmen, als Function der Zeit und der wechfelnden äußeren Einflüffe: Temperatur, Be- ftrahlung der äußeren und inneren Zuftandsänderung in Folge der bruahae und des Wechfels äußerer Einflüfle. $ 22. Ergebnisse der Messungen nach den angegebenen Methoden. (Siehe Figur 176, S. 172.) A. Bei langlebigen Pflanzen ftreben die Vermehrungsgewebe dahin, die fefte Zuwachsmafle auf ein immer größer werdendes Volum auszu- breiten. B. Bei dem Wachsthum der Zellen und Gewebe ift eine Verände- rung der Configuration durch Verfchiebung der zu zwei Zellen gehörigen Membranlamellen möglich. C. Bei Pflanzentheilen, deren Heerde der Zellbildung am Ende des Organes liegen, ift der Partialzuwachs eine periodifche Function der Zeit. D. Die Curve des Zuwachfes muß ebenfalls eine periodifche Function der Zeit fein. E. Die Wachsthumscurve der unterfuchten Pflanzen zeigt innerhalb enger Zeitgrenzen ein periodifches Anfteigen. Die Cürve mufs der Natur Ergebniffe der Meffungen nach den angegebenen Methoden. 183 der Sache gemäf) aber immer fo.befchaffen fein, daß die Zuwachfe höchftens Null und nicht negativ werden '!). - a) Dieß ift darin begründet, daß Nachts die Streckungsintenfität fteigt, am Tage finkt. Wahrfcheinlich Folge der Druckfteigerung durch lang- samen Ausgleich der Waflervertheilung. b) Jedesmal, wenn an einem gegebenen Stamm neue Zweige, Blätter in die Phafe der Streckung gerathen, finkt die Intenfität diefer in der Haupt- richtung merklich. _ c) Endlich fchwankt diefe Intenfität in ftündlichen Perioden, die ift - von inneren Zuftandsänderungen abhängig, welche bis jetzt nicht näher be- kannt find. d) Jene periodifche Schwankung ift von der Temperatur in dem Sinne abhängig, dafy bei einem beftimmten Temperaturminimum allgemein wohl über dem Nullpunkt des Celfiusthermometers die Streckung aufhört (Mini- mum der Temperatur). Bei einem mittleren Temperaturpunkt erreicht die Zuwachsintenfitäit ihr Maximum (Optimum der Temperatur), und felbftredend muß ein höchfter fchädlicher Temperaturpunkt exiftiren, wo die Streckung foeben unterbleibt (Maximum). Innerhalb des Minimums und Maximums wird die Zuwachsfunction (bei conftantem Zeitintervall) für eine und diefelbe Pflanze eine continuirliche periodifche Function fein, deren abfolutes Maximum wie felbftredend im fogenannten Optimum liegt (f. Ab- fchn. Wärme weiter unten $ 40—42). F. Wir haben von äußeren wechfelnden Einflüffen im Vorftehenden fat ganz abgefehen, weil die Wachsthumscurve als Function der Zeit und als Function diefer Einflüffe ftetem Wechfel äußerer Bedingungen unterliegt und defßwegen kaum überfichtlich wird, und weil ein Moment bei allen diefen Betrachtungen nicht vernachläffigt werden kann, es ift die Phafe, in welcher die Pflanze fich im Zeitpunkt der Betrachtung befindet. Das ftolzefte Object, welches in diefer Hinficht die Discuffion heraus- fordert, ift der Baum, der durch Jahrhunderte, ja mehrere Jahrtaufende fefte Maffe in fich anhäufend, die Kette organifcher Bildung felbft dann fchliefsen würde, wenn er felbft nur alle Jahrhundert einmal einen Eifproß von fich abfchnürte, wenn er nur in fo außergewöhnlich großen Zeitintervallen zur Propagation fchritte. Die allgemeinen Erfcheinungen unbegrenzten Wachsthums bei den Bäumen laffen fich zufammenfaffen in diefem Sinne: der Keimling wächft im Beginne langfam, fodann rafcher. Die Zuwachscurve culminirt und finkt ') Bei einer fireng mechanifchen Behandlung der Sache müßten freilich minimale den Meßapparaten nicht zugängliche negative Zuwachswerthe, in der Contraction der Ge- webe durch Temperaturerniedrigung begründet, berückfichtigt werden. 184 IV. Flächenwachsthum der Membranen. dann wieder in fpäteren Lebensaltern des erwachfenen Baumes. Der Zu- wachs kann aber felbftredend niemals gleich Null werden, fondern wird fich im Allgemeinen afymptotifch der Null nähern. Wir haben uns in diefer Betrachtung einen Baumriefen gedacht, welcher wie fo manche Eiche, Linde u. f. f. ihre 2— 3 Jahrhunderte ftetig Maffe in fich anhäufte, wohl auch ftetig ihre Ausgaben an fefter Maffe hat. Diefe Ausgaben mögen, indem von dem Blattfall und Zweigverluft ganz abgefeheri wird, in dem Athmungsaufwand beftehen und es möge in dem gedachten Falle jede Er- krankung, jeder grobe Eingriff (Bruch, Verwundung) ausgefchloffen fein. Die afymptotifche Zuwachscurve ergiebt fich dann, namentlich wenn Zeit- räume von 1—2 Jahrtaufenden wie für das Alter der californifchen Welling- tonien in die Betrachtung hereingezogen werden, von felbft: Der in den erften Jahrzehnten erfolgende rafchere Zuwachs ift die Folge davon, daß die aufnehmende Fläche des Baumes bei gegebener con- ftanter Bodentiefe, Beleuchtung, Temperatur u. f. f. fo wächft, dafs ein gün- ftigftes Verhältniß (Optimum) der aufnehmenden Flächen gegenüber den Medien erzielt wird. Die möge im erften Jahrhundert erreicht fein. Von nun ab erreicht die Krone ihr Optimum, d. h. fie nutzt Licht und Luft fo, daß) fie den höchften Maffenzuwachs für das ganze Syftem in gleicher Zeit liefert. Selbft den günftigften Fall gefetzt, diefe Nutzung wäre für unge- meffene Zeiträume conftant (fie kann nämlich nur noch finken), fo wird doch ein Hinderniß eintreten: die für ein Jahr eingenommene und für alle Jahre conftante Maflfe wird von der äußerften Zweig- bis zur äußerften Wurzelfpitze über immer größere Flächen geleitet und vertheilt. Damit aber muß der fichtbare Zuwachs des Volumens finken. Endlich aber wird die Gefammternährung von dem richtigen Verhältniß des Wurzelkörpers zum Kronenkörper, beziehungsweife der Blätterfläche abhängen. Diefes Verhältniß wird in der Optimumform erreicht fein, wird aber geftört, wenn die Krone weiter fortrückt, weil die Bodentiefe begrenzt ift. Der Wurzel- körper hat fein Wirkungsareal in der Richtung des Lothes bald erreicht, ausgenutzt und muß in der Ebene Hilfsquellen fuchen, die nur in weiten Diftanzen von der Stammaxe noch offen liegen. Die Schwierigkeit wird immer größer mit der Bahnlänge, über welche gleichmäßig wie früher die Maffe zu vertheilen ift. Der fichtbare Volumzuwachs nähert fich afymp- totifch der Null. Genau dasfelbe Refultat ergiebt die Vorausfetzung, das Wirkungsareal des Wurzelkörpers im Boden fei in der Lothrichtung unbe- grenzt (dieß kommt in der Natur nicht vor). Selbft dann muß fich der fichtbare Volumzuwachs afymptotifch der Null nähern gerade wie der Thurmbau zu Babel. , ei Allgemeine Mufterung der Disgregation der Gewebe. 185 s 23, Allgemeine Musterung der Disgregation der Gewebe.') Alle Entwickelung beginnt mit der Bildung kleiner Zellen und endet mit einer Auflockerung der Gewebe. Diefelbe kann erfolgen dadurch, daß alle Zellen des Gewebes von dem kleinften nach dem größten Volum hin- eilen, f. z. B. im Mark und der Rinde unferer Waldbäume. Sie kann aber auch fo entftehen, daß nur ein kleiner Theil der Zellen ein fehr großes Volum erreicht, während die übrigen eine befchränktere Ausdehnung er- langen, fo in dem Gefäßbündel, wo die Gefäße bevorzugt find. Alle fecun- däre Holzbildung endigt mit einer Auflockerung. Im Anfchluß an die vorhergehende Discuffion muß hier beachtet werden, daß im Baume im Laufe der Jahrzehnte auch die Protene des Holzgewebes fich erweitern und immer größere Holzelemente bilden, die fefte Maflfe der Cellulofe wird daher auf immer gröfseres Volum vertheilt. In einer gegebenen Querfchnittsfcheibe des Baumfchaftes muß daher im unteren Theile des Schaftes die Disgregation größere Unterfchiede zwifchen innen und außen zeigen, wie in höheren Regionen desfelben Baumes. Die fogenannte Kernbildung ift da- - her immer im Schaft eine andere und im Allgemeinen ift der Kern dichter wie in allen fpäter entftandenen, noch fo mächtigen Aeften. Fünfte Abtheilung: Folgen des Flächenwachsthums. a — Der Uebergang eines Cylinderftückchens aus dem Anfangs- in den Endzuftand, Fig. 176, ift als Auslöfung von Spannkräften aufzufaffen, welche’ in dem Maß, wie jener Zuftandswechfel fortfchreitet, verbraucht werden. . Es wird dadurch die fefte Mafle auf ein größtes Volum gebracht. Die Ge- Y) GREGOR Kraus, Ueber Alter- und Wachsthumsverhältniffe oftgrönländifcher Holz- gewächfe 513. — Einige Bemerkungen über die Erfcheinung der. Sommer-Dürre unferer Baum- und Strauchblätter 401. 417. — Bot. Ztg: 73. — K. Sanıo, Ueber die Größe der Holzzellen bei der gemeinen Kiefer (Pinus silvestris). PrinGsH. Jahrb. Bd. VIII. S. 401. — N. J. C. MÜLLer, Bot. Unters. Bd. I. 3. und 4. Abhandlung. 186 V. Folgen des Flächenwachsthums. webe lockern fich auf, während fie fich im anatomifchen Sinne differenziren. Die wefentlichen fecundären Erfcheinungen hierbei find: ı° es wird während der Streckung durch ungleich rafche Ausdehnung Spannung in den Geweben erregt ($ 2). 2° es entftehen Intercellularräume, welche im Allgemeinen Luft, im befonderen Falle Ausfcheidungsprodukte (Secrete) führen ($ 25). S 24. Gewebespannung'). A. Umgrenzung des Gegenstandes. Die nebeneinander liegenden Gewebe, Mark, Holz, Rinde, Epidermis wachfen und quellen ungleich ftark, befitzen daher in den verfchiedenen Phafen der Curve, Fig. 176, in Wirklichkeit ungleiche Länge und ungleiche osmotifche Spannung. I. Experiment. ® Man zerfchneidet einen wachfenden Sproß in der Weife, daß eine die Axe aufnehmende Lamelle hergeftellt wird, welche das Mark, den Holz- körper und die Rinde enthält. Werden diefe Gewebe-Streifen weiter durch einen Meflerfchnitt von einander getrennt, fo tritt inftantan eine Verlänge- rung des Markes und des faferfreien Rindentheiles, eine Verkürzung des Holzes und der Epidermis ein. Da diefe Gewebe im. unverletzten Zuftande der Pflanze gleiche Länge befaßen, fo müffen fie in diefem Zuftande gefpannt fein und zwar find comprimirt oder pofitiv gefpannt Mark und das Parenchym der Rinde, ne- gativ gefpannt oder expandirt die primären Holzbündel und die Epidermis. Die Streifen halten fich gegenfeitig das Gleichgewicht, so daß für den Cylinder als Grundform der hier in Betracht zu ziehenden Organe die entgegengefetzten Spannungen in einem gegebenen kleinen Volumelement aufgehoben werden, durch die Spannung in einem gleichgroßen, auf der gegenüberliegenden Seite der Cylinderwand belegenen Streifen. !) W. HoFMEISTER, Ueber die Beugungen faftreicher Pflanzentheile nach Erfchütterung. PrinssH. Jahrb. $. 237, Bd. II. 1860. — H. WELKER, Notiz über das Ausfpritzen des Saftes beim Zerreißen faftiger Pflanzentheile. S. 468. 1860. PrınGsH. Jahrb. II. — Dr. GREGOR Kraus, Die Gewebefpannung des Stammes und ihre Folgen. Bot. Ztg. 1867. — A. Mır- LARDET, Licencie-es-sciences nat. Nouv. Rech. sur la periodicitE de la tension. Strasbourg. E. G. Silbermann 1869. — NÄGELI, die Stärke, Zürich, Fr. Schultheß 1858. — N. J. C. MÜLLER, bot. Unters. I. 2. Abhandl. x Pe: | PL x Gewebefpannung. | FE II. Experiment. Schneidet man aus jener axilen Lamelle combinirte Streifen aus Mark, Holz M H — Holz, Rindenparenchym 7 R — Rindenparenchym, Epidermis R E—, fo find von der idealen geometrifchen Axe A die Streifen fo vertheilt: ER:RB HM -—- AMT HR RE et Far + + und ihre inftantan eintretende Krümmung in Folge der Aufhebung der -Cohäfion durch den Schnitt ift diefe: E R ift convex nach 4, RHift concav nach A, HM ift convex nach 4, für die linke Seite und ebenfo entfprechend der Vertheilung des pofitiven oder negativen Vor- zeichens für die Streifen rechts von A. Daß folche Spannkräfte unabhängig von der Wölbung, unabhängig bis zu gewiffem Grade der Zerkleinerung von der Continuität der Maffe in der Membran beftehen müffen, beweift das Ellipfoid der Quellung, beweift die verfchiedene Quellungsgröße in verfchiedenen Medien. Wafler, Alko- hol, Harz, Canadabalfam, Glycerin ziehen bei der Imbibition die feften Sub- ftanzkern& der Membran in verfchiedene Diftanzen zufammen, Diftanzen, welche eben von der fpecififchen Anziehungskraft der Subftanzkerne zu den genannten Flüffigkeiten abhängen. An einer und derfelben Pflanze felbft kommen in verfchiedenen Phafen beide Krümmungen vor. Im Allgemeinen ift die Intine der Epidermis z. B. zuerft der convexe Theil, weil fie die ältere ift, fpäter aber überwiegt die Exine, weil-fie die mächtigere geworden ift. So kann es kommen, daß eine Membranplatte ihre Spannung bald in dem einen, bald in dem andern Sinne polarifirt zeigt (Fig. 190). Im jüngeren Zu- ftande ift die Epi- dermis der Aloearten - fo gefpannt, daß J pofitiv, E negativ. Im älteren Zuftand ift E pofitiv, J ne- gativ (Fig. 190). — Fıc. 190. Spannung in der Epidermis der Alo&: nach Beobachtungen, welche an einer jugendlichen Oberhaut gemacht wurden, find die Spannungen fo vertheilt, wie die links verzeichneten Pfeile angeben. Die Intine ift pofitiv, die Exine negativ gefpannt. Im ausgewachfenen Blatt liegt die Sache umgekehrt. IH. Experiment. Legt man die ifolirten Streifen M, H, R, E in Waffer, fo verlängern fich die pofitiven außerordentlich ftark, die negativen aber fehr wenig (Fig. 191). Legt man die combinirten MH, HR, RE in Wafler, fo wird die Krümmung außerordentlich verftärkt. 188 V. Folgen des Flächenwachsthums. Hieraus darf man fchon fchlieffen, dafs die Spannung an der leben- den Pflanze fteten Schwankungen unterliegt. Wächft die Verdunftung, fo finkt der Waffergehalt, damit aber die Gefammtgröße der Spannung, finkt die Verdunftung, fo wächft der Waffergehalt und damit die Spannung. B. Vergleichung der Spannungscurve mit der Curve des partialen Zuwachses. Die hintereinander belegenen Cylinderftücke im Wachsthum begriffe- ner Sproffe befitzen außer der vorftehend abgehandelten Spannung noch eine verfchiedene Quellungsfähigkeit in den pofitiv gefpannten Geweben, welche in dem Maße, wie diefelben wachfen, verloren geht. Das größte Maß der Volumzunahme durch nachträgliche Quel- lung kommt dem jüngften Abfchnitte, das kleinfte Maß dem foeben aus- gewachfenen Abfchnitte zu. IV. Experiment. Eine Helianthuspflanze wird in ı5 gleich lange Glieder zerfchnitten und aus jedem ein centraler Markftreif genommen, gemeffen und in Waf- fer gelegt. Die Streifen quellen und dehnen fich in Richtung der Axe be- trächtlich aus. In der beifolgenden Tafel bezeichnet die Nummer I das ältefte, die Nummer XV das jüngfte Gliederftück; in den folgenden Co- lonnen find die Längen zu verfchiedenen Zeiten eingetragen. Man fieht, dal das Quellen von unten nach oben zunimmt und daß, wenn die Pflanze auf das Volum der ausgequollenen Markftreifen heranwüchfe, ihre Länge von 750 auf 1094 mm zunehmen würde. Nummer Anfangs- Nach Nach Nach des Streifens. länge. 3 Stunden. | 14 Stunden. | 21 Stunden. I 5o 59 62 62 u 50 5755 64,5 65 II 5o 58,5 68 69 ° IV so 595 60,5 6755 Y: 52 61,2 66 67 VI 51,5 58,2 TA 71 Vu 53 s9 68 70 VIH 53 58,5 68 71 IX 53 61 70 71 X 54 60 67,5 775 XI 52 60 71,5 75»5 X 5I 60 72 74 XIE so 65 79 83 XIV 5o „65 795 83,5 XV so 66 80 87 1094,0 (Anfangslänge 750). Gewebefpannung. 189 Die Quellungsgröße eines gegebenen unter diefen ı5 Cylinder- "abfchnitten ift nicht für alle Zeitpunkte gleich, fondern zuerft größer, fo- dann kleiner. Bemißt man die Größe der Gewebefpannung in dem Unterfchied der Länge vor und nach der Section, oder in dem Unterfchied des kürzeften und längften Gewebeftreifs nach der Section und ftellt diefes Maß als Func- tion der Entfernung von der Spitze dar, Fig. 192, fo erhält man eine Curve, welche die größte Aehnlichkeit mit der partiären Zuwachscurve hat; vergl. Fig. 188. Es ergiebt fich hieraus: Die aus dem Längenunterfchied. ifo- lirter Streifen erfichtliche Gewebefpan- nung in der Längsrichtung ift eine perio- difche Function der Entfernung von der Spitze, gerade wie der partiäre Zuwachs und von diefem abhängig, fie erlifcht oder - wird fehr klein, wenn der Zuwachs Null wird. So rückt denn der Ort des Spannungs- maximums ftetig mit der Spitze fort und bleibt ftets in beftimmter Entfernung von 'diefer, nach den Auseinanderfetzungen über das Vorrücken des Ortes, wo der partiäre Zuwachs fein Maximum hat (f. oben S. 180). Endlich aber ergiebt die Vergleichung der Curven Fig. 192 mit den Meflungen der durch Wafferzufuhr ausgelöften Spannkräfte Fig. 191 (und der Tabelle S. 188), daß in der Spitze das abfolute Maximum der Quellung liegt, ganz entfprechend dem unbegrenzten Wachsthum an demfelben Orte. ‚dd 3 Fıc. 191: Aus zwei gleich langen Cylinderabfchnitten wachfender Son- nenrofenfläimme wurde das Mark herausgefchnitten, in Wafler gelegt und nach 3 Stunden b, nach 14 Stun- den c, nach 2ı Stunden d gemeflen. C. Drucke, welche der Expansion das Gleichgewicht halten. Die Cohäfion der pofitiven und negativen Gewebeftreifen hält der Spannung in denfelben das Gleichgewicht. An ihrer Stelle kann durch einen Druck auf die pofitiven und einen Zug auf den negativen Streifen dasfelbe bewirkt, nämlich das Volum des unverletzten Cylinderftückes erhalten werden. Die Größe diefer Druck- und Zugkräfte kann experimentell beftimmt werden. 190 V. Folgen des Flächenwachsthums. I. Methode. Die Druckkräfte, welche nöthig find, um die Expanfion durch Waffer- aufnahme eines Markprisma zu verhindern, können mit dem Apparat Fig. 193 annähernd gemeffen werden. Aus einem Stengelftück der Helianthuspflanze von 250 mm Länge, welches möglichst genau in das Cylinderglas B paßt, wird durch vier Tangentialfchnitte ein Markprisma ifolirt, deffen Querfchnitt = 64 Quadrat- millimeter ift. Nach der Section ift das Prisma $leich lang mit den Rinde- holzftreifen. Die vier Tangentialfchnitte umgeben im Cylinderglas das Markprisma fo, daß diefes bei einem fenkrecht wirkenden Druck nicht feit- lich ausweichen kann. Auf den oberen Querfchnitt drückt nun der Fuß C des Tifchchens, auf welches fo viele Gewichte gelegt werden, dafs das Markprisma fich nicht mehr ausdehnt. Das Quellen desfelben tritt ein, 7 4 4 j 3 1; e [075 1075 ea 27 44 45 44 44 45 455 48 | x } £ f d 196 ” 0 j 27 44. 45 44 AA 45 U5°5 ru 7 146 208 252 297 325 450'05 Fig. 192. A ftellt den Unterfchied in der Länge ifolirter Streifen von Mark und Rinde als Fünction der Entfernung von der Spitze dar bei der Sonnenrofe. B_ ebenfo zwifchen dem ifolirten Markftreifen und dem intacten Stammabfchnitte. e ©. « IN va v wenn Waffer in das Becherglas B gegeben wird. Ich legte, nachdem das Markprisma eben aus dem Niveau des oberen Stengelquerfchnittes hervor- trat, nach und nach 27*/g Pfund auf das Tifchchen, um die weitere Quel- lung zu vermeiden. Ein Druck, welcher dem von 13!/g Atmofphären auf die Flächeneinheit entfpricht. | II. Methode. Bönm operirte fo: das trockne grobe Pulver der Erbfen wird in einen Metallbehälter von Geftalt einer Kanone gegeben und das obere Niveau desfelben mit Gewichten belaftet. Die Kanone ift an ihrer Längswand‘ mit fo feinen Poren verfehen, dal das Waffer ein-, das Gemenge von Erbfen- Gewebefpannung. 191 pulver und Wafler aber nicht austreten kann. Böhm beobachtete einen Druck von 18 Atmofphären. III. Methode. In Hornueıster’s Vorlefungsverfuch wird der negative Holzftreifen oder der negative combinirte Rindeholzftreif an beiden Enden in korkgefütterten Klammern befeftigt., Das eine Ende wird an einer verticalen Scale be- feftigt, das andere mit einer Waagfchale und den nöthigen Gewichten belaftet, bis der Streif die Länge des nicht zer- legten Cylinderftückes ‚erreicht hat!). Die geringfte Verkürzung nach der Section betrug 0,8 mm auf 127 mm bei einem Querfchnitte von 0,9 qmm, und um die urfprüngliche Länge durch Zug zu erhalten, wurden 11,7 grm Belaftung erfordert, fo im jüngeren Internodium von Ricinus. In einem älteren um 4 Interfolien tiefer belegenen wurde die Contraction von 3,5 mm auf ı80 mm durch eine Belaftung von 5o grm ausgeglichen bei einem Querfchnitte von 1,I qmm. D. Die Gewebespannung, eine Folge der osmotischen Spannung des Wachsens und der Quellung. Die Orte, wo der Zuwachs erfolgt und die von ihm abhängigen Spannungs- phänomene vorkommen, find in gewiflem | ri Sinne die Ausflußftellen eines Stromes Fıc. 193. ; oder eines Syftemes von Strömen, welche fich nach dem Orte des ge- ringften Widerftandes ergießen. Zu complicirteren Bewegungsvorgängen kommt es,nun bei der Pflanze dadurch, daß äußere Perioden in der Tem- peratur und Beftrahlung das Wachfen zunächft beeinfluffen und den Waffer- gehalt der Gewebe langfamer oder fchneller verändern (f. weiter unten $ 35. F. G. H.). Wird aber zunächft von diefen abgefehen, fo liegen in dem Wachfenden felbft offenbar Urfachen der Veränderung. » !) Verfuchsmaterial: wachfende Hollunder, Helianthuszweige, Alliumblätter, Wein- fproffe u. a. m. 192 V. Folgen des Flächenwachsthums. ı° wird der Vorrath osmotifch wirkfamer Körper verbraucht, dadurch, daß ein Theil der Bela Körper feft, der Reft auf ein größeres Waffer- volum vertheilt wird; 2° .dıe Quellungsfähigkeit finkt in dem Maß, wie die Maffen in den feften ihren und deren Dichte wachfen. Trotz einem fteten Zufluß aus entfernteren Gegenden wird doch die Bewegungsurfache der Wachsthumserfcheinungen kleiner. Die Intenfität wächft umgekehrt, proportional dem erreichten Vorrath der an- gehäuften feften Maffe. Faffen wir nun alle Urfachen der Volumänderung zufammen für eine Zelle a, welche beifpielsweife im Parenchym liegt und fo lange fie in der Pflanze fich befindet, pofitiv gefpannt ift, gegenüber ei- ner gleichgroßen Zelle b, welche im Holzkörper lie- gen mag, mit negativer Spannung, so beruht ihr Volum, beziehungsweife ihr Längenunterfchied, zu- erft ‘auf ungleichem Wachsthum, aift gleich- lang wie b und das Syftem ift in Spannung, dieß ift die erfte Phafe. In der zweiten Phafe find beide ausgewachfen, fo lange fie in Verbindung find iR Ü B A herrfcht Spannung, wel- Fıc. 194. che wachfen oder finken kann, indem a Wafler auf dem Wege der Osmofe aufnimmt oder abatehr: Die dritte Phafe ift dadurch gekennzeichnet, daß a und b ausge- wachfen, daß a wie b osmotifch nicht mehr wirkfam find. Die Ge- webelbaniuge ift verfchwunden bisauf geringe Längenunterfghiede, wel- che durch ungleiche Quellung der Membrane von a und b erzeugt werden. Rn sg % % Verfuch I. Um zu zeigen, daß die Spannkraft in einem geraden oder gekrümm- ten Organ, Stengel oder Blatt im erwachfenen Zuftande nicht gleichmäßig vertheilt ift, kann man das in Fig. 194 veranfchaflichte Experiment an einem Blatt von Allium altaicum ausführen. In A ift das ganze Blatt ver- Gewebefpannung. - i Er 2808 “zeichnet, in B ift die Epidermis abgezogen, die Krümmung ift gewachfen. In € ift die grüne Parenchymfchicht abgefchnitten, in D ift der Reft der Gewebe, das weiße Mark, kürzere, in E ift derfelbe längere Zeit in Waller gelegt. Verfuch II (nach HorMEISTER). Schneidet man eine Stammzelle der Charen an, fo, daß der unter hy- droftatifchem Druck ftehende Zellfaft ausfließt, fo geht ein Theil der Feftig- keit gerade fo verloren, wie wenn eine fonft fchlaffe Blafe, welche, prall mit Wafler gefüllt, eine erhebliche Feftigkeit befitzt, angefchnitten wird. Ift die Charenzelle durchfchnitten und die Flüffigkeit ausgetreten, fo befitzt fie immer noch foviel Feftigkeit, dafs fie unter ihrer eigenen Laft fich nicht beugt. Beim Knirfchen oder Zerreiben geht aber auch diefer Theil ver- loren, fie erfchlafft vollftändig. E. Turgor und Festigkeit. Die ifolirten Streifen der pofitiv und negativ gefpannten Gewebe können fchlaffer fein wie das gefpannte, aber intacte Cylinderftück des Stammes, aus welchem fie ftammen. Die Feftigkeit des intacten Syftemes und des combinirten Streifens ift meiftens größer, wenn fchon nicht für alle, auf das Syftem wirkende Kräfte. Die Biegungs- oder Zugfeftigkeit ift unter allen Umftänden in dem unverletzten Syftem größer, wie in jedem ifolirten Streifen, weil dasfelbe eben feftere und weniger fefte Streifen gleichmäßig um die Peri- pherie des Organes vertheilt enthält. Abfolut kleinfte Zugfeftigkeit befitzen die expanfiven Gewebe, Mark, Parenchym der Rinde. Abfolut größte Zugfeftigkeit befitzen die Epidermis und die Fafer- _ gewebe des Holzes und Baftes. ı° Das Maß diefer Feftigkeit') muß veränderlich fein im Laufe der Entwickelung. 2° Im Allgemeinen nimmt mit dem Alter die Feftigkeit zu. Im Holz- und Rindenkörper kommen ungeheure Zugkräfte zum Ausdruck, innerhalb des Zeitraumes von Jahrhunderten,“welche ein Baum ausdauert. Im Anlagezuftande find gleichwohl alle Membranen im ifolirten Zu: ftande fchlaff, fo namentlich im Cambium. Die Turgescenz oder Spannungs- feftigkeit wird in folchen fchlaffen Membranen hergeftellt durch den Druck der Zellflüffigkeit auf die Wand. 1) Es ift das Product aus dem Gewicht in die Verlängerung in dem Zeitpunkt, wo _ bei fteigender Belaftung foeben das Zerreißen eintritt, bei einem Stabe (Gewebeftreifen) von gegebenem Querfchnitt und gegebener Länge. N. J. €. Mürter, Handbuch I. ı. 13 194 V. Folgen des ‚Flächenwachsthums. er Eine naffe leere Blafe (Darm) wird feft durch den hydroftatifchen Druck, welchen eine osmotifch wirkfame Flüffigkeit, mit welcher die Blafe gefüllt ift, oder ein gepreßstes Gas ausübt. Bei den Pflanzen aber kommt noch in Betracht, daß auch die - nicht in diefem Sinne gefpannte Membran ihre Zugfeftigkeit ändert, je nach dem Waffergehalt. Sie erftarkt durch Einlagerung fefter Theile und des Waffers; fie erfchlafft durch Wafferverluft und dadurch, daß wir fie zer- knirfchen, d. h. einen fo hohen Druck im Achatmörfer etwa anwenden, daß) die kleinften Theile eine außerordentliche Lagenänderung, bezogen auf die flüffigen Theile, erfahren. Lufttrockenes Stärkemehl im Achatmörfer zerknirfcht, wird zu einer teigigen Mafle. F, Periode der Spannungsintensität. Aus den früheren Abhandlungen erhellt, daf die höhere Pflanze ein Gefäß mit elaftifcher Wand darftellt, in welchem die Gewebefpannung fich periodifch verändern muß: | ı° mit dem täglichen Temperaturwechfel, 2° mit dem Lichtwechfel von Tag und Nacht, 3° in Folge der Schwankung der Verdunftung. Bei unferen Bäumen fteht die Rinde unter ftetem Druck durch den Zuwachs und die Quellung des maffıven Holzcylinders. Rindenriffe er- weitern fich in der Querrichtung und nicht in der Längsrichtung. Die klaffende Wunde eines Rindenlängsfchnittes erweitert fich Nachts mehr, wie am Tage. Innerhalb fo kleiner Zeitgrenzen wurde hier eine Periode be- obachtet, dafd der Zuwachs während diefer Zeit nicht als Urfache angefehen werden darf. Der Wurzeldruck oder vielmehr die Harzs’fchen Queckfilberdrucke können durchaus nicht als Maß der Spannung angefehen werden. Wohl aber wird man, wie dief auch fchon mehrfach gefchehen ift, die Bewe- gungserfcheinungen mancher Pflanzen benutzen können, um einen Einblick in die Größe der Spannkräfte zu gewinnen. Der Mimofenblattftiel ift ein fehr langer Hebel, an deflen einem Ende eine, bezogen auf die Mafle der beiden Polfter, fehr große Maffe befeftigt it. Durch den Antagonismus der zwei Polfter wird der Blattftiel gehoben oder gefenkt. Die Möglich- keit der Reizbarkeit beruht bekanntlich darauf, dafs das untere Polfter plötzlich an Spannkraft verliert, dieses untere Polfter ift aber das ftärkere, denn es hebt die Laft an dem langen Hebel und comprimirt noch dazu das obere Polfter. ') Kraus, die Gewebefpannung. Bot. Ztg. a. a. O. Gewebefpannung. | ; 195 Wenn nun der Druck einer Wafferfäule, die auf dem: Querfchnitte ruht, allmälig gefteigert wird, fo wird das untere Polfter immer expanfıver und der Blattftiel wird gehoben. Es ift nun aber die Reizbarkeit verfchwun- den. Das Blatt bleibt fo lange ftabil, als der größere Druck wirkt. Diefer Druck ift keineswegs fehr groß und kommt bei Weitem dem Harzs’fchen Drucke nicht gleich. | Der Druck in einem Syftem von Zellen hängt alfo nicht allein ab von dem Wurzeldruck, fondern 1° von der Verdunftung, » 2° von der zuftrömenden Waflermenge, 3° von der osmotifchen Differenz, 4° von der Anziehung der feften Membrantheile zum Wafler und in dem Phänomen, welches bei der Mimofa in Betracht gezogen wurde, von dem Verlauf der wafferleitenden Bahnen (f. $ 36). Nach den Unterfuchungen MirLLArDET’s zeigen fowohl die Stämme wie auch die Blattftiele der Mimofa eine Periodicität in der Spannung. Ein Maximum liegt zwifchen Mitternacht und 6 Uhr des Morgens, ein Mini- mum zwifchen dem letzten Zeitpunkt und Mittag. Zu Mittag wird ein zweites Maximum erreicht und ein abfolutes Minimum um 6 Uhr Abends. $ 25. Intercellularräume '). Während die Organe der höheren Pflanze fich ftrecken, lockern fie fich in der Weife auf, daß polyädrifche, luftführende Räume entftehen, welche zwifchen den Zellen belegen find. Intercellularräume folcher Art fehlen den Mycelien der Pilze, dem vegetativen Gewebe vieler Algen. Sie fehlen dem Moosblatte, treten zuerft mit dem Lager der Marchantieen und dem Prothallium der Farne auf, und find ftete Begleiter der parenchyma- töfen Gewebe aller höheren Pflanzen. Sie fehlen oder treten zurück in dem Holzkörper der Nadel- und Laubbäume, mit Ausnahme der harzführen- den Canäle der Pinus- und Piceaarten. Sie fehlen der Epidermis an der großen Mehrzahl der Berührungsflächen der Zellen, dem Kork und Peri- derma der Rinde. ") Luftführende Intercellularen fehlen bei den Blättern der Laubmoofe (bei Sphag- num [wichtiges Studienobject] find luftführende Zellen vorhanden), fie kommen vor bei den Marchantieen und allen höheren Cryptogamen. 13* \ | 196 V. Folgen des Flächenwachsthums. % A. ShönaHldehe Gewicht der Gewebe y, Ein allfeitig gefchloffenes, mit Waffer gefülltes Zellgewebe ift fpecififch fchwerer wie Wafler). Die Zellenflüffigkeit lebender Wafferbewohner ift _ wohl meift ebenfalls etwas dichter wie Waffer, wenn nicht dort eine große Anfammlung von Oel oder Fett ftattfindet. Das Fluthen und Schwimmen !) Die Wurzel wachfe erft in einer Wafferfchicht unter beliebiger Richtung zur Schwere und dringe dann in eine Schicht, welche dichter ift wie fie felbft und dichter wie das Waffer, z. B. Queckfilber. Der Auftrieb, der fich geltend macht, ift eine befchleu- nigende Kraft und die Intenfität hängt ab von dem fpecififchen Gewicht der Wurzel und der Flüffigkeit. Die Kraft, welche den Körper im Waffer auftreibt, ift v (d—d'), wo d das fpecififche Gewicht des Waflers » d’» » » des untergetauchten Körpers, v deflen Volum bedeutet. Ift der Körper ein untergetauchter homogener Stab, fo ift die Bewegung desfelben im Waffer leicht zu behandeln. Die Wurzel, welche in das Waffer wächft, ift aber kein homogener Stab, fondern ihr specififches Gewicht nimmt von der Spitze ab ge- rechnet in jedem Querfchnitt verfchiedene Werthe an, daher kommt es denn, daß der Auftrieb nach einer beftimmten Function, welche von der Entfernung von der Spitze abhängig ift, wächft. Diefe Function ift alfo eine Function. von %. X felbft aber ift, wie wir früher gezeigt, eine Function der Zeit, weil die Wurzel ftetig in das Waffer wachfen foll. Ver- gleichen wir zuerft, wie fich ein homogener cylindrifcher Stab, der lothrecht im Waffer fteht, gegenüber der Wurzel verhalten würde, die wir ebenfalls als einen cylindrifchen Stab. betrachten können, die Dichte des Stabes in allen Cylinderelementen ift gleich d’, die Dichte der Wurzel ift aber in den verfchiedenen Cylinderelementen verfchieden, und zwar nimmt fie von der Spitze ab gerechnet ab. Sie habe aber in einem beflimmten Cylinderelement die Dichte d’, die Dichte des Waffers fei d. Die Dichte der Wurzel ift alfo =) A=fM. Daraus geht nun hervor, daß je näher das Cylinderelement der Wurzel an dem Spiegel des Waffers liegt, defto größer wird der Auftrieb. Bei dem homogenen Cylinder fei d‘ <‘ d, der Oflinder würde auf dem Wafler . fchwimmen; fuchen wir nun die Zeiten, wann die einzelnen Cylinderabfchnitte am Waffer- fpiegel ankämen, wenn wir uns vorftellen, der Cylinder fei mit einem Schlage in feine Elemente zerlegt und diefe feien feitlich parallel mit fich felbft fo YericROnEne daß fie geradlinig, ohne fich gegenfeitig zu ftören, auffteigen können. v (d—d') ift die befchleunigende Kraft der Schwere in diefem Falle. Es ift klar, daß die Zeiten, welche die einzelnen Theilchen brauchen, umgekehrt proportional den Entfernungen vom Spiegel, oder die Räume find dem Quadrat der Zeiten proportional: ie dee — tt, te ve 2$ Anders ift es, wenn wir die Wurzel in Adichlaiiee gleichvolumige Elemente zer- legt denken; da man nämlich wegen des Verhältniffes der luftführenden Räume der Wurzel zu den flüfigkeitsführenden alle Werthe zwifchen d (der Dichte des Waffers) und einer beftimmten Größe, größer als d, und einer anderen, kleiner als d, annehmen kann, fo 2 2 Be u nn 0 Intercellularräume. iR 197 von Fadenalgen im füßen Waffer ift daher nicht ohne Weiteres verftändlich. Es wird ermöglicht durch kleine Luftbläschen, welche in den Rafen folcher Pflanzen ausgefchieden werden. folgt, daß von der Spitze ab ein Theil der Cylinderelemente finken würde bei der vor- gedachten Zerlegung, ein Theil würde fchweben, hier wäre das specififche Gewicht des entfprechenden Elementes d‘ = d und dann kämen erft die Theile, welche auffteigen, und zwar würde die befchleunigende Kraft, mit welcher diefe letzteren aufgetrieben werden, wachfen, da d‘ bis zu beftimmter Grenze kleiner wird wie d. Man wird bei einer experimentalen Beftimmung der Orte, wo d’ > oder VE Folgen des Flächenwachsthums. re ER E <= = y Viele Taufende folcher Apparate wirken an einem Blatte. Im kleinften Flächenelement ift dadurch für den Gasverkehr 'geforgt!). we. Wir wiffen nach den Unterfuchungen H. v. Mour’s (vergl. auch, PrincsH. Jahrb. Bd. VII. S. 75) über die Bewegung der ‚Schliefzellen und deren Urfachen das Folgende: 1° Die Schließzellen find reicher am Protoplasma, an Kohlehydraten, fie führen ab- weichend von den Epidermiszellen in einigen Pflanzen felbft Chloro- phyll. Die osmotifche Spannung der Schliefszellen ift größer wie diejenige der angrenzenden Epi- dermiszellen?).' 2° Die. Außenfeite der Schließzellmembran ift cuticu- larifirt, befteht demgemäfß- aus zwei antagoniftifich wirkenden Membranftreifen, die Innenfeite des Hinterhofes nicht. 3° Vorfichtiges Abziehen der Epidermis?) fchließt die vor- her geöffneten Spalten nicht. a) Wafferzufuhr fchlieftfie . Fı6. 203. A. Durchfchnitt durch die Epidermis des Mife- bei der Mehrzahl vorher geöff- blattes im Knofpenzuftand, 's s die Zellen, welche die Schließ- | . öff d zellen der Spaltöffnung fpäter abtheilen. B. Durchfchnittsanficht neter Spa ten. Sie öffnet en einer Spaltöffnung (nach v. Mour& Bot. Ztg.) von Amaryllis, ä 1 1 a; Cuticula, k k die Schließzellen, 5 Vorhof, f Athemhöhle, Spalt oder erhält ihn offen bei d Hinterhof. Orchis (f. v. Mont). b) Zufatz wafferentziehender Mittel, Zuckerlöfung, Glycerin fchließt den Spalt. c) Inductionsfchläge fchließßen den Spalt (f. PrınssH. Jahrb. Bd. VII. S. 75). ’) H. v. Most, Welche Urfachen bewirken die Erweiterung und Verengung der Spaltöffnungen? 697. 713. Bot. Ztg. 56. — N. J. C. MÜLLER, Die Anatomie und die Mechanik der Spaltöffnungen (als Fortfetzung zu: Diffufion der atmofphärifchen Gase u. f. f.). PrinGsH. Jahrb. VII, S. 75. ?) Lit. Epidermis, Th. Harrıg, Ueber die Oberhaut der Holzpflanzen. Bot. Ztg. 53, $S. 399. — E. PritzEr, Beiträge zur Kenntniß der Hautgewebe der Pflanzen. PRINGSH. Jahrb. V. 1866—67. — Prrrzer, Ueber die mehrfache Epidermis und das Hypoderma. 526. Bot. Ztg. 69. 3) Studienmaterial: Epidermis der Liliumarten, der Orchis, der Amaryllis, Aloe. - . = Intercellularräume. 205 -d) Rafcher Temperaturwechfel fehließt den Spalt. 4° Höhere Temperatur und ‘ Turgescenz führen zur Oeffnung. 5° Höhere Temperatur und Erfchlaffen der Organe, in Folge _ ftarker Verdunftung, führen zum Schließen. 6° Während des Tages herrfcht im Allgemeinen Offen- ftellung, während der Nacht aber Schließftellung (abgefehen von den unter 5° genannten Ein- Fıc. 204. Spaltöffnung von Zea Mais. wirkungen). b) Diffufion und Abforption der Gafe in der Membran!). Denkt man fich zunächft in Folge eines Druckunterfchiedes einen Strom aus der Atmofphäre nach dem Laubblatte gerichtet, fo werden alle Areale der Epidermis, welche mit Spalten in der Offenftellung ausgefüllt find, ‘die Bewegung der Gasmolecule nach den Lufträumen im Innern zulaffen. Die Spalten find. daher die Diffufionsareale (oder Effufionsareale) des Blattes. Alle übrigen Areale der Epidermis aber verdichten, löfen die Gafe, folche mögen Abforptionsareale genannt werden. Endlich find alle Flächen im Innern des Blattes, welche an die luft- führenden Intercellularräume grenzen, Abforptionsareale. Sind alle Spalten gefchloffen, fo ift das Abforptionsareal des Blattes gleich dem feiner Oberfläche, find fie aber alle geöffnet, fo wächft das Ab- forptionsareal um das Vielfache, je nach der Größe der Zellen und ihrer Auflockerung. Als Beifpiel mögen folgende Meflungen für die Einheit der Fläche an einem, für die Unterfuchung bequemen Alliumblatte angeführt fein: Summe der Flächen aller geöffneten Spalten, Effufions- oder Diffufionsareal . . . . . = 0,15. Abforptionsareal der Epidermis . . 0,985. Innere Oberfläche der chiörankyiitährenden. Zellen, foweit fie an Intercellularräume grenzt = 13,333. ) N. J. C. MÜLLER, Unterfuchungen über die Diffufion atmofphärifcher Gafe in der Pflanze und die Gasausfcheidung unter verfchiedenen Beleuchtungsbedingungen. PRINGSH. Jahrb. Bd. V. S. 145. 1866—67. — N. J. C. MÜLLER, Unterf. über die Diffufion der atmo- fphärifchen Gafe und die Gasausfcheidung unter verfchiedenen Beleuchtungsbedingungen. PrinGsH. Jahrb. Bd. IX. S. 36. — J. Batım, Ueber den Einfluß des Leuchtgafes auf die Vegetation (Sitzgsber. d. k. Ac. d. Wiffenfch. 1873). 206 V. Folgen des Flächenwachsthums. Die Phyfiker!) ftellen fich das gasförmige Aggregat als aus getrenn- ten Molecülen beftehend vor. Die Molecüle find, fo lange Temperatur herrfcht, in fteter Bewegung begriffen und ftreben die gröfste Diftanz zwi- fchen einander herzuftellen. Das wichtigfte Gefetz für das Verftändniß der Bewegung in Gas- maflen fagt aus: Die Gefchwindigkeit de Gasmolecüle ift dem Quadrate ihres Gewichtes umgekehrt proportional. Diefe Gefchwindigkeit wird beobachtet, wenn Gafe aus einem Recipienten unter geringem Drucke durch eine fehr feine capillare Oeffnung ausfließen. In der nachfolgenden Tabelle find die atmofphärifchen Gafe, welche für die Ernährung der Pflanze zunächft in Betracht kommen, im Vergleich mit dem fpecififch leichten Gafe Wafferftoff zufammengeftellt. Gafe. Durchgangsgefchwindigkeit bei der Effufion Moleculargewicht. \ | Fa experimentell — — ya: . DI 0,951 | 0,9500 N 14 1,0146 | 1,0164 SR: 3,7994 3,613 CO: 22 0,8087 | 0,821 Die Effufion wird in der Epidermis, welche freilich aus zwei‘ Mem- branlamellen befteht, eine Rolle fpielen, wenn Spaltöffnungen vorhanden find und wenn Druckfchwankungen oder ein Temperaturwechfel die Tenfion der Binnenluft vergrößert oder verkleinert. Die fpaltenlofe Epidermis aber läßt im naflen Zuftande nur gelöfte Gastheilchen paflıren. Im trockenen Zuftande verhält fie fich wie eine feine Lamelle aus erhärtetem und trockenem Gypsftuck. Um die Gefchwindigkeiten verfchiedener Gafe durch folche Mem- branen zu beftimmen, !) GRAHAM, Ann. d. Chemie und Pharmacie 1850 $. 138 ff., ebenda 1862 S. ı, 1864 S. 131. — KranıG, POGGEND. Ann. Bd. 99. — GRAHAM, POGGEND. Ann. 1863 Bd. 120. — NAUMANN, Grundriß der Thermochemie. Braunfchweig. Vieweg u. Sohn. 1869. S. 26 fl. '207 utey UOPIOM ujoppdge s sıaawouuy sap [oZaıdg wap Au Snrozydrs]3 Appa ynuspunaag au 7 uf "uapejodsne „q yaınp “u „» ypaınp Spen sp uapıom pP uf 18or] wergtuam aıp wayspoMm zue Jdoydsdin um yı g uoA dunimom ‘-ıq 20p up dtozue odung op ur yanıqg uop zoyppom. sawourm z5 175 5 "uodurzodzne 7 ayoasuondıöygqy wap ur uopaom “usdurpp3 aduung ap ur 7 ıy Fam wap ne oyapom ejeH Ag usgana3 aaqyyy>audy Mu odıumg aypy TFsnauag y 7 woueiquowuszurgg uUoA ed) aoyaprayydgpune ‚usdunury>j1suoynyrg dp unpnig sep any warddy "Soz.d14 v ° TI TR III —| ka hc a a aan an Intercellularräume. - 208 E% Folgen des Flächenwachsthums. Gäfe): ee Durchgangszeiten: gleicher Volume Gewicht. Gefchw. durch in Waffer durch nafle durch trockene Kautfchuk. löslich bei 20%. Membran. Membran. ER 92 5,500 0,0193 928 37,6 N 14 1,0164 I,000 0,0140 197 57,6 O 16 0,950 2,556 0,0283 185 68,3: 8 CO: 22 0,821 13,585 0,9014 135 79,0 - Atmofphäre ı kann man fich des in Fig. 205 abgebildeten Apparates bedienen, welcher von GRAHAM zuerft angewandt wurde. D, C, G, E find die wefentlichen Theile einer mit Queckfilber ge- triebenen SPRENGEL’fchen Pumpe (nach dem Principe des Waffertrommel- gebläfes). M ein Manometer, welcher den Grad der Evacuation in dem Raume K'BK?, I, !' angibt. Das cylindrifche Röhrchen B ift links mit einem fehr dünnen Gypspfropf verfchloffen und nimmt auf dem Tellerrande die zu prüfende pflanzliche oder thierifche Membran auf. In dem Raume A wird durch a‘ a“ der Strom der Gafe ein-, durch b’ b‘ ausgeleitet. Dieß kann für Atmofphäre mit einem zweiten Waffertrommelgebläfe be- wirkt werden. . !) 10 Mechanische Theorie der Gase. Denken wir uns unter dem Drucke der Atmofphäre, alfo des Barometerftandes, zwei gleiche Gasbehälter mit verfchiedenen Gafen gefüllt, den einen mit H, den andern mit O, fo ift experimentell beftimmt, daß das Gewicht der Gasmaffe im einen zu dem des an- dern fich verhält wie 1 : 16. Betfachten wir nun die vier wichtigften Gafe CO», H, O, N und denken uns vier gleicheingerichtete Gefäße mit gleichem Volum, in jedes Gefäß eines der vier Gafe bei gleichem Druck und gleicher Temperatur gefüllt, fo verhalten fich die Gewichte wie #: NEO E12 0.38 Man nennt diefe Gewichte die fpecififichen Gewichte, bezogen auf H als Einheit. Diefelben drücken uns .die Dichten der Gafe aus. Nehmen wir an, die Gafe befinden fich in den vier Gefäßen unter gleichem Druck und gleicher Temperatur, und erhöhen wir nun im einen Gefäß die Differenz einer fperrenden Queckfilberfäule um ein beftimmtes Maß, fo finden wir, daß das Volum im Recipienten abnimmt, das Gas wird comprimirt; ftellen wir in allen Gefäßen diefe Differenz her, fo finden wir, daß die Volume aller gleich werden, d. h. daß gleichem Druck bei allen gleiche Volume entfprechen. Denken wir uns vier gleichvolumige Röhren in 273 gleiche Theile getheilt und bei conftantem und gleichem Druck für alle vier Apparate !/ers der einen Röhre mit H, der andern mit CO, der andern mit O, der letzten mit N gefüllt, fo können wir durch Verfchieben der Röhre A in dem mit Hg gefüllten Cylinder bei jedem Temperaturgrad das Volum meffen bei conftantem Druck. Man hat gefunden, daß das Volum der Temperatur für alle Gafe direct proportional fei und daß bei der Erhöhung oder Verminderung der Temperatur um ı° C. dasfelbe um /srs zu- oder abnimmt. Daraus ift die Definition des abfoluten O- Punktes der Temperatur und der abfoluten Temperatur leicht herzuleiten. 1 x a a N =” . a IN ST, Ki - * . I... er se - »Intercellularräume. °° - 209 ‘Hat das Manometer durch den Betrieb der rechts ftehenden SPRENGEL - fchen Pumpe eine beftimmte Höhe erreicht, fo fchließt man die letztere und beobachtet die Zeit, welche nöthig ift, bis der Spiegel in M um einen gegebenen Niveauunterfchied gefunken ift, dadurch, daß Gafe aus A durch die Membran nach B getreten find. Auf diefe Weife können die Zeiten leicht beftimmt werden, welche gleiche Volume verfchiedener Gafe bei gleichem Druck und gleicher Temperatur brauchen, um gleiche Membran- flächen verfchiedener Natur zu paffiren (man vergleiche die Tabelle S. 208). Aus dem Gay-Lussac-MARIOTTE’fchen Gefetz ift AvOGADRO zu der Annahme ge- langt, daß in gleichen Volumen verfchiedener Gafe bei gleichem Druck und gleicher Temperatur diefelbe Anzahl von Moleculen enthalten fei. Das fpecififche Gewicht ift - darum auch das Moleculargewicht der Gafe, d.h. das Gewicht eines Moleculs in dem Gas. Nach denjetzt herrfchenden chemifchen Theorieen hat man dann aber noch zu unter- fcheiden zwifchen Atom und Molecul. ı° Verbindet man nämlich C/ und H z. B., fo findet man, daß die Volume von beiden gleich find, es gehen alfo gleichviel Molecule nach der AvoGapro’fchen Anficht von dem einen wie dem andern Gas in die neue Verbindung ein: 2° Verbindet man hingegen O und H zu Waffer, fo findet man, daß zwei Mole- cule (beziehentlich zwei Vol.) H mit einem Molecul (beziehentlich Vol.) fich verbinden: Nach diefem nennt man C/ und H einwerthig, O und N beziehentlich zwei- und dreiwerthig. Das Molecul der elementaren Gafe enthält zum Mindeften zwei Atome: Wir verbinden z. B. ein Volum H und ein Volum C/ zu CIH. Aus den zwei Vo- lumen C/ und H entftehen- aber zwei Volume C/H; wenn nun nach der Annahme, daß in allen Gafen in gleichem Volum bei gleichem Druck und gleicher Temperatur gleich- viel Molecule vorhanden feien, verfahren würde, fo käme man jetzt in den zwei Volu- men CIH offenbar nicht aus, denn aus den » Moleculen H und » Moleculen C] entftün- den nur » Molecule C/H in demfelben Volum, welches vorher von zwei » Moleculen ausgefüllt war. Wir ftellen uns daher vor, der H befteht aus zwei Atomen und ebenfo das Cl], und bei der chemifchen Verbindung tritt eine Zerlegung der Molecule ein, fo daß jetzt zwei Molecule C/H refultiren. Nur auf diefe Weife ift es möglich, daß wenn vor der Verbindung zwei zn Molecule in den zwei Volumen enthalten waren, nach derfelben ebenfalls zwei » Molecule denfelben Raum erfüllen. Wir haben ein Volum O und zwei diefer Volume Wafferftoff vor der Verbindung zu Waffer. Nach diefer erhalten wir aber nur zwei Volume Wafferdampf. Vor der Verbindung des N und H zu NHs haben wir bei gleichem Drucke und gleicher Temperatur ein Volum N und drei folcher Volume H. Nach der Verbindung aber zwei Volume des Dampfes von NR». 2° Gasdiffusion. Verbindet man zwei unter gleichem Druck und. Temperatur ftehende, aber mit verfchiedenen Gafen gefüllte Recipienten, von welchen der, eine Sauerftoff, der andere Wafferftoff enthalten möge, miteinander und unterfucht nach einiger Zeit das Gemifch, fo findet man, daß fich die Gafe gegenieitig durchdrungen haben. H ift nach O, O nach H getreten. Noch beffer wird man diefe Durchdringung durch Uebereinanderfchichten zweier Gafe nachweifen, von welchen eines gefärbt ift. N. J. C. Mürrer, Handbuch 1. ı. 14 a 210 V. Folgen des Flächenwachsthums. Er er F c) Diffufion und Abforption im Laubblatt®). Laubblätter und belaubfe Zweige tauchen in einem Gasocean, in welchem durch .den Wind ftete Druckfchwankungen hervorgebracht wer- den. Durch den Wechfel in’ der Beftrahlung müffen ftetig ftärkere oder fchwächere Gasftröme in dem einen oder anderen Sinne herrfchen. Steigt der Barometerftand in der Atmofphäre, fo muß ein Strom durch die Spalten nach dem Innern der Pflanze den Druckunterfchied ausgleichen, finkt derfelbe, fo herrfcht ein entgegengefetzt gerichteter Strom. Erwärmt -fich durch Strahlung das Blatt, fo werden die Gafe zum Theil nach außen dislocirt, finkt umgekehrt die Temperatur, fo dringen Gafe in die Binnen- Lufträume ein. Mit Hilfe des Apparates, Fig. 206, laffen fich die hierein- fchlägigen Phänomene leicht ftudiren. Derfelbe befteht aus zwei Glasreci- pienten. Einer derfelben nimmt das Laubblatt auf, welches an einem in den Recipienten A mündenden Rohr mit dem Blattftiel befeftigt ift. Die beiden Recipienten A und B find durch einen Differenzen-Manometer getrennt. Von dem Schenkel derfelben, welcher mit A in Verbindung fteht, geht ein Rohr nach B. Ein anderes Rohr führt zum Hahn c“‘ und kann durch diefen mit dem Vacuum einer Pumpe C in Verbindung gebracht werden. Mögen die Hähne c’ und c‘“ zunächft gefchloffen fein und ein Laub- blatt verfchliefse luftdicht die Mündung der Spindel im Recipienten A, fo communiciren die Gastheile des Recipienten B mit Binnenräumen des Blatt- ‚ ftieles. Die äußerften Mündungen, die Spalten in der Blattfläche aber ftehen in Verbindung mit dem Gafe im Recipienten 4. 1) PrInGsH. Jahrb. Bd. VII. N. J. C. MÜLLER, Diffufion der Gafe. Die Bewegung der freien Gastheilchen, auf die wir durch folche Erfahrungen fchlie- ßen, nennen wir die Diffufion der Gafe. Mißt man die Schnelligkeit diefer Bewegung, fo findet man, daß fie bei chemifch verfchiedenen Gafen verfchieden groß ift. Verfchließen wir zwei Röhren mit einem dünnen Gypspfropf und füllen die eine mit H, die andere mit CO», fperren beide Röhren mit Waffer und laffen den Gypspfropf mit der Atmofphäre in Berührung, fo fehen wir, daß in der mit H gefüllten das Wafler fteigt, während es in der mit CO» gefüllten finkt. Daraus geht hervor, daß von dem Waflerftoff in derfelben Zeit mehr in die Atmofphäre entweicht, als von diefer durch den Gyps in das Rohr ein- tritt. Bei der CO» ift der Vorgang umgekehrt, hier geht weniger COs heraus, als Atmo- fphäre herein. Im Allgemeinen findet man bei einer folchen Bewegung der Gafe durch poröfe, trockene Maffen, daß die leichteren fich rafcher bewegen. Das Experiment hat nun in Uebereinftimmung mit der Theorie eine beftimmte Ab- hängigkeit der Gefchwindigkeit verfchiedener Gafe von ihrem Gewicht nachgewiefen. Das Gefetz, welches diefes ausdrückt, fagt aus: daß die Gefchwindigkeiten umgekehrt propor- tional find den Quadraten aus den fpecififchen Gewichten (refp. Moleculargewichten). Gypsftuck, Graphyt, Thonmaffe find poröfe Körper, deren Poren fo eng find, daß eben nur die Gastheilchen einzeln hindurch pafliren. Läßt man nun durch einen genügend Intercellularräume. 211 55 S 2 x en T BP G) Bu a an 333 —— Fıs. 206. Vorrichtung zum Studium der Gasftröme im Laubblatte. Zwei Recipienten 4 B, jeder mit einem Ther- mometer #’ und einem Ventil cc’, find fo verbunden, daß der Druck in. B am Spiegel M, der Druck von A am Spiegel M’ eines Differenzenmanometers abgelefen werden kann. In der Verlängerung der Röhre M wird das Laub- blatt befeftigt. Beide Recipienten find noch mit der SprenGer’fchen Pumpe C in Verbindung, wird das Ventil c" geöffnet, fo evacuirt diefe den Recipienten A, wird c'* geöffnet, fo evacuirt fie den Recipienten B. In D ein Stempel, welcher ausgezogen oder eingefchoben werden kann. In den Recipienten A führen die Electroden ee. 14* 212 V. Folgen des Flächenwachsthums. Schiebt man nun den Stempel D in den Recipienten B hinein, fo finkt der Spiegel der Sperrflüffigkeit in M, der in M? fteigt, d. h. der Druck in Bit größer wie in A; ein Gasftrom geht jetzt durch das Blatt von B nach A. Die Spiegel nähern fich, der Druckunterfchied zwifchen A und B gleicht fich aus. Umgekehrt verläuft der Vorgang, wenn-in einem zweiten Verfuch D herausgezogen wird. Es geht alsdann ein Gasftrom von A nach B. In den Recipienten B laffen fich nacheinander verfchiedene Gafe ein- führen und auf ihre Diffufibilität unterfuchen. Durch den Kautfchukverfchluß in A find 2 Kupferdrähte, an deren Enden Platinelectroden befeftigt, eingeführt, welche den Pflanzentheil in zwei Punkten berühren. Schließt man den electrifchen Strom, fo erfährt die Pflanze Inductionsfchläge, welche nach einigen Minuten die Spalten fchließen, während der Gasftrom aus einem nach dem anderen Recipienten, in der angegebenen Weife unterhalten wird. dünnen Pfropf. die verfchiedenen Gafe hindurchgehen und zwar bei gleichem Druck und gleicher Temperatur, fo findet man, daß die Zeiten, die erforderlich find, um das gleiche Volum H, N, O, COs hindurch zu laffen, fich fehr näherungsweife direkt verhalten, wie die Quadrate aus den fpecififchen refp. Moleculargewichten. Da nun die Gefchwindig- keiten fich nach dem oben ausgefprochenen Gefetz umgekehrt verhalten wie diefe Zeiten, fo ift damit der experimentelle Nachweis für die Richtigkeit des Gefetzes dargethan. Ve. Durchgangs- Gefchwindigkeit Weg der Molecule Name. ; : I in einer Sec. gewicht. zeiten. Kr bei 0° C H I I I 1844 m N 14 196 0,005152 492 » Ö 16 256 0,003946 461 » COs2 22 484 0,002086 N I IE III. IV. V. 3° Der Gasdruck. Den Druck der Gafe faßt man auf als die Summe aller Stöße gegen den feften Körper oder die Sperrflüffigkeit, welche das Gas einfchließen. Es befteht nun folgende allgemeine Beziehung zwifchen Druck p, Temp. (?+ 273°) und Volum v. Für jedes Gas nimmt der Druck zu, wenn das Volum verkleinert wird, die Temperatur aber conftant bleibt. Ebenfo wächft der Druck, wenn das Gas erwärmt und das Volum conftant erhalten wird, und zwar ift: der Druck umgekehrt proportional dem Volum und direct der von — 273° an ge- rechneten Temperatur. Dieß wird durch folgende Gleichung ausgedrückt: Pf _ wet a3 +) DT DORBE UT Denken wir uns in einem Cylinder mit verfchiebbaren Kolben irgend ein Gas H, CO®?, O oder N und von der Temperatur 7, wo T' jetzt die abfolute Temperatur vor- ftellen möge, fo wird das Gas ein beflimmtes von 7 abhängiges Volum einnehmen. Intercellularräume, ur 213 Ne Min! hat es fo in der Gewah, Diffufions-, refp. Effufions- oder Ab- E forptionsftröme in dem Blatte herzuftellen. Verfuch I. (Prixscs#. Jahrb. VII. S. 105 E) Die erwärmten Gafe wurden bei 20° durch das Pflanzenblatt Ben bei einer Druckdifferenz von 8o mm in 60 Secunden. Bei minus 10° C. aber wurden für diefelbe Operation 660 Secunden ' beanfprucht. (PrixssH. Jahrb. a. a. ©. S. 111.) Verfuch I. Das Blatt wird durch Inductionsfchläge gereizt, vor der Reizung er- fordert ein Gasftrom 180 Secunden, nach einigen Minuten erfordert der- felbe Strom 300 Secunden. Legt man auf den Stempel zu p‘ ein neues Gewicht, fo wird ein neues, kleineres Volum erlangt, und die Volume und Drucke verhalten fich, wie: p' 2a u’ p“ wre u" > In unferem Falle ift das Verhältniß ein ächter Bruch. Laffen wir jetzt den Druck conftant p und führen dem Gafe, welches im erften Zuftande die Temperatur 7 hatte, Wärme zu, fo daß 7’ zu T“ heranwächft, fo wird v“ zu v“. Die Drucke find aber für beide Zuftände diefelben geblieben, es folgt daraus, daß: p' en u T E ge = v! T4 7 I dd Ki größer wie eins ift, fo muß nothwendiger Weise m kleiner wie eins fein. Diefe Gleichung fagt alfo aus: Um einen und denfelben Druck in einem Gas “zu erhalten, muß die kleinere Temperatur mit dem größeren Volum, die größere Tempe- ratur mit dem kleineren Volum multiplicirt werden. Um nun diefes «MARIOTTE’fche Gefetz» fein muß. Da nun p" v mit Gas gefüllt, in welchem » Molecule enthalten find. If g der Querfchnitt, » die Höhe des Behälters, fo it v= gh. Auf ein Cubikelement kommen davon ZW Molecule, auf ein Längenelement L' kommen Vz —_ Molecule. d 4 : U ” . e = =) aus der Theorie der Stöße abzuleiten, denken wir uns einen cubifchen Raum Der Druck auf die Quadrateinheit F E. REN fein der Anzahl der Stöße der in ihr befindlichen Molecule; fodann aber auch proportional der Zahl der in der Längen- . einheit befindlichen, d. h. es kommt nicht allein darauf an, wie viel Molecule auf ein- mal auf das Flächenelement treffen, fondern auch, wie oft dieß gefchieht. Die Gleichung, welche dieß ausfpricht, lautet: nn Pt L‘ Fe BE 3 2 Nun if aber v RE -Va — _ und darau F = (V - ) . Wird nun durch gh die Volumvergrößerung die Höhe r hergeftellt, fo erhalten wir: s + 2- (V n ) 3, 214 V. Folgen des Flächenwachsthums. y Verfuch II. Ar Füllt man den einen Recipienten 4 mit Atmofphäre, den anderen B mit Kohlenfäure, während in dem Apparat das Blatt in dem Recipienten 4 ein- gefchaltet ift, fo diffundirt die Köhlenfäure von B nach A. Der Spiegel in M hebt fich, der in M‘ finkt. Jetzt wird durch die chemifche Differenz der beiden Gafe ein Druckunterfchied hergeftellt, welcher lediglich von der Molecularbewegung der Gafe abhängt. 2; d) Verdunftung am Blatte. Die Waffermenge, welche von der Flächeneinheit einer gegebenen Membran bei gegebener Temperatur und gegebenem Drucke abdunftet, ift die Verdunftungsgröße. Diefelbe ift für alle cuticularifirte Flächen kleiner, wie für die nicht cuticularifirten Membranen, welche an die Binnen- lufträume grenzen. Die Spaltöffnungen fpielen fomit bei der Verdunftung eine Ähnliche Rolle, wie bei dem Verkehr der atmofphärifchen Gafe. | ERBE: Pt TER gh‘ gh‘ dd e) gh' Be “ah N; = n wo gb’ N gh“ Dieß ift aber nach Früherem der Ausdruck für das MARIOTTE’fche Gefetz. v T. Um von derfelben Theorie .aus auch das Gay-Lussac’fche Gefetz (> = abzuleiten, denken wir uns einen Würfel, in welchem » Molecule fich bewegen und nehmen folgende Sätze über den Stoß elaftifcher Körper zu Hilfe: 1° Zwei gleiche elaftifche Kugeln von gleicher Maffe taufchen beim centralen Stoß ihre Gefchwindigkeiten aus. 2° Wenn eine elaftifche Kugel von der Maffe m und der Gefchwindigkeit c eine unendlich große elaftifche Maffe M trifft, fo übt fie auf diefe eine bewegende Kraft 2 me, die ftoßende wird reflectirt, erhält diefelbe aber umgekehrte Gefchwindigkeit — c. mn unferem Würfel ftoßen auf die Wand A im gegebenen Zeitpunkt — Molecule. Jedes Molecul übt die Kraft 2 mc, wo m seine Maffe. Die Wand erhält alfo in der Secunde, wenn « die Anzahl der Hin- und Hergänge in der Secunde, die bewegende Kraft: n macen ars Die nicht centralen Stöße werden hier nicht in Betracht 9, RE 2M" Co gezogen. Ift x die Zeit, in welcher der Weg AB= a einmal durchlaufen wird, fo ift cr = a. Nach der Zeit 2 r ftößt dasfelbe Molecul zum zweitenmal, wenn es: vorher nicht carambolirte. Stößt es central eines der Theilchen von gleicher Maffe, fo bleibt das Refultat nach Satz I dasfelbe. Die Wand erhält in der Secunde (refp. Zeiteinheit) von einem Theilchen « Stöße. v .Intercellularräume. 215 Die Verdunftung it für die fpaltenfüh- rende Unterfeite eines Blattes größer wie für die fpaltenfreie Ober- feite.. UNGER bringt zwei gleichgroße Reci- pienten fo an dem Blatte an, daß in einem Chlor- calcium-führendenGefäß des einen Recipienten die abdunftenden Waf- fertheilchen der Ober- fläche, in einem anderen aber diejenigen der Un- terfläche condenfirt wer- den. Durch Wägung FıG. 207. Unger’s Apparat zum Nachweis, daß die Verdunftungsgröße der Chlorcalciumgefäfßse nach der Unterfeite größer if, wie nach der Oberfeite. wird die Verdunftungsgröße der beiden Flächen beftimmt, Fig. 207. I c am — —, 27 2a weil, wenn eben das Theilchen einmal geftoßen hat, es nach 2 x zum zweiten Mal die- felbe Wand ftößt, x ift jedenfalls kleiner als die Einheit der Zeit (1 Secunde), alfo « größer. Diefen Werth in X, gefetzt kommt: men Riss e “ 6a Auf die Flächeneinheit a? kommt die Kraft K,, weil K, durch a? dividirt war, ' n m c? n m c? 1 NEE aa: oder K, = 2 ergiebt. Mit diefer Kraft X drückt das Gas, fo daß die eine Wand von der entgegenliegenden entfernt würde, wenn fie verfchiebbar- wäre. Auf die Grundfläche drückt aber diefelbe Kraft K, nach der entgegengefetzten Richtung, die Summe beider ift = p. 2 2 ee a 2 Fe = zu Bleibt alfo das Volum conftant und werden die Drucke dadurch geändert, daß dem Gas Wärme (refp. Bewegung) zugeführt wird, fo verhalten fich die Drucke, wie: n m C'? An 8 HT nm CH? z r 10) x c'2 Pr 2 pers a er weil die Anzahl aller Molecule und 3 v bei der Divifion wegfallen. a Er 216 | V. Folgen des Flächenwachsthums. Verdunftung am Blatte. Oben. Unten. Spalten. . Verdunf. Spalten. Verdunft. Atrops 2% Io 48 55 60 Nicotiana ruftica I5 57 20 80 Tilia europxa . ) 20 6 49 Die Spaltöffnungen reguliren fomit auch die Verdunftung, indem fie durch Schließen die verdunftende Innenfläche außer Thätigkeit fetzen, durch Oeffnen aber das verdunftende Areal auf das ızfache bis 2ofache der ein- fachen Blattfläche vergrößern. e) Verdunftung der Blattflächen verfchiedener Entwickelung. Von Weinblättern, welche in verfchiedener Phafe der Entwickelung ftehen, werden fechs in gleichen Gefäßen bei mittlerer Temperatur der Verdunftung ausgefetzt, die Blattfläche wird auf gleichmäßiges, photogra- Da nun nach dem Gay-Lussac’fchen Gefetz die Volume der Gafe um 2; ZU oder‘ abnehmen bei Erhöhung oder Erniedrigung um 1° C., fo erhalten wir, wenn pP der Druck bei 0° ift: t 0 — 0 Si: a EB 2 Pay +9. Bi ee Pe Re 273 d. h. die Drucke verhalten fich bei einem conftanten Gasvolum bei verfchiedener Tem- peratur direct proportional, wie diefe Temperaturen: Aus ı0) und ıı) folgt dann: m c,? 2 P Nr BB Ra >71 2 d. h. die lebendige Kraft der fortfchreitenden Bewegung der Molecule ift direct propor- tional der abfoluten Temperatur. Aus ıı) und 9) erhalten wir noch: ‘ u T? v ‘ T* gr mv v Te oder vi 7 = Tu? das vereinigte MARIOTTE:GAY-LussAc’fche Gefetz. Die lebendige Kraft der Molecularbewegung ift für verfchiedene Gafe bei gleicher Temperatur gleich groß und der abfoluten Temperatur proportional. m! c'? 2 ” ud: ©; Tu I2 ger ar 77 ) m’ c 2 Denken wir uns nun von zwei chemifch verfchiedenen Gafen zuerft in zwei mit Kolben verfehenen Cylindern gleiche Volume bei gleichem Druck und gleicher Temperatur, fo . find in jedem Volum » Molecule, die einen nennen wir »‘, die andern n‘; n‘ kann > oder < als n“ fein; dann befteht alfo noch die Folgerung "aus unferer Discuffion, daß die Drucke bei irgend einer Aenderung in den zwei Cylindern fich verhalten, wie die Anzahl der x a e “7 ne - Intercellularräume. u ? 217 phifches Papier abgezogen, aus der Wägung der Papierfilhouetten wird die Relation der Flächen und die verdunftete Waffermenge berechnet. Fıc. 208. In diefer Figur find die abfoluten Größen von 6 verfchiedenaltrigen Weinblättern verzeichnet und in jeder Fläche die Flächeneinheiten durch Quadrate verzeichnet, welche die gleiche Waflermenge in gleicher Zeit verdunften, in ı dem jüngften ift eine Flächeneinheit, in 2 1,22, in 3 3,5, in4 454 in 5 4,44, in 6 6,66 Flächeneinheiten nöthig. Molecule : Be 7 BET Si Diefer Fall fchließt auch noch die AvoGAapro’fche Re- gel ein. ‚4° Relative Geschwindigkeit der Molecularbewegung bei verschiedenen Gasen. Aus der früheren Gleichung für die Bewegung eines Gafes bei verfchiedener Tem- peratur: a m c? 1% c'? Y Yi SE eg Tu folgt GT ee mc € V T“ d. h. die Moleculargefchwindigkeiten eines Gafes verhalten fich wie die Wurzeln aus den abfoluten Temperaturen. Aus der Gleichung ı2 können wir aber noch die relative Gefchwindigkeit zweier verfchiedener Gafe für eine befiimmte Temperatur finden. Es folgt aus ihr, wenn 7’ = T" gefetzt wird: > "218 V. Folgen des Flächenwachsthums. Hieraus berechnen fich zunächft die Blattflächen, aus den: früheren = Daten die Verdunftungsgrößen, beide find in der folgenden Tabelle ver- zeichnet: Abfolute Fläche Verdunftung ii des ganzen Blattes. auf die Flächeneinheit gem 100 gem. 4433 2,797 49,20 1,823 » 21,70 2,489 » 12,73 3,486 » 5,195 9,863» 1,986 12,09 » Aus diefem Verfuche geht hervor, daß die Verdunftungsgröße eines Blattes während der Evolution aus dem Zuftand / nach dem Zuftand IV, Fig. 209, bezogen auf die Flächeneinheit und diefelben äußeren Agentien (Druck, Temperatur, Tenfion des Dampfes) mit der Evolution finkt, um fpäter wieder zu wachfen. Es beruht dief zum Theil darin, daß die Mem- m! c'? 2 m’' c''2 2 d. h. die lebendige Kraft verfchiedener Gafe ift. bei gleicher Temperatur gleich. Da nun m’ und m“ nicht gleich find, fo müffen auch ce’ c“ ungleich fein, da ferner m‘ m‘ leicht zu berechnen find, fo müffen auch c‘ c“ leicht zu berechnen fein. Es folgt zunächft : Bi Vm' c 17% m’ ’ d. h. bei gleichen Temperaturen verhalten fich die Gefchwindigkeiten verfchiedener Gafe umgekehrt proportional den Quadratwurzeln aus ihren Maffen. Wenn nun g die Befchleunigung der Schwere und M‘ M'... die betreffenden Mole- culargewichte der Gafe darftellen, ff tm’g= M ; m"g= M“.;.u.f.f. Hier- Vm" .yM" c' Fe = Vm ‚ und dieß in die Gleichung für Fr eingefetzt, kommt = 1, mithin m’ c? = m’! c''%, aus wird Bi yMm' ee ,yMm’ d. h. bei gleicher Temperatur verhalten fich die Gefchwindigkeiten umgekehrt proportio- nal wie die Quadratwurzeln aus ihren Moleculargewichten. 5° Die absoluten Geschwindigkeiten laffen fich berechnen aus der Gleichung: £ vMm" n mc? a RE Intercellularräume. Ele 219 branen der freien Aufßenfläche fich immer mehr verftopfen. Die Ver- . dunftungsgröße finkt fonach von 4) nach 5). Bald aber kommt das Blatt in die Phafe 5) nach 6), (Fig. 209), wo die Binnenlufträume, die innere Oberfläche‘ und die Spalten der Epidermis eine Rolle fpielen: die Ver- dunftungsgröße fteigt wieder, erreicht aber nie mehr die Größe der früheren Phafen. f) Verdunftung einer Blattfläche bezogen auf eine gleichgroße Wafferfläche. | Um das Verhältnifß der Verdunftung von der Blattfläche und einer nackten Waflerfläche näherungsweife zu beftimmen, wurden an einem Ort, an welchem die Temperatur 18° betrug, zwei Gefäße von cylindrifchem Querfchnitt aufgeftellt. In das eine Gefäß, deffen verdunftende Fläche 3840 Quadratmillimeter betrug, wurde ein Blatt von Ha&manthus puniceus geftellt, deffen verdunftende Flächen, die Ober- und Unterfeite zufammen- gerechnet, 19350 Quadratmillimeter betrugen. Es ift die Maffle der Gasmenge nm = =; wo G ihr Gewicht, g die Befchleu- nigung durch die Schwere bedeuten: g3r Um nun die Beftimmung von c? auszuführen, wiffen wir, daß der Druck der Atmo- fphäre auf den Quadratmeter gleich 10334,5 kg. ift..— Ein Kubikmeter Luft bei 0° C. und dem Druck von einer Atmofphäre wiegt 1,2932 kg. Das Volum v von einem Kilogramm Luft ift bei 0° und einer Atmofphäre = 5 a cbm = 0,77328 cbm, g = 9,80896 m. Wenn nun p das fpecififche Gewicht des Gafes bezogen auf die Atmofphäre ift, fo ift das Volum von einem Kilogramm des Gafes bei 0° = > cbm und bei T® ift es: ee are fetzt man diefe Werthe in die Gleichung für c?, fo erhält man: p 273 m kg cbm Tr: I f ER = ce = 3.9,80896.10334,5..0,77328._ = — 23516 und cr = 485 m 3:9,90090.10334,5..0,7732 273 0 RB 23103 273 T 377 Diefe Gleichung kann auf eine bequeme Form gebracht werden, wenn man für p ° Ir = r ,„ wo M das Moleculargewicht bedeutet; es wird dann cr = 2609 M Se 273 fetzt Er 28,94 bei 0° C. (T= 273) erhält man für O= 461 m, N= 992 m, H= 1844 m. 6° Absorption. Da die Gastheilchen der Atmofphäre nicht allein als freie Molecule fich in die Pflanze bewegen durch Oefinungen, die in der Oberfläche derfelben beftehen, fondern auch die Außenwand da treffen, wo keine folche Oeffnungen fich vorfinden, fo ift es wichtig, auch die Abforptionserfcheinungen von Gafen in Flüffigkeiten zu betrachten. Auch wenn die Gafe in Wafler gelöft find, bewegen fie fich noch und dunften an der Ober- fläche des Waffers, den freien Gaszuftand annehmend, ab. Dabei bewegen fie fich, aber- ve 220 2 VW. Folgen des Flächenwachsthums. 5 a 1 Die Fläche des zweiten Gefäßes war 7857 Quadratmillimeter und diefe verdunftete nach zwei Tagen 10,5 cc, während das andere Gefäß und die Blattflächen zufammen 20 cc abgaben. Daraus berechnet fich die. Verdunftung für die Wafferfläche des Gefäßes, in welchem das Blatt 10,5 | 7857 Das Verhältniß der verdunftenden Mengen aus der Einheit der Waffer und der Einheit der Blattfläche wie ı : 0,0575. ftand, zu Ber 3840 = 5,131 und diejenige des Blattes zu 14,869. g) Verdunftung einer Membran bezogen auf gleiche Wafferfläche. Die Waffertheilchen werden von den Membrantheilen feftgehalten durch ähnliche, aber jedenfalls gröfsere Molecularkräfte wie diejenigen, welche von Waffertheilchen zu Waffertheilchen: wirken. Die Verdunftung wird diefen Kräften umge- kehrt proportional fein. Man wird eine annähernde Vorftellung von dem Verhältniß- diefer Kräfte er- halten, wenn man die verdunfteten Waffermengen zweier gleicher Flächen vergleicht, welche unter gleichem Druck und gleicher Temperatur ftehen, von welchen die eine eine freie, während die andere eine durch eine Membran verfchloffene Wafferfläche ift. Ich wandte zwei möglichft gleichweite Röhren von der Geftalt A, Fig. 209, an, welche bis zum Rand mit Waffer gefüllt wurden. Das eine Gefäß wurde durch die Epidermis von Hamanthus ver- fchloffen, das andere blieb offen. Die Spiegel beider wurden nun auf das Niveau der Mündung a b gebracht durch Einfenken in das Queckfilber des Gefäßes B und dort durch jeweiliges Tieferfenken erhalten. ZH EL ZOLL CODGGECLE Inn] Im Fıc. 209. mit verfchiedenen Gefchwindigkeiten. Sie müffen fich deßhalb auch in der Pflanze, da wo diefe aus wäfferigen Löfungen befteht, verfchieden fchnell bewegen. Am beften kann man dieß experimentell nachweifen, wenn man an einem kleinen Gafometer ein Mund- ftück anfetzt, mittelft deffen man Seifenblafen anfertigen kann, welche das Gas des Gafo- meters aufnehmen. Füllt man ein beflimmtes Volum unter gleichem Druck und bei gleicher Tempera- tur mit H und dann CO? in die Blafe, fo beobachtet man, daß die CO2-Blafe rafch zu- fammenfinkt; die Wafferftoffblafe aber dehnt fich aus und platzt fchließlich. Diefe Er- fcheinung kann nur fo gedeutet werden. Die Seifenblafe it eine Zelle mit allfeitig ge- fchloffener gefpannter Waffermembran. Ift fie mit CO? gefüllt, ‘fo entweicht ihr Inhalt rafcher in die Atmofphäre, als diefe durch die Membran eindringt. If fie dagegen mit H gefüllt, fo dringt die Atmofphäre umgekehrt rafcher ein, als der Wafferftoff entweicht. Es diffundirt alfo durch wäfferige Zellenwände die CO? rafcher. Dieß rührt aber offen- Intercellularräume. ä 321 Von dem Beginne bis zum Ende der Verfuchszeit wurde die ‘durch das Einfenken verdrängte Queckfilbermaffe durch Marken an dem Gefäß B gemeffen; fie entfpricht der verdunfteten Waffermenge dem Volum nach, mit Berückfichtigung der durch das Glasrohr verdrängten Queckfilbermafle. Die Dauer der Verfuchszeit war 90 Stunden, die Waffermenge, welche aus dem freien Gefäß ver- dunftete, betrug 3,2 ccm, diejenige aus der Membran 0,4 ccm. Die von einer Membran begrenzte Wafferfläche verhält fich alfo näherungsweife fo, wie wenn fie von 32 Flächenelementen, deren 28 von einer für Wafer- dampf undurchdringlichen Wand bedeckt wären, während nur vier der- felben wie eine freie Wafferfläche verdunften, Fig. 210. Fıc. 210. h) Verdunftung gleicher Flächen der Innen- und Außenfeitet). An zwei gleichen U-förmigen Röhren wird auf die Mündung die Epidermis von Hamanthus fo befeftigt, daß an der einen Röhre die !) N. J. C. MÜLLER, PrınGsH. Jahrb. Bd. VIII. — Derfelbe, Bot. Unterf. C. Winter. Heidelberg. Bd. I. S. 541. — Unterf. über den Widerftand, den die Hautgebilde der Ver- dunftung entgegenfetzen. Von Dr. L. Just. — Conn, Beitr. Heft 3. S. ı1. Breslau. 1875. J. U. Kern’s Verlag. bar in unferem Falle daher, daß die CO? in Waffer löslicher ift, wie der Wafferftoff. Die Gefchwindigkeit der Diffufion ift alfo eine Folge der Verdunftung an der äußeren Fläche der Wafferfchicht, welche die Seifenblafe bildet, und der Löslichkeit in der Waffer- membran. Da mehr CO®2-Theilchen in der gegebenen Waffermaffe gelöft find, als H- Theilchen, können: auch mehr in die Atmofphäre abdunften. Diejenige Menge Gafes (bei 0°C. und 760 mm Druck gemeffen), welche in der Maßeinheit Waffers fich löft bei und #p mm Druck, ift der Abforptionsco£fficient des Gafes für Waffer. Derfelbe ift abhängig von der Temperatur i, wird im Allgemeinen mit dem Wachfen von ? kleiner und mit dem Wachfen von p größer. Die abforbirte Gasmenge in einem gegebenen Flüffigkeitsvolum » kann dann immer für alle Drucke berechnet werden, wenn « der Abforptionscoäfhicient für die betreffende Temperatur t bekannt ift. Ift p der Druck, fo ift das Volum abforbirten Gafes vp __ mp! 076 076° It z. B. in einem Gefäß h eine gegebene Flüfiigkeitsmenge, v das Gasvolum in dem Moment, wo die Flüfigkeit mit demfelben in Berührung kommt, p der Druck, der auf dem Gas laftet, fo wird nach einiger Zeit # finken, das neue Volum v fteht aber noch unter ’ — v' demfelben Druck. Die abforbirte Gasmenge ift alfo It P hierin = 760, nun fo wird er zur Einheit, d. h. aus dem abforbirten Gas- 222 V. Folgen des Flächenwachsthums. | Exine nach dem Recipienten G, Fig. 211, während an der anderen die 'Intine verdunftet, die U-Röhren werden mit Waffer gefüllt. An dem an- | _ A IN 7 MI ul! UNTT mE ame a ÄÄH RAND e Fıs. 2ı1. Apparat um den Nachweis zu führen, daß die Epidermis ftärker nach der Intine wie nach der Exine verduntftet. deren Schenkel derfelben wird die in gleicher Zeit und bei gleicher Tem- peratur verdunftete Waflfermenge abgelefen. Der Unterfchied der ver- volum kann direct der Abforptionsco£fficient gefunden werden, wenn v — v‘, und h in ce angegeben find. Ift P aber größer wie 760, fo ift auch « größer, ift P kleiner, fo wird auch « kleiner. Bei der Beftimmung der Abforptionscoefhicienten wird allgemein fo verfahren. If v das Volum Gas vor der Abforption unter dem Druck 760 — p, h in cc das Volum Flüfigkeit, v das Volum Gas nach der Abforption durch » unter dem Druck p‘, fo ift: | _v7o—p mro—p, | ERBEN 760 ze, P ‚Pi 2 er Bi = gefetzt, foilt a = — ge F Es ift klar, daß @ unabhängig von dem Drucke ift. Ift dagegen ein beftimmtes Flüfigkeitsvolum h gegeben, fo findet man die darin gelöfte Menge von einem beftimm- ah P 760 O ten Gas abhängig vom Druck; es ift diefe Menge g = abhängig von P, ift diefer größer, fo ift auch g größer. Sind in einem Volum v mehrere chemifch differente Gafe enthalten, fo werden von diefen in einem gegebenen Volume einer Flüffigkeit ) verfchiedene Mengen propor- Intercellularräume. 223 : dunftenden Menge ergab fich, wenn die anfängliche Waflermenge in U U’ gleich 100 gefetzt wird, für die Intine auf etwa 7 °/o, für die Exine 5 °/o. i) Erguß von tropfbarem Waffer in die Intercellularen des Blattes. Bei den Keimpflanzen der Gräfer in fpäter Keimphafe, bei den Aroideen kommt es zum Erguß tropfbaren Waflers in die Intercellularräume. Zwei Vorgänge müffen hier unterfchieden werden: ı° Bei den Gräfern und kleinen einjährigen Pflanzen, welche ftark be- ftrahlt waren, tritt bei plötzlicher Ab- kühlung, nachdem die Beftrahlung bei Sonnenuntergang aufhört, eine Contrac- tion der erwärmt gewefenen Gewebe ein und es wird eine kleine Menge tropfbaren Waffers an der Blattfpitze abgefchieden. Ein Tröpfchen haftet und wächft dort eine Zeit lang. Der Erguß ift rafch fiftirt. 2° Bei den Colocafien kommt eS p3.. 212. 2 große Spalten mit Aabilen Schließ- zu einer lang andauernden Ausfcheidung zellen in der Spitze des Colocafienblattes. von Waffer in beftimmter Phafe der Entwickelung. An der Blattfpitze find dort mehrere fehr große Spalten Fig. 212, welche fich nicht fchließen tional dem Druck, welchen fie einzeln ausüben, gelöft. Sind in dem Gefammtvolum v v, cc des einen Gafes, V,, CC eines zweiten, ; Y,„ cc » dritten, und ftehen alle unter dem Drucke 760 — P= P,, fo ift der Partialdruck jedes einzel- nen Gafes T, Y, Yıyr Er P, 5 P, 3 R, UV UV UV und die abforbirten Mengen find abhängig von a’ a“ a“, ferner von h und diefen Drucken; fie find g' g" ee - EN 5 ER Ze v 760 a Er 1} ee g' ha 367 EFREE N A 17 er Pr & Er v 760 und hängen von dem Gefammtdruck En ab, wenn fie gemeffen werden follen. Um alfo g zu berechnen, braucht man nur « aus den Bunsenx’fchen Tafeln für die entfprechende Temperatur zu nehmen. 224 ' V. Folgen des Flächenwachsthums. können. Die beiden Schließzellen find nämlich zu 2 halbringförmigen Zellen herangewachfen, welche einen großen kreisförmigen Spalt dauernd umgren- zen (Fig. 212). Durch diefen tropft das Wafler bei günftigen Temperatur- bedingungen während vieler Tage ab. Die Bahn, welche das Waffer nimmt, geht von dem äußerften Nervenende, welches nur wenige Millimeter von den ftabilen Spalten liegt, durch die Intercellularräume nach den befproche- nen Ausflußftellen. Bei den Colocafien tritt das Waffer nur aus der Spitze. Wir behandeln hier nun noch einen Fall, welcher bei dem Austaufch von Gafen eintritt, welche von Wafferpflanzen nach dem Waffer ausgefchieden werden. ® Es fei v. ein gegebenes Volum Waffer, in welchem ein beflimmtes Volum COs gelöft fei. vo ift eine, gleichgültig wie in den Apparat gebrachte Blafe von O, der fich mit der CO2 im Waffer in Austaufch fetzt. Das Ganze fteht unter dem Drucke P. Nach einiger Zeit wird vo nach oben gewandert fein, und in dem Raum der Blafe befindet fich nicht mehr reiner O, fondern ein Gemifch von COs und O. Der Partial- druck diefes Gemifches ift, wenn wir mit vo — yo den nicht abforbirten Antheil von O, Ve — yc den abforbirten Antheil von COs bezeichnen, mit yo yc die abforbirten Antheile, und dabei annehmen, die beiden Gasvolume v. und v. feien zuerft unter dem Drucke P über dem gasleeren Waffer befindlich: P- Are Bar 13 v4 Ve Der Partialdruck des nicht abforbirten O und des nicht abforbirten COe, find dann P- v0 Yo, We. Key, Vo — Yo WE Vo + Ve Yo = 'Y1o + Verne Vo "So ee 2 Vo + e: er > P Vo + = für den Sauerftoff für die Kohlenfäure. Die abforbirten Volume yo yc find abhängig von ao w. © vo Ve Yo — FQoV 2. + RY Ye = Pu. v aa BE Eee: \ für den Sauerftoff, für die Kohlenfäure. Der Partialdruck des nicht abforbirten Sauerftoffes, bezogen auf das urfprünglich nicht abforbirte Gemifch von Kohlenfäure und Sauerftoff, it dann Vo — Yo "Ya +. % —%e Fremen. v-+ ve { Hierin it der erfte Bruch der Partialdruck des nicht abforbirten Sauerftoffes, be- zogen auf denjenigen des nicht abforbirten Gemifches von Sauerftoff und Kohlenfäure. Der zweite ift der Partialdruck des nicht abforbirten Gefammtgemifches, bezogen auf den Druck der Gefammtgasmaffe vo + v«. Der Partialdruck des Sauerftoffes, welcher fich über dem Waffervolum v nicht ab- forbirt vorfindet, ift proportional dem Partialdruck, bezogen auf das nicht abforbirte Ge- mifch (von Kohlenfäure und Sauerftoff) und proportional dem Partialdruck des nicht ab- forbirten Gemifches von O und CO2, bezogen auf das urfprüngliche Gefammtvolum der Gafe, die über dem gasleeren Waffer gedacht wurden. Ebenfo findet man den Partial- druck der nicht abforbirten COs über dem Waffer und daraus die Volume. Hieraus läßt fich leicht einfehen, daß jedes Gas von kleinerem Abforptionsco&fhi- cienten für Waffer, bei dem Eintritt in Waffer, welches mit einem löslicheren Gafe ge- fättigt ift, diefes letztere dislocirt, von den Waffertheilchen frei macht. Intercellularräume. 225 Die Rebe läßt im Verfuch aus der Spitze jedes Blattzahnes Wafler tropfen, wenn man in einen SproßS, unter dem Druck von 200 bis 300 mm Queck- filber, Wafler einpreßt. 3. Bedeutung der Intercellularräume bei der Secretion !). Harze, ätherifche Oele, Gemenge diefer beiden in Waffer unlöslichen oder wenig löslichen Körper, Gummiharze, Gemenge von in Wafler quellen- der oder löslicher Schleimmaffe mit jenen unlöslichen Körpern, endlich . Schleime werden in den Geweben der Blätter und Rinden gebildet und ge- legentlich oder ftreng gefetzmäßig in beftimmte Intercellularräume, welche vom Blatt nach dem Zweig bis zum Stamm communiciren, abgefchieden. a) Erftes Auftreten der Secrete?). Beachtenswerth hierbei ift bei den genauer unterfuchten Pflanzen, daß folche Secrete in allen Theilen, Organen, mehr oder weniger reichlich diffus verbreitet, in kleinen Mengen im Zellinhalte vertheilt, erft an beftimmten Orten zum Ergufßs in die Intercellularen gelangen. b) Translocation der Secrete. Die genannten Körper bewegen fich im Allgemeinen im Querfchnitt ‚nach aufjen, fo daß in den peripheren Schichten eine größere Menge an- gefammelt wird, wie in dem Inneren. Vor allen anderen Ge- weben ift es die Rinde, in welcher die Secrete wandern. Fig. 213: ein fchematifch dargeftellter Querfchnitt der Rin- de von Rhus viminalis, c die Cambiumregion, » die Region der harzführenden Gänge. Alle Fıc. 213. Rhus viminalis. Querfchnitt durch Holz und Rinde mit Carmin imbibirt, um die Vertheilung von Harz und Harz- punktirten Orte ftellen fecret- gängen zu zeigen. » Harzgang, v Gefäße, t Kork, p Rinde, führende Zellen dar. Die Größe ee mn der Harzgänge wächft nach dem Periderm zu. Die Anzahl der harz- führenden Zellen aber wird in derfelben Richtung kleiner. 1) A. Wıcanp, Ueber die Desorganifation der Pflanzenzelle, insbefondere über die phyfiologifche Bedeutung von Gummi und Harz. PrixssH. Jahrb. Bd. III. S. 115. 1863. — N. J. C. MÜLLER, Unterfuchungen über die Vertheilung der Harze, ätherifchen . Oele, Gummi und Gummiharze, und die Stellung der Secretionsbehälter im Pflanzenkörper. PrinGsH. Jahrb. Bd. V. 1866-67. — Prof. J. HanstEin, Ueber die Organe der Harz- und Schleimabfonderung in den Laubknofpen. 697. 721. 45. 69. Bot. Ztg. 68. 2) Studienmaterial: Wurzeln, Stamm und Früchte der Umbelliferen, Araliaceen, Tiliaceen, Terebinthaceen, Compofiten (Cynareen u. a.), Abietineen, Cycadeen. N. J. €. Mürrer, Handbuch 1. 1. 15 226 V. Folgen des Flächenwachsthums. c) Erguß in die Intercellularräume. In der Nähe der Harzgänge, deren anfänglicher Zuftand durch Fig. 214, dir par u. f. f. dargeftellt ift, häuft fich das Secret in den Grenzzellen des Fıc. 214. 4A. Schema des Harzganges. B. Cuflonia spicata. Querfchnittsparthie der Rinde. p die harzführenden Intercellu- larräume. Die 4 Grenzzellen meift ungetheilt in fyz und py mit tangential und radial geftellten Wänden. Canales p an und wird endlich durch die Membranen. diefer in den Canal abgefchieden. Bei den Coniferen, Cyca- deen, Araliaceen theilen fich die Grenzzellen durch bezogen auf den Canal in radial und tangen- tial geftellte Wände. Es ent- ftehen concentrifche Zellengrup- pen, Fig. 215, AB, welche von der Randparthie in centrifugaler Richtung fortfchreitend, fich auf- lockern und im Secret des Harz- ganges felbft reforbirt werden. Auf diefe Weife nimmt der Harz- gang an Größe zu und wird oft. zu einem mehrere Millimeter brei- ten Canal. (Man vergleiche die zwar kleineren Secretionsgänge der Umbelliferen und Cycadeen, Fig. 215, AB). Von der cambia- len Zone Fig. 214 ab entftehen, wie leichterfichtlich, die Inter- cellularen diefer Art'in demfelben Sinne, wie die Gewebeelemente der Rinde in centripetaler Rich- tung, bezogen auf das Stammcentrum. Bei den Cuffonien kommen endlich noch fpaltenförmige Harzgänge vor, welche mit ihrer Axe transverfal geftellt, jene längsverlaufenden p, Fig. 214, verbinden. Sie entftehen durch Auseinanderweichen der zwei Lamellen einer Membranplatte und haben die Geftalt des Linfencylinders. d) Stellung der Secretionsorgane. Man kann bei den Coniferen, Cycadeen, Umbelliferen und Compo- fiten eine deutliche Abhängigkeit in der Stellung der Harzgänge der Rinde von derjenigen der fogenannten primären Fibrovafalmaflen nachweifen. Intercellularräume. 227 Auch in jungen Compofiten-Wurzeln, vergl. Artemifia vulgaris, Fig. 216, - ftehen die erften Canäle den primären Gefäßbündeln gegenüber. Zu jedem primären Gefäßbündel gehört im Querfchnitt ein Harzgang. FıG, 215. Cycas revoluta. A. Secretionscanal, urfprünglich aus 4 Zellen entftanden a bc d. Jede derfelben mehr- mals getheilt. B. Ebenfolcher Canal $ mit der Zone der fecernirenden Grenzzellen. Der Archangelica officinalis fehlen die kleinen Gänge o, ß, y, Fig. 217, welche der Imperatoria eigen find.. In der fecundären Rinde (Fig. 217, Bm I II uf£ dargeftellt) Aehen die i er argeftellt) ftehen die in 2058 Rh centripetaler Folge entftan- BEI I ET), denen Gänge genau den &» ME SENEC Auszweigungen der Holz- | 117 Q a Gabelfyftem diefer letzte- ren in unferen Figuren fchematifch dargeftellt, ift 2 das Spiegelbild eines eben- °C ee ftrahlen gegenüber. Das TER KOREN \ folchen, welches erhalten gran würde, wenn man die / 0} arzgänge durc erade 2] © a II Linien verbindet. Ba Bei der Fichte felte- I ner, ganz gefetzmäßig bei Fıc. 216. Artemifia vulgaris. Querfchnitt einer jungen Wurzel, I . primäre zuerft, II ebenfolche fpäter entftehende Fibrovafalmaflen, den- den Kiefern ’ finden fich felben gegenüber Gruppen von foeben entftehenden Harzgängen in auch im fecundären Holz- III II IV. zuwachs in jedem Jahrringe kleine Harzkanäle. Nach der Lage in den verfchiedenen Geweben kann man fomit unter- fcheiden: 15° 228 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. ı° Primäre Harzgänge der primären Rinde, welche vor der Thätigkeit des Cambium-Cylinders entftanden find. 2° Secundäre Gänge der fecundären Rinde. Fıc. 217. 4A. Angelica officinalis. Querfchnitt der Wurzel. Das vom Centrum ausgehende Strahlenfyftem ftellt die Gefäfßßbündel des Holzkörpers dar. Die Parcellen / II... die primäre Rinde und die dunkeln Punkte ftellen die Secre- tionsbehälter dar. B. Imperatoria oftrutium. Querfchnitt dutch die Wurzel: fecundäre Secretionscanäle in 0%, ß, % und in b und d. 3° Secundäre Gänge im Jahrring. 4° Querverlaufende Anaftomofen aller vorhergehenden. 5° Harzgänge im Blatt der Coniferen, im Carpell der Umbelliferen (vittae) u. f. £. Sechfte Abtheilung: Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. Die Pflanzen haben fich entfprechend ihrer’ verfchiedenen Lebensweife in mannigfacher Weife angepaßt an die beiden, von außen einwirkenden Bewegungsurfachen, Gravitation und Licht. Wiewohl Licht, ftrahlende Wärme und die Gravitation der Erde form- bedingend und richtend wirken in dem Sinne, daß, wenn die Wirkung der genannten Agentien der Intenfität nach geändert wird, auch die fich ent- wickelnde Form eine gewiffe Aenderung erfährt, fo haben doch die ver- Vererbliche Habituszüge durch Anpaffung der Organe. 229 fchiedenen Racen durch Anpaflung ganz beftimmte und fehr verfchiedene Lagen und Formen erblich angenommen, welche fie auch ftetig wieder vererben. Gewiffe niedere Moofe kriechen parallel der Erdoberfläche, andere . bilden Rafen von aufrechten Stämmchen. Verfchiedene Pflanzen ganz naher Verwandtfchaft bilden horizontalftehende Rhizome oder aufrechtftehende Bäume. Einige befiedeln fefte lothrechtftehende Stützen, andere nicht, und f. f£. Gleichwohl find die Gravitation und die Strahlung die endlichen Ur- fachen aller folcher Formzüge. $ 26. Vererbliche Habituszüge durch Anpassung der Organe an bestimmte Lagen zur Lothlinie und den einfallenden Lichtstrahl. Bei derfelben Intenfität der Beftrahlung und felbftredend bei derfelben Intenfität der Gravitation finden fich an einem kleinen Orte der Erdoberfläche alle möglichen Formen und Lagen. So entftehen Ha- bituszüge, wie fie äußerft charakteriftifch in den ran- kenden Epheu, Kürbis, _ Bryonia, in den kriechen- den Jungermannien, an den Baumftämmen, in den hän- genden jungen Sproffen des Mohn, des Sedum reflexum, in den gekämmten Abie- tineenzweigen und Blättern, in den hängenden Zweigen der Trauerbäume (Salix, Fagus, Quercus, Fraxinus), in den ftreng in die Loth- linie orientirten Stämmen der Getreidefelder und f. f. Fıc. 218. A. Papaver Rhoas. B. Sedum reflexum. Beide Pflanzen uns entgegentreten. krümmen ihre Spitzen vor dem Aufblühen und heben fie während der Verwandte derfelben nr Gattung (Salix) können ftattliche Bäume und wenige Centimeter hohe kriechende Zwergfträucher bilden, fie können ihre Zweigfpitzen gegen die Richtung der Schwere oder gleichfinnig mit ihr orientiren. nm 2) ae S A. 230 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. In einer und derfelben Rage können hängende und aufrechte Zweig- theile auftreten, Fig. 218. A. Gravitation). Wir ftellen an die Spitze der hier folgenden Scheu diefen Satz: Ein jedes Molecul der in die Pflanze einkehrenden Bauftoffe unter- liegt der Einwirkung der Schwere. Es wird aber offenbar durch diefelbe Verfchiebungen erfahren, welche verfchwindend klein find gegenüber denjenigen, welche es durch die Zug- und Druck- kräfte in der Pflanze erfährt. Die molecularen Wirkungen: Ad- häfion in mikrofkopifch kleinen Capillarräumen, Cohäfion in der feften Zellhaut, Zug- und Quellungsdruck in der wachfenden Membran, Transpiration durch gefchloffene Membranen, capillare Strömung und f. f. bringen Verfchiebungen zu Stande oder halten ) Dr. Tm. Harrıc, Ueber das Eindringen der Wurzeln in den Boden. 49. Bot. Ztg. 66. — B. Frank, Ueber HorMmEIsTER’s Einwendungen gegen meine Lehre vom Geo- tropismus. 561. 77. 93. 609. Ueber die Einwirkung der Gravitation auf das Wachsthum einiger Pflanzentheile. 873. Bot. Ztg. 68. — W. HoFMEISTER,. Ueber die Abwärtskrüm- mung der Spitzen wachfender Wurzeln. 257. 73. Bot. Ztg. 68. — Dr. JuL. WIESNER, Be- obachtung über den Einfluß der Erdfchwere auf Größen- und Formverhältniffe der Blätter. A. d. Sitzgsber. d. k. Acad. d. Wiifenfch. 1868. — W. HoFMEISTER, Ueber paflive und active Abwärtskrümmung von Wurzeln. 33. 49. 73. 89. Bot. Ztg. 69. — Dr. A. B. Frank, Die natürliche wagerechte Richtung von Pflanzentheilen und ihre Abhängigkeit vom Lichte und von der Gravitation. Leipzig. Herm. Weißbach. 1870. — N. SPESCHNEFF, Zur Frage der Abwärtskrümmung von Wurzeln. 65. Bot. Ztg. 70. — J. Sachs, Studien über das Längenwachsthum der Wurzeln. 320. Bot. Ztg. 72. — Unterfuchungen über die Abwärts- krümmung der Wurzel von Dr. '’THEOPHIL CIESIELSKI. — CoHn, Beitr. Heft 2. S. ı. Bres- lau 1872. J. U. Kern. Ablenkung der Wurzeln von ihrer normalen Wachsthumsrich- tung durch feuchte Körper. — Jur. Sachs, Arbeiten des botan. Inftituts in Würzburg. Heft 2. Leipzig 1872. W. Engelmann. Längenwachsthum der Ober- und Unterfeite hori- zontal gelegter, fich aufwärts krümmender Sproffe. Heft 2. Leipzig 1872. W. Engelmann. '— Huco DE VRrIEs, Ueber einige Urfachen der Richtung bilateral-fymmetrifcher Pflanzen- theile. — Jur. SacHs, Arbeiten des bot. Inftituts in Würzburg. Heft 2. Leipzig 1872. W. Engelmann. — Studien über Symmetrie und fpecififche Wachsthumsurfachen von Dr. W. PFEFFER. — SAcHs, Arbeiten des bot. Inftituts in Würzburg. Heft I. Leipzig 1871. W. Engelmann. — Ueber die Lage und die Richtung fchwimmender und fubmerfer Pflan- zentheile.. Von Dr. A. B. FRANK. — ConHn, Beitr. Heft 2. S. 31. Breslau 1872. J. U. Kern’s Verlag. — A. B. FRANK, Zur Frage über den Transverfalgeotropismus und Helio- tropismus. 17. 33. 49. Bot. Ztg. 73. — Ueber die Dehnbarkeit wachfender Sproffe von Dr. Huco DE VRIES. -— Jur. SacHs, Arbeiten des bot. Inftituts in Würzburg. Leipzig 1874. Engelmann’s Verlag. — Dr. GEORG WINTER, Heliotropismus bei Peziza Fuckeliana. Bot. Ztg. 74. — HOFMEISTER, Ueber die durch die Schwerkraft beftimmten Richtungen von Pflanzentheilen. PrInGsHEIM’s Jahrb. Bd. III. S. 77. — THEOPHIL CiEsIELSKI, Unter- fuchungen über die Abwärtskrümmung der Wurzel. Breslau. Robert Nifchkowsky. Dr. A. B. Frank, Ueber den Einfluß des Lichtes auf den bilateralen Bau der fymmetrifchen Zweige der Thuja occidentalis. PRINGSHEIM’s Jahrb. Bd. IX. S. 147. Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 231 das Theilchen vorübergehend oder dauernd in fo ftabiler Lage, daß die Zugkraft der Schwere hiegegen verfchwindet. Gleichwohl muß das Aggregat jedes Organismus von der Gravitation abhängen, da Zug- und Druckfeftigkeit aller Organe von dem Aggregat ab- hängig find und jedenfalls in letzter Linie von der Größe der Gravitation beeinflußt werden. 1. Knight’s Experiment. KnicHTt) war der Erfte, welcher experimentell nachwies, daß die Orien- tirung wachfender Pflanzen in die Richtung der Lothlinie eine Wirkung der Schwerkraft ift. Er ließ keimende Pflanzen auf einem rotirenden Mühlenrade wachfen.DieWurzeln orientirtenfichfo, daß ihre Spitzen in centri- fugaler Richtungnach außen, die Stämme „,.. 219. Picea excelfa. ‚Keimling, der-Stamm in der Spirale, die Wurzel in aber fo, daß fie in einer Wellenlinie gekrümmt. centripetaler Richtung nach dem Rotationscentrum wuchfen. Da dießß diefelben Richtungen find, welche die Pflanzen, gleichgültig wie bei der Ausfaat jene Keim- theile lagen, endlich unter dem Einfluß der Schwere einnehmen, fo war durch dieß Differenzex- periment, in welchem mit Aus- nahme der Zugkraft alle übrigen Bedingungen unverändert blie- ben, der gewünfchte Nachweis geliefert. Man bedient fich in pflan- zenphyfiologifchen Inftituten jetzt Fsc. 220./ Schieferplatte mit wachfenden Erbfen- und Weizen- einfacher Rotationsapparate, wel- knliesr sch dt Run m sis lirehsinde che durch finkende Gewichte oder Scheibe gleich 6 cm. mittelft einer Turbine oder eines Elektromagneten getrieben werden. Eine Platte aus Schiefer wird auf die Rotationsaxe aufgefchraubt?). Auf der.Platte 1) Philosophical Transactions. London 1817. 2) Die Centrifugalkraft auf einer folchen Scheibe ift 4ar® R 2 = "Te’ hierin R der Radius, T die Dauer einer Umdrehung. An unferer Mafchine kann 7 be- liebig bis zu zwanzig Umdrehungen in der Secunde gefteigert werden, indem man die Be- 2 die Conft. = 4,024, .232 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. find mehrere Korke mit Siegellack befeftigt, an welche die Keimpflanzen in der erften Keimphafe mittelft Stecknadeln befeftigt werden. Ein Uhrglas bedeckt die Platte, ein Gummiring hält das Uhrglas an der rotirenden Schieferplatte. Wie nun auch die Keimwürzelchen zu Beginn des Verfuchs zum Radius orientirt fein mögen, ftets beugen fie fich fo, daß fie nach einiger Zeit in centrifugaler Richtung weiter wachfen, Fig. 220, 221. Wefentliche Refultate des Verfuches: 1° die beugungsfähige Stelle der Wurzel liegt in der Nähe der Spitze und fällt in dasjenige Cylinderftückchen, welches den derzeitig größten partialen Zuwachs befitzt (f. oben S. 180). Die geotropifche Krümmung äußert fich verfchieden an Stamm und Wurzel. Am beften fieht man dieß an Fichtenkeimlingen, an welchen die Wurzel und das hypocotyle Glied bereits entwickelt find: legt man folche der Länge nach in einen feuchten Raum, in deffen Boden indef) die Wurzeln nicht einzudringen vermögen, fo beugen fich die Stämme nach oben, die Wurzeln nach unten, die ganze Pflanze verändert ftetig ihre Lage, weil fie jeweilig, wenn ihr Schwerpunkt gehoben wird, umfällt. Der Stamm be- fchreibt hiebei eine Schraubenlinie, die Wurzel nicht, Fig. 219. Der rotirende Teller, Fig. 220, ift in Coordinaten getheilt, fo daß man mit dem Cathetometerfernrohr die Lage der Keimtheile verfolgen und in Coordinatenpapier, Fig. 221, eintragen kann. In Fig. 221 find einige laftung am finkenden Gewicht fteigert. Bemerkenswerth ift aber, daß auch R für den ge- gebenen Pflanzentheil während des Verfuches veränderlich ift, da die wachfende Spitze der Wurzel fich vom Centrum entfernt, während die wachfende Stammfpitze fich dem- felben nähert. Es mögen hier die Intenfitäten abhängig von T und R angegeben fein innerhalb der Grenzen, welche für die Experimente von Belang waren: Radius Intenfität Intenfität cm I ='0,188€ 15052. 866, I 4 1,006 1% 6 1,509 . 2 8 2,012 2,5 10 2,515 3 12 3,018 355 14 3,521 4 16 4,024 4,5 18 45 5 20 5 6 24,14 6 7 28 7 8 32 8 9 36 9 Io 40 10. Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 233 der Wurzeln in diefer Weife verzeichnet. Verlängertman r r bis zum Schnittpunkt, fo erhält man das Centrum des Tellers; pp ift die periphere Richtung, die in dem Quadrat verzeichneten nt 5 Hilfslinien find in mm getheilt. Läßtman Wurzeln mit der Spitze auf- recht wachfen, fo befchreiben fie unter dem Einfluß der Schwere einen großen Bogen, Fig. 222 A. Stehen die Wurzeln aber horizontal, fo ift die Krümmung ein kleiner Bogen, Fig. 222 B. “= 2° die Beugung gefchieht durch ftärkere Streckung der in der convexen Seite belegenen Zellen. Dabei wer- den die Zellen der concaven Seite un- ter ihr Zuwachs- mal) zurückgehal- ten, während jene der convexen Seite thatfächlich über das gewöhnliche Maß im Wachs- thum gefteigert find, Fig. 223. Die Meflung diefer Beugungs- ftelle gefchah in der Weife, daß Fıc. 221. Wurzelfpitzen von Pifum und Vicia Faba auf einem rotirenden Teller wachfend. rr die Radien, durch deren Verlängerung das Centrum des Tellers gefunden wird. a die Anfangslänge, b die Endlage der Wurzeln nach 2 Tagen. An jeder Wurzel find mehrere fchwarze Marken, welche von der Spitze her abgezählt werden können. In A find. zwei Wurzeln, eine urfprünglich fenkrecht, die andere nahezu parallel dem Radius aufgeftellt. In B ift eine Wurzel nach innen gerichtet. - 12mm Fıc. 222. A. Aufrecht ftehende Wurzel der Vicia Faba. a Anfangs-, b Endlage (und Länge). B. Wurzeln des Pifum fativum, horizontal aufgeftellt, fo daß das freie Ende fich krümmen kann. Von Zeit zu Zeit wurde die Platte, an welcher die Keimlinge befeftigt waren, umgekehrt. 234 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. das in Frage kommende Stück an der Präparirlupe in Abfchnitte zerlegt wurde, welche !/s bis !/g mm grof) waren, fodann wurden diefe in mikro- fkopifche Durchfchnitte zerlegt und die Zellenanzahl in beiden Seiten be- ftimmt und in die vergrößerte Figur eingetragen. 3° die Wachsthumsintenfität in Richtung der Zugkraft an der Rotations- mafchine wird entfprechend der Intenfität vergrößert. Säet man gleiche Erbfen-, Lupinen-, Getreidefamen, einen Theil unter dem Ein- fluf der Schwere, den an- dern unter dem Einfluß der Centrifugalkraft aus, fo wachfen bei Gleichheit der Temperatur und der fon- ftigen Bedingungen die letz- tern entfprechend der grö- (seren Intenfitätder Zugkraft Fıc. 223. Beugungsfelle einer aufrecht Achenden Wurzel von Vicia rt Be; = ai u Faba vergrößert, daneben in natürlicher Größe. wachsgröße der gewählten Wurzeln (Vicia Faba), unter dem Einfluß der Gravitation gleich eins, und die Intenfität der Schwere gleich eins, fo verhalten fich die Zuwachfe für gleiche Zeit und unter dem 2 46.48: 2 —, die Intenfität der Einfluß der Centrifugalkraft an der Mafchine, wie 4 . 12 rt letzteren aber war in dem Verfuch — mal fo grof wie die Intenfität der I o Schwerkraft"), Fig. 224. Hierbei wurde fo verfahren, dafs gleichaltrige Ausfaaten während 36 Stunden in gleicher Temperatur keimten, die Hälfte der Keimlinge mit abwärts gerichteten Wurzeln an einer Coordinatentafel im feuchten Raum, die andere Hälfte unter gleichen fonftigen Bedingungen auf der rotirenden Scheibe. 2. Die Wurzeln heben eine Last. Experimente mit Quecksilber und Modellirthon. Die Wurzel hat auf ihrer Bahn zwifchen den Erdtrümmern oder in plaftifcher 'Thonmaflfe fehr bedeutende Widerftände zu überwinden. Sie büßt während diefes Wachsthums merkwürdigerweife auch die Spannung ein, welche oben, $ 24 S. 186, beim Stamme fo auffällig war. Alle Ge- webearten in ihr wachfen nahezu gleich’ rafch. 1) Die Intenfität der Gravitation it von den verfchiedenen Planeten: Erde ı, Mer- kur 1,15, Venus 0,91, Mars 0,5, Jupiter 2,45, Saturn 1,09, Uranus 1,05. Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 235 - Läßt man Keimwurzeln in der Weife in Queckfilber wachfen, wie Fig. 226 demonftrirt, fo wird die Spitze weit über den Zuwachsort in das Metall gefchoben, bis durch die aufgelockerten Cylindertheile der Auftrieb den ganzen Cylinder in flachem Bogen nach oben krümmt. Auch in lücken- | B 4 2 lofem Modellir- A BA ‚thon kann man. s A zeigen, daß die A Fr 4 ” Spitze diefelbe > i | 5 5/ Krümmung aus- m 7 führt, welche in fa A der Atmofphäre = v befchrieben wird, = N E 5 5, Fig. 225. a = | rm y nu Läßt man end- lich horizontal- ftehende Wurzeln auf den Hebelarm n, Fig. 227, wir- 1 ken, welcher ähn- lich einem Wage- balken bei feiner I% Abwärtsdrehung ein Gewicht an demandernHebel- arm hebt, fo be- fchreibt die Spitze as 2181. die Bahn [0 b Ce, Fıc. 224. A. Die Längen von 5 Wurzeln der Vicia Faba mit lothrecht und abwärts h b d b De re wachfenden Spitzen als Function der Zeit. B.; ebenfolche auf der Rotationsmafchine. ebt dabeı eın Le- Zeitintervalle 14 und 2ı Stunden. Millimetercoordinaten. Rotation 10 Umdrehungen wicht, welches das in der Secunde. 10- bis 2ofache des hinzugewachfenen Stückchens betragen kann. | EEER, IR 3. Blattentwickelung an geneigten Zweigen. Gewicht verschieden geneigter Blätter. a) Horizontal ftehende Zweige der Decuffirten, Acer, Aesculus, aber auch der Quercus u. f. f. entwickeln alle abwärts geneigten Blätter größer, alle aufwärts ftehenden fchwächer. Diefs ift fehr wahrfcheinlich eine com- plexe Wirkung der Gravitation und der Beftrahlung. Bei den Decuffirten, wo die Mediane eines Wirtels das Loth aufnimmt, wird es ein Blatt mit dem Maximum und eines mit dem Minimum des Gewichtes geben, zwifchen beiden liegt derjenige Wirtel, deffen Mediane fenkrecht zum Lothe fteht mit dem mittleren Gewicht. Bei den nach ?/s, °/s beblätterten wird, da der Winkel 236 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. der Divergenz conftant ift, in größeren Intervallen Maximum und Minimum herrfchen'). RR >» rc De 4 ! BERN TE +/1 Fıc. 225. Lageänderung der Wurzel- fpitze eines Erbfenkeimlings, welcher in Modellirthon feft eingefchloflen war, a Anfangs-, b Endlage. Fıc. 226. Vicia Faba, die Wurzel in Queckfilber, Q deflen Spiegel. b) Die Blattftiele vieler Blätter, des Be der Eryebeima crifta galli u.a. m. find negativ geotropifch wie die Stämme, fie beugen fich, bis die Axe auf- recht und im Loth fteht, Fig. 227. Hierbei bewegt fich das genau auf der Unterfeite ftehende Blatt fo, daß der Winkel zwifchen der tragenden Axe A, Fig. 227, und dem Blattftiel möglichft klein wird. Fıc. 227. A. Die horizontal aufgeftellte Wurzel ift an einer Drahtfchlinge befeftigt und zerrt bei ihrer pofitiv geotropifchen Krümmung eine elaftifche Drahtfpirale. B. Die Wurzel drückt auf einen Hebelarm » und verfchiebt diefen durch die Lagen abe. 1) Nach Wiesner find folche Gewichte: 0,15 ..0,3, 0,09 bei der Eiche, 0,7. 3,51 oder 0,9, 2,26 bei Aesculus. Es ift bei diefen Beobachtungen zu beachten, daß bei den Zweigen fchon in der Evolution eine große Periode begründet ift, und daß complexe Erfcheinungen aus der Lage und gegenfeitigen Befchattung die vorliegenden Perioden zuweilen verdecken. Vererbliche Habituszüge durch Anpafflung der Organe. 237 c) Drehung des Blattftiels um 180°. Bei den Trauerbäumen, Eiche, Buche, Efche ift die Blattknofpe oft fenkrecht erdwärts gerichtet. Die morphologifche Unterfeite der Blätter ift nach oben gekehrt. Bei der Entfaltung aber dreht fich der Blatt- ftiel um 180°, fo dafs die morpho- tifche Oberfeite zenithwärts gekehrt wird. Diefe Erfcheinung ift nach FRANK eine geotropifche; ftellt man die Zweige der Decuffirten horizon- tal oder lothrecht, die Spitze nach unten in den Dunkelraum auf, fo tritt diefelbe Axendrehung der Blatt- ftiele ein. Krümmt fich der Sproß in Fıc. 228. Lage der dreigliedrigen Wirtel Iabc abc der erften Stellung, Fig. 229, fo ift an einem horizontal Aehenden AR A. (Erythrina crifta dieß eine geotropifche Erfcheinung, N bezeichnet der Pfeil die Richtung des einfallenden Lichtes, fo fällt diefe Krümmungsebene (zweite Figur) in die Einfallsebene. Die Beugung ift fomit Folge zweier äußeren Wirkungen. Steht der Sproß aufrecht (dritte Figur) und beugt fich gegendenPfeil(vierte ) Figur), fo kommt nur eine äußere Wirkung in Betracht, das Licht. Bei der Linde ftehen die Foliations- ES ebenenderSeitenaxen a.a,Fig. 230, geneigt ' zum Horizont H H'. Während der Ent- faltung der Knofpen dreht fich der linke 5... 225. Lagenänderung eines Sproffes bei verkehrter und aufrechter Stellung, Sproß von links nach mit dem Pfeil fällt das Licht ein. rechts, bis die Ebenen A A‘ parallel zu 7 H‘ ftehen. Die Blätter a a u. {. f. öffnen fich und ftellen ihre Flächen ebenfalls normal. zur Lothlinie. Dreht man ein folches Syftem fo, dafs die zenithwärts gelegene Seite O nach unten weift, fo drehen fich alle Blätter, fo daß fie ihre morphologifche Oberfeite nach oben kehren, fie befchreiben eine Bahn von 180° um den Blattftiel als Axe. Die nach !/» beblätterten Sprofle der Convallaria multiflora neigen an 238 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. der Spitze über und zwar fo, dafs die Krümmungsebene fenkrecht fteht zur Foliationsebene. Die Ebene der Infertion fteht dann im Horizont. AN 9 RE chenden Grasftäm- men fteht die Ebene der Infer- (4) tion . horizontal. Ebenfo bei allen nach !/s beblätter- H e H'_ ten Laubbäumen, Bei allen krie- Buche, Ulme, Lin- de. Der Quer- fchnitt des Keim- lings möge fche- Fıc. 230. Querfchnittsprojection eines horizontal ftehenden Lindenzweiges A mit zwei matifch durch die Axillarfproffen a a, Fig.23 ı dargeftellt fein. Die Rollung der Blätter, welche mit ihrer Infertionsfläche die Axe über ihren Kreisumfang umfaffen, ift dann im gewiffen Sinne von der Schwer- kraft abhängig, wenn die Me- wärts, der rechte wird nach s dianen der Laubblätter, welche fich foeben entwickeln, fenk- 2 recht zum Lothe ftehen. Als- - dann wird nämlich der linke Rand eines Blattes nach ab- FıG. 231. Schema des Querfchnittes durch einen Weizenkeimling. 5 Scutellum, C Cotyledon. In der linken Figur ift das jüngfte und aufwärts wachfen. Der letz- tere ift dann immer um etwas ältefte Blatt fo gerollt, daß der linke Rand vom rechten gedeckt gefördert und bedeckt den lin- wird. Die Mediane der Blätter fällt mit der Linie $C zufammen. In der rechten Figur find beide Laubblätter von links nach rechts ken. Das gegebene Blatt ift gerollt, ihre Mediane fteht fenkrecht zur Verbindungslinie SC. Y Fıc. 232. Schema der Rollung der Grasblätter. In der linken Figur deckt der rechte Rand des Blattes den linken. In der zweiten Figur wechfelt diefe Richtung, im innern deckt der rechte, im äuftern Blatte deckt der linke Rand. von links nach rechts gerollt. Das nächfte Blatt muß von rechts nach links gerollt fein u. f. f. unter der Vorausfetzung, daß die Axe die vorbefchriebene Lage beibehält, Fig. 232. Steht aber die Axe felbft im Loth, fo wird offenbar die Schwerkraft nicht in verfchiedenem Sinne auf beide Blatthälften wirken. Mehrere confecutive Blätter rollen fich jetzt bald von links nach rechts, bald umgekehrt. In dem Schema Fig. 232 find beide Rollungen dargeftellt. Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 239 HormEisTer fuchte den Nachweis zu führen, daß die Schwerkraft die Urfache’ diefes Verhältniffes ift. Er ftellte Graskeimlinge an der rotirenden Scheibe fo auf, daß die Centrifugalkraft in Richtung des Pfeiles im Schema Fig. 232 wirkt. Es rollten fich dann die neu entftehenden Blätter der zweiten Figur entfprechend, fo, dafs immer der gegen die Pfeilrichtung wachfende Rand gefördert und dem entfprechend der deckende wurde. Aehnliche Abhängigkeiten der Förderung der linken und rechten Hälfte fand Hormeister bei den Begonien, Ulmen, bei den Stipulis der Eiche u. a. m.!) Bei den aflymetrifchen Blattflächen von Ulmus und Celtis, Fig. 233, vertheilt fich das Durchfchnittsgewicht der kleinen zu dem- jenigen der großen Blatthälfte wie r: 1,221. Wurde der Zweig horizontal geftellt während der Entwicklung, fo entwickelten fich die Flächen in dem Verhältniß ı:1,276. Stund aber der Zweig vertical der Spitze nach unten, fo refultirte das Verhältnifß 1: 1,53. Aufrechte Lohden der Caftanea vesca zeigen die Blätter fchon in der Knofpenlage nach ?/s oder ®/s geftellt. Die im Horizont ftehenden Zweige der erwachfenen Bäume aber befitzen die Divergenz !/2 und ftellen ihre _ 1G. 233. Schema der Lage aflymetrifcher Foliationsebene fenkrecht zum Loth. Blätter zum tragenden Zweig bei Ulmus, Celtis. 4. Krümmung der Abietineensprosse. Der aufrecht ftehende Abies- und Piceaftamm ift wie alle Zweige allfeitig benadelt, die Nadeln richten fich in’s Loth und liegen dem Stamme dicht an. | Die horizontal ftehenden Aefte, urfprünglich benadelt wie die loth- rechten, richten alle ihre Zweige zunächft bei dem Knofpenaufbruch und zur felben Zeit die Blätter fo, daß alle in eine Ebene fallen, welche fenk- recht zum Loth fteht. f Diefe Kimmung der Blätter tritt auch ein, wenn die Zweige während der Entfaltung in ihrer normalen Lage im Dunkeln ftehen, fie tritt auch ein im Dunkeln, wenn die Foliationsebene fo geftellt wird, daß fie das Loth aufnimmt, Fig. 234. In der Figur 234 ift in A der untere Jahrestrieb in der normalen Weife gekämmt, die unteren Nadeln find die längeren. In B wurde der 1!) HOFMEISTER, Allgem. Morphologie. S. 583. 588 fl. 240 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. obere Jahrestrieb während feiner Entfaltung um 90° zur normalen Lage gedreht. Die Nadeln kämmten fich jetzt der neuen Lage entfprechend. Hierbei mußte die eine Seite, weil fie urfprünglich die Unterfeite war, u Fig. 234 B, mit längeren, die andere, urfprüngliche Oberfeite die kürzeren Nadeln erhalten o. Werden die Abietineenzweige verkehrt aufgeftellt, fo daß die mor- phologifche Oberfeite nach unten zeigt, fo drehen fich die Nadeln, bis die urfprüngliche Oberfeite wieder nach oben gekehrt erfcheint. Zweige derfelben Pflanzen, während der Knofpenentfaltung mit der Spitze nach unten gekehrt, krümmen fich und ftellen die Nadeln horizontal; dabei aber fteht die Krümmungs- ebenedesZweigesnicht. fenkrecht zur Foliations- ebene. Für das Laubblatt läßt fich die Drehung der Blätter am beften an den Keimpflanzen der Aralien zeigen, Fig. 235, 236. Stellt man die- felben umgekehrt mit der Stammfpitze nach * unten, fo drehen fich FıG. 234. Abies excelfa. A. Diefe Figur zeigt im unteren Theil die normale die : Blätter Kämmungsebene der Nadeln. Im obern Acht diefelbe fenkrecht zur unten. 24 Stunden. Zahlreiche B. Die Nadeln der oberen und Serie hu, fenkrecht zur Zweigebene folche Töpfe, wie die Figuren 235,236 darftel- len, wurden im diffufen Tageslicht, fowie in der Dunkelkammer aufge- ftellt. Der Erfolg war immer der gleiche. NE ) "7 | } ! j N } ) VE ER x SER NN . AN 5 a ee 5. Stellung der zygomorphen Blüthen. Die zygomorphen Blüthen der Orchideen befchreiben während der Entwickelung des Blüthenftandes eine Umdrehung von 180°. Der Sporn in der Anlage nach oben kommt nachher nach unten zu liegen. Die {ymmetrifch hälftende Ebene nimmt das Loth auf. Die fymmetrifchen Blüthen der Orchideen, Papilionaceen, Scrophu- Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 241 larieen, Labiaten u. a. m. find immer fo orientirt, dafß die Mediane das Loth aufnimmt. | 6. Stellung der Trameteshüte an aufrechten und liegenden Baumstämmen. Die Fruchtftände der Trametesarten entfproffen einem formlofen My- celium, welches den Baum bewohnt. Sie ftellen halbe Rotationskörper dar, welche ihre Scheibenfläche fenkrecht zum Lothe orien- tiren. Steht der Baum auf- recht, fo geht die ideale Axe des Pilzkörpers mit der Axe des Baumes parallel, Fig. 237. Entwickelte fich aber der Pilzhut nachdem der Baum gefällt war, fo orientirt fich derfelbe wie im erften Falle fenkrecht zum Loth und zur Axe feines Wirthes. Fıc. 235. Keimpflanze der Aralia verkehrt aufgeflellt, von links In der Figur 237 ift fällt das Licht vom Fenfter ein (2.24 Stunden). der liegende und ‚aufrechte Stamm mit dem Pilzhut dar- geftellt. Derfelbe entwickelte fich in einem Falle, nachdem der Stamm gefällt war. Die Fig. 238 ftellt eine Colonie der Trameteshüte dar. T war aus dem Stamm ge- wachfen zur Zeit, wo diefer aufrecht ftund; 7’ T“ ent- wickelten fich, nachdem der Stamm gefällt war. FıG. 236. Keimpflanze der Aralia im Dunkeln umgekehrt aufge- = ftellt (2. 24 Stunden). 7. Beugung der Moosfrüchte. Die Seta der Moofe ift urfprünglich lothrecht orientirt und gerade, Fig. 239, fie durchläuft während der Entwickelung der Kapfel die Formen- . reihe Fig. A, a, b, c, d, bei Funaria, Bartramia, Bryum, Hypnum, Catharinea u. a. m. Sie entwickelt fich fymmetrifch mit lothrecht ftehender Mediane bei Buxbaumia. N. J. C. Mürrer, Handbuch 1. ı. 16 242 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. 8. Prädisposition zum Geotropismus. % Die Brutknofpen der Marchantieen find im Beginne der Entwickelung lothrecht ftehende Flächengebilde, Fig. 240, welche biscuitförmige Zell- körper mit mehreren Zellfchichten darftellen. Fıc. 237. Trameteshüte an einem lothrecht ftehenden und an einem gefällten Baume. Fıc. 238. Trameteshut. A die Verbindungsftelle mit dem Baum; T die ur- fprüngliche Oberfeite, als der Baum noch aufrecht ftund; 7" T" u. f. f. nachträg- liche Sproffungen aus T', nachdem der Baum gefällt war und horizontal lag; o u urfprüngliche Ober- und Unterfeite für T'; o' u' Ober- und Unterfeite für Nach der Aus- faat fallen diefe Brut- körperchen auf die flache Seite und bil- den ein Marchantieen- lager, welches zuletzt nach der Oberfeite anatomifch verfchie- den von der Unter- feite befchaffen if. Zur Zeit der Ausfaat war diefe Differen- zirung nicht vor- handen. Die der Erde zugekehrte Seite bil- det Wurzelhaare, die zenithwärts gekehrte Seite nicht. Die ana- tomifcheStructur und die Vertheilung der Chlorophylikörper werden verfchieden für beide Seiten®). Die Spaltöffnungen bilden fich nur an der oberen Seite. Nach Mirger’s Angabenha- ben fich die vorher gleichfeitigen Brut- knofpen 24 Stunden nach der Ausfaat für die bilaterale Ausbil- T Tea t. f. 1) MIRBEL, rech. anat. et physiol. sur le Marchantia. — Mem. de Tacad. des science, de Pinstitut de France. 183 5. — HOFMEISTER, vergl. Unterfuchungen. 1851. — Sachs, Lehr- buch. 2. Aufl. S. 287. — PFEFFER in Sachs, Arb. d. bot. Inft. in Würzburg. 1. Heft S. 77. FRANK, Ueber Einfluß des Lichtes u. f. f. PrinsH. Jahrb. IX. S. 155. Vererbliche Habituszüge durch Anpaffung der Organe. 243 dung entfchieden. Dreht man nach diefer Frift die Pflänzchen um, fo haben fich fchon die beiden Seiten differenzirt. Die eine erhält trotzdem die anatomifche Structur der Oberfeite, wiewohl fie jetzt der Erde anliegt. Die andere erhält die Structur der Unterfeite. Fıc. 239. A. Funaria hygrometrica. B. Bryum nutans. C. a Bartramia, 5 Buxbaumia. D. Dicranum scoparium. ED» I Ft I] I Fıg. 240. Marchantia polymorpha. A. B. Junge Brutknofpe. C. Reife Brutknofpe, .fchwächer vergr. D. Axiler Durchfchnitt durch das Lager und einen Brutbecher c ce‘. v Vegetationspunkt des Lagers, f die Blätter, welche der Unterfeite entfproflen und häufig über den Vegetationspunkt gekrümmt find, r die Wurzelhaare. E. Durchfchnitt parallel der Richtung v v Fig. C durch eine Brutknofpe, p Zellen, welche die Haare bilden, v die Vegetationspunkte. 16* 244 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. Den Angaben Mirger’s tritt PFEFFER auf Grund einer Reihe von Ex- perimenten entgegen. Er kommt zu diefen Refultaten: die Zellen, welche zu Wurzelhaaren auswachfen,. find fchon auf den beiden gleichen Seiten vor der Ausfaat, an dem hyalinen Inhalt und durch die Größe kenntlich. Diefe Zellen wachfen unter geeigneten Bedingungen zu Wurzelhaaren aus, durch eine in ihnen belegene Keimkraft. Diefe Kraft wird durch die Schwer- kraft aufgehoben, wenn die Richtung diefer mit der Wachsthumsrichtung nicht zufammenfällt. Deßhalb werden auf der zenithwärts belegenen Seite 3: SG B. Te p Fıc. 241. Pellia epiphylla. A. Reife Spore. B. Ebenfolche drei Tage nach der Ausfaat, v Vegetationspunkt, r Wurzelende. C. D. E. Hintereinanderbelegene Entwickelungszuftände junger Keimpflanzen mit zwei Wurzel- enden und einem feitlichen Vegetationspunkt v. keine Haare gebildet. Liegt die zenithwärts gekehrte, urfprünglich indiffe- rente Seite an einem feften Körper («fo wird in der Berührung eine Kraft gewonnen, welche mindeftens die hemmende Wirkung der Schwerkraft aufhebt»), fo bildet fie Wurzelhaare. Die Haare bilden fich an der beleuchteten wie befchatteten Seite. Ein gewiffes Maß von Licht ift indeß nothwendig. Sie bilden fich fpär- lich oder gar nicht aus an vollftändig verdunkelten Pflänzchen. «Wenn eine Brutknofpe auch bereits Wurzelhaare trieb, fo ift damit noch nicht die Bilateralität „inducirt“, fondern diefe bildet fich erft an den hervorwach- Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 245 fenden Sproffen aus, welchen fie aber auch gleich mit deren Erfcheinen unwiderruflich inhärent wird. Die beleuchtete Seite der Sprofle, wie auch deren Länge fein mag, wird unter allen Umftänden zur fpaltöffnungsführenden Oberfeite, die befchattete wird zur Unterfeite, welche Wurzelhaare und Blattlamellen hervorbringt. Auch nachdem die Seitenfproffen fich gebildet haben, ift die Brutknofpe felbft noch beiderfeits gleich- werthig.» A | B Fıc. 242. Vorrichtung, um durch den Verfuch zu zeigen, daß die Spannkräfte in fonft lothrecht wachfenden Pflanzentheilen bei horizontaler Aufitellung polarifirt werden, lange bevor die geotropifche Krümmung ausgeführt if. a ift ein an der Coordinatentafel A B C D befeftigter Kork, 5 ein Korkring, an welchem die Keimlinge befeftigt find. Durch eine Nadel N kann 5 in jeder Lage zu a feft erhalten werden. AB die Anfangslage der Keimwurzel, 4' B' die Lage nach der Polarifation in der Anfangslage und nach der Drehung von 5 um a um 180%. Das Erfte, was hiebei eintritt, ift die Krümmung zenithwärts, erft fpäter folgt die + geotropifche. Die Pellienfporen, Fig. 241 A, find elliptifch vielzellig. An dem einen Ende entwickelt fich zuerft, und. in der Regel allein, 2—3 Tage nach der Ausfaat das erfte Wurzelhaar, dort durchbricht das Lager auch zuerft das Exofporium r Fig. 241 B. Am entgegengefetzten Ende bildet fich (bei v, Fig. 241 B)) der Vegetationspunkt des Lagers. Die beiden Enden beftimmen fomit in der Regel ihre künftige Function. In feltenen Fällen, Fig. 241 C, geräth eine Spore in eine Lage, in welcher beide Enden, r und v, Fig. 241 4, Wurzelhaare treiben, alsdann geht offenbar dem Sporenkörper der Ort dauernder Verjüngung aus beiden Polen verloren. Er hilft fich, indem er eine Randzelle zum Vegetationspunkt umbildet, Fig. 241 D. So ent- fteht ein neuer Zweig f c in Fig. 241 E, welcher mit dauernder Zelltheilung im Scheitel v ausgerüftet ift. 246 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. An allen pofitiv und negativ geotropifchen Pflanzen läßt fich zeigen, daß, wenn fie horizontal aufgeftellt werden, Fig. 242, 243, innerhalb der wachsthumsfähigen Stücke Spannkräfte angehäuft werden, ehe noch die Krümmung, welche aus der abnormen Lage in dem Experimente gefordert wird, erfolgt. Die Erbfenkeimlinge, Fig. 242, find mit den Cotyledonen in b befeftigt. Dreht man nun, nachdem die Wurzeln in A und B 2—3 Stunden in der Lage, Fig. 242, belaffen waren, den Korkring b um a um 180°, fo führen die Wurzeln zuerft in Folge der vorhergehenden Einwirkung der Schwere eine geringe Beugung im pofitiv geotropifchen Sinne, bezogen auf die erfte Lage, aus und dann erft eine zweite Krümmung im Sinne der Schwerkraft und der neuen Lage (dies ift durch die untere Figur in Fig. 242 dargeftellt). Die Verfuche wurden mit Hilfe einer Coordinaten- Glastafel A BC D Fig. 242, 243 ausgeführt, welche fenk- A recht ftehend, in a einen feften Korkzapfen tragen, um welchen der Korkring b ge- dreht wird. Man fieht, daß die Wurzeln der Erbfe vor der Drehung in der erften Lage, Fig. 242, gerade, nach „Lage a Lage b \ Fıc. 243. Derfelbe Diefelbe Erfcheinung, wie in Fig. 242 für den Stamm. war geradlinig gewachfen, wurde in der Lage «a polarifirt, vor der Krüm- mung in die Lage b gebracht (durch Umdrehen von 5b um a) und führt hier zuerft eine pofitiv-geotropifche Krümmung a b und fpäter eine negativ-geo- tropifche Krümmung 5 c aus. zeigt die analoge Erfcheinung für den Stamm. der Drehung um 180° fich aufwärts krümmten, um erft fpäter die für diefe zweite Lage gefetzmäßige Krüm- mung zu zeigen. Fig. 243 Denkt man fich dieß Experiment in der Weife fortgefetzt, daß man das Syftem jedesmal kurz vor dem Eintritt der gefetzmäßigen Krümmung (alfo in Intervallen von 2—3 Fıc. 244. Stunden) mit Hilfe des Kork- rings um 180° dreht, fo kann man es offenbar dahin bringen, daß Stamm und Wurzel im Zickzack, aber immer fo wachfen, daß) fie die fonft gewohnten Richtungen in Bezug auf diejenige der Schwere umkehren. Fig. 244 ftellt das Syftem nach fechsmaliger Umkehrung um die Achfe m dar. Die Pfeile bedeuten die Richtung der Schwere während der Dauer je einer Biegung aus der Richtung der Achfe A. Würde man endlich das Syftem noch um A als Achfe drehen, fo entftünden offenbar aus den fonft geraden Gebilden Schraubenlinien. Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 247 9. Vorbestimmung der Gewebe, welche Adventivsprosse bilden (Polarität der Gewebe) !). An jedem Zweigabfchnitt (Steckling) der Weide läßt fich, wenn fchon äußerlich keine Merkzeichen für oben und unten (wie ruhende Knofpen etwa) vorhanden find, das Ende, welches nach der Wurzel hinweift, be- zeichnen und unterfcheiden von dem nach der Spitze hin belegenen Ende. Stellt man zwei folcher Abfchnitte, in welchen jede adventive Knofpen- bildung bis zu die- fem Zeitpunkte fehlte, fo auf, daß das eineStückchen feinWurzelendeW nach unten kehrt, während das an- dere umgekehrt fteht, Fig. 245, fo entwickeln fich im dunfterfüllten Raum und bei ge- eigneter Tempe- ratur die Wurzeln ftets an den Wur- zelenden. Die vor- handenen Blatt- FıG. 245. Weidenftecklinge wurden am 24. Januar 1877 in Wafler gefteckt, deffen knofpen treiben in Oberfläche durch 4 B dargefellt if, ie wurden mit einer Glocke bedeckt, fo daß die . Luft fets feucht blieb, und in mäßig geheiztem Zimmer anfbewahrt. Gezeichnet am einem Falle, Fig. id Vobrake 187, 245 B, fich negativ geotropifch krümmend, in der gewohnten Weife aus. Man muß hieraus Ru - fchließfen, daß in folchen Stücken durch die hiftologifche Anordnung auch die Möglichkeit derjenigen Zelltheilungen begründet liegt, welche zur Bildung der Adventivknofpen führt, wiewohl der obere und der untere Querfchnitt von gleicher Befchaffenheit am Mikrofkop erfcheinen. B. Formbedingender Einfluss des Lichtes’). Die Bewegungen, welche hier abzuhandeln find, _ werden am beften verftanden, wenn man beachtet, daß alle Pflanzen mit Ausnahme niederer parafitärer Pilze von dem Momente der felbftändigen Entwickelung der Be- 1) VÖCHTING, Ueber Organbildung im Pflanzenreich. Bonn. M. Cohen und Sohn. 1878. — Knv, Separatabdr. aus dem Sitzgsber. vom 21. März 1876 der Gefellfchaft natur- forfchender Freunde in Berlin. 2) Gr. Kraus, Ueber die Urfachen der Formänderungen etiolirender Pflanzen. S. 209. PRınGsH. Jahrb. Bd. V. 248 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. ftrahlung die größte Fläche entgegenzuftellen beftrebt find. Die Ernährung, welche während der Entwickelung das verfügbare Baumaterial fchafft, ift felbft von dem Lichte abhängig. Ernährung, Wachsthum und Orientirung zum Lichtftrahl find Vorgänge, welche in der Zeit parallel laufen. Faft alle im Habitus auffällige Lagen zu dem einfallenden Strahle find vererb- liche Züge, welche durch den Wechfel der Beftrahlung (Tag und Nacht) nur wenig und in geringfügiger Weife verändert werden, mit Ausnahme weniger, freilich dann aber auch fehr empfindlicher Reizpflanzen, fpecififcher Schattenpflanzen und einiger Moofe (Marchantieen). In der Natur haben fich als Licht- und Schattenpflanzen Vertreter aller Verwandtfchaftskreife angepaßt. Die niederften Pilze find in hohem Grade fchattenertragend, da fie zum großen Theile im Innern lebender Pflanzen und Thiere oder deren Leichen zu leben vermögen. Die Algen find fämmtlich im höchften Grade lichtbedürftig. Die nächften Verwandten diefer Arten, die Flechten machen die größte Anforderung an die Beftrahlung. In dem Verwandtfchaftskreife der Moofe find alle Organe zur vollftändigften Durchleuchtung ausgebildet, und es treten alle Grade in der Dichte der Beftockung auf, fowie auch Bewohner des tiefften Schattens unferer Wälder, wie auch lichtbedürftigfte Felfenbe- wohner und folche, welche auf nackteftem Geftein, auf Cultur- und Sand- flächen an ihrem Wohnort den Mitbewerbern gegenüber herrfchend werden. In allen höheren Verwandtfchaftskreifen endlich find licht- und fchattenbedürftige Arten oder Gattungen vertreten. 1. Folgen des Lichtmangels. Experimentell find die Folgen des Lichtmangels durch Culturen in Dunkelräumen bis jetzt nur an höheren (Phanerogamen) Pflanzen unterfucht. 1° Mit Ausnahme der Farrenprothallien und der Abietineenkeimlinge unterbleibt bei folchen Culturen, bei allen Pflanzen die Ausbildung des Chlorophylles, die Pflanzen bilden ein gelbes Pigment. 2° Alle Blattgebilde werden rudimentär. 3° Die Stammtheile werden übermäßig verlängert, bleiben meift mit Ausnahme der Knofpen farblos (fie vergeilen). Diefe letzteren bilden ein gelbes Pigment. 4° Die Gefäßbündel werden rudimentär, fie zeigen geringere Anzahl der Zellenelemente und geringere Mafle. 5° Die Gewebefpannung zwifchen pofitiven (Mark- und Rindenparen- chym) und negativen (Holz und Epidermis) Geweben ift verfchwindend klein. Alle Gewebe wachfen nahezu gleich rafch. Diefer Zuftand wird das Etiolement genannt. Die Laubblätter bleiben unentwickelt, weil ihr Weiterwachfen vom Licht in der Weife abhängt, _ Vererbliche Habituszüge durch Anpaffung der Organe. . 249 daß das zum Wachfen nöthige Bildungsmaterial im Chlorophyll des Blattes gefchaffen werden müßte. So kommt es, dafs die Blätter in dem Zuftande verharren, in welchem fie normaler Weife aus der Samenfchale treten. Die etiolirten Internodien zeigen in ihrer anatomifchen Structur ge- ringere Ablagerung von Cellulofe, rudimentäre Ausbildung der Gefäßbündel und dadurch geringere Feftigkeit. Die Ueberverlängerung der etiolirten, gegenüber der gedrungenen im Licht erzogenen Pflanze, beruht auf größerer Streckung der wachfenden Zellen. Das Mark, welches in den Lichtpflanzen comprimirt, ift bei der etiolirten ohne Spannung, alle Gewebe haben die äußerfte Ausdehnung erhalten. «Während in den normal wachfenden Stengelgliedern der treibende, die Verlängerung herftellende Theil, das Mark nur in der erften Periode des rafcheften Wachsthums die Ueberhand über die äußeren Gewebe hat _ und diefelben unbedingt zu ftrecken vermag, in einer zweiten Periode aber mit der Elafticität der äußeren Gewebe in einen antagoniftifchen Kampf tritt, in welchem dasfelbe in der dritten Periode des Wachsthums über- wunden und gezwungen wird, feine Wachsthum erregende Kraft zu fiftiren und die Länge der äußeren Gewebe dauernd anzunehmen: bleiben die etiolirten Internodien ihr Leben lang auf einer Entwickelungsftufe ftehen, in welcher die peripheren Gewebe eben aus Mangel einer Weiterbildung durchaus dehnbar find und von dem Mark ohne Hinderniß ausgezogen werden können») (fie find nicht dehn- bar, fondern fie wachfen gleichfchnell mit dem Mark). | «Durch diefes Stehenbleiben der äußeren Gewebe auf einer ganz niederen Entwicklungsftufe ift dem Mark zunächft die Möglichkeit der Ueber- dehnung der peripheren Gewebe gegeben und fie wird in Wirklichkeit ein- treten, wenn das Mark, im Gegenfatz zu den übrigen Geweben, die Fähig- keit hat im Finftern zu wachfen.» Die Gewebe wachfen durch Wafleraufnahme (alle etiolirten Pflanzen be- fitzen einen höheren Procentfatz an Waffer) und fo kommt es, daf) die Mark- zellen im Finftern nicht allein ihre Normalgröße, d. h. diejenige Größe, welche diefelben ifolirt anzunehmen im Stande wären, erreichen, fondern durch reichlichere Wafleraufnahme noch weit über diefe Größe hinausgehen und zu diefer felbft die widerftandslofen peripheren Gewebe dehnen. 2. Einseitiger Bestrahlung angepasste Pflanzen find: ı° die Flechten, welche fonft die geringften Anforderungen an Tempe- ratur und Bodenunterlage ftellen. Sie beherrfchen ausfchließlich die hochal- pine Region unferer Hochgebirge und die arktifche Zone. 1) Kraus, Ueber die Urfachen der Formänderung etiolirter Pflanzen. 250 i VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. 2° die Lebermoofe, Marchantieen, Riccieen, welche ftets lache dicho- tome Lager bildend, die Unterlage überziehen; 3° die Jungermannieen, welche zum Theil im Schatten der Wälder, den Boden, zum Theil die glattrindigen Bäume befiedeln; 4° die kriechenden Phanerogamen aus faft allen Verwandtfchafts- kreifen. Zu Verfuchen eignen fich am Beften die Marchantieen; werden die Rafen der Marchantia, Frullania und a. m. von ihrem Wohnort in einen Raum gebracht, in welchem geringere Lichtintenfität herrfcht, wie dort, fo entwickeln fich die neuen Sproffe fchwächer, fchlanker und ohne fich der Unterlage anzufchmiegen, fie beugen fich negativ geotropifch. Die Pflanzen nehmen dadurch einen ganz abweichenden Habitus an. In der Fig. 246 find I II die Jahrestriebe, welche von dem Lager draußen im Freien gebildet wurden, II III die "" Horisontaler bis lorhrechter Lage überzieht, von fpäteren, in der Cultur bei diffufem MEN IINERE Lichte entftandenen. Die Zuwachs- größe der letzteren erreicht den doppelten bis dreifachen Werth der erfteren. 3. Negativer und positiver Heliotropismus. In Bezug auf die Richtung, welche gegen den Lichtftrahl eingehalten wird, nennt man den Pflanzentheil pofitiv-heliotropifch, wenn er bei einfeitiger Beftrahlung mit der wachsthumsfähigen Spitze fich fo krümmt, daß er dem Strahle entgegen eilt, negativ-heliotropifch, wenn der Pflanzen- theil das Licht flieht, alfo in der Richtung des Strahles fich beugt oder wächft, Fig. 247. Der pofitive Heliotropismus beugt den Pflanzentheil fo, daß die beleuchtete Seite die concave wird. Beim negativen Heliotropis- mus aber ift die beleuchtete Seite die convexe. Die Urfache folcher Beu- gungen ift eben die einfeitige Wirkung der Beftrahlung. If der cylindrifche Pflanzentheil in dem einen oder anderen Sinne fo weit gebeugt, dafs feine Axe mit der Richtung des Strahles zufammenfällt, fo ift offenbar eine Be- wegung nicht mehr möglich, da der Schatten des Organes in feine Grund- oder Querfchnittsfläche fällt. \ . 5 Vererbliche Habituszüge durch Anpaffung der Organe. 251 a) Stämme und Wurzeln?). Die heliotropifchen Krümmungen kommen draußen im Freien überall da zum Ausdruck, wo Pflanzen fich in einer Ebene ausbreiten, oder an undurchfichtigen Stützen oder Unter- lagen hinwachfen. Der pofitive Heliotropismus führt folche Pflanzen von der Stütze oder Unterlage (Erde) hinweg, der negative aber zwingt fie, fich der Stütze oder Unterlage anzufchmiegen. Dafern nicht mit der Streckung _ eine rafche Erftarrung eintritt, neh- men die wachfenden Theile die Lage an, in welcher fie das Maximum der Beftrahlung erhalten. Die erdftändigen Blattrofetten vieler Pflanzen, Craflulaceen u. a. m. ftrecken ihre Stengel fo, dafs die Rofette über den Boden erhoben wird, wenn die Pflanzen verdunkelt waren. Daraus ift zu fchließen, dafs diefelben im normalen Beleuch- tungszuftande negativ-heliotropifch find und daf) unter dem Einfluß des Lichtes das Zuwachsmaf) fo wie die Gewebefpannung in gewiflem Sinne befchränktoderzurückgehalten wird, gegenüber dem Verhalten in der Dunkelheit. b) Blätter. Die Bewegung der Laubblät- ter in Folge der Beftrahlung ift viel mannigfaltiger wie die der Stengel. Das Blatt der höheren Pflanze, in der Knofpe mannigfach gefaltet, ift fo gelagert, daß feine Axe mit LTothlinie Fıs. 247. Vicia Faba auf fchwimmendem Keimbett erzogen. Ausfaat am 26. Januar 1877, gezeichnet am 20. Februar bei einer Gefammthöhe des oberirdifchen, grünen Theiles von 31 cm. Die Hauptwurzel wuchs Anfangs nach unten fenk- recht, bog fich bald, wie die Zeichnung darthut, nach der einen und zwar der Lichtfeite. Bald verließ auch der Stengel die Anfangs fenkrechte Lage und wendete fich gleichfalls dem Lichte zu. Diefe Bewegungen wurden gleichzeitig von einer Anzahl Erbfen, die auf demfelben Keimbett wuchfen, ausgeführt, das letztere wurde dadurch allmälig um den Winkel a aus der horizontalen Wafler- fläche a b gehoben. Hierauf wuchfen die Hauptwurzeln der Vicia und dreier Erbfen zunächft fenkrecht nach unten, dann in der der erften Biegung entgegengefetzten Richtung. Die Wurzeln der anderen Erbfenpflanzen zeigen auch Bie- gungen, doch nicht fo regelmäßig. !) Studienmaterial: Epheu, Vitis, Ampelopfis Bryonia, die Marchantieenlager und viele andere. 252 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. der Knofpenaxe nahezu zufammenfällt, Fig. 248. Bei der weiteren Ent- faltung dreht es fich bei manchen Pflanzen, fo bei den Juftitien, Fig. 248, zunächft fat um 180°. Die morphotifche Innenfeite wird nach außen ge- Fıc. 248. A Anfangs-, E Endlage. Ky FıG. 249. Wenn inc die blättertragende Axe projicirt if, wenn c w die fenkrecht zur Axe orientirte Blatt- fläche in ihrer ganzen Breite bedeutet, fo foll das Schema die Projection der Blattfläche auf die Ebene der Figur in verfchiedenen Lagen des Blattes demon- ftriren. Das Blatt hebt fich aus der Ebene und nähert fich dem Stamm nach oben oder unten: feine Projection wird zum Kreis. Es dreht fich fodann um feine eigene Axe und wird zur Ellipfe in feiner Projection. A. Projection der Blätter auf eine Ebene, fenkrecht zur Axe in Rich- tung des Pfeiles fällt das Licht ein, in /. die Längsanficht, in II. die Oberfeite weiß, die Unterfeite ‚(chwarz. B. Lagenänderung der Blätter der Juftitia bei der Entfaltung. I. bei einfeitiger Beleuchtung, II. bei. gleichmäßiger Beleuchtung, kehrt, fpäter erft ftellt fich die Fläche mög- licht normal zum Lichtftrahl. Bei der graphi- fchen Darftellung fol- cher Drehungen mö- ge das Schema Fig. 249 angewandt fein. c bedeute den Quer- fchnitt des Stengels in der Infertionsebene der Blätter. Die EI- lipffe c W foll das Blatt einmal in feiner nicht verkürzten Flä- che gefehen bedeu- ten. Seine Axe c W fteht alsdann fenk- recht zur Stammaxe c. In diefer Lage kann das Blatt eine Drehung um c W befchreiben. Es wird alsdann in unferer Projection zur fchmalen Ellipfe e v. Es kann eine Winkeldrehung um c befchreiben, fo daf3 der Winkel zwifchen ce W und der Axe kleiner wird, feine mittlere Lage wird alsdann durch den kleinen Kreis angedeutet. Es kann in diefer Lage wiederum um die Axe c W fich drehen und wird zur kleinen Ellipfe c d. In diefer Weife mögen einige der wichtigeren Lagen zum Loth und Lichtftrahl verzeichnet fein. Die Zweige der Coriaria, Fig. 250, und Cornus sanguinea, Fig. 251, ftehen aufrecht oder wenig geneigt; in der Richtung der Pfeile, f. Fig., fällt das Licht ein. Das vordere Blatt, bezogen auf diefe Richtung, bleibt in Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 253 der normalen Lage, ebenfo die beiden Blätter des Wirtels II. Das hintere Blatt aber hebt fich, fo daß feine Projection zum Kreife wird. Ebenfo ver- hält fich Cornus, Fig. 251, mit dem Unterfchiede, daß die beiden Blätter /Ia und 5 fich heben und fo drehen, daß die große Ellipfe, welche in der Figur 4 a verzeichnet ift, zur kleinften Ellipfe der Projection wird. Fıc. 250. Coriaria myrtifolia (Projection nach Fig. Fıg. 251. Cornus sanguinea (Projection nach Schema 249). Stamm lothrecht, das Licht fällt mit dem Pfeil 249). Die Axe hat die Lage a zu einem lothrecht ein. Das Syftem ift in diefer Richtung fymmetrifch, I a ftehenden Aft A, in-Richtung des Pfeiles fällt das Licht hat fich dem Stamm nach oben genähert. ein. Das Syftem wird in diefer Richtung fymmetrifch. Am lothrechten Zweige von Cornus, Fig. 252 A, haben fich alle Blätter gehoben und um ihre Axe fo gedreht, daß fie das Maximum des Lichtgenuffes erhalten. An einem hängenden Zweige von Buxus semper- virens, Fig. 252 B, haben fich die drei aufeinanderfolgenden Wirtel ver- fchieden orientirt: ı° It fymmetrifch: Drehung um die Axe des Blattes. 2° Ift afymmetrifch, I/a hat fich gehoben, IIb hat fich gehoben und um feine Axe gedreht. 3° It fymmetrifch: Drehung wie vorher und Hebung des Blattes. Die Stengelblätter nehmen durch Axendrehung endlich eine zum Lichtftrahl normale Lage an. Bezogen auf den mit dem Pfeil einfallenden Strahl haben 4 in zweigliedrigen Wirteln ftehende Blätter die Anfangslage A. Das vordere Blatt dreht und beugt die morphologifche Oberfeite con- vex; das hintere Blatt aber wird dort concav, die feitlichen drehen fich um 90° um ihre Blattrippe als Axe. Diefe Drehungen werden zum Theil durch‘ den Hauptblattftiel bei den einfachen und durch die Polfter bei gefiederten Blättern vollführt. Rankende Blätter zeigen vor Allem auffällig, wenn fie gefiedert find, dann die Drehung der Einzelblätter, wenn das ganze Blatt durch die Ranken fo befeftigt ift, daß es fich nicht drehen kann (Pisum. Vicia). Der Helio- tropismus und der Geotropismus wirken bei vielen (wohl allen) Blättern 254 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. zufammen, der Stiel ift negativ-geotropifch. Die Spreite ift pofitiv-helio- tropifch. Spirea u. a. (Epheu, Aralien, Keimpflanzen). 4. Theorie der Bewegung. Versuche über die Lichtstärke, welche nöthig ist die Pflanze zu affieiren!). Zur Theorie der Reizung ?). Draußen im Freien wirkt das Licht mit großer Intenfität und durch die Diffuffon der wiederholt reflectirten Strahlen gleichmäßiger wie in einem für das Experiment hergerichteten Dunkelraum, in welchem mit Hilfe der Helio- ftaten ein divergentes Lichtbüfchel eingelaffen wird. Am beften werden in Verfuchen die Keimpflänzchen dicotyler Pflanzen angewendet. Das dankbarfte Object ift die Kreffe. Die Keimpflänzchen der Kreffe zeigen beide Krümmungen folcher farblofer und gefärbter Stengel. Das hypocotile Stengelglied ift näm- lich in der Nähe des Bodens bei a > Fıc. 252. 4A. Cornus sanguinea (Projection nach dem Schema 249). Lothrechter Zweig, in Richtung des Pfeiles fällt das Licht ein. B. Buxus sempervirens. Hängender Zweig, in Richtung des Pfeiles fällt das Licht ein. C. Deutzia und Philadelphus. Horizontalftehender Zweig, in Richtung des Pfeiles fällt das Licht ein, /I if der Wirtel, deffen . Infertionsebene horizontal fteht. !) Die Pflanze und das Auge als verfchiedene Reagentien für das Licht. Jur. Sachs, Arbeiten des botan. Inftituts in Würzburg. Leipzig 1872. Engelmann’s Verlag. 2?) Das FEcHneEr’fche Gefetz der Reizung fagt aus: die Reizung hängt von der bewegenden Kraft, welche den Reiz hervorbringt, in der Weife ab, daß fie umgekehrt pro- portional jener aufgewandten Kraft ift. Wenn y die Lichtintenfität if, welche die Reizung x an der Pflanze hervorbringt, und es wächft die Intenfitätt um dy, fo wächft dadurch der hervorgebrachte Reiz a dy ift alfo gleich wenn man integrirt 22 = Igx, alfo y = flex. Die Reizung ift um fo intenfiver, je geringer die Quantität der aufgewandten reizenden Kraft war bezogen auf dasjenige Maß der Kraft, welches den vollftändigen Endeffect ger Reizung hervorbringt. Vererbliche Habituszüge durch Anpafflung der Organe. 255 (Fig. 253) farblos, gegen das beblätterte Ende hin grün gefärbt. Stehen nun die Pflänzchen in einem parallelopipedifchen Topf dicht hintereinander in Richtung des Lichtftrahls, fo findet man ftets, daß die vorderen fich bei a (Fig. 253) fehr ftark pofitiv beugen, an einem Orte alfo, wo das Licht keine fpecififche Abforption erfährt und wo das Wachsthum am kleinften ift. Die hinteren Pflänzchen beugen fich aber an dem Orte, wo das Wachsthum am ftärkften ift, bei 5 (Fig. 253). Bei diefen ift die Stelle a offenbar fchwächer beleuchtet, wie bei dem vorderen. (Die grüne Farbe nimmt an dem Pflänzchen mit dem Pfeil « zu; das Licht fällt in’s Dunkelzimmer, parallel dem Pfeile ß). Wächft die hintere (Schatten-)Seite ftär- ker, fo tritt die Erfcheinung des pofitiven Heliotropismus, wächft die vordere (Lichtfeite) ftärker, fo tritt negativer Heliotropismus ein. Stellen wir uns nun vor, es fei eine beftimmte Strahlengattung, gleich- gültig ob dunkle oder helle Wärmeftrahlen, welche das ftärkere Wachfen veranlaffe, fo wird der negative Heliotropismus die häufigere Erfcheinung fein müffen, eben weil die hintere Seite weniger von diefer Strahlengattung erhält wie die vordere. Der pofitive Heliotropismus wurde fchon von Anderen früher als ein partielles Etiolement aufgefaßt. Diefe beiden Hypothefen geben vereinigt aber nicht eine Vorftellung der Beugungen, welche die Anfprüche einer Theorie machen kann. Denn wie erklärt man die Erfcheinung an einem und demfelben Pflanzentheil, welcher in einer Phafe pofitiv, in einer fpäteren negativ heliotropifch ift? Jedenfalls wird zwifchen beiden Entwicklungsphafen das Gewebe, welches Pr die Licht- von der Schattenfeite trennt, eine Ver- änderung erfahren haben, bezogen auf die Durch- läffigkeit des Lichtes. Welcher Art ift diefe Veränderung? Fıc. 254 Bei einem und demfelben Keimpflänzchen der Kreffe, welches durch den Helioftaten im Dunkelzimmer einfeitig be- leuchtet wird, fehen wir, daß der obere jüngere Stengeltheil negative, während der ältere untere pofitive Beugung zeigt. Der erftere krümmt fich convex, der letztere concav gegen den Strahl. Beide Stengeltheile unterfcheiden fich aber nur dadurch, daß fie in verfchiedener Phafe des - Wachsthums find. Daraus geht denn auch hervor, daß nach den von mir aufgeftellten und beobachteten Curven des Wachsthums (Bot. Ztg., Jahrg. 29, 1871) Fıc. 253. 256 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. für unfere Keimpflänzchen zwei gegenüberliegende Zellen oder Gewebe- ftreifen mit der Zeit einmal in den negativen, einmal in den pofitiven Heliotropismus übergehen, für eine und diefelbe Intenfität des Lichtes. * ıo parallelopipedifche Töpfe (jeder von 1!/g Fuß Länge) mit gleich- altriger im Dunkeln erwachfener Ausfaat der Krefle werden zu einer 18 Fuß langen Colonne in der Dunkelkammer aufgeftellt und durch einen divergenten Lichtkegel beftrahlt. Die Intenfität des Lichtes in der .kreis- förmigen Oeffnung des Helioftaten = ı gefetzt, verhalten fich die Inten- fitäten, welche den in Fig. 255 cathetometrifch auf eine Coordinatenplatte gezeichneten Pflänzchen zukommen, wie die in der beifolgenden Tafel an- gegebenen Zahlen. Das letzte Pflänzchen bıo hingegen erwuchs während * Literatur (Heliotropismus). M. PAayEr, Mem. sur la tendance des tiges vers la lumiere. Compt. rend. 1842. 15.. S. 1194. PAvER findet, daß die wachfenden Keimpflänzchen, einfeitig beleuchtet, fich gegen die Lichtquelle beugen; dagegen, wenn fie vorher im Dunkeln waren und fchon erwachfen find, krümmen fie fich zunächft und dann beugen (verneigen) fie fich vor dem Lichte (se courbent, s’inclinent). Es foll nicht nöthig fein, daß die Krümmungstftelle felbft beftrahlt fei (?), damit fie fich in Richtung der Lichtquelle beuge (?). Die Krüm- mung bleibt bei jungen Stämmen keine dauernde, wenn die Urfache (Licht) aufhört. Die Krümmung wächft, je fchwächer das Licht ift! Diefelbe ift unabhängig vom Medium: Waffer, Luft, Stickftoff, Wafferftoffatmofphäre. Von zwei Seiten beleuchtet, krümmt fich die Pflanze nach der ftärkeren Lichtquelle. Die Krümmung unterbleibt bei gleicher Licht- ftärke der beiden Seiten. Krümmung tritt in den blauen und violetten ein, in den grü- nen, gelben und rothen Strahlen nicht. Das blaue Licht wirkt ftärker als das violette. Für die Beugung ift die chemifche Action der Strahlen ohne Einfluß. — J. SacHs, Wir- kung farbigen Lichtes auf Pflanzen. Bot. Ztg. 1864. S. 361. Handbuch der Exper.-Phyfik d. Gew. S. 41. — ZANDESCHI, Compt. rend. 1843. — M. J. PAvErR, Sur la tendance des tiges vers la lumiere, Compt. rend. 1843. 16. S. 986, findet, indem er fpectrofcopifch unter- fuchte farbige Gläfer vor die Keimpflanzen ftellt und Ausfaaten durch das Sonnenfpectrum beftrahlt, daß die heliotropifche Krümmung in den blauen Strahlen am rafcheften eintritt. — De Vinflexion des tiges vegediales vers la lumiere coloree. M. DUTROCHET. In diefer Ab- handlung wird zunächft nachgewiefen, daß die Dicke der beugungsfähigen Stämmchen von Einfluß auf die Beugung ift, daß bei einem und demfelben rothen Strahl die Krüm- mung verfchiedener Pflanzen verfchieden rafch und intenfiv eintritt. DUTROCHET macht dann noch darauf aufmerkfam, daß die hinter farbigen Gläfern ftehenden Pflanzen immer mehr etiolirt find, als die im gewöhnlichen Tageslicht (was fich von felbft verfteht), und daß. bei der Behandlung der Objecte hinter farbigen Gläfern eine Intenfitätsbeftimmung nicht gut möglich ift. (Ann. des sciences nat. 1843). — M. PAYvER, reponse dä quelques ob- servations critiques de Mr. DUTROCHET. Compt. rend. tome 18. S. 32. — D. M. GARDENER, Ueber die Wirkung des gelben Lichts bei Erzeugung der grünen Farbe der Pflanzen, fo- wie über die Wirkung des indigofarbenen Lichtes in Betreff ihrer Bewegung nach dem Lichte. FRORIEP’s Notizen. 1844. Nr. 649. «Wenn man eine Rübenfaat dem Sonnen- fpectrum in einem Kaften ohne Fächer ausfetzt, fo bemerkt man, daß die Pflanzen fich fämmtlich einer gemeinfamen Axe zuneigen; die von den rothen, orangefarbenen, gelben und grünen Strahlen getroffenen neigen fich gegen den indigofarbenen Strahl, während die von dem violetten Strahle beleuchteten Pflänzchen fich jenen entgegenneigen. Setzt Ku Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. ; 257 ” der Verfuchszeit bei gleicher Temperatur (22° C.) in einem dunklen Blech- kaften. Dauer der Infolation je 6 Stunden an 2 Tagen. Gefammtdauer des Verfuches 30 Stunden. Entfernun Ä vom une Intenfität des. ea der Lichts: oder negative dreizölligen Linfe. Beugung. J 15 ctm 3,999 2 'E 235» 1,440 o J IOoO » 0,009 + ) 700 » 0,00018 5 Js 1500.» |. 0,00004 PF Die Hypothefen zur Erklärung der in dem Vorftehenden gefchilderten heliotropifchen Krümmung find die folgenden: man das Experiment hinlänglich lange fort, fo nimmt die Saat fich aus wie ein Kornfeld, deffen Halme durch zwei entgegengefetzte Winde niedergelegt worden find. Die gemein- fchaftliche Axe, welcher fich die Pflänzchen zuneigen, ift die Linie, nach welcher der in- digoblaue Strahl FRAUENHOFER’s vom Prisma-nach dem Samenbeete gerichtet ift. Die in dem indigoblauen Licht felbft ftehenden Pflänzchen neigen 'fich gerade nach dem Punkte des Prisma hin, von welchem aus ihnen das Licht zugeht; die vom rothen, orangefarbe- nen etc. Strahle getroffenen Pflänzchen richten fich nicht direct nach dem Prisma, fon- dern fchief nach den Pflänzchen zu, welche vom indigofarbenen Strahl beleuchtet find. Diefe feitliche Beleuchtung nimmt ab, je nachdem die Pflänzchen der Axe näher ftehen, fo daß die vom blauen und violetten Strahle getroffenen von der Linie, welcher die fie beleuchtenden Strahlen folgen, nur wenig abweichen.» Aus diefen und ähnlichen Ver- fuchen fchließt Dr. GARDENER, daß die die Bewegung hervorbringende Kraft in dem in- digofarbenen Strahl enthalten fei.: Weiter findet er: ı) daß die im Dunkeln erwachfenden Pflanzen empfindlicher find, als die grünen; 2) daß die heliotropifche Krümmung bei länge- rem Verweilen im Dunkeln wieder verfchwindet. GARDENER ftellt fich übrigens vor, daß befiimmten Strahlen, nach feiner Beobachtung den indigofarbenen, eine Art heliotropifche Wirkung zukomme, und daß der Heliotropismus von der ftrahlenden Wärme unabhängig fei. — Guitemm, Production de la chlorophylle et direction des tiges etc., Annal, des sciences nat., tome VII. S. 161, findet, daß die Krümmung gegen die ultravioletten Strahlen ftärker als gegen jeden andern fei. Er wandte verfchiedene Prismen an und kommt zu folgen- den Refultaten: 1) Junge etiolirte Pflanzen krümmen fich unter dem Einfluß aller Strah- len des Sonnenfpectrums mit Ausnahme der wenigft brechbaren Wärmeftrahlen, oder der ftrahlenden Wärme von niederer Temperatur. 2) Die weniger brechbaren Wärmeftrahlen und die chemifchen Strahlen von größerer Brechbarkeit als die violetten zeigen zwei Ma- xima der Wirkung auf die Krümmung der Stengel. Das erfte Maximum der Krümmung liegt:zwifchen den Strahlen H und J. Das zweite von geringerer Wirkung kommt den Wärmeftrahlen zu und rückt um fo mehr gegen E und C, je höher die Sonne fteht. Diefe beiden Maxima find durch das bei F liegende Minimum getrennt. Die feitliche Krüm- mung (?) erftreckt fich jenfeits des äußerften Roth und Violett; fie hat als Centrum die N. J. C. Mürter, Handbuch I. r. 17 258 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. ı° Licht-, refp. Wärmeftrahlen, die ein gerades, aber zur Beugung disponirtes Keimpflänzchen einfeitig treffen, ohne eine Krümmung zu’ ver- er 1721 br ß > ds ® 2 N Be | We Pi N > [ b+ | “ N Ä Wed “ = bi ER j Hp & an gm 5 ; & Br u ER E | cc X I. ech Ad er ee Fıc. 255. anlaffen, müffen dasfelbe ungehindert durchftrahlen, fo daß der Unterfchied der mechanifchen Wirkung für Vorder- und Hinterfeite verfchwindend klein ift; 2° am kleinften ift diefer Unterfchied für die rothen und dunklen Wärmeftrahlen; er wird um fo größer, je mehr man fich dem violetten Ende nähert. Das Etiolement (Vergeilen) ift der Zuftand, in welchen wachfende Pflanzen in abfoluter Dunkelheit übergehen. Es ift aber leicht einzufehen, daß zwifchen diefem und dem gewöhnlichen fogenannten Lichtzuftande für Indigoftrahlen und tritt häufig ein, trotz der Schirme, welche die einzelnen Strahlen tren- nen (?). — ZANDESCHI, De influence quexercent sur la vegetation ei la germination des graines les rayons soleures etc. Compt. rend. 1843. S. 747. — J. SacHs, Wirkungen farbi- gen Lichtes auf Pflanzen. Bot. Ztg. 1864. S. 362. «Ganz anders ift das Verhältniß der heliotropifchen Krümmung zu dem verfchiedenfarbigen Licht, was befonders bei Sinapis und Carthamus hervortrat: im orangen Lichte blieben die Stengel völlig gerade, wie im Finftern, im blauen krümmten fie fich in Bogen von 60—-80° concav nach dem Fenfter hin. Diefe Thatfache, die ich fchon früher kennen gelernt habe, ftimmt nicht genau mit den Angaben GARDENER’s und GUILLEMIN’s, da nach diefen auch in dem Gemifch von rothen, orangen und gelben Strahlen eine, wenn auch geringere Krümmung hätte ein- treten müffen. Diefe Differenz dürfte wefentlich auf der Verfchiedenheit der Beobachtungs- methode beruhen; die von ZAanDEscHI läßt fich mit der meinigen eher vergleichen; er fand, wie oben angegeben, daß hinter rothem, orangem und gelbem Glas die Krümmung unterbleibt.» Handbuch der experiment. Phyfiologie. S. 41. — HOorMEISTER, Die Lehre von der Pflanzenzelle. S. 288 ff. — A. B. Frank, Beiträge zur Pflanzenphyfiologie. Leipzig. Engelmann. S. gı fl. — TH. CısıeLskıi, Unterfuchungen über die Abwärtskrümmung der Wurzel. Inaug.-Differt. Breslau 1871. R. Nifchkowsky. — N. ]J. C. MÜLLER, Wachs- thumserfcheinungen der Wurzel. Bot. Ztg. 1871. S. 722. Vererbliche Habituszüge durch. Anpaffung der Organe. 259 fonft gleiche Phafe mit ftetigem Uebergang der Lichtintenfität alle mög- lichen Zwifchenftufen beftehen müffen. Die Zuwachfe vieler folcher Pflanzen von gleicher Anfangslänge für gleiche Zeit find eine ftetige Function der Lichtintenfität. Daraus ergibt fich zunächft fchon mit Nothwendigkeit die / Ba \ > BEER: x f} N Fıc. 256. £ # find zwei Thermometer, der eine zeigt 10°, der andere 170 C. Krümmung nach dem Licht hin, oder von ihm hinweg, ohne jede weitere Vorausfetzung, als die, daß Licht auf dem Wege von der Licht- nach der Schattenfeite verfchwindet. Denn denken wir uns eine Pflanze einfeitig beleuchtet mit der Lichtintenfitäit « und dem Zuwachs o, die zweite Pflanze gleicher Phafe und Ausfaat und Art mit. der Lichtintenfität a’ und dem Zu- wachs a’ für das gleiche Zeitintervall, fo brauchen wir nur unter der An- nahme vollftändiger Gleichheit beider Individuen die beiden Pflanzen für das- felbe Zeitintervall fo verwachfen zu denken, daß die mit der Intenfität a beleuchtete” die Vorder-, während die mit a’ beleuchtete die Hinterfeite eines dritten Individuums wird, um einzufehen, daß bei diefem eine Krüm- mung eintreten muß, wenn a > a‘. Die Krümmung wird fo lange fort- fchreiten, bis Vorder- und Hinterfeite gleich viel Licht erhalten, d. h. bis die Achfe des Stämmchens mit dem einfallenden Strahl zufammenfällt. Die Strahlen dunkler Wärme von verfchiedenem mechanifchem Effect müflfen unferer Theorie nach diefelbe Wirkung auf Keimpflänzchen haben, die fonft zu pofitivem Heliotropismus disponirt find. Um dieß zu erweifen, ftellte ich zwifchen zwei Kugelreflectoren von Neufilber eine Colonne von Keimpflänzchen der Kreffe derart auf, dafs der eine Reflector, in deflen Brennpunkt eine farblofe Weingeiftflamme brannte, die Colonne von der einen Front beftrahlte.. Im Brennpunkt des zweiten Reflectors ftand ein Eisklumpen, fo dafs die Strahlen derfelben parallel vom Spiegel kommend, die andere Seite der Colonne trafen. Nach zwölfftündiger Beftrahlung waren die Pflänzchen nach dem Reflector der Weingeiftlampe indeß nur wenig hingebeugt. Fig. 257 A ftellt die Zuftände der Beugung für ein kleineres weniger erwachfenes Pflänzchen, bei welchem die Beugung entfchieden negativ war, Fig. 257 B diefelben für ein größeres dar. Man fieht leicht, daß auch 17* 360 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. hier die pofitive und negative Beugung an einem und demfelben Individuum gleichzeitig auftreten. Ich habe nur noch zu bemerken, daß in diefem Verfuch der Gefammtanblick der Colonne doch wefentlich abweichend war von demjenigen einer unter dem Einfluß des Sonnenlichts gebeugten. In letzterem find die Keimpflänzchen gleichmäßig ftärker nach dem Lichtquell, fowie in diefer Richtung gekämmt. Bei erfterer hingegen neigen wohl alle beftrahlten Pflänzchen nach dem Wärmequell, aber ohne die genaue Uebereinftimmung in der Richtung, da die Reflectoren denn auch niemals ftreng parallele Strahlenbündel ausfenden, aber der Verfuch beweift nur um fo mehr, daß dunkle Wärmeftrahlen die Pflänzchen fo vollkommen durch- ftrahlen, daß der Unterfchied des mechanifchen Effectes der Licht- und Schattenfeite verfchwindend klein ift. Bei mehrfacher Wiederholung über- zeugte ich mich, — wiewohl eine geringe Beugung ftets eben noch mit dem Fernrohr an einer hinter die Colonne geftellten Coordinatenplatte nach- weisbar war — daß den Ü e dunklen Wärmeftrahlen die geringfte Wirkung zu- kommt. Wir können uns Vv se <—- nun gleichwohl nicht vor- + n»-+ ftellen, daß diefe geringe P Wirkung gegenüber den 4 B. leuchtenden daher rühre, MRS daß dunkle ftraflende Wär- me gar nicht abforbirt wür- de, vielmehr muß die Vorftellung Platz greifen, daß fie möglichft vollftändig, aber ohne einen mechanifchen Unterfchied für Licht- und Schattenfeite zu bewirken, abforbirt werden. Mit abnehmender Lichtintenfität finken die den Zuwachs beeinfluffen- den Functionen, das Ergrünen, die ‘Aflimilation und Erwärmung und in Folge davon die Zuwachfe, bis endlich das partielle und fchließlich das totale Etiolement eintritt, wodurch der Zuwachs wieder zunimmt. Zwei Pflänzchen gleicher Art und Phafe werden alfo, wenn das eine bei höherer Lichtintenfität negativ, und wenn das andere bei niederer Lichtintenfität pofitiv heliotropifch geworden ift, fich noch dadurch unterfcheiden, daß das eine weniger etiolirt, alfo von größerem Trockengewicht ift als das andere. Der negative Heliotropismus ift alfo eine Folge der von der Licht- nach der Schattenfeite abnehmenden Affimilation oder Disgregation der größten Maffe. Der pofitive Heliotropismus hingegen ift eine Folge des von der Licht- nach der Schattenfeite zunehmenden Etiolements oder der Disgregation der kleinften Maffe. | Vererbliche Habituszüge durch Anpafflung der Organe. 261 5. Versuche im Sonnenspeetrum. Mit Hilfe des Helioftaten und zweier Schwefelkohlenftoffprismen wurde ein Spectrum auf junge Keimpflanzen im dunkeln Raume geworfen und dort fo lange conftant erhalten, bis die Pflänzchen fich im pofitiven Sinne krümmten und bis ein merklicher Zuwachs erreicht war. Ich ftellte fechs parallelopipedifche Töpfe mit gleichaltrigen Ausfaaten der Krefle fo hinter- und übereinander auf, daß alle das Spectrum auf- fingen. Im erften Topf, welcher dem Spectralapparat am nächften war, wirkten Violett und Blau; Grün, Gelb, Orange und Roth waren wirkungs- los; im zweiten erftreckte fich der pofitive Heliotropismus noch über Grün und Gelbgrün. Im dritten und vierten wirkte Violett nicht mehr, d. h. es verhielten fich die dort ftehenden Pfänzchen, wie wenn fie von beiden Seiten verdunkelt wären. Die pofitive Beugung ging aber links bis etwa C und D vor. Im fünften und fechften war das Maximum der pofitiven Beugung im Orange und fank langfam nach dem rothen Ende. Die Krümmung wird mit der Entfernung vom Lichtquell mit abneh- mender Intenfität aller Strahlen im blauen Ende zuerft, im rothen zuletzt enden, d. h. je fchwächer das Licht wird, um fo mehr wird Blau wie ab- folute Dunkelheit, Gelb und Roth wie vorher Blau, mit zunehmender Ent- fernung werden natürlich alle Strahlen zuletzt wie Dunkelheit wirken. Das partielle Etiolement fängt im Blau zuerft an und geht hier auch zuerft mit der Entfernung vom Lichtquell in totales über. Im Roth beginnt und en- det dasfelbe unter gleichen Umftänden fpäter, d. h. in größerer Entfernung, bei geringerer Lichtftärke. Die feitliche Krümmung beruht nach derfelben Annahme darauf, daß in einer Colonne von Pflänzchen, auf welche ein Spectrum geworfen wird, die vom Gelb oder Roth beleuchteten ihren blau und violett beleuchteten Nachbarn noch fo viel Strahlen von größeren Wärmeeffect zufenden, daß die gelb beleuchtete linke Seite der im blauen Theil des Spectrums ftehen- den Pflänzchen zur Lichtfeite, während ihre blau beleuchtete rechte Seite zur Schattenfeite wird, fo daß die roth beleuchtete dann weniger etiolirt, wie die blau beleuchtete. 6. Prädisposition und Anpassung. Die anatomifche Befchaffenheit aller flachen, fpäter dem Lichte ex- ponirten Organe ift als eine Anpaflung an den Lichtgenuß aufzufaffen. Die beleuchtete Seite ift verfchieden von der Schattenfeite. Dahin gehört in erfter Linie das Laubblatt, fodann die Lager der Marchantieen, die ober- und unterfchlächtigen Blätter der Jungermannieen u. a. m. Die Brutknofpen der Marchantieen differenziren ihr Gewebe in eine 262 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. Licht- und Schattenfeite im Zeitraum von zehn Stunden nach der Ausfaat (f. oben Gravitation). 7. Polarisation. Auch das Licht vermag diefelben Pflanzentheile zu polarifiren. Die pofitiv heliotropifche Bewegung bei dickeren Keimftengeln der Vicia Faba verläuft ziemlich langfam. Im Allgemeinen erfordert die in Folge eines Lichtreizes eintretende Krümmung um fo längere Zeit, je dicker der zu krümmende Stengel ift. Lange - bevor die leifefte Krümmung f gegen den Lichtftrahl äußer- lich fichtbar ift, befteht eine innere Spannung, eine,. be- (#) (m zogen auf die Richtung des V einfallenden Strahles afymme- & 3 ec d trifche Vertheilung der Ab- ftoßungskräfte. Man kann die- ge IN Bra fen Zuftand herbeiführen, in- In Ar) m a > dem man das diffufe Tages- # licht, welches die in einem 8 < Kaften ftehenden Töpfe a, b, c, d, Fig. 258, trifft, durch mehrere Schirme 5 $, aus dünnem Papier fchützt. Durch Mehrung oder Minderung diefer Schirme ift man im Stande, den Lichtgrad zu finden, welcher der betreffenden Pflanze zukommt. Es mögen pp‘, Fig. 258, die Projectionen der Keimpflänzchen fein, welche zwar unter dem geringen Lichtreiz geradlinig gewachfen, in die Ebene des Pfeiles aber polarifirt find. | | Nimmt man nun plötzlich einen Theil der Schirme weg, fo bewirkt diefe Steige- ar a rung der Intenfität, daß die geraden si B ar Pflänzchen in wenigen Minuten im pofi- 7 N, tiv heliotropifchen Sinne eine Beugung b ai ‚ausführen, welche unter anderen Bedin- Fıc. 259. i Be gungen mehrere Stunden, ja Tage in An- Fıc. 258. fpruch nimmt. Dreht man die Polarifationsebene, deren Lage man durch zwei Kreide- ftriche an dem Topf markirt hat, -zu dem einfallenden Strahl, ehe man die Zahl der Schirme vermindert, fo wird dadurch die Polarifationsebene zur Einfallsebene des reizenden Strahles verfchoben, die Pflanzen krümmen fich nicht mehr in einer Ebene, fie befchreiben eine Schraube. Vererbliche Habituszüge durch Anpaffung der Organe. 263 ‘Vor der Drehung der Polarifationsebene waren in den Projectionen auf dem Querfchnitt von p die Repulfivkräfte, welche die Wachsthums- richtung beeinfluffen, zu dem einfallenden Strahle bei allen fo vertheilt, wie es Fig. 259 a veranfchaulicht; es bedeuten die Schattenfeiten in diefem Falle die Orte, wo fich die Abftoßungskräfte angehäuft haben. Nach der Dreh- ung zu dem einfallenden Strahle ift die Lage der frühe- ren zu den jetzigen Schatten- feiten‘ durch die Lage der fchwarzen Halbkreife zu « ß dargeftellt, der Lichtwechfel bewirkt das rapide Auslöfen der in den erften Schatten- feiten angehäuften Spannung, gleichzeitig aber auch einen neuen Anftoß in Richtung des einfallenden Strahles. Beide Kräfte fetzen fich zufammen und führen den wachfenden Stamm in eine rechts- oder linksumläufige Schraube. Nur den Stämmen, mit Ausnahme der flachen, darf man die Eigenfchaft einer an- fänglich gleichen Vertheilung der Repulfivkräfte zufprechen. Morphologifch-fymme- trifche, nach zwei Richtungen ungleiche Gebilde wie die Blätter, welche fchon äußerlich eine Ober- und eine Unterfeite zeigen, befitzen eine fchon in der Evolution verderbliche ungleiche Vertheilung. Vor allen deutlich tritt diefes bei den Trauerbäumen auf, deren an den hängenden Zweigen befindliche Blätter fimmtlich Drehungen von 180° ausführen, um die morphologifche Oberfeite des Blattes nach der Evolution zur wirklichen Lichtfeite zu machen. Bei der Hängeefche mit gefiederten Blättern drehen fich hiebei die einzelnen Fieder oft unabhängig vom Hauptblattftiele in dem einen oder andern Sinne, bis fie die gewünfchte Lichtlage erreichen. Zu den fchönften hier einfchlägigen Phänomenen aber gehörten die Drehungen von Phafeolus, welche in der oben gefchilderten Weife in fchwächfter einfeitiger Beleuchtung gezüchtet wurden, . 264 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. Die beiden erften Laubblätter ff‘, Fig. 260, mit dem Stammquer- fchnitte auf eine fenkrecht zum Stamme ftehende Ebene projicirt, befitzen der Anlage nach ihre Spannkräfte fo vertheilt, wie es der Contour Fig. 261 zeigt. Es äußert fich dieß, wie bekannt, fonft darin, daß die Winkel aa‘, Fig. 260, verkleinert und vergrößert werden. Die Anfangslage, Fig. 260, kann nun durch die () oo) (D Reizung in die Endlage übergeführt werden, dadurch, daß man in dem oben befchriebe- Ä Kat u f nen Sinne polarifirt. Hiebei möge die Pfeil- DR richtung die Polarifationsebene fein. Fig. 261 ftellt dann in den Contouren die Vertheilung der Spannung dar vor der Polarifation. Der Stamm ift nach .allen Richtungen gleich. In Fig. 262 A möge die Vertheilung der Kräfte nach der Polarifation zu dem Strahle & darge- v A ftellt fein. Nunmehr wird das Syftem BR; R C \ NW)... gedreht und in der früheren Richtung & ® ©) durch Hinwegnehmen eines Theiles der 2 7 A Schirme gereizt. Die Vertheilung if nun fo, wie Fig. 262 B zeigt, wobei zu Y beachten ift, daß die Dauer der bewegen- B den Kräfte, deren Vertheilung durch die Ringe dargeftellt fein möge, von innen nach aufen abnimmt; das Hinwegnehmen A der Schirme bewirkt aber nur einen An- 7 ftoß. Die Prädispofition (Fig. 261), die Polarifation (Fig. 260 A) und Reizung (Fig. 262 B) bilden fomit drei Compo- nenten der Drehung, welche das Syftem in die Endlage, Fig. 260, führen. Fıc. 262. 8. Bewegung der Schwärmsporen gegen das Licht ?). Die Schwärmfporen der Algen bewegen fich in geraden, zickzack- oder fchraubenlinigen Bahnen im Waffer und orientiren ihre Bahn in be- fimmtem Sinne zum Lichte. Bei einfeitiger Beftrahlung mit diffufem Tages- licht gruppiren fie fich in Tupfen oder Streifen .(Fig. 263). Nach einer Mittheilung NÄceLr’s!) gruppiren fich die Schwärmer einer Volvocinee, welche ihm von A. Braun zugefandt wurden, auf einem Teller, .)) NäceLı, Beiträge zur wiffenfchaftlichen Botanik. Bd. I. S. 106. Leipzig. Engel- mann. — J. Sachs, Emulfionsfiguren. Flora. 1876. No. 16 fl. are m Ra X wenigen Minuten Vererbliche Habituszüge durch Anpaflung der Organe. 265 welcher einfeitig in der Richtung c. vom.Fenfter beleuchtet war, in eine dichter bevölkerte Randzone und zahlreiche Schwärminfeln, welche nach der Lichtfeite hin kleiner wie nach der Schattenfeite find. Die Abftände find an der Licht- | feite kleiner wie im Centrum des Tellers. Nachdem die Anordnung durch Umrühren geftört war, ftellte fie fich doch nach der Ruhe wieder her. ° Nachdem der Teller die Nacht über bei 5° C. ge- ftanden, fammel- ten fich nun die Schwärmerin den- dritifchen Bahnen, mit mehrfacher . Veräftelung. Die N Hauptaxe warnach > dem Lichte orien- | tirt und ftrahlte von der dichteren Randfchicht aus. Bei diefer An- ordnung ift be- merkenswerth, daß die oberen N jüngeren Aefte un- #: ter fpitzem, die un- F ıG. 263. - Tachygonium (?) fpec. A. B. Anordnung der Schwärmzellen in Tupfen teren unter nahezu und baumartig verzweigten Streifen in einem mit Wafler gefüllten Teller. D. zur \ Ruhe gelangte Zellen, die fich durch Theilung vermehren und eine Gruppe von 4 Zellen rechtem Winkel ohne, eine andere mit Gallerthülle. (Näceuı, Beiträge zur wiffenfchaftlichen Botanik, von der Hauptaxe 2. Heft.) divergiren. Die Anordnung der Zweige war indef3 fteten Veränderungen während des Tages unterworfen. J. Sachs hat in neuerer Zeit diefe Figuren zum Gegenftand einer ein- r 266 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. gehenden Unterfuchung gemacht. Er zeigt, daß diefe auffällige Vertheilung nachgeahmt werden kann, wenn man eine Emulfion von gefärbtem Oel in Alkohol in flache Tellergefäße gießt. Er theilt die entftehenden Figu- ren ein in concentrifche und polarifirte; in erfteren kann der Teller nach allen Richtungen in zwei fymmetrifche Hälften zerlegt werden, bei den letz- teren gibt es nur eine folche Ebene, welche mit der Richtung der Stel- lung zufammenfällt (f. Fig. 264 ABC). FıG. 264. Nach Sacus, in Flora 1876, Nr. 16. Emulfionsfiguren. A B C Symmetrifche (polarifirte) Vertheilung. D E Concentrifche Vertheilung. - Die concentrifchen Figuren entftehen, wenn die Zuftrahlung nach allen Richtungen vom Centrum aus gleich ift. Einfeitige Erwärmung, eine ge- ringe T&mperaturdifferenz zwifchen den mit —, —+ bezeichneten Seiten, Fig. 264 ABC, bewirken die Bildung fymmetrifcher Figuren. Die mit — bezeichnete Seite ift die kältere, die mit + die wärmere Seite. An der erfteren bildet fich eine Randlinie von gefärbtem Oel a ß, an letzterer nicht. Die Figuren werden erhalten, indem man den einen Tellerrand erwärmt, den andern erkältet mit Hilfe verfchieden warmer waffergefüllter Blechgefäße, Eifenftücke u. f. f. Auch die Strahlung von Fenftern, Oefen bewirkt diefelbe Anordnung, fo daß es fchwer hält und nur in großen Räumen möglich wird, die concentrifchen Figuren zu er- halten. Bei der Entftehung der concentrifchen Figuren, Fig. D und E, find drei Urfachen entfprechender Strömungen denkbar: erftens werden durch das Eingießßen der Flüffigkeit in den Teller unregelmäßige Strömungen ein- Vererbliche Habituszüge durch Anpaffung der Organe. 267 geleitet, welche an den Rändern anprallend, endlich in ftehende Wellen übergehen, welche vom Centrum zum Umfang fich hin und her bewegen. An der Oberfläche bewirkt die Verdunftung der Flüfligkeit Abkühlung der . oberften Schichte, welche finkt, während wärmere Schichten von unten auf- fteigen; fo entftehen zahlreiche verticale Rotationen, welche in der Bildung von Tupfen und Netzen zum Ausdruck kommen. In der Mitte des Tellers wird ein auffteigender, an dem Umfang ein abfteigender Strom herrfchen oder umgekehrt. Hat die Flüfligkeit nicht ganz genau die Temperatur der Umgebung, fo wird vom Tellerumfang oder vom Boden aus eine Erwärmung oder Ab- kühlung beginnen, fo daß auch dadurch Ströme entftehen, welche ebenfalls in radialer Richtung oder concentrifch mit dem Umfange wirken können. «Aehnlich, wie bei der Entftehung der Klangfiguren, theilt fich die Flüffigkeitsfchicht in mehrere Partieen, in deren jeder eine verticale auf- und abfteigende Bewegung ftattfindet; an den Grenzen je zweier Par- tieen treffen oben und unten entgegengefetzte Bewegungen auf einander, um dann gleichlaufend neben einander auf- oder ab- zufteigen; an folchen Stellen werden die Oeltröpfen fich fam- meln und je nachdem diefelben leichter oder fchwerer als die Flüffigkeit find, werden fie endlich auf der Oberfläche oder am Grund zur Ruhe kommen. Es ift leicht erfichtlich, daß bei diefen Vor- gängen fehr unbedeutende und unmerkliche Einflüffe beftimmend auf die Form der Figur einwirken können.» (Sachs, Flora a. a. ©.) Die -polarifirten Figuren entftehen nur, wenn an zwei entgegenge- - fetzten Punkten des Tellerrandes Maxima der Abkühlung oder Erwärmung liegen. Die mit — bezeichneten Punkte in Fig. 264 ABC find diefe Stel- len ftärkfter Abkühlung, oder doch fchwächfter Erwärmung, die mit + be- zeichnen die Orte ftärkfter Erwärmung. Von -+ nach — hin nimmt die Differenz ftetig ab; in der rechten und linken Hälfte find diefe Orte fym- metrifch vertheilt. Unmittelbar nachdem die Flüfigkeit in den Teller gegoflen ift, machen fich, wie vorher, die Tupfen und Netze der concentrifchen Figuren geltend; ift aber die Temperaturdifferenz der beiden Wärme-Pole des Tellers hin- reichend groß, fo entfteht eine Hauptftrömung, welche endlich die andern überwiegt. So verfchwinden die Tupfen und Netze und es entfteht eine Randlinie und die polarifirte Figur. An allen rechts und links liegenden Punkten zwifchen 4 und — werden ebenfalls Strömungen entftehen, welche von der Richtung -+ — divergiren und von rechts und links herkommend in der Hauptrichtung auf einander treffen. Herrfcht bei +, Fig. 264, höhere, bei — niedere Temperatur, fo wird die bei + erwärmte Flüfligkeit am Rande emporfteigen, in Richtung 268 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. nach — hinüberfließen, dort abwärts finken und am Boden des Tellers wieder zurück nach + gehen. «Diefe rotirende Strömung ift deutlich zu fehen, wenn der Teller bei A auf einem fehr warmen Körper (von etwa 60° C.) fteht; in diefem Fall ift die Strömung fehr rafch und man fieht die Oeltropfen fehr deutlich an der Oberfläche von + nach —, am Grunde von — nach -+ hinfchwimmen, bei + auffteigen, bei — abfteigen. Wie von + aus wird aber auch von jenem Punkte des Umfangs aus links und rechts eine ähnliche Strömung nach dem Punkt — hin ftattfinden; die fächerartige, nach B hin zugefpitzte Figur ift der Ausdruck diefer von rechts und links herkommenden Seitenftröme, welche hier fchief auf einander treffen und, indem fie an Stoßkraft verlieren, hier die leichteren Oeltropfen zur Ruhe kommen Jlaffen; ift aber das Oel fchwerer als die Flüfligkeit, fo finkt es an diefen Stellen hinab, wird am Grunde der Flüfligkeit mit den zurückkehrenden Strömen zurückgeführt, um dort liegen zu bleiben, wo diefe wieder am Rande emporfteigen. Es leuchtet ein, daß eine der vorigen ähnliche Figur am Grunde entftehen muß, deren Spitze aber dem wärmeren Pole des Tellers zugekehrt ift.» Die Randlinie bildet fich an dem kälteren Tellerrand und bleibt felbft nachdem die Figur verfchwunden ift als Anhäufung aller Tropfen, nachdem alle Bewegung erlofchen ift. Sie liegt am Grunde und zwar am wärmeren Rand, meift jedoch nicht als fchmale Linie, fondern als breite Wolke, wenn das Oel fchwerer ift. «Die rotirende Bewegung der Flüffigkeit bringt da- gegen alle Oeltropfen, wenn fie leichter find, an den kälteren Rand; weil hier die Flüffigkeit abwärts biegt, die Tropfen aber eine Tendenz nach oben haben, bleiben fie endlich alle hier an der Oberfläche liegen. Haben . die Tropfen dagegen eine fchwache Tendenz nach unten, d.h. ift ihr fpeci- fifches Gewicht größer als das der Flüffigkeit, fo werden fie fchließlich alle da liegen bleiben, wo die letztere immer wieder emporfteigt, d. h. am Grund der wärmften Stelle des Tellers». 9. Wirkung einseitiger Bestrahlung!). Nur im Experiment können an höheren Pflanzen auffällige Form- änderungen durch einfeitige Beleuchtung hervorgerufen werden, wie die durch Fig. 265 veranfchaulichte. Eine Sonnenrofe wurde im Dunkelraume fo aufgeftellt, daß fie nur durch einen 4 cm breiten Spalt diffufes Tageslicht erhielt, während der Zeit, in welcher fie ihre Blüthen entwickelte. Der dem Lichte zugekehrte Rand ift mächtig gefördert, gegenüber dem verfchatteten. !) Ueber die einfeitige Befchleunigung des Aufblühens einiger kätzchenartigen In- florescenzen durch die Einwirkung des Lichtes. Von Dr. A. B. Frank. — CoHn, Beitr. Heft 3. S. 5ı. Breslau 1875. J. U. Kern’s Verlag. Vererbliche Habituszüge durch Anpafflung der Organe. 269 ‚Auch an den männlichen Kätzchen von Salix Caprea findet man eine _ einfeitige Förderung an der beftrahlten Außenfeite, und in auffälliger Weife an der Außenfeite der Zapfen bei der Pinus montana, uncinata. Fıc. 265. Eine Sonnenrofe mit gradweife gefchwächten Randblüthen. Die erfte Figur in der Einfallsebene des Lichtes der obere Pfeil, die zweite von der Scheibenfläche. 10. Wirkung des Lichtes auf die Zelltheilung. Famintzm!) kommt in einer Reihe von Unterfuchungen an niederen Pflanzen, Algen zu diefen Refultaten: a) Die Zelltheilung geht im Lichte, fowie im Dunkeln vor fich, fie wird nicht durch”das Licht aufgehalten. - b) Die Bildung der Stärke, welche als Affimilationsprodukt in den beleuchteten Zellen auftritt, wird fofort fiftirt, fowie die Beleuchtung aufhört. c) Erlifcht die Zellbildung bei anhaltender Verdunkelung in Folge davon, dafd der Verbrauch der Affimilationsprodukte, insbefondere der Stärke nicht durch Neubildung gedeckt wurde, fo tritt bei erneuter Beleuchtung die Stärkebildung faft inftantan, die Zellbildung aber erft nach einiger Zeit ein. d) Die Zellbildung wird nur von den minderbrechbaren Strahlen be- einflußt. | Die Angaben Fammrzın’s haben ein gewifles Interefle, weil hier ge- nauere Zählungen vorliegen. 1° Aus 100 Spirogyrenzellen in einem Faden enftanden im vollen Lampenlicht, im Zeitraum von 7 Tagen, 7730 Zellen. Wurden diefelben 100 Zellen ı2 Stunden beleuchtet, ı2 Stunden verdunkelt, fo entftanden nur 4762 Zellen. Ebenfo 8 Stunden beleuchtet, 16 Stunden verdunkelt 2810. 2° Im fchwachen Lampenlicht wurden von 100 Zellen, im Faden bei Sftündiger Beleuchtung und ı6ftündiger Verdunkelung, in 7 Tagen 327 Zellen gebildet. 1) Die Wirkung des Lichtes auf die Zelltheilung der Spirogyra. Melanges phys. et chim. Bulletin de Facad. imp. des sciences de St.-Petersbourg. T. VII. Sep.-Abdr. 1868. 270 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. 3° Im diffufen Tageslicht wurden in 7 Tagen bei klarem Wetter, 8 Stunden beleuchtet, 16 Stunden verdunkelt, 1194 Zellen gebildet. 4° Im Dunkeln wurden Stärke-erfüllte Spirogyrafäden beobachtet, fie ergaben in 14 Tagen 177 Zellen, in ähnlichen Verfuchen 216, 164, 137, 114. Es ftellte fich im Verlauf der Verfuche heraus, daß die Zellvermehrung und die Stärkebildung einer Periode unterliegen. Die erftere beginnt fchon nach 30 Minuten nach der Beleuchtung, die letztere erft nach wenigen Stunden. Es folgt hieraus, daß nach der Erfchöpfung des Stärkevorrathes der Zellen während der Nacht durch Athmung und Theilung, die Stärke- bildung am Tage zuerft beginnt, einen gewiffen Vorfprung erreicht, ehe die Zelltheilung nachfolgt. Die Verfuche in gelbem und blauem Lichte verdienen vielleicht eine Revifion. F. wandte Löfungen von faurem, chrom- faurem Kali und von Kupferoxyd in Ammoniak an. $ 27. Formverhältnisse, welche complexen Einwirkungen aus der Bestrahlung und gegenseitigen Lage der Organe entspringen. Ein Hauptzug in dem Auszweigungsfyftem der Pflanzen, welche eine Hauptaxe in die Lothrichtung orientiren, fo namentlich der Bäume, befteht ° in der Veränderlichkeit des Winkels zwifchen dem Haupttrieb und dem Seiten- trieb. Da die letzteren mit dem Haupttrieb um Licht und Raum concurriren, durch den größeren Vorfprung der erfteren aber in der Zeit benachtheiligt find, fo findet man allgemein, daf der Winkel zwifchen beiden Richtungen von der Spitze nach der Bafıs wächft, Fig. 266. Zur Gravitation und zum Lichte verhalten fich daher folche Zweige auch an den wachfenden Spitzen wefentlich abweichend, wie fonftige faft- reiche einjährige Pflanzen: fie krümmen fich draußen weder im Sinne der geotropifchen, noch heliotropifchen Pflanzen. Der Vortheil, welchen die unteren Aefte in p, Fig. 266, erreichen, wenn fie fich dem Horizont nähern, ift leicht erfichtlich, fie erreichen rafcher die äußere Schale der Krone, und damit einen größeren Lichtgenuß. 1. Heliotropische und geotropische Pflanzentheile. Die Richtung der kriechenden Pflanzen wird durch die Angewöhnung an das Licht und die Gravitation beeinflußt. Solche Pflanzen können, ne- gativ-heliotropifch, fich der Unterlage anpreflen, während . gleichwohl der Formverhältniffe. 271 negative Geotropismus ihnen fonft als Charakterzug zukommt, z. B. Polygo- num aviculare. Y N Ile / v2 9, —ogl w ı [ [74 2 a? a’ Fıc. 266. Fraxinus excelfior 5—6 Meter hoch. Silhouette. Populus laurifolia, Silhouette. Man beachte die Das Syftem zeigt, daß® der Winkel der Aefte von der Winkel der Aefte der ı. Ordnung. Das Syftem ver- Spitze nach der Bafıs veränderlich it @ p' u.f.f. Die anfchaulicht: In dem Afte g@ ift der Haupttrieb in o äußeren Zweige der 3. Ordnung find die herrfchenden eingegangen, der Aft der 3. Ordnung erfetzt die Haupt- mit Ausnahme der endftändigen. richtung. Die Aefte der 3. Ordnung a’ a“, welche nach außen und unten gehen, überwiegen die nach | oben gerichteten. Nicht heliotropifch, aber pofitiv-geotropifch find die Ausläufer der Fragarien. Negativ -geotropifch find die Convallarien, C. multiflora und latifolia. Geotropifch find die Coniferenzweige, welche draußen horizontal ftanden, beugen fich im Experiment fenkrecht, die Spitze nach unten auf- geftellt, fo lange bis das Zuwachsftück horizontal fteht. Wie fchon oben gezeigt, $. 251, erweifen fich die Laubblätter, welche ihre Spreite horizontal ftellen, allein von dem Einfluß der Gravitation ab- hängig. Die jungen Marchantieentriebe find negativ-geotropifch. In älteren aber überwiegt der (Transversal-)Heliotropismus, fie ftellen fich daher nor- mal zum einfallenden Lichtftrahl. FRANK will für. die hier zu betrachtenden Phänomene zwei ver- 272 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. fchiedene Bewegungen unterfchieden wiffen: den Longitudinal-Heliotropis- mus und -Geotropismus für alle cylindrifchen Gebilde, Stengel, Wurzeln, Blattftiele u. f. f. und den Transverfal-Heliotropismus und -Geotropismus für die Blattfpreiten und flachen Lager'). 2. Lage der Hauptaxe zum Loth. Ein geradwüchfiger Stamm unferer Waldbäume kann durch die Be- dingungen feines Wohnortes oder durch Zufall in diefe vier Lagen gerathen. Er fteht im Loth an der Böfchung a, b, B, er fteht vertial in der Ebene gleichmä- Nig nach allen Richtungen ver- fchattet oder . gleichmäßig eben- fo beleuchtet, A. Er fteht in der Ebene geneigt, C. Endlich kann er ein Randbaum fein in einer diefer \ Lagen. kr a Es kommt Ri durch diefe Lagen eine complexe Be- wegung in der Entfaltung und dem Dickenwachsthum zu Stande, welche fich zuletzt felbft in der anatomifchen Structur der Zweige und Aefte verräth. Bei hängenden Aeften, fo bei den Aeften der fogenannten Trauer- bäume Eiche, Efche, Buche u. f. f., Fig. 268, geräth der Zweig der Außen- feite in den Schatten der Zweige der Innenfeite. Die Folge davon ift, daf er zurückbleibt, rafcher eingeht wie der letztere. In diefer Hinficht verhält fich alfo der Trauerbaum gerade umgekehrt wie der Baum, welcher feine Aefte aufrecht trägt (vergl. die beiden Fig. 268). Ein jeder Aft befindet fich alfo gegenüber dem Schaft, Fig. 268 A, in der Lage B C, Fig. 267, infofern fich eine Licht- und eine Schatten- feite ausbildet. Fıc. 267. ') Frank, Natürliche wagrechte Richtung von Pflanzentheilen. Leipzig. H. Weiß- bach. 1870. Formverhältniffe. 273 Aftquerfchnitte zeigen nun Fig. 269, bezogen auf die Markröhre M, als ideale Axe die Holzmafle verfchieden vertheilt; A, die größere Mafe liegt unten (Hyponaftie). B, die größere Maffe liegt oben (Epinaftie). Esche ‚Hängeesche Fıc. 268. C, fie liegt links. D, fie liegt rechts. Diefe Vertheilung ift Folge davon, daß eine größere Anzahl von Zweigen höherer. Ordnung in dem gegebenen- Aft an der Seite eingefügt ift, an welchen die größere Maffe angehäuft ıft. 1° An einem’ Baume, z. B. bei der Fichte, herrfcht immer die Hypo- naftie an der Aftwurzel, Fig. 270. Diefe Anordnung kann als Folge des Umftandes angefehen werden, daß alle Fafern, welche aus dem Schaft A in den Aft eintreten, von unten kommen. Die Fafern, welche oberhalb der Markröhre in den Aft eintreten, umwandern den ganzen Aftquerfchnitt. Der Fafernverlauf vom Stamm nach dem Aft ift kürzer für die untere Seite, wie für die obere (f. | 32 E weiter Eu BESEN br REN: 207 FıG. 269. Querfchnitte von Buchenäften ın ihrer Lage zum Horizont H. M das Mark. H 2° An einem und demfelben Baum kommen alle, in Fig. 269 darge- ftellten Verhältniffe der Holzvertheilung vor. Wir betrachten, um dieß zu er- klären, zunächft den Baum unter den Bedingungen, unter welchen er fich nach allen Richtungen gleichmäßig entfalten kann. Er ftehe nach allen Himmelsrich- tungen frei und in der Ebene, vergl. Fig. 267. Die Krone fowie das Wurzel- fyftem find alsdann nach allen Richtungen gleich ftark entwickelt. Steht N. J. C. Mürter, Handbuch I. 1. - 18 274 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. er aber an einer Böfchung, fo bewirkt diefe eine einfeitige Förderung der Krone. Dasfelbe, wenn fchon in anderer Weife, tritt ein, wenn durch Zu- fall der Schaft in eine geneigte Lage geräth. Die Discuffion diefer drei | | 9 5 ae, Ba — \ en c ce A' Fıc. 270. ıoojährige Fichte in fchematifcher Darftellung der Vertheilung des Holzes in Stamm und Aeften. A 4 Axe des Stammes. al a? a3... die aufeinanderfolgenden Aefte faft fämmtlich hyponaftifch. Die Längendimenfionen I/ıoo nat. Gr. c c Stammumfang als aufgewickelter Kegel 1/ao nat. Gr. Aftdurchmefler 1/2 nat. Gr. Lagen des Schaftes: die lothrechte in der Ebene, die lothrechte an der Böfchung und die geneigte in der Ebene führt uns, wie zu zeigen ift, zur Erklärung derjenigen un- gleichen Vertheilung des Holzes an den Aeften, welche feit C. W. SCHIMPER mit «Epinaftie und Hypo- naftiew bezeichnet wurde. Wenn in der lothrechten Lage des Schaftes in der Ebene die Ent- wickelung der Zweige nach allen Richtungen gleich, nicht etwa ein- feitig durch die Nachbarn gehindert ift, wenn der Boden in dem Wir- kungsareal der Wurzel nach allen Richtungen homogen ift, fo kann das Areal des Wurzelfyftems im günftigften Fall als eine Halbkugel, deren Aequatorialebene mit der Ebene der Bodenoberfläche zufam- ‚menfällt, oder allgemein als ein Rotationskörper angefehen werden, deffen Kreisfläche mit der Boden- fläche zufammenfällt. Der Stamm- querfchnitt ift in diefem Falle kreis- rund und iforadiär. Bei der: loth- rechten Lage an der Böfchung a b, Fig. 267, wird die Krone nach der Abhangsfeite « gefördert, nach der Böfchung zu beeinträchtigt. Der Stamm vertheilt feine Holzmaffe fo, dafs in der Richtung b eine größere Maffe angelegt wird, wie in der Rich- tung a; wir rechnen hier von der Markröhre ab, Fig.267 A‘. Der Fall B fordert aber zu einer noch eingehenderen Discuffion heraus. Nennen wir den Stamm B, wiewohl er fenkrecht fteht, hyponaftifch, weil fein Querfchnitt, Fig. 267 4‘, den größten Durchmefler in der Richtung des fteilften Anftieges Formverhältnifle. 275 der Böfchung a 5 orientirt zeigt, fo lautet die Erklärung dafür: Wenn die Produktion in der Krone wegen einfeitiger Beftrahlung und fomit einfeitiger Förderung der Blattmaffe auf der betreffenden ‘ Seite ftärker wird, fo tritt auf derfelben Seite des Schaftes eine ftärkere Ablagerung des Holzes ein. Es kommt hiebei offenbar die Leitungsgefchwindigkeit nach den drei Richtungen im Stamm in Betracht. Diefe ift am größten in der Längs- richtung, eine mittlere in der radialen und eine kleinfte in der tangen- tialen Richtung. Somit beruht die Bildung excentrifcher Stämme in Folge einfeitiger Ausbildung der Krone auf zwei Urfachen: auf der einfeitigen Beftrahlung und der größten Leitungsgefchwindigkeit in der Längsrichtung. Beachten wir nun, daß für den Verbrauch von plaftifchem Material während der Zuwachsperiode an einem beliebigen Punkte in der Fläche des Schaftes die beiden Zweigfyfteme « ß und a‘ ß‘, Fig. 267, das der Blatt- region und das der Wurzel, als zwei in Bezug auf die Ablagerung unter fich gleichwerthige Refervoire angefehen werden müffen, von welchen das Ma- terial nach dem Orte des Verbrauches hinftrömt, fo fehen wir für die ver- fchiedenen Richtungen des Stammquerfchnittes gleichmäßigen Zufluß in der Längsrichtung für den Fall A, weil « ß und a‘ ß‘ iforadiär find. In der Böfchung a b aber wird, da die pofitiv-geotropifchen Wurzeln höchftens in horizontaler Richtung wachfen, der Rotationskörper «’ ß' um den Ab- fchnitt a a’ c verkleinert und auf a’ c b’ reducirt. Von der Axe CB ab- gerechnet, kommt fomit die Seite, welche in der Krone ß a gefördert ift, im Wurzelfyftem um den Abfchnitt b“ c b’ zu kurz, hierauf wird es be- ruhen, daß die Excentricität des Stammes in der Wirklichkeit nicht fo auf- fällig ift, wie man aus der einfeitigen Förderung der Krone erwarten follte. Der Fall C endlich bildet den Uebergang zu der Lage, in welcher fich die Aefte befinden. Da im Allgemeinen die intenfivfte Beleuchtung in zur Erdoberfläche normaler Richtung ftattfindet, fo befitzt der Baum C eine Licht- ß-und eine Schattenfeite « und er bildet nach ß ftärker belaubte Aefte, welche demgemäß auch den Schaft nach der ß-Seite mehr verdicken helfen. Als Urfachen gleichzeitig vorkommender Epi- und Hyponaftie können wir diefe heranziehen: a) die Veränderlichkeit des Winkels zwifchen dem domi- nirenden Afte und dem Schafte. Dieß läßt fich an jedem Baume in dem Sinne conftatiren, wie wir es in der Silhouette, Fig. 266, wahrnehmen, d. h. der dominirende Aft geht mit der Zeit von @ nach £° u. f. f. über. Dief entfpricht aber dem Uebergang von A nach C, Fig. 267, und kann kurz ausgefprochen werden: Mit der Zeit geht jeder Aft der erften Ordnung aus einer Lage, in welcher er von allen Seiten gleiche 18° 276 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. Beftrahlung erhält, in eine Lage über, wo er eine Licht- (Ober-) und eine Schatten-(Unter-)Seite befitzt; b) das Vorherrfchen der oberen oder unteren Aefte der nächft höheren Ordnung ift das Verhältniß, welches demgemäß zunächft herangezogen werden muß. Muftern wir die Silhouette, Fig. 268, der Aft reinigt fich innen rafcher wie außen, bei der Hängeefche ift es umgekehrt. Bei der erfteren wird A A‘ hyponaftifch, bei der Hängeefche wird 4 4° epinaftifch. Wir haben fomit hier gezeigt, dafs die ungleiche Vertheilung auf eine und diefelbe Urfache zurückgeführt werden kann. Nennen wir, da wie oben erwiefen, von den feitlichen Aeften abzu- fehen ift, diejenigen Aefte, deren Infertionsebene (die Ebene zwifchen dem tragenden Afte und dem Zweig der nächft-höheren Ordnung) mit dem Lothe zufammenfällt, «Aefte im Hauptfchnitt», fo können wir fagen: ı° in dem Kampf der Baumkrone um das Lichtareal ift der Unter- fchied in der Wahrfcheinlichkeit des Sieges (man beachte die fchematifche Figur des Hauptfchnitts für die natürliche Reinigung der Buche) am größten für die Aefte im Hauptfchnitte; 2° da der Schattengrad von unten nach oben langfamer finkt wie von innen nach außen, und da die dominirenden Aefte die horizontale Lage nicht völlig erreichen, fo wird in den unteren Theilen der Krone der mor- phologifch äußere (untere), in den oberen Theilen aber der morphologifch innere (obere) Aft herrfchend; 3° daher herrfcht in der unteren Region Hyponaftie, in der oberen die Epinaftie vor. Man könnte hier leicht einwenden, daß diefe Erklärung wohl für die decuffirten Blattftellungen, nicht aber für die cyklifchen, nament- lich nicht für die Buche Geltung haben kann. Diefer Einwurf würde zur Geltung kommen, wenn die Bäume, deren feitliche Divergenz !/s ift, geo- metrifch abfolut ftreng aus der Knofpenlage herauswüchfen. Für folche gäbe es allerdings nur einen Hauptfchnitt, die Ebene nämlich, welche den Stamm und die Aefte der erften Ordnung aufnimmt. Es if aber leicht einzufehen, daß die Gefetzmäßigkeiten, welche in der Anlegung herrfchten, bei der entwickelten Krone in Folge der natürlichen Reinigung verwifcht find. | c) Der Trockenaft und der unterdrückte Aft der unteren Stamm- region beeinfluffen die Vertheilung des Holzes bei der Hainbuche. Sucht man hier die Einfügungsftelle, fo findet man auch die tragende Axe zum Theil corrodirt, durch die Gummofis, welche hie und da die Zellwandungen auflöft. Von dem gefunden Cambium. des tragenden Aftes aus wird eine callofe, ringförmig die Bafıs des Trockenaftes umfaffende Holzmaffe gebildet, welche den vermorfchten Aft abfchnürt. Formverhältniffe. 277 Man kann daher aus der Art und Weife der natürlichen Reinigung die Schafthölzer in afthaltige (Fichte, Tanne, Kiefer) und aftreine eintheilen (Buche, Eiche, Pappel, Weide). Damit foll nicht gefagt fein, daß in den Fıc. 272. Polygala Senega. Querfchnitt des FıG. 271. Ariftolochia Serpentaria. Querfchnitt des Holzkörpers. r Markftrahl,‘x Holzkörper- Holzkörpers. x Markftrahl, r Holzkörper. mittelpunkt, v, r Rinde. letzteren überhaupt keine Aefte eingewallt werden. Bei der Fichte aber ift es Regel, daß die Holzconvolute des tragenden Stammes über den unter- drückten oder trockenen Aft Jahrzehnte lang vorgefchoben werden, während ‘bei den Laubhölzern früher Bruch der Trockenzweige höherer Ordnung und mufchelförmiges Ausbrechen der mittleren Trockenäfte Regel, das Ueberwachfen und Einwallen auf viele Centimeter weite Strecken die Aus- nahme bilden. d) Das Verhältniß des ausdauernden Zweigfyftems zu dem alljährlich-hinfälligen bewirkt Hyponaftie bei einigen Rhizomgewächfen mit horizontal im Boden wachfendem Stamme. Am lehrreichften ift das Rhizom von Afarum europ&um und Ariftolochia Serpentaria. | Die Hyponaftie beruht hier darauf, daß, bezogen auf das horizontal 278 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. wachfende Rhizom, die Refervoire für die plaftifchen Nährkörper alle auf der Unterfeite liegen: es find die Wurzeln. Da die Blätter- und Blüthen- zweige einjährig find, fo kommen fie zur Zeit des Zuwachfes im Holzkörper des Stammes (im Beginn der Vegetationsperiode) gar nicht in Betracht. Der periodifche Zuwachs, welcher fich im Holzkörper in concentrifchen Ringen ifolirter Holzelemente, Fig. 271, kenntlich macht, ift auf der Ober- feite faft unterblieben. Auf der Anordnung der im Hauptfchnitt belegenen Aefte beruht es, dafd die der Anlage nach völlig gleichen Blätter der Decuffirten (Ahorn, Efche, Roßkaftanie) fo außerordentlich ungleiche Größen erreichen. Bei der Rofßkaftanie und dem Ahorn wirkt dieß in auffälligfter Weife auf die Maffenvertheilung in denjenigen Zweigen nächfter Ordnung zurück, welche ebenfalls im Hauptdurchfchnitt liegen. Ein 2 m langer horizontal ftehender Ahornaft aus dem unteren Theile der Krone wurde unterfucht, um eine Vorftellung von der Vertheilung der Holzmafle zu erhalten. Es wurden die Zweige derjenigen Wirtel gemeffen (nachdem ihre Neigung zum Lothe beftimmt war), welche im Hauptdurch- fchnitt liegen. Derjenige Zweig, welcher nach abwärts gerichtet ift, erhält das pofitive, der aufwärts gerichtete das negative Vorzeichen. In der nach- folgenden Tabelle ift die Länge des Zweiges, die Entfernung von der Bafıs des tragenden Aftes, die Neigung zum Lothe und zum Theil das Gewicht verzeichnet. Die aufeinander folgenden Wirtel find mit Buchftaben belegt. Nei gung Länge Entfernung Zweig. L h in in zum Loth. | Centimetern. | Centimetern. 1 120° 20 2 23 65° 26 3 —bı 120° 15 ba 650 25 —ca 120° 21 c2 65 0 36 55 a. 1300 "80 de 70° 113 70 eG a | 2,5 100 E u 45 u; 170 £ 4,8 IIO 5 45° 5,5 —g1 140° 17 vo 82 45° 40 Die Gewichte der beiden ftärkften Zweige find: 80,349 g für den abwärts gerichteten de, und 50,899 für den aufwärts gerichteten d, fomit ein Unterfchied von 29,460 g für zwei der Anlage nach gleichwerthige Formverhältniffe. 279 Knofpen. Bei den decuflirten, namentlich bei der Roßkaftanie, ift diefer Unterfchied jedenfalls nicht von der Neigung zum Lothe direct abhängig in der Weife, daß die Gravitation den Gröfsen- und Maffenunterfchied be- wirkt, fondern die Beftrahlung wird für die mit dem Lothe wachfenden Blätter größer, fo daß die Verhältniß ganz unter den Gefichtspunkt fällt, welchen wir bei Betrachtung der Fig. 268 a‘ a‘ S. 273 entwickelt haben. Der Satz «ein jedes Stofftheilchen, welches in der Pflanze einkehrt, unterliegt in allen feinen Bahnen gleichzeitig dem Ein- fluß der Gravitation», wird fomit aus den Verfuchen S. 231 ff. und Beobachtungen S. 239 ff. dahin ausgefprochen werden müffen: Ein jedes Stofftheilchen, welches gegen die Gravitation in die Pflanze hereingezogen wird, unterliegt in allen feinen Bahnen der Schwere, die Verfchiebung, welche diefe Componente be- wirkt, ift aber verfchwindend klein gegenüber derjenigen, welche durch die in dem vorhandenen Syftem herrfchenden Anziehungs- _ kräfte bewirkt wird. Die Wirkung einfeitiger Förderung der Krone zeigt fich endlich am deutlichften in der Ausbildung der Callusmaffen, welche fich an geringelten Bäumen an dem oberen Wundrande bilden. Man erkennt an folchen ge- ringelten Aspen-, Buchen- und Eichenftämmen, welche drei Jahre vor der Abmufterung etwa handbreit geringelt würden, dafs die Callusmaffe nach Süden am ftärkften entwickelt ift. Sie ift über die Wunde vorgefchritten Re Noidee un. 2.42... 157: ui mm, ee se 2 » SAN ea SEELE teen Saint 1 EE Wera tr af Siehe 15 Dr Viele hier einfchlägige Phänomene laffen fich unter demfelben Ge- fichtspunkte erklären, welcher in dem Vorftehenden dargelegt ift. So find alle Spalierobftbäume, in welchen das Syftem von ?/s, °/s u. f. f. durch künftlichen Eingriff auf die Stellung der Zweige nach '/s gezwungen ift und die durch Anpreffen an eine fefte Wand einfeitiger Beftrahlung ausge- fetzt find, in der Richtung des Strahles abgeplattet. Alle Kiefernwurzeln, gleichgültig wie ihre Lage zum Lothe, find im Querfchnitte elliptifch und ftets liegt das Mark excentrifch. Der große Durchmeffer aller Ellipfen fällt aber in die Ebene der Infertion der nach !/e geftellten Seitenwurzeln. Das Mark liegt je nach der Stellung des nächften ' Wurzelzweiges fowohl nach außen wie nach innen verfchoben (innen ent- fpricht der Richtung nach dem Querfchnitte der Hauptwurzel). Nach diefen Betrachtungen muß in einem und demfelben Baume im unteren Theile der Krone die Hyponaftie häufiger fein, weil mehr Aefte 280 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. auf der unteren Seite des tragenden Aftes herrfchend werden. In der mittleren Region muß fich das Verhältniß gleich bleibet. In der oberen aber muß) die Epinaftie vorherrfchen. In den drei Regionen der Buchen-Krone 8 bis ı5 m, 15 bis 20m, 20 bis 23 m, fand ich: I. Region 36 °/o epinaftifche, 60 °/o hyponaftifche, 4 °o iforadiäre. 2. Region 36 °/o epinaftifche, 39 °/o hyponaftifche, 24 °/o iforadiäre. 3. Region 64 °/o epinaftifche, 28 °/o hyponaftifche, 7°o iforadiäre. Damit ift das Phänomen entfprechend den Vorausfetzungen auch im complicirteften Fall auf die äußeren Einflüffe der Lage und a zurückgeführt. An dem Rhizom der Polygala Senega, Fig. 272, ift der Holzkörper nur nach einer Seite typifch ausgebildet, nach der andern Seite nicht. Diefer Querfchnitt muß eine Schraubenlinie befchreiben um eine in x fenkrechte Axe, alsdann wird ein Körper befchrieben, in welchem die normale Holz- feite bald nach oben bald nach unten bald nach der Seite des horizontal liegenden Rhizomes hinweitt. In ähnlichem Sinne, aber mit deutlicher, wennfchon mit rudimentärer Ausbildung des Holzkörpers nach der oberen Seite des horizontalen Rhizomes wird bei der Ariftolochia Serpentaria, Fig. 271, die Zuwachsmaffe vorzugs- weife nach unten abgefchieden, weil, wie fchon oben angedeutet, nach diefer Seite das größere und perennirende Refervoir der affımilirten Nähr- körper liegt, nämlich die Wurzeln. Die Erklärung diefer Erfcheinung fällt fomit unter den in d entwickelten Gefichtspunkt. s 28. Periodische Bewegungserscheinungen. Allgemeine Betrachtung der Perioden!). Wir rechnen hieher: ı° die Bewegungen der Blätter und Fiederblätter der Trifolium, Oxalis, Stellaria (Keimblätter), Mimofa pudica (und vieler Akazien), des Desmodium gyrans, der Dionn&a und Drofera; !) Dan. MÜLLER, Ueber die Reizbarkeit der Genitalien bei einigen Compofiten. 789. Bot. Ztg. 53. — Dr. J. Sachs, Ueber das Bewegungsorgan und die periodifchen Bewe- u. Periodifche Bewegungserfcheinungen. 281 = 2° das Oeffnen und Schließen der Blüthen: Convolvulaceen, Gentianeen, Compofiten und zahlreiche andere. Hiebei ift zu beachten, daß die betreffenden Organe ausgewachfen find, eine Spannungsänderung durch Wachsthumsvorgänge alfo ausgefchloffen ift. Als Urfachen der Lageänderungen, wie wir fie an den genannten Pflanzentheilen beobachten, werden wir anfehen: Fıc. 273. Acacia lophanta. Querfchnitt der Blattrippe an der Einfügung zweier Fiederblättchen. a b vergrößerte Parthie der Außenzellen vom Gelenkpolfter. H Gefäfsbündel, C Cambiform, B Baft desfelben. . ‚1° den Wechfel äußerer Zuftände Tag und Nacht, Licht und Dunkel, höhere und niedere Temperatur (allgemein Temperaturwechfel), künft- liche Eingriffe, Druck, Erfchütterung, Berührung, electrifche Schläge, Ver- änderung des Druckes der Atmofphäre, Einwirkung fchädlicher Gafe und Dämpfe (Kohlenfäure, Alkohol, Aetherdampf); 2° innere Zuftandsänderungen werden hervorgerufen durch ungleiche Ernährung, Verdunftung, Athmung in den verfchiedenen hintereinanderbe- legenen Zeitpunkten. Hier wird man beachten müffen, daß, wenn ein äußerer Wechfel, z. B.. in der Beleuchtung oder Temperatur die Reizpflanze fo affıcirt, daß die in ihren Zellen ftrömenden Affimilationsproducte gehäuft oder vermindert werden, die volle Rückwirkung über das ganze Syftem der Pflanze Zeit in Anfpruch nimmt, daß eine Verzögerung in der Wirkung des äußeren Zu- ftandswechfels an der Pflanze eintritt. Auf die innern Zuftandsänderungen wird man leicht aufmerkfam, wenn man eine und diefelbe Pflanze ein Mal bei conftantem Drucke an einem Queckfilbermanometer, das andere Mal (bei fonft gleichen Umftänden) gungen der Blätter von Phafeolus und Oxalis. 793. 809. Bot. Ztg. 57. — W. KasscH, Ueber die Einwirkung verfchiedener Gafe -und des luftverdünnten Raumes auf die Bewe- gungserfcheinungen im Pflanzenreiche. 341. 53. Bot. Ztg. 62. — W. PFEFFER, Ueber Fort- pflanzung des Reizes bei Mimofa pudica. PrınGsH. Jahrb. Bd. IX. S. 309. Hecker’s An- fichten über Reizbewegungen. 289. Bot. Ztg. 75. 282 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. bei finkendem Drucke verdunften läßt. Bei conftantem Drucke find die Waffermengen, welche verdunften, conftant. Sinkt aber während der Ver- dunftung der Druck in dem Manometer bis o und damit die in der Zeit- einheit verdunftende Waffermenge, fo ändert fich der Zuftand der Ver- theilung namentlich dann, wenn die Pflanze in’s Saugen geräth (alfo einen negativen Druck erfährt). Steigert man jetzt plötzlich den Druck auf die anfängliche Größe, fo ift die Verdunftung jetzt anfangs kleiner wie im Beginn des Verfuches. A. Tag- und Nachtperioden'). Sind die Stellungsänderungen von Tag und Nacht abhängig, fo muß die Bewegungsurfache Folge des Licht- oder Temperaturwechfels fein. Mit diefen täglichen Perioden aber coincidiren mehr oder weniger genau die inneren Zuftandsänderungen an der Pflanze. Diefe find: 1° die Gewebefpannung, welche Nachts im Maximum if; 2° die Verdunftung, welche Nachts ihr Minimum erreicht; 3° der größte Waflergehalt der Gewebe in Folge von 2° wird Nachts erreicht. Ueber die Periodicität der Gewebefpannung mögen die Arbeiten MıL- LARDET’s herangezogen werden, um fo mehr, als diefer Forfcher gerade die fehr empfindliche Mimofa pudica als Studienobject gewählt hat. Er ftellte eine Mimofenpflanze unter dem Winkel von 45° geneigt an’s Fenfter auf und führte von einem oberen Internodium einen Seidenfaden nach einem Zeiger, welcher um eine horizontale Axe in einer verticalen Ebene fich bewegt. Mit Hilfe diefes Apparates kann beftimmt werden, wie rafch die geo- tropifche Krümmung erfolgt und fich bei dem Umkehren der Pflanze wieder ausgleicht. Diefe ift nach der Auffaffung MıLLArpET’s direct abhängig von der Größe der Gewebefpannung. Die Gewebefpannung ift des Nachts größer wie am Tage. Das ab- folute Maximum liegt in den Stunden 5—7 Uhr Morgens (Fig. 274), das abfolute Minimum liegt im Zeitraum von ır—2'/a Uhr des Mittags. Außer diefen giebt es noch eine geringere Schwankung mit zwei Maximis, eines am Morgen, eines am Abend, diefe aber befitzen nicht die gefetzmäßige Lage in der Zeit, f. Fig. 274. Die Cotyledonen der Alfineen ändern ihre Lage in dem Sinne, daß fie fich des Nachts mit den morphotifchen Oberfeiten des Blattes aneinander- 1) MILLARDET, Nouv. rech. sur la period. de la tension. Strasbourg, Silbermann 1869. — PFEFFER, Phyfiolog. Unterf. Leipzig. Engelmann. 1873. Period. Bewegungen der Blatt- organe. Ebend. 1875. en X a | = r -Ijonyppur oxy dop au [orpuepgdneg 10p uoyapom oyury wop ur wopowod “Sunuuedg 10p ‚JA Hp rmpıog ap ‘7 S1p Yr aymjqy IL “aauvıum ypru vorpnd vjowmy sup wonpgg z u Sunumedjoggmon 10p Burg "hle "sıyq en Eee d ze Wi — — Dep fe] De e er: g; 5 r. ER 8 5 I 5 | 2) en . a 3 I et ve ef TE: di m vg (7°) N Fi . E = = 3 we &“ 2 a ar 5 Vin HE [er N A m nn TORE, fs, 5 Be = it met ee: De PET — SE a er - ” t “ - Ss a S 5 5 = E ; E s s 284 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. legen, am Tage öffnet fich der Winkel zwifchen den beiden Medianen bis zu 180°, Fig. 275. Die Theilblättchen des Klees, des Phafeolus, Papilionaceen u. a. m., die Oxalisarten ändern ihre Lage periodifch. Sie legen fich mit der mor- photifchen Unterfeite an den Hauptblattftiel des Nachts und erheben das Blatt am Tage. Bei allen diefen gefchieht die Drehung um ein Gelenk im Blattftiel, an welchem ein parenchymatöfes Gelenkpolfter als Muskel- apparat thätig ift. Die complicirtefte Be- wegung, aber auch die lehrreichfte zeigt die Mimofa pudica. Das Blatt ift vom m Hauptblattftiel aus getheilt in 5—7 Seiten- blätter, jedes diefer ift gefiedert. Ver- folgt? man die Bewegung vom letzten Fiederblättchen nach dem Hauptblattftiel: wird die Pflanze im empfindlichen Zu- ftande durch eine leife Berührung am | Fiederblättchen gereizt, fo fchließt fich Fıc. 275. Tag- und Nachtfellung der Coy- yzunächft das erfte Paar von Blättchen, ledonen der Alfineen. Das Licht if die Urfache. indem fich die Spreiten um die Ein- fügungsftelle um 180° drehen. Die Blattfläche wird dabei gegen die Schwere gehoben. Der Reiz pflanzt fich vom berührten Blättchenpaar zum nächften mit ES SEpRLicher Ueberfpringung eines Paares über das ganze Theilblatt fort, läuft in den nächften Theil- blättern weiter, bis alle Blattpaare ge- fchloffen find, fo- dann legen fich / dieHauptblattftiele diefer zufammen und endlich dreht fich der Haupt- blattftiel um feine Fıc. 276. Schema der periodifchen Bewegung am Blatte von Hedyfarum gyrans. Einfügungstftelle fo, daß der Win- kel an der unteren Seite mit der Axe verkleinert wird. Diefe letztere Bewegung geht im Sinne der Schwerkraft vor fich. Das Blatt finkt. Nach einiger Zeit hebt fich der Blattftiel wieder, die Blättchenpaare entfalten fich, - das Blatt it von Neuem reizbar. Geftaltlich ift die Nachtftellung mit der Reizftellung gleich. Am Tage entfaltet fich das Blatt, in der Nacht fchließt es fich. l SI DAN N N SO > Periodifche Bewegungserfcheinungen. RR Hedyfarum gyrans bewegt das Endblatt im Rhythmus oscillirend; im Zeitraum von mehreren Minuten wird eine Oscillation vollführt, die Seiten- blättchen gehen abwechfelnd auf und ab, je eine Oscillation erfordert aber nur wenige Secunden. Das große Blatt bewegt fich einmal auf und ab, während die kleinen etwa 5 Schwingungen ausführen. Die Bewegung ift vom Lichte unab- hängig. Fig. 276. Bei Megaclinium falcatum oscillirt ‚die Lippe der Blüthe mit kleiner Amplitude, aber großer Gefchwindigkeit. B. Theorie der Bewegung. 1. Muskelapparate, Gelenke'). Bei allen um ein Gelenk drehbaren Blättern der Papilionaceen ift ein fichtbarer Muskelapparat in Thätigkeit, welcher das drehbare Organ während der Tagftellung in labilem Aeeheenät hält. Es find kleine parenchymatöfe Polfter, welche pofitiv gefpannt find und anta- goniftifch wirken. Der eine be- findet fich auf der Ober-, der andere auf der Unterfeite des Blattftieles. Wird der obere durch einen Mefferfchnitt abgetragen, fo kommt der untere Muskel allein zur Wir- Fıc. 277. Oxalis acetofella. a-b das Blatt in der Nacht- kung, das Blatt hebt fich und ge- fellung, a aufrecht, b verkehrt. © das durch Schütteln ge- langt in eine ftabile Lage, die Reiz- ET Dr barkeit verfchwindet aber vollftändig. Bei Entfernung der unteren fenkt er fich ebenfo, die Reizbarkeit ver- fchwindet nicht vollftändig (Linpsay und BrÜckE). Wirken beide aber gleichzeitig, fo genügt ein geringer Spannungs- überfchuß des einen oder anderen Muskels, um das Blatt in dem einen oder andern Sinne um das Gelenk zu drehen. Daß es ein geringer Ueberfchuß der Muskelkraft folcher Polfter ift, welcher diefe Bewegungen hervorbringt, kann bewiefen werden, indem man eine reizbare Mimofenpflanze an einem geeigneten Manometer, Fig. 278, unter einen hydroftatifchen Druck von !/g Atmofphäre fetzt. Der Druck pflanzt fich, wenn fchon nicht mit der ganzen Größe, nach den Polftern !) Prof. H. R. GeppErT, Ueber das Verhalten einer Mimofa pudica während des Fahrens. ıro. Bot. Ztg. 62. — F. UnGER, Ueber die Structur einiger reizbarer Pflanzen- theile. 113. Bot. Ztg. 62. 286 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. fort. Dabei erreicht der untere die größere Spannung. Das fonft unver- letzte Blatt geräth in die ftabile Erhebungsftellung. Brücke’s Experiment. Bei jeder Bewegung in Folge eines Reizes muß etwas von der Muskel- kraft verloren gehen. Das Blattgewicht zieht an einem langen Hebelarm. Die Feftigkeit des Syftems wird abhängen von der Spannkraft des Muskelpolfters und wird be- ftimmt werden können, wenn das Syftem um- gekehrt wird, fo daß jetzt die Laft den oberen Winkel zu verkleinern ftrebt. Der Winkel betrug in der Tageftellung 50°, in der aufrechten 40°, in der umgekehrten Stellung nach der Reizung aber 30°. Bei der Nachtftellung ergab die Umkehrung eine ge- ringere Verkleinerung. Es folgt hieraus: bei dem allmäligen Uebergang aus der Tag- in die Nachtftellung erfchlaffen die Polfter weniger wie bei dem plötzlichen Uebergang aus der Tag- in die Reizftellung, wiewohl beide Ueber- gänge geftaltlich gleichfinnig verlaufen. Der Reiz fowohl wie die Kraft, welche die -periodifche Lagenänderung bewirkt, pflan- zen fich in den Hauptgefäßbündeln fort. In der "Anordnung diefer Bahnen ift: auf ein ana- tomifches Verhältniß zu achten. «Denkt man Fra. 278. Eine Mimofenpfanze an fich eine ftrömende Bewegung, etwa ‚einen Wafferftrom von der Stammbafıs nach den Aus- zweigungen in der Wachsthumsrichtung der Pflanze, fo hat diefe den ge- ringften Widerftand zu überwinden, wenn fie von der Hauptrichtung fich abzweigt in die Gefäßßbündel des Blattftiels, von da in das Theilblatt und endlich in die Nerven. der Fiederblättchen. In der genannten Richtung nämlich macht jede folgende Zweigbahn einen ftumpfen Winkel mit der vorhergehenden Hauptbahn. DE Umgekehrt liegt das Verhältniß, wenn der gedachte Strom von der Spitze des Stammes fich über das ganze Syftem ausbreiten foll, jetzt alfo der Wachsthumsrichtung entgegen. Jedesmal wenn er in eine Seitenbahn einbiegt, findet ein merklicher Verluft der bewegenden Kraft ftatt, weil er unter fpitzem Winkel in diefe einbiegen muß. Daher kommt es, daß bei der periodifchen Bewegung Tag und Nacht alle Blätter faft gleichzeitig in Mitleidenfchaft gezogen werden. Bei der Fortpflanzung eines Reizes aber, Periodifche Bewegungserfcheinungen. 287 vom äußern Blättchenpaar nach dem Stamme zu, wird ein merklicher Zeit- aufwand auffällig. 2. Einfluss des Reizes. Stoss. Eleetrischer Schlag. Temperaturwechsel. Bei fehr empfindlichen Reizpflanzen (hier ift in erfter Linie die Mimofa pudica als Studienobject zu wählen) bewirkt ein kleiner Anftoß, ein Induc- tionsfchlag, aber auch ein plötzlicher Temperatur- und Lichtwechfel die Auslöfung derfelben Bewegung, welche von der Tag- nach der Nacht- ftellung führt. 3. Gewöhnung an den Reizt). Eine Mimofa, welche durch den electrifchen Schlag in die Reizftellung übergeht und lange Zeit, mehrere Stunden fortwährend fchwache Inductions- fchläge erhält, gewöhnt fich an den Reiz, fo daß fie endlich wieder die Tagftellung einnimmt, und in diefer für Berührung reizbar wird. Wenn nun der Strom plötzlich unterbrochen wird, fo geht fie inftantan in die Reizftellung über. Auch mechanifche Erfchütterungen, wie fie. beim Fahren ftetig wirken, follen die gleiche Wirkung ausüben. 4. Phototonus und Dunkelstarre 2). _ Bei normaler Beftrahlung und Temperatur erreicht die Mimofe den höchften Grad der Empfindlichkeit. Sie reagirt dann namentlich auf den - Lichtwechfel, fie ift im Zuftand des Phototonus. NL Der umgekehrte Zuftand tritt ein, wenn fie lange Zeit im Dunkeln verweilt, fie geräth in den Zuftand der Starre, der Unempfindlichkeit für äußere Reize. Paratonifche Lichtwirkung wird die Bewegung genannt, welche im Zuftande des Phototonus eintritt, wenn die Intenfität der Beleuchtung wechfelt. Sinkt diefelbe, fo nähert fich das Blatt der Nacht-, fteigt die Intenfität, fo nähert fich das Blatt der Tagftellung. Unterfuchen wir zunächft die Theorie der Mechanik der Muskelbe- wegung bei der Mimofe, fo ift: 1° zu erklären, wie die Muskelhälften eingerichtet find; 2° fodann ift offenbar zu erklären, warum der eine jeweilig ftärker ift wie der andere; 3° in welchem Sinne löft der Reiz die Spannkraft in actuelle Ener- gie aus? ‘4° in welchem Sinne löft das Licht diefe Spannkraft aus? 1) Lmpsay, Quarterly Journal of sciences, liter. and arts 1827. 28. 2) MILLARDET, a. a. O. S. 23 ff. — PFEFFER, Unterfuchungen über Reizbarkeit. ch 288 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. 5° wie ift ein Temperaturwechfel im Stande, die gleiche Wirkung zu. veranlaflen? ", Natur des Muskels. 1° Der Querfchnitt der Polfter ift abgeplattet eine Ellipfe oder nieren- förmig. Ein centrales Gefäßbündel ift umgeben von pofitiv gefpanntem Parenchym. Das Gefäßbündel wird in der Beugungsftelle negativ gefpannt, entweder fo, daß die obere Seite convex wird wenn das Blatt gefenkt wird, oder die untere Seite wird convex wenn das Blatt fich hebt; trägt man die Gelenkhälfte des Polfters ab, fo krümmen fich beide nach der Schnittfläche concav. Diefelben find alfo wirkliche Antagoniften bezogen auf die Drehung, welche der Blattftiel ausführt. Auch an den Blättchenpaaren find für je ein Blättchen zwei folcher Antagoniften im Spiele. Hier ift aber zu beachten, daß bei je einem Uebergang von der Nacht- zur Tagftellung der umgekehrt belegene Polftertheil das Uebergewicht erlangt, bezogen auf den Hauptblattftiel. Hier ift der untere der überwiegende, dort ift es der obere. Das Polfter ift oben etwas dünner wie unten. Die Parenchymzellen des- felben führen Intercellularräume, diefe können mit Carmin injicirt werden (PFEFFER a. a. OÖ. S. 12). Bei der Krümmung des oberen Polfters, wird das untere comprimirt, und umgekehrt. Hiebei kann das Gefammtvolum conftant bleiben. Aus dem unteren Gelenkwulft geht Wafler zum Theil nach den oberen, zum Theil in den Blattftiel. Die Dickenabnahme ift bei der befagten Krümmung im oberen Polftertheil ein wenig geringer wie die Zunahme im unteren. Nach der Entfernung eines der Seiten dauert die periodifche Bewegung noch fort. Die Sache liegt jetzt alfo fo, daß in der Tagftellung das untere Polfter den Blattftiel hebt, indem es die Elafticität des oberen ganz und diejenige des Gefäßbündels zum Theil überwindet. «Der Reiz und die paratonifche Einwirkung bewirken, daß das untere Waffer verliert. Darin und in der damit verbundenen Erfchlaffung der Zellen liegt die nächfte Urfache der Bewegung des gereizten Polfters.» In ähnlicher Weife müffen fich auch die Polfter der Blättchenpaare verhalten. Dort erfchlafft aber bei dem Reiz das obere. «Worin es beruht, daß hier das untere erfchlafft, dort das obere, ift aus den vorliegenden Angaben nicht zu ergründen.» 2° Warum die .Polfterhälften jeweilig unten am Hauptblattftiel, je- weilig oben am Blättchenpaar an Stärke zunehmen, ift ebenfalls aus den vorliegenden Studien nicht zu erklären, das Einzige was man weiß ift fchon im Vorhergehenden in 1° S. 285 enthalten, daß nämlich Schwan- kungen in der Gewebefpannung fich rafcher und energifcher den unteren wie den oberen Polfterhälften am Hauptblattftiel mittheilen. Periodifche Bewegungserfcheinungen. 289 Auch in den Fragen 3° 4° 5°, S. 287, laflen uns die gefundenen Thatfachen. ganz im Stich!). Die Kenntnißs der äußeren Phänomene hat aber durch zwei Arbeiten Prerrer’s einen kleinen Zuwachs erfahren?): a) die periodifchen Bewegungen, welche durch Verlängerung, be- - ziehentlich Volumzunahme antagoniftifcher Gewebeftreifen zu Stande kommen, find rückläufig (Variationsbewegung nach PFEFFER) oder fie entftehen durch Wachsthum (Nutationsbewegung nach demfelben Forfcher); b) bei Lichtwechfel tritt eine Receptionsbewegung (d. h. paratonifche Bewegung nach Sachs) ein, welche aus einem Hin- und Hergang befteht, weil der Lichtwechfel die beiden antagoniftifchen Hälften des Muskelpolfters zu ungleichem Expanfionsftreben reizt. Steigerung des Lichtes bewirkt Ab- nahme der Expanfion, Verringerung aber bewirkt Zunahme der Expanfion in den Antagoniften. In gleichem Sinne wird das Wachsthum beeinflußt an folchen Organen, wo diefes die Urfache der Bewegung ift; c) plötzliche Verdunkelung fteigert die Expanfion, beziehentlich das Maf5 des Wachsthums über dasjenige Maß derfelben Bewegungen, welches für die ftabile Gleichgewichtslage bei lange dauernder Verdunkelung ein- gehalten wird; d)) nach einer durch Verdunkelung erfolgten Receptionsbewegung folgen als Nachwirkung einige Oscillationen des Blattes, deren Amplitude fich all- mälig verringert. Die Dauer und die Wirkung beider Bewegungen find nicht gleich, nehmen aber im Allgemeinen mit der Größe des Lichtwechfels zu; e) die tägliche Periode der Bewegung kommt durch das gleichfinnige Zu- fammenwirken der paratonifchen und der Nachwirkungsbewegung zu Stande; f) durch conftante Dunkelheit und conftante Beleuchtung wird die täglich periodifche Bewegung eine Zeit lang, zuletzt mit ge- ringerer Intenfität fortgefetzt, erlifcht aber zuletzt. Hieraus ergiebt fich, dafs der tägliche Lichtwechfel der erblichen Neigung zur Bewegung gegen- über nicht als Regulator, fondern vielmehr als Urfache derfelben angefehen werden muß. c. Reizbewegung der Staubfäden. Die Bewegungen der Staubfäden in Folge äußerer Anftöße gefchehen - dadurch, daß in dem Filamente einfeitig pofitiv und negativ gefpannte Streifen zur Wirkung gelangen: 1) Genaue Zufammenftellung der älteren Literatur und eine Reihe phänologifcher Studien in: PFEFFER, Die period. Bewegungen der Blattorgane. Leipzig. Engelmann. 1875. S. 3 fl. S. 171 fl. 2) PFEFFER zieht noch bei Befprechung der Reizerfcheinungen der Cynareen-Staub- fäden das Protoplasma heran. Der Reiz, in Folge deffen der Wafferverluft in den Zellen des comprimirten Polfters eintritt, bewirkt, daß das Protoplasma ähnlich wie bei der Con- N. J. C. Mürter, Handbuch 1. 1. 19 290 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. ı° bei Berberis Mahonia liegen folche Streifen, wie die Pfeile der Fig. 279 andeuten. Bei der leifeften Berührung fchnellt der Staubfaden aus der Lage a nach der Lage b. Die Bewegung wird nach einiger Zeit rückläufig. Es wird aber ein fehr viel größerer Zeitraum ge- braucht, um die Lage a wieder zu erlangen; | 2° bei der Parietaria wird der Staubfaden durch ein, bei c Fig. 280 be- legenes Gelenkpolfter nach Fra an. Scna dr Beveng 1 Sf gs Bibi li, | außen gefchnellt, widie A fangs-, b die Endlage. Die Bewegung geht nur einmal vor fich, fie ift nicht rückläufig; 3° die Filamente der Mittelfeldblüthen der Cynareen, fo insbefondere der Centaureaarten, verkürzen fich bei leifer Berührung fo, daß die Röhre der verwachfenen Staubbeutel an dem Griffel zurückgefchoben wird, wobei häufig die ganze Blüthe fich krümmt, Fig. 281. Der Ueber- gang -von a nach c ift faft in- > ftantan, wenn man mit einer Nadelfpitze die Staubfäden be- rührt. b Unger!)konntedurch Meffen der Abftände der Papillen, wie Fig. 280, Parietaria. A Blüthenaxe. a Staubfadenlage in der fie am Filamente hier reichlich RE vorkommen, Fig. 282 B, zeigen, daß bei der Bewegung aus der Lage Fig. 282 A nach der in Fig. 282 C eine merkliche Contraction des Filamentes ftattfinde. Vor der Reizung ift die Spannung in dem Filament fo vertheilt, wie es die Pfeile in Fig. 282 C andeuten, in dem fpäter convexen Theil herrfchte Abftoßung, in’ dem fpäter concaven Theil herrfchte Anziehung zwifchen zwei kleinften Membran- theilchen. | traction durch concentrirte Löfungen Wafler ausftößt, welches durch die Membran dislocirt wird. Damit foll hypothetifch die Reizerfcheinung der Senfitiven auf die Reizerfcheinung des Protoplasma zurückgeführt fein. a. a. ©. S. 133 fl. !) Dr. F. Unger, Einige Bemerkungen über die Bewegungserfcheinungen an den Staubfäden der Centaurea. 349. Bot. Ztg. 63: Schlingen und Ranken. 291 Bei diefer Lagenänderung macht fich eine Volumverminderung geltend, indem ein Theil der Zellflüffigkeit in die Intercellularen dislocirt wird). $ 29. Schlingen und Ranken?). An den Eingang zu diefen Bewegungen muß eine Betrachtung aus der groben Anatomie der höheren Pflanzen geftellt werden: «die Gewebe- elemente, zwifchen welchen vorzugsweife Gewebefpannung herrfcht, die Gefäßbündel einer- und die parenchymatöfen Gewebe der Rinde anderer- feits, find niemals als parallel mit der Axe verlaufende Compenfations- ftreifen (f. oben S. 186 ff.) in dem Stammcylinder vertheilt, fondern verlaufen fchon der Anlage nach in Spirallinien oder in hie und da von der geome- trifchen Axe abweichenden Richtungen. A. Drehung der Stämme um ihre Axe. Viele Sträucher und Halbfträucher drehen an horizontalen Zweigen, während die Blattknofpen fich e:: ui m entwickeln, die Internodien fo lange, bis die fimmt- Fre. 2$r. Reihe von Blüthen lichen Blätter nach ?!/s oder doch in zwei Längs- ee le reihen geordnet ftehen?). ; es Pie Diefe Drehung fchreitet mit der Entfaltung von dem älteren nach dem jüngeren Blatte gleichfinnig fort. Als Studien- object möge ein horizontal wachfender Zweig des Polygonum tataricum, Fig. 283, gewählt fein, o das ältefte, 4 das jüngere der nach ?/s (näherungs- weife) ftehenden Blätter. Von dem äußerften Kreis p nach p!-und p’ foll die Drehung dargeftellt fein. In p? ift o und ı im Horizont, in p!’ haben fich 3 und 4 bis auf!/s des Stammumfanges dem Horizont genähert, in pIV ftehen alle in 2 Längszeilen. Bei den Decuffirten muß von Wirtel zu Wirtel eine !/a Drehung 1) PFEFFER a. a. O. S. 97 ft. 2) Darwın, Die Bewegung- und Lebensweife der kletternden Pflanzen. J. Carus. Stuttgart. Schweizerbart. 1876. — v. MoHr, Ueber Bau und Winden der Schlingpflanzen. 1827. — L. H. Parm, Ueber das Winden der Pflanzen. — DE VRrIES, Arbeiten des bot. Inftituts in Würzburg. 3. Heft. — DUTROCHET, Des mouvements_r&volutives de spontane. Compt. rend. T. XVII. XIX. 8) Studienobjecte: Spirea ulmifolia. Polygonum tataricum. Lonicera coerulea u. a. erh: Deutzia. 19° 292 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. des Stammumfanges befchrieben werden. Hiebei wird aber von einem zum “andern Internodium die Richtung umgekehrt. Möge Wirtel r mit feiner Mediane horizontal ftehen, fo dreht fich das Internodium von ı nach We links, das von "Wa nach Ws rechts, je um !ja (2 rn), wie das Schema, Fig.284, dief) veranfchaulicht. Möge wieder p der Knofpenzuftand fein aneinemhorizontalen Zweige, fo ftehen im Horizont die Blätter der Wirtel ı, 3, 5, die nach links mit /, die nach rechts mit r bezeichnet find; im Loth ftehen die Me- dianen der Wirtel 2, 4,6, die nach oben mit o, die nach unten mit 2 bezeichnet, Fig. 284. Nach der erften Drehung um 1 Fıc. 282. A. Anfangslage der Filamente vor der Reizung. B. Kleine Parthie des la des Stammum- mit Papillen verfehenen Filamentes. C. Krümmung der Staubfäden der Cynareen fangs in Richtung (Centaurea) durch den Reiz der Berührung (nach UngGer). des Pfeiles ftehen in p‘‘ nunmehr im Horizont ı/, 2, 4, 6 von der unteren Seite auf links und Ir und 2, 4, 6 von der oberen Seite auf rechts. ı/, 2u und ır, 20 bleiben ftabil, alle andern aber drehen fich mit dem Pfeil ß u. f. f,, fo daß, wenn alle Wirtel im Horizont untergebracht find, die Vertheilung if: links: 1], 2u, 31, 4u, 51, 6u, - rechts: 17, 20305740, $r.6Pi B. Rotirende und schraubenlinige Bewegungen. Es find hier im Wefen der Sache, wenn man von folchen Kletter- pflanzen abfieht, welche mit Wurzeln fich an die Unterlage befeftigen (Epheu) oder mit Haaren fich fefthalten (Hopfen und Galium Aparine), drei Be- wegungsformen zu befchreiben, welche indeß an einem und demfelben Pflanzentheil gleichzeitig EEE können. Schlingen und Ranken. 293 a) Stämme und Wurzeln. 1° Die Stämme und Wurzeln regellos ausgefäter Keimpflanzen krümmen fich geotropifch ohne feftzuwachfen. Der Keimling fällt um, fo, daß der fchwerfte Theil wieder nach unten zu liegen kommt. Die Krümmungen erfolgen von Neuem entfprechend der neuen Lage, die jungen Organe be- fchreiben mannigfache und regellofe Curven. -n P” F Fıc. 283. Schema der Drehung der Blattfliele oder Interfolien an einem horizontal ftehenden Zweige von Polygonum tataricum. 2° Die feftgewurzelte Pflanze befchreibt mit der Stammfpitze rotirende Bewegungen. Die Axe befchreibt eine Kegelfläche, welche das Loth als Axe aufnimmt. Humulus. Convolvulus. Ranken der Papilionaceen. 3° Die Axe der feftgewurzelten Pflanze dreht fich um fich felbft. Hopfen, Convolvulus. ° b) Ranken der Stämme und Blätter, metamorphe Gebilde. 4° Die Axe rollt fich zur Spirale oder Schraube ein. Vitis. Et Smilax. ’ ur Te 294 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. Bryonia. Bignonia. 5° Die Axe umkreift eine Stütze fchraubenlinig. Humulus. Convolvulus. Ä Ranken von Vitis, Cucurbita, Bryonia, Paflıflora. | ‚ ı f NEIERIEEN fi te, N 4 1 N 1t- 2u 30: Aw Sl. du. do SrA4o Zr 2 Ir Fıc. 284. Schema der Drehung der Internodien bei horizontal ftehenden Zweigen der Decufürten (Philadelphus Deutzia). Es muß am Eingang diefer Betrachtungen im Auge behalten werden: ı° daß in allen hier in Frage kommenden Pflanzen die Spannung der Gewebe fchon in der Anlage nicht abfolut fymmetrifch um die geo- metrifche Axe vertheilt, fondern fo, daß eine Torfion fchon ‘in der anato- mifchen Befchaffenheit begründet ift; 2° auch in einer fehr orale, Anzahl von faftigen Schößlingen, ja man wird bei fortgefetzter Prüfung des Gegenftandes zu dem Refultat kommen: bei allen nicht rafch verholzenden Pflanzen, ift die Gewebefpannung fo vertheilt, daß bei einem Zug oder Anftoß an einen geradlinig gewach- fenen Pflanzentheil eine Krümmung eintritt. | kann in Richtung des Pfeiles «a eine Reihe Convolvuluspflanzen u. a. m. find nicht win- Schlingen und Ranken. 295 ‚Auch eine Reihe fehr feiner Anftöße!), welche den Sproß um eine minimale Größe ftets im gleichen Sinne beugen, bewirkt nach einiger Zeit eine viel beträchtlichere Krümmung, wie der jedesmal in Folge eines ein- zelnen kleinen Anftoßes bewirkte Ausfchlag des Sproffes von der urfprüng- lichen geraden Lage, Fig. 285. Diefe Krümmung kann auch gegenfinnig zu derjenigen Richtung er- folgen, in welcher der Sprofs angeftoßen wurde. Der Sproß, Fig. 285, feiner Anftöße erfahren haben und fich in Folge davon trotzdem in Richtung des Pfeiles ß krümmen. Die jüngften Theile der Cuscuten-, dend (wie bei der Mehrzahl der Schling- pflanzen). - Der Stamm ift gracil und vermag feine eigene Laft nicht zu tragen. Er wächft, ftrebt die Spitze zu. heben, finkt wieder, bis er eine Stütze erreicht hat, um welche er nun wachfend, linksumläufige (Convolvulus) oder rechtsumläufige (Humulus) Schrauben- bewegungen ausführt. Von dem Momente, WO fie. 285. Verkehrt Aehender Aa die Spitze die Stütze berührt, verhält fich das °pro® bei Kftscklammert und in Rich- nun hinzuwachfende Stück wie eine Ranke. : Er Es legt fich die linke Kante bei linkswindenden und die rechte Kante bei rechtswindenden Pflanzen der Stütze an, Fig. 286. Auf dem Wege a b mag die Winde gelegentlich jene Drehungen um ihre eigene Axe ausführen. Ein ftrenges Erfordernif für die Umfchlingung der Stütze ift die nicht?). Die Beftrahlung, fowie Licht- und Temperaturwechfel find ohne directen Einfluß und ohne 'urfächliche Wirkung für das Zuftandekommen der Bewegung. Auch die anatomifche (ift zu fagen die. hiftologifche) Be- fchaffenheit ift nicht wefentlich voh Einfluß. In vielen Gattungen befinden fich windende und nicht windende Arten°). - Somit ift das Winden und Schlingen eine Gewohnheit, welche auch gelegentlich. verftärkt oder ge- fchwächt auftreten kahn, je. nach den Umftänden, Werbe ‚der. Kampf um ‚das bewohnte Areal mit fich bringt. : !) Das Euslamertslesperiniest für diefe Studien ift von: HoFMEISTER zuerft angeftellt. 2) Darwın, Bewegung und Lebensweife der Kletterpflanzen. CArbS. Stuttgart. Schweizerbart. 1876. 25 8) Hieracien. Cynanchum. Die Farrnkräuter find faft alle in diefer "Hinficht- fta- bil mit Ausnahme des Lygodium. x 296 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. Br Verdunkelung fteigert neben der Ueberverlängerung der Stämme in Folge des partiären Etiolements die Neigung derfelben, zunächft die Axe zu tordiren, fodann aber auch das Schlingen und Winden bei den Papiliona- ceen (Vicia Faba, Pisum). Die windenden Stämme (Humulus, Califtegia, Convolvulus, Cus- die Berührung, wie es die Ran- ken find. Die metamorphen Stamm- ranken der Cucurbitaceen, Bryonia, Cucurbita, der Ampelideen, Vitis, Ampelopfis, Fig. 287, die Blatt- ranken von Pisum, Vicia, Bignonia Fı6.'286.: Schema der ers der Winde (Con- capreolata, Smilax und felbft die Sr are Blattftiele von Clematis, wachfen zunächft aus der erzeugenden Blätterknofpe geradlinig. Sie krümmen fich an der Spitze oder fie rollen fich ein bis zu mehreren Schraubenumläufen. Wird die Ranke der Paffıflora, Fig. 288 ei der empfindlichften) im Zu- ftande a durch Berührung mit dem Finger oder durch Anlegen dicker Stäbe oder felbt ganz feiner Gold-, Platin-, oder Coconfäden gereizt, fo geht fie in den Zuftand b über. Die Krüm- FıG. 287. Eine angeheftete Ranke von Bryonia dioica, in entgegenge- der Reiz auf, fo geht die fetzten Richtungen fpiral zufammengezogen (Darwin, $. 127). Spitzenach einigen Stunden wieder mehr oder weniger vollftändig in die alte Lage zurück. H. v. Mont gründete, nachdem er gezeigt, daß die Temperatur und fonftige Befchaffenheit der Stütze ohne Einfluß auf den weiteren Verlauf der Umfchlingung fei, diefe Theorie: bei der Berührung der Stütze wird die Ranke an einem gegebenen Punkte gereizt, wie in Fig. 288 dargeftellt, fie krümmt fich gegen die Stütze, und es kommen#dabei immer jüngere Theile in Berührung mit derfelben, fo bringt eine continuirliche, träge ver- laufende Reizbewegung die Schraubenlinie zu Stande. Die fchraubenlinige Einrollung tritt aber auch ein ohne eine Berüh- rung. Die Ranken der Bryonia ind der Paffiflora rollen fich zur Schrapis ehe fie noch die Stütze berührt haben. Bei folcher Drehung, welche an nicht rankenden, wohl aber in ganz cuta) find nicht reizbar durch mung wird gefteigert. Hört. Nutation. ; . 297 fteiler Schraubenlinie an gewundenen Organen anderweit beobachtet wird, ift es wahrfcheinlich die einfeitige Erfchlaffung der negativ gefpannten Ge- webe in Folge der Schwankungen durch den Wind, welche die erfte Krümmung veranlaßt. Die Krümmung, welche zuerft auftritt in den Ranken der tordirten Stämme und im Ex- periment, Fig. 285 und Fig. 288, kann offen- bar dadurch hervorgerufen fein, daß in der convexen Seite die Expanfion der pofitiv ge- fpannten Gewebe größer wird wie in der con- Fıc. 288. Schema der Bewegung einer caven Seite. Sc ann aber ch ai ruhen, dafs die Dehnbarkeit der negativ gefpann- ten in der convexen Seite zunimmt, gegenüber der concav werdenden, während die Spannkraft in dem Moment, wo die Krümmung foeben be- ginnt, für- die beiden Seiten in dem pofitiv gefpannten Gewebe gleich groß ift. Die Krümmung tritt unter der zweiten Vorausfetzung jetzt ein, dadurch, daß in der convexen Seite Spannkraft in actuelle Energie ausgelöft wird. Kaum wird fich experimentell entfcheiden. laffen, ob das Eine oder Andere der Fall if. Mit großer Vorficht darf vielleicht diefer von Hor- MEISTER angeftellte Verfuch als Ausgangspunkt für die Unterfuchung ge- wählt werden: Die flachen Alliumblätter find um einen (oder wenig mehr) Schrauben- umgang tordirt. Schält man die negativ gefpannte Epidermis ab und legt das Blatt in Wafler, fo wächft die Anzahl der Schraubenumgänge, das Blatt vermehrt feine Torfion. Hiebei ift freilich nach dem Verfuch (über die Gewebefpannung, f. oben S. 186) die Gefammtfpannkraft durch Waffer- zufuhr (Quellung) in den pofitiven Geweben gefteigert. Die Ausdehnung in der zur Axe geneigten Richtung aber zeigt doch, daß in dem Gewebe vorher fchon die Anziehung für Waffer in der vorgefchriebenen Richtung bereits vorhanden war. 830. Nutation. Ausgehend von dem Experiment (S. 295 Fig. 285) hat man noch die von DUTROoCHET und Darwin, fpäter von HorMEIsTER u. A. beobachteten Erfcheinungen der nutirenden Bewegungen zu unterfuchen. Was die Be- wegungsform angeht, fo fällt fie mit derjenigen Drehung der Spitze in Kreislinien zufammen, bei welcher die Torfion des Stammes ausgefchloffen 298 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. ift oder wo doch das n-malige Befchreiben der Kegelfläche nicht der n-maligen Torfion der Axe um den ganzen Kreisumfang entfpricht. | Der Hopfen, eine fchlingende Pflanze, Fig. 289, dreht feine Spitze in einer Kegelfläche und befchreibt dabei 37 Umläufe derfelben, ehe er 2 bis 3 Mal fich um feinen Querfchnitt tordirt. Die Torfion und die Drehung um jene Kegelfläche find fomit nicht in direc- tem Caufalnexus. er Darwin!) benutzte, um die nutirende Bewegung zu ftudiren, ein auf der Innenfeite berußtes Uhrglas, dasfelbe war fo gewählt, daß der nutirende Pflanzentheil den Radius diefes Kugelabfchnittes bildete. Das Uhr- glas wurde an einem Stativ über der Erbfenpflanze be- feftigt, fo, daß die Spitze foeben die Rußfchichte be- rührte und im Verlauf der Bewegung den Ruß von dem Glas abftreifte. Das nutirende Ende geht von I nach 2, Fig. 290, Vormittags in zwei Stunden und bewegt fich dabei gegen das Fenfter, alfo im pofitiv-heliotropifchen Sinne. Alle fpäteren in Bezug auf den Lichtquell rückläufigen Bahnftrecken erfordern längere Zeit?). FıG. 289. Rotirende Nu- tation des Hopfens. Von 2 nach 6 = 4 Stunden 30 Minuten während der Mittagszeit, » 6 » 8= 1 » 30 » am Nachmittag, Ba RE Eee 65 08030 » 30 » » » » 4 » I4 = 2 » 5 » » » ER REN 17 =0 » 45 » gegen Abend 7 Uhr, » 7 » 19 == ] » IO » . DEI ZORZERO » 45 » >20: ae ee; » bis 9 Uhr Abends. Die Bewegung wird fichtlich im Allgemeinen mit dem Sinken der Lichtintenfität langfamer. s 3l. Bewegung in Folge verschiedener Austrocknung der Gewebe. Hieher find alle Spannkräfte zu rechnen, welche frei werden, wenn zwei aneinander grenzende Gewebefchichten durch Austrocknung fich un- 1) Darwın a. a. O. S. 2 fl. 2) Darwın a. a. O. S. 86 ft. Bewegung in Folge verfchiedener Austrocknung der Gewebe. 299 : gleich zufammenziehen. Man wird auch die Sptingfrüchte der Impatiens noli me tangere hieher zählen dürfen. A. Saftige Springfrüchte. Die Frucht der Impatiens hat in fich ein hohes. Maß. von Spannung in der Weife angehäuft, daß die fünf Klappen, in welche fie bei der Be- rührung mit einer Explofion zerfällt, fich mit der Aufßenfeite concav zu krümmen 3 beftrebt find. Diefem Streben wird endlich ein immer geringerer Widerftand in den fünf Berührungslinien und dem Hautgewebe entgegengefetzt, fo daß fchließlich der aller- geringfte Stoß die Explofion bewirkt, der in der Innenfeite belegene Schwellkörper wird convex und krümmt fich im Spiral bis zu mehreren .Umläufen. ‘ Der negativ gefpannte Theil _befteht aus den nicht fehr ftark ausgebildeten Gefäßbündeln und dem Hautgewebe. B. Trockene Springfrüchte. Alle Spaltkapfeln gehören hieher. Die Früchte trocknen in den Richtungen fenk- recht zur Spaltfläche ftärker ein, wie in allen rFıc. 290. Seite des Zimmers mit Fenfer. anderen. Es häuft fich die Spannkraft, bis es jema, welches die Bewegung des oberen Internodiums der gemeinen Erbfe zeigt, auf zum Zerreilfen kommt. Bei den Euphorbien- ren ey en kapfeln gefchieht dieß mit Explofion, fo kleinert, nach Darwin. namentlich bei den ftark verholzten Früchten der Hura crepitans. Unfere größeren sumpfbewohnenden Euphorbien fchleudern ihre Spaltkapfeln mehrere Meter weit hinweg. C. Fruchtklappen der Leguminosen. Das einzige Carpellblatt zerfällt bei der Reife in zwei kahnförmige 'Hülfen, in welchen das Endocarp trockenhäutig und in zur Längsaxe fchiefer Richtung fpaltbar ift, in diefer Richtung rollt fich die Hülfe mit convexer Außenfeite in eine fteile Schraube beim Trocknen. Waflerzufuhr hebt die Krümmung‘ zum Theil wieder auf. Die Leguminofenfrucht ift bei manchen Gattungen wie bekannt auch eine Spaltfrucht, welche in Glieder zerfällt (Coronilla). 300 VI. Urfachen der Richtungs- und Lageänderung. D. Zapfen der Abietineen. Die Schuppe fteht im gefchloffenen Zapfen aufrecht, mit verfchmälter Bafıs, der Axe des Zapfens eingefügt. Beim Austrocknen krümmt fie fich in der Nähe der Einfügungsftelle, fo, daß dort ein Theil der innern Ge- webe fich dehnt, während fich die äußern zufammenziehen. Die Schuppe geräth in die Lage Fig. 291 C, welche beim Wiederbenetzen nur wenig FıG. 291. Kiefernfchuppe des Zapfens. A. Längsfchnitt durch die Bafıs derfelben. B. Querfchnittsparthie. C. Lage, der Schuppe im Längsdurchfchnitt, links im trockenen, rechts im gefchloffenen Zuftande des Zapfens. D. Querfchnitt der Schuppe fchematifch. verändert wird. Die anatomifche Structur der Schuppe zeigt bei der Kiefer, Fig. 291 ABD, die Innenfeite mit einer einzigen Zellenfchicht ftark ver- dickter Faferzellen (Sklerenchym), die Außenfeite aber mit einer gleichen Schicht, welche im oberen Theil aus 3—4, unten nahe der Einfügungsttelle aber aus zahlreichen Zellenlagen befteht. Das Grundgewebe ift porös, dünnwandig, luftführend, von geringem Expanfionsftreben, 5—7 Gefäß- bündel find in eine Reihe fymmetrifch um die Mediane vertheilt. Jedenfalls ift es die ftärkere Contraction der Sklerenchymzellen der Außenfeite, welche die Zapfenfchuppe beim Austrocknen in die neue Lage zwingt. In den Samendarren werden die Zapfen bis 30° C. rafch erwärmt, die Außenfeite zieht fich dabei rafch ftärker zufammen, der Zapfen öffnet Bewegung in Folge verfchiedener Austrocknung der Gewebe. 301 fich. Zu beachten ift indef5 hiebei, daß die Schuppe in ihrer ganzen Aus- dehnung nicht wefentlich deformirt, fondern nahe an ihrem Einfügungs- punkte gebeugt wird. E. Geraniumfrüchte (Moosseten, Granne). : Diefe Gebilde find hygrofkopifch, krümmen fich bei niederem Wafler- gehalt im Spiral oder in Schraubenlinien, im naffen Zuftand rollen fie diefe wieder auf. Sie ftrecken fich. . Soweit die Vorgänge der ur- fprünglichen Anlegung und des Wachsthums hier in Betracht kommen, muß beachtet werden, daß: a) die Geraniumfrüchte find Schizocarpe, an welchen jedenfalls die Außenfeite ana- tomifch verfchieden befchaffen und verfchieden elaftifch iftgegen- über der Innenfeite, welche der Commiffuralfläche entfpricht; b) die Granne und die Moosfeten dagegen find frei er- wachfen, die anatomifche An- ordnung der pofitiv und negativ gefpannten Gewebeftreifen, wel- che die Bewegung bewirken, ift nicht bekannt. FıG. 292. Farrnfporangium, nach Kar. se A Bewegung in elastischen Zellen begründet. a) Die Streifen aus der Zellhaut derSpiralmutterzelle (f. oben S. 57 u.77) der Equifeten find urfprünglich in einer Kugelfläche differenzirt, fie krümmen fich im Spiral beim. Trocknen und werden gerade bei der Benetzung. b) Die Spiralzellen der Lebermoofe find cylindrifch oder fpindelförmig auf der Innenfeite der Wand mit zwei oder drei fpiralig geordneten Ver- dickungsbändern verfehen, fie drehen fich korkzieherartig beim Trocknen, ftrecken fich gerade, wenn fie naßp werden. Beide, a und b, lockern in den geöffneten Kapfeln beim Austrocknen das Sporenpulver. c) Elaftifche Zellenringe und Zellenmäntel finden fich differenzirt in den Sporangien der Farrnkräuter, Fig. 292 A 4° und an den Antheren. Sie find ftärker verdickt, gerathen in Spannung, zerreißen fchließlich beim Aus- trocknen die angrenzenden dünnwandigen und weniger feften Gewebe- 302 ’ >» VI. Grobe -Anatomie.” parthieen. Der Ring im Sporangium der'Farrnkräuter erftreckt fich in dem Meridian 4 4‘ der Kugel vom 'Einfügungspunkt des Sporangium iin C. Zwifchen diefem und dem anderen Ende des elaftifchen Ringes ift eine kleine Gewebeparthie weniger verdickt rr', dort reißt das Sporangium zuerft, wenn zur Zeit der:Sporenreife der Ring fich in ein flaches Band zu beugen beftrebt ift (f. Morphol., Syftematik der Farrnkräuter). Siebente Abtheilung: Grobe Anatomie. $ 32. Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. Indem ich die Theilungsvorgänge des Vegetationspunktes als die fchwierigfte Darftellung der vergleichenden Morphologie vorbehalte, ftelle ich mir hier die Aufgabe, von dem jüngften Urfprung der Gefäßbündel in der Baumknofpe, die anatomifchen Verhältniffe entwickelungsgefchichtlich fo darzuftellen, daß fie als eine Bewegung in der Zeit erfcheinen. Die vergleichende Anatomie der fertigen Pflanzenorgane habe ich in die Syftematik verlegt. Dort mag der Zuftand der ausgewachfenen Stämme, Wurzeln, Blätter mit als Arten-, Gattungs- oder Familiencharakter abgehan- delt werden. Soweit aber die allgemein gültigen Züge in dem anatomifchen Bau zum Verftändniß der Lebenserfcheinungen in Betracht kommen; habe ich fie fchon in früheren Paragraphen berückfichtigt und mögen fie hier ins- befondere für den Baum weiter abgehandelt werden. EB; Geometrische Aufgabe. a) Volumvermehrung der verfchiedenen Zellen. ı° Die mikrofkopifche Beobachtung von Organen, welche in der Ent- wickelung begriffen find, zeigt uns nach $ 21, daß nach dem jüngften Orte hin das Volum der Zellen finkt. Die Verfchiedenheit der Zellen-Elemente eines Gewebes entfteht dadurch, daß von der jüngften Zelle oder dem jüngften Zellencomplexe ungleich geftaltete Tochterzellen gebildet, abgetheilt werden. Wir erhalten hier fchon eine Differenzirung in Zellen von un- gleichem Volum und ungleicher Umgebung: Die Begrenzungszellen einer- Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 303 feits werden durch die Lage nach dem umgebenden Medium einerfeits, nach den Binnenzellen andererfeits von letzteren geftaltlich abweichen müffen. 2° Nach $ 22 ift ein zweites Moment der Differenzirung das un- gleiche Wachsthum, während des Ueberganges vom jüngften nach dem älteften Zuftand. 3° Die Zellenabkömmlinge eines gegebenen Organes befitzen im aus- gewachfenen Zuftande desfelben un- gleiche Function, in Bezug auf die Translocation. So durchläuft an einem gegebe- nen Zweige von Populus angulata, Fig. 293, der Querfchnitt die verzeichnete Configuration; A der jüngfte Zuftand, B der mittlere, C der ältefte, und es ift zu beachten, daß das obere Querfchnitts- element des prismatifchen Körpers in einem etwas fpäteren Zeitpunkt nach 2, B nach € übergeht, d. h. der Zuftand C rückt an dem in der Entwickelung befindlichen Stamm von unten nach oben fort. Hiebei gehen!) dieVeränderungen vor fich, welche bei den Betrachtungen über das Wachsthum der Membran befprochen wurden. In den Orten b Fıc. 293. Populus angulata. Schema der Zweigquer- fchnitte. Im oberften Querfchnitt find die primären Gefäß- bündel foeben differenzirt, es ift der Knofpenzuftand in Fig. 294 B flärker vergrößert. Die zweite Fig. B nach dem Aufbrechen der Knofpe in mittlerer Region, K_K' Kork- leiften in Fig. 297 im aufgerollten Cylinder dargeftellt. Ein Gefäßbündel ift in Fig. 294 A flärker vergrößert. C Zu- ftand desfelben Zweiges nachdem der Cambiumring gefchloffen ift, in Fig. 295 ift eine Kantenparthie färker vergrößert. A !) Dr. C. Sanıo, vergl. Unterfuchungen über die Zufammenfetzung des Holzkör- pers. Bot. Ztg. 63. Unterfuchungen über die Elementarorgane des Holzkörpers. Bot. Ztg. 63. — A. B. Frank, Ein Beitrag zur Kenntniß der Gefäßbündel. Bot. Ztg. 64. — Dr. C. SAnIo, Ueber endogene Gefäßbündelbildung. Bot. Ztg. 64. 304 VII. Grobe Anatomie. v, Fig. 294, verdicken fich beftimmte Zellen. Es find die Elemente des. Gefäßbündels. In diefem liegen die Gefäße, Tracheiden, die Holzzellen, die Baftzellen, die Leit- oder Gitterzellen. b) Längsftreckung gleich bei ungleicher Theilung (Curve f. früher 8.422897; Die Entftehung längerer Zellen neben kürzeren in einem und dem- felben Niveau, aus einem Gewebe, in welchem alle Elemente urfprünglich gleichgrol) waren, ift nur möglich, wenn während diefer Differenzirung das betreffende Organ noch wächft. Man denke fich in dem Niveau der gleichgroßen Zellen, Fig. 189, zwei gleiche Zellen und laffe die Wachs- thumsfunction in der Zeit fortfließen, fo wachfen beide, die eine aber er- reicht ohne fich zu theilen die Geftalt einer Röhre oder prismatifchen Fafer, fie wird zu einem Element des Gefäß- bündels, die andere theilt fich in dem Maße wie fie wächft, fie wird zu einem Element des Grundgewebes. c) Ungleiche Querausdehnung (f. S. 185). Die vorftehend befprocheneDiffe- renzirung geht ftets fo vor fich, daß FıG. 294. 4. Aelterer Zuftand, das Gefäßbündel hat Radialketten v von Tracheiden gebildet, ce! Cambium, p primäres Baftbündel, p' das Gefäßbündel der Niederblätter, an p' grenzt das Mark, an p die Rinde (vergl. Fig. 293). B. Quer- fchnitt eines Cambialftreifens, vergl. Fig. 293, a Mark, b Rindengrenze, v die erflen verdickten Gefäßelemente, Tracheiden umgeben von Cambiumzellen, welche in der Theilung begriffen find. in dem jugendlichen Organ während des Ueberganges, Fig. 293, und der Streckung nach der Wachsthumscurve, Fig. 176, fich Theilungen durch Längswände vollziehen. So entfteht für den Querfchnitt der kleinzellige Gewebecomplex, Fig. 294 B, in welchem v ein erftes primäres Gefäß- element (eine Tracheide) darftell. Die theilungsfähige Gewebegruppe mag Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 305 das Procambium des Fibrovafalftranges genannt werden. Aus folchen Zellen differenziren fich die fpäter auftretenden Elemente des Gefäßbündels. d) Ungleiches Dickenwachsthum der Membranen. Entstehung von continuirlichen Porenbahnen. Die Gewebegruppe, Fig. 294, zerfällt in Zellen, welche ihre Wand ver- dicken und ihren Plasmakörper verbrauchen, die Holz- und Gefäßzellen, Tra- NL. Hr [/ aut on m D 0m V/ 2. ie. iM DR ee: oe: IM 4 & LA RA 2 17 Q | EOTOR AI YO) ws ss: RL ET, VD < 2 @R* U 0% “ Fıg. 295. Populus angulata. Querfchnittsparthie des Zweiges kurz nachdem die Bildung des erften Jahrringes be- ginnt (Mitte Juni), vergl. Fig. 293, 294. Diefe Parthie liegt zwifchen & B ni ö in der Figur 293 C. Die Radial- ketten von Holzzellen, welche in e e' e“ durch punktirte Linien eingefchloflen find, differenziren fich zuerft, fo bildet fich das Kantenbündel (Fig. 293) zuerft aus, v v' die Tracheiden des primären Theiles, ce c* der Cambiumring, p' p* die Spuren der Niederblätter. cheiden und in dauernd thätige Zelldefcendenten, die Cambiumzellen. In den erfteren treten mannigfache Verdickungen, fowie auch Reforptionen gewiffer Theile der Membran ein, fo daß in ihrem Verlauf continuirliche Strombahnen für tropfbare und gasförmige Flüffigkeiten möglich werden. Hier ift aber zu beachten, daß die Porendurchgänge im Holz der Dico- tylenpflanzen wirklich unter geringem Drucke am Manometer Waffer trans- piriren laffen. Die Nadelholzzelle aber verhält fich anders. TH. HarrTıc in- jicirte die Zweighölzer der Kiefer mit einer Flüffigkeit, in welcher Farbe- . theilchen fuspendirt find (Carmin, Zinnober, Chinefifche Tufche). Diefe N. J. C. Mürter, Handbuch 1. r. 20 306 VII. Grobe Anatomie. werden in geringer Tiefe zurückgehalten, gelangen nur:in die angefchnit- tenen Zellen, welche an die Schnittfläche grenzen, an welcher .die Flüfig- keit injicirt wird und bis in die Tüpfelräume, gehen aber nicht durch den Porencanal des Tüpfels, Fig. 297. Es folgt aus diefen Verfuchen, welche ich wiederholt und in“den von Harrıs angegebenen Refultaten beftätigt ge- Fıc. 296. Quercus Robur. Schema des Zweigquerfchnittes A nahe unterhalb der Einfügung des Blattes, M das mediane, s s' die beiden feitlichen Gefäßbündel, welche in das Blatt eintreten, x der Holz-, p der Bafttheil der Ge- fäßbündel. B ähnlicher Schnitt in der Einfügungsftelle des Blattes. Die Anordnung A ift in der Kante M s s ver- ändert, dadurch, daß M s s nun aus dem Zweigquerfchnitt nach der Blattbafis, dem Blattkiffen divergiren. funden habe, daß die fogenannte primäre Membran als Schließhaut dem Tüpfelraum nach einer der kleinen Poren zu verbleibt, eine Communi- cation als Transfufion verhindert und nur die Membranfiltration geftattet. B. Zellengenerationen. Da in der ganzen Reihe des hier zu Grunde gelegten Studienmaterials, Fig. 293 ABC, 294, 295, nirgends eine Reforption ganzer Zellen vorkommt, und die durch die genannten Figuren demonftrirte Evolution durch ftetige Wachsthums- und Theilungsvorgänge herbeigeführt wird, fo muß es auch möglich fein, zwifchen Fig. 293 Aund Fig. 293 C alle Zellengenerationen auf- zufinden. Wir nennen in einer Reihe von unendlich vielen, oder doch fehr zahlreichen, durch Theilung entftandenen Zellen «eine Generation» den Zu- ftand einer Zelle zwifchen dem erften Theilungsvorgang, welcher ihr felbft Urfprung gab und dem zweiten, durch welchen fie in zwei, drei und mehr Tochterzellen zerfällt. Diefe ftellen die zweite Generation dar, bis fie wiederum fich theilen inn.r,n.2... Enkelzellen. Würde jede Zelle in einem gegebenen Niveau des wachfenden Stammes fich in 2 theilen, fo erhielte man eine geometrifche Reihe 7, 2, 4, 8, als die Defcendenten- reihe der Ausgangszelle. Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 307 a) Stammbaum der Gewebe. Diefe Reihe ift der Stammbaum des betrachteten Gewebes. Setzen wir an Stelle der die Ordinate angehenden Linien, Fig. 176, genaue Ab- bildungen der Durchfchnitte, in welchen alle Wachsthums- und Theilungs- vorgänge als hiftologifche Zeichnungen feftgehalten wären, von Zeitpunkt zu Zeitpunkt, Zeichnungen, welche gewiß angeben, wann der nte-Defcendent feine Wand zu verdicken beginnt, wann er fein Wachsthum einftellt, wann er feinen Protoplasmakör- per verliert und verholzt u. f. f.; fo überfchauten wir alle Vorgänge der Lei- tung, Translocation, Ver- dunftung und wir würden aus der Coincidenz mehre- rer Vorgänge auf ihren cau- falenZufammenhang fchlie- Den, oder auf einen Caufal- Fıc. 297. Kiefernholzzellen mit Zinnober injicirt nach TuEopor Harrıc. nexus mit äußeren Ein- A. Längswand im radialen Durchfchnitt, der Zinnover hat fich links und r ; v rechts von der Scheidenwand angefammelt. B. Querfchnitt des Tüpfels. flüffen 5 welche, wie die c. Längsfchnitt der Holzzellen, in a Flächenanficht der gefüllten Linfen- ä b radialer Längsfchnitt. Strahlung, Temperatur u. käume, & radialer Läng f. f. den pflanzlichen Organismus beeinfluffen. b) Erlöfchende Defcendenten: Epidermis, Mark, Holz, Borke, Kork. Nicht alle Defceridenten, welche in der befprochenen Reihe auftreten, bleiben in dem Sinne dauernd thätig und lebensfähig, daß fie ftetig, fo lange das Organ (Stamm, Blatt, Wurzel) wächft, mitwachfen, fich theilen und an dem Stoffwechfel theilnehmen. Es erlöfchen frühzeitig ganze Gewebepar- thieen in diefem Sinne, fo die Epidermis, welche mit dem Zuftand, wo das Organ ausgewachfen ift, ihre Theilungen einftellt und die Fähigkeit der Reproduction abfolut verliert — das Mark, welches fehr bald fchon im erften Jahre der Dauergewächfe vertrocknet und nur an der Peri- pherie (ganz feltene Fälle nachträglicher Neubildung abgerechnet) leitungs- fähig bleibt. Holz, Borke, Kork, find Gewebe, welche faft fofort nach der Entftehung im erften Jahre abfolut theilungsunfähig werden. (5 308 VII. Grobe Anatomie. c) Dauernd thätige Defcendenten: Cambiform, Gitterleitzelle, Cambium, leitendes Grundgewebe. Gewiffe Zellenabkömmlinge unterhalten den Vorgang der Theilung und Leitung, der Theilung allein oder der Leitung allein, von dem erften Moment des Entftehens des Organes (Stamm, Wurzel u. f. f.) durch ein Jahr, ein Jahrzehnt, Jahrhundert und bei den taufendjährigen Baumriefen*) während eines Jahrtaufends. Wir erhalten für den Dicotylenbaum: ı° die Theilung erlifcht im erften Jahr: Kork, Holz, Mark, Epi- dermis; 2° die Theilung und die Leitung erlöfchen: Kork; 3° die Leitung dauert durch Jahrzehnte und erlifcht im Lauf vieler Jahrzehnte in centrifugaler oder centripetaler Richtung: Holz, Rinde (Borke), Mark der Bäume (Cambiform, Gitterzelle, Grundgewebe, Holz- und Baft- parenchym); 4° Leitung und Theilung dauern durch das ganze Leben: Cambium- ring, Vegetationspunkt (f. allgem. Morphologie). Mit Bezug auf die Holzbildung im Stamme, erhalten wir das folgende Schema des Stammbaumes der Gewebe und fomit der Blutsverwandtfchaft der Zellen: Keimbläschen. Proten I. Ranges. Vorkeim (Rückfchlag in den Fadenalgentypus). Keimküchelchen und primärer Stamm. Primäre Cambialftreifen. Urmeriftem. Proten der Proten der primären gefchichteten Gewebe. Gefäßbündel. 1. u Grundgewebe. Epidermis. Proten des Korkes der Steinzellen der Fibrovafalmaffen. 2% : Secundäge Blatt. Haar. Fibrovafalmaffen (Cambiumring?). Holzmark- Holz. Tracheide. Gefäß. Geichlechrheie Secrete. ftrahl. BR | Holzparenchym. eimbläschen Rindenmark- Baft. Leitzelle. ... (Moofe). Adventive ftrahl. | Sproffe. Baftparenchym. ') Linde von Dortmund. Californifche Riefenfichte. Wellingtonia gigantea. Eiche in Petersburg. Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 309 Wir haben uns an den Gedanken gewöhnt, daff wenn ein Element einmal fo weit differenzirt ift, wie die Elemente des Holzzuwachfes es find, daß dann der Keim zu dem ganzen Stammbaum verloren gegangen if. Es läßt fich aber zeigen, daß in einem beftimmten Zeitpunkt der Ent- wickelung das Holz in fich die Fähigkeit befitzt, fich zu verjüngen, derart, dafs felbft aus den fertig differenzirten Zellen neue Gewebe hervorgehen. Dieß tritt namentlich in Folge eines äußeren Reizes, wie die Verwundung durch Menfchenhand oder Thiere, ein. C. Vertheilung der Gefässbündel). Die primären Gefäßbündel durchziehen die Pflanze als ein continuir- liches Netzwerk, von der äußerften Nerv enendigung im Blatte bis zur Wurzelendigung. Die Vertheilung derfelben im Querfchnitte ift abhängig von der Stellung der Blätter. Für die große Mehrzahl der Pflanzen (die Ausnahmen find unter der Syftematik abzuhandeln) kann man für den, vor dem fecundären Zuwachs belegenen Zeitraum fagen: ı° wenn man alle Ner- ven der vorhandenen Blät- ter refp. Zweige rückwärts in den tragenden Stamm verfolgt, fo befchreibt man „,, 298. 4. Aufgewickelter Cylinder eines Zweiges von den Verlaufder fimmtlichen Populus laurifolia. In jede Blattnarbe treten drei Spuren, von fä 2: jeder Blattnarbe ftehen diefelben mit den Nachbarn in Zufam- Gefäßbündel r und es entfteht menhang. B. Aufgewickelter Cylinder des Quercus. prinos wie ein Mafchenfyftem bei den Ge- vorher. Ein Theil a en I links, ein anderer fäßcryptogamen und Dicotylen von der Befchaffenheit der Fig. 298, 299, welches in einer Cylinderfläche liegt. Außer diefen finden fich dann nur die fehr kleinen Ausläufer der Niederblattregion. Vorzüglichfte Studienobjecte, neben unferen Waldbäumen, find die Opuntien. Fig. 299 ftellt ein Skelett dar, welches durch Ausfaulen des Grundgewebes entftanden. Die rhombifchen Mafchen find noch mit einer großen Anzahl von Faferverzweigungen ausgefüllt. Die rhombifche Mafche 2) NäceLı, Beiträge zur wiflenfchaftl. Botanik. 1. Heft. Leipzig. Engelmann. 1858. Ueber Wachsthum des Stammes u. f. f. 310 VII. Grobe Anatomie. ift der Ort, wo bei den Cacteen die rudi- mentären Nebenorgane (Haarbüfchel) fitzen. Das vorliegende Skelett ftellt die Hälfte des flachen Stammes dar. Jede rhombifche Mafche ift von vier Nachbarmafchen einge- grenzt. In den Rhombenfeiten verlaufen die Paraftichen 0,3, 0,5. In die lange Diagonale fällt die Paraftiche 0,8. Die 13er ift die Verbindungslinie aus den Schnittpunkten durch zwei in der ser Richtung neben- einanderliegende Mafchen. Aehnliche Gefetzmäßigkeiten, wie fie in der Anordnung der primären Gefäßbündel hier und in den fchematifchen Darftellungen Fig. 298 vorliegen, herrfchen bei allen höheren Gefäßpflanzen ; 2° es befteht keine Gefäßbündelver- bindung zwifchen dem Stamm refp. Blatt einer- und den acceflorifchen Organen: Stachel, Haar, Drüfe andererfeits. Als einfachftes Schema der Entwicke- lung für die Baumknofpe möge die Figur 300 dienen. Sie ftellt einen Durchfchnitt dar, parallel der Zweig- beziehentlich Stamm- axe, nachdem foeben die Niederblätter (Knofpenfchuppen), deren Gefäßsbündel ‚mit den unteren Pfeilen verlaufen, entwickelt, oder abgefallen waren. Die primären Ge- fäßbündel, welche, in die Laubblätter Z ein- tretend, dort die Nervatur bilden, und die- felben für die Knofpenfchuppen N, welche die Knofpe im laufenden Sommer wieder fchließen, verlaufen auf der Innenfeite des fchraffirten Theiles der Zeichnung; diefer ftellt den Durchfchnitt der erften Jahresholz- lage dar; .da wo diefelbe oben bei & endigt, Fıs. 299. Skelett der Gefäßbündel in einem Opuntienftamm. Die rhombifchen Mafchen find mit einem feinveräftelten Netzwerk von Gefäßbündeln ausgefüllt, fo wie dieß mehrere Mafchen in dem unteren Theile der Figur zeigen, in den Schnittpunkten der Rhomben fitzen die Haarbüfchel der Pflanze, die Pfeile führen nach den zer, ger u. f. f. Paraftichen (nach einer photographifchen Paufe). Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 311 beginnen die primären Gefäßbündel derjenigen Blätter, welche in dem nächften Sommer zur Entfaltung kommen. In der Richtung der Axe dürfen wir das Wachsthum als unbegrenzt anfehen, ftets fchliefen nun die primären Ge- fäßfpuren in derfelben Richtung an bereits vorhandene an, fo daß diefelben gewiflermaßen weiter fließen, mit gelegentlichen feitlichen Abzweigungen, welche in die feitlichen Organe ausmünden. (Man vergl. auch die Figur 3135.) Stellung und Verlauf der primären Gefäßbündel?). Die primären Gefäßbündel ftehen im Querfchnitt in einem Kreis: Mehrzahl der Dicotyledonen; in zwei Kreifen: Stamm der Tradescantien, Piperaceen und viele andere; endlich weit über den ganzen Querfchnitt zer- ftreut bei den baumartigen Monocotylen. Der Bewegungsvorgang, deflen Stu- dium wir oben $. 303 zum Vorwurf machten, kann zunächft in den Längs- fchnitten Fig. 301 und Fig. 300 dargelegt werden. Die Gefäßbündel Fig. 301 f, fi, f geben Ausläufer ab, welche zum Theil in die feitlichen Organe T T’, Blätter, einmünden, zum Theil aber gehen ihre 7,.. 30. Schema eines Stammäurchfchnittes dico- oberen Endigungen nach der Endknofpe ps at u AR er A. In der nächften Nähe diefer ftehen nach der a and den Bläfsern. "N die Spuren die Blätter 7 7. In diefen differenzirten 2 a ee fich die Gefäßbündel, ehe noch der Anfchluß an das Gefäßbündel f“ z. B. hergeftellt ift. Diefer wird erreicht, indem während der nachträglichen Streckung des ganzen hier im Durchfchnitt verzeichneten Stammabfchnittes das Blattbündel nach unten fortrückt, während das Stammbündel ihm ent- gegenrückt. Bei den Palmen, Drac&nen, Pandanus, Fig. 302, haben wir Studien- objecte, welche den Vorgang der hier herrfchenden Verfchiebung noch deut- licher demonftriren. Wir brauchen hier nur zu fragen: wie muß fich der Kegel A B mit allen in ihm verzeichneten Gefäßbündeln verfchieben, da- mit alle Blätter, T, T‘, T“, welche jetzt dicht gedrängt ftehen, fpäter auf größere Intervalle am Stamme gerathen und doch alle mit Gefäßbündeln verfehen werden? !) Dr. C. Sanıo, Einige Bemerkungen in Betreff meiner über Gefäßbündelbildung geäußerten Anfichten. 165. 71. 84. 91. 97. Bot. Ztg. 65. — HausHEim, Ueber gürtelför- mige Gefäßftränge-Verbindungen im Stengelknoten dicotyler Gewächfe. 1858. Berlin. Dümmler. 312 ' VII. Grobe Anatomie. Schon in der Anlage im Kegel AB verlaufen die Bündel zur Achfe des Stammes geneigt; fie befchreiben tangential und radial fchiefe Bahnen, und es muß ein Bündel, welches in der Zone AB nach A convergirt, in eines der Blätter T' eintritt, fpäter nach der Richtung der Peripherie Blatt felbft mehrere Fuß von dem Vegetationspunkt A durch das Wachsthum entfernt wurde, oder mit Bezugnahme auf unfer Photo- gramm, Fig. 302, muß das Stück- chen @ ß mit der Zeit in die Lage o' ß' gerathen. Wir wollen diefen Verlauf den Typus der-baumartigen Monocotylen nennen. Die Blätter TT u. f. f. ftehen auf einem flachen Kegel dicht gedrängt, und Fıs. 301. Tradescantiaftamm, Längsfchnit. T 7’ Blaı- in dem Maße, wie der ‚Stamm bafen. re A die Gefäßbündel. wächtt, rücken fie in deffen Cylin- derfläche auseinander. In demfel- ben Maße entftehen am Vegetationspunkt aber auch wieder neue Blätter und in jedes foll eine beftimmte Anzahl von Gefäßßbündeln eintreten. Es wird daher ftetig die Configuration über dem Niveau B, Fig. 302, über- gehen in die Anordnung, welche unter dem bezeichneten Niveau herrfcht. Mit Bezug auf die Blattftellung (f. Allgem. Morphologie, Buch I. ı) muß darauf geachtet werden, daß bei den Dicotylen mit ftreng gefetz- mäßiger Stellung der Blatt- und Gefäßfpuren, diefe nicht in der Orthofti- chen-!), fondern in der Paraftichen-Richtung verlaufen. Das befte Studien- object hierfür ift der von NÄGeLr zuerft unterfuchte Stamm von Iberis amara, Fig. 303. Verfolgen wir einen Strang: er geht in einer Richtung, welche parallel mit der ser Paraftiche anfteigt, fo aber, daf während des in Rich- tung des Pfeiles fortfchreitenden Wachsthums die Spur 22 fich anlegt an 17, 17 legte fich früher an 12, ı2 an 7 u. f. f., und es müffen in je ei- nem fehr dünnen Querfchnitt je ıo Gefäßbündel auftreten. - Anders liegt dieß bei den decuffirten Pflanzen, wo im Allgemeinen, wenn von den Drehungen des Stammes abgefehen wird, die Gefäßbündel faft ftreng parallel der Axe verlaufen, Fig. 304. In dem Niveau & ftehen die Keim- blätter A B Figur mit je einer einzigen Gefäßfpur, dort aber kommen noch !) Orthoftiche ift die Verbindungslinie der Blatt-, beziehungsweife Zweiginfertionen, welche parallel der geometrifchen Axe des cylindrifch gedachten Organes verläuft, divergiren, wenn das entfprechende Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 313 zwei kleine Spuren 4’ B‘ für die Axillarfproffe der beiden Keimblätter hin- zu. Das Cylinderftückchen « ß ift congruent zu ß y, die beziehungsweifen Blatt- und Axillarfpuren find um 90° entfprechend der decuflirten Stellung der Laubblätter verfcho- ben. a, b, c und d, e, f find die Gefäßbün- del, welche zu demerften Blattpaar (den Primor- dialblättern) führen. In den nun folgenden drei Blattpaaren find alle Ge- fäßbündel ausgebildet, mit Ausnahme des ober- ften Paares, wo erft die Medianftränge v und n angelegt find. Nach ab- wärts führen die Haupt- ftränge 4A, B,C, Din denhypocotylenStamm- theil. D. Festigkeit der Gewebe!). Ein neuer und origi- neller Weg, die hifto- logifchen Verhältniffe zu "behandeln, ift von i Fıc. 302. Pandanus graminifolius. Längsdurchfchnitt durch den Stamm. SCHWENDENER betreten 4A defflen Vegetationskegel, T Blattbafen, a Axillarfproß, @ B Gefäßbündel, welches in radialer Richtung nach A convergirt, [4 B' ein folches in divergen- worden.Erunterfucht ZU- ter Richtung, bezogen auf die Axe, getroffen. Die Rinde mit zahlreichen nächft die Feftigkeit der Raphiden von oxalfaurem Kalk. verfchiedenen Gewebe- arten, nachdem er gezeigt, daß) in der bisherigen Bezeichnungsweife der Hiftologen nur die Lage und gegenfeitige Anordnung der Gewebe maß- 1) f. SCHWENDENER, Mechan. Princip im anat. Bau der Monocotylen. Leipzig 1874. W. Engelmann. S. ı fl. S. 14 ft. It T das Tragvermögen, b die Länge, fo ift der Elafticitätsmodul Tb Any wo X die Verlängerung bedeutet. 314 VII. Grobe Anatomie. gebend waren. Er unterfcheidet zwifchen mechanifchen Zellen (Fafern, Baft) und dem Füllgewebe oder Grundgewebe und Collenchym, Parenchym. Um die Elafticität und Feftigkeit der Baftbündel zu prüfen, wandte SCHWENDENER eine ähnliche Methode an wie HorMEISTER, als er die Größe der Spannung in den Geweben unterfuchte. Er klammert die Baftftreifen, belaftet fie in fenkrechter Lage, beftimmt die Verlängerung und das Gewicht, bei welchem der 1» Streifen reißt, fowie den Elafticitätsmodul. (f. die An- . merkung S. 313). Es ergibt fich, daf die ftärkften Baft- fafern in Hinficht des Trag- vermögens und der Elafticität dem Schmiedeeifen wenig nachftehen. Das Tragver- mögen pro qmm ift beim neufeeländifchen Flachfe 20 k, bei Pincenetia recurvata aber fteigt es bis 25 k. Bei Schmiedeeifen ift es in Drähten 21 k, der größte Werth bei Stahl ift 24,6. Das Maximum ; der Verlängerung ift bei den FıG. 303. Aufgerollter Stamm von Iberis amara nach NÄceri. Schematifche Darftellung des Fibrovafalverlaufs; überall wo eine Fafern des Papyros 15,2 pro Zahl fteht, geht das Bündel aus der Cylinderfläche in ein Blatt über. mille. Das Mäximim der- _ eu a Die Tragkraft eines Balkens hängt von feiner Conftruction ab. Der 7 Träger, welcher heutzutage fo vielfach in Eifen den Holzbalken erfetzt, möge als Beifpiel dienen. Die Querftriche des T Trägers werden die Gurtungen desfelben genannt. Wenn h die Höhe des Balkens oder Eifenträgers, / feine Länge, Q die gleichmäßig vertheilte Laft be- deuten, fo ift R die refultirende Zug- oder Druckkraft in der Mitte des Trägers Aue ah. I das Tragvermögen T der Gurtungen für die Flächeneinheit (13 k pro qmm beim Schmiedeeifen), fo ift F T die größte zuläffige Druck- oder Zugfpannung und es be- fteht zwifchen ihr und der Belaftung Q die Beziehung Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 315 felben bei Metallen kommt dem Mefling zu, mit 1,35 pro mille. Die ftärkften Pflanzengewebe unterfcheiden fich fomit nicht in der abfoluten Feftigkeit von den Metallen, fie find dagegen dehnbarer. Sie unterfcheiden su "4 N; ser fich weiter «durch die geringere Differenz , zwifchen Tragmodul und Feftigkeit- d,|; 23 modul, d. h. zwifchen den Zugkräften, \If F. (N welche blos eine Verlängerung . bis zur q E15 Elafticitätsgrenze und denjenigen, welche ein fofortiges Zerreißen bewirken». Das Schmiedeeifen reißt erft bei der dreifachen Belaftung, welche feinem Tragvermögen entfpricht, die Fafer aber fofort nach dem Ueberfchreitenihrer Elafticitätsgrenze. Beiden Bäumen kommteineDrehung in Betracht, welche den Schaft um feinen Fußpunkt tordirt. Erfaßt der Sturm die Krone, fo wird der Schaft in erfter Linie pendelartig hin- und hergezerrt. Sodann aber wird die Krone felbft um den Schaft als Axe kleine Theile des Kreisumfanges, welcher um die Axe befchrieben ift, durch- laufen und dabei den Schaft bald von links nach rechts, bald von rechts nach links tordiren. In gleichem Sinne wird der Aft gebeugt, dabei aber wird er eben- falls einer Torfion unterliegen, indem zic. 304. Urtica Dodartii nach Nägzu. Gefäß- bald die’ linke bald die rechte: Seite, des WYedelnerkuf ip auigewickelten "Cyhinder Ser: Schirmes von dem Wind herabgedrückt s wird. Der horizontale Aft oscillirt-um feine Axe. Das Auszweigungsfyftem der Baumwurzel unterliegt folchen Ein- flüffen nicht. 0—? = FT. Die Verbindungsglieder find am wenigften gefpannt. Man beachte, daß ein zwei- feitig befeftigter elaftifcher Stab, welcher in der Mitte die Laft trägt, bei der Biegung in der oberen Seite pofitiv, in der unteren negativ gefpannt ift, in der Mitte liegt die neu- trale Zone, wo die Compreflion der Oberfeite in die Expanfion der Unterfeite übergeht. In dem Gewebe der Pflanzen find die Gurtungen mechanifche Zellen, Fafern, die Füllun- gen dagegen Parenchym, Grundgewebe. 316 “ VII. Grobe Anatomie. Vergleich der Biegungsfeftigkeit des Baftes mit der einer Eifenbrücke!). Der Querfchnitt in der Britanniabrücke ift in Fig. 305 B dargeftellt. Die Röhre ift 14° breit, an den Enden 23‘, in der Mitte 30° hoch. Die Seitenwände beftehen aus Eifenblech von 13—16 mm Dicke. Die Decke hat acht, 4 der Boden fechs Zellen. Läßt man den rechteckigen Querfchnitt zum Kreisring werden (Fig. 305 4 ftellt die Hälfte diefes dar), fo bekommt der Durchmefler ıo m. Die Differenz zwifchen dem inneren und äußeren Radius ift 5o cm. Die Zahl der Rippen im ganzen Umfang it 60 cm. Wenn die Wanddicke für die Röhren 1,5, für die Rippen ı cm B beträgt, fo ift die Querfchnittsfläche 11,866 gcm und das Maß des Biegungsmomentes 1340 Million kcm. Die Senkungsgröße, wenn die Röhre mit den Enden frei aufliegt, berechnet fich nach (D) zu 4,6 cm. Vergleicht man nun einen Scirpusftengel oder Grashalm in diefer Hinficht mitsder Brückenconftruction, fo muß der Querfchnitt derfelben auf 1000 cm Durchmefler berechnet werden. Das fpecififche Gewicht des frifchen Baftes ift 1,5, etwa !/s von dem des Eifens. Sei der Elafticitäts- Q modul 125 000. = erhält einen conftant anderen Werth. Q ift etwa 5 mal, E ıs5mal kleiner als beim Eifen. Die Senkung ift in der Mitte daher 15/;mal größer. Zu beachten ift nun, daß der Querfchnitt der Baftcon- ftruction für den Querfchnitt des Organs größer ift, wie der Querfchnitt oder Träger in der Brücke. Er erreicht das Zehnfache der letzteren. Denkt I A Be IE IT Br Fıc. 305. 1) (I) Die Senkungsgröße 5 wird aus der Länge der Röhre /, welche beider- feits befeftigt, aus dem Maß des Biegungsmomentes W, aus dem Elafticitätsmodul E und aus dem Gewicht der Röhre Q gefunden. 52 Rs 384 WE "2. (II) Das Biegungsmoment ift die Größe, welche bei der Belaftung eines Trä- gers der Beugung des Trägers umgekehrt proportional if. Das Moment ift beftimmt (unter der Vorausfetzung, daß die Füllung vernachläfiigt werden darf), indem die Quer- fchnitte der Gurtungen mit dem Quadrate ihres Abftandes von der neutralen multiplicirt wird. Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 317 man fich den Querfchnitt des Moliniahalmes auf 1000 cm Durchmeffer ver- größert und diefe Conftruction in Eifen ausgeführt, bei einem Querfchnitt von 90,000 qcem und dem Eigengewicht Q von 1,350,000 k, fo erhält man bei 100 m Länge eine Senkung von 12 cm, diefe würde gefteigert auf 16 cm, wenn die Belaftung um 450,000 k (Gewicht eines ftarken Güterzuges) ver- größert würde. Damit wäre das Maximum der zuläfligen Belaftung aber noch nicht erreicht (II). | SCHWENDENER unterfcheidet zwi- fchen mechanifchen Zellen und morphologifchen. Zu den ’erfteren rechnet er die Baftbündel, welche namentlich bei den Monocotylen ganz unabhängig von den übrigen Elemen- ten des Gefaßbündels über den Quer- fchnitt des Stammes und Blattes ver- theilt ftehen, ferner das Collenchym. In zweiter Linie kommen wenigftens bei den Monocotylen die Zellenele- Fıc. 306. Arum maculatum, Querfchnittsparthie durch . den Blüthenfchaft. m Meftom, d. i. ein Syftem von mente in Betracht, welche der Trans- sBündeln mit dünnwandigen Gefäßen und Leitzellen. location von Protoplasma, Cambiform, ERDE ET non PBnBeNn. Cambium, von Luft und Waffer, Gefäfßse- und Holzzellen dienen. Diefe nennt SCHWENDENER das Meftom des Gefäßsbündels. Ihre Bedeutung für a en Maß des Werthverhältniß u Bars. Biegungsmomentes. r = >ler. 2 Cylinder F ja 1000. 2 2 Hohlcylinder F Zn 5545- 2 Quadratifcher Balken F ._ 1046. 2 2 Hohler quadratifcher Balken F er 5800. 2 h Dreikantiger Balken R 7 936. 2 2 Hohler dreikantiger Balken F EI 5192. -2 Sechskantiger Balken Er 1009. (III) Zur Reduction auf die wirklichen Verhältniffe im Pflanzenftengel beachte man, daß wenn » die Verkleinerungsziffer ift, fo wird in KL BDe Ze DR 384 WE der Zähler »® mal kleiner, weil Q den dritten Potenzen der Längeneinheit proportional ift, “ 318 VII. Grobe Anatomie. die Befeftigung des Syftems ift eine geringere. Sie dienen aber in höherem Maße den Anforderungen der Ernährung. r Die Baftzellen befitzen die größte Feftigkeit. Das ganze Syftem des Stammes kann als eine mechanifche Conftruction aufgefaßft werden, in welcher die Baftbündel die Träger bilden, während die übrigen Gewebe 6 b Fıc. 307. 4A. Piptatherum multiflorum, Querfchnitt des Stammes. b Baftring, b‘ die ifolirten Baftrippen, welche mit.demfelben in Ver- bindung ftehen, v v! das Meftom. B. Cyperus conglomeratus, Quer- fchnittsparthie des Stammes. Db b' Baftrippen, welche mit dem Meftom v combinirt find. als Füllungen und Verbindungen dienen. In der citirten Abhandlung find die wichtigften derartigen Conftructionen, nachdem ein Abriß der Feftig- Im Nenner ändert fich aber blos W mit der vierten Potenz. Die Senkung fällt alfo n? mal kleiner aus, d. h. das Organ muß im Verhältniß zu feiner Dicke vielmal länger fein, wenn fein Eigengewicht, plus einer entfprechenden Belaftung, eine erhebliche Senkung ver- anlaffen foll. (1V) Die Senkungsgröße einer Röhre, welche einerfeits befeftigt, andererfeits in -horizontaler Stellung frei und an diefem Ende belaftet, ift B S — 3WE P: wo P das angehängte Gewicht bedeutet. Ift der Stab oder Faferabfchnitt einerfeits befeftigt, in fenkrechter Lage am an- deren Ende belaftet, ift % die beobachtete Verlängerung, G das Gewicht, r der Radius des Baftringes, fo hat man: Wwsen & RG. (V) Außer den Zug- und Druckkräften kommen in einem horizontalftehenden, einerfeits befeftigten, andererfeits belafteten Träger noch «fcherende Kräfte» oder Schubkräfte zur Wirkung, welche die Theilchen nach allen Richtungen zu verfchieben trachten. Solche Kräfte werden fowohl parallel der Axe, als auch fenkrecht zu ihr wirk- fam fein. So ift z. B. das am Ende hängende Gewicht beftrebt, die betrefiende Quer- fchnittsfcheibe fenkrecht zur Axe zu verfchieben. Die pofitive und negative Spannung und die Schubkräfte parallel und fenkrecht zur Axe laffen fich in ihrer vereinigten Wir- kung betrachten, und es kann für jede zur Axe geneigte Richtung die Refultirende ge- fucht werden. Möge die Fläche den Winkel 9 mit der neutralen Faferfchicht einfchließen, die Spannung, welche in diefer Fläche zur Wirkung kommt, ift die Tangentialfpannung Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 319 keitslehre vorausgefchickt ift, welchen ich in hier beifolgenden Noten be- rückfichtigt habe, in 20 Typen abgehandelt, von welchen einige der in- tereffanteren hier abgehandelt fein mögen. A. Einfache Baftrippen unter der Epidermis. 1° Die Baftrippen in einfacher RinglagemitdünnwandigemMeftom 4 tombinirt, z. B. Arum B Fig. 306. 2° Kleinere und größere Baft- rippen wechfeln ab und find ge- trennt durch chlorophyllführende Zellen. Blattftiel der Colocafıen. Das Maß des Biegungsmomentes, r A 2 . du Fıc. 308. Schema der Stammhälfte von Scirpus cxfpitofus. wenn die Baftrippen als vierfeitige ner Querfchnitt zeigt fechs größere combinirte Träger und Träger in Anfchlag kommen, be- DE IRRE trägt 1500 Millionen. B. Combinirte periphere Träger. 3° Je zwei Baftbündel, deren Verbindungslinie im Radius liegt, und welche durch Meftom oder Parenchym verbunden find, bilden einen zu- T, diejenige, welche fenkrecht zu ihr wirkt, die Normalfpannung, fo erhalten wir mit Rückficht auf 7 Sb ? Ssa’ worin $b die Spannung in Folge der Biegung, und $sa die Schubfpannung parallel der Axe bedeuten, mit Rückficht auf die Normalfpannung N tang. 29 =] tang. 29 = — 2 —— als die Werthe des Winkels, bei welchen die Tangential- oder die Normalfpannung zum Maximum oder Minimum werden. Die Druck- und Zuglinien oder Spannungstrajectorien an ei- nem Träger Fig. 309, welcher in p mit 2 k belaftet ift, die Höhe I+-r von 2, die Dicke fenkrecht zur L Papierfläche von ı cm befitzt, find 7 wi berechnet. Sie ftellen Curven dar, J ec parallel welchen die Spannung nur r als Druck oder Zug wirkt. Sie Fıc. 309. fchneiden die neutrale Fafer unter _ dem X von 45°. Sie fchneiden fich felbft unter dem Winkel von 90°. Die Elemente werden im Sinne der abwärts concaven Trajectorie pofitiv (gedrückt), im Sinne der auf- 320 VII. Grobe Anatomie. fammengefetzten Träger, viele folche ftehen in einem Kreis. Wird nach derfelben Methode das Maß der Biegungsmomente berechnet, fo werden 1087 Millionen erhalten. Das Syftem würde fchematifch durch die Figur 308 dargeftellt fein. 4° Meftom und Baft ift combinirt, A der einfachere Fall für Cyperus Fig. 312, B der complicirtere Fig. 313. Die Feftigkeit ift durch die Ver- bindung der Baftbündel mit dem Meftom oder parenchymatifchen Gewebe wefentlich erhöht. Das MafS des Biegungsmomentes fteigt. auf 1250 Millionen. C. Bafthohlcylinder mit radialen Rippen, welche mit der Epidermis in Verbindung ftehen. In diefen Typen verfchmelzen zum Theil die Baftbündel zu Ringen, Fig. 310. Die complicirteren Syfteme find zufammengefetzt aus zahlreichen peripheren Baftbündeln und Meftomen, welche durch Parenchymftränge ver- bunden find, Fig. 313. Die großen luftführenden Gänge der Juncaceen, Potameen u. a. m. find durch Diaphragmen von Parenchym getrennt. Diefe ftellen ebenfalls eine mechanifche Einrichtung dar, welche das Syftem befeftigt. Bei den Scirpusarten werden die Luftgänge durch feine fadenförmige Zellen be- wärts concaven Trajectorie negativ gefpannt (gezerrt). Die fteileren Enden der Trajectorie entfprechen der kleinften, die flachen Enden der größten Spannung. Bei den vegetabilifchen Organen find die Schubfpannungen gegenüber den Druck- und Zugfpannungen wegen der großen Länge verfchwindend klein. An einem horizontalen am einen Ende eingefpannten Träger von 2 cm Höhe, ı cm Dicke, ı m Länge berechnen fich die Maxima und Minima der Normalfpannungen in einer Diftanz von so cm vom freien Ende wie folgt: Es ift die Querfchnittsfläche aus zwei Quadraten von je ı cm Seitenlänge zufammen- gefetzt. b ift die Breite, » die Höhe. Das Maß des Biegungsmomentes W ift Bo b’h3 wege 2a; 12 12 die Spannung der äußeren Fafern an der oberen und unteren Begrenzungsfläche ift ro Fre W ? worin P das Gewicht, x deffen Abftand vom freien Ende, e die Entfernung der Grenz- fafer von der neutralen Lage bedeuten. Ift der Abftand eines beliebigen Punktes von der neutralen Lage z, fo ift die Schubkraft parallel der Axe Ssa Ssa= 2 ee a (e u. für den vorliegenden Träger ift allgemein: Ssa = ®Ja (1 — 2?). Der Longitudinalfchub fchwankt zwifchen 1,5; k per gem (für x = 0) und Null re 5 Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 321 feftiget, welche in der lebenden Pflanze ftets im gefpannten Zuftande an- getroffen werden). Als Befeftigungseinrichtungen gelten die Gelenkknoten der Gräfer, oberhalb.deren das Internodium in in- tercalarem Wachs- thum befindlich ift. Diefes aber it durch die Blatt- bafıs vor dem Ein- knicken gefchützt. Der Knoten dient zweierlei Zwecken, er if im unteren. Theil ein Organ der Be- feftigung, im obe- ren Theile dient er der Bewegung, ähnlich den Ge- lenkpolftern der Papilionaceenblätter. Die relative Feftigkeit in conifchen Organen, Stengeln, Beumflirkiien, gegenüber der Biegung um den an der Bafıs der Wurzelftelle belegenen FıG. 310. A. Juncusbalticus. Kleine Parthie aus «dem Querfchnitt des Stengel. B. Juncus _ paniculatus. Kleine Parthie aus dem Querfchnitt des Halmes. C. Allium vineale. Blüthenfchaft im Querfchnitt. 2’ Batft- ring, b ifolirte Baftftreifen, v Ge- fäßbündel. ») «Die Normalfpannung N, rechtwinklig-zu der oben erwähnten geneigten Ebene, deren Neigung 9 übrigens nachträglich noch befonders zu beftimmen ift, a a für ‚einen beliebigen Abftand von der neutralen, den Maximalwerth Nmax. = —— + Ve )+ L? = RER {R\? und den Minimalwerth Nmin. = rn (=) + L[?. In diefen Formeln find die Größen R und L für die verfchiedenen Werthe von x arithmetifch zu berechnen. In unferem Fall, wo R für die äuferften Fafern ı5o k be- trägt, mögen aus der Abhandlung einige Werthe für die Maximalfpannung angegeben fein: fürx= 0 ift Nma.= yp =L =... 1,5 k per gcm I I I5o ur= 16 .e « Nmax. = = . u. + V 4,69? + 1,494? — 9,6 “ « « I I BE z Sr A ern s?+ 1125? = 7502« « « « = , .e « Nmax. = IE En V5625 + 0,6 56? =112,50.0 « Che « Nmax.—=R —=rTSO «« «. N. J. C. Mürrer, Handbuch 1. 1. 21 322 VII. Grobe Anatomie. Befeftigungspunkt, muß) in allen Querfchnitten die gleiche fein. Bei gleicher Materialvertheilung in einem folchen Gebilde muß daher eine beftimmte Beziehung zwifchen der Länge und dem Radius der AU ZB hintereinander belegenen Querfchnitte beftehen. Die | Spannung ift in dem Gebilde gleich groß, wenn die Bedingung erfüllt ift, daß die dritte Potenz des Radius (R) gleich it dem Abitand der Laft, welche an dem Fıc. 311. Querfchnittein- Ende wirkt, von dem zu R gehörigen Querfchnitt, dividirt ar ea durch die Gefammtlänge. Ein Träger, welcher diefen Anforderungen entfpricht, ift ein Kegel mit paraboloider Endigung. Er krümmt fich, wenn er einer- 2 a feits befeftist, andererfeits in horizontaler (*) @) Stellung belaftet wird, fo, dafs die Krüm- i i mungsradien am Befeftigungspunkte .größer ER Be find wie an dem belafteten Ende. Pflanzen- £ DT ftengel, Halme, lineale Blätter beugen fich Am! fo, daß die Curve dem Kreife fich nähert, a a der complicirteren ieß muß auch nach obiger Vorausfetzung Träger. a und v wie vorher. B Parenchymn wm fo mehr der Fall fein, je fchlanker der zwifchen den Fibrovafalparthieen. Träger gebauet if. SCHWENDENER beftimmte die Senkung für mehrere fchlanke Grashalme, welche einerfeits bei horizontaler Stellung in den Schraubftock geklammert, andererfeits belaftet waren. Die Länge der Stücke. war 70 mm. Il Bei der Berechnung der Minimalfpannungen ift ftatt des + vor den Wurzelzeichen - ein — zu fetzen. Die Ziffern bleiben unverändert. Man findet für 10 Nmin. = — 1,50 k per gcm I Nmi o2« u“ « —— .e Nmin. = — x 2 , I } z=—e Nmn. = 0905 «u « 4 if Nmin. = — o “« « Die negativen Vorzeichen bedeuten die entgegengefetzten Spannungen, alfo Druck ftatt Zug. Die Richtung diefer Maximal- und Minimalfpannungen ift gegeben durch den Win- kel p, welcher die Neigung der fraglichen fchiefen Ebene zur Horizontalen, oder was das- felbe ift, die Neigung der Spannungsrichtungen zur Vertikalen bezeichnet. Das Maximum oder Minimum ergibt fich in der Formel tang. 29 = — En Für die Werthe von x erhält man: bei z = o ift tang. 29 = — ®, alfo 29 — 270° und = 135°, welche nach rechts wie nach links herum Gültigkeit haben. Mit Rückficht auf einen beftimmten in der neutralen Axe liegenden Nullpunkt des Kreifes, von dem aus in gleicher Richtung gezählt wird, ift alfo g = 135 oder 45°. Die beiden Richtungen kreuzen fich alfo rechtwinklig und fchneiden die neutrale Axe unter 45%. In diefen Kreuzungspunkten haben Maximal- und Minimalfpannung glei- TE RL Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 32: Senkung bei 5 g wirklicher Belaftung auf 10 g berechnet. Juncus glaucus. Abftand von der Bafs. . o 200 400 700 beobachtete Senkung . . — 5 9 16 Durchmeffer des Stammes 2,4 2,28 2:3 1,8. Do 0) IN (j 17% \V ll Fıs. 313. 4. Scirpus lacuftris. Querfchnittsparthie durch den Halm. J Intercellularräume, Querfchnitt durch den oberen Theil des Halmes.. C. Alopecurus pratenfis. Querfchnittsparthie des oberen Halm- theiles. Die fchraffirten Theile fini Baftbündel oder wie in C Baftring. chen Werth, nämlich 1,5 k per gem, fie haben entgegengefetztes Vorzeichen, weil die eine von Druck-, die andere von Zugkräften herrührt. Für die äußerfte Fafer it x = e, und dem entiprechend tang. 2 9 = o, alfo Winkel 2 9 = o oder 180°, folglich g = o oder 90°. Die Maximalfpannung ift hier = 150 k und dabei longitudinal gerichtet; die Mini- malfpannung ift zwar in der Grenzfläche felbft gleich Null, muß aber transverfal gedacht werden, da fie fchon in der nächftliegenden Fafer diefe Richtung wirklich zeigt. Für die übrigen Werthe von x berechnen fich in ähnlicher Weife die nachftehend bezeichneten Winkel. Die gefundenen Grenzwerthe find der Vollftändigkeit wegen noch einmal aufge- führt, die bei der Berechnung erhaltenen Minuten unter !/s Grad dagegen weggelaffen. en ae {) {) zZ u 7 45 oder 135 Zi ; .e;9 — 88° oder 178° rel Nee 580 ° « 148° i ; Eee €“ 17 A ER Fe EL 3. 5 ee Fl. = 90° « 180° = . 5 nn co 0 z R e;9 85 17° =e Te a! «Die Richtungen der Maximal- und Minimalfpannungen, welche die neutrale Axe unter 45° fchneiden, nähern fich hienach fehr rafch der Längs- und Querrichtung unferes Trägers. Schon bei x = !/s+ e beträgt die Abweichung nur rioch 5°, bei x = !/s-e nur 21° B. Scirpus lacuftrıs. ® 324 VII. Grobe Anatomie. Durch die Gewebefpannung wird die Feftigkeit des Syftems erhöht. Ein Theil derfelben wird ihren Grund im .hydroftatifchen Druck der Flüfigkeiten auf die Zellwand haben, fowie eine prall mit Waffer oder Gas gefüllte Blafe erhebliche Feftigkeit gegenüber dem fchlaffen entleerten Zuftand zeigt. SCHWENDENER denkt fich einen hohlen Träger von be- kannter Tragkraft und Maffe (Baft etwa), derfelbe foll mit Gas unter dem Druck von 5 Atmofphären gefüllt, horizontal aufgeftellt, einfeitig befeftigt fein, wie groß ift feine Tragkraft im gefüllten und gefpannten Zuftande? Sieht man von der Expanfion des Trägers in der Querrichtung ab, oder denkt fich diefe durch ftarre Ringe eliminirt, fo kann die Tragkraft P durch die Formeln, welche die angewandte Mechanik benutzt, berechnet werden. Der Druck von 5 Atmofphären erzeugt unter der obigen Vorausfetzung lediglich die Längsfpannung (Axenkraft), deren Maß Q fein möge; ift ferner P die Tragkraft, welche diefer Spannung entfpricht, Pı aber diefelbe für den ungefpannten Zuftand, ohne die Axenkraft Q, F die Querfchnitts- fläche, / die Länge, T das Tragmodul!), fo befteht diefe Gleichung: atmen Die Tragkraft von P kann größer oder kleiner wie Pı fein, je nach Ver- hältniß der Quotienten in der erften und zweiten Klammer, je nach dem Maf) des Biegungsmomentes und der Spannung längs der Axe. Es folgt hieraus, daß die Gewebefpannung eine gröfsere Bedeutung für die nicht “ verholzten faftigen und dehnbareren Theile hat, wie für die fefteren. | !) Tragmodul ift die Zugkraft, welche den Träger von der Einheit des Querfchnittes bis zur Elafticitätsgrenze ausdehnt. noch 2°; alle außerhalb liegenden Fafern werden alfo ziemlich genau in der Längs- und Querrichtung in Anfpruch genommen. Die Spannungen in der Längsrichtung fteigen hiebei, wenn wir allmälig von der neutralen bis zur äußerften Fafer fortfchreiten, von 1,5 k bis auf ısok; diejenigen in der Querrichtung fallen dagegen von 1,5 k bis auf Null.» Um die Curven zu conftruiren, muß beachtet werden: ı) daß durch eine kleine Verfchiebung der Querfchnittfläche, für welche die Spannungen berechnet wurden, die gefundenen Spannungswerthe und Spannungsrichtungen nicht erheblich modificirt werden, und 2) daß die Curvenftücke der unteren Trägerhälfte zu denen der oberen fymme- trifch find. Statt alfo die kurzen Linien, welche die Spannungsrichtungen bezeichnen, in der nämlichen Vertikalen aufzutragen, fchließt man diefelben fo an einander an, daß z. B. die- jenigen, welche den Minimalfpannungen entfprechen, eine gebrochene Curve bilden, welche in der neutralen Faferfchicht um 45°, bei x =!/s«e aber fchon um 85% und beiz = !/a«e um 89° gegen die Horizontale geneigt ift, u. f. f. Diefen Curven ift eine möglichft regel- mäßige, den Neigungen entfprechende Krümmung zu geben. Das Gleiche gilt für die Maxi- malfpannungen, welche indeß etwas weiter von der gegebenen Querfchnittfläche hinweg- Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 325 An diefelben Gewebeformen, welche den mechanifchen Anforderungen genügen follen, werden aber offenbar im Leben der Pflanze auch die Auf- gaben der Translocation der Ernährung geftellt. In letzterer Hinficht find die Chlorophyllizellen fo vertheilt, daß fie die Lücken zwifchen den mecha- nifch wirkfamen» Baftbündeln ausfüllen. Die Leitzellen liegen meift im Meftom. Die beiderlei Gewebearten paflen fich, wie in vielen Fällen ge- zeigt werden kann, gegenfeitig fowie ihren Aufgaben an (f. SCHWENDENER 3:0. 5.107°f.). Wir entnehmen der SchwEnDEneEr’fchen Arbeit das folgende Refum£. a) Die Pflanzen haben fich im anatomifchen Bau den äußeren Ein- wirkungen angepaßt. Sie müffen, wenn fie in der Luft leben, fo die Stämme, Blätter, Blüthenfchäfte, dem feitlichen Zug und Stoß (durch den Wind und einfeitige Belaftung) eine genügende Biegungsfeftigkeit entgegen- fetzen. Andere Organe bilden fich für eine größere Zugfeftigkeit aus, fo die wüurzelnden Stämme und die im Wafler fluthenden, welche zum Theil den Auftrieb eines großen Volumens im ftehenden, oder den Zug fpecififch leichter Maflfen im fließenden Wafler zu ertragen haben. Endlich müflen die feuchte Erde bewohnenden Rhizome der Cyperaceen, Gramineen u. a.m. zweien Anforderungen genügen: erftlich der Durchlüftung, indem fie durch große Intercellularräume das Gewebe auflockern. Zum zweiten müffen diefelben Organe durch das mechanifche Gerüfte der Baftbündel in Träger- führen. Für eine genauere Conftruction müßte die Berechnung hier für zahlreiche Quer- fchnitte ausgeführt werden. Aber auch ohne diefe Berechnung ift erfichtlich, daß die Curve 'den Maximalfpannungen, welche die neutrale Axe unter 45° fchneidet, fchon: bei x = !/s+ e nur noch 5°, bei x = !/Ja.-e noch ungefähr 2° von der Längsrichtung abweicht und daß fie in ihrem weiteren Verlaufe nach der Befeftigungsftelle hin fich immer mehr der Längs- richtung nähert, um in der äußerften Fafer diefelbe vollftändig zu erreichen. Sowohl Druck- als Zuglinien der oberen Trägerhälfte find alfo für die bezeichnete Entfernung von 5o cm vom belafteten Ende bekannt, und auch der weitere Verlauf der Zuglinien ift wenigftens annähernd gegeben. Man hat jetzt zur Vervollftändigung des Bildes nur noch nöthig, in der unteren Trägerhälfte das Spiegelbild der gezogenen Curven herzuftellen, oder was dasfelbe ift, die Zeichnung auf dem Papier um die neutrale Axe zu drehen und auf der anderen Seite abzudrucken oder durchzupaufen. Die Drucklinien verlaufen alsdann von der oberen Grenzfläche in der bezeichneten Weife quer nach innen, befchreiben in der Nähe der Neutralen einen ftarken Bogen, um diefelbe unter 45° zu fchneiden und nehmen dann in der unteren Trägerhälfte ziemlich rafch eine der- Axe nahezu parallele Richtung an. Die Zuglinien gehen in fymmetrifcher Krümmung von der unteren in die obere Trägerhälfte über. In Fig. 314 ift ein zufammengehöriges Paar folcher Linien dar- geftellt. Für die Beurtheilung der oben gefchilderten Trägerformen ift es nun wichtig, darauf hinzuweifen, daß hier das Verhältniß der Länge zur Höhe fich gewöhnlich in viel höheren Ziffern bewegt, als für die vorhergehende Berechnung vorausgefetzt wurde. Die Druck- und Zuglinien gehen folglich in fchlanken vegetabilifchen Trä- gern noch in viel flärkerer Krümmung, unter -Umftänden beinahe in rechten Winkeln 326 VII. Grobe Anatomie. combinationen oder Gürteln (Schutzfcheiden) gegen den Druck gefchützt fein, welcher fenkrecht auf die Fläche des Cylinders fie einzuknicken ftrebt. b) Die Zellen, welche vorzugsweife in diefem Sinne mechanifch am meiften leiften, find die Baftzellen und baftähnlichen Collenchymzellen, welche in ihrer anatomifchen Gruppirung vorzugsweife, das mechanifche Syftem des Pflanzenkörpers repräfentiren. Die Baftzelle it ein zuge- fpitzter Cylinder, in deflen Wand die Poren, die Streifen größter und kleinfter Dichte, beziehentlich die Moleculreihen in longitudinaler, oder in der Richtung einer linksläufigen Schraubenlinie geordnet find. c) Die Baftzellen befitzen eine Zugfeftigkeit innerhalb ihrer Elafticitäts- grenze, welche der des Schmiedeeifens gleichkommt, von welchem fie fich durch gröfdere Dehnbarkeit unterfcheiden. Der Elafticitätsmodul ift dem- entfprechend beträchtlich kleiner, und erreicht im Maximum den neunten Theil des für das Schmiedeeifen bekannten. d) Die Baftzellen nehmen im anatomifchen Syftem, eben weil fie allen möglichen äußern Anforderungen bei verfchiedenen Pflanzen genügen müffen, keine beftimmte Stellung ein, fie ftehen wie oben dargelegt, bald in ifolirten Streifen, bald combinirt mit den Elementen des Gefäßbündels, bald in gefonderten Cylinderflächen (Schutzfcheiden). (natürlich immer mit abgerundeten Ecken) von der Quer- in die Längsrichtung über, d. h. die Maximal- und Minimalfpannungen entfprechen noch viel entfchiedener der Verti- kalen und Horizontalen. Wenn nun fchon in unferem Falle die Maximalfpannung in der äußerften Fafer ı5ok erreicht, während die quer gerichtete Minimalfpannung blos zwifchen o und 1,5 k variirt, fo muß der Unterfchied in fchlanken Blüthenfchäften u. dgl. noch viel‘ größer fein. Mit zunehmender Länge des Trägers fteigen nämlich unter übrigens gleichen Bedingungen auch die Maxima der longitudinalen Spannungen, während die Minima, ob- fchon fie in der Axe felbft den conftanten Werth Z haben, in den äußeren Fafern immer kleiner werden. Es darf uns daher T ce nicht wundern, wenn in Zug der Pflanze die Füllungen Neutrale Faser zwifchen den Trägergur- tungen, weil diefelben ja Druch‘ blos die quer gerichteten B D Minimalfpannungen auf- Fr0.:3%4; zunehmen haben, oft auf- fallend fchwach gebaut find. Wenn vollends der einzelne Träger blos Beftandtheil eines hohlcylindrifchen Syftems ift und folglich die neutrale Axe nicht in fich aufnimmt, wie das z. B. im Stengel von Seirpus cspitofus (vgl. Fig. 308) der Fall ift, fo erreichen die Querfpannungen in der Füllung nur einen verfchwindend kleinen Betrag. Wir haben nun allerdings im Vorhergehenden die Tangentialfpannungen, d. h. die Schubfpannungen parallel der fchiefen Ebene, deren Neigungen p für das Maximum oder Minimum nach der oben aufgeftellten Gleichung zu ermitteln wären, unberückfichtigt ge- Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 327 e) Die Conftructionen, welche der Anforderung der Biegungsfeftigkeit entfprechen, find bei den Monocotylen mannigfacher Art: zumeift ift.es der Hohlcylinder, in welchem die Baftbündel als Träger oder Pfoften verbunden find, mit Xylem, Parenchym und Parenchymdiaphragmen. Die Feftigkeit nimmt in acropetaler Folge, entfprechend dem geringeren Widerftands- erforderniß, ab. Die Folge davon ift, daß fich die Organe, Stengel, Blüthenfchäfte und die einzelnen Blätter in eleganten Curven (Parabel) beugen. Die Feftigkeit wird bei intercalarem Aufbau durch die Blattfcheiden unterftützt, z. B. Gräfer, Liliaceen. f) Nach den Anforderungen in Hinficht der Feftigkeit machen fich die lichtbedürftigen Chlorophylizellen des Grundgewebes und die mecha- nifchen Baftzellen an der Peripherie den Raum ftreitig, die letzteren weichen zurück, herrfchen aber an folchen Organen, wo die erfteren durch andere Umftände:ihre Bedeutung in der Peripherie verlieren, dort wieder vor, z. B. in den Blattfcheiden. | g) In gleichem Sinne geben die Baftzellen die periphere Lage in folchen zugfeft zu conftruirenden Organen auf, in welchen die Rinde durch _ lockermafchiges Parenchym für die Durchlüftung in.erfter Linie eingerichtet ift. Hier wird z. B. bei den Wurzeln, den Stämmen der Wafferpflanzen die Feftigkeit durch einen peripheren dünnen Baftring erlangt, während die Gefäßbündel in das Centrum des Stammes zurückgedrängt erfcheinen. h) Die mechanifchen Zellen dienen außer der Befeftigung des ganzen Syftems auch noch der Durchlüftung, in diefem Falle werden fie lockerer und befitzen größere Poren, fo die Libriformzellen der Coniferen, aber auch der baumartigen Monocotylen (Draczna, Cordyline). laffen. Allein dieß ift unter den gegebenen Umftänden geftattet. Denn obfchon die Rech- nung für die peripherifchen Fafern einen nicht unbedeutenden Maximalfchub ergibt und überdieß zeigt, daß die Richtungen, in denen diefe Schubkräfte ein Maximum erreichen, die rechten Winkel der fich kreuzenden Druck- und Zuglinien genau halbiren, fo kann doch die fchiefe Schubfpannung für die weiche Füllungsmaffe fchon deßhalb nicht in Be- tracht kommen, weil jeder fchiefe Schnitt nicht blos die Füllung, fondern auch die fefte- ren Gurtungen trifft. Die Füllung hat alfo für fich allein blos den oben bezeichneten kleinen Spannungen zu widerftehen. Aus demfelben Grunde haben z. B. die Nietenreihen in der Mittelwand eines fchmiedeeifernen Blechträgers, wie fie bei kleineren Brücken an- gewandt werden, nicht dem Maximum der fchiefen Schubfpannung, fondern einfach dem Longitudinalfchub zu widerftehen, wozu dann allerdings zunächft der Gurtung noch die entfprechende Zug- oder Druckfpannung kommt. Mit den Spannungstrajectorien belafteter Träger nicht zu verwechfeln find die Druck- linien in Gewölben, auf deren nähere Befprechung an diefer Stelle ich indeß verzichte, weil die Spannungsverhältniffe gewölbeartiger Conftructionen im Allgemeinen bekannt, oder doch jedenfalls weniger unbekannt find. Einiges Specielle hierüber foll bei Be- fprechung beftimmter Fälle mitgetheilt werden.» 328 VII. Grobe Anatomie. E. Secundärer Zuwachs am Baume'). Wir fehen zunächft von den Verhältniffen der Blattftellung und von den Aeften, Zweigen ab und fuchen uns einen Ueberblick zu verfchaffen — FıG. 315. pF primäre Gefäßbündel. erfter, zweiter, dritter Jahrring. N" ua A| ZZ — Zw g—— — T 3 — — —— Zn mn TEE FE — ZZ KIND 2 MD > III L; N A N NS N IN MR N N hun ı SE, 2,1370. III M Mark. R Rinde. N Niederblatt. Z Laubblattfpur am Rinden- mantel. F Laubblatt. 4A Vegetationspunkt der Hauptaxe, a derfelbe für den Axillarfproß. über die augenfälligften Bewegungen. Ich wähle dazu ein Schema, in welchem alle Nebendinge der feineren Anatomie und Morphologie bei Seite. gelaffen find, Fig. 315. Es möge in dem Jahre 1870 ein Niederblatt und ein Laubblatt in dem Längsdurchfchnitt getroffen fein, ebenfo im Jahre 1871 und 72, und das Syftem befinde fich im Winter 1872/73. 4 if der Vegetationspunkt, F, F‘ mehrere Blattanlagen, a die Axillarknofpe, N das Niederblatt des gefchloffenen Endtriebes. Von A bis zum Niveau 4° ift alsdann das Syftem ohne Jahrringe; es ift die Region der primären Gefäßbündel. Die durch Pfeile angedeutete Spur im Blatte F geht während der nächften Zeit, dafern Wachsthum herrfcht, der ent- fprechenden, durch einen Pfeil bezeich- neten Stammfpur entgegen, ebenfo in F'. Gehen wir nun eine Etage an dem Syftem hinab nach 4, fo liegt jetzt über der immer parallel mit dem Marke und die- {em dicht anliegenden Gefäßfpur p F der das ganze Syftem bis A’ überziehende Jahr- ring IH. In ihm ftecken die abgeriffenen SpurendesLaub-und Niederblattes, welche im Sommer des Jahres 1872 fich entfalte- ten und fchließlich abfielen. In der Etage A', 4" liegen über p F zwei Jahrringe, und die entfprechenden Spuren Le (für das Laubblatt), Ne (für das Nebenblatt)) !) Tu. HarTıG, Forftliche Culturpflege Deutfchlands. Entw. des Jahrrings. Bot. Ztg.: 1853. 8. 553; Die Entftehung der Markftrahlen. Bot. Ztg. 55. S. 217. — Huco v. Mon, Ein Beitrag zur Lehre vom Dickenwachsthum des Stammes der dicotylen Bäume. ı. Bot. Ztg. 69. — Dr. Rosert HarrıcG, Zur Lehre vom Dickenwachsthum der Wald- Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 329 find nun ganz zugedeckt von einer Jahreslage des Holzes und von einer entfprechenden der Rinde, die punktirte Linie bei Zs und Ng ftellt die ur- fprüngliche Verbindung dar. ’ © ? Y ( "0,3502. P ) DER 2 , \ IN za U) [) % |) 26 \T 00) IR Be [»} * Ni 8 Fıc. 316. Ricinus communis. Querfchnittsparthie eines Gefäßbündels vor der Verfchmelzung der Cambialftreifen j zum Cambiumring in der primären Keimaxe nach Sachs. Das Zuftandekommen jener Holzlagen gefchieht fo: die Gewebe der primären Markftrahlen gerathen nach einiger Zeit nach der Entfaltung des Zweiges aus dem Knofpenzuftand ebenfalls in den cambialen Zuftand, fo daf eine Ueberbrückung der Markftrahlen ftattfindet, nach welcher der ganze Kreis von einem Cambiumring umgeben ift. Diefe Gewebefchicht functionirt periodifch bei unferen Waldbäumen, fo daß die Markftrahlen ftetig in radialer Richtung weitergeführt werden. Bei einer großen Anzahl von krautartigen Dicotylen bleiben die ein- zelnen Gefäßbündel, im Querfchnitt betrachtet, feitlich ifolirt. Ueberhaupt fcheint diefer Zuftand ganz allgemein der Anfangszuftand zu fein. Diefes Verhältniß ift in der Figur 316, welche wir dem Lehrbuch von Sachs ent- lehnten, fehr gut dargeftellt. Die äußeren Zellen bis zu dem Gürtel, deffen Zellinhalt punktirt ift, gehören der primären Rinde an. Der Gürtel ift der Stärkering, eine Zellenfchale, welche vorzugsweife der Translocation der bäume. 505. 521. Bot. Ztg. 70. — N. J. C. MÜLLer, Bot. Unterf. Bd. I. S. 187 fl. — WiırH. VELTEN, Ueber die Entwickelung des Cambium und N. J. C. Mürer’s Ideen über diefen Gegenftand. 809. 825. 841. Bot. Ztg. 75. — NÖRDLINGER, Holzquerfchnitte. Stutt- gart. Cotta. 330 VII. Grobe Anatomie. Kohlehydrate dient. Die auffällige Gruppe, welche allfeitig von dem Grundgewebe eingefchloffen if, befteht aus drei Baftbündeln, welche in der Nähe des Stärkeringek belegen find, und aus drei Tr Bündeln von Tracheiden. muun Außerhalb diefer liegt der H «f aus wenigen Radialreihen beftehende Cambiüalftreifen, v I S LITT > Ichem foeben, i 5 aus welchem foeben, in TE dem zur Rechten belege- == nen Bündel der Tracheiden, eine neue bis jetzt noch dünnwandige Tracheide entfteht. N Der Cambialftreifen F oe \Y | functionirt eine Zeit lang a 5 für fich in jedem Bündel, a, A. ift ifolirt, indem er die Baft- 5 Ep3 ftreifen in centripetaler, die saBb I-77 R ; . ° Holzftreifen in centrifugaler Si . A > Richtung an Maffe und Se | m Zellenzahl vermehrt. End- = 000 lich werden die feitlichen 00 Zellen ss der Figur 316 06 überbrückt. Sie werden 3 o felbt in ° Cambiumzellen o i O x umgewandelt. Diefer Vor- 2, gang ift, wie früher ange- ee, Y | ex PREINNI d icht verftändlich o 7 eutet, nicht verftändlich, r wenn nicht während diefes Ueberganges indem ganzen B & A 63 Organe noch Streckung Be herrfcht. [77 b c Fr 77 f Die Vermehrung im Fıc. 317. Schema des Zuwachfes in radialer Richtung in Coordinaten 4 5 als Function der Zeit für Eiche und Fichte. Auf die Abfciffe a 20. Mai, Cambiumring. b 4. Juni, c 20. Juni, d 4. Juli, e 19. Juli, f 4. Auguft, g 18. Auguft, . h 3. September wurde der laufendjährige Zuwachs aufgetragen und die Geht man vom Win- Ordinaten in der Curve f bis f4 verbunden. Die beiden Curven wurden, a um Raum zu fparen, in einem Holzfchnitt verfchränkt, für die Fichte ift terzuftande aus, fo ift das von der oberen Seite her abzulefen. 7 Thyllen im Eichengefäß. ss’ Wachsthum als Function die Stärke führenden Baftparenchymzellen der Fichtenrinde. i der Zeit zuerft zu unter- fuchen. Dasfelbe beginnt in unferer Breite Ende April und endet im Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. Oktober. Die innere Rindengrenze wird in diefem Zeitraum um die Dicke des Jahrringes in centrifugaler Richtung fortgefchoben. | | | | Fıc. 318. Schema der einfachften Theilung im Zuwachs eines Nadelholzftammes. J* 5 erfter, S" J* zweiter Jahr- ring ftreng radial geordneter Zellenketten, in welchen diefer Vorausfetzung genügt ift, daß die tangentiale Ausdehnung der Zellenkette wächft, bis durch eine radial geftellte Wand zwei Zellen entftchen, jede von der Größe der ur- fprünglichen in J S. In phyfiologifcher Hinficht haben die Holzelemente diefe Bedeutung: ı° dient der Holzkörper der Befeftigung des Syftems während der Jahrzehnte langen Dauer; 2° leiten die Gewebe aufwärts das Bodenwaffer; 3° leiten fie abwärts die Refervekörper, Stärke, Zucker, und es find vorzugsweife die Markftrahlen und die Holzparenchymzellen, welche hier eine Rolle fpielen'); 4° dienen die Holz- und Gefäßzellen der Durchlüftung. Die Holzftructur ift gerade für die vortheilhaftefte Leitung in der Längs- und transverfalen Richtung eingerichtet. (angepaßt). Schema der Theilung. In allen Cambien find die Zellen in radialer Richtung reihenweife geordnet. Es herrfcht die Theilung durch tangentiale Wände vor. Wie fehr diefe Ordnung auch fpäter in dem Holzkörper einerfeits, in der Rinde ) Sanıo, Ueber die im Winter Stärke führenden Zellen im Holze. 332 VII. Grobe Anatomie. andererfeits geftört fein mag, ftets läßt fich zeigen, daß die Zellen derfelben im Beginne radial geordnet waren. Es läfft fich für den Querfchnitt der Wachsthumsvorgang -auf das Schema, Fig. 318, zurückführen. 4:F ı Nr a di YpD BEER er g’ ‚ Ne’ Fıc. 319. Schema der Theilung im Cambium durch radial geftellte Wände. Zwei Formen find möglich: entweder zerfällt die ftärker ausge- zogene Zelle durch eine Wand a’ b, welche die Mutterzelle genau halbirt, oder die neue Wand hat die Lage g 4‘, wodurch die Mutterzelle afym- metrifch gehälftet wird. | Die Ausdehnung der Zelle in tangentialer Richtung muß dadurch aber in den fpäteren Defcendenten außerordentlich wachfen, von J nach /’ u. f. f., Fig. 318. Von Zeit zu Zeit wird daher eine Reihe in zwei übergehen und jedesmal, wenn eine Cambiumzelle diefe Theilung vollführt hat, dauert diefe fort für alle Abkömmlinge. Hiebei aber ift auf eines ftreng zu achten. Die neuen radial geftellten Wände a’ b, c' d, d' g, Fig. 319, müffen, damit die Verfchränkung der Spitzen e, f, g, in der Tangentialrichtung er- halten bleibe, nicht fo geordnet fein, wie dieß y BR! KREEANLE, $s Sg [ A] Y Fıc. 320. Schema des Zellfaferverlaufs im Schwammholz einer alten Weißtanne aus dem Thüringer Wald. Die Faferreihe s läuft, bezogen auf die Pfeilaxe, von links nach rechts. In der Reihe s* it diefe Richtung umgekehrt; s s' find Tangentialreihen. Figur 319 zeigt, fondern eine folche Wand fchneidet jeweilig eine Zelle ab, welche, bezogen auf die Mutterzelle, geneigt fteht gegen die Wände w w*. Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 333 Dieß wird durch das Schema Fig. 319 erläutert: möge die Ebene diefer Figur ein Tangentialfchnitt fein, fo rückt fie, entfprechend dem Schema, Fig. 318, in radialer Richtung fort, die Zellen a, b,c,d... a b' ce ... follen aber verfchränkt bleiben. Geometrifch unverftändlich bleibt aber diefer Fall der Bildung, wo in der Schale s, Fig. 320, die Fafer von links nach rechts, in der Schale s‘ diefelbe von rechts nach links zur Axe geneigt fteht. Auftreten fecundärer Markftrahlen. Denken wir uns eine Cambialfchale zur Zeit, wo der Cambiumcylinder gefchloffen ift, in der Thätigkeit des Zuwachfes und behandeln die ftereo- metrifchen Verhältniffe in einem ganz kleinen Element: im Querfchnitt, mit Zuhilfenahme der Figur 322, fo wer- den in der Zone C in Richtung der beiden Pfeile durch ftete Zelltheilung gewiffermaßfen die Zellen der Rinde und des Holzes abfließen, fich nach- träglich differenziren, verfchiedenartig verdicken und verfchiedenartige Func- tion hinfichtlich der Translocation über- -l— ern 2 |] 3 ı En we Fıc. 322. Schema der Theilung in der Cambiumzone im Querfchnitt. C Cambiumzone, von welcher aus mit den Pfeilen nach beiden Seiten neue Zellen ab- Fıc. 321. Schema für die Bildung eines fecundären fließen. 1, 2, 3, 4 Holzzellen, r die ältere, 4 die Markftrahles. jüngere. nehmen; für das Holz würde die mit r bezeichnete Zelle die ältere, 4 die jüngere fein, umgekehrt ift die Altersfolge in der Rinde, bezogen auf den - Ort der ftets"in Theilung begrifftenen Zone C. In der Zone C aber liegen auch die Zellen, welche den Zuwachs der Markftrahlen M M’ beforgen; die Altersfolge der Zellen in diefen ift genau diefelbe, wie in den Holzzellen. Es muß aber, da in der Zone 1—4 in gleicher Länge auf eine größere Anzahl von Holzzellen eine kleinere An- zahl von Markftrahlzellen kommt, ein anderer Modus der Theilung im cambialen Theil von M M’ herrfchen. Die Anzahl der Markftrahlen in einem gegebenen Querfchnitt ift ur- 334 VII. Grobe Anatomie. fprünglich abhängig von der Anzahl der primären Gefäßbündel. Mit dem Heranwachfen der Dicke würden diefe immer weiter divergiren, gerade fo, wie die Radien des Schema Fig. 318. In Wirklichkeit nimmt aber in dem fecundären Holz die Anzahl der fecundären Markftrahlen für die Längeneinheit in der Tangential- fchnittfläche zu. Es müffen daher nachträglich in den Cambiumzellen neue (fecundäre) Markftrahlen ent- ftehen, gerade fo wie wir in dem- felben Schema der Theilung neue Radien einführen mußten, um die Zellen im Zuftand mikrofkopifcher Ausdehnung in ihrem Querfchnitt für alle Zeiten zu erhalten. Möge Fig. 321 die körperliche Anficht einer kleinen Gruppe von Cambium- zellen fein, welche in Richtung des Pfeiles den Zuwachs beforgt, fo fcheidet fich von einer folchen Zelle durch Theilung der Markftrahl ab. Von jetzt theilt fich das ganze Syftem durch Tangentialwände. Da- mit wird für alle Zeit die Kette m‘ weitergewebt. Der Ort, wo die erfte An- lage des Markftrahls auftritt, ift Fıc. 323. Cambialparthieen aus der Eiche, Tangential- felbt in einem und demfelben fehnitte. v Gefäß, m Markftrahl, » Holzzelle. Holze, bezogen auf die Geftalt der fpindelförmigen Holzzelle, fehr verfchieden. Wir wählen als Beifpiel die Eiche. Fig. 323 ftellt tangentiale Durchfchnitte durch das Cr dar. Der Markftrahl m’ in A kann in der Nähe der Spitze, in m‘, m‘ in der Mitte der Holzzelle abgefchieden werden. Er kann in uber trans- verfaler Richtung aus einer oder mehreren Zellen beftehen. Aus diefen Anordnungen laffen fich mikrofkopifche Merkmale für die Unterfcheidung der Hölzer herleiten. Erweiterung des Lumens und Jahrringgrenze, Die geometrifche Forderung ift diefe. Es foll erklärt werden, wie das Schema der Theilung für ein Zuwachselement des Jahrringes J J, Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 335 Fig. 325, übergeht in die Porenzone 5’, und wie gleichwohl ein fpäteres Element, insbefondere das letzte, in der Jahrringsgrenze wieder den Radial- typus annehmen kann. Fıc. 324.. Querfchnittsparthie durch das . W Ss : Aftholz von Juniperus virginiana. b jüng- fte Baftzellenreihe. c die einzige Cam- Fıc. 325. Querfchnittsparthie durch die Jahrringsgrenze von biumzellfchicht. x letzte Holzzelle in der Aesculus. J die Grenze zwifchen zwei Jahrringen. W Winter-, Jahrringsgrenze. 5' Sommerholz. . _ Wiewohl man die Bildung des Jahrringes an unferen Bäumen häufig genug in’s Auge gefalst hat, fo gibt es doch bis jetzt keine abgefchloffene hiftologifche Entwickelungsgefchichte, welche durch die ganze Vegetations- periode hindurch den Gegenftand im Auge behielt. Selbft über den morphotifchen Werth der Cambiumzelle find wir nur fehr nothdürftig unterrichtet. Ich dehnte die Unterfuchungen über die Monate Mai bis September aus und wählte als Studienobjecte die Fichte und die Eiche. Im Monat Mai wurden aber noch mehrere Holzarten unterfucht, um über den hifto- logifchen Theil der Aufgabe in’s Klare zu kommen. Die allgemeine Betrachtung der Hiftologie des Jahrringes unferer Bäume lehrt uns: 1° daß die Vertheilung von Wand und Lumen der Röhrenelemente auf ein Coordinatenfyftem zu beziehen ift, deffen x-Axe mit der Axe des Stammes, deffen y-Axe mit dem Radius, dee x-Axe mit der Peripherie Bölsamenf illt; 2° daß der Anfangszuftand jedes Röhrenelementes ein Prisma ift, deffen Querfchnitt in Richtung der y-Axe die geringfte Ausdehnung befitzt; 3° daß im Winter die Grenzfchicht zu dem fertigen Holzring des laufenden Jahres in diefem Zuftande verharrt; 4° dafs jeder Jahrring mit einer Schicht folcher; Zellen endet, daf 336 . VI. Grobe Anatomie. fomit jede Holzparthie, nachdem im Sommerholz ihre radiale Ordnung ge- ftört ift, einmal wieder zu diefer zurückkehrt; 5° die Evolution der großen Gefäße, welche den Radialtypus der Fichte in den Eichentypus verwandelt, gefchieht fo, daß die Nachbarreihen zum Theil comprimirt werden, zum Theil collabiren. Im erften Falle können wir die Radialreihe noch verfolgen diesfeits und jenfeits der Gefäßßzone, im zweiten Fall nicht; - 6° je mehr der Radialtypus im Querfchnitt im fertigen Holz geftört erfcheint, um fo mehr ift der Druck, welchen jede Zelle für fich zurückzu- fchieben hat, nach allen Richtungen der Transverfalebene gleich. Je mehr der Radialtypus vorherrfcht, um fo mehr ift der Druck, welcher überwunden wird, in Richtung des Radius vorherrfchend; 7° der Gefäfsquerfchnitt ift entweder ein Kreis, eine Ellipfe oder ein alle Misnnbteifehes Polygon. Steht der große Durchmeffer diefer radial, fo deutet dieß an, daß zur Zeit der Evolution der Widerftand in Richtung des Radius kleiner, fteht er tangential, fo war der Widerftand in der radialen Richtung größer. — Mit Rückficht auf diefe Verhältniffe und die Vertheilung der Mark- ftrahlen im tangentialen Längsfchnitt können wir für ein Flächenelement im Querfchnitte, welches von zwei Winterholzgrenzen und zwei Mark- ftrahlen eingefchloffen ift, die folgenden Typen unter den bekannteren Hölzern unterfcheiden. Wir nennen den Ort, welcher dem Stamminnern in unferem Elemente zugekehrt ift, S, den Ort, welcher der Peripherie zu- gekehrt ift, W (vergl. Fig. 325). I. Die Gefäße oder Tracheiden herrfchen im Querfchnitte vor und find gleichmäßig vertheilt: der Druck in dem Proten, welches anfänglich in radialer Richtung die Zellenzahl vermehrte, hat in diefem Typus fein Maximum und muß in der ganzen Vegetationsperiode gleich fein. Die radiale Anordnung -ift im fertigen Holz verwifcht. Die Nachbarzellen der Gefäße und Tracheiden find collabirt. Die Jahrringgrenze befteht aus 2—4 Reihen radial comprimirter und radial geordneter Holzzellen. Mark- ftrahlen zweierlei: Gefäße im Lumen polygonal ifodiametrifch von S nach W wenig kleiner werdend. Fagus. Gefäße im Lumen radial elliptifch. Pyrus. II. Die Holzzellen herrfchen vor. Der Druck, welcher die Evolution der anfänglich ftreng radial geordneten Protene erweitert, ift im Minimum: ı° der Uebergang aus den weitlumigen in die Elemente von engem Lumen von S nach W ift ein plötzlicher oder allmäliger. Der Druck in der Evolution des Protens fchwankt und finkt plötzlich oder allmälig. Quercus, Ulmus, Fraxinus. Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 337 Holz mit unregelmäßigen Infeln von Holzzellen, welche durch auf- fällige Ketten im Winter ftärkeführender Holzparenchymzellen von einander gefondert find. Jahrringgrenze aus ı—2 Zellenreihen radial comprimirter Holzzellen beftehend. Radiale Anordnung verwifcht. Nachbarzellen der Gefäße auffälligft collabirt. Uebergang aus den weitlumigen in die englumigen Elemente ein ganz plötzlicher. | Holzparenchym nur in der Schale, welche aus englumigen Elementen befteht. Zweierlei Markftrahlen. Quercus. Holzparenchym auch in der Schale, welche‘ die Gefäße enthält. Mark- ftrahlen zweierlei. Ulmus. | Uebergang aus den weitlumigen in die engen Elemente ein allmäliger von $S nach W. Markftrahlen einerlei. Fraxinus. 2° der Druck, welcher die Protene zu Tracheiden oder Gefäßen er- weitert, ift über die ganze Vegetationsperiode gleich. Die Größe des Lu- mens der genannten Elemente ift von S nach W gleich. a) Die radiale Anordnung der Elemente im fertigen Holze ift deutlich. Jahrringgrenze durch 2—4 Reihen radial comprimirter Zellen kenntlich. Lumen der Gefäße und Holzzellen deutlich radial elliptifch, Mark- ftrahlen eine Zellenreihe von der Länge der Holzzelle, Nachbarreihe der Gefäße comprimirt. Salıx. Lumen der Gefäße radial elliptifch (polygonal), Markftrahlen bis zu fünf Zellreihen, fonft wie Salix. Betula. b) Radiale Ordnung im fertigen Holze deutlich, Jahrringgrenze nur durch den Unterfchied in Lumen und Wandftärke zwifchen Sommer- und Winterholz kenntlich. Markftrahlen mehrreihig. Acer. c) Radiale Ordnung der Elemente verwifcht, Gefäßlumen polygonal, ohne vorherrfchende Richtung in der Ausdehnung, Nachbarreihen: nicht collabirt. Jahrringgrenze durch 3—4 Reihen radial geordneter und radial comprimirter Zellen kenntlich. Tilia. Die Disgregation großlumiger Zellen aus dem fogenannten Cambium fetzt eine beträchtliche Spannung voraus, welche auf die Frühlingsperiode befchränkt (z. B. Eiche), oder aber über die ganze Sommerperiode ausge- - dehnt fein kann (Buche). Differenzirung in centrifugaler Richtung. Die Rinde). In der vorftehenden Abhandlung der in dem Jahrring fich abfpielenden Vorgänge wurden die Vorausfetzungen gemacht: ) Vorzügliche Studienobjecte find die Stammrinden von Juniperus virginiana, Fig. 326, Picea, Abies, Pinus, Wellingtonia gigantea! Weide, Eiche, Ulme! N. J. C. Mürrer, Handbuch I. 1. 22 338 VI. Grobe Anatomie. ı° die Elemente, welche foeben in der Zuwachszone entftehen, find. im Beginne plaftifch; 2° die ungleiche Erweiterung im Lumen an anfänglich gleich großen Zellen ift Folge eines vom Zellinhalt auf die Wand ausgeübten Druckes, In der Rinde ift der Zuwachs auch wie im Holz periodifch. Die Zuwachsfchalen laffen fich aber meiftens nicht abzählen. Unterfuchen wir in der einfachften Rinde bei den Picea- und Pinusarten die Zuwachstftelle C, Fıc. 326. 4A. Kleine Querfchnittsparthie aus der Stammrinde einer Wellingtonia gigantea. B Baftzelle. Z Leitzelle. B. Kleine Parthie aus der Zuwachszone der Fichte im Juni. C das Cambium. m Markftrahl. Bp Baftparenchym. L Leitzellen. Fig. 326 A, fo finden wir die jüngften Elemente radial geordnet, fie dif- ferenziren fich in Richtung der Pfeile, nach dem Pfeil c differenzirt fich die Rinde. a) Aus der Abbildung geht hervor, daß in dem laufenden Jahre in der kleinen Partie in tangentialer Richtung neu entftanden find aus den Ketten r, r‘ (oberer Rand der Figur) die Ketten rr, mr‘, d.h. es if vom April bis Juni in der kleinen Partie eine neue Radialkette von Zellen und ein neuer fecundärer Markftrahl entftanden. b) In transverfal-radialer Richtung ift die fecundäre Rinde periodifch gefchichtet. Die Zellenpartie C im jeweiligen Zuwachs differen- zirt fich in Röhrenelemente und quergefächerte Zellen. Die Röhrenelemente werden zu Baftzellen B, wenn fie ihre Wand beträchtlich verdicken, oder zu Leitzellen. Man kann folgende Typen im Rindenbau unterfcheiden: Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 339 ı° Baftzellen fehlen: Fichte, Tanne, Kiefer; in radialer Ordnung fol- gen periodifch Bp, L, Bp, L, wo im Allgemeinen in einer Radialreihe Bp nur durch eine, ZL aber durch zahlreiche Zellen vertreten ift; 2° Baftzellen, Baftparenchym und Leitzellen wechfeln periodifch, B, Bp, L; B, Bp, Lu. f. f., Fig. 328; die Baftzelle immer allein, die übrigen zahlreicher in einer Periode ( Juniperus virginiana). In ganz alten Stämmen finkt die Neubildung für ein Jahr auf die Anlegung von einer einzigen Baft- zelle, einer einzigen Leitzelle und einer einzigen Lage von Baftparenchym herab (nach ”Angaben Tu. Harrıc’s). Im Allgemeinen läßt fich aus den hiftologifchen Perioden B, Bp, L nicht das Alter fo abzählen, wie im Holz, weil in einem Jahre Der Periode fich mehrfach wiederholen kann. 3° Der dritte Typus ift dadurch ande daß in radialer Rich- tung vielzählige Gruppen von L, Bp, B u. f. f. abwechfeln (Fig. 327, die Ulme als Paradigma). Die radiale Kettenanordnung ift häufig verwifcht. So verhalten fich viele der einheimifchen Waldbäume. c) Im Allgemeinen herrfcht gar keine Beziehung zwifchen der An- - zahl der Jahrringe im Holz und der Anzahl der Baftbündel in der Rinde, wie die nachfolgenden Abzählungen an verfchieden alten Zweigen be- weifen: Alter. Zahl der Baftbündel. Eiche ı—2 Jahre ı Baftbündel. « I 5 « 2 ( « 23 « 7 « Linde Knofpenaxe Er « « ıjähr. Zweig 3 « « 37 (c #7 « « 5 ( ( I 3, « « 7« « 19—20 « « IO « (< 3 3 « Eiche ı « « I « « 2 « [Ge 2 « (c ; « [Gt 5 « Es geht aus den Zählungen hervor, daß betreffs des Zuwachfes an in radialer Richtung durch Leitzellen und Baftparenchym getrennten Baftgruppen keine ftrenge Beziehung befteht. Bei der Efche werden weniger wie eine im Jahr, bei der Eiche werden fünf auf fieben Jahre, bei der Linde bis zum zehnten Jahre im Durchfchnitt drei Baftperioden für einen Holzjahrring 22° 340 VII. Grobe Anatomie. ausgebildet. Auch an Stammrinden der Eiche (80—100 Jahre alt) fand ich oft zwei Baftperioden in einem Jahre. d) Bei der unausbleiblichen Compreflion der Rinden werden die Baft- gruppen wegen ihrer großen Feftigkeit gar nicht, die Leitzellen aber voll- ftändig collabirt; die Baftparenchymgruppen nehmen in Folge der osmo- tifchen Spannung an Volum zu (f. $ 38 B unten). Man beachte hier die fo außer- ordentlich regel- mäßig gebaute Wellingtonienrin- de, Fig. 326 B"). Diefes Gewebe- ftückchen mußte ITBe LTD. B EM BTLE Fıc. 327. Kleine Querfchnittspar- PY thie aus der Ulmenrinde zwifchen Jahrhunderte lang zwei Markftrahlen. B_ Batftzelle. . ß Bp Baftparenchym. Z Leitzellen. einem Druck fol- DB Arten On gen, welcher zwei der Richtung der Peripherie P zur derrechteckig ver- oL. Axe der Zelle geneigt. zeichneten Bat- zellen in tangentialer Richtung auseinander trieb. In Richtung B B“ aber wurden die Theilchen ftetig genähert. Für die Theorie der Ernährung ergeben fich diefe Sätze: Die Leit- zellen functioniren an dem Baum nur kurze Zeit, werden in centripetal vor- fchreitender Richtung collabirt, häufig zu faft ftructurlofen Bändern. Die Baftparenchymzellen dienen der Leitung länger, nehmen in centrifugaler Richtung an Volum zu. In gleichem Sinne verhalten fich die Rindenmark- ftrahlen. Zeitpunkt des Rindenreißens. Die Rinde ift vom Winter ab nach den erften Monaten der Sommer- periode Mai, Juni wafferreicher, wie im Juli, Auguft u. f. f. Sie ift in diefem Zuftande dehnbarer, erträgt den Zug, welcher durch den Zuwachs auf fie ausgeübt wird, in den erften Wochen der cambialen Thätigkeit; fpäter aber, wenn fie namentlich in den peripheren Lagen trocknet, reißt fie jedenfalls von auffen nach innen zu, allmälig ein, oder es wird der etwa bereits :beftehende Borkenrif erweitert. Diefe Erweiterung der Riffe ift nicht ein ftetiger, fondern periodifcher Vorgang. Um die Zeitgrenzen zu ermitteln, innerhalb welcher das Reißen, beziehentlich die Erweiterung vor- handener Borkenriffe erfolgt, wurden an Pappeln und Robinien in r4tägigen !) Das Präparat ftammt aus einem !/s m dicken Rindenabfchnitt eines der califor- nifchen Riefenbäume, deren Alter auf über 2000 Jahre angegeben wird. Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 341 Intervallen Abdrücke einer beftimmten Rindenparthie gemacht. Die fo er- haltenen Matrizen wurden mit Gyps ausgegoffen. Fig. 329 ftellt folche Abgüffe dar. Die Rinde reißt zwifchen dem 15. Juni und dem rs. Juli, und es wurde für einen Sommer die Erweiterung eines Borkenriffes «b von ıı mm auf 21 mm erwiefen. Im Spätfommer befitzt die Baumrinde Feftig- keit genug, um den Zuwachs des Druckes zu er- 5 X tragen. Hieraus entfpringt, wie fpäter darzuthun AA ift, die Spannung, welche die zuletzt entftehenden Rue, | Zellen im Holze in der Jahrringsgrenze auf einem ir a N > j kleineren Volum zurückhält. AL, a | | MI = I — I. Vertheilung über Wurzel, Stamm, a: ) Zweig, Blatt. Du In dem Zeitraum vom April bis October legt fich der Jahrring über das ganze Baumfyftem von der äußerften Wurzel bis zur äußerften Stamm- auszweigung. Hier ift zu beachten, dafs die Ein- fügung der Seitenzweige an den verfchiedenen Organen verfchieden it. Wurzel, Stamm, Zweig werden dem obigen Gefetze im Allgemeinen folgen, das Blatt aber nur, wenn überhaupt, in feinem Stiele, dafern dasfelbe mehrjährig ift. 1. Wurzeleinfügung?). Mit Ausnahme der Selaginella und der Lycopodium entftehen die feitlichen Auszweigun- Fıc. 328. Querfchnittsparthie durch gen der Wurzeln aus adventiven, die Wurzel- digen tag: ER E w “ rinde durchbrechenden Knofpen, Fig. 330. Im # R TE weiteren Verlauf der Entwickelung der Adventiv- "Wurzeln entftehen die primären Gefäßbündel, welche an das Gefäßbündel- fyftem der tragenden Wurzel Anfchluß haben. Die Jahrringe der Baum- wurzeln unferer periodifch functionirenden Waldbäume find über das Aus- zweigungsfyftem fo geordnet, wie im Stamme. 2. Periodisch beblätterte Stämme. Der Stamm fetzt fich aus Hohlkegeln von Jahrringen zufammen, je eine fpätere Jahreszuwachsfchale überragt das vorhergehende Convolut um ı) Doper, Der Uebergang des Dicotylenftengels in die Pfahlwurzel. PrınGsH. Jahrb, Vu. S. 149. 342 k VI. Grobe Anatomie. 2: die Länge des Jahrestriebes. In jedem Afte der erften, zweiten u. f £. Ordnung gilt dasfelbe. E/ Fıc. 329. Die Rindenriffe find fchrafirt dargeftellt nach Gypsabgüffen, welche an einem Robinienftamm in mehreren Zeitpunkten des Sommers hergeftellt wurden. 4. vor der Erweiterung der Riffe, B. nach derfelben. Es möge die Fig. 331 ein Schema des Baumdurchfchnittes in der Länge fein, Aa das Mark, rechts die Con- volute der Jahresringe. In den erften Jahren ift bei a ein Aft entfprun- gen, welcher, eine Zeit lang mit dem Schaft 4 gleichen Schritt haltend, _ mitwächft, fo daß fein Convolut mit dem Con- volut des Schaftes com- municirt. Durch den Mangel anLicht,allgemeindurch den Mangel der Be- dingungen, welche im Anfange herrfchten, ftirbt der Aft aab. Die nun folgenden Convo- Fıc. 330. Phaseolus vulgaris. Bafaltheil‘ der Hauptwurzel einer jungen \ Keimpflanze, die Wurzel ift noch in dem Parenchym der Rinde eingefchloffen. lute des Stammes ge s s die Schutzfcheide. g Gefäfßsbündel im hypocotylen Stengelglied. ;: innerfte 0 008 Zellarsngen re Binde: rathen außer Continuität mit denjenigen des Aftes. Der Aft wird eingefchloffen. Nach zehn Jahren möge der Aft b entftanden fein, welcher nach der Evolution der Krone dauernd dominirt. Ein folcher Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 343 Aft trocknet fchon im erften Jahre, nachdem er die Perioden feiner jähr- lichen Verjüngung eingeftellt hat. Hieraus ergibt fich als erftes und Haupt- moment der Leitung: der jährliche Zuwachs (f. weiter unten, achter Abfchnitt). 3. Immergrüne Blätter. In immergrünen Blättern muß offenbar der Blattftiel, welcher die Translocation von und nach der Blattfläche vermittelt, periodifchen Zu- wachs zeigen. Ein cambialer Cylinder um- gibt dort den Querfchnitt der im Kreis ftehen- den Gefäßßbündel. Jahrringe kommen gleich- wohl bei den immergrünen Rhododendren nicht vor. Bei Hoya carnofa mit 5—6 jährigem Blatte herrfcht ein periodifcher Zuwachs in dem Blatt- ftiele, die Jahreszuwachfe find aber als Holz- ringe nicht kenntlich. 4. Ruhende Knospen. Eine große Anzahl derLaubknofpen kommt nicht zur Entfaltung. Es find insbefondere ganz . niedrig differenzirte und fehr kleine Axillar- knofpen der Nebenblätter der Cupuliferen, der Salices u. a. m., welche früher oft in mikro- fkopifch kleinem Zuftande, gefchützt durch Niederblätter, plötzlich erwachen, an dem aft- lofen Stamme Laubblätter entfalten, im Allge- meinen aber unter dem Kronendach des Baumes nicht mehr erftarken. Der Stammtheil folcher Triebe wächft nur ein oder zwei Jahre in die Fıc. 331. Schema zur Demonftration des Trockenaftes und des dominirenden Aftes. Radiallängsfchnitt durch einen Baum der gemäßigten Zone. Der Trockenaft a foll im zweiten Jahre entftanden, zwei Jahre mitgewachfen, dann abgeftorben fein, der dominirende Aft 5 ift im zehnten Jahre entftanden und bis zum 45. Jahre mitge- wachfen. Denkt man fich den Stamm in’s dritte Jahr zurück, fo ift, das Abfterben Länge, bald geht die Knofpe ohne Defcen- denten ein, und der gebildete Zweig bildet an jeder Hochwaldbuche!) bis 2— 3 cm große von a a vorausgefetzt, nicht einzufehen, warum a a ein Trockenaft wird, wenn der Kettenbewegung des Waffers (Imbi- bition) irgend welche Bedeutung zukommt. Knöllchen, welche periodifch in die Dicke wachfen und oft bis zu I0—20 cm und mehr Durchmefler erhalten. Solche Gebilde nennt der Holzkundige die Kropfmafern (vergl. Fig. 332). U. Stamm und Zweig (Faferverlauf)?). Gerade die Verbindungsftelle zwifchen zwei Aeften, von welchen der eine der tragende F F' fein möge, der andere der Zweig der nächften 2) Buche und Hainbuche, feltener Eiche und außerordentlich felten die Nadelhölzer. 2) M. Kıenıtz, Aufaftung der Waldbäume. Allg. Forft- u. Jagdzeitung von G. HEYER. X. Bd. 2. Heft. Supplemente. & \ 344 VII. Grobe Anatomie. Ordnung, ift von einigem Intereffe in Bezug auf den Verlauf der Holzfafer. Die Ebene FF‘, Fig. 333, foll' eine Tangentialebene des tragenden Aftes dar- ftellen und die Schrafhirung foll den Verlauf der Fafern demonftriren. A foll die Projection ‚des Zweiges, c A KON A deflen Spitze fein, eg Dagins MR fo verläuft die N b größere Anzahl > < der Fafern auf ei- nem Umweg aus > dem Mantel des a A Erz gegebenen Jahr- B Fıs. 332. Abgeftoßsene Aefte und Kropfmafern der Buche. Nebenblättchen. FıG. 333. Faferverlauf für einen Jahrring in der Tangential- fläche des tragenden Aftes und für die Projection c A des ge- tragenen, nach Kıenrrz. C die Bruchfläche, a b die Ringfalte- am Stamm, c d die Seitenfalten, Kruhende Knofpen aus .der Achfel der ringes im tragen- den Zweig in den getragenen. Aus dem auffteigenden Büfchel Fafern b rocken b, Fig. 333, gehen die meiften von der Seite und oben in den Zweig, ein kleiner Theil von unten in me- dianer Richtung m. Alle im tragenden Afte abwärtsläufigen Fafern C 5 gehen um den ge- tragenen Zweig herum, bis fie parallelläufig mit den Fafern F F’ des tragenden Aftes werden. Möge A, Fig. 334, die tragende Axe, a der Zweig der nächften Ordnung fein, welcher abgeftorben ift, und es möge fenkrecht zu c b nach allen Rich- tungen die fecundäre Holzbildung fortfchreiten, fo ift leicht erficht- lich, daß, wenn in A diefer Vor- gang herrfcht, in dem Winkel cb d die Fafern verfchoben werden müflen. Es fehlt an Raum. In dem ftumpfen Win- kel abe wird dief wohl ebenfo Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. - 345 fein, die Verkürzung db, eb zu d‘ b', refp. b' e‘ aber ift eine viel allmäligere. In dem Aftwinkel, Fig. 334, ftauen fich ge- wiffermaßen die Fafern. Unfere Fig. 334. B zeigt in den Pfeilen « die herab- kommenden Fafern. In f, f', f find diefelben mannig- fach gekrümmt, laufen fchließlich horizontal. «Weniger einfach ift der Verlauf, wenn nicht nur der Stamm, fondern auch der noch lebende Aft jährlich eine neue Zuwachsfchicht anlegt, welcher Fall in Fig. 334 und 337 fche- matifch dargeftellt ift. Die Fig. 334 B zeigt einen fenkrechten FF III 2. FıG. 334. Schema des Faferverlaufes vom Stamm nach dem Aft, nach Längsfchnitt durch die Axen des M. Kıesrrz!). A. Schema der räumlichen Lage, c be die tragende Axe, Stammes und des Aftes. Im ab der Aft. Wächft der Stamm, fo daß feine Peripherie von ce 5 nach Stammtheile unter der Anhef- c* b' verfchoben wird, fo wird im Aftwinkel d 5 nach d' b" zu gelangen beftrebt fein. B. Durchfchnitt durch’ die Einfügung des Aftes in den tungsftelle, «wa in B, verlaufen Stamm. Die Fafern F, welche mit dem Pfeil B auffteigen, treten in den alle Fafern in gleicher Richtung, weiter ‘oben, dicht vor dem Win- kei B dagegen theilen fich die- felben; ein Theil geht über in den entfprechenden Jahresring des Aftes A, ein anderer wendet fich um den Aft herum und biegt in FF’ F" u. f. w. zum erneuten fenkrechten Verlauf im fcharfen Winkel nach oben. Da nun nicht allein die untere Hälfte der Aftfafern ff, fon- dern auch die obere Hälfte f f nur in den unteren Theil des Stam- mes übergeht, fo müffen auch diefe Fafern f' f/ um die bereits angeleg- ten Theile des Aftes herumgehen, bevor fie ihren Verlauf in der Längsrichtung des Aftes nehmen, wie dieß auf Fig. 333 erfichtlich ift.» 1) M. Kıenıtrz, Forft- und Jagdzeitung. 1877. Aft ein. Die abfteigenden Fafern F' aber biegen mit dem Pfeil x um den Aft herum (vergl. Fig. 333). Fıc. 335. Tangentialfchnitt bei $* Fig. 333 im oberen Aftwinkel ; die mit & herablaufenden Fafern vielfach verfchlungen biegen mit den unteren Pfeilen fich nach rechts und links fcheitelnd um den Aft. ak. — 346 VII. Grobe Anatomie. «Die Fig. 333 bedeutet die Projection des Aftes auf feine Grundfläche; c ift als- dann die Spitze des Aftes, und die Strahlen cf, cf‘, welche hier radial geftellt erfcheinen, entfprechen den Fafern, welche in einer peripheren Kegelfchale des fo projicirten Aftes, alfo im äußerften Jahrring desfelben verlaufen. Es folgt hieraus, daß in dem Punkte m‘ (d.h. am oberen Aftwinkel) die Fafern des Aftes von rechts und links zufammen- treffen müffen, in ähnlicher Weife, wie die Fafern des Stam- mes in dem dicht darüber liegen- den Punkt 5°. Aus diefem im oberen Aftwinkel ftattfindenden Zufammentreffen der in verfchie- denen Richtungen verlaufenden Fafern ift es zu erklären, daß in dem Winkel der Raum für fämmtliche Neubildungen nicht ausreicht, weil der Scheitelpunkt von Jahr zu Jahr nicht nur nach außen, fondern auch nach oben vorrückt.» In der That wird in den meiften Fällen eine wulftartige m Ausbauchung durch ein Aus- Fıic. 336. Schema des Faferverlaufes in zwei Gabeläften der Eiche. biegen der Stammfafern nach Be: & Ä N mi m? das Mark der Acfte. ww die Berührungsftelle der Fafern. der Richtung des Aftes veran- Durch die größere Anhäufung im Aftwinkel wird diefer aus einem ö fpitzen w allmälig zu einem ftumpfen w', Die Fafern biegen um die laßt. Befonders auffallend if Linie w w' fich fcheitelnd nach abwärts. diefer Wulf in der Regel, wenn ’ das Wachsthum des Stammes bedeutend das des Aftes überwiegt. Es wurde verfucht, diefes Verhältniß in der Fig. 334 B darzuftellen. An dem unteren Winkel tritt die Wulftbildung langfamer auf, weil die normal zur Faferrichtung ftattfindende Verdickung einen größeren Wulft zu bilden pflegt, daher an der Unterfeite der Aefte allmälig in den Stamm verläuft. Ift die Größe des Zuwachfes in Aft und Stamm annähernd gleich, fo bildet fich kein einfeitiger Wulft im Aftwinkel, aus dem Grunde, weil die Zuwachsfchichten beider Theile einen annähernd gleichmäßigen Druck auf einander ausüben; doch entwickeln fich die Jahresringe im Aftwinkel weit mächtiger, als an jedem anderen Punkte, wodurch der urfprünglich fpitze Winkel der beiden Axen in einen immer ftumpferen übergeht (Fig. 336 in w‘). Verfolgen wir im Anfchluß an diefe Be- trachtungen den Verlauf der Fafern in einer Aftwundfläche, die fo dicht am Stamm liegt, daß fie einen Theil des Wulftes oder Aftanlaufs aufnimmt. 5 S’ift der durch diefen Wulft und den Aft geführte Schnitt, welcher in Fig. 336 in feiner Fläche fchematifch dargeftellt if. In diefenı Schnitt find fämmtliche in den Aft verlaufende Fafern zwifchen g g‘ (Fig. 337) quer durchfchnitten, in einer Richtung, die fich mehr oder weniger demrechten Winkel nähert. Die außerhalb des Kreifes gg‘ liegenden Fafern gehören dem Wulft an. Sie werden in ver- fchiedenen Winkeln zu ihrer Längsrichtung vom Schnitt getroffen, die um fo flacher find, je näher die Fafer dem Rande der Wunde liegt, bis fchließlich in den Theilen des Wul- ftes, welche fich nur wenig aus der Stammfläche hervorheben, der Schnitt mit der Längs- richtung der Fafern zufammenfällt. Bei mikrofkopifcher Abmufterung der Wundfläche Wachsthum und Theilung unter dem Vegetationspunkt. 347 zeigen daher alle Theile des Aftes das Bild eines Holz-Querfchnittes. Dasfelbe Bild ge- währt auch noch der dem Aft zunächft liegende Theil des Wulftes am oberen Aftwinkel (über g in Fig. 337 a); von hier aus nach allen Seiten geht das Bild in das des tangen- tialen Längsfchnittes über. Daß der Verlauf der aus mehreren Richtungen zufammen- ftrömenden Fafern nicht immer ein fo regelmäßiger fein kann, wie ihn die fchematifche Ss ‘ ’ ' ! ' I ! 2% % ERS IR DIR 7 m N ir, AH > w Fıc. 337. Schema des Faferverlaufes in einer in der St fläche liegenden Aftwunde. a Flächen-, 5 Seitenanficht, g g' Querfchnitt des Aftes, w w! Aftanlauf, Aftwulft, F Fafern im Holz des Stammes, $ $’ Seitenanficht der Schnitt- fläche, welche in « um 90° gedreht dargeftellt ift (nach M. Kıznırz a. a. O.). Zeichnung Fig. 337 a darftellt, ift A. einleuchtend, namentlich treten die verfchiedenartigften Verfchlin- gungen im oberen Aftwinkel auf. Ein Bild davon liefert die mikro- fkopifche Fig. 335, welche ein AIG Stück einer Fichtenaftwundfläche aus der in Fig. 337 mit«ß y® bezeichneten Gegend darftellt. Der Faferverlauf ift übrigens in den Wundflächen fchon ohne Zuhülfe- Fıc. 338. Schema des Faferverlaufes aus dem Stamm in den nahme des Mikrof kops, namentlich Trockenaft bei der Fichte. 4. Tangential-, B. Radialfchnitt. 348 VI. Grobe Anatomie. leicht bei der Fichte zu erkennen. Flüffige Farbftoffe (Anilin) faugt der innere Theil der Wunde, der eigentliche Aftquerfchnitt, begierig auf, während diefelben in den dem Aft- anlauf angehörenden Theil der Wundfläche langfamer eindringen. Bei den Nadelhölzern allgemein läuft die Fafer der Jahrringe um den Aft, ohne Continuität mit den Fafern desfelben, Fig. 338 A. In der Fi- gur 338 B entfpringen alle Faferelemente des Aftes A in m der Jahrring- zone, in welcher der Aft entftanden ift. Faferverlauf im Stamm. Diefes Verhältniß unterliegt einer Gefetzmäßigkeit, welche ohne ein- gehendes Studium der Phyllotaxis nicht zugänglich ift (es wird abgehandelt in der Allgem. Morphologie, Bd. II, $ ı2 B 2). $ 33. Grenzen der Reproduction'). Wir unterfuchen hier die Neubildung in Folge von Verwundungen durch künftlichen Eingriff. In erfter Linie ift hier zu beachten, daß jeder unbegrenzt wachfende Pflanzentheil dahin kommt, daß er feine peripheren Gewebefchichten felbft verwundet, wenn diefe ein begrenzteres Wachsthum zeigen, wie das Volum, welches fie einfchließen. Unbedingt gilt dieß für die Epidermis an allen verholzenden, lang- ı) GöPPERT, Beobachtungen über das fogenannte Ueberwallen der Tannenftöcke, 1842. Bonn. Henry u. Cohen. Ueber die Ueberwallung der Tannenftöcke. 505. Botan. Ztg. 46. — Dr. Tu. Harrıc, Folgen der Ringelung an Nadelholzäften. 286. Bot. Ztg. 63. Folgen der Ringelung an einer Linde. 286. Bot. Ztg. 63. — RupoLPH STOLL, Ueber die Bildung des Callus bei Strecklingen. Bot. Ztg. 74. — N. J. C. MÜLLER, Bot. Unterf. Bd. 1. S. 192 u. 199. — M. KıeEnıtz, Ueber die Aufaftung der Waldbäume. Forft- u. Jagdzeitung. 1877. — GÖPPERT, Ueber Infchriften und Zeichen in lebenden Bäumen. (Nach einem Vor- trag im fchlefifchen Forftverein 1869.) Der Jahrring, ift zu fagen der Zuwachs, ift feiner äußeren Form nach das fchwankendfte Gebilde. Jeder Eingriff erfchüttert nicht allein die äußere Form, fondern felbft Geftalt und Vertheilung der Zellenelemente. Beobachtungen über folche Bildungsabweichungen finden fich in: GÖPPERT, Beobachtungen über das fo- genannte Ueberwallen der Tannenftöcke. Bonn. Henry u. Cohen. 1842. Innere Zuftände der Bäume nach äußeren Verletzungen u. f. f. Jahrbuch des fchlefifchen Forftvereins. 1873. TRECUL, Formation des vaisseaux au-dessous des bourgeons soit adventifs soit normaux elc. Ann. des sc. nat. 1854. S. 41—64. — TH. Harrıc, Vollftändige Naturgefchichte der forftl. Kulturpflanzen Deutfchlands. 1840. Heft VII u. VIII Reproduction. Nach den Harrıc’fchen Unterfuchungen ergibt fich der Adventiv-Sproß, welcher aus dem Callus entfteht, als ein Defcendent eines bereits fertigen Holzelementes (m. f. auch diefe Publication, Grenzen der Verjüngung). * Grenzen der Reproduction. 349. lebigen Gebilden. Mit Ausnahme weniger immergrüner Gewächfe!) reißt diefelbe (bei allen Waldbäumen) im Verlauf des erften oder zweiten Jahres. Vor dem Zerreißen hat fich bereits unter der Epidermis aus den peripheren Zellen des Grundgewebes ein korkbildendes Cambium gebildet, welches die Wundfläche mit Dauerzellen eigener Art gegen die Atmofphäre fchützt. Diefe Dauerzellen eigener Art, welche den «Kork» bilden, ver- dienen große Beachtung. A. Folgen der Verwundung: Korkbildung. Der Kork ift das eigentliche Wundgewebe. Die korkbildenden Zellen (das Korkcambium) können entftehen, in Folge der Verwundung, aus jeder ZelledesGrundgewebes, der Rinde, des jugend- lichen Markftrahles, aus dem Baftparenchym, aber nicht aus der Epi- dermis felbft. a) Lenticellen?). Locale Korkbil- zı«. 339. Lenticelle der Rofe. E die Epidermis. p p das collenchymatofe dungunterder Epidermis Parenchym der Rinde. In R die Rißftelle der Epidermis. führt zunächft zu dem Auftreten linfenförmiger Wärzchen der Lenticellen, Fig. 339. Die Epidermis reißt über dem Korkwärzchen früher wie an den übri- gen Stellen, das Wärzchen tritt als eine linfenförmige Erhebung über die Stammfläche hervor. Verfuche über die Diffufion atmofphärifcher Gafe lehrten mich, daß die einzelne Korkmembran oder eine dünne, aus wenig Lamellen beftehende Platte leicht durchläfiig ift für atmofphärifche Gafe, dafern diefe unter hohem Drucke ftehen. Nun ift bei der technifchen Verwendung des Korkes, welche hier in Betracht kommt, zu beachten, dafs viele Taufende von dünnen Kork- zellhäuten ebenfoviel lufterfüllte Zellräume von einander trennen. Von Zelle zu Zelle muß erft ein Diffufionsausgleich ftattfinden, ehe die in einem Reci- pienten durch den Korkftopfer von der Atmofphäre getrennten Gafe mit diefer in Berührung kommen. Der Korkpfropfer auf Wein und anderen Flüfigkeiten nimmt felbft nach jahrelangem Lagern von der Flüfligkeit 1) Studienmaterial für dauernde Epidermen: Viscum, Ilex, Laurus, die Nadeln der Coniferen, die Blätter der Cycadeen, Palmen, der Stamm der Cacteen. — HANSTEIN, Unter- fuchungen über den Bau und die Entwickelung der Baumrinde. Berlin. G. W.F. Müller. 1853. 2) Studienmaterial für Lenticellen: Ahorn, Weide, Prunus, Padus. Studienmaterial für vorherrfchende Korkbildung: Korkulme, Evonymus verrucosa u. a. 350 VII. Grobe Anatomie. wenig auf, wie aus dem langfamen Vorfchreiten des Rothweinpigmentes erkannt wird. Hiebei ift freilich die Impermeabilität der Membran für Pig- mente mit in Rückficht zu ziehen. u In den immergrünen Stäm- TIER, men der Cacteen (Cereus) bildet — | | fich der Kork unter der Epidermis mit wechfelnden Lagen mäan- ee ee . drifch verfchlungener fclerotifcher REEL En K Steinzellen mit auffälliger Ver- A 2] As dickung. RG Die in der Figur 340 dar- Ie®) Ss geftellten Zellenlagen dauern — Jahre lang an der Pflanze. Beim A_K Abziehen derfelben bildeten die an die Wundfläche grenzenden = = Zellen des Grundgewebes von " Neuem Kork. Die fehr ver- £ dickten Steinzellen kommen auch im Kork der Bäume, nament- lich in Flafchenkork, vor. b) Periderma?). Ehe die Epidermis an den Zweigen unferer Waldbäume reißt, hat eine dichte Lage von Kork den Zweig umhüllt, das Periderma. Dasfelbe ift ein Derivat der peripheren Zellen des Grundgewebes, umhüllt den Zweig lückenlos und ift bei der Mehrzahl der Bäume homogen aus gleichdicken Korkzellen zu- Fıc. 340. Querfchnittsparthie durch die Rinden von Cereus {ammen efetzt die ele entliche peruvian. Die oberfte Zellenreihe ift die Epidermis. K eine ’ 8 ’ geleg Eule weite Lage Steimzelen. P-das chlorophyliführende Paren Zruspildung zerftreut ftehender chym der Rinde. Steinzellenabgerechnet(Fig.340). Das Periderm der Birke, welches in fo auffälliger Weife in papier- dünne Platten zerbändert, befteht aus wechfelnd dünneren und dickeren Korkzellen. Die dünneren reißen, die dickeren blättern als Querbänder von der Rinde ab (Fig. 341). !) Studienmaterial für das Periderma: Melaleuca ftyphelioides, Betula alba. Grenzen der Reproduction. 351 c) Borkenfchuppen. Jeder Korkzellmantel, welcher zwei Gewebeparthieen trennt, bewirkt, daß die Translocation der Flüfligkeiten zwifchen beiden beeinträchtigt, wenn nicht ganz aufge- Ä hoben wird. In dem Maße wie die Rinde an älteren Bäumen von außen nach innen einreißt, ftirbt fie ab. Die Bildung von Kork- mänteln fchreitet im glei- chen Sinne vor und geht dem Weiterreißen voraus. Durch diefe Korkbildung werden oft fußlangeLappen bei der Platane vom Ver- kehrnach innen abgefchnit- - ten un d fallen fchließli ch Fıc. 341. Betula Kon ea hgpindench Peridermafchichten, ab. Die Borkenbildung fchreitet centripetal vor. Die Rinde der älteren Kiefern ift ein gutes Studien- object, Fig. 343, 344. Zahlreiche Korklamellen bilden fich hier allmälig Fıc. 342: Querfchnittsparthie der Wurzeltinde der Krameria. © e die Korkfchichten.: 0 die primäre Rinde der Wurzel mit zufammengefetzten Stärkekörnern (nach Berc). in dem Baftparenchym P durch nachträgliche Zelltheilung. Die Figuren ftellen Durchfchnitte durch eine Lamelle dar. Diefe fetzt fich aus drei Schichten zufammen. In der Mitte eine Steinzellfchicht X $ nach außen und innen, von diefer je eine Lage. dünnzelligen Korkes m K, Fig. 343. 352 VII. Grobe Anatomie. De ' . . ” ” . * In diefen Lagen reißt die Lamelle, die Borke blättert und die hinter- einander belegenen Gewebeparthieen in den Platten find zufammengefetzt: die Korklamelle, die Steinzellfchicht, die Korklamelle, ein Theil der fecun- Fıc. 343. Kleine Parthie aus dem Querfchnitt der Rinde von Fıc. 344. Kiefer. Rindenparthie von Pinus Laricio, da wo eine Korkplatte das Rindenparenchym einer Korkplatte durchfetzt; parallel durchfetzt. P P das Baftparenchym. K 5 die äußere Schale dem horizontal ftehenden Pfeile reißt von Steinzellen. K die innere Schale. m K der Kork zwifchen die dünnwandige Korkfchicht, fo daß beiden; diefer reißt fpäter in Richtung des Pfeiles, fo daß die die Borkenplatten in Richtung der aus- Borkenplatten fich trennen. einanderweichenden Pfeile fich abfpalten.. dären Rinde (in welcher B Bp L enthalten find, alle Gewebetheile, welche S. 339 betrachtet wurden), fodann kommt wieder die Korklamelle mit ihren einzelnen Theilen u. f, f, Man beachte die Pfeile in der Figur 344. d) Namenszüge in Blätter geritzt. Werden faftige fleifchige Früchte der Drupaceen, dicke immergrüne Blätter gelegentlich verletzt, durch Infecten oder Menfchenhand, fo ver- narben fie die Wunden durch endogene Korkbildung. Das befte Studienobject ift das Blatt der Wachspflanze, Hoya carnofa. Die Damen ritzen in folche Blätter Namenszüge oder Daten. Nach einiger Zeit ift der in der Richtung des Pfeiles A durch die Epidermis e geführte Riß in diefem Sinne ausgeheilt. Soweit bis K etwa die Contufion das Gewebe zerftört hat, ift dieß abgeftorben und begrenzt durch den Korkmantel XK (Fig. 345). | Die Korkbildung fchreitet einige Zeit fowohl in centripetaler wie in centrifugaler Richtung fort, zuletzt fällt das Stück $ K 5’ vertrocknet ab Grenzen der Reproduction. 353 und der Namenszug bleibt in der Vertiefung erhalten, fo lange das Blatt exiftirt, oder es bildet das Korkcambium eine über die Fläche des Blattes hervorragende Korkleifte. Fıc. 345. Hoya carnofa. Eine Wundftelle im Blatte der Wachspflanze. Mit dem Pfeile a war das lebende Blatt durch eine Nadel geritzt, fo daß ein Namenszug in der Epidermis entftund. Soweit die Zeichnung fchrafhrt, ift das Gewebe abgeftorben, von S nach K nach S’ hat, das intacte Grundgewebe die Korkbildung eingeleitet, die neuen Membranen ftehen parallel der inneren Grenzfläche der Wunde. e) Der Blattftiel Pix 2 durchfchnitten. G s Viel tiefer eingrei- fende Wunden werden am Blattftiel immer- grüner Blätter ertragen und vernarbt, fo fchnitt ich den Blattftiel der Ficus elaftica von der Innenfeite her, bis zur Hälfte quer durch, fo IS daß) die Laft der Blatt- - fläche die Axe des Stieles in dem Winkel zwifchen 0. a‘ knickte (Fig. 346). Die Pfeilrichtung A ıft ’ die Richtung des Schnit- \ Pu F tes. Nun ftarb das Ge- webe P'G’ ab, der endo- @ Pac gene Korkmantel X K' | fchützte die Wundfliche. Fıe. 346. Längsdurchfchnitt durch die Wundfelle an dem Blattfliel von D: P: h bil Ficus elaftica. Pfeil 4 Richtung des fenkrecht zur Axe geführten Einfchnittes. as arenchym P bil- G G* durchfchnittene Gefäßbündel. K K* Korkmäntel. P Grundgewebe. N. J. C. Mörzer, Handbuch I. ı. 23 EP AU &E’ 354 VII. Grobe Anatomie. dete einen vom Blatte her ftärkeren callofen Wulft W. Die durchfchnitte- nen Gefäßbündel G G‘ bildeten callofe blind endigende Schlingen s s’ s“. Der von der Blattfläche ab- gerechnete abfteigende Callus war mächtiger entwickelt, wie derjenige Calluswulft, welcher in entgegen- gefetzter Richtung wächft. m Zweignarben. Blattnarben!). In gleichem Sinne fchließen fich die Blattnarben und die Bruch- ftellen der Zweige. Fig. 347 ftellt einen in Ä* b“ b“‘ gebrochenen Zweig von 8$mm Dicke dar. Die Rinde hat fich mit den Korkmänteln K! K? gefchützt, das Mark durch K° K®. Die außerhalb der Korkmäntel belegenen Theile fterben, vertrock- He Hahn Ki dis Ko Körkminte welche das Grundge. NEN und fallen ab. Der Zweig ift SR nu de Wunde ei. mi Selen im dann in der Bruchfläche, foweit die- Baftfafern ftattfindet. felbe aus parenchymatöfem Gewebe befteht, vollftändig gegen äußere Einflüffe gefchützt. Nur in dem = Querfchnitt der gebrochenen Gefäß- bündel unterbleibt die Neubildung. — ’ 2 7 ea), ff j GGG = EEEEBEE: ZZ = uume En: = == D EFF 7 111 4 4 R E= Ca 7 Eu aus IrHH-T7 H Ca AH -LEcH —y i Wi r u HH „FF' pR Ca an M.rh.P TEN Fıc. 348. Efche. Aftbruch. Längsdurchfchnitt. M Mark. Fıc. 349. Efehe. Aftbruch im Längsfchnitt nach Hz Holz. F F' primäre Gefäßbündel. v Vegetationspunkt drei Jahren; in der Bruchfläche liegen im Verband einer Seitenknofpe. f f' Blätter dafelbfl. K K* Kork. mit den callofen Zuwachsmänteln C'a Ca zwei J Jahreszuwachs in der Bruchfläche. pR primäre Rinde. Zuwachsfchalen, X Kork, Cb Cambium. !) Studienobjecte: Philadelphus, Robinia, Aesculus u. v. a. E Grenzen der Reproduction. 355 Die Axillarknofpe von. Philadelphus entbehrt der Knofpenfchuppen, fie it von einem dünnen Korkhäutchen bedeckt. Die vollftändigfte Ausheilung von Wundflächen zeigte fich bei der Efche. Hier heilt die in der Gegend von J (Fig. 348) belegene Wund- fläche vollftändig zu und es bildet fich aus einem im Mark an der Bruch- fläche thätigen Cambium ein förmlicher Rindentheil, welcher die Scheitel- fläche des Zweiges einhüllt. Diefes Cambium vermehrt fogar entfprechend den Jahrringen im Cylindertheil des Zweiges die Zuwachsmaffe der End- fläche periodifch mit verholzendem Parenchym, Fig. 349 Ca Ca Ca (f. Figurenerklärung)). B. Callusbildungen. Man muß ganz ftreng bei der Bildung von Callus oder Wundholz- maffen unterfcheiden: ı° die Vorgänge im Wundrande; 2° die Rückwirkung der Verwundung auf die in Diftanzen von wenigen Centimetern belegenen Gewebe und die Rückwirkung der Verwundung auf das ganze Syftem der Pflanze, beziehungsweife des durch die Verwundung mißhandelten Baumes. Möge das Phänologifche der Verwundungen hier von den leichteren nach den fchwereren Wunden abgehandelt fein. 1. Rindenfenster. Schneidet man ein rechteckiges Fenfter in die Rinde der Waldbäume, fo ftirbt die Rinde am Rande wenige Millimeter zurück ab. Ift ab der obere Wundrand fenkrecht zur Cylinderaxe des Stammes, dc der untere wurzelwendige, fo rückt die aus dem Rande entftehende Callusmaffe fenk- recht zu ab rafcher vor als fenkrecht zu dc, die feitlichen aber rücken gleich fchnell vor. Nennen wir mit TH. Harrıc !) den erften den abfteigenden Callus, den zweiten den auffteigenden, und die fymmetrifch nach links und rechts belege- nen die feitlichen Calli, fo haben diefe in Folge der Lage zu den Strömen des Stoffwechfels an dem Baume im Allgemeinen diefe Beziehungen: der abfteigende wie der auffteigende Callus haben einen mechanifchen Widerftand darin zu bekämpfen, daß die Theilungen des Zuwachfes durch Wände gefchehen, welche fenkrecht zum Radius ftehen. Der erftere aber ift bevorzugt durch den abfteigenden Strom der Nährkörper » vor dem letzteren. 1) Tu. Harrıc, Forftliche Culturpflanzen Deutfchlands (f. oben S. 348). 23° 356 VII. Grobe Anatomie. | Die feitlichen Calli, unter fich gleichberechtigt, werden durch das genannte hiftologifche Verhältniß begünftigt. Fig. 350, zeigt dementfprechend alle Uebergänge in der Gefchwindigkeit des Vorrückens der Wundränder. Ein kreisrundes Fenfter, Wägungen der dreijährigen Callusmaffe an einem kreisförmigen | Rindenfenfter der Eiche. (Siehe Fig. 350). Der eine Halbkreis UR O wurde in 9 gleiche Sectionen getheilt, die jeder Section zugehörige Callusmaffe wurde los- gefägt und gewogen: Gewicht. I. 3,840 88 2 4,100 » 3. 4,610, 4 12,370 » 5 14290 » 6 7 8 Section. oben Nr. 12,460 » 8,870 » 1,260 » unten 9 negativ, der Callus ift fcheinbar zurückgefchritten. Der Radius der urfprünglichen Wundttelle beträgt ı5 cm. Bei der Fichte fchreitet der- felbe Callus (wie bei allen Coniferen) nur äußerft langfam über die Wund- fläche fort, dagegen läßt fich hinficht- lich der Dicke daffelbe Gefetz leicht nachweifen.(Man vergleiche dierand- ftändigen Skizzen der Durchfchnitte durch den Callusrand, Fig. 350). Die Dicke des Callus bei der Fichte ift in 3 Jahren vonO nah U inmm 7 » OR HTDERTENIS DER ea 3 ” DEE ADTRE N 16,5 a PER a der ae 5,5- FıG. 350. Zwei Rindenfenfter in 1/3 der natürlichen Größe, © die fchraffirte Curve ftellt den über die Oeffnung mit jener Zeit for der Eiche. Der Zuwachs in der nächften Nähe um das Fenfter wu OOLL ÜUL U und ORR URU verzeichnet. Die dunkeln in tangentialer Richtung die Bräunung, das Abfterben in einem klei die Tiefe in derfelben Richtung, bis zu welcher der r Grenzen der Reproduction. 357 Wir müffen aus den hiftologifchen Verhältniffen fchließen, daß der Leitungswiderftand für die Colloide in dem von den Blättern abflieffenden Strom fich in drei Richtungen ungleich verhält, fo dal die größte Ge- fchwindigkeit a in die Axe, die kleinfte c in die Peripherie und transverfal, die mittlere 5 in den Radius und transverfal fällt. Die Schnelligkeit der Vernarbung hängt von dem Zeitpunkt ab, in welchem die Verwundung ausgeführt wurde. In die Fläche, Fig. 351, t Axe der Stämme. Der äußerfte Contour war die Oeffnung des Fenfters vor drei Jahren; chrittenen Callus dar. Die Callusbildung verläuft bei der Fichte fehr langfam gegenüber 1 Durchfchnitten fenkrecht zur Ebene O U ermittelt, und in den radial geordneten Figuren edeuten das Holz, die hellen die Rinde. Die Länge 5 bedeutet die Tiefe, bis zu welcher Te eil des Rinde- und Holzzuwachfes von der Wundfläche aus vordrang. Die Länge a ift achs in dem Callus von dem radialen Zuwachs des Jahresringes abweicht. o oben, « unten, / links, r rechts, wurde die Breite derüber die Aftwundfläche fort- fchreitenden Callus- ränder eingetragen, nachdem fie am 16. November gemeflen war. Am langfam- ften vernarbten die zuerft hergeftellten Wunden, I Fig. 351. Kreisförmige Wun- den der Rinde wer- den fich aus den an- gegebenen Gründen fo fchließen, wie es die Figurenreihe a, b, c, Fig. 352, zeigt. In praktifcher Hin- ficht fpielen folche Wunden eine Rolle, da Gärtner und Forft- leute Aefte abfchnei- den oder fägen. Laf- fen fie dabei einen Stumpf ftehen, fo fchreitet die ge- wünfchte Vernarbung am langfamften fort, felbft wenn diefer nur ein ganz kleiner Vor- fprung, f. Fig. 353, ift. 358 VII. Grobe Anatomie. Legen fie die Schnittfläche aber in die Cylinderfläche des tragenden Stammes, fo geht der Prozefs der Vernarbung am rafcheften vor fich?). Fıc. 351. Graphifche Darftellung des durchfchnittlichen Vorrückens zweijähriger Callusbildungen an Aftwunden der Lärche in natürl. Größe. u unten, o oben, Z links, r rechts, a auf-, b abfteigender Callus über die Fläche oZur. I Callusrand vom 23. März, II vom 30. April, III vom ı6. Juni des Jahres, in welchem die Verwun- dung erfolgte. Die nächfte Rückwir- kung auf die Gewebe der Umgebung ift darin begrün- det, daß durch das Rinden- fenfter, namentlich wenn das- felbe durch Abfägen eines Aftes entftanden, eine Stauung des abfteigenden Stromes eintritt?). Es werden nun (wohl auch zum Theil- durch den Wegfall.der Aefte) fchlafende Knofpen entfaltet, welche ohne den Eingriff nicht zum Aus- bruch kämen. Verfuche über die Fol- gen des Aufaftens find an der Königl. Forftacademie in Mün- den im Großen in Angriff FıG. 352. a b zweijährige Aftwunden der Eiche in !/s natürl. Größe, a die kleinere Wunde normal nach allen Seiten, b die größere, der untere Callus fehlt; R Riffe im Holz, A Algen, P Pilzanflug. c gefchloffene Wunde der Buche. genommen für die Beftäinde von Lärchen, Kiefern, Fichten, Buchen und Eichen. Sie bieten in erfter Linie ein Interefle der praktifchen Forftwirth- ') Näheres Forft- und Jagdzeitung. 1877. M. KıEnırz, Ueber die Methode des Aufaftens, 2) Studienobjecte: Buche, Eiche, Lärche. Grenzen der Reproduction. 359 fchaft. Ob fie die Mühe und Arbeit, welche für folche Verfuche aufge- wandt werden, im praktifchen Sinne rechtfertigen, mag der Wirthfchafter von gefundem Sinne entfcheiden. 2. Ringelung der Rinde. Wird die Rinde in einem ringförmigen Bande, Fig. 356, abgenommen, fo ift die Rindenleitung zwar vollkommen unterbrochen, Translocation findet aber dennoch ftatt. Der Strom muß an dem oberen Wundrande aus der Rinde in das Holz treten, er erfährt hier freilich eine Stau- ung, eine mächtige Verlang- famung, dieß gilt für beide Ströme, für den ab- wie den auf- fteigenden. Was der Baum in- deß hier ertragen kann, ift. er- ftaunlich. In Fig. 357 ift eine vierjährige Kiefer auf eine ı Fuß weite Strecke fo entrindet ge- wefen, daß nur der fchmale rıc. 353. Buche. Die Aftwunde fo gelegt, daß der obere ET ES erlernen Foren a wie in producirte, wie die Figuren A und B zeigen, den ganzen fehlenden Querfchnitt. Die Ringbänder (Fig. 358) an 20—30 Jahre alten Pappeln und Buchen zeigen bezüglich des abfteigenden Callus eine merkliche Steigerung der Wachsthumsgefchwindigkeit für den abfteigenden Callus nach der Südfeite. Der geringelte Aft einer mannbaren Buche, Fig. 356, zeigte im nächften Jahre allein unter allen Aeften desfelben Baumes Blüthenanfätze. Die Ringelung des Stammes führt, wenn die Wunde in endlicher Zeit nicht ‘überwallt werden kann, den Tod des Baumes herbei. Nach den Beobachtungen Tr£tcur’s!) ift hiebei indeß noch das Folgende zu beachten. Wenn, wie in einzelnen Fällen, der Baum den Eingriff länger über- lebt, ift die Holzernte kleiner und zwar abhängig vom Blattfalle. Jedes Stärkemolecül entfpricht fehr näherungsweife einem Cellulofe-, refp. Holz- molecül und ‚jeder Verluft in diefem Jahre an Amylum in den Blättern wird mindeftens ein Verluft für das nächfte Jahr fein. 1) Trecur, De influence de la decorticat. Ann. d. sc. nat. 1855. S. 341. Eine fehr fchöne Serie von Bäumen, an welchen mit großem Fleiße Experimente diefer Art ausgeführt wurden, find in der Nähe von Münden durch Durchforftungen wntergegangen. Drei ‘bis vier Exemplare wurden gerettet für die Sammlung der Königl. Forftacademie Münden, 360 VII. Grobe Anatomie. Diefer Verluft beträgt bei dem Fıc. 354. Durchfchnitt der Wundfläche eines Eichenaftes, 1/2 nat. Größe. CC! Callus ascendens. R Rinde. ab, fc Grenze zwifchen dem lebenden Splint und dem functionslos gewordenen Holz. Blattfall am 2. Auguft 0,77 Io » RE ı : en 0,6 » » »., 17 » 0,55 » » » 22, 0,325 » » >» 29.0 0,245 » » » 5. Septbr. 0,110 ». ı° Der Baum, welcher eine Ringelwunde an der Rinde erhält von gewifler Ausdehnung und nicht überwallt, muf) fterben, wenigftens in feiner oberen Parthie. 2° Damit der Baum trotzdem in diefer lebend bleibt, fcheint es nöthig, daß Adventivknofpen den untern Theil ernähren. 3° Die den Experimenten unterlegenen Bäume find meift erft im zweiten oder dritten Jahre nach der Operation geftorben. 4° Die obere Parthie der Bäume, welche im Monat Juni (Mitte) operirt wurden, erlag in dem- felben Jahr. 5° Die Blätter der geretteten Bäume find im zweiten Jahre im Juli bis Auguft abgefallen. FıG. 355. Lärche. Aftwunde. ww Waflerreifer. K Knofpen. C Callus. R Rinde. Sp Splitter, dort unterbleibt die Callusbildung. Grenzen der Reproduction. 361 3. Spiralringelung. Wird die handbreite Wunde durch 1—2 m Länge um den Stamm als eine Schraubenlinie geführt (man vergl. Fig. 360), fo zwingen wir die beiden Ströme in neue Bahnen. Der von der Wurzel aufftei- gende Strom wird in dem unteren, der von der Krone abfteigende Strom wird in dem oberen Wundrand ver- laufen. Die Vernarbung braucht mehrere Jahre Zeit, und es zeigen fich dabei einige intereffante Vorkommnife, welche mit Zuhilfenahme der fchematifchen Fig. 359 leicht zugänglich werden. Wird der Strom, wel- cher in dem Stamm herr- fchen muß, aus der kürze- rc. 356. Eiche. Der Aft 4 geftümmelt. c Callus. w Walfler- ften Längsrichtung durch reis. In B geringelter Aft. F Flächencallus. fchraubenlinige Entrin- dung in zwei parallele Bahnen auf größeren Um- weg gezwungen, ohne daß die Leitung abfolut, wie etwa durch eine Rin- gelung, unterbrochen it, fo nehmen in den neuen Bahnen die Anziehungs- kräfte, welche das Er- ftarren der ftrömenden Fıc. 357. Querfchnitt durch einen Kiefernftamm, !/3 nat. Größe. A und B einige Decimeter von einander entfernt. Der Stamm war Membranogene zu feftem _ina5 entrindet. R Rinde. Nach 5 Jahren war die mächtige Holze bewirken i bei der- Wunde durch den Holzzuwachs gefchloffen. felben Neigung der Wundränder zur Axe, im oberen Rande in der Richtung eines abfteigenden, im unteren Rande in der Rich- tung eines auffteigenden Stromes zu. Dieß läßt fich nur fo erklären: Die Linie A B (Fig. 359) ift die Grenze der Wunde, es ift der mit der Axe des Stammes parallele feitliche Wundrand, welcher die beiden Schraubenlinien verbindet, von dort nach SO S u. f. f. ift die Rinde conti- 362 VII. Grobe Anatomie. nuirlich. Der Theil über A B ftellt fomit ein oberes Refervoir für den Strom dar, aus dem der Widerftand für die Strömung in A B plötzlich wächft. Ein ähnliches Verhältniß liegt jenfeits 4 Nı Bı im Sinne der N w Ss o N A. ı Fonulus N w $ f) N ohen > | P > pe pP Rind A J ‚Holz m 4 B. Überwallungsgrenke En v Ir Sehnitt unten. Fagus silnlien FıG. 358. Geringelte Bäume. Die Ringelwunde im aufgewickelten Cylinder dargeftellt. A für die Pappel, B für die Buche in !/3 der natürl. Größe. N Nord-, W Weft-, S Süd-, O Oftfeite des Schaftes.‘ In’A ift nur der ab- fteigende, in B ift der abfteigende und auffteigende Callus dargeftellt. Nach S oder SO herrfcht der Callus etwas vor. Pfeile gerechnet. Beide Refervoire fenden nun eben, weil fie durch den Widerftand der Schraubenbahn getrennt find, die disponiblen Membranogene durch die neuen Bahnen, aber mit ungleichem Erfolg; das untere Refervoir erfchöpft fich, ehe die Strombahn ausgefüllt it. Der Callus afcendens nimmt daher zu, je mehr er fich dem oberen Refervoir nähert. Der Callus defcendens verhält fich umgekehrt: je weiter er von feinem, dem oberen, Refervoir fich entfernt, um fo mehr wächft fein Zuwachs für die gleiche Zeit. Die Ringelung der Rinde unterbricht zwar den Rindenftrom für das von den Blättern abftrömende plaftifche Material vollftändig, gleichwohl ift der osmotifche Austaufch für die jenfeitigen Orte nicht abfolut unter- brochen. Da das Holz einen Theil der Nährkörper aufnimmt, fo geht diefer Theil, freilich mit geringerer Gefchwindigkeit, von dem oberen Wundrand, durch die jüngften Holzconvolute, nach dem unteren Wund- rande hinüber. Meffungen über den Zuwachs dies- und jenfeits folcher Ringelwunden haben einiges Intereffe: eine Eiche von 20 cm Durchmeffer wurde in Mannes- höhe zweimal geringelt; die beiden Wunden waren 350 cm von einander entfernt, und jedes der entfernten Rindenbänder war 5 cm breit. Nach drei Jahren wurde die Zuwachsmaffe an vier Orten auf je einer 1 gem großen Fläche forgfältig abgefchnitten und gewogen. Obere de | Unteres Ringelband. | Grenzen der Reproduction. . | 363 Sie beträgt über dem oberen Wundrand 1,02 g « « unter « unteren « 0,06 « « @ über « oberen « 0,74 « « unter « unteren « 0,29 «. Die ‚größte Anhäufung ergibt fich hieraus über dem oberen Rande deroberenRingelwunde, fodann kommt der Ort, welcherüber dem oberen Rande der unteren Wun- de liegt, und das abfo- lute Minimum liegt un- ter dem unteren Rand deroberenRingelwunde: 4. Umschlingung. Die Loniceren um- fchlingen die Stämme der mittleren Alterslagen von Buchen, Hainbu- chen, Pappeln u. f. £. Durch denZuwachs wird die Schlinge felbftimmer ftärker angezogen, der Rindenftrom in die Spi- rallinie derSchlingen ge- zwungen, und es kommt durch den ftärkeren Zu- wachs von der Ober- feite her fchließlich zur Einwallung der Schling- pflanze, Fig. 361, nach- dem in einigen Fällen 1 EN \ N Fıc. 359. Schema des Zuwachfes in einer fchraubenlinigen Wunde, welche nach drei Jahren abgemuftert wurde, nach genauen Meflungen in 1/s der natürl. Größe. Der Kreis O NW S if der Querfchnitt des Baumes zu den Himmelsrichtungen. Der Radius CO=OP if gleich dem Durchmeffer des Schraubenbandes, welches den Stamm umkreift. Von dem Kreie ONWS wurde die Länge (d. h. die Ausdehnung in axiler Richtung) des Callus in radialer Richtung aufgetragen und zwar für den Callus defcendens in centri- petaler Richtung, es find die Längen A Aı Aa 43 bei O, NO, N, NW u. £. f. bis AO wie in $S; für den Callus afcendens in centrifugaler Richtung von B ab find es die Längen dı da ds u. f. f. Wiewohl nun die beiden Wund- ränder parallel und gleichfinnig mit den Pfeilen den Stamm umkreifen, fo theilen fich doch, wie man aus den angegebenen Längen fieht,. zwei Ströme, von welchen der eine bei gleichem Sinne der Richtung ab-,:der andere zunimmt. felbft der Holzkörper deformirt ift. 5. Verwachsung und Trennung. An den Wurzeln im Boden kommen gelegentlich bei den Wald- bäumen Verwachfungen zwifchen zwei Bäumen vor. Auch die Stämme in dichten Stangenorten der Buche und Eiche verwachfen, wenn fie fich dauernd dicht berühren. Hiebei wird zunächft die beiderfeitige, in der Be- rührungsftelle liegende Rindenparthie functionslos. Durch den Druck unter- bleibt dort auch der Zuwachs, während derfelbe um die Berührungsftelle Fıc. 360. Pittofporum . viridi- florum, fpiralig entrindete Aefte, an welchen in dem Maße, wie die Callusbildung fortfchritt, das alte Holz entfernt wurde, fo daß der Aft nur noch durch callofe Holzmaffen "zufammen- gehalten wurde). VII. Grobe Anatomie. herum fich anhäuft; dort wird die Rinde durch- brochen, die beiderfeitigen Zuwachsmaffen gerathen in Contact und verfchmelzen fchließlich zu einem callofen Wulf, die eingefchloffene Rindenparthie wird erft nach langer Zeit reforbirt. In ähnlichem Sinne verläuft die Einwallung der Lonicerenfchlinge, Fig. 361. Nur ift hier die umfchlungene Buchen- ftange im Vortheil gegenüber der Schlingpflanze durch einen ftlärkeren Zuwachs. Es kommt nicht zur Verwachfung der beiderfeitigen Holzmaflen. Der. Hoölzkörper. der Schlingpflanze wird fammt feiner Rinde eingewallt. Der Erfolg einiger Verfuche, in welchen Bäume mit Drahtbändern eingefchnürt waren, ift ein ähnlicher. Erfordert die Ueberwallung der bis 3 cm breiten Drahtbänder mehrere Jahre, fo wird in dem Zuwachs die fonft cha- rakteriftifche Structur der Jahrringe nicht hergeftellt. Der umgekehrte Vorgang zu dem Verwachfen durch Einwallen vollzieht fich an manchen Rhizomen und Wurzeln, fo z. B. bei der Wurzel und dem Mittelftock der Carlina. Die Markftrahlen zwifchen den großen Gefäßbündeln werden zerftört. Jede Gruppe von Gefäß- bündeln umgibt fich mit einem Rinden- und Korkmantel. Es ent- ftehen aus einem Wurzelcylinder deren drei, vier und mehr. 6. Bruch. Durch totale Aufhebung der N Nwaz 5 | Continuität, wie fie Fig. 362 dar- N. 2 ftellt, ift jedenfalls eine Verwundung —>3C #° herbeigeführt, wie fie nicht größer fein kann. Die Vernarbung führt zu einer Fıc. 361. Zwei Lonicerenfchlingen um eine Buchenftange. ba ba die eine, welche foeben eingewallt wird. c3 ca die vollftändigen Wiederverbindung der bereits vor mehreren Jahren eingewallte Schlinge. beiden Stücke bei allen Pflanzen ) 1) 'TRECUL, Ann. d. sc. nat. S. IV. 1854. S. 41—64. Formation des vaisseaux. . Grenzen der Reproduction. 365 welche leicht zu callofen Wucherungen neigen. Farrenkräuter und Coni- feren gehören nicht zu diefen. Die leichten Holzarten, Weide, Pappel, Fıc. 362. Callusbildung der Pappelwurzel;-welche in zwei Stücke zerfchnitten war, die beiden Stücke verbunden verwachfen. A Außen. B Durchfchnittsanficht. c die verfchmolzenen Callusmaflen. Ahorn u. f. f. vernarben noch gröbere Wun- den, wie die in Fig. 362 dargeftellte. In Fig. 363 A ift ein Zweig gebogen und in A a gebrochen. Beide Bruchftücke heilten fich fo aus, dafs der fehlende Theil aus dem Marke erfetzt wurde (Fig. 364, 365). Diefe Verjüngung geht vom Mark und dem Grund- “ gewebe der Rinde aus. In Figur 363 B find alle Wundflächen im Durchfchnitt ge- zeichnet: alle find verwallt. Der Durchfchnitt durch a, ß, Fig. 363, ift halbfchematifch in Fig. 364 dargeftellt. Die Fig. 365 dagegen zeigt ebenfo den halben Durchfchnitt durch a in Fig. 363 B. Die hinzugekommenen Zweighälften unter- z,<. 365. Ahornzweig gebrochen. 4 Außen. B Durchfchnittsanficht. 5b untere, a obere fcheiden fich von dem normalen durch Bruchfläche. die callofe Anordnung der Holzelemente. Es läßt fich indeß in ihnen die Structur der Jahrringe nachweifen. Nennen wir für einen normalen Zweig das Grundgewebe vor der Differenzirung das Proten für alle übrigen, fo erhalten wir: ı. Primäre Rinde f fecundäre Rinde, 2. Fibrovafalcambien | fecundäres Holz, REBONADE, 3. Primärer Markftrahl, 4. Mark =. Proten des Grundgewebes für den Callus. (GG Y D,; SS SEEIERESEHEEEISSESIT 4, N SINN: it NER G, III NEON, NN N N N N N N N N \ 366 VII. Grobe Anatomie. [4 Wir fehen fomit die Fähigkeit der Reproduction noch weiter hinaus- gefchoben, bis zu jenem Gewebe, welches im normalen Leben am früheften aus dem Verkehr ausfcheidet. Zu den gröbften Eingriffen gehört der Bruch des Schaftes. Es be- gegnete mir eine Kiefer, welche etwa im zehnten Jahrestrieb in der Axe = \„ I OH \) \\ im \\ \ Al) U = S \ ANUtT / u SS S N 0 I, TS UNS SER ® zw FıG. 364. Ahorn. Querfchnitt durch u. B-Fig. 363. Z die natürliche, Zw die Fıs. 365. Ahorn. Querfchnitt durch cd, Fig. 363 B. Bdie neu hinzugekommene Zweighälfte. cc natürliche, Zw die hinzugewachfene Zweighälfte, R R' Richtung Cambium. ee Gefäßbündel. des Riffes. ‘ die primären Gefäßbündel. m m primärer r der Bafttheil derfelben. Markftrahl. M Mark. c' c' Zuwachsfchichten. gebrochen war, fo daß die beiden Bruchftücke den Winkel von 90° ein- fchloffen. Ein Seitenzweig erfter Ordnung trat an die Stelle des Haupt- triebes, functionirte eine Zeit lang und wurde dann nochmals durch einen feiner Seitenzweige abgelöft, welcher die Schaftbildung bis zum 30. oder 40. Lebensjahr durchführte (Fig. 366). 7. Oeuliren. Pfropfen !). Beim Oculiren wird ein Axillarfproß zur Zeit der Ruhe, vor Knofpen- aufbruch, von dem Stamm in der Weife abgefchnitten, daß ein Theil des Holzes und der Rinde in Form eines keilförmigen Abfchnittes, Splitters, mit der Knofpe in Verbindung bleibt. Diefer wird in den Spalt des zu veredelnden Baumes gefetzt. Es verbinden fich die beiderfeitigen Cambien. Die Parenchymzellen beider Copulanten verfchmelzen zu einer callofen Maffe, in welcher auch Gefäßselemente auftreten. | ') Dr. HILDEBRANDT, einige Experimente und Beobachtungen über den Einfluß der Unterlage auf das Pfropfreis. Bot. Ztg. 68. — P. Macnus, Weitere Mittheilungen über den Einfluß des Edelreifes und der Unterlage auf einander. 113. Bot. Ztg. 71. — R. STOLL, Erwiderung auf die «Vorläufige Notiz über die Veredelung von P. SORAUER». 653. Bot. Ztg. 75. — P. SORAUER, Vorläufige Notiz über Veredelung. 201. Bot. Ztg. 75. 2\ a Grenzen der Reproduction. 367 Beim Pfropfen und Pattiren kommt die von Trtcur gefchilderte Vernarbung in Betracht, vergl. Fig. 362. Es werden fchief ‚gerichtete Schnittflächen des Pfropfreifes und des tragenden Stammes mit einander in Verbindung gebracht. In allen diefen außerordentlich groben Eingriffen geht die Neubildung von dem Grundgewebe Mark, Rindenparenchym oder den Markftrahlen aus. Pfropfen führt zur Hybri- dation, wie die gefchlechtliche Mifchung. Wenn fchon gradweife verfchieden, gehen die Eigenfchaften der beiden Stämme, Stamm und Edelreis in ein- ander und in die Zweigdefcendenten über. 8. Callus an Stecklingen!). - An Weidenftecklingen bildet fich an der oberen, der Luft zugekehrten Wundfläche nach wenig Tagen eine filberglänzende Zuwachsmaffe, welche aus den oc er jüngeren Rindetheilen als ein abgerundeter Ringwulft Schaft aus x Ren von wenigen Millimetern Höhe die Schnittfläche über- N ragt. Die mikrofkopifche Unterfuchung zeigt den Wulft aus Zellenwuche- rungen der Rinde zufammengefetzt, welche hyalin gegliedert, oft mäandrifch gewunden, mit großen Intercellularen verfehen find. Das Chlorophyll fehlt diefen Zellen. Eine Gliederung des Gewebes in Grundgewebe und Fibro- vafalmaffen findet nicht ftatt. 9. Trockenäste. Bäume können nur fo entftehen, dals fie die Aefte von unten nach oben am Schaft, als der Hauptwachsthumsrichtung, abwerfen. Solche Aefte trocknen, nachdem fie längere oder kürzere Zeit in Folge des Licht- mangels gekümmert haben, ab (Argument gegen die Bedeutung der Im- bibition bei der Wafferleitung, f. unten $ 36 G), brechen durch Schnee- druck, Sturm, Durchforftung u. f. f. Die Stümpfe werden zum Theil ein- gewallt. Die Waldbäume verhalten fich in -diefer Hinficht verfchieden: ı° der Aft bleibt lange Jahre ftehen: Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche; 2° der Aft wird (bis zum zehnten Jahre felbft) in der Jugend durch ein Gelenk abgeftoßsen: Pappel, Weide, Eiche; 3° dickere, Jahrzehnte alte Trockenäfte werden in mufchelförmigen Corrofionsflächen am Stamme nach dem Vermorfchen abgeftoßen: alle Laubbäume, insbefondere Eiche, Buche; ») StoLL, Bot. Ztg. XXXII. Jahrgang. 368 VII. Grobe Anatomie. ‘ 4° mehrere Centimeter dicke Aftftümpfe werden im Laufe der Jahr- zehnte, mit grolsen Schwierigkeiten für die Translocation der plaftifchen a- Fıc. 367. Ueberwallter Trockenaft der Afpe im Durchfchnitt fenkrecht zur Stammaxe. a bis aı Jahreslagen des .Aftes, welche, während er lebte, ge- bildet wurden. aı b' Jahreslagen des Stammes in organifcher Verbindung mit dem Afte. b' d' Jahreslagen, welche den At nebfi deffen Rinde ccı überwallten. Der Aftftummel fcheint bis cı gefund und lebend zu fein. eı e' Grenze, bis zu welcher vom trockenen Aft aus gerechnet die Ueberwal- lungsfchichten gebräunt erfchienen. von vorn die ganze Entwickelung durchlaufen wird. in einigen Punkten von denjenigen Harrıc’s ab. » Körper, eingewallt: Efche, Pappel, Eiche (f. Fig. 367 und Figuren- erklärung). 10. Callus aus den Schäl- stellen. Wird in der geeig- neten Phafe die Rinde entfernt, fo durchläuft die fertige Zelle des Markftrahles alle Form- ftufen, welche wir ei- nem früheren Proten zufchreiben. Nach Tn. Harrıc er- hielten wir: Holzmarkftrahl-- Proten des Grund- gewebes, aus diefem: Proten des Korkes, « der primären Fi- brovafalmaffeim Callus, « des Cambium- ringes, « aller fecundären Gewebeelemente im Callus, fomit endlich auch des adven- tiven Sproffes. Hiemit ift denn nachgewiefen, daß aus dem letzten Defcendenten wieder Meine Refultate weichen Die Objecte, welche ich zu der mikrofkopifchen Unterfuchung verwandte, find diefelben Callus- maflen, welche aus der Schälftelle der Buchen und Eichen entfproffen. Bekanntlich läßt fich die Rinde nur in beftimmter Zeit im Frühling \ Grenzen der Reproduction. 369 auf größeren Strecken abfchälen. Die Nageftellen des Wildes, welche im Winter entftehen, unterfcheiden fich wefentlich von folchen Schälftellen, welche das Hochwild durch Abreißen fußlanger Rindeftreifen im Frühling herftellt. Letztere zeigen noch in demfelben Jahre die fchon von Harrıc befchriebenen Infelbildungen des Holzwalles (Granulationen der Schälttelle). c Fıc. 368. Efche, überwallter Aftftummel, nat. Größe 9—ıo mm dick, von den 13—ı14 letzten Jahreslagen einge- wallt. In der Ausdehnung von a bis c* ift der Trockenaft morfch, an der Wurzel aber feft und nur gebräunt. Bei der Efche, welche hier als Beifpiel vorliegt, vollzieht fich dieß, ohne daß die Rinde des Aftes eingewallt ift. Die kleinften Infeln in der nackten Holzfläche find linfenförmige Hügel, deren gröfste Ausdehnung mit den Markftrahlen zufammenfällt. Durchfchneidet man eine folche Infel in der Querrichtung, Fig. 369 A, fo findet man, daß alle Elemente des fertigen Holzzuwachfes fich an der Callusbildung betheiligen mußten. Es geht dief% aus dem Folgenden zur Evidenz hervor: die äußerfte Schicht des Callus H, Fig. 369 A, befteht aus colla- birten Elementen des Holzzuwachfes aus dem laufenden Jahre, denn es laffen fich in ihr alle Elemente des Holzes nachweifen, fo namentlich deut- lich das abgeftorbene Ende des Markftrahles M in M'. Hieraus folgt, daß eine tiefere Schicht, wie die jüngfte von der Peri- pherie G aus gerechnet, den Callus bildete. Es läßt fich in radialer Rich- tung von diefer Schicht eine Continuität in der radialen Anordnung aus dem unverletzten Holze in den Callus nachweifen. Der Callus zerfällt felbft in einen von Steinzellen P durchftreuten parenchymatöfen Theil P, welcher von H durch ein Korkcambium getrennt ift; eine cambiale Zone C trennt Rinde von Holz. In dem letzteren’ find Tracheiden T und Holzzellen vorhanden. 'Diefe Verhältniffe laffen keine andere Deutung zu, als dafd aus der Grenzfchicht G zuerft Grundgewebe gebildet wird, was ohne eine Thei- N. J. C. Mürter, Handbuch I. r. 24 370 VII. Grobe Anatomie. lung der Fibrovafalmaffen durch Querwände nicht möglich ift; daß dann erft aus diefem Kork und neue Fibrovafalmaffen und deren Cambien C entftehen. | cr Se Fıc. 369. Buche. 4A. Querfchnitt eines Callus, welcher nach vollftändiger Entrindung zur Saftzeit fich aus dem bis dahin fertig differenzirten cam- bialen Holz entwickelt hat. H abgeftorbene Holz- parthie. M* Markftrahl darin. . K Kork. $Rinde. P Baftbündel. 7‘ Tracheide, unterhalb. C das Cambium. G urfprüngliche Grenze der Wunde. B. Tangentialdurchfchnitt durch 4. In F die ver- fchlungenen Gewebeelemente des Holztheiles. C. ifolirte Gewebeelemente aus F. Einen deutlichen Beleg hiefür erhält man in dem Tangential-Längs- fchnitt durch diefelbe Infel, Fig. 369 B. Die Elemente des Holzes find viel- fach verfchlungen, ähnlich den Mafern. Da wo eine Fafer in die Cambium- zone eintritt, theilt fie fich in der Längs- fowie in der Querrichtung. Ifolirte Fafern in dem nach der Scuuzze’fchen Methode macerirten Gewebe, Fig. 369 C, zeigen in a und b die Quertheilung, in c eine Cambiumzelle, welche am einen Ende mit ifodiametrifchen Elementen in Verbindung fteht. 11. Namenszüge in der Rinde. Wird im Jahre n, Fig. 370 C, in die Rinde der Buche, Hainbuche u. f. f. ein Namenszug R O gefchnitten, in der Weife, daß der Schnitt $ Grenzen der Reproduction. 371 die ganze Rinde R und den letzten Jahrring H, Fig. B, verletzt, fo vernarbt zunächft in diefem oder dem nächften Jahre n + r, Fig. 370 C, die Wunde im Holze. Das Narbengewebe wird feinerfeits felbft von den kommenden Jahreslagen vollftändig bedeckt. Nach vielen Jahrzehnten zeigt fich dann der Zug R OÖ in dem Holzcallus c c‘, Fig. 370 C, A.| Ro A wenn der Baum gefällt wurde. Der Holz- körper fpaltet in der Richtung des Pfeiles p leichter. Die Spaltungsflächen zeigen dann En a2 anf ein Relief und eine Vertiefung des Namens- —- zuges. Die innere Fläche zeigt die Er- BE Yyzh hebung, die äußere die Vertiefung, Fig. 370 A. Dief beruht darin, daß der urfprünglich in das Holz geführte Schnitt die Matrize für den callofen Zuwachs wird, welcher die Lücke auszufüllen beftrebt ift und fchließlich 4 ausfüllt.. Die Bilder der beiden Schaalen | Ins find alsdann felbftredend gegenfeitige Spiegel- je e' n+2 bilder. Der Namenszug behält in der Ma- "_ me =. trize, welche durch Holz ausgefüllt ift, con- ftante Breite. In der Rinde aber, tt Fig. FıG. 370. Schematifche Darftellung der . . Ueberwallung eines Einfchnittes in die Buchen- 379 C, wird er von Jahr zu Jahr Erweitert. rinde. A. der Namenszug R O in der Rinde im Jahre » durch diefe und den damals letzten C. Deformirung von Pflanzentheilen . durch Insecten'). Die Blätter und Zweige, auch die Wurzeln werden durch den Eingriff der In- fecten in mannigfacher Weife deformirt. Mögen hier einige der tiefeingreifenden Wucherungen gefchildert fein: die Epidermis der Blattunterfeite von Alnus glutinofa, Vitis Jahresring », Fig. C, gefchnitten. B. Schema des Einfchnittes S im Querfchnitt des Stam- mes. RRinde. H Holz. C. Schema des- felben Durchfchnittes nach 5 Jahren. » +1, n + 2 u.f.f., ti der verbreiterte Wundrand der Rinde, c c der Callus der Rinde dort, c c' der Holzcallus, welcher den Schnitt $ fo ausfüllt, wie eine plaftifche Maffe die Gieß- mutter (Matrize). Bis zum Jahre » +2 foll diefe ausgefüllt fein. Die Jahreslagen » + 3 u. f. f. lagern fich glatt über die Wunde und den Holzcallus. Spaltet man nun mit dem Pfeil, fo erfcheint das erhabene Bild verkehrt als Spiegelbild zu RO mit den Calluslagen n+1,nr+ 2u.f.f. Das vertiefte liegt in den Holztheilen », n—I, n—2. vinifera, der Linde, Ulme u. a. m., wird durch eine Milbe zur Bildung mehrerer Milli- 1) LacAcE DUTHIERS, rech. pour servir d Phistoire des galles. Ann. des sc. nat. 1853. S. 273.. — Mitteleurop. Eichengallen. Von Dr. G. Mayr. Wien 1871. C. Gerold’s Sohn, — TASCHENBERG, Die Hymenopteren Deutfchlands. Leipzig. E. Kummer. 1866. — A. Röse, Notiz über die krankhaften Auswüchfe auf Weinblättern (Erineum vitis Soboad), verur- facht durch eine Milbe (Phytoptus vitis Landois), nebft einigen Bemerkungen dazu von D. F. L. v. ScHLECHTENDAL. 294. Bot. Ztg. 66. — F. Tuomas, Zur Entftehung der Mil- bengallen und verwandter Pflanzenauswüchfe. 281. Bot. Ztg. 72. — SORAUER, Handbuch der Pflanzenkrankheiten. 1874. Wiegandt, Hempel u. Parey. — SCHLECHTENDAL, Bot. Ztg. 254, 63. Einige Bemerkungen über krankhafte Auswüchfe auf Weinblättern. 294. 24° * 2: VII. Grobe Anatomie. meter langer Haare angereizt. Diefe ftehen in Rafen von 4-6 mm Durch- mefler in einer Concavität, welche durch den Parafıten veranlaßft wird, indem fich die Blattfläche nach der Oberfeite wölbt. Fıc. 371. Nach Lacace Durniers (Ann. des sc. a.a.O.). A Blattgallen, ei- förmig mit fchiefgeftellter Axe. B Gallapfel aus der Achfel der Blätter. C Becherförmige Eichengalle. D Kleine becherförmige Eichengalle. E Auf dem Eichblatt, a flache fcheibenförmige, b conifche, c flache tellerförmige, behaarte. F Rofengalle im jugendlichen Zuftand. G Axillarfproß der Eiche in eine Galle umgewandelt). Die Gallwefpen legen ihre Eier in die Eichenknofpe, in die Wucherung, welche fie am Blatte veranlaffen und in Adventivknofpen, welche wahrfcheinlich entftehen in Folge da- von, daß die Rinde der Aefte und des Stammes gereizt werden. a) Zweiggallen von Cynips Malpighient- ftehen durch die Ein- wirkung des Infectes auf eine vorhandene vege- tative Knofpe. Die Nie- derblätter entfalten fich ftärker, die Knofpe fchwillt zu einem Centi- meter großen Zäpfchen mit lockerer Befchüp- pung, ähnlich dem Ho- pfenzapfen, Fig. 371 G. b) Die’ Blattgalle von Cynips Quercus Malpighi, wenige Milli- meter groß, flach, teller- oder knopfförmig;,ifteine - Wucherung des Grund- gewebes im Blatte mit einer in der Bafıs der Galle endenden Gefäßbündel- auszweigung. Hieher gehören auch die Aleppogalläpfel, welche in den Handel kommen. c) Ich fand an dem frifchen Rindenriß einer Eiche im Niederwald eine große Anzahl von Galläpfeln in allen Entwickelungsftadien von der Größe eines halben bis zur Gröffe von 2—3 mm. Hie und da waren aus !) Genauere Angaben f. allgemeine Morphologie Bd. 1. 2. Grenzen der Reproduction. A 373 dem faftigeren Weichtheil des Rindenriffes fchwache Zweiglein entwickelt, an welchen die Knofpen fich in Gallen umgewandelt hatten, Fig. 373 4. Diefelben ftellten fich bei der mikrofkopifchen Unterfuchung als mächtig angefchwollene Vegetationspunkte dar. An der Bafıs diefer birn- und apfelförmigen Gebilde waren kleine Blattfchüpp- chen angelegt, im Scheitel des gefchwollenen Vegetationshügels waren mikrofkopifch kleine [AO Blattwärzchen, Fig. 373 B. Die Gebilde befaßen mehrere Gefäßbündel, welche mit denjenigen des tragenden Zweigleins in der gewöhnlichen Weife in Verbindung ftunden, an der Bafıs des Gallapfels blind endigten. In dem gefchwollenen faftigen Theil fand fich die Eizelle, ov Fig. 373 B, welche die Höhlung fo ausfüllte, wie etwa der primäre Embryofack in dem Eikern der Coniferen. Vom zıc. ee DENE Scheitel führte eine trichterförmige Vertiefung nach en. dem Orte der Eizelle, a, Fig. 373 B. Aehnliche Gallknofpen aus demfelben Material find in Fig. 374 dar- geftellt. In A hat der Vegetationspunkt mehrere Blattanlagen gebildet ff‘, G Fıc. 373. Eichengallen. A. Eichenftumpf mit zahlreichen Wafferreifern a a", an einem diefer a’ die Gallenknofpen [77 B T- B. eine der Gallenknofpen flärker vergrößert, a der Vegetationspunkt, f’ f Blattwucherungen, f f’ rudi- mentäre gefäßßbündellofe Schuppenblättchen von brauner Farbe, ov das Ei. welche an der Bafıs den birnförmigen Körper als trockenhäutige Schuppen umgeben, im oberen Pol find mehrere fehr kleine Blattwärzchen. Der Querfchnitt der kleinen adventiven Zweiglein zeigte felbft mehrmals adven- tive Gallfprößchen der nächften Ordnung, welche das Periderm der Zweig- 374 r VII. Grobe Anatomie. lein durchbrochen haben, Fig. 374. An dem oberen Sproß ift der Vege- tationspunkt g mit drei Blattanlagen im Durchfchnitt getroffen. Er hat hier noch die Geftalt der gewöhnlichen vegetativen Blattknofpen. Der andere Gallfproß dagegen hat fich keulenförmig nach außen gewölbt und ift im G I FıG. 374. Gallenknofpen. A. ifolirt im Längsfchnitt. v v Gefäfßsbündel, f f Blattrudimente, ft f' die braunen Schuppenblättchen. B. zwei verfchieden alte Gallenknofpen durchbrechen das Periderm des Zweiges a’. Scheitel blattlos. Ganz ohne Zweifel geht aus diefem Befunde hervor, daß hier Gallfproffe als urfprünglich beblätterte vegetative Knofpen durch den Reiz entftanden find, bis zur dritten oder felbft vierten Ordnung, wenn man von der erften Adventivknofpe an der Eiche aus rechnet. Die Blatt- rudimente unterfcheiden fich, wie fchon bemerkt, dadurch, daß fie keine Fibrovafalzweige erhalten. $ 34. Evolution des Baumes. Die groben Züge der Evolution des Baumes laffen fich in dem Folgen- den darftellen: von einer gegebenen Keimknofpe aus gliedert fich das Syftem in Blattanlagen und einen Reft des Vegetationspunktes, welcher ftetig von Neuem die Abfcheidung neuer Blätter beforgt. Zu jedem Blatte gehört eine mikrofkopifch kleine Anlage eines zugehörigen Axillarfproffes. Die Hauptrichtung des Keimftammes bleibt eine Zeit lang die herrfchende. Evolution des Baumes. 375 In der Richtung der vorhandenen Bahn und in deren Fortfetzung wird dadurch die Intenfität von Zuwachs und Leitung dauernd am größten. Die Erfcheinung, welche mit diefer Vorausfetzung fcheinbar im Wider- fpruch fteht, ift die häufige Ablöfung einer Knofpe der erften durch eine folche von der zweiten Ordnung. r' id ee EL LRSETR HH Hr tr | I l 1 | | | | 7 = Fıc. 375. Die Axe FSHu. f.f. bedeutet die Zeit; fie ift eingetheilt in Monate und erftreckt fich in dem Schema über drei Jahre. In der Richtung B b’* wächft der tragende Aft eines Laubbaumes der gemäßigten Zone, die Arbeit, welche derfelbe verrichtet, fetzt fich zufammen aus der Anlegung einer befiimmbaren Anzahl von Axillarfproffen a a’ a" und aus der Streckung 5 5‘ b“ in der Richtung des Pfeiles. In jeder der fecundären Pfeilrichtungen von a a‘ a“ ausgehend wiederholt fich derfelbe Proceß. Die Richtung B b“' aber ift um die volle Arbeit eines Jahres vorausgeeilt. Laflen wir das Syftem zurückfließen nach dem Punkt & (1870), fo erhalten wir in & den Zeitpunkt, wo genau in der Spitze der Hauptrichtung zwei Knofpen fiehen. Bis zu einem ähnlichen Zeitpunkt B (1871) ift in der Haupt- richtung die Arbeit 4 + (a + a’ + a...) in der Seitenrichtung aber nur die Arbeit (a +a -a"...) ge- leiftet. Bis zu dem ähnlichen Zeitpunkt T PD) (1872) ift in der Hauptrichtung die Arbeit 7 +b"L 2(a+a+ a"+...), in der Seitenrichtung von & (1870) gerechnet nur 5’ + (a +a'+a" +...) geleifte. Die Zuftände b b* bi, entfprechend & B *, find defihalb die critifchen, weil das Syftem foeben den plaftifch-flüffigen Zuftand P I) Y> ’ J Fr {0} verlaflen hat um zu verhärten, und weil um diefe Zeit die Temperatur wächft. Diefe Erfcheinung befchränkt fich nicht auf die Laubhölzer (Tilia, Ulmus u. a.) allein, fie kommt auch bei den Nadelhölzern, wennfchon in befchränkterem Maße vor. Bei einer Abmufterung vor mir liegender junger Fichtenpflanzen finde ich ı0°/o im erften, 12°/o im zweiten Jahre folcher, welche ihren Haupttrieb im mikrofkopifch kleinen Zuftande eingehen liefen und durch eine Seitenknofpe erfetzten. Diefe Uebertragung ift die Folge einer Erfchöpfung des Hauptwirth- fchafters. Man kann diefelbe verftehen, wenn man auf die Evolution des Zweigfyftems in unferer Zone achtet. 376 VII. Grobe Anatomie. Verfolgen wir die Ordnungen vom ı. Januar ab, fo finden wir den Hauptwirthfchafter ftets um die volle Arbeit eines Jahres mehr belaftet wie, den Wirthfchafter der zweiten Ordnung. Nennen wir nämlich die Summen der inneren und äußeren Arbeit in jeder Knofpe, welche dazu verwandt wird, um von dem Vegetationspunkt ein Blatt und einen dazugehörigen Axillarfproß anzulegen, a a’ a“ u. f. f., . den Gefammtaufwand für die einmalige Streckung des durch die Knofpe hinzugewachfenen (angelegten) Hauptftammftückes 5, fo ift für mehrere Jahre die Arbeit an dem fich felbftähnlich wachfenden Syftem unter der Vorausfetzung, daß der Wirthfchafter der erften Ordnung nicht abgelöft und daß ein Johannistrieb nicht gebildet wird, wenn wir von einer ein- zigen Knofpe ab rechnen, und wenn wir beginnen mit dem Zeitpunkt, wo die Hauptknofpe die Arbeit b für das laufende Jahr foeben beendet, und fich gefchloffen, d. h. in ihr Niederblatt convolut eingehüllt hat, in dem Schema Fig. 375 dargeftellt. Betrachten wir zuerft die fchiefe- Reihe B 5 u. f. £. Auf dem Theil der Axe, welcher im Zeitpunkt der Betrachtung bereits vorhanden ift, und welcher einer früheren Arbeitsleiftung der Knofpe ent- fpricht, fitzt eine Hauptknofpe, welche nach der Streckung bo in dem Zeit- raum SH W F die Seitenknofpen a a‘ a‘ anlegte, fich öffnete, die Arbeit .b, leiftete und fich wieder fchloß, 1870 u. f. f,, 1871 u. f. f. durch b,, bs ba. Jede der in dem Raume und der Zeit confecutiven Knofpen zwifchen a und ß wiederholt diefen Procef in den Horizontalreihen. Die Zeiten, in welchen das fich felbft ähnliche Syftem in den einzelnen Knofpenpunkten die befagten Arbeiten leiftet, ergeben fich dann aus den Projectionen von aa a uf. f., b' b" u.f. f. auf de Axe FSHWSu.f.f. Man wird am beften diefe Summation der Arbeiten verfolgen, wenn man ein mehrjähriges Syftem der Buche abfchneidet und durch die an demfelben äußerlich ficht- baren Jahsestriebe in Gedanken zurückfließen läßt, bis alle Auszweigungen, wie dief ja felbftverftändlich kommen muß, in einer Knofpe angelangt find. Man fieht leicht, daß der Wirthfchafter, d. h. die Knofpe, der erften Ordnung, wenn er von dem Zeitpunkt a anfangend nach y kommt, gerade noch einmal fo viel geleiftet hat, wie irgend einer der confecutiven Wirth- fchafter der zweiten Ordnung. Kurz nach dem Zeitpunkt «, Fig. 375, möge der Wirthfchafter der erften Ordnung die erfte Knofpenanlage der zweiten Ordnung gebildet haben, diefe verharrt in der Hauptknofpe bis zum Zeitpunkt ß, wo die Streckung derfelben erfolgt. Bis jetzt hat der Hauptfproß die Arbeit a + a" +... + b, von dem Zeitpunkt ß bis y hat ernochmasa + a ta" +... #b Evolution des Baumes. 377 geleiftet. In dem ganzen Zeitraum a bis 7 hat der Seitentrieb nur einmal die Arbeit F ot a+a+a' +... +b aufzuweifen. In dem Zeitpunkt y, kurz vor Knofpenausbruch, ftehen bei der Buche zwei faft gleiche Knofpen in der Nähe der Spitze in gleicher Phafe. In dem Zeitpunkt ©, alfo kurz nachdem beide die Arbeit der Streckung ge- leiftet, ftehen in der Kette B b b‘ zwei ungleichwerthige Knofpen an der Spitze, die eine hat von dem Zeitpunkt a (71) noch gar keine Anhäufung ausgeführt, die andere hat hingegen zuletzt n mal a und die Arbeit 5‘ aus- geführt. Diefer Zeitpunkt ift der kritifche für den Haupttrieb: 1° weil die Arbeit 5 foeben erft von ihm geleiftet wurde (Streckung und größter Athmungsaufwand, fowie größte Verdunftung auf die kleinfte Maffe der: Strombahn); 2° weil von jetzt bis zum nächft ähnlichen Zeitpunkt für gleiche Zeit von den Blättern aus der Leitungswiderftand für das plaftifche Material nach allen Wirthfchaftern der höheren Ordnung kleiner ift, wie nach dem Hauptwirthfchafter. Die plaftifche Maffe in dem Blatte, welches in der Kette b‘ b‘ und der Phafe $ H W; F S (71—72) entfteht, hat zunächft zwei Bahnen: fie ftrömt zurück in einer Bahn, welche die geringften Winkelabweichungen befitzt, oder fie ftrömt zurück nach der Kette B b‘ u. f. f., und von da nach der Richtung des Pfeils, alfo vorwärts. Leicht ift nun einzufehen, daß in den Bahnen B a, b’ und b’ a b‘ oder umgekehrt, gleiches Gefälle und gleicher Druck, allgemein gleiche ftromerhaltende Kraft, fowie gleiche Länge vorausgefetzt, der Widerftand abhängt von den Winkeln p 2‘. Das Theilchen muß in einer fpitzwinkligen Bahn eine Verzögerung gegenüber einer ftumpfwinkligen Bahn erfahren. Hierauf beruhen mehrere der wichtigften Vorgänge an dem Baume: ı° das gelegentliche Eingehen, Abfterben des Haupttriebes im Zeit- punkt der Blattentfaltung, Hainbuche, Buche, Eiche, alle mit decuffirten Blättern und Knofpen; die gefetzmäßig alljährliche Uebertragung der Haupt- wirthfchaft an den Wirthfchafter der nächften Ordnung: Linde, Ulme (Morus); 2° das Zurückfließen des in der Lichtperiode erhaltenen Stärkeüber- fchuffes über das ganze rückwärts belegene Syftem; 3° der einjährige Umtrieb beginnt mit der Verwendung der ftrom- erhaltenden Kraft des vorjährig erhaltenen Stärkerefervoirs, die neuangelegten Strombahnen divergiren alle fo, daß der Winkel von dem Urfprung B an gerechnet (2) ein ftumpfer ift,. d. h. die urfprüngliche Anlegung gefchieht fo, daß der Aufwand (Widerftand) der in der Richtung des Pfeiles ge- leifteten Arbeit am kleinften ift. 378 VII. Grobe Anatomie. Die hier zu Grunde gelegte Modalität der Verzweigung der Laub- bäume ift die vollftändigfte Anpaflung an die climatifche Periode, j Werfen wir nun einen Blick auf alle niederen Formkreife, fo finden wir: a) Differenzirung einer Endknofpe überhaupt erft bei höheren Algen, Charen, Moofen u. f. f.; | .b) Knofpenfchluß von den höheren Cryptogamen ab, aber ohne be- fonders differenzirte Knofpenfchuppen; c) deutlicher Knofpenfchluß mit Knofpenfchuppen von den Abietineen ab nach den Phanerogamen hin, am ausgeprägteften bei Dicotylenbäumen. Den niederen, wennfchon perennirenden Pflanzen fehlt der Knofpen- fchluß und den niederen Algen und Pilzen jede Anlage zur Knofpe. egal NW: & Fıc. 376. Aesculus Hippocaftanum. Bruchftelle des Blattes. A Radialdurchfchnitt durch die Einfügung des Blattes in den Zweig, an der Innenfeite des erften Jahrringes läuft das primäre Gefäßsbündel in das Blatt. abcd ein Flächenftückchen, in der Bruchftelle des Blattftieles in B vergrößert. a b Periderm des Zweiges. d Gewebeplatte von radial geordneten Zellen, in welcher der Riß erfolgt, welcher den Blattftiel in der Richtung der Pfeile von dem Zweige trennt. a) Biattiall‘), Wenigftens bei unferen Laubbäumen und bei einer großen Anzahl von ausländifchen ift der Blattfall in einer beftimmten Stelle der Blattbafis durch eine befondere Gewebeart in der Bruchfläche vorbereitet. Es find tafelförmige Zellen, welche zur Zeit des Blattfalles in eine nachträgliche Auflockerung gerathen und den Bruch des Blattftieles bewirken. Diefe Zellen füllen fich vor dem Blattfalle mit Amylum. Auch das Abfallen der !) Studienobjecte find Labiaten, Scrophularineen, insbefondere die Amygdaleen, wo die hohle Axe einen ähnlichen Gürtel anlegt. Evolution des Baumes. 379 Corollen bei vielen Blüthenpflanzen beruht im Wefen der Sache auf dem- felben Verhalten in einer Ringzone folcher Zellen. Wir wählen hier als Beifpiel das Blatt von Aesculus. Die Fig. 376 A B zeigen den Durchfchnitt durch die Einfügung desfelben in den Zweig. In A ift die Trennungsfläche dargeftellt. Eine kleine Parthie des Gewebes, durch a b c d be- zeichnet, ift in Figur B ftärker vergrö- Bert. Schon im Juli und Auguft ift diefe Differenzirung eingeleitet. Zur Zeit des Bruches lockert fich die Gewebeparthie in Richtung der Pfeile, Fig. B, das Gefäßßbündel wird unter der Laft des Blattes zerriffen. Das Blatt fällt. b) Zweigfall). Der Zweigfall kommt bis zu mehr- jährigen Zweigen in demfelben Sinne ‚erblich vor bei der Eiche, Pappel und vielen Weidenarten. In der Einfügung des Zweiges, Fig. 377 A, bricht derfelbe ab mit einer ganz glatten Narbenfläche. Bei den Eichen und Weiden fällt der Zweig oder ein Zweigfyftem bis zu drei Ordnungen fo ab, dafs die Bruch- fläche b, Fig. 377 B, vollftändig glatt tellerförmig erfcheint. Dem Bruch geht eine Holzwucherung voraus, welche einen gelenkartigen Wulft in der Aftbafıs bildet. Bei den Weidenfproffen entwickeln fich Fıc. 377. Salix alba. Zweigbruch. 4. der tragende, C der fpäter hinfällige Zweig der nächft höheren Ordnung, N Narbe des Blattftieles, » Narbe des Nebenblattes. B. der tragende Zweig nach dem Hinfall des Zweiges G, & ”‘ die Bruch- fläche, in f f! die Stipularknofpen noch ruhend, 0. B y die Abplattung an dem Zweig, an welchem die Knofpe anlag. unter geeigneten Bedingungen die beiden Axillarfproffe der Nebenblätter, fo daß in der Nähe der Bruchfläche nochmals eine Verjüngung erfolgt. Der Zweigfall der Nadelhölzer wird durch Eichhörnchen veranlaßt. Dort fehlt jede Vorrichtung, welche den Faferbruch des fehr zähen Holzes ermöglichte. ') A. Röse, Ueber die Abfprünge der Bäume. 109. Ueber die Fichtenabfprünge. Bot. Ztg. 65. — Dr. GONNERMANN, Ueber die «Abbiffe» der Tannen und Fichten. 265. Bot. Ztg. 65. — N. J. C. MÜLLER, Zweigordnungen. Bot. Unterfuchungen. Bd.-I. VI. Ab- handl. C. Winter. Heidelberg. — M. Kıenıtz, in G. HEver’s Forft- und Jagdzeitung. 1877. Ueber das Aufaften der Waldbäume. 380 VII. Grobe Anatomie. Die Narben der Blätter und hinfälligen Zweige oder mindeftens deut- liche Spuren laffen fich bei vielen Bäumen noch lange zeigen'). Nament- lich wenn das Periderm nicht durch Borkenriffe deformirt wird. Mn] A. Fıc. 378. 4A. Cuflonia fpicata. Aufgewickelter Stammcylinder. Die Paraftichen der Blätter durch Zahlen markirt 02, 03, 05, 08 nach oben und unten. B. Populus angulata. Zwei Blattnarben, 30 Jahre nachdem die Blätter abfielen, vergl. Fig. 297. c c' c" Korkleiften entfprechend den Gefäfßsfpuren. Pd In unferer Figur 378 find die Blattnarben und die Figuren von Kork- leiften in der Rinde, welche den Verlauf der primären Gefäfsbündel kenn-. zeichnen, noch nach 10—ı5 Jahren deutlich. A. Allgemeine Gesetze der Blatt- und Zweigstellung'). Die-Reile "ja. Als sts Rjoo- Die Auszweigungen an einem gegebenen Stamme find regellos oder dichotomifch bei den Algen, Pilzen, Flechten. Erft in der Claffe der Laub- moofe ftehen die Blätter und Axillarfproffe in dem Sinne gefetzmäßig wie bei unferen Coniferen und Dicotylenbäumen’?). Die Winkel, welche von den Projectionen der Blätter auf eine zum Stamm normale Ebene eingefchloffen werden, find conftant. In der Natur follten alle Winkel vorkommen, welche fich bilden laffen in der Reihe tl Ya E I 1loo. !) Studienobjecte: Pappeln, Buchen, Nadelhölzer bis zu mehreren Jahrzehnten (f. fpez. Botanik). ?) Aus der Morphologie vorgegriffen ift der Satz: «Wenn man von dem tieferen älteren Blatt und feinem zugehörigen Axillarfproß (fpäter eventuell Aft) zu dem höheren und dem nächft höheren in der gleichen Richtung den Stamm umkreifend auffteigt, fo find die Intervalle von Blatt zu Blatt gleiche Winkel in der Querfchnittsprojection ». ji Evolution des Baumes. 381 In Wirklichkeit aber kommen nur die einfacheren erften Glieder diefer Reihe vor bis zum Werthe !/ı und die Mittelwerthe zwifchen ! [2 und !js, !/s und !/ı. DBieß beruht zum Theil’ darin, daß die räumliche Anord- nung nach höheren Werthen in der vorftehenden Reihe der Entwickelung nachtheilig oder von geringerem Vortheil ift, wie die Anordnung nach niederen Werthen ja !/s ®/; ®/s (f. allgem. Morphologie, $ ı2 A). B. Discussion der Reihe n +" + n® + .... Da zu jedem Blatte, welches in der Hauptknofpe entfpringt, ein Axillarfprof gehört, fo ift die Defcendentenreihe der Zweige zu einer ge- gebenen Hauptknofpe: ıtn +": +n’-+..... > ME I Yu WEHT an+n4--—n LT : a (EL R = JETZ= U — m, NZZ ee al dA Aal 18 Fıc. 379. Schematifche Zufammenftellung: 4A eine Buchenpflanze, drei Jahre nach der Ausfaat, fo wie fie in Wirk- lichkeit gewachfen if. B diefelbe unter der Vorausfetzung, daß bei jedem kommenden Trieb die Intenfität im Wachsthum und der Knofpenanlegung des erften Jahres herrfche., Nebenan ift in Form von geometrifchen Reihen die Zahl der Knofpen vermerkt, welche in je den zugehörigen Jahren angelegt werden. worin » die Anzahl der Blätter bedeutet. Nehmen wir ein fünfjähriges Baumfyftem, Fig. 379, fo würde dieß, wenn alle mikrofkopifch angelegten 382 VI. Grobe Anatomie. Knofpen zur vollen Weiterbildung kämen, beftehen von unten er: oben aus der Etage 1.: nn -+.7..0 age . wo ” die Anzahl der Jahre bedeutet. Die II. Etage wäre gleich: nt +..... zug und fo fort bis zur letzten, welche »” =”, d. h. die Hauptknofpe allein enthält. Je eine höhere Etage, Fig. 379, würde eine Ordnungszahl der Zweige weniger enthalten. Immerhin müßte die Ordnungs- und Knofpenzahl rafcher anwachfen, wie dieß in Wirklichkeit beobachtet wird, namentlich wenn man für die Laubbäume beachtet, daß auch zu jedem Nebenblatte eine Knofpe wenigftens der mikrofkopifchen Anlage nach gehört. Soviel Jahre, foviel Ordnungen, wenn fchon » im Allgemeinen fchwankend gedacht werden kann. Auf der linken Seite unferer Figur 379 ift das Syftem dargeftellt, wie es wirklich gewachfen ift, und wenn wir einen Blick auf die Tabelle!) werfen, fo finden wir, daß immer die Anzahl der Ordnungen kleiner ift, wie die Anzahl der Jahre. 1 ) Höhe. Alter. Ordnungs- Benennung. m Jahre. Anzahl. Salix alba 3 10—12 5 « ftipularis 3 10—12 7 Populus angulata 4—5 10—12 4 « tremula 4-5 10—12 5 « dilatata 23 = 9 Betula alba 8 — 9 « « 4 —- 7 Corylus heterophylla 3 10—12 7 ‚ Alnus glutinofa 3 10—12 4 Fagus 3 10—12 5 « 9 R 7 << 8 ze Io « Hochwald 25 x — 9—I0 Quercus pyrenaica 3 16—12 5 « cerris 3 16-12 5 « 15 Sol 8 « Hochwald 25 — de) Acer campeftre 3 10—12 6 « rubrum 3 0—12 5 « negundo 3 10—12 5 Fraxinus excelf. 3 10—12 5 « 7 — 7 « 12 - 9 Evolution des Baumes. 383 Drei Momente kommen hier in Betracht: ı° der Baum ftößt frühzeitig die an Ordnungszahl hochzähligen unteren Aftfyfteme ab; s 2° jeder dominirende At ift eine Wiederholung des Schaftes in diefer Hinficht; 3° die jeweilige Hauptknofpe geht bei vielen Bäumen alle Jahre ein und wird durch die oberfte Axillarfprofle für je das nächfte Jahr abgelöft. Hiedurch finkt die Ordnungszahl in dem Haupttrieb um eins, denn denkt man fich die Narbe a, Fig. 380, als Zweig ver- längert, fo wird diefer zur erften, die jetzt noch ruhende Knofpe würde zur zweiten Ordnung !). Bei den Weiden und Pappeln, bei Car- pinus und Fagus kommt nicht allein die dem Laubblatt zugehörige Axillarknofpe, fondern auch die Knofpe jedes Nebenblattes unter günftigen Umftänden zur vollen Ent- faltung. Man kann fagen, daß zu einem Laubblatte der Weiden drei Zweigknofpen Fıg, 380. A. Winterzuftand der Zweigfpitze bei der Ulme. B. ebenfo bei der Linde, a die Narbe des im vorhergehenden Sommer abge- fallenen Zweigftückes. !) N. J. C. MüLter, Bot. Unterfuchungen. Bd. I. S. 497 ff. Bd. II. S. 55 ff. Höhe Alter. Ordnungs- Benennung. m Jahre. Anzahl. Ulmus effufa 3 10—12 4—5 « « 8 10—12 9 Tilia europxa 3 10—12 5 « « 15 — 9 Juglans regia 5 10—12 4 « 4—3 20 7 Aesculus 6 — 2 Larix Io 20— 30 5 bi 15 un: 5 P. Strobus 10 20—30 6 « « un 14 5 « filveftris _ 14 5 Picea excelfa 6 — 7 384 VII. Grobe Anatomie. mit zweijährigem Umtriebe gehören. Im günftigen Falle verläuft die Evolution der Zweige in der Achfel des: Laubblattes in dem folgenden Sinne: E24 I s‘ N0E >. x - \ nt er N s S n x x > x \ R N 73 x 2 \ 2 x x \ \ a \ x . hr % mx \ x \ = x Be nn , 2 - . a ‚ r v. 4 . Buche E Fiche E1G..381, Silhouette (nach der Natur), Hochwaldform der Buche und Eiche, von einem Haupttrieb (Schaft 4.4) zufammengeftellt. Die Buche unterfcheidet fih im Wefen durch den Winkel der dominirenden Aefte von der Eiche, man beachte 99‘. Der Buche fehlt der Apparat des Abftoßens fpäter hinfälliger Aefte und fie gleicht die Winkel ab,cb,c.d oo (Q = oo O es oO oO E oO oo go” oPOFToooo cross _ a) Ernährung der Moosfeta und Frucht. Die nächfte Generation in dem ganzen Verwandtfchaftskreife der Moofe fteht mit der vorhergehenden in orga- nifchem Verbande, häufig aber ohne directe Verwachfung. Die Moosfeta und Kapfel werden aus der beblätterten Mi Ei Fe son Con Boni vet Pflanze ernährt, Sie parafitiren in diefer, Braun 1856, Ueber Chytridium etc. Aus den Abh. oder befler gefagt, fie leben mit diefer der königl. Acad. zu Berlin 1855.) zufammen, nicht ohne dafs die geftalt- liche Entwickelung des ernährten Theiles auf die Form der Nährpflanzen ändernd zurückwirkt. Das Heranwachfen der Moosfrucht und der embryo- nalen Pflanze der höheren Cryptogamen übt einen Reiz auf die tragende Generation aus, welcher fich in einem gefteigerten Wachsthum an der be- ftimmten Stelle äußert. Bei den Moofen verwächft der Kapfelfuß von Anthoceros mit der Axe der tragenden Generation. Allgemeine Orientirung. | 395 b) Ernährung der beblätterten Pflanze der Gefäßcryptogämen. Auch in diefem nächft höheren Kreife wird die beblätterte Pflanze von derjenigen Generation eine Zeit lang ernährt, welche direct aus der Spore entfpringt. Die primäre Axe wächft zu befchränktem Volum und fteht in Ver- band ohne Verwachfung ‘ mit dem Prothallium oder dem Endofperm der Spore. Ihre Ernährung ift im Be- ginne der Entwickelung als eine parafitäre aufzufaflen. Das Prothallium aber zeigt fich nicht im Wachsthum wefentlich dadurch beein- trächtigt, auch nicht da- durch zu wefentlich ftärke- rem Wachsthum gereizt. Fıc. 390. Keimende Zoofporen von Ciftopus, welche in die Spalt- öffnungen der Nährpflanze ihre Keimfchläuche treiben. FıG. 391. Peronofpora calotheca (auf Afperula odorata). m; Intercellulares, mx Mycelium in der Zelle, von den die Wand durchbohrenden Hauftorien » entfproffend. c) Ernährung der entftehenden Keimpflanze im Embryofack. Bei allen höheren Pflanzen wird die Keimpflanze mit feltenen Aus- nahmen (Orchideen, Orobancheen) in der gegebenen Generation foweit ernährt, dafs fie nach der Ausfaat die an ihr angelegten Organe Stamm, 396 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Wurzel, Keimblätter, nur zu ftrecken braucht, um felbftändig in dem ihr zugewiefenen Medium, Waffer oder Erde, zu leben. Die Ernährung des Keimlings in dem Eifproß der Mutterpflanze gefchieht durch Reforption dort angehäufter Nähr- körper, Zucker, Amy- lum, Oel, fowie ganzer GewebedesEndofperms, Perifperms, eines Theiles der Integumente felbft, Fig. 392 (fiehe allgem. Morphologie d. Blüthen- pflanzen). Schon währendder, gefchlechtlichen Vor- gänge aber kommt die Reforption der angehäuf- ten Nährkörper, fowie die Verdrängung und Auflöfung ganzer Ge- webeparthieen zur Gel- tung, fo z. B.: 1° bei dem Em- Fıc. 392. Schematifcher Längsdurchfchnitt durch den Fruchtknoten von Dipfacus. Der innere fphxroidale Körper ift das ovulum, welches zum pfang des Pollens und großen Theil durch den Embryofack nach der Befruchtung reforbirt wır. deflen Wanderung durch Der zweitheilige Körper ift die Keimanlage, diefe füllt als reifer Keimling, nachdem fie die Nährkörper des Embryofackes reforbirt hat, den größten den Griffel ; Theil des Hohlraumes aus. 20 bei dem Wachs- thum des Embryofackes, welcher einen großen Theil des Eikerns reforbirt; 3° bei der Bildung des-Endofperms während der Anlegung des Keim- lings und der Reforption desfelben. d) Ernährung der Phanerogamenparafiten Der Parafit verwächft bei der Keimung mit der Nährpflanze durch eine Saugwurzel, Hauftorium, welche in den Rindenkörper des Wirthes ein- dringt, Fig. 393. Von nun ab entwickelt fich der Parafit wie ein organifch mit der Nährpflanze verwachfener Theil. Die Laubblätter ergrünen und übernehmen die Function der Aflimilation der atmofphärifchen Gafe bei den Loranthaceen und einigen Santalaceen, oder fie finken zu unbedeutenden !) HERMANN, Graf zu SOLMS-LAUBACH, Ueber den Bau und die Entwickelung der Ernährungsorgane parafitifcher Phanerogamen. PrınGsH. Jahrb. Ernährung der grünen Landpflanze. 397 Rudimenten von bleicher Farbe herab, bei den Orobancheen, einigen Orchi- deen, Monotropeen u. f. f. Die Corallorhiza aflımilirt felbftändig ohne Chlorophyllapparat. Auch zeigten die Unterfuchungen von ReEmke, dal) die Corallorhiza ohne Chloro- phyll führende Zellen die in dem Waldboden vorkommenden Nährkörper affımilirt. ; $ 36. Ernährung der grünen Landpflanze. Eine jede Pflanze, welche Wurzel und Stämme deutlich differenzirt, mit den erfteren den Boden und die Gefteinstrümmer desfelben befiedelt‘ und durchwächft, mit dem beblätterten Stam- me von den atmofphä- rifchen Gafen umfluthet wird, erfährt fortwähren- de Störungen in ihrem molecularen Gleichge- wicht: ı° fie athmet, d. h. fie nimmt Säuer- ftoff auf und fcheidet Kohlenfäure ab; 2° fie verdun- ftet an den der Atmo- fphäre ausgefetzten Thei- len ftärker wie an den # Fıc. 393. Schematifcher Querfchnitt durch eine Parthie des Stammes der Wurzeln, welche in dem Balfamine, welche von einer Cuscuta umfchlungen ift. S: W Stamm und 1 2 Wurzel der letzteren. wh die Wurzelhaare der Saugwurzel (Hauftorium), mehr oder WENIBEE waf- welche weit in das Gewebe der Rinde bis zur cambialen Zone c' des Balfa- fergefättigten Boden minenftammes vorgedrungen find. wachfen; 3° fie wächft und bringt dabei vorher gelöfte oder allgemein flüflige Körper in eine ftabile fefte Lage und Form. Durch alle diefe Vorgänge wird an der Grenzfchicht in der Atmo- fphäre, fowie an dem Boden der foeben herrfchende Gleichgewichtszuftand der Löfung von außen eingedrungener Theile geftört in der Weife, daß zwei Ströme in die Pflanze gerichtet find: ein Gasftrom in die Blatttheile, ein- Waflerftrom in die Wurzeltheile. 398 VIII. Theorie der Ernährüng der Pflanzen. A. Die verbrennlichen Kohlenstoffverbindungen beschreiben einen Kreisprocess. Da an dem Erdball die organifchen Bewegungen in einer äußeren außerordentlich dünnen peripheren Schale fich abfpielen, da hiebei eine Capitalifation verbrennlicher Kohlenftoffverbindungen durch abgeftorbene Pflanzenleiber feit unendlich großen Zeiträumen (bezogen auf die hiftorifchen) ftattgefunden haben muß, fo ift zunächft von Interefle zu fragen, wo kommen diefe Kohlenftoffcapitalien in heutiger Zeit hin? Abgefehen von jenen Kohleablagerungen in Stein- und Braunköhleflözen, in den Torfmooren, wo größere Mengen verbrennlicher Pflanzenfubftanz fich erhalten haben, weil der Luftzutritt auf ein Minimum befchränkt war, vollzieht fich in unferer Epoche neben dem Procef) der Desoxydation der atmofphärifchen Kohlen- fäure ftetig der umgekehrte Vorgang der Verbrennung. Die Leichen von Thieren und Pflanzen zerfallen in letzter Linie fo, daß Ammon, Schwefel, phosphorfaure Salze, Kohlenfäure und Wafler entftehen. Die endliche Maffe verbrennlicher Subftanz, insbefondere des Kohlenftoffes, fchwankt fomit aus dem Zuftand der Kohlenfäurg nach dem Zuftand der chemifchen Spannung hin und her. Die Pflanze unterhält diefen Proceß. B. Zwei eintretende Ströme: Gas- und Wasserstrom'). Von außen betrachtet liegt die Sache fo’ die Landpflanze ift ftetig. zwei Strömen von Moleculen ausgefetzt. Aus der Atmofphäre treten : die Gastheilchen, Kohlenfäure, Sauerftoff, Stickftoff, kleine Mengen gafıger ı) Physikalische Einleitung in die Lehre von der Aufnahme der Nährkörper. Die Aufnahme der Körper, welche die Pflanze zu ihrem Aufbau nöthig hat, ift eine Molecularerfcheinung, d. h. es werden nur kleinfte Theilchen, die der directen Be- obachtung fich entziehen, an der Oberfläche der Nährorgane aufgenommen. Die Pflanze nimmt fefte, gelöfte, flüfige und gasförmige Körper in fich auf. Wird diefe Aufnahme als eine Bewegungserfcheinung betrachtet, fo ift klar, daß man erft die Gefetze der Be- wegung der drei Aggregate kennen lernen muß, ehe man die Gefetze der Stoffaufnahme am Pflanzenkörper überfchauen kann. Bis jetzt ftehen der Forfchung in diefem Gebiete noch fehr große Schwierigkeiten entgegen, die, abgefehen von dem Mangel experimenteller Daten, hauptfächlich darin be- ftehen, daß die Theorie der Molecularbewegung flüfliger und fefter Körper bis Strg noch zu wenig gefördert ift. Nach dem Princip von der Erhaltung der Kraft ftellen wir uns die kleinften Theil- chen der Materie, fo lange fie überhaupt noch Temperatur befitzen, in fteter Bewe- gung vor. | Es mögen dieß geradlinig fortfchreitende, um eine Gleichgewichtslage oscillirende oder auch rotirende fein, die Form diefer Bewegung ift, dafern fie nicht durch die Er- klärung eines Phänomens direct gefordert wird, hier gleichgiltig; die Bewegungsgröße Ernährung der grünen Landpflanze. 399 Ammoniakverbindungen ein, und die im Regen und Thau gelöften Gafe. Aus dem Boden tritt ein Wafferftrom mit allen gelöften feften Körpern und Gafen ein. Beide Ströme gelangen zu dem Heerd der Neubildung, dem Protoplasma, nur in Folge eines osmotifchen, a eines Abforptionsproceffes. Nun ift felbftredend, daß für den grofßsen und ganzen Umfatz die fimmtlichen Elemente und Verbindungen, welche in dem Luftocean vor- kommen, auch in den Meteorwäffern des Bodens in concentrirterem Zu ftande durch die Wurzel der Pflanze zugeführt werden. Die Gafe haben fomit zwei Wege von mechanifch verfchiedener Be- deutung: einen Gasftrom und einen Wafferftrom. Anders liegt diel) für fefte Körper des Bodens. Nur die Meerfalzverbindungen werden allenfalls in dem zerftäubten Meerwafler über fo weite Strecken weggeführt, daß ihre Zufuhr durch die Atmofphäre für die Landpflanze irgend in Betracht kommen kann. C. Allgemeine Theorie der Gas- und Wasserströme in der Pflanze. (Theorie der Gasbewegung fiehe oben $ 25, S. 205 ff.). _ Was zunächft die Gafe angeht, fo wird fich ein Gleichgewichtszu- ftand der Löfung herftellen, welcher ftetig geftört wird: ı° durch den Temperaturwechfel und die Druck-, refp. Barometer- fchwankung der Atmofphäre; 2° dadurch, daß die Gafe zerfetzt werden. Dieß gilt für die Kohlenfäure, welche in der Pflanze. reducirt wird, und den Sauerftoff, welcher, mit den verbrennlichen Verbindungen zufam- mentretend, wieder Kohlenfäure bildet. Der Waflerftrom erleidet in der Pflanze ftetig eine Concentration ; da die feften Afchenbeftandtheile in der Pflanze zurückbleiben, das Waffer aber ftetig verdunftet, fo findet in der Pflanze eine Anhäufung der unver- brennlichen Subftanzen ftatt, welche zunächft ganz unabhängig von einem Bedarf derfelben für die Ernährung gedacht werden muß. Bei der Aufnahme von feften Körpern gilt als ganz allgemeines Ge- aber, dieß wird beachtet werden müffen, hängt von der Temperatur ab. Je höher diefe, defto größer ift die Amplitüde der Bewegung der Molecule. Feft nennen wir nun den Körper, wenn die Anziehung der benachbarten Mole- cule die lebendige Kraft der gegebenen überwindet. (Dosıos, Theorie der Löfungen.) Tropfbar flüffig ift ein Aggregat von Moleculen, deren lebendige Kraft die Anziehung der zunächft benachbarten zu überwinden vermag, jedoch kleiner ift als die Anziehung der Gefammtheit aller andern in Bezug auf dasfelbe. Gasförmig ift ein Aggregat von Moleculen, von welchen die lebendige Kraft je- des einzelnen größer ift als die Anziehung der Gefammtheit auf däsfelbe. 400 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. fetz, daß fie nur in Form einer Löfung vor fich gehen kann. Eine folche Löfung wird ein directer Niederfchlag der Atmofphäre oder des Boden- waffers fein, oder es ift das Fluß- und Meerwaffer für Algen und fonftige Waflerbewohner. Die Aufnahme der feften Körper ift. wie diejenige der Gafe im Allge- meinen eine Diffufionserfcheinung!). Sie ift abhängig fomit: ı° von dem Moleculargewicht und der Molecularbewegung des feften Körpers; ') Verhalten von Flüssigkeiten zu Flüssigkeit. Löft fich eine Flüffigkeit vollftändig in der andern, fo nennen wir die Löfung .eine Mifchung, gegenüber der Löfung von Gafen, welche eine Abforption genannt wird. Schichten wir eine Flüfigkeit A über eine zweite B. Diefelben find vollkommen mifch- bar, wenn die Anziehung der Theilchen A A zu einander kleiner ift, als die von B zu A. Es nähern fich dann die ungleichartigen Molecule, d. h. die Mifchung tritt bis in die kleinften Theile, alfo vollftändig ein. Ift dagegen die Anziehung von B nicht im Stand, die Anziehung zwifchen A und dem nächften Theilchen A’ zu überwinden, fo wäre eine Mifchung der beiden nicht denkbar, wenn nicht noch die fteten Bewegungen der Molecule A und B mit in Betracht kämen. Durch diefe kann es offenbar kommen, daß ein Molecul A bei der Entfernung von einem gleichartigen fich nach B bewegt. A bewegt fich allerdings mit abnehmender Gefchwindigkeit nach einem Ort zwifchen BB‘ in der Grenzfchichte und würde, wenn es fich nicht einem der Mole- cule.3° B“ näherte, ficher wieder von einem der 4% 4’... angezogen; die lebendige Kraft + der Anziehung von B zu A kann nun hinreichen, A jenfeits der Grenzfchichte, alfo in die Orte der B° B'..., zu bringen. Die fo unter den BB“... befindlichen Molecule von 4A werden fich gleichmäßig vertheilen, es werden alfo auch wieder welche an die Grenze kommen und zurück nach dem Ort der A gehen. Gefättigt ift die Löfung von B mit A, wenn in gleicher Zeit gleichviel Molecule von A in beiden Richtungen durch die Grenzfchicht gehen. Die Löslichkeit muß mit der lebendigen Kraft der Molecularbewegung zunehmen, alfo mit der Temperatur. Denn da in dem vorausgefetzten Falle, daß die Anziehung der ungleichartigen Molecule für fich kleiner ift, als die Summe der Anziehungen der gleich- artigen, die Bewegung der Molecule die gegenfeitige Löslichkeit der Flüfigkeiten bedingt, - . fo muß mit der Urfache der lebendigen Kraft auch die Folge, die Löslichkeit, zunehmen. Bei der Löfung fefter Körper in Flüfligkeiten ift leicht einzufehen, daß eine Vertheilung der ungleichartigen Molecule nicht möglich ift. Da die Anziehung der feften Molecule A zu A= aa größer als die lebendige Kraft der Bewegung eines Moleculs ift, da ferner die Anziehung bb zweier der Molecule der Flüfigkeit bb kleiner als aa, fo folgt, daß die Bedingung für die Löfung nach allen Verhältniffen nicht möglich ift, denn wenn auch ab > aa und ab > bb, fo ift doch die lebendige Kraft von A kleiner, als die Anziehung zweier A zu A. Die lebendige Kraft der A wird daher nicht die Anziehung von ab über- winden, da fie nicht einmal die Anziehung aa überwindet. Die Löfung hat einen Sättigungspunkt, d. h. es tritt ein Zeitpunkt ein, wo gerade fo viele A von andern A zu B übertreten, als umgekehrt folche von B fich trennen, um zu A zu gehen. Im Allgemeinen wird der Sättigungspunkt um fo fpäter eintreten, je höher die Temperatur, alfo die lebendige Kraft der Molecularbewegung ift. Ernährung der grünen Landpflanze. 401 2° von der fpezififchen Natur der Membran und deren Anziehungs- kräften zu der Flüffigkeit; 3° vor allen Dingen in der lebenden Pflanze von dem Verhalten des durch die Membran diffundirten feften Körpers in der Pflanze. Verfchwindet derfelbe aus der Löfung in der Pflanze in der Weife, daß er zu einem feften unlöslichen Niederfchlage wird, fo wird im Allge- meinen eine größere Menge unter fonft gleichen Umftänden diffundiren, wie wenn er in der Löfung längere Zeit verbleibt. D. Was ist ein absolutes Nährmittel!)? Ein jedes Element, welches zunächft in dem verbrennlichen Theil des Pflanzenkörpers ein conftituirender Beftandtheil it, muß als ein abfolutes Nährmittel angefehen werden. Solche find: Kohlenftoff, Sauerftoff, Wafferftoff, Stickftoff, Schwefel und Phosphor als conftituirende Be- ftandtheile des Eiweißes, ohne welche das Protoplasma nicht entftehen kann. Die Alkalimetalle Kalium, Natrium, Lithium find abfolut wefent- lich für die Stärkebildung und für die Bildung der Holzfubftanz. Von den fchweren Metallen ift das Eifen, in feltenen Fällen find Mangan und Zink abfolute Nährmittel. Die Kiefelfäure ift ein fteter Beftandtheil aller Epidermen und peri- pheren Gewebe. 1) Sachs in HoFMEISTER’s Handbuch der phyfiolog. Bot. IV. S. 141 fl. — Prof. WiıLH. WIıckE, Ueber das Vorkommen und die phyfiolog. Verwendung der Kiefelerde im Pflanzenreiche. 76. Bot. Ztg. 62. Bei Löfungen nach allen Verhältniffen wird ab > aa > bb, wird Wärme frei, z. B. ” Waffer mit Alkohol, « « SO4H, « « Efligfäure, « « Glycerin, weil die Anziehung vergrößert wird. Bei der Löfung von Salzen und im Allgemeinen feften Körpern, dafern nicht eine chemifche Verbindung mit parallel läuft, wird aa > ab bb > ab, es wird Wärme gebunden (verbraucht, weil die Anziehungen aa bb zum Theil überwun- den, verkleinert werden). : Allgemein: Wärmebildung tritt ein, wenn Moleculverbindungen durch überwiegende oder bei überwiegender Anziehung der vorher getrennten Molecule zu Stande kommen. Wärme wird confumirt, wenn die Bewegungszuftände der Molecule eine unumgängliche Bedingung für deren Vermifchung find. N. J. C. Mürıer, Handbuch 1. ı. 26 ” 402 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Die Jod-, Brom-, Chlor-, Fluorverbindungen finden fich in den Meeres- und Salinenpflanzen. Fluor, ein Beftandtheil der thierifchen Knochen, muß ebenfo den Weg durch die Pflanze nehmen, wie alle übrigen Nähr- körper des Thieres. Als Criterium für die abfo- lute Nothwendigkeit eines gege- benen Afchenbeftandtheiles fieht man an: ı° das Vorkommen der- felben in den nicht entwickelten Knofpen und Samen; 2° Sachs und Knofr ftellen Wafferculturen an, indem fie in wenigen pro mille (bis 5 pro mille) in Waffer löfen: phosphor- fauren Kalk, fchwefelfaure Mag- nefia, Eifenchlorid, falpeterfaures Kali oder Ammoniak. In folchen Löfungen werden mit einer ge- eigneten Vorrichtung, Fig. 394, FıG. 394. Apparat für Wafferculturen. 4A der Behälter, in 5 \ e . welchem die Pflanze wächft, c eine durchlöcherte Korkplatte, die Keimpflanzen gezüchtet bis da Zunge, d dr Aliungvrohr Tr de Nitalfung zur Samenreife. — Selbftredend j können nur wenigjährige (ein- und zweijährige) Culturpflanzen diefem Verfuche ausgefetzt werden. In- def ift es gelungen, Eichen, und Buchen bis zum dritten Lebensjahre zu züchten!). Der Verfuch erlaubt offenbar ein Differenzverfahren. Will man wiffen, ob ein gegebener Körper ein abfoluter Nährkörper für eine ge- gebene Culturpflanze ift, fo braucht man ihn der Pflanze während der Cultur nur vorzuenthalten. Bildet fie alle Organe bis zum Samen normal aus, fo ift der fragliche Körper zur Ernährung nicht abfolut nothwendig. 1. Kohlenstoff. Stickstoff. Wasserstoff. Sauerstofl. Der wichtigfte und allgemein verbreitetfte Körper, die Cellulofe Cs Hıo Os, enthält 44 °/o Kohlenftoff, die in der Natur vorkommenden Holzkörper oder verholzten Gewebe enthalten einen höheren Procentfatz, wie durch die Molecularformel verlangt wird: Eichenliolz' "Y. „y2%% Ebennolz . „zer 9 Nußichale 1". ar ya !) Als Nährftofflöfung laffen fich anwenden in 1000cc Waffer ı g KSOs, 0,5 NaCl, ı g CaSOs, 0,5 MgSOs, ı g CasPOs, Spuren von Eifenchlorid, das Kalkfalz in verdünnter Salpeterfäure gelöft, der Ueberfchuß der Säure mit kohlenfaurem Kali gefättigt. Ernährung der grünen Landpflanze. 403 Jedenfalls hat man es in den Pflanzengeweben mit Gemengen ver- fchiedener, der Cellulofe ähnlicher Kohlehydrate zu thun. BoussinGauLt!) war der Erfte, der die Frage, ob der atmofphärifche Stickftoff von der Pflanze direct aflımilirt wird, experimentell entfchied. Er züchtete Puff- bohnen in einem Apparat, in welchem den Keimpflanzen jegliche Stickftoffverbindung vorenthalten war, Fig. 395. In einer Wanne ift die Glocke A durch verdünnte Schwefel- fäure abgefperrt, keimt in ausgeglühtem Sande. Durch eine Röhrenleitung wird COs, durch eine zweite £ die Nährftofflöfung zugeführt. Alle Theile des Apparates find frei von organifcher Subftanz. Die Pflanze keimte, kam in drei Monaten zur Samenreife. Alle Theile aber ftellten ge- wiffermaßen nur eine Miniatur- ausgabe der normalen Pflanze dar. Die Analyfe ergab keinen Stickftoffzuwachs, dagegen einen kleinen Verluft, bezogen auf das Stickftoffrefervoir im Ausfaatobject. DasStickftoffcapital, wel- ches in Form von Ammoniak- der Same Fıc. 395. Die Glasglocke A ruht auf drei Porzellan- oder Glas- füßen in der Wanne W, auf dem umgeftülpten Glas s fteht eine zweite Schale, in welcher der Blumentopf fteht. Diefelbe wird durch die Röhre # mit Waffer gefüllt, fo dafs der Blumentopf diefes imbibiren kann. Die Wanne W wird bis zur Sperrung der Glocke A mit verdünnter Schwefelfäure gefüllt. Das zweite Rohr führt Kohlen- fäure, welche auf das forgfältigfte gereinigt ift, in die Glocke A. BoussinsauLt’s Nachweis, daß das N der Atmofphäre nicht affimilirt Ann. d. sc. nat. Bot. IV. Ser., I. Bd. 1854. Recherches sur la vegetation etc. wird. verbindungen oder Salpeterfäurefalzen im Boden der von Pflanzen bewohnten Flächen befindlich ift, erfährt nur fehr langfam bei electrifchen Entladungen in der Atmofphäre einen Zuwachs. Durch den fehr wichtigen Nachweis von BoussinsAuLT, daß der atmofphärifche Stickftoff nicht direct aflımilirt wird, kommen wir zu der Vorftellung, daß die Pflanze vorzugsweife jene geringen Mengen von in der Atmofphäre gebildeten Ammon- und Salpeterfäurefalzen !) BoUSSINGAULT, Recherches sur la vegeit. Ann. d. sc. nat. IV. S. 241. — AD. MAYER, Ueber die Aufnahme von Ammoniak durch oberirdifche Pflanzentheile. Ab. landw. Verfuchs-Stat. — NosBE. Bd. XVII. 1874. 26* 404 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. anfammelt, die Meteorwäffer gewiffermaßen condenfirt. Hieraus ergiebt fich für den Stickftoffvorrath die hohe Bedeutung der Waldftreu und der Düngemittel?). Wir nennen einen Nährftoff einen folchen, welcher zur Bildung von organifcher affımilirter Subftanz erforderlich ift. Ohne die Gegenwart eines folchen kann die Pflanze gleichwohl alle Phafen der Blatt-, Blüthe-, Frucht- bildung, aber nur mit geminderter Intenfität, ausführen, wie der Verfuch BoussinGauLr’s beweifet. Freilich ift hier ein Vorrath bereits affımilirter Stickftoffverbindungen, welcher nur vertheilt zu werden braucht, um die Entftehung einer Miniatur- ausgabe der Stammpflanze möglich zu machen. Bei den Wafferculturen ftellt fich in diefer Hinficht eine Schwierigkeit ein. Sie befteht darin, daß wir nicht wiffen, ob die gezüchtete Pflanze überhaupt normal in der chemifchen Conftitution aller ihrer Verbindungen ift. Dieß gilt insbefondere für den Vorrath der aflımilirten Stickftoffver- bindungen in den Samen und Früchten. Indeß ift es zweifellos, daß diefe Art Verfuche anzuftellen hinreicht, um zu entfcheiden, ob die großen Mengen der Afchenbeftandtheile, welche in der Freilandcultur in die Pflanze gerathen, abfolut nothwendig find, oder ob der Vegetationscyclus auch mit minimalen Mengen derfelben Nährmittel möglich ift. Diefer Entfcheid wird aber felbftredend nur gelten für die Form in der vorliegenden Rage. Anders geftaltet fich diefe Sache, wenn man in Betracht zieht, daß die Ernährung in letzter Linie mitbeftimmend fein muß für die Bildung der Varietät?). Famintzın®) kommt von einer Betrachtung über die Darwın’fche Lehre zu Culturverfuchen niederer Pflanzen in Nährftofflöfungen und zeigt, daß eine Reihe von Formänderungen durch die Cultur an ein- und viel- zelligen Algen hervorgerufen werden können. Er cultivirte Süßwafferalgen zuerft in verdünnter (!/a °/o fefte Subftanz) Löfung und gewöhnte durch allmälige Steigerung diefelben, in 3—sprocentiger Löfung (von falpeterfaurem Kalk und Kali, phosphorfaurem Kalk, fchwefelfaurer Magnefia) zu vege- tiren. Im Allgemeinen ertragen die Algen höhere Concentration, wie die Phanerogamen in der Waffercultur. FAmmrzin zeigt, dal die Lebensweife der Algen durch derartige Culturen verändert wird, derart felbft, daß die Zoofporenbildung von Chlorococcum z. B. fiftirt wird, wenn die Con- !) EBERMAYER, Die Waldftreu. — SCHREDER, Forftchem. und pflanzenphyfiolog. Unterf. Schönfeld, Dresden. Heft I. 1878. 2) Prof. A. FAmintzın, Die anorganifchen Salze als ausgezeichnetes Hilfsmittel zum Studium der Entwickelungsgefchichte der niederen Pflanzenformen. 781. Bot. Ztg. 71. 3) Prof. A. FAMINTzIn, Die anorganifchen Salze als ausgezeichnetes Hilfsmittel zum Studium der Entwickelung niederer chlorophylihaltiger Organismen. St.-Petersbourg. Me- langes biologiques. Bd. VIII. 21. Sept. 2. Oct. 1871. Ernährung der grünen Landpflanze. 405 centration der Löfung gefteigert wird. Statt deffen vermehrt und theilt fich die Zoofpore durch ruhende nicht fchwärmende Zellen: Wurden diefe wiederum in verdünnte Löfung von !/2 °/o oder in deftillirtes Waffer ge- bracht, fo trat die gewöhnliche Bildung und Entleerung der Zoofporen* “wieder ein. Culturen von Conferva und Protococcus in feuchter Luft be- wirkten, daß das Chlorophyll verfchwand und dal ein rothes Pigment an deffen Stelle trat. Famıntzın zeigt daß, wie Kürzing früher angegeben, ein genetifcher Zufammenhang zwifchen den Protococcuszellen und den Con- ferven befteht, mit dem Unterfchiede aber, daß die protococcusartigen Ge- bilde, welche den Fadenalgen entfprechen, von einander verfchiedene Zu- ftände, verfchiedene Organismen find. Die Conferven können in Kugeln, ja felbft Moosprotonemen können in Protococcus ähnliche Kugeln zerfallen. Umgekehrt können wirkliche Protococcuszellen durch Veränderung der Er- nährungsbedingungen in vegetative Varietäten, welche weit von der ge- wöhnlichen Form abweichen, umgewandelt werden. Es wird für die Defcendenzlehre in letzter Linie doch die Frage fich aufwerfen, welches die mechanifchen Bedingungen find für das erfte Auf- treten der Varietät, beziehentlich der Abweichung von den Afcendenten. Darwin geht einmal von dem Satze aus: die Organismen variiren, ohne die-endliche Urfache der Variation zu unterfuchen. Sehr wahrfcheinlich wird die Ernährung als 'endliche Urfache der Formfchwankung erfunden werden. 2. Schwefel- und Phosphorverbindungen. Die Salze diefer Säuren häufen fich zuerft im Blatte, wandern dann, in den Proteinkörpern aflımilirt, nach den Orten der Anhäufung, namentlich den Samen und Früchten, den Referveorganen für affımilirte Nährkörper: Knollen, Zwiebeln, Rhizomen. In 1000 Theilen der frifchen Subftanz find Gewichtstheile: Schwefelfäure. | Phosphorfäure. Inges Gras un, 2. 0,8 2,3 Weizen . . EN SCHE 0,4 8,2 Reis in der Settele: a ae 0,4 32,6 BicHeban.. one Ne ee 0,2 1,6 DEE Pe N ae 0,6 5,6 Junges Buchenblatt . . . . 0,7 0,8 Altes » DENE 2:1 2,4 Kunde ee 2 0,5 0,7 EEDEE RE Be 0,1 0,1 Weißtanne f 406 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. In den Blättern der Buche, deren Afchengehalt genauer unterfucht ift, finkt der Gehalt‘ an Phosphorfäure von 9,93 °/oo in 233,5 °/oo Trockenfub- ftanz (T) am 7. Mai, bis 3 °/oo auf 436°/oo (T) am 14. Juli, wo die Blätter jedenfalls ganz entfaltet, auf 1,24 °/oo auf 455 °/oo (T) im November. Die Afchenbeftandtheile erfahren fomit vor dem Blattfall eine Translocation nach dem Stamm. 3. Chlor. Fluor. Brom. Jod. Diefe Körper kommen in verfchiedener Menge, Chlor und Fluor fpärlich in allen Landpflanzen, Brom und Jod in Salinen- und Meeres- pflanzen, den Fucaceen (Kelp und Varec) vor. Ob fie abfolute Rohnähr- körper find, ift bis jetzt nicht entfchieden. In rooo Theilen frifcher Subftanz find enthalten: Chlor. Eichel. an re ee er 0,8 Buchel Se ee en Et 0,1 Junges Buchenblatt . . . . 0,7 » Roßkaftanienblatt. . . 0,8 Herbft- » Nur, 12 4. Kalium. Natrium. Kalifalze können nicht durch Natron und Lithionfalze vertreten werden (NosgeE, Naturforfcher 71, S. 247'). Kalifalze find abfolut nothwendige Nährmittel für die Bildung der Stärke und fomit der Zellhäute. In 1000 Theilen frifcher Subftanz find enthalten: Kali. Natron. Junges Äaras. 2.02. >2.0.2 ru 11,6 0,4 Weizen; ee 55 0,6 Ungefchälter Ras En en 12,5 2,1 Bucheluns: u 4 ee 6,2 2,7 !) Prof. Dr. Fr. NoBBE, Dr. J. SCHREDER und R. ERDMANN: Ueber die organifche Leiftung des Kaliums in der Pflanze. Chemnitz. Eduard Focke. 1871. — J. BöHm, Nähr- werth der Kalkfalze. Sitzgsber. d. Kaif. Acad. d. Wiffenfch. 1875. Bd. 71. — H. Lupw. RıssMÜLLER, Ueber die Stoffwanderung in der Pflanze. Göttingen. Univerf.-Buchhandlung A. Huth. 1873. Ernährung der grünen Landpflanze. 407 Kali. Natron. Erlenfamen 16,6 0,7 Buchenblatt | ur A gi 4 Roßkaftanie | a > 5 ar Bike | qunge . 06 s 0, Weitanne | unge ” = Aus demfelben Wafler wurden aufgenommen von Chara verfchwin- dende Mengen von Kali, von der Hottonia aber fehr bedeutende Mengen. Ebenfo verhalten fich beide Pflanzen verfchieden in Bezug auf die übrigen Nährkörper '). Procente der Gefammtafche. tea mu Tal Gore fäure. Chara . 0,49 0,18 0,14 0,04 54573 0,57 Hottonia . 8,34 3,18 8,94 1,82 21,29 3,95 5. Caleium. Magnesium. Die Alkalimetalle, an Schwefelfäure, Phosphorfäure und Kohlenfäure gebunden, find wefentliche Nährmittel. Sie werden vorzugsweife in der Membran in molecularer Vertheilung eingelagert und zwar vorzugsweife in den Zellen des Innern. In den peripheren Geweben, fo namentlich in der Epidermis und den peripheren Baftlagen wiegen die Kiefelfäureverbindungen vor. Andererfeits zeigen die Rinden einen höheren Gehalt der alkalifchen Erdmetalle wie das Holz?). In 1000 Theilen der frifchen Subftanz. Kalk. Magnefia. i Holz ) 0,1 Fre | Rinde . 14,9 1,I Weizen 0,6 2,2 1) HOFMEISTER-SACHs, Handbuch der Experimentalphyfiologie der Pflanzen. IV. SLAM 2) f. auch SCHREDER, Forftchem. und pflanzenphyf. Unterf. Heft I. 408 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Kalk. Magnefia. Erlenlänien ..; ». 12, RABEN, 13,6 3,5 Junges Buchenblatt . . . . 9,0 be Herbft- » Ve 25,8 3,4 r ı Hosas a2 9 1,2 0,1 Reale l.Rinde... 5... 19,6 0,8 Die Kalk liebenden Saxifragen .bilden an ähren Blattzähnen kleine bis ı mm große fefte, weiße Mineralfecrete (Kalkfchüppchen), Fig. 396. Durchfchneidet man das Blatt, fo findet man das Schüppchen in einer Ver- tiefung am Rande eingefenkt, wenig von demfelben entfernt endet das Gefäßbündel, und dicht bei der Schuppe liegt eine fpindelförmige, aus fehr dünnwandigem plasmareichem Parenchym beftehende Drüfe, D Fig. 396, welche fich in der mikrofkopifchen Wahrnehmung fcharf von dem groß- zelligen Parenchym, P Fig. 396, des Blattes abhebt. Die Afche enthält CaO Po. Kalkboden. {Nicht Kalkboden. Braflica. olerac ...... „at. 27,9 13,6 Papua: 2 0 ae NE 43,6 19,0 Alliom Poreust :73.- 4% 8% 22,6 11,4 6. Mangan. Eisen. Zinkt). Das Eifen wird allgemein als Afchenbeftandtheil vorkommen. Es ift zur Chlorophylibildung ein abfolut nothwendiger ni Mangan kommt in ee Me Mengen in der Fichtenafche bis 33 °/o, in der Tannenafche bis /o (als Manganoxydul in Rechnung gebracht) vor. In der Varietät der Viola tricolor, welche in der Nähe der Galmei- gruben vorkommt, findet fich Zink in ZnO in der Afche. Gefammtafche. ZnO. Stamm von Thlafpi alpeftre calaminaria . . ır 9% 3,28 00 » » Viola calaminaria . . . 10,5 » 0,62 » beträchtlicher Menge in der Afche. Der Habitus der. Pflanze ift, bezogen auf die Stammform, verändert, fo daß die Varietät die Viola calaminaria genannt wurde. 1) SCHREDER a. a. O.S. 9. Ernährung der grünen Landpflanze. 409 7. Kieselsäure. Die Kiefelfäure befindet fich oft im dreifachen Gewicht aller übrigen feften Beftandtheile in der Epidermis der Stämme und Blätter. Gleichwohl können fonft kiefelreiche Pflanzen in der Nährlöfung ohne Kiefelfäure er- zogen werden. In ıo0o0 Theilen der frifchen Subftanz find enthalten Gewichtstheile: Kiefelfäure. Tas Da a ae 2,1 WEERINOR N a RR 28,2 Junges Buchenblatt. . . . . . 6,8 Herbft- » ee et 19,5 Eichteanadel 2-3. 353.5 : 8. 18,4 : EI an ie 0,1 Kiefer | and. ae ne 3,8 8. Das Aschenskelett (Gesammtasche). Es giebt keinen ausgewachfenen Pflanzentheil, welcher nicht bei dem Vin ein Skelett von Afche hinterließe. Auszunehmen find die ganz jungen Knofpenanlagen, die cambiale Zone der Stämme, wo die feuer- feften Verbindungen, in geringerer Menge vorhanden, fich dem Nachweis entziehen. Das durch Einäfcherung hergeftellte Skelett ift, bezogen auf das urfprüngliche Volum, etwas zufammengefintert, zeigt aber, wenn es an mikrofkopifchen Durchfchnitten zwifchen zwei Glasplättchen auf einer Platin- fchale hergeftellt wurde, alle Structurverhältniffe des unverbrannten Durch- fchnittes. Die Afchentheilchen müffen fomit in den Membranen außerordent- lich fein vertheilt fein. Für die frifche Subftanz der Pflanzentheile fchwankt der Gehalt an Afche zwifchen 2,1 pro mille bei dem Holz der Weifstanne und 69 pro mille bei den kiefelharten Samen der Gramineen. Für den Wald liegen uns einige werthvolle Notizen SCHR@&DER’S vor. Pro Hectar und Jahr gehen aus dem Boden i in die Mafle des Baumes über in Kilogrammen: * Kiefer. Fichte. Weißtanne. Buche. KONSETEEP REN 9 8,90 17,89 17503 ER. 2222 a 71,18 83,76 104,17 a #7 8,93 11,08 17597 u. ee 2°, 8,04 11,71 14,68 Ben. , 00.0.9 2,78 4535 3,95 2 I 2“ 54,64 9,29 64,10. 410 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Im Allgemeinen finkt der Afchengehalt von den älteren Stammtheilen nach dem; Zweigfyftem hin. Das Eifen macht hiervon eine Ausnahme; ebenfo die Phosphorfäure. Dieß läßt fich aus den Vorgängen der Trans- location der affimilirten Nährkörper, welche vom Blatte abftrömen, dort aber auch zuerft gehäuft werden, erklären. Gefammtafche in 1000 Theilen der frifchen Subftanz. Holz. Fiche 5212 0.0 50% 20 Mae Birke u 1.0 5.08. 06 Tanpe 4. a. ee ee Fichte: 21.2%..5 u: Sri Blätter. Junges Buchenblatt + 1. ..2..720 Herbtt- » REAL EPTHR Kiefernadel# 3... une sb Fichte es u u ned a | Rinde. Eiche: Hu 0 war er AEraea Birke, er a Tanne. Else erh Net Aa Bichte: ... STR ee Dre a Samen. Wesen: Ar. a1 ee ee Bi user ar ir Beckel AH UDEE RE HR WR Büchel II a Erlenfame. isn Ram Afchenzuwachs vom jüngeren nach dem älteren Zuftande. Nach den Unterfuchungen RıssmüLter’st) ift die Veränderung des Afchengehaltes von dem jüngeren Zuftand der Blätter nach dem ausge- wachfenen eine fehr merkliche. !) RıssMÜLLER, Ueber die Stoffwanderung in der Pflanze. Inaug.-Diff. d. Univ. . Göttingen. 1873. Univ.-Buchhandlung-E. A. Huth. Ernährung der grünen Landpflanze. 411 Gefammt- Trocken- 1000 Theile frifcher Blätter KaO CaO POsHs SiO2 _afche. fubftanz. vom 7. Mai enthalten 14,5 6,7 « I. Juni « 11,31 12,9 « 14. Juli. « 20,81 II,8 « II. Aug. « 1,19 3,9 WORT. Sept. « 8.173,36 % 37.-.0t: « 0,87 3,5 « 18. Nov. « 0,74 42 Hieraus geht hervor, daß die Afchenbeftandtheile im Blatt gehäuft und dann wieder gemindert werden. Wie weit dieß darin begründet ift, daß die Affimilationsproducte, deren Verflüffigung ohnedief) nothwendig be- hufs der Rückleitung ift, den gefunde- nen Afchengehalt beanfpruchen, kann freilich nicht ganz genau feftgeftellt werden. Indefß muß man beachten, daß KaO, CaO, SiOs jedenfalls zum großsen Theil in der Membran ein- gelagert waren. Die Analyfen ergeben dann in der That, daß die Afche zurückgeleitet, an andern Orten ftärker angehäuft wird. E, Ort der osmotischen Aufnahme. 1. Wurzelauszweigungen. Die Wurzel grenzt an die größe- ren oder kleineren Erdtrümmer und nimmt mit einem in der Nähe der Spitze belegenen Cylinderabfchnitt das 9,9 0,8 46 Joo auf 233 °/oo 8,43 10,0. 52 « « 402 « 39. 162 74 « «436 « 0,6 23.90 « « 507 « 0,45 1,9 89 « « 474 « 0,36 2,5 IO8 « « 403 « 0,14: : 29 II 84 Kd FısG. 396. Saxyfraga Aizoon. In’z z’ x“ die Zähne des Blattes mit den Kalkfchuppen. F Blatt in natürl. Größe. In der mit Kd D bezeichneten Figur ein ichematifcher Durchfchnitt, unten ein mikrofkopifcher Durchfehnitt durch das Blatt, da wo eine Drüfe D fitzt. E Epidermis, P Parenchym des Blattes. Kd der Kalk. Bodenwaffer auf. Die Spitze felbft ift bei der großen Mehrzahl der höheren Pflanzen mit einer rindenähnlichen Haube, der Wurzelmütze, bedeckt, da- her zu dem osmotifchen Verkehr weniger adaptirt, wie jener rückwärts belegene Cylindertheil. An den beobachteten Keimwurzeln entfpringen die Haare des Epiblema, welche die auffaugende Fläche der Wurzel um das Vielfache vergrößern, in Diftanzen von 5—20 mm von der Spitze. Mit Ausnahme der Lycopodiaceen gefchieht alle Verzweigung des Wurzel- körpers durch adventive Sproffung weit hinter der wachfenden Spitze. 412 VIll. Theorie der Ernährung der Pflanzen. 2. Wurzelhaare. Die Haare an jener beftimmten Stelle des Wurzelcylinders find ein- zellige cylindrifche Ausftülpungen des Epiblema; reich an Protoplasma, bis zu 5 mm lang, wachfen fie in den Boden zwifchen die zum Theil mikrofkopifch kleinen Gefteinstrümmer, welche ihnen feft ankleben. Die Wand des Haares befitzt während des Wachsthums eine geringe Plafticität, welche dieß zuläßt (f. Sachs, Exp.-Phyfiol. S. 184 fl.). 3. Secretion einer Säure aus der Wurzel. Zertrümmert man eine Wurzelfpitze der Erbfenkeimlinge, der Cultur- pflanzen Mais u. f. f., indem man fie auf Lackmuspapier legt und mit einem Hammerfchlag zerquetfcht, fo entfteht ein rother Fleck, welcher auch nach dem Trocknen des Reagenzpapieres nicht verfchwindet. In einer feuchten Kammer werden die Keimlinge fo ausgeftreut, daf) die Spitzen auf blauem Lackmuspapier auftreffen und parallel der Papier- fläche wachfen. Die Wurzel färbt in ihrer Bahn auf dem Papier dasfelbe roth. Kleine Sämereien wie die Kreffe, Roggen u. f. f. eignen fich zu Aus- faaten zwifchen zwei Kalkfpathkryftallen. Man legt die eben angekeimten Samen auf die Fläche des einen Kalkfpathes und belaftet fie mit einem zweiten Kryftall, oder mit einem flachen Stein. Die platte Fläche des Kryftalles wird durch die Wurzelfpitzen corrodirt, und auf dem ganzen Verlauf diefer erfcheint eine Gravirung, welche die Bahn der Wurzelfpitze bezeichnet. | F. Diffusionsversuche'). Die Gefchwindigkeit der Bewegung löslicher Körper ift abhängig von ihrer chemifchen Natur. Läßt man Löfungen von derfelben Concentration ein Mal durch eine gefchloffene Membran, das andere Mal durch Waffer diffundiren, fo erhält man Beziehungen für die verfchiedenen Salze, welche unzweideutig auf die verfchiedene Moleculargefchwindigkeit hinweifen. Zu dem Behufe wurden gleiche Mengen der Haloidfalze in den Grund einer 25 cm hohen Wafferfchicht von gleichem Querfchnitt fo forgfältig verfenkt, daß eine Mifchung nicht möglich war. Nach gleicher Zeit für alle wurde das gleiche Quantum des Waflers von der Oberfläche mit der Bürette herausgenommen und auf Chlor titrirt. Parallel laufend mit diefem !) PFEFFER, Osmotifche Verfuche. Leipzig 1877. W. Engelmann. — N. J. C. Mür- _ER, Bot. Unterf. Bd. I. S. 168. — Dr. Tu. Harrıc, Ueber das endosmotifche Verhalten der Holzfafer. 285. Bot. Ztg. 63. — A. HEmrz, Vorlefungsverfuch z. Osmofe. Ber. d. deutfch. chem. Gefellfchaft zu Berlin. VII. Jahrg. XI. Heft. — Tr. Harrıc, Ueber die endosmot. Eigenfch. der Pflanzenhäute, Bot. Ztg. 1853. Ernährung der grünen Landpflanze. 413 Verfuch wurden diefelben Salze in geeigneten Osmometern der Membran- diffufion ausgefetzt und die Mengen der Verbindungen für beide Vorgänge verglichen: Durch die gefchloffene Durch eine 25 cm Membran. hohe Wafferfäule. Chlorammon . . . . . 0,494 grm 0,0024 grm Chlorkalium. Y+::-.7-,.% +: 0,0254 2 0,0022 » Chlornatrium . . . . . 0,02457 » 0,0025 » Chlormagnefium . . . . 0,5076 » 0,03525 » Chlorbarium 2: 284, 2:7. ..:0/0032:'7.% 0,00190 » Für gleiche Zeiten erhalten wir für Chlorammonium 0,494, für Chlor- barium aber nur 0,0032 durch die Membran, und 0,0024 für erftere, 0,0019 für letztere Verbindung durch die Wafferfchicht diffundirt. 1. Die Osmose. Die Osmofe ift der fpecielle Fall der Diffufion oder Mifchung zweier chemifch verfchiedener Flüfigkeiten, deren Grenzflächen durch eine Mem- bran getrennt find. Der Membran entfpricht bei der Pflanze draußen die freie Oberfläche der an das Bodenwaffer grenzenden Zellen oder die gemeinfchaftliche Membran je zweier Zellen im Innern der Pflanzengewebe. Wir haben es jetzt mit einem neuen Moment zu thun: mit der An- ziehung der Membran zu den Flüfligkeitstheilchen. Die Phänomene werden mechanifch complicirter, da jetzt zu unter- fuchen find: aa die Anziehung zweier Theile der Flüffigkeit A. bb « « « « « « B. FEN Er « der Theilchen von A zur Membran C. bc « « « « “u: .« « C Endlich aber wächft die Verwickelung der hier einfchlägigen Er- fcheinungen dadurch, daß gelöfte fefte Körper in A und B in Betracht kommen. Diefer Fall wird gerade bei den Diffufionsvorgängen in Orga- nismen eine große Rolle fpielen. Es kommen jetzt, wenn wir mit « a‘ die fpecififchen Anziehungen det gelöften Körper bezeichnen, noch zu jenen hinzu: aa » ab - ac nuunmb: 4.00%. In der Pflanze ift A und B gleich, infofern das Löfungsmittel in der großen Mehrzahl der Fälle das Waffer ift. 414 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Nur der Protoplasmakörper wird felbft wieder, bezogen auf alle übri- gen Löfungen, eine ähnliche Rolle fpielen, wie die Membran gegenüber wäfferigen Löfungen. Er befitzt zwar keine fefte Membran, fondern nur die Grenzfchicht einer zähflüfigen Maffe, . doch zeigt derfelbe ähnliche Widerftände, wie die jugendliche Membran felbft, welche als Nieder- fchlag aus ihm entftanden if. Die osmotifchen Vorgänge hängen von der Temperatur ab; fie verlaufen in den direct be- ftrahlten Theilen rafcher, wie in den von der Erde bedeckten des Wurzelkörpers. Die osmotifchen Vorgänge find vom Drucke abhängig. Derfelbe fchwankt in der Pflanze in Folge der Beftrahlung und dadurch, daß in einem gegebenen Gewebe die osmotifch wirkfamen Kör- per foeben entftehen und nach dem Orte ge- ringften Widerftandes geleitet werden. So ergießst fich von den äußerften Enden des Baumkörpers ech ee über das ganze Syftem ein Strom des feften Bil- ne er ag er de _dungsmateriales im Zeitraum von der Blattent- Gläfer können durch Klammern an- faltung bis zum Blattfall, während gleichzeitig u ein entgegengefetzt gerichteter Wafferftrom von der Wurzel aus herrfcht. 2. Natürliche Membranen. Pflanzenhäute ohne mit dem Mikrofkop fichtbare Lücken, namentlich folche, welche aus nur wenig Zellplatten beftehen, find außerordentlich fchwierig zu befchaffen. Man hat nun zwar in der gelöften Cellulofe- verbindung der Schieffbaumwolle (Collodium) ein Mittel, größere Platten herzuftellen. Die Collodiumhaut aber ift dichter, wie jede pflanzliche. Die Diffufionsvorgänge verlaufen außerordentlich langfam. Auch ift mit Be- ftimmtheit anzunehmen, daß fie in Hinficht der molecularen Poren weit von. den pflanzlichen Membranen abweicht. Zu osmotifchen Verfuchen hat man außer der thierifchen Blafe Perga- mentpapier, chinefifches oder Reispapier (dünne Lamellen aus dem Marke der Aralia papyrifera) angewandt. Bei dem Verfuch in Fig. 398 ift die U-Röhre mit Gummi oder Zucker- löfung gefüllt, taucht in a in Waffer, ift dort mit einfacher Lage von Reis- papier gefperrt, in b aber mit drei oder vier Lamellen derfelben Membran. Der hydroftatifche Druck fteigt, in b aber filtrirt reines oder faft rei- nes Waffer. ’ Ernährung der grünen Landpflanze. 415 Es ift mir gelungen, in einer Epidermis (von Hx&manthus puniceus) eine Membran in größeren bis zu zwei Zoll großen, Lappen lückenlos abzuziehen, welche näherungsweife den Forderungen für das Experiment entfpricht. Herr Studiofus von KnıErım!), welcher in meinem Privatlaboratorium in Heidelberg in dem Jahre 1872 befchäftigt war, verwandte diefes Ma- terial, um einige Verfuche über die Durchgangs- gefchwindigkeit verfchiedener Subftanzen durch eine folche Membran zu beftimmen. Ich habe diefe Verfuche wiederholt und die von KnıErım erhaltenen Refultate im Allgemeinen beftätigt ge- funden. Der angewandte Osmometer beftand aus zwei Opodeldoc-Gläfern, deren Rand abgefchliffen war (Fig. 397). Das untere Gefäß enthält die Löfung, das obere reines Waffer. Beide find ag 2 durch die Membran getrennt. Zur bequemeren sifhe Verfuche. Die Mündung des SR U-Rohres in a in Wafler und die Mün- Handhabung ift an dem unteren Gefäß ein offenes gung ind mit Blafe oder Pergamentpa- Rohr angefchmolzen, in welches man die Luft- _ pier verbunden, nachdem das Rohr mit r i Zucker- oder Gummilöfung gefüllt if. blafen, welche fich beim Befeftigen der Membran nicht vermeiden laffen, dadurch eintreten läßt, daß man das Gefäfs neigt. An dem oberen Gefäß ift der Boden abgefprengt. Die Durchgangsmengen verhalten fich für dasfelbe Zeitintervall von zweimal 24 Stunden wie die Zahlen in der beifolgenden Tabelle!). Ich wiederholte diefe Verfuche mit drei gleichen Osmometern von der obigen Geftalt und verglich zuerft \ Kalıfalpeter, Zucker, Gummi !) Gewichtsmengen verfchiedener Subftanzen, welche durch diefelbe Pflanzenmem- bran hindurchgehen (bei gleichem Druck, Temperatur und gleichem Volum Waffer in einer der Zellen): et Molecular- Durchgangs- gewicht. menge. BETT PT T RE A A 162 o CAHSCHT ZUR 2.042. 171 0,3 CaNOs falpeterf. Kalk . . . . . 82 1,56 NasPOs24HO phosphorf. Natron . . 165 2,3 56 Chlorkalium:: .., rtl: IE 74 2,5 NH4CI Chlorammon . . . . . . 53 13,978 Mit höherem Moleculargewicht finkt die Menge der diffundirten Subftanz. 416 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. - für gleiche Membranflächen, gleiche Zeit und gleiche Temperatur. Von den genannten Subftanzen wurden je 0,5 grm in etwa 13 Theilen Waffer in die unteren Zellen gegeben und viermal 24 Stunden gewartet. Nach diefer Frift, während welcher die Mitteltempe- raturen etwa 23° C. waren, wurden die Löfungen im Wafferbad eingedampft und der Rückftand durch Wägung beftimmt; es ergaben fich für KaNOs 0,015 grm, für Zucker und Gummi nicht wägbare verfchwindend kleine Spuren. > In einem zweiten Verfuch wurde Zucker mit Chlornatrium verglichen. Die Durch- gangsmengen verhielten fich nach viermal 24 Stunden wie Chlornatruum 40... 20,084, Bacher = 5: 5 02 10 9 OR: Es blieben mir noch zwei Membranen, um ein Eifenfalz mit einem Magnefiafalz zu vergleichen. Es wurden 0,5 grm Eifenvitriol und 0,5 grm Bitterfalz angewandt. Nach viermal 24 Stunden ergab fich für Bitterfalz eine kaum wägbare Spur. Das Eifen war aber felbft nicht qualitativ in der oberen Zelle nachweisbar. Dagegen fanden fich in der- felben deutliche Spuren von Schwefelfäure. Durch diefes Ergebniß ift zur Genüge er- wiefen, daß die angewandte Membran von groben Lücken frei war. Hr. Dr. AskENAsY, Privatdocent der Botanik in Heidelberg, war fo freundlich, mir fpäter mehrere Blätter von Haemanthus zuzufenden, fo daß ich in der Lage war, die Verfuche fortzufetzen. Diefelben wurden in dem folgenden Sinne angeftell. Um von der Temperatur unabhängig zu fein, wurden je zwei Subftanzen in jedem der Verfuche mit Chlornatrium verglichen. Es wurden dabei nur Chlorfalze angewandt, welche auch für minimale Spuren mit einer Normalfilberlöfung maßanalytifch beflimmt werden konnten. In der folgenden Tabelle find die Durchgangsmengen mit dem Moleculargewicht zufammengeftellt. Abfohıt.. Gewicht Mer Molecular- cc der Normal- ; ; Salz. ER filberlöfun diffundirten 5 : bisspe.. Chlorverbindungen. NaCl 58,50 0,45 0,0026325 grm CaCl 55,50 0,25 0,0013875 » ı. Verfuch. Dauer der Osmofe ıo Tage. Temp. 10° C. NaCl 0,45 0,0026325 » NH«ıC] 53,46 1,20 0,0064152 » KCl 74,70 0,32 0,002390 » 2. Verfuch. Dauer der Osmofe 6 Tage. Temp. 12° C. NacCl- 1,15 BaCl 10,40 0,18 0,0067275 » 0,001872 » 3. Verfuch. Dauer der Osmofe ı2 Tage. Temp. 10° C. Die osmotifche Spannung, welche fich in den Zellen, Fig. 394, rafch ausgleicht, kann, fowie es in der Pflanze thatfächlich gefchieht, für längere Zeit gefpart werden, wenn der Druck ein kleinerer wird und wenn man Ernährung der grünen Landpflanze. 417 die osmotifch gefpannte Zelle an das entgegengefetzte Ende der Kette legt. Die’ Zellenkette (Fig. 399) befteht aus 13 Glascylinderchen, welche beider- feits offen und mit abgefchliffenem Rande verfehen find. Alle find mit Waffer gefüllt, fo aber, daß die Wafferfäule von der Waffer aufnehmenden m/f Bolhralz | m FıG. 399. Diefer Apparat entfpricht einer Zellenkette, welche fih von dem verdunftenden nach dem wafferauf- nehmenden Pol in der Pflanze erftrecken möge. Die mit Kochfalz oder Zucker gefüllte Zelle A entfpricht dem Blatte, die Zelle B dem Boden, aus welchem die Wurzelzelle ı Waffer aufnimmt. Zelle ı nach der größeren Kugelzelle A durch 14 Membranen, welche in den Verbindungsftellen der Glascylinder liegen, unterbrochen ift. Die große Zelle enthält concentrirte Kochfalzlöfung. Sie entfpricht dem. Blatte, von dem aus die plaftifchen Körper fich rückwärts vertheilen. Der Verfuch dauerte zehn Tage und es floß ftetig aus c etwas von der Flüffigkeit aus. Im Ganzen floffen 6,2 cc aus (am letzten Tag 0,5 cc). Die Titration ergab: Zelle ‚132 ae. 1865 Kochäle EEE N SE ee ya « ee IO. E REER « « Bo nt « Na En « N. ]. €. Mürzer, Handbuch 1. ı. 27 418 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Es macht fich in dem Verfuch eine Periode bemerklich von 13 nach ı2 und ı2 nach ıo. Dief beruht in einem Fehler, der bei Anwendung von Pergamentpapier nicht vermieden werden kann, weil die Wafferfäulen nicht durch Capillarität gehalten werden. Nach der Auffafflung Brücke’s kommt bei der Osmofe lediglich die Anziehung der Membran zu den Flüfligkeiten in Betracht (m. f. auch Naturf. 1878. Jan. Quixke). FıG. 400. A Apparat für die Osmofe von Gummilöfung in b, Waffer in a, durch einen capillaren Ri im Glasrohr b.» B Durchfchnitt des Riffes, M M die Glasmaffe, Pfeil & ftellt den centralen Strom Gummi, Pfeil Bß den Wandftrom Waffer dar. Die Osmofe geht durch einen capillaren Spalt in einem Glasbehälter, Fig. 400, ähnlich vor fich, wie durch die molecularen Poren der Mem- branen. Die Gummilöfung in G, Fig. 400, hebt durch den Spalt c Waffer nach 5, während nur verfchwindende Mengen derfelben nach a gehen. Das Niveau der Gummilöfung fteigt. If die Anziehung des Wandftromes, Fig. 400 B ß, für Waffer fehr groß gegenüber derjenigen des centralen Stromes a, fo fließst nur Wafler, der letztere Strom wird gleich Null. In diefem Fall wird das osmotifche Aequivalent unendlich!), fo bei Gummi, Leim, Traganthgummi (welcher nach HormEisTer’s Unterfuchungen unlös- lich, aber unbegrenzt quellungsfähig ift und nicht filtrirt werden kann), Hühnereiweiß u. a. m. Diefe Ströme, welche unter dem Einfluß der Flächenanziehung ftehen, werden noch dadurch in gewiffen Fällen alterirt, !) Endosmotifches Aequivalent für thierifche Membran: Waflfermenge, welche fich für ı g der Subftanz in entgegengefetzter Richtung durch die Membran austaufcht. Diefe Waffermengen find für: AlkSbarl 727... 4,13 Chlornatrium . . . . 4,22 DEREN BE Schwefelf. Natron . . 11,05 « Magnefia. . 11,65 « Kalt! "= 12:78 Kalihydrat . . . . . 231,4, hier kommt die Quellung der Membran als eine theilweife Zerftörung der Membran durch die Kalilauge in Betracht. Ernährung der grünen Landpflanze. 419 .dafß die Weite der Poren in einer organifchen Membran nicht conftant zu fein braucht. Denken wir uns an eine Fläche eine Flüfligkeit angrenzen, welche die Membran zum Quellen bringt, z. B. Waffer, fo wird der Porus verengt durch die Quellung nach Analogie der Holzzelle (f. oben S. 92). ” A g % r R L E d - e A A R r' r” N. A' Fıc. 401. Ia bde ein Membrandurchfchnitt, auf beiden Seiten nach a 5 wie d e mit Waffer in Berührung, die Porengänge p p' gleichweit. In II ift die Membran in 4’ mit Waffer, in A mit einer concentrirten Löfung in Be- rührung, welche die Poren verengt, weil die Membran fchrumpft. Grenzt an die andere Fläche eine concentrirte Löfung, welche die Mem- bran zum Schrumpfen bringt, fo wird der Porus erweitert (Fig. 401 IT). Gleiche Porendurchmeffer werden nur dann vorhanden fein müffen, wenn beiderfeits gleiche Flüffigkeit angrenzt (Fig. 401 I). 3. Künstliche Membranen. Bei künftlichen Membranen haben, abgefehen von der Collodiumhaut, in erfter Linie die Traupe’fchen Zellen eine Bedeutung, infofern fie in ähn- licher Weife künftlich hergeftellt, wie die natürlichen entftanden find. Solche Membranen entftehen aus Gerbfäure und Leim, aus kohlenfaurem Kali und Chlorcalcium, Ferrocyankalium und Eifenchlorid, und vielen anderen Kör- pern, welche bei der Berührung einen Niederfchlag bilden. TRAUBE zeigte: ı° daß alle folche Membranen wie die Pflanzenmembranen wachfen (f. ab S. 99 ft.); 2° daß die molecularen Interftitien für alle Molecule von kleinerem Volum (refp.Moleculargewicht) permeabel find, während fie die Molecule ihrer EEE refp. CaCl und KaCOs, FeCyK und FeCl, u. f. f. nicht hin- 27° 420 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. durchlaffen. So wird in einer folchen Metallmembran noch Waffer und ein Ammonfalz durch die molecularen Poren hindurchgelaffen, aber nicht die- jenigen Molecule der Salze, aus welchen durch wechfelfeitige Zerfetzung die Membran felbft niedergefchlagen wurde. Eine jede Niederfchlagsmembran ift für ihre Membranogene un- durchdringlich, während fie für Subftanzen mit kleinerem Moleculargewicht permeabel if. TRAUBE fchloß aus gewiffen Eigenfchaften der pflanzlichen Membranen, daß fie, den Niederfchlagsmembranen analog entftanden, felbft Niederfchlags- membranen aus einem vorher gelöften Amyloid und dem Sauerftoff der Atmofphäre darftellen. Er wies auf die große Dichte der pflanzlichen Häute hin. Nach diefer Anfchauung müßte die Pflanzenmembran unter gewöhn- lichen Umftänden durchaus undurchdringlich für folche Molecule fein, welche ein der Cellulofe oder dem Amylum ähnliches Moleculargewicht befitzen (z. B. Gummi). In der That realifirt die Trauge’fche Zelle im Allge- meinen mehrere Phänomene der Pflanzenzelle: 1° die abfolute Impermeabilität für concentrirte Löfungen und Proto- plasma durch die freie Oberfläche an der Pflanze. Die Ausfcheidung (Se- cretion) nach der Oberfläche ift ein feltenes und eng localifirtes Vorkomm- niß, wiewohl die Flüfligkeiten im Inneren unter hohem hydroftatifchem Drucke ftehen. ‘Die Wurzel nimmt große Waffermengen auf, ohne einen merklichen Aufwand durch Exosmofe zu machen; 2° die Trauge’fche Zelle hat das Flächenwachsthum durch Intusfus- ception mit der natürlichen Membran als gemeinfchaftlichen Zug. Herr PFEFFER hat in der neueften Zeit einige beachtenswerthe Ver- fuche über Osmofe publicirt. Er wandte neben Pergamentpapier kleine Thonzellen an, deren Poren er mit Trause’fchen Niederfchlagsrnembranen verfchloß, ı° indem er die beiden Membranogenlöfungen von innen und von außen durch die Thonwand filtriren ließ; 2° indem er in der Thonzelle eine Trauge’fche Zelle herftellte, deren Niederfchlagsmembran fich der Innenwand anlegte'). Er verbindet mit diefen Zellen, deren Volum conftant ift, während bei den Pergamentpapierzellen eine Dehnung der Membranen nicht aus- gefchloffen werden kann, geeignete Manometer (f. $S. 5, I5, 17, 22) und beftimmt die osmotifche Leiftung der verfchiedenen Colloide und Kryftalloide: Ein langfam diffundirender Körper (Granam’s Colloide), Gummi, lie- ferte bei gleicher Concentration (6/0) eine Druckhöhe von 24—27 cm NEED Reg der grünen Landpflanze. 421 Queckfilber, während der diffufiblere Aare eine Queckfilberfäule von 290 cm ergab. In Membranen von Ferrocyankupfer wurden die Zuftrömungswerthe für Waffer beftimmt, nachdem die Zellen mit Zucker und Gummilöfung verfchiedener Concentration gefüllt waren. Diefe Körper paflıren die Trau- BE’fche Zelle nicht. Es ergab fich, daß die zuftrömenden Waffer- mengen nicht proportional der Concentration wachfen. Die Meflung gefchah, indem die Waflerzuftrömungswerthe in dem Zuftrömungs- werth zu ıprocentiger Löfung ausgedrückt wurden !). So ergiebt fich für Zucker von ı °/o zu Io °/o, zu 32 °/o ein Verhältniß der Zuftrömung von I zu 11,6, zu 48,4, für Gummi von ı °/o zu 18 °/o ein Zuwachs von I zu 16,4. Bei dem Salpeter, welcher durch die genannte Trause’fche Membran diosmirt, ergiebt fich ein Zuwachs bei von I °/o nach 18 °/o von ı nach 11,69. In Gemengen von einem Colloid und einem Kryftalloid wurden Zuftrömungsmengen gefunden, welche der Summe der Einzelwirkunger entfprachen. Wenn ı5procentige Löfung von CaCl den Werth von 9,9 mm in der Stunde, eine 2procentige Löfung von ‚ arabifchem Gummi den Werth 1,2 cm zeigte, fo ergab die -Mifchung in derfelben Zeit 11,4. Die osmotifche Druckhöhe oder die Arbeit, welche beim Verluft der osmotifchen Spannung geleiftet wird (f. meine Bot. Unterf. Bd. I, S. 260 ff.), beftimmte PFEFFER für 6procentige Löfungen für drei Membranen in Centimetern Queckfilber. | Pergament- | ; | Membran aus papier. | sg | Cu2FeCye. l | Gummi arabicum. . . . . 17,9 13,2 | 25,9 Flüfiger Lem. . . . . . 21,3 | 154 | 23,7 Röhrzuäker =... 5 22%. 29 14,5 | 287,7 Seas hehe 20,4 | 8,9 | 700 ? Die Druckhöhe ift für diefelbe Membran größer für folche Körper, welche diosmiren, wie für folche, welche die Membran nicht zu paflıren vermögen. So erzeugen die Kryftalloide Salpeter, Zucker (bezogen auf Leim und Gummi) einen höheren Druck wie die Colloide. ı) It k die Salzmenge, welche in der Zeiteinheit die Flächeneinheit einer Membran paflırt, während auf die Längeneinheit die Concentration um ı finkt, fo ift die Salz- menge s=ka— ; t, hierin bedeutet e die Abnahme der Concentration auf die Strecke /, «a die Fläche, / die Zeit. Die Temperatur muß conftant fein während der Verfuchsdauer. - 422 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Mit wachfender Concentration der Löfung wächft der Druck. Für Gummi entfpricht der Concentration von 1 °/o die Druckhöhe von 53,5 cm, für 2/0 ıo1, für 4 °/o 208, für 6°/ 307 cm. Bei dem Zucker wurden für ı °/o 7,1 cm, für 6° 27,5 cm, für 18°/o 120 cm beobachtet. «Die Quotienten aus der Concentration in die Druckhöhe und den Waffereinftrom fallen namentlich für Zucker, aber auch für Gummi nahezu übereinftimmend aus, d. h. die Druckhöhe und der Waffer- ftrom wachfen in demfelben Verhältniffe.» G. Fortleitung des Wassers (der Lösung, welche aus dem Boden aufgenommen wird). Das Studium der Fortbewegung des aus dem Boden eintretenden Waflers unter dem Einfluß der Verdunftung der oberirdifchen Theile bietet allein einiges Schwierige bei den Bäumen, wo es fich um Bahnen handelt, welche bis zu 100 m und mehr Länge zu verfolgen find. Die mechanifche Erklärung diefer Leitung fchließt dann offenbar die Erklärung für denfelben Vorgang bei kleineren Gewächfen ein. So hat man fich denn in der hiereinfchlägigen Literatur wenig den Kopf zerbrochen, wie die Leitung bei den Moofen, Pilzen, Flechten, den niedern krautartigen Gewächfen u.f. f. zu erklären fei, fondern lediglich die außerordentliche Höhe erwachfe- ner Bäume als eine Schwierigkeit in’s Auge gefaßt, welche der Erklärung gegenüberftehe. Man kann nun zeigen, dafs die Möglichkeit, conftanter Waflerftröme, welche in fehr hohen Bäumen gefordert ift, durch Anwendung eines einzelnen phyfikalifchen Principes nicht überfichtlich wird, wenn nicht alle uns bekannten Vorgänge der neben der Verdunftung herlaufenden Lebenserfcheinungen mit in die Betrachtung hereingezogen werden. . 1. Die Pflanzen wachsen wassergefüllt. Bei allen perennirenden Pflanzen, in welchen längere Strombahnen gebildet werden, ift zu beachten, daß diefelben waffergefüllt entftehen, d.h. da wo Länge- und Dickezuwachs erfolgt — Proceffe, welche bei dem Baume ftetig oder periodifch vor fich gehen — befinden fich Zellen, welche mit wäfferiger Löfung oder mit Protoplasma angefüllt find. a) Beffimmung des Waffergehaltes im Baume. Mit Hilfe des Presster’fchen!) Zuwachsbohrers kann man aus jedem Niveau an einem erwachfenen Waldbaum kleine Parthieen des Holzes aus !) Der PreEssLEer’fche Zuwachsbohrer ift ein Bohrinftrument, welches erlaubt, daß etwa bleiftiftdicke Cylinderchen aus dem Stanım herausgenommen werden können (in der forftlichen Technik allgemein bekannt). in diefer Röhre. zum Ausdruck kommen. Ernährung der grünen Landpflanze. 423 der Querrichtung des Stammes herausheben und durch Wägung und Aus- trocknen in einem Chlorcalciumexficcator den Waffergehalt beftimmen. Solche Bohrfchnitte können in einer Kanone, Fig. 402, fo gepreßt werden, daß das flüffige in den . Hohlräumen capillar feftgehaltene Waffer ausfließft. Um eine Vorftellung von der Größe des Druckes zu erhalten, welchem das Waffer in der Holzzelle Widerftand leiftet, wurden ähnliche Bohrfchnitte rafch gewogen, mit Seidenpapier umwickelt, in die Kanone gebracht und mit Hilfe eines Gewichtes gepreßt, die Tangentialfläche des Bohrfchnittes beträgt 28,3 qmm. Das Tifch- chen aa‘ nimmt in dem hohlen Fuß bei a eine Röhre von Eifenblech auf b, welche daffelbe Caliber hat wie der Presster’fche Zuwachsbohrer. Der Bohrfchnitt in Seidenpapier gewickelt fteckt Auf ihm ruht ein eiferner Bol- zen, auf welchem die Säule e des mit Gewichten belafteten Tifchchens a’ laftet. - Aus diefen Verfuchen erhellt, daß bei Anwendung eines Druckes von Io kg aus 12,36 g Holz nur 0,095 g Waffer gepreßt werden können. Es wurden in diefen Verfuchen aber noch Si AIIIIKIIN | / / / | G | / / y | | = RUETTTÄRÄURURUR_RaAUOıUı—RıIOUU U IC Fıc. 402. Das Tifchchen, welches zum Auspreflen des Waffers aus dem Holze benutzt wurde. Die Metall- hülfe 5, welche, den Bohrfchnitt c aufnimmt, kann von dem Fuß ausin das Tifchchen eingefchoben werden. Druckkräfte angewandt, wie fie im Schraubftock Das Refultat diefer Meflungen ift: «aus der Gewichtseinheit naffen Holzes können im Maximum 0,4916 Ge- wichtstheile tropfbaren Waffers gepreßt werden». Stammregion. Aus ı Gewichtstheil Auf ı Gewichtstheil naffen Holzes können! trockenen Holzes gepreßt werden Ge- kommen Gewichts- wichtstheile Waller. theile Waffer. | außen Mitte innen außen | | Mitte | Reg. I 60 cm über dem Boden Radius 125 cm Reg. IV 6,8 m über dem Boden Radius 10,1 cm außen Mitte innen Reg. XI 19,4 m über dem Boden Radius 5,5 cm innen 0,4024 1,522 0,3460 1,333 0,04210 0,338 0,4916 1,609 0,1852 0,7144 0,02829 0,2898 0,4810 1,918 0,4434 1,465 0,1967 0,6486 424 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Ein Blick auf die Figur 403 zeigt uns, wie viel Waffer aus dem Holze unter Anwendung einer ungeheuren Druckkraft geprefft werden kann gegenüber der Gefammtmenge des Waflers, welche in dem Holze imbibirt ift. Ta Ta ERTL Im Im . a mu 3M 7M i 15M 20M FıG. 403: Diefe Figur ftellt die Vertheilung des Waflers dar in einem Baume (Fichte), welcher im Winter gefällt wurde. Die Abfciffe ftellt den Ort in Meternhöhe über dem Boden dar, in welchem die Befiimmungen des Wafler- gehaltes für die Volumeinheit Holz ausgeführt wurden, 5 folcher Beflimmungen in o M, 3, 7, 15, 20 M Höhe wurden ausgeführt. In jedem diefer Niveau’s wurden Bohrfchnitte bis zum Mark geführt, diefe in drei gleiche Theile getheilt, a der äußere, m der mittlere, i der innere. Für jeden diefer Theile wurden zwei Beflimmungen gemacht: jeder Theil wurde in dem Tifchchen und zuletzt im Schraubftock ausgepreßt, die Waffermengen find in pa, pm, pi dargeftellt; jeder der Schnitte wurde im Exficcator getrocknet und die gefundenen Waflermengen in ta, ti, im dargefellt. Die Abfciffe der Figur 403 ift in Meter (Höhe des Baumes) einge- theilt. Die Ordinaten pa, pm, pi bedeuten die Waffermengen in Zehntels- Gewichtstheilen des. Bohrfchnittes, welche durch Druck in dem Schrauben- ftock herausgepreft werden können, und zwar pa in der äußeren, pm in der mittleren, pi in der inneren Schale. Die Abfciffen ta, tm, tt bedeuten die Gefammtwaflermengen, wie fie durch Austrocknen im Exficcator beftimmt werden können, in Zehntelsge- a "Ernährung der grünen Landpflanze. 425 wichtstheilen derfelben Bohrfchnitte, ta in der äußeren, tn in der mittleren, ti in der inneren Schale. b) Beftimmung des Stärkeftromes in dem Holz des Baumes. Es ift äußerft fchwer, direct zu beftimmen, wie weit die waffergefüllte Strombahn in transverfaler Richtung in den Stamm hinein reicht. Be- achtet man aber, dafs die transitorifche Stärke?) alljährlich wie eine große Welle in dem Holze fluthet und ebbet, dafs diefe Bewegung ohne die Gegenwart von tropfbarem Waffer nicht gut denkbar ift, fo erhält man in der Ausdehnung der Stärkebahn in transverfaler Richtung zum Wenig- ften die Minimalgröße derjenigen Bahn, welche einmal im Jahr mit Waffer gefüllt fein mußte. Es wurden daher Meflungen angeftellt von Mitte bis Ende Februar über die Ausdehnung der Stärkebahnen, indem durch die Bohrftücke von Fichte und Eiche Radialfchnitte mit Jod behandelt wurden. Aus der Tabelle erhellt die Zunahme osmotifcher Spannung vom Stamm nach dem Zweig. Schon bei dem 22jährigen Afte erftreckt fich die Spannung über den ganzen Querfchnitt, fie bleibt nach den jüngeren in diefem Verhältniß, fie finkt nach dem älteren bis ?”/ıoo der Jahreslagen für die Eiche. - Bei einer ıoojährigen Eiche geht die transitorifche Stärke noch bis , zum 27. Jahrring, von außen gezählt. Stärke Zahl der Jahresringe des Zwei Holzart. er de ganzen mit Birke Bemerkungen. mm Stammftücks. gefüllt. Eiche I 5 I I Mark gefüllt. » II 8 4 4 » » 2»: PH 12 6 6 » » » IV 27 12 I2 » » ».V. 41 22 | 22 » » 7 | Obere Seite des Aftes mit ee Eng 33 | es breiten Jahrringen. 6 | Untere Seite des Aftes mit » VIb 90 33 | 16 fchmalen Jahrringen. 2, Vlla 420 100 | 12 Stamm. Fichte I 65.,:7% 8 | 8 Mark leer. » II I40 15 | 9 » » =: 18 175 19 8 ER. » IV | 245 28 | 8 » » iv | 305 36 12/13 wi 1) f. unten Translocation. 426 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Die Stärke dringt noch bei ı2 Jahrringen bis zum innerften vor, bei einem 33jährigen Afte aber felbft noch bis zum 16. von außen ge- rechnet. 2. Ueber die ganze Strombahn befinden sich wassergefüllte Gewebe vertheilt?). Der höchfte Waffergehalt findet fich gerade zu der Zeit der vollen Belaubung in den Orten, welche am weiteften von dem wafleraufnehmen- den Wurzelfyftem entfernt find, nämlich in den jungen, in dem laufenden Jahre entwickelten Zweigen. Es interefirte mich, zu wiflen, wie. groß der Waffergehalt dünner, nur Splint führender Zweige zu der Zeit fei, in welcher die Blätter das Maximum der Verdunftung zeigen. Zu dem Behufe wurde .das Gewicht naß und trocken, fowie das Volum naß und der Querfchnitt naß beftimmt. Das Austrocknen gefchah bei gewöhnlicher Temperatur im Chlorcalcium- Exficcator. Die Zweige wurden gefammelt am 3. Auguft; zu diefer Zeit war die Tagestemperatur, 23° C. im Mittel aus Mittag- und Abendftunden für 6 Tage. Gewicht Gewicht ol Waffer. naf. trocken. Hainbuche 2,16 1,280 40,74: Birke . 1,74 0,795 54,44 Buche. 5,26 3,017 42,64 Acer sfändapk. 1,65 1,020 38,18 Efche . #37 1,440 39,33 Kiefer. 2,40 1,127 53,04 Erle 2,96 1,530 48,31 Eiche . 3,59 2,075 42,47 Pappel 1,92 1,145 58,02 Weide 3,15 1,410 55,24 Die Urfache aller Bewegung für Wafler an dem ganzen Syftem des Baumes läßt fich zurückführen auf die Verdunftung in Zellenketten, welche mit Waffer, aber unter verfchiedenem Druck gefüllt, fich von dem Punkte + bis zu dem Punkte —, Fig. 404, in der Längsrichtung — von dem ° Punkte — nach dem Punkte + in der Querrichtung ausdehnen. 3. Holzeonvolute von Stamm und Wurzel. Zum Verftändniß der hier weiter zu behandelnden Phänomene muß Be- zug genommen werden auf die grobe Anatomie (f. $ 32, S. 302 ff. oben). Es 2), Dr. Tn. HarrıG, Verdunftung dei Zweigfpitzen im unbelaubten Zuftande. 261. Bot. Ztg. 63. Ernährung der grünen Landpflanze. 427 möge die Fig. 405 der fchematifche Durchfchnitt durch einen Baum fein, N N das Niveau des Bodens, A N der verdunftende Stamm, W N die wafferaufnehmende Wurzel, fo erhellt aus dem Früheren, daß die abfolut mit Waffer oder Flüffig- keit gefüllte Schicht die im laufenden Jahre ent- ftehende Zuwachsfchicht ift. Diefelbe ift außer- dem (nach $ 32E) die einzige, welche bis zu dem Niveau fg am Stamm, refp. den Aeften und Zweigen reicht, welche das ganze Syftem bis zu der Blattregion überzieht. Alle frühe- ren Jahreslagen reichen direct nicht fo weit. 4. Filtrationserscheinungen. Wirverftehenhier- unter den Durchgang tropfbaren Waflers oder einer Löfung, welche wenige pro mille fefter Subftanz (wenig Zucker, Fıe. 494. Schema der Vertheilung der Spannung für Wafler in dem Baume. Die waferreicheren Orte find dunkel und mit +, die waflerarmen find hell Salpeterfäure, Kalk: u. und mit — bezeichnet.” Der Nenner in den beigefügten Brüchen bedeutet die A. m.) enthalten, aus den Anzahl der Jahrringe in dem betreffenden Niveau, der Zähler die Anzahl derfelben, welche mit Stärkemehl gefüllt find. lebenden protoplasma- haltigen Zellen der leitenden Gewebe, nach der Atmofphäre (in feltenen Fällen) einerfeits, nach dem Holzkörper der höheren Pflanzen andererfeits. Solche Filtration muß immer herrfchen, foll überhaupt die Fortleitung von Waffer den Verluft durch Verdunftung decken. I. Periode des Blutens!). Unfere Waldbäume (die Coniferen ausgenommen), die Rebe und viele ftrauchartige Gewächfe bluten aus künftlich angebrachten Wunden Y) Hares, Vegetable statics. — Du HameEL, Physiologie des arbres. — HOFMEISTER, Handbuch der phyfiolog. Botanik. Bd. IV. S. 198. — H. Horrmann, Ueber die Richtung der Luftftrömung in den Pflanzen. 377. Bot. Ztg. 48. Ueber die Organe der Saftftrömung in den Pflanzen. 17. 33. Ueber die Saftwege in den Pflanzen. 793. 809. 42. 57. 76. Bot. 428 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. zu einer beftimmten Zeit vor dem Knofpenaufbruch. Viele einjährige Pflanzen, welche rafch verdunften, zeigen denfelben Saftausfluß aus dem Wurzelftumpf, nachdem die belaubten Stämme abgefchnitten find. aulsen weder bei den Bäumen noch bei den letzteren Pflanzen erfolgen. Die Druckkraft hat ihren Sitz in dem Syftem der Wurzeln. Die Größe diefes Druckes wird gemeffen: a) indem man für eine gegebene Pflanze die Ausflußfunction, d. h. die Gefammtmenge des Ex- fudates als Function der Zeit beftimmt; b) indem man die Ausflußgefchwindigkeit, d. h. die Flüffigkeitsmenge. beftimmt, welche im klein- ften Zeitraum (Stunde, refp. Minute) austritt, und diefe als Function der Zeit darftellt; c) indem man auf den Stumpf ein Manometer befeftigt, in welchem das Exfudat eine Quekipe fäule hebt, Fig. 406 A. Auch wurde ein IE, von der Form j Fig. 406 B angewandt. Hier drückt der bei c aus- Fıc. 405. Schema des Holzu- tretende Saft auf Wafler, welches fich in dem U- vahien u ben Se inenande- Rohr c b befindet, und comprimirt das Luftvolum b a. gefchachtelten Kegel der auf- einanderfolgenden Jahreslgen Aus dem Volum v und der herrfchenden Temperatur für Stamm und Wurzel, die Pfeile bedeuten die Zweige und # wird der Druck berechnet!). SIEHE: In dem Verfuch, Fig. 406 A, ging von b Ztg. 50. — Dr. TH. Harrıc, Freiwilliges Bluten der Hainbuche. Bot. Ztg. 53. S. 478. Ueber wäfferige Ausfcheidung aus den Pflanzenblättern. Bot. Ztg. 55. S.gıı. Ueber die Bewegung des Saftes in den Holzpflanzen. 269. 77. Bot. Ztg. 62 u. 63. S. 73 fl. — Joseru BÖHM, Ueber die Urfache des Saftfteigens in der Pflanze. Sep.-Abdr. a. d. Sitzgsber. d. k. Akad. d. Wit. 1863. Wird das Saftfteigen in der Pflanze durch Diffufion, Capillarität oder durch Luft- druck bewirkt? Sep.-Abdr. a. d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiffenfch. 1864. — JUL. SCHRE&- DER, Stud. chem. Unterf. der chem. Conftitution des Frühjahrfaftes der Birke. Dorpat. Heinr. Laakmann. 1865. Beitrag zur Kenntniß der Frühjahrsperiode des Ahorn (Acer platanoides). S. 261. PrınGsH. Jahrb. Bd. V. 1866--67. — Dr. TH. HarrıG, Ueber Saft- bewegung in den Holzpflanzen. 17. Bot. Ztg. 68. — ]J. BaRANETZKY, Eine Mittheilung über die Periodicität des Blutens bei den krautartigen Pflanzen und deren Urfachen, 65. Bot. Ztg. 73. Ohne die Verwundung würde der Erguß nach | !) Nach der Formel-für das Gay-Lussac=MArıoTTE’fche Gefetz berechnet fich der A PVlı ad D £ == truck: Pı et f. Botan. Unterf. Bd. I. S. 276. ER SER Ernährung der grünen Landpflanze. 429 ab in dem rechten Schenkel des Manometers eine continuirliche Waffer- fäule in einem Bleirohr nach dem Glascylinder C, aus welchem ein zweites Rohr nach dem Stumpf eines foeben abgefchnittenen Aftes c der erften Ordnung hinführt. Das ganze Syftem Cc Cb zur Rechten wurde nun mit Waffer ge- füllt. Es ftellte fich hiebei heraus, daß wenn unten pofitiver Druck durch Saftausfluß herrfcht, oben gleichwohl Saugen eintreten kann, wiewohl der Druck unten dann hinreichen würde, das höhere Niveau zu fpeifen, wenn er wie der Druck in einer Wafferleitung wirkte. a) Größe des Druckes bei niedern Krautpflanzen. Die Wafferfäule, welche den anbei verzeichneten Queckfilberdrucken entfpricht, fteht in gar keiner Beziehung zur Höhe der Pflanze. Druck auf den Stumpf. mm Queckfilber. Puafesis Hanus, . . 00. 14 E Kr en Pe 87 RER 257 ee Tee, 65 a Fr 247 1 Er a a IR 731 Auch das Volum des ausgefchiedenen Saftes, welches bei den ver- fchiedenften Pflanzen gemeflfen wurde, fteht in keiner gefetzmäßigen Be- ziehung zu Zeit, Volum der cc des Stunden. Wurzel. Exfudates. Pa 90 0,0135 35025 Bhaßölas 2.2.7. 49 2,300 3,63 Besiika 5,9... 0088 76 1,100 1,100 dem Volum des Wurzelkörpers oder des beblätterten Stammes. b) Der Druck bei wechfelnder Temperatur, Thränen der Gräfer und Aroideen. Bei einer großen Anzahl von Pflanzen, welche niederer wie unfere Waldbäume find, fo bei den Gräfern in der erften Keimphafe, bei Colocafıa und anderen Aroideen, bei Vitis und Juftitien beobachtet man, daß bei plötzlicher Erniedrigung der Temperatur, etwa bei Befchattung. nach inten- fiver Beftrahlung, an der Blattfpitze ein _Waffertropfen abgefchieden wird, 430 VIII. Theorie der RE der Pflanzen. welcher, wenn er, entfernt wird oder aberöpih; fich erneuert. Es kommt hier zur Abfcheidung derjenigen Maffe tropfbaren Waffers, welche vorher bei ftärkerer Strahlung oder höherer Temperatur verdunftete. c) Größe des Druckes bei dem Waldbaum, der Rebe!). Die Drucke, welche auf Wurzelftümpfen von Juftitien, Reben, Wald- bäumen (Birke, Buche, Hainbuche) beobachtet wurden, überfteigen jedenfalls nicht den Druck einer 1500 mm hohen Queckfilberfäule. d) Periode im Druck und der Ausflußgefchwindigkeit?). Die Ausflußfunction bei erwachfenen Bäumen ift ebenfalls eine periodifche Function der Zeit. Die Blutezeit beginnt im Allgemeinen vor dem Knofpenaufbruch und dauert bei der Birke, Buche, Hainbuche, Rebe drei bis vier Wochen im Maximum, fie endet faft inftantan mit dem Knofpen- aufbruch bei der Birke, Buche und Hainbuche und dauert bei der Rebe nach ST. Hares’ Beobachtungen noch einige Zeit während der Blattentfaltung. Die Ausflußgefchwindigkeit ift periodifch und folgt nach genaueren Unterfuchungen der Temperatur, oder es finkt diefelbe doch fo, dafs ihre Curve als von der Temperatur abhängig erfcheint. e) Theorie der Erfcheinung. Wenn hier lediglich die Erklärung des Phänomens des Blutens als Aufgabe geftellt, und abgefehen werden foll von der Bedeutung diefer Er- fcheinung im Haushalte der Pflanze, fo hat man in erfter Linie zu be- achten), daß der Druck, welcher das Waffer in den Stamm hebt, ı) Es muß dringend darauf aufmerkfam gemacht werden, daß bei dem urfprüng- lich von Haues, fpäter von HoFMEISTER angewandten Queckfilbermanometer die Schwan- kungen des oberen Queckfilberfpiegels in Folge der Temperaturfchwankung gar keine Be- deutung befitzen, wenn nicht eine Correction für die Contraction des Queckfilbers ein- geführt wurde. Dieß gefchah, fo viel ich weiß, nicht. Druck an einer Juftitienpflanze. S Zei Boden- Luft- Queckfilber- En temperatur. | temperatur. fpiegel. 6 Uhr Nm. 22 25,8 1030 7 « früh. 21,4 | 23,8 1023 3 « Nm. 23,4 | 26,2 1054 2) PoIsEUILLE’s Formel bei conftantem Röhrendurchmeffer undDruck ift: Q= 1836,724 (1 + 0,0336 1+ 0,0002209936 f). — Dr. Tu. Harrıc, Ueber Abfcheidung der Gafe aus lufthaltigen Flüffigkeiten beim Eindringen letzterer in capillare Räume. 301. Bot. Ztg. 63. 8) Mindeftens für den Zeitraum von mehreren Stunden und bei conftanter Tem- peratur während der Beobachtungsdauer. Ernährung der grünen Landpflanze. 431 von dem Wurzelkörper ausgeht, und daß der Stamm fo gut wie keinen directen Einfluß auf das Heben des Exfudates ausübt. Die leitenden Bahnen im Wurzel- ftock aber, die Gefäße und Holzröhren, find ihrer phyfikali- fchen Bedeutung und ihrer hiftologi- fchen Befchaffen- heit nach als gleich- werthig mit denen des Stammes anzu- fehen. Diefe aber find fo befchaffen: die von auffen nach innen belegenen Con- volute, Pfeil 5, 5“ u.f. f., Fig. 408, find verfchieden in ihrem Waffergehalte, fo daß die inneren wafler- ärmer, die äußeren wafferreicher find. In . der großen ganzen Ausdehnung der Strombahn finden fich zahlreiche Röhren- ftücke, in welchen Luftblafen von ganz dünnen Wafferhüllen umgeben find (Fig. 407). In der Rich- tung des Pfeiles herrfcht für Waffer im Holze gleichwohl Continuität für die Säulen tropfbaren Waffers, fie fließen TTTLTTISTITETTITTT TG EATLELLLTITIESETT Fıc. 406. Die Vorrichtung A befteht aus einem Glasrohr e 5, welches bei a in ein Bohrloch eingelaflen, bis e 5 mit Queckfilber gefüllt ift; von dem rechten Schenkel geht ein waflergefülltes Bleirohr nach dem waffergefüllten Behälter €. Bei v dicht neben a ift ein zweites Bohrloch mit einem Ventil, welches beliebig geöffnet und gefchloffen werden kann. Bei B ift. der Baum’ abgefchnitten, das Manometer c a b wird, bis 5 waflergefüllt, bei c mit Pergamentpapier zugebunden, auf dem Stumpf mit Hilfe eines Kautfchukfchlauches befeftigt, fodann wird durch eine Drehung das Pergamentpapier in der Fläche des Stumpfes zerrifflen, um die Verbindung der Wunde mit der Sperrflüfigkeit herzuftellen. aber gewiffermaßen um die Lufträume v, Fig. 407, herum. Bis zu dem oberften Niveau des Bodens muß ein folches Syftem von Luft- und Waffer- 432 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. fäulen mit Ausfchluß der äußerften Schale im Holz, wo die Wafferfäulen continuirlich find, vorhanden fein. Die folgenden Veränderungen in Folge ganz kleiner Temperaturfchwankungen müffen eintreten: 1° wirkt das Syftem wie ein Thermometer, welches mit capillaren Waffer- und Luftfäulen gefüllt it. Das Syftem zahllofer folcher muß fich merklich zufammenziehen oder ausdehnen, wenn die Temperatur fteigt oder finkt; 2° muß die Röhrenweite merklich fchwanken, alfo die Reibung mit der Temperatur wachfen und finken, weil die ganze Strombahn fich mit der Temperatur zu- fammenzieht oder ausdehnt; 3° fpielt die Reibung der Waffertheilchen unter fich und an der Wand der Röhren nach den Poisevire’fchen Verfuchen eine große Rolle. ' Herrfcht nun ein beftimmter Druck in dem unter- ee irdifchen Syftem bei gegebener Bodentemperatur, fo herrfcht vvin den Holzzelln Auch eine beftimmte conftante Ausflußgefchwindigkeit, a wei welche fofort verändert wird, wenn die Temperatur merklich fchwankt. Wird die Ausflußröhre an dem Stamm höher hinauf verlegt, Fig. 406, _ fo wird diefer Ausfchlag noch deutlicher, oft genügt das Vorüberziehen des Schattens einer kleinen Wolke über dem vorher von der Aprilfonne fchwach beftrahlten Baum, um die Ausflußgefchwindigkeit inftantan merk- lich zu verkleinern. Wir kommen zum Zweiten zu der eigentlichen Betriebskraft in dem Wurzelftumpfe (ift zu fagen dem Druck, welcher von dem unterirdifchen Syftem auf den Stumpf ausgeübt wird). Im Temperaturwechfel ift ein Moment für die Tagesperiode der Aus- flußgefchwindigkeit gefunden. Sehen wir, wie es fich mit dem Druck ver- hält: das Anbringen des Manometers am Stumpf bewirkt, daß fich eine merkliche Menge der Flüfligkeit ftaut, immerhin nicht alle die Flüfigkeit, welche fonft abfließen würde. _Die:Drucke wachfen mit der Temperatur durch die Expanfion von Gafen und Flüffigkeit, welch’ erftere fich felbft in dem Exfudat in dem Manometer ausfcheiden. Der Druck, welcher am Manometer abgelefen wird, ift daher eine periodifche. Function der Tem- peratur, und er fagt nichts aus über die Periode in der Intenfität der os- motifchen Betriebskraft. Ueber diefe kann nur feftgeftellt werden, und dielS gilt nur für wenige Verfuchspflanzen und durchaus nicht für alle Bäume, daß fie mit dem Wachfen der Temperatur im Frühling merklich wird, daß in dem künftlichen, das Leben der Bäume wefentlich ftörenden Ver- fuch die Ausflußmenge von Tag zu Tag wächft, ein Maximum erreicht Ernährung der grünen Landpflanze. 433 und faft inftantan mit dem Knofpenaufbruch Null wird. Der Wurzelkörper fetzt eine begrenzte, beftimmte Menge von Zucker hiebei um, und man kann über diefen Umfatz Verfuche anftellen, welche analog den Erfchei- nungen am Wurzel- £ ftumpf verlaufen. Beftimmung der Arbeit bei dem osmotifchen Aus- 4 taufch von Waffer si und Kochfalz und Waffer und Zucker durch Schweinsblafe und Pergament- papier. In die Glaszelle B, Fig. 409, welche luftdicht in dem Tu- bulus £ der zweiten Glaszelle C einge- fchliffen ift, wird ein Gemifch von Zucker Fıc. 408. Diefe Figur, wiewohl abenteuerlich in ihrer äußeren Form, reicht in ihrer Gliederung doch gerade aus, um dem In- tereflenten den im Text gefchil- derten Bewegungsvorgang klar zu legen. Die äußerfte Schale, links fchrafirt, überzieht das ganze Syftem, 4, IL, 3, 4, 5 die Triebe von fünf Jahren, links ift das Syftem bis zum 4. Jahre ausgeführt. Die letzten mit ein- fachem Contour dargeftellten Zweiglein follen die im laufen- den Jahre beblätterten fein, die fechfte von jetzt ab zu bildende Zuwachsfchale würde alsdann alle vorhandenen ober- und unter- irdifchen Zweige umhüllen. Laf- fen wir ein Waflertheilchen an der Wurzel eintreten, fo ift der kürzefte Weg nach den beblätter- ten Zweigen die periphere Schale: nur diefe führt bis zum Blattftiel, jede tiefere endet in einem der Abfchnitte, wie In nach Iln, defto tiefer unter der Verbrauchsftätte, je älter fie if. N. J. C. Müuter, Handbuch I. 1. 28 434 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. und Traganthgummi gegeben. Das Ende b der Zelle ift mit Pergament- papier, das Ende a mit Schweinsblafe zugebunden. Die Zelle C ift mit Waffer bis zu dem Queckfilberfpiegel Q angefüllt; durch den mit einem Kautfchukftopfen verfchließbaren Tubulus # kann die etwa aus den Löfungen 'entbundene Luft in C entlaffen werden. Nach neun Ta- gen hatte der Spiegel Q die Höhe von 375 mm erreicht. Nunmehr wurden die Flüffigkeiten in A und C eingedampft und die Rückftände gewogen. Die Zelle C enthält 4,505 8, « «A « 7,060 « fefter Subftanz. Fläche in a = 16,83 gem u. re TOTER Parallelverfuch für die äußere Arbeit aus dem Verluft der osmotifchen Spannung. Zwei gleiche Osmometer, wie fie die Fig. 406 darftellt, werden gleich- zeitig befchickt, die Zelle B in dem einen mit Zuckerlöfung (ein Theil Zucker, ein Theil Waffer), diefelbe Zelle B in dem ‘anderen mit gefättigter Kochfalzlöfung gefüllt; beide Oeffnungen a und 5b find mit Blafe ver- “ fchloffen. Der äußerfte Druck, welcher erzielt wurde, betrug für Kochfalz 229 mm, für Zucker 351,5; mm Queckfilber. Diefe Manometerftände wurden nach 28 Stunden erreicht, von diefer Zeit ab fanken die Manometer langfam in dem Maße, wie die osmotifche Spannung abnahm. Endlich aber beachten wir, daß die Periode des Blutens 3—4 Wochen in Anfpruch nimmt, oo daß der Baumkörper, wenn er nicht abgefchnitten a Ayer war, auf die osmotifchen Proceffe am Wurzel- bundene Glaszelle C zweite Zeile körper in fo langer Zeit doch zurückwirkt. 4 8 5 rohr Q. Wir hatten bei diefer Beobachtung im Sinne, zu zeigen, daß aus dem Stumpfe eines zu Beginn der Periode (des Blutens) abgefchnittenen Stammes während der ganzen Dauer des Ausfluffes weniger Waffer gehoben und abgefchieden wird, wie von folchen Bäumen, welche außer einem kleinen Bohrloch intact erhalten werden. Beide Fälle kommen felbftredend im normalen Leben nicht vor. Man muß fich aber vorftellen, daß während der 3—4 Wochen dauernden osmotifchen Bewegung des Waffers nach dem oberirdifchen Auszweigungs- fyftem ein abfteigender Strom ‘oder allgemeiner eine Vertheilung fefter, Ernährung der grünen Landpflanze. 435 aber löslicher Körper von den oberen Theilen nach dem Wurzelfyftem herrfchen muß. Diefs kann eben nur erwiefen werden, indem wir die Ausflußmenge des Stumpfes mit derjenigen aus dem Bohrloche vergleichen. 28. April. 2 Nr. o 1. Mai. d Nr. o 2 7. Mai. 3. Mai. £ 11. Mai. £ 5. Mai. Nr.o Nr. ı Nr. o Nr. ı. Fıc. 410. Zufammenftellung der Blattgrößen zweier Birken, Nr. o ein Baum, welcher unverletzt blieb. Nr. ı derfelbe, welcher angebohrt war und drei- Wochen lang blutete. Der erftere entfaltete die Blätter am 28. April, der letztere erft am 3. Mai. Von diefem Datum ab find die Blatthälften beider zufammengeteellt. D Wir. ftellen das. Volum, die Dauer und die Ausflußmenge über alle Verfuche hier zufammen. 28° 436 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Baum. Volum. cbm Nr, ı 0,07 Nr. 2 0,04 Nr. 3 0,08 Nr. 4 0,04 Nr. 5 0,07 Nr. 6 Nr. 7 | Volum kleiner Nr. 8 wie 0,04 cbm Nr. 9 Fıc. 4ıı. Eine Weinrebe mit mehreren Blättern it am oberen Ende abgefchnitten und fteht mit einem Manometer in Verbindung. Der un- tere Abfchnitt bei a fteht ebenfalls mit Waffer in dem U-Rohr in Ver- bindung, welches unter Queckfilber- druck durch den Sproß geprefst wer- den kann. | Dauer. Gefammtausflußmenge. cbm : 14 Tage (12.—26. April) 0,013555 9... ERDE 0,005775 8 « (13.—2. «) 0,00183 3 4 « (16.—20. «) 0,000188 I0 « (15.—25: «) 0,003708 | 0,001842 16 « (17.April— 3. Mai) | 0,000966 0,000706 36 « (5.April— ı1.Mai) 0,001322 Höchftens !/s des oberirdifchen Volumens fehen wir an Flüfligkeit während der ganzen Periode ausgefchieden. Man erkennt fomit, daß rückwirkend der osmotifche Austaufch vom Stamm nach der Wurzel den Strom verftärkt. Der Ausfluß fchwächt den Baum in feiner Entwickelung; die Fig. 410 zeigt eine Zu- fammenftellung der Blätter von dem Momente der Knofpenentfaltung für zwei Bäume über fechs Daten. Der eine Baum, Nr. o, blieb unverletzt, der andere, Nr. ı, verlor nach der Verfuchsreihe Nr. ı innerhalb 14 Tagen 0,013555 cbm Saft auf ein Volum des Holzes von 0,07 cbm. Für die erften beiden Daten bis zum 3. Mai ift die 'Knofpe des erfchöpften Baumes noch gefchloffen, von da ab find die Blatthälften beider Bäume nach photographifchen Abklatfchen zufammengeftellt. II. Periode der Verdunftung!),. Am Ende der Blutezeit bei den periodifch beblätterten Pflanzen (alle Nadelhölzer, vielleicht alle Immergrünen, befitzen überhaupt keine Blute- zeit) beginnt eigentlich erft‘ der Zeitraum, wo merkliche Waffermengen durch die verdunftenden Blätter durch den Stamm bewegt werden müffen. Im Maximum der Verdunftung fließen nun diefe ') H. Corra, Naturbeobachtungen. 1806. Weimar. Hoffmann’s Buchhandlung. — Dr. Tu. HarTıG, Ueber Auffaugen gefärbter Flüfigkeit durch Stecklinge. Bot. Ztg. 53. S.617. — J. BARANETZKY, Ueber den Einfluß einiger Bedingungen auf die Transpiration der Pflänzen. Bot. Ztg. — Dr. Tu. Harrıc, Ueber den Einfluß der Verdunftung auf Hebung Ernährung der grünen Landpflanze. 437 Mengen fo, daß beim Anfchneiden ein Erguß nach außen nicht ftattfindet. Machen wir nun für die Bedeutung des Wurzeldruckes die weiteften Zuge- ftändniffe, fo muß für die Discuffion der Phänomene der Wafferleitung in Pflanzen zugeftanden werden, daß in allen den ungeheueren Waldarealen der Fichten, Kiefern, aller unferer Laubbäume, in den riefenhaften Gras- ebenen der Pampas, in faft allen unferen Culturflächen, von der Pflanze in der vertaufendfachten Oberfläche des einfachen Culturareales das Waffer auf viele Meter Höhe gehoben wird, ohne daß ein Tropfen Waffer aus der angefchnittenen Strombahn verloren geht. Wählt man, um den Einfluß der Verdunftung zu ftudiren, felbft folche Pflanzen, welche nach der Belaubung noch einige Zeit bluten: Rebe und Juftitien (und allenfalls noch die Birke), fo findet man: während am oberen Stammtheil, Fig. 406, bei c aus einem Wafferbehälter C Waffer aufgefaugt wird, fließt folches unten in den Mano- meter aus. Verfuch ı. Ein Rebfproß wird an feinem unteren Ende (Fig. 4ır) unter fo hohen _ Druck verfetzt, daß das Waffer an einem oberen Querfchnitt ausfließt. An diefem oberen Ende ift ein Manometer angebracht, in welchen das aus- fließende Waffer eintritt und dadurch einen pofitiven Druck erzeugt. If der Druck unten am Anfang groß genug, fo gerathen alfo beide Quer- fchnitte a und 5 unter pofitiven Druck, welcher aber abnimmt in dem Mafje, wie der eingefchaltete Sproß verdunftet oder Waffer aus den Zäh- nen austreten läßt. Die Drucke in nachfolgender Tabelle find Queckfilber- drucke. Stand Stand # | im oberen | im unteren er Befchaffenheit. | Tageszeit. Dauer. Manometer. | Manometer. | Pfatur. | +134 Mm. | +958 Mm. 19° —_ 2°° Uhr Nm.| 3 St..30 Min. Waffer fließt nicht | 45 | rn ET Er a 2 laas den Zähnen: | > | ee -+196 » + 3» 220 desgl. 4 ».» |nach 44 Stunden Nun finkt der Druck im unteren Manometer bald auf o, während der obere nur fehr langfam finkt. Der Druck im unteren wird durch des Pflanzenfaftes. 302. Bot. Ztg. 63. — P. SoRAUER, Einfluß der Wafferzufuhr auf die Ausbildung der Gerftenpflanze. 145. Bot. Ztg. 73. — N. J. C. MÜLLER in Bot. Unterf. 1. Bd. S. 21 ff. S. 85 ff. 225. S. 529 fl. — E. Pritzer, Ueber die Gefchwindigkeit der Wafferbewegung in der Pflanze. (Vorl. Mitth.) 71. Bot. Ztg. 76. 438 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Nachfüllen auf wenige Millimeter Queckfilber belaffen, und dann wird er negativ, fowie man mit dem Nachfüllen aufhörte. Aus der nachfol- genden Tabelle erhellt, daß der Strom des Waffers von oben nach unten bei meter eindringen kann. den verzeichneten Drucken fo ftark von den Blättern abforbirt wird, daß kein Waffer in den unteren Mano- Sand | Stand | im oberen | im unteren Temperatur. Tageszeit. | Dauer. Manometer. Manometer. | | | 196 Mm. 24 Mm. 22" 5 Uhr Nm. | — St. 30 Min. 200 » 23 220 53° Nm. | En 189 » 18 » | 21.50 1130 Abds. | 92 —.» AL f N Fıc. 412. Aehnliche Vorrichtung an einer Juftitia wie in Fig. 4rı. Der Alt 4 ift mit dem Aft B durch einen Differenzen- manometer in Verbindung gebracht, in ©. und kann diefes geöffnet werden. In U der Verbindungsröhre ift Queck- filber, von b und a bis zu den Queck- filberfpiegeln ift Wafer. Während der ganzen Verfuchszeit waren die zwei Blätter vollffändig turgefcent. Die Länge des Sproßftückes betrug 330 mm. Die Verdunftung nimmt alfo von unten nach oben fehr rafch ab, d. h. das untere ältere Blatt abforbirt viel mehr Waffer aus dem Manometer als das obere jüngere. Verfuch 2. An einer im Topf wurzelnden Juftitien- pflanze werden zwei Manometer bei a und bei 5 angefetzt (Fig. 412). Diefelben find mit Wafler gefüllt und communiciren mit dem Differenzenmanometer U, welcher mit Queckfilber gefüllt it. Sind die Ventile « und ß offen, fo ftehen beide Querfchnitte a und 5b unter gleichem Druck und die beiden Queck- filberfpiegel in Uauf o. Werden nun «& und ß gefchloffen, fo ftehen beide Querfchnitte im Anfang unter demfelben Druck, faugt nun a ftärker, fo wird der rechte Queckfilberfpiegel fich ein wenig heben, weil der Kautfchukver- band an b etwas nachgiebt, faugt b ftärker, fo wird der linke Spiegel fich ein wenig heben. Der Gefammtdruck wird in beiden Fällen kleiner fein wie der Anfangsdruck. Nach den Vor- . Ermährung der grünen Landpflanze. 439. ftellungen von Sachs und HoFMEISTER müßte man erwarten, dafs bei der Anordnung, Fig. 412, der Gefammtdruck im Inneren größer würde. Es wird fich zeigen, dal) der Verlauf diefes Verfuches denfelben nicht entfpricht. Um nun am Schluffe des Verfuches die wirkliche Druckdifferenz zwifchen a und b zu erfahren, muß man zuerft eines der Ventile “öffnen, und zwar zuerft ß, wenn der rechte Spiegel in U, und zuerft a,’ wenn der linke Spiegel in U der höhere ift. Bei allen nachfolgenden Ablefungen wurde der Gefammtdruck im Inneren immer negativ. Diefe Verfuche lehren uns: 1° ob der Wurzeldruck überhaupt eine Rolle fpielt. Wirkt eine Druck- kraft von der Wurzel aus, fo muß diefe fich bei der nahezu vollkommenen Symmetrie des Zweigfyftemes auf die Arme A A’ und B B’ vertheilen. In den belaubten Zweigen kann die Verdunftung den Strom vollftändig abforbiren. In den tiefer liegenden, nicht belaubten A und B aber müßte ein pofitiver Druck erweislich fein, denn fo viel geht aus der Anordnung in Fig. 412 hervor, dafl alle Drucke, die in der Pflanze gefchaffen werden, auch an den Manometern zur Wirkung kommen; 2° in welcher Weife fich das Waffer im Holzkörper vertheilt. Es wird fich zeigen, dafd der Waflerftrom, welcher von C aus fich gabelt, in Richtung von CA‘B’ rafcher fließt als in Richtung CA. | | Zeit. Temperatur. | Druck in a. | Druck in b. | Differenz beider. | 10 Uhr 30 Min Abends. 21,4° | o | 0 | o 7 Uhr früh. 20° | _ | En 8o Mm. Von ıı Uhr bis ıı Uhr o | o a 280 | 32. +» 20 Min. Vorm. —_ | 4 Von ıı Uhr 20 Min. bis 280 | o | o | ss» ı2 Uhr Vorm. | = e= Nun, nachdem die Pflanze längere Zeit in der Sonne geftanden, wird fie, nachdem durch Oeffnen von « und ß der Druck im Inneren dem äußeren gleich gemacht war, in’s Dunkle geftellt. | Von 1ı2—3 Uhr Nm. | 20° o 10) | 3a | IE | 13 Mm. Von 3—4 Uhr Nm. | 20° | ei | D | ya. 55 n Nun wird die Pflanze in naffle Tücher gehüllt. Von 3—10 Uhr ı5 Min. Nachm. 19,5" | % | = | T 440 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Verfuch 3. An einer Juftitiapflanze, welche in einem Topf eingewurzelt ift (Fi- gur 413), werden die Gabeläfte a und b abgefchnitten und an ihre Stelle Manometer gefetzt, welche fowohl pofitive wie negative Drucke angeben. Das Sprofßfyftem ift äußerft regelmäßig, fo daß man annehmen muß, daß unter norfhalen Verhältniffen unter gleichem Druck in dem Niveau A durch die Gabeläfte a und a‘ gleich viel Wafler fließt. Dasfelbe gilt für die Aefte b—b‘. Der Gang der beiden Manometer bei a und b zeigt uns aber, daß von einem Fließen des Waflers unter höherem Druck nicht die Rede fein kann. | . Die Länge des Gabelaftes a ift 160 mm, die Länge des Gabelaftes b ift 270 mm, die Entfernung beider Manometer beträgt 600 mm. "Oberer Unterer Zeit. Temperatur. | Manometer | Manometer Witterung. bei b. bei a. 61/2 Uhr früh. 19° +7 +35 trocken 10 » früh. 19° o o » I » Nchm. 20° o 12 » 8! » Abds. 220 — 10 —15 Gewitter Il » Abds. 320 —24 — 3 naffe Luft 8! » früh. 21,59 33 o » 12 » Mittags. 21° Be 0) o » 4 » Nchm. 33° u o » I » Nachts. 220 —38 5 trocken Io » früh. 220 —40 — 10 » 9 » früh. 27,5% —-45 — 20 Gewitter, Regen 5 » Nchm. 239 —43 — 18 » 8!& » früh. 22,50 —42 — 18 » Die Pflanze ftand im diffufen Licht und wird jetzt in die Sonne ge- . ftellt, nachdem die Schnittflächen, an welchen die Manometer fitzen, er- Die Manometerftände, anfangs o, ändern fich’ in wenigen Stunden der Befonnung auf — 10 im unteren, —so im oberen nach 4 Stunden, —ı12 « Die ftärkere Verdunftung alterirt alfo den unteren Manometer nur neuert find. unbedeutend, während der obere beträchtlich verändert wird. — 167 Aus diefen Verfuchen folgt: ı° die Betriebskraft für den Strom liegt in den Blättern; « « « I2 2° fie ift für die größere Zeit der Verdunftung unabhängig von dem Wurzeldrucke; Ernährung der grünen Landpflanze. 441 3° fie ift jedenfalls eine complexe Wirkung der Verdunftung, a larität und Osmofe. H. Theorie der Bewegung '). Bei der Gefammtbewegung des Bodenwaflers nach den höheren Baumtheilen während der Periode ftärkfter Verdunftung fpielt der Wurzel- druck gar keine Rolle. Große Schwierigkeiten entftehen in der Theorie diefer Bewegung über- haupt nur bei oberflächlicher Be- obachtung oder bei einfeitiger Anwendung phyfikalifcher Prin- cipien und dadurch, daß man vergißt, dafd zahlreiche Momente im Leben der Bäume und ihrem Wachsthum hier herein- greifen, deren Urfachen uns felbft nicht bekannt find. Das Leben kann mechanifch in dem hier verlangten Sinne nicht erklärt werden, ebenfowenig das Phä- nomen des ftetigen Wachfens an einem fo complexen Gebilde, wie der Baum ift. Beide beeinfluffen jedenfalls die Erfcheinungen der Waffer-, allgemein der Stoffbe- wegung. Vernachläffigt man nun ganz jene Rückwirkung, fo be- geht man denfelben Fehler, wie wenn man nur die Phänomene an fich ftudirte und die Anwen- dung jedes phyfikalifchen Prin- FıG. 413. Manometervorrichtung an einer im Topf wurzelnden Juftitia adathoda: an einem tieferen a und einem höheren Gabel- cipes und des Experimentes ver- af wurden Manometer angebracht, welche in den beiden ä . Schenkeln, welche der Pflanze zugekehrt find, mit Waffer, in miede. Wie wollte Jemand zZ. B. den beiden äußern Schenkeln mit Queckfilber gefüllt find. ein Vorkommniß fo complexer Natur, wie es auf Schritt und Tritt im Walde Einem entgegentritt, in Bezug auf die Translocation des Waflers erklären, wie diefe Linde (die Linde von Fontainebleau), Fig. 414. Der Baum ift bis auf eine ganz kleine KOT! !) NägeLi, Capillarwirkungen. — NÄGELI und SCHWENDENER, Das Mikrofkop. S. 382 ff. — N. J. C. MÜLer, Bot. Unterf. Bd. I. S. 2o ff. 85 ff. 225 ff. 529 ff, 442 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Säule CD zerftört, oben in der Krone aber einigermaßen fo normal, daß er merkliche Waffermengen aus dem eben- falls gefunden Wurzelfyftem bezieht. In jener Säule C.D fließt das Waffer nicht unter hydro- ftatifchem Drucke, es muß imbibirt oder durch Capillari- tät feftgehalten fein. Dennoch kann hieraus nicht auf die Bedeutung der Imbibition und Capillarität gegenüber anderen Betriebskräften für den intac- ten normalen Baumkörper ge- . fchloffen werden. Ich verfuche eine der- artige Theorie mit Zugrunde- legung der bis jetzt bekann- ten phyfikalifchen Conftanten und phänologifchen Beobach- tungen. m z —= : = = - ee ] a ze in I. Phänologifche Beob- achtungen:. 1° alle Bäume wachfen waffergefüllt (nach $. 422); 2° alle Bäume ftoßen die älteften Aftrangclaflen von unten nach oben ab, nach- dem die Aefte getrocknet und abgetödtet find (nach Seite 383); F 3° alle Bäume wachfen an der Spitze und an der FıG. 414. Linde von Fontainebleau (nach Trecur). Der Baum ift bis auf eine fchmale Parthie in D C eingefault, an dem Wurzel. anlauf mit Wafferreifern verfehen. Ernährung der grünen Landpflanze. 443 Peripherie der Krone und fetzen dort gelöfte Nährkörper in fefte Zuwachs- maflfe um; Fıc. 415. Curve des Waffergehaltes in den Stammabfchnitten der Buche und Hainbuche nach Mittelwerthen, welche von LauprecHt und NÖRDLINGER gefunden wurden. Die Abfciffenaxe bedeutet das Jahr, fie ift in ı2 Theile getheilt, die erfte und letzte Ordinate, welche die Figur feitlich eingrenzen, entfprechen dem Monat Januar, die mittleren Ordinaten den übrigen Monaten. Die Curve entfpricht den Volumprocenten des Trockencylinders im Stamme. Diefe erreichen im Januar ein Minimum, im März ein Maximum, das abfolute Minimum liegt mit 13 im April-Mai, von da ab wächft das Volum des Trockencylinders und erreicht ein abfolutes Maximum in 24 im October, von wo ab die Curve wieder fleigt und fich im Januar an die erfte Ordinate wieder anfchliefßßt. Die reciproken Werthe diefer Ordinatenwerthe ftellen den Waflergehalt dar. 4° alle Bäume bilden die belaubten Zweige im Zufammenhang mit der laufenden Zuwachsfchale (Fig. 408 und deren Erklärung in S. 433); 5° alle Bäume bilden die Affimilationsproducte von hohem osmo- tifchem Aequivalent in den Blättern und vertheilen fie von da über die Zuwachsfchale von Rinde und Holz (f. weiter unten); 6° alle Bäume trocknen von innen nach außen und von unten nach oben aus!) (nach S. 424 und mit Berückfichtigung der graphifchen Dar- 1) Trockenkronige Ueberhalter gehören zu den pathologifchen Erfcheinungen. 444 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. ftellungen Fig. 403, 404, 405). Hier haben NÖrDLInGErR und LAUPRECHT!) ganz werthvolle Meflungen gemacht. Diefe Forfcher beftimmten in halb- wüchfigen Buchen, Hafeln, Hainbuchen das Volum des Trockencylinders während des Jahres und ftellten diefes Volum als Function der Zeit dar. Man erkennt in dem Baumkörper nach dem Durchfägen ftets eine hellere, trockenere Kreisfcheibe, deren Flächeninhalt gegenüber dem dunkleren, nafleren Ring, welcher von der äußeren Peripherie der Kreisfcheibe bis nach dem Cambiumring fich erftreckt. Es fteckt fomit im Baumkörper @.) Fıc. 416. Diefe Zeichnung ftellt die Weite der Gefäße und Holzzellen im 3ten, 4often, 8often Jahre in gleicher Gröfßsenrelation für die Jahrringe der Eiche dar. In der erften Figur ift die Bildgröße der Mikrometerfcala bei der gleichen Vergrößerung verzeichnet. ein maflıver Trockenkegel oder -cylinder in einem naffen Hohlcylinder oder -kegel. Zunächft beachten wir: dafd das Volumverhältniß beider Schei- ben nicht in allen Höhen des Stammes dasfelbe ift zu der ganzen Quer- fchnittsfcheibe. Der nafle Ring nimmt an Fläche gegenüber dem trockenen Kreis gegen die Stammfpitze hin zu. Sodann aber geht aus diefem Ver- halten hervor, daf der Stamm von innen nach außen austrocknet, und end- lich folgt aus der vorftehenden Aufnahme und dem Früheren, dafs der Trockencylinder kleiner wird, indem in transverfaler Richtung, alfo vom letztjährigen Zuwachsring nach dem Centrum hin Wafler einftrömt. Der Trockencylinder fchwankt in feinem Volum während des Jahres, erlangt die kleinfte Ausdehnung im Winter, die größte im Sommer nach der Blattentfaltung;; 7° in allen Bäumen nimmt im Holzkörper die Flächenanziehung von innen nach außen ab, d. h. die Querdurchfchnitte der Holz- und Gefäß- röhren wachfen vom jüngften Zuftand des Baumes nach dem älteren. Die capillare Säule, welche gehoben wird, finkt, die Reibung nimmt ab. In allen Bäumen nimmt die Reibung vom Stamm nach dem Aft und den !) LAUPRECHT, Weiteres über Saftthätigkeit in Waldbäumen. Forft- u. Jagdzeitung von G. HEYER. 1871. ‘ Ernährung der grünen Landpflanze. 445 Zweiglein zu, weil in den Zweigen höherer Ordnung die Röhrenweite kleiner ift (Fig. 416); 8° in allen dicotylen Bäumen befchreibt ein Flüfligkeitstheilchen, ‘ welches, von der äußerften aufnehmenden Wurzelfpitze eintretend, das Syftem zu durchwandern hat, die kürzefte Bahn nach den verdunftenden Blättern, wenn es fich in der jüngften Holzfchale bewegt. Die Gefammtflächenanziehung wächft im Stamm vom Schafte nach dem Zweigfyftem. Um dieß zu veranfchaulichen, beachte man die Fig. 417 und die nachfolgende Tabelle. Verhältniß der Aftquerflächen zur Stammquerfläche der Fichte. Durchmeffer Zahl Kreisflächen- cm. der Aefte. fumme in qm. 5 21 0,002 ® 13 0,005 3 13 0,009 4 9 0,011 3 9. 0,018 6 8 0,023 7 | n 0,004 0,072 Gefammtfläche der Aefte. Durchmeffer des Stammes am Abhieb 25 cm. Kreisfläche 0,049 qm. Ein Blick auf Figur 417 zeigt, dafs für die Bewegung eines Flüfig- keitstheilchens in centrifugaler Richtung aus dem Stamm in den Zweig die Molecularkräfte der Flächenanziehung mächtig wachfen. Bei gleicher ftromerhaltender Kraft auf den Querfchnitt A würde die Bewegung eine befchleunigte im pofitiven Sinne fein, wenn der Strom von den dünneren Zweigen mit kleinerem Röhrendurchmefler unter hydrofta- tifchem Drucke ftrömte. Umgekehrt müßte in Richtung des Pfeiles die Strömungsgefchwindigkeit verringert werden, wenn fie ganz allein vom hydroftatifchen Drucke abhinge. Umgekehrt würde die Sache liegen, wenn lediglich die Flächenanziehung der Röhren zur Wirkung käme. Für jeden Schritt, den es im tieferen Niveau des Stammes in’s Stamminnere mit den Pfeilen, Fig. 405, 408, macht, muß) es in größerer Nähe der ver- _ dunftenden Blätter einen Schritt nach auffen machen, um zum zweiten Male jene Zuwachsfchicht zu paflıren, welche allein mit dem Laubblatt des lau- fenden Jahres in Verbindung fteht. 446 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. I. Phyfikalifche Momente. 1. Adhäsion der Flüssigkeit in den lebenden Zellen der verdunstenden Blätter und Zweige. Bönm führt diefe Betrachtung herein: in allen verdunftenden Zellen, welche nach ihren anderweiten phyfiologifchen Functionen mit Zellflüffigkeit angefüllt find, haftet die Grenzfchicht des Flüffigen an der feften Membran, fo in allen Zellen der Epidermis, dem he der Blätter und Rinde, im Cambium, . kurz in allen nicht aus- & . trocknenden Geweben. 2 | Wenn nun eine folche Zelle durch Ver- dunftung Waffer verliert, fo müßte ein wafferleerer Hohlraum entftehen oder die Membran wird durch die Adhäfion an der klei- ner werdenden Flüffig- keitsmaffe nach einem kleineren Volum compri- mirtund wirdfoim pofiti- ven Sinne gefpannt fein, daßfienach dem größe- Fıs. 417. Querfchnittsprojection der Krone einer Fichte in 1/ıo der natür- ren Volum zurückftrebt. lichen Größe. 2... 679.9 Diefer Zug wird in allen Geweben von Zelle zu Zelle ausgelöft, indem Wafler von den minder gefpannten nach den ftärker gefpannten Zellen ftrömt, welche in den Blättern, Zweigen, allgemein den peripheren und nicht verkorkten Orten liegen, wo die Verdunftung am ftärkften if. 2. Capillarität. Wir haben hier nur die Haarröhrenattraction im Sinne, welche an nicht molecularen, an fichtbaren Capillaren fich geltend macht, und be- achten, daß alle hier in Betracht zu ziehenden Capillaren während des Wachsthumes der Pflanze aus dem Zuftand vollftändigfter Füllung mit Waffer allenfalls fpäter zum Theil in einen Zuftand übergehen, in welchem fie mit Luft mehr oder weniger vollftändig angefüllt find. Capillare Röhren finden fich in allen Bäumen, allen Gefäßpflanzen. Aus der Hiftologie und aus Fig. 418 erhellt, daß folche Röhren niemals gleichweit und nicht immer in Richtung der Axe des Pflanzentheils fortlaufende Cylinder find, fondern Ernährung der grünen EEE 447 - gelegentlich durch Seitenporen transverfale, dann wieder axile Waflerfränge möglich machen, Fig. 418. Die capillare Höhe in dem Holze hat man näherungsweife nur aus der Weite der Röhren gefchätzt, eine directe Beftimmung wurde bis jetzt nicht vorgenommen. Die ; Methode, welche ich anwandte, beruht auf der bekannten That- fache, daß die capillare Säule nur abhängig ift von der Beu- gung des Meniscus.. Man kann demgemäl) eine enge Röhre be- nutzen, um in einer daran be- feftigten weiteren eine dem Me- niscus in der engen entfprechende Wafferfäule gegen die Schwere zu heben. Dem entfprechend kann man einen NÖRDLINGER’- fchen Holzfchnitt an einem Dif- ferenzenmanometer fo befeftigen, daf er den einen Schenkel ab- fchließt gegen den Zug oder Druck einer beftimmten Waffer- fäule in dem andern Schenkel. Der Manometer, welchen ich anwandte, hatte die durch Fig. 419 veranfchaulichte Be- Fıs. 418. Capillarfyfteme, a zweier Gefäße mit leiterförmig 2 durchbrochener Wand; b der Abietineen. Holzzelle mit Seiten- fchaffenheit. Die beiden Waf- tüpfeln; c einer Tracheide mit Poren in der geneigten fer- (refp. Queckfilber-) fäulen in können beliebig zu einander verfchoben werden durch Verfchieben der Klammern C C, von welchen die eine mit C‘ einer Mikrometerfchraube für die genauere Einftellung des einen Spiegels verfehen ift. Auf dem Rand des Glasrohres A wird der Schnitt mit Lack im trockenen Zuftande feftgeklebt, fodann wird der zugehörige Schenkel A 4’ fo lange gefenkt, bis der Wafferfpiegel mit dem Schnitte in Berührung ift. Nunmehr wird der andere Schenkel B B‘ fo lange gefenkt, bis die Wafferfäule dadurch abreifst, daß durch den Schnitt Luft in den erften Schenkel eintritt. In diefem Moment ift die capillare Höhe des betreffenden Schnittes foeben erreicht und kann fomit durch Ablefung des Niveauunterfchiedes der beiden Spiegel in dem befagten Zeitpunkt leicht ermittelt werden. In den nach-. folgenden Beftimmungen wurden die Schnitte trocken angewandt und der Verfuch mehreremale wiederholt, nachdem diefelben benetzt waren. Es 448 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. zeigte fich, daß mit der Imbibition und der darauf folgenden mächtigen - Quellung die capillaren Röhren verengt, fomit die gehobenen Wafferfäulen allmälig vergrößert werden. So zeigte die Linde Tilia argentea eine capillare Höhe für den foeben benetzten Schnitt von ITo mm. Es ergab fich die capillare Höhe für die Eiche im Splint, alfo den jüngeren Holzlagen, im Beginn zu 60 mm, nach 20 Minuten 81 und zuletzt nach 60 Minuten zu 96 mm. Im Kernholz aber wurden beobachtet an- fangs 120 mm. Bei der Buche wurden anfangs 175, zuletzt aber 358 mm beobachtet. Bei der Kiefer im Beginn 170, zuletzt 195 mm. Aus diefen Daten läßt fich die capillare Höhe, abhängig von der Röhrenweite, berechnen, zunächft für den Endzuftand der Röhre. h E Steighöhe | Froaukt Weite ; i aus 2rh - \ $ Maximal in - in Mikromm. in mm. mm. Popul. balfam. . . . 83 182 15,106 Oürya waler.: 0. % 80 180 14,400 Tılla Argem&i. 3. 50 275 13,75 Fagus fiv. . . . . 125 358 9,95 Quercus Splint . . . 401 96 38,496 » Kem #5 n 323 I15 37,145 Pınus-fV:>, .. 00 97 195 18,915 Die, capillare Höhe muß nach der Betrachtung der Figur 420 inner- halb weiter Grenzen fchwanken, wenn man alle Aftrangklaffen eines Baumes in Betracht zieht. Die Relationen der Röhrenweite ergeben fich z. B. für die Eiche für die aufeinanderfolgenden Aefte aus der Figur 420, wo die oberfte Figur den hundertjährigen Stamm, die unterfte den wenigjährigen Zweig darftell. Die kreisförmigen Poren in der Zone J' oder J entfprechen den Gefäfsquerfchnitten. 3, Jamin’s Phänomen. Die Möglichkeit, daß in dem lufterfüllten Holze capillare Säulen von größerer Ausdehnung wie der Röhrenweite entfpricht vorhanden find, geht aus dem Früheren, S. 447, Fig. 418, und S. 444, Fig. 416, hervor. Ich habe Glasröhren hergeftellt, welchen wechfelnd in den Erweite- rungen Luft, in den Verengungen Waffer führen, in welchen bei einem Druck von 3 Atmofphären die capillaren Wafferfäden nicht abriffen. In den nachfolgenden Strömungsverfuchen aber reißen die Luftblafen im Holze fchon bei 200—500 mm Queckfilber ab. Diefes Phänomen Ernährung der grünen Landpflanze. 449 wurde von Jamın zuerft beobachtet. Es fpielt in dem Baume keine wefent- liche Rolle. Die Theorie des Phänomenes ift nicht abgefchloffen. 4. Strömungsgeschwindigkeit. a) Geradlinige unverzweigte Strombahnen. Schneidet man geeignete Zweige von unferen Waldbäumen ab und bringt fie an einen der Manometerfchenkel, Fig. 419, preßt durch Hebung des queckfilbergefüllten Schlauches Waffer durch die Capillaren des Zweiges, fo beobachtet man bei niederen Drucken, daß das Waffer conti- nuirlich ausfließt; fteigert man nun plötzlich den Druck auf 300 bis 50oo mm Queckfilber, fo fprudeln kleine Luftbläschen mit dem Waffer heraus. Verfuchsreihe. Eine 3,75. m lange frifche Eichenftange wird unter den Wafferdruck der Wafferleitung (3,45 m Waffer) verfetzt und die Ausflußmenge beftimmt. Der Strom ging von dem engen nach dem weiten Querfchnitt: Ganze Länge, Zeit 4 Stunden, Menge 4 ccm, Temperatur 12°. Mitte. Unten. Länge. Unten. | Durchm. | Länge. | Durchm. | Mitte. mm. mm. ıfı 20 17 1/8 13 12 1/a 17 15 !lıs 12 _ 1 15 13 1/32 — — Die Länge der. Stange geht nach den früheren Verfuchen weit über die capillare Höhe hinaus. Um zu zeigen, daß die capillare Säule abreißt, wurde nunmehr eine folche Stange auf- recht mit dem einen Ende in ein graduirtes enges Gefäß mit Waffer geftellt, während das obere mit der Luft communicirte. Es zeigte fich fofort ein Ausfließen, wobei auch Luft mit aus- trat; in ıo Minuten waren 5 cc Waffer durch Sinken der capil- laren Säule ausgetreten. Länge. | Zeit. Menge. | Temperatur. BET? ı Stunde 45 Minuten 19. 15°. C. 1le I » 50 » 8,6 » 100 » N. J. C. Mürter, Handbuch I. ı. 29 450 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Diefelbe Probe wie oben mit demfelben Erfolge. Länge. Zeit. Menge. Temperatur. 1la 2 Stunden 9 Minuten 8,8 ccm 100 C. 1/4 — » 37 » 4,4 » 100 » 1/4 |— » 60 » 5,8 » 100 » 1/g — » 30 » 1,8 » 100 » 1/g 14 » — » 2,52..,8 10° » 1/16 - » 94 » 13 » 100 » Nach den Porseuirze’fchen Unterfuchungen ift die Strömungsge- fchwindigkeit in engen Röhren!) abhängig von der Anziehung der Wand zur Flüfigkeit für verfchiedene Löfungen, alfo von der chemifchen Natur derfelben. Hier bei den uns intereffirenden Phänomenen mag die trans- pirirende Flüfligkeit Waflfer fein. Die Röhrenweite ift conftant für das gegebene Röhrenftück. Es ift alsdann die Waffermenge, welche austritt, dem Drucke felbftredend direct proportional, wenn die Röhre nicht, wie oben bemerkt, theilweife mit Luft gefüllt ift. Die Ausflußmenge aber ift alsdann H D* Gr der vierten Potenz des Röhrendurchmeflers D noch direct und umgekehrt der Röhrenlänge Z proportional. C ift eine von der Temperatur abhängige Conftante, für Wafler von ı’ it C = 135,35. PoıseviLre’s Röhren?) maßen 0o,ı mm. Die Formel wird Q == 1836,724 (I + 0,0336793 T + 0,0002209936 T?) En: Da die in der Zeiteinheit ausfließende Waffermenge ausgedrückt ift y.D? 2 durch * worin y die Stromgefchwindigkeit es der Querfchnitt der Röhre), fo läßt fich obige Formel einfacher fchreiben: ‚_ HD: ; hierin ift aber die Correction für verfchiedene Werthe von 7 vernach- läfigt. Setzt man T = 15°, fo wird X Contt.; 1) HAGEN und POISEUILLE, WÜLLNER a. a. OÖ. S. 251. 2) EISENLOHR, Lehrbuch der Phyfik. S. ır2. — NÄGELI u. SCHWENDENER, Das Mi- krofkop. S. 389. Ernährung der grünen Landpflanze. 451 Conft. — +. 1836,724 + 1,5549 — 3636,3, und es wird 2 v— 3636 = ; Verfuchsreihe. Strömungsgefchwindigkeit des Waffers im Holz, abhängig von der Temperatur. Ein ıo cm langer, 1o mm dicker Hafelzweig läßt diefelbe Waffer- menge durchfließen Temperatur. Zeit. Druck. bei 0° C. 96 Minuten 650 mm Queckfilber. » 4° » 7ı » 650 », » 74 R 55 » 560 » » 3 are AA 53 » » » » » 80% » 5o » » » » »:.:730 2 43 » » » » » 16° » 35 » ».» » » 200 » -39 » » » » In unferm geradläufigen Stromfyftem fpielen aber noch gewiffe Schleu- ßen eine Rolle. Es find die Orte, wo das Röhrenftück aus dem Jahre fich anfetzt an das im Jahre »n + ı hinzugewachfene Stammftück (f. Ana- tomie S. 433, $ 32). So wurde bei der Efche. in einem geradlinigen Zweigftück, welches eine Niederblattregion enthielt, für den Strom im auffteigenden Sinne die Dauer von 186 Secunden beanfprucht, während der Strom durch die Niederblattfchleuße ging; wurde nun diefe entfernt, fo erforderte derfelbe Strom nur 65 Secunden. Durch das Abfchneiden der Niederblatt- region aber war die Länge der Strombahn nur von 200 auf 160 mm verkürzt. Die Niederblattregion in einem Zweige wirkt wie eine Schleuße, welche die Jahrestriebe eindämmt. Die Gefchwindig- keit wird für die gleiche Stromftärke durch eine Niederblatt- region auf den dritten Theil herabgemindert. Ganz in dem gleichen Sinne zeigen die folgenden Verfuche den Ein- fluß der Gefäßanaftomofen und Beugungen in der Wirtelzone der Nieder- blätter. 4 452 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. b) In winkligen Zweigbahnen. Mit Bezugnahme auf die grobe Anatomie der hier zu betrachtenden Auszweigungsfyfteme ($ 32, S. 302 ff. und S. 343) mögen die Winkel- == Fr. 419. Manometer zur Befimmung der capillaren Höhe und der Strömungs- gefchwindigkeit ir engen Röhren (Holzröhren). bahnen hier mit in - Betracht gezogen werden. In Zweig- bahnen, welche von der geradläufigen ab- weichen, wird die Ge- fchwindigkeit der Be- wegung, conftante Röhrenweite voraus- gefetzt,vonder Größe des Winkels abhän- gig fein. Die allge- meine Form des Pro- blemes, fo weit fie den Baum betrifft, ift diefe: die Längs- leitung geht parallel der Fafer. Der Fafer- verband kann nun fein, wie Fig. 418 a darftellt. Er kann aber auch fo fein, daf) von der gegebe- nen Fafer « im Fich- tenholz der Strom nach ß oder nach x geht, in diefem Fall (Fig. 418 5) wird man für die gegebene Tangentialfläche im Stamme, in welcher die Längsleitung er- folgt, annehmen müf- fen, daß für viele Meter weite Strecken die Strömung eines gegebenen Waffer- ‚ Ernährung der grünen Landpflanze. 453 theilchens fo erfolgt, daß es von der gegebenen Ausgangsfafer gerade fo oft nach ß als nach y abwich. Hierbei aber muß es durch die Schließ- EU e 2 2.4 6° 5 2 Sa ol A | EG FiEeee ‚Zur a ar N @? b* Fıs. 420. Erklärung: Ei / Stamm, Ei II Aft, Ei III Zweig der letzten Ordnung. J vorjähriger Ring. Zwh Zh Holzzuwachs. GG Grenze zwifchen Holz und Rinde. bl, 52, b3 ... Baftbündel. 5’, 5“ Leitzellen (Siebröhren). whi Infel von Winterholz. a bc... .. Daten mit ıgtägigen Intervallen. Vergrößerung bei allen 10%/ı. 454 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. haut filtriren. Alle derartigen Röhren verlaufen nun in der Cylinderfläche fchraubenlinig, fo daß von einer abfolut genauen Längsleitung im Stamm unferer Bäume nicht die Rede fein kann. Nach S. 343 tritt die Fafer von der unteren Seite des tragenden Aftes in den Zweig. der nächften Ordnung (Fig. 333, S. 344). Von Intereffe _ fchienen hier einige Verfuche über vor- und rückfchreitende Strömungs- bewegungen!). Verfuch. Ahorn. Stromfyftem der Figur 421. Dicke A= 5 mm, « B= a Länge aller vier Abfchnitte der Strombahn = 4omm I I a w ZA Temperatur 21° C,, Druck !/a Atmofphäre, Richtung ax Dauer bei A 2 Minuten 33 Sec., « « B 2 Stunden 3 Min., « br « « DB 5o Minuten, « « C 5o Secunden. Diefer Verfuch zeigt, daß ein Unterfchied befteht in der Gefchwindigkeit, wenn der Strom auf- oder abwärts gerichtet it. Die Gefchwindigkeit in der Winkelbahn AC'B bei rück- fchreitendem Strom ift größer als diejenige der Winkelbahn CC'B. Dieß kann nur erklärt werden durch den Verlauf der primären Fibrovafalftränge. ı) Die Formel der Ingenieure (f. Ingenieurs Tafchenbuch. Berlin. Ernft u. Korn. 1875): «Die Waffermenge, welche durch eine Röhrenleitung von gegebenen Dimenfionen bei gegebenem Gefälle h erhalten werden kann, ift: 2 = v= 0,7854 d?v. Die Gefchwindigkeit y aber ift offenbar: Vagh RE DEN. U V r0+ I worin g das Gewicht der Flüfligkeit, 7 die Länge der Röhre, % den Reibung-Co£fficient 2 bedeuten. Durch ein gekrümmtes cylindrifches Rohr ift hı = &e F . 2 hierin ift & 1 der Coäfficient des Eintrittswiderftandes {a = 0,1731 + 1,847 (#) a r . Ernährung der grünen Landpflanze. 455 Syeinge Stromfyftem der Figur 422. Stromlänge a, y, ß, alle = 25 mm, Dicke 3—4 mm, Temperatur 25° C., Druck !/s Atmofphäre, Richtung a Dauer in € 27 Min. 50 Sec., B26 « 30 « « b « At 8:20 B ı2 Stunden. Die größte Gefchwindigkeit herrfcht in der a ligen Bahn und rückfchreitenden Richtung, die kleinfte in der fpitzwinkeligen Bahn bei rück- und vorfchreitender Bewegung. Durch eine größere Reihe ähnlicher Verfuche!) gelangte ich zu den nachfolgenden Gefetzmäßigkeiten: An einem ftumpfwinkligen Zweigfyftem Gabelaft, in welchem die. zwei Gabeläfte die A \7 gleiche Länge befitzen, wie der tragende Aft, ver- halten fich die Gefchwindigkeiten in der gerad- linigen Bahn und der ftumpfwinkligen wie 1: 26, B die Gefchwindigkeiten in der geradlinigen Bahn für die auf- und abfteigende Richtung 1:15. Die Gefchwindigkeit fteigt für je eine Stammaft- bahn und den gleichen Druck, wenn die Oeff- c nung anderweiter Aefte verftopft ift. A a 5. Diffusion des Flüssigen zum Festen (Imbibition)2). Fıg. 421. Ahornzweig einjährig mit zwei Blattftielen. Unter Imbibitionswaffer ift zu verftehen die Waffermenge, welche in der feften Maffe der Membranen in molecularen Hohlräumen aufgefaugt ift, oder bei quellungsfähigen Membranen als eine Waflerhülle um das Molecul fefter Membranfubftanz gedacht werden muß. Experimentell läßt fich diefe Waflermenge für die Volumeinheit lückenlofer Membranfubftanz nicht beftimmen. Alle Membranen find im Beginn waflerreicher. In den uns befchäf- tigenden Strombahnen verläuft alfo das Phänomen umgekehrt wie jede künftlich vorgenommene Tränkung trockener oder nicht abfolut gefättigter Holzmafle. Alle Membranen, welche hier in Betracht kommen, werden Y) N. J. C. MÜLLER, Bot. Unterfuchungen. C. Winter. Heidelberg. 1870— 78. I. Bd. S. 554 ft. 2) J. WIESNER, Ueber die Bewegung des Imbibitionswaffers im Holze und in der Membran der Pflanzenzelle (vorl. Mitth.): 353. 361. Bot. Ztg. 75. 456 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. nach ihrer Entftehung mit der Zeit wafferärmer. Sie füllen jedenfalls im Verlauf der Entwickelung (Verholzung, Verkernung) einen Theil ihrer B Ü ji di < p 1A Fıc. 422. Syringa, Zweiggabel, in deren Winkel der Blüthenftand des vorigen Jahres faß. molecularen Interftitien, welche vorher mit Wafler erfüllt waren, mit fefter Mafle aus. Aus den Curven, Fig. 403, und den Meflungen S. 425 über das Vor- dringen des Stärkeftromes im Stamm geht hervor, dafs von der jeweiligen peripheren Zuwachsfchale für Holz und Rinde alle Jahre fefte Theile mit dem Waffer in tiefere Lagen des Holzkörpers gelangen, welche zum großen Theile dort verbleiben, nachdem das Waffer verdunftet und der Trockencylinder in das Maximum feines Volumes getreten ift. Die Waffermenge, welche Holz überhaupt aufzunehmen vermag, kann man nur beftimmen, wenn folches viele Monate, ja mehrere Jahre unter Waffer ftetig evacuirt wird. Als Maximum erhielt ich bei Erlenholz, welches zwei Jahre lang in luftfreiem Waffer gelegen hatte: Cylinder mit vier Jahrestingen: Gewicht naß Volum naf Gewicht trocken Volum trocken . 3,9285 3,3 ccm, I,4 8 2,75 ccm. Diefe Wägungen ergaben auf die trockene Holzmafle: 180 /o. 100 Gewichtstheile Holz haben bei ein- jährigem Liegen in Waffer aufgenommen 100 Volumtheile haben fich dabei ausgedehnt um Gewichtstheile. Volumtheile. Hainbuche : 6 ägir Eiche . ER “= Kiefer. Be 18 Pappel 214 “ Es erhellt hieraus, daß die poröfen Hölzer (Kiefer, Pappel) eine größere Waffermenge aufnehmen als die dichteren (Eiche, Hainbuche). Eine einfache Betrachtung genügt, um einzufehen, daß die Diffufion des Waflfers zu den feften Theilen des Holzkörpers eine fo untergeordnete Ernährung der grünen Landpflanze. ' 457 Rolle fpielt, daß ein Ausgleich in fo geringer Entfernung, wie zwifchen dem jüngften und dem zwanzigften Jahrring eines Baumes, nicht möglich wird. Um zu zeigen, daß auch in der Längsrichtung diefer Ausgleich nicht vor fich geht, wurden entlaubte, 2—3 cm dicke Aefte von 5o cm Länge an einem Ende entrindet, mit dem anderen Ende in Waffer geftellt, in Intervallen von 3—4 Tagen wurden diefelben gewogen und alle Wägungen zuletzt zufammengeftellt. Die Tabelle zeigt, daß alle von Beginn des Ver- fuches an Gewicht verloren, daß fomit die Imbibition in viel weiteren Wafferbahnen, als fie im normalen Verlauf von dem Baume benutzt werden, den geringften Verluft auf die kürzefte Diftanz nicht zu decken vermag. | Nach Nach | Nach I. Wägung. | 7 Tagen 13 Tagen ! ı7 Tagen 2. Wägung. | 3. Wägung. 4. Wägung. Coryls. in. .: 55,85 55,25 5466 | 53,21 False 57,45 57,00 | 56,77 | 55,39 In verhältnißfmäßig großen Zeiträumen, wie 2—3 Monate find, wird erft ein merklicher Ausgleich hergeftellt dadurch, daß die trockenen Theile des Holzkörpers den naffen durch Diffufion Waffer entziehen. Legen wir nun mit Berückfichtigung der von LAuprEcHT aufgeftellten Curve unferen Zeitpunkt der Meffung in den Winter (December), fo follte man nach den Vorftellungen der Diffufionslehre erwarten, daß der mittlere Waffergehalt in den Holzconvoluten von einem nach dem anderen Niveau von dem Waffer aufnehmenden Pol nach dem Waffer abgebenden finken müßte, die nachfolgenden Meflungen aber zeigen gerade das umgekehrte Verhältniß. Verfuche, die Imbibitionsleitung nach den zwei Hauptrichtungen zu beffimmen. Mit einem und demfelben Presster’fchen Zuwachsbohrer wurden gleichlange Bohrftücke in radialtransverfaler, fowie in der Längsrichtung hergeftellt. Diefe Schnitte find dem Volum nach näherungsweife gleich. In ihrer Längsrichtung werden fie einem wandernden Waffertheilchen ver- fchiedene Widerftände entgegenfetzen, welche abhängen von dem Waffer- gehalt in dem Schnitte, von der hiftologifchen Befchaffenheit der Bahn, welche das Waffertheilchen durcheilt, und von der molecularen Befchaffen- heit der Membranen, in welchen das Wafler imbibirt ift. Die fämmtlichen Schnitte wurden unter Waffer luftleer gepumpt und in enge Glasröhren mit Hilfe eines Kautfchukfchlauches fo eingefügt, daß nur ein kleiner 5; mm langer Cylinderabfchnitt des Holzcylinderchens hervorragte, welcher im Ex- 458 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. ficcator verdunftet. Durch Wägung der fo befchickten Röhrchen wurde deren Verdunftung in gleicher Zeit bei gleicher Temperatur in dem gleichen trockenen Raum beftimmt: Gewichtsverluf Anfangs- gewicht nach nach nach nach nach 24 St. 72 St. 120 St. | 546 St. grm. ERepeon. Imas!! zn. 11,880 0,315 0,930 1,347 1,920 » radial transverfal . 9,700 0,185 0,290 0,340 0,535 ° IR? :» BARS a 13,35 0,360 1,020 1,505 1,830 b radial transverfal . 9,950 0,280 0,475 0,505 0,615 Letzte Region Gipfel längs . . 11,910 0,420 0,915 1,365 | 1,785 Aft achtjährig längs . . . . 13,44 0,400 0,865 1,120 1,285 Zweig zweijährig längs . . . 8,270 0,315 0,625 6,45 | 0,72 Aus den Verfuchen geht hervor, daß die Leitung des Waflers von dem Waffer aufnehmenden Pol nach dem verdunftenden, fo weit fie auf einer Diffufionsbewegung zwifchen den feften Theilen beruht, eine außer- ordentlich langfame ift. Der auffälligfte Unterfchied befteht zwifchen der transverfalen und der Längsrichtung. Hierauf beruht es, dafs der Stamm überhaupt innen austrocknet, denn die Entfernung zwifchen dem trockenften Punkt und dem feuchteften in einer Querfchnittsfcheibe ift felbftredend ftets kleiner als diefelbe zwifchen zwei ähnlichen Punkten der Längsrichtung. Käme die Diffufion des Flüffigen zu dem Feften während der Verdunftung zu irgend erheblicher Bedeutung, fo müßte den- noch die Wafferbewegung von außen nach innen den Verluft rafcher decken als in der Längsrichtung, wo es fich um eine viele Meter betragende Entfernung handelt. Das einzige Moment der Bewegung von Waffer auf dem Wege der Imbi- bition (Diffufion) kann doch nur der Unterfchied im Waffer- gehalt zwifchen dem Ausgangspunkt und dem Ziel der Bewe- gung fein, und es ift ganz gleichgiltig, wodurch diefer Unter- fchied hervorgebracht wird. 6. Mac Nab’s und Pfitzer’s Versuche!) (Cotta’s Tinetionsversuche). Bei jedem abgefchnittenen Zweige, welcher in Wafler oder in eine Löfung geftellt wird, machen fich zwei Erfcheinungen geltend. Das Waffer \) PFITzEr, Verh. d. naturhift.-med. Ver. Heidelberg. Neue Folge. I. 3. Heft. S. 173. Mac NaB. Ernährung der grünen Landpflanze. 459 fteigt capillar durch die Holzzellen, Tracheiden und Gefäße, und die fefte gelöfte Subftanz wird fehr bald in größerer Concentration in die Membranen eingelagert als fie in der Löfung herrfchte. Bei der Verdunftung fchreitet der Waflerftrom etwas fchneller vor als das Pigment oder Salz, welches in dem Waffer gelöft if. Um die Gefchwindig- keit der Strömung in ver- dunftenden Pflanzen zu be- ftimmen, wurde beobach- tet, wie viel Zeit vergeht, bis an einer im Topfe wur- zelnden Juftitia ein vorher welkes Blatt feinen Turgor wieder erlangt. PritzEr erhält 5 m für die Stunde. SACHS fand an. eNem “Fre. 423. Querfchnittsparthie durch einen einjährigen Lonicerenftamm, Silberpappelzweig 23 cm welcher, mit feinen Blättern mehrere Stunden in einer Anilinlöfung > ftehend, verdunftete. Das Holz H und eine Scheide von Sclerenchym- in der Stunde. zellen, welche gleich unter dem Periderm Per liegt, haben fich flark Mac NaB (187 9) fand tingirt. K Kork, Rp luftführendes Rindenparenchym, C Cambium find nicht tingirt, ebenfowenig das Periderma. das Vorfchreiten folcher Salzlöfungen, welche fpectralanalytifch leicht kenntlich find, mit 46 cm für die Stunde. Mac Na (1874) findet die Gefchwindigkeit von 40 engl. Zollen in der Stunde. Endlich fand Pritzer für Philadelphuszweige 4,5; m und für Amaranthus 6 m für die Stunde (a. a. O.). Mit Berückfichtigung der Verzögerung fefter, im Wafler gelöfter Theile, gegenüber der Gefchwindigkeit der Waflertheilchen bei der Strö- mung, welche die Verdunftung veranlaßtt, kann man fich mit Hilfe von verdünnten Anilinlöfungen einen rafchen Einblick in die Art der Strömung verfchaffen. Schon Corra!) wandte, um fich über die Bewegung des Waflers in dem Baume zu unterrichten, verdünnte Farbelöfungen an, in welche er ab- gefchnittene Zweigfyfteme eintauchte, fo daß durch die Verdunftung die Löfung in den Zweigen aufftieg.. Diefer Vorgang verläuft nach Beobach- . tungen, welche ich anftellte, fo, dafd die Löfung fehr bald, noch ehe fie ihr Ziel in den verdunftenden Blättern erreicht hat, ihres Pigmentes beraubt 1) HEINRICH CoTTA, Naturbeobachtungen über die Bewegung und Function des Saftes in den Gewächfen etc. Weimar. Hoffmann’fche Buchhandlung. 1806. — TH. Har- TIG, Ueber Auffaugen gefärbter Flüfligkeiten durch Steckreißer. Bot. Ztg. 1853. S. 617. 460 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. ift, weil diefes von den Wänden der durchftrömten Zellen aufgenommen wird. Man kann daher aus dem Fortfchreiten des Pigmentes nicht auf die Gefchwindigkeit der Strömung fchließen. Gerade dadurch aber ift zu den früheren Argumenten gegen die Bedeutung der Imbibition ein neues hinzu- gefügt. Was für die Farbetheilchen in Löfung gilt, muß felbftredend mehr oder weniger auch für jede Salzlöfung gelten, deren Vordringen in dem Stromfyftem man fpectrofkopifch verfolgen könnte (vergl. Pritzer a. a. O..S. $71). | Die Tinction Ss fchreitet alfo jeden- ge falls langfamer vor N wiedieWafferleitung. oO BEN Sie erftreckt fich im Holzkörper des Stam- mes über die jünge- ren Jahreslagen und im Blattnerven über die Gefäße und Tracheiden, fowie über die gegenüber- Fıs. 424. Diagramm eines Ahornzweiges (fchematifch), welcher in Anilinlöfung liegenden Baftzellen, gefellt verdunfete. Die fchrafirten Blätter wurden abgefchnitten. während da Me bium und die jüngften Zuwachselemente mit gefchloffenen Membranen un- gefärbt bleiben, Nach mehreren Tagen rückt die Färbung in den Blättern unferer Waldbäume bis zu den Nerven des dritten und vierten Grades vor. Die Refultate folcher Tinctionsverfuche find:!) 1° bei Zweigen, welche foeben in der Entwickelung begriffen find, färben fich die älteren Blätter und Blattgefäßftränge, die jüngeren ftär- ker verdunftenden nicht; 2° nur die offenen, nicht die noch gefchloffenen Spuren tingiren fich, die gefchloffenen Cambiumzellen nehmen ebenfowenig das Pigment auf (man vergl. Fig. 423); 3° zuletzt breitet fich das Pigment von den letzten Nervenenden des Blattes über die Parenchymzellen des Mefophylles; ae Sr m !) Bei der Herftellung folcher Anilintinctionien nimmt man verdünnte wäfferige Lö- fung, ftellt die Zweige fo hinein, daß die Blätter rafch verdunften. Es tingiren fich alle Röhrenelemente zuerft; man hat es in der Gewalt, beliebig ftarke Färbung und grad- weife Abftufung für die hiftologifch verfchiedenwerthigen Zellen zu erzielen. Niemand, der hiftologifche Studien macht, follte verfäumen, feine Präparate fo herzuftellen; fie erreichen dadurch den Unterrichtszweck vollftändiger. Ernährung der grünen Landpflanze. 461 4° unterbricht man den Strom, indem man die Gefäfsfpur eines Blattes durchfchneidet oder ein Blatt wegnimmt, fo unterbleibt die Tinction. In der Fig. 424 ift das Diagramm eines Zweiges dargeftelllt, in wel- chem die fchraffirten Blätter entfernt wurden, ehe der Zweig, in verdünnte Anilinlöfung geftellt, verdunftete. Die Folge davon war, daß alle Spuren, welche nach den Blattftielen abgefchnittener Blätter hinführten, im Stamm nicht tingirt wurden. So kann man es erreichen, dafs das Pigment nur an einer Seite des Zweiges in die Gefäßbündel eingelagert wird (Fig. 425). Die bewegenden Kräfte bei der Fortleitung find fo vertheilt, daß die Hauptfpuren ftets den ftärkeren Strom, die Seitenfpuren den fchwächeren unterhalten. Diefß gilt auch für die einzelnen Gefäß- {puren in dem Blattftiel und der Blattfläche: an einem Zweigabfchnitt des Ahorn wurden vier Blattwirtel un- terfucht, nachdem der Zweig 4 Stun- den bei 24,5° C. in einer Anilin- löfung ftehend verdunftete. Der Blattftiel befitzt 5 Haupt- fpuren, Fig. 426 III, und: zwifchen diefen zahlreiche Nebenfpuren, Fig. 426 I, II. Man erkennt aus der Figur, daß in dem Maße, wie man Fıc. 425. Diagramm eines Ahornzweiges, welcher in fich von dem erften nach dem nd’ Gefißbändel, weiche ich ungen zweiten u. f. f. Wirtel bewegt, die in der Figur fchwarz verzeichnete Tinction der Spuren verfchwindet. Im zweiten. Wirtel find die kleinften Spuren 7 nicht tingirt, fodann verfchwinden die mit 3 bezeichneten. Im dritten Wirtel find nur die 5 Hauptfpuren, — im vierten nur die 3 in der Mediane liegenden Hauptfpuren gefärbt. Verfuch. In ganz ähnlichem Sinne verlief ein Verfuch mit einem faftigen Zweig von Salix Caprea, welcher 8 bis ıo Blätter befaß. Von unten nach oben wurde je das dritte Blatt abgefchnitten, der Querfchnitt des Stengels ftund in verdünnter Anilinlöfung, nach 3 Tagen bei einer mittleren Temperatur von 20° C. waren tingirt: in dem unterften Blatte alle 3 Spuren. In dem zweiten Blatte die rechte Spur tingirt, die beiden linken nicht. In dem dritten Blatte die 462 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. zwei linken Spuren, die rechte nicht. In dem vierten Blatte keine Spur tingirt. In dem fünften Blatte die beiden rechten tingirt. In dem fechsten bis achten Blatte keine Tinction. Genau fo wie das Abfchneiden einiger Blätter, fo wirken diejenigen Blät- ter an einem in der Entwickelung be- griffenen Zweige, welche die Pigment- löfung nicht direct in ihren Nerven leiten. An dem Zweig der Caftanea befinden fich auf 30 cm von der Spitze drei in der Entwickelung befindliche verdunftende Blätter, in deren Fläche die Leitung nur auf dem Wege der Osmofe vor fich geht. ' Die Folge davon ift, daß bis zu diefer Länge, von der Spitze gerechnet, die Tinction in den direct in die befagten Blätter einmündenden Gefäßbündel des Stammes unterbleibt. 7. Bewegung in den Nervenenden des -Blattes. Das parenchymatöfe Leitgewebe der Blattnerven der dritten bis vierten Ord- nung,‘ welches dem Baftparenchym der Rinde entfpricht, ift reich an Nieder- fchlägen colloidaler wie kryftallinifcher Körper. In einigen Zellenketten findet man auf millimeterweite Strecken jede Zelle von einem Kryftall von oxalfaurem Kalk ausgefüllt. Das Netzwerk von Ner- ven in dem Blatte der Eiche, Buche und Pappel endet mit wenigen Trachei- den in dem Nerv der letzten Ordnung zwifchen den Parenchymzellen des Mefo- phylles. Bei der Pappel enden die Ner- ven letzter Ordnung blind. Nach den Tinctionsverfuchen und mit Berückfichtigung der hiftologifchen Verhältniffe liegen hier die äußer- ften Enden des Stromes, welchen wir in den vorhergehenden Schilderungen (S. 449) verfolgt haben. Nach den letzten Verfuchen ergiebt fich, daß aus den Enden der Nerven, Fig. 427, tropfbares Waffer nach den Infeln zwifchen den Nerven diffundirt oder ausfließt. ‘Die allmälige Tinction Ernährung der grünen Landpflanze. 463 der Wände der Parenchymzelle weift darauf hin, daß eine ganz dünne Waflerfchicht von den Nerven aus fich über die Grenzzellen der Inter- cellularräume ausbreitet. Da das Mafchen- werk der Fig. 427 nach allen Seiten Wafler in die an- grenzenden Paren- chymzellen transpi- riren läßt, oder da an jeder Seite eines Nervenftranges o0s- motifcheProcefle fich abfpielen müffen, fo ift von Interefle zu wiflen, wie groß die Länge der Ufer ift auf eine gegebene Fläche. Die Fläche Fıc. 7. Kleine Parthie aus dem Blatte der Caftanea vesca, enthält die Nerven > bis zu denjenigen der fechsten Ordnung, von der zweiten Ordnung ab bei 60- a b c d beträgt 0,246 facher Vergrößerung. Die Scale S umfaßt 0,25; mm. Die Scale s s’ aber giebt qmm in ihr ıftt die den Durchmeffer derjenigen Parenchymzellen an, welche in den Mafchen des i 2 Nervenfyftems II, III bis VI enthalten find. Vergr. 6ı. Gefammtuferlänge des Netzwerkes der Nerven gleich mm. Auf einen Quadratmillimeter > kommt fomit eine Uferlänge von 19,1 mm. Auf einen Millimeter der Ufer P) kommen im Mittel 28 parenchymatöfe Grenzzellen. In dem Durchmefler y der kleinften Infel von Parenchym liegen mindeftens und höchftens y 13 Zellen. In letzter Linie find alfo in unferem Syfteme, von einem gegebenen Punkte des Ufers gerechnet, 6 bis 8 Zellen durch Transpiration zu be- wäffern, wenn man von allen Punkten der Ufer geradlinige Ströme nach dem Mittelpunkt der Infeln gelegt denkt. 8. Einfluss der Verdunstung. Wenn Jemand nach den vorftehenden Erörterungen phänologifcher und phyfikalifcher Natur. zu dem Schluffe kommt, draußen im Freien im Culturland, Wald und Wiefen wachfen die Pflanzen, verdunften und heben durch die Verdunftung ungeheure Waffermengen, welche der Pflanze fefte Beftandtheile aus dem Boden zuführen und dort nach und mit der Ver- dunftung zurückbleiben, und hieraus auf die allgemeine Bedeutung der Ver- dunftung eine Theorie der Ernährung gründet, fo hat er Recht und Un- recht. Recht, infofern feine Theorie für alle Landpflanzen gilt, während 464 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. fie für alle untergetauchten Wafferpflanzen keine Anwendung findet. Un- bedingt aber hat derfelbe Unrecht, wenn er glaubt, die Verdunftung vermöge uns den ftetigen Vorgang der Waflerleitung in einem Baume zu erklären. Die Verdunftungsgrößen der Membran und der Blattflächen wurden fchon oben S. 220 ($ 25 C) abgehandelt, in dem Nachfolgenden möge eine Zufammentftellung der Verfuche und Betrachtungen folgen, welche uns die Bedeutung der Verdunftung für die Ernährung des Baumkörpers darlegt. Verfuch. Ein 5 m hoher Birkenftamm wurde im Juli wenige Decimeter über dem Boden abgefägt, fofort in Wafler geftellt in einem gefchloffenen Trep- penhaus, in welchem er einfeitig mit directem Sonnenlicht während 2 bis 3 Stunden, fonft mit diffufem Licht beftrahlt it. Der Stamm ift bis 3,5 m aftrein und fteht in voller Belaubung. Er nahm in den erften ı2 Stunden 1,85 1 Wafler auf. In den nächften ı2 Stunden aber nur 0,35 |, am zweiten Tage 0,13 l, nach wenigen Tagen war die Aufnahme von Waffer verfchwindend klein. Die Symptome des Abfterbens traten fchon am dritten Tage ein. Sie find genau diefelben, welche der Baum im normalen Leben draußen im Freien, dort aber im Zeitraum von vielen Jahrzehnten zeigt. — Zuerft vergilbten alle Blätter an der Schattenfeite. Das Vergilben trat nach dem Licht zuerft an den ..Innenfeiten, zuletzt an der Außenfeite der Zweige auf. An jedem Afte vergilbten zuerft die unteren befchatteten, zuletzt die oberen, belichteten Blätter. Nach fünf Tagen wurde der Baum gefchüttelt, die welken Blätter fielen, er hatte fich gereinigt an allen Innenfeiten der Aefte, und nur hie und da an der Außen-(Licht-Jfeite, fowie an den Zweig- fpitzen ftunden grüne Blätter. Zu gleicher Zeit mit dem Beginn diefes Verfuches wurde ein herr- fchender Aft mit vier Ordnungen abgefchnitten, in Wafler an ein Südfenfter geftellt und erhielt fich dort während der ganzen Verfuchszeit vollftändig normal. | Ein 6 m hoher außerordentlich reich verzweigter, belaubter Ahorn (Acer Negundo) wurde im Auguft 1876 in eine verdünnte Anilinlöfung geftellt, in gleicher Weife einfeitig beleuchtet. Nach 24 Stunden - fchon war,das Vergilben an allen denjenigen Zweigen eingetreten, welche ihrer Lage gemäß fchon draußen im Freien tiefer im Schatten ftanden. Ueber Nacht alfo zeigte fich hier, daß die Blätter durchaus verfchiedene Wider- ftandskräfte gegen den fchädlichen, durch das Experiment veranlaßten Wechfel in den äußeren Lebensbedingungen mitbrachten. Nach 8 bis ıo Tagen zeigte der Baum, nachdem er gefchüttelt war, die wenigen grünen Blätter genau fo vertheilt wie die nach der natürlichen Reinigung übrig bleibenden Aefte. Nach 14 Tagen wurde der Stamm von der unteren Wundfläche Ernährung der grünen Landpflanze: _ 465 her gefpalten, um die Länge der Anilinbahn zu meflen. Er befaß 6 Jahr- ringe. In einer Entfernung von 2,3 mm von der Wundfläche war das Pigment gleichmäßig in die Membranen imbibirt. In der Längsrichtung waren 70 rothe Streifen, entfprechend den weiteren Gefäßsröhren, auf einer Entfernung von 6 cm kenntlich, 14 cm von der Wundfläche waren nur die 4 äußerften Jahreslagen, 22 cm von der Wundfläche war nur die laufendjährige Zuwachsfchicht tingirt. 9. Die Verdunstungsgrösse verschiedener Bäume. Die Verdunftungsgröße verfchiedener Waldbäume wird beftimmt, in- dem man in gleichgroßen Gefäßen oder an U-förmigen Röhren bei gleicher Temperatur kleine beblätterte Zweige verdunften läßt. Die Waflermenge wird durch Wägung beftimmt, die Blattflächen werden auf Papier von. gleichem Gewicht übertragen, die Relation der Flächen wird durch Wägung der Papierabdrücke beftimmt. Verdunftung auf die N epnng Flächeneinheit. 100 gcm. ” Hainlnche:; 3.4 2,55 ccm. 4,357 ccm. a RE ER 2,65 » 3,651 » Bleche sn rer 3,15.» 2,891 » Becken Sal un 415 » 3,495 » Bappeh En EN] 2,45 » 2422-2 Blei es 3,55» 7,956 » Wide ass urn, 3,00 » 4,222 » So zeigt die Erle von naflem Standorte die Verdunftungsgröße 7,956 gegenüber der Eiche mit nur 2,891. Es wurde fchon oben bei der allgemeinen Betrachtung der im Baumkörper herr- fchenden Ströme darauf hingewiefen, daß der durch Jahre und Jahrzehnte anhaltende Ver- kehr zwifchen dem Waffer aufnehmenden Wurzelfyftem und den beblätterten Zweigen nur denkbar und erklärlich wird dadurch, daß in den Blättern die Körper entftehen, welche von hohem osmotifchem Aequivalent rückwärts über das Syftem vertheilt werden und dadurch mindeftens in einer Schicht (der Zuwachsfchicht) ununterbrochene Wafferbahnen unterhalten. Wir fehen fomit diefen osmotifchen Ausgleich als die letzte Betriebskraft an. Directe und letzte Urfachen der. Bewegung können nicht fein: ı° die Diffufion des Waffers und der Löfungen, welche durch den Sättigungsunter- fchied in verfchiedenen Theilen der feften Cellulofemembranen entfteht; 29 ein hydroftatifcher Druck, welcher Wafferfäden auf weite (Meter lange) Strecken in den Röhren des Holzes fortbewegt. Von dem Satze unter 2° machen nun aber felbftredend alle diejenigen Zellen und Gewebearten eine Ausnahme, welche mit Flüfigkeiten gefüllt find, welche ein hohes os- motifches Aequivalent befitzen, dahin gehören: N. J. €. Mürter, Handbuch 1. 1. 30 466 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. ı° die Leitzellen in den jüngeren Zuwachsfchalen der Rinde, ehe fie durch den Druck, unter welchen die Rinde durch. den Holzzuwachs geräth, collabiren; 2° die Zellen der Rinde, welche transitorifche Stärke, Zucker und Salz führen; 3° die Zuwachsfchale des Holzkörpers, deflen Zellen im Beginne gefchloffen, mit Protoplasma und Kohlehydraten gefüllt find. Von allen diefen Geweben aus muß in der Längs- wie in der trans- verfalen Richtung, gerade durch die Verdunftung verftärkt, ein osmotifcher Strom herrfchen, welcher den Unterfchied in der Dichte der Löfungen, der in kleinen Entfernungen von Zelle zu Zelle entftanden ift, ausgleicht. Wir können nun die Ge- fammtheit der Proceffe, welche fich während der Evolution der beblätterten Zweige für eine Periode abfpielen, nur überfchauen, wenn wir die einzelnen Vorgänge im Innern des Baumes zufammenftellen mit den äußerlich fichtbaren. Ehe ich in diefe Discuflion eintrete, muß ich aber dringend auf die folgenden Verhältniffe aufmerkfam machen: ı° die Entftehung des jungen Blattes ift felbft ein Vorgang, in welchem colloidale Maffen zuerft aufquellen, um fpäter zu erhärten; während das Blatt wächft und eine Reihe von Figuren durchläuft, wie fie mit den zugehörigen Verdunftungs- größen in Fig. 208-(f. oben) dargeftellt find, müffen alle Gewebe des Blat- tes und des wachfenden Zweigftückes waffergefüllt fein; 2° in der Mitte der Verdunftungsperiode am 3. Auguft felbft enthalten die zwei- bis dreijährigen Zweige in der Reihe der wichtigften Waldbäume nicht unter 38 0/0 und nicht über 58 /o Waffer; 30 bei den periodifch beblätterten Laubbäumen befitzt der waffergefüllte Zuwachs an leitendem Gewebe, das ift der erfte während der Entwickelung der Blätter entftehende Jahrring, die größte Maffe in dem einjährigen Zweige. Somit ift gerade während des Maximums der Verdunftung die letzte Strecke der Strombahn, der einjährige Zweig bis vor den Blattftiel ein waffergefülltes Zuwachsgewebe, welches mit der entfprechenden waffergefüllten Zuwachsfchicht der Zweige niederer Ordnung, des dominirenden Aftes, des Stammes und fo fort, und in umgekehrter Reihenfolge durch das Zweigfyftem der Wurzel bis zum einjährigen Zweig diefer letzteren in Verbindung fteht; 4° die Gefäßbündel nun, welche endlich aus dem dießjährigen Zweige in das Blatt ausbiegen, entfpringen von der inneren Fläche des Holzcylinders diefer Zu- wachsfchale; 5 ee wir nun über das gefammte Wurzel- und Stammfyftem die Waffer- theilchen, welche am Wurzelhaar oder in der Nähe der Spitze einer äußerften Wurzel- auszweigung eintreten, bis zu dem Orte, wo fie als Dampf aus der Epidermis des Blattes in die Atmofphäre eilen, fo erhalten wir die folgenden Procefle. Wir können in dem Nachfolgenden die wefentlichen Züge der Entwickelung und der groben Anatomie in der fchematifchen Fig. 408 zufammenfaffen: Ueber dem Niveau des Bodens N befindet fich der Durchfchnitt des Zweigfyftems für fünf Jahre. Die con- fecutiven Jahreslagen find wechfelnd fchrafirt und weiß gehalten. Die römifchen Zahlen geben das Ende der Hohlkegel an, über welche die Jahreslagen des Holzzuwachfes fich erftrecken. In jedem Jahre foll ein Haupttrieb und ein dazu gehöriger Seitenfproß ge- bildet fein. Der letzte Trieb 4 bis 5 ift eben im Begriff, den erften Jahrring zu bilden. Unter dem Niveau N ift das Syftem der Wurzel mit denfelben confecutiven Jahreslagen dargeftellt. Im großen Ganzen dürfen wir annehmen, daß die confecutiven Jahresholzlagen in- einander gefchachtelte Kegel find, von welchen je ein jüngerer (fpäter entftandener) das Convolut der vorhergehenden um die Länge eines Jahrestriebes überragt. Treten nun Waffertheilchen mit den Pfeilen a, a’ an den äußerften Auszweigungen in Ernährung der grünen Landpflanze. 467 das Syftem ein, fo ift dieß ein osmotifcher Vorgang. In dem osmotifch ge- fpannten Gewebe der jüngften Zuwachsfchicht des Wurzelfyftemes werden die eingetretenen Waffertheilchen nach zwei Richtungen fortgeleitet: 1° in longitudinaler mit dem Pfeil A und - 2° in transverfaler mit den Pfeilen b, db, b" u. £ Die erftere Leitung ift. ebenfalls ein osmotifcher Vorgang, die letztere ftellt man fich als eine Filtration vor, welche durch den in den osmotifch gefpannten Zellen herrfchenden hydroftatifchen Druck bewirkt wird. Die Filtration in transverfaler Richtung führt die Waffertheilchen in ältere Jahreslagen des Holzkörpers, zunächft der Wurzel und des Stammes, wo fie zum Theil imbibirt, jene Schwankung des fogenannten Trockencylinders bewirken, auf welche zuerft NÖRDLINGER und LAUPRECHT aufmerkfam . gemacht haben, fodann in longitudinaler, wo fie durch Adhäfion an den Wänden fort- geleitet werden. Nach Prırzer’s Auffaffung bewegt fich das Wafler in dem continuir- lichen Röhrenfyftem der jüngeren Holzlagen als eine dünne Schicht auf der Innenfeite der Gefäße und Tracheiden, welche der Innenfeite diefer Röhren anhaftet und alle Hohl- räume auskleidet, mit außerordentlicher Gefchwindigkeit. Die Richtigkeit diefer Anfchauung zugegeben, muß immerhin darauf aufmerkfam gemacht werden, daß diefe Bewegungsart allein die hierher gehörigen Phänomene nicht vollkommen und nicht alie beherrfcht; mehr noch, fie wird über das ganze Syftem ohne die in jedem Punkte einer beftimmten Schicht herrfchende osmotifche Spannung felbft unmöglich. Wenn die Waffertheilchen unter dem Einfluß der Osmofe und des Filtrationsdruckes in tiefere Lagen des Holzconvolutes der Hauptwurzel eingedrungen, nun unter dem Ein- fluß der Flächenwirkung in der Längsrichtung fortftrömen, fo herrfcht für diefelben offen- bar der geringfte Widerftand in der Richtung der Jahreslage des Holzes, in welcher fie fich befinden. Die Länge diefes Hohlkegels aber reicht nicht bis zur Ver- brauchsftätte in den Blättern. Nehmen wir an, es wären unter dem vorbefprochenen Filtrationsdruck eine Anzahl Waffertheilchen mit dem Pfeil 5 bis in das innerfte Convolut gedrungen, eine andere An- zahl mit 5b’ bis in die nächftfolgende Jahreslage des Holzes u. f. f., fo werden die in b offenbar unter dem Einfluß der Längsbahnen nur bis zum Niveau /, die in b‘ bis zum Niveau // im Stamme fortgeführt, und nur diejenigen Theilchen, welche in der äußerften Schale, Pfeil b“, befindlich find, befitzen eine bis zum einjährigen, beblätterten Zweige continuirliche Schicht der Leitung.‘ Diefe letztere Schicht aber ift nichts anderes, * wie die während der Verdunftungsperiode entftehende waffergefüllte Zu- wachsfchicht, die einzige, welche das ganze Syftem bis zu den Blattftielen gleichmäßig überzieht. Wir fehen fomit leicht ein, daß je tiefer jene durch Flächenwirkung der Membranen fortgeführten Waffertheilchen in einem ge- gebenen Querfchnitt der Hauptwurzel oder des Stammes befindlich find, um fo weiter ift das Ende der Bahn in der Längsrichtung von derjenigen wafferführenden Schicht entfernt, welche mit dem Orte der Verdunftung in unmittelbarer Verbin- dung fteht. Es läßt fich nun freilich annehmen, daß dieß kein abfolutes Hinderniß für jene Translocation fei, da ja die älteren Jahreslagen feitlich durch Poren und Tüpfel- poren communiciren, fo daß, wenn jener Strom in dem älteften Jahrring angekommen ift, er feitlich in den nächftjüngeren eintreten muß, um in ein nächfthöheres Niveau zu gelangen. Nichtsdeftoweniger verdient diefe auf die Qumcke’fchen Verfuche fich ftützende Theorie die ernftefte Beachtung, weil aus dem Verfuche hervorgeht, daß die fupponirten Wafferhohlröhren fich mit großer Gefchwindigkeit fortbewegen. Für die einjährige Pflanze, € 30* 468 . VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. in welcher die Gefchwindigkeit der Strömung eine größere Rolle fpielt, wird die Theorie jedenfalls eine größere Anwendung finden als für den Baum. Die Filtration des Waffers (oder der Löfung plaftifcher Körper) aus der peripheren, während der ganzen Vegetationsperiode waffergefüllten und osmotifch gefpannten Zuwachs- fchicht in das Röhrenfyftem der älteren Holzlagen zugegeben, wird man vor Allem be- achten müffen, daß die Bedingungen für diefelbe über das ganze Syftem von der Wurzel bis zum einjährigen beblätterten Zweig vorhanden find, und daß der Filtrationsftrom dort am ftärkften ift, wo die osmotifch wirkfamen Körper entftehen. Diefer Ort ift aber gerade das periphere Zweigfyftem. Es bleibt fomit die Osmofe die letzte Betriebskraft, felbft dann, wenn man den mehr- und vieljährigen Betrieb ganz außer Betracht läßt, und das Syftem nur für einen kleinen Zeit- raum, aber einige Tage lang während der Zeit der Verdunftung in’s Auge faßt. Wenn Jemand behauptet, die Osmofe fei ein fo langfam verlaufender Proceß, daß er nicht die Waffermaffe zu decken vermöge, welche in wenig Tagen in der Krone des Waldbaumes abdunftet, fo ift darauf zu erwidern, daß es fich gar nicht um das Phänomen handelt, welches fich an einer künftlichen Membran abfpielt, fondern daß hier in jeder Zelle Druck- kräfte in’s Spiel kommen müffen. Wir behalten im Auge, daß während der unter 5° gefchilderten Vorgänge über das ganze Syftem (und während der ganzen Periode der Verdunftung) fich abfpielen: ı° das Wachsthum der Zweige und Blätter, welches gleichzufetzen ift einer Trans- location gelöfter Kohlehydrate durch unzählige bereits vorhandene Cellulofemembranen (April, Mai, Juni); 2° die Translocation der Stärke in der Rinde. Dieß ift ein Vorgang, bei welchem an dem erwachfenen Baum viele Pfunde fefter Maffe fo in Bewegung gefetzt werden, daß das vielfache Gewicht Waffer über das ganze Syftem der Strombahnen ausgetaufcht wird; 3° die Translocation der Stärke in die älteren Holzlagen (f. weiter unten); 4° die Anhäufung fefter Maffe in den Knofpen der im laufenden Jahr entfalteten Blätter als Blatt- und Knofpenanlagen für das nächfte Jahr; 5° der Verbrauch des vorjährigen Stärkevorrathes und eines Theiles des dießjährigen durch die Bildung fefter Membranen, ein Procef, in dem für das ganze Syftem wiederum viele Pfunde fefter Subftanz in Austaufch gerathen gegen eine viel größere Waffermenge. Durch diefen Vorgang wird das ganze Syftem mit allen Auszweigungen von Stamm und Wurzel gleichmäßig in eine neue fefte Schale eingehüllt. In jedem Punkte des Stromfyftems muß ein osmotifcher Austaufch von Wafler gegen fefte gelöfte Subftanz ' erfolgen. Werfen.wir endlich einen Blick auf die anatomifche Struktur des Laubzweiges während feiner Entwickelung. Fig. 293, S. 303, zeigt eine Reihe von Querfchnitten durch den in der Entwickelung begriffenen, fchon beblätterten Zweig von Populus lauri- folia. Die Prismenftücke zwifchen den Querfchnitten A, B, C tragen die Blätter, in allen Phafen der Entfaltung. Vergrößern wir eines der Gefäßbündel in diefer Reihe, fo erhalten wir die Figurenreihe Fig. 294, 295. Während die Gefäßbündel, welche in die Blätter ein- treten, die Entwickelungsreihe Figur 294 v v‘, Figur 295 v bis v‘“ durchlaufen, find die Blätter noch in der Entwickelung begriffen und verdunften. Alle tiefer wie der Querfchnitt (Fig. 293 C) im zweijährigen Theile belegenen Stammftücke find blattlos und verdunften fchwach. Indem wir die anatomifche Entwickelungsgefchichte in dem Zweig der letzten Ord- nung ftudiren, gewinnen wir einen Einblick in die Wirkung der Osmofe in derjenigen äußerften Schale der Krone und jedes dominirenden Aftes, welche hauptfächlich für das „Ernährung der grünen Landpflanze. 469 laufende Jahr durch ihre Verdunftung in Betracht kommt. Alle Zellen in den erften bei- den Abbildungen müffen waffergefüllt und osmotifch gefpannt fein. In der Gruppe a b Fig. 294 B differenziren fich die Tracheiden v, die Zellen des primären Cambialftreifens. find in der Theilung begriffen. Nach diefem Uebergang find zwei Gruppen von Baft- bündeln gebildet, eine an der Markgrenze, die andere in der Rinde p und p‘; v die letzten Tracheiden in dem Strahl v v‘, Fig. 294 A. Der Cambialftreifen c c‘ hat den primären Markftrahl noch nicht überbrückt. Die fünf Kanten an der Oberfläche des prismatifchen Zweiges K K‘, Fig. 293, entfprechen den fünf Hauptbündeln, welche als mediane Spuren in die Blätter traten. In den Kanten werden fpäter vorfpringende Korkleiften gebildet. Das Syftem diefer Korkleiften ift jenes Mafchenfyftem in dem aufgewickelten Cylinder Fig. 298. Bei der hier abgehandelten Pappel bleibt dasfelbe mit den Blatt- und Zweig- narben mehrere Jahre an der Rinde erhalten. In dem Uebergang B.nach C Fig. 293 vollzieht fich die Ueberbrückung der fehr fchmalen Markftrahlen. Der Cambiumring fchließt fich. Auf die primären Strahlen v v’ v“, Fig. 295, hat fich der Holzzuwachs gelagert. Die cambiale Zuwachsfchicht ift weiter Kind, gefchoben (c in derfelben Figur). Ich habe in diefer Figur eine folche Partie gewählt, welche ein primäres Kantenbündel (Medianbündel für das Blatt) und mehrere Zwifchen- kantenbündel enthält. Die Lage diefer letzteren ift durch zwei von e‘ ausgehende punk- tirte Linien bezeichnet. Beachtenswerth ift nun, daß der fecundäre Zuwachs im erften Jahre fich nicht gleichzeitig in demfelben Niveau über die Kanten- und Zwifchenkanten- bündel ausbreitet. Die Schale x breitet fich über die vier Strahlen (v v“‘) aus, fpringt dann nach innen bis zur inneren Grenze der Zwifchenkantenbündel (zwifchen den punk- tirten Linien ee‘), welche zur Zeit diefer Beobachtung außen noch an cambiale Zuwachs- elemente grenzen. Wenig tiefer wie das Niveau, in welchem diefe Configuration herrfcht, find wir in dem fehr kurzen Cylinderftückchen der Niederblattregion, deren Blätter an unferem wach- fenden Sproß wenige Tage vor dem Beginn diefer Entwickelungsgefchichte hinfällig wur- den. Aus diefer Region ftammen die Bündel p‘, Fig. 294, und noch tiefer ift die der vor- liegenden Entwickelungsgefchichte entfprechende Laubblattzone des zweijährigen Zweig- ftückes. Da die Interfolien im Zweigftücke der Niederblattregion kürzer find, die primären Gefäßbündel dem entfprechend in ftärkeren Krümmungen verlaufen, fo muß fie für einen Strom aus dem zweijährigen nach dem einjährigen Stammftück wie ein plötzlicher Wider- ftand verzögernd auf die Stromgefchwindigkeit wirken. Bei jeder folchen Entwickelungsgefchichte von wachfenden Sproffen, wie die vor- ftehende, deren es in der botanifchen Literatur, zu einem anderen Zwecke freilich aus- geführt, wie der hier angeftrebte, viele giebt, mußte fich der betreffende Forfcher fagen, wenn er überhaupt eine phyfikalifche Betrachtung in die Entwickelungsgefchichte einführte: ı° damit eine der Zellen in der Gruppe a b, Fig. 294 B, fich ausdehne zu dem Volum v v* u. f. f, mußte ein hydroftatifcher Druck auf die Membran wirkfam fein, wel- cher zwar experimentell nicht beftimmt werden kann. Denkt man fich aber die Feftigkeit und Dehnbarkeit in einer der genannten Zellen von denjenigen in gleich großen Kautfchuk- röhrchen, fo wird einem dieß Verhältniß hinlänglich vorftellig, um für die hier aufgeftellte Erklärung zugänglich zu werden. Diefer Druck muß in der Entwickelungsreihe 4 B C wachfen, weil die Widerflände mit der Wandftärke wachfen. Seine Entftehung aber ift _ ohne einen osmotifchen Strom gar nicht denkbar; 2° damit die fefte Maffe in demfelben Uebergang auch nur in die Orte gefördert ° werde, welche wir mit v v‘ u. f. f. bezeichnet, müffen Druckkräfte auf die Zellenräume _ vorausgefetzt werden, gegen welche jene unter 1° genannten verfchwindend klein find. 470 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Das Endvolum einer Tracheide zeigt eine 56fache Vergrößerung des cubifchen In- haltes des Anfangsvolumes. Diefe Umgeftaltung in der Vertheilung der feften Maffe würde noch auffälliger hervortreten, wollte man die Wandftärke der einzelnen Zellen mit berückfichtigen. Sie vollzieht fich in der äußeren Schale der Baumkrone da, wo foeben die Knofpen in die Streckung gerathen, fie ift ganz unabhängig von der Höhe, indem ein Niveauunterfchied auf fie keinen merklichen Unterfchied in der Anlagerung der Maffe in die Hohlräume zur Folge hat. Bei diefer ganzen Gliederung handelt es fich aber - lediglich um osmotifchen Austaufch. Es ift fomit mindeftens der Nachweis geführt dafür, daß jeder Wafferftrom, wenn er nach dem Orte der Verdunftung gelangen foll, in dem letzten Theile feiner Bahn ein osmotifcher fein muß. Mindeftens bis zum Blattftiele haben wir den Strom ver- folgt, denn wir können in dem Schema, Fig. 408 einen der Endzweige (4 nach 5 etwa) als Blatt, den anderen als Zweig gelten laffen. Endlich aber foll die größtmögliche Ein- fchränkung für die vorftehende Theorie gemacht werden; wir haben nämlich in dem Vor- ftehenden fchon deßwegen eine Befchränkung ihrer Zuläfligkeit eingeführt, weil wir den laufenden Zuwachs im verdunftenden einjährigen Zweige gar nicht in die Betrachtung hereinzogen und uns lediglich auf die Evolution der primären Gefäßbündel befchränkten. Es möge nämlich der Zeitraum in Betracht gezogen fein, wo in dem einjährigen Zweige der laufendjährige Zuwachs beendet ift. Die primären Bündel v, v“, v’“, Fig. 295, welche nach den Blättern führen, liegen jetzt von dem wafferreichften Cams; der cambialen Zuwachsfchicht c c‘ (diefelbe Figur) am weiteften entfernt. Alle Hohlräume haben ihre größte Ausdehnung erreicht, auch das Blatt ift vollftändig ausgewachfen. Die Differen- zirung in Fig. 293 A beginnt jetzt in der gefchloffenen Knofpe, welche fich im nächften Jahre entfalten wird. Von jetzt ab (Juli, Auguft, September, October) wird die Osmofe in der Strecke von der Blattbafis bis zur Blattfläche nicht direct wirkfam fein können. Die Leitbündel v bis v“‘ im Zweige und im Blattftiele, fowie die Hauptnerven erfter bis zweiter, bis dritter Ordnung werden zum Theil nur mit Wafler, zum anderen Theil mit Luft gefüllt fein können, fo viel aber ift klar, daß wenn in v, v“, v““, Fig. 295, überhaupt tropfbares Waffer ift, dieß nur von der äußeren Zu wachsen durch Transpiration dorthin gelangt fein kann. $ 37, Assimilation'). Das Wefen der Affimilation befteht darin, daß die Körper der Medien, welche die Pflanze umgeben: Wafler, Kohlenfäure, Ammonfalze, Salpeter- fäurefalze und die gelöften Verbindungen, welche aus der feften Erdmaffe ftammen, die Phosphorfäure, Schwefelfäure, kiefelfaure Salze des Kalium, Natrium, Calcium, Magnefium u. f. f., an beftimmten Orten in der Pflanze vereinigt, fo im chemifchen Sinne zufammengelagert werden, daß die End- producte der Zerfetzung zu Körpern werden, welche dem Pflanzenkörper ähnlich find. !) Dr. REINKE, Ueber einige biolog. Verh. der Corallorrhiza innata. Niederrhein. Gefellfch. für Natur- und Heilkunde. 17. Febr. 1873. Affimilation. 4 471 Wenden wir uns zunächft zur Betrachtung der Vorgänge, welche an der Pflanze mit der Aflimilation in der Zeit parallel laufen, fo ift zu be- achten, daf die Aufnahme der oben genannten Rohnährkörper, die Ver- dunftung und die Translocation oder Fortleitung der Affimilationsproducte Vorgänge find, welche mit unferem Procef in denfelben Zeitgrenzen fich abfpielen, daß fie fomit auf diefen zurückwirken, ebenfo wie die Kr tion und die Translocation letzte Urfachen für die Verdunftung find, fofern ohne diefe Vorgänge ein nach dem Boden gerichteter Strom ei unterhalten wird. Es find fomit die Leitung von dem Boden aus nach den verdunftenden Blättern und die Abforption der aus dem.Luftocean in das Blatt tretenden Gafe (CO2 und O), die Rückleitung der im Blatt gebildeten Affimilations- producte (Zucker, Stärkemehl, Eiweiß) und der Zuwachs von Cellulofe- wänden an der Pflanze drei innig verbundene Bewegungsvorgänge, von welchen keiner für fich allein fo vor fich kann, wie in der com- plexen Zufammenwirkung N); Sehen wir davon ab, daß die Vertheilung der Affimilationsproducte !) Den Baum kann man fich zerlegt denken in Kettenfyfteme von Zellen, welche, zum Theil ununterbrochen mit Waffer gefüllt, von der äußerften Wurzel nach der äußer- ften Blattfpitze osmotifch wirkfam find. In einem folchen Kettenfyftem von Zellen, wel- ches wir uns unter das Niveau des Bodens verlängert und ähnlich geftaltet denken dürfen, kann auf die Dauer nur Bewegung entftehen auf zweierlei Weife: ı° durch einen Temperaturwechfel, der fich nur langfam von dem oberen nach dem unteren Pol der Kette ausgleicht; 2° durch einen fteten Zuwachs an osmotifcher Differenz, welche gewiffermaßen durch das Blatt aus der Atmofphäre von außen aufgenommen wird. Wenn wir. die oberirdifchen Theile eines Baumes für fich in einen Kegel oder Cylinder zufammengezogen denken, ebenfo alle Wurzeln in einen zweiten Rotations- körper, welcher die Fortfetzung des erften ift, fo können wir diefe in einem Sinne fcharf unterfcheiden: 1° der erfte Kegel giebt Waffer ab, feine Spitze (allgemein feine oberen Theile) ift der verdunftende, der zweite ift der wafferaufnehmende Pol der Kette; 2° das plaftifche Material, welches in dem Kettenfyftem zeitweilig in Löfung oder in Niederfchlagskörpern von Kohlehydraten, zuletzt in Geftalt fefter Zuwachsringe entfteht, tritt an dem oberen Pol ein, und nicht an dem unteren. Meffen wir die durch die Löfung diefes Materials entftehende osmo- tifche Spannung durch die Anzahl der in der Volumeinheit befindlichen gelöften feften Theilchen, fo finden wir den oberen Pol in fteter oder periodifcher Steigerung, den un- teren in fteter oder periodifcher Minderung feiner osmotifchen Spannung begriffen. Wir nehmen nun, wie fchon angedeutet, an, daß die letzte Urfache der Bewegung außer der Temperatur der Zuwachs an plaftifchem Material ift, daß ohne diefen Zuwachs im Blatte ein Zuwachs der feften Hülle ebenfowenig wie eine Strömung in ihr denkbar ift, und erhalten: Der wirkliche endliche Zuwachs an osmotifcher Spannung in der Kette ift von der Wurzel ganz unabhängig, deßwegen kann von der Wurzel niemals ein Zuwachs an ftromerhaltender Kraft ausgehen. RT 472 B VIH. Theorie der ‚Ernährung der Pflanzen. in der verfchiedenften Weife vor fich gehen kann, von dem Kürbis, wel- cher die größte Maffe des in der Lichtperiode gewonnenen Stoffes an wenige riefenhafte Früchte, gegenüber dem Getreide, welches die Mafle in kleine, aber zahlreiche Körner u. f. f. vertheilt, und fehen den Baum als einfachfte. Mafchine defswegen an, weil er in mehreren Jahren, Jahr- zehnten die gewonnenen Aflimilationsproducte hauptfächlich zu feiner eige- nen Befeftigung, zum Zuwachs an folcher Maffe verbraucht, welche in ihm abgelagert capitalifirt wird, fo kann gezeigt werden, wie viel von dem Volum der Zuwachsfchale » aus dem Jahre z, und wie viel aus dem Jahre n—ı ftammt (f. Fig. 317) )). Nennen wir zunächft a den mittleren Afchengehalt aller Theile, welche im Zeitraum 7 entftanden find, a‘ den mittleren Afchengehalt des Waffers und m die im Zeitraum T' entftandene Maffe, fo ift a DER die Waffermenge, welche den Baum vom Boden aus durchftrömte, nach der Atmofphäre verdunftete und die feften Theile zurückließ. Ift ferner c’ der mittlere Kohlenfäuregehalt des Luftoceans, welcher mit dem Baum in Berührung trat und feine Kohlenfäure an denfelben ab- gab, c aber die Kohlenfäure, welche aus der capitalifirten Mafle entfteht, wenn fie vollftändig verbrennt, fo ift We Q=m7z c !) Literatur über die Wirkung des Lichtes auf die Pflanze. Dr. WırHn. Knor, Ueber das Verhalten einiger Wafferpflanzen zu Gafen. Leipzig. Leopold Voß. 1853. — Jos. Anton Böhm, Beitr. zur näheren Kenntniß des Chlorophylis. Wien. Hof- u. Staatsbuchdruckerei. 1857. Beitr. zur näheren Kenntniß des Pflanzengrüns. Separatabdr. aus d. Sitzungsber. d. k. Ac. d. Wiff. Wien. 1863. — J. Sachs, Ueber den Ein- fluß des Lichtes auf die Bildung des Amylums in den Chlorophylikörnern. 365. Bot. Ztg. 62. Ueber den Einfluß des Tageslichtes auf Neubildung und Entfaltung verfchiedener Pflanzen- organe. I1—30. z. Mo. 31—33. Bot. Ztg. 1863. Ueber die Auflöfung und Wiederbildung des Amylums von Chlorophylikörnern bei wechfelnder Beleuchtung. 289. Bot. Ztg. 64. Wirkun- gen farbigen Lichts auf Pflanzen. 353. 61. 69. Bot. Ztg. 64. — ALEX. v. WOLKOFF, Einige Unterfuch. über die Wirkung des Lichtes von verfchiedener Intenfität auf die Ausfcheidung der Gafe durch Wafferpflanzen. S. 1. PrınssH. Jahrb. Bd. V. 1866—67. — Dr. E. AskEnasY, Beiträge z. Kenntniß des Chlorophylis und einiger dasfelbe begleitender Farbftofle. 225. 33. Bot. Ztg. 67. — Marc MicHELı, Quelques observations sur la matiere colorante de la chloro- phylle. 1867. — Dr. An. Mayer, Production von organifchen Pflanzenfubftanzen bei Aus- fchluß der chemifchen Lichtftrahlen. Abh. a. d. «Landw. Verfuchsftationen». 1867. — Prof. A. Faminrzin, Die Wirkung des. Lichtes auf die Zelltheilung.der Spirogyra. (Melanges physiques et chimiques tires du bulletin de Pac. imperiale des sciences de St.-Petersbourg. 1868.) — C. TimirJaserr, Ueber die relative Bedeutung von Lichtftrahlen verfchiedener Brech- Affimilation. 473 ‘die Luftmaffe, und wenn wir mit der Dichte dividiren, das Luftvolum, welches von dem Baum im Zeitraum 7 umfpült war, oder beftimmter ausgedrückt, das Luftvolum, welches einerfeits von den Blättern, anderer- feits von dem Waffer des Bodens feiner Kohlenfäure beraubt wurde. Führt man die numerifche Rechnung aus, indem man einführt für m ı g für d 0,002 für die Gefammtafche der Fichte etwa, a’ 0,0015 für den mittleren Gehalt im Drainwaffer, c 1,83 g für ı g Cellulofe, - c 0,05 Volumprocente Kohlenfäure in der atmofphärifchen Luft, m 18, fo erhalten wir näherungsweife 1—2 cbm Waffer und 2—3 cbm Luft, welche nöthig waren, um ı g Holzfubftanz zu bilden. barkeit bei der Kohlenfäurezerfetzung in Pflanzen. 169. (Vorl. Mittheilung.) Bot. Ztg. 69. — Dr. W. PFEFFER, Die Wirkung farbigen Lichtes auf die Zerfetzung der Kohlenfäure in Pflanzen. — Sachs, Arbeiten des botanifchen Inftituts in Würzburg. Heft ı. Leipzig. 1871. Engelmann. — W. PFEFFER, Zur Frage über die Wirkung farbigen Lichtes auf die Kohlenfäurezerfetzung. 319. Bot. Ztg. 71. — B. FRANK, Ueber lichtwärts fich bewegende Chlorophylikörner. 209. 225. Bot. Ztg. 71. — ]J. Remke, Ueber den Einfluß farbigen Lichtes auf lebende Pflanzenzellen. 790. 797. Bot. Ztg. 71. — J. BARANETZKY, Bemer- kungen über die Wirkung des Lichtes auf Vegetationsproceffe und Chlorophylizerfetzung. 193. Bot. Ztg. 71. — J. Wiesner, Vorläufige Mittheilung über das Auftreten von Chloro- phyli in einigen für chlorophylifrei gehaltenen Pflanzen. 619. Bot. Ztg. 71. — Prof. Dr. Jos. Baum, Ueber die Bildung von Sauerftoff durch grüne in kohlenfäurehaltiges Waffer getauchte Landpflanzen. (Abdr. aus dem Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiffenfch.) 1872. — Dr. GREGOR Kraus, Zur Kenntniß der Chlorophyllfarbftoffe und ihrer Verwandten. Stutt- gart. E. Schweizerbart. 1872. -— W. PFEFFER, Die Wirkung der Spectralfarben auf die Kohlenfäurezerfetzung in Pflanzen. 425. 449. 465. Bot. Ztg. 72. — Dr. Jos. BeeHm, Ueber den Einfluß der Kohlenfäure auf das Ergrünen und Wachsthum der Pflanzen. Abdruck a. d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiffenfch. 1873. — N. PRINGSHEIM, Unterfuchusgen über das Chlorophyll. Kgl. Akad. d. Wiffenfch. October 1874. — JuL. WIEsNER, Vorläufige Mittheilung über den Einfluß des Lichtes auf Entftehung und Zerftörung des Chlorophylis. 116. 559. Bot. Ztg. 74. — A. BaraLm, Ueber die Zerftörung des Chlorophylis in den lebenden Organen. 433. Bot. Ztg. 74. — A. MAvER, Ueber Sauerftoffabfcheidung aus Pflanzentheilen bei Abwefenheit von Kohlenfäure. Sep.-Abdr. a. d. Verh. d. Heidelberger naturhift.-med. Vereins. 4. Auguft 1875. — Fr. K. KnauEr, Unfere Kenntniffe von der. Entftehung und dem Baue des Chlorophylis. Wien 1875. Alfred Hölder’s Univerfitäts- Buchhandlung. — H. HorrMmann, Culturverfuche. 601. 617. Bot. Ztg. 75. Ein Beitrag zur Lehre von der Vitalität des Samens. 681. 697. Bot. Ztg. 75. — E. AskEnasy, Ueber die Zerftörung des Chlorophylis lebender Pflanzen durch das Licht. 457. 473- 496. Bot. Ztg. 75. H. HorFFmann, Culturverfuche. 545. 561. Bot. Ztg. 76. — E. Askenasy, Ueber den Ein- Auß des Lichtes auf die Farbe der Blüthen. ı. 27. Bot. Ztg. 76. — B. Frank, Ueber die Veränderung der Lage der Chlorophylikörner und des Protoplasmas in der Zelle und deren innere und äußere Urfachen. PrinGsH. Jahrb. VIII. S. 216. — J. WIESNER, Unter- fuchungen über die Farbftoffe einiger für chlorophylifrei gehaltenen Phanerogamen. PrinGsH. Jahrb. Bd. VIII. S. 575. — E. Lommeı, Ueber Fluorefcenz. 474 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. A. Uebersicht der Erscheinungen an der Erde'!). Die grüne Pflanze zieht in den Kreislauf der organifchen Bewegung vorzugsweife herein: die verfchwindend kleinen Mengen von Ammon- und Salpeterfäurefalzen und die Kohlenfäure, welche ebenfalls einen fehr kleinen Volumtheil der Atmofphäre ausmacht. Nach den Beobachtungen von Bous- SINGAULT, dem wir die exacte Bearbeitung eines Theiles der hier einfchlä- gigen Fragen verdanken (f. oben S. 403), häuft die Pflanze zunächft die affımilabeln Formen der Stickftoffverbindungen. Bei diefem Procef wird freier Sauerftoff in die Atmofphäre abgefchieden und verbrennliche Subftanz in dem aflimilirenden Pflanzentheil angehäuft. Die grüne Pflanze erhält 1) Zwei Proceffe fpielen fich an der Erdoberfläche ab und erhalten die organifche Bewegung durch Jahrtaufende continuirlich. Der eine ift eine Verbrennungserfcheinung und erzeugt Wärme und durch deren Verbrauch äußere Arbeit, der andere ift ein Abforptionsphänomen; diefer verbraucht Wärme und Licht, erzeugt chemifche Spann- kraft, welche zum Theil an der Oberfläche der Erde in Form von Wäldern und Kohle- fedimenten capitalifirt, zum Theil in der äußeren Arbeit von Lebewefen langfamer oder fchneller ausgelöft wird. Die Erde erfcheint uns unter diefem Gefichtspunkt als eine Zelle, mit einem außerordentlich dünnen Ueberzug zum großen Theile grüner Gewächfe, an welchen fich das Abforptionsphänomen für Licht und ftrahlende Wärme vollzieht, die grüne Pflanze fomit als die Mafchine, in welcher chemifche Spannung gebildet wird. Der Sonnenftrahl ift die einzige letzte Betriebskraft für diefe Mafchine. Leicht ift einzufehen, daß diefelbe für unfere Mafchine eine conftante Strömungsbewegung ift, welche mit gleich bleibendem Gefälle von der Sonne ausgeht. In ungeheuren Zeiträumen erft wird fie mit der Abkühlung des Sonnenkörpers ein Ebben, ein Nachlaffen in der Intenfität, eine Verringerung des Gefälles zeigen können. Für eine gegebene Pflanze wird fomit die Größe des Umfatzes, des Betriebes, außer von ihren fpecififchen Eigenfchaften, ledig- _ lich von ihrer Fläche und der Zeit abhängig fein. Diefe Betrachtung führt uns zu dem Capital an chemifcher Spannkraft in den Wäldern, in den Kohlenflötzen und Torfmooren und auf diefem Wege zu früheren geologifchen Epochen. Die Rente der Betriebskraft läßt fich meffen durch das Gewicht fefter verbrenn- licher Subftanz, welches in einem gegebenen Zeitraum auf einer gegebenen Lichtfläche zurückgelegt wurde. Von folcher Betrachtung ausgehend, lernt man die Pflanze als eine Mafchine an- fehen, welche das endliche Refervoir organifirter Maffe an der Erdoberfläche dauernd in Bewegung erhält, indem fie von jener von der Sonne ausgehenden Betriebskraft eine ver- fchwindend kleine Menge in fich aufnimmt. Was fich an der Erdoberfläche in ungeheuren Proportionen und in ungeheuren Zeiträumen vollzieht, könnte man in einem Experiment, bezogen auf einen winzigen Raum, ausführen. Man könnte das Wefen des Betriebes an der ganzen Erdoberfläche durch ein Differenzexperiment einfacher Art zur Anfchauung bringen: ich denke mir einen gefchloffenen Raum von Glas, welcher fo befchaffen fein möge, daß die gewogene Menge atmofphärifcher Gafe aus dem Recipienten M nach dem Recipienten M’ diffundiren oder ftrömen kann. In M möge eine Mafchine oder ein nie- derer thierifcher Organismus arbeiten oder leben. In M’ möge eine niedere grüne Pflanze vegetiren. Der Behälter wird mit der nöthigen Menge anorganifcher Nährfalze befchickt Affimilation. 475 fomit ftetig den umgekehrten Proceß, welchen zu gleicher Zeit die Thiere und alle Wärmemafchinen ausführen. Letztere confumiren verbrennliche Subftanz ftets auf Unkoften der von Pflanzen .capitalifirten Affimilations- producte. Der Vorrath von verbrennlichen Körpern diefer Art, welcher im. gegebenen Zeitpunkt an der Erdoberfläche befindlich ift, könnte ge- wogen gedacht werden. Er ftellt in ficherem Sinne die potentielle Energie der organifchen Welt dar. Im Umtrieb von der verbrennlichen Form (potentielle Energie der Molecularcomplexe) nach dem Zuftand des Ver- brennens in lebenden Pflanzen, Thieren und in Mafchinen (actuelle Energie) befinden fich fomit C, H, O, N, und fie befanden fich, ehe fie in erfteren Zuftand eintreten, mit Ausnahme des atmofphärifchen Sauerftoffs im Zuftande höchfter Oxydation als Salze oder für C als COs. B. Die Endproducte der Assimilation und deren Verbrennungs- wärme. Wir fetzen hier, was fpäter (S. 474 Note) zu erweifen ift, voraus, daß und kann offenbar fo zugefchmolzen werden, daß nach außen ein Verkehr abfolut un- möglich ift. Er kann fo befchickt werden, daß die Proceffe in der Verbrennung in M genau &quilibrirt werden durch die Reduction in M‘. Der Apparat ift eine Welt für fich, in welcher, wennfchon in verfchwindendem Maße gegenüber denfelben Vorgängen an der Erdoberfläche, für lange Zeit, wenn nicht für immer, organifche Bewegung herrfcht. Der Apparat kann in allen Punkten gleiche Temperatur befitzen, mit Ausnahme felbft- redend der Lebewefen felbft in ihm, er kann in M befchattet, ja felbft in abfoluter Dunkel- heit fein. In M’ aber muß, wennfchon mindeftens diffufes Licht eindringen. In einem gleichen Apparat, welcher als Parallelverfuch hergeftellt und in gleichem Sinne be- fchickt und in abfoluter Dunkelheit aufbewahrt it, wird Tod eintreten, während in dem erften für lange Zeit Bewegung erhalten bleibt. Wir haben fomit eine gewogene Menge anorganer Salze und die atmofphärifchen Gafe in dem erften Apparat in Umtrieb gefetzt, fo daß ein umkehrbarer Kreisproceß ftetig unterhalten blieb durch einen verfchwindend kleinen Aufwand von ftrahlender (leuchtender) Wärme. In unferem Apparat ift eine gewogene Menge Kohlenftoff in Form von zwei Ma- fchinen (ein Thier und eine Pflanze) und der Form von Kohlenfäure im Betriebe. Offen- bar wird die Größe des Betriebes außer von der von außen einfallenden Betriebskraft noch von der Befchaffenheit der beiden Mafchinen abhängen, d. h. von der Anzahl der Uebergänge eines Kohlenftoffatoms nach dem Oxydationszuftand Kohlenfäure und umge- kehrt von diefem nach dem Zuftande der Reduction. Mit Hilfe des Apparates kann fomit gezeigt werden, daß Licht die einzige Betriebskraft für einen ftetig anhaltenden Umtrieb ift. Der Apparat reicht aber nicht aus, um das abfolute Maß im mechanifchen Sinn für den Betrieb zu meflen. Die grüne Pflanze felbft ift eine Mafchine, welche außer der Re- duction auch den Proceß der Athmung ausführt. Draußen im Freien fpielen fich fomit beide Vorgänge in jedem Blattflächenelement ab. Werfen wir einen Blick auf die Vor- gänge im Waldbaum. Wir nennen die Gefammteinnahme in eineg Lichtumtrieb das Gewicht an verbrennlicher Subftanz. 476 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. die Verbrennungswärme der Affimilationsproducte gefpeicherte Sonnen- wärme ift!). Ehe diefe Körper irgend wo und wie, fei es in der Pflanze oder im Thierkörper, zu der Verbrennung kommen, führen fie gewiffe Bewegungen in der Pflanze felbft aus, welche im chemifchen Sinne bis jetzt nicht auf- geklärt find. Zuletzt werden fie als fefte Niederfchläge, Cellulofe, Stärke- mehl oder als Zellinhalte, Protoplasma, Eiweiß in beftimmten Zellen dauernd angehäuft oder fie fließen als Bauftoffe in den Thierkörper. Vergleicht man 1) Das Gewicht verbrennlicher Subftanz in einem Baum, deffen Wärme- menge dem aufgenommenen Maße Sonnenwärme entfpricht, fetzt fich zu- fammen aus: ı° einem Theil, welcher verbraucht wurde, um Eigenwärme, fowie äußere pofi- tive Arbeit zu produciren (f. unten Arbeit der Pflanze); 2° einem Gewichtstheil von Secreten (Körper, welche für weitere Verwendung bedeutungslos find); dahin gehören: a) alle im Innern des Baumes zum Theil ftrömenden, zum Theil ein- für allemal abgefchiedenen Körper, welche nicht in die fefte Hülle eingehen; b) alle Theile, welche abtropfen oder abfallen, Blätter, Früchte, Zweige; 3° dem Gewicht an fefter Subftanz im Zuwachfe; 4° dem Gewicht derjenigen gelöften und zeitweilig im Zuftande eines Niederfchlages befindlichen Körper, welche früher oder fpäter einmal den Zuwachs der feften Hülle ver- mehren (z. B. der Stärkevorrath). Der unter 4° genannte Theil aber fetzt fich wieder aus zwei Theilen zufammen. Der eine Theil geht in der nächften Vegetationsperiode (allgemein einer fpäteren Zeit, bezogen auf den Zeitpunkt unferer Bilanz) in die unter 1° bis 3% genannten Theile über, oder er wird zum Athmungsaufwand verbraucht. Der Reft ftellt eine jedenfalls ver- fchwindend kleine Maffe, das Lebewefen des Baumes dar. Denken wir uns nun mit Hilfe der fchärfften analytifchen Methoden das Gewicht aller diefer Theile am Ende eines Lichtumtriebes feftgeftellt, fo würde uns dennoch ein Theil der in dem Gewicht fefter Subftanz aufzufuchenden Wärmemenge entgangen fein. Diefer Reft läßt fich experimentell nicht beftimmen, wie ich in dem Nachfoigenden zu zeigen habe. Ich betrachte, um dieß zu erweifen, zuerft den einjährigen Umtrieb (Aus- faat-Ernte) bei einem Getreidekorn; fodann den vieljährigen Umtrieb bei einem Wald- baume, und unterfuche zuletzt die Einnahme auf gleicher Fläche für beide. In einem gegebenen Cultur-Areal ift bei conftantem Zufluffe aus dem Boden nach der Pflanze, wie bekannt und wie früher fchon betont wurde, das Licht die einzige Be- triebskraft, die Culturpflanze wird zum Wirthfchafter und die Gefammteinnahme ift die Wärmemenge, welche durch die Pflanze producirt wird, plus der in Form fefter, verbrenn- licher Subftanz capitalifirten Maffe. Wir fehen aus dem Verlauf diefes Proceffes fomit, daß die Capitalifation von Kohlen- ftoff, wie fie etwa in der Steinkohlenperiode an der Erdoberfläche ftattgefunden hat, bei einjährigen Pflanzen unmöglich wird; felbft wenn wir uns in der gefchilderten Bewegung ein Moment denken, welches die Lichtfläche vom erften nach dem zweiten, nach dem dritten jährlichen Umtrieb um das n-fache vergrößert. Ließen wir gar andererfeits die Lichtfläche conftant durch alle Umtriebe, fo ift klar, daß der Verluft an verbrennlicher Subftanz noch größer fein würde. In jener Reihe würden Affimilation. 477 die Verbrennungswärme folcher mit derjenigen des reinen Kohlenftoffes?), fo ift diefelbe am größten bei vollftändiger Verbrennung in reinem Sauerftoff, für 1 g verbrannten C werden 7678 g Wafler um ı° C. erwärmt. Bei der Verbrennung in atmofphärifcher Luft aber werden nur gegen 4—5000 g Waffer um ı° C. erwärmt. Die Cellulofe in der atmofphärifchen Luft ver- brannt, ergiebt nahezu 4000 Wärmeeinheiten. Für verfchiedene der wich- tigeren Aflimilationsproducte erhalten wir: für 81 g Eiweiß 374 Calorien, « 116 « Fett 1044 « « 263 « Stärke 1052 « (nach Fıck, Die Naturkräfte in ihrer Wechfelwirkung. Würzburg. Stahel. 1869). zunächft in den erften Umtrieben die Gewichte (p) der Erntekörner kleiner werden, weil in dem Areal die Anzahl: der in ihm möglichen Keimpunkte überfchritten ift; fodann aber würde von Umtrieb zu Umtrieb ftets mehr Kohlenftoff durch Athmung verloren gehen, als für das Maximum des Betriebes nöthig ift. Nach derfelben Anzahl von Jahren, wie in dem erften Fall, wo wir die Licht(Cultur)fläche wachfen ließen, wird fomit die letzte Körnerernte, alle übrigen Bedingungen gleich gedacht, kleiner fein. Der Nachtheil, in welchem fich einjährige Pflanzen befinden, gegenüber dem dauern- den Baume, liegt fomit darin ’begründet: ı° daß fie in einer unbegrenzten Kette von Umtrieben einen zu gro- ßen Aufwand in der Athmung treiben; 2° daß fie mit jedem neuen Umtrieb das den Racenftamm erhaltende . Lebewefen in folche Keimlinge vertheilen, welche ihre Wirthfchaft mit dem größten Aufwand beginnen; 3° daß mit jeder folchen Vertheilung der Verluft der vorher befetzten Lichtfläche verbunden if; 4° daß fie in der Richtung des Sonnenftrahles die geringfte Ausdeh- nung erreichen, fomit die Betriebskraft am fchlechteften ausnutzen. 1) Verbrennungswärme ı g in O-gas, d. h. wenn ı g der verzeichneten Elemente in O vollftändig verbrennt, werden g Waffer um 1° C. erwärmt. H 33808 GC 7678 2 5 2307 Fe 4134 Zn 5366 Verbindung mit C/, Verbindungswärme mit Säuren. ı g der Subftanz. ıg mit S50s NO: CIH K 2655 KaO 342° 330 333 Zn 1529 NaO 520 493 493 Fe 134 FeO 303 268 273 ZnO 255 203 203 478 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. In einem von Pflanzen befetzten Areal der Erdoberfläche ftellt die Pflanze eine wärmefammelnde Mafchine dar, welche in, für fie felbft un- vortheilhafter Weife verbrennliche Subftanz häuft, wenn fie das von ihr beherrfchte Areal nach einer Sommerperiode wieder preisgiebt, fo die einjährigen Culturpflanzen. Dieß beruht einfach darin, daß die von einer gegebenen Pflanze mögliche Anfammlung von Wärme aus den Sonnenftrahlen direct proportional der Zeit und direct pro- portional der Fläche ift, welche von der Pflanze befiedelt ift. In den ärmften Regionen, in der arctifchen und hochalpinen, herrfchen faft nur Flechten, welche dennoch ftete und merkliche Verbrennungswärme häufen, weil fie felbft keinen Aufwand machen und weil fie ausdauern'). !) Wir haben es am einfachften, wenn wir abfehen von jenen perennirenden Pflan- zen, welche zwar periodifch, wie die einjährige Pflanze, dem Lichte einen, im erften Um- trieb hinfälligen Sproß entgegenfenden, fonft aber mit einem unterirdifchen Stocke aus- dauern, mit dem Baume, als einem Lebewefen zu thun, welches zu der vorjährigen Ein- nahme die diesjährige hinzufügt, ohne daß das zurückgelegte Capital außer Continuität geräth mit dem Zuwachs. Die Gefammtbewegung als Folge der in dem bewohnten Areal eingeftrömten und verbrauchten lebendigen Kraft des Lichtes verläuft aber, wie fich leicht ergiebt, ganz anders wie bei der einjährigen Pflanze. Dort war die für das Lebewefen verfügbare Lichtmenge eine fo begrenzte, daß ein Zuwachs an verbrennlicher Sub- ftanz für den Stamm der Race nur zu ermöglichen war dadurch, daß wir die Lichtfläche von Umtrieb zu Umtrieb vergrößerten und zwar fo, daß fie im directen Verhältniffe zu der Anzahl der Ausfaatobjecte wächft. Jetzt wächft der Zuwachs mit der Zeit, weil in Folge jener Continuität der aus den aufeinander- folgenden Umtrieben erhaltenen Zuwachsmaffen die Lichtmenge, welche dem Stamme zu- ftrömt, eine größere wird. Bis zu einer gewiflen Grenze wächft die Lichtfläche und da- mit die Betriebskraft, ohne daß das bewohnte Areal vergrößert zu werden braucht. Die Betriebsfläche des Baumes wird auf einen ftetig zunehmenden Rotationskörper (die Krone) hinausgefchoben, die Anzahl der Licht aufnehmenden Blattfchichten wächft in Richtung des Sonnenftrahles. Zwar wird, wie bei dem einjährigen Umtriebe und vor- zugsweife in der gemäßigten Zone, alljährlich ein ähnlicher Aufwand getrieben, welcher in geometrifcher Progrefion mit dem Stamme wächft, dadurch, daß die fich entfaltenden Knofpen athmen, dadurch, daß alljährlich ein Theil oder alle Blätter hinfällig werden; nichtsdeftoweniger ift diefe Mafchine vortheilhafter eingerichtet: 1° weil alle Knofpen (Keimpunkte) mit einem gemeinfchaftlichen größten Refer- voir in Verbindung ftehen, aus welchem fie ihren Aufwand (derfelbe fetzt fich wie bei dem Getreidekorn aus drei Theilen zufammen, von welchen wie dort jeder für den Stamm eine geometrifche Reihe bildet; jetzt aber fällt der Verluft und die äußere Arbeit für Zweige und Wurzeln fort, oder er ift aufein Minimum befchränkt) decken; während bei der einjährigen Pflanze jedem Keimobject eine gewiffe Menge verbrennlicher Subftanz mit- gegeben wird, von welcher der Ueberfchuß verloren geht, fließt der Ueberfchuß bei dem Betrieb der Knofpenentfaltung zurück in das gemeinfame Refervoir; der letztere Betrieb ift. aus diefem Grunde fchon rationeller; 2° weil ein Theil der äußeren Arbeit nicht mit jedem Umtrieb verloren geht, fon- dern in dem Zweigfyftem erhalten bleibt; Affimilation. 479 Dasfelbe gilt für faft alle Moofe, für alle perennirenden Phanerogamen und höhere Cryptogamen an folchen Grenzen der Vegetation, wo die übrigen Lebensbedingungen außerordentlich ungünftig find. Alle den Waldfchatten be- wohnenden Moofe find z. B. im Allgemeinen im Walde perennirend, viele Acker bewohnende aber find einjährig. Das vornehmfte Studienobject aber ift der Wald, wo von Jahr zu Jahr, immerhin jedesmal mit dem Aufwand fämmtlicher oder eines Theiles der Blätter, während des Zeitraums von Jahrhunderten verbrennliche Maffe in den Jahreslagen des Holzkörpers ge- fpeichert wird. 3° der Aufwand in der Auflockerung der Gewebe ift in der Baumknofpe kleiner wie in dem Saatkorn, weil die Disgregationsgröße- eine kleinere ift; wir verftehen unter derfelben den Unterfchied im Volumen einer und derfelben Zelle von dem jüngften klein- ften nach dem älteften größten Zuftande; diefer Unterfchied ift an der vegetativen Knofpe kleiner wie an der embryonalen, er ift an dem Haupttrieb kleiner wie am Seitentrieb — er ift an einer Hauptknofpe, weiche 100 Jahresperioden glücklich beftanden, kleiner wie an einer folchen, welche erft wenige Jahre fich geöffnet und gefchloffen hat. Wir dachten uns für eine und diefelbe Lichtfläche alle Maflen gewogen für eine und diefelbe Pflanze und erhielten in dem Gewichte der von der Pflanze in der Zeiteinheit producirten verbrennlichen Subftanz das Aequivalent der mechanifchen Arbeit für das in die Lichtfläche, refp. das Pflanzenblatt, in dem gegebenen Zeitintervall eingeftrömte Licht. Nennen wir nun L denjenigen Theil der lebendigen Kraft des Sonnenftrahls, welcher für die‘ gegebene Zeit von der Blattfläche abforbirt, als Licht und Wärme in dem durchge- gangenen Theil des Strahles fehlt, und denken uns diefen Theil in Calorien (Wärme- einheiten) oder in Kilogrammetern (äußere Arbeit) ausgewerthet; nennen wir / die Wärme in Wärmeeinheiten, welche die beftrahlte Pflanze als chemifche Arbeit behält; 7?“ den Theil, welchen fie ausftrahlt, a die in der gegebenen Zeit geleiftete äußere Arbeit in Wärme- einheiten ausgemeflen und a’ die Anzahl der Wärmeeinheiten, welche durch Verbrennung der in dem gegebenen Zeitintervall capitalifirten Maffe erhalten wird, fo würde die Glei- ‘chung beftehen: j I) L=/+7?’+1+a+a. Offenbar würden wir in der Summe, wenn wir a und /, ! genau experimentell beftimmen könnten, in der rechten Seite genau diefelbe Anzahl von Wärmeeinheiten fin- den, und wir könnten mit einer gegebenen Pflanze für jeden Lichtgrad die mechanifche Leiftung beftimmen. Diefe Beftimmung aber ift unmöglich. Wie ich zu zeigen habe, ift es nicht mög- lich, a’ experimentell zu beftimmen. Man kann wohl mit Hilfe der Photographie, mit Hilfe des Povirzer’fchen Pyrheliometers und des 'Thermomuktiplicators beftimmte Wir- kungen des Sonnenftrahles vergleichen, in Bezug auf die Wirkung des Strahles in der Pflanze aber haben folche Meflungen keine Bedeutung, denn wir erhalten lediglich in dem Zuwachs an verbrennlicher Subftanz ein Maß für die Leiftung des Sonnenlichtes in der Pflanze, welche nicht verglichen werden kann mit der Wirkung des Strahles auf einen Photometer. Stellen wir in die Sonne zur gleichen Zeit ein directes Pyrheliometer nach der Angabe PouviLLer’s, ferner einen Photometer, wie ihn RoscoE vorfchlägt, und eine ab- gemeflene grüne Blattfläche, fo haben wir in jedem diefer einen Apparat, welcher me- chanifche Leiftung des Sonnenlichtes angiebt. Nach einer gewiflen Zeit giebt uns der Pyr- 480 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. In pflanzengeographifcher Hinficht find über die ganze Welt die immer- grünen Nadelhölzer die Pioniere. An der polaren Grenze fowohl wie in der alpinen Region beherrfchen fie die letzte Baumgrenze, weil fie felbft den Aufwand im Verluft der Blätter nicht mehr machen, welcher den Laub- wald gefährdet durch Spätfroft und Confum von plaftifchen Körpern. C. Die Arbeit der Pflanze gegenüber den äusseren Agentien. Es foll hier nicht die Aufgabe gelöft werden, alle Beziehungen der Pflanze zu äußeren Agentien zu ftudiren, fondern es handelt fich lediglich darum, an einem fchlagenden Beitpiele zu zeigen, wie zwei Organismen als Antagoniften in dem Haushalte der Natur erfcheinen, von welchen einer heliometer nach PouiLLET in einer gewiffen Anzahl von Wärmeeinheiten die mechanifche Leiftung der Sonnenwärme, der Photometer von RoscoE oder beffer ein Photometer, in welchem durch die Verbindung von Chlor und Wafferftoff die Intenfität des Lichtes ge- meflen wird, giebt uns die chemifche Wirkung, und die Pflanze giebt uns in dem reducirten Kohlenftoff ein Maß für die Leiftung des Lichtes. In den erften beiden Apparaten ver- laufen während der Beftrahlung die Proceffe in einem Sinne; von dem Photometer, den wir Pflanze nennen, wiffen wir aber, daß er zwei Proceffe in derfelben Zeit ausführen kann, welche fich ihrer mechanifchen Bedeutung nach gegenfeitig vernichten. Es ift die Athmung und die Reduction, erftere vermindert, letztere mehrt jenes Gewicht an redu- cirter Subftanz, durch welches wir die mechanifche Leiftung der Strahlung beftimmen. Die Methode der Unterfuchung erlaubt nun, wie leicht zu überfchauen if, nicht, beide Proceffe getrennt zu meffen. Aus unferer Discuffion geht hervor: daß es in hohem Grade wahrfcheinlich if, daßß die Häufung verbrennlichen Kohlenftoffcapitales durch grüne Pflanzen an der Erd- oberfläche um fo fchwieriger war, je weniger perennirende Gewächfe diefelbe bedeckten, daß es fomit .höchft wahrfcheinlich ift, daß im Beginn der Wirthfchaft niedere und fodann höhere Dauergewächfe mit vieljährigem Lichtumtriebe jene Kohlenanhäufung ausführten, von welcher wir in dicht bevölkerten Erdtheilen noch jetzt in gewiflem Sinne unfere Exiftenz friften. Auch eine Betrachtung aus dem gewöhnlichen Leben zeigt uns, daß in dem großen Verkehr zwifchen thierifchen Lebewefen ‚und, der Pflanze alle organifchen Maffen, welche den Weg nach dem thierifchen Körper-einfchlagen, wohl eine plötzliche Steigerung der organifchen Bewegung bewirken, infofern fie bei höherer Temperatur (Blut- wärme) verbrennen und in vollkommenften Mafchinen Arbeit leiften. Das Endrefultat diefer Bewegung ift aber doch ein Confum und zwar ein rafcherer Confum chemifcher Spannkraft, wie wenn diefelbe verbrennliche Maffe in einem Baume: capitalifirt würde. Die Größe des Betriebes in dem, bezogen auf jenes von der Sonne ausgehende Gefälle (Licht und ftrahlende Wärme) beften Wirthfchafter, in dem Baume etwa, welcher am rafcheften verbrennliche Subftanz anhäuft, hängt noch von dem Kohlenfäuregehalt der Atmofphäre ab. Für die Phafe, in welcher unfere Erdoberfläche fich jetzt befindet, ift es von Intereffe, das Maximum der Ausnutzung des Sonnenlichtes durch Wald zu berechnen, bezogen auf die mechanifche Kraft, welche als Licht und Wärme einftrömt. Freilich wird eine folche Rechnung nur äußerft näherungsweife fein können, weil in fo extenfivem Wirth- fchaftsverfahren, wie das forftliche, wohl niemals eine genaue Beflimmung der Production in unferem Sinne möglich fein wird. 5 = Affımilation. 481 außerordentlich grolje lebendige Kraft der fichtbaren Bewegung zeigt bei intenfiver Verbrennung, während der andere eine minimale Verbrennung, aber auch eine verfchwindend kleine äußere Arbeit in der lebendigen Kraft der Bewegung zeigt). Die Arbeit eines Pferdes kann gefchätzt werden zu 4500 Ks in der Minute. Für acht Stunden macht die die Gefammtleiftung von 2160000 kgmeter, und es wird aufgewandt nach dem mechanifchen Aequivalent der Wärme die Verbrennungswärme von 670 g Kohle, d.h. aus den Nahrungsmitteln, deren Verbrennung in der thierifchen Wärme zum Vorfchein kommen würde, geht jenes Maß der Verbrennungswärme verloren und kommt in der äußeren Arbeit wieder zum Vorfchein. !) Ich nehme einen Hectar Lichtfläche, welche mit ıo0jährigem Buchenbeftande unter den günftigften Bedingungen der Bodenverhältniffe und der Wirthfchaft Kohlenftoff capitalifirt. Die Gefammteinnahme eines folchen Areals berechnet fich nach einer. fehr genauen Zufammenftellung von 'TH. HARTIG zu 1276 cbm fefter Holz- und 1049 166 kg Laubmaffe. Das erftere Maß in Gewicht umgerechnet, indem wir die mittlere Dichte gleich 0,05 fetzen, erhalten wir 638 000 kg, das Trockengewicht der Laubmaffe zu 0,66 des Frifchgewichtes gefetzt, erhalten wir 703 44%5 kg. Im Gefammt 1 441449 kg ver- brennlicher Subftanz. Als Verbrennungswärme von ı g Cellulofe nehmen wir die ex- perimentell beftimmte zu 4314 Wärmeeinheiten, und erhalten fo in 100 Jahren in ı h 596 759 886 000 Wärmeeinheiten angehäuft. Nach den Meflungen PouirLEr’s erhält ı gem Erdoberfläche im Durchfchnitt 231 684 Wärmeeinheiten in einem Jahre. Für unfer Areal und für die Umtriebszeit ift die Strah- lung fomit das Product aus diefer Anzahl von Wärmeeinheiten in zehn Millionen mal die Anzahl der Jahre eines wirthfchaftlichen Umtriebes (100 Jahre). Diefe mechanifche Lei- ftung entfpricht 231 684 000 000 006 Wärmeeinheiten. So viel ift dem Areal zugeftrömt unter der Vorausfetzung, daß die Atmofphäre ohne ftörenden Einfluß gewefen fei. Nennen wir, bezogen auf die Sonnenwärme, diefe Zahl den theoretifchen Arbeitswerth des Areals, fo erhalten wir den wirklich beflimmten Arbeitswerth unferes ıoojährigen Buchenwaldes, indem wir mit dem doppelten Werthe (wir denken uns ein ebenfo großes Areal, welches genau reciproke Zeiten in Umtrieb ift zu den Zeiten, in welchen unfer Wald thatfächlich beftrahlt wird, fo daß die Nacht und der Winter, ‚welche den Proceß in einem Hectar verlangfamen, in dem andern befchleunigen) der in ihm angehäuften Wärmefumme in die erftere dividiren. Wir erhalten 194, d. h. von dem beften Wirthfchafter in unferer Zone ' wird der 194. Theil des theoretifchen Arbeitswerthes ausgebeutet. Bgeilich ift jener theo- retifche Werth viel zu groß angenommen, da bei uns wohl der größte Theil der Be- wegung in den Wolken hängen bleibt und von dort in das Weltall geftrahlt wird. Bezogen auf den Gefammtvorrath und die Function feines Wachfens in der Zeit wird man annehmen müffen, daß die Schwankungen im Zuwachs an chemifcher Spannung nicht unmittelbare Folgen von Schwankungen in der Zuftrahlung fein können, fondern darin begründet find, daß die Anzahl der Kohlenftofftheilchen, welche in”dem Wechfel- betrieb, Verbrennung und Reduction, hin und her fchwanken, eine begrenzte ift, gegen- über dem conftanten Gefälle eines ungeheuren von der Sonne abfließenden Stromes. Der Wechfel in jenem Zuwachs an potentieller Energie, wie er von dem Vorrath der Stein- kohlenperiode bis auf die Productionsgröße der heutigen Zeit uns wahrnehmbar wird, ift diefer Anfchauung nach eben darin begründet, daß der Vorrath an Kohle in irgend einer N. J. C. Miötıer, Handbuch 1. ı. 31 482 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. In dem gleichen Sinne geht in der Arbeit eines erwachfenen Mannes die Verbrennungswärme von ı2 g Kohle und für den Herzfchlag, welcher ı5o ccm Blut gegen einen Druck von 16 cm Queckfilberfäule fortfchiebt, die Verbrennungswärme von 15,5 g Kohle für den Tag verloren.t). Bei allen diefen Mafchinen wird aber eine außerordentlich große Menge äußerer Arbeit geleiftet, neben der inneren Arbeit, welche, gerade wie bei der Pflanze, durch fichtbare äußere Bewegung nicht erkannt wird. Man kann fagen, die innere Arbeit der Thiere ift jedenfalls ähnlich der- jenigen in der Pflanze, aber viel complicirter. In beiden fält diefelbe jeden- Form, fei es Kohlenfäure oder reducirte verbrennliche Subftanz, an der Erdoberfläche ein begrenzter ift. Die Erdoberfläche eilt fomit einem beftimmten Zuftande (dem Zuftande kleinfter Production für ein gegebenes Zeitintervall) entgegen, was darin kenntlich wird, dafß die Curve des Zuwachfes für das Capital verbrennlicher Subftanz von einem Maximum herkommend durch den Zeitpunkt, in welchem wir jetzt ftehen, im Sinken begriffen: ift. Das Maximum jener Curve muß in der Steinkohlenzeit gelegen fein. Hiefür giebt es außer anderen ein einfaches Argument: das grüne Pflanzenblatt der, Jetztzeit vermag, wie zahl- reiche Verfuche beweifen, einen Procentfatz an Kohlenfäure zu ertragen und im Lichte zu zerfetzen, gegen welchen der gegenwärtige Procentfatz an Kohlenfäure in der Atmo- fphäre verfchwindend klein ift. Die Größe der Production in einem gegebenen grünen Pflanzenblatt, während eines kleinen Zeitintervalls (etwa !/2 Stunde) hängt fomit ab, außer von der Intenfität der Beftrahlung, von dem Kohlenfäuregehalt des Gasgemifches, in welchem das Blatt functionirt. BoussinGAULT hat durch genaue gasanalytifche Beftim- ‘mungen gefunden, daß das Optimum des Kohlenfäuregehaltes in dem Gasgemifch, in welchem grüne Pflanzenblätter affimiliren, etwa 10 °/o ift, daß felbft eine faft abfolute Kohlenfäureatmofphäre dann noch ertragen wird, wenn in derfelben wenige Volumpro- cente eines indifferenten Gafes, Wafferftoff oder Stickftoff, vorhanden find. Beachtet man, daß der geringe Kohlenfäuregehalt der Atmofphäre von heute gegenüber jener Production im Experiment in dem gefchloffenen Raum bald verbraucht fein würde, fo erfcheint uns die Ausnutzung der von der Sonne abftrömenden Betriebskraft in der äußerften Schale der von Wald und fonftigen Culturgewächfen ausgefüllten Erdoberfläche überhaupt nur dauernd möglich durch die ungeheure Ausdehnung des Luftoceans. So viel aber, wird überfichtlich, daß eine Zunahme von mehreren Volumprocenten an Kohlenfäure in dem letzteren einerfeits die Production in der von grünen Pflanzen bewohnten Fläche mächtig fteigern würde, und daß wir andererfeits annehmen dürfen, daß in Folge Jahrtaufende langer Production in grünen Pflanzen der Procentgehalt an Kohlenfäure und damit die Productions- größe für das Zeitincrement allmälig herabgemindert wurde bis zu dem heutigen Zuftande. !) Die Literatur über diefe Discufion: R. Mayer, Die Mechanik der Wärme. In gefammelten Schriften. Stuttgart 1867.. Cotta’fche Buchhandlung. S. 55 fl. S. 60 fl. — H. HELMHOLTZ, Ueber die Wechfelwirkung der Naturkräfte. Königsberg 1854. Verlag von Gräfe u. Unzer. S. 35. — A. Mayer, Lehrbuch d. Agrikulturchemie. 2. Aufl. Heidel- berg 1876. Carl Winter’s Univerfitätsbuchh. Erfte u. zweite Vorlefung. — SacHs, Hand- buch d. Experimentalphyfiologie. Leipzig 1865. W. Engelmann. S. ı8 ff. Hier find noch zu beachten: Davy’s Experiment mit den geriebenen Erdftücken. R. MAayver’s Experiment mit dem gefchüttelten Waffer. Joure’s Beftimmung des: mechanifchen Aequivalentes. GERHARD BERTHOLD, RUMFORD und die mechanifche Wärmetheorie. Heidelberg 1875. Carl Winter’s Univerfitätsbuchhandlung. S. 48 ff. Affimilation. 483 falls unter denfelben Gefichtspunkt der Betrachtung. Die äußere Arbeit ift bei dem Thier außerordentlich groß, bei der Pflanze außerordentlich klein. Für die Pflanze würde diefe Unterfuchung auf eine Spitzfindigkeit hinauslaufen, wollte man die Gefammtfumme äußerer und innerer: Arbeit etwa aus den fichtbaren Bewegungen der Wurzeln im Boden, wo freilich ein ungeheurer Druck zurückgefchoben wird, oder in allen Einzelheiten der Evolution oberirdifcher Theile ausdrücken. Was aus diefem Gebiete zu lernen, ift etwa das Folgende: Der Baum der gemäfligten Zone häuft von Jahr zu Jahr fefte Mafle in Folge der Affimilation. Diefe Maffe erfcheint an dem Orte, wo der Baum nach hundert Jahren fteht, im Laufe der Zeit zu einer urfprünglich ver- fchwindend kleinen Anfangsmaffe im Keimling zugefügt. Es wird dabei: Aus dem Princip von der Erhaltung der Kraft (f. die hier einfchlägige Literatur: Crausıus, Mechanifche Theorie der Wärme; HELMHOoLTZ, Wechfelwirkung der Naturkräfte; KIRCHHOFF, Vorträge über theoret. Phyfik, und in dem Handbuch der Experimentalphyfik Wüırner, Bd. II) find zwei Begriffe zunächft zu definiren, um den Beweis zu führen, daß Wärme eine Art der Bewegung if: ı° denkt man fich eine Maffe m mit der Gefchwindigkeit v zur Zeit i in Bewe- gung, fo verfteht man unter lebendiger Kraft diefer Maffe das Product 1a m vR. Bei einem Syftem von Maffen erhält man den entfprechenden Ausdruck, indem man die lebendigen Kräfte der einzelnen Maffen fummirt. Die lebendige Kraft ift conftant, wenn die Maffe fich gleichförmig in der Zeit bewegt. Im Allgemeinen wird fie aber eine nicht lineare Function der Zeit fein, fo beim Wurf, Fall, Stoß und fo fort; 2° als zweiter Begriff it die Arbeit einer Kraft zu definiren. Sei m ein materieller Punkt, der bei Einwirkung der lebendigen Kraft R die be- liebige unendlich kleine Verrückung ds erleidet, fo it — R ds cos » die Arbeit, welche bei der Verfchiebung ds gegen die Kraft R geleiftet wird. Sie ift pofitiv, wenn der Win- kel 9, welcher von der Richtung der Kraft und der Verfchiebungsrichtung eingefchloffen wird, ein ftumpfer ift. Bei der Bewegung des Punktes, m, über eine endliche Strecke ift die Arbeit gleich der Summe der unendlich vielen kleinen Verfchiebungen, aus welchen der Weg zufammengefetzt ift, und in einem Syftem von vielen Punkten ift die Gefammt- arbeit gleich der Summe aus den Arbeiten aller Punkte. Der Satz, welcher zuerft von Bedeutung ift, kann nun fo ausgefpröchen werden: Bei irgend einem Syftem von materiellen Pünken: auf welches irgend welche Kräfte wirken, ift die Verringerung, welche die lebendige Kraft des Syftems durch die Verfchiebung erfährt, gleich der Arbeit, welche dabei gegen die wirkenden Kräfte geleiftet wird. Der Beweis dafür ift diefer: Seien X, Y, Z die Componenten der Kraft R nach den drei Coordinatenaxen, und es feien dx,dy,dxz die Projectionen der Verfchiebung ds auf jene, fo ift —R,dcspo= — (Xdx + Ydy+ Zdzr). Nennen wir nun x‘, y‘, x’ die Coordinaten von m, zur Zeit f, fo ift die wirkfame Kraft X gleich dem Product aus der Maffe m in die Befchleunigung d? xı dc? 31° 484 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. 1° Gewicht es äußere Arbeit A'e; zo diefes Gewicht wird aber (nach S. 13) felbt wieder aus der Luft En dem Waffer condenfirt; 3° werden innere Stiötmungsn ausgeführt, Reibung im Innern über- wunden (Löfung und Niederfchlagbildung 4); 4° wird Reduction ausgeführt, bezogen auf CO2, HeO und Salze 4. Die Summe Ae + A'e + Ai + 4" läßt fich alsdann durch ein be- ftiimmtes Wärmemal) oder durch eine Summe von Kilogrammmetern aus- drücken, wenn alle Verbrennungswärme aus dem Baume gezogen ift. Suchen wir die Werthe näherungsweife fo auszudrücken, daß wir für den beften Wärmefammler, unferen Waldbaum, einen Ueberblick aller inneren und äußeren Arbeit gewinnen. und für beliebige andere Punkte me, ms, ...., auf welche die Kräftecomponenten X», Y%, Za; Xa, Ya, Zs wirken mögen, erhalten wir: mı ee ==. Xi, ma . = a m3 — IR mi — ur mi -_ 424, Multipliciren wir die erfte Reihe mit dxı, dyı, dzı, die zweite mit dxa, dya, dze, die dritte mit dxs, dys, dxs, addiren alle linken und rechten Seiten und bedenken, daß 9% 5 ix - rat = (3); d ca "ER de fo kommt de (mv? + mv? +m vu + mv? +....)=KÄıduıHt Yıdyı + Zudaı + K,de+ fhdp+zdat..., wo unter vı v2 . . die Gefchwindigkeiten der Maffen verftanden find. Integriren wir zwifchen den Grenzen % und th, wo % die Zeit im Anfangspunkt der Bewegung bedeutet, fo kommt: * (m vu? + mv? tmsv?+...) -/ A da+ Yıdyı.“. ar ! + K,dm+.... womit der Satz bewiefen ift. Nennen wir ferner rı2, res, . ... die Entfernungen beziehungsweife der materiellen Punkte mı von me, me von ms u. f. f. und ähnlich f (rı2) , f (res) die Anziehungskräfte, welche in jedem Punktpaar ausgeübt werden, fo find: x — MM xı — x f (ri) HR f (rıe) ER y—yı Fre) —— , f (re) I, f (re) 22 = 2 / (rıe) Leni 1 ' Affimilation. 485 a) Die äußere Arbeit Ae. Sehen wir von dem Wurzelkörper ab und nehmen einen Stamm, welcher 30 m Höhe befitzt, an. Es fei g der Querfchnitt, » die Höhe, f die Formzahl, welche die Forftleute fanden '), d die mittlere Dichte, fo repräfentirt /-qg-h-d=P das Gewicht. Diefes aber ift über die Höhe fh vertheilt uud fei mit h‘ bezeichnet. Die Summe der Meterkilo ift aber gleich der Summe von g-d- dh, wo dh ein Differential des Höhenunterfchiedes und g den Querfchnitt be- deuten. Um die Rechnung auszuführen, beachten. wir, daß das Gewicht des Cylinderabfchnittes ift , fomit wird g = dg (d die Dichte) und die Summe der Meterkilo ift dg +dge + ds + ..... dq h', die Summenformel der geometrifchen Reihe s-2mtntn ,, führen wir die Rechnung aus, fo kommt 3750 Kgm., und dividiren wir diefe Meterkilo durch die Zeit (Anzahl der Jahre), fo erhalten wir die ver- !) Die durch zahlreiche Meffungen gefundene gebrochene Zahl, welche angiebt, auf welche Höhe die wirklich gemeffene Höhe eines Baumes reducirt werden muß, um einen Cylinder von diefer Höhe und dem unteren Querfchnitt als Grundfläche lückenlos mit Holzmaffe auszufüllen. die beziehungsweifen Componenten der Kräfte, mit welchen mı auf m2 und umgekehrt ma auf mı einwirkt. Multiplicirt man die erfte Verticalreihe mit d xı, dyı, dzı, die zweite . mit dxe, dy2, dze, addirt und nimmt die Summe mit dem Minuszeichen, fo kommt a) f (re) = (ae — nı)(de - ds) +lpe—y)lka -dyı)+ (ae — a) (de — dx) rı2 als Ausdruck der Arbeit, welche bei unendlich kleiner Verfchiebung der mı mz gegen ihre Anziehungskräfte geleiftet wird. Bedenkt man nun, daß n2? = (x — ı)? + (ap — yı)? + (22 — zı)2, und daß) hieraus durch Differentiation erhalten wird: mdre= (ae - nı)(de— du)+(p» — y)(dyy—dyp)+ (a — zı)(dae — da), fo verwandelt fich a in f (rı2) d rıe. Hieraus erhalten wir nun die Arbeit bei einer endlichen Bewegung, wenn wir die Entfernungen rı2° rı2! beider Maflen mı m2 in der Anfangs- und Endlage beftimmen und zwifchen diefen Grenzwerthen integriren. Setzen wir rıa! Sr drı = Dias), rı2? 486 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. fchwindende äußere Arbeit von 37,5 Kilogrammmeter. Diefe Arbeit ent- fpricht, wenn wir einen 1oojährigen Baum wählen, dem Aufwand von 0,012 g Kohle für den Tag; man vergleiche diefe Arbeit mit dem Herzfchlag. Die äußere Arbeit Ae“ kann fo ausgedrückt werden: in ı g des trockenen Holzes find nach Früherem (S. 473) condenfirt zu denken: 2—3 kg Waffer zunächft für die Afche, und es darf hier die latente Wärme von Waffer von 100°, nach Dampf von 100° eingeführt werden. (freilich verdunftet der Baum bei niederer Temperatur). Die C-theilchen von ı g Holz aber wiegen 0,44 g, diefe geben nahezu 1,83 g Kohlenfäure. Als Kohlenfäure wurde aber diefe C-menge aufge- nommen aus der Luft, und es entfpricht die Menge von 1,83 g COs einem Luftvolum unter dem mittleren Druck der Atmofphäre (von 760 mm Queck- filber) von 2,5 cbm. Soviel Liter Luft mufste mit dem Baum in Berührung kommen, damit ı g Holz entfteht. fo kommt rı2l Srew dre = Feoss) — F (rı2°) rı2? als Ausdruck der Arbeit bei endlicher Bewegung, und es kommt die wichtige Beziehung zum Vorfchein, daß die Arbeit von der Geftalt des befchriebenen Weges ganz unabhängig ift und nur von der Anfangs- und Endlage abhängt. Dieß gilt für jedes Maffenfyftem, fo lange der Vorausfetzung genügt ift, daß die Anziehungskräfte nur Functionen der Ent- fernung find. Die Hypothefe nun, auf welcher He mechanifche Theorie der Wärme beruht, fagt aus, daß von allen in der Natur wirkfamen Elementarkräften diefe Vorausfetzung gemacht werden dürfe. ‘Sie läßt fich auch dahin beffer ümgeftalten: Bei allen Elementarkräften ift die äußere Arbeit nur abhängig von der Anfangs- und Endlage des Syftems (in diefer Faf- fung dürfen auch folche Kräfte elementare genannt werden, welche, wie die WEBER’fchen, nicht nur von der Entfernung, fondern auch von der Gefchwindigkeit abhängen). Von diefer Hypothefe ausgehend, kann bewiefen werden, daß Wärme eine Art der Bewegung fein müffe. Wir denken uns ein Rad mit Zapfen in einem Lager ruhend, wel- ches mit einem Zuggewicht in Bewegung gefetzt wird. Nach einer ganzen Umdrehung ift Arbeit gegen die Schwere und die Reibung des Zapfens geleiftet. Letztere ift o, denn jedes Theilchen ift in feine Anfangslage zurückgekehrt. Gegen die Schwere ift nur ne- gative Arbeit geleiftet, welcher ein Zuwachs an lebendiger Kraft entfprechen muß), gerade fo wie jeder pofitiven Arbeit ein Verluft an lebendiger Kraft entfpricht. Mit anderen Worten: es ift Bewegung verfchwunden und diefe ift als Wärme aufzufuchen, da wir keine anderen Phänomene in Folge jener Umdrehung kennen. Nennen wir Wärmeein- heit diejenige Wärmemenge, welche die Gewichtseinheit Waffer um 1° der ı00theiligen Scala erwärmt, und k die lebendige Kraft der Bewegung, welche diefer Wärmemenge ent- fpricht, fo ift k das mechanifche Aequivalent der Wärme, Der erfte Hauptfatz der Theorie fagt dann aus: Ageilsions.: 487 Diefe Quantität Luft brauchte nicht alle im Blatt gelöft zu fein. Es läßt fich aber nach dem Partialdruck und den Abforptionscoöfficienten der drei Gafe CO2, O, N ungefähr angeben, wieviel der Gafe in ı 1 Wafler ge- löft werden. Und aus der Blattmaflfe in Liter Wafler ausgerechnet, ließe fich angeben, auf welches Volum jene Gasmafle von 2,5 cbm im Durch- fchnitt pro Tag oder Stunde durch Abforption comprimirt werden mußte. b) Die innere Arbeit Ai‘. Die fefte Mafle in ı g der Subftanz, oder befler gefagt die Maffe, welche dasjenige Volum allmälig ausfüllt, welches fpäter einem Gramme der Holzmafle entfpricht, durchftrömte den Baum einmal als Löfung in In jedem bewegten Syftem von materiellen Punkten ift der Zuwachs an lebendiger Kraft der fichtbaren Bewegung plus der mit k multiplicirten Wärmemenge, welche bei der Bewegung des Syftems entftand, plus der geleifteten Arbeit gleich Null. Ein experimentelles Hinderniß für die hierhergehörigen Erfcheinungen beruht darin, daß wir nicht alle Kräfte kennen, ‚gegen welche Arbeit geleiftet wird. Diefe Schwierig- keit ift zu umgehen, wenn man die in Betracht kommenden Mafchinen, in welchen un- bekannte Kräfte vorkommen, immer wieder in die Anfangslage zurückführt. Ift alsdann die innere Arbeit gleich o, fo lautet der Satz: «Bei jedem Procefl, nach deffen Beendigung die Theile des Syftems wieder in der Anfangslage find, ift die Summe aus der mit k mul- tiplicirten erzeugten Wärmemenge plus der geleifteten Arbeit gleich Null». Wir können eine ideale Mafchine durch einen folchen Kreisproceß führen. Es feien in einem Cylinder ein Gasvolum v, welches unter einem hermetifch fchließenden, aber verfchiebbaren Stempel p abgefchloffen, p der Druck, ! die Temperatur des Gafes im Beginn des Proceffes. Ver- ringern wir den Druck ganz allmälig, fo wächft v von e nach g. In den nachfolgenden Coordinaten, Fig. 429, ift diefer Zuftand des Gafes durch die Ordinate b definirt. Bei dem Uebergange a nach 5 aber foll die Temperatur conftant bleiben, indem wir dem Apparat von einem Wärmerefervoir R Wärme zuführen. If der Druck von p auf p‘ gefunken und das Volum v auf v’ gewachfen, fo wird R entfernt, nun aber die Verringerung der Be- laftung ebenfo allmälig fortgefetzt. Das Volum wächft jetzt nach v2, der Druck finkt jetzt rafcher in Folge davon, daß die Temperatur finkt. Der Punkt c, Fig. 429, ftellt jetzt den Zuftand des Gafes dar. Nunmehr kehren wir den Proceß um, indem wir den Stempel belaften. Der Druck wächft, das Volum finkt. Die Temperatur aber erhalten wir conftant, indem wir den Apparat mit einem zweiten Refervoir Re in Verbindung bringen, welches die Wärme dem Gafe entzieht. Der Zuftand ift jetzt durch d in Fig. 429 dargeftellt. Endlich entfernen wir das (Kälte-) Refervoir und fetzen die Preflung fort, es erfährt das Gas wieder Temperaturzuwachs. Das Volum finkt, der Druck wächft, der Anfangszuftand a, Fig. 429, wird erreicht, und wir haben einen umkehrbaren Kreisproceß befchrieben. Die Arbeiten, welche in demfelben geleiftet wurden, find, wenn wir die Strecken ab, bc, cd, da, Fig. 429, unendlich klein laffen, fo daß die Figur ab, cd von geraden Linien eingefchloffen ift, die folgenden: 1° von a nach 5 ift die Arbeit gleich dem Product aus der Volumvergrößerung in den gegenwirkenden Druck, alfo gleich eg, bg, alfo entfpricht fie der Fläche abge; 2° von b nach c ift fie gleich gh, ch, entfprechend der Fläche b,c,h,g; 488 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. feiner ganzen Länge. Der kürzefte Weg eines Molecules, welches fpäter in dem Gramm fefter Holzfubftanz einkehrt, erftreckte fich vom Boden nach dem erften verdunftenden und affımilirenden Blatte. Ehe das Molecul an dem gegebenen Orte feftgehalten wird, kann es diefen Weg mehrere- male, mindeftens 2mal, zurückgelegt haben. Hier ift es unmöglich, aus den vorhandenen außerordentlich complicirten Bahnen und Bewegungsurfachen ein Maf) der geleifteten Arbeit aufzufuchen (m. f. S. 422 fl.). Dasfelbe Gramm der feften Subftanz endlich wird von Zelle zu Zelle bald Nüffıg, bald feft, als Zucker und transitorifche Stärke u. f. f., und kann, - wenn es endlich als dauernd fefte Holzmaffe niedergefchlagen wird, fo vertheilt 3° von ce nach d erhalten wir c,d, f, h; 4a «dag « « d,a,e,f; giebt man den beiden letzteren das nega- tive Zeichen und addirt die Arbeitsflächen, fo bleibt als Reft die pofitive Arbeit abc.d. Die äußere Arbeit ergiebt fich indeß leicht: Sei g der Querfchnitt des Cylinders, fo ift der anfängliche Druck pg; fei ferner dh die Strecke, um welche p zurückgefchoben wird, fo: ift die Arbeit p-g-dh. Nun ift aber g-d’h nichts anderes, wie die Volumvergrößerung des Gafes dv, die ganze äußere Arbeit ift fomit Jpar=a Wennnung die aus Rı zugeführte, gı dienach Ra abgeführte Wärmemenge bedeuten, fo it Be und nach nmaliger Wiederholung des Progefles Hna= AQ=ng-Qı =nq, fo ik nothwendig 0-Qa= 4 Die Arbeit wurde in unferer «Gasmafchine» aus Wärme gefchaffen, indem wir Wärme von dem wärmeren R nach dem kälteren Refervoir Rı übergehen ließen.- Es läßt fich allgemein zeigen, daß nur auf diefem Wege Arbeit gewonnen werden kann. In keiner anderen Mafchine kann die dabei aufgewandte Wärmemenge kleiner fein wie in unferem Apparat. Der Proceß kann umgekehrt werden, indem wir zuerft von a nach d gehen, den Weg adcb ausführen. Alsdann ftellt dasfelbe Parallelogramm eine negative Arbeit dar, und anftatt eines Wärmeverluftes tritt ein Wärmegewinn auf. Es mögen nun zwei folcher Mafchinen mit den beiden Refervoiren R und Rı arbeiten, die eine M im erften Sinne, indem fie von R die Wärmemenge Q! nimmt, nach Rı die Wärme- menge Qı! überträgt und die pofitive Arbeit A leiftet; die andere Mafchine Mı arbeite umgekehrt, nehme von Rı die Wärmemenge Qı an und gebe an R die Wärmemenge Q ab, leifte dabei aber die negative Arbeit — A. In der folgenden Tabelle fei Wärmeverluft und -Gewinn aus R und Rı zufammengeftellt: Mafchine. | Ref. R. Ref. Rı, Arbeit 4. | M! Hei De + Oi +4 M | +0 —_ Qı — 4 Affimilation. 489 fein, daß es in Jahrringen von der Disgregation der Fig. 428 aII oder aber von der Digregation Fig. 428 eIII, an einem und demfelben Baume zum J’ Zh 7 TER “ Me s@° 2 | SE Ar Eos Ö e u) Fıc. 428. Erklärung: Eiche, Ei II Af, Ei III Zweig der letzten Ordnung. J vorjähriger Ring. Zwh, Zh Holzzuwachs. GG Grenze zwifchen Holz und Rinde. bl, 52, b®... Baftbündel. s’, s" Leitzellen (Siebröhren). whi Infel von Winterholz. Vergrößerung bei allen 108/}. Da nun die Arbeiten fich gegenfeitig aufheben, was aus der Congruenz der Fi- guren abed und adcb erhellt, fo muß auch die Summe der verlorenen und gewonnenen Wärmemengen gleich Null fein, d. h. O — Q! = Qi! — Qı. Da nun Wärme nur von wärmeren nach kälteren Körpern überfließen kann, nicht umgekehrt, fo muß Q< 9 und Qı < Qi! fein. Denken wir uns nun, M! habe den umgekehrten Proceß befchrieben, fo wäre M! an Stelle von M und M an die von M! zu fetzen, und es refultirten dann die Unglei- chungen Qı < Q und Qı: dh > ts und ftellen se Verfuche an, indem wir je zwei zufammen benutzen. Benutzt find: | R Rı Ra Arbeit. N R und R, — 2 . + 0Qı — + 4 Rı « Re — Qı + Q2 +4 R « R + gi Wär, — Qsi| —24 Die Summe der Arbeiten ift nun hier wieder gleich Null; folglich Q — Q1= 9 Qi. Wäre nun Q — O! > o, fo müßte Wärme aus einem kälteren nach einem wärmeren Körper geftrömt fein, wäre Q — Q!< o, fo würde man, alle Proceffe umgekehrt -ge- dacht, zur felben Folgerung kommen, daher kann nur Q = O! und Q? = Ost fein. Da, wie aus dem Vorftehenden fich ergiebt, die Function f (h f) immer diefelbe ift, können wir fchreiben: 1 ee ı te a. == 2 am), Q fÄä te), Oo (tt), woraus folgt: SAah).f(h Re hu) = ı und aa Aflimilation. 491 1..Der Chlorophylikörper !).. In dem Blatte felbft ift es wiederum eine beftimmt geformte Proto- plasmamaffe, der Chlorophylikörper, in welchem die Affimilationspro- ducte zuerft auftreten. Das Pigment ift bei den 4 Öscillarien continuirlich. Bei An- thoceros befindet fich ein einziger Chlorophylikörper in der Zelle. ah Bet den höheren Pflanzen ift das Pigment ftets an individualifirte fphärifche Plasmakörper gebun- den, welche dem farblofen Wand- beleg des Protoplasma eingebettet find. Die Zefklüftung der Proto- FıG. 429. Schema des umkehrbaren Kreisproceffes. Die plasmamaffe ın folche Träger des Ordinate o nach p ftellt den Druck, die Abfciffe o nach v Pigments gefchieht auch im Dun- EN keln, fie ift fomit unabhängig vom Lichte. Das Pigment aber, welches im Dunkeln an etiolirten Pflanzen auftritt, ift ein gelbes. !) H. v. MonL, Ueber den Bau des Chlorophylis. Bot. Ztg. 55. S. 89. I tt (ak) = Eh JB /Gu).f(ekd fh) Laffen wir ? conftant fein und 4, f2 variabel, fo erhalten wir eine Function von zwei Argumenten ausgedrückt durch zwei Functionen mit einem Argument. Bezeichnen wir allgemein f (conft. #) = Tr, fo kommt: 22 ee) E N a er ET TR Eu 5 raaakr: EEE Ra und mit Hilfe der bereits bekannten Beziehung Q — Qi = z A T I Tı 0-ZAT—m 9er Diefe Formeln laffen die Wärmemenge erkennen, mit welchen eine beftimmte Ar- beit geleiftet wird. Wir erfehen daraus, daß, um je verfchiedener 7 und Tı find, ein um ‘fo größerer Theil von Q in Arbeit verwandelt wird. Gäbe es einen Werth von fx, für welchen T; = o wäre, und fetzte man diefen für lı, fo bekämen wir Q = 2 4 CM die ganze entzogene Wärmemenge würde fich in Arbeit umfetzen. Es ift fpäter zu zeigen, daß Tr = o wird für den fogenannten Nullpunkt der Tem- peratur. Die Gleichung läßt fich verallgemeinern. Nennen wir Qı, Q2, Qs .... On die 492 VIlI. Theorie der Ernährung der Pflanzen. 3. Ergrünen im Lichte. Mit Ausnahme der Farrenprothallien und der Coniferen-(Abietineen-) Keimlinge, welche im Dunkeln fich grün färben, unterbleibt im Finftern bei faft allen höheren Pflanzen die Bildung des grünen Pigmentes. Erf bei der Beleuchtung, wennfchon nur in diffufem Tageslichte rafcher wie im directen Sonnenlicht, tritt das Ergrünen ein. Etiolirte (vergilbte) Keim- linge bilden in kurzer Zeit unter diefer Bedingung das grüne Pigment aus. Die Ergrünung tritt auch im Innern der heranwachfenden, fpäter für das Licht undurchdringlichen Früchte ein, fo färben fich die Cotyledonen . bei Evonymus und bei den Cruciferen fchon während der Samenreife. Die Nadelhölzer aber gerade befitzen im Samenzuftand farblofe Cotyledonen. 4. Amylumeinschlüsse. In faft jedem Chlorophylikörper der höheren Pflanzen tritt das wich- tgfte Affımilationsproduct, das Stärkemehl, in Form kleiner Kügelchen nu pofitiven oder negativen Wärmemengen, welche aus den Refervoiren Rı, Re, Rs, . R„ aufgenommen worden find, fo ift Qı Q: de ee iu Wir fehen, daß für n = 2 die Gleichung mit der früheren übereinftimmt, denn der Unterfchied des Zeichens rührt nur daher, daß mit O1, O2, .. . . . Qu die negativen jetzt als pofitive Wärmemengen bezeichnet werden. Dem Beweis diefes zweiten Hauptfatzes der mechanifchen Wärmetheorie werden wir einen Hilfsfatz vorausfchicken. Es feien zwei umkehrbare Mafchinen M und Mi, die bei gleicher Arbeit die be- ziehentlichen Mengen Di, Os 2 22, On und Oil, Qı?, DER Oln von eben fo vielen Refervoiren aufnehmen, fo behaupten wir, daß wenn die n — 2 erften. diefer Mengen einander gleich find, die beiden letzten Paare es auch fein müffen; denn kehren wir bei einer jener Mafchinen den Proceßß um, fo erhalten wir A—- A= 0, Oı = Oi! =:0,..... On—2 FE Ql'u—2 =.0, folglich auch Oo-ı — QOu-ı = 0, On — On = 0. Da aber von einem kälteren nach einem wärmeren Körper Wärme nicht ftrömen kann, fo ift On—ı —F Qlu—ı 5 On = O'n, und damit der Beweis geliefert. Zu dem Hauptfatz zurückkehrend nehmen wir eine Ma- fchine, M!, welche den Refervoiren Ri; R2, 22. u Ra;die Wärmemengen Q!, Q2,..... Qu entzogen hat (wobei Qr ee en in Zst | re g'n—2 Pape g'n Hiebei wird offenbar fein müffen: a) n=Ot!,e+g!= Okt... m. = QO'n-:, weil nach dem foeben bewiefenen Satz weiter folgt: An—ı + g'n—ı = Oln—ı 5 g'n Ol. j Es fragt fich nun, da die Größen gı, 9 . ... gu nicht von einander unabhängig find, fondern nach den Bedingungen: 12 ı u 2 3 n—ıI n ) ee Se ee re a genügen müffen, ob diefe Größen eine reelle Bedeutung haben. Diefe Frage läßt fich analytifch bearbeiten. Als Unbekannte haben wir nämlich ee is en ie alfo 2 („-ı) an der Zahl. Als Gleichungen haben wir die unter a), und noch dazu, weil ja die Arbeiten beider Mafchinen einander gleich fein follen: Ja+tat+ .:.. mat tait ... m—=Q!+ 09 + ... Ob, und diefe machen zufammen auch 2 (»„-r). Die Löfung ift alfo reell. 494 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. 5. Eisen ein Constituent des Chlorophylles. Mit dem Blutkörperchen theilt das Chlorophylikorn die Eigenfchaft, daß die Bildung des Pigmentes von der Gegenwart des Eifens abhängig ift. Die in abfolut eifenfreien Böden oder Löfungen erzogenen Pflanzen werden blaf (chlorotifch). Führt man folchen Pflanzen Eifenfalze durch den Boden zu, fo ergrünen fie von unten nach oben, die Ergrünung foll felbft inftantan auftreten, wenn die chlorotifchen Blätter mit Eifenlöfung beftrichen werden. | 6. Theilung und Lagenänderung. BöHnm hat zuerft darauf aufmerkfam gemacht, daß die Chlorophyli- körper in dem Wandbeleg oder allgemein in dem Zellenraum nicht ftabile Lage befitzen, fondern fpontane Bewegungen ausführen. In einem und demfelben Blatte der Moofe, oder im Prothallium der Farren- kräuter, kann man die verfchiedenen Lagen der Chlorophylikörper erkennen. Fig. 431 B zeigt alle Körner an der Wand, Fıc. 431. Schematifche Darftellung der Lage der : Chlorophylikörper in den Blättern der Moofe. welche fenkrecht zur Ebene des Blattes Mit dem Pfeil fällt das Licht ein. A Apoftrophe. B Epiftrophe. C Indifterenzlage (nach Frank). und parallel dem fenkrecht zu diefer eın- fallenden Lichtftrahl ftehen. Denken wir uns einen Durchfchnitt fenkrecht zur Blattfläche gelegt, fo erfcheinen die Körner in drei Hauptlagen, Fig. 431. Sie liegen auf der Wand, welche dem Lichte zugekehrt oder auf der zu diefer entgegengefetzten, Fig. 431 A, die Epiftrophe nach Frank. Dieß Addiren wir die Gleichungen unter b), fo kommt On Eu Er = 0; haben wir durch den einen Kreisproceß die Wärmemengen qı, 2 ... 4 umgelfetzt, fo wiffen wir die neuen Wärmemengen gı, 9%, : . : gu fo zu beftimmen, daß die („—2) erften Summen qı + q!, @ + @!... gn-2 + g'»—2 fämmtlich verfchwinden. Da nun die Arbeiten auch gleich find, fo haben wir a) 9a g'n = m-ı — g'n—ı < 0. Setzen wir nun auch ı + a! = Qı ,@ + @!= O: u. f. f. und betrachten alfo die beiden Proceffe als in einen verfchmolzen, fo wird: Qı + x2 a8 Bu On u An—ı — g'n—ı + Au — q'n “ In Tn & I An—ı — g'n—ı E _— | Ta—ı Ta b) Affimilation. 495 ift die Lage, welche dem Maximum der Energie entfpricht, weil das mit dem Pfeil eintretende Licht die vollfte Ausnützung erfährt. In Fig. 431 B liegen die Körner an der Wand, welche fenkrecht zur Blattfläche fteht, Apoftrophe, oder unter derfelben Beziehung die Lage im Minimum der Energie. In Fig. 431 C endlich ift der Indifferenzzuftand dargeftellt, welcher meiftens in der Jugend der Zelle herrfcht. Nach der Auffaffung FrAank’s durchläuft die Chlorophylizelle, wie jeder Organismus, eine Phafen- reihe, in welcher beftimmte Bewegungsformen der Jugend, SAH dem Alter zukommen!'). 7. Auffällige Form der Chlorophylizellen. Zur Ausnutzung des Lichtftrahles find in auffälliger Weife die Chloro- phylizellen des Laubblattes der Bäume eingerichtet. Sie befitzen die Ge- ftalt von Prismen, welche fenkrecht zur Blattfläche orientirt find. Eine auf- fällige Differenzirung diefer Art fehlt in der Nadel der Piceaarten, bei welchen der Lichteinfluß nach allen Richtungen des Nadeldarchniellers nahezu der gleiche if. 8. Die Strahlengattung, welche das Pigment bildet, ift bis jetzt nicht genau ermittelt. Die einzigen Angaben hierüber ver- danken wir Sachs (Handbuch der Exp.-Phyf. der Pflanzen). Er zeigt, daß Pflanzen, welche hinter einer das Licht zum Theil abforbirenden Chlorophylllöfung wachfen, noch zur Pigmentbildung gelangen?). Die experimentelle exacte Unterfuchung müßte fo ausgeführt werden, daß ein ftarkes objectives Spectrum der Sonne auf etiolirte Blätter geworfen wird. Die chlorophyllbildenden Strahlen würden dann eine Photographie in grüner Farbe hinterlaffen. Solchem Verfuche ftehen große Schwierig- ‚keiten entgegen, die zum Theil darin begründet find, daß die Pigment- _ bildung immer fehr langfam verläuft. 9. Zerstörung des Pigmentes in lebenden und todten Pflanzen. Diefelbe Kraft, welche das Pigment bildet, zerftört es auch. Man muß fich vorftellen, daß das Leben der grünen Pflanze auf diefem Ver- hältnif beruht, daß unter dem Einfluß von Licht mindeftens zwei Ueber- gänge ftattfinden: 1!) FRANK, PRINGSH. Jahrb. 1871. 2) Es ift zu bemerken, daß von Strahlen, welche in bedeutende Tiefen in’s Blatt ‚eindringen, nur das äußerfte Roth bis zur Linie B, ferner die Strahlengruppen von C bis in die Nähe der Natronlinien (die Gruppe D) vorherrfchen. Alle anderen werden, fo namentlich Blau und Violett, in der einfachen, doppelten oder höchftens dreifachen Blatt- lage vollftändigft abforbirt. 496 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. a) aus einer unbekannten Verbindung wird Chlorophyllpigment gebildet, b) diefes fetzt fich in Kohlehydrate (Amylum) um und wird dabei als Farbftoff zerftört. FıG. 432. Die ftark ausgezogene Curve ftellt die Abforption des normalen Chlorophyllpigmentes, die fchwach punktirte diejenige. des durch. die Einwirkung des Lichtes zerfetzten dar. Die Curve & nach 50 fcheidet endlich die Coordinatenfläche 0, 50 . 90 in zwei Theile, o % ift der Theil des durchgehenden, @. 50 . 90 der Theil des abforbirten Lichtes für Xanthophyli (nach Tımirjaserr). Werden grüne Pflanzenblätter ftark beftrahlt, fo zerfetzt fich, wenn der Tod des von der Pflanze abgelöften Blattes eintritt, fehr bald das Grün. Es treten innerhalb 20—30 Minuten braune und gelbe Pigmente auf, welche das Blatt für chemifche Strahlen undurchläffiger machen. Bedeckt man lebende Blätter nach Sachs mit Stanniolbändern, fo liefern diefelben nach der Beftrahlung eine Abbildung der beftrahlten Stelle, welche dunkler auf hellem Grunde erfcheint. Amylum- und Chlorophylibildung ftehen in diefer Beziehung zu ein- ander: bei Verdunkelung grüner Pflanzen verfchwindet zuerft das Amylum, zuletzt das Pigment. 10. Der Chlorophylikörper ein Organismus. Die Schwärmzellen der Algen, die Gonidien der Flechten find Zellen, welche Chlorophyliplasma enthalten und längere Zeit eine ganz felbftändige Exiftenz führen. Während diefer Zeit führen fie nicht unbedeutende Be- wegungen aus, fie leiften Arbeit und decken den Wärmeverluft durch die Verbrennung der Amylumeinfchlüffe. Sie ftellen, da fie andererfeits auch unter dem Einfluffe des Lichtes die Rohnährkörper zu affimiliren vermögen, den vollkommenften Apparat dar. In ganz ähnlichem Sinne ift der Chloro- phylikörper der höheren Blattpflanze als felbftändiger Organismus aufzufaffen. Affımilation. 497 11. Function der Laubblätter. In jeder Mafche zwifchen den letzten Endigungen der Nerven im Laubblatte treffen die zwei wichtigen Ströme, derjenige aus der Wurzel und der Gasftrom (f. $ 25 C.) zufammen. In den Zellen diefer Gewebe- Fı@. 433. Abforptionsfpestrum des Alkoholetiolin (nach PrınGsuem). Die Abfciffenrichtung ift in die FRAUNHOFER- fchen Linien B bis G getheilt. Am linken. Rande find die Dicken“in mm der durchftrahlten Schichten für eine Löfung mittlerer Concentration von oben nach ‘unten wachfend verzeichnet, bei a geht alles Licht bis in die Nähe der Fraunuorer’ichen Linie F hindurch; bei c fängt der Abfciffenftreifen I: des Chlorophylis, -bei 5 erft der Streif II, bei ; erft find alle Chlorophyliftreifen fichtbar. elemente werden, wennfchon in ganz verdünnten Löfungen, alle Körper vereinigt, welche zur Bildung organifcher Pflanzenfubftanz erforderlich find. Durch die Verdunftung der Laubblätter werden die Löfungen zunächft concentrirt. 12. Durchleuchtung des Pflanzenblattes. In Folge der anatomifchen Structur werden die parallelen Strahlen der Sonne bei dem Durchgang durch ein grünes Blatt außerordentlich zer- ftreut. Der Strahl eilt wechfelnd durch waflergefüllte Zellen und Lufträume. Die fphärifchen Chlorophylikörper wirken felbft wie Sammellinfen von außerordentlich großem Oeffnungswinkel.. Die Folge davon ift, daß das Spectrum des lebenden Blattes nicht fo fcharf begrenzt ift und nicht fo fcharfe Abforptionslinien zeigt wie eine klare Alkohollöfung des Chloro- phylles. Immerhin kann mit Hilfe fehr lichtftarker objectiver Spectra ge- zeigt werden, dafs das grüne Blatt in der Abforption und Fluorefcenz mit dem Chlorophyll in Löfung übereinftimmt. Die wefentlichen Phänomene der Abforption im lebenden Pflanzenblatt find diefe: N. J. C. Mürzer, Handbuch I. ı. 32 498 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Ir. .che photographifch wirkfamen Strahlen werden fchon in der ein- oder höchftens in der doppelten Lage der Blätter vollftändig ab- forbirt; „0 von den sieben Abforptionstärkiken; welche mit Hilfe des Spectrofkopes in der Chlorophylllöfung' nachgewiefen werden, erfcheinen im Blatte nur drei, nämlich / im Roth, I/ im Gelb und dr Abforptionsband in dem ftärker brechbaren Theil des Sonnenfpectrums. 13. Absorption der chemischen Strahlen. HermHorTrz!) hat zuerft darauf aufmerkfam gemacht, daß die Photo- graphieen von Landfchaften, in welchen pflanzengrüne Flächen vorherrfchen, im pofitiven Bilde auffällig fchwarz erfcheinen, daf fomit der Negativfilber- fchicht von den grünen Pflanzentheilen nur eine verfchwindend kleine Menge chemifch (photographifch) wirkfamen Lichtes zuftrahlte®). Legt man, wie RoscoE zuerft verfuchte, grüne Pflanzenblätter auf Chlorfilberpapier und läßt die Sonne hindurchfcheinen, fo geht durch die grünen Flächen zwifchen den Nerven fehr wenig photographifch wirkfames Licht hindurch. Die Nerven aber, ‘wenn fie nicht wie bei der Blutbuche gefärbt find, laffen merkliche Spuren des chemifch wirkfamen Lichtes hin- durch. Es entfteht ein negativer Abdruck der Nervatur und der Blattfläche. Vergleicht man zahlreiche Blätter, deren Negativ auf diefelbe Fläche von Chlorfilberpapier während derfelben Intenfität und Dauer der Beftrahlung hergeftellt wurde, fo erhält man das Maß für den Schatten derfelben, wenn man mit dem Negativ ein pofitives Bild wiederum auf Chlorfilberpapier herftellt. Diefes Pofitiv giebt in der Tiefe des Tones den Grad der Ab- forption für photographifch wirkfames Licht an. Die doppelte Lage der Blätter fämmtlicher unterfuchter Bäume läßt das chemifch wirkfame Licht fo gut wie nicht hindurch. Die Nervatur wird nur bei zwei Bäumen noch fichtbar, bei der Efche und der Robinie. a) Der Schattengrad der Gefammtfläche in der einfachen Blatlage wird am beften ermittelt, indem man in einen Cartonftreifen zwei recht- eckige Löcher fchneidet und diefe fo auf das Pofitiv legt, daß man in einer Oefinung den Schatten der einfachen neben demjenigen der doppelten Lage gleichzeitig fieht. Der Contraft diefer beiden Flächen ermöglicht einen Vergleich zwifchen je zwei Bäumen, und aus zahlreichen Beobachtungen läßt fich eine Scale aufftellen, welche freilich nur auf den geringen Werth Anfpruch macht, den fubjective Lichtmeffungen überhaupt haben können. !) HELMHOLTZ, Wechfelwirkung der Naturkräfte. Königsberg 1854. S. 36. A ?) A. Mayer, Lehrbuch der Agrikulturchemie. Bd. I. S. 39. Heidelberg. Carl Win- ter’s Univerfitätsbuchhandlung (1. Aufl. 1871). Affimilation. 499 Größter Schatten in der Gefammtfläche für photographifches Licht. ı° Taxus (tiefrothe Blutbuche). 2° Salix alba, Erle, Roßkaftanie. 3° Linde. 4° Phafeolus, Kartoffel. 5° Robinie. 6° Afpe. 7° Birke. 8° Efche. 9° Ulme. 10° Eiche. ı1° Ahorn, Buche. ı2° Hainbuche, lichte Blutbuche. Kleinfter Schatten für photographifch wirkfames Licht. b) Schattengrad der Chlorophyllareale.. Die Beftimmung ift außer- ordentlich erfchwert durch die Kleinheit derfelben. Man führt die Ver- ‘ gleichung am beften mit dem Negativ aus. Die folgende Scala konnte ich noch mit einiger Sicherheit aufftellen: ı° die vollftändigfte Abforption: Taxus, 2° Aesculus, Salix alba, Alnus glutinofa, . 3° Ulme, Linde, 4° Ahorn, . Eiche, Buche, Hainbuche, Kaftanie, / ° Efche. Dieunvollftändigfte Abforption fürphotographifche Strahlen. 14. Absorption der minder brechbaren Strahlen. Mit wachfender Dicke der Schicht oder Concentration der Blattgrün- Löfung verfchwinden wie bekannt zuerft die ftärker brechbaren Strahlen des Spectrums (Blau und Violett) und wohl in demfelben Maße der erfte mit der Lithionlinie zufammenfallende Abforptionsftreifen, in zweiter Linie die Strahlen des zweiten und dritten Streifens (der erftere in der Nähe der FRAUNHOFER fchen Linie D, der zweite im Grün). Schichtet man mehrere Blätter aufeinander und läßt das Sonnenlicht unter fenkrechter Incidenz hindurchgehen, fo erfcheint zuletzt die Blattfläche roth von den Strahlen geringfter Brechbarkeit (äußerfte Grenze des Spec- trums bis zur FraunHorer’fchen Linie B). Auf diefe Strahlengruppe: ift das Erythrophytofkop von LommeEL, auf die Strahlengruppe des erften Ab- forptionsftreifens im grünen Blatte (B bis C) ift das Melanofkop abge- ftimmt!). Herr LommEL war fo gütig, mir folche Brillen zuzuftellen; ich 1) Die aus zwei farbigen Gläfern combinirten Lomner’fchen Brillen laffen die Strahlen- gattung BC, Melanofkop, und o bis B, Erythrofkop (Erythrophytofkop), vorzugsweife hindurch. 32° 500 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. war fomit in der Lage, die Blätter verfchiedener Waldbäume für die wich- tigften Strahlengattungen abzuwägen, zu beftimmen, wie viele Blätter des einen Baumes hintereinander gefchichtet entfprechen einer gegebenen An- zahl von Blättern eines beftimmten anderen Baumes. Fıc. 434. Revolverapparat für die Beobachtungen über Durchleuchtung grüner Pflanzentheile. - Da diefe Verfuche nicht an einem Tage erledigt werden konnten, fomit verfchiedene Intenfität des Sonnenlichtes in Betracht kam, fo wurde eine Scale von feinftem Zeichenpapier zum Vergleichen der Intenfitäten des einfallenden Lichtes angewandt. Die Papierftreifen, aus einem und dem- felben Bogen gefertigt, werden treppenartig übereinandergefchichtet und das ganze Syftem von 30 bis 40 Lagen zwifchen zwei Glasplatten gefaßt. Auf jede Treppe ift eine Nummer und ein kreisförmiger fchwarzer Fleck verzeichnet. Die fo hergeftellte Scale kann in einer. Papphülfe, welche über die Oeffnung des Helioftaten paßt, h h‘ Fig. 434, fo verfchoben werden, daß nach und nach die verfchiedenen Schichten (Treppen) vor den licht- durchlaffenden Spalt » ß Fig. 434 gerathen. Die Treppe, in welcher die Zahl und der fchwarze Fleck foeben für das Auge des Beobachters im Dunkelzimmer verfchwinden, ift die Grenze der Durchläffigkeit. In diefelbe Hülfe » h Fig. 434 B, e f Fig. 434 A wurde an den Helioftaten ein Revolverapparat angebracht, um die Beftimmung der Durch- leuchtung grüner Baumblätter möglichft rafch auszuführen. Die im Durch- fchnitt Fig. 434 B fichtbare Hülfe H H' trägt eine viereckige Platte a bc d, in welcher, außer jener Scale S S’ gefchichteter Papierftreifen, eine in C drehbare, fechsmal durchlöcherte Scheibe befindlich it. In der Platte 5 >’ Affımilation. so1 abcd ift. innerhalb der Oeffnung des Helioftaten ef ein kleines kreis- förmiges Loch, auf welches die Tubuli / II... VI mittelft Drehung und Mithilfe des Sperrhakens L ein- geftellt werden können. Die Tubuli (7, Fig. 434 B) nehmen zwifchen der durchbrochenen Endfläche und einem durch- brochenen Deckel die kreisför- migen Blattabfchnitte auf. Der EUER EIN DER ET Apparat ift demnach fo einge- De ee ren aa eye richtet, daß binnen wenigen Minuten 6 Beobachtungen ge- macht werden können. Bei vergleichenden Unterfuchungen ift fomit der Fehler, welcher durch den Wechfel in der Intenfität des Sonnenlichtes entfteht, möglichft klein gemacht. Wir geben hier die .Refultate einer Verfuchsreihe: Mit | ; | Erythrophy- bloßem Auge. | a ae tofkop II. Fraxinus excelfior 3 Bitt. grün roth roth Nerven grün | | 4 » | 7 « | » | » Grünflächen braun | Dreh grün | r | 2 Grünflächen roth | 6 » hellroth | » » ya tiefrubinroth fchwarz » 8» » » 9» dunkelroth » I0 » » fchwarz II » fchwarz » 12.2» » » Die Grenze an der Lichtfcala it = 13° (d. h. die 13: Treppe). Aus zahlreichen folchen Meflungen konnte die Auslöfchung für die wichtigeren Waldbäume beftimmt werden. Wir fetzten die Extinctionsgröße für die Buche ‘gleich eins und vergleichen damit diejenige der fchattigeren Waldbäume. Für die Buche genügen ı3 Blätter in den Hülfen jenes Re- volverapparates, um die Strahlengruppe B C vollftändig auszulöfchen, für die Strahlengruppe des minder brechbaren Roth bis zur Linie B aber bedarf es 20 Blätter zur vollen Auslöfchung; dividirt man in der nachfolgenden Tabelle mit den Coöfficienten in 13 für die erftere, in 20 für die zweite Strahlengruppe, fo erhält man die Zahl der Blätter für den betreffenden Baum. 502 ‚ VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Extinctionsgröße Extinctionsgröße des einzeinen des einzelnen Blattes. ö Blattes. Melanofkop. ER Erythrofkop. Buchs an er I “Buche. . N ERAR de Hainbuche. .'. „2... 1,182 Hainbuche } Me © 1,286 Kaftanie” 2 ;; k 1,300 Afpe ge 1,384 Ahorn, Blutbuche, As ; 1,444 Kaftanie, Roßkaflanie, ; ? Erle, Roßkaftanie, Wall- Spitzahorn, Wallnuß 1,384 nuß : 1,625 Sache. 0 ER gr 1,500 Linde, Efche, Ulme: Eiche 2,166 Blutbuche, Erle. ea 1,631 Efche, Linde, Ulme . 2,0C0 15. Spectrum der Chlorophylilösung '). Das Chlorophyll ift in Wafler außerordentlich wenig, dagegen leicht löslich in Alkohol, Aether, ätherifchen und fetten Oelen, in Benzin und vielen anderen ET In dem Chlorophylikörper muß es ah gelöft fein in fetten Oelen, welche auf das Innigfte mit dem Protoplasma gemifcht find. Außer den Gerinnungserfcheinungen verändert fich der Chlorophylikörper bei der Ent- färbung mit den Löfungsmitteln für das Pigment nicht. Ueber das Chlorophylifpectrum ift in neuerer Zeit viel gearbeitet worden. Die wefentlichen Refultate mögen hier gedrängt zufammengeftellt, dabei aber im Allgemeinen die Theorie der FraunHorer’fchen Linien und der Spectralanalyfe (KırchHorr, Das Sonnenfpectrum, RoscoE, Die Spectral- analyfe, Braunfchweig, Vieweg 1870, und die Lehrbücher der Experimental- phyfik) vorausgefetzt und in anhängenden Noten nur die zum Verftändniß wichtigften Lehrfätze berückfichtigt fein. ı) Es mögen anbei die Wellenlängen und die Zahl der Schwingungen ange- geben fein: Zahl der Schwingungen ’ . . FRAUNHOFER’s | Wellenlänge in “in Bar Shre Linie. mm. bei mittlerer Sonnenentfernung in Billionen. B 0,000 878 450 C 656 472 D 588 526 E 526 589 F 484 640 G 429 722 H 392 799 Affımilation. 503 Die alkoholifche Löfung des Chlorophylls befitzt bei genügender Ver- dünnung fieben Abforptionsftreifen, Fig. 436. Die Strahlengruppe B C wird am vollftändigften abforbirt. Sodann liegt ein Streifen vor D, einer 20 100 Fıc. 436. . Abforptionsfpectrum des Alkoholchlorophylis (nach Prınssuem) (vergl. die Figurenerklärung von 433). Der Streifen I tritt fchon bei geringfter Dicke der Löfung auf, und zwar ganz allein, bis zur Dicke von 42 mm, wo zuerft die Streifen Y7 VI VII im Grau, Blau und Violett erfcheinen. Mit feigender Dicke fließen diefe in ein einziges Abforptionsband zufammen, die vier erften Streifen bleiben gefondert. hinter D, einer vor E, einer hinter F, einer vor G und einer vor H. Bei größerer Dicke der abforbirenden Schicht oder bei größerer Concentration werden alle Strahlen des ftärker brechbaren Theiles abforbirt, bis zur Strahlengruppe, ‘welche zwifchen E und F belegen ift, Fig. 441'). In ganz concentrirten Löfungen und fehr dicken Schichten endlich werden alle Strahlen.vom violetten Ende bis zur FraunHorer’ichen Linie B abforbirt. Die Löfung erfcheint bei durchfallendem Lichte tiefroth. Die Löfung des Chlorophylles in Benzol weicht außerordentlich wenig von der alkoholifchen ab. In den von PrınssHEim zufammengeftellten Abforptionsfpectren für die Alkohol- und Benzollöfung des Chloörophylles, Fig. 436, 437, wurde eine Concentration gewählt (von PrıxssHEIm als eine mittlere bezeichnet), in welcher die charakteriftifchen Abforptionsftreifen / bis [IV eben noch fichtbar find, während für Y VI VII die Endabforption herrfcht, d. h. alles Licht zwifchen den einzelnen Abforptionsbändern ver- ı) Die Lage der Abforptionsbänder ift nicht eine abfolut conftante; fie ift in ge- ringen Grenzen veränderlich, je nach dem angewandten Löfungsmittel. In der Erklärung diefes Phänomens find fich die mit dem Gegenftand betrauten Forfcher nicht einig. KuNDT führt die Lagenänderung auf die verfchiedene Disperfion des Löfungsmittels zurück. PRINGS- HEIM ftellt fich vor, daß das Löfungsmittel felbft das Pigment mehr oder weniger in feinen optifchen Eigenfchaften zu verändern vermöge. Kraus fucht die Verfchiebung auf das fpecififche Gewicht des Löfungsmittels zurückzuführen. 504 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. fchluckt ift. Diefe letzteren Streifen erfcheinen daher als ein einziges Ab- forptionsband i, Fig. 437. In i befitzt die Schicht bei der Beleuchtung mit einer irdifchen Lichtquelle (Lampe) eine Dicke von 370, beziehungsweife Dirhe B C rri | mm. |. ,10 12 5 | 80\ 90 100 FıG. 437. Abforptionsfpectrum des Benzolchlorophylis. Unterfcheidet fich im Wefentlichen von dem Alkoholchlorophyli durch das frühere Auftreten der Streifen II und IV (vergl. die Figurenerklärung der früheren Figuren). 372 mm. Verringert man nun in dem Maß}, wie die in den Figuren 436, 437 angegeben ift, die Schichtendicke, fo treten die in der Abfciffenrichtung d, e, f u. f. f. verzeichneten Abforptionsphänomene ein. Man erkennt, dal) das Benzolchlorophyli fich in diefer Hinficht von dem Alkoholchlorophyli um ein weniges unterfcheidet. Mit Hilfe diefer Methode weift PRINGSHEIM nach, daß auch den gelben und rothen Pigmenten die dem Chlorophyll eigenen Abforptionsbänder zukommen, wennfchon mit geringerer Extinction, (fiehe weiter unten). Die Löfung des gelben Farbftoffes etiolirter Pflanzen, das Alkohol- Etiolin, befitzt nahezu die gleichen Abforptionsftreifen. Die Fig. 433 ftellt das Abforptionsfpectrum diefes Pigments aus den Keimlingen von Cannabis dar (PrinGsHEim '). Die für das Chlorophyll charakteriftifchen Abforptions- bänder I II III IV find fchwächer, die Abforption unvollftändiger. PRINGSHEIM fieht das Etiolin als eine Chlorophylimodification an. Das Etiolin befitzt diefelbe monochromatifche Fluorefcenz wie das Chlorophyll. Die Auffaffung des Etiolin als einer gelben im Finftern entftehenden ' Chlorophylimodification, welche allgemeinere Betrachtungen über den vege- tabilifchen Stoffwechfel nahelegen, entfpricht endlich auch dem unleugbar mächtigen Einfluß, welchen das Licht fichtlich auf das Ergrünen der 7 4 3 !) N. PRINGSHEIM, Unterfuchungen über das Chlorophyll. Aus dem‘ Monats- bericht der Königl. Acad. d. Wiffenfch. Oct. 1874. Dec. 1875. Affimilation. 505 Phanerogamen ausübt. Es fteht aber diefer Einfluß nicht in unmittelbarer Beziehung zur Entftehung des Chlorophylles, fondern hängt mit Aenderungen zufammen, welche der Athmungsvorgang der Phanerogamen im Lichte er- leidet und die erft in fecundärer Folge zur Bildung des Chlorophylles hin- führen. Der Satz von dem Einfluß des Lichtes auf das Ergrünen ift fomit dahin zu modificiren, daß zwar die Entftehung des Chlorophylles überhaupt vom Lichte unabhängig ift, daß aber im Finftern eine gelbe, im Lichte eine grüne Modification des Chlorophylles fich bildet. | Das Gelb derHerbftblätter (Xanthophyll) enthält die dem Chloro- phyll zukommenden charakteriftifchen Abforptionsftreifeh im minderbrech- baren Theil weniger deutlich wie das Etiolin. Indeß ift das Band / nach- weisbar. Das Xanthophyli wird von PrinsshEeim als eine entferntere Chlorophylimodification angefehen. Fremy entmifchte die Chlorophylllöfung mit Salzfäure und trennte zwei Farbekörper, einen gelben und einen blauen oder blaugrünen. Diefe Trennung tritt auch ein, wenn in einer Chlorophylllöfung auf Löfchpapier oder in einer Porzellanfchale das Löfungsmittel verdampft. PRINGSHEIM (a. a. ©. S. 1) macht auch darauf aufmerkfam, daß die Fremy’fchen Farbekörper (Xanthophyl! und Kyanophyli) vielleicht Zerfetzungsproducte des Chlorophylles find, oder unreine Modificationen, Gemifche mehrerer Chlorophylimodificationen. Dem gelben Beftandtheile fehlen, foweit bei PrınssHEim die Beobach- tungen reichen, die charakteriftifchen Streifen in Roth und Gelb. Er entmifcht das Chlorophyll in verdünnt alkoholifcher Löfung mit’ Benzol in der Weife, daß das Gemifch fich möglichft vollffändig ohne gegenfeitige Trübung fcheidet (S. 21 a. a. O.). Der gelbe Antheil, in Alkohol gelöft, enthält nach der angegebenen Methode mindeftens das Band /, je nach der Concentration aber können alle 7 Abforptionsbänder des Chlorophylles in der Löfung beobachtet werden. Der grüne oder blaugrüne Antheil, in Benzol gelöft, zeigt eine Ver- fchiebung der Abforptionsbänder im Blau zu denfelben in der urfprünglich angewandten Löfung. PrixssHeim ift nicht der Anficht, daß diefe Eigen- fchaft allein zur Annahme eines blauen Pigmentes in dem Chlorophyll berechtige. Nach demfelben Forfcher!) ift der gelbe Farbftoff der Blüthen, der Fruchtfchalen, Aepfel, Amygdaleen u. a. m., als ein Derivat des ChlorophylI- pigmentes anzufehen. Das Pigment kommt an Plasmakörper gebunden, aber auch bei Linaria im-Zellfaft vor oder als eine ölartige gleichmäßig Y) PRINGSHEIM a. 2.0. $., 16. 506 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. gefärbte Flüffigkeit in den Zellen der Blumenkrone von Verbascum. PrinGs- HEIM will für diefen Farbkörper den Namen Anthoxanthin beibehalten wiffen. Er zeigt durch”die Spectralanalyfe, Fig. 439, daß die möglichft Dicke in mm. l ID => ill) FıG. 438. Abforptionsfpectrum des Alkoholetiolins (nach Prınssueim). In einer Lofung mittlerer Concentration wird bei 22—32 mm Dicke, man fehe a b, nur der brechbarere Theil des Spectrums abforbirt bis in die Nähe der Fraun- HOFER’fchen Linie F, mit der Schichtendicke von 61 mm tritt der erfte Streifen in B C auf. Aber erft bei den dickften Schichten treten die Streifen II III IV auf. forgfältig vor etwaiger Verunreinigung mit Chlorophyll gefchützte Löfung die wefentlichen Abforptionsftreifen des Chlorophylles befitzt. In der ver- dünnten Löfung oder in einer dünneren Schicht derfelben, a Fig. 439, treten zuerft die Abforptionsftreifen V VI VII im Blau auf. Die Endabforption zeigt aber auch, wennfchon mit geringerer Extinction, die Streifen / I] IH IE, LT. 19: Das Sonnenlicht befitzt für die blauen und violetten Strahlen des Spectrums eine weitaus grölsere Intenfität wie das Lampenlicht (Gas-, Oel- und Petroleumlampe). Man fagt gewöhnlich, das Lampenlicht enthält weniger Blau und Violett. Es bedeutet dief foviel ungefähr: aus dem Lampenlicht gehen die genannten Spectralfarben mit geringerer Amplitude hervor als fie vom Sonnenkörper ausftrahlen. Die Extinctionsgrößen, welche man dementfprechend für einzelne Theile des Spectrums für Lampen- licht beftimmt, fagen fomit nichts aus über die Extinction der gleichfarbigen Sonnenftrahlen. In der That hat Herr Profeflor Dr. WoLKorFF!) gezeigt, daß die Extinction der Chlorophylllöfung für Lampenlicht im Blau in G, Fig. 440, ihr Maximum erreicht. Die Methode, welche der genannte For- fcher anwendet, findet fich befchrieben in VIERORDT, Die Anwendung des Spectralapparates u. f. f., Tübingen 1871. !) WOoLKOFF, Die Lichtabforption in den Chlorophylllöfungen. Heidelberg. Na- turhift.-medicin. Verein. Neue Folge. I. Bd. S: 204. 1876. Affimilation. 5o I 16. Fluorescenz des Chlorophylis!). Die Sonnenftrahlen werden von ‚vielen Pflanzenpigmenten und Alkaloiden fowie Glucofiden in der Weife abforbirt, daß die lebendige Kraft der abforbirten Strahlen zum Theil oder ganz in Eigenlicht des be- Dicke # € in IN IH 0 FıG. 439. Abforptionsfpectrum des Alkohol-Anthoxanthin. Bis zur Schichtendicke der Löfung von mittlerer Con- centration von IO mm treten zuerft die drei letzten Abforptionsftreifen des Chlorophylis auf. Mit der Schichtendicke von 97 mm kommt zuerft I, erft bei 187 kommt IJ, und gegen 400 mm Schichtendicke kommen I/T und IV. treffenden Körpers umgewandelt wird. Die Strahlengattung, welche unter diefen Umftänden ausgeftrahlt wird, mag das Fluorefcenzlicht heißen gegen- über den Fluorefcenzerregern, d. h. den Lichtftrahlen, welche in den fluorefeirenden Körper einftrahlten. Das Chlorophyll befitzt die Eigenfchaft zu fluorefciren, fowohl im lebenden Laubblatte, wie in der Alkohol-, Aether- u. f. f. Löfung. Die durchfchlagende experimentelle Methode für den Nachweis der Fluorefcenz in Chlorophyll ift die Herftellung des deri- virten Spectrums?). Man entwirft an dem Ort ab y ö, Fig. 441, auf ein Blatt oder ein planparellepipedifches Gefäß, welches mit Chlorophylllöfung gefüllt ift, ein möglichft lichtftarkes objectives Spectrum und betrachtet diefes mit einem Spectrofkop, deffen brechende Kante horizontal geftellt ift. Es werden alsdann alle nicht in Fluorefcenzlicht umgewandelten Strahlen des Sonnenfpectrums entfprechend ihrer Brechbarkeit fo abgelenkt erfcheinen, wie es der fchief geftellte Spectralftreifen, Fig. 441, darftellt. An dem ı) STOKES, f. WÜLLNER, Lehrbuch der Experimentalphyfik. II. S. 255. POGGEN- DORFF’s Ann. Bd. XCVI. S. 523. LomMEL, Ueber Fluorefcenz. Separatabdruck. 2) Man zeigt auch in Vorlefungsverfuchen einen convergenten Lichtkegel, welchen man mit Hilfe einer Sammellinfe in eine concentrirte Chlorophylllöfung wirft; der rothe Schein aber enthält hier fowohl das Fluorefcenzlicht der Strahlengruppe BC, wie auch das nicht abforbirte Roth von geringfter Brechbarkeit. 508 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. > » 8 R & — ® ws Lt a - 1 AR | Et Rs N w Ss x So RN Ä "a n Pe ee ee ee a a ee Fıg. 440. Die Abfciffenaxe ift eingetheilt in die Intervalle, welche den FraunHorer’fchen Linien im Sonnenfpectrum zukommen. Die Ordinaten entfprechen der Lichtflärke im Spectrum einer normalen Chlorophylllöfung, welche bei ı cm dicker Schicht im Bande I 500% des Lichtes abforbirt. Die Lichtflärke des angewandten Lichtes ift gleich taufend gefetzt. Die Schnittpunkte der Curve mit den Horizontallinien ergeben in den am rechten Rand verzeichneten Zahlen die Abforption in den refp. Regionen des Spectrums. Orte aber, wo das erfte Spectrum auffiel, erfcheint ein fcharfer rother Streifen von Fluorefcenzlicht von einer und derfelben Brechbarkeit in allen Thejlen. Der Verfuch zeigt fomit, daß das Fluorefcenzlicht aus einer 9) ee er ae N u rief Te, 0 5 Affımilation. 509 einzigen Strahlengattung befteht, und daß alle Strahlen des Sonnenfpectrums mit Ausnahme der mindeft brechbaren vom Ende des Spectrums bis zur FraunHorer’fchen Linie B in diefes Fluorefcenzlicht verwandelt werden. Der rothe Streifen, Fig. 441, aber leuchtet nicht mit der gleichen Intenfität über feine ganze Fläche, fondern zeigt an dem Orte jedes Ab- - forptionsftreifens ein Maximum der Lichtftärke. Der fichtbare Theil des Sonnenfpectrums umfaßt von dem äußerften Roth bis zum äußerften Violett nicht vollftändig eine Octave. LoMMEL erwähnt in feinen Publicationen einen Verfuch, welcher durchfchlagend zeigt, wie die optifchen Phänomene nach der Theorie der Wellenbewegung erklärt werden. Wie in der Akuftik bekannt, klingen in einem Inftrument die Töne mit, welche die Octaven des Grundtones darftellen, der in das Syftem von fchwingenden Saiten einftrahlte. Bezogen auf den Grundton des Chlorophylles, welcher bei B C liegt, liegt die nächft höhere Octave jenfeits, aber nicht fehr weit von der fichtbaren Grenze des Sonnenfpectrums im Ultraviolett. Bei der Beftrahlung der Chlorophylllöfung mit dem Lithion- licht, welches ungefähr dem Grundton des Fluorefcenzlichtes entfpricht, konnte LomMEL zeigen, daß in erfter Linie jene Strahlen als Fluorefcenz- licht mitklingen, welche der Octave entfprechen. Die Fluorefcenz des Chlorophylles wird im lebenden Blatte ftärker in der Kälte, und immer dann, wenn das Blatt nicht afimilırt. Die Frage, warum erfcheinen grüne Pflanzen nicht in ihrem Fluorefcenz- licht, liegt nahe, wenn man beachtet, daß bei einer concentrirten Löfung zuletzt nur rothe Strahlen austreten können. In der Natur ift aber die Menge des Fluorefcenzlichtes oder deflen Intenfität fehr klein gegenüber der Lichtftärke in der Zuftrahlung. Es wird in der That bei einigen Lebermoofen ein dießbezügliches Experiment von HoFMEISTER angegeben. So foll ein Lophocolearasen auf fchwarzem Grunde unter Wafler braunroth erfcheinen. Es werden hier die lichtfchwächeren Strahlen des Grün abforbirt und die wenigen für unfer Auge lichtftärkeren von der Umgebung gedämpft. 17. Kohlensäurezerlegung. PrIESTLEY fand zuerft, daß grüne Pflanzenblätter, welche in Kohlen- fäurewafler getaucht und beleuchtet werden, Sauerftoff ausfcheiden. Bei vielen Wafferpflanzen beobachtet man zur Zeit der Beftrahlung aus den Wunden, welche luftführende Intercellularen bloßlegen, und aus den Spalt- öffnungen feine Bläschen, welche in kürzeren oder längeren Intervallen auf- fteigen. Das Gas ift fauerftoffreich, wenn das umgebende Wafler nicht VIll. Theorie der Ernährung der Pflanzen. 40 | 1n es £ 510 Fıc. 441. Diefe Figur ftellt das derivirte Spectrum nach der Methode dar, welche von Stoxzs zuerft vorgefchlagen wurde. Auf die Fläche « BY ß, welche einer planen Glaswand entfpricht, hinter welcher die Chlorophylllöfung befindlich if, wird ein lichtftarkes objectives Sonnenfpectrum im dunkeln Raum entworfen. Diefer Spectralftreifen wird mit einem horizontalftehenden Prisma betrachtet; das auffallende Spectrum erfcheint alsdann, entfprechend der verfchiedenen Brechbarkeit der Strahlen, nach % B 16 ö’ verfchoben. In dem Orte aber, in welchem es in die Chlorophylllöfung fällt, erfcheint ein rother Streif & B ti ö, in welchem, entfprechend den Abforptionsftreifen, die Intenfität färker it in I IIu f. £. Affimilation. 5ıl zu viel Kohlenfäure enthielt. Es befteht fat nur aus Kohlenfäure, wenn das umgebende Waffer reich an diefem Gafe if. a) Directer Nachweis für die Abforption des Lichtes bei der Affimilation. Kann die Lichtmenge, welche verbraucht wird, um den chemifchen Proceß der Kohlenfäurereduction zu unterhalten, auf photographifchem Wege gemeflen werden? Ich verfuhr, um diefe Frage zu löfen, in der folgenden Weife. Zwei möglichft gleiche Laubblätter eines Zweiges der Ca- ftanea vesca werden auf Chlorfilber- papier gelegt und in einen photo- graphifchen Copirrahmen einge- fpannt, derart, daß die Oberfeite der Blätter der Silberalbuminfchicht zugekehrt, aber durch eine dünne Glasplatte von ihr getrennt ift. Die Blattftiele beider Blätter ftehen durch Kautfchukfchläuche und Glasröhren mit zwei Gafometern in Verbindung. Der eine enthält ein Gemifch von 10 °jo Kohlenfäure und 90 °/o atmo- fphärifcher Luft, der andere enthält Wafferftoffgas. Nachdem der Gas- ftrom etwa einen halben Tag durch den Blattftiel unterhalten. war, darf man annehmen, daß alle vorher in den Binnenlufträumen der Blätter enthaltenen Gafe verdrängt find. Das mit dem Kohlenfäureluftgemifch verfehene Blatt wird beleuchtet afli- „,. 42. 4bis» ein Boxsewfcher Koblenfiurcapparat. miliren, das mit Waflerftoff gefüllte In dem Abzugsrohr bei B am Manometer C ein Glasreci- . . “ 2 pient mit einem Manometer M. Die entweichende Kohlen- dagegen ift nicht in der Lage, einen fäure tritt bei e in den Blattfliel eines Laubblattes. chemifchen Procef auszuführen. Das erftere wird beleuchtet ‚mehr Licht abforbiren wie das letztere. Das Experiment wurde nach zahlreichen mißlungenen Verfuchen fo ausgeführt, dal die Gasftröme während drei bis vier Stunden unterhalten wurden. Zur gleichen Zeit wurden die Blätter mit diffufem, fehr fchwachem Tageslicht beleuchtet, {fo daß der Proceß der Silberreduction in der Unterlage von Chlorfilberpapier möglichft langfam vor fich ging. Der Verfuch gelang auf das vollftändigfte. Die Lichtpaufe des mit Waflerftoffgas gefüllten Blattes 512 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. war auffälligft dunkler wie diejenige des mit Kohlenfäure und atmofphärifcher Luft gefüllten Blattes. b) Diffufion der Gafe im Sonnenlicht und Sonnenfpectrum!). Der Baum taucht mit feiner Krone in einen ungeheuren Ocean, aus welchem er die in großen Abftänden vertheilten Gastheilchen abforbirt. Das Blatt ift der Apparat, welcher dief) in vortheilhaftefter Weife ermög- licht durch die große Fläche bei geringer Maffe und durch die große innere Oberfläche luftführender Räume. Bei der Beftrahlung des Blattes machen fich, wie leicht vorauszufehen, zwei Phänomene geltend: die Gafe in den Binnenlufträumen werden erwärmt und erhalten eine Befchleunigung der Diffufionsgefchwindigkeit und eine Erhöhung des Druckes. Die Aflimila- tion der Kohlenfäure bewirkt eine ftete Störung des osmotifchen Gleich- gewichtes. Den verfchiedenen Strahlen des Sonnenlichtes wird hiebei eine verfchiedene mechanifche Rolle zukommen. Dief zu unterfuchen war der nächfte Vorwurf der nachfolgenden Unterfuchungen. Ich fuchte zu be- ftimmen, wie rafch fich zwei verfchiedene Gasftröme ausgleichen, und wählte einen Kohlenfäureftrom, welcher am Blattftiel eintritt, während die Blattfläche mit der Atmofphäre in Berührung bleibt. Der zu den Verfuchen angewandte Apparat, Fig. 442, ift zufammen- gefetzt aus einem Bunsen’fchen Kohlenfäureapparat A, welcher bei b durch einen Glashahn mit dem Rohre B in Verbindung gebracht werden kann. Diefes mündet in den Blattftiel. Der Raum c B m‘ b ift mit Kohlenfäure gefüllt. Der Manometer möge auf dem o-Punkt ftehen. Verbraucht nun das Blatt einen Theil der Kohlenfäure in dem kleinen Raume c B m’ b, fo fteigt die Säule in m‘, diejenige in m finkt. Beleuchtet man das Blatt mit verfchiedener Intenfität, fo wird von dem Spiegel der Sperrflüffigkeit eine beftimmte Anzahl von Theilftrichen an m’ in verfchiedener Zeit zurückgelegt. Diefe Zeiten wurden beftimmt.: Läßt man zunächft den Recipienten, welcher das Blatt umgiebt, hinweg, fo dafs diefes von der Atmofphäre umgeben ift, fo kann man in wenigen Secunden den erften Verfuch wiederholen, indem man von Neuem den Hahn 5b öffnet, bis die Spiegel m’ m auf dem o-Punkt ftehen. Ein Blatt von Aesculus hippocaftanum wird mit diefem Apparat in Ver- bindung gebracht und mit Hilfe einer Sammellinfe und eines Helioftaten im dunkelen Zimmer beleuchtet. !) Die Literatur über diefen Gegenftand: Sachs, Handbuch der Experimentalphyfio- logie der Pflanzen. S. 143 ff. N. J. C. MÜLLER, in PrıngsH. Jahrb. für wiffenfchaftliche Botanik. Bd. VI. S. 478. Bd. VII. S. 145. Bd. IX. S. 36 und Botan. Unterfuchungen, Carl Winter’s Univerfitätsbuchhandlung. Heidelberg 1872. Unterfuchungen über Sauerftoff- ausfcheidung u. f. f. Affimilation. ig Temperatur 24° C. Gefchw. 7#|üneildeiche: 1: Secunden. intenfität. 0,0039 255 +4 0 38 | 260 » 0,000885 40 | 225 ..» 0,001 9,0130 | 75 | » 0,0025 0,0130 | 75 | » 0,003 57 0,0083 | 120 —4 0,02 0,0020 | 480 4 0,04 & | [6) & +0 0,333 Sobald die Lichtintenfität '/s der Sonnenintenfität erreicht, machen fich zwei Vorgänge im Binnenraum geltend, die Spannung der Gele, welche mit dauernder Beftrahlung zunimmt, und die Diffufion; es kommt fomit da- hin, wie man aus der achten Ablefung erfieht, daß) der Spiegel ftationär wird. Wir fehen aus der Reihe der Diffufionsgefchwindigkeiten, daß von abfoluter Dunkelheit ab bis zu der Intenfität 0,00357 des einfachen Sonnen- lichtes die Gefchwindigkeit des Stromes wächft, von da ab aber finkt die- felbe. Jetzt wirkt die Spannung der Gafe in den Binnenlufträumen ver- langfamend, und der Strom fteht längere Zeit ganz ftill bei !/s der Intenfität des Sonnenlichtes. Denfelben Apparat kann man auf verfchiedene Theile des Sonnen- fpectrums einftellen, und für jede Stellung dort kann die Zeit beftimmt werden, welche für den Abforptionsftrom gebraucht wird. Ein objectives Spectrum wird zu dem Behufe mittelft zweier Steinfalzprismen entworfen: Schwankung 5 mm. Temperatur 25° C. Gefchw. 0,025 | Roth 1/3 des Abforptionsftreifens und ER 2 40 Sec. 0,020 ae Kranger ti Gelb... u. eu o. Er so » 0,020 Gran. 1: 03....: a ER RE A so » 0,018 2 2% A N N SE 0,016 ER TEE LER RE 60 » Re Eee TR See ee FA A 35» c) Gasanalytifche Methoden. Nehmen wir als Lichtfläche der Pflanze in unferem Experiment ein ausgewachfenes Blatt, fo können wir in einem begrenzten Refervoir, welches ein Kohlenfäure- und Luftgemifch enthält (ein Abforptionsrohr, welches mit N. J. C. Mürter, Handbuch 1. ı. 33 514 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. aller Sorgfalt calibrirt fein möge, man fehe die gafometrifchen Apparate weiter unten), doch nur für die Zeitintervalle 7.’ t2 u. f. f. beftimmen die Procentfätze cc’ c“ u. f. f. an Kohlenftoff in der an Kohlenfäure und Sauerftoff in dem Refervoir. Denken wir uns nun viele, aber unter fich ganz gleiche derartige Mefsapparate über die Krone eines Baumes fo vertheilt, daß der äußere fowie der äußerfte Kronenkegel mehr, der innere weniger, weil er mehr im Schatten, der dritte noch weniger Licht erhält u. f. f., fo würden wir für die gleich großen, aber verfchieden beleuchteten Blattlichtflächen in ubleren Apparaten LEE EN EL SE CA en Procentfätze in dem Gasgemifch gewonnenen oder verlorenen Kohlenftoff erhalten. Nennen wir den für die Blattfläche gewonnenen und reducirten Kohlenftoff pofitiv, den verlorenen, welcher als Kohlenfäurezuwachs im Refervoir auftritt, negativ, fo erhalten wir: DEN Dr ED ee bis zu einem größten Werth in abfoluter Dunkelheit oder eine Reihe von Kohlenfäurezuwachfen in den Recipienten, welche von dem hellften nach dem dunkelften zunehmen, fo aber, dafs in einem beftimmten Recipienten unferer Reihe weder Zuwachs noch Abnahme erfolgte. Offenbar muß es in einem allmälig anwachfenden Schatten, d. h. in einer Reihe von allmälig abnehmenden Lichtintenfitäten eine folche geben, wo der gewonnene und der verlorene Kohlenfoff in derfelben Zeit fich aufheben. Nichtsdeftoweniger muß dort noch Licht gemeffen werden können. Es kommt fomit ein Zuftand, wo der Apparat, Fig. 442, den Dienft vollftändig verfagt. Dieß beruht, wie fchon gefagt, darin, daß derfelbe eine Mafchine ift, in welcher zwei umkehrbare Proceffe möglich find. In allen phyfi- kalifchen Apparaten verläuft der Proceß, durch welchen wir Licht meffen, in einem und demfelben Sinne. Denken wir uns nun in unfere Umtriebs- zeiten zurück und führen Wägungen an einem Getreideacker aus, deffen Einzelpflanzen mit dem Anfangsgewicht p ftetig an Volum zunehmen. Wir beftimmen durch die Elementaranalyfe durch den ganzen Umtrieb das Ge- wicht an verbrennlicher Subftanz und damit die gewonnene Wärme, fo werden wir für die hinter einander belegenen Zeitpunkte wie oben erhalten, von dem Anfangsgewicht ausgehend: p =. eh Be A pe — HT Ber Tee IE BEER a ei u. f. f£, d.h. von dem Momente der Ausfaat eilt das Gewicht der Saat- pflanze einem kleinften Werth entgegen, um erft fpäter zu wachfen und Affimilation. 515 nur unter günftigen Bedingungen fo groß zu werden, daß eine Ernte das von der Oekonomie gewünfchte Refultat ergiebt. In der Ernte meflen wir die Gefammtleiftung des Lichtes durch das Endgewicht, die Schwankungen in dem Gewicht an verbrennlicher Subftanz während der Umtriebszeit find uns entgangen?). Da nun jedes Molecul verbrennlichen Kohlenftoffes, wel- ches überhaupt einmal in die Pflanze eingekehrt ift, einem ge- wiffen Maß lebendiger Kraft des Lichtes entfpricht, und da wir die Anzahl der Aus- und Einkehren nicht kennen, fo mef- fen wir in der Ernte in der That nicht den abfolut größten Werth der während des Umtriebes aufgenommenen Bewegungs- größe des Lichtes; es entgeht uns die Kohlenftoff- und fomit die Wärmemenge, welche zu dem experimentell beffimmbaren Arbeitsvorrath hinzu addirt werden muß, um Z zu erhalten (f. S. 479 in der Note). Wir haben im Vorftehenden die Grenze angedeutet, bis zu welcher die Forfchung über die Reduction und die Verbrennung des Kohlenftoffes im grünen Pflanzenblatt- vordringen kann. Es geht aus jener Discuflion hervor, daß die Schwierigkeit, den Stoffwechfel in Bezug auf den Kohlen- ftoff von der Pflanze nach der Atmofphäre und umgekehrt zu unterfuchen, !) Diefer Verluft läßt fich leicht berechnen; wir denken uns aber, um den Nach- weis, daß das nackte Erdreich nicht mit einjährigen, fondern nur mit vieljährigen Licht- fammlern Kohlenftoff kapitalifiren konnte, beffer zu unterftützen, die Ernte ganz ausge- fchloffen, und es möge die Wirthfchaft von einem kleinen Areal beginnen und fich. felbft überlaffen bleiben. Nach m Jahren ift dann der Stoffwechfel ausgedrückt durch die fol- genden Wärmemengen: hei en ie er ı. Theil: =ar tm tnan....n a Hierin bedeuten a die einmalige äußere Arbeit einer Pflanze, » die Anzahl der Erntekörner, welche in jedem Umtrieb dann als gleich angenommen werden kann, wenn der n-fachen Vergrößerung der Ausfaatobjecte auch eine n-fache Vergrößerung des Licht- areals entfpricht; k das mechanifche Aequivalent der Wärme. I s az SH Ba LI m—Igq— : 2. Theil: [0) = pe + NP n®pc + xt: .n "a; 3. Theil: Q"=(p+tpn +p® +... . pnm-') 6: Hierin bedeutet p das Gewicht der Ausfaat, refp. des Erntekorns, c die Wärmemenge bei Verbrennung desfelben. Die Summe Q ftellt alsdann die Wärme dar, welche bei der Ausfaat und Keimung in den m Umtrieben gebildet, refp: für den Stamm der Race ver- loren ging. - Die Summe O0‘ ftellt die letzte Körnerernte dar, p bedeutet das Gewicht des Kornes, c die bei der Verbrennung desfelben gebildete Wärme, % das mechanifche Aequivalent der Wärme. 35° 516 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. begründet ift darin, dafs die analytifchen ‘Methoden zeitraubend find, und darin, daß die Pflanze zwei Proceffe gleichzeitig ausführt. Ich fuchte die Operationen dadurch zu erleichtern, dafs ich den gasanalytifchen Apparat für fechs Analyfen einrichtete, welche gleichzeitig ausgeführt wer- den konnten. Der Apparat hatte die durch Fig. 443 veranfchau- lichte Einrichtung: Sechs gleiche Gasbehälter in Ge- ftalt cylindrifcher Glasröhren 1.2, 2. 1 8 Free fitzen, durch Kautfchukftopfer feftgehalten, auf einer ge- meinfchaftlichen Gasleitungs- röhre, welche fechs kleine. Tubuli enthält. Durch den Hahn bei ce kann das Syftem abgefchloffen werden. - Nachdem die Röhren mit den Verfuchspflanzen be- fchickt find, werden fie gleich- zeitig mit dem Gasgemifch gefüllt, indem die Zuleitungs- röhre C mit einem großen Waffergafometer in Verbin- dung gebracht wird. Nach- dem die Luft in den Behältern verdrängt ift, werden diefe _ unter fich und von der ge- meinfchaftlichen Gasröhre getrennt dadurch, daß letztere mit Queckfilber bis zu den Kaut- fchukftopfern gefüllt wird. Das andere Ende der Behälter, die Abzugsröhren, münden unter Queckfilber in derfelben Wanne, welche die queckfilbergefüllten Abforptionsröhren a,b, c, du. f. f. aufnimmt. Nach der Infolation wird die Röhre C mit einem Queck- filberrefervoir in Verbindung gebracht und die Gafe in den Recipienten durch Zufluß von Queckfilber nach den Abforptionsröhren a, b, c, d u. f. f. übergeleitet. Die fechs Abforptionsröhren waren auf das Genauefte calibrirt. Die Abforption der Kohlenfäure gefchah mit Hilfe der Kalikugel. Die Calibration wurde auf das kleinfte Rohr zurückgeführt. Nachdem in jedes Rohr ein mit der ausgemeffenen Schablone gefchnittener- Blatt- ftreifen gegeben, erfolgen diefe Operationen: 1° Gasftrom aus einem Gafometer, bis alle Luft in den Röhren durch das Gas- gemifch erfetzt ift (5 Minuten); 2° Anfüllen der gemeinfchaftlichen Röhre C, Fig. 443, mit Queckfilber, bis die einzelnen Behälter 7, 2, 3... .von einander und von der gemeinfchaftlichen Gasröhre getrennt find (5 Minuten); 3° Expofition im Spectrum oder in der Sonne mit Hilfe des Helioftaten - zu 4 Stunden); 4° Füllen der Abforptionsröhren a, b, ce... ., Fig. 443, mit Queckfilber; Affimilation. 517 50 Ueberfüllen der Gafe nach den Abforptionsröhren durch einen Queckfilberftrom, welcher in die gemeinfchaftliche Röhre C eingelaffen wird (15 Minuten); 6° Ruhe und Ablefung der .Volume (2 Stunden); ‚7° Einführen der Kalikugeln und Abforption der Kohlenfäure (5 Stunden); 8° Herausnehmen der Kalikugeln und Ruhe (2 Stunden); 9° Ablefung der Volume u. f. f. (20 Minuten). d) Die Verbrennungswärme der Erndteproducte bezogen auf die eingeftrahlte Wärme. Die Rechnung nach dem Verfuche mit dem Apparat Fig. 443 ergiebt, wie viel Kohlenfäure aus dem Gasgemifch verfchwunden und wie viel hinzu- gekommen ift. Man kann aus dem Verluft der Kohlenfäure in dem Gas- gemifch der Recipienten RI, RII,... bis R VI die Kohlenftoffmenge berechnen, welche für eine gegebene Lichtintenfität refp. Farbe und eine beftimmte Zeit reducirt wurde. Die Gewichte zweier Gafe von gleichem Volumen, :bei gleichem Druck und gleicher Temperatur verhalten fich wie die Atomgewichte der Gafe.. Wenn nun nachgewiefen -ift, daß für. jeden verfchwundenen Volumtheil Kohlenfäure ein gleiches Volum Sauerftoff in dem Recipienten auftritt, fo erhält man, wie bekannt, das Gewicht .des Sauerftoffes aus Pi ee 5, 22 worin Vo das Volum des Sauerftoffes (bei dem betreffenden Druck und der gegebenen Temperatur) bedeuten. Das Gewicht des Kohlehydrates (Zucker), welches aus der reducirten 8 CO2 entfteht, wird erhalten aus k = en da 0° C. und 1000 mm Queckfilberdruck reducirte Volum, s das fpecififche s, worin Vc das auf Eich der Kohlenfäure, 2 das Gewichtsverhältniß des Kohlenftoffes in der Kohlenfäure, r80o das Atomgewicht des Zuckers, 72 das Gewicht des Kohlenftoffes im Atomgewicht des Zuckers bedeuten. Die Affimilation des Kohlenftoffes in einer gegebenen Pflanze hängt ab: ı° von der Größe des Kohlenfäuregehaltes in dem Gasgemifch; 2° von der Temperatur; 3° von der Intenfität des Lichtes; 4° von dem Drucke. In dem Nachfolgenden find die allgemeinen Refultate folcher Ver- fuche zufammengettellt: e) Refultate. ı° da während der Umtriebszeit des von grünen Pflanzen befetzten Lichtareals fich ftetig zwei Procefle in dem Blatte abfpielen, welche fich 518 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. ihrer mechanifchen Bedeutung nach gegenfeitig aufheben, fo ift es nicht möglich, die abfolute Productionsgröße des Sonnenftrahles an verbrennlicher Subftanz in der Erndte zu meflen; 2° da die phyfikalifchen Mehanparie für die Wirkung des Sonnen- FERNE unter diefer Wirkung nur einen mit der Intenfität gleichfinnig ver- ftärkten Procef (Erwärmung einer Waffer- oder Queckfilbermaffe, fo das directe Pyrheliometer von PoviLLEr und das Thermometer — chemifche Zerfetzung von Chlor und Wafferftoff, fo das Bunsen’fche Photometer oder Zerfetzung von Chlorfilber, das Buxsex-Roscor’fche Photometer — Er- zeugung eines Thermoftromes an der Thermofäule) angeben, die grüne Pflanze aber in derfelben Zeit einen umkehrbaren chemifchen Proceß aus- führt, fo kann fie nicht als Photometer in Vergleich. mit den phyfikalifchen Apparaten gezogen werden. Die erfteren meflen in gleichem Sinne große und verfchwindend kleine Licht- und Wärmemengen, die Pflanze nicht; 3° denkt man fich eine gewogene Menge Kohlenftoffes und atmo- fphärifcher Luft in zwei Mafchinen, welche von der Außenwelt voll- ftändig getrennt, unter fich aber fo in Verbindung gebracht find, daß der Kohlenftoff von der einen zur anderen gelangen kan, fo in Betrieb, daß die eine Mafchine den Kohlenftoff verbrennt und äußere Arbeit leiftet, die andere umgekehrt die gewonnene Kohlenfäure durch Verbrauch des in den Mafchinencomplex einfallenden Lichtes reducirt, fo wird die Production von äußerer Arbeit um fo größer fein, je öfter die Kohlenftofftheilchen aus der einen in die andere Mafchine eilen. Die größte Production äußerer Arbeit wird erzielt werden, wenn fie niemals zur Ruhe kommen. Das Maß der geleifteten Arbeit wird kleiner werden, wenn ein Theil der Kohle, in ver- brennlicher Form zurückgelegt, außer Umtrieb gefetzt wird; 4° die Pflanze gleicht einem Mafchinencomplex der gefchilderten Art. Das Thier gleicht dem einen Theil des Mafchinencomplexes. Die einjährige Pflanze gleicht in Bezug auf die Capitalifation eher dem Thier, infofern fie die organifche reducirte Mafle fo in Bewegung erhält, daß durch eine große Reihe von Umtrieben der Lichtfläche zwar ftete Reduction, aber mit dem größtmöglichen Aufwand an Verbrennung herrfcht. Die perennirende Pflanze allein capitalifirt verbrennliche Subftanz am rafcheften, weil fie den geringft- möglichen Aufwand an äußerer Arbeit macht; 5° die äußerfte Production an Wärme, als zurückgelegtes Kapital in einem roojährigen Buchenwald, beträgt fehr näherungsweife den 194ten Theil der von der Sonne eingeftrahlten'); !) Die genauefte Zufammenftellung des Gefammterzeugniffes eines Hectars, welcher mit 1oojährigem Buchenhochwald beftanden ift, an Holz, Rinde, einichließlich der Wur- zeln und Blätter nach den Ermittelungen TH. Harrıc’s (Vergleichende Unterfuchungen über den Ertrag der Rothbuche. Berlin 1847. Verlag von Alb. Förftner): Aflimilation. 519 6° wir find gezwungen, anzunehmen, dafs in unferem Mafchinen- complex eine von außen eindringende Kraft abforbirt wird, das Licht; 7° die photographisch wirkfamen Sonnenftrahlen werden in merk- lichem Mafse durch das Blatt unferer Waldbäume hindurchgelaffen, und es läßt fich die Photographie benutzen, um den Schattengrad der Laubblätter zu beftimmen; 8° der Grad der Extinction der Laubblätter wurde für die wichtigften “ Strahlen im minder brechbaren Theil des Sonnenfpectrums beftimmt. Denkt man fich den Rotationskörper der Baumkrone mit einer lückenlofen Blatt- hülle überfpannt, fo würde für das Auge des in dem Rotationskörper fte- henden Beobachters unter der Vorausfetzung, daß die Schale von außen mit dem intenfivften Sonnenlicht beleuchtet wird, der Eindruck des Grün fchon mit der fechften bis fiebenten Blätterlage verfchwinden, abfolute Dunkelheit würde herrfchen erft mit ıo und ıı Blattlagen Efche, Linde, Ulme; mit ı3 Wallnuß, Blutbuche; mit 14 Eiche; mit ı5 Roßkaftanie, Afpe, Spitzahorn, Kaftanie;, mit 17 Hainbuche; mit 20 Buche. Faft bis zu diefer Grenze würde rothes Licht der geringften Brechbarkeit vor- . herrfchen und bei einer viel geringeren, aber immer noch bis 13 Blatt- lagen gehenden Grenze würde rothes Licht von der Brechbarkeit des Li- “thionlichtes (das Roth des erften Abforptionsftreifens im Chlorophyll) zu dem Auge des Beobachters gelangen; 9° das Verhältniß der in das Laubblatt eingeftrahlten zu der durch- gegangenen Menge dunkler Wärme wurde beftimmt mit Hilfe des Thermo- multiplicators. Bis zur Einfchaltung des vierten Blattes in ein paralleles Wärmeftrahlenbüfchel finkt die Intenfität des Thermoftromes, von da ab fpielt der beftrahlte Blättercomplex die Rolle eines Wärmerefervoirs. Die Intenfität des dunkeln Strahlenbüfchels gleich eins gefetzt, fchwankt die durch die einfache Blattlage hindurchgegangene zwifchen 0,4 Ulme und 0,514 Hainbuche; 10° aus einem parallelen Sonnenftrahlenbüfchel, deflen Intenfität gleich Nach der Tabelle I. B. (S. 82—87, a. a. O.) ift das Gefammterzeugniß an ober- irdifcher Holzmaffe in 100 Jahren: auf ı h = 1063 cbm. Nach Tabelle I. F. (S. 98--99, a. a. O.) beträgt das Stock- und Wurzelholz un- gefähr 20 °/o der oberirdifchen Holzmaffe, auf ı h 213 cbm zufammen 1276 cbm. Die Gefammtmenge des Laubes kann man ungefähr aus Tabelle I. C. (S. 88—93, a. a. ©.) berechnen, fie beläuft fich für den Hectar auf 1,049166 kg. Von diefem Ergebniß fagt Harrıc (S. 33, a. a. O.), daß es «das Maximum der Production unter Zufammenwirken der günftigften Verhältniffe, das fich felbft bei der forg- fältigften Wirthfchaft nie über größere Flächen verbreitet, darftellen wird», 520 r VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. eins gefetzt ift, löfcht das Laubblatt der Mehrzahl unferer Waldbäume etwa 0,143 der eingeftrahlten Wärme aus in einer Ebene, welche nur 2 mm hinter dem durchftrahlten Blatte liegt. Die Zerftreuung des Strahlenbüfchels durch das Blatt it aber fo badeaciah daß, wenn man den Schatten 4 cm hinter den durchftrahlten Blättern auf die 'Thermofäule fallen läßt, 0,66 der eingeftrahlten Intenfität abforbirt erfcheinen. In einer Entfernung von 15—20 cm übt das von dem Blatte ausgehende Strahlenbüfchel fchon keine Wirkung mehr auf die Thermofäule; ı1° bei der Beftrahlung des Lasbhlittes machen fich zwei Procefle geltend: ein Diffufionsftrom der Gafe durch Temperaturzuwachs in den Binnenlufträumen, und ein. ebenfolcher Strom dadurch erregt, dafs Kohlen- fäure zerfetzt und Sauerftoff ausgefchieden wird. Verbindet man den Blatt- ftiel eines Laubblattes mit einem Kohlenfäurerecipienten, während die Blatt- fläche von der Atmofphäre umfpült wird, fo entfteht. auch ohne directe Beftrahlung ein Strom aus dem Recipienten nach dem Blatte, deffen Inten- fität von der Temperatur abhängig ift und an einem geeigneten Manometer abgelefen werden kann. Derfelbe wird durch die Beftrahlung befchleunigt. Von Intereffe für unferen Nachweis ift, daf® von abfoluter Dunkelheit ab mit wachfender Intenfität der Beftrahlung die Gefchwindigkeit des Stromes wächft bis zu 0,00357 der Intenfität des parallelen Strahlenbüfchels der Sonne. Von nun ab macht fich in dem Apparat eine Verzögerung des Stromes merklich durch Erwärmung und Ausdehnung der Gafe in den Binnenluftkanälen des Blattes. Steigt die Beftrahlung auf !/s der Intenfität in dem parallelen Sonnenftrahl, fo hört der Strom lange Zeit hindurch ganz auf; 12° diefelben Verfuche in dem Sonnenfpectrum ausgeführt ergeben ein umgekehrtes Refultat: in dem Abforptionsftreifen tritt eine Befchleu- nigung des Kohlenfäure verbrauchenden Stromes ein, links und rechts von demfelben eine Verlangfamung. Die Strömungsgefchwindigkeit fteigt von dem brechbaren nach dem minder brechbaren Theil des Spectrums. Jene Befchleunigung in dem Abforptionsftreifen kann nur eine Urfache haben: die Affimilation; 2 13° die Affımilation der jetzt lebenden Pflanzen ift abhängig außer Anderem von dem Drucke, unter welchem die Gafe ftehen. Steigt der Druck, fo herrfcht felbft bei intenfiver Sonnenbeftrahlung die Athmung über die Affımilation; 14° like Kchleitiheiaiiliien herrfcht noch in der 4. Blatt- fchicht, nachdem das parallele Strahlenbüfchel drei Blattfchichten durch- drungen hat (bei der Buche); 15° mäßiger Schatten, wie er erzeugt wird, wenn das parallele Strahlen- büfchel zu dem zweiten Blatte gelangt, nachdem es das erfte paffirt hat, Affımilation. 521 zu dem dritten, nachdem es das erfte und zweite Blatt durchdrungen, wirkt vortheilhafter wie die directe Beftrahlung; | 16° der Athmungsaufwand von 7 Blattfchichten, von welchen nur die erfte vom parallelen Sonnenlicht beftrahlt ift, während die übrigen im Schatten der erften ftehen, überwiegt nicht ganz die Reduction der einfachen Lage in derfelben Beftrahlung; | 17° unter den günftigften Umftänden der Affimilation in dem Laub- blatte der Buche wird etwa der 24. Theil der zugeftrahlten Wärme in Form verbrennlicher Subftanz capitalifirt!); 18° die Blätter der Laubbäume und Culturpflanzen mit größerer Extinction für die Strahlengruppe BC (f, oben 6°, und oben $. 499) be- fitzen eine größere abfolute Affımilation für diefelbe Gasmenge, diefelbe Lichtintenfitätt und Dauer der Beftrahlung, wie folche mit kleinerer Ex- tinction (S. 523 in der Note); 19° die abfolute Production auf gleicher Fläche und für gleiche Be- . !) Das Pyrheliometer (nach PovILLET), welches ich anwandte; hatte ein kreis- förmiges Gefäß, deffen Radius 47,5; mm befaß. Das Gewicht des in dem Gefäß ent- haltenen Waffers ift 116,46 g, das Gewicht des Gefäßes ift 100,36 g. Die Conftante _ ift für dieß Inftrument gleich 0,256. Verfuch mit dem directen Pyrheliometer von PovILLET am 16. Juni 1875. | Temperatur C. ges des Gefäßes. | () Das Gefäß im Schatten des Schirmes : #495 og 0,5° C ) N 22,45 J 0 Das Gefäß infolirt A) | .R=240C. 5 24,95° | : 0 Das Gefäß bedeckt - ee 6,70°C; Sb 1.249250 ] Higraus berechnet fich die zugeftrahlte Wärme in der folgenden Weife. Die Tempe- ratur des Gefäßes ift r+ r' I=R+ SE: P sr worin r der Halbmeffer des Gefäßes, P das Gewicht des Waflers, welches in ihm ent- halten ift, bedeuten. Diefe Wärmemenge entfpricht 7,9 Wärmeeinheiten für die Minute (d. h. 7,9 g Waffer auf 1° C. erwärmt, für die Fläche von ı gem). Für die Dauer des gafometrifchen Verfuches und die Fläche des Blattftreifens ift die Wärmefumme, welche einftrahlte, fomit gleich 395,0 Wärmeeinheiten. Berechnen wir nun aus der Menge des Gafes und den vorliegenden Zuwachfen an Sauerftoff die FICRDIEÄNEN ES der redu- cirten Subftanz. Die Wärmemenge , welche ı gem des Gefäßes in der Minute erhielt, it w = 3 522 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. ftrahlung beträgt bei der lichteren Buche näherungsweife das Doppelte wie bei der dunkleren Fichte; 20° bei den Pflanzen mit kürzefter Umtriebszeit der Blattfläche ift (foweit die Experimente reichen) die abfolute Production am größten — bei den Nadelhölzern mit längfter Umtriebszeit ift fie am kleinften — bei den Laubbäumen mit mittlerer Umtriebszeit ift fie eine mittlere — für gleiche Intenfität der Beftrahlung; 21° die Gegenwart eines rothen Pigmentes neben dem Chlorophyll bewirkt, namentlich wenn die Nervatur roth gefärbt ift, daß in dem Blatte mehr Strahlen aus der Nähe des Optimum (im Spectrum) zur Wirkung kommen, die Affımilation ift dem entfprechend größer; 22° bemerkenswerth ift, -daß- die Fähigkeit zu affımiliren unter fonft gleichen Bedingungen in den verfchiedenen Theilen einer und derfelben Blattfläche innerhalb fehr weiter Grenzen fchwankt, fo beim panachirten Ahorn zwifchen 0,181 für die weiße und 10 für die grüne Fläche; 23° in mehreren Verfuchen über die abfolute Production in der Ein- heit der Fläche (bei der Buche), welche an einem und demfelben Tage parallel laufend mit Beobachtungen am Pyrheliometer ausgeführt wurden, ergab fich: a) die auf den Quadratcentimeter der Erdoberfläche in der Minute zugeftrahlte Wärme gleich 0,5708 — die in gleicher Zeit und Blattfläche gefpeicherte Wärme gleich 0,0021 Wärmeeinheiten (Mittags); b) die zugeftrahlte Wärme 0,6646 — die im Blatte gefpeicherte 0,00366 (Morgens 9 Uhr); ; c) die zugeftrahlte Wärme 0,8247 — die im Blatte gefpeicherte 0,0426 (Nachmittags 3 Uhr). Das Verhältnif der im Pflanzenblatte in Form verbrennlicher Subftanz gefpeicherten Wärme zu der zugeftrahlten Wärmemenge ift ı : 19, wenn die Strahlung am größten, fie it ı zu 181, wenn die Strahlung der Wärme eine mittlere, und fie ift ı zu 27I, wenn die Zuftrahlung am kleinften ift; [4 Wenn Y das urfprüngliche Gasvolum, in welchem ein Blatt 5o Minuten lang aflı- milirte, p der urfprüngliche Procentfatz der Kohlenfäure, p‘ der Procentfatz der Kohlen- fäure nach der Infolation, s das fpecififche Gewicht der Kohlenfäure, bezogen auf Wafler als Einheit, und v das Verhältniß des Kohlenftoffs im Atomgewicht der- Kohlenfäure be- deuten, wenn wir ferner annehmen, der gewonnene Kohlenftoff gehe in eine Verbindung über, welche die Verbrennungswärme der Cellulofe (des Holzes) befitzt, und nennen k diefe Verbrennungswärme, fo ift die in 5o Minuten gewonnene Wärme W = a u 2) suk. 100 Setzen wir hierin die beobachteten Werthe @in, fo erhalten wir 1,4011 Wärme- einheiten und für die Minute 0,02335, während der gleichen Fläche zu derfelben Zeit Affımilation. 523 24° in zwei Parallelverfuchen, in welchen die verfchiedenen Grade des: Waldfchattens dadurch hergeftellt waren, daß gleiche Blattftreifen des- felben Baumes in einem divergenten Strahlenbüfchel mittelft des Helioftaten und der Sammellinfe beleuchtet waren, zeigte fich, dafs mit finkender Inten- fität das Blatt der Buche (mit kleinerer Extinction) rafcher in der Affimilation finkt als das Blatt eines zweiten Baumes (Eiche) mit größerer Extinction für die Strahlengruppe BC; 25° führt man .das grüne Blatt durch ein lichtfchwaches, aber fcharfes Spectrum, fo erfcheint es unferem Auge am meiften durchleuchtet im Grün und im äußerften Roth, dunkelbraun und fchwarz im I. Abforptionsftreifen in der Nähe der Lithionlinie zwifchen B und C und im Gelb, wo zwei Streifen von etwas ‘geringerer Extinction liegen. Es geht hieraus hervor, daß die Strahlen im Spectrum, welche unfere Augen am meiften affı- ciren, nicht diefelben find, welche das grüne Blatt durchleuchten; etwa 0,5632 Wärmeeinheiten zuftrahlten. Dieß entfpricht dem 24. Theil der eingeftrahlten Wärmemenge. Unter den günftigften Umftänden der Affimilation in dem Laubblatte der Buche wird fomit nur der 24. Theil der zugeftrahiten Wärme in Form von verbrennlicher Subftanz (Cellulofe) capitalifirt. Stellen wir die Refultate der Verfuche zufammen unter den folgenden Voraus- fetzungen: : i 1° möge das Lichtareal mit der einfachen Blattlage überzogen fein, welche in dem gleichen Maße, wie es im Experiment beobachtet, verbrennliche Subftanz durch die ganze Umtriebszeit capitalifire; 2° möge durch die Umtriebszeit diefelbe Beftrahlung herrfchen, wie im gün- ftigften Falle in den vorftehenden Verfuchsreihen, und es möge die zugeftrahlte Wärmemenge verglichen werden mit der durch Verbrennung der capitalifirten Subftanz erzeugten. Wir erhalten die folgende Tabelle: | Wärmemenge | an = ö : Zugeftrahlte Extinctionsgröße | aus dem in ı Minute | | Wärmemenge in | | | | | für die | auf ı gcm Blattfläche | h "Srahlen B,C. | reducirten Kohlen- % Minub ‘ | | Roff. Ed Fichte Verf. XIV | | 0,00647 0,68675 Kiefer « XIV | | 0,0079 | Buche &: I | 0,0119 « « .XIV I | 0,0276 | Lactuca “e X 0,0305 | Hainbuche « XI 1,182 0,04248 | Roßkaftanie « XI 1,625 0,0528 | Erle Be REN 1,625 0,0546 Phafeolus « X 1,857 0,056 | Beta ar 1,625 0,0665 | Kartoffel EEE 2,166 0,0891 | 524 - VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. 26° führen wir dasfelbe Blatt durch ein lichtftarkes Spectrum, welches von einem weiten Spalte herrrührt, fo erfcheint das Blatt im Gelb am hellften; diefß aber rührt daher, daß wir es dort nicht mit homogenem Lichte, fondern mit dem unzerlegten Strahlenbüfchel zu thun haben; 27° alle Beftimmungen der Affimilationsgröße im Sonnenfpectrum ergaben zwei Perioden, welche nur auf die Abforptionsftreifen zurückgeführt werden können; 28° alle derartigen Verfuche im lichtftarken Spectrum leiden an dem- felben Fehler, wie der unter 26 genannte; 29° alle derartigen Verfuche ergeben im lichtfchwachen Spectrum infofern ein negatives Refultat, als in den Gasbehältern ein Zuwachs an Sauerftoff unterbleibt, während die Kohlenfäure einen Zuwachs erfährt. Der kleinere Zuwachs diefer letzteren entfpricht nach einer früheren Discuflion einer größeren Production und herrfcht in den Abforptionsftreifen, deß- wegen find diefe Verfuche nicht abfolut werthlos; 30° die Methode der Herftellung eines derivirten Spectrums, welche von STOKES zuerft vorgefchlagen wurde, zeigt uns, dafs alle leuchtenden Strahlen, mit Ausnahme des tiefften Roth, in einer gewiffen Tiefe der Chlo- rophylimaffe in Strahlen einer und derfelben Brechbarkeit verwandelt werden. In einer gewiffen Tiefe einer fehr großen Chlorophylimaffe ift Durchleuch- tung nur möglich mit Strahlen von der geringften Brechbarkeit bis zur Strahlengruppe BC, welche letztere längft abforbirt ift, wenn nur noch rothe Licht herrfcht; 31° werfen wir einen Blick auf den innern Bau des Blattes. Die chlorophyllführenden Flächen enthalten, wie bekannt, bei der großen Mehr- zahl der Laubbäume einfeitig geftreckte und normal zur Blattfläche orientirte Zellen, in welchen die Chlorophylikörper entftehen, der Apparat ift für die Abforption eines fenkrecht zur Blattfläche eindringenden Strahles angepaßt; 32° behalten wir die Abforptionsphänomene im Chlorophyll im Auge (Die Extinctionsgrößen der drei letzteren Culturpflanzen, bezogen auf die Buche alsEin- heit, wurden mit Hilfe des oben [S. 500] befchriebenen Apparates beflimmt: für das Ery- throfkop liegt die Grenze für Phafeolus bei ı5, für Kartoffel bei 14, für Beta bei ı7. Für das. bloße Auge entfpricht für Phafeolus das ı9., für Kartoffel das ı5. und für Beta das 19. Blatt der abfoluten Dunkelheit. Die Grenze an der Lichtfäule lag an dem Tag, an welchem die Beftimmung ausgeführt wurde [am 8. Aug. 1875], bei 14° der Scale.) Bei den Pflanzen mit mittlerer Umtriebszeit, den Laubbäumen, ift die abfolute Productionsgröße eine mittlere. Die Temperatur der Sonne wird auf 29.000 000° C. gefchätzt. Sie giebt alljähr- lich fo viel aus, daß ein dem Sonnenvolum gleiches Volum Wafler um 1,25% C. er- wärmt würde. Die Erde fängt aus der mit der Sonnenentfernung befchriebenen Kugel den 10000 000ten Theil heraus. Affimilation. 525 und betrachten die Evolution der Baumkrone: der Baum muß in der An- legung der lichtabforbirenden Blätter zwei Aufgaben genügen. Die erfte fordert Abforption des Lichtes in dem Blatte, die zweite fordert Durchleuch- tung für tiefer in der Krone belegene Blätter und Zweige. Er genügt der erften Anforderung durch die Bildung des Pigmentes, — er genügt der zweiten, indem er die Blätter fo vertheilt, daß durch die Lücken der directe Sonnenftrahl von der erften zur zweiten Blattfchicht gelangt, — er genügt keiner der beiden Anforderungen für die ganze Dauer der Kronenentfaltung und Stammbildung. Denn beachten wir, daß nach dem morphotifchen Ge- fetz, das ihn beherrfcht, alljährlich eine neue Zweigordnung gebildet wird, dafß wir aber in Hochwaldsbäumen höchftens 10 Ordnungen vorfinden, fo müffen in dem ıoojährigen Baume 90 blatttragende Generationen vernichtet worden fein und es bleibt in dem fchönften Hochwaldbaume ftreng genommen nur eine traurige Reminifcenz an all den Reichthum in der äußeren Gliede- rung während der vergangenen 100 Jahre; 33° jeder einzelne Zweig lehrt uns, daß die tieferen Blätter im Kampf mit den höheren ftehen, weil letztere die erfteren befchatten. Es ift von Intereffe, den Unterfchied in der Blattfläche kennen zu. lernen zwifchen beiden, und diefen zu vergleichen mit der Extinction, welche wir für die verfchiedenen Waldbäume früher beftimmten. Wir wählen einige- Blätter mit der geringften und einige mit der größten Extinction, wägen die Papier- filhouette des unteren befchatteten und des oberen beleuchteten Blattes eines Zweiges, fo finden wir, daß bei den Bäumen mit größerer Extinction des Strahles der Gröffenunterfchied zwifchen dem beleuchteten und dem befchatteten am bedeutendften ift. Faffen wir nun die Ergebniffe und die Folgerungen aus den letzten einunddreißig Sätzen zufammen, fo erhalten wir aus 30° und 31°: 34° die Andeutung, daß ein Strahlenbüfchel der Sonne in dem Baume durch Abforption fo erfchöpft wird, daß in geringer Tiefe Production in grünen Blättern, ja Production von. grünen Blättern unmöglich wird, indem wir 28° und 29° zufammenfaffen und beachten, daß auch das Pig- ment felbft discontinuirlich (in einzelnen Tropfen) vertheilt ift; 35° das grüne Blatt zeigt. in feiner anatomifchen Befchaffenheit An- paffung an eine Tendenz, den Strahl der Intenfität noch zu fchwächen, aus- zulöfchen. Aus den Sätzen 23°, 24° und 28° ergiebt fich: 36° die Strahlen, welche die Medien unferes Auges durchleuchten und dort den Eindruck am ftärkften bewirken, den wir Licht nennen, find nicht diefelben wie diejenigen, welche das Blatt am tiefften durchdringen. Aus 25°, 26°, 27°, indem wir 9°, 10°, 16° und 28° hinzuziehen, erhalten wir:. 526 VIII.. Theorie der Ernährung der Pflanzen. 37° unter allen Strahlen des Spectrums befitzen diejenigen des erften Abforptionsftreifens die größte affımilatorifche Bedeutung, fo daß wir fagen können: Die Strahlen geringer Brechbarkeit im Spectrum bis zum Gelb durchdringen das Blatt oder den Blättercomplex am tiefften, wirken aber in dem Mafl affımilatorifch, in welchem fie abforbirt werden. Die Sätze 1—5 und der Nachweis (in 23°), daß in dem Blatte ein nicht unbeträchtlicher Theil der Sonnenwärme (bei günftigften Affimilations- bedingungen der 19. Theil der eingeftrahlten) in der Verbrennungswärme der reducirten Subftanz gefpeichert wird, fordern Abforption desLichtes. Gar nicht foll damit gefagt fein, daß die Strahlen der Abforptions-Streifen fpecififch affimilatorifche feien, nur foviel halte ich für erwiefen, daß alle Strahlen der Sonne, welche aflımilatorifch thätig find, gefchwächt werden müffen, weil fie es find. Das einfache Pflanzenblatt erfchöpft nicht einmal vollftändig den chemifchen (photographifch wirkfamen) Theil des Strahlen- büfchels, welcher es trifft. Es erfchöpft erft in 6—8facher Lage die Strahlen- gruppe BC, aber felbft in höherer Schichtenzahl herrfcht noch Licht, das äußerfte Roth. Dort muß auch noch Affimilation herrfchen, wennfchon in geringem Maße. Wollte man nun fagen, diefen Strahlen geringfter Brechbarkeit kommt die Hauptwirkung zu, fo würde man im Widerfpruch mit der Theorie und mit den experimentellen Ergebniffen ftehen; — wollte man andererfeits annehmen, die Strahlen, welche am meiften durchleuchten, haben die größte Wirkung, fo müßte in der Strahlengruppe des äußerften Roth das Maximum der Aflimilation liegen, was durch das Experiment widerlegt ift. 5 38. Fortleitung der assimilirten Körper. Mit den bisher gefchilderten Bewegungen nach der Chlorophylizelle des Blattes geht, wie fchon oben (S. 471) angedeutet ift, die Rückleitung der aflimilirten Körper in der Zeit parallel. Die transitorifche Stärke, -der Zucker, das Inulin, die organifchen Säuren, die Salze, die Harze, die Gummi- harze, die Effenzen u. a. m. entftehen im Blatte und ergießßen fich von dort aus über das ganze rückwärts belegene Syftem, Zweig, Aft, Stamm, Wurzel bis zur äußerften Endigung des Wurzelhaares. Wir dürfen mit Beftimmtheit hieraus fchließen, daß diefe Rückleitung ein Moment für die auffteigende Wafferleitung ift, d. h. für jedes Theilchen der osmotifch wirk- famen Subftanz, welches in dem genannten Weg vom Blatte abfließt, muß eine beftimmte Waffermenge nach dem Blatte ausgetaufcht werden. - Fortleitung der aflımilirten Körper. 527 A. Aeussere Kennzeichen für das Ziel des Stromes. Aus der äußeren Beobachtung ergiebt fich fchon, dafs das Ziel des von den Blättern abfließenden Stammes je nach der Lebensweife der ver- fchiedenen Pflanzenracen fehr verfchieden fein muß. Bei den Pilzen und niederen Algen ift das Ziel vorzugsweife der Ort, wo.die Propagationszellen entftehen. Die größte Mafle der gewon- nenen oder producirten Nährkörper wird in den Oogonien und Sporen ange- fammelt. Die Familie der Flechten zeigt die langfamfte Production von ver- brennlichen Kohlenftoffverbindungen, welche vorzugsweife zum allmäligen Aufbau des vegetativen Lagers verwandt wird. Die Moofe verbrauchen das gebildete Material ebenfalls zum lang- famen Aufbau der vegetativen Stämme bei den perennirenden Formen. Ein merklich wägbarer Theil geht alljährlich in der Bildung der Sporen- kapfeln auf. Bei höheren Cryptogamen, den perennirenden fowohl wie den einjährigen, macht fich die Blattperiode als ganz bedeutender Aufwand geltend. Der Zuwachs an zurückgelegter Maffe ift in den perennirenden Formen fehr klein, mit Ausnahme der wenigen grofen Farren, Pteris, Struthiopteris, Afpidium und der baumartigen Marattien u. a. m. der Tropen. Abfolut auf die Erhaltung der Keimkraft in den Sporen befchränkt ift Sal- vinia natans. Bei allen höheren Pflanzen (allen-Coniferen) und allen Blüthen- pflanzen wird alljährlich ein Aufwand an fefter Mafle in dem Verluft eines Theiles oder aller Blätter eines Theiles oder der ganzen Maffe des vege- tativen Syftemes gemacht. Der zu betrachtende Strom geht vorzugsweife nach zwei Richtungen: a) In der laufenden Vegetationsperiode wird in der Keimung ein Theil der, Maffe, welche von der vorhergehenden und untergegangenen Generation ftammt, vertheilt für den Aufbau der vegetativen Organe. Das Ziel der in dem Laubblatt gewonnenen Aflimilationsproducte ift eine höhere Stamm-, refp. Zweigregion. Der gefammte vegetative Körper erfchöpft fich, geht ein (die einjährigen Samenpflanzen). b) Das Ziel der in der vorhergehenden Vegetationsperiode gewonnenen Refervekörper geht von den perennirenden Theilen, Stämmen, Rhizomen, Knollen, Zwiebeln, Wurzeln u. f. f. nach den Keimorten für die Organe der laufenden Periode, wird erfchöpft, und die Blätter derfelben Periode liefern die Nährkörper, welche nach zwei Zielen ftrömen: 1° wie unter a; 2° der zweite Theil wiederum nach den perennirenden Organen. 528 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. An dem complicirteften Gebilde bei unferem Waldbaume fließt das in einer Sommerperiode gewonnene Material: ı° noch in demfelben Sommer nach der Zuwachsfchalen von Zweig, Aft, Stamm, Wurzel, wird dort zu feftem Holz; 2° nach den Knofpen, wo ein Theil refervirt wird, ein anderer direct zum Aufbau der Blätter Verwendung findet; 3° wird ein Theil in den leitenden Geweben von der äußerften Wurzelfpitze bis zum äußerften Zweige, refp. Blatte bei Immergrünen refervirt, um: den Aufwand im erften Monat der nächften Sommerperiode zu decken. Aus diefer äußeren Betrachtung fchon, welche freilich ohne die phä- nologifchen Kenntniffe des Pflanzenwachsthums von den niederen nach den höheren Pflanzen nicht fo leicht überfichtlich wird, geht hervor, daß die Fortleitung der hier zu betrachtenden Körper faft unabhängig von der Gra- vitation ift. Die Richtung nach oben ift Folge der in dem Ziel herrfchenden Wachsthumsvorgänge, d. h. die im gegebenen Blatte' neugebildeten Körper wandern nach einer höher ftehenden reifenden Frucht oder nach einer tiefer belegenen wachfenden Knolle, weil dort ein merklicher Verbrauch von Zelle zu Zelle nach dem Heerd der Production zurückwirkt. Derfelbe Strom geht hauptfächlich nach dem rückwärts gelegenen Stamm, dem Wurzelkörper, unabhängig von dort zunächft herrfchenden Wachsthumsvorgängen, weil in entgegengefetzter Richtung das Waffer aus- getaufcht wird. | | Zur allgemeinen Theorie der Erfcheinung können wir daher fagen: Jeder Zuwachs bedingt an dem Baume, wie leicht aus dem hiftolo- gifchen Verhältniß (von Holz und Rinde) erfichtlich, eine Druckfchwankung. Wir erhalten fomit, wenn wir. zunächft von der Evolution der Blätter abfehen, wie wir diefß bei den Nadelhölzern mit Ausnahme der Lärche können: ı° in der Anhäufung der plaftifchen Körper in dem chemifch pofitiv gefpannten Theil das caufale Phänomen, d. h. zuerft müffen die plaftifchen Körper im Blatte entftehen; 2° in den Anziehungskräften rückwärts vom Blatte das Moment der osmotifchen Bewegung (Diffufionsbewegung); 3° aus der Vertheilung des Druckes in Folge des Zuwachfes und aus der Moleculargefchwindigkeit (diefe ift von der chemifchen Natur des ftrö- menden Körpers und der Temperatur abhängig) der plaftifchen Körper die Gefchwindigkeit und die Richtung der Bewegung. Diefe drei Momente wirken gleichzeitig. Stellen wir für eine Temperaturperiode (März bis October) die In- - Fortleitung der affimilirten Körper. 529 tenfität der Bewegungsurfachen als Function der Zeit dar, fo wird fich zeigen, daß ihre Maxima nicht zufammenfallen (f. weiter unten, Abfchnitt Wärme). | Nehmen wir an, die Protoplasma-Strömung in den Nitellazellen fei eine folche, wie fie für die Translocation vom Blatte aus rückwärts am Baume von Bedeutung ift, fo würden nach den Meflungen NÄGELTs für einen Modellftamm (Fichte) von 30 m Höhe, welchen wir der Betrach- tung zu Grunde legen wollen, wenn keinerlei Widerftände in der Richtung der Axe zu überwinden, wenn die Röhrenleitung continuirlich wäre, die folgenden Zeiten nöthig, damit das Theilchen die Strombahn einmal durch- läuft: Temperatur. Zeit. 59:6; Tage 84,63 10° » >. 21577 15%». | » = 17,36 20° » 122,50 250°» » 9,02 30° » » 5,20 35° » » 3,47 e Denken wir uns nun einen Osmometer mit der gleichen Membran befpannt, aber von der Größe eines Cylinders oder Kegelmantels, welcher in der Zone des Zuwachfes an dem Baumftamme liegt, wählen dazu einen Stamm von mäßigen Dimenfionen und fehen von den Aeften und Zweigen ganz ab, fo erhalten wir an einem ausgemeffenen Modellftamm näherungsweife das Verhältniß der Fläche des Osmometers zur Kegelfläche des Stammes wie 1:800,000, wenn wir einen Fichtenftamm wählen, deffen Durchmeffer gleich 0,5, deffen Höhe 20 m betragen möge. Die Kegelfläche fcheidet allein durch Osmofe einen Holzring ab, deffen Dicke für das Jahr 1873 beträgt: Höhe Dicke Dicke über dem Boden des Jahrrings 1873 des. Stammes nm in mm. in m. 2 14 0,420 8 9 0,295 14 7 0,195 20 8 0,074 Sehen wir von der ungleichen Vertheilung am Stamme in transverfaler Richtung ab und nehmen eine aus den Daten fich ergebende mittlere Dicke des letzten Zuwachs- ringes an, fo erhalten wir 0,011 cbm Holz, welche, wenn wir das fpecififche Gewicht des Holzes gleich 0,5 fetzen, 5,5 kg entfpricht. Der Osmometer von der Größe des Kegelmantels unferes Stammes würde in einem Tage unter gewöhnlichem Drucke und bei einer mittleren Temperatur von 15°C. 57,8 g N. J. C. Mürıer, Handbuch 1. ı. 34 530 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Zucker abfcheiden (nach den Verfuchen S. 413). Nehmen wir nun als mittlere Dauer der Secretion für unfere Breite vier Monate an unter der Vorausfetzung, daß die Secretion eine ftete und nicht befchleunigte Bewegung fei, fo erhalten wir 7963,0 g Zucker, und man fieht leicht ein, daß der Proceß der Translocation als ein Diffufionsvorgang für ge- wöhnlichen Druck nur gedacht werden kann, wenn es fich um einmalige Dialyfe handelt. Da nun dasfelbe Theilchen des Membranogens auf jedem [heile feiner Bahn, fowohl in der transverfalen wie in der Längsrichtung, unzählige Membranen zu überwinden hat, fo ift leicht begreiflich, daß, Temperatur und Zeit in unferer Rechnung noch fo günftig bemeffen, ein höherer hydroftatifcher Druck dazu gehört, um die nöthige Menge des plaftifchen Materials an den Ort des Verbrauches zu liefern. Wir können aber auch, in Betracht auf die ungeheure Bahn, welche ein Theilchen zweimal im Jahre durcheilt, wenn wir an einen Riefenbaum von mehreren hundert Fuß Höhe .denken, die folgende Frage direct anknüpfen: Durcheilt das plaftifche, aber gelöfte Theilchen den gedachten Weg rafcher, wenn die ganze Bahn nur aus Waffer, oder wenn fie aus wechfelnden Aggregatmembranen — Waffermembran beftünde ? B. Der Rindestrom. Die Entblößung des Holzftammes durch Abreißen der Rinde fiftirt an dem Orte der Verwundung den Zuwachs. Von dem ftehengebliebenen Rindenftreif aus Fig. 444 wird die Wunde vernarbt. Die Entblößung der Rinde wirkt für den Rindeftrom wie eine Stauung, die Nährkörper, welche von den Blättern rückwärts durch Osmofe oder in den Leitzellen fließen, werden an den Rändern der Wunde angehäuft, dieß macht fich durch den in der Figur 444 in die Augen fpringenden mächtigen Zuwachs kenntlich. 1. Erfolg der Ringelung und -Fensterung. a) Die Abhängigkeit der Callusbildung von der Phafe, in welcher der Zuwachs fteht, konnte durch Fenfterung an einem 45 Jahre “ alten Eichenftamm gemeflen werden. Gleichgroße Rindenfenfter wurden an demfelben an den früher fchon genannten Daten angebracht und die Ausdehnung der zu jedem Datum entftandenen Callı gemeffen. Dicke des Callus in mm Datum. ; afcendens, | defcendens, lateralis. - 20. Mai. 2 10,3 15,5 4. Juni. o 1,5 8,3 194-3.22°% [6) [6) oO 4. Juli . o o o ie tr 2,5 2,3 45 4. Anguf : 0 o 0 _ Fortleitung der affimilirten Körper. 531 Es erhellt hieraus, daß, entfprechend der Jahrringbildung in den erften Daten, die Callusbildung von dem Vorrath an vorjähriger Stärke abhängig, in auffteigender Richtung vorherrfcht, dann rafch erlifcht, um nur fehr fchwach im Ende der Jahrringbildung in ab- fteigender Richtung mit dem Zufluß der in diefem Jahre gebildeten Bauftoffe wieder zu beginnen. b) Die Richtung des Rindenfchnittes, welcher die Leitung unterbricht, ift für. die Leitung nach dem Wundrande und die Zellbildung dort von Bedeutung. In den kreisförmigen Rinden- fenftern, wie fie in den Fig. 350—355 dargeftellt find, erkennt man dieß deutlich. Gemeflen wurden 30 cm große Rindenfenfter. An der Eiche und Fichte fchreitet der feitliche Callus in 3 Jahren um 31 und 38 mm, der abfteigende um 7 mm vor!). Einen Ueberblick über die Veränderungen Frc. 444 Eine dreijährige Kiefer der Translocation in der Baumrinde gewinnt man, Te a es wenn in Brufthöhe an erwachfenen roojährigen euer Buchen etwa mehrere Centimeter große rechteckige Rindenfenfter gefchlagen werden. Solches gefchah am 24. April, 5., 15. u. 21. Mai, 1. u. 15. Juni. In Fig. 445 wurden die Längen und Dicken der über den Wundrand vorgefchrittenen Callusmaffen als Function 'der Zeit dargeftellt, wie fie nach 8 Monaten etwa gemeflfen wurden. Man erkennt aus der Curvenfchaar, daß die Translocation zwei Maxima hat, eines, und dieß ift das abfolute, im Mai, von dem Verbrauch des Referve- ' materials aus der vorjährigen Periode herrührend, das zweite im Juli, wo bereits die im laufenden Jahre von der Krone abftrömenden Affımilations- producte zur Geltung kommen. Von Intereffe find fchraubenlinige Entrindungen, welche den Stamm mehrmals umkreifen. Solche Ringelungen wurden an Eichen und Pappeln ausgeführt. Nach drei Jahren wurden die Callusmaffen gemeffen. Von 4, Fig. 446 A, bildet fich über die Wundfläche ein abfteigen- der, von B, Fig. 446 A, bildet fich ein auffteigender Callus, welche beide mit wechfelnder Intenfität in die Schraubenlinie ausfließen. Ganz abweichend von der Vertheilung der Holzmaffe in dem Schraubenband der Lonicere zeigt fich hier nun, dal) die Schnelligkeit der Ueberwallung in beiden Rich- tungen mit der Länge der Bahn wechfelt. Die Länge, bis zu welcher der Callus die Wundfläche in 3 Jahren bedeckt hat, ift in der Fig. 446 A in 1) Eingehendes f. Bot. Unterf. Bd. I. S. 193 ft. 532 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. dem gleichen Maßftabe wie der Querfchnitt dargeftellt, und zwar bedeutet der Abftand der Curve A 4’ u. f. f. von dem Kreife ON WS die Länge des auffteigenden, der Abftand ‘der Curve B B' u. f. f. von dem Kreife O NWS die ans des abfteigenden Callus. Die fchraubenlinige Wunde umfchrieb zwei Kreisumläufe und finkt an dem Stamm mit dem Pfeil. Eine genaue Ausmeflung der Länge des Callus in den verfchiedenen Orten ergiebt die folgenden Größen von. oben nach unten: Himmels- Callus Callus gegend. afcendens. defcendens. [@) 31,5 mm 14,7 mm NO 30... 14,0.» NW 1723... 15,5 » W Io » 19 » SW: 3 » 9» 5 o » | 22 » 5:40 [6) » | 20 » O [6) » 20 » Sowie Fig. 446 A für die Ausdehnung der Calli in longitudinaler Richtung, fo ift Fig. 446 B für die Dicke derfelben dargeftellt. W NOS if hier wiederum der Stammquerfchnitt. Die innere Spirale der aufwärts-, die äußere der abfteigende Callus. Auch hier zeigt fich diefelbe gefetzmäßige Abnahme im ‚Norden, Wir legen unter den Folgerungen, die fich aus vorftehenden Meflungen ergeben, das Hauptgewicht auf diefes Ergebniß: Das Spiralband zwingt die beiden Ströme, den von der Wurzel und den von der Krone kommenden, in einen Umweg, ohne dafs die Leitung ° abfolut unterbrochen würde. Der Callus des oberen Wundrandes, welcher durch den abfteigenden Strom ernährt wird, nimmt in abfteigender Rich- tung ftetig an Maffe zu, der auffteigende Callus des unteren Wundrandes nimmt dagegen in derfelben Richtung ab. Dief3 beruht offenbar darin, daß der letztere vorzugsweife von dem Zweigfyftem der Wurzel ernährt wird, aber nicht in dem Mafje, wie der abfteigende Callus, welcher direct den Strom der abfteigenden Affimilationsproducte weiterleitet. 2. Versuche mit Stecklingen. An Stecklingen kann man nach der Entblätterung die Rindenleitung durch ein Ringelband unterbrechen, welches den Steckling in zwei gleiche Hälften theilt. In diefem Falle find die beiden Querfchnittsflächen und die beiden Wundränder unter fich gleich. Die beiden durch die wenige Centi- meter breite Ringelwunde getrennten Cylinderftücke entfprechen zwei ie . er EEE Fortleitung der aflimilirten Körper. gleichen Refervoiren für die in ihnen vorhandenen Nährkörper. man den: Ringelfchnitt aber fo, daß ein kleineres Cylinderftückchen denfelben von einem größeren ge- trennt wird, fo verhalten fich die bei- den Refervoire ungleich, der obere Wundrand wird ftärker ernährt wie der untere. Hanst£ın?) ftellte in die- fem Sinne zuerft ein Differenzexperi- ment an, welches ich alljährlich für die Vorträge wiederholte, um die Be- deutung der Siebröhren, Leitzellen für die Translocation zu erweifen. Er ftellt Stecklinge in der zuletzt ange- gebenen Weife von folchen Pflanzen her, welche ihre Leitzellen nur in der Rinde befitzen, z. B. Weide und ähn- liche für Pflanzen, bei welchen die Leitzellen im Mark und in der Rinde vorkommen, z. B. Oleander. Die Weidenftecklinge bilden die adven- tiven Wurzelknofpen nur am oberen Wundrande aus, weil nur diefer mit dem größeren Refervoir durch Leit- zellen in Verbindung fteht; der Olean- der bildet fie aber am unteren und oberen Wundrand und felbft aus der unteren Querfchnittsfläche des Steck- Hieraus ergiebt fich die Be- deutung der Leitzellen für die Trans- location. Um einen Ueberblick über die Translocation an einem Waldbaum zu gewinnen, welcher für Blüthen einen kleinen, für die Blattmaffe einen be- grenzten größeren Aufwand macht, beachten wir, daß der mefßbare Zu- wachs an Holzmaffe, wie er endlich lings. un wu ws Lest durch In beiden be- Curvenfchaar in a und b. Die Ordinaten be- deuten in a die Dicke des Callus in Rindenfenftern, welche an ıoojährigen Buchen gefchlagen wurden, an Fıc. 445- deutet o die Abfciffenaxe, die Zeit. den oben und unten verzeichneten Daten, 24. April, 5.Mai, ı2. Mai, 2ı. Mai, ı. Juni, 15. Juni, 20. Juli, und esift die in 4 einfetzende Curve ina für den feitlichen Callus, die zwifchen 3 und 2 beginnende gehört dem auffteigenden, die in 2 beginnende dem abfteigenden. Die Curvenfchaar 5 ftellt im gleichen Sinne das Vor- rücken des Callus über den Wundrand dar. Hier werden die Abfciffenwerthe zum Theil negativ, d. h. die Gewebe in der Nähe des Wundrandes trocknen rückwärts ein, die Curve, welche bei -6 beginnt, ge- hört dem abfteigenden, die zwifchen o und -r be- ginnende dem auffteigenden und die bei 2 beginnende dem feitlichen Callus an. Sämmtliche Meflungen wur- den am Ende des erflen Jahres gemacht. N. M. Kırnrız. Forft- und jJagdzeitung 1877- in dem Schaft und den Zweigen zu Tage tritt, urfprünglich in flüffıger Form 1) Jons. Hanstein, Verfuche über die Leitung des Saftes durch die Rinde und Folgerungen daraus. S. 392. PrınGsH. Jahrb. Bd. II. 1860. 534 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. von den Blättern abfloß, um fich feft niederzufchlagen, (man vergleiche Fig. 447); fo kann man die osmotifche Spannung für das Baumfyftem berechnen, nach- dem das Volum und die Holzmaffe bekannt find für die aufeinanderfolgenden Jahre, während welcher das Syftem gewachfen ift. Eine folche Meflung und Berechnung habe ich ausgeführt für 16 Jahre bei der Fichte. Ich berechnete aus genauen Meffungen an dem Stamm, welcher in dem Sinne des Schemas, Fig. 447, aufgefchnitten war, die Holzmaffe der Jahreslagen, werthete diefe in Zucker aus und dachte mir diefen Zucker in dem Rinden- volum gelöft. In der beifolgenden Tabelle ift die Höhe des Stammes in Metern, das Volum- der in einandergefchachtelten Jahresholzlagen, das Ge- wicht der Zuwachsmaffe und das Verhältniß der. feften Subftanz in dem mit Waffer gefüllt gedachten Rindenvolum als osmotifche Spannung aus- gewerthet. | de Gewicht des Höhe en Holzes der Osmofis der Jahr. Jahreslage m. Jahreslage Spannung. ccm. grm. 2 0,2 0,00002 0,96 0,48 3 0,38 0,0009 4,32 1,08 6 0,56 0,0048 23,04 0,36 8 0,68 0,0086 41,28 0,253 Io 0,84 0,0162 77,76 0,212 14 1,40 0,0766 367,68 0,286 16 2,27 0,3072 147456 0,345 Von Interefle ift hier, daß die osmotifche Spannung nahezu um ge- ringe Werthe hin und her fchwankt, während das Volum und die Mafle des jährlichen Zuwachfes fowie das Gefammtvolum ftetig zunehmen. Die chemifche Analyfe des Blattes für den Verlauf einer Sommer- periode nach den werthvollen Unterfuchungen von RıssMÜLLer!) hat er- geben: in 1000 Theilen frifchen Blättern der Buche: am 7. Mai . . Wafler 766,5 Th. Trockenfubftanz 233,5 BAT TUnse 3.5.5910 » 402,1 Bey: DUeD Un - DE Beer ». 563,6 » » 43654. » 11. Auguft . » Pau » 50754 » 11. September x 1525,89 » 4742 »- :29..October-“; ». .. 596 » » 403 » 18. November RE » 455- 1) RıssMÜLLer, Stoffwanderung in der Pflanze. Göttingen. Huth. 1873. Fortleitung der aflimilirten Körper. Der Gehalt an Cel- lulofe in Rohfafer in der Trockenfubftanz fchwankte von 144°/oo der Trockenfubftanz vom 7. Mai bis zu 209 am ııI. Juni, 212 am 27. October, 255 am 18. November, fienimmt alfo ftetig zu. Die ftickftofffreien Extractivftoffe mit 502°/oo der Trockenfub- ftanz im Beginn culmi- niren mit’ 524°/oo am II. Juni, von da ab ver- mindern fie fich oder halten fich nahezu län- ° gere Zeit conftant. Die Proteinkörper mit 282 °/oo der Trocken- fubftanz finken bis 143°/oo am 11. Septem- ber, bis 78,12 am 18. November. Die Fette von 23°/oo im Beginn, 24 am II. Juni, culminiren gerade geben das Ende mit 55°/oo am 18. No- vember für 455°/oo der Trockenfubftanz. C. Histologische und chemische Unter- suchungsmethoden. Zwei Wege kön- nen eingefchlagen wer- den, um über die Ver- theilung der Affımila- tionsproducte über den. 535 TIERE NS RI r us Fıg. 446. 4 Schema des Zuwachfes in einer fchraubenlinigen Wunde, welche nach drei Jahren abgemuftert wurde, nach genauen Meflungen in !/s der natürl. Größe. Der Kreis O N WS ift der Querfchnitt des Baumes zu den Himmelsrichtungen. Der Radius CO=OP if gleich dem Durchmeffer des Schraubenbandes, welches den Stamm umkreift. Von dem Kreife ONWS wurde die Länge (d. h. die Ausdehnung in axiler Richtung) des Callus in radialer Richtung aufgetragen und zwar für den Callus defcendens in centri- petaler Richtung, es find die Längen A Aı Aa As bei O, NO, N, NW u. £. £. bis AO wie in S; für’ den Callus afcendens in centrifugaler Richtung von B ab find es die Längen dı da ds u. f. f. Wiewohl nun die beiden Wund- ränder parallel und gleichfinnig mit den Pfeilen den Stamm umkreifen, fo theilen fich doch, wie man aus den angegebenen Längen fieht, zwei Ströme, von welchen der eine bei gleichem Sinne der Richtung ab-, der andere zu- nimmt. — B Schema des Zuwachfes für einen ähnlichen Stamm wie 4 in 1/3 nat. Größe. Jetzt aber ift die Dicke des Callus (der Zuwachs im Wund- rande) in radial transverfaler Richtung gemeffen; und zwar ftellt die innere Spirale den Callus defcendens, die äußere den Callus afcendens dar; beide beginnen ihre von oben nach unten fortfchreitende Bahn in dem Orte, wo die Pfeile befindlich. 36 VII. "Theorie der Ernährung der Pflanzen. ganzen Körper der Pflanze Auffchluß zu erhalten. Man kann, da von. folchen Körpern ein gewiffer Theil der Köhlehydrate als Zuwachs von Fıc. 447. Schematifcher Durchfchnitt durch einen Baum, an welchem nur die Aefte erfter Ordnung berückfichtigt wur- den. A B C die Aefte. In s ift das Syftem zweijährig; in st ift es dreijährig;; in s2 ift es fechsjährig u. f. f. Holz und allen vegetativen Theilen feft und dauernd wird, diefen Theil meflen und wägen und endlich ausgewerthet denken in Form fol- cher, zum Theil füffiger Kohlehydrate, wie fie in der Pflanze vorkommen. . Der. zweite: Weg ift die chemifche Reaction. Für eine kleine Anzahl der Affimilationsproducte be- fitzen wir einigermaßen fcharfe Reactionen'). I. Für die Mechanik der Translocation in der Baumrinde find diefe hiftologifchen Ver- hältniffe von einigem Intereffe. Die Zuwachs- perioden der: Rinde wechfeln zwifchen Baft- parenchym, Leitzellen,: Baftzellen u. f. f. (f. oben $. 377 ft.). Nehmen wir den einfachften Fall, etwa die Fichtenrinde, in welcher Baftparenchym und Leitzellen wechfeln, fo zeigt die mikro- fkopifche Unterfuchung, daß durch die Com- preffion, welche der Holzkörper auf die inneren weicheren Rindenfchalen ausübt, ein Theil der Gewebe mehr comprimirt wird wie ein anderer. Die Leitzellen werden allmälig zu faft ftructur- lofen Bändern zufammengepreßßtt. Diefer Vor- gang fchreitet in centripetaler Richtung ganz entfprechend der Zuwachsrichtung für die Rinde fort, fo daß in einer äußeren Schale die ur- fprüngliche Structur mehr verwifcht ift wie innen. Umgekehrt liegt dieß für die ftärke- und zuckerführenden Baftparenchymzellen, Fig. 449, diefe nehmen ftetig bis zu beftimmter Grenze von innen nach außen an Volum zu?). 1). 'Tu. Harrıg, Entw. d. Pflanzenkeims. Leipzig 1858. Förftner’fche Buchh. J. Sachs, Phyfiologifche Unterfuchungen über die Keimung der Schminkbohne. 1859. Ueber einige neue Reactionsmethoden. Wien 1859. — Dr. Tu. Harrıc, Das Gerbmehl. 53. Weitere Mittheilungen, das Gerbmehl betreffend. 237. Bot. Ztg. 6 — Borscow, Bei- träge zur Hiftochemie der Pflanze. 17. 33. Bot. Ztg. 74. 2) Eingehenderes hierüber: Bot. Unterf. Bd. I. S. 246. 2 Fortleitung der affımilirten Körper. ck 537 Da nun in der Fichtenrinde als beftem Studienobject die Leitzellengruppe und die Gruppe von ftärkeführendem Baftparenchym ftreng geometrifch geordnet find, fo läßt fich aus der Diftanz der letzteren ein Maß der Ener T Tage Diff. Dift.: 20. Mai 18. Auguft _ 6 16 | I | 3. September 4. Juni | 7 16 | | IO. » 20. » 7 14 17. 2. 4. Juli | | 8. 15 | 25: > er Fıc. 448. Die Täfelchen für das Dickenwachsthum der Holzzellen beziehen fich auf diefelben Daten, f ift hier mit . beachtet, während es für die Stärkeringe ausgelaffen wurde. Es bedeuten: Sı die jüngfte Sommerholzzelle, S2 die nächftjüngfte u. f. f., Sa die ältefte Sommerholzzelle, Wı die jüngfte Winterholzzelle, Wz die nächftjüngfte Winter- holzzelle, Wa die ältefte Winterholzzelle. Compreffion mikrofkopifch beftimmen. Die Diftanz zweier Stärkeringe beträgt im erften Jahr z. B. 35 Maßeinheiten, im vierten Jahr nur 3 Maß- einheiten ynd im elften Jahr o, d. h. die Baftparenchymgruppen find in einander verfchränkt, die Leitzellen find vollftändig collabirt, auf ein mini- males Mafd zufammengedrückt. ll. Auch die Gefammtcompreffion der Rinde hat ein Intereffe. Diefer Gegenftand ift indefS dadurch erfchwert, dafd die äußerfte Rindenfchale nicht abfolut ftarr ift, fie dehnt fich und reißt (f. oben $. 340). Man kann nun dem Intereffe der Leitung dennoch genügen, wenn man für verfchiedene Regionen des Baumkörpers Meflungen ausführt über die Radienlänge des Holzkörpers und der Rinde'). Aus diefen ergiebt fich nahezu gleiche Com- preffion eines Elementes der Rinde, deflen Volum gleich eins gefetzt fein !) Bot. Unterf. Bd. I. S. 249. 538 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. möge, ehe die Anlegung des Jahrringes erfolgt. Das Volum finkt im Stamm auf 0,828, im Aft der dritten Ordnung auf 0,735, im Aft der fiebenten Ordnung auf 0,680. Alfo herrfcht eine geringe, aber immerhin merkliche Druckfchwankung, welche von dem Stamm nach dem Aft zu- nimmt. Die Volumverminderung ift in den äußerften Zweigen durch den Zuwachs größer wie im Stamme. II. Ein ‚Maß für die Translocation am Baumftamme konnte aus ver- gleichenden Meflungen über den Holzzuwachs gefunden werden. ‚Das befte Studienobject find die Stämme unferer Nadelhölzer, Fichte, Tanne, Kiefer. Für die Fichte wurden Meffungen über die Vertheilung der Maffe in einer Sommerperiode vorgenommen. Man beachte aus der anatomifchen Structur des Jahrringes, daf eine Radialkette von Holzzellen beginnt mit weitlumigen Sommerholzzellen, welche allmälig wachfen und fich verdicken, fo eine Reihe darftellen, welche mit Sı S2 Ss bezeichnet werden kann. In der Figur 448 wurden für je ein gewähltes Datum, 20. Mai, 4. u. 20. Juni, 4. u. 19. Juli, 18. Auguft, 3., IO., 17. u. 25. September die Querfchnittsareale gemeffen und in der befagten Figur dargeftellt. Sa bedeutet eine ältere, Si eine jüngft angelegte Holzzelle in dem lockeren Theil des Jahrringes, Wı Ws u. f. f. die von der abfoluten Wintergrenze abgezählten, zuletzt entftehenden Holz- zellen. Im Allgemeinen finkt in der Kette das Lumen, während die Wand- dicke der Holzzellen wächft, vom Beginn des Mai bis Ende September. Hierbei ift indeß zu beachten, wie auch aus der Curvenfchaar. im VII. Abfchnitt $ 32 E Fig. 317 zu erfehen ift, daß zuerft eine Auflockerung der Zellen ftattfindet, ehe die Maffenzunahme ihr Maximum erreicht. Die Maffencurve als Function der Zeit, für ganz dünne Zuwachsfchalen dargeftellt, hat demgemäf) zuerft ein Maximum unmittelbar nach der Anlegung der Zellwände in der Cambiumzone, fodann erreicht fie ein abfolütes Minimum durch die Auflockerung, um erft zuletzt das abfolute Maximum zu erreichen. Der zweite Weg, die Vorgänge der Translocation zu ftudiren, ift durch die organifche Chemie und die mikrofkopifche Analyfe vorgezeichnet. Durch mikrochemifche Reactionen find indef} bis jetzt nur wenige Körper, welche aus Pflanzentheilen hergeftellt wurden, in den Geweben direct nach- weisbar. Es beruht dief) zum Theil darin, daß diefelben in der Zelle nur in minimalen Mengen vertheilt vorkommen. Wir ftellen uns hier die Auf- gabe, über die Vertheilung der wichtigeren Körper Auffchluß zu geben, und bringen die fimmtlichen Körper in zwei Gruppen. Die erfte Gruppe enthält alle Verbindungen, von welchen mit Beftimmtheit angenommen werden muß, daß fie zum Aufbau der Pflanze eine Rolle fpielen oder zur Athmung verbraucht werden (Nährkörper). Die zweite Gruppe enthält diejenigen, welche Fortleitung der affimilirten EUR 339 als Ausfcheidungsproducte, Secrete, betrachtet werden müflen und Men, von welchen eine Bedeutung im Sinne der erften Gruppe bis jetzt nicht bekannt ift. I. Gruppe: Nährmittel'). Wir können die Nährmittel zunächft eintheilen in ftickftofffreie und ftickftoffhaltige. Diefe Einfheilung ift eine künftliche, infofern jedenfalls bei der Neubildung affımilirter Rohnährkörper in dem Blatte zunächft eine ftickftoffhaltige Subftanz fich bildet, aus welcher fich die ftickftofffreien Körper abfpalten. Wir denken uns eben das Protoplasma als den wefent- lichen Theil im Leben der chlorophyllhaltigen Zelle, welcher gerade fo wie die Plasmodien der niederen Protiften zuerft feine Maffe vermehrt, ehe er zur Ausfcheidung der allein aus C, H, O beftehenden Verbindungen fchreitet. Nährkörper aus C, H, O zufammengefetzt. Hierhin gehören: ı° die Kohlehydrate; 2° die organifchen Säuren; _ 3° die Fette und die fetten Oele. 1. Kohlehydrate. Diefe Verbindungen enthalten ein Atom Kohlenftoff mit der Gruppe Wafferftoff und Sauerftoff fo verbunden, wie im Wafler. Die allgemeine Formel der ‚Kohlehydrate ift C„He2.O,.. Die Formel, welche für die Aidung eines Kohlehydrates aufgeftellt werden kann, ift diefe: mCO2 + „PRO = C„H2.0. + 20. !) Tu. HartıG, Ueber den Bau des Stärkemehls. Bot. Ztg. 55. S. 905. — Prof. Dr. SCHENK, Ueber formlofe Stärke. 497. 555. Bot. Ztg. 57. — Sanıo, Unterfuchungen über die im Winter Stärke führenden Zellen des Holzkörpers dicotyler Holzgewächfe. 1858. Halle. — Dr. Tu. Harris, Ueber den Zucker und über einen; dem Salicin ähn- lichen Körper aus den Cambialfäften der Nadelhölzer. 413. Bot. Ztg. 63. — Dr: J. Sachs, Ueber die Sphärokryftalle des Inulins und deffen mikrofkopifche Nachweifung in den Zellen. 77. 85. Bot. Ztg. 64. — Dr. A. Weıss und Dr. Jur. WıEsxer, Ueber die Einwirkung der Chromfäure auf Stärke. 97. Bot. Ztg. 66. — Dr. A. Fammrziın und J. BoroDIn, Ueber transitorifche Stärkebildung bei der Birke. 385. Bot. Ztg. 67. — G. Kraus, Einige Be- obachtungen über den Einfluß des Lichts und der Wärme auf die Stärkeerzeugung im Chlorophyll. PrıxGsH. Jahrb. Bd. VII. S. sır. 1869—70. — G. Brıosı, Ueber normale Bildung von fettartiger Subftanz im Chlorophyll. 529. 545. Bot. Ztg. 72. Ueber allgem. Vorkommen von Stärke in den Siebröhren. 305. 321. 337. Bot. Ztg. 73. — J. Sachs, Ueber die Stoffe, welche das Material zum Wachsthum der Zellhäute liefern. PRINGSH. Jahrb. Bd. III. S. 183. 1863. — G. Kraus, Ueber eigenthümliche Sphärokryftalle in der Epidermis von Cocculus laurifolius. PRınGsH. Jahrb. Bd. VIII. S. 421. 0 540 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Nehmen wir an, es enrftehe durch die Aflımilation Zucker, fo er- halten wir: 12608 ..£: 1IERO.: =: (GeHsduı 7,230 Kohlensäure. Wafler. Zucker. freier Sauerftoff. a) Stärke (Amylum) (f. oben $ 16 ABC). Die Stärke tritt faft inftantan nach der Beleuchtung im vorher leeren . Chlorophylikörper der höheren Pflanze auf. 2 6 Vor 8 ' | l j | } | | | ! I | ı I I | I i 1 I : | BR n 50 BE: 2 8° 0 N l | $ | J E. Q,0 | l | | I ' i Be + a m E ! ! t fax; | j Se | i 1 | ! j \ e - | I \O | ! 2 N | Leer | : Fr ! i | | j | | a | I t | N I N - l I N [0 <) I I I 190% \ ı Ei A = | o) ) R I r = EN Be | | 197 | I I wa I I ü N ' . l ! | R (02) od 2 ich | t 2 9 | = N | : te ee 3 { [cl 1.92 H 4 © & En H 23 a | ! I Jr ) | 3 4 5.08 7 8 FıG. 449. Diefe Figur entfpricht einer genauen Aufnahme der ftärke- und zuckerführenden Zellen in der Fichten- rinde. o bis ı2 in der Horizontalrichtung find die von der Cambialzone gerechneten Zellen diefer Art. In der Verticalrichtung ftellt die erfte Reihe den Zuftand anı 20. Mai, die zweite am 4. Juli, die dritte am 19. Juli, die fünfte am 18. Auguft, die fechfte am 25. September dar. n Die Gewebe, in welchen das Stärkemehl wandert, reagiren fauer. Die Stärke wird durch verdünnte Säuren in Traubenzucker umgewandelt. Im kleinften Volumelement folcher Gewebe, welche flärkegefüllt find, wie die Kartoffelknolle z. B., wird das Stärkemehl, wenn neue Sproffe ernährt ” 4’ “ur Fortleitung der aflimilirten Körper. 541 werden, zuerft in denjenigen Orten des Grundgewebes reforbirt und dis- locirt, welche von den Gefäßbündeln am weiteften entfernt find. Das Stärke- mehl verfchwindet bei der endlichen Erfchöpfung der Knolle zuletzt in der Nähe der Gefäßbündel. Wir betrachten zuerft die Translocation der Stärke von der Baumkrone nach den tiefer belegenen Schafttheilen, ein Vorgang, der durch die genauen Meflungen überfichtlich wird, welche in Figur 449 dargeftellt find. Fıc. 450. 4. Inulinfphäroide aus dem Stamm von Helianthus tuberofus in concentrirtem Alkohol. In der einen” Zelle ift das Sphäroid wandftändig und feitlich an der Wand abgeplattet. B. Inulinfphäroid in dem Rhizom von Inula Heleniam. Dasfelbe hat fich in fechs Zellen gleichmäßig ausgebildet. Eine von diefen central, die fünf andern im Kreis um die erftere gelagert. C. Helianthus tuberofus. Markzellen, welche Inulin führen. (Sachs, Bot. Ztg. 1864 Nr. ı2, 13.) Fig. 449 ftellt in der Reihe o bis ı2 die aufeinanderfolgenden Ringe. der Stärke und Zucker führenden Baftparenchymzellen dar. Diefe Horizontal- reihen find von oben nach unten am 20. Mai, 4. u. 19. Juli, 18. Auguft und 25. September dargeftelt. Vom 20. Mai ab nimmt die Zahl und Größe ab, am 4. Juli ift die Rinde ftärkeleer. Die Ueberrefte der Cellu- lofefkelette find jetzt noch nachweisbar. Am 19. Juli tritt zuerft der oxal- faure Kalk auf, noch ehe Stärke nachweisbar ift; von jetzt ab treten wech- felnd Stärkekörner auf und verfchwinden wieder, bis gegen den 25. Sep- tember die Anhäufung eine dauernde wird. Aus den mikrofkopifchen Aufnahmen konnten genaue Volumberech- nungen ausgeführt werden; auf 1000 cmm wurde das Volum in den auf- einanderfolgenden Zeitregionen beftimmt. Die erfte Zeitregion vom 20. Mai bis Anfang Juni ergiebt in der 542 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. innerften Zelle 1, Fig. 449, 80 cmm auf 1000 cmm der Rinde, in der zweiten 140, in der dreizehnten 279 cmm. | Vierzehn Tage fpäter fchon find in Zelle ı nur 43, in der 10. Zee 158 cmm enthalten. Die zweite Zeitregion können wir rechnen vom 20. Juni bis 19. IR Das Wefen diefer Periode läßt fich kurz fo definiren: Das Stärkerefervoir ift verbraucht, von jetzt ift der Confum in der Grenzzone fo ftark, dal es gar nicht mehr zur Bildung der Niederfchlags- körper kommt. Die dritte Region vom 19. Juli bis 18. Auguft zeigt zuerft wieder Niederfchlagskörper, welche in der Grenzzone äußerft kleine Kugeln bilden, in der mittleren Zone felbft noch zur vollen Reforption kommen können. Der laufendjährige Zuwachs, Fig. 317 bei der Fichte, wird jetzt verftärkt. In der nachfolgenden Tabelle ift das Volum in den Zellen o bis 12 noch dargeftellt für. die Daten h, :, k, I, welche ıytägige Intervalle von Ende Auguft ab enthalten. Gefammtvolum der Stärke in cmm auf 1000 cmm der Rinde. Zelle. h i k l 0 13 94 | 16 55 I 54 I 4 41 5 35 6 37 7 38 9 57 10 . 66 12 93 Die Meflungen, welche in der Fig. 449 graphifch dargeftellt find, wurden durch den ganzen Winter fortgefetzt an der Fichte, der Buche und der Eiche. Für die vierte Zeitregion läßt fich aus denfelben das folgende Refultat angeben: Gegen Ende des November ift die Rinde aller unterfuchten Bäume ftärkeleer, da diefelbe vollftändig von den Zellen des Holzkörpers aufgenommen ift; während der Monate December, Fortleitung der aflimilirten Körper. = 543 Januar bis Anfang Februar (wohl auch Februar und März bei ftarkem Froft) verharrt die Stärke im Holz, um von da ab durch die Rinde ihre centrifugale Bewegung zu beginnen. “In einer mittleren Stärkezelle der Fichtenrinde find die Volume auf ‚die Stärkekörner, wie nachfolgend verzeichnet ift, vertheilt: erfte Zeitregion (a) 121 Volumeinheiten auf ıo Körper, zweite D) [6) » » [6) » dritte ° » 8 » 2. vierte » 41 » » IO a . Daraus erhellt: An einem beftimmten Orte in der Nähe des Cambiums wird ein Theilchen des plaftifchen Materials dann noch befchleunigt dadurch, daß ıo Niederfchlagskörper, welche aus dem Material beftehen, von dem Volum 8 nach dem Volum gar, refp. von 4ı auf das Volum ı21 heranwachfen wollen — wenn felbft in der Grenzzone der Zuwachs erlofchen ift, alfo in dem Zeitraum September bis Mai. b) Inulin. Das Inulin ift identifch in der Zufammenfetzung mit dem Amylum. Es kommt in der Pflanze gelöft vor, wohl in den höheren Pflanzen allgemein verbreitet, am reichlichften in dem Grundgewebe der Rhizome und Wurzel der Compofiten (Dahlia, Inula u. a. m.), fchlägt fich in Alkohol in charak- teriftifchen, ftarklichtbrechenden Sphäroiden nieder, Fig. 450. Das Inulin ift in vielen Pflanzen im Grundgewebe in geringer Menge vorhanden, fo namentlich in den Rinden der Bäume. c) Rohrzucker Cie Re Oh. R In der Pflanze immer gelöft, diffundirt im Grundgewebe, kryftallifirt in monoklinen Säulen, in Alkohol wenig löslich. Der Rohrzucker reducirt die Kupferoxydfalze nicht, bildet aber beim Kochen mit KOH, bei Gegen- wart von Weinfäure, mit denfelben bafifche lafurblaue Kupferfalze. Der Rohrzucker kommt in den Baumfäften, Birke, Ahorn, in den faftigen Theilen der Früchte, der Runkelrübe u. a. m. vor. Charakteriftifche Verbindungen entftehen mit Kali und Kalkfalzen, z. B.: CieH3a201ı KeO und Cie Frk2eO1ı1CaO. d) Traubenzucker, Glucofe C; Hı2 Os. In der Pflanze ift der Traubenzucker gelöft, diffundirt in denfelben Geweben vorzugsweife in den Früchten, Trauben, auch im Honig. In Alkohol löslich. Der Traubenzucker reducirt Kupferoxydfalze bei Gegenwart von 544 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Kali und Weinfäure beim Kochen zu Kupferoxydul. Er befitzt charakte- riftifche Verbindungen mit Baryt, Bleioxyd und mit Kochfalz f (2CsHh206)2 NaCl + FO \ eryftallifirt, auch mit organifchen Säuren. Der Traubenzucker kann aus Cellulofe und Amylum unter Einwirkung von Säuren hergeftellt werden. Der Traubenzucker wird unter dem Einfluß der fpecififchen Gährungs- erreger in drei verfchiedene Gährungen übergeführt, die Alkohol-, Butter- fäure- und Milchfäuregährung : bei der Alkoholgährung entfteht Alkohol und Kohlenfäure?), CsHle06 — 2(CiHı2O2) + 2COs, bei der Butterfäuregährung wird Kohlenfäure und Wafferftoff entbunden ?), CHreO0s = GiHsO2 + 2CO2 + 4H, . bei der Milchfäuregährung findet eine moleculare Umlagerung ohne Gäs- entbindung ftatt, GHhsOs —= 2(GHkOs5). Die Löfung des Traubenzuckers dreht die Polarifationsebene nach rechts. Der Fruchtzucker (neben dem Traubenzucker im Honig) in den Früchten der Amygdaleen, Pomaceen u. a. m. ift linksdrehend. Melezitofe CiaHggOıı + HrO aus dem Manna der Lärche im füd- lichen Frankreich gewonnen, Melitofe CieH2201ı + 3HeO aus dem Manna des Eucalyptus (Auftralien). Synanthrofe Ciefee + FRO in den Dah- lienknollen. e) Gummiarten (f. früher $ ı5, S. 95). Die Gummiarten find jedenfalls aus der Umwandlung von Cellulofe oder doch folchen Körpern entftanden, welche in der Zellhaut urfprünglich feft waren, fie quellen (Traganth) oder löfen fich in Waffer, find in Alkohol, ätherifchen Oelen unlöslich. In der fchleimifchen Löfung diefer Körper find zuweilen Oele, Effenzen, Haare emulgirt: ı° das arabifche Gummi der Acacien Nordafrika’s ift eine Verbindung der Kalk- und Kalifalze mit der Arabinfäure (CoA1Os5) + "/2FH2O, welche durch die Einwirkung anderer Säuren abgefchieden werden kann. Die Ent- ftehung desfelben im hiftologifchen Sinne ift noch nicht unterfucht. Die Löfung ift linksdrehend ; 2° Baflorin im Trasämheuhiter (f. oben S. 95, Fig. 113) quillt in Wale filtrirt nicht, diffundirt nicht durch Membranen; !) Glycerin und Bernfteinfäure, f. im Abfchnitt &ährung weiter unten. ?) Im gährenden Johannisbrod (Siliqua dulcis). Fortleitung der affimilirten Körper. 545 3° die Schleime der Quitten-, der Leim-, der Cruciferenfamen ent- ftehen durch Quellung der Zellhäute (f. oben S. 97); 4° in dem Grundgewebe der Cereusarten befinden fich größere Zellen (Schleimzellen), in Alkohol wird der Schleim feft und zeigt deutlichft die Schichtung, welche den Membranen eigen ift. Aehnliche Zellen kommen vor in den Orchisknollen (Salepfchleim); 5° Dextrin entfteht durch Erhitzen des Amylum in Waffer bei Gegen- wart von Säuren. Geht zuletzt in Traubenzucker über. Die Löfung des Dextrin ift rechtsdrehend. 2. Fette und fette Oele. Die Fette und fetten Oele find chemifche Verbindungen der höheren Fettfäuren mit Glycerin, | fo die Laurinfäure Cı2HsıO2 im Fette der Cotyledonen bei den Laurineen, die Myriftinfäure CısFARsO2 im Samen der Myriftica, Palmitinfäure ne in allen Fetten und fetten Stearinfäure CısAssOe) Oelen, Arachinfäure _ CoHiO:) er hypogza. Diefe Säuren find feft, das Glycerin ift flüffıg, die Verbindung im Fett oder Oel ift flüffig oder feft, je nach der Temperatur. Die Fette und Oele kommen in der Pflanze mit Protoplasma emulgirt vor, fie finden fich in allen Chlorophylikörpern und find dort jedenfalls das Löfungsmittel für das Pigment. Sie werden vorzugsweife gehäuft in den Samen (Coniferen, Cruciferen, Buche, Hafel u. a. m.), find aber nicht für nahe Verwandtfchafts- kreife fpecififch, z. B. hat die Buche einen Oelfamen, die Eiche einen Mehl- famen. Bei der Keimung der Oelfamen, fo z. B. der Buche und der Nadel- hölzer, tritt fchon nach wenigen Tagen transitorifche Stärke auf, welche fehr bald in den Keimtheilen vorwiegt, während das fette Oel verfchwindet. Bei der Keimung von Allium Cepa, deffen fämmtliche Keimtheile ur- fprünglich nur fettes Oel oder Fett enthalten, Fig. 451, bilden fich nach einiger Zeit Zucker, Stärke, Proteinkörper, welche mit Hilfe der früher an- gegebenen Reactionen nachgewiefen werden können. Die Cotyledonen enthalten vorzugsweife das Fett, Zucker befindet fich in dem Grundgewebe in der Nähe der Gefäßbündel. In der Nähe der Wurzelknofpe, in der Wurzel- haube und in der Nähe der Stammknofpe tritt zuerft transitorifche Stärke auf, die Proteinfubftanzen treten reichlicher in den Leitzellen der Gefäßbündel auf. Der Vorgang der Entftehung eines Fettes bei der Affimilation ift durch diefe Formel veranfchaulicht: „CO: + „PRO = C„H2.O... + 2(m + 0)0, (wo 2m + o größer als 2m, m und o ganze Anzahlen von Atomen bedeuten). N. J. C. Mürıer, Handbuch 1. r. 35 546 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Fıc. 451. A. Keimling von Allium Cepa in vorgerückter Keimphafe, der Cotyledon ift noch in dem Endofperm und „der Samenfchale mit feiner Spitze eingefchloffen. Eine abgebrochen gezeichnete Wurzel hat fich entwickelt. Eine zweite ift angelegt. Die Plumula ift noch von dem Cotyledon eingefchloffen. Die Körper, welche die Ernährung be- forgen, find fo vertheilt: in der Wurzelhaube Stärkemehl, in dem fchraf- firten Theil der Wurzel, welcher in Streckung befindlich ift, vorzugs- weife Zucker, in dem Gefäfbündel die eiweißsartige Subftanz, in’ dem Cotyledon Fett, in der Nähe der Plumula in der Wurzelanlage Stärke. B. Zellen des Endofperm. .In der Mitte der Zellkern. Die Zelle ift mit Fettkörpern erfüllt, welche in der körnigen Subftanz des Plasma einge- . bettet find; rechts eine Zelle, in welcher die Fettkörper im Durchfchnitt dargeftellt find (nach Sachs, Bot. Ztg. 1863). 3. Proteinkörper (Albumine). Diefe für die Ernährung wichtigften Kör- per find chemifch am wenigften gekannt. Sie kommen flüflig, zum Theil gelöft im wäfferigen Safte der Pflanzen, zum Theil von dem Waffer des Zellinhaltes differenzirt im Protoplasma vor, endlich werden fie in Niederfchlagskörpern in den Samen und Früchten, in der Rinde der Bäume, in den Knollen mancher Pflanzen ab- gefchieden. Die geformten feften Niederfchlagskörper (Aleuron) find Gemifche von Fett und Eiweiß, erfteres wird unter Zerfall der charakteriftifchen Form aus dem kryftallähnlichen Körper gelöft, Fig. 452. Die Aleuronkörper kommen vor bei den Acetabularien, in den Schalen der Aepfel, der Kartoffel, in den Samen von Ricinus, Sparganium, Bertholletia (Paranuß), Figur 452. Die Proteinkörper gerinnen bei der Be- handlung mit Salzlöfungen und Säuren, fie gehen mit Metallfalzen unlösliche Verbindungen ein. Fortleitung der aflimilirten Körper. 547 Das Pflanzeneiweiß gerinnt wie das thierifche bei Temperaturen von 60 bis 70° €. Es ift unlöslich in Alkohol und Aether, bei Behandlung mit diefen verliert es Waffer. Die Maffe fchrumpft zufammen. Die Protein- körper werden aber in Kalilauge gelöft zu einer gelben Flüfligkeit. In der Pflanze wandern die Proteinkörper vorzugsweife in den Leitzellen (Siebröhren, Gitterzellen) des Cambiforms der Rinde in unferen Bäumen, die Reaction des Saftes in diefen Zellen ift eine alkalifche. Die chemifche Conftitution der Protein- körper ift fo gut wie nicht bekannt, wahr- fcheinlich aber ift das pflanzliche Protoplasma, in welchem diefe Körper vorkommen, eine ge- n Mr paarte Verbindung einer flüffigen Cellulofeart krytalle im Endofpermgewebe des Samens. mit in Waffer löslichem Eiweiß. Die chemifche FFehichen um den Kryiall 4 welche Analyfe der Albumine ergiebt gegen 55°/o Kohlenftoff, gegen 7°/o Waflerftoff, 16°/o Stickftoff, gegen 24°/o Sauerftoff und bis zu 2°/o Schwefel. Als mikrochemifche Reactionen werden angefehen: die Behandlung mit Jod. Das Protoplasma färbt fich braun. Mit concentrirter Schwefel- fäure wird eine rofenrothe Färbung _ erzielt. Desgleichen mit dem Mırron’fchen Salz (Sal- peterfaures Queckfilberoxydul). In den Keimtheilen, dem Gewebe des Endofperms und Perifperms der Samen find die Proteinkörper vorzugsweife angehäuft, Fig. 452. Die Leguminofen führen in dem Grund- gewebe ihrer Cotyledonen, Fig. 453, Protein- körper und Stärkemehl, fo die Erbfen, Bohnen, Linfen, während die fetten Oele und Fette zu- rücktreten. Hier ift die Umwandlung in Zucker SEEN auf die Zerfetzung von Stärkemehl bafırt. Die Fre. 453. Vicia fativa. Kleine Parthie aus dem Gewebe der Cotyledonen. Die Stärke und der Proteinkörper wandern von größeren Körper find Amylum. Die fein- Zelle zu Zelle in den wachfenden Keimtheilen. a Die flüffigen Proteinkörper, die Kohlehydrate, Zucker, Inulin u. f. f. befitzen alle ein großes Moleculargewicht, fie diffundiren alle äußerft lang- fam oder gar nicht durch fertige Pflanzenmembranen oder künftliche Häute oder thierifche Blafe. Die flüffigen Fette werden wahrfcheinlich zum Theil durch Imbibition oder Durchtränkung in den Wänden fortgeleitet. Diefer 35° 548 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Vorgang ift jedenfalls ein Diffufionsvorgang im weiteren Sinne, wiewohl diefe Körper keine fpecififchen Anziehungskräfte zu dem wäflerigen Safte noch zu dem Imbibitionswaffer der Zellmembranen befitzen. Die transito- rifche Stärke wandert jedenfalls nicht als folche, fondern wird in Zucker Fıc. 454. Triticum vulgare. Die obere Spitze des Schildchens am Keimling a bc das auffaugende Epithel an demfelben. A % a die Zellenfchichten der Fruchthaut, rechts von c liegen die Streifen, welche den collabirten Häuten der Endofpermzellen entfprechen. umgewandelt. Bemerkenswerth bleibt immerhin der Umftand, daß alle diefe Körper bei der Keimung verhältnißmäßig rafch dislocirt werden. Die Keimung der Getreide (man beachte Fig. 454, 455) verläuft fo, daß die Wurzel zuerft, die Endofpermumhüllung und die Samenfchale durchbre- chend, fich ftreckt. Es folgt die Keimaxe und zuletzt der Cotyledon, man fehe auch Fig. 451. Der Aufwand an plaftifchem Material für die Streckung diefer Theile wird bei allen Endofperm- und Perifperm- haltigen Samen aus den Nährftoffen gedeckt, welche in diefen Geweben angefammelt waren. Bei den Schließfrüchten der Gräfer wird felbft das Material herbeigezogen, welches in dem Gewebe des Fruchtknotens abgelagert ift. Diefe Translocation vollzieht fich durch ein eigenthümlich geftaltetes Epithel am Schildchen (Fig. 454 c b die geftreckten Zellen). Zur Zeit der Keimung lockern fich diefe Zellen, Fig. 456, auf, fie nehmen in erfter Linie die Proteine und den Zucker des Endofperms und übermitteln diefe Körper Fortleitung der affimilirten Körper. ; 549 in innere Gewebe des Keimlings, deflen Oberhaut fie endlich am aus- getretenen Keimling an der Stelle der am längften im Samen verharrenden Cotyledonen fchließen. Diefes auffaugende Epithel kommt wohl allen den Pflanzen zu, deren Ernährungsverhältniffe in der Keimphafe die gleichen find (Fig. 456 Ep). Bei der Dattel und vielen > ERE > 2 oo Eon 000,00 © WELT? andern Palmenfämen ift das Endo- 8 fperm von der Textur des Elfen- beins außerordentlich hart, elaftifch mit ftark verdickten Wänden, wel- che mit zahlreichen Porengängen verfehen find, Ws Fig. 456. In dem Maß wie die Keimtheile, wel- che in der Figur 456 jenfeits des Epithels .Ep liegen, fich ftrecken ge und ihre Zellen durch Theilung kenne mch Sacıs, Bor Zug. 1863, Kermungsgefchichte vermehren, wird die Translocation re der Nährkörper durch die Zellenfchalen Ep unterhalten und felbft ein Theil der Zellwände des Endofperms reforbirt, fo dafs deflen Zellen in der Grenzfchicht collabirt erfcheinen, Px Fig. 456'). II. Gruppe: Secrete. 1. Harze, Gummiharze, Essenzen?). (Terbene, Camphene.) Was zunächft die Verbreitung diefer Körper angeht, fo muß beachtet werden, dafs fie für gewiffle Pflanzenfamilien, z. B. Coniferen, Terebintha- ceen, Umbelliferen, Araliaceen, charakteriftifche Secrete find, welche endlich in Intercellularräume des Holzes der Rinde abfließen, oder fie find in den Zellen der Gewebe vertheilt, z. Th. emulgirt, z. Th. in gröfseren Maffen 4) HARrTIG, Ueber das Klebermehl. Bot. Ztg. 55. S. 881. — BADLKOFER, Ueber Kry- ftalle proteinartiger Körper pflanzlichen und thierifchen Urfprungs. 1850. Leipzig. W. Engel- mann. — Dr. J. Sachs, Ueber faure, alkalifche und neutrale Reaction der Säfte lebender Pflanzenzellen. 257. Bot. Ztg. 62. Zur Keimungsgefchichte der Gräfer. 145. Bot. Ztg. 62. Ueber die Keimung des Samens von Allium Cepa. S. 57. 65. Bot. Ztg. 63. — Dr. Th. HARTIG, Ueber die Thätigkeit des Siebfafergewebes bei Rückleitung der Bildungsfäfte. 287. Bot. Ztg. 63. — Fr. SCHREIBER, Entwickelungsgefchichte der ‘Siebröhren und Verbreitung derfelben im Pflanzenreich. 321. Bot. Ztg. 64. — W. PFEFFER, Unterfuchungen über die . Proteinkörner und die Bedeutung des Afparagins beim Keimen der Samen. PrRINGSH. Jahrb. Bd. VII. S. 4299. 2) A. VocL, Ueber den Bau des Holzes von Ferreira fpectabilis und die Bildungs- weife des fogenannten Angelin-pedra-Harzes. PrınGsH. Jahrb. Bd. IX. S. 277. 550 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. angefammelt, z. B. Laurineen, Labiaten u. a. m., oder fie find im alten Stammholz imbibirt. Bei keinem der genannten Körper drückt der Name, infofern die moleculare Conftitution in Betracht kommt, einen chemifchen Begriff aus. Einige Effenzen find Kohlenwafferftoffe, andere Spaltungs- producte aus Glucofiden. Die Gummiharze find wechfelnde Gemenge von Pflanzenfchleim (vielleicht Derivate der Cellulofe), welcher in Waffer quillt, mit Harzen und ätherifchen Oelen, welche in’ Wafler faft un- löslich find. a) Harze in Eflenzen oder flüchtigen Kohlenwafferftoffen ge- löft (Balfame); a.) in Intercellularräume ab- gefchieden bei den Abietineen, Juni- perineen, Cupreflineen (Sandarac u. a. m.),Umbelliferen (Olibanum), Compofiten (Arnica, Artemifia) und Verwandten; ß) zum Theil emulgirt in Intercellularräume abgefchieden : Terebinthaceen. b) Harze mit Gummi oder Schleim emulgirt, in Intercellular- Fıc. 456. Kleine Querfchnittsparthie aus dem Saugorgan räume abgefchieden: Umbelliferen des Dattelkeimes, welches mit dem hornigen Endofperm . EN des Dattelfamens in Verbindung bleibt, nachdem der Keim- (Ferula und alle gummiharzabfon ling ‚ausgetreten ift. Ws die erweichte Schicht des Endo- dernde ‘ Umbelliferen: Galbanum, fperms. Ep die Epithelzellen des Keimes. Cb die in Thei- lung begriffenen Zellen unter dem Epithel des Keime. OPOPOnax u. a. M.); 0 Önroplen. Pr di aungrögnen und ellbinem Zi 2) Gummiharze von, unbe | kannter hiftologifcher Vertheilung find: Myrrha (Balfamodendron), Benzo& (Styrax, Benzoin); c) Harze im Zellfaft in größeren ftarklichtbrechenden Tropfen. Hier- her gehört das Jalappaharz im Wurzelkörper des Convolvulus Schiedeanus. Im Weingeiftauszug befindet fich ein Glucofid, das Convolvulin, welches fich mit Säure in Convolvulinöl und Zucker zerfetzt; d) Harze im Holz imbibirt. Alle Harze. werden mehr oder weniger im Stammholz der harzführenden Bäume imbibirt. Befonders reichlich wird aus dem Quajakholz (Quajacum officinale Jamaica) ein Harz extrahirt, welches zwei Säuren ‘enthält: Quajacilfäure CsHsOs und Quajakharzfäure C3ıH2O:; e) Balfame, welche im Grundgewebe der Rinde vertheilt, nicht in N \ Fortleitung der aflimilirten Körper. 551 Intercellularräume abgefchieden, wohl aber in einzelnen Zellen in größeren Mengen angefammelt werden. Myroxylon peruiferum, ein Baum aus der Familie der Cxsalpinieen (Südamerika) und M. toluiferum enthalten aro- matifche Balfame, in wel- chen Zimmtfäure und NET, Vu BI DIN Benzo&fäure, fowie Aethyl- 24; AN Sy verbindungen diefer Säuren RT gelöft find. Solche Ge- pe S menge werden in geringer h AR Menge in der Rinde abge- a Aa fchieden. Dahin gehören, 2 ZS elle “ in Bezug auf die Verthei- 0\ ac Ki lung, jedenfalls auch die S | Balfame von Copaifera und Fıs. 457. Querfchnittsparthie von der Unterfeite des Blattes von Liquidambar ftyraciflua ; Strelitzia ovata. Die Epidermis mit Wachsftäbchen befetzt. Daneben er ifolirte Wachsftäbchen vom Blatte der Heliconia farinofa (nach pe Bary, f) in Wafler quell- Bot. Zig. 1871). bare klare Secrete in Inter- cellularräume ausgefchieden. Hierzu gehören die Secrete in der Rinde der Araliaceen, Tiliaceen und Cycadeen (f. $ 25, S. 226). 2. Aetherische Oele, Essenzen. Diefe zum Theil auch chemifch nicht genau gekannten Körper ftimmen weder in ihrer Vertheilung noch in ihrer chemifchen Contftitution fo über- ein, dafß man fie in mehrere, nach der Conftitution definirte Gruppen zu- fammenfaffen könnte. Ihre Beziehung zur Ernährungsphyfiologie ift un- bekannt. Allgemeine Züge des Vorkommens find diefe: Die ätherifchen Oele entftehen jedenfalls im Mefophyll des Blattes, diffundiren über die ganze Pflanze, verleihen diefer fpecififchen Geruch und Gefchmack: a) in Secretionsbehälter abgefchieden werden die Effenzen der Au- rantiaceen, Hypericineen, Umbelliferen, Coniferen, Compofiten, Rutaceen, z. Th. der Myrtaceen; b) in allen Zellen der Pflanze mehr oder weniger reichlich vertheilt ohne Abfonderung in Intercellularräume find die Eflfenzen der Liliaceen, Labiaten, aller wohlriechenden Blumen, Laurineen (Kampfer). Die Chemiker unterfcheiden in diefer Gruppe von Körpern fauerftoff« freie und fauerftoffhaltige ätherifche Oele. I. Sauerftofffreie (Camphene, Terbene). Terpentinöl CioAis. Diefer Kohlenwaflerftoff wird durch Deftillation aus dem Harz der Abietineen gewonnen, fpecififches Gewicht 0,86, Siede- punkt 160° C., klare Flüffigkeit, in Waffer unlöslich (Ozonfamnler). 552 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. > Unter den Verbindungen des Terpentinöls find zu nennen: der Terpen- tinkampfer, kryftallinifch Ci0oH2002 + H2O, Terpentinölhydrat, CioHıs + H2O. Außerdem eine Verbindung mit C/H. Beim Kochen mit Salzfäure ent- ftehen verfchiedene Säuren: Effig-, Propion-, Bumpe's Oxal-, Toluilfäure u. a, ıi. Zu den Camphenen gehören die Effenzen der Aurantiaceen, Wach- holderöl, Kampferöl u. a. m., welche aus den Harzen abdeftillirt werden. Rofenöl, Effenzen aus Vals Piper u. f. f. I. Sauerftoffhaltige ätherifche Oele. Gemenge von folchen unter I und fauerftoffhaltigen Oelen. Bei der Dettillation über Kali gehen letztere in eine Säure über, erftere deftilliren unverändert. Laurineen: Zimmtöl (Cinnamomum) in größeren Zellen der Rinde. Saflafrasöl. Umbelliferen: Cuminumöl (Cuminum Cyminum) im Schizocarp in Intercellularräume abgefchieden. Fenchelöl (Foeniculum ofhic.); Kümmelöl (Carum carvi). Zahlreiche ätherifche Oele aus der Familie der Labiaten, der Co fiten, der Myrtaceen. 3. Kampfer. Diefe flüchtigen Körper erstarren in kryftallinifchen Maffen bei niederer Temperatur, fie find in der Pflanze meift in ätherifchen Oelen gelöft. Der Laurineenkampfer (Laurus Camphora), in allen Theilen der Pflanze ent- halten, wird durch Sublimation gewonnen. CioHisO kryftallähnliche farblofe Maffen. Bei 175° Schmelzpunkt, 205° Siedepunkt. Specififches Gewicht 0,985. (Zahlreiche Verbindungen, f. organifche Chemie.) Der Kampfer ift in der Rinde und den Blättern des in Treibhäufern gezogenen Baumes nicht in Intercellularräumen abgefchieden. Er ift gelöft im Kampferöl über alle parenchymatöfen Gewebe in feinen Tröpfchen vertheilt. Stearoptene von ähnlicher Befchaffenheit finden fich noch in den ätherifchen Oelen vieler Compofiten, im Geraniumöl, im Pfeffermünzöl u. a. m. 4. Schwefelhaltige ätherische Oele, Senföl. In den Samen von Sinapis alba und anderen Cruciferen kommt das flüchtige Senföl vor. Das Allylfenföl C4FHsNS ift in den Senffamen nicht fertig gebildet. Es entfteht durch Gährung des myronfauren Kalium, bei der Behandlung der Samen mit Waffer unter dem Einfluß eines Fermentes des Myrofins der Chemiker. Hiebei zerfällt das myronfaure Kalium, das- felbe kann fich in Senföl, Zucker und doppeltfchwefelfaures Kalium zerfetzen. ‚ Fortleitung der affımilirten Körper. 553 Das Senföl wird deftillirt. Die Senföle find Verbindungen der Hofulfocyan- fäure mit verfchiedenen Aethern, fo das Methylfenföl CSNCHs, Aethylen- fenföl CSNC2H5, Butylenfenföl CSNCiHs u. f. f. Das Senföl kann künft- lich aus Allyljodid und fulfocyanfaurem Kali dargeftellt werden: GHs]J + CSNK = CSNGHR5 + JK. 5. Wachs). Das Wachs findet fich in allen Epidermen und im Kork imbibirt, in den Pollen der Blüthenpflanzen, im Reif der Früchte, in den Drüfen der Birken in größeren Mengen abgefchieden. Das Wachs ift im chemifchen Sinne ein Gemenge der Alkoholverbindungen mehrerer fefter Fettfäuren. In Wafler un- löslich, fettige Textur, höherer Schmelz- punkt wie die gewöhnlichen Fette, löslich in Aether und ätherifchen wie fetten Oelen und Fetten. Von DE Bary wurde der Reif der Epidermen der Früchte unter- fucht; das Wachs wird in zierlichen Schuppen und Fäden, welche in Aether löslich find, Fig. 456, an den Epidermen abgefchieden. Die Wachsarten find Gemenge von Alkoholen und Aetherarten der höheren feften Fettfäuren mit freien Fettfäuren Fı<. 458. Scorconera. Milchfaftanaftomofen der Rinde. a a' die Anaftomofen von einer zur ande- (Palmitinfäure, Cerotinfäure z. B.). ren Röhre, 6. Milchsäfte 2). Die getrockneten Milchfäfte, welche zu technifcher oder medicinifcher Verwendung in den Handel kommen, find zum Theil von den Chemikern zu den Harzfecreten gerechnet. In unferem Sinne find die Milchfäfte diejenigen Secrete, welche in ein Syftem von Röhren abgefchieden werden. Diefe communiciren miteinander im Innern der Rinde, des Markes, des Mefophylles, ähnlich dem capillaren Blutgefäßfyftem. Die Milchfaftzellen entftehen urfprüng- lich als Zellenelemente des Baftes der Gefäßbündel. Sie wachfen aber !) Dr. TH. Harrıc, Ein Stearopten aus Juniperus virginiana. Bot. Ztg. 53. S. 519. Beobachtungen über die Wachsüberzüge der Epidermis. 769. Bot. Ztg. 71. — A. DE Bary, Ueber die Wachsüberzüge der Epidermis. 128. 145. 161. 566. 573. 589. 605. Bot. Ztg. 71. — Dr. J. Wiesner, Ueber die kryftallinifche Befchaffenheit der geformten Wachsüberzüge pflanzlicher Oberhäute. 225. Bot. Ztg. 76. 2) Dr. A. Weıss und Dr. J. WIEsNER, Beiträge zur Kenntniß der chemifchen und phyfikalifchen Natur des Milchfaftes der Pflanzen. 125. Bot. Ztg. 62, 554 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. während der Streckung der Organe, fenden feitliche Zweige aus, welche endlich einmünden in benachbarte Milchfaftgefäße. So entfteht ein capil- lares Gefäßffyftem, Fig. 458, 459, welches, unter dem Druck des expanfiven Parenchyms ftehend, feinen Inhalt aus einem kleinen Einfchnitt nach außen ergießt. Der Milchfaft ift eine Emulfion von Kautfchuk und harzartigen Körpern in Waffer, in welchem jedenfalls fchleimige oder gummi- artige Körper gelöft find. Außer diefen ent- hält er die zum Theil giftigen Alkaloide, fo bei den Euphorbiaceen, Papaveraceen, Strich- neen, Apocyneen, Asklepiadeen, Convolvulaceen u. a. m. Auch die Hartharze, der Gummi- lack, Gummigutt der Urticaceen, Ficus indica, elaftica und Ifonandra gutta gehören hierher. Das Kautfchuk und die Guttapercha entftehen dadurch, daf) die emulgirten, in fehr feinen Tröpfchen vertheilten Maffen diefer Körper an der Luft zufammenfließen. Die Milch gerinnt zu fadenziehenden Maffen, welche geruch- und gefchmacklos, zähelaftifch, farblos (das in den Handel kommende ift durch Ruß gefchwärzt), in Waffer, Alkohol, Aether unlöslich, löslich in Benzin, Chloroform, Terpentinöl und Theer find. F16. 459. A. Milchfaftzellen von Euphor- ES fchmilzt bei 120° C. Geringe Mengen des bia fplendens. B. ebenfo von Fuphorbia Kautfchuks kommen in allen Milchfäften vor. canarienfis, ftärker vergrößert. 7. Organische Säuren (Salze der organischen Säuren!). a) Oxalfäure & A204. Als kryftallinifcher Niederfchlagskörper kommt in der Pflanze nur der oxalfaure Kalk vor. Die Oxalfäure ift in Waffer, Alkohol löslich, kommt in der Pflanze in Form löslicher Ammon-, Kali- und Natronfalze allgemein vor. Das Kalkfalz ift fchwer löslich und wird kryftallinifch niedergefchlagen in Form von Einzelkryftallen, im Grundgewebe der Cacteen, f. auch Fig. 462, in morgenfternförmigen Kugeln von Kryftallen, an welchen nur die Pyra- 1) Sanıo, Ueber die in der Rinde dicotyler Holzgewächfe vorkommenden Nieder- fchläge von kleefaurem Kalk. 1857. Monatsber. d. K. Ac. d. Wiffenfch. April. — S. Ro- SANOFF, Ueber Kryftalldrufen in den Pflanzenzellen. 41. Botan. Ztg. 67. — G. HıLGers, Ueber das Auftreten der Kryftalle von oxalfaurem Kalk im Parenchym einiger Mono- cotylen. S. 285. PrınGsH. Jahrb. Bd. VI. 1867-68. -- H. Graf zu SoLMs-LAUBACH, Ueber einige geformte Vorkommniffe oxalfauren Kalkes in lebenden Zellmembranen. 509. 525. 541. Bot. Ztg. 71. Fortleitung der aflımilirten Körper. 555 midenendflächen gut ausgebildet find, in der Mehrzahl der Rinden der Laub- bäume, Fig. 460 B, in flachen, tafelförmigen Kryftallen bei den Abietineen, in Raphiden (es find die Büfchel einander parallel geordneter, nadelför- miger Säulen, welche größere Zellen des Grundgewebes erfüllen, Fig. 462), x Fıc. 460. 4. Einzelkryftalle (Gyps) in der Rinde von Quajacum officinale. B. Kryftallgruppe aus dem Rindenparenchym der Cuffonia fpicata. in allen faftigen, vegetativen Geweben der höheren Pflanzen. Als faurer Saft findet fich diefe Säure in den Rumex-, Oxalis-, Rheumarten in allen Theilen. Die Oxalfäure zerfetzt fich beim Erhitzen zuerft in Ameifenfäure, zuletzt in Kohlenoxyd und Waffer: GH Oı = CO: + CHRO: GFRO: = CO + PRO. Umgekehrt kann durch Oxydation der meiften C, H, O-Verbindungen, aber auch aus Kohlenfäure, durch Reduction mittelft Natrium, Oxalfäure erhalten werden. Auffällige Verbindungen der Oxalfäure find der oxalfaure Methyläther C(CH5)O« und der Aethyloxalfäureäther C@(C2H5)Os. Die Oxalfäurefalze diffundiren vom Blatte rückwärts, erreichen dabei einen Vorfprung vor den Kohlehydraten. Durch vergleichende Unter- fuchungen über die Translocation der Affimilationsproducte im Baume wurde (Botanifche Unterfuchungen I., S. 182) feftgeftellt, daß der oxalfaure Kalk mehrere Wochen vor dem Amylum in dem Stamm ankommt. Nach SoLus- Laugach fcheiden fich Kryftällchen von oxalfaurem Kalk aus im Holz des Juniperus virginiana, und nach pE Bary in den Sclerenchymzellen der Welwitfchia, Fig. 461. Auch in den Epidermen zahlreicher Pflanzen wird dasfelbe Salz vermöge feiner Diffufibilität eingelagert und in außerordent- 556 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. lich feinen, zahlreichen Kryftällchen niedergefchlagen, Fig. 463. In dem Marke von Kerria japonica lagern fich die Kryftalle an Zellftoffbalken, welche quer durch das Lumen der Zelle gefpannt find, Fig. 464. In der Nähe der leitenden Gewebe der Blattftiele, aber auch in den Zweig- und Stammrinden finden fich reihenweife geordnete Zellen, jede mit“einem Kryftall (Kryftallfchläuche). b) Dreibafifche Säuren. Die Aepfelfäure ift in den Früchten der Pomaceen (Sorbus aucu- _ paria) am reichften. Die Salze find meift löslich. Sie kann aus Weinfäure bei Behandlung mit JH erhalten werden: GFkO0s6 + 2HJ = GHOs5 + 2] + PRO. Weinfäure. Aepfelfäure. Dürch Verluft von ı Molecul HsO entfteht Fumarfäure. Die Löfung dreht das polarifirte Licht nach links. Bei der Oxydation zerfällt fie in Oxalfäure. Durch Reduction geht fie in Bernfteinfäure über. In den Pflanzenfäften ift fie ftets gelöft; fie kann aus Afparagin dar- geftellt werden. a) Rechtsweinfäure CıHsOs, rechtsdrehend, in HO und GH5O löslich, geht bei der Behandlung mit JH in Aepfel- und Bernfteinfäure, durch Fermente in Linksweinfäure über. b) Traubenfäure mit der Weinfäure ifomer, optifch unwirkfam. c) Linksweinfäure dreht nach links, hemiedrifche entgegengefetzte Ausbildung der Kryftallendflächen zu a) Rechtsweinfäure. c) Fettfäurereihe. Diefe Säuren kommen in der Pflanze in Form von löslichen Salzen und in den Fetten und fetten Oelen vor. Im freien Zuftande find bekannt die Ameifenfäure in den Nadeln der Abietineen, in den Brennhaaren der Urticeen, die Propionfäure in unreifen Weinbeeren. Ameifenfäure CH: O2 in den Nadeln der Abietineen, Urticeenhaar. Effigfäure . . C2Hı O2 aus Alkohol, Mycoderma aceti. Propionfäure CsHs O2 in unreifen Weinbeeren. Butterfäure . CıHs O2 bei der Gährung der Früchte und der Blätter. Valerianfäure CsHıO02 im Rhizom von Valeriana. Capronfäure. CsHıeO02 im Cocosöl, in der Frucht von Gingko u. a. m. Caprylfäure . CHısO2 im Fufelöl des Weines, im Arnicarhizom. Pelargonfäure CoHisO2 in den Geranien-Blüthen und Blättern. Caprinfäure . CioH2o02 im Cocosnußöl. Fortleitung der afflımilirten Körper. 557 Die höheren Glieder der Reihe als Glyceride im fetten Oel (f. Fette und fette Oele). d) Die aromatifchen Säuren (Benzo&fäure, Toluylfäure, Cuminfäure). Diefe Säuren find nicht allgemein verbreitet, wefentlich von ch&mi- {chem Intereffe. Die Benzoefäure im Benzo&harz durch Subli- mation gewonnen, ift feft, kryftallinifch, Cr HsOs, fchmilzt bei 121° C., fiedet bei 249° C. Synthetifch aus dem Bittermandelöl herftellbar. Sie kann auch aus mehreren Kohlenwaflerftoffen erhalten werden. Bei der Behandlung des Bittermandelöles mit Kalihydrat entfteht Benzylalkohol und benzo£faures Kalium: 2(GHsO) + KHO = GHsO + CıH5sKO:. Cuminfäure CioAi2O: aus dem Cuminol im äthe- rifchen Oel von Cuminum durch Einwirkung von Kalihydrat dargetftellt. Zahlreiche Verbindungen find von den aro- matifchen Säuren bekannt, welche indefß bis jetzt ein geringes pflanzenphyfiologifches Interefle bieten (f. organifche Chemie). 8. Anorganische Salzet). . Außer dem kohlenfauren Kalk in den Cyfto- lithen der Urticaceen kommt es felten zur Ab- fcheidung kryftallifirter Maffen. Der kohlenfaure Kalk kryftallifirt in den Plasmodien der Mixomyceten. Schwefelfaurer Kalk kommt in Einzelkryftallen in der Quajakrinde vor, Fig. 460 A. Sonft find die anor- F1c-461- Selerenchymisfer aus ganifchen Salze in molecularer Vertheilung, wie das mirabilis (ve Baar, a. a. O. Afchenfkelett beweift (f. oben S. 409). 9. Alkaloide?). Alkaloide find meift in minimaler Menge in den Pflanzentheilen vor- kommende kryftallifirbare oder flüchtig deftillirbare, flüffige, alkalifch rea- ") S. RosanoFF, Ueber Kiefelfäureablagerungen in einigen Pflanzen. 749. 765. Bot. Ztg. 71. 2) A. WıGanD, Ueber den Sitz der China-Alkaloide. 137. Bot. Ztg. 62. — Prof. WırH. Wıcke, Beobachtungen an Chenopodium vulvaria über die Ausfcheidung von Tri- 558 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. girende, mit Säuren Salz bildende Körper. Hinfichtlich ihrer Vertheilung ift zu bemerken, daß fie über die ganze Pflanze vorkommen, reichlicher aber in beftimmten Theilen, oder im Milchfaft abgefchieden werden. So kommt das Morphin (und die Alkaloide des Opium) wohl in der ganzen faft gelöft, das Chinin in den Cinchoneen, vorzugsweife in alten Rinden, Coffein in der 9, aber reichlicher im Samen, in erfterer reich- licher im Blatte, vor. Urfprünglich waren diefe Körper jedenfalls alle gelöft im Zell- ältere Rinde, das Gewebe der Endofperme der Samen- und Fruchtfchale und anderer en bibirt, und es haften dort die Salze ähnlich den Pigmenten mehr oder weniger feft fungsmitteln; namentlich wenn die Alka- loide mit Gerbfäure verbunden.find. Die Bedeutung der Alkaloide in den Ernährungsvorgängen der Pflanze ift unbekannt!). , Mohnpflanze, am reichften aber im Milch- ganzen Thee- und Kaffeepflanze, in letzterer fafte. In trocknenden Geweben wie die mehr wird die Löfung in der Zellwand im- gegenüber den künftlich angewandten Lö- Fıc. 462. Drac&na. Raphide in dem Paren- chymgewebe der Rinde. methylamin. 393. Bot. Ztg. 62. — N. J. C. MÜLLER, Unterf. über den Sitz der Alkaloide in- der Cinchonarinde. PrInGsH. Jahrb. Bd. V. S. 238. 1866—67. — Dr. W. PFEFFER, Hefperidin, ein Beftandtheil einiger Hefperideen. 529. Botan. Ztg. 74. — KELLERMANN, Afparagin aus Alth@awurzel und Scorzonera. 381. Bot. Ztg. 74. — E. v. GORUP-BESANEZ, Weitere Mittheilung über das Auftreten von Leucin neben Afparagin während des Keim- proceffes der Wicken. 379. Bot. Ztg. 74. !) Die Alkaloide fchließen fich an die auf fynthetifchem Wege von den organifchen Chemikern hergeftellten Aminbafen an: a) primäre Aminbafen. b) fec. Aminbafen (Imidbafen). Methylamin CHs N Bimethylamin CHs Hr CHh'YN H Aethylamin CH; N Bizthylamin 2(C2R;) \ N He H) Caprylamin CsHısN; c) tertiäre Aminbafen, z. B. 3(GH5)N, Trimethylamin, in dem nach Heringen riechenden Kraut von Chenopodium vulvaria. Diefe werden durch Einwirkung von Jodmethyl, Bimethylamin gewonnen: 2(CH).N/H CH DE Eine fecundäre Aminbafe ift das Coniin. Fortleitung der affimilirten Körper. 559 Die Chemiker unterfcheiden Ofreie und Ohaltige Alkaloide. Die erfteren find flüchtig und im condenfirten Zuftande meift flüffig. Letztere find nicht flüchtig und meift kryftallifirbar. a) Sauerftofffreie Alkaloide, Aminbafen. Nicotin CieH14Ny in den Blättern der Nicotiana (2—7 /o). Die Blätter werden mit verdünnter Schwefelfäure ausgezogen, die Löfung mit KHO überfättigt, das Alkaloid abdettillirt. Es fiedet bei 250° und ift eine wafferklare Flüffigkeit (charakteriftifche Verbin- dung mit Platinchlorid, fiehe organ. Chemie). Coniin CsHısN in der ganzen Pflanze des Schierlings, am reich- rFıc. 465. Kryfialle von oxalfaurem Kalk in der lichften in den Samen, wird gewon- "remis von Sempe ae upper nen durch Detftillation der Pflanzen- theile mit XHO-Löfung. Es ift eine farblofe ölige Flüffigkeit, fpecififches Gewicht 0,89. Neben diefem kommt in Conium maculatum noch Con- hydrin CsAıNO vor. Spartein CısAsN2 aus den Blättern und Früchten von Sarothamnus fcoparius durch Dettillation erhalten. Die kryftallinifchen Salze enthalten zwei Molecule der Säure. b) Sauerftoffhaltige, nichtflüchtige Alkaloide (z. Th. Ammoniumbafen). Specififche Verbindungen in gewiffen Pflanzenfamilien:: ı° Ranunculaceen: Delphinin C24Hs5NO2, Samen des Delphinium Staphis agria; 2° Solaneen: Atropin CırHksNO; in allen Theilen, reichlich in den Wurzeln der Atropa belladonna. Kryftalli- firt in feinen Prismen, fehr giftig. Bewirkt die Erweite- rung der Pupille; 3° Strichneen: Strich- EN Eee voreage Zune dofperm der Samen von Strichnos nux vomica, ftarkes Gift. Biuicin Cs H26 N2O2 + 4HeO, in den Rinden einiger Strichnosarten. Curarin CioHısN? ein Pfeilgift, Curare, der Javanefen; 4° die Cinchoneen der Cordilleren Süd-Amerikas enthalten in ihren 560 VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. Blättern, reichlicher im Baftparenchym der Stammrinden, mehrere dort mit Gerbfäure verbundene Alkaloide, welche durch Auswafchen der Gewebe mit verdünnter SO4H, Fällen mit MgCOs gewonnen werden (f. organifche ne Chinin C2oHsıN202 gut kryftallifirbare Salze mit den anorga- nifchen Säuren. Cinchonin C2oH2ıN20ı fchwerer lös- lich in Aether wie Chinin. (Chinidin C2oHsaNeO2 + 2FO, Cinchonidin CyoH24 NO); 5° Papaveraceen. Der eingedickte Milchfaft Fıc. 465. eg Almen erärsenles mit Kryfall- des Papaver fomniferum | enthält alle Alkaloide, wel- che urfprünglich in wäfferiger Löfung mit emulgirtem Kautfchuk und Pflan- zenfchleim befindlich waren. Diefe find: Morphin CrHıNOs-+ PRO kry- ftallifirt, in Waffer fchwer, in Alkohol leicht löslich und die Salze in Waffer leichter löslich. Narcotin C22HssNOr,, Narcein C2sH2>NOs, Papaverin C2oHeıNO4, Thebain CisAkı NOs u. a. m.; 6° Colchicaceen: Veratrin C3eA52N2Os aus den Früchten des Vera- trum Sabadilla undin den Rhizomen der Veratrumarten. Colchicin Ci: H1oNO; in allen Theilen, reichlicher in Samen und Knollen von Colchicum autumnale. 10. Glueoside. Diefe zum Theil von den Chemikern felbft wenig gekannten Körper kommen jedenfalls urfprünglich im Grundgewebe der Rinde, der Blätter und Früchte gelöft vor. Später werden fie wie die Alkaloide zum Theil in die Membranen imbibirt. Sie zerfetzen fich unter dem Einfluß von Säuren, Alkalien und Fermenten, indem fie unter Aufnahme von Waffer in Zucker und einen anderen Körper zerfallen. Diefer kann ‘fein eine Säure oder eine indifferente kryftallifirbare oder amorphe, Nhaltige oder Nfreie Verbindung. a) Stickftofffreie Glucofide. 1° Salicin Cı»HısO7, aus den Weidenrinden durch wäfferigen Auszug gewonnen, kryftallifirt in feinen, bei 198° C. fchmelzbaren, in heißem Waffer löslichen Nadeln; fpaltet fich unter dem Einfluß des Speichelfermentes in Traubenzucker und Saligenin (CrAsO2) nach diefer Formel: CisHı1s0O: + HO = CGıHsO: + CGHh12O%:. Bei der Behandlung mit Schwefelfäure entfteht Saliretin und Zecke 2° Populin CoHkeOs. In der Rinde der Pappeln; fynthetifch dar- geftellt aus Benzoilchlorid und Benzoöfäureanhydrit. Das Populin zerfällt Fortleitung der aflimilirten Körper. 561 bei der Behandlung mit Barythydrat in Benzoefäure (CrHsO2) und Salicin ; 3° Arbutin CieHıO7 + 2H&O in den Blättern des Arbutus uva urfi; 4° Phloridzin CeıAsıÖıo + 2F&O in den Rinden der Pomaceen und Amygdaleen; 5° Frangulin CaoAoÖıo in der Rinde des Rhamnus Frangula, kryftal- lifirt, bei 260° C. fchmelzbar, zerfetzt fich durch Säuren in Frangulinfäure (Ci4H10O5) und Zucker; 6° Aesculin CaıHsıÖ1s aus der Rinde der Roßkaftanie. Die wäfferige Löfung gelbbraun mit ausgezeichnetem Dichroismus (oder grünem Fluo- refcenzlicht). Verdünnte Säuren zerlegen es in Aesculetin und Zucker; 7° Rubierythrinfäure CasH2sOı4 in der Wurzel (Rhizom) von Rubia tinctorum, zetfällt durch Einwirkung von Fermenten in Zucker und Alizarin. Das Alizarin Cı4HsOı, ein rothes Pigment, hat fich an der alten Krappwurzel bereits gebildet; 8 herein CssHsoO1r kryftallifirt in gelben Kryftällchen aus der Rinde von Quercus tinctoria ; 9° Carminfäure CirHıOvo in manchen Blüthen, im Farbftoff der Cochenile (Coccus cacti), fpaltet fich beim Behandeln mit Säuren in Carmin- roth Ci A107 und Zucker; 10° Convolvulin GC; F5001s in der Jalappenwurzel, Jalappin C34A5601s im Rhizom von Convolvulus orizabenfis; ı1° Digitalin GH40ıs in den Blättern der Digital purpurea (f. organ. Chemie). b) Stickftoffhaltige Glucofide. Unter diefen find die wichtigeren das Solanin C4sHrıNOıs in den Solanumarten (Kartoffel), Amygdalin Ca He: NO + 3H%O in Blättern und Samen der Amygdaleen (bittere Mandeln). Das letztere hat befonderes Intereffe. Durch Ausziehen der entölten Samen mit kochendem Alkohol gewonnen. Bei der Fermentation mit den im Samen vorkommenden Kör- pern (Emulfin) zerfetzt es fich in Bittermandelöl, Blaufäure und Zucker CoHsıNOu + 20 = CiHkO + CNH + 2(CsHı2Ö:). Myronfäure CioHisNS2O10. Diefer intereffante Körper in den Senffamen zerfällt bei der Behandlung mit Kalium in Senföl CıJ5sNS, Zucker und doppeltfchwefelfaures Kali. 11. Pigmente!). Die chemifche Conftitution der Farbekörper ift, mit Ausnahme we- niger, Anilin, Alizarin, nicht aufgeklärt. Die Mehrzahl kommt in ver- !) B. Frank, Fluorefcenzerfcheinungen als Urfache der Färbungen von Pflanzen- theilen. 405. — RosanorF, Notices sur le pigment rouge des floridees et son röle physio- N. J. €. Mürrer, Handbuch 1. ı. 36 562 VIM. Theorie der Ernährung der Pflanzen. fchwindend kleiner Menge in der Pflanze vor. Hinfichtlich ihrer Ent- ftehung hat man gefunden, daß das grüne Pigment, Chlorophyll (fiehe S. 491 ff.), ohne den Einfluß des Lichtes (mit Ausnahme der Abietineen- keimlinge und der Farrenprothallien) nicht gebildet wird. Die große Mehr- zahl der Blüthenfarbftoffe aber wird auch im Dunkeln gebildet. Sachs brachte über den Blüthenknofpen Papprecipienten an, in welchen die Knofpen fich zur Blüthe entfalteten. Die Blüthen zeigten die normale Farbe. Wurden in diefem Verfuche die Laubblätter von den Pflanzen abgefchnitten, fo unterblieb die Bildung der Blüthenfarben. Nach der hiftologifchen Vertheilung kann man die Pigmente in diefer. Weife gruppiren: a) Das Pigment ift an das Protoplasma gebunden, dort in minimalen Mengen (wahr- fcheinlich im fetten Oel) gelöft. Die Färbung der Gewebe ift, wenn die Plasmakörper im Fıs. 466. G. Kraus, Prıxnssh. Jahrb. VIII. Ba., Taf. 10. Entftehung der Farb- ftoffkörper in den Beeren von Solanum pfeudocapficum,. Die grüne Beere ent- hält Chlorophylikörper , welche fich all- mälig in ein orangegelbes Pigment um- bilden, die kuglichen Chlorophylikörper a färben fich allmälig gelb und differenziren fich, indem z. Th. farblofe Vacuolen auf- treten, als fpindelförmige Plasmakörper von farblofen Zellfaft differenzirt find, disconti- nuirlich. | ı° Chlorophyll (f. oben S. 491), in Waf- fer unlöslich ; 2° Phycoerythrin, ein rothes Pigment gelber Farbe c d. in den Florideen, in Waffer löslich, wird durch Kali und Ammoniak olivengrün. In den zum Theil prachtvoll roth ge- färbten Florideen findet fich ein grünes, in Alkohol lösliches Pigment, deffen Abforptionsfpectrum in Fig. 467 nach PrınGsHEım dargeftellt if. Diefes Pigment wurde von den früheren Forfchern Kürzıns, CoHn, RosA- nOFF als identifch mit dem Chlorophyll angefehen. PriınGsHEIM zeigt, daß es eine Modification desfelben ift und fich durch eine geringere Extinction in den Bändern Z, II, III, durch eine etwas größere in den Bändern VW bis VII unterfcheidet. Das Florideenroth, Phycoörythrin, ift eine Modi- logigque. Comptes rendus. 9 Avril 1866. Zur Morphologie der Pflanzenfarbftofle. 720. Bot. Ztg. 70. — G. Kraus, Die Entftehung der Farbftoffkörper in den Beeren von Sola- num pfeudocapficum. 131. PrinGsH. Jahrb. VIII. — J. REinkE, Beitrag zur Kenntniß des Phycoxanthin. PrinGsH. Jahrb. Bd. X. S. 399. — NÄGELI und SCHWENDENER, Das Mi- krofkop. ı. Aufl. S. 495. Leipzig. Engelmann. 1867. — Ep. Borscow, Notiz über den Polychroismus einer alkoholifchen Cyaninlöfung. 351. Bot. Ztg. 75. — F. HILDEBRAND, Anatomifche Unterfuchungen über die Farben der Blüthen. PrrinGsn. Jahrb. Bd. II. S. 59. - Dr. J. Sacns, Wirkung des Lichts auf die Blüthenbildung unter Vermittelung der Laub- blätter. 117. 25. 33. — Dr. Jur. WIEsnErR, Einige Beobachtungen über Gerb- und Farb- ftoffe der Blumenblätter. 389. Bot. Ztg. 62. ws Fortleitung der aflimilirten Körper. 56 fication des Florideengrüns; dief erhellt aus der Coincidenz der Abforp- tionsftreifen, Fig. 468. Es ift durch die Löslichkeit in Wafler, die Un- löslichkeit in Alkohol von erfterem unterfchieden. Beide unterfcheiden fich von dem Phanerogamenchlorophyli durch einen zwifchen II/ und IV (des letzteren) belegenen Streifen IY a und.durch eine Verfchiebung des Bandes I/II; IT orıdee Mil N ji ji ' Il I I Fıc. 467. Abforptionsfpectrum des Florideengrünes nach Prıxssueim. In der Figur find außer den Fraunnorer’fchen Linien die Wellenlängen in der Abfciffenrichtung in hunderttaufendftel eines Millimeters angegeben. Die Ordinatenrichtung bedeutet die optifche Concentration. 3° Diatomin, ein braungelbes Pigment in dem Plasma der Diatomeen, wird durch Alkalien grün gefärbt; 4° Anthoxanthin im Gelb der Compofitenblüthen wird durch Schwefel- fäure blau gefärbt (f. oben S. 507); 5° Xanthophyli (Phylloxanthin Fremy), der gelbe Beftandtheil des Blattgrünes, foll identifch fein mit dem Gelb der Herbftblätter (f. oben S. 506); 6° ein gelbrothes Pigment in den Früchten von Solanum Lyco- perficum. b) Das Pigment ift in dem Waffer des Zellfaftes gelöft. Die Färbung ift daher continuirlich. Hierher gehören die. rothen, violetten, blauen Pig- mente (Erythrophyll, Anthocyan), welche in verfchwindend kleiner Menge in den Blüthenblättern vorkommen. Die verfchiedenen Nuancen der Farbe, 36” 564 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. das Roth des Papaver, der Rofe, das Blau der Campanula, das Violett der Viola und das Tiefblau der Gentianen find jedenfalls einerfeits verfchiedene Concentrationen, andererfeits vielleicht verfchiedene Zuftände eines oder weniger Pigmente, welche, je nachdem fie in faurer oder alkalifcher Lö- fung befindlich find, nach. dem Roth oder Blau hinneigen. Das Blau vieler Blüthen wird bei der Behandlung mit Säuren ähnlich dem Lackmus- Fıc. 468. Abforptionsfpectrum des Florideenrothes, nach Prınssuem. (Zur Erklärung fiehe die früheren Figuren $. 563.) pigment in Roth übergeführt. Das Roth der Rofen und anderer Blüthen geht bei der Behandlung mit Alkalien in Violett, Blau und Grün über. Einen geformten Plasmakörper mit blauem Pigment fand HıLDEBrANDT bei Tillandfia amoena und Strelitzia. c) Pigmente, welche urfprünglich im Zellfaft zum Theil in farblofen Verbindungen gelöft waren, fpäter in die Zellhaut imbibirt werden: ı° Farbftoff der Rubia tinctorum, in Löfung gelb, durch Oxydation roth, purpurn mit Säuren, mit Alkalien wieder gelb. Das Alizarin ift .in den Rhizomen der Rubia tinctorum als ein farblofes Glucofid enthalten; nach dem Tod der Pflanzen erft zerfetzt fich diefes in Zucker und Ali- zarin. Man hat in der Krappwurzel zwei chemifch gut gekannte Ver- bindungen gefunden: a) Alizarin, Dioxyanthrachinon C14HsOı. Diefer Körper wird jetzt künftlich durch Einwirkung von Kalihydrat auf anthrachinondifulfonfaures Kali erhalten: Fortleitung der aflımilirten Körper. 565 SOsK, 3 az CH O0: SOsK + 2KOH = CuHsOı + 2K2SOs. 3Ma In der Krappwurzel ift diefe Verbindung als Ruberythrinfäure ent- halten. 8) Purpurin C14aAsO5 wird aus der Krappwurzel durch Alaunlöfung, in welcher das Alizarin unlöslich ift, ausgezogen; Fıc. 469. Die ftark ausgezogene Curve ift die Abforption des Phylloxanthin, die fchwach punctirte diejenige des Chlorophyllin (nach TımırJaserr). 2° Farbftoffe der Curcumarhizome in Alkalien gelbbraun, mit Säuren gelb gefärbt, entftehen jedenfalls auch erft, nachdem das Rhizom der Cur- cuma getödtet ift. Das Pigment ift in Aether und Benzol löslich und kryftal- lifirt in orthorhombifchen Säulen. Die Chemiker nennen diefes als Reagens dienende Pigment Curcumin CioH1Ös5; 3° die Farbftoffe der Hölzer. Faft alle Bäume bilden im Kernholz Farbftoffe, welche in den Zellwänden des Holzes imbibirt find. Reichliche Ablagerungen folcher finden fich im Blauholz (Campecheholz) des H&mato- xylon Campechianum. Der Farbkörper ift in Aether löslich, kryftallifirt in gelben Prismen. Mit Ammoniak geht diefes Ha&matoxylin CisH140s + 3FHRO eine Verbindung ein von rother Farbe: das Ha&mateinammoniak CısHı206,2NAs3. Ein ähnliches Pigment kommt im Fernambukholz vor; 4° das Pigment, welches unter dem Namen Lackmus in wäfleriger Löfung, mit: Alkalien blau, mit Säuren roth als Reagens in der Alkali- metrie Anwendung findet, ftammt aus den Gonimonzellen der Roccella, einer Flechte. Es ift ein Zerfetzungsprodukt des Chlorophylis diefer Flechte; 5° der Indigo ift in dem Safte der Indigoferaarten, aber auch in einigen Cruciferen und Polygoneen als farblofe Verbindung (wahrfchein- 566 VIII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. lich ein Glucofid) enthalten. Der Saft fetzt bei Berührung mit der atmo- fphärifchen Luft den Indigo ab. Das Indigblau CisHioN2O wird durch Sublimation gewonnen. Es ift feft, kryftallinifch, unlöslich in Waffer, Alkohol, Aether; löslich in Ter- pentin, Paraffin, Petroleum, Chloroform. ne ODE Fıs. 470. A. Kleine Markparthie der Rofa caninia mit Eifenfalz behandelt. Die Gruppen von zwei bis drei kleineren Zellen vorzugsweife reich an Gerbfäure. B. Stark vergrößerte Parthie der Gerb- fäurezellen aus A. C. Markftrahl von Prunus Laurocerafus mit faurem chromfaurem Kali tingirt. Die dunkeln Zellen find gerbfäurereicher. Indigweißß CısH1seN2O2, durch reducirende Subftanzen aus dem Indig- blau entftanden, geht durch Oxydation an der Luft wieder in Indig- blau über. (Die Verbindungen diefer Pigmente mit Schwefelfäure f. organifche Chemie.) 12. Gerbstoffe '). Die Gerbftoffe kommen urfprünglich in der Zellflüffigkeit gelöft, Fig. 470, häufig in befonderen Zellengruppen reichlicher, fo im Marke der Rofe, fonft in dem Grundgewebe aller Baumrinden vor. 1) A. Wıcann, Ueber das Verhalten der Zellenmembran zu den Pigmenten. 129. Bot. Ztg. 62. Einige Sätze über die phyfiol. Bedeutung des Gerbftoffes und der Pflanzen- farbe. ı21. 200. Bot. Ztg. 62. — Dr. C. Sanıo, Einige Bemerkungen über den Gerbftoff und feine Verbreitung bei den Holzpflanzen. 17. Bot. Ztg. 63. Zufammentftellung der äußeren Erfcheinungen. 567 In. der Rinde der Eiche wächft der Gerbftoffgehalt mit dem Alter, d. h. mit der Zunahme der fecundären Rinde, finkt aber wieder in ganz alten Rinden, in welchen die Borkenmafle überwiegt. Während der Jahresperiode beobachtete Tu. Harrıs eine Zunahme im Gerbftoff- gehalt im Sommer, eine Abnahme im Winter, umgekehrt wie fich die transitorifche Stärke verhält, welche in der Rinde in dem erften Theil der Sommerperiode ab-, in der zweiten und gegen den Winter hin zunimmt. Die Gerbfäure (Tannin) CirAseOı7, in Alkohol und Waffer löslich, bildet mit Leim eine in Waffer unlösliche Verbindung. Eine charakteriftifche Reaction entfteht mit FeeCls, blaufchwarzes Salz, auch mit Säuren, chrom- faurem Kali, braunrothe Färbung. Die mit Gerbftoff getränkten Pflanzengewebe nehmen aus verdünnten Pigmentlöfungen den Farbftoff leichter auf als die gerbftofffreien. 5 39. Zusammenstellung der äusseren Erscheinungen. Bei dem Studium aller Lebenserfcheinungen wird es darauf ankommen, die Gleichzeitigkeit zahllofer Functionen im Auge zu behalten. Je nach dem Einfluß der Hilfsdisciplinen hat fich die Vorftellung von dem Leben verfchieden geftaltet. Bald war es mehr der Einfluß der Chemiker, bald derjenige der Phyfiker, welche im Forfchungsgebiet der Phyfiologie maßs- gebend wurden. Kaum läßt fich nach dem in den vorftehenden Abfchnitten dargelegten Lehrgebäude fagen, wie fich die Phyfiologie weiter ausbauen wird; fie ift abhängig von dem Fortfchritt der phyfikalifchen und chemi- fchen Disciplinen. Eine rein mechanifche Theorie der Lebenserfcheinung it, wenn man von dem Weg abfieht, welchen die neueren, insbefondere die deutfchen Forfcher in der Entwickelungslehre eingefchlagen, nicht vor- handen. Die Coincidenz der Symptome des Lebens zu ftudiren und zu fuchen, ift in der That bis jetzt das Einzige, was den Pflanzenphyfiologen neben der befchreibenden Entwickelungsgefchichte gelungen if. A. Alter der Bäume'), Das Alter der Bäume hat von jeher die Forfcher zu Betrachtungen über das Leben angeregt. Die Baumriefen find die auffälligften Beifpiele 1) v. HumsoLpTr, Anfichten der Natur. Bd. II. S. 398. — MiELK, Die Riefen der Pflanzenwelt. C. F. Winter. Heidelberg und Leipzig 1863. — Dr. H. R. GöppErT, Ueber die Riefen der Pflanzenwelt. Berlin 1869. 568. VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. - continuirlicher vegetativer Verjüngung und Reproduction. Nach GöPpPERT fand das Maximum der Maffenentwickelung einzelner Baumpflanzen wahr- fcheinlich nicht in früheren Erdperioden ftatt, fondern in der gegenwärtigen; *wenigftens find in der Steinkohlenformation und den darauf folgenden Erd- perioden bis jetzt keine Stämme aufgefunden worden, welche fich mit den noch jetzt lebenden Riefen meffen könnten. Unter den größten der jetzt lebenden, oder doch erft in jüngfter Zeit abgeftorbenen Baumriefen nennt derfelbe folgende: Der im Jahre 1867 vom Sturm zerftörte Drachenbaum von Oro- tava auf Teneriffa hatte nach HumsoLpr im Jahre 1799 eine Höhe von "65 F. Der Umfang einige Fuß hoch über dem Boden betrug 45 F. Das Alter wird auf 4000—6000 Jahre gefchätzt. Unter den einheimifchen Nadelhölzern erreichen: Abies pectinata DC. im Böhmerwald 200 F. Höhe, 25—30 F. Umfang; Picea excelfa Lk. am felben Ort ı5o F. Höhe, 16—20 F. Durch- melffer; Taxus baccata L. bis 60 F. Umfang, bei einem Alter von 2500 bis 3000 Jahren. Unter ausländifchen Nadelhölzern erreichen: Cupreffus faftigiata auf. dem Berge Athos 4 F. über dem Boden einen Umfang von 12— 15 F. bei rooojährigem Alter; Cedrus Libani einen ‘Umfang von 35—45 F. bei einem Alter von 2500 Jahren; Cedrus Deodara Loud. auf dem Himalaya 150 F. Höhe und einen _ unteren Umfang von 38 F.; Araucaria excelfa R. Br. in Auftralien. 220 F. Höhe, unterer Stamm- durchmefler 10—12 F.;_ Taxodium fempervirens Lamb. (Sequoja gigantea Endl.) in der Graffchaft Calaveras in Californien 250 bis 450 F. Höhe und über der Wurzel rıo F. im Umfang bei einem Alter von etwa 1500 Jahren, Unter den Laubhölzern erreichten: eine Eiche, Quercus pedunculata W. in der Nähe von Breslau die Höhe von 78 F., einen Umfang von 42 F. (2 F. über dem Boden), bei einem Alter von nur 700—800 Jahren; Caftanea vesca am Aetna 60 F. Umfang (der berühmte Kaftanien- baum von Cento Cavalli foll mehr als 180 F. im Umfang gemeflfen haben); Linde von Neuftadt a. d. Kocher 32 F. Umfang, 700—800 Jahre, andere, noch ftärkere bei Baireuth und Dresden ; Platanus orientalis L., Platane von Bujukdereh bei Conftantinopel, 90 F. hoch, 150 F. im Umfang; Zufammenftellung der äußeren Erfcheinungen. 569 Hymenza Courbaril auf La Ternifte und Portorico 20 F. Durch- mefler bei einem Alter von 1400 Jahren; Adanfonia digitata, Affenbrodbaum in Senegambien, Stamm nur 15—30 F. hoch, Durchmefler 30—34 F., Gefammthöhe 60 F., Kronen-* durchmefler über 160 F.; Ficus indica bei Madras, Mitteltamm 28 F. Durchmefler, von 27 Nebenftäimmen umgeben, die aus Luftwurzeln entftanden find, diefe befitzen zum Theil ıı F. im Durchmeffer; Eucalyptus amygdalina foll nach S. W. Rosınsox 500 F. Höhe und in der Höhe von 4 F. einen Umfang von 81 F. haben. Derartige riefenhafte Ausbildung können indeß nur Individuen er- reichen, welche während ihrer ganzen Lebensdauer befonders begünftigt waren. Das Durchfchnittsalter, fowie die Dimenfionen der Bäume ganzer Wälder find viel geringere; doch laffen fich beftimmte, allgemein giltige Angaben darüber nicht machen. Unfere einheimifchen Waldbäume theilt Gavyer!) nach dem Alter, welches einzelne begünftigte Individuen erreichen können, in folgende ‚Gruppen: Ein Alter von mehr als 500 Jahren | Erle, Eiche, Linde, Ulme, Edelkaftanie. Ein Alter von 300 Jahren und darüber Ulme, Tanne, Buche. j N [ Efche, Ahorn, Fichte, Lär- Eine Stufe tiefer ftehen Geiche Kieler’ Flahbuche, < : [ Afpe, Birke, Schwarzerle, Selten über ıoo Jahre erreichen 13 Weißerid Weide Im forftlichen Betrieb werden die Eiche felten über 200 Jahre, Buche und Tanne felten über 150 Jahre, Kiefer und Fichte felten über ‘120 Jahre alt genutzt, während die gewöhnlichen Umtriebe noch viel niedriger find und z. B. bei der Kiefer nicht felten unter 70 Jahre herunter- gehen. B. Ist der Tod in dem Organismus des Baumes begründet? Auch der Baumriefe im Alter von 1000 Jahren erliegt der Alters- fchwäche. Während die Verjüngung in der Zweigregion kaum ein Nach- laffen der vegetativen Thätigkeit zeigt, fterben die dominirenden Aefte, der Schaft und die Wurzeln ab. Der Tod tritt ein in Folge der Schwierig- keiten, welche die Translocation über immer größer werdende Flächen _ und Volume mit fich bringt, und in Folge zahllofer Verwundungen, para- fitärer Eingriffe, äußerer Befchädigungen durch Sturm, Froft. Jeder Ab- 1) CARL GAYER, Der Waldbau. Berlin. Wiegandt, Hempel u. Parey. 1878. 50. VII. Theorie der Ernährung der Pflanzen. leger, jede Knofpe aber trägt im fich die gefunde Triebkraft der Jugend. . Studien über das Nachlaffen der vegetativen Kraft, fo weit fie in der Race vererbt wird, liegen bis jetzt nicht vor. Es ift z. B. nicht bekannt, ob eine *segebene Baumform durch Jahrhunderte lang dauernde Verjüngung durch bloße vegetative Sproffung, Stockausfchlag bei fonft gleichen klimatifchen und Bodenverhältniffen gefchwächt wird, gegenüber dem waldbildenden | Baum gleicher Form (Species), welcher fich durch gefchlechtliche Ver- mehrung verjüngt. An und für fich ‚liegt der endliche Tod des Baumes nicht in feiner vegetativen Kraft begründet. C. Asymptotische Bewegung in der Pflanzenwelt. So viel ift aus den vorftehend abgehandelten Bewegungserfcheinungen leicht zu überfchauen: Der Baum repräfentirt in feinem Wachsthum eine afymptotifche Be- wegung in der Anhäufung fefter Theile in einem Lebewefen. Er ftrebt, diefen Vorgang durch fehr große Zeiträume continuirlich auszuführen. Das Wachsthum muf fich afymptotifch der Null nähern, ohne diefen Werth indeß in großen Zeiträumen je zu erreichen. Dieß ift darin begründet, daß die Medien (Bodentiefe und Atmofphäre) in ihrer chemifchen Zu- fammenfetzung beftimmt und unwandelbar und begrenzt find, ferner darin, daß das Gewicht der Zuwachsmaffe von der Keimpflanze ab wächft, nach mehreren oder vielen Jahrzehnten dann einmal culminirt, längere Zeit con- ftant bleibt, oder ftetig wächft oder finkt. In allen diefen Fällen ift das Wachfen des Volums eine afymptotifche Bewegung. Um diefe Sache auf dem Boden der nächftliegenden Verhältniffe zu behandeln, discutiren wir den Fall: Das Gewicht der Zuwachsmafle wächft, culminirt einmal und finkt endlich; d. h. mit andern Worten, die Function des Zuwachfes in der Zeit (mit Hilfe der Waage beftimmt) ift eine periodifche. Da fich diefe Maffe über ein ftets wachfendes Volum vertheilt, muß der fichtbare Zuwachs im Lauf der Jahrhunderte fich der Null nähern. Auch im aller- günftigften Fall, daß die Zuwachsmaffe ftetig größer würde, ift doch nichts Anderes zu erwarten, denn nun würde die Function, welche durch den zweiten Differentialquotienten dargeftellt ift, in der Zeit immer kleinere Incremente erfahren. Auch jetzt muß fich der fichtbare Zuwachs der Null nähern. Einwirkung der Wärme. 571 Neunte Abtheilung: Einwirkung der Wärme. Wir find oben (S. 474) zu dem Refultat gekommen: Die Pflanze ift als eine Mafchine anzufehen, in welcher fich zwei antagoniftifche Pro- ceffe abfpielen. Der eine ift die Athmung, der andere die Reduction. Indem wir zur Einwirkung der Wärme übergehen, ftellen wir an die Spitze der folgenden Discuflion diefen Satz: Für einen beftimmten Vegetationsproceß, z. B. die Reduction der Kohlenfäure, oder den Stoffumfatz beim Wachfen der Organe, oder die Osmofe von Zelle zu Zelle, oder die Strömung der Protoplasmen, ift der Uebergang von niederen nach höheren Temperaturgraden, oder umgekehrt, und die Befchleunigung oder Verzögerung der gedachten Bewegungen wohl immer eine Folge des Temperaturwechfels, niemals aber ift der Temperatur- zuwachs oder -Verluft eine Urfache diefer Bewegungen. Hiebei muß in- def die Temperatur nicht fo weit finken, daß das Wafler im Innern der Zellen gefriere. Mit anderen Worten, der Wärmezuwachs, welchen eine Maffe erfährt, indem ihre Temperatur zunimmt, kann nicht in die Be- wegung umgefetzt werden, welche wir Leben nennen. Wohl aber wird die bereits herrfchende Bewegung durch den Temperaturzuwachs vergrößert. Wir haben es hienach mit zwei Dingen zu thun: Die ftrahlende Wärme ift die Urfache, die Temperatur ift eine Bedingung der organifchen Be- wegungsformen, fo weit es fich um die Vegetation handelt. 5 40. Strahlende Wärme. 1. Methode der Beobachtung !). Die fämmtlichen Pflanzen leiten die Wärme fchlecht und ftrahlen die- felbe außerordentlich rafch aus; das wefentlich für die Strahlung angepaßte !) Methode der Beobachtung. In einem abfolut verfinfterten Zimmer wurden alle nöthigen Apparate für feine Wärmemeffung aufgeftellt und mit Hilfe des Helioftaten ein paralleles Lichtbüfchel hereingeleitet. Die Thermofäule wurde mit Hilfe zweier mit heißem Waffer gefüllter Blechwürfel zunächft von beiden Seiten beftrahlt, um den mecha- 572 IX. Einwirkung der Wärme. Organ ift das Blatt. Der Grad der Auslöfchung dunkler Wärmeftrahlen im Laubblatte ift abhängig: | ı° von dem Chlorophyligehalt; 2° von der Dicke; 3° von der Textur und anatomifchen Befchaffenheit. Zur Unterfuchung der Abforption der ftrahlenden Wärme, welche normal auf die Blattfläche in einem parallelen Strahlenbüfchel der Sonne auftritt, wurde die Thermofäule angewandt. I. Die Thermofäule wurde 2 mm hinter die Blätter fo aufgeftellt, daß der Schatten derfelben die Löthftellen traf. Die directe Beftrahlung ergab einen Ausfchlag von 70, der Schatten der Buche ergiebt 60, und es wurden ganz “ähnliche Verhältniffe gefunden für Ahorn, Hainbuche, Ulme, Eiche und Pappel. | Bei derfelben Intenfität der Sonnenftrahlung fank der Ausfchlag der Nadel auf 23, wenn die Thermofäule auf 4 cm von dem beftrahlten Blatte entfernt wurde. N. Bei allmäliger Entfernung der Säule von dem beftrahlten Blatte wurden für diefelbe Intenfität (von 81° bei directer Beftrahlung) gefunden: 4 :cm 27°; 53cm: 23°; 10:00:13 5-15 09% i nifchen Werth des Ausfchlages der aftatifchen Nadel auch für fo große Intenfitäten wie in einem Büfchel des intenfivften Sonnenlichtes zu beflimmen. In dem Nachfolgenden die Angaben diefer Beftimmungen: Dißany des Keks Die Säule beftrahlt Würfel von der von beiden Seiten Euie von vorn, | von hinten, ; 3 Differenz I, | Differenz 11. 2 mm 70,5 82 32. 12,5 132% 43 23 23 20 31%» 2 39,5 20 15,5 67 » 21 8 13 14 109» 5 11,5 6,5 6,5 146» 3 9 6,5 6 Hieraus ließ fich nach bekannten Regeln eine Calibrationstabelle berechnen; E. EBERMAYER, ‘Die Temperatur der Waldbäume, vergl. mit der Luft- und Boden- temperatur des Waldes. 436. Bot. Ztg. 73. — LAManskY, Ueber das Wärmefpectrum des Sonnen- und Kalklichtes. Monatsber. d. königl. Acad. d. Wiffenfch. Berlin. 17. Decbr. 1871. — ASKENASY, Ueber die Temperatur, welche die Pflanzen im Sonnenlicht annehmen. 441. Bot. Ztg. 75. Ä Strahlende Wärme. >73 IH. Das Laubblatt zerftreut die Wärmeftrahlen in einem parallelen Sonnen- ftrahlenbüfchel. Die Zerftreuung kann in diefer Weife berechnet werden: wenn das parallele Büfchel von Sonnenftrahlen direct auf die Thermofäule fällt und den Ausfchlag von 70° hervorbringt, fo nimmt das Laubblatt in der directen Nähe der Säule !%/70 der ftromerregenden Kraft hinweg, und wenn die Zerftreuung des äustretenden Strahlenbüfchels nicht erfolgte, fo müßte der Ausfchlag am 'Thermomultiplicator unabhängig von der Ent- fernung fein. Da nun das Strahlenbüfchel in einiger Entfernung auf eine größere Fläche zerftreut ift, fo finkt die Intenfität fehr rafch mit der Ent- fernung der Thermofäule von der durchftrahlten Blattfläche. Setzen wir die Intenfität in einer unmittelbar hinter dem Laubblatt belegenen Ebene gleich eins, fo ift in einiger Entfernung diefe Intenfität ein Bruchtheil der eingeftrahlten. In der nachfolgenden Tabelle find verzeichnet: ı° das Verhältniß der durchgegangenen Wärme zur eingeftrahlten; 2° jenes Verhältnif der Zerftreuung für eine Diftanz von 4 cm. Verhältniß der durch- geftrahlten Wärme, die Intenfität der “ leingeftrahlten gleich eins gefetzt. Verhältniß der Zerftreuung in 4 cm Diftanz hinter dem Blatt. BEHCHe. en. 2, 0,857 Garpiaus: "a 0,211 2 > 0,857 Buche "..0. 0: se} 0,324 RE 0,859 Ars rt, © 0,309 N RER ER 0,871 Un) Zr ur 0,338 EB, 2: | 9,879 t Die größte Zerftreuung zeigt das glatte, aber gefaltete Blatt der Hain- buche, die geringfte zeigt die Ulme. IV. Die Wärmemenge, welche ein Laubblatt abforbirt, ift nicht eine con- ftante Größe, fondern abhängig von der Phafe, in der das Blatt fteht, von dem Chlorophyligehalt, und bei verfchiedenen Bäumen von der Dicke der Blätter. Von Intereffe ift der Vergleich diefer in dem Blatte der immer- grünen zu unferen periodifchen und. dünnblättrigen Laubbäumen. Wir be- trachten zunächft im Anfchluffe an die vorftehenden Meffungen die Wärme in den dicken lederartigen Blättern der füdlichen und der gemäßigten Zone Afıens. An einem und demfelben fonnigen Tage (9. Juni 1875) konnten die nachfolgenden Meffungen ausgeführt werden: 574 IX. Einwirkung der Wärme. Ausfchlag der Galvanometernadel. 2 mm von Directe 4 cm von Directe der Säule. | Beftrahlung. | der Säule. | Beftrahlung. Ficus elaftica . 71 83 26 83 Camellia japonica 63 88 10 88 Nerium Öleander . . 67 83 25 83 Das Verhältniß der Auslöfchung des Wärmeftrahles nach derfelben Weife wie in der vorhergehenden Colonne ift: | Verhältniß der durch- | Verhältniß der zer- ı geftrahlten Wärme in ftreuten Wärme in ‚einer 2 mm hinter dem 4 cm Entfernung Blatte liegenden. Ebene, hinter dem Blatte, die eingeftrahlte gleich die eingeftrahlte eins gefetzt. .gleich eins gefetzt. Camellia 0,716 Camellia 0,113 Nerium ER. 0,807 Ficus elaftica . | 0,313 Hemerocallis fulva. 0,843 Saxifraga 0,337 Ficus elaftica. 0,855 Hemerocallis . 0,457 Im Vergleich zu unferen Waldbäumen ift die durchgegangene Wärme etwas kleiner, ebenfo ift die Zerftreuung eine etwas geringere. Dieß aber rührt daher, daß das Blatt eine größere Temperatur erhält und fomit in feinem Schatten eine größere Wärme ausftrahlt. Die Durchftrahlung ift abhängig von dem Gehalte an abforbirenden Pigmenten. Gerade hier liegt das Wefen der grünen Farbe. Zwei Bäume eignen fich befonders gut zu diefem Studium, Buche und Blutbuche, der Ahorn und der panachirte Ahorn. Stellt man fich vor, daß der Baum in Hinficht der Farbe variirt, fo aber, daß das nützliche vortheilhafte Pigment erhalten bleibt und . zur Steigerung kommt, fo hat er es in der Gewalt, für die einfallenden .Wärmeftrahlen feine Capacität zu fteigern oder zu fchwächen, fo abforbirt die Blutbuche mehr wie die Stammform, zu welcher fie als Varietät gehört. Umgekehrt laffen die panachirten Ahorne (Acer Negundo, A. pfeudoplatanus) mehr Wärmeftrahlen hindurch wie die grünen Stammformen. : V. Irdifche Wärmequellen zeigen bekanntlich eine geringere Strahlung. Ich bediente mich einer (in Paris conftruirten, unter dem Namen der Lampe colienne käuflichen) Petroleumlampe, welche fo befchaffen ift, daß die Flamme ohne Glascylinder rußlos brennt. Diefe Lampe befitzt ein Uhr- Strahlende Wärme. 575 _ werk, welches ein Windrädchen treibt, fo daß um die flache Flamme ein _ ftetig gleicher Luftftrom unterhalten wird. Hinter der Flamme wurde ein Kugelreflector von Neufilber aufgeftellt, von welchem ein divergentes Strahlenbüfchel nach dem Schlittenapparat geworfen wird, auf dem die Thermofäule verfchiebbar ift. In diefem Strahlenbüfchel, welches am Ther- momultiplicator den Ausfchlag von 52° hervorbringt, wurden allmälig eins, zwei, drei u. f. f. Blattlagen eingefchaltet. Der Ausfchlag im Schatten finkt _ jetzt bei: | ı Blatt. 2 Blätter. 3 Blätter. 4 Blätter. 5 Blätter. Be: ,2355° 23 ra +1? 4° Blutbuche . 25,5 17° 13° 10,5 Mit fteigender Blattzahl finkt die Ausftrahlung, aber nicht proportional dem Widerftand. | Für diefelbe irdifche Wärmequelle wurde die Intenfität des Strahles gefunden, welcher das Blatt durchfetzt hatte. Urfprüngliche Wärme — 1,00. Nach dem Durchgang durch das Blatt der Hainbuche — 0,514 Ahorn — 0,490 Blutbuche —= 0,472 Eiche = 0,461 Buche — 0,435 Ulme = 0,400. Die einheimifchen Laubbäume verhalten fich nach dem Vorftehenden ziemlich übereinftimmend. Gleichwohl machen die Bäume ganz ungleiche Anfprüche in Hinficht des Schattens. So find ganz befonders lichtkronig die Efche, die Wallnuß, die Rofßskaftanie, die Ulme, während die Buche, Eiche verhältniffmäßig dicht beblättert und beaftet find. Schon oben S. 514 ff. bei.Befprechung der Affımilation wurde darauf aufmerkfam gemacht, dal das Material der gewöhnlichen meteorologifchen Unterfuchungen nicht zur Bafıs für die Vergleichung pflanzlicher Entwicke- lung benutzt werden kann, weil in ihnen genaue Meflungen über die Größe der Strahlung fehlen. An einer meteorologifchen Anftalt, welche dem Intereffe der Land- und Forftwirthfchaft dienen foll, müßten mindeftens fortlaufende Beobachtungen über die Strahlung an dem Bunsen’fchen Pho- tometer, dem PouiLL£Er’fchen Pyrheliometer und dem Crookes’fchen Radio- meter gemacht werden. Für die Beftimmung der Relationen im Waldfchat- ten, wo die Sonnenftrahlen beträchtlich gedämpft find, wird der Crookzs’- fche Radiometer jedenfalls gute Dienfte thun. Diefß Inftrument conftruirte CROOKES, um die direct mechanifche Wirkung der Strahlen zu meflen. Es erlaubt hinlänglich genaue Ablefung, um die Relationen der Schattengrade in verfchiedenen Beftandsorten zu beftimmen. Der Apparat befteht aus 576 IX. Einwirkung der Wärme. einem fpindelförmigen Glasrecipienten von beliebiger Größe, welcher fo weit wie möglich evacuirt ift. In diefem Recipienten ift eine Windmühle aus leichtem Metall angebracht, deren Flügel auf der einen Seite mit glänzenden Stanniolplättchen belegt, während die andere Seite gefchwärzt ift. Die Mühle geräth in Bewegung bei der geringften Beftrahlung mit leuchtender oder dunkler Wärme. Aus der Zahl der Umdrehungen kann die Relation der Intenfität beftimmt werden'). !) Literatur über den Radiometer. POGGENDORFF, Annal. 1875. ıı. S. 488. POGGENDORFF, Der Radiometer von CRookESs’. Die Unterfuchungen Crookes’ über den von ihm conftruirten Radiometer führten ihn zu der Anfchauung, daß es die directe mechanifche Wirkung der Strahlung fei, welche die Mühle in Bewegung fetzt. POGGENDORFF weit darauf hin, dal) es wahrfcheinlich Luftftröme feien, welche die Bewegung verurfachen. In höchft verdünnter Luft, fagt Crookes, fcheinen die Wärmeftrahlen gleich abftoßend auf fchwarze und auf weiße Flächen zu wirken, allein die Lichtftrahlen verhalten fich anders; fie ftoßen die fchwarzen ftärker ab als die weißen. Geftützt auf diefe Thatfachen hat CROoRES das bekannte Inftrument in der erften Ausgabe conftruirt, deffen Einrichtung wir hier als bekannt vorausfetzen dürfen. Einer Lichtquelle ausgefetzt rotirt es, indem die fchwarzen Flügel abgeftoßen werden. Aus den Meflungen Crook#s’ ergiebt fich, daß das Inftrument für verfchiedene Strahlengattungen empfindliche Unterfchiede zeigt. Die Er- klärung, welche POGGENDORFF giebt, lautet: Die fchwarzen Flächen werden vom Lichtftrahl ftärker erwärmt als die weißen und erfahren durch die in dem Apparat noch befindliche Luft einen Rückftoß. Diefe von mehreren Phyfikern getheilte Anfchauung hält er für die wahrfcheinlichfte, wiewohl es etwas Widerfprechendes hat, einen derartigen Rückprall in einem fo verdünnten Medium vorauszufetzen, befonders da dasfelbe bei außerordentlich diffufem Tageslicht noch reagirt. Unterftützt wird die obige Anfchauung dadurch, daß die Wirkung des Lampenlichtes außerordentlich gefchwächt wird, wenn man eine 20 mm dicke Wafferfchicht einfchaltet. Sonnen- und Magnefiumlicht erfordern felbftredend eine dickere Wafferfchicht. Der Apparat rotirt auch im Dunkeln, wenn man ihn hinter eine Platte jenes undurchfichtigen, fchwarzen Glafes ftellt, welches man zum Polarifiren des Lichtes benutzt, und diefe Platte mit einer Kerzenflamme beftrahlt. Solches Glas ift nach MELLONI nur diatherman für wirklich dunkle Wärmeftrahlen. Diefelbe Wirkung ift auch von CROOKkES felbft conftatirt für die dunkeln Wärmeftrahlen, welche durch eine concen- trirte Jodlöfung gegangen find. Die Erklärung POGGENDORFF’s hat eine Beftätigung durch Verfuche gefunden, welche Finkner anftellte: Der Radiometer fteht fill, wenn der innere Widerfland (durch den Druck der Gafe) gleich dem Ueberdruck ift, welcher auf die fchwarzen, ftärker erwärmten Flächen ftattfindet. Bei anderen Dimenfionen des Inftrumentes ift es denkbar, daß felbft bei größeren Drucken, ja felbft in verdünnter Luft noch Bewegung eintritt. Der Verfaffer ftellt, um fehr große erwärmte Flächen zu befitzen, Glimmerfcheiben von 162 mm Durchmeffer in 200 mm Entfernung vom Mittelpunkt des Kreuzes her. Die eine Seite wird gefchwärzt, - die andere mit Papier beklebt. Eine Oellampe mit Reflector, welche 60 cm von dem Inftrument entfernt ift, bewirkt die Bewegung von einer Drehung in der Minute. Die fchwarzen Flächen gehen voraus, alfo entgegengefetzt der gewöhnlich beobachteten Richtung. Um den Luftzug der Lampe bei der befchriebenen Aufftellung auszufchließen, wird eine Glasplatte eingefchaltet. Bisher ift das Inftrument ohne Glashülle. Wird nun- mehr das Inftrument von drei Seiten mit Brettern eingefchloffen, von der vierten Seite beftrahlt, nach oben durch ein Brett abgefchlofien, fo tritt bei derfelben Stellung der Lampe “ : Strahlende Wärme. 577 Die Ausftrahlung in einer Baumkrone oder in einem Complex vieler, dem Waldbeftand, wird, bezogen auf die einfache Erdoberfläche, jedenfalls verlangfamt, da die Waldluft, zwifchen den Blattfchirmen abgefperrt, fich durch Strahlung unter der erften Blätterlage erkältet, und von der nächften Schicht getrennt ift durch eine zweite Blätterlage, welche einen beträcht- lichen Widerftand gewährt. So wirkt der Laubbaum, beziehentlich der Wald, als ein Wärmerefervoir gegenüber der nackten oder mit niedern Pflanzen bedeckten Erdoberfläche. die gewöhnliche Drehung ein, indem die weißen Flächen vorausgehen. Verfafler denkt fich den Einfluß des Gefäßes fo, daß bei beftimmter Entfernung der Gefäßwand von den Flügeln zuerft die eine Richtung, die fchwarze Seite voraus, *eingehalten, daß mit wachfen- der Entfernung die Bewegung Null wird, um endlich in die entgegengefetzte Richtung überzugehen. POGGENDORFF, Ann. 'd. Phyfik. 1876. Radiometrifche Verfuche. Von Dr. A. ScHUSTER. Verf. hängt das Inftrument bifilar in einem größeren Glasgefäß auf, welches er darauf aus- pumpt. Er befeftigt einen Hohlfpiegel an einer Glashülle, um eine etwaige Bewegung beobachten zu können, läßt dann plötzlich Hydrooxygengaslicht auf das Inftrument fallen, welches fich darauf 200mal herumdreht. Dabei wich die Glashülle aber in entgegen- gefetzter Richtung mit der Richtung des Kreuzes ab. War die Gefchwindigkeit der Mühle conftant geworden, fo kehrte die Hülle in ihre Lage zurück. Nahm man das Licht plötz- lich fort, fo gerieth die Hülle wieder in Bewegung, aber in entgegengefetzter Richtung zur vorhergehenden. CrookEs kommt zu ähnlichen Refultaten. Er läßt den Radiometer in Wafler fchwimmen. Erft drehte fich die Hülle, dann ftand fie ftill und nahm darauf entgegengefetzte Drehung an, endlich nahm fie eine langfame Drehung an und zwar gleich- laufend mit dem Kreuz. : Aehnliche Einwürfe gegen die directe Wirkung des Lichtes und der ftrahlenden Wärme erfcheinen begründet bei G. SALET, Compt. rend. T. 82. S. 1500. Compt. rend. T. 83. S. 273. Ein Radiometer, welcher aus Silber und durchfichtigen Glimmerplatten conftruirt ift, bewegt fich mit der Glimmerfeite nach vorn, die Silberfläche wird unter dem Einfluß des Lichtes zurückgeftoßen. Diefer Radiometer zeigt im Wafler von 30—40°, wo er nur dunkle Strahlen erhält, die umgekehrte Richtung (die Silberfläche voraus). Im Eis zeigt er diefelbe Richtung wie in dem Licht. Ein Radiometer aus Aluminium und gefchwärzten Glimmerplatten bewegt fich im Licht fo, daß das Metall vorangeht. Dunkle Wärme und noch fo intenfives Licht ändern diefe Richtung nicht. In Eis aber tritt eine Umkehrung der Richtung ein. Ein Radiometer aus Aluminium und nicht gefchwärztem Glimmer bewegt im Licht die Glimmerfläche voran, im Eis wie im Lichte. Die dunkle Wärme bewirkt, daß die entgegengefetzte Richtung eingehalten wird. Ein Radiometer, deffen Flügel aus Silber und Aluminium gebildet waren, wurde auf 440° erwärmt, wäh- rend die Evacuation der Hülle erfolgt. Er wird unempfindlich, er reagirt aber, wenn das Vacuum bei gewöhnlicher Temperatur hergeftellt wird. Unter den gleichen Bedingungen der Erwärmung (440°) tritt die Unempfindlichkeit nicht ein, wenn man die Hälfte der Flügel mit Metall, die andere mit Glimmer bedeckt. Endlich zeigten Radiometer, deren’ Flügel aus Glimmer und roth, grün, blau gefirnißten Kupferplatten gebildet waren, keine Unterfchiede. BÖTTGER, Bericht der deutfchen chemifchen Gefellfchaft. Bd. IX. S. 798. Der Radiometer_ zeigt keine Reaction im Licht der Geissrer’fchen Röhren, ebenfowenig im Licht der Gasflammen, wenn Alaunkryftalle eingefchaltet find, ebenfo wenn zwifchen dem N. J. C. Mtırer, Handbuch I. 1. 37 578 IX. Einwirkung der Wärme. Andererfeits muß die Waldluft auch bei der Einftrahlung fich beträcht- lich langfamer erwärmen wie die Luft über der nackten Erdfläche. Von Blattfchicht zu Blattfchicht verliert der Strahl an Intenfität. Selbft fchon die einfache Blattlage mindert diefelbe beträchtlich herab. Im: All- gemeinen ift darin der regulirende Einfluß großer Waldmaffen auf die ther- mifchen Verhältniffe eines Landes begründet, daß der Ausgleich durch Strahlung verlangfamt wird, weil die Luft durch athermane Blattlagen in Schichten gefondert ift, welchen der Ausgleich durch Strömung er- {chwert ift. | \ Ganz anders geftaltet fich die Sache im Winter in dem unbelaubten Wald. Tritt bei naffer Luft plötzlich klares Wetter ein, fo ftrahlen die Radiometer und der Lichtquelle eine 3 cm dicke Wafferfchicht eingefchaltet wird. Das directe Tageslicht ftößt die fchwarzen, Seiten ab, im Waffer tritt die umgekehrte Bewegung ein, bis er ftillfteht. G. Govi fetzt einen empfindlichen Radiometer aus polirten Aluminiumplatten und ge- fchwärztem Glimmer in einem Glascylinder zufammen und leitet Wafferdampf hindurch. Sofort tritt rafche Bewegung ein, die Aluminiumflächen. gehen voran. Die Bewegung verlangfamt fich. Bei conftanter Temperatur tritt Ruhe ein. Sofort tritt wieder Bewegung ein, fobald das Einleiten des Dampfes aufhörte und zwar in umgekehrter Richtung. Ein ftilltehender Radiometer wird ebenfo zur Bewegung in umgekehrter Richtung gebracht, wenn er in kaltes Waffer eingetaucht wird. E. WARTMANN (Arch. des science. phys. el nat. Bd.- 55. S. 313. 1876) wandte zwei Radiometer zu Differenzverfuchen an: der eine (A) befitzt kreisförmige, der andere (B) befitzt quadratifche Flügel. Beide rotiren bei höherer Temperatur, fo daß die fchwarzen , Flügel abgeftoßen erfcheinen. Ein vollkommener Gegenfatz tritt zwifchen A und B ein, wenn man die fchwarzen Flächen verdeckt und die anderen der Sonne ausfetzt. A rotirt direct, B in entgegengefetztem Sinne. Soll auch A umgekehrt rotiren, fo muß das Licht mittelft einer Linfe auf die unbedeckten Flächen concentrirt werden. Verf. macht darauf aufmerkfam, daß die größte Gefchwindigkeit bei fenkrechtem Einfall auf die fchwarzen Flächen eintritt. Mittelft zweier Lampen,. welche auf die entgegengefetzten Seiten eines Flügels wirken, zeigt Verf., daß vollftändige Neutralität eintreten kann. Die Rotation tritt ein, wenn das Inftrument durch einen glühenden Ring beftrahlt wird, deffen Ebene mit der Ebene der Flügelarme zufammenfällt. Das Einfchalten einer Alaunplatte fchwächt die Bewegung beträchtlich. i CROoRkES fand für das Sonnenfpectrum die größte Wirkung im Ultraroth, die kleinfte im Ultraviolett. Bezüglich der Wirkungen können Ultraroth mit 100, Aeußerftroth mit 85, Roth mit 73, Orange mit 66, Gelb mit 57, Grün mit 41, Blau mit 22, Indigo mit 8,5, Violet mit 6, Ultraviolett mit 5 dargeftellt. werden. POGGENDORFF, Annal. 1876. 7. S. 483. Notiz zur Gefchichte des Radiometers. Von Dr. G. BEerTHoLD (Ronsdorf). POGGENDORFF, Annal. 1876. 8. S. 572. Ueber den Radiometer von CROoKES, Von R. FinKnEr. Verfaffer unterfucht das Verhalten der Radiometer bei verändertem Drucke der Gafe und Beftrahlung und ftellt eine Theorie der Bewegung auf. Er verbindet den Recipienten mit einer Queckfilberluftpumpe und beftinnmt die Drehungsgefchwindigkeit unter dem Einfluß einer Gaslampe ohne Reflector und Linfe, indem er die Entfernung der Lampe und den Druck verfchiedener Gafe varürt. Aus den Verfuchen ergiebt fich: Bei Strahlende Wärme. 579 blattlofen Zweige rafch die Wärme aus, gleichzeitig leiten fie die Wärme aus tieferen Theilen des Baumes fo fchlecht, daß mächtige Eisniederfchläge in dem Zweigfyftem gebildet werden. v1. Die Erwärmung der pflanzlichen Blätter, Zweige und fleifchiger Theile ift bei directer Beftrahlung durch die Sonne eine fehr beträchtliche. Durch Verfuche wurde die Erwärmung der ifolirten Blätter verglichen mit folchen Blättern gleicher Art, welche, an dem Zweige befindlich, während der Be- ftrahlung Wafler verdunfteten: das abgefchnittene Blatt von Caftanea wurde um das Gefäß eines Thermometers gewickelt und diefer an einem klaren Augufttag beftrahlt (7), zu gleicher Zeit wurde der Kaftanienzweig in Wafler geftellt, eines feiner Blätter um das Gefäß eines zweiten Thermometers (1!) gewickelt, die Temperaturzuwachfe wurden mit den Schwankungen eines freien beftrahlten Thermometers (1?) verglichen. Die Thermometer waren von gleicher Conftruction und waren innerhalb der Temperaturgrade o und 100 calibrirt. Nach 40 Minuten zeigten fie: le 105 anae a E 3 DE zu LE 2 Das verdunftende Blatt hatte fomit eine um 3,5° C. niederere Tempe- ratur wie das abgefchnittene. Innerhalb diefer 40 Minuten war ein ganz ähnlicher Thermometer (#?) in einen ausgehöhlten unreifen Apfel gefteckt (die Dicke der zu durchftrahlenden Apfelmaffe betrug 3 cm), und ein weiterer . (#%) in einen ausgehöhlten Hollunderzweig. Diefe zeigten: 355, 1 325°. nicht zu weit getriebener Verdünnung findet bei gleicher Erwärmung diefelbe Bewegung bei einem fpecififch leichteren Gafe bei größerem Drucke ftatt, als bei einem fchweren Gafe. Das Drehungsmoment, welches durch eine Flamme ausgeübt wird, wächft unter übrigens gleichen Umftänden zunächft mit der Verdünnung der Gafe, nimmt aber bei weiterer Ver- dünnung wieder ab. Das Maximum der Bewegung tritt für Wafferftoff bei höherem Drucke ein als bei Luft und Kohlenfäure. Verf. bringt nun den Radiometer mit einem Sauerftoff- entbindungsapparat in Verbindung, evacuirt, fpült den Raum mit Sauerftoff aus, abforbirt den Reft diefes Gafes mit Kupfer und erreicht fomit eine möglichft vollftändige Evacua- tion, und führt aus den Beobachtungen der Drehungsgefchwindigkeit den Nachweis: Die ftrahlende Wärme wirkt nicht direct abftoßend auf die berußten Flügel, fo daß dadurch die Bewegung zu Stande käme; fie bedarf eines Gafes zum Uebertragen diefer Wirkung. Die Bewegung kommt, fo lange das Gas mäßig verdünnt ift, durch einen auf die Ränder der Flügel ausgeübten Einfluß zu Stande ; diefer Einfluß wächft, wenn die Scheiben durch- brochen find. Bei dem Radiometer mit vollen Flügeln bei gleicher Beftrahlung und glei- chem Druck erfordert die Drehung 40 Secunden, während fie für die durchbrochenen nur 2ı Secunden bedarf. Der Unterfchied in der Drehung in dem einen und andern Fall ift derartig, daß er nicht erklärt werden kann durch die Abnahme des Widerftandes in Folge des geringeren Flächeninhaltes. Das Drehungsmoment ift bei dem durchbrochenen größer geworden. 37° 580 IX. Einwirkung der Wärme. Die Dicke der durchftrahlten Rinden und Holzfchicht betrug 4 mm. Nachdem felbft nach einftündiger Beftrahlung die Temperaturen nur noch wenig fchwankten, wurden alle fünf Thermometer mit den anhaftenden Pflanzentheilen in den Schatten gebracht. Nach 52 Minuten fank die Temperatur in: 1 28,9%, Pa) sa BZ Ra Pa Der Pyrheliometer zeigte während der Verfuchszeit an zwei Ablefungen zuerft bei directer Beftrahlung von 3 Minuten einen Temperaturzuwachs von 2° C. und darauf eine Abnahme von 0° während der Befchattung von 3 Minuten. Im zweiten Verfuch während 2,5 Minuten der Beftrahlung, Zuwachs von 1,3° C. und Abnahme während 3 Minuten der Befchattung von 0,5”. VI. Draußen im Laubwald machen fich dem conftanten Einfluß der Strah- lung gegenüber individuelle Ungleichheiten geltend, welche nicht direct auf die gegenfeitige Befchattung zurückgeführt werden können. So entwickeln fich die Knofpen der unterdrückten Buchen im Frühling etwas rafcher wie diejenigen der ftärkeren Bäume. An einem und demfelben Baume werden die Blätter mehrere Tage früher an der Innenfeite entwickelt gegenüber der Außenfeite, Fig. 471. Auch an fehr hohen Parkbäumen eilen die unteren Aefte in der Frühlingsperiode merklich gegenüber den höheren voraus. Dieß ift zum Theil darin begründet, daß gerade vor der vollen Belaubung die unteren Bäume, beziehentlich die unteren Aefte eines Baumes, beffer gegen die Ausftrahlung gefchützt find, zum anderen Theil vielleicht darin, daß die flachbewurzelten Individuen rafcher die höhere Temperatur der äußeren Schalen des Bodens genießen, wie die tiefer bewurzelten. A. Grenzen der Temperatur'). Die Vegetation der Erde breitet fich aus von dem Aequator nach den beeiften Polen, von den Tiefebenen bis zu den höchften Zinnen des Hoch- gebirges. Die höchften aus den Eis- und Schneemänteln hervorragenden Felszähne unferer Hochalpen find noch befiedelt von niederen Flechten, In den meilenweiten Gletfchern des Finfteraarhorngebietes, des Monte-Rofa und des Montblanc finden fich in dem Eife, auf dem feinften Gletfcher- fchlamm, noch Chroococcaceen. Die arctifchen Rhododendren, Salices, Bryaceen u. a. m. ertragen eine Kälte bis —40°, ohne dafs die Racen in ihrer Exiftenz wefentlich gefährdet find. Andererfeits find Oscillarien und ') H. R. GörpeErT, Höhe der Kältegrade, welche die Vegetation überhaupt erträgt. 49. 65. Wann ftirbt die durch Froft getödtete Pflanze, zur Zeit des Gefrierens oder im Moment des Aufthauens? 399. Bot. Ztg. 71. Strahlende Wärme. 581 Diatomen in den Thermen Californiens exiftenzfähig bei 70°C. Es ergiebt fich fomit für die Gefammtheit der Vegetationsproceffe an der Erde ein Temperaturintervall von 110° C. B. Geringere Biegsamkeit wie beim Thier. Nun findet man an jenen Orten der Temperaturextreme (Thermen, heiffe Himmelsftriche einerfeits; für unendliche Zeiträume vereifte Gegen- den der Pole, der Gletfchergebiete an- dererfeits) das Thier- leben einmal fo ver- treten, daß man an- nehmen muß, die in dem Eife vorkom- menden niederen Thiere, _Infuforien und Eier höherer In- fecten finken in der That mit ihrer Kör- perwärme auf die Temperatur des um- gebenden Medium. Im Großen und Gan- zen macht fich aber doch ein in der Eigen- wärme begründeter Fıc. 471. A. Knofpe an der äußeren Seite eines Aftes, B. an der innern Bine beide Reiche Seite desfelben Afes im April. in durchfchlagender Weife geltend: Die höheren Thiere ertragen nicht eine Schwankung von mehreren Graden in der Blutwärme und bringen es gleichwohl dahin, dafs fie die arctifche und hochalpine Region bewohnen. Die höheren Pflanzen ertragen aber eine Temperaturfchwankung aller ihrer Theile von mindeftens 30 bis 5o° C. (innerhalb welcher der Gefrierpunkt des Waffers liegt) und dringen nicht fo weit vor wie das Thier. Dieß aber ift lediglich in mechanifchen Hinderniffen begründet. Gletfcher, Eis und Schnee, nackte Felsmaffen machen eben die Exiftenz wurzelnder Pflanzen an fich unmöglich. In der That ift die Eisregion!) 1) Für uns ganz nahe belegene Studienreviere find: Rhonegebiet, die Gletfcherarme des Aletfchgletfchers, die Eisregion von Chermontane im Bagnethal mit dem Uebergang nach Aofta, Zermatt und Einfifchthal mit dem Uebergang über das Weißthor nach Val 582 IX. Einwirkung der Wärme. unferer hochalpinen Gegend nur von Flechten und niederften Algen über meilenweite Strecken allein bewohnt. Von höheren Thieren ift im Gletfchereis nur die Desoria glacialis heimifch, wenn von den gelegentlichen Wanderungen der Säugethiere aus der Region der Baumgrenze und den durch Wind ver- fchlagenen Infecten, wie felbftredend, abgefehen wird. C. Schutz gegen die Strahlung, Haare. Ein dicht filzig behaartes Laubblatt läßt den Wärmeftrahl nur fehr ge fchwächt hindurch, umgekehrt fchützt die Behaarung gegen die Erkältung durch Ausftrahlung. Eine große Anzahl unferer Waldbäume fchützt die - jugendlichen Blatt- und Zweigorgane, fo lange fie in der Knofpe verharren, durch dicht geftellte Haare, welche bei der Streckung auf eine größere Fläche gebracht werden und bei vielen fchließlich abfallen. Eine große Anzahl hoch- alpiner Pflanzen zeichnet fich durch dichte Behaarung aus, in erfter Linie die Compofiten. Gerade in den Hochalpen bewirkt die Strahlung den rafcheften Temperaturwechfel in den weiteften Grenzen. Man wird nicht zu hoch greifen, wenn man das Temperaturintervall, welches die beftrahlten Gletfcherpflanzen in hoher Lage innerhalb weniger Minuten erfahren können, auf 30—40° C. annimmt. D. Durchstrahlung und Diffusion der Wärmestrahlen. Die verhältnißmäßig große Undurchläfligkeit des Laubblattes für Wärmeftrahlen zwingt die baumartigen Pflanzen, die abforbirenden Flächen möglichft gleichmäßig über den gewonnenen Raum fo zu vertheilen, daß die Extreme der Befchattung vermieden werden. Viele Bäume, welche die nicht erreichen, fo als ganz in die Augen fpringende Beifpiele die großblättrigen Catalpen, Paulownia, Pavia, Aesculus, zeichnen fich durch ganz lockere Beaftung und Beblätterung aus, das mittlere Verhältniß er- reichen die gefelligen Laubbäume der gemäßigten Zone, die Nadelhölzer, durch die äußerfte Kleinheit und größte Zahl der Blätter (Nadeln) bei vortheilhaftefter Vertheilung. Bei der directen Beftrahlung der Thrtzloiule mittelft einer Lampe und eines Kugelreflectors erhielt ich den Ausfchlag der Nadel zu 85°. Die Einfchaltung eines Laubblattes von Viburnum Tinus ergiebt 42°, eine Glasplatte an Stelle des Blattes 65°, zwei Glasplatten » » » » 55% 0 drei » » Br » 44 - d’Anzasca und dem Lago Maggiore. Das Studienrevier von der Rhonemündung in den Lemanfee aufwärts bis zu den Eisregionen des Weißthors und hinab nach der Lombar- difchen Ebene giebt den beften Ueberblick über Vegetationsgrenzen nach dem Temperatur- minimum zu. Strahlende Wärme. 583 Es gehören fomit etwa 3 Glasfcheiben dazu, um denfelben Effect in der Abforption zu erzielen, wie in einem einzigen Laubblatte. E. Beschattung und Grösse des Laubblattes. Die Befchattung der Pflanze, insbefondere der Baumkrone in fich felbft, bewirkt, daß) die tieferen Blattgebilde in der Ausbildung beeinträch- tigt werden. Jedes tieferftehende Blatt fteht in gewiffem Sinne im Kampf % A B C D E F G Fıc. 472. Verhältniß der größten und kleinften Blattfläche. A Caftanea vesca. B Aesculus hippocaftanum. C Pavia lutea. D Fagus filvatica. E Alnus incana. F Alnus glutinofa. G Tilia europxa. H Acer platanoides. J Quercus pedunc. K Ulme. Z Betula alba. um Licht und Exiftenz mit dem höheren fchattenwerfenden. Die verfchie- denen Baumarten zeigen in diefer Hinficht eine verfchiedene Empfindlich- keit, welche wohl herausgefunden: werden kann, wenn man an zahlreichen Zweigen den mittleren Werth der größten und kleinften Blattfläche ver- gleicht. . Solche Meflungen find in der Figur 472 veranfchaulicht. Es ift die größte und die kleinfte Blattfläche dort verzeichnet: 584 IX. Einwirkung der Wärme. Zunächft (chwänken die Gewichte der Blätter in weiten Grenzen. Setzen wir in der nachfolgenden Tabelle das Gewicht der kleinften Fläche gleich eins, fo verhalten fich die Gewichte der größten Fläche wie: Pappel - 2. an RR, Birke 4... V ER R e Eiche ae an a a2 Kallanier.. ;. 22.2 ne Sy tace Büche ;;' „ae er Alnus virkdis! Sur: ol. 4,00; Linder. „oe Me er m S4IO, Alnus: glutin. .: . 5.» 2467, Spitzahorn .. 2: STAMETE Alnus-incans- & 2022 5,2680; Hambuche: 7.2; 2: zer 2 16,485 Roßkaltanie .. 1 „1. are, 052834 Pavik... .. 8.0700 0 BASKTERSERT Ulme': A ER Ulme und Roßkaftanie haben das Extinctionsvermögen von 2,166 für die Strahlen- gruppe BC, bezogen auf die Buche als Einheit (f. oben S. 499). Es wirkt hier alfo vor- zugsweife das Licht und wöhl erft in zweiter Linie die dunkle Wärme. $ 41. Temperatur als Bedingung des Lebens. Wenn einem Körper dunkle Wärme zugeführt wird, fo wird diefe in zwei Arten von Arbeit verwandt: 1° der Körper dehnt 'fich aus, d. h. die Anziehungskräfte zwifchen den kleinften Theilchen werden überwunden; äußere Arbeit; 2° die kleinften Theilchen werden in Bewegung gefetzt, es möge dieß eine fchwingende Molecularbewegung fein. Es giebt nun, wie aus der mechanifchen Theorie der Wärme bekannt ift (und wie aus den früheren Abhandlungen, f. oben S. 480, erhellt), keine Methode, die innere Arbeit durch Wärmeeinheiten auszudrücken; mit Aus- nahme derjenigen Wärmemengen, welche bei den Uebergängen eines und desfelben Körpers durch die drei Aggregate zum Vorfchein kommen (latente Wärme). Wählen wir als Beifpiel das Waffer als die Subftanz, welche in der Pflanze in allen drei Aggregatzuftänden vorkommt. | Führen wir die gegebene Waflermaffe durch die Temperaturen von o in der Richtung nach + 100° C., fo erreichen wir, daß) fie proportional der zugeführten Wärmemenge dünnflüffiger wird, daß ihre Theilchen fich gegenfeitig leichter verfchieben, fich gegenfeitig rafcher bewegen. Außer- dem aber vermag fie diefe Bewegung an das Inftrument zu übertragen, welches wir benutzen, um die Temperatur zu beftimmen: das Queckfilber Temperatur als Bedingung des Lebens. 585 des Thermometers nämlich geräth in einen ähnlichen Zuftand, wenn wir es in das erwärmte Waffer bringen wie diefes felbft. Die äußere Arbeit befteht in der Volumvergrößerung der gegebenen Waffermafle. Beide Zu- wachfe molecularer Bewegung ftellen fich die Phyfiker als genau proportio- nal der zugeführten Wärmemenge vor. Bei hundert Grad angekommen fteigt die Bewegung des Thermometers nicht mehr, trotzdem nun ftetig ee 0-0 100-1020 -— _—> +9 Fıc. 473. Schema der Function der Wärmezufuhr zu einer begrenzten Waffermafie. Von — ®» nach 0® des Celfius- thermometers foll der Waffermaffe aus einem fehr großen Wärmerefervoir pofitive Wärme zugeführt werden. Diefe Wärmezufuhr ift proportional dem in,der Maffe wahrnehmbaren 'Temperaturzuwachfe bis 0°. Von nun ab tritt für die gleiche Wärmezufuhr kein Temperaturzuwachs ein, was dadurch dargeftellt ift, daß der Ordinatenwerth plötzlich fteigt. Ebenfo verhält es fich bei 100°. noch Wärme zugeführt wird. Das Waffer bleibt aber auch nicht mehr flüffig, es geht in den Gaszuftand über. Die Theilchen ftoßen fich gegen- feitig ab, die zugeführte Wärmemenge verfchwindet für die thermometrifche Wahrnehmung. Sie wird nach derfelben Vorftellung wie oben verbraucht, um die Cohäfion der kleinften Theile aufzuheben (Wärme wird latent). Wärme verrichtet äußere Arbeit. Führen wir umgekehrt die Waflermaffe von 100° nach o° C. hin, fo ift felbftredend, daß dasfelbe Maß Wärme, welches auf dem Hinweg nach 100° C. zugeführt wurde, jetzt aus der Maffe herausgezogen werden kann. Je mehr dief gefchieht, um fo fchwerflüfliger wird die Maffe und defto weniger vermag fie die innere fchwingende Bewegung der Molecüle an die Queckfilbermaffe des Thermometers zu übertragen. A. Geringe Eigenwärme. Die Pflanze befitzt eine geringe Eigenwärme. Entfprechend der An- fammlung ftrahlender Wärme und der Umfetzung derfelben in die chemifche Spannkraft der verbrennlichen Affimilationsproducte ift ihre Verbrennung außerordentlich klein. Die bei uns einheimifchen Pflanzen vereifen voll- ftändig in ftrengen Wintern. Dief zeigt fich namentlich bei unferen Wald- bäumen. In dem Zeitintervall von 4 Wochen können beide Bewegungen, 586 IX. Einwirkung der Wärme. Vereifung und Translocation der Stärke, liegen. Ein Unterfchied von 20 bis. 30° C. im Innern der Bäume im Zeitraum weniger Tage der Frühlings- periode ift kein feltenes Vorkommniß. Die vegetativen Organe zeigen im ausgewachfenen Zuftand, wenn fie nicht beftrahlt find, meift die Temperatur der Umgebung oder eine etwas niederere. { Bei der Keimung, der Knofpenentwickelung und während der Blüthe- zeit fteigt die Verbrennung und dementfprechend die Temperatur an folchen Orten, wo fie zufammengehalten wird, wie in den Knofpen, den Blüthen- fcheiden der Colocafien, Caladien und in großen Blüthenhüllen. Im Uebrigen gilt für alle höheren Pflanzen: So unvollkommen in dem Apparat die Einrichtung ift für die Einftrahlung, eben fo vollkommen ift er für die Ausftrahlung. Alle Pflanzengewebe aber find fchlechte Wärmeleiter. | Die Temperatur in dem Kolben eines Arum maculatum beträgt: Zeit. T. En, T. Kolben. 3 Uhr Nachm. 15,6° 16,1 $*.:9 » 14,7° 17,9" S?la.» » 15,0° Re 8. Se >) » "15,00 21,0° 6°/a » » 14,9 21,8° » D) 14,3" 28° Bei Caladium ift der größte Unterfchied der Temperatur im Innern der Pflanze und der Luft etwa 6° C. Zu Meffungen über die Eigenwärme kann man die Vorrichtung Fig. 473 in Anwendung bringen. In 4 wurde in einen künftlichen Einfchnitt an einer rafchwüchfigen Daturapflanze eine Thermofäule eingefetzt, mit Gyps- ftuck befeftigt. Die Ausfchläge am Thermomultiplicator find fehr klein. B. Athmung'). Die Lebenserfcheinungen find abhängig von dem Vorgang der Ver- brennung. Das einzige Verbrennungsproduct, welches für die Analyfe zu- gänglich, ift die Kohlenfäure. Die Athmungsgröße wird in der Kohlen- fäuremenge bemeflen, welche in der Zeiteinheit von lebenden Pflanzen aus- gefchieden wird. Im Allgemeinen ift diefelbe bei ausgewachfenen Pflanzen- theilen.fchwächer, fie fteigt bei folchen, welche in Streckung befindlich find. Die Athmung wächft bis zu gewifler Grenze mit der Temperatur. !) Prof. Dr. Jos. Baum, Ueber die Refpiration von Landpflanzen. Abdr. aus dem Sitzungsber. d. k. Acad. d. Wiffenfch. 1873. — WOoLKOFF und An. MAYER, Beiträge zur Lehre über die Athmung der Pflanzen. Landw. Jahrb. III. — J. Baum, Refpiration der Wafferpflanzen. Abdr. a. d. Sitzungsber. d. k. Acad. d. Wiffenfch. Wien 1875. Temperatur als Bedingung des Lebens. 587 Sie ift wohl unabhängig von dem Lichte, dafern bei der Beleuchtung nicht ein Temperaturzuwachs eintritt und dafern nicht die Aflimilation in grünen 'Pflanzentheilen, welche den umgekehrten Procef, die Reduction der Kohlenfäure, her- . beiführt, eine Rolle fpielt. Der Sauerftoff- bedarf ift für die Blüthen am größten. In diefen find wieder die Gefchlechtsapparate diejenigen, welche am meiften Sauerftoff verbrauchen, fo wurden für dasfelbe Volum der Organe von Hibiscus fpeciofus verbraucht an Sauerftoff: Blüthe 11,0 ccm, Blätter 4 ccm, Gefchlechtsorgane 18 ccm. WOoLKoFF und MAYER bedienten fich zu einem eingehenderen Studium über die Athmung eines Apparates von diefer Be- fchaffenheit: ftatt der einfachen Abforptions- röhren wandten fie U-förmige Röhren an; der eine Schenkel derfelben ift erweitert und dient als Recipient für die Pflanzen- theile, welche in kleinen Glasgefäßen ein- geführt werden, der andere Schenkel ift getheilt und calibrirt. An ihm wird die Ab- forption der Kohlenfäure abgelefen. Diefe Röhren werden in einer Queckfilberwanne aufgeftellt, der Recipient wird unten luftdicht verfchloffen. In die calibrirte Röhre wird etwas Natron oder Kalilauge gegeben. Der Apparat wird in einem Waflerbad auf die gewünfchten Temperaturen gebracht!). Man kann fich auch der nachfolgend be- fchriebenen Vorrichtung bedienen: Der Theil des Apparates, welcher die analy- tifchen Arbeiten wefentlich erleichtert, befteht in fechs B. Fıc. 474. 4A. Eine Thermofäule, am Stamm einer Datürapflanze eingelaffen. B. Eine Nadel, welche aus einem Antimon- und Wismuth- ftreifen zufammengelöthet ift, in Richtung der Pfeile mit dem Multiplicator verbunden. !) TH. SaussuRE (Ann. des scienc. 1834. II. S. 270. Alteration de Pair u. {. f.) unter- fuchte die Veränderung des Gafes, in welchem Pflanzenfamen keimen. Schon SCHEELE _ hatte bei keimenden Erbfen gefunden, daß das Volum der Gafe nicht verändert wird durch die Abforption (Verbrennung) des Sauerftoffes. SaussurE kommt zu demfelben Refultat. Eırıs aber findet, daß das verfchwindende Volum Sauerftoff größer ift als das auftretende Volum Kohlenfäure. Keimungen in atmofphärifcher Luft weichen ab von Keimungen in Sauerftoff; in den letzteren ift die Abforption von Sauerftoff größer als die Ausfchei- 588 IX. Einwirkung der Wärme. Glashähnen, jeder Hahn mit dreifacher Durchbohrung. Durch einen diefer Hähne ift man in der Lage, in Verbindung zu bringen: ı° den Recipienten, welcher die Verfuchspflanzen enthält, mit dem Abforptions- rohr, in welchem die Ablefung gemacht wird; 2° das Abforptionsrohr mit der Röhrenleitung, welche nach einem luftverdünnten Raume führt. Diefer wird durch eine Queckfilberluftpumpe hergeftellt und erhalten; 3° erlaubt der Hahn, ein rechtwinkliges Abzugsrohr mit den Recipienten für die’ Verfuchspflanzen zu verbinden. x Die fechs Hähne ruhen in der Rinne eines Holzgeftelles, in welcher fie durch Queck- filber an dem unteren Ende von der Atmofphäre abgefperrt find. Die Hülfe von Glas, in welche die beiden rechtwinklig gebogenen Röhren in dem Buge des U-Rohres ein- münden, wo fie mit den Durchbohrungen des Hahnes in Verbindung gebracht werden können, erlaubt, daß man durch eine mit Queckfilberfublimatlöfung bedeckte Queckfilber- maffe auch den oberen Theil des Hahnes von der Atmofphäre abfchließt. Die Retipienten, welche die Verfuchspflanzen aufnehmen, find Glascylinder von 30o ccm Inhalt. Sie führen durch einen Kautfchukpfropfer nach zwei Röhren. Die eine ift das mit dem Hahn in Verbindung ftehende Abforptionsrohr, die andere rechtwinklig gebogene befitzt an feinem Ende ein Bunsen’fches Ventil, welches mit einem der Röhr- chen in der gemeinfchaftlichen Gasleitung verbunden werden kann. Diefe letztere führt nach einem gegen 50 | haltenden Gafometer. Mit diefer Batterie kann man fechs Gas- analyfen ausführen, während die Verfuchspflanzen in den Recipienten athmen. Durch die Analyfe der Gafe ift der Verfuch nicht unterbrochen. Eine Verfuchsreihe mag in dem folgenden Sinne verlaufen: Die Recipienten werden mit den fechs Verfuchspflanzen befchickt und durch den Kautfchukpfropfer gefchloffen. Die Bunsen’fchen Ventile werden mit der gemeinfchaftlichen Gasleitung in Verbindung gebracht, die Hähne werden fo geftellt, daß die Luft aus den Reci- pienten nach den rechtwinkligen Röhren ausftrömen kann. Der Glashahn wird geöffnet, nun ftrömt aus dem Gafometer das Gasgemifch fo lange durch das Syftem, bis alle at- mofphärifche Luft verdrängt ift. Jetzt werden die Bunsen’fchen Ventile gefchloffen und die fechs Glashähne fo geftellt, daß die Durchbohrungen mit keinem Theil des Apparates in Verbindung ftehen. Während der Dauer des Verfuches wird das Queckfilbertrommel- gebläfe in Bewegung gefetzt und ftellt einen von der Röhrenleitung durch einen Hahn ge- trennten luftverdünnten Raum her, welcher mit einem Manometer in Verbindung fteht. Es möge die Evacuation desfelben auf 500 oder 600 mm Queckfilberftand in dem Manometer vorgefchritten fein, fo ift das Volum der Flafche, in welchem das Vacuum hergeftellt ift, fo gewählt, daß, wenn die Luft aus den Abforptionsröhren in das Vacuum ftrömt, der Stand am Manometer nur wenig geändert wird. Soll nun zur Analyfe der Gafe gefchritten werden, welche von den Pflanzen in dem Recipienten in einem beftimmten Sinne verändert wurden, fo werden die Glashähne fo geftellt, daß die Abforptionsröhren mit den Röhren in Verbindung gerathen, welche nach dem Vacuum führen. If dieß für eine beliebige dung von Kohlenfäure. In den Verfuchen findet BoussinGAULT, daß in verfchiedenen Phafen der Keimung zum Theil das Volum des CO» über das des O (I. Phafe), oder umgekehrt (II. Phafe) überwiegt bei der Keimung in Luft. Keimende Bohnen, Roggen und andere in reinem Sauerftoff gaben die folgenden Refultate: Alle angewandten Samen abforbiren durch die Keimung Sauerftoff, fowohl in reinem Sauerftoff wie in der Luft. Diefe Abforption in der Luft kann nicht immer beobachtet werden, weil fie maskirt ift durch den Sauerftoff und die Kohlenfäure, welche durch die Verbrennung des Sauerftoffs erzeugt wird. Im Ganzen find die Schwankungen der Volume klein. Temperatur als Bedingung des Lebens. 589 oder für alle Röhren gefchehen, fo wird der Glashahn geöffnet, und die Abforptions- röhren füllen fich mit Queckfilber. Jetzt wird der Glashahn nach dem Vacuum zu ge- fchloffen, und die Hähne werden fo geftellt, daß die Recipienten mit dem queckfilber- gefüllten Abforptionsrohr in Verbindung ftehen. Es tritt etwas Gas aus den erfteren in die letzteren über, und die Glashähne werden wieder außer Verbindung mit allen Hohl- räumen gebracht. Das fo übergeführte Gasvolum kann nunmehr analyfırt werden, ohne daß der Verfuch in den Recipienten unterbrochen wird. Es muß bemerkt werden, daß das Volum der Recipienten. fo gewählt ift, daß eine für den Zweck der Analyfe genügende Menge Gas nach dem Abforptionsrohr übertreten kann. Als Beifpiele für die Athmungsgröße mögen diefe Angaben der Wor- KOFF- und Mayer’fchen Abhandlung entnommen fein: I. Die Keimpflanzen von vier Buchweizenkeimlingen im Gefammtgewicht von 0,12 g verbrauchten bei den Temperaturen von 19—20° C. in drei Tagen aus einem Volum Luft von nahezu 25 ccm 2,4 ccm Sauerftoff. II. Die Abhängigkeit von der Temperatur ergab fich bei einer Keim- pflanze von Tropzolum majus: in der Stunde bei 16,2° C. zu 0,53 ccm 33 » » 25,4° eu» 0,76 » » » » » 32,8° C 7002, II. Ein rafcher Temperaturwechfel beeinflußt die Keimpflanzen nicht wefentlich anders, als daß fehr bald die Athmungsgröße, welche der neuen Temperatur entfpricht, eingehalten wird. Bis in die Nähe von 35° C. fteigt diefelbe nahezu proportional der Temperatur. : IV. Die Athmung oder beffer gefagt die Kohlenfäurebildung rafch ge- tödteter Pflanzentheile ift wenigftens für kurze Zeit nach dem Tod ver- fchwindend klein gegenüber dem lebenden Zuftande. V: In Folge der Athmung wird die Luft im Holz der Bäume wefentlich kohlenfäurereicher. So enthält die aus lebenden Zweigen ausgepumpte Luft, nach Böhm, 30°/o Kohlenfäure, während der Sauerftoffgehalt geringer if. Auch Bönm macht darauf aufmerkfam, daß im Zeitraum von 6—7 Stunden in getödteten Zweigen nur unbedeutende Mengen Kohlenfäure gebildet werden. Auch in gefrorenen, vereiften Zweigen ift die Luft fauerftoffärmer und kohlenfäurereicher als die Atmofphäre. 590 IX. Einwirkung der Wärme. VI. An. Mayer!) weift nach, daß die Sauerftoffausfcheidung unabhängig von’ der Kohlenfäureaufnahme erfolgen kann, da der Pflanze noch die Reduction der organifchen Säuren zur Verfügung fteht, welche zum Theil in kryftallinifchen Salzen niedergefchlagen find. Umgekehrt wird von demfelben Forfcher und von B&Hm auf die innere Athmung aufmerkfam gemacht. Bei diefem Vorgang wird Kohlenfäure bei Abfchluß von Sauer- ftoff EUSSelHENR: 5 42. Phosphorescenz’). Die Beobachtungen über Ausftrahlung von Eigenlicht an anorganen Körpern bei den Schwefel- und Phosphorverbindungen des Calcium, Stron- tium, Barium haben ergeben, dafs die Phosphorefcenz von einer vorherigen Infolation abhängig if. An organifchen Körpern wurde das Leuchten beobachtet an faulen Fifchen, an gehacktem Schweinefleifch, faulem Holz, an den Rhizomorphen. Luftzutritt ift die wefentliche Bedingung einer hier vor fich gehenden Ver- brennung. Unter der Luftpumpe verfchwindet die Phosphorefcenz. 8 43. Keimung’). Bei der Keimung find zwei Aufgaben im Auge zu behalten: 1° der morphotifche Vorgang der Entwickelung, und diefer gehört in in die allgemeine Morphologie, und !) Sauerftoflabfcheidung bei Abwefenheit von Kohlenfäure. Heidelberg. Naturhift. Verein. 4. Aug. 1875. ?) Tu. Harrıg, Leuchten des weißfaulen Holzes. Bot. Ztg. 55. S. 148. 3) Jurıus Sachs, Phyfiologifche Unterfuchungen über die Abhängigkeit der Kei- mung von der Temperatur. PrınGsH. Jahrb. Bd. II. S. 338. — Linsser, Die periodifchen Erfcheinungen des Pflanzenlebens in ihrem Verhältniß zu den Wärmeerfcheinungen. Me- moires de Pacad. imper. des scienc. de St.-Petersbourg. VII. Ser. T. XI. No. 7. 1867, und zweiter Theil: 7. XIII. No. 8 et dernier. 1869. — KıEntrz, Vergleichende Keimverfuche mit Waldbaumfamen aus klimatifch verfchieden gelegenen Orten Mitteleuropas. Botanifche Unterfuchungen von Dr. N. J. C. Müter. II. ı. — Dr. Jos. Ba:um, Ueber das Keimen von Samen in reinem Sauerftoffgafe. Abdr. a. d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiffenfch. 1873. — Prof. Dr. Jur. WIESNER, Experimental-Unterfuchungen über die Keimung der Samen. Abdr. a. d. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiffenfch. 1871. Keimung. 591 2° die phyfikalifchen Bedingungen der Keimung. Zu diefen letzteren gehören die geeigneten Temperaturen der Um- gebung, Feuchtigkeit und fauerftoffhaltige Atmofphäre. Bei der großen Mehrzahl der Samen erfolgt die Keimung unmittelbar nach der Ausfaat und nachdem die äußeren Samenhüllen, das verhärtete Integument oder die - Fruchtfchale gequollen find. Die Behandlung mit verdünntem Chlorwaffer befchleunigt die erften Vorgänge der Keimung fehr beträchtlich. Die Früchte von Carpinus und Fraxinus keimen erft im zweiten Sommer nach der Aus- faat, ebenfo im Allgemeinen die Samen von Pinus Cembra unter den gewöhnlichen Bedingungen der Ausfaat im Freien. Diefelben können indeß durch Einbetten in feuchte Erde und häufiges Begiefßen mit warmem Wafler auch im nächften Sommer nach der Erndte zur Keimung gebracht werden. Von. Intereffe ift, daß die Keimlinge in reinem Sauerftoffgas unter dem gewöhnlichen Druck nicht fähig find, auf Unkoften ihrer Refervenährkörper zu wachfen. Wird die Sauerftoffatmofphäre aber durch die Luftpumpe oder mit Waflerftoffgas verdünnt, fo dafs nahezu derfelbe Partialdruck des Sauer- ftoffes herrfcht wie in der Atmofphäre, fo erfolgt die Keimung in normaler Weife. Die Ergebniffe der Forfchungen Lissser’s find kurz folgende: die Reihenfolge der Entwickelung (Belaubung, Blüthe etc.) ift für eine Reihe derfelben Pflanzenarten nicht an allen Orten diefelbe, weil die Agentien des Klimas verfchieden auf verfchiedene Arten einwirken. Es kann z. B. an einem Orte eine Pflanze früher blühen als eine andere, an einem anderen Orte können fich beide umgekehrt verhalten. Bei der Prüfung der feit- her über die Form des Zufammenhanges der Erfcheinungen der jährlichen Temperatur mit den Lebenserfcheinungen der Pflanzen aufgeftellten Hypo- thefen, verwirft Linsser nicht nur die Vorausfetzung, dafs zur Erreichung eines beftimmten Zuftandes in der Vegetation eine ganz beftimmte Tempe- ratur in der Jahreszeit erreicht fein müffe, fondern auch die Hypothefen, welche die aus den Factoren Temperatur und Zeit gebildeten «Temperatur- fummen» als Maßftab für die klimatifchen Anfprüche einer Pflanzenart an allen Orten annehmen. Linsser ftützt fich hiebei auf zuverläffige Zahlen- angaben, welche durch vieljährige phänologifche Beobachtungen an ver- fchiedenen Orten Europas gewonnen wurden. Aus der Vergleichung der- felben Zahlen findet er folgende Gefetze: «Die an zwei verfchiedenen Orten den gleichen Vegetationsphafen zugehörigen Summen von Temperaturen über 0° find den Summen aller pofitiven Temperaturen beider Orte proportional», d. h. «ein jedes Pflanzen- individuum befitzt die Fähigkeit, feinen Lebenskreis fo zu durchlaufen, wie es die Wärmefumme feines Heimathortes erfordert, und wie es feine voraus- gegangenen Generationen gewohnt geworden find, indem Individuen gleicher 592 IX. Einwirkung der Wärme. Art an verfchiedenen Orten zu gleichen Entwickelungsftufen gleiche Portio- nen der ihnen gewohnten Wärmefumme verwenden.» | Linsser fucht Anwendung feiner Ergebniffe für die Samenverfetzung und Akklimatifation der Pflanzen; er ftellt fich vor, beim Keimling fei die Gefchwindigkeit der Entwickelung gleich den einwirkenden Temperaturen, dividirt durch die gewohnten jährlichen Wärmefummen der Mutterpflanzen. Er ftützt fich auf die Erfahrungen, dafs im Norden erzeugte Pflanzen, nach Süden verfetzt, den hier erzeugten voreilen, während füdliche Pflanzen, nach Norden verfetzt, hinter den hier erzeugten zurückbleiben; ferner dal im Gebirge erzeugte Pflanzen, in die wärmere Ebene verfetzt, den hier erzeugten voreilen, in der Ebene erzeugte Pflanzen, in’s kältere Gebirge verfetzt, hinter den hier erzeugten zurückbleiben. Als Beweife hierfür dienen ihm vorzugsweife die Ergebniffe der Ausfaaten noch nicht akklima- tifirter Getreidearten aus verfchiedenen Gegenden. Die erblich gewordenen Verfchiedenheiten der Entwickelung betrachtet Linsser als eine allmälige Anpaflung, nicht als eine directe Beeinfluffung durch das Klima. In der zweiten Abhandlung vom Jahre 1869 veröffentlicht Linsser die Refultate einer eingehenden Bearbeitung des europäifchen Materials an Beobachtungen der Holzpflanzen in Bezug auf Wärme und Regenmenge. Von der Vorausfetzung ausgehend, dafs die Wärme die Hauptkraft, das Waffer das Hauptmaterial für das Pflanzenwachsthum fei, folgert er, daß das Verhältniß beider zu einander hauptfächlich die Eigenthümlichkeiten der Pflanzenentwickelung in verfchiedenen Klimaten beftimme. Lixsser be- müht fich, eine ganz beftimmte, durch eine einfache Formel auszudrückende Beziehung zwifchen Regen- und Wärmemenge zu finden, und ftellt in diefer Richtung das reiche Beobachtungsmaterial zufammen. Als ficheres Ergebniß ftellt fich heraus, daß in Gebieten mit regenarmen Sommern die Wärme- aliquoten für eine beftimmte Entwickelungsphafe kleiner find, als die ent- fprechenden in Gebieten mit regenreichen Sommern; d. h. «die Pflanzen beeilen fich in jenen, in letzteren hingegen leben fie gemächlicher». Es folgen nun Schlüffe aus diefem Ergebnif über Akklimatifation und natür- liche Verbreitungsbezirke der Pflanzenarten. Als Hauptregulatoren für das Leben jeder Pflanze gelten Linsser die individuelle Gewöhnung und das Princip der Sparfamkeit. Als unmittelbar an die Refultate der Linsser’fchen Beobachtungen und Be- rechnungen anfchliefjend können die Ergebniffe der vergleichenden Keimver- fuche mit Waldbaumfamen von M. Kınırz betrachtet werden. Experimentell wird hier die Richtigkeit eines Theiles der Folgerungen Lixsser’s bewiefen. Samen der Picea excelfa, Pinus filveftris, Abies pectinata, Fagus filvatica, Acer pfeudoplatanus, aus verfchiedenen Lagen vieler Orte Mitteleuropas Keimung. 593 ftammend, wurden auf Keimplatten unter gleichen Bedingungen ausgefät und je eine Reihe einem Wärmegrad in der Nähe des Minimums der Keim- ‘temperatur (bei den angewandten Arten zwifchen 5 und 11° C.), eine zweite derfelben Samennummern einem folchen in der Nähe des Optimum bis Maximum (d.h. einer Temperatur von durchfchnittlich 19° C.) ausge- fetzt. — Innerhalb der Arten zeigten ‘die Samen aus kälteren Gegenden ein geringeres Wärmebedürfniß als die aus wärmeren Lagen. Erftere ver- mochten bei niedrigerer Temperatur zu keimen als letztere, diefe dagegen eine höhere Temperatur zu ertragen, refp. mit Vortheil zu verwenden als jene. Selbft Samen, auf Südfeiten der Gebirge gereift, hatten ein höheres Wärmebedürfniß als folche von Nordfeiten unter fonft ähnlichen Bedingungen. Um die Vergleichung der Samen aus verfchiedenen Gegenden zu ermög- lichen, wurde das verticale Verbreitungsgebiet der Holzarten in Mitteleuropa in überall gleichbreite Schichten getheilt, die, untereinanderliegend gedacht, ‚die obere Verbreitungsgrenze der Holzarten als Grundlage haben. Alle Samennummern aus einer jeden Schicht wurden zufammengefafst und die Durchfchnittswerthe der Keimrefultate aus den verfchiedenen Schichten ein- ander gegenübergeftellt. Die Vorausfetzung, : dafß die den Bäumen gebo- tenen klimatifchen Bedingungen in jeder diefer Schichten innerhalb Mittel- europa’s annähernd gleiche fein würden, fand durch den Erfolg der Verfuche ihre Beftätigung, doch muß die Methode, in den Erzeugniffen einfach das Gefammtproduct der klimatifchen Einflüffe als verkörpert zu betrachten, mit großser Vorficht und Sachkenntnifß angewandt werden, wenn fie einen befferen Anhalt gewähren foll als die Beobachtung der einzelnen Factoren, welche ftets mangelhaft bleiben wird, da es kaum möglich ift, ihren ab- foluten fowohl als ihren relativen Werth zu beftimmen. Die Vergleichung der Samen verfchiedener Arten mit einander er- gab, daß nicht die Wärmefumme, welche die Mutterpflanze genießt, in hervorragender Weife die Anfprüche des Keimlings bedingt, fondern daf diefe letzteren fich vorzugsweife der Temperatur angepaßt haben, welche in den vergangenen Generationen der Samen bei der Ausfaat geboten wurden. Die Samen der Tanne und Buche, d. h. der Arten mit höheren Anfprüchen an die Wärme keimen bei geringerer Temperatur als die der härteren Fichte und Kiefer. Die erfteren werden vor dem Winter aus- geftreut und keimen, fobald der Boden froftfrei ift, die letzteren fliegen erft im Frühling auf den fchon erwärmten Boden. N. J. C. Mürter, Handbuch I. ı. 38 594 IX. Einwirkung der Wärme. 5 44, Protoplasmabewegung abhängig von der Temperatur. Die Protoplasmaftrömung in den Stammzellen der Charen, in den Tradescantiahaaren eignet fich zu Meflungen über die Gefchwindigkeit der in as Stamm fortbewegten feften Theilchen. Man bedient fich zu diefen Beobachtungen der heiz- in baren Objecttifche'). Nach den. dießbezüglichen Unter- fuchungen NÄceLrfs nimmt die Stromgefchwindigkeit mit der Temperatur nach dem in der Figur 475 verzeich- “ neten Gefetze zu. Trägt man nämlich die Temperatur in die Abfciffenaxe, die zugehörigen Zeiten in die Ordinaten, fo erhält man-eine Curve, welche nach der Abfciffenaxe $ convex ift. Die Befchleunigung der Strömung nimmt mit der Temperatur ftetig zu, bis in der Nähe von 30° C., a plötzlich Stillftand eintritt. u Bezüglich des N weiteren Verlaufs der Curve von dem Punkt 6,4 5,4 Three u ab, wo die Gefchwin- 2 . 3% . rn re ‚ digkeit ihr Maximum erreicht, waren die 0.25 5 Fıc. 475. Die Zeit, welche von einem Plasmakörnchen gebraucht wird, um die “ = £ conftante Weglänge von !/ıo mm zurückzulegen, als Function der Temperatur dar- Forfcher über diefen geftellt. Die Abfeiffe ift in Intervalle von 50 C. getheilt, die zugehörigen Ordinaten- Gegenftand verfchie- werthe find Secunden. dener Anficht. Ei- nigen (Sachs z. B.) erfchien es wahrfcheinlich, daß die Gefchwindigkeit mit wachfender Temperatur wieder abnehme. Hienach würde unfere Curve ein Maximum befitzen, welches dem Temperaturoptimum entfpricht in der- jenigen Curve, welche die Wachsthumsintenfität der Keimpflanzen als Func- tion der Temperatur bei conftantem Zeitintervall darftellt. Nach der Näcerrfchen Anfchauung der Sache hingegen follte die Gefchwindigkeit mit der Temperatur ftetig wachfen, bis zu dem Tempe- raturgrad, bei welchem .alfo die Bewegung im Maximum der Gefchwindig- keit plötzlich aufhört. Es fchien mir von Intereffe, zu entfcheiden, ob die eine oder die andere Anficht richtig fei. Ich bediente mich einer objectiven Bilddarftellung, eine Methode, welche mir die größte Genauigkeit in der Meflung der relativen Strom- ı) Dr. ©. W. Tnom£, Vorrichtung, um die Einwirkung der Wärme auf mikro- fkopifche Objecte leicht beobachten zu können. 107. — Prof. Max SCHULTZE, Ein heiz- barer Objecttifch. 172. Bot. Ztg. 65. Wachsthumsintenfität von der Temperatur abhängig. 595 gefchwindigkeit erlaubte und welche gleichzeitig die Temperaturbeftimmung unnöthig machte. In dem Dunkelzimmer des phyfiologifchen Laboratoriums ftellte ich ein Sonnenmikrofkop mit Harrnack’fchen Syftemen auf und entwarf das Stromfyftem einer Ecbaliumzelle als objectives Bild bei etwa Soofacher Vergrößerung. Die Bahnlänge eines Plasmatheilchens konnte fehr leicht durch eine Zeichnung feftgehalten wetden. Die Bewegung ver- lief immer fo, daß fie ftetig befchleunigt ward, bis plötzlich alle Strömung aufhörte. Dieß traf ftets in dem Zeitpunkt ein, wo die Gefchwindigkeit die gröftte war. | $ 45. Wachsthumsintensität von der Temperatur abhängig'). Nach zwei Richtungen würde in der neueren Zeit die Abhängigkeit der Entwickelung von der Temperatur unterfucht. BoussinsGauLT fucht für den ganzen Cyklus der Lebenserfcheinungen an einer gegebenen Pflanze eine Temperaturconftante, indem er die mittleren Tagestemperaturen addirt für alle Tage, welche der vegetative Procef in Anfpruch nimmt. Die Summe diefer Temperaturen oder, was dasfelbe ift, das Product aus der mittleren Tagestemperatur in die Anzahl der Tage, ift die Wärmeconftante der betreffenden Pflanzenart. Der zweite Weg wurde zuerft von Sachs eingefchlagen. Hier wird der Zuwachs eines gegebenen Organes, insbefondere der Keimtheile, als Function der Temperatur beftimmt. Sachs ftellt fich vor, daß für jeden vegetativen Procef drei wefentliche Temperaturgrade zu beachten find: eine niederfte Temperatur, bei welcher foeben der in Frage kommende Proceß ftillfteht, oder doch fo langfam verläuft, daß er fich der Meflung entzieht, dieß ift das Minimum der Temperatur für den in Frage kom- menden Proceß; bei fteigender Temperatur muß ein zweiter Temperatur- grad erreicht werden, bei welchem der Proceß fiftirt wird, weil die Wärme- bewegung jetzt zu groß ift, dieß ift das Maximum der Temperatur; zwifchen diefen beiden muß ein Temperaturgrad liegen, wo der Proceß ‚am rafcheften verläuft: das Optimum der Temperatur. So liegt z. B. für die Streckung der Keimwurzeln bei dem Mais das Minimum bei 13,7°, das «Optimum bei 27° und das Maximum in der Nähe von 34°. Für Phafeolus, 1) H. HOFFMANN, Unterfuchungen zur Klima- und Bodenkunde mit Rückficht auf die Vegetation. Bot. Ztg. 65. S. 1—124. — Huco DE VRIES, Materiaux pour la connaissance de Pinfluence de la temperature sur les plantes. 1870. — WLADIMIR K@@pPEn, Wärme und Pflanzenwachsthum. Moskau 1870. Kaiferl. Univerfitäts-Buchdruckerei. — HUGO DE VRIES, Sur la mort des cellules vegetales par Teffet d’une temperature elevee. 1871. 38". 596 IX. Einwirkung der Wärme. die Bohne, liegt das Optimum bei 21°. Das Maximum liegt bei den unter- fuchten Getreidefrüchten bei 22,8° R. ns ze es 22 23 24 2 26 27] 28 20 = SE ASS; — Be no er I, 3 Fıc. 476. Zufammenftellung der Zuwachfe an dem Keimling als Function der Temperatur bei conftantem Zeit-. intervall. Die in den Curven liegenden Ordinaten find die Längen der Zuwachfe bei den in-der Abfciffenaxe an- gegebenen Temperaturen (Celfius), unter der Axe E E für die Wurzel, über derfelben für den Stamm. Die grob ausgezogene Curve gilt für die Gerfte, die fein ausgezogene für den Mais, die punktirte für die Erbfe. Die Fig. 476 veranfchaulicht die Methode der Beobachtungen und deren Zufammenftellung. Die Abfciffenaxe bedeutet die Temperatur der Orte, wo die Ausfaat der unterfuchten Pflanzen erfolgte. Die Ordinaten über der Abfciffenaxe bedeuten die nach 48 Stunden erreichten Längen der Stämme, während die Ordinaten unter der Axe die Längen der Wurzeln darftellen. Der Uebergang in der Zuwachsfunction, Fig. 476, zwifchen dem * Minimum und dem Maximum wird im Allgemeinen eine ftetige Function fein, deren abfolutes Maximum im Optimum liegt. Beftimmung der Wärmemenge. 597 s 46. Bestimmung der Wärmemenge'). Die oben angegebene Methode BoussinGAuLT’s?) beruht auf der Voraus- fetzung, daß innerhalb engerer Grenzen eine höhere Temperatur den in Frage kommenden Vegetationsproceß befchleunige, während die niedere Temperatur ihn verzögert. !) A. DE CANDOLLE, Sur la methode des sommes de temperature appliquee aux pheno- menes de la vegetation. Derf. «Des efets differents d’une meme temperature sur une meme espece au nord et au midi. Compt. rend. de Pacad. des sciences. Geneve. Juin 1875. ?) In Bezug auf die Cerealien hat BoussinGAULT eine Reihe von Beifpielen ge- geben, fo bei dem Sommerweizen: Zahl Mittlere FRE Eidee Wärme- der Tage. Temp. 5 ; ; fumme. FE 7 | 131 15,8 = — 2069 Kingfton (New- York) 41, 1,50 I 106 20 — — 2120 Cincinnati (Ohio) zo;ben: Br. 137 15,7 Ende Febr. | Mitte Juni — Cinijaca (Bogota) 4,5° n.Br. 7000 F.ü.M. . 147 14,7 Februar Ende Juli 2160 Quinchuqui (Quito)o®n. Br. 181 14 Anfang Febr. « « u Venezuela 10,13° n. Br. | 92 24 — _ 2208 rsıllo 9° 2.-Br. en, 100 22,3 = —_ — Die Wärmeanfprüche der Getreide gehen für lange Zeit in die fpäteren Ausfaat- generationen über. Die Landwirthe wechfeln mit dem Saatkorn zum Theil,'um auf ge- ringerem Boden mit ausländifchen härteren Racen größere Refultate zu erzielen wie mit dem heimifchen Saatkorn. Nach BoussinGAuLT braucht der Mais von der Ausfaat bis zur Erndte in Bechelbronn I. Juni bis ı. Oktober 122 2ose ua Te ee Elfaß Ende April « Ende Sept. 153 P- x ee 1. Mai « 10. Sept. 135 « « 2.00 Kingfton Ende Mai « September 122 « « a 7220C, Der Mais braucht aber an den Ufern des Magdalenenfluffes auf urbar gemachtem Boden unter 10° n. Br. nur 92 Tage bei 27° mittlerer Temperatur und an der oberen Grenze in den Anden (Bogota 4 !/2° n. Br., 7000 F. ü.M.) 183 Tage bei 15°C. mittlerer Temperatur. Nach ScHÜBLER (Pflanzenwelt»Norwegens) fchwankt die Anzahl der Tage für die wichtigften Getreide in Skibotten (69,28° n. Br., 38° 0. L.) in Norwegen zwifchen 20. Mai und 3. Juni als den Tagen der Keimung, und 9. Mai und 28. Mai als den Tagen der Ausfaat. Die Erndte fällt zwifchen ı2. Auguft und ı2. September. Die Zahl der Tage für die Entwickelung fchwankt zwifchen 79 und 124. Die Vegetationszeiten waren im Durchfchnitt: 598 IX. Einwirkung der Wärme. Als Minimum der jährlichen Baumvegetation werden drei Monate der möglichen Vegetationsdauer und eine mittlere Temperatur von 8° C. gefordert. Die Nadelhölzer find gegenüber den Laubhölzern im Vortheil, da die Blattentfaltung bei ihnen eine weniger gefährliche Krife in dem ganzen Leben darftellt wie bei den Laubhölzern. Die Abietineen beherrfchen in Wirklichkeit aus diefem Grunde den nordifchen und hochalpinen Wald- gürtel faft ausfchließlich bis zur äußerft möglichen Grenze des Baumwuchfes. vierzeilige Gefte . . . . 98 Tage. nackte « EBEN Mandfchurei « ER St ER Sommerroggen RB Sommerweizen Yu: FE BER. Der Victoriaweizen von Eldena Mebreäsikee in drei Jahren zwifchen ı17, 99 und 77 Tagen; ebenfo der Toskanaweizen zwifchen 99 und 103 Tagen. Die Gerfte macht die geringeren Anfprüche, fie reicht höher in’s Gebirg und weiter nach Norden; fie braucht, in: Bechelbronn,. Elfaß ... . . . =.» +... 92 -Tage, "Temp, Ma: am Nil, Ne, : N DE ur Tag, Sta Fe di Bogota, vaio E34, M. EDER «nl: Die Jerufalemgerfte braucht in Korkegen 85—88 Tage. Einen ganz durchfchlagenden Beweis für die Anpafflung der Varietäten an die klima- tifchen Verhältniffe bieten die Maiskulturen SCHÜBLERr’s in Chriftiania. Die Zahl der Tage fchwankt dort zwifchen 9o und 145. Wir geben hier eine Ueberficht über die wichtigeren Daten. Die Ausfaaten gefchahen fämmtlich am 22. Mai. Die Zahl der Tage find diefe:- Herkunft. Due Tage. Gelber Hühnermais . . Chriftiania 90 Ungarifcher Mais . . . Breslau 102 Großer gelber Mais . . Kärnthen 108 und 112 Turgano Sa Lucca 114 Adamskom: 5.4 5 Stuttgart 132 Se Dr Philadelphia 145 Der Erndtekolben war in Chriftiania häufig größer wie der Ausfaatkolben. DE CAnDoLLe, Geographie botanique raison. Paris. Echenelle. 1854. Der Gang der Temperatur während eines Tages kann mit großer Genauigkeit durch diefe Formel nach M. RırtEr gefunden werden: t=a+bsin (5 h+o)+ esin(goh+B)+dsin (s’'h+y); hierin bedeutet # die Temperatur, b die Stunden von Mittag an ‘gerechnet, und zwar vor Mitternacht negativ, nach Mitternacht pofitiv bis Mittag. a, b, c,d; «, ß, y find die aus den Beobachtungen fließenden Conftanten, a ift die mittlere Temperatur des Tages. Der zweite Ausdruck ift periodifch einmal fubtractiv, einmal additiv während des Tages. Er ftellt ein Maximum und ein Minimum dar und wird in zwei Zeitpunkten Null. Der dritte Ausdruck, ift ebenfo periodifch, wird aber viermal in einem Tage Null, hat zwei Beftimmung der Wärmemenge. 599 Ein Vergleich der Wärmefummen hat nur Bedeutung bei Bäumen, die nahezu gleiche Breiten, beziehentlich Höhenlagen, bewohnen; fo braucht die Fichte bis zur Blattentfaltung die Summen 316, 404, 288, 336, 388 vom ı. Januar gerechnet; die Birke 381° C. in Brüffel, 235° C. in Riga, 288° C. in Chri- ftiania. Die Lärche, welche den Vortheil ihrer Verwandten nicht beibehalten hat, braucht bis zur Blattentfaltung dagegen 1672° C. Die Kiefer mit dem weiteften Wohnfitz erträgt innerhalb desfelben ein Temperaturintervall von —40° C. im Winter an ihrer Nordgrenze und 26° Juliwärme an ihrer Maxima und zwei Minima. Er ift eine Correction des vorhergehenden Ausdrucks, welche nöthig ift, weil die Maxima und Minima nicht: durch ı2ftündige Intervalle gefchieden zu fein brauchen. Der vierte Ausdruck wird fechsmal Null, hat drei Maxima und drei Minima, die übrigen Correctionen können vernachläfigt werden, da die Fehler jetzt fchon inner- halb 0,1 bis 0,2° C. liegen. ı° Wenn während des Tages. die Temperatur fich über den Temperaturgrad ftetig erhoben hat, welcher für die Vegetation nützlich ift, fo giebt die mittlere Temperatur ge- nau das gewünfchte Refultat, da die Temperaturen über diefe mittleren durch diejenigen darunter compenfirt werden; 2° wenn während des Tages die Temperatur fich ftetig unter der nützlichen er- niedrigt hat, fo ift klar, daß man aus dem Product der obigen Formel Null erhält; 3° hat fich die Temperatur nur während einer gewiffen Zeit des Tages über den nützlichen Temperaturgrad erhoben, fo kann das erwünfchte Refultat nur durch»eine lang- wierige Rechnung, als Product aus der Dauer in die Temperatur, gefunden werden. . Der Zufammenhang zwifchen Zeit und Temperatur bei BoussINGAULT, Compt. rend. 1837. pr. sem. 179 und Econ. rur. Bd. 1I. S. 659. 1844, und bei M. Lucas für die Getreide- arten. Bot. Ztg. 1849. S. 300. Nach der Auffafflung DE CanDoLLe’s liegen in der BoussinGauLr’fchen Rechnung - die Urfachen mehrerer Irrthümer, ganz unabhängig von der Methode, welche im Ganzen und Großen die Unterfchiede in den Zahlen erklären, wie fie den einzelnen Arten zu- kommen: 1° die Wahl des Zeitintervalles mit Berückfichtigung der einzelnen Proceffe der Reife, des Wachfens u. f. w. Im Allgemeinen können die Irrthümer in der Wahl der Zeit bis zu drei und vier Tagen gehen. Diefl ergiebt im Maximum Fehler von etwa 100% _ für die Wärmefumme; 2° die für die Vegetation zu niedrigen Temperaturen an einem Beobachtungsorte unter Null können an einem anderen über Null fein (nach unferer Auffaffung liegt hier das Wefen der Unanwendbarkeit); 3° es wird auf die chemifche und calorifche Wirkung der Strahlung, welche in verfchiedenen Ländern verfchieden ift, keine Rückficht genommen. Auch die langen Tage im Norden und die Höhen, fowie die Durchläfiigkeit der Atmofphäre find ganz vernach- läfligt u. f. w.; 4° die Spielarten der Getreide können außerordentlich differiren. Es ift nicht ge- wiß, daß man in einem gegebenen Land immer die «mittlere Race» (variet€ moyenne) cultivirt (die Energie der Race); 5° der Modus der Cultur, Tiefe der Saatlage unter dem Boden, Quantität des Düngers, künftliche Bewäfferung, die Localität ändern die Refultate unabhängig von der Wärme. 600 IX. Einwirkung der Wärme. Südgrenze. Nun ift leicht einzufehen, daß diefelbe Baumart fowohl in der Form wie in ihren Anfprüchen an die Temperatur, an die bewohnte Gegend fich anpaßt. Es müffen fich daher innerhalb des Wohnbezirkes, wenn diefer in Nord und Süd, Oft und Weft fehr verfchiedene klimatifche Verhältniffe bietet, auch verfchiedene Racen einer Art ausbilden. An und für fich if Von all’ diefen ift die bedeutendfte, um welche es fich am meiften handelt, die Nichtberückfichtigung der directen Sonnenftrahlung. In Upfala und den nordifchen Ländern überhaupt erfcheinen die Temperaturfummen fehr niedrig, weil die außerordentlichen Sommertaglängen einen wichtigen Einfluß befitzen. Zieht man die Sonne und die zu niedrige Temperatur in Betracht, fo werden die Ziffern fchon viel ähnlicher. So beginnt nach Herrn Gasparın der Roggen merklich zu wachfen, wenn die mittlere Temperatur + 6 erreicht: a Re BER a en die Erndten finden | = er a ftatt durchfchnittl. Bu Die Temperaturfummen, welche aus diefen Angaben berechnet werden, find in Orange 1601, Paris 1944, Upfala 1546; doch in Orange ift die Sonne heißer wegen der Breite, in Paris ift der Himmel bewölkter, in Upfala find die Tageslängen des Sommers außerordentlich viel größer u. f. £. Nach den Phyfikern BABINET u. QUETELET foll eine andere Methode angewendet werden, welche, wie fie felbft fagen, auf einer Hypothefe beruht. Sie'vergleichen die Wir- kung der Temperatur mit der Wirkung derjenigen Kräfte, welche, wie die Schwere, pro- portional der Intenfität der Urfache und direct proportional dem Quadrat der Zeit wirken. — Kennt man j die Anzahl der Vegetationstage, ! die Anzahl der Temperaturgrade und berechnet i die Temperatur im Zeitpunkt des Beginnes, fo fetzen fie voraus, daß die Wir- kung nach der Formel erfolgen foll ja- Dr. | In diefen Formeln ift —i die Temperatur, welche BABINET die nützliche genannt hat. Letzterer bemerkt, daß man den Werth von i mit Hilfe der Formel berechnen kann, in- dem man für eine gegebene Pflanze aufeinanderfolgende Entwicklungen beobachtet, zuerft während einer Zeit j und einer T’emperatur i, fodann während der Zeit j1 und der Tem- Se peratur {!. Man hätte nach der erfteren Methode i = en und nach dem Syftem des ıY : 4.241971 Herrn QUETELET i = Vi avn. nach dem Syftem des Herrn BABINET i = 2 J ie. j Var a: Herr BABnET hat von feiner Hypothefe keine Anwendung gemacht, und Herr QUETELET glaubt, daß fie nicht richtig fein kann. In der That fagt er, es wären die Wirkungen für 2 Tage mit 100C. = 4.10 = %0 «:ı Tg « 20°C. =.1.20= 20 «4 Tage u. zeT = 16,5 DE CAnNDOLLE a. a. ©. erwähnt noch Beobachtungen, welche nöthig wären, um direct die Temperaturfummen über jedem Grade zu erhalten (S. 58). Geogr. Vertheilung der nützlichen Temperaturfumme (S. 60). * _ Befimmung der Wärmemenge. 601 daher ebenfo wie bei den einjährigen Cerealien zu erwarten, daß Temperatur- conftanten für alle Abkömmlinge einer Species nicht exiftiren. A. Das Aussaat-Erndteintervall fchwankt je nach der Herkunft in weiteften Grenzen. DE CAnpoLLE!) machte hierüber einige genauere Aufnahmen mit einjährigen Pflanzen von allgemeiner Verbreitung. Am 22. Mai 1869 fäte DE CANDOLLE in Genf Senecio aus. men ftammten von Edinburg, Moskau, Montpellier, Die Sa- Palermo; am 27. Mai waren alle aufgegangen, die Blüthe aber fiel refp. am 3. Juli, 8. Juli, 8. Juli, 14. Juli. Früchte gab es am 4. Auguft in Edinburg und Moskau reichlich, in Montpellier und Palermo wenige. Die in Genf geerndteten Samen wurden . gleichzeitig am ı. Oktober 1869 ausgefät in Florenz: Moskau . Edinburg Montpellier Palermo Aufgehen. Blüthe. 5. Oktober. 8. Februar. 20. « 20. « 30. « 14. « 22. « 2. März. “Es eilen fomit die nördlicheren härteren Racen ganz merklich gegen- über den füdlichen voraus. B. Belaubung und Blattfall. Auch bei diefen Beobachtungen treten große Schwierigkeiten ent- gegen wegen des Standortes, des Alters der Bäume, deren Befchattung und anderes mehr. Dauer der Blätter in Blattentfaltung. Blatrfall. Tagen. Juglans regia . 179 * 19. April 15.—29. October - Acer platanoides . 181 21.506; 19. « » _campeftre 182 PITBEL. 24. « Populus tremula . : 184 3. Mai 3. November Fraxinus excelfior, Quercus cerris . u 188 23.—25. April 24.—30. October Quercus pubefcens 190 DAR FERU 31. « Fraxinus Ornus 196 28. « 10. November Pirus communis 197 13. « 27. « !) DE CANDOLLE, Arch. des scienc. phys. et nat. Geneve. Juin 1872. 602 IX, Einwirkung der Wärme. Dauer der Blätter in Blattentfaltung. Blattfall. Tagen. Ulmus- Ruß. u. 200 | 15. April ı. November Corylkas xt 56.) SE a 202 9:45 25. » Tıha parwilolla 32-4239 202 27.8 9. » ».- "grandifolia . nr2.00 5 204 13:22.8 2 » Robıma 23 Er ea 205 23.08 14. » Betula alba es ne, 206 RR 30. » Aesculus hippocaftanım . .. 206 17.59 3. » Prunus Ipinofa ..) wu az 206 20,6,» 12. » Fagus Alvyatıca sr en 206 ENGER) 13. » Carpinus betulus . . ... . 211 9.» 6. » Ulmus campeftris. . . . . 225 7 ER 25. » Alnus glutinofa . . . . . 228 EEE 23. » Lariz 'ZUropa Er N 247 28. März 1. December. Unter den immergrünen Nadelhölzern’ift die Zirbelkiefer der Hoch- alpen die frühefte, 4. Mai, fodann kommt die gemeine nordifche Kiefer, 14. Mai, die Wear 21. Mai, und zuletzt die Bergkiefer (Mughus), 23. Mai. C. Blüthe und Frucht. Die größere Schwierigkeit ift hier die Feftftellung des Zeitpunktes der Fruchtreife, da hiefür fefte Kriterien im Allgemeinen nicht vorhanden find, namentlich dann nicht, wenn es fich um fehr große Früchte der Pomaceen, Amygdaleen u. v. a. handelt. Die hier folgenden Angaben aus dem reichen Material, welches Po- KORNY für Wien gefammelt hat, haben eher ein Intereffe für Syftematik und Pflanzengeographie. Wärmefumme. Erfte Blüthe. Daphne Mezereunf 373°. 22% ,..% 3651: Fr -Tı 25. Januar + 10 Corylus-avellaha . 3%... Ws. 2 73,97:8.2.6,5 ı.Mäz .» 7 Alnus giutisgls 27 4292,05 97,6 » 5,2 18... ».6 Populus tremiula). E53 a a 137,5 ».69 26. » RR Salix. daphngidesy 7:58 ru For ar 141,0» 9 31,8 » 1 Daphne laureöla 4 ir ee 1503 » 07 28.» >» — Ulmus eu 162,5» 6,5 31.» n..8 » campelktis u Sn 163,8 » 9,3 30.» Be! Popuhis alba 2:2. SR 1790.» 97 4. April » 3 Taxus ‚baccata 347 Er 194,6 » 47 28. März » 4 Beftimmung der Wärmemenge. 603 Wärmefumme. | Erfte Blüthe. Es er 215,5 + 16 14. April + 3 Bopakis dilatata °. . . 2.0.0.2, 220,3”. -7,2 9.» wg EP 229,0 » 7,3 1 RE ee TE ee er RS 236,5 » 10,6 Y2: ‘2% ER Barpınns beiulus... . 22.0.4... & 279,3 » 11,3 20.7.9 v4 N. 353,2 » 18,7 28. » » 4 Juniperus communis . . . ..... 372,8 » 27 30.» ».4 a 380,6 » 40 3. Mai Fr vulgaris 20.20 70 381,0 » 14,3 3228 2,04 Hippopha& rhamnoides. . . . . . 383,0». 94 I0. » | Quercus pedunculata . . . .... 420,6 » 19,2 6. » Rice Ba: Alpina 30: en 432,0 » 14,9 8.» ee | ls BR 475,6 » 15,2 12...» we Baus filvellris: 3. 5 517,5 M.Q,3 17. » » ı ni kaflaig, 2 een, 565,6 » 13,4 20. » Dr Be FRBEO Eee 630,8 » 16,0 24. » 0.52 Eleagnus anguftifol.. . ... . . . 814,6 » 15,5 7. Jni » 2 Bei der Betrachtung der Wärmefummen für die Fruchtreife treten noch größere Schwierigkeiten entgegen. Selbftredend haben diefe Rech- nungen für folche mit zweijähriger Dauer der Reife, fo namentlich für die Kiefern und Cedrus, keine Bedeutung. Zahl der "Tage Wärmefunme. re 4 Fruchtreife. Frucht. Populus tremula. . . . 418,7 + 27,6 43 8. Mai Ar Salix purpurea . . . . 525,1» 16,3 35 | 19. » » 6 Ulmus campeftris - . . 540,3 » 20,4 | 49 18. » ».2 ar. 1 Re 5747 » 238 | 5o 20. » »3 Populus nigra. . . . . 683,6 » 24,8 | 48 30. » » 3 » aatata. . ; ..n. 703,7 ».178 | 52 31. » 6:2 Daphne Mezereum . . . 804,2 » 18,16 134 8. Juni » 2 » almat a, IOII,4 » 15,9 25 215% ».2 Fagus filvatica . . » .. 1617,5 » 58,5 97 2. Auguft » ı Carpinus betulus. . . . 1836,6 » 18,7 153 20. September » © axns: baccata: >.) ©. 4% 1873,1 » 55,3 143 18. Auguft 2.5 Juniperus communis . 2025,2 » 87,4 119 26. » » 1 Quercus pedunculata . . 2236,2 » 27,8 131 14. September » 5 Eleagnus anguftifol. . . 2267,33 » 474 :! 98 12. » »3 » eins .2..00.0: 2335,2 » 57,8 | #132 a7: » » 8 Alnus glutinofa . . . . 2404,2 » 29,0 | 196 +23. » 25 604 IX. Einwirkung der Wärme. Eine Vergleichung fehr naheftehender Arten einer Gattung führt fchon zu außerordentlichen Unterfchieden in der Temperatur, welche beanfprucht wird.. So entfaltete fich die erfte Blüthe der Loniceren: bei L. Caprifolium am 1. Juni, die Wärmefumme 701; « « Periclymenum « ıı. « « « 863; « « tatarica « .6.Mai, « « 414; EREFE SE Xylofteum « Fe « « 421. Die beiden erften find großblätterig und großblüchig, beanfpruchen einen höheren Temperaturgenuß wie die kleinblüthigen beiden letzten Arten. In ähnlichem Sinne haben die beiden Viburnumarten ein Interefle. Der nacktknofpige Viburnum Lantana zeigt die erfte Blüthe am 3. Mai und erfordert die Summe von 389° C., die erfte Frucht am 2. Auguft mit der Wärmefumme von 1662. Die beiden Summen find für Viburnum Opulus aber 507 und 1482. Die beiden Hollunder (Sambucus) differiren: S.nigra _ erfte Blüthe 22./v. W.-S. 579° C.; erfte Frucht 7./vım. W.-S. 1692; .S.racemofa « En NE REF x « 22.|VI. «1004. Die beiden Efchen Fraxinus excelfior und Fraxinus Ornus bedürfen für die Blüthe 248 und 597. Die erftere ift eine nordifche, die letztere eine füdliche Art. Cornus mascula mit früher Blüthe bedarf 145°C. gegenüber Cornus fan- guinea mit der gene von 729° C. Für die Fruchtreife find beide nahezu gleich. Bei den Linden macht die nördliche Tilia parvifolia für die Blüthe den Anfpruch von 1021, die füdliche Tilia argentea aber braucht 1225. Die erftere verlangt für die Frucht 1609, die letztere »2138. Es find hier alfo bei nahen Gattungsverwandten fchon Unterfchiede, welche den Schluß nahe legen, daß auch von den Individuen einer und derfelben Art mit weitem Wohnbezirk ganz verfchiedene Anforderungen geftellt werden. HOFMANN!) hat eine grolse Anzahl von Beobachtungen über den Ein- fluß der Witterung veröffentlicht. Er mißt die Lufttemperatur im Schatten, die Temperatur des Bodens in der Tiefe von ı F., die Temperatur der Quellen in der Nähe der Verfuchsfelder, die Regenmenge und den Baro- meterftand. Parallel mit diefen Aufnahmen gingen die Beobachtungen über die Entwickelung der Pflanzen, den Zuwachs, die Fruchtreife u. f. f£. Aus diefen Forfchungen kann das Folgende refumirt werden: !) HERMANN HOFFMANN, Witterung und Wachsthum, oder Grundzüge der Pflanzen- klimatologie. Förftner. Leipzig 1857. Beftimmung der Wärmemenge. 605 1° eine «Witterungslinie», welche ein Gefammtbild der klimatifchen Momente darzuftellen vermöchte, giebt es nicht; 2° eine Combination von Witterungsfactoren ift gleichzeitig an jeder Wirkung betheiligt; 3° eine höchft mannigfaltige Compenfation der einzelnen Witterungs- factoren durch andere findet ftatt; 4° derfelbe Factor wirkt zu verfchiedenen Jahreszeiten verfchieden, ebenfo verfchieden je nach Eigenart, Alter der Pflanze, endlich nach Ver- - fchiedenheit des Organs. Doch haben einzelne Factoren höhere Bedeutfamkeit als andere. Dieß find: Wärme, Licht und Feuchtigkeit; es kommt weniger auf die abfolute - Größe derfelben, als vielmehr auf eine gewiffe Vertheilung an. Für den Pflanzenphyfiologen (entgegengefetzt dem Meteoro- logen) find die Extreme der Witterungserfcheinungen wichtiger als die Mittel. Die Extreme nämlich, nicht aber die Mittel, bedingen Ge- deihen und Fortkommen der Pflanzen, infoweit überhaupt das Klima bei beiden betheiligt ift. D. Wärmeconstante. Die Energie, welche aus einem gegebenen Keime entwickelt wird, ift nicht allein eine Folge der während diefer Entwickelung einwirkenden äußeren Agentien, fie ift auch eine Wiederholung der Evolution aller früheren Defcendenten und daher von deren Energie abhängig. Man hat fich vor- geftellt, daß für diefe Entwickelung eine unwandelbare Temperaturconftante erforderlich fei. Nach unferer Vorftellung ift die Maffenanhäufung in der Pflanze gleichmäßig abhängig von zwei Momenten, von den äußeren Agen- tien und von der Energie, welche in dem Keimling der Race angehäuft lag. Zwei Eicheln gleichen Gewichtes können bei gleicher Phafe der Evo- lution, gleichen Mengen von Licht, Wärme, bei gleicher Unterlage, gleicher Dauer des Vorganges ungleiche Production, ungleiche Energie in der Evo- lution zeigen, eben ungleiche Eichbäume hervorbringen!). Genauere Prü- fung wird zeigen, daß die Richtung und die Wege der Unterfuchung durch- aus von folchen Betrachtungen abhängen müffen,; denn wandelbar werden ftets die morphotifchen Vorgänge fein, welche der Race als eigenthümlich _ zugefchrieben werden, unwandelbar können nur die einfachen Molecular- wirkungen fein. Aus bekannten phyfiologifchen Erfahrungen könnte man herleiten, daß für jeden Procef) in der Evolution eines Eichbaumes z. B. eine beftimmte ‚Wärmemenge von dem Baume aus der Mafle feiner Eigenwärme verbraucht Y) Man vergl. Dr. M. Kıenırz, Ueber Formen deutfcher Waldbäume. Forftliche Zeitfchrift von BERNHARDT. 1879. Berlin. Springer’s Verlag. 606 IX. Einwirkung. der Wärme. wird, daß ferner eine beftimmte Temperatur und Zeit nöthig ift, um diefen Proceß) auszuführen. Innerhalb zweier Temperaturgrenzen (dem Temperatur- minimum des Procefles und Temperaturmaximum der Procefle) wird die Zeit der herrfchenden Temperatur umgekehrt proportional fein. Stellt man nun für alle Proceffe, Fig. 477, welche ein gegebener Keimling ausführt, Curven auf, welche die Intenfität des Procefles als Function der Zeit darftellen, während die Temperatur conftant fein foll, fo wird man eine Curvenfchaar erhalten, deren Beginn und Verlauf in ver- - fchiedene Zeiten fällt. Auch ihre Incremente werden verfchieden fein, weil eben eine Temperatur nicht das Optimum für alle hinter- 6 einander liegenden Proceffe fein kann. Schon hieraus erhellt, daß eine Wärmeconftante aus Zeit und Temperatur über den ganzen Cyklus von. Proceflen, welche an einem Keimobject fich ab- fpielen, -bedeutungslos- ift. : a A) „Stellen wir uns vor, es fei Fıc. 477 ein gegebener Wachsthumspro- | cefß zu ftudiren und zunächft die Wachsthumscurve als Function der Zeit zu beflimmen. ‘Die Tem- peratur möge, als einfachfte ‚Vorausfetzung, für die Dauer. des Proceffes conftant fein. a Zunächft kann als Ordinate fowohl die Länge, das Volum, als auch die Maffe des Organes oder Pflanzentheiles gefetzt werden. Der Vorgang des Wachfens, welcher jeder pflanzlichen Entwickelung zu Grunde liegt, ift damit aber. offenbar nicht erfchöpfend ftudirt. Es müffen noch die Ein- wirkungen von außen als die formbedingenden erkannt fein, und es muß der Wachsthumsprocef phyfikalifch begreiflich fein. Bei conftanter Tem- peratur, Ernährung und Strahlung felbft wird die Wachsthumsfunction nicht eine lineare Function der Zeit aus diefen Gründen: 1° ftreben alle Organe und Elementarorgane (Zellen, hier kommen zunächft die vegetativen Gewebe in Betracht) von dem kleinften Anfangs- zuftand nach dem größten Endzuftand. Sie wachfen dabei erft langfam, dann rafcher und zuletzt wieder langfamer; 2° trotzdem die äußeren Verhältniffe als conftante vorausgefetzt wurden, verändert fich ihre Gefammtwirkung auf die in der Entwickelung begriffene Pflanze, weil fich das Volum verändert, oder weil fich die aufnehmende und die beftrahlte Fläche verändert gegenüber der Mafle, welche angehäuft Beftimmung der Wärmemenge. 607 ift. So ift z. B. im jugendlichen Zuftand der perennirenden Pflanze die Fläche kleiner, im mittleren Zuftand größer für die Einheit der Mafle, gegen den Endzuftand aber wachfen wiederum die Maffen aller Theile, die Fläche wird für die Einheit der Maffe wieder kleiner. Diefes Verhältniß kann zu AaNSEE 2 ET I I 1 iR B lm Fıc. 478. Diefe Coordinatenfigur veranfchaulicht die Entwickelung des Jahrringes als Function der Zeit für die Fichte. In den Zellenketten von 20/5, 4/6 u. f. f. find gemeflen die Zahl und Ausdehnung einer Radial- reihe des Holzes für je die betreffenden Daten. Ueber diefen Theil der Figur find nun noch Curven MM', C und D verzeichnet, welche die fefte Mafle für diefelben Zeiten angeben, die im Jahrring abgelagert: ift. Außerdem find verzeichnet die Curven für die Tageslängen, die mittlere Monatstemperatur !) und die Curve des mittleren Waflergehaltes. den Veränderungen der Widerftände gerechnet werden. Verpflanzung, Wechfel in der Akklimatifation werden hier wenig ändern, wenn nicht ganz große Temperaturintervalle in Betracht kommen. So wird der Baum von weitem Verbreitungsbezirk, z. B. Fichte, Kiefer, über Europa von der Süd- ?) Nach O. v. HaGen, Die forftlichen Verhältniffe Preußens. J. Springer. Berlin 1869. 608 IX. Einwirkung. der Wärme. grenze nach der Nordgrenze kleineren oder größeren Zuwachs zeigen; für alle Bäume derfelben Art wird aber unter allen Umftänden die Zuwachs- curve zuletzt finken müffen, wo der Baum auch leben mag; | 3° beeinfluffen fich die verfchiedenen Wachsthumsvorgänge an einer und derfelben Pflanze gegenfeitig. Die Seitentriebe beeinfluffen den Haupt- trieb, die Anlegung neuer Organe im mikrofkopifchen Zuftande wirkt auf die im Wachsthum befindlichen zurück; 4° im Innern der Pflanze gehen Zuftandsänderungen vor fich, welche den Zuwachs beeinfluffen. Betrachten wir z.B. die Vorgänge am Waldbaum, die in der Fig. 478 zufammengeftellt find. Laflen wir die nach mikrofkopifchen Meffungen entftandenen Zellenreihen in den Ordinaten 20/5, 4/6 u. f. f., um den Radius des Stammes rotirend, einen Ring befchreiben, fo erhalten wir den Jahrring des Baumes in den zu den betreffenden Daten gehörigen Zuwachsphafen. Was nun zunächft das Volum angeht, fo wächft dasfelbe, wie die Curve zeigt, und zwar durch Verbrauch des Refervemateriales, welches aus der vorjährigen Lichtperiode ftammt, mit der Temperaturcurve. Der Zuwachs ift aber noch lange nicht beendet, wenn die Curven für mittlere Temperatur und Tageslänge culminiren. Mit diefem Procel interferiren die Vorgänge der Knofpenentfaltung, der Affımilation und die Maxima der Verdunftung und Athmung. Die Maffe wächft weder der Zeit proportional, noch auch fteht ihr Zuwachs irgend in Beziehung zur Temperatur und. Tageslänge, wie aus dem Verlauf der Curven M, C, D hervorgeht. Dieß beruht zunächft darin, daß die Zellen, nach ihrer Anlegung im Cambium- ring, nach einem größseren Volum ftreben. Hiebei erfolgt eine Auflockerung und zuletzt erft durch das Dickenwachsthum die größere Anhäufung der Maffe. Dief) wurde gemeflen, indem aus der Dicke der Zellwände die Ge- fammtmaffe der Schale numerifch berechnet wurde. Man erkennt aus dem Verlauf der Curven M, C, D, dafd die Maffenanhäufung, abweichend von dem Volumzuwachs, im Beginn der Sommerperiode finkt, um zuletzt erft zwifchen Ordinaten zwifchen dem 18. Auguft und 10. September zu wachfen. Mit diefer letzten Steigerung parallel geht der Verluft an Wafler. Das Minimum des Waffergehaltes fällt in die Gegend der letzten Ordinaten. Nach dem Blattfall fteigt alsdann die von LAUPrRECHT und NÖRDLINGER auf- geftellte Curve wieder. In dem Mafl wie der Jahrring wächft, nimmt der Druck auf die elaftifche Rinde zu. Die Folge hievon ift die geringere Aus- bildung des Volums aller in der Nähe der Jahrringgrenze belegenen Zellen. Somit ift ein hiftologifches Verhältniß auf einen complexen Vorgang des Wachsthums zurückgeführt. Andererfeits ift das Interferiren mehrerer Be- wegungen und zuletzt eine complexe Wirkung der Temperatur den Wachs- thumserfcheinungen gegenüber hiemit .erwiefen. vu Allgemeine Züge der Florengebiete, foweit fie von der Wärme abhängen. 609 Ss 47. Allgemeine Züge der Florengebiete, soweit sie von der | Wärme abhängen. Der Charakter eines größeren Florengebietes ift abhängig von den ört- lichen Verhältniffen; in erfter Linie kommt hier die Topographie in Betracht: ı° die Vertheilung von Ebenen und Gebirgen; 2° Zufammenhang großer continentaler Maflen mit großer oder kleiner Küfte mit Infeln oder ohne folche; 3° Nähe des Oceans; 4° die geognoftifche Belchaffenlieit der Unterlage; Be der Zuftand der menfchlichen Cultur, die Vertheilung der Cultur- Be zu den natürlichen, das Verhältniß der Waldbeftände zu den Agri- culturflächen; 6° das Klima, alfo die Größe der Strahlung, der Temperatur, der Tageslänge, der Regenmenge, der Luftfeuchtigkeit u. f. f. Diefes find die natürlichen, die Flora beherrfchenden Einflüffe. Wenn nun fchon Temperatur und Strahlung z. Th. die Urfache, z. Th. die Grund- bedingung alles pflanzlichen Lebens find, fo ift doch leicht erfichtlich, daß mit Ausnahme kleinerer Gebiete und einzelner Fälle für die Einwirkung der Wärme ein directer Zufammenhang zwifchen gleichen thermifchen Ver- hältniffen und gleichen floriftifchen Verhältniffen nicht befteht, ebenfo wenig wie gleiche geognoftifche und topographifche Befchaffenheit zweier Gebiete nicht nothwendig zu einer Gleichheit des Florencharakters führen muß). Diefß beruht in erfter Linie darin, daß für die ganze Erdoberfläche überhaupt niemals ein ftabiler Zuftand in der Vertheilung herrfchen kann. Zieht man namentlich lange Zeiträume in Betracht, fo wird erfichtlich aus den geologifchen Befunden, daß überhaupt niemals ein ftabiler Zuftand für längere Zeit geherrfcht hat. Sehen wir zunächft ganz von den heute an- gebahnten Theoremen der Entwickelungslehre ab, welche allerdings die Entwickelung der Form von den thermifchen Verhältniffen abhängig er- fcheinen laffen, fo lehrt doch jeder Blick in ein weiteres einheimifches Florengebiet, daß eine ftete langfame Verfchiebung der Arten ftattfinder, welche direct nicht abhängig ift von den oben namhaft gemachten Grund- urfachen. Ein Theil der Verfchiebung wird durch Menfchenhand beforgt, fo ift es für den Charakter der Flora nicht gleichgültig, ob die Italiener ihre Wälder ausrotteten, während die Deutfchen eine confervative Forft- wirthfchaft treiben, ob die fteilen Hänge der Voralpen entwaldet find oder nicht, ob die Lüneburger Haide aufgeforftet wird oder nicht. Mit dem Wald verfchwinden zunächtt alle fchattenbewohnenden Pflanzen, welche das N, J. €. Mürter, Handbuch I. r. 39 610 IX. Einwirkung der Wärme. Florengebiet charakteriftifch machen. Mit dem Feldbau verfchwinden z. B. alle Orchideen, Liliaceen u. a. m. auf dem Mufchelkalk, welche die Gegend floriftifch reich machten, fo lange der Wald in dem Gebiet noch vorherrfchte. Andererfeits fchließt das Schattendach des Waldes an und für fich die nicht fchattenertragenden Mitbewerber um das Areal aus, während die Agrikultur- fläche einer großen Anzahl von Einwanderern Zutritt geftattet. Ganz von diefen Einflüffen der menfchlichen Oekonomie abgefehen, muß dennoch draußen eine ftete Bewegung der Formen (Arten) herrfchen, welche man die Diffufion nennen kann, d. h. von dem Wohnort der Form herrfcht eine im Organismus liegende Bewegungsurfache, welche die Art hinaus- treibt. Verdrängt fie die Bewohner des nächften Areals nicht, fo dringt fie doch in die Lücken ihres Wohngebietes ein. Diefer Zug, zu wandern, fich von dem urfprünglichen Wohnort zu verbreiten, muß als ein ganz allgemeiner angefehen werden. Erleichtert wird diefe Wanderung durch die Flüffe und Luftftrömungen, welche weit entfernte Florengebiete ver- binden, fo z. B. die Alpenflora und die mittelrheinifche, in welcher mehrere alpine Auswanderer hie und da herrfchend find, z. B. Euphorbia Gerardi, Poa alpina, Saxifraga aizoides u. a. m. Die Flora im oberen Rhonethal hat mehrere ganz auffällige Züge mit der rheinifchen Flora gemein. Die Flora der Kiesbänke in faft allen Hochthälern der Flüffe, welche den Alpen entfpringen, ift die gleiche. Hier gehen gleiche Formen der Tiefebene thalauf, finden oben wenig Widerftand; andere Formen kommen aus den Seitenthälern thalab. Das Gebirge und insbefondere das Hochgebirge erfchwert aber im Allgemeinen die Diffufion: ı° wegen des fchwierigeren Uebergangs über die eisbepanzerten oder felsrippigen Kämme und Sättel; | 2° wegen der Abnahme der Temperatur von unten nach oben — wegen der allmäligen und endlich doch totalen Veränderung aller klima- tifchen und geognoftifchen Bedingungen des Pflanzenlebens. So kommt es, daß im Gebirge allerdings die Vegetationscentren fich fchichten, wie die in den nachfolgenden Tabellen überfichtlich gemacht ift. Eine derartige Zone zeigt indeß immer noch alle Spuren der Diffufion, namentlich für die niederen krautartigen Pflanzen, welche z. Th. in allen Höhenfchichten zwifchen 5000 und 9000 F. über dem Meer in derfelben Breite angepaßt find. Die Böfchung an fich ift z. B. fchon die Bedingung, welche manchem Waldbaum befler zufagt wegen der Beftrahlung, z. B. die Lärche im Hochgebirg; die obere Grenze der Fichte rückt in dem weiten Verbreitungsbezirk diefes Baumes höher hinauf da, wo zahlreiche Hochgebirgsmaffen dicht nebeneinander ftehen, fie wird herabgedrückt in der Nähe des Meeres und großer Ebenen. ei / r—: . oooPrI S sap uadıma sap uorday oom pun? « 02L-99 « wırpod « « JOnFIy 9puop | -nquageı surdpey>oH "ITA L 000 ZI E & “ 09-88 « uay>ppe « « usjoauadıy "IA = ',000$ sıq "IIA 3 *,0ooP sıq "IA ‘0001 u98a83 sıq "A ne 000 01: E « og5—h « « usyey '« « 192[0yppeN "A | = ‚9008 SIq "IIA ‘,0009 pi 0008 u... "IA ‘,ooob sıq "A ‘,0007 Stq "AI anynaumy vuuneg 3 « oSP—tE 3uoZ uagdıgewad usuem « « -qne] vunıdıowuo} = ‚000 01—,0006 "IIA SL1ONeIqDdq ypppouad "AI „50008 sıq "IA ‘0009 sıq "A 2 Li 0009 = ,0007—,000€ "AT ‘,0008 sıq "III ) « onetz Juoz wsyppdongny « « Be > ',000 11 sıq ’ ; -pieM Sunasıoumup II] @ ‚00001 'IIA ‘,000 01—,0008 "IA & ‘,0008—,0009 ' ‘,0009—,000$ >= “OR 3 . 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Untere Grenze: 3000° für Mais; Region des Cafe, Zuckerrohr, Baumwolle zwifchen 1200 und 4200". Obere Grenze für Ba- nane, Cocos, Cacao bei 3000'. Bis 10,000’ ü. M. Untere Grenze für Ei- chen, Cinchoneen, Ge- treide zwifchen 5000 und 6100°. Obere Grenze: Mais 6100°, Cinchoneen 7700', Getreide 9200‘, Eichen 9500‘. Bis 15,000°. Zwergfträucher bis 13,000', II. Teneriffa. Pico de Tyde 11,454’ ü.M. Obere Grenze bis 4000. Palmen, Pifang bis 1200, Wein, Getreide bis 2900‘, Lorbeer 4000’. Obere Grenze bis 6000. Obere Grenze der Nadel- hölzer 6000'. » Bis 11,454'. III. Himalaya. Dhawalagiri 26,345’. Bis 6600’. UntereGrenze der Farren- kräuter 3700’; obere Grenze der Palmen, Lia- nen 6100°, Farrenbäume, Pifang 6600’. Bis 11,400'. Obere Grenze der Lau- rineen bei 8400’, Mag- noliae 9400‘, Bambus, Ei- chen, Coniferen bis 11,300°. Im Norden bis 15,500, im Süden bis 14,500'. IV. Alpen. Monte Rofa 14,222‘. Bis 7000. Obere Grenze der Obtt- bäume bei 3200‘, Ge- treide 3400; obere Fich- tengrenze 800 — 4000', Kiefer, Birke 1500‘. Im Norden bis 8000‘, im Süden bis 10,000°. Allgemeine Züge der Florengebiete, foweit fie von der Wärme abhängen. 613° Florencharakter in den Gebirgen Mitteleuropa’s. | 21% 3 - Schweizer und Tiroler Alpen, bairifche Voralpen. R- = &n S & | Erhebung bis 15,000° ü. M. "lelsel: | & SIE |B -| 2 [04 ®) [ Weinbau, Eichenfchälwald, Kaftanie, Nußbaum . . . bis 1500‘ 1000° | 900°) 800°| 600°) 200’ Eiche, Efche, Erle, Haiiburhe. Ulme » 2400 2200‘ | 1800° | 1600° | 1400°| 1200° Buche, Birke, Getreidebau . . . . ». 4500’ 4100° | 3000° | 2600° | 2500' | 2000* Fichte, Bergahorn, Vogelbere . . » 6000’ 5500° | 4600° | 4000° | 3600| 3500°. Zirbel- und Bergkiefer, Lärche . . » 7000° 6600 | — _ u _ Alpenfträucher, Rhododendron, Em- petrum u. a. . » 8000° 7800 | .„— _ == — Oberfte hochalpine Elche, Gletfcher- Werden: 2. 0 re W000 8800| — — _ _ Schnee und Fin . . . ..........» 15,000° > = ar En = Vegetationsgrenzen in Süddeutfchland uhd den Alpen. Region. Charakterpflanzen. Höhe. | Untere Ebenenregion . . . . Juglans, Caftanea, Vitis 1200’ 390 m Obere » ERBEN Juglans 1200—1700° 552 » Untere Bergregion . . . . . Quercus 1700—2500° 812 » Obere » te Fagus 2500—4300° 1396 » Voralpen.. . . ae Fichte 4300—5300° 172I » Untere Alesieeginni SET RER Krummholz 5300—6100° 1986 » Obere » BE Heidel- und Preißelbeere | 6000—7100° 2306 » Firn- bis reise 2.2... [Gletfcherweiden, hochalpine' 7000—-8500° 2630 » Gentianen, Primulaceen, Compofiten, Flechten, Moofe Obere Baumgrenze in Europa. Wir ftellen uns einen meridianen Durchfchnitt durch Mitteleuropa her, indem wir die wichtigften Gebirgszüge alle in denfelben Meridian gerückt denken. 614 IX. Einwirkung der Wärme. Höhe in Metern ü. d.M. N. Baal Buche, Fichte, Kiefer, | Bergkiefer, Gebirge. Fagus Picea Pinus Pinus- Breite. wuchs x ; filvat. excelfia | filveftris | montana u. G.o. G.ju. G.'o. G.|u. G.o. G.ju. G.o. G.|u. G.|o. G. R Monte Cunone ur 44 (Apennin) 9901199 7 | 1 ee 44,15 Mont Ventoux — |: 7 1 310 | 15001 .— | 1720| — | — | —.I = 46° Monte Rofa — | — 1 — |1560| — |2100| — | 1950]. 12406 46,30° Jungfrau — 1780| — 1460| -- | ıgool — | 1810| — | — 47° Pilatus — | —- 1 /360| — |1800[| — | — I — | = 47,15 Chafferal (Jura) — 700] — 1250| —' — I —- | -—171-7 = 48° [Feldberg (Schwarzwald) — | 650 | — | 1350| — | — | —- | 1200| — | 1500 %.3 Rachel und Arber Se 6 ; 49 (baierifcher Wald) | 97° a ie, 50° Altvater —.1510 | — ]12901 — }13200. 7] 7000 = ee 50,30° Riefengebirge ° — 1500]. — [1290| — 11300). —:! 7801 = Trsu8 51,45 Brocken — /490| - 650| — 1001] — | 650| — | — ; Die hochalpine und Gläichstlera in dem Raum von 8000 bis 10,000 F. über dem Meer, fo lange noch flache Felfenmaffen, mit Schutt bedeckt, den Bewegungen des Gletfchers gegenüber beftehen können, ift verhältnißmäßig reich at Verwandtfchaftskreifen. Es rückten urfprünglich die härteren Formen aller tieferen Regionen nach dem Wohnort vor, weil ihnen von höheren, aber zarteren Mitbe- werbern der Platz nicht ftreitig gemacht wird. Die einzigen Concurrenten find die Flechten mit langfamem Wachsthum und einer noch größeren Anfpruchslofigkeit. Die äußeren Bedingungen der hochalpinen und auch der arctifchen Florengebiete liegen in dem Mangel der Befchattung durch den Wald, in dem vollkommenen Lichtgenufß, in den äußerften Extremen der Wärmeaus- und -einftrahlung. Die Bodenunterlage an der Grenze des ewigen Schnees ift reich an Verwitterungsprodukten der Gefteine. Der Zuwachs der Hu- musdecke ift ein langfamer, bezogen auf die Tieflande. Allgemeine Habituszüge hochalpiner und arctifcher Pflanzen liegen in der Beftockung. Der Stamm ift ein perennirendes Rhizom mit dichter Verzweigung, Compofiten z. B., oder er bildet Blattrofetten, welche die Verjüngung aus den Axillarfproflen beforgen: Primulaceen, Saxifragen u. a. m. Ein Schutzmittel gegen die Ausftrahlung, fowie gegen die mecha- nifchen Störungen, wird gewonnen durch die Bildung dichter Colonieen (Rafen) bei den Gentianen, bei Aretia, Androface, bei vielen Alfineen. Eine große Anzahl hochalpiner Pflanzen zeichnet fich durch dichte Be- haarung aller derjenigen vegetativen Organe aus, welche der Strahlung | Allgemeine Züge der Florengebiete, foweit fie von der Wärme abhängen. | 615 - ausgefetzt find!). Der hervorragende Zug aber liegt jedenfalls in den Dimen- fionen, welche alle Organe erlangen. Es wird an der Grenze der Vege- _ tation vorzugsweife in der Längsrichtung fparfam gewirthfchaftet. Die - Formen find Miniaturformen, bezogen auf ihre günftiger fituirten Ver- wandten in der Ebene. Gleichwohl wird die Blüthe reich ausgeftattet. - Großblüthige Formen finden fich bei den hochalpinen Gentianen, Primeln, Soldanellen, Ranunculaceen. ' Syftematifch läßt fich die hochalpine Flora nicht fcharf umfchreiben. Es herrfchen zwar einige Formen und Familien vor, fo die Gletfcherweiden, die Rhododendren, Primulaceen, Saxifragen, Cruciferen, Ranunculaceen, Gen- tianeen, vor allen aber die Compofiten?). Als Centrum der Familien kann das hochalpine Florengebiet gleichwohl nur angefehen werden für fehr wenige. Dem mitteleuropäifchen Alpengebiet ift allein eigenthümlich die Wulfenia carinthiacea (auf der Kühweger Alpe in Oberkärnthen). Der Faulhorngipfel befitzt 132 Phanerogamen, 40 davon kommen auch in Lappland, 8 Arten davon kommen auch auf Spitzbergen vor. Im Mer de glace, im Montblanc- gebiet, in dem fogenannten Gletfchergarten Saussuke’s, kommen 87 Phanero- gamen vor, von welchen 24 in Lappland, 5 in Spitzbergen leben. Die Vertheilung der Wärme an der Erde ift abhängig, außer von der * Breite, von der Geftaltung der Küften und der größeren Feftlandsmaffen dem Ocean gegenüber. Da die füdliche Halbkugel eine beträchtlich ge- ringere Feftlandmaffe aufweift, ift auch unter gleicher Breite die Flora eine andere, im Allgemeinen reichere wie in der nördlichen Halbkugel. Das Meer fpielt dort eben die Rolle eines unermeßlichen Wärmerefervoirs. Aus demfelben Grunde wirkt noch die Configuration der Continente in der nörd- lichen Halbkugel, infofern die Weftküfte Nordamerika’s beträchtlich wärmer und reicher an Niederfchlägen ift, wie die Oftküfte; ebenfo ift die Weft- küfte Europa’s bevorzugt vor der Oftküfte Nordamerika’s durch die weft- öftlichen Strömungen des atlantifchen Meeres (Golfftrom). Die. nördliche Baumgrenze liegt in Europa unter höherer Breite wie an der Oftküfte in Nordamerika. Baumwuchs herrfcht noch an der Weftküfte Scandinaviens, während unter derfelben Breite die Oftküfte Nordamerika’s jenfeits der Baum- _ grenze liegt. Zu den erften und allgemeinen Anpaffungen an die klimatifche Periode gehört der Knofpenfchlufß und der Blattfall derjenigen Bäume, welche den Waldgürtel der nördlichen Halbkugel beherrfchen. . Hier ift es Y) Reichlich behaarte Compofiten finden fich indeß auch herrfchend an trockenen, fchattenlofen Standorten der Ebene, z. B. die Gattung Gnaphalium. 2) Die Alpenflora der neuen Welt weicht von der europäifchen ab. Dort find an Stelle der Rhododendren die Befarien und Ecallonien. Unter den Kräutern herrfchen die Gattungen: Mimulus, Calceolaria, die Loafaceen, bufchige Compofiten und Cacteen, neben europäifchen Gattungen. ’ GE IX. Einwirkung der Wärme. wirklich die Noth, welche die Pflanze zwingt, die empfindlicheren Organe zu fchützen. Eine fcheinbare Ruhe tritt ein, während die Temperatur durch ihr Minimum hindurchgeht. Gleichwohl kommt es auch in der füdlichen Zone zum Blattfall und zur periodifchen Ruhe. Die Jahrringgrenze im Holz der periodifchen und immergrünen Laubbäume, welche die tropifche Zone bewohnen, ift weniger markirt. Eine natürliche Eintheilung der Floren- gebiete, wie fie früher angebahnt, läßt fich auf Grund der Exiftenzbeding- _ ungen, welche oben (S. 609) die natürlichen Grundbedingungen genannt wurden, nicht aufftellen. Gleiche äußere Bedingungen haben eben die Be- wohner wohl gleich gemacht, die Anzahl verfchiedener Formen und ihre Diffufion ift indeß fo groß, daß die jetzigen Florengebiete eher nach den Pflanzenformen und -familien, als nach den natürlichen Grundbedingungen des Pflanzenlebens im Wohnort aufgefaßt werden können. Wir kommen demgemäß zum Zweiten: Der Florencharakter hängt nicht allein ab von den natürlichen Grund- bedingungen des Wohnortes, fondern auch von dem jeweiligen, labilen Gleichgewichtszuftand in der Vertheilung der Bewohner und deren Charakter. Die Flora wird charakteriftifch: durch die Anzahl der Formen, be- -ziehentlich der verfchiedenen Verwandtfchaftskreife, durch die Anzahl und Ausdehnung der herrfchenden Arten. Schon die natürliche Vertheilung im engeren Florengebiet zeigt, daß . an beftimmten Stellen das Centrum einer Form (Art), beziehentlich eines‘ Verwandtfchaftskreifes (Gattung, Familie), liegen muß, ohne daß man immer in der Lage wäre zu entfcheiden, welches nun alle Momente find, welche den betreffenden Wohnort für die gegebene Pflanze geeignet machen. Das Centrum einer Art ift der Ort, wo diefelbe am häufigften vorkommt. Das Centrum einer Familie ift der Ort, wo diefelbe die zahlreichften Arten und die zahl- reichften herrfchenden Arten aufweift. Zwifchen den Centren und den natürlichen Grundbedingungen befteht im Allgemeinen kein directer Zu- fammenhang. Das Florengebiet ift z. Th. nach den natürlichen Grundbedingungen definirt, z. a. Th. aber auch durch die Centren feiner Bewohner. Dieß ift nach dem jetzigen Stand der Wiflenfchaft auch der natürliche Weg, dem Gegenftand näher zu kommen. GrIESEBACH!) ftellt z. B. für Europa drei größere Florengebiete auf: die arctifche Zone, die Region der gefelligen Wälder und die Mediterran- zone. Von diefen geht die charakteriftifche Region der gefelligen Wald- bildner über die ganze nördliche Halbkugel mit vicariirenden ftellvertreten- den Arten gleicher Gattungen, z. B. Quercus, Pinus, Abies, Picea in Afien !) GRIESEBACH, Vegetation der Erde. P= Allgemeine Züge der Florengebiete, foweit fie von der Wärme abhängen. 617 und Amerika. Von diefen find bei uns im Forftbetrieb gleichwohl nur 5—6 Arten herrfchende Waldbäume!). Unter diefen wird die Buche, der charakteriftifchftte Waldbaum unter den Laubhölzern, auf Mitteleuropa bis zur Südfpitze Scandinaviens einge- fchränkt, durch die Spätfröfte an der Nordgrenze, durch die zu geringe Regenmenge an der Südgrenze (füdliches Frankreich). Ganz enge Centren befitzen Weißstanne und Zirbelkiefer. Die erftere ift auf die Gebirgszüge Süddeutfchlands und die letztere auf die öftlichen Hochalpen befchränkt. Die Eiche ift in Deutfchland kaum ein herrfchender Waldbaum zu nennen. Unter den allgemeinen Zügen der Vertheilung im Gebirg und der Ebene ift in diefem Gebiet hervorzuheben, daß die äußerfte Baumgrenze von Nadelhölzern allein beherrfcht wird. Das afıatifche Feftland wird von GRrIEsEBACH in fünf Prenpehie _ eingetheilt: ı° bis zum 70. Breite-Grad annähernd die arctifche baumlofe Zone; 2° der Gürtel gefelliger Waldbildner bis zu 50° nördlicher Breite; ‚3° die Flora der Steppen; 4° das Gebiet von Vorderindien; 5° das indifche Monfoongebiet; 6° das arabifche Gebiet und E 7° das chinefifch-japanefifche. Als hervorragende Centren für Verwandtfchaftskreife, welche auch über Europa ausgebreitet find, find zu nennen: die Umbelliferen und Ara- lien für das Steppengebiet, die Magnolien und Camelliaceen des chinefifch- japanefifchen, die Cannaceen, Zingiberaceen, Palmen, baumartigen Farren- kräuter des indifchen Gebietes. Das nordamerikanifche Waldgebiet enthält vicariirrende Pinus Abies- und Piceaarten, welche mit denjenigen der alten Welt die nächfte Ver- wandtfchaft zeigen. Der Zufammenhang der Florengebiete oder der Stamm- bäume der Arten wird aber noch durchfchlagender durch die vicariirenden Eichenarten dargethan, deren Nordamerika gegen 20— 30 Arten aufweift. Eigenartig ift diefer Continent durch das Centrum der Grasfteppen (Pam- pas, Prairiegebiet) und die Flora des Tafellandes Mexico’s (baumbewohnende Orchideen, Cacteen, baumartige Compofiten). Südamerika umfaßt nach GriesesacH 5 Florengebiete: das Waldgebiet 1) Die Kiefer Pinus silveftris, die Bergkiefer Pinus montana (mit den Varietäten Pinus uncinata, Pinus Pumilio, Pinus Mughus), die Fichte Picea excelfa, die Tanne Abies pectinata, die Lärche Larix europsa, die Zirbelkiefer Pinus Cembra. Unter den füdlichen Pinus auftriaca in Oefterreich-Ungarn, Pinus halepenfis für den Orient, Pinus Pinafter, die Igelföhre der Mediterranzone, Abies Nordmanniana für die Krim und das füdliche Ruß- land, Quercus pedunculata, Quercus sefüliflora und die Buche Fagus filvatica. 618 IX. esse der Wärme, Patagoniens, die Hylaa, das brafilianifche Gebiet, die Anden (Centrum 3 Cinchoneen) und das cisaequatoriale Südamerika. Der genetifche Zufammenhang der Florengebiete ift durch- die vica- riirenden Arten erwiefen. Wie die Entwickelung der ganz extremen Pflanzen- formen zu denken ift, kann nicht Gegenftand der vorliegenden Abhandlung fein, da hierzu noch die natürliche Entwickelungsgefchichte der Pflanzenfami- lien und die Kriterien ihrer Verwandtfchaft in’s Auge gefaßt werden müffen. Der Einfluß von Klima und Wohnort kann dahin zufammengefaßt werden: a) die Art (im botanifchen Sinne) kann äußerlich in weiten Grenzen der Verbreitung (etwa ein ganzer Erdtheil) in der Form ihrer Organe gleich conftant fein oder nur geringfügige Varietäten der Form befitzen, welche indef3 nicht Anpaflungen an die Bedingungen des Wohnortes zu fein brauchen, gleichwohl können die Individuen derfelben Art an das Klima fo angepaßt fein, daß fie fehr verfchiedene Anfprüche an die thermifchen Verhältniffe ftellen; b) felbft die klimatifch ftarren Formen, z. B. die Waldbäume, können eine abfolute Wärmeconftante nicht befitzen; c) die Größe, Form und Farbe laflen fich zum Theil bei gewiflen " Arten als abhängig vom Standort und den thermifchen Verhältniffen erweifen. Es müffen diefe daher in gleichem Sinne auswählend wirken, wie die Summe aller der Widerftände für die Ausbreitung der Art, welche Darwin unter dem «Kampf um’s Dafein» zufammenfaßt!). !) Durch die vorftehende Betrachtung wird ein Anfchluß an die im zweiten Buch enthaltene allgemeine Morphologie und Entwickelungslehre gewonnen. Der Artbegriff wurde nach der Methode der älteren Syftematik gebildet aus diefen Beobachtungen an dem vorliegenden Individuum: a) Größe des ganzen Individuums, Relation der Größe von Blättern, Interfolien, Blüthen; b) Gliederung desStammes, Zweigbildung, geometrifche Verhältniffe der Blüthenftände; c) Form der Blätter: «) die Form der Blätter fchwankt vom Keimblatt nach den Hochblättern an einer Art; 8) die Form ift an einer Art mindeftens für die Laubblätter conftant; x) Form und Farbe, fowie Behaarung fchwanken an einer und derfelben Art je nach dem Standort; d) Stellung der Blätter. Die Blattftellung, früher von Manchen als conftantes Merk- mal angefehen, variirt an einem Individuum, felbft an einer Art, und der Nachweis ift ge- liefert, daß diefelbe von inneren wie äußeren mechanifchen Bedingungen abhängig und mit diefen veränderlich ift; e) Gliederung des Blattes; /) Gliederung und Farbe der Blüthe; g) innerer Bau der Blüthe; h) Entwickelung des Embryo’s und Keimungsgefchichte. 7 Pathologifche Phänomene im Gefolge des Temperaturwechfels. 619 $ 48. Pathologische Phänomene im Gefolge des - Temperaturwechsels. Eigentliche Krankheitserfcheinungen in Folge ungünftiger Wärme- verhältniffe find bis jetzt nicht bekannt. Die Pflanze in der freien Natur hat fich entweder den klimatifchen Verhältniffen angepaßt, oder fie geht durch die Strahlung oder Kälte ganz oder in einzelnen Theilen zu Grunde. Wir können die Phänomene, foweit fie bekannt find, in diefem Sinne zu- fammenttellen: A. Hohe Temperätur. Directe Tödtung durch zu hohe Temperatur im freien Leben wird nur vorkommen bei Verpflanzungen und Akklimationsverfuchen. Verfuche!) über die höchften Temperaturen, welche von lebenden Pflanzen ertragen werden, haben ergeben, daf die unterfuchten Pflanzentheile verfchieden empfindlich find: Ein großer Theil diefer Beobachtungen läßt fich auf Wachsthumsvorgänge felbft im mechanifchen Sinne zurückführen. Die Relationen der Wachsthumsgrößen nach den drei Dimenfionen eines Organes bedingen aber deffen endliche fertige Geftalt. Eine me- ‘chanifche Theorie der Entwickelung, welche den Artbegriff feftftellt, ift zur Zeit nicht möglich. Die Entwickelungslehre im Sinne Darwın’s und Häcker’s kann daher nicht eine mechanifche genannt werden, weil fie von vornherein nicht erklärt, warum der Or- ganismus zu varüren anfängt. Die Variation in der äußeren Form und in der (molecu- laren) Structur wird an fich als etwas Selbftverftändliches hingeftellt. Die mechanifche und- befonders die phyfiologifche Theorie aber muß erklären, warum die Art und Form über- haupt variirt. Y) Bei einem Aufenthalte von ı5 bis 30 Minuten in Luft, Waffer und Erde wurden ertragen oder gingen zu Grunde: in Waffer in Erde ertragen. todt. ertragen. todt. Zea Mais 45 47 I "! 52 Tropxzolum | E an 45,5 47 50 52 C. Aurant. 47,8 50 5o 51 Phafeol. vulg. 45 47 -- —_ Petrofelinum 45 47 — _ Für Waffer W und Luft L; A ertragen, B todt: W L A>"B A: 'B Iris florentina, Wurzelblatt 49 5ı EEE 4 Nach H. DE. VRrıes, Infl. de la temp. sur les plantes. 1871. Extrait des «Archives Neer- landaises». — H. v. MoHL, Ueber das Erfrieren der Zweigfpitzen mancher Holzgewächfe. Bot. Ztg. 48. 620 IX. Einwirkung der Wärme. ı° der Tod tritt ein bei halbfündigem Verweilen in einer Tempe von 50°, einige Grade mehr oder weniger; 2° in der Erde wird im Allgemeinen eine höhere Temperatur eben noch ertragen, als wenn die Pflanzentheile im Waffer liegen; 3° andererfeits ertragen diefelben Pflanzentheile eine höhere Tempe- ratur in der Luft als im Waffer; 4° die Symptome des Todes machen fich bemerklich im Verluft des Turgors der Membranen, in der Contraction des Protoplasma, in dem Verluft der Impermeabilität in der Membran fowohl wie im Protoplasma. Die fauern und alkalifchen Säfte, welche in der lebenden Pflanze in differenten Zellen in - chemifchem Sinne getrennt erhalten bleiben, diffundiren. Die chemifche Differenz geht verloren. In gleichem Sinne diffundiren die gelöften rothen, violetten und blauen Pigmente, welche in den lebenden Zellen zurück- gehalten werden. -B. Niedere Temperatur. Anders wie bei der oberen Temperaturgrenze liegt die Sache an der unteren Temperaturgrenze. Es wurde fchon oben darauf hingewiefen, daß der Pflanzenkörper in fich felbft nicht Eigenwärme genug producirt, um der Ausftrahlung gegenüber eine höhere Temperatur als die Umgebung zu behaupten. Die Temperatur der vegetativen Theile ift niemals dauernd weit von der Temperatur der Luft, allgemein der Medien, entfernt. Je nach der Herkunft erfrieren in den botanifchen Gärten die) nicht akkli- matifirten Formen fonft dauernder Gewächfe entweder nur in den zu fpät gefchloffenen Trieben oder in den Lohden, welche fich bei uns überhaupt nicht zum Knofpenfchluß anfchicken. Bei anderen erfriert nur die End- knofpe. 1. Tod durch. Frost über dem Gefrierpunkt des Wassers. Der Tod durch Froft über dem Gefrierpunkt beruht jedenfalls in einer Störung der vegetativen Procefle, indem zum Theil die Athmungsgröße herabgemindert, andererfeits die Translocation und Verdunftung unter das günftige Maß herabgedrückt find. Die fichtbare Bewegung des Protoplasma’s ift fchon bei 4° über o° fiftirt. Die Symptome des Todes find im All- gemeinen diefelben, wie fie jenfeits der höchften nützlichen Temperaturen gefchildert wurden, nur verläuft die Abtödtung im Allgemeinen langfamer. 2. Verden. Die Verdfung der Pflanzenfäfte, die vollftändige Erftarrung des Proto- plasma’s und (vielleicht) auch die Vereifung des Imbibitionswaflers in den weiteren Interftitien der Membranen bewirken bei den nordifchen Pflanzen Pathologifche Phänomene im Gefolge des Temperaturwechfels. 621 an fich nicht den Tod. Die Stromnetze der Ekballien, Charen, welche im Eis künftlich vollftändig erftarrt waren, gerathen bei langfamem Aufthauen wieder in Bewegung. | a) Langfames und rafches Aufthauen. Die Vereifung der Säfte und des Protoplasma kann mindeftens bei den nördlichen Pflanzen ertragen werden, wenn der Temperaturwechfel, welcher das Aufthauen herbeiführt, ein allmäliger ift. Plötzliche Steigerung Fıc. 479. 4. Fagus filvatica L. a Jahresringe, 5 und c die einänder gegenüberftehenden Froftriffe und Froftleiften (fe m Durchmeffer). ° B. Acer Pfeudoplatanus L. a und 5 Froftriffle, c Ueberwallungslagen, d und e Schluß (!/a m Durchmefler). Nach GörrerT. der Temperatur aber führt den Tod herbei, fowohl bei faftigen Pflanzen- theilen, fo z. B. Kartoffel, Rüben, faftigen Früchten u. a. m., als auch an den glattrindigen Zweigen der Buche, wo rafcher Froft und rafche Wärme- ftrahlung die Rinde abtödten und zum Zerreißen bringen. b) Froftriffet). Die Froftriffe entftehen an Nadel- und Laubhölzern an erwachfenen Stämmen, meift an exponirten Orten, wo die Strahlung erleichtert ift, fo ») Durch hohen Druck wird der Gefrierpunkt des Eifes in der Scale 100, 99.... 2276508. 1,,—2. — 273 herabgedrückt, bei dem Druck von 16 Atmofphären z. B. um 0,232° beobachtet (0,227° C. berechnet aus den Daten der mechanifchen Theorie der Wärme)! 622 IX. Einwirkung der Wärme. z.B. an Randbäumen, an fteilen Flußufern, welche frei nach dem Thalbett belegen find. Zumeift in klaren kalten Nächten, nachdem die Säfte im Baum bereits vereift find, reißt der Stamm mit einem Schlag und einem Knall (von der Stärke eines Büchfenfchuffes) auf. Die Spaltfläche fteht radial, f. Fig. 479, und geht parallel der Fafer in fteilen Spiralen oft auf meterweite Strecken um den Schaft. Sie erftreckt fich meift von der Pe- ripherie bis zum Marke und ift im Beginne immer nur von capillarer Quer- ausdehnung: Der Rand bildet einen Callus, welcher die Wunde aber felbftredend, da die älteren Holzlagen nicht vermehrungsfähig, nur äußerlich fchließt. Nun aber kommt der Som- mer. Der Spalt öffnet fich, nach den Schilde- rungen über Quellen und Schrumpfen (f. oben, S. 91, $ ı5, Fig. 107) reißt der Holztheil des Callus von innen nach außen ein. Der Rindencallus vermag die Dehnung auszuhalten. Im zweiten, dritten Jahre und fo fort fchließt fich die Wunde jeweilig wieder. Der callofe en re Käter Zuwachs wird aber durch den Reiz der Ver- froft getödtet; re Blätter normal wundung ftärker, und fo entfteht zuletzt nach 20 bis 30 Jahren ein mehrere Centimeter ftarker, über die Stammfläche vorftehender, dem Riß folgender Wulf, als charakteriftifches, äußeres Kennzeichen der fo tief in den Stamm eingreifenden Verwundung. Zur Theorie diefes Vorganges muß beachtet werden, daß, wenn die Vereifung des Imbibitionswaflers in dem Stamme eingetreten ift, die Zugfeftigkeit des Holzes an fich beträchtlich verringert ift. Die Cohäfion wird im Holz der Bäume fenkrecht zur radialen Richtung unter geringerem Zug aufgehoben, wie fenkrecht zu jeder anderen Axenrichtung. Ferner ift die Contraction bei plötzlicher Temperaturerniedrigung in tangentialer Richtung größer, wie in radialer, fo erfolgt das Zerreißfen in der Radial- richtung unter der Einwirkung einer ungeheuren Spannung. Die Volum- verminderung ift gleichwohl nur eine minimale; der Froftriß ift im Beginn eine faft capillare Spaltfläche '). c) In der Streckung befindliche Organe. Der Tod durch Spätfröfte tritt rafcher ein in allen jugendlichen, noch in der Streckung befindlichen Organen, fo namentlich an den jungen, eben entfalteten Laubtrieben der Bäume. In der Figur 480 ift ein Epheuzweig- !) Dr. Rop. CAsPpArY, Ueber Froftfpalten. (Mit einem Beitrage meteorologifcher Betrachtungen von Dr. C. F. SCHNEIDER.) 449. 73. 89. Bot. Ztg. 55. Elektricität. 623 lein dargeftellt, welches in dem Moment, wo die Interfolien zwifchen den kleinen Blättchen a,b fich ftreckten, im Zeitpunkt der Knofpenentfaltung ‚von einem Spätfroft befallen wurde. Die oberen Blätter waren zu diefer Zeit noch nicht in der Streckung begriffen. Der Erfolg war diefer: die unteren Blättchen erfroren und erlangten nicht die gewohnte Größe, die- oberen entfalteten fich in normaler Weife, trotz des geringen Schutzes, welchen die bereits geöffnete Knofpe gewährte. - $ 49. Elektrieität'). Soweit in diefem Gebiet zuverläffige Experimente vorliegen, hat man zwei Arten von Unterfuchungen zu unterfcheiden: 1° die Einwirkung elektrifcher Entladungen, Inductionsfchläge und conftanter elektrifcher Ströme auf lebende Pflanzen oder Pflanzentheile; 2° den Nachweis der im Gefolge der Lebenserfcheinungen in der "Pflanze herrfchenden elektrifchen Ströme. A. Einwirkung der Elektricität. In erfter Linie muß hier darauf aufmerkfam gemacht werden, daß die Experimentatoren wohl meiftens fo ftarke Entladungen oder conftante Ströme anwandten, daß die Intenfität der etwa in der Pflanze herrfchenden Ströme dagegen verfchwindend klein it. Man kann fich zu diefen Stu- dien, foweit fie am Mikrofkop angeftellt werden, der oben befchriebenen und abgebildeten Apparate bedienen. Für Verfuche an größeren Pflanzen- theilen fchaltet man diefe in den Kreis mit Hülfe von Elektroden aus Platin- -blech, ‘welche um den Pflanzentheil gewickelt oder in denfelben eingefchoben werden: a) die Leitungsgefchwindigkeit des elektrifchen Stromes ift in den Zellenmembranen, bezogen auf die Leitung in Metallen, verfchwin- dend klein; b) elektrifche Entladungen bewirken an der lebenden Mimofa den Uebergang aus der Tag- in die Nachtftellung. Der Anftoß kann Y) SacHs-HoFMEISTER, Handb. der phyfiolog. Botanik. Bd. IV. S. 74. Bd. I. S. 58. — NÄGELI u. SCHWENDENER, Das Mikrofkop. I. Aufl. S. 457. — BECQUEREL u. DUTROCHET, Compt. rend. II. Ser. T. 9. S. 80. — JOHANNES RANkE, Unterf. über Pflanzenelektricität. Sitzungsber. der k. Acad. der Wiffenfch. zu München 1872. 6. Juli. — Burr, Ueber Elek- tricitätserregung d. lebenden Pflanzen. Ann. d. Chem. u. Pharm. 1854. 13. — JÜRGENSEN, Ueber die in den Zellen der Vallisneria spiralis ftattfindenden Bewegungserfch. HEIDEN- HAIN, Studien d. phyfiolog. Inftit. Breslau. 14.- S. 104. — VELTEN, Ueber die wahre Pflanzenelektricität. 273. 289. Bot. Ztg. 76. — BURDON-SANDERSEN, Ueber elektrifche Vor- gänge im Blatte der Dion®a muscipula. 6. Bot. Ztg. 74. 624 IX. Einwirkung der Wärme. hierbei ein außerordentlich fchwacher fein. Bei fehr fchwachen Inductions- fchlägen fchließen fich die getroffenen Blattpaare faft inftantan. Der Reiz pflanzt fich in ähnlichem Sinne, wie bei der mechanifchen Berührung, von Blattpaar zu Blattpaar, oft mit Ueberfpringen einiger derfelben, fort. Dauernde Reizung durch fehr fchwache Inductionsfchläge bewirkt zunächft die totale Reizftellung aller Theile, zuletzt aber wird die Pflanze gegen den Reiz unempfindlich; fie geht, wenn fonft die Bedingungen dafür günftig find, wieder in die Tagftellung über. Die höhere Pflanze ift in den Schließzellen ihrer Spaltöffnungen reizbar. Schaltet man einen abgezogerrten Streifen der Epidermis zwifchen die Elek- troden eines der Apparate, Fig. 36 und 40 oben S. 33 und 34, fchließt den inducirenden Strom, fo beobachtet man nach kurzer Zeit, daß der Spalt fich fchliefst, ehe das Plasma der Schließzellen fich zurückzieht. Länger andauernde Reizung bringt den Plasmakörper der Schließzellen endlich zur Contraction. » Elektrifche Entladungen bewirken bei geringer Intenfität in dem Proto- plasmafyftem der Vallisneria und anderen vegetativen Zellen die Bildung von zackigen Ausläufern, welche über die Strombahn hervorragen. DUTRocHET und BECQUEREL verfuchten, ob der Charenftrom durch die elektrifchen Ströme umgekehrt werde. Der Verfuch verlief nach den Angaben diefer Forfcher fo: der elek- trifche Strom, welcher von einem der Elektroden, Fig. 40, von E’ nach E verlief, wurde an einer zwifchen beiden Elektroden eingefchalteten Stamm- zelle der Charen, Fig. 25, durch eine Spirale geleitet, welche parallel dem Plasmaftrom gewunden war. In diefer konnte der elektrifche Strom im gleichen und entgegengefetzten Sinne mit dem Plasmaftrom gerichtet werden. Die elektrifche Strömung bewirkte die Umdrehung des Plasmaftromes nicht. Nach den Angaben BEcauezrer’s ift die Richtung des elektrifchen Stro- mes in diefer Hinficht ohne Einwirkung (Ct. rend:’1837). Inductions- fchläge bewirken bei längerer Dauer eine Contraction des Wandbeleges (f. Fig. 35). Die Strömung. der Carminpartikel, welche bei dem Ueberfpringen des elektrifchen Funkens, f. oben S. 34, Fig. 40, beobachtet wurde, tritt nicht ein, wenn man die Flüfligkeit in eine Glascapillare einfchliefft und von bei- den Enden derfelben die Elektroden einführt. Eine Theorie der Proto- plasmabewegung mit Zugrundelegung der elektrifchen Vorgänge ift bis jetzt nicht zu ermöglichen. B. Elektrische Ströme in der Pflanze. An und für fich ift die Pflanze, wenn von den wenigen Senfitiven abgefehen wird, in allen ihren äußeren Bewegungen fo träge, alle Bewe- Elektricität. 625 gungserfcheinungen verlaufen fo'langfam, daß von einer Innervation im Sinne der thierifchen Nerven wohl kaum die Rede fein kann. Die Pflanze befitzt jedenfalls nicht fpecififche Bahnen für die Leitung im Sinne der thierifchen Nerven, wennfchon die Bedingungen für die Anhäufung elektrifcher Spannung in den Geweben gegeben find in der’ Athmung, dem fteten Austaufch von alkalifchen und fauren Säften. Die neuere Bearbeitung diefes Gegenftandes führt VELTEN zu dem Auffinden der «wahren Pflanzenelektricität». VELTEN bedient fich des Meverstei’fchen Hiektrdesieaktneters (MEıssner und MEYERSTEm, Ueber ein neues Galvanometer, PoGGEnND. Ann. 1861, Bd. 114, S. 132) und der von Du Boıs-Reymoxp zuerft an- gewandten .«unpolarifirbaren Elektroden», bringt mit einer diefer den Querfchnitt abgefchnittener Pflanzentheile, mit der anderen die unverletzte _ Außenfläche derfelben in Berührung und erhält einen elektrifchen Strom, welcher im Schließungsbogen von der Epidermis des unverletzten Theiles nach dem Querfchnitt fließt. Der Querfchnitt verhielt fich hiernach negativ gegen den natürlichen Längsfchnitt. Diefen Strom nennt Ranke, welcher denfelben Gegenftand zuvor behandelt hat, den falfchen Strom. Der wahre Strom wird erhalten, wenn zuvor die fchlechtleitende Epidermis entfernt wird. In folchen paral- lelfaferigen Pflanzenabfchnitten verläuft der wahre Strom umgekehrt, vom Querfchnitt durch die Schließung zum Längsfchnit. Nach den weiteren Beobachtungen bieten diefe Ströme keine Beziehung zu den bis jetzt be- kannten Lebenserfcheinungen der Pflanzen. Zunächft zeigt VELTEN, daß der «wahre Pflanzenftrom» nicht in Beziehung fteht zu den elektromoto- rifchen Wirkungen, wie fie durch den Ausgleich von fauren und alkalifchen Säften entftehen müffen. Sodann zeigt er, dal der wahre Strom bei fol- chen Abfchnitten verftärkt auftritt, welche längere Zeit im Wafler lagen. Eine Veränderung in der Lage der Zelleninhalte ftellte fich gleichfalls als bedeutungslos für die Richtung des wahren Stromes heraus. Zuletzt zeigt er, dal der wahre Strom durch gewaltfame Abtödtung der Pflanzen- theile in heißem Waffer nicht alterirt wird. Es fcheint fonach, daß auch diefe Ströme nicht in caufalen Zufammenhang mit bekannten Lebenserfchei- nungen zu bringen find. N. J. C. Meier, Handbuch 1. ı. 40 626 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. Zehnte Abtheilung: Ä Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulnil, Verwefung'). $ 50. Allgemeine Betrachtung. In keinem Gebiete der Botanik ift in der neueren Zeit fo viel mit Erfolg gearbeitet, wie hier in dem Gebiet der, bezogen auf den Aufbau, rückgängigen Bewegungen der organifchen Maffen. Der Tod und die Ver- wefung führen die Körper wieder zurück in das Reich der anorganen. Die Kohlenftoff-, Wafferftoff- und Sauerftoff-Verbindungen zerfallen endlich in Kohlenfäure und Waffer, die Eiweißkörper in Ammoniak, Schwefelwaflerftoff, phosphorfaure Salze u. a. m. ı) Literatur. . 1857. Jahresber. von Liebig, Kopp u. Wöhler. Compt. rend. 45. 1021 und 1032. Vertheidigung der Anficht, daß die Hefe die Spaltung des Zuckers bewirke. Zunahme des Gewichtes der Hefe. — BERTHELOT, Unterf. über denf. Gegenft. Annal. d. chim. et phys. 50. 332. — PASTEUR, Milchfäuregährung. Compt. rend. 45. Von den Alkoholgährungs- erregerh verfchiedene Organismen. — 1858. Jahresber. PastEur, Gährung des weinfauren Ammoniak. Compt. rend. 46. S. 615. — Baur, Flora. 57. — HOFFMANN, Icones analylicae Jfungorum. H. I. Mucor racemosus. — KARSTENS, Botan. Unterf. 66. H. 3. — PASTEUR, Compt. rend. 46 u. 47. Entftehung der Bernfteinfäure. — Bc@&DEKER, Annäl. d. Chem. u. Pharm. 106. Derf.. Gegenft. — Schwarz, Amylalkohol aus Traubenzucker. DINGLER, Polyt. Journ. Bd. 159. 1859. Jahresbericht von Liebig, Kopp u. Wöhler. PAsTEUR, Gährung mit überfchüfiger Hefe (mehr Hefe als nöthig zur Zerfetzung des Zuckers). Compt. rend. 48. Gehalt der Hefe an Kohlehydraten. Compt. rend. Fett aus Zucker gebildet, ebend. — Refume über die Zerfetzungsproducte. Compt. rend. Bd. 48. S. 1149. Bernfteinfäure, Glycerin, Kohlenfäure, Cellulofe, Fett. Bei der Milchfäuregährung wird Zuckerlöfung mit NH:O. POsHsCaCOsfalzen verfetzt, das Ammoniak verfchwindet, es entfteht milchfaurer CaO. Hiernach erft beginnt die Entwickelung der Vibrionen, welche nicht an die Gegen- wart von Sauerftoff gebunden find; Fäulniß tritt ein. Die Fäulniß tritt nicht ein, wenn die Luft fauerftoffhaltig, oder wenn keine Keime von Vibrionen vorhanden find. Bei Luft- abfchluß werden die Fäulnißproducte nicht verändert. Tritt dagegen continuirlich Luft zu, fo treten fucceffive mit neuen Individuen neue Gährungserfcheinungen auf. Fäuiniß der Leichen wird vermieden durch Einfchlagen in alkoholfeuchte Tücher. -— PASTEUR’s An- nahme der Verfchiedenheit des Brandes von der Fäulniß. Der Brand ift unabhängig von der Einwirkung organifcher Gährungserreger. Compt. rend. 56. Verfuche PAsTEur’s zeigen, daß vollkommen reine Luft organifirte Maffen nicht oxydirte. Verfuch mit dem ausgekochten geeigneten Subftrat für Hefe im ausgekochten Zuftande und mit filtrirter Luft. Verfuche mit Harn und mit Sägefpänen. — LE MAIRE gegen PAsTEUR. Compt. rend. 57. — MıLLoN, Allgemeine Betrachtung. | 627 P Die Zerfetzungen nach dem Tode fahen die älteren Chemiker an als an “und für fich felbft begründet in der organifchen Conftitution. Man ftellte fich eben vor, dafs der Körper der Organismen, die Leiche an und für fich, unter dem Einfluß des Sauerftoffs der Atmofphäre in die Proceflfe der Oxy- dation gezogen wird, welche mit den obengenannten Endproducten abfchließt. Mit der Entwickelung der organifchen Chemie und mit dem Studium der einfachen Zerfetzungserfcheinungen diefer Art, fo namentlich der Gährung, ‚wurden die in Frage ftehenden Bewegungserfcheinungen begrifllich genauer feftgeftellt. Zunächft dachte man fich, daß ein organifirter Körper von be- ftimmter Conftitution im todten Zuftand in fich lediglich unter dem Einfluß des Sauerftoffs zerfallen müffe. Man glaubte z. B., daß nur die Bewegung, die wir Leben nennen, überhaupt den Zerfall des in Frage ftehenden Kör- pers verhindere. Solche Körper befaßen außerdem die Eigenfchaft, die Nachweis der Ammoniakausfcheidung bei der Gährung durch Hefe. — Compt. rend. 57. BECHAMP, refumirt frühere Gährungsbeobachtungen. Compt. rend. 57, — C. SCHMIDT, An- nalen der Chemie u. Pharmacie, Bd. 126, weift nach, daß er fchon 1847 das Auftreten . von Bernfteinfäure beobachtet hat. 1863. Jahresber. PastEur, Der Sauörftoff der Luft in Moft. Befchleunigung der Gährung durch Sauerftoffzufuhr. Berechnung des Maximums der Sauerftoffaufnahme im Lager von drei Jahren. Compt. rend. 57. — BECHAMP, Compt. rend. 56, MAUMENE und BERTHELOT, Compt. rend. 57, Ueber denfelben Gegenftand. — PASTEUR, Compt. rend. 58, mit Abbildungen von Pilzformen. — VERGNETTE-LAMOTTE und PASTEUR, Compt. rend. 60, Confervirung des Weines, Paftorifiren des Weines. PASTEUR, Abfätze des Weines. Compt. rend. 60. — BEcHAMP und LADREY, Achnliches über Wein- confervirung. Compt. rend. 61. VouL, DingL. Polyt. Journ. — HorFFMAnN, Verhalten der Hefe in der Wärme. Compt. rend. 63. — ]J. C. LERMER, Reagentien auf Hefe. Discı. Polyt. Journ. 181. — HaLLıer, Entwickelungsformen des Penicillium cruftaceum. Arch. f. Pharm. 2. 125. — BEcHamP, Wirkung der Kreide bei der Milch-und Butterfäure- gährung als Ferment, Microzyma cretae, punktförmiges neues Ferment. Compt. rend. 63. — PASTEUR gegen DonnE’s Angaben über generatio fpontanea. Compt. rend. 63. — SULLI- van, Entgegnung, Phil. Magaz. 18, glaubt, auch ohne Luftzutritt trete Gährung in der Kuh- milch ein, und glaubt an den Uebergang des Cafein in Milchfäureferment. — LuBoLp, über die Gährung der Kuhmolken (des Milchzuckers dafelbft). Journ. f. pract. Chemie. 77, -— PASTEUR, Salpetrigfäuregährung. In der Zuckermelaffe, welche reich an Salpeterfäurefalzen, tritt Milchfäure und Alkoholferment auf, bei der Entwickelung letzterer entfteht Waffer- ftoff, welcher aus den Salpeterfäurefalzen Salpetrigfäure bildet. Bulletin de la soc. chim., seance du ır Mars 1859. 1860. Jahresber. von Kopp u. Wöhler. Pasteur, Die Verfuche der Luftfiltration; Ueber die Keime der Luft an verfchiedenen Orten. Compt. rend. 50. — PoucHET, JoLy u. Muss£T, Ueber denf. Gegenft. Compt. rend. 50, — PASTEUR, Schimmel- vegetation. Bedingung derfelben. Compt. rend. 51. — HOFFMANN, Ueber denf. Gegenft. Bot. Ztg. M. u. Schd. 1860. — VAN DER BRak, Annalen der Chemie u. Pharmacie. 115. 1861. Jahresber. von Kopp u. Wöhler. H. SCHRÖDER, Luftfiltration. Annalen der Chemie und Pharmacie. 117. 1. Jahresber. 1854. — Pasteur, Betrachtung der generatio x»quivoca, Annalen der Chemie u. Phyfik. 3. 64. Experimente der Filtration und des Luft- glühens. Experimente mit dem gewundenen Glasrohr. Temperatur und Keimfähigkeit. Gährung bei Luftabfchluß. Entwickelung von wenig Hefe. Verfchwinden des Zuckers. 40° 628 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. Molecularbewegung, welche die Gährung oder Fäulniß veranlaßt, auf andere Körper zu übertragen. ” Ein folcher Körper wird zum Ferment, wenn er in minimaler Menge die Bewegung auf eine große Maffe der zu vergährenden, allgemein zu zerfetzenden Körper überträgt. Man wird fich diefe Sache fo vorgeftellt haben: Im Ferment herrfcht ein chemifcher Bewegungszuftand, welcher zu dem endlichen Zerfall desfelben hinführen muß. Wird nun eine felbft kleine Menge (z. B. Hefe, Laab, Efigmttter u. f. f.) derfelben einer großen Menge zu zerfetzender Flüffigkeit, Maifche, Moft, Milch u. f. f., zugeführt, Bulletin de la soc. chim. 1861. Wirkung einer großen Fläche. Einftellung der Gährung. Erklärung der erften ftürmifchen Gährung bei Abfchluß der Luft durch den gelöften Sauer- ftoff. Gährung in eiweißhaltiger Zuckerlöfung. — Leuchs, Nicht-Vernichtung der gährungs- erregenden Kraft durch Hitze und Einwirkung von Alkohol. Journ. d. prakt, Chemie., 84. — Jory u. MussETt, Urfprung der Torula cerevifiae. Compt. rend. 53. Entwickelung der Sporen im Harn, der nach Biergenuß gelaffen. Entwickelung eines Mycels, welches Myco- derma cerevifiae genannt wird. . Hierauf Entftehung des Penicillium glaucum. Gleichheit der Aepfelmofthefe mit Bierhefe. — PoucHET, Ueber denf. Gegenft. Compt. rend. 52.— PASTEUR, Bulletin de la soc. chim. 1861. Verfuche mit Mycoderma, welche auf einer Flüfig- keit mit Phosphorfäurefalzen und Eiweiß vegetirt; wird diefe dann entfernt und durch roprocentigen Weingeift erfetzt, fo tritt Efigbildung ein. Abhängigkeit der Efligbildung von Jer Vegetation der Mycoderma. Sauerftoff allein ohne Einfluß. Experiment mit un- organifirten poröfen Körpern. Zur Efligfabrication gehört die Mycoderma auf Zuckerlöfung bei Sauerftoffabfchluß. — PAsTEUR, Compt. rend. 52. Butterfäuregährung, Ferment, ein In- fuforium, deffen Entwickelung unabhängig vom Luftzutritt. Geeignete Medien für dasfelbe find Ammoniak, Zucker, Phosphate in Löfung. Einftrömen von Kohlenfäure ftört die Ent- wickelung nicht; Einftrömen von Luft tödtet dasfelbe. — PasTEUR, Schleimige Gährung. Bulletin de la soc. chim. 1861. 30. Wefen des Fermentes und der Gährung in zucker- und eiweißhaltigen Löfungen. Producte: Mannit, Gummi, Kohlenfäure, 25Cı2Hı12a 012 = 12Ch2Hıo010 + 12C12H14ı 012 + 12CO2 + 12HO. Jahresber. 1863. PasTEuUR, Compt.rend. 56. Auffinden eines Fermentes, welches weinfauren Kalk zerfetzt und bei Abfchluß der Luft (des Sauerftoffs) lebt (Vibrionen). Experiment mit ausgekochter Löfung von weinfaurem Kalk. Phosphorfäure mit Alkalien, Afche von Hefe, und Infuforien. Der weinfaure Kalk verfchwindet, die Vibrionen mehren fich. Luft- haltige Löfung gährt, bis aller Sauerftoff durch die Vegetation von Monas und Bacteriüm verfchwunden ift. Erft dann erfcheinen die Sauerftoff-nicht-bedürftigen Organismen. Zeit- fchrift für Chemie u. Pharmacie. 1863. — SCHÖNBEIN gegen PASTEUR, Ozon. Journ. für prakt. Chemie. 89. Bd.. — PAsTEUR, Fäulniß, Verwefung, Definition der Fäulniß als von fechs Arten Vibrionen eingeleitete Gährungserfcheinung. Compt. rend. 56. Entwicke- lung von Monas crepusculum, Bacterium termo, welche Sauerftoff der Luft abforbiren, hiernach abfterben, da fie in fauerftofffreier, kohlenfäurehaltiger Luft nicht leben. — Dr. ApoLpH MAYER, Lehrbuch der Gährungschemie. 3. Aufl. C. Winter. Heidelberg. 1879. Unterf. über die alkohol. Gährung, den Stoffbedarf und den Stoffwechfel der Hefepflanze. Habilitationsfchrift zur Erlangung der venia docendi an der philofoph. Facultät der Univ. Heidelberg. Mit einem Holzfchnitt und fieben lithographirten Tafeln. C. Winter. Heidel- berg 1868. — C. v. NäGeELı, Theorie der Gährung. Ein Beitrag zur Molecularphyfiologie. R. Oldenbourg. München 1879. Allgemeine Betrachtung. ER 629 fo überträgt die kleine Menge die Bewegung und bewirkt dort den all- mäligen Zerfall der Körper Eiweißs, Stärke, Zucker u. f. f. Nachdem man in den in Frage ftehenden Fermenten z. Th. Organis- men, niedere Thiere und Pflanzen, erkannt hatte, nachdem durch Schwann, HELMHOLTZ, von Dusch, SCHRÖDER!) nachgewiefen war, dafs die Gährung und Fäulniß von der Gegenwart diefer Organismen abhängig ift, gewann die Sache ein anderes Anfehen. Jetzt war das Leben diefer niederen Organismen, welche in den Leichen (allgemein den organifchen Abfalls- oder Erndteproducten, Zuckerlöfung mit Spuren von.Eiweiß, Milch u. f. f.) das geeignete Subftrat für ihre vegetativen Procefle fanden, die Urfache der in Frage ftehenden Zerfetzung. 2 Der belebte Gährungsegreger leitet die Zerfetzung ein, weil er einen Theil der Maflfe des Subftrates zu feiner Aflimilation oder zu feiner Ath- mung braucht. Die Feftftellung derSymptome des Todes mögen, und dief) gilt nament- lich für den Pflanzenkörper, noch fo fchwierig fein, foviel ift erwiefen, daß mit dem Tode zunächft gewiffe chemifche Veränderungen eintreten, welche un- abhängig find von gährungstüchtigen oder krankheitserregenden Organismen. Die chemifch differenten Säfte (faure und alkalifche, verdünnte und “ concentrirte), welche im Leben in befonderen Zellen diffundirten, vertheilen fich nach der Abtödtung nach allen Richtungen gleichmäßig. Eine Entmifchung tritt ein. Bedeutend ift hier, daß in der nächften Zeit die Athmung oder richtiger Kohlenfäurebildung geringer wird als im Leben (f. oben S. 589). Diefe Vorgänge der Entmifchung brauchen an fich nicht den endlichen Zerfall in die letzten Zerfetzungsproducte herbeizuführen. Der Tod aber erlaubt erft den Zutritt der Erreger. Der weitere Zerfall ift alsdann abfolut abhängig von der Einwirkung der lebenden Gährungs- oder Fäulnißerreger. Gährung und Fäulniß find im chemifchen Sinne ‘unter denfelben Begriff zu ordnen. Der Gährungserreger find bis jetzt mehrere genau bekannt, fo wie auch der chemifche Vorgang für mehrere diefer Zerfetzungen ge- nau feftgeftellt ift?). A. Wesen des Zerfalls. Zunächft muß hier auf einen fundamentalen Gegenfatz in chemifcher Hinficht hingewiefen werden. Wir haben oben bei der Affimilation der 1) Der Nachweis wurde geführt, indem die zu vergährende Flüfligkeit von den Gäh- rungserregern durch die Membran eines Dialyfators getrennt wurde. Der Zucker dialyfirt zu dem Gährungserreger, wird dort zerfetzt; die Gährung pflanzt fich aber nicht durch die Membran nach der Gährflüfigkeit fort. -2) Formeln für die Bildung mehrerer Gährungsproducte (nach v.' 'GoRUP-BESANEZ’ Lehrbuch): 630 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. grünen Pflanzen gezeigt, S. 474, daß zu dem Reductionsproceß, welcher in der Pflanze verbrennliche Mafle häuft, ein kleiner Theil der von außen einftrömenden Betriebskraft der Sonnenftrahlen vernichtet wird. Die fo gewonnene chemifche Spannkraft wird bei der Verwefung vernichtet, der Gährungs- und Fäulnißerreger bezieht nun zwar einen Theil des von ihm geforderten Sauerftoffs aus der Luft, z. Th. aber (und wie PasTEUR gezeigt, Ei die) für eine ganze Gruppe von Organismen) aus dem organifirten zerfallenden Subftrat. | Der endliche Zerfall der Thier- und Pflanzenleichen. wird durch die organifchen Zerfetzungserreger befchleunigt. Diefelben befchleunigen alfo den oben angedeuteten Kreisproceß der Kohlenftoffverbindungen. Es folgt aber auch aus denfelben Betrachtungen, daß die Zerfetzungsproducte bei der Gährung und Fäulniß zufammen eine kleinere Verbrennungswärme befitzen müffen, als die urfprüngliche Maffe, aus welcher fie entftehen. B. Einfluss der Gährungstheorie auf verwandte Disciplinen, Nach zwei Richtungen haben die hier einfchlägigen Unterfuchungen fördernd gewirkt. Zunächft im ökonomifchen Sinne wurden die Gährungs- technik und die Methoden der Confervirung von Nahrungsmitteln (Obft, Fleifch, Milch) außerordentlich verbefler. Zum zweiten wurde die Frage nach der generatio equivoca in Anregung gebracht. Diefe Frage kann etwa fo ausgefprochen werden: können, nachdem die chemifche Conftitution der Körper, welche den niederen Organismus zufammenfetzen, bekannt ift, oder nachdem auch nur die grobe chemifche Zufammenfetzung bekannt ift, Bedingungen hergeftellt werden, damit nie- dere Organismen aufser Conünuität mit bereits lebenden entftehen; oder ift es möglich, niedere Organismen aufser Continuität mit bereits beftehen- den entftehen zu fehen? Die Frage hängt mit den Unterfuchungen über die rückläufige Zerfetzung in diefem Sinne zufammen: zur Löfung derfelben mul) ein Gemifch angewandt werden, welches die Nährkörper des ent- ftehenden niederen Organismus enthält. Wenn nun irgend ein Subftrat geeignet ift, fo ift es gerade die organifche Löfung, fo in erfter Linie die Gährlüfigkeit, Moft, Maifche (Löfung von Zucker, etwas Eiweil und Salze). (2 Mol. Alkohol CsHı202 \2 « Kohlenfäure GO4 Alkohol CeHsO + O oxydirt zu Aldehyd CeH4ıO + ne Aldehyd CEH+O +0 . « : « Eflgfäure CoH:O b Milchfäure: ı Mol. Traubenzucker = CeHı2Os zerfällt in | Mo ee Be ı Mol. Butterfäure C2O4 Butterfäure: 2 Mol. Milchfäure = CoHı2O6 zerfallen n| 2 « -Kohlentfäure CıHsOa2 2 « Wafferftoff Hs. Alkohol: ı Mol. Traubenzucker = CsHı2Os zerfällt in ( Efligfäure: Allgemeine Betrachtung. 638° Pasteur!) behandelt diefe Frage für den Erreger der Alkoholgährung, - die Hefe: in zwei Kölbchen wird die gleiche Gährflüffigkeit gegeben (Zucker- löfung mit etwas Ammon und Phosphorfäurefalz), beide werden längere Zeit ausgekocht, an dem einen Kölbchen ift ein längeres Rohr angefchmol- zen, welches nach oder während des Auskochens mit reiner Schiefbaum- wolle gefüllt wird. Das andere Kölbchen bleibt offen. Mit dem Erkalten der beiden Gefäße tritt die atmofphärifche Luft ein. Der Erfolg ift diefer: in dem Kölbchen, welches die Luft durch den Baumwollpflock filtrirt erhält, unterbleibt die Gährung, in dem andern, welches nicht filtrirte Luft erhält, tritt diefelbe unter den bekannten Symp- tomen der Alkohol- und Kohlenfäurebildung ein. Der Verfuch kann auch ‚in der Weife angeftellt werden, daß eine angefchmolzene, fehr lange dünne Röhre während der Abkühlung der Gährflüffigkeit zum Glühen erhitzt wird. 1). Die ältere Annahme der Chemiker über das Wefen der Gährung ging dahin, daß in gährenden Körpern ein Ferment durch die Uebertragung eines in ihm fich voll- ziehenden Zerfalles den Procef unterhalte. Die Anfchauung war felbft dahin getheilt, daß ein folcher Körper durch feine bloße Berührung mit dem zu vergährenden (katalytifch) die Gährung einleite; so z. B. bei der Butterfäuregährung. Als folche Fermente wurden die Eiweißkörper angefehen. PASTEUR zeigt durch den Verfuch, daß, um die Gährung von butterfaurem Kalk einzuleiten, die Eiweißkörper überflüfig feien, indem er fie durch Ammonfalze erfetzt. Er zeigt, daß die Infuforien, welche in lufthaltigem Waffer leben, nicht als Fermente gährungserregend wirken, daß aber, fobald aller Sauerftoff entfernt ift, andere Gährungserreger auftreten, welche nur in sauerftofffreier Flüfligkeit zu leben ver- mögen, und diefe follen die eigentlichen Erreger der Gährung fein. Er fand unter folchen Bedingungen, daß der weinfaure Kalk vollfländig zerfetzt wurde, während feine Kohlen- fäureinfuforien fich mehrten. PasTEur theilt die belebten Gährungserreger dementfprechend ein in Luft-bedürftige und Luft-nicht-bedürftige (A&robier und Anaerobier). Nach PasTEur fchon find die Fäulniß- (Verwefungs-)erfcheinungen neben die Vor- gänge der Gährung zu ordnen, infofern fie ebenfalls in caufalem Zufammerhang mit leben- den Gährungserregern ftehen (Vibrionen EHRENBERG’s) (Bacterien). Zwei Fälle folcher Gährung (Fäulniß) find möglich: a) Die Luft ift abgefchloffen; in diefem Falle vermehren fich die Spaltpilze (Bacte- rien), bis aller in der Gährflüfigkeit vorhandene Sauerftoff verbraucht ift. Sobald dieß erreicht ift, mehren fich die Vibrionen, die Bacterien zerfallen, und der milchfaure Kalk wird in butterfauren Kalk, der Zucker wird in Alkohol und Kohlenfäure zerlegt. Die weitere Zerlegung des Alkohols in Kohlenfäure und Waffer aber ift von der Anwefenheit der Bacterien abhängig. b) Die Luft hat zu den vergährenden (verwefenden) Körpern Zutritt. Jetzt bilden fich die fauerftoffbedürftigen Gährungserreger an der Oberfläche des Körpers. Es ent- fteht eine Haut von Bacterien, welche zu Boden finkt, eine neue Haut bildet fich u. f. f., bis ein vollftändiger Abfchluß gegen die Luft hergeftellt ift. Durch diefen Abfchluß aber . wird der Körper für die Vibrionen geeignet, welche bei Gegenwart von Sauerftoff nicht zu leben vermögen. Diefe zerlegen jetzt den milchfauren Kalk in Butterfäure, den Zucker in Alkohol. Die fchützende Decke der luftbedürftigen zerlegt jetzt aber diefe Zer- 632 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. Im erften Verfuch werden die Keime der Gährungserreger in dem Filter. zurückgehalten, in dem zweiten werden fie zerftört. Wird die glühende Glasröhre endlich zugefchmolzen, fo unterbleibt die Gährung. Da die Sauerftoffentziehung an und für fich diefelbe verhindert, fo mußte im Pasreur’fchen Verfuch, wenn er Beweiskraft haben follte, dafür geforgt werden, daß fauerftoffhaltige Luft Zutritt erhielt. Diefer Bedingung ift in beiden Verfuchsweifen PAsTEur’s. genügt. Auf diefe Weife ift wenigftens für die Hefe der Nachweis geliefert, daß der Gährungserreger nicht in’ der Gährflüffigkeit entfteht, daß die Keime aus der Atmofphäre dem Subftrat zugefähe werden. N C. Einfluss der Gährungstheorie auf die Krankheitsgeschichte. : Auch die Vorftellung über das Wefen der Pflanzenkrankheiten wurde durch die Gährungstheorie beeinflußt: Es gab eine Zeit vor den ganz durch- fetzungsproducte vollftändig in Kohlenfäure und Waffer. Der Fäulnißproceß erreicht fein Ende mit der vollftändigen Zerftörung der organifchen Subftanz. Es fterben nun allmälig die Vibrionen und zuletzt die Monaden und Bacterien in der fchützenden Haut. Damit ift alle organifche Subftanz in Kohlenfäure, Ammoniak und Waffer zurückgeführt. Den Zerfall der Thierleiche erklärt PAsrEuUR unter demfelben Gefichtspunkt, indem er annimmt, daß die fäulnißerregenden Organismen im Innern der Verdauungswerkzeuge, umgeben von fauerftofffreier Flüffigkeit, fchon zur Zeit des Lebens exiftiren. - Zu folchen Erregern rech- net PASTEUR: | ı) Monas crepusculum. Bacterium termo. 2) Vibrio lineola, tremulans, subtilis, rugula, prolifer, bacillus. Die Erklärung des Gährungsproceffes, zunächft der Alkoholgährung, bei welcher der Alkohol in Zucker und Kohlenfäure zerfällt, erhielt eine Erweiterung durch die For- fchungen PastEur’s (1859—61). Im Wefen der Sache ftunden fich Gay-Lussac und THE- NARD einer- und BERTHELOT und PAsTEuUR andererfeits gegenüber, den Erfteren ift es nicht gelungen, den caufalen Zufammenhang zwifchen der Gährung und dem Leben niederfter Pflanzen und Thiere zu erkennen. BERTHELOT und PASTEUR zeigten zuerft das conftante Auftreten von Glycerin und Bernfteinfäure bei der Alkoholgährung und erwiefen die Zer- fetzung durchaus abhängig von der Gegenwart der Hefe und der Vibrionen. PAsTEUR glaubte annehmen zu müffen, daß die Umwandlung des Zuckers CeHı12Os in fein linksdrehendes Homologon durch das Auftreten der Bernfteinfäure veranlaßt werde. BERTHELOT beobachtete indeß diefe Umwandiung auch in alkalifcher Löfung und fchreibt die Wirkung einem Körper zu, welcher ein dem Emulfin ähnliches Verhalten zeigt. Die Generatio zquivoca erfcheint deßwegen unerwiefen, weil die Keime der Muce- dineen ihre Keimfähigkeit noch behalten, felbft nachdem fie auf 120 bis 130° C. erhitzt wurden. Die Mycodermen verhalten fich verfchieden. Beide übertragen zwar den Sauerftoff der Luft auf die gährende Flüffigkeit, wird aber Mycoderma vini auf alkoholifche Flüfig- keit übertragen, fo bildet fich Kohlenfäure und Waffer, während Mycoderma aceti den Alkohol in Efiigfäure umfetzt. Bei dem erfteren Proceß ift die Thätigkeit des Gährungs- erregers eine gefteigerte. Luftabfchluß verhindert aber in beiden Verfuchen die Zer- fetzung (PASTEUR). Die Holzfpäne, welche bei der Schnellefüigfabrikation zur Anwendung kommen, find nur die Träger der Mycodermenkeime. Allgemeine Betrachtung. 633 fchlagenden Ergebniffen der Arbeiten pe Bary’s, Turasne’s, alfo kaum 20 Jahre, wo man die Pilze als ftete Begleiter der krankhaften Symptome der Pflanzen wohl fchon kannte. Das Wefen der Erkrankung fuchte man gleichwohl nicht in dem ftörenden Einfluß der Parafiten, fondern man dachte fich eine urfprüngliche Krankheitsurfache. Der Parafit trat gewiflermaßen als Begleiter der Krankheitserfcheinungen auf. Nun ift im phyfiologifch-che- mifchen Sinne zwar das Wefen der Pilzkrankheiten nicht, oder nur in wenigen Fällen, erfchloffen. Soviel aber ift nachgewiefen, daß die Krankheitsfymptome, die man an pilzkranken Pflanzen und Thieren beobachtete, durchaus ab- hängig find von den Parafiıten. Der. experimentelle Beweis wurde durch eine Reihe von Impfungen und Keimungsgefchichten geliefert für die Ure- dineen, Uftilagineen, Saprolegnien, Chytridiaceen, in neuerer Zeit für die höchften Pilzformen, die Agaricineen, fowie für die niederften, Schizomy- ceten, Bacterien). | D, Einfluss der Gährungstheorie auf die Medicin. Auch in der Heilkunde hat fich bezüglich der pathologifchen Proceffe gewifler contagiöfer Krankheiten ein Umfchwung in der Anfchauung voll- zogen mit dem Nachweis, daf contagiöfe Krankheiten in caufalem Zu- fammenhang mit niederen Pflanzenparafiten ftehen. Alkoholgährung. Am genaueften ftudirt ift die in der menfchlichen Oekonomie bedetı- tungsvolle Alkoholgährung. Nach der oben, S. 630, dargelegten Formel wird hier unter dem Einfluß der Hefe Alkohol und Kohlenfäure gebildet. ’) Genaueres fiehe unten in der Syftematik der niederen Cryptogamen. — In dem kürzlich erfchienenen Lehrbuch: Anatomie u. Phyfiologie der Holzpflanzen von TH. HARTIG (Berlin, J. Springer 1878) ift heute noch die Anfchauung verfochten, daß die niederen holzzerftörenden Parafiten in dem Holze neu entftehen. TH. HArTIG fagt über die nach feiner Anficht nachweisbare directe Entftehung lebender Zellen aus Zelltrümmern höher organifirter Wefen wörtlich Folgendes: «Dagegen läßt fich die Entftehung lebender Wefen niederer Bildung aus organifirten Zerfetzungsproducten abgeftorbener Thiere oder Pflanzen nachweifen. Schon in einer Schrift aus dem Jahre 1833 habe ich gezeigt, daß die Zell- wände und Mehlkörper abgeftorbener Bäume oder abgeftorbener Theile lebender Bäume, unter entfprechendem Einfluß von Wärme, Feuchtigkeit und Luft, zunächft in ihre mole- cularen Theile zerfallen (Verjauchung); daß diefe molecularen Theile, trotz ihrer geringen, 0,001 mm nicht überfteigenden Größe, durch das Uebereinftimmende in Größe und Kugel- form immer noch als organifirte Körper zu betrachten, daß fie befähigt feien, unmittelbar in die niedrigften Formen der Pilzbildung fich umzubilden und zu beleben, ohne die Mit- wirkung vorgebildeter, lebender Keime, womit felbftverftändlich die Entwickelung und Fort- pflanzung von Keimen nicht ausgefchloffen ift, wenn folche in der fich zerfetzenden Sub- ftanz vorhanden waren, oder von außen derfelben zugeführt wurden.» In einer der fol- genden Zeilen wird diefe Entftehungsart niederfter-Pilzformen «generatio metamorphica» genannt. # 634 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. Zu den Bedingungen der Hefevegetation gehören in erfter Linie die Gegenwart genügender Mengen von Ammoniak, Salpeterfäurefalzen oder Albuminaten neben dem in Löfung befindlichen Zucker. Nach Angaben Pasteur’s foll die Vergährung des Zuckers unterbleiben (oder doch bedeu- tend herabgemindert werden), wenn die vegetirende Hefe freien Sauerftoff in Löfung oder aus der Luft vorfindet. Diefelbe Hefemenge, welche in tiefen Gährgefäßen mit geringer Oberfläche eine beträchtliche Menge Zucker zerfetzt, dabei aber felbft eine geringe Maflenzunahme erfährt, zerfetzt in flachen Gährgefäßen mit großer Luftoberfläche eine geringe Zuckermenge, ift aber jetzt in der Lage, fich felbft durch vegetative Theilung ftark zu vermehren. E. Ernährung der Hefepflanze. Wir ftellen noch einmal kurz die gewonnenen Refultate zu Die eiweißsartigen Stoffe und alle anderen ftickftoffhaltigen organifchen Stoffe, mit denen hier Verfuche angeftellt worden find, find fchlechte Nah- rungsmittel der Hefepflanze und vielleicht nur in dem Maßftab, als fie Am- moniak durch Zerfetzung abzugeben vermögen. Dennoch verhält fich die Hefepflanze in ihrer Stickftoff-Aufnahme nicht analog den höheren Pflanzen; denn obwohl auf Koften von Ammoniakfalzen eine normale, wenn auch nicht möglichft kräftige Ernährung ftattfindet, fo ift diefelbe doch abfolut unfähig, fich auf Koften von Salpeterfäure, der Hauptbezugsquelle von Stick- ftoff für die höheren Pflanzen, zu ernähren. Es fcheint jedoch eine Gruppe von ftickftoffhaltigen, organifchen Körpern zu geben, die ein äußerft kräftiges Nahrungsmittel der Hefepflanze find. Es fcheinen dieß diefelben Körper zu fein, denen man früher jene geheimnißvollen Fermentwirkungen zufchrieb und zum Theil noch heute zufchreibt. Für Pepfin, das ein Hauptvertreter jener Gruppe ift, konnte eine grolse Nährfähigkeit in Bezug auf die Hefepflanze nachgepnain werden. Ein hierhin gehöriger Körper ift auch in der frifchen Hefe nachgewiefen, und derfelbe ift möglicherweife mit der Diaftafe identifch”). Bei der Gährung findet zugleich ein Stickftoffumfatz ftatt, welcher dadurch bewiefen werden kann, dafs die ftickftoffhaltigen Extractivftoffe der erfchöpften Hefe unfähig find, die Hefepflanze zu ernähren. Diefer Umfatz ift Urfache der Erfchöpfung der Hefe. Die Verfuche Pasteur’s führten zu der Annahme, daf) der Gährungs- erreger überhaupt nur die in Frage ftehende Zerfetzung einleiten könne, wenn er gezwungen ift, den Sauerftoff aus dem zu zerfetzenden Zucker zu nehmen. NÄceLI tritt diefer Theorie an der Hand zahlreicher Verfsche in neuerer Zeit entgegen. !) A. MAYER, in der S. 628 cit. Abh. a a a Allgemeine Betrachtung. ” | 635 Er zeigt, daß die Gährthätigkeit in der flachen Schale größer ift wie - in dem-tiefen Gefäß mit geringer Luftoberfläche, und definirt zunächft die Gährung als eine Uebertragung von Bewegungszuftänden der Molecule, - Moleculgruppen und Atome verfchiedener, das lebende Plasma zufammen- - fetzender Verbindungen (welche bei der Uebertragung felbft chemifch un- verändert bleiben) auf das Gährmaterial, wodurch das Gleichgewicht in - deffen Moleculen geftört und diefelben zum Zerfallen gebracht werden (a. a. 0,5. 29). Von phyfiologifchem Interefle ift die Frage: wie ift die Zerfetzung in der Hefezelle oder in ihrer Nähe zu denken?. Es giebt Beobachtungen, und auf diefe ftützt fich NäceLı, wo die Gährung durch Pflanzenmembranen hindurch erfolgt, fo bei Früchten, welche auf ihrer Haut von Hefezellen befiedelt find. Diefelben gähren, wenn fie mit der Schale in Waffer oder Moft liegen. Schneidet man vom Zuckerrohr etwa fußlange Stücke ab, inficirt diefe an einer Schnittfläche mit Hefe, fo verbreitet fich die Gährung von dem - Querfchnitt aus weit über das ganze Stück, und der Alkohol diffundirt bald bis zur anderen Schnittfläche. NäsELı geht einmal von der Anfchauung aus, daß das Plasma der Pflanzenzelle außer der Membran chemifche Zer- fetzungen nicht bewirken könne. Damit ftehen aber die Reforptionen, welche von den Keimfchläuchen der Pilze, Uredineen, Uftilagineen durch gefchloffene Membranen getrieben werden (Fig. 390, 391), im Widerfpruch. Bei den Zerfetzungen, welche hier auf die Cellulofe des Wirthes übertragen werden, kommen jedenfalls chemifche Umwandlungen in Betracht, welche mindeftens ebenfo tief eingreifend find, wie die Zerfetzung des Zuckers bei der Gährung durch die Hefe. Gegen die Annahme, dafs der Zucker in die Hefezelle diosmire, daß Alkohol und die Kohlenfäure aus der Zelle in dem Maß der Zerfetzung austrete, argumentirt NÄGELI mit einer Berechnung der Alkoholbildung für gegebene Zeit bei günftigfter Secretion, bezogen auf eine einzige Hefezelle. Nach den Angaben Pasteur’s vergährt ı g Hefe in 20 Tagen 5o g Traubenzucker, in einer Stunde alfo im Durchfchnitt 0,1 g. Nach Näcemrs Angaben vergährt die Hefe in ı Stunde 1,67 ihres eigenen Trockengewichtes Zucker, wobei 0,85 ihres Gewichtes Alkohol gebildet wird. “ Während einer Stunde ergiebt die Rechnung für ı qcm 0,000047 8 Zucker, welcher eindringen, 0,000024 g Alkohol, welcher aus der Zelle ausgefchieden werden muß. Die vergleichenden Verfuche über die Diffufionsgefchwindigkeiten von Zucker und Alkohol durch künftliche Membranen führen nicht zur Ent- . fcheidung der Frage, ob die Gährung in der Hefezelle oder außerhalb der- felben unterhalten werde. 636 -X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. Den Nachweis, dafs die Hefezelle mit ihrem Plasmakörper gährungs- erregend auf */5; mm über die Peripherie ihrer Membran hinaus wirke, fucht NÄGELI zu ftützen, nachdem er darauf aufmerkfam gemacht hat, daß die Thierzelle in ihrer Außenfläche mit einer Plasmafchicht functionire, während die Pflanzenzelle ihre Plasmathätigkeit durch. eine Cellulofewand hindurch zu vollziehen habe, durch die analoge Wirkung der gährungs- erregenden Pilzzellen, welche aus ihrer Membran reducirende, den Lackmus entfärbende Subftanzen ausfcheiden, und durch die oben angegebene That- fache, daß die Hefezelle durch die Fruchtfchale oder durch zahlreiche Mem- branen in dem Zuckerrohr gährungserregend wirkt. Bezüglich des Sauerftoffbedarfs der Hefe bei der Gährung kommt NÄGELI zu diefen Erfahrungen: N ı° «Der freie Sauerftoff kann bei vorhandener hinreichender Gähr- thätigkeit entbehrt werden.» Niedere Pilze, die Hefe z. B., können überhaupt nur ohne Sauerftoff leben, wenn fie im Stande find, in dem Subftrat Gährung zu erregen. Schimmel und: gewiffe Sproßpilze vermögen überhaupt nicht Gährung zu erregen, fie können daher auch ohne Sauerftoff nicht leben, mögen die Ernährungsbedingungen in dem Subftrat fonft noch fo günftige fein. Die Saccharomyces und Mucorineen erregen durchaus nur eine Art der Gährung, nämlich die Alkoholgährung, fie leben ohne Sauerftoff bei Gegenwart des Zuckers und der ftickftoffhaltigen Nährkörper (Peptone). Es konnte bisher nicht feftgeftellt werden, ob es unter den Schizomyceten (Spaltpilzen) nicht etwa auch folche gäbe, welche ohne freien Sauerftoff nicht leben können, während fie auch nicht gährungserregend find. Die Verbrennungswärme, welche bei der Gährung gefchaffen wird, liefert die Kraft für die Molecularbewegung im Körper des lebenden Gährungserregers. Diefe Quelle der Kraft wird fonft bei höheren Wefen durch die Ath- mung in fauerftoffhaltiger Luft unterhalten. Der Gährungserreger der Hefe- zelle lebt ohne Sauerftoff, zerfetzt dafür den Zucker, um dabei Sauerftoff für den Oxydationsprocef) zu. gewinnen. Es befteht fomit eine Wechfel- wirkung; die Hefe zerlegt den Zucker, um lebendige Kraft der Molecular- bewegung für ihre Plasmatheile zu gewinnen, diefe Bewegung wird aber dazu angewandt, um weitere Zuckermengen in die Zerfetzung hereinzu- ziehen. 2° «Die Oxydation durch freien Sauerftoff begünftigt aber ihrerfeits die Gährung.» Mit diefem Satz ftellt fich Näcei in fchroffen Gegenfatz zu den frü- heren Forfchern (f. oben PastEeur, $. 634). Der reiche Sauerftoffgenuß fteigert die Lebensthätigkeit und das vegetative Wachsthum der Hefe, da- durch aber wird diefe um fo gährtüchtiger. Pflanzenkrankheiten. \ 637 3° «Die Gährtüchtigkeit der Hefezelle befördert unter allen Umftänden ihr eigenes Wachsthum.» Bei der Beobachtung der Hefe allein in Zuckerlöfung wird es immer - noch fchwer fein, zu entfcheiden, welches die Urfache, welches die Wir- kung ift. Die ftarke Vegetation der Hefe kann eben fo wohl die Urfache erhöhter Gährtüchtigkeit, wie diefe die Urfache des ftärkeren Wachsthums fein. Im Allgemeinen ernähren fich nicht gährungstüchtige Pilze auf Glycerin und Peptonen eben fo gut, wie auf Zucker. Auch die Hefe wächft in fol- chen Subftraten bei Zufuhr von Sauerftoff, wiewohl fie nicht in der Lage ift, dort Gährung zu erregen. Zufatz von Zucker, alfo die Möglichkeit der Gährungserregung aber vermehrt auch ihre vegetative Thätigkeit. 4° «Die Gährthätigkeit eines gegebenen Pilzes benachtheiligt die Er- nährung und das Wachsthum der übrigen Pilze, welche nicht für diefelbe Gährung organifirt find.» | Hier wurde das Verhalten der Hefe im Kampf mit den Spaltpilzen in’s Auge gefaßt. Der gewöhnliche Verlauf der Ausfchließfung zweier Pflanzen ift diefer: wenn eine Art in allzu grofser Anzahl da ift, die andere in allzu geringer, fo wird in der Regel die erftere vermindert, die letztere vermehrt. Gerade umgekehrt liegt es zwifchen der Hefe und den Bacterien auf demfelben zu vergährenden Subftrat; ift die Hefe von Anfang an in Ueberfchuß neben den Bacterien und erfolgt eine ftarke Gährung, fo unter- liegen die Spaltpilze. NäszLı erklärt diefen Vorgang von der Hypothefe der molecularen Bewegung aus, welche oben dargelegt wurde, nachdem er gezeigt, dafs die fubftantielle Veränderung des Subftrates durch den Gäh- rungserreger nicht die Urfache für die Ausfchließung des Spaltpilzes fein kann. Er denkt fich, durch den Einfluß des Protoplasmas der Hefezelle werde bis zu einem beftimmten Rayon um diefelbe in den Zuckermoleculen der Nährlöfung eine moleculare Schwingung erregt, welche endlich zu dem Gährungszerfall führt. Sind die Zuckermolecule in diefe Schwingung für die Hefe einmal hereingezogen, fo find fie nicht mehr .empfänglich für andere Schwingungs- bewegungen, welche von dem Spaltpilz ausgehen; der letztere verliert da- durch aber feine Nahrung oder die Fähigkeit, lebendige Kraft aus dem Gährungsfubftrat zu ziehen, und damit feine Exiftenzbedingung. $ 51. Pflanzenkrankheiten. A. Orientirung. Es ift nicht die Aufgabe der nachfolgenden Abhandlung, alle patho- logifchen Zuftände der Pflanzen, welche z. B. durch Ernährungs- und Be- 638 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. leuchtungsbedingungen veranlaßt find, zu fchildern, dieß ift in den früheren Abfchnitten, foweit thunlich, gefchehen. Im Anfchluß an die Betrachtungen über den Zerfall, welche im Vor- ftehenden angeftellt wurden, mögen die wefentlichen Gefichtspunkte der contagiöfen Krankheiten herausgegriffen werden). !) Bacterien. HERMANN HOFFMANN, Ueber Bacterien. 233. Bot. Ztg. 69. — FERD. CoHN, Zur Bacterienfrage. 861. Bot. Ztg. 71. — Jon. Lüpers, Ueber Abftammung und Entwickelung des Bacterium Termo, Vibrio lineola. Ehrb. 33..41. — Dr. FErD. CoHun, Unterf. über Bacterien. CoHn, Beitr. Heft 3. $S. ı4r. Breslau 1875. J. U. Kern’s Verlag. — Dr. FERrD. _ CoHn, Unterf. über Bacterien. Coun, Beitr. Heft 2. S. 127. Breslau 1872. J. U. Kern’s Verlag. — Dr. J. SCHRETER, Ueber einige durch Bacterien gebildete Pigmente. CoHNn, Beitr. Heft 2. S. 109. Breslau 1872. J. U. Kern’s Verlag. — Dr. Ep. Eıpam, Unterf. über Bacterien. III. Beiträge zur Biologie der Bacterien: ı. Die Einwirkung verfchiedener Temperaturen und des Eintrocknens auf die Entwickelung von Bacterium Termo Duj. Corn, Beitr. Heft 3. S. 208. Breslau 1875. J. U. Kern’s Verlag. — Dr. Koch, Kreis- phyfikus in Wöllftein, Unterf. über Bacterien. V. Die Aetiologie der Milzbrandkrankheit begründet auf die Entwickelungsgefchichte des Bacillus Anthracis. CoHn, Beitr. Bd. 2. Heft 2. S. 277. Breslau 1876. J. U. Kern’s Verlag. — Dr. FErD. CoHn, Unterf. über Bacterien. IV. Beiträge zur Biologie der Bacillen. Conn, Beitr. Band 2. Heft 2. S. 249. Breslau 1876. J. U. Kern’s Verlag. — C. J. SALOMONSEn, Zur lolation differenter Bac- terienformen. 609. Bot. Ztg. 76. Chytridieen. A. Braun, Ueber das Chytridium, eine Gattung einzelliger Schmarotzergewächfe auf Algen und Infuforien. 1856. Berlin. Dümmler. — Dr. J. SCHR&TER, Die Pflanzenparafiten aus der Gattung Synchytrium. Coun, ‚Beitr. Heft I..S. 1. Breslau 1870. J. U. Kern’s Verlag. — Dr. LEon NowaRowskI, Beiträge zur Kenntniß der Chytridiaceen. II. Polyphagus Euglena, eine Chytridiacee mit gefchlechtlicher Fortpflanzung. Conn, Beitr. Bd. 2. Heft 2. S. 201. Breslau 1876. J. U. Kern’s Verlag. — Dr. Leon NOowARowsKIı, Beitrag zur Kenntniß der Chytridiaceen. Conn, Beitr. Bd. 2. Heft I. S. 73. Breslau 1876. J. U. Kern’s Verlag. — M. Woronin, Neuer Beitr. zur Kenntniß der Chytridieen. Entwickelungsgefchichte des Synchytrium mercurialis. 81. 97. Bot. Ztg. Saprolegnien. A. DE Bary, Beitrag zur Kenntniß der Achlya.prolifera. 473. 89. 505. Bot. Ztg. 52. — N. PRINGSHEIM, Weitere Nachträge zur Morphologie und Syftematik der Saprolegnien. Abhandl. d. k. Acad. d. Wiffenfch. zu Berlin. 1859. — A. DE Bary, Einige neue Sapro- legnien. S. 169. PrinGsH. Jahrb. Bd. II. 1860. — H. LEITGEB, Neue Saprolegnien. S. 357. PrinGsH. Jahrb. Bd. V. 1866—67. — Dr. Oscar BREFELD, Entwickelungsgefchichte der Empufa muscae und Empufa .radicans. 161. 177.. Bot. Ztg. 70. — Dr. Jacop Warz, Beiträge zur Kenntniß der Saprolegnien. 537. 553. Bot. Ztg. 70. Uredineen. Max ReEsS,. Chryfomyxa Abietis. Unger und die. von ihr verurfachte Fichten- nadelkrankheit. 385. 93. Bot. Ztg. 65. — Prof. A. S. ÖrsTED, "Ueber Reeftelia lacerata nebft Bemerkungen über die anderen Arten der Gattung Roeftelia. 222. Bot. Ztg. 67. — Pflanzenkrankheiten. 639 Als oberften Satz erhalten wir: der parafitär lebende Pilz ift die Ur- fache des Zerfalles.oder der Erkrankung der höheren Pflanze. Die patho- logifchen Symptome find im Allgemeinen nicht fo genau im chemifchen Sinne aufgeklärt wie die Gährung. Wir halten in erfter Linie feft, daß es der Forfchung bis jetzt nicht gelungen ift, den Nachweis zu liefern, daß) die in Frage kommenden Krank- heitserreger in dem Wirth, der Nährpflanze oder dem Thiere, durch Urzeu- gung oder Zerfall des Plasmakörpers des Wirthes entftehen, und gehen von vornherein von der Vorftellung aus: wenn ein niederer Parafit in das Innere einer Zelle des Wirthes dringt, fo find an fich fchon die Bedingungen der Erkrankung des Wirthes gegeben. Wir können fomit fagen: der gegebene Pilz, welcher fo verfährt, ift Dr. Max Reress, Die Roftpilzformen der deutfchen Coniferen. Halle. H. W. Schmidt. 1869. — M. WOoRroNIN, Unterf. über die Entwickelung des Roftpilzes (Puccinia Helianthi), welcher die Krankheit der Sonnenblume verurfacht. 677. 693. S. Famintzın. Bot. Ztg. 75: — Dr. J. Schr&rer, Entwickelungsgefchichte einiger Roftpilze. Conn, Beitr. Heft 3. S. ı. Breslau 1875. J. U. Kern’s Verlag. Ustilagineen. A. FISCHER v. WALDHEIM, Beiträge zur Biologie und Entwickelungsgefchichte der Uftilagineen. S. 61. PrıngsH. Jahrb. Bd. V. 1866—67. — J. Kühn, Tilletia as, eine Kornbrandform des Roggens. 470. Bot. Ztg. 76. Pyrenomycetes. H. v. Mont, Die 'Traubenkrankheit. 9. 31. Bot. Ztg. 52. — A. DE BarY, Zur Kenntniß infectentödtender Pilze. ı. 9. 17. Bemerkungen über Arthrobotrys oligofpora. 75. Ueber den Krebs und die Hexenbefen der Weißtanne. 257. Bot. Ztg. 67. — A. DE BarY, Zur Kenntniß infectentödtender Pilze. Bot. Ztg. 1867. Nr. 2. — Dr. Baır, Ueber Pilzepizootien der forftverheerenden Raupen. Danzig. Th. Anhuth. 1869. — Dr. R. Worr, Keimung der Ascofporen von Eryfiphe graminis Lev. Notiz, neuen Brandpilz betr. 814. Bot. Ztg. 74: Allgemeines. WILLKkoMM, Mikrofkopifche Feinde des Waldes. Dresden 1867. Schönfeld. — Dr. Th. Harrtıc, Nachträge zur Abhandlung «Pilzbildung im keimfreien Raume». 190. Ueber das Faulen von Eiern in unverletzter Eifchale. 193. Bot. Ztg. 69. — R. Harrıg,- Die Zerfetzungserfcheinungen des Holzes der Nadelholzbäume und der Eiche in forftlicher, botanifcher und chemifcher Richtung. Berlin 1878. J. Springer. — R. Harrıc, Pilzkrank- heiten der Bäume. Berlin 1874. J. Springer. — A. DE Bary, Anmerkung zu TH. HArTIG’s Nachträgen zur Abhandlung «Pilzbildung im keimfreien Raume». 193. Zur Kenntniß in- fectentödtender Pilze. 585. 601. Bot. Ztg. 69. — Dr. FErD. CoHn, Ueber eine neue Pilz- krankheit der Erdraupen. Conn, Beitr. Heft ı. S. 58. Breslau 1870. J. U. Kern. — JuLıvs Künn, Der Mehlthau der Runkelrübe. 499. Die Anwendung des Kupfervitrioles als Schutz- mittel gegen den Steinbrand des Weizens. 502. Bot. Ztg. 73. — Dr. J. SCHRETER, Prüfung einiger Desinfectionsmittel durch Beobachtung ihrer Einwirkung auf niedere OFRARSPERE Conn, Beitr. Heft 3. S. 30. Breslau 1875. J. U. Kern’s Verlag. Ro. X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, ne. Fäulniß, Verwefung. : ein fpecififcher Krankheitserreger, fpecififch bezogen auf jede andere Krank- heit, aber auch bezogen auf die Krankheit, welche ein gegebener Pilz anderer Art unter denfelben oder ähnlichen Umftänden erzeugt. B. Bedingungen des Pilzlebens. Allgemeine Bedingungen des Pilzlebens find diefe: warme, feuchte Luft, das geeignete Subftrat, welches reich an organifchen Zerfetzungspro- ducten ift, Thier- und Pflanzenleichen, und für die parafitären, welche nur in lebenden Pflanzen und Thieren zu leben vermögen, der Wirth in ‘der geeigneten Phafe feines ganzen Körpers oder derjenigen Organe, welche der Parafit zunächft anzugreifen gewohnt ift. Gehen wir von dem Infectionsherd aus. Es kann diefer das Sporen- lager eines epiphyten Pilzes fein, fo kommt zunächft der rein mechanifche Vorgang der Sporenzerftreuung in Betracht. Die Sporen werden in der Luft verweht oder verfchleppt durch Thiere und Menfchenhand, fie fliegen aus und gehen zu Millionen zu Grunde. Sie keimen, wenn fie das geeig- nete Subftrat finden. Die Infection ift fomit zunächft ein rein mechanifcher Vorgang, das Entftehen der Krankheit aber ift abhängig von der Befchaffenheit des Wirthes, dem jeweiligen Zuftand feiner angegriffenen Theile, Blatt, Stamm, Blüthe, Aftwunde u. f. f. Hierin liegt ein wefentlicher Zug des Verhält- niffes begründet, welches die Dispofition für die Krankheit genannt wird. Bei einer epidemifchen Pilzkrankheit, fo namentlich bei den Roft- pilzkrankheiten der Nadelhölzer, findet man ganze Beftände befallen, fo z. B. die Kiefern der norddeutfchen Ebene, die Weißtanne im Schwarzwald, die Fichte in den Alpen. Mitten in dem Beftand fteht unter Hunderten von kranken Bäumen ein gefunder. Ebenfo kommen im roftkranken Getreide- feld einzelne gefunde neben zahllofen inficirten Pflanzen vor. Die Dispo- fition für die Krankheit hängt jedenfalls von mannigfaltigen Bedingungen in der Nährpflanze, wie in den Parafiten oder deren Keimen, fowie von einigen Witterungsbedingungen ab, welche mit aller Beftimmtheit für einige Krankheitserreger erfchöpfend ftudirt find. Zu den Krankheitserregern find zu rechnen: die Spaltpilze (Bacterien), die Chytridieen, Saprolegnien, ein Theil der Mucorineen, die Uredineen, Uftilagineen, die Peronofporeen, ein Theil der Pyronomycetes und Aga- ricineen. Wiewohl nun durch eine Reihe ganz ausgezeichneter Unterfuchungen DE Bary’s, TULASNE’s, REEss’, BaıL’s, Löw’s, KARsTEn’s, R. Harrıg’s nach- gewiefen ift, daß aus jeder im fyftematifchen Sinne genau umfchriebenen Gruppe der genannten Pilze fpecififche Krankheitserreger hervorgehen, fo Pflanzenkrankheiten. 641 muß doch in erfter Linie darauf aufmerkfam gemacht werden, daß in diefem unermeßlichen Gebiet der Propagation zahlreiche endophyte Pilze fich in abfterbenden Thier- und Pflanzenleibern einfinden, ohne in Caufalnexus mit dem endlichen Tod des. Wirthes zu ftehen. Zahlreiche Pyrenomyceten fiedeln fich in abfterbenden Baumtheilen oder in frifchen Aftwunden an, ohne Wefentliches beizutragen zu der Zerftörung des Wirthes. Selbft die Wunden, welche an Zweigen krebsartig durch das Wuchern eines Roft- pilzes (Aecidium pini, Podifoma auf Juniperus z. B. u. a. m.) entftehen, können gelegentlich durch Pyrenomycetenfporen und deren Mycelien inficirt werden. Es findet eine Succeflion von verfchiedenen Pilzformen in ab- fterbenden oder todten Pflanzentheilen ftatt, ohne daß ein genetifcher Zu- fammenhang unter denfelben zu beftehen braucht und ohne daß die auf- tretenden Parafiten in caufalem Zufammenhang mit der urfprünglichen Krankheit zu ftehen brauchen. Als eigentlicher Krankheitserreger ift -der verdächtige Pilzgaft in der gegebenen Nährpflanze doch erft erwiefen, wenn die Infection durch Impfung. auf einer zweifellos gefunden Pflanze der gleichen- Art alle Symptome der Erkrankung hervorbringt. Solche Nachweife find für die verfchiedenen. Organe an der Pflanze mit Sicherheit beigebracht, für die Erkrankung der Wurzel der Bäume durch die Agaricineen (Kiefern, Fichten, Lärchen durch Agaricus melleus); für die Wurzel der Erle durch Schinzia alni aus dem Verwandtfchaftskreis der Chytridieen, wo große krebsartige, perennirende Anfchwellungen aus deformirten verholzenden Sproflungen entftehen, welche in adventiver Weife dem Innern des Rindenkörpers entfpringen. Für den Stamm der Waldbäume find Corrofionen im Holz und in der Rinde durch Infection, welche von der Wurzel auf- oder von der Aft- wunde abfteigend vorfchreiten, bekannt, für die Gattungen Agaricus und Trametes aus der Familie der Agaricineen. Die Mycelien treten in Form der Rhizomorphen oder in Fäden und Platten auf. Zweig- und Blattkrank- heiten werden in erfter Linie epidemifch für die Uredineen, Uftilagineen, Chytridieen, Peronofporeen und Pyrenomycetes. Blüthentheile werden von Uftilagineen, Uredineen und Sphariaceen befallen. Die äußeren Symptome, welche durch die mikrofkopifch kleinen “ Krankheitserreger zunächft auffallen, find: 1° Verluft des Turgors bei einigen befallenen Organen. So das Blatt und die Beere des Weines unter dem Einfluß der Erifyphe. Das Kartoffel- blatt unter dem Einfluß der Peronofpora; 2° Anfchwellung und Verbildung ganzer Organe, welche während des Wachsthums befallen wurden, fo die Cruciferen unter dem Einfluß von Ciftopus candidus, der Maiskolben unter dem Einfluß des Uftilago maidis, das Birnblatt unter dem Einfluß der Podifomafporen, die vom Roft be- N. J. C. Mürrer, Handbuch I. ı. 8 41 642 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. fallenen Blätter von Berberis, die Zweige von Pinus unter dem Einfluß des Accidium pinitorguum u. v. a.; 3° Verfärbung, Zerfetzung des Chlorophylles in Blättern, welche von den Uredineen, Uftilagineen, Peronofporen befallen find; 4° vollftändige Reforption der befallenen Organe, fo bei dem Ge- treide, at von den Uftilagineen, Pyrenomyceten befallen ift; 5° partielle Reforption und Krebsbildung in der Rinde der Bäume bei manchen Uredineen, Podifoma juniperi, Aecidium pini; 6° Reforption der Nährkörper im Zelleninnern des Wirthes, Abtödtung des Protoplasmas, vollftändige Zerfetzung aller Säfte, rafch fortfchreitende Fäulniß, z. Th. bei den Uredineenkrankheiten, ganz vorherrfchend bei den Versagen Kartoffelblättern. Die inneren Symptome, welche zum Theil durch das Mikrofkop erkannt werden, hängen innig mit der Entwickelungsgefchichte der Para- fiten zufammen: 1° Die Propagationszelle, welche den Infectionsherd verläßt und den Wirth befiedelt, ift eine nackte, geformte, mit Cilien verfehene Plasma- maffe, fie fchwimmt im Waffer. Die Infection it daher an fich an eine Wafferbahn, welche den Infectionsherd mit dem neuen Subftrat verbindet, gebunden, die Schwärmfporen (Oofpore oder Zoofpore der Sa- prolegnien, Peronofporeen, Chytridiaceen) beruhigen fich auf dem Subftrat, bilden eine fefte Membran, welche zum Keimfchlauch auswächft. ' Diefer dringt durch die Intercellularräume (Spaltöffnungen) in das Innere des Wirthes und bildet ein Mycelium, welches intracellular oder. intercellular den befallenen Pflanzentheil durchwuchert, fo bei den Chytridiaceen, Pe- ronoiporeen. 2° Die Spore ift eine ruhende Zelle, welche ausfliegt oder verfchleppt wird, fie keimt auf der Epidermis, indem das Endofporium einen Schlauch treibt, welcher durch die Spaltöffnung eindringt, z. B. Aecidium auf dem Getreide, oder ein Loch durch die Exine und Intine der Epidermis bohrt, z. B. die Puccinia und die Uftilagofpore auf dem Getreide. 3° Das Mycelium, welches auf der ruhenden Spore entfteht, fpinnt den Pflanzentheil ein und haftet an der Epidermis nur mit kurzen Saug- warzen (Hauftorien), welche die Epidermis durchbohren, -z.-B. die Erifyphen ° auf dem Weinblatt, den Blättern des Ahorn, der Erle, des Hopfens und auf zahlreichen krautartigen Gewächfen. 4° Das vegetative Gewebe, Mycelium, durchböher: mit bis millimeter- dicken Strängen (Rhizomorphen) die Baumwurzeln, reforbirt weite Strecken des Holzkörpers in transverfaler und longitudinaler Richtung, fendet von den dickeren Rhizomorphenäften einzellige Mycelfäden aus, welche durch die Zellwand der Holzzelle. dringen. Es reforbirt die Splintlagen im Holz Pflanzenkrankheiten. 3 643 und der Rinde, indem es fich in tangentialer Richtung zwifchen Holz und Rinde ausbreitet. 5° Die Sporenlager entftehen aus dem vegetativen Körper des Wir- thes unter der Epidermis, durchbrechen diefe zur Zeit der Ausfaat, ver- wunden daher von innen heraus die Oberfläche (Uredineen, Uftilagineen). 6° Die Mycelien verändern die Textur des Holzes. Das Holz wird weiter, wie die directe Berührung des Mycelfadens (Hyphe) reicht, reforbirt. Es behält in dem am weiteften zerfetzten, rothfaulen Eichenholz, abgefehen von den unregelmäßig umfchriebenen Löchern (Corrofionsftellen der Mycel- platten und Fadengewebe), im kleinen Volum feine hiftologifche Befchaffen- heit. Das fpecififche Gewicht ift indef) beträchtlich gefunken, die Textur verändert, die Feftigkeit vernichtet, die chemifche Zufammenfetzung ver- ändert, z. B. bei dem kranken Holz der Kiefer, Fichte, Lärche, Eiche unter dem Einfluß der Trametes- und Polyporusarten. 6. Dauer das Infectionsherdes. "Bezüglich der Dauer des Infectionsherdes ift zu beachten, daß alle Organe der Nährpflanze, welche an fich im erften Jahre eingehen, abfallen, abfterben, vertrocknen, felbftredend für den Stock der Pflanze den Infec- tionsherd befeitigen. Dieß gilt für alle fpecififchen Blattkrankheiten der Laubbäume, der krautartigen Gewächfe. Kommen die Sporen aber zur Entfaltung auf dem in Frage ftehenden Organ, fo bildet das verdorrte und verwefte Organ unter Umftänden den Infectionsherd für die nächfte Vege- tationsperiode. Perennirende Mycelien bilden die baumbewohnenden Aga- ricineen: Trametes, Polyporus, Agaricus u. v. a., welche z. Th. ftetig und periodifch Sporen- (Frucht-) Körper ee Dauernde, dh viele Jahre thätige Infectionsherde find die Krebswunden der Wachholder (Po- difoma, Gymnofporangium), einige rindenbewohnende Aecidien bei derKiefer, Weißtanne, der Erlenkrebs (Schinzia alni). Dauernde Mycelien- und Sporen- lager finden fich bei den baumbewohnenden Sphxriaceen (Uftulina, Cucur- bitaria, Xyloxylon u. a.). Die Uebermittelung der Krankheit von einem Sommer zum nächften findet fich, von einem und demfelben Infectionsherd der Nadel aus, bei der roftkranken Fichte (Chryfomyxa abietis). D. Die Generation des Krankheitserregers. Wir kommen damit zu dem nächften intereffanten Zug in der Krank- heitsgefchichte. Die Uebermittelung der Infection von einer Vegetations- periode zur nächften, von einer Pflanze zur anderen, oder von einem Jahres- 41* 644 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. trieb einer gegebenen perennirenden Pflanze (Waldbäume) zum nächften ift abhängig von der Generation der Sporen und deren Anpaflung. 1. Entwickelungszeit unbestimmt. Bei einigen Agaricineen, welche den Baumkörper bewohnen, dort das Holz mit perennirenden Mycelien allmälig im Laufe der Jahrzehnte zer- ftören, ift die Zeit der Entwickelung für den Sporenkörper unbeftimmt. Die Infection kann nur an der Wurzel, an einem Rindenriß oder an einer Aftwunde gefchehen. Die Angriffsftelle kann hier unter Umftänden ver- fchwindend klein fein gegenüber der ganzen Oberfläche des Baumes. Diefe Parafiten befitzen aber zum Theil nicht die Fähigkeit, ihre Sporen erzeugen- “ den Fruchtkörper durch die Borke hinauszutreiben; fie find gewiffermaßen, nachdem fie von der Angriffsftelle aus den Holzkörper langfam durch- wucherten, gefangen, bis ihr Mycelium eine bereits vorhandene Wunde in der Rinde trifft. Geeignete Witterungsbedingungen machen nun die Bildung der über die Oberfläche des Wirthes hervorragenden (Frucht-) Sporenkörper möglich. Der Zeitpunkt für den Abfchluß der Entwickelung wird hier alfo im Allgemeinen ganz unbeftimmt fein. Auch brauchen folche Trametes- und Polyporusarten von der erften Anlegung ab bis zur Sporen- reife oft mehrere Wochen, felbft Monate. 2. Anpassung an den Wirth. Das zweite Verhältniß ift diefes: der Pilz ift mit feinen Generationen der Sporenbildung, allgemein der Bildung feiner Propagationszellen, auf eine und diefelbe Nährpflanze (auf ein und dasfelbe Nährthier) angewiefen. Er bildet die verfchiedenen Generationen gleichzeitig oder eine hinter der andern. Dahin. gehören die Chytridieen, Saprolegnien, Mucorineen, Uftilagineen, Peronofporeen. 3. Generationswechsel. Der Krankheitserreger ift mit mehreren in genetifchem Verband ftehen- den Sporen und Mycelformen an verfchiedene Nährpflanzen angepaßt. Der Entwickelungscyclus ift durchbrochen, alfo unmöglich, wenn eine der Nähr- pflanzen in der Nähe des Infectionsherdes fehlt. Diefer Gegenftand kann auch ohne die eingehende Keimungsgefchichte einigermaßen überfchaut werden: wir wählen zu feiner Darlegung die Entwickelung einiger Uredi- neen und das Mutterkorn. | I. Unter den Roftpilzen ift wohl am weiteften verbreitet der gelbe Nadelroft der Fichte. Die foeben aus der Knofpe austretende Nadel wird befallen von den Sporidien der Chryfomyxa abietis. Der Keimfchlauch dringt durch die Epidermis, bringt die Nadel durch die Bildung eines inter- Pflanzenkrankheiten. | 645 cellularen Mycels zum Erkranken. Roftbraune ringförmige Stellen zeigen dieß im laufenden Sommer des erften Jahres an, Gleichwohl hält fich die Nadel am Zweig über den Winter bis zum zweiten Jahre. Während diefer Zeit bildet das endophyte Mycelium die Sporenlager (Sterigmen) unter der Epidermis. Erft im Mai und Juni des nächften Jahres öffnen fich die Sporenlager durch Zerreißen der Epidermis, die Sterigmen ftrecken fich, gliedern die Sporidia der erften bis zweiten Ordnung ab, welche verftäuben und die junge Nadel des zweiten Jahres befallen. Damit ift der Cyclus umfchrieben, die nächfte Etage der Nadeln und Zweige an dem Baum ift inficirt. Die Infection erfolgt hier alfo an einer mehrjährigen Nadel im erften, die Sporenausfaat aber erft im zweiten Jahre. I. Die zweite Gruppe ift durch den Roft (Reeftelia) auf den Birn- blättern vertreten. Die von dem Birnblatte abfliegenden Sporen der Reeftelia inficiren die Zweigrinde des Juniperus Sabina. Dort ift das Mycelium peren- nirend, giebt Veranlaffung zu einer Krebswunde, aus welcher in der feuchten Frühlingsperiode die gelatinöfen Sporenlager einer zweiten Pilzform (Podi- ‚foma oder Gymnofporangium) hervorquellen. Aus dem vertrockneten Sporen- lager verftäuben die Podifomafporen, keimen aber auf den Blättern der Pomaceen (Pirus, Cratzgus u. a. m.), bringen dort die Generation der Reeftelia hervor. Die Krankheitsurfache diefer Obftbäume kann alfo mit dem Juniperus Sabina entfernt werden. Betrachten wir endlich noch den- felben Vorgang für den Getreideroft zufammen, fo können wir den Ver- lauf der Infectionen von einer gegebenen kranken Getreidepflanze in diefem Schema zufammenttellen: Sommer des Jahres n. | Secale I verftäubt Uredofporen (1) von den vegetativen Theilen, Blättern, nach Secale II, III, IV u. f. f.; dort entfteht Uredo (2). Diefer wird ver- ftäubt und kann unter Umftänden auf anderen Nährpflanzen Uredo (3) her- vorbringen. Aus den verlaffenen Uredolagern oder neben den Uredofporen auf demfelben Blatt entfteht die zweite Sporenform Puccinia. Diefe verftäubt noch im laufenden Sommer, geht aber hinüber auf die Blätter von Berberis, wo fie, keimend, aus dem endophyten Mycelium die Sporenform Aecidium hervorbringt. Sommer des Jahres n + 1. - Die Aecidiumfporen inficiren nun die neue Generation von Secale in vielen Individuen, das endophyte Mycelium bildet zuerft Unede, damit fchließt die Entwickelung an den Beginn an: 646 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung. Sommer n. Secale I. 2 N BR HM. Uredo — 17 Uredo | | Puccinia Puccinia | Berberis (Aecidium) Berberis (Aecidium) Sommer n + 1. Secale (Uredo) Secale (Uredo). | Die Generation ift durchbrochen und damit die Epidemie, bezogen auf die Getreidecultur, vernichtet mit der Entfernung der Berberizenfträucher. Von ähnlichem Intereffe ift der Vorgang der Infection bei dem Mutter- . korn des Getreides, hier find drei Pilzformen bekannt; zunächft Sphacelia, die Conidienform vom Fruchtknoten der Cerealien (Roggen, Weizen), aber auch auf einigen wilden Gräfern, z. B. Molinia coerulea. Diefe Form zerftört den Fruchtknoten vollftändig, die ausfliegenden Conidien inficiren aber noch im felben Sommer die Umgebung. Wir erhalten alfo: Sommer n. Secale er ge 6 Bes ya par © Sphacelia Sphacelia Sclerotium Sclerotium Fer | Sommer n-+ 1. _ Claviceps Claviceps | Secale (Sphacelia) Secale (Sphacelia). Jedes verlafflene Sphacelialager bildet einen mehrere Centimeter großen ruhenden Pilzkörper (Mutterkorn), welcher abfällt (oder wenn geerndtet, von dem Getreide abgefiebt wird). Derfelbe ruht mehrere Monate, bildet die fporenerzeugende Generation von Claviceps. Die Sporen diefes inficiren die Blüthen (Fruchtknoten) der nächft- jährigen Getreidegeneration. Mit der Zerftörung des Sclerotium vor der Keimung ift die Urfache der Erkrankung vernichtet. Bei Betrachtung der rein phyfiologifchen oder chemifchen Wirkung der Pilzparafiten wird fich zeigen, daß man auf das von NÄceuı eingehen- - der befprochene Problem über die Wirkung der Hefezelle rafch zurück- kommt. Zunächft ift leicht überfichtlich, daß im Vergleich zu dem rapiden Verlauf der analogen Krankheiten bei dem Thier, in welchem die Organe der Ernährung, der Verdauung und Athmung mehr centralifirt find, der Krankheitsverlauf bei den Pflanzen ein außerordentlich träger ift. Die von den Saprolegnien befallenen Fliegen erfahren jedenfalls eine rafch tödlich verlaufende Zerftörung der Verdauungsorgane und des, Gefäßfyftems, viel- I Pflanzenkrankheiten. 647 leicht eine Blutvergiftung. Bei den Epidemieen der Bombyx pini und der Seidenraupe ift mit Beftimmtheit die Infection des Blutes mit abgegliederten keimfähigen Conidien nachgewiefen. Ebenfo ift bei der Infection mit Milz- brandbacillen die Untermifchung des Blutes mit Keimen diefer Bacterie er- wiefen. Hier, wie bei- der Baginherits; handelt es fich jedenfalls um eine Blutvergiftung. Aber felbft, wenn dieß nicht im chemifchen Sinne verftanden werden dürfte, fo ift doch mindeftens dort die Verbreitung der Erreger von einem gegebenen, vielleicht mikrofkopifch kleinen Orte der erften Infection aus wefentlich erleichtert gegenüber dem gleichen Krankheitsverlauf bei der Hefepflanze. Der erfte Angriff gefchieht von einem mikrofkopifch kleinen Orte ‘ aus. Wie nun auch die Bahn des eindringenden Keimfchlauches liegen möge, fo ift doch leicht erfichtlich, daß der Vorgang erft dann zur Er- krankung führt, wenn das Mycel mit feinen Zellen . den Plasmakörper durchdringt. Das Anbohren der Cellulofewände ift an fich freilich fchon ein auf- fälliger Eingriff, bei welchem mit Beftimmtheit Cellulofe gelöft werden muß. Die eigentliche Tödtung tritt aber doch erft mit der Wirkung der Keimfchläuche auf das Plasma der befallenen Gewebe ein. Der Tod tritt unausbleiblich ein, wennfchon die Zelle längere Zeit dem Parafiıten wider- fteht und noch einige Zeit der Translocation obliegen kann. Welcher Natur der chemifche Vorgang ift, kann bis jetzt nicht ent- fchieden werden. Es fetzen fich hier der experimentellen Forfchung gerade wegen der zahlreichen, aber mikrofkopifch. kleinen Infectionsherde unüber- fteigliche Hinderniffe entgegen. Die Pilzhyphe wirkt jedenfalls durch Diffu- fion weit über ihre nächfte Umgebung hinaus, die erkrankten und fichtlich in ihrer chemifchen Conftitution, fowie Textur veränderten Gewebe find auch zwifchen den fichtbaren Hyphen und Mycelplatten in diefem Sinne zerftört. ‘Wennfchon über den chemifchen Vorgang der Abtödtung der inficirten Zelle nichts bekannt ift, als daß endlich die vollftändige Unfähig- keit, Refervekörper zu bilden, zu leiten, und das Abfterben und der Zerfall der Zellinhalte eintritt, fo find doch wenigftens die fecundären Wirkungen, welche von diefen erften Eingriffen abhängen, überfichtlich. Auszunehmen freilich find die Verbildungen, fo namentlich das mächtige Anfchwellen bei geringem Aufwand von Bildungsmaterial bei einjährigen Theilen, Blättern, faftigen Stengeln (Uredo maidis bewirkt, dafs der jugendliche Maiskolben zum Durchmefler von ı!/s Fuß anfchwillt). Die in Frage ftehenden Gewebe find häufig durchaus nicht felbft in- ficirtt durch Mycelien oder Keimfchläuche. Die fecundären ‚Wirkungen, welche als nothwendige Folge überfchaut werden können, find diefe: zu- - 648 X. Rückläufige Zerfetzungen, Erkrankung, Gährung, Fäulniß, Verwefung nächft ift an und für fich klar, daß die reichliche Infection, d. h. das An- gehen zahlreicher Sporen, allein die Garantie bietet, daß der Parafit die Phafen der Mycelbildung, der nöthigen Veränderung in dem befallenen Organe, durchläuft, fo daß er wirklich zur Sporenbildung fchreiten kann. Hierbei geht das Organ, alfo ein Syftem von Zellen, zu Grunde, welches das ganze Syftem des Pflanzenkörpers rückwirkend ernährt. So z. B. fällt das Blatt frühzeitiger; ift der Parafit ein fpecififcher Blattbewohner eines Baumes, fo verliert der Baum zwar z. Th. die Erndte an Aflimilations- producten, ift fonft aber nicht gefährdet. Wiederholt fich die Epidemie, fo tritt freilich eine ftetig fich fteigernde Schwächung ein. Die zahllofen blattbewohnenden Erifyphen find kaum bei den Bäumen zu den erften -Krankheitserregern zu rechnen, fie gehen gar nicht in das Blatt. Gleich- wohl üben fie eine fecundäre Wirkung, indem fie die Aflimilation fchwächen. Das Gleiche gilt, wennfchon nicht in demfelben Maß, für lediglich blatt- bewohnende Uredineen. Eine fecundäre Wirkung fchlimmerer Art ift der Verluft der Kartoffelblätter. Hier wird die Aflimilation durch Verluft der Blätter eingeftellt, 2—3 Monate vor dem für die Erndte erforderlichen Ziel. Ganz verderblich endlich wirkt die Erkrankung dann auf das ganze Syftem zurück, wenn, wie bei der Abtödtung der Baumwurzeln durch die Rhizomorphen und durch Zerftörung der leitenden Rindengewebe, die Trans- location vollffändig oder zum Theil unterbrochen wird. Die fecundären Wirkungen laflfen fich alfo leicht überfchauen, während die Vorgänge der Abtödtung, abgefehen von den mikrofkopifch wahrnehmbaren Veränderungen, in der nächften Nähe der Infectionsftellen, namentlich im chemifchen und phyfikalifchen Sinne, bis jetzt nicht verftanden werden können. Ü C, F. Winter’fche Buchdruckerei, Ne Dies Le I e BER ENREr Be BR . | SH re a ee ee u a 5 LE er Dr ne = -_ Br 63 Ba nie: Bi ee EX F TA en E in r FR ee Se u > er gr = . a WABAG SER nr u Der BER “ Er Dr 5 Er QK Müller, Nicolaus Jacob Carl 641 Handbuch der allgemeinen M84 Botanik Th.1 cop.2 Biological & Medical PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY en Se ET ing Eee Dar ee ng