' i ■. "' ■ VA\^ CoforoWa Umbmftp ^r üttbeCftpoOfota^orh feftraw SJibrarg Inhalt des ersten Bandes. Skeletlehre. Seite Abteilung I. Allgemeines. Wirbelsäule. Thorax. Von Prof. Dr. J. Disse in Marburg. Mit 69 Abbildungen im Text 1 Abteilung II. Kopf. Von Prof. Dr. F. Graf von Spee in Kiel. Mit 102 großenteils mehrfarbigen Originalholzschnitten 93 Abteilung III. Skelet der oberen und unteren Ex- tremität. Von Prof. W. Krause in Berlin. Mit 83 Ab- bildungen im Text 1 Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from Open Knowledge Commons (for the Medical Heritage Library project) http://www.archive.org/details/handbuchderanato11bard Skeletlehre. Abteilung i. Allgemeines. Wirbelsäule. Thorax. Von Prof. Dr. J. Disse in Marburg. Mit 6q Abbildungen im Text. Handbuch der Anatomie. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben. Erster Band. Erste Abteilung. Jena, Verlag von Gustav Fischer 1896. I 'S--/0-7&?- *-t<^=< Einleitung. Den denkenden Beobachter der belebten Natur interessieren die lebenden Wesen in doppelter Hinsicht ; er berücksichtigt bei ihrer Betrachtung vorwiegend den Bau, oder aber die Leistungen. Die Lehre von den lebenden Organismen, die Biologie, behandelt die Ergebnisse beider Betrachtungsarten als gleichberechtigte Disciplinen ; sie zerfällt in die Lehre vom Bau der Organismen, die Morpho- logie, und in die Lehre von den Verrichtungen derselben, die Physiologie. In ihrer ganzen Mannigfaltigkeit erscheinen die Leistungen erst bei Organismen, die auf einer bestimmten Entwicklungsstufe an- gekommen und fertig ausgebildet sind; die Physiologie zieht in den Kreis ihrer Untersuchungen hauptsächlich die vollständig entwickelten, fertigen Individuen. Die Betrachtung der Form eines beliebigen Organismus ist aber mit der Untersuchung des fertig ausgebildeten Zustandes nicht er- schöpft. Der Bau desselben ändert sich während des Lebens in gesetzmäßig bestimmter Weise ; das Individuum beginnt sein Dasein mit einer sehr einfachen Form, und diese ändert sich, vom Einfachen zum Zusammengesetzten fortschreitend, während der ersten Lebens- zeit beständig um. Ein ganzer Formenkreis wird von einem und demselben Organismus in gesetzmäßiger Aufeinanderfolge durchlaufen, bis die endgiltige Form erreicht ist. Die Vorgänge, die den Organis- mus aus dem einfachen Zustand in den endgiltigen überführen, be- zeichnen wir als die „Entwickelung" desselben; sie sind, je nach dem Aufbau des fertigen Organismus, einfacher oder komplizierter. Die Untersuchung der Entwickelung des Organismus gehört not- wendig zu der Untersuchung seines Baues im fertigen Zustande hinzu; die endgiltige oder Schlußform wird durch die bei der Ent- wickelung sich folgenden Formenreihen bestimmt. Indem also die Morphologie, von der Untersuchung fertiger Formen ausgehend, das Werden derselben für jedes Individuum ver- folgt, zerfällt sie in zwei Zweige : die Lehre von den fertigen Formen nennen wir Anatomie, die Lehre von der Ausbildung der Formen heißt Entwickelungsgeschichte. Handbuch der Anatomie. I. 1. 1 I DISSE, Da die Organismen in zwei große Gruppen zerfallen, Tiere und Pflanzen, so giebt es eine Morphologie der Tiere und eine Morphologie der Pflanzen; die tierische Morphologie wiederum, ebenso die der Pflanzen, zerfällt in so viel Unterabteilungen, als es Gattungen, Kreise gleich gebauter und in gleicher Weise sich entwickelnder Individuen, giebt. Die anatomische Untersuchung einer bestimmten Gattung ist nun entweder allgemein oder sie ist speciell anatomisch. Allge- mein anatomisch wird sie genannt, wenn sie das Material be- rücksichtigt, aus dem die einzelnen Teile bestehen, und wenn sie dieses hinsichtlich seiner Zusammensetzung, seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften, seiner Bildung und Rückbildung untersucht. Dabei sieht diese Betrachtungsweise ab von den speciellen Formen, in welche das Material geprägt ist; sie faßt aber das in den ver- schiedenen Teilen des Organismus zerstreut vorkommende, gleich- artige Baumaterial in Gruppen zusammen. Derartige Gruppen nennen wir ,, Gewebe"; jedes Gewebe ist hervorgegangen aus ähnlich ge- formten und gleichartig erscheinenden Elementar teilen, und es führt uns die allgemein - anatomische Betrachtung jeder Gattung schließlich auf die Elementarteile und die Gewebe, die in dieser Gattung sich finden. Anders verfährt die speciell-anatomische Untersuchung. Von der übersichtlichen Betrachtung der Funktionen ausgehend, sucht sie diejenigen Unterabteilungen des Organismus, die diesen Funktionen vorstehen, und zerlegt sie weiter in bestimmt geformte, zu einer selbständigen Leistung befähigte Teile, die Organe. Das erste, was die speciell-anatomische Untersuchung uns zeigt, sind die zu einer speciellen Funktion vereinigten Organverbände; es heißen diese auch „die Systeme des Organismus" und daher führt die specielle Anatomie auch den Namen „systematische Anatomie". Nicht nur die Form des Organs im ganzen, sondern auch der Bau desselben im einzelnen unterliegt der speciell -anatomischen Untersuchung; dabei kommt sie auf die Gewebe, welche zu dem betreffenden Organ ver- bunden sind. . Es liefert also die speciell-anatomische Untersuchung das Material, das von der allgemein -anatomischen Betrachtung weiter verwertet wird; und der Zeit nach ist die specielle Untersuchung der allge- meinen vorausgegangen. Eine ausreichende Vorstellung vom Bau eines beliebigen Organismus giebt selbstredend nur die Vereini- gung beider Betrachtungsarten, der allgemein- und der speciell-ana- tomischen. Es muß die speciell-anatomische Betrachtung nicht notwendig eine systematische sein; sie kann auch topographisch verfahren. Dabei geht sie nicht von der möglichen Zerlegung in die Organ- systeme aus, sondern von der äußerlich wahrnehmbaren Gliederung" des Organismus. Diese läßt den Stamm von den Extremitäten unterscheiden; sie zeigt am Stamm selbst eine Unterabteilung in Kopf, Hals, Rumpf, und an jeder dieser Abteilungen wieder grenzt sie bestimmte Gegenden ab. Auf topographischer Betrachtungsweise beruht die Orientierung am lebenden Organismus ; sie lehrt weiter den Aufbau eines bestimmten Körperabschnittes verstehen und zeigt, wie die einzelnen Organe, obgleich verschiedenen Systemen angehörend, in. Skelet. Allgemeines. 3 einer gegebenen Gegend sich anordnen und wie sie aneinander- grenzen. Die Kenntnis von den Proportionen der einzelnen Teile, von ihren Lageveränderungen im Laufe des Wachstums, ist ebenfalls auf topographischer Betrachtung begründet. Die Anschauungen, die die systematische Untersuchung liefert, müssen der topographischen Betrachtung zu Grunde liegen, aber sie bleiben unfruchtbar ohne diese. Was die speciell-anatomische Durchforschung der Organismen an Ergebnissen geliefert hat, wird zum Objekt einer vergleichenden Untersuchung. Sie stellt die Organsysteme und Organe, die bei ver- schiedenen Klassen sich finden, zusammen und ordnet sie in Reihen nach dem Grade der erreichten Ausbildung. So erhalten wir eine Uebersicht über die Vielfältigkeit der Einrichtungen, vermittelst deren ein bestimmter Zweck erreicht wird ; es tritt uns ein und dasselbe Organ, oder ein und dasselbe System in den verschiedensten Formen entgegen. In der Mannigfaltigkeit der Formen tritt das Zusammen- gehörige durch die vergleichende Betrachtung hervor. Es besteht nun ein Parallelismus zwischen denjenigen Formen, die die ver- gleichende Anatomie aufzeigt und denjenigen, die die Entwickelungs- geschichte kennen lehrt; die Ausbildung, die bei einer Tierklasse ein bestimmtes Organ dauernd aufweist, ist bei einer anderen, höheren Klasse vorübergehend da; vergleichend - anatomische und entwicke- lungsgeschichtliche Untersuchung ergänzen einander und geben erst im Verein eine volle Uebersicht über die Formenkreise der belebten Natur. Bei dem Bestreben, die einfachsten, ursprünglichen Formen zu finden, von denen die komplizierteren abzuleiten sind, ist die ver- gleichende Anatomie ständig auf die Entwickelungsgeschichte an- gewiesen. Denn diese zeigt genau die zeitliche Reihenfolge der Formen und die Art ihrer Umänderung. Sie lehrt beurteilen, welche Form ursprünglich und welche abgeleitet ist. Aufbau des Körpers der Wirbeltiere. Der Mensch gehört seinem Bau nach in die Klasse der Wirbel- tiere. Alle Individuen dieser Klasse sind übereinstimmend gebaut und vereinigen in sich eine Reihe von Organsystemen, die in be- stimmter Weise zu einander angeordnet sind. Diese Systeme dienen 1) dem Schutze, der Stütze und der Bewegung; 2) der Ernährung; 3) der Verbindung des Organismus mit der Außenwelt und seiner einzelnen Organe untereinander. Unter die erste Abteilung fällt: a) das Integument, die Haut mit ihren Anhangsgebilden, Haaren, Nägeln, Federn, Schuppen; b) das Skelet; c) die Muskeln. Die zweite Abteilung umfaßt: a) den Verdauungsapparat; b) den Respi- rationsapparat ; c) den Cirkulationsapparat ; d) den Exkretionsapparat ; e) die der Fortpflanzung dienenden Organe. Die Verbindung dieser Systeme untereinander und mit der Außenwelt vermittelt das Nerven- system, zu dem die Sinnesapparate hinzutreten. Alle diese Organ- systeme verbinden sich zu einem einheitlichen Organismus. 1* 3 DISSE, Flosscnsau»! Muskulatur Chorda Der Körper läßt bei allen Wirbeltieren ein Kopfende und ein Schwanzende erkennen ; der dazwischen liegende Rumpf bildet die Hauptmasse des Leibes, ist in die Länge gestreckt, rundlich oder aber seitlich komprimiert. Man unterscheidet eine Rückenfläche von einer Bauchfläche ; eine Ebene, die die Mitte der Rückenfläche und die Mitte der Bauchfläche verbindet, die Medianebene, teilt den Körper in eine rechte und eine linke Hälfte. Die Hälften sind mit Bezug auf die Medianebene zu einander symmetrisch, sie ent- halten die gleichen Organe in gleichen Abständen von der genannten Ebene und entsprechen einander, wie das Spiegelbild dem Objekt entspricht. Auf einem senkrecht zur Medianebene geführten Durchschnitt erscheint der Rumpf hohl; die an der Rückenfläche dickere, an der Bauchseite dün- nere Leibeswand umschließt die Leibeshöhle , das Cölom (Fig. 1). An die der Rückenfläche ent- sprechende, dor- sale Wand des Cöloms sind Ab- schnitte des Ver- dauungsapparates beweglich be- festigt ; der Me- dianebene ent- sprechend liegt in dieser Wand der Hauptstamm des Gefäßsystems, die Aorta, und seit- lich derselben ist der Exkretions- apparat an- gebracht (Fig. 1 Niere). Dorsal von der Aorta findet sich in der Leibeswand die Grund- lage des Skelets, die Wirbelsäule oder deren Vorläufer, die Chorda dorsalis (Fig. 1 Chorda). Zwischen dieser und dem Integument liegt ein cylindrischer Hohlraum, der vom centralen Nervensystem eingenommen wird (Fig. 1 Rückenmark). Die Lage des centralen Nervensystems und der Aorta, in der dorsalen Wandung des Cöloms, getrennt durch die Chorda oder durch die an deren Stelle tretende Wirbelsäule, ist charakteristisch für die Wirbeltiere. Es zeigen nicht nur die fertigen Organismen, sondern auch bereits deren frühe Entwickelungsstufen diese Lage- beziehung mit großer Klarheit. Ebenso ist den Wirbeltieren eigen- tümlich die Lage des Verdauungsapparats im Cölom selbst, während der Exkretionsapparat und der im Anschluß an diesen sich ausbildende Niere Rückenmark - Aorta Mesenterium Darmkanal Cölom Fig. 1. Tritonlarve, Querschnitt. Skelet. Allgemeines. 5 Fortpflanzungsapparat an der dorsalen Wand des Cöloms, beiderseits von der Medianebene ihre Lage haben. Die Wand des Cöloms besteht aus denjenigen Organen, die dem Schutze, der Stütze und der Bewegung dienen; als Anhänge der Wand erscheinen 2 Paare von Extremitäten oder Gliedern, ein vorderes, dem Kopfende, und ein hinteres, dem Schwanzende nahe liegendes. Jede Extremität ist ein solider Anhang der Leibes- wand und besteht aus den gleichen Organen wie diese selbst. Aufbau der Leibeswand. In der Wandung des Cöloms sind drei Schichten zu unterscheiden : das I n t e g u m e n t, die M u s k e 1 s c h i c h t und die Wandschicht der Leibeshöhle, die man bei Embryonen „Somatopleura" heißt. Am mächtigsten ist die Muskelschicht ; sie erscheint als die Haupt- masse der Wand, und von ihrer Ausbildung hängt die Wanddicke ab. Die hervorstechendste Eigentümlichkeit der Muskelschicht tritt bei niederen Wirbeltieren, Fischen und Amphibien, noch im fertigen II' irbelkörper Gefäß- Chorda dorsalis Fig. 2. Tritonlarve, Schwanz, Frontalschnitt. Zustande, bei höheren Wirbeltieren dagegen nur während des embryo- nalen Zustandes deutlich erkennbar auf; sie besteht darin, daß die Muskelschicht aus gleichartigen, aufeinander folgenden Abschnitten gebildet wird, die durch nicht muskulöses Gewebe voneinander ge- trennt werden. Die Muskelschicht ist segmentiert (Fig. 2). 6 DISSE, Die Fig. 2 zeigt ein Stück eines Durchschnitts durch den Schwanz einer Tritonlarve, der parallel der Rückenfläche und senkrecht zur Medianebene geführt ist; er hat die Chorda dorsalis der Länge nach getroffen. Die Chorda selbst ist ein cylindrischer Stab, der vom Kopf zum Schwänze in cranio-caudaler Richtung zieht; sie wird von knorpeligen Ringen umgeben, die gleiche Abstände halten und die Anlagen der Wirbelkörper sind (Fig. 2). (Jeder Knorpelring ent- spricht den Enden von 2 Wirbelkörpern und dem zwischen ihnen liegenden Gelenk.) Seitlich davon liegen die Muskelsegmente; jedes besteht aus einander und der Chorda dorsalis parallel ziehenden Bündeln, die also gleichfalls in cranio-caudaler Richtung laufen, und wird von den angrenzenden Segmenten getrennt durch eine helle Gewebsplatte, das Muskelseptum (Fig. 2). Im Muskelseptum liegen bereits knorpelige Skeletanlagen (Anlagen der Rippen) und Blutgefäße (Fig. 2). Da die Muskelsegmente von Nerven versorgt werden, so zeigen auch diese eine „segmentale Anordnung" ; sie folgen sich in gleichen Abständen, ebenso wie die Gefäße. dorsaler Bogen Muskelseginente Muskelsepttcm Wirbrh/rlciil Gefäß Fig. 3. Tritonlan Schwanz, Sagittalschnitt neben der Medianebene geführt. Anlagen von Bogen und Rippen. Ein Schnitt, der parallel zur Medianebene neben der Chorda dorsalis durch das gleiche Objekt, den Schwanz einer Tritonlarve, ge- führt ist, läßt die Segmentierung der Muskelschicht in gleicher Weise hervortreten (Fig. 3). Skelet. Allgemeines. 7 Dorsal von der Chorda sind die Muskelsepten gerade so ent- wickelt als seitlich derselben ; und es liegen in ihnen auch hier Knorpelspangen, die dorsalen Bogen, welche später mit den um die Chorda sich anlegenden Wirbelkörpern in Verbindung treten. Caudalwärts von den Rippen sieht man die Querschnitte der „segmentalen Arterien" innerhalb der Muskelsepten liegen. Aus jeder geht ein Gefäß (Fig. 3 Gefäß) dorsalwärts ab und liegt in der Ver- bindungslinie zwischen Rippe und dorsalem Bogen. Die Gelenke zwischen je 2 Wirbelkörperanlagen sind vom Schnitt noch getroffen; es entspricht das Gelenk der Mitte eines Muskelsegmentes (Fig. 3 Wirbelgelenk). Wenn man die Muskelsegmente aus der Leibeswand des Wirbel- tierkörpers entfernt denkt, so bleibt die Reihe der Muskelsepten übrig ; und diese erscheint ebenfalls aus gleichartigen Folgestücken zusammengesetzt. Die Anlagen der Skeletteile befinden sich in den Muskelsepten; und wenn das Skelet ausgebildet ist, erscheint das- selbe segmentiert. Von Wichtigkeit aber ist es, sich klarzumachen, daß die eigentliche Segmentierung der Leibeswand beim Wirbeltier verursacht wird durch die Segmentierung der Muskulatur; die Muskel- segmente sind die eigentlichen Segmente. Die segmental angeordneten Skeletteile sind nur in die Zwischenräume der ursprünglichen Seg- mente eingeschoben ; ihre Segmentierung ist eine sekundäre, bewirkt durch die Anordnung der Muskulatur; ebenso verhält es sich mit den Nerven und den Gefäßen. Von der Segmentierung der Wand wird nicht betroffen das In- tegument, und auch die Somatopleura bleibt einheitlich. Im Schwanzteil des Leibes fehlt das Cölom, der Schwanz besteht nur aus der Wandschicht; deswegen ist in seinem Bereich die Seg- mentierung vorzüglich ausgeprägt. In der Kopfregion verliert sich die Segmentierung und ist nur sichtbar an der Grenze zwischen Kopf und Rumpf. Das rührt davon her, daß im Bereich des Kopfes die Muskelschicht der Wand bedeutend zurücktritt. Ein Muskelsegment mit den zugehörigen Nerven und Gefäßzweigen wird auch als „Folgestück" oder „Metamer" bezeichnet; für die Seg- mentierung wird auch der Ausdruck. „Metamerie" gebraucht. Die Skeletabschnitte dürfen nicht als „Metameren" bezeichnet werden, weil sie in den Zwischenräumen der eigentlichen Metameren liegen. Nervensystem. In einem Hohlraum der Leibeswand ist der Hauptteil des Nervensystems gelegen; er erstreckt sich ursprünglich über die ganze Länge des Leibes und reicht vom Kopf bis zum Schwanzende. Seiner Herkunft nach gehört dieses „Centrale Nerven- system" zum Integument; und es kommt, indem es sich vom Integumente abtrennt, in die Leibeswand zu liegen. Diesen Vorgang der Bildung und Verlagerung des centralen Nervensystems können wir an ganz jungen Embryonen verfolgen. Der ganz junge Embryo eines höheren Wirbeltieres (Reptil, Vogel, Säuger) ist eine aus drei Lagen von ungleicher Dicke gebildete Platte ; jede Lage, die Keimblatt genannt wird, besteht aus einander gleich- artigen, rundlichen, cylindrischen oder auch platten Gebilden, den Zellen. Fig. 4 zeigt einen Querschnitt durch einen jungen Enten- embryo. Das obere wie das untere Keimblatt besteht aus je einer Lage von Zellen ; das mittlere Keimblatt ist viel mächtiger und in mehrere 8 DISSE, Abteilungen gesondert. In der Medianebene zeigt dasselbe den Quer- schnitt der Chorda dorsalis (Fig. 4), seitlich neben dieser liegen zwei rundliche Zellenmassen, die Urwirbel, und seitlich von diesen ist das mittlere Keimblatt in zwei Lagen getrennt durch eine horizontale Spalte, das C ö 1 o m. Gerade der Chorda entsprechend ist das obere Nervenrohr Urwirbel oberes Keimblatt Cülvin l mittleres j Keimblatt Gefäß Chorda dorsalis unteres Keimblatt Fig. 4. Enteneinbryo vom 2. Tage. Querschnitt. Keimblatt zu einer Rinne vertieft; diese Rinne ist das Nervenrohr (Fig. 4). Die Rinne schließt sich zu einem Rohr, indem ihre oberen Ränder sich einander nähern und in der Medianebene zusammen- treffen (Fig. 5). Darauf löst sich das Nervenrohr ganz vom oberen Keimblatt ab und liegt dann zwischen den Urwirbeln (Fig. 5). Die Urwirbel, Chorda und Nervenrohr sind dann zwischen die beiden Cölomspalten eingeschoben. Aus ihnen wird die dorsale Abteilung der Leibeswand. Dieselbe verbreitert sich wesentlich durch Wachstum der Urwirbel, und die beiden Cölomhälften werden dadurch immer weiter aus- einandereeschoben. CölOIH Nervenrohr ssLssrv °hereS Keimblatt Somatopleura unteres Keimblatt Chorda dorsalis Fig. 5. Entenembryo vom Ende des 2. Tages. Querschnitt. Die ventrale Abteilung der Leibeswand entsteht aus dem oberen Keimblatt und der ihm anliegenden, dorsalen Hälfte des mittleren, das zur Somatopleura wird (Fig. 5). Zuerst schließt sich das untere Keimblatt zu einem Rohr, indem die äußersten, in Fig. 5 mit * * be- zeichneten Ränder in der Medianebene sich vereinigen, wobei die Splanchnopleura in Verbindung mit dem unteren Keimblatt bleibt; darauf wachsen ebenso die Ränder des oberen Keimblattes mit an- , liegender Somatopleura einander entgegen und schließen sich zu- Skelet. Allgemeines. 9 sammen. Das Darmrohr ist dann durch das Cölom umgeben und von der Leibeswand getrennt, wie Fig. 6 zeigt. Nervenrohr und Chorda sind von den Produkten der Urwirbel umwachsen. Die ursprünglich seitlich von der Chorda gelegenen Gefäße (Figg. 4 und 5) haben sich ventral von der Chorda zu einem einzigen Stamm vereinigt, der Aorta, und das Darmrohr ist, weil Somatopleura und Splanclmopleura Ifervenrohr ineinander über- ---"/• gehen, durch die ,--'' , / ~% ^ßpuuLigangüoiv Verbindung bei „, , Ä \ !',;• ,, ■ ,„< it.»-, Chorda 'ZI iu '■', . Urwirbel der Membranen an ™/(i\ Y"M£: die dorsale Leibes- y>f I ' ; '" wand befestigt •'/\ ,'■'.'--"'■. Codom, (Fig. 6 Mesente- Ao*%i/ \ 'J' '-y-'{\iy-- rium). //^4$h-^_ -;v--- -'''■v)'','Ä' Die Lage des '\ U '"''•■~^' ■>.-"_: '; '-:?$**'%;£■. Nervensystems, \ wie die der übrigen Systeme, wird also 1 bedingt durch die Vorgänge bei der \ v: \ ,..;•: . '■, |= ' .y.y/VaäraU. Herstellung der ^-"\ .:■': : . 7- {< •fiLeibeswand Leibesform, und Me.serv^ 1 :.:•:'• -:J.';.f '''•■,,:/ es behalten die teniunu . S\^_^J W ..;' ^s Systeme die ihnen \ "' ^'/J^ßarm- durch die Ent- \, '■yjjf Wickelung an- \ ß$ gewiesene Lage zeitlebens bei. jyjg^ g_ Querschnitt eines menschlichen Embryo Das Nervenrohr der 3. Woche nach Kollmann. bekommt nach seiner Abtrennung vom Integument paarige Auswüchse, die Spinal- ganglien (Fig. 6). Jedem Urwirbel entsprechend wächst ein birn- förmiger Haufen von Zellen aus der Wand des Nervenrohres heraus und trennt sich nach einiger Zeit ganz von demselben ab, bleibt aber zwischen Nervenrohr und Urwirbel liegen. Aus den Zellen des Spinalganglions wachsen die sensiblen Nervenfasern heraus, teils an das Integument und zum Darmrohr hin, teils in das Nervenrohr hinein. Die die Muskeln versorgenden motorischen Nervenfasern wachsen aus dem Nervenrohr zu den Muskelsegmenten hin. ^Die Nervenfasern folgen einander in gleichen Abständen ; das Nervenrohr selber aber zeigt keine Segmentierung. Im Kopfabschnitt wird das Nervenrohr weiter; es krümmt sich mit dem vordersten Ende ventral wärts um und ist von ungleicher Weite, indem Anschwellungen und Verengerungen abwechseln. Dieser Abschnitt wird zum Gehirn ; der im Stamm verbleibende wird zum Kückenmark. Das Integument des Kopfabschnittes wird von der Hirnanlage nicht mehr durch eine Muskelschicht getrennt, sondern liegt ihr un- mittelbar auf. Die im Integument des Kopfes auftretenden Anlagen der höheren Sinnesapparate (Nasengrube, Linse, Gehörgrube) treten daher früh- 10 DISSE, zeitig mit dem Gehirn in nahe Beziehung. Wenn auch diese Sinnes- apparate den Kopf in hintereinander liegende Abschnitte zu trennen erlauben, so sind doch diese Abschnitte den Segmenten des Rumpfes nicht gleichwertig. Während mit der Leibeswand die Muskeln, Skeletanlagen, das Integument, Nervensystem und Sinnesapparate gegeben sind, treten in Beziehung zum Cölom eine Reihe anderer Systeme: der Ver- dauungsapparat, Respirationsapparat, Exkretionsapparat, Cirkulations- apparat und der Geschlechtsapparat, also wesentlich die Organe, die der Ernährung und der Fortpflanzung dienen (Fig. 7). Der Verdauungsapparat ist dargestellt durch ein langes, in mehrere Abteilungen zerfallendes Rohr, das an der Mundöffnung be- ginnt und am After endigt. Durch ein ursprünglich in der Median- ebene liegendes Mesenterium ist dieses Rohr an die dorsale Wand des Cöloms befestigt; es ist wegen seiner Länge vielfach ge- wunden und mit Anhängen versehen, die, wie Leber und Pankreas, ziemlich voluminös sind. Der Respirationsapparat erscheint ebenfalls als ein blind geschlossener Anhang des Darmrohrs ; er wächst aus dessen Anfangs- stück heraus, teilt sich in zwei Schenkel, und jeder davon bildet durch vielfache Verästelung ein aus blind geschlossenen Hohlräumen be- stehendes Organ, die Lunge. Beide Lungen finden im cranialen Abschnitt des Cöloms Platz. Die genannten Apparate sind beweglich an die Wandung des Cöloms befestigt und füllen den Hohlraum desselben annähernd aus ; im Gegensatz zu ihnen liegen die eng verbundenen Organe des Ex- kretionsapparates und des Geschlechtsappa- rates, die man auch als „Uro- genitalsystem" zu- sammenfaßt , ur- sprünglich in der dorsalen Wand des Cöloms, nahe der Somatopleura. Die Anlage dieses Systems ist eine paarige; in jeder Hälfte finden wir Drüsen und mit ihnen ver- bundene Gänge, die Ausführungs- gänge, die das von den Drüsen ge- Miisl./i/tiliir Chorda Niere — j Fhissniarniui lüiikciiDKir!; Mesriitvriiini Darmkanal Oöloin Fig. 7. Tritonlarve, Querschnitt. lieferte Sekret aufnehmen und fortleiten. Für den Exkretionsapparat ist die Niere bestimmt, und ihr Ausführungsgang heißt Harn- leiter (Ureter). Dem Geschlechtsapparat dient die männliche oder Skelet. Allgemeines. 11 weibliche Geschlechtsdrüse (Hoden oder Eierstock) und ein Aus- führungsgang, der beim männlichen Geschlecht alsVas deferens bezeichnet wird, beim weiblichen in Eileiter, Uterus und Scheide zerfällt. Am caudalen Ende verwachsen beim Weibe die Ausführungs- gänge der Geschlechtsdrüsen eine Strecke weit miteinander und er- scheinen dann unpaar. Die Geschlechtsdrüsen und ihre Ausführungsgänge bekommen eine Art von Mesenterium und werden dadurch beweglich an die dorsale Wand des Cöloms angeheftet. Der Cirkulation sap parat besteht aus dem Herzen und dem mit diesem verbundenen Röhrensystem der Blutgefäße. Das Herz ist im cranialen Abschnitt des Cöloms zwischen den Lungen gelegen; die zutretenden und die abführenden Gefäße verlaufen in der Körper- wand und versorgen mit ihren Verästelungen sowohl die in der Wand, als die im Innern des Cöloms gelegenen Organe. Zu den Organen wird das Blut durch die Arterien geführt, die aus dem Herzen kommen ; es lösen sich innerhalb der Organe die Arterien zu einem Netz feinster Gefäße, der Kapillaren, auf, und aus diesen sammeln größere Gefäße, Venen, das Blut, um es zum Herzen zurückzuführen. Das System der Gefäße ist ein durchweg geschlossenes; das Herz ist an einer Stelle in den Kreis der Gefäße eingeschaltet. Zur Orientierung über die Lagebeziehungen der einzelnen Organe sind Bezeichnungen nötig, die möglichst eindeutig sind. Wir haben schon die Bezeichnungen Medianebene des Körpers, das Kopf- und Schwanzende, sowie die Bauchfläche und die Rückenfläche behufs Orientierung eingeführt und die diesen Ausdrücken korrespondieren- den Adjectiva „cranial, caudal. ventral, dorsal" angewendet. Wir müssen aber den Kreis der Bezeichnungen noch erweitern. Diejenige, in der Medianebene gelegene Linie, die das Kopfende und das Schwanzende verbindet, nennen wir die cranio-caudale Achse, auch die Längsachse des Körpers; alle senkrecht auf ihr stehenden Linien, die die ventrale und dorsale Fläche verbinden , heißen sagittale Linien. Die der Medianebene parallel durch den Körper gelegten Ebenen heißen Sagittalebenen. Senkrecht auf der Medianebene stehen Ebenen, die den Körper in ein Kopfende und ein Schwanzende teilen; sie heißen Transversalebenen; in ihnen geführte Schnitte werden auch einfach als Querschnitte bezeichnet. Eine dritte Art von Ebenen steht sowohl auf der Medianebene als auch auf der Transversalebene senkrecht und trennt die Bauch- und die Rückenfläche von einander. Derartige Ebenen heißen Frontalebenen, und in ihnen gelegte Schnitte sind Frontal- schnitte. Diejenigen Flächen der Organe, die der Medianebene zugewandt sind, heißen mediale Flächen, die von ihr abgewandten werden laterale Flächen genannt. Hingegen bezeichnen wir eine dem Kopfende zugewandte Seite als „craniale" und die entgegengesetzte als „caudale". Bei aufrechter Stellung des Körpers passen dafür auch die Ausdrücke „obere" und „untere" Fläche. In den Extremitäten liegen die Organe im allgemeinen parallel der Achse derselben und sind dem Stamm näher oder entfernter ge- 12 DISSE, legen. Die dem Stamm zugewandten Enden oder Flächen heißen „proximale", die dem freien Ende der Extremität zugekehrten da- gegen „distale". Es ist unzulässig, diese Bezeichnung auch für Lagebeziehungen innerhalb des Stammes anzuwenden ; denn es fehlt ein Centrum, mit Beziehung auf welches die Benennungen doch gebraucht werden müssen. Die Bezeichnungen „außen" und „innen" setzen einen Mittelpunkt oder eine mittlere Achse voraus. Am Stamm ist diese durch die Längsachse dargestellt, an den Extremitäten durch das Skelet derselben. Die einzelnen Schichten, in die wir die Leibes- wand oder eine Extremität zerlegen können, sind mit Beziehung auf die genannten Achsen innere oder äußere. Bei Organen beziehen sich die Bezeichnungen „außen" und „innen" ebenfalls auf deren Mittelpunkt. Allgemeine Skeletlehre. I. Vom Aufbau des Skelets. Das menschliche Skelet besteht im ausgebildeten Zustande aus einer Reihe von Organen, die vermöge ihrer Härte, Festigkeit und Elasticität beständig die gleiche Form bewahren und durch Weich- teile miteinander derart zu einem Ganzen verbunden sind, daß die einzelnen Teile entweder unverschieblich aneinander befestigt oder in bestimmter Weise beweglich erscheinen. Die festen, bestimmt geformten Skeletabschnitte, die Organe des Skeletsystems , sind der Hauptsache nach aus Knochen und aus Knorpel gebildet; nur wenige bestehen aus Knochen oder aus Knorpel allein, in den meisten sind beiderlei Gewebe vertreten. Das Ver- hältnis von Knochen und Knorpel in einem ,und demselben Skelet- teil wechselt mit dem Lebensalter; die erste Anlage ist rein knorplig, und während sie wächst, wird der Knorpel zum größeren Teil durch Knochengewebe verdrängt, das innerhalb des Knorpels an bestimmten Punkten auftritt und sich weiter ausbreitet. Solange das Wachstum dauert, nimmt die Masse des Knorpels beständig ab, die des Knochens dagegen zu; nach Vollendung des Wachstums sind nur noch Reste der knorpligen Anlage übrig, die mit dem Knochen in inniger Ver- bindung stehen. Es giebt indessen eine Anzahl von Skeletteilen, die nicht durch Umwandlung von Knorpel entstehen, sondern sofort knöchern angelegt werden ; diesen fehlt das Knorpelgewebe durchaus. Das Knochengewebe wie der Knorpel bedingen die Festigkeit und die Elasticität der Skeletteile. Zu beiden Geweben treten in jedem Skeletstück noch Weichteile hinzu, die der Ernährung vorstehen und den etwa notwendig werdenden Ersatz vermitteln. Es sind dies a) eine bindegewebige, an elastischen Fasernetzen reiche, Blutgefäße, Lymphbahnen und Nerven führende Hülle, das Periost und b) ein weiches, an Zellen, Fett, Gefäßen und Nerven reiches Gewebe, das Mark, das die Hohlräume des Knochengewebes ausfüllt. Den Skelet. Allgemeines. 13 knorpligen Skeletstücken , wie den Anlagen der knöchernen Skelet- teile kommt eine dem Periost im wesentlichen gleichende Hülle eben- falls zu und wird Perichondrium genannt; hingegen findet sich in den kompakten Knorpeln kein Mark vor. Zum Skelet gehören auch diejenigen Weichteile, die benachbarte Skeletstücke zu höheren Einheiten , zu Apparaten mit bestimmter Funktion verbinden ; sie halten nicht nur die einzelnen Skeletstücke zusammen, sondern sie dienen auch dazu, im Anschluß an die Formen der sich berührenden Knochenflächen deren Beweglichkeit in be- stimmten Richtungen zu sichern. Für den Mechanismus des Skelets und für dessen Leistung sind diese Weichteile von der höchsten Wichtigkeit ; sie werden unter dem Namen „Bänder" zusammengefaßt. Der mechanischen Bedeutung wird dieser Name nicht gerecht ; denn darauf, daß die Knochen verbunden sind, kommt es weniger an, als darauf, daß die Verbindung eine bestimmte Beweglichkeit besitzt. Eine bewegliche Verbindung von Skeletteilen wird als Gelenk (articulatio) bezeichnet ; die Haupt- sache bei jedem Gelenk ist der durch die Formen der verbundenen Knochen und die Anordnung der verbindenden Weichteile bestimmte Mechanismus. Um den Gelenkmechanismus zu verstehen, wird die Untersuchung der Gelenkbänder unternommen. Es liegt im Plane des vorliegenden Werkes, die Gelenke in einem besonderen Abschnitte zu behandeln und die Schilderung der nicht mit Gelenken verknüpften Bänder daran anzuschließen. Deshalb sollen in folgendem nur die harten Skeletteile, die Knochen, besprochen werden. W7enn wir alle Weichteile mit Ausnahme der „Bänder" entfernen, so wird das Skelet isoliert. Es wiederholt in seiner Gesamtheit die Form des Körpers; Kopf, Hals, Rumpf und Glieder treten am Skelet so deutlich hervor , wie am ganzen Organismus. Das Skelet des Kopfes , Halses und Rumpfes fassen wir als „Skelet des Stammes" zusammen und stellen es dem „Skelet der Gliedmaßen" gegenüber. Die Gliedmaßen selbst trennen wir in craniale und caudale, die bei aufrechter Stellung als obere und untere erscheinen. Das Skelet des Stammes beginnt mit dem knöchernen Schädel (cranium) , dem sich die Knochen des Gesichts (facies) anschließen ; der Schädel ist beweglich verbunden mit einer Reihe gleichartiger Skeletstücke, der Wirb eh, (vertebrae) , die für den Hals und den Rumpf eine feste Achse bilden, und eine Säule, die Wirbelsäule (columna vertebralis), darstellen, die, in der Mitte der dorsalen Wand des Leibes gelegen, vom Kopf bis zum Schwanzende reicht. Am Rumpfe stehen mit dem cranial gelegenen Abschnitt der Wirbelsäule, der 12 Wirbel umfaßt, paarige Knochenspangen in Verbindung, die Rippen (costae). Sie bilden mit der Wirbelsäule zusammen den Brustkorb (thorax), der dadurch ventralwärts geschlossen wird, daß die 7 cranialen Rippen- paare sich mit dem in der ventralen Mittellinie gelegenen Brustbein (sternum) verbinden. Die 5 caudalen Rippenpaare erreichen das Brustbein nicht. Auf das letzte, kürzeste Rippenpaar folgt eine Reihe nicht rippentragender Wirbel; die letzten 10 Wirbel der ganzen Säule sind zu zwei größeren Knochenstücken, dem Kreuzbein (os sacrum) und dem Steißbein (os cöcc^gis) vereinigt. An das Kreuzbein lagern sich zwei große , platte , in der ventralen Mittellinie mit ein- ander verbundene Knochen an, die Hüftbeine (ossa coxae). Im Verein mit der Wirbelsäule umschließen sie die Beckenhöhle. An die 14 DISSE, Hüftbeine sind die caudalen Gliedmaßen durch Gelenke befestigt; die cranialen Extremitäten artikulieren jederseits an einem platten Knochen, dem Schulterblatt (scapula), das der dorsalen Fläche des Brust- korbes aufliegt und durch das Schlüsselbein (clavicula) mit dem £ Wirbelsäule ■ Sehädel Gesicht Schlüsselbein Schulterblatt Kumerus Craniale Extremität Radius . Ulna . Rippen Hüftbein Femur . Tibia Fibula - Caudale Extremität Patella Fig. 8. Skelet des Menschen, von vorn gesehen. Brustbein beweglich verbunden ist. Beide Schlüsselbeine in Verein mit den beiden Schulterblättern stellen einen um das Kopfende des Thorax gelegten Gürtel vor, den Schultergürtel; derselbe ver- mittelt die Befestigung der oberen Extremität an den Stamm. Ebenso Skelet. Allgemeines. 15 ist für die Verbindung der unteren Extremität an dem caudalen Ende des Stammes aus beiden Hüftbeinen und dem Kreuzbein ein zweiter Gürtel hergestellt, der B ecken gürtel genannt wird. Soweit die Segmentierung der Leibeswand auftritt, ist auch das Skelet aus gleichartigen, einander folgenden Stücken zusammen- gesetzt; am Kopf, wo die Muskelsegmente fehlen, verliert sich auch die Segmentierung des Skelets. Die Zahl der Knochen, die das Skelet zusammensetzen, ist nicht immer die gleiche. Einmal ist sie abhängig vom Lebensalter; vor Vollendung des Wachstums finden sich mehr selbständige Skelet- teile, als nachher, weil anfänglich der Anlage nach getrennte Knochen später miteinander verschmelzen. Aber auch dann, wenn wir nur das Skelet im ausgewachsenen Zustande berücksichtigen, variiert die Zahl seiner Bestandteile. Es kommt eine wirkliche Vermehrung der Knochen zur Beobachtung; die Zahl der Wirbel, der Rippen, der Knochen in der Handwurzel oder der Fußwurzel kann vermehrt er- scheinen. In anderen Fällen ist die Vermehrung eine scheinbare, indem Knochen, die zu einem Ganzen verschmolzen sein sollten, getrennt geblieben sind. Es kommt auch eine wirkliche Verminderung der Skeletstücke an Zahl vor, entweder durch Fehlen einzelner Stücke oder durch Verschmelzung benachbarter Knochen zu einem einzigen. Sehen wir von derartigen Ausnahmen zunächst ab, so besteht das Skelet des Erwachsenen aus folgenden selbständigen Teilen. 1) Schädel und Gesicht. Den eigentlichen Schädel bilden 8 Knochen : das Hinterhauptsbein (os occipitale) , Wespenbein (os sphenoidale) , Siebbein (os ethmoidale), Stirnbein (os frontale), zwei Scheitelbeine (ossa parietalia), zwei Schläfenbeine (ossa temporalia). Das Gesicht setzt sich zusammen aus 15 Stücken: zwei Ober- kiefer (maxilla), zwei Gaumenbeine (os palatinum), zwei Jochbeine (os zygomaticum), zwei Thränenbeine (os lacrimale), zwei Nasenbeine (os nasale), zwei Muschelbeine (concha inferior), Pflugscharbein (vomer), Unterkiefer (mandibula) und Zungenbein (os hyoideum); außerdem gehören zum Gesichtsskelet die drei Gehörknöchelchen, Hammer (malleus), Ambos (incus) und Steigbügel (stapes), die lediglich aus praktischen Gründen gewöhnlich zusammen mit dem Gehörapparat beschrieben werden. 2) Stamm. Die Wirbelsäule besteht aus 24 selbständigen Wirbeln und zwei größeren Knochenstücken, dem Kreuzbein und dem Steißbein, deren jedes einer Anzahl verschmolzener Wirbel entspricht. Von den selbständigen Wirbeln kommen 7 auf den Halsteil (vertebrae cervicales), 12 auf den Brustteil (vertebrae thoracales) und 5 auf den Bauchteil (vertebrae lumbales) ; in das Kreuzbein (os sacrum) und in das Steißbein (os coccygis) treten je 5 Wirbel ein. Die Zahl der Rippen (costae) beträgt jederseits 12, so viel wie die Zahl der Brustwirbel beträgt; zu ihnen kommt das Brustbein (sternum). 3) Obere (craniale) Extremität. Der Gürtel der Extremität besteht aus dem Schulterblatt (scapula) und dem Schlüsselbein (clavi- cula) ; mit dem Schulterblatt durch Gelenk verbunden ist der Ober- armknochen (humerus), und an diesen legen sich, ebenfalls durch ein Gelenk, zwei Vorderarmknochen, radius und ulna. Mit dem Vorder- 16 Endphalanx arm verbindet sich beweglich das Skelet der Hand. An demselben unterscheiden wir: a) die Handwurzel (carpus), aus 8 Knochen bestehend; b) die Mittelhand (metacarpus), 5 Knochen ; c) die Finger (digiti), die zusammen 14 einzelne Glieder (Phalangen) besitzen; d) zwei Sesambeine (ossa sesamoidea), die in der Gelenkkapsel zwischen Mittelhandknocken und Grundphalanx des Daumens liegen. 4) Untere (caudale) Extremität. Der Gürtel der unteren Extremität wird gebildet durch die beiden Hüftbeine (ossa coxae). Mit dem Hüftbein verbindet sich der Oberschenkelknochen (femur), zum Skelet des Unterschenkels ge- hören 3 Stücke, tibia, fibula und patella (Kniescheibe), und den Fuß setzen zusammen : a) die Fußwurzel (tarsus) , aus 7 Knochen gebildet; b) der Mittelfuß (metatarsus), 5 Knochen ; c) die Zehen, mit zusammen 14 Phalangen; d) zwei Sesambeine in der Ge- lenkkapsel zwischen Mittelfuß- knochen und Grundphalanx der großen Zehe. Am Schädel und Gesichtsskelet kommt Vermehrung, seltener Ver- minderung der einzelnen Stücke vor. Am Stamm ist die Zahl der Rippen und der Wirbel variabel; am Skelet der Extremitäten findet man die Zahl der Knochenstücke in der Handwurzel, seltener in der Fußwurzel, wechselnd. Außerdem variieren an Zahl die Sesam- beine, kleine Skeletstücke, die außerhalb der Knochenreihen in Hand und Fuß sich finden und an der Hand- oder Fußwurzel, ferner in der Kapsel der Gelenke zwischen den Phalangen, endlich in den Sehnen von Muskeln liegen, die an das Skelet der Hand oder des Fußes sich ansetzen *). Fig. 9 zeigt zwei Sesambeine, die in der Gelenkkapsel am proximalen Ende der Grund- phalanx der großen Zehe liegen. Fig. 9. Sesambeine an der großen Zehe. *) Man vergleiche über Sesambeine die zusammenfassende Darstellung von Pfitznee in Schwalbe, Morphologische Arbeiten, Bd. I, Heft 4, 1892, S. 517—762. Ferner Thilestus, Die metaearpo-phalangealen Sesambeine menschlicher Embryonen, Anatom. Anzeiger, Bd. 9, No. 14, 1894. Skelet. Allgemeines. 17 Verbindungen der Knochen. Die einander berührenden Knochen sind am Stamm und an den Extremitäten meistens entweder durch Knorpelscheiben oder durch Gelenke miteinander verbunden. Ein Beispiel von der ersten Art der Verbindung, die Synchondrose heißt, ist in Fig. 10 von der Wirbelsäule des Menschen dargestellt. IJJÜY Lig. inter- vertebrale Wirbelkörper Fig. 10. Verbindung von zwei Wirbelkörpern. Zwischen die einander zugewandten Flächen der beiden Wirbel- körper ist eine aus Faserknorpel bestehende Scheibe, das ligamen- tum intervertebrale, eingeschoben und mit beiden Flächen fest ver- wachsen; das Periost setzt sich von dem einen Wirbel- körper auf den anderen fort und hüllt auch die Knorpel- scheibe ein. Die Beweglich- keit beider Wirbelkörper gegeneinander ist ermög- licht durch die Elasticität der Bandscheibe. Bei der Verbindung durch ein Gelenk berühren die Skeletteile einander, ohne verwachsen zu sein ; die Flächen sind kongruent und erlauben eine gleitende Ver- schiebung des einen Kno- chens am anderen. Die Ge- lenkflächen bestehen nicht aus Knochen, sondern aus Knorpel ; die Spalte zwischen ihnen wird da- Kapsel Humerus Kapsel Gelenkknorpel —Radius Fig. 11. Mensch, Ellbogengelenk. SagittaJschnitt. durch allseitig geschlossen, daß eine aus Bindegewebe bestehende Kapsel, die Gelenkkapsel, von einem Knochen auf den anderen übergeht (Fig. 11). Bei jedem Gelenk kommen Gelenkknorpel, Kapsel und Gelenk- höhle vor. Handbuch der Anatomie. I. 1. 18 DISSE, Nahtknocken Schuppennaht Fi". 12. Schädel mit den Nähten, Profil, Nahtknochen. Fig. 13. Naht- knochen Schädel von hinten. Gezahnte Nähte, Nahtknochen. Fovea, costcdis Caudaler Gelenkfortsate Fig. 14. Wirbel, Profil, kurzer Knochen. Am Schädel und zwischen den Knochen des Gesichts ist eine andere Art der Verbindung vor- herrschend , die Naht (sutura). DieFigg. 12u.l3 geben eine Vor- stellung davon. Die Knochen berühren ein- ander (Fig. 12, Schuppennaht) und legen sich mit abgeschräg- ten Flächen aneinander, sind außerdem durch Binde- gewebe verbunden, oder aber die Berührungslinie ist wellig, und Vor- sprünge des einen Kno- chens greifen überall in entsprechende Vertief- ungen des angrenzenden Knochens hinein (Fig. 13, gezahnte Naht). Inner- halb dieser Nähte finden sich öfters kleine, iso- lierte Knochenstücke vor, die Nahtknochen (Fig. 12, 13) , welche überzählige Skeletteile sind. Die Naht erlaubt keinerlei Beweglichkeit der ver- bundenen Knochen gegeneinander. Knochenformen. Die mannigfach ge- stalteten Knochen bringt man in Gruppen zu- nächst-nach der Form. Man unterscheidet 1 an ge Knochen, kurze Knochen (Fig. 14), platte Knochen (Fig. 15). Zu den langen Kno- chen gehören die Rippen und die Knochen der Extremitäten , mit Aus- Skelet. Allgemeines. 19 nähme derer in Hand- und Fußwurzel (vgl. Fig. 8 auf S. 14). Platt sind die meisten Knochen des Schädels, des Gesichts, sowie Schulter- blatt und Hüftbein. Kurze Knochen sind die Wirbel, die Bestand- teile der Hand- und Fußwurzel, die Sesambeine. Es ist begreiflich, daß die Trennung der drei Gruppen keine scharfe ist; die Endphalangen der Finger und Zehen z. B. könnte man gerade so gut zu den kurzen als zu den langen Knochen stellen, und diejenigen Skeletteile, die, wie das Kreuzbein und das Steißbein, Komplexe von Wirbeln vorstellen . passen in keine Gruppe hinein , ebensowenig die Gehör- knöchelchen oder der erste Halswirbel. Epiphysen- linie ' Fig. 15. Schulterblatt, von hinten, platter Knochen. Es würde also keine Veranlassung vorliegen , die erwähnte Einteilung beizubehalten , wenn nicht die An- ordnung der Knochensubstanz, sowie das Verhältnis von Knorpel- und Knochengewebe in den Knochen einer jeden Gruppe typisch wäre. Struktur der Knochen. Wenn wir einen langen Knochen der Länge nach durchsägen, so erweist sich, daß er hohl ist. Die Höhlung nimmt den mittleren Abschnitt des Knochens ein, nalis). kleines, glattkantiges, lateralstes Stück des Hinterrandes der Pars orbitalis, welche an die laterale Ecke der kleinen Kedbeinflügel angefügt, den hinteren Rand der letzteren bis zum Os parietale ergänzt. Vom Keilbein ist sichtbar 9 Ver- bindungsfläche des Keilbeinkörpers mit dem Hinterhauptbein. 10 hintere Fläche des Dorsum sella (chvus). 11 Sulcus petrosus inferior. 12 Processus clinoideus posterior. 13 Processus clinoideus anterior, li Hintere Kante der Ala orbitalis. 15 Fissura orbitalis superior. 16 Sulcus caroticus. 11 Lingula carotica. IS cerebrale Fläche der Ala temporalis. 19 Margo parietalis derselben; 20 Margo squamosus (temporalis). 21 Angulus sphenoidalis. 22 Spina angularis. 23 Margo 47 140 F. GRAF SPEE, tympanicus. 24 Margo petrosus, eine aufwärts gerichtete glatte Kante, die bis in die Nähe der Lingula carotica reicht. Die hinter ihr abfallende glatte Fläche ist durch eine zarte Längskante, 25, in zwei Felder geteilt. Das obere 26, trägt eine Furche, die zum Canalis vidianus 27, führt. Das untere Feld, 28, dient der knor- peligen Tube zur Anlagerung und biegt in eine abwärts gerichtete kurze Furche 29, Sulcus tubarius (Fossa scaphoidea) ein, die von der hinteren Kante der medialen La- melle des Processus pterygoideus getragen wird; sie endet oberhalb eines Fortsatzes der letzteren, 30, Processus tubarius. 31 laterale Lamelle des Proc. pterygoideus. 32 mediale Lamelle desselben. 33 Fossa pterygoidea. 34 Incisura pterygoidea. 35 Hamulus pterygoideus. 36 Processus vaginalis (vomerinus) der medialen Platte des Proc. pterygoideus. 37 Canalis rotundus. pterygoideus internus ausgefüllt. Nur zunächst dem oberen Ende derselben findet sich meist auf einer kleinen Erhabenheit eine ovale (kahnförmig begrenzte) Grube, Fossa scaphoidea (Sulcus tubae audi- tivae) (Fig. 16 29). Letztere ist das mediale Endstück einer an der Basis des ganzgelassenen Schädels hinter dem großen Keilbeinflügel gebildeten längeren Furche, welche unter dem hinteren Eingang in den Canalis Vidianus her schräg abwärts an der lateralen Seite der medialen Lamelle des Processus pterygoideus herabzieht und an einem konkaven Ausschnitt in halber Höhe von dessen hinterem Rande endigt. Ein unterhalb dieses Ausschnittes oft vorragender Stachel heißt Pro- cessus tubarius (Fig. 16 30). Die mediale Lamelle ist bei jugendlichen Keilbeinen kürzer, bei erwachsenen länger, stets schmäler als die laterale. Ihr unteres Ende wird plötzlich eine schmale, lateral rückwärts wie ein Häkchen gegen die Spina angularis gekrümmte Knochenspange, Hamulus pterygoideus (Fig. 16 35, Fig. 11 16) und durch eine Furche gegen den an der Bildung der Fossa pterygoidea beteiligten, platten- förmigen Teil abgesetzt, Sulcus hamuli (Fig. 11 15), welche der Sehne des Muse, tensorveli palatini als Rolle dient. Die durch die Incisura pterygoidea getrennten Vorderränder beider Lamellen sind säbelförmig rückwärts gekrümmt und zur Verbindung mit dem Processus pyramidalis des Gaumenbeins rauh. Der aufwärts hiervon durch Verwachsung beider Lamellen gebildete einfache Vorder- rand, der unterhalb der vorderen Oefl'nung des Canalis Vidianus (Fig. 11 10) endet, bildet eine glatte, mit der Superficies spheno- maxillaris zusammenhängende Fläche und ist von einer senkrechten Furche lateralwärts durchzogen, Sulcus pterygopalatinus (Fig. 11 11) (die den gleichnamigen Canalis einleitet). Der lateral hiervon ge- legene Teil der Fläche stößt an die Crista sphenomaxillaris (Fig. 11 19) an, welche wie ein Strebepfeiler von der Seite her den Processus pterygoideus verstärkt. Beide Platten desselben werden gegen den hinteren Rand zunehmend dünn, zuweilen im höheren Alter defekt. Die Länge der Processus pterygoidei wächst proportional der Höhe des Oberkiefergerüsts des Gesichtsschädels, ist am kindlichen Schädel daher gering. Während ihre Längsaxe beim Erwachsenen fast senk- recht steht, ist sie beim prognathen kindlichen Schädel stark schräg vorwärts und nur wenig abwärts gerichtet. Der hintere Rand der lateralen Lamelle endet unten mit einer spitzen Ecke und ist entweder glatt, einfach konkav ausgeschnitten oder in Zacken ausgezogen. Durch Verknöcherung einer von diesem Rande aus konstant zum Hinterrande der Ala magna und der Spina angularis hin- ziehenden Bandplatte, Lig. pterygospinosum (Civinini), kann die laterale Lamelle bis hierher hinter dem Foramen ovale her verbreitert werden. Keilbein, Os sphenoidale. 141 Sie ist dann von einem oder mehreren Löchern durchbohrt, deren oberstes den Nerven und Gefäßen des Musculus pterygoideus internus den Durch- tritt zur Fossa pterygoidea gestattet (v. Brunn). Auch auf der verschieden weit vorgeschrittenen Verknöcherung eines Bandstranges beruht die mehr oder weniger vollkommene Ausbildung einer unter dem vorderen Umfange des Foramen ovale her von der late- ralen Seite der lateralen Lamelle des Processus pterygoideus zur Super- ficies infratemporalis verlaufenden Knochenspange , welche eine vom Vorderrande des Foramen ovale vorwärts ziehende, oft undeutliche Furche zu einem Loch, Porus crotaphiticobuccinatorius (Hyrtl) überbrückt, durch welchen die vordere Abteilung der motorischen Aeste des 3. Trige- minusastes lateral vorwärts verlaufen. Diese Bandverknöcherungen sind bei manchen Affen typisch und werden beim Menschen als Tierähnlichkeiten (v. Brunn, Grosse) und Eigentümlichkeiten niederer Menschenrassen (Roth) angesehen. Verknöclierungspunkte des Keilbeinkoinplexes. (Siehe auch Fig. 57 und 77.) Alle Komponenten des Keilbeinkomplexes sind knorpelig vor- gebildet. Die knorpelige Vorstufe desselben ist einigermaßen schon der typischen Form des ausgebildeten Knochens ähnlich. In Kürze zusammengefaßt, bilden sich vom Ende der 8. Fötalwoche an in der Reihenfolge der folgenden Aufzählung, zur Einleitung der Verknöcherung, Knorpelverkalkungen : 1) im Alisphenoid jederseits eine, zwischen Foramen rotundum und ovale, die von da sich vorwärts, rückwärts und in die laterale Lamelle des Proc. pterygoideus abwärts ausbreitet; 2) im Basisphenoid im Boden der Sella turcica an zwei sym- metrisch geordneten Punkten und lateral von diesen jederseits eine weitere im knorpeligen Processus alaris (Lingula und Sulcus caroticus); 3) in der medialen Lamelle des Processus pterygoideus. Im Laufe des 3. Monats verschmelzen die Kerne des Basisphenoids miteinander und mit diesen jederseits die Knochenkerne des Pro- cessus alaris, so daß dann der hintere Keilbeinkörper einheitlich ist. Auch treten jetzt die Knochenkerne des Orbitosphenoids und des Präsphenoids auf. Diese beginnen jederseits untereinander schon im Laufe des 6. Monats zu verwachsen ; gleichzeitig verwächst die mediale Lamelle des Proc. pterygoideus mit der lateralen. Im 7. Monat verwachsen Präsphenoid und Basisphenoid; in der Zeit vom Ende des 8. Monats bis nach der Geburt verwachsen sehr allmählich die Knochencentren des Alisphenoids mit dem Basisphenoid (Sutton, On the development of the human sphenoid bone, Proceedings of the Zoological Society of London 1885, p. 577 ff.). Im einzelnen lauten die Angaben verschiedener Autoren über das Verhalten der Knochen- punkte voneinander abweichend. Die ausführlichsten Angaben macht Hannover (a. a. 0.), dessen Abhandlung ich folgendes entnehme : Die symmetrischen Knochenkerne des Basisphenoids in der Sella turcica verlängern sich zu kleinen Kalksäulchen im Knorpel ab- wärts bis zur Unterseite der Basis (3'/2 Monat); dann verbinden sich ihre oberen und ihre unteren Enden, so daß ein Rahmen und durch dessen Ausfüllung mit Knochenmasse eine rechteckige Platte ent- Handbuch der Anatomie. I. 2. 10 49 142 F. GRAF SPEE, steht, an der die Dura mater fest anhaftet. Am unteren Ende dieser Platte, etwas rückwärts gerichtet, sitzt der Processus alaris fest (von 4V2 Monat ab). Vor dieser Platte geht der Knorpel kontinuierlich vom Tuberculum sellae bis zum Nasenknorpel abwärts durch (Fig. 77 6). Im Präsphenoid treten 2 hintere, unter der Dura mater gelegene, im 6J/2 Monat durch eine rückwärts konvexe Spange vereinigte Knochencentren auf, vor diesen entsteht jederseits ein weiterer, größerer, nach der Tiefe durchgehender und dann an der unteren Seite des Keilbeins sichtbar werdender Knochenpunkt. Dieser ver- wächst mit den kleinen Flügeln und dem symmetrischen Knochen- punkt der anderen Seite im 71/2 — 8. Monat (Fig. 57 6). Die Alae parvae (Orbitosphenoid) schieben sich mit unregel- mäßigen Knorpelzacken über das Stirnbein und Siebbein hin. Ab- gesprengte Teile derselben geben Anlaß zur Bildung isolierter, kleiner Knochenplättchen ; hierher sind zu rechnen die Alae minimae (Luschka, Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, Bd. 8, S. 123, Taf. 3). Die Spitze der kleinen Flügel reicht bis in die nicht mehr knorpelig präformierte Seitenwand des Schädels, von der sie sich erst später zurückzieht und wird hier wahrscheinlich wie ein Deckknochen gebildet. Die erste Knorpelverkalkung tritt auf am Proc. clinoid. anticus (3'/a Monat) und bildet hier bald einen festen Anheftungspunkt für die Hirnhäute. Sie umgiebt, manchmal zusammen mit einem nicht immer isoliert auftretenden zweiten Verkalkungspunkte, entsprechend dem Vorder- umfange des Canalis opticus, hufeisenförmig den letzteren. Von diesen Anfängen aus verknöchert dann sehr langsam der übrige Teil des Orbitosphenoids. Von der Ala magna (Alisphenoid) werden wahrscheinlich auch die obersten Teile des Randes zwischen Frontale, Parietale und Squama als Deckknochen ausgebildet. Die erste Knorpelverkalkung findet sich halbringförmig, die laterale Seite des Processus alaris um- greifend, zwischen den Durchtrittslöchern des N. Trigeminus (For. ovale und Canalis rotundus). Die Verknöcherung breitet sich von hier lateralwärts bis zur Spitze der kleinen Flügel (im 4. Monat) aus, rückwärts bildet sie die vordere knöcherne Umrandung des Foramen ovale und spinosum, deren vollständige Umfassung erst nach dem 8. Monat sich vollzieht; abwärts geht sie in die laterale Lamelle des Processus pterygoideus über, einwärts leitet sie nach dem 8. Monat die Verwachsung des Alisphenoids mit dem Processus alaris ein. — Im lateralen Rande der knöchernen Ala magna findet sich anfangs ein tiefer Einschnitt, der erst nach der Geburt verschwindet (Fig. 13 W, Fig. 55). Bezüglich seiner Bedeutung ist die Angabe von Rambaud und Renault anzuführen (1. c. p. 108), daß der als Alisphenoid hier aufgeführte Teil aus zwei Stücken zusammengesetzt sei, in deren Trennungslinie der Canalis rotundus durchgeht, einem vorderen Stück (Ecaille) und einem hinteren Stück (Apophyse pterygoide). Sie ver- wachsen im 3. Fötalmonat in der Umgegend des Canalis rotundus, während ihre lateralen Abteilungen lange durch die genannte Spalte getrennt bleiben. Die „Apophyse pterygoide" umfaßt demnach außer der lateralen Platte des nügelförmigen Fortsatzes auch die hinteren Partien des großen Keilbeinfiügels und trennt das Foramen ovale vom Canalis rotundus. Durch eine feine Spalte findet sich regelmäßig zu gewissen Zeiten der vordere Rand des Foramen ovale von den davor ge- 50 Keilbein, Os sphenoidale. 143 legenen Theilen der cerebralen Fläche des Keilbeinflügels abgetrennt (Fig. 13 18'). Die mediale Lamelle des Processus pterygoideus ist nach Hannover in ganzer Länge knorpelig angelegt und besitzt eigene Verknöcherungscentren, ein oberes und ein unteres (für den Hamulus pterygoideus, Fig. 77 19, 10). Nach Anschauung anderer Autoren dagegen entsteht sie als Deckknochen (Kölliker , Entwickelungs- geschichte, Hertwig u. a.). Da ich Knorpel in ihrer Anlage vorfand, dürfte die Angabe Hannover's richtig sein. Wahrscheinlich wird die knorpelig präformirte Knochenplatte später wieder resorbiert und durch Deckknochen ersetzt. Beide Lamellen des Flügelfortsatzes verwachsen mit der Mitte ihrer Vorderränder im 7. Monat. Die Keilbeinmusehein und die Entstehung der Keilheinhöhlen. Der jugendliche Keilbeinkörper besteht nach Zugrundegehen des Knorpels ganz aus spongiöser Knochensubstanz, die nur an den freien Oberflächen durch eine dünne, kompaktere Lamelle abgeschlossen ist. . Die abwärts vom Ansatz der kleinen und des Vorderrandes der großen Flügel gelegene Partie desselben hat dabei (s. S. 129) die Gestalt einer senkrechten Knochenplatte, mit unterem horizontalem und vorderem senkrecht gestelltem Rande, die im rechten Winkel zu- sammentreffen. Indem durch starke Entwickelung von Spongiosa- räumen der obere Teil der Platte sich aufbläht, die freien Ränder aber gleichzeitig sich zuschärfen, wird der Körper, vorwärts und ab- wärts allmählich zunehmend, scharf keilförmig verjüngt; der Winkel, in dem die Ränder zusammenstoßen, wird zu einer Spitze, Rostrum; sphenoidale (Fig. 17 2), der vordere Rand eine Kante, Crista sphe- noidalis (Fig. 17 1).. Lateral von diesen, in der Medianlinie mit dem Nasenseptum in einer Flucht liegenden Teile, ragen die den medialen (unteren) Um- fang des Canalis opticus bildenden, mit dem Körper verwachsenen Teile der kleinen Flügel mit sagittal gerichteten Parallelkanten vor und schließen mit den nach der Mittellinie zu gelegenen Teilen des Präsphenoids jederseits eine Furche ein (Fig. 12 14), die rückwärts zwischen Processus alaris und Basisphenoid sich fortsetzt, hier aber durch den sog. Processus vaginalis des Pterygoids halbwegs zu einem fast geschlossenen Kanal überbrückt wird (Fig. 17 oberhalb 12'). Die im Gebiet des Sphenoidale anterius gelegene vordere Hälfte der Furche dient zur Aufnahme der Keilbeinmuscheln, Conchae sphenoidales (Ossic. Bertini, Cornua sphenoid ; franz.: Cornets sphe- noidaux; engl.: Sphenoidal tubinate (spongy) bones; ital. : Cornetto sphenoidale), (Fig. 17 14—17). Diese sind symmetrische, zur Zeit ihrer typischen Vollendung am ehesten noch der Form einer vorn nicht ganz geschlossenen Papier- düte oder dreiseitigen hohlen Pyramide ähnlich gestaltete Knochen- plättchen, welche eine hintere Ausbuchtung der Nasenhöhle umschließen. Sie entstehen daher auch als Teile der knorpeligen Nasenkapsel und werden nach deren Ersatz durch Knochenteile auch mit dieser in freilich oft sehr gebrechlicher Verbindung getroffen. Eine Beziehung zu den Umgestaltungen des Keilbeinkörpers gewinnen sie erst, wenn sie mit ihren ihm anliegenden Flächen verwachsen, was im 8. — 12. Jahre 10* 144 F. GRAF SPEE, einzutreten pflegt. Dabei verschmelzen die den Flächen der Furchen an der unteren Seite des vorderen Keilbeines anliegenden Seiten der Keilbeinmuscheln völlig mit diesen, so daß bloß noch die untere und vordere Partie jeder Keilbeinmuschel (als Belegknochen entstanden, s. unten) als untere resp. vordere Wand der von ihr umschlossenen, hintersten Ausbuchtung der Nasenhöhlen selbständig bleibt (Fig. 18 18). sura orbitalis superior. U linke Concha sphenoidalis Fig. 17. Sphenoidale eines etwa 7-jährigen Kindes nach. Fortnahme der Ala magna und des Processus alaris, von links, unten und vorn gesehen. Die Conchae sphenoidales in situ. 1 Untere Kante des Keilbein- körpers. 2 Rostruni sphenoidale. 3 Stellen wo der Processus alaris mit dem Körper d. K. verwach- sen war und abgesprengt wurde. 4 Stelle des Canalis cranio- pharnygeus lateralis (Stern- berg). 5 Dorsum sellae turci- cae. 6 Ala parva (Orbito- sphenoid). Orbitalfläche des- selben. 7 Eand des kleinen Flügels, der sich mit dem Stirn- bein verbindet ; V der ent- sprechende Teil der rechten Seite. 8 Canalis opticus. 9 Pro- cessus clinoideus anticus. 10 Processus ethmoideus (vorn vom Jugum sphenoidale). Alisphenoid (Ala magna); 11', laterale Lamella des Processus pterygoideus. 11" Foramen ovale. 12 mediale Lamella des Processus pterygoideus (Ptery- goidknochen) ; 12' Processus vaginalis (Vomerinus). 13 Fis- 15 vordere Spitze der rechten und der linken Keilbeinmuschel. IG hintere Spitze der letzteren. 17 Höhle der Concha sphenoidalis sinistr. (Anlage der linken Keilbeinhöhle Da die Verbindung dieses Teiles mit dem Keilbein haltbarer ist und daher häufiger unverletzt gesehen wurde, als die mit den anderen Knochenteilen der Nasenkapsel, rechnete man denselben schlechtweg dem Keilbein zu, ebenso den darübergelegenen Hohlraum, der nunmehr (Fig. 11 8, Fig. 18 17) als Keilbeinhöhle bezeichnet wird, obwohl er anfangs eigentlich ganz von der Keilbeinmuschel umschlossen und ein Teil der Nasenhöhle ist (Fig. 17 17). Die Ecke jeder Keilbein- muschel, in welcher deren frei vorliegenden Seiten mit der medialen, dem Keilbeinkörper angewachsenen , zusammenstoßen , ist vorwärts in eine Spitze ausgezogen, die mit der entsprechenden der anderen Seite das Rostrum sphenoid. zwischen sich fassen und schließlich mit ihm verschmelzen. Die Erweiterung der Keilbeinhöhlen erfolgt jeder- seits unter Resorption aller im Knorpel entstandenen Knochensub- stanz, insbesondere an allen Stellen, wo Keilbeinkörper und -Muscheln untereinander verwachsen waren und kann sehr verschieden weit fort- schreiten. In Fällen der hochgradigsten Ausbildung findet man den ganzen Keilbeinkörper hohl bis zum Dorsum sellae, ebenso die un- Keilbein, Os sphenoidale. 145 Fig. 18. Frontale und Sphenoidale in Verbindung, von vorn und unten gesehen. Stirnbein. 1 Facies frontalis. 2 Margo nasalis. 3 Margo supraorbitalis. 4 Pro- cessus zygomaticus. 5 Linea temporahs. 6 Superficies temporalis. 7 Superficies orbitalis. H Cellulae frontales. 9 Spina frontalis. 10 Incisura ethmoidalis. Keil- bein: 11 Ala orbitalis. 12 Canalis opticus. 13 Spina ethmoidalis. 14 Fissura orbitalis superior. 15 Crista sphenoidalis. 16 Rostruru sphenoidale. 11 Sinus sphenoidalis. 18 Concha sphenoidalis (Eest, der beim Erwachsenen persistiert) auf der rechten Seite des Präparats erhalten , auf der linken entfernt. 19 natürliche Oeffnung des Sinus sphenoidalis. 20 untere Fläche des Keilbeinkörpers. 21 Super- ficies orbitalis. 22 Crista zygomatica. 23 Crista infraorbitalis. 24 Facies tem- porahs. 25 Crista infratemporalis. 20 Facies infratemporalis mit 21 Foramen ovale. 28 Crista sphenomaxillaris. 29 Facies sphenomaxillaris. 30 vordere Mündimg des Canalis rotundus. 31 Canalis Vidianus. 32 Sulcus pterygopalatinus. 33 Processus pterygoideus. 34 Incisura pterygoidea. 35 Rauhigkeit für die Verbindung mit dem Processus pyramidalis des Gaumenbeins. 36 Hamulus pterygoideus. 53 146 F. GRAF SPEE, mittelbar damit verwachsenen Teile der kleinen Flügel, des Processus alaris und des Processus pterygoideus. Seine Substanz ist dann auf eine sehr dünne, die Höhlung umgrenzende Knochentafel reduziert. Von der anfangs dicken, senkrechten Platte des Keilbeinkörpers und der mit ihr verschmolzenen medialen Wand jeder Keilbeinmuschel bleibt dabei beim Erwachsenen nur ein sehr dünner Rest als Scheide- wand der Höhlen übrig, das Septum sinuum sphenoidal. (Fig. 11 16). Letztere steht häufig schräg verbogen, nicht median, so daß die Keil- beinhöhlen ungleiche Größe haben. Gewöhnlich sieht man von der Innenfläche der Keilbeinhöhlen niedrige Leisten vorspringen, die den Verwachsungslinien der Komponenten des Keilbeins entsprechen und der Aufsaugung der Knochensubstanz länger Widerstand leisten, so zwischen Prä- und Basisphenoid, zwischen letzterem und Processus alaris (Fig. 11). In den Fällen, wo die Conchae nicht mit dem Siebbein in Ver- einigung bleiben, wird ihr Wachstum gehemmt, die Keilbeinhöhle bleibt klein. Dafür entwickelt sich lateral darüber vom Siebbein- labyrinth aus und entlang dessen Verbindung mit der Seitenwand des Keilbeinkörpers ein zweites, neues Höhlensystem in die obere Partie unter das Jugum sphenoidale, bis zum medialen Umfang des Canalis opticus und hinten manchmal bis in das Tuberculum sellae hinein, das durch eine horizontale oder schräge Scheidewand von den eigent- lichen Keilbeinhöhlen getrennt ist (Fig. 5 Vestibulumhöhle geöffnet, so daß dessen untere Wand von innen sichtbar wird. An dieser: 9 Fenestra ovalis. 10 Laminae spiralis der Schnecke, hinter deren Umbiegung ineinander das kleine Grübchen : 11 Eecessus Cochleae ; hinter diesem, 12, Crista am pullaris inferior ; hinter dieser, 13, Ampullenmündung des unteren senkrechten Bogenganges. 14 hori- zontaler Bogengang. 15 oberer senkrechter Bogengang. 16 unterer senkrechter Bogengang. 11 Crus commune beider senkrechten Bogengänge. 18 Aquaeductus vestibuli. 19 Aquaeductus Cochleae. 20 stehengebliebener Hinterrand des Petrosum. 21 Fossa sigmoidea (Sin. transversus). 22 Tegmen tympani. 23 mediale Mündung des Canalis caroticus. Schläfebein, Os temporale. 189 Wickelung spongiöser Diploe um und zwischen dieselben fortschreitet, wird die zuerst äußerlich frei vorliegend gewesene Modellierung größtenteils ausgeglichen und die Kanalwände in die Tiefe des Pe- trosum gleichsam vergraben. Währenddessen entwickelt sich schon gleich im Innern der Pars petrosa ein Gegensatz in der Dichtigkeit der Knochensubstanz, indem die unmittelbar den Kanälen des Labyrinths anliegenden, also deren unmittelbare Wand bildenden Knochenlagen schon sehr früh kompakt und hart werden, während im übrigen der Felsenteil beim Erwachsenen vorwiegend aus spongiöser Substanz im Innern aufgebaut ist mit einem nur dünnen Oberflächenüberzug aus kompakter Knochensubstanz (Fig. 46 3). Diese kompakte Oberflächenlage und die stets etwas dickere kom- pakte Wand der Labyrinthkanäle verschmelzen ohne Grenze mit- einander, wo die letzteren selbst der Oberfläche sehr nahe bleiben {Eminentia arcuata, Promontorium, Prominentia canalis semicircularis externi) oder biegen ineinander um an Stellen, wo Teile der Kanäle an der Oberfläche ausmünden (Aquaeductus vestibuli, Aquaeductus Cochleae). Die bei oberflächlicher Betrachtung wie aus einem Guß gefertigte, die Labyrinthkanäle umschließende kompakte Knochenmasse erscheint wie deren specifische Umhüllung und wird kurzweg als v knöcherne Labyrinthkapsel (Schwalbe) bezeichnet. Wo sie Fig. 35. Die Figur ist 1,28 mal vergrößert. Knö- chernes Labyrinth des Er- wachsenen von hinten ge- sehen. Die Knochenwände der Labyrinthkanäle sind aus der Spongiosa des Schläfebeins herausprä- pariert und die Kanäle selbst aufgesägt. 1 stehen- gebliebener Randteil des Petrosum entsprechend der hinteren Kante der Pyra- mide. 2 Suleus sigmoideus (Sin. transversus). 3 Aper- tura inierior Aquaeductus Cochleae. 4 die freigelegte Wand desselben. 5 Aquae- ductus vestibuli der Länge nach geöffnet bis zur Stelle seiner Einmündung ins Labyrinth. 6 Eingang in den Porus acusticus internus. Bei 7 derselbe der Länge nach geöffnet. 4' Loch, durch welches der Nervus facialis denselben verläßt. 9 Loch für den Nervus utriculi. 10 Wand des oberen vertikalen Bogenganges. 11 unterer vertikaler Bogengang. 12 Crus commune beider Bogengänge, in welches der Aquaeductus vestibuli mündet. 13 Vestibulum , geöffnet. 14 Synchondrosis petrooccipitalis. 15 stehengebliebener Eandteil entsprechend der oberen Kante der Pyramide. Die zwischen diesem und 1, der unteren Pyramidenkante befindliche Lücke ist durch Wegräumung der spon- giösen Substanz entstanden. 16 Fossä jugularis. // 12 10 13 9 ■ v ■ mit der Oberfläche des Petrosum nicht in Verbindung steht, ist sie von Spongiosabälkchen getragen. Ihre Härte und Dichtigkeit über- trifft die aller anderen Knochenteile und kann demjenigen, der sie durch Wegmeißeln der umgebenden spongiösen Substanz am er- wachsenen Knochen künstlich isolieren will, als Maßstab für die Beurteilung dienen , wo er mit dieser Arbeit einhalten muß. Am jugendlichen Knochen gelingt die Isolierung rascher. Die durch Fig. 34, Fig. 35 abgebildeten Präparate sind auf diese Weise her- 13 97 Handbuch, der Anatomie. I. 190 F. GRAF SPEE, gestellt worden. Sie geben einmal eine Außenansicht der künstlich isolierten knöchernen Labyrinthkapsel. Außerdem aber sind einzelne Teile dieser selbst entfernt und dadurch ein Einblick ins Innere des darin enthaltenen Kanalverlaufs ermöglicht, gleichzeitig auch die vielfach vorhandene Aehnlichkeit der Außenform der Labyrinthkapsel mit der Form der eingeschlossenen Kanäle ersichtlich gemacht. Immer- hin ist die Isolierung der Außenfläche der Bogenkanäle etwas weiter getrieben, als der Wirklichkeit entspricht, da in den zwischengelegenen Ecken und Winkeln die Wände benachbarter Teile zu einer dickeren Masse zusammenfließen. Wie weit dies in jedem Einzelfalle zutrifft, hängt von der Dicke der Kanalwände ab. Diese ist nicht überall gleich, wird im allgemeinen beim Erwachsenen l1/2~2mal so dick wie beim Neugeborenen infolge von Apposition von Knochenmasse an ihrer Außenseite, ist auch individuell wechselnd. Sie schwankt zwischen 1 — 2x/2 mm durchschnittlich, kann in excessiven Fällen mehr betragen. Relativ häufig sklerosiert die zwischen den Bogenkanälen gelegene Spongiosa bis auf geringfügige Reste im Gebiet der Fossa subarcuata; seltener findet man die Diploe des Petrosum so stark sklerosiert, daß die knöcherne Labyrinthkapsel als solche nicht mehr von der Umgebung zu unterscheiden ist. In einem Teil der Laby- rinthkapsel (nämlich an dem Schneckenkanal) tritt eine Art Mark- raumbildung auf. Die Wand des Porus acusticus internus ist durch eine ebenso dicke kompakte Knochenplatte gebildet wie die Labyrinth- kapsel, mit der sie ohne Abgrenzung zusammenhängt. Uebersieht über die Kanäle für das Labyrinth des Gehörorgans. Das Höhlen- und Kanal System in der knöchernen Labyrinthkapsel besteht aus: 1) einem etwas weiteren S a m m e 1 r a u m , Vorhof, Vestibül um (Fig. 34 8, Fig. 35 13, Fig. 37 zwischen 15 u. 12), der im Groben einem plattgedrückten Oval mit ungefähr sagittaler Längsachse gleicht und am macerierten Knochen durch die Fenestra ovalis mit der Paukenhöhle in offener Verbindung ist (s. Fig. 46, Erklärung). 2) Drei bogenförmig (halbkreisförmig) verlaufenden Gängen, Bogengänge,. Ductus semicirculares (Fig. 34 14, 15, 16), die vorwiegend lateral aus dem Vestibulum hervortreten und nach kürzerem oder längerem, bogenförmigem Verlauf in dasselbe zurück- münden. Sie verlaufen in drei zu einander ungefähr senkrechten Ebenen, so daß diese miteinander eine nach vorn, lateral- und auf- wärts offene körperliche Ecke einschließen. Nach ihrer Lage zur Horizontalebene werden zwei, ein oberer, gleichzeitig vor- der e r (Fig. 34 16, 15) und ein hinterer, gleichzeitig unterer (Fig. 35 10,11), als senkrechte Bogengänge, der dritte aber als horizontaler Bogengang (Fig. 34 14) bezeichnet. Derselbe liegt zum hinteren (unteren) senkrechten Bogengang so, daß dieser von der durch ersteren gelegten Ebene unterhalb seines Scheitels halbiert werden würde. Der obere senkrechte Bogengang liegt ganz oberhalb der Ebene des horizontalen. In Bezug auf die Längsachse der Pyra- mide steht der obere senkrechte Bogengang in einer Querschnittebene, der untere senkrechte und horizontale in Ebenen parallel der Pyra- midenlängsachse. Der horizontale Bogengang besitzt zwei eigene Schläfebein, Os temporale. 191 Mündungen ins Vestibulum, an jedem Ende eine (Fig. 37 13, 13 a, die beiden senkrechten Bogengänge, im ganzen zusammen drei Mün- dungen, weil ein Ende von jedem der beiden zu einem gemeinsamen Mündungsrohr verschmolzen ist (Crus commune, Fig. 35 12, Fig. 34 17). 3) Dem aus zwei Parallel-Abteilungen bestehenden Schnecken- kanal, Ductus cochlearis. Dessen obere Abteilung geht aus der untersten Abteilung des Vestibulums nach vorn heraus, während seine untere Abteilung unterhalb des vorderen Endes des Vestibulums mit der Fenestra rotunda seinen Anfang nimmt (Fig. 46 2). Aus der anfänglichen Richtung nach vorn biegt der Schneckenkanal mit ab- wärts konvexem Bogen medialwärts in annähernd frontale Ebene und endet, nachdem er 21/*, vorwärts steigende Spiralwindungen zurück- gelegt hat, blind wie ein Schneckenhaus. In den Winkel zwischen medialer Seite des Vestibulums und hinterer Seite der Spiralwindungen des Schneckenkanals schiebt sich das laterale Ende des Porus acusticus internus von der medialen Seite und hinten ein. Das Lumen des letzteren ist von dem des Vestibulums und des Schneckenkanals nur durch dünne, von Nerven durchbrochene (Fig. 36 22) Scheidewände getrennt. Seine Scheidewand gegen den Schneckenkanal besitzt diesem entsprechend eine spiralige Zeichnung (Fig. 36 25, Fig. 38 7). Die größte Diagonale der Lichtung des Labyrinths beträgt 17,5 bis 18 mm, die größte der Knochenkapsel 19,5 bis 20,5 mm und fällt ziem- lich genau mit der Längsachse der hinteren Abteilung des Petrosum. zu- sammen. Der medialste Punkt liegt im medialen Scheitelpunkt der untersten Schneckenwindung, der lateralste im Scheitel des unteren senk- rechten Bogenganges (Fig. 34). In der Mitte zwischen diesen liegt un- gefähr das Vestibulum. Für die gröberen Lageverhältnisse des Labyrinths lassen sich die künstlich ausgemeißelten Präparate (Fig. 34 21) verwerten. Die Kon- figuration der Hohlräume läßt sich nur mit Hilfe von Durchschnitten mit Eröffnung der letzteren oder an isolierten Ausgüssen derselben studieren. Die Resultate beider Untersuchungswege ergänzen und kontrollieren sich, doch beschränkt sich die Beschreibung der natürlichen Verhältnisse eigentlich auf die Beschreibung der Konfiguration der Höhlen, die man sich an Durchschnitten der Kanäle zur Anschauung bringt. Nur an so gewonnenen Präparaten lassen sich die Details der Innenfläche der Kanäle in ihren wirklichen Beziehungen verstehen. Für die Detail- beschreibung ist demnach immer mir auf diese zurückzugreifen. Dasselbe gilt für den Porus acusticus internus. Der innere Gehör gang. Der innere Gehörgang, Porus acusticus internus, dient dem Nervus acusticus und facialis zur Aufnahme und besitzt an seinem lateralen, dem Labyrinth zunächst liegenden Ende enge Durch- trittslöcher, durch die diese Nerven die Schädelhöhle verlassen. Beim 6-monatlichen Föt ist eigentlich nur sein lateralster Teil ausgebildet in Gestalt einer 2 '/a mm tiefen, 4 mm breiten rundlichen Grube der hinteren oberen Fläche der Schläfenbeinpyramide mit ringsum gut entwickelter Abgrenzung. Beim Erwachsenen hat derselbe sich ver- längert zu einem im Schädel fast transversal und horizontal gestellten Rohr. Genau genommen, weicht seine Richtung lateralwärts aus der 13* 99 192 F. GRAF SPEE, rein transversalen nach vorn, aus der horizontalen nach unten ein wenig ab (Fig. 36). Sein mediales Ende ist in der Ebene der hinteren Pyramidenfläche schräg abgeschnitten, so zwar daß eine schärfere Ab- grenzung der medialen Eingangsöffnung nur im hinteren Umfang durch Fig. 36. Frontalschnitt des erwachsenen Schädels von hinten gesehen. Die Schnittebene geht durch die Längsachse des äußeren Gehörganges und des inneren Gehörganges. Die Schnittflächen sind weiß gehalten. 1 Parietale. 2 Schuppe des Schläfebeins. 3 Sutura parieto-squarnosa. 4 Grenzkante zwischen Basis und Decke des Schädels. 5 Tegmen tympani. 6 Kecessus epitympanicus. 7 Porus acusticus internus. S Vestibulum. 9 Paukenhöhle .gegenüber dem Abgang des Canalis tubarius ; 9' unterster Teil der Paukenhöhle. 10 Meatus acusticus externus. 11 Sinus meatus. 12 Sulcus tympanicus. 13 Krvxsi'scher Ausschnitt. 14 Spina tyrnpanica posterior. 15 Prominentia canaüs semicircularis. 16 horizontaler Bogengang, dessen vorderer Schenkel geöffnet ist ; darunter 17 Canalis faciahs. 18 Durchschnitt und Ampullen- mündung des oberen senkrechten Bogengangs. 19 Einne für die oberen Ampullen- nerven. 20 Fossa subarcuata (Best derselben). 21 Fenestra ovaUs, angeschnittene Oeffnung desselben. 22 Scheidewand des Vestibulum und des Porus acusticus in- ternus. 23 Fossula superior des Porus acust. int. 24 Crista falciformis. 25 Fossula cochlearis (mit Tractus spirahs). 26 Anfangsteil der Schnecke. 21 Promontorium. 28 Semisulcus petrosus inferior. 29 Semisulcus petrosus inf. des Occipitale. 30 Schnitt- fläche des Basioccipitale. 31 Endzacke des Bandes des Semisulcus petrosus des Sphenoidale. 32 Sutura petrobasilaris. 33 Spitze, die die Impressio trigemini_ (zu- weilen) vom Semisulcus petrosus trennt. 34 Dorsum sellae. 35 Proc. clinoideus posterior. 36 Processus styloides. Schläfebein, Os temporale. 193 eine mehr oder weniger scharfe oder abgerundete Kante entsteht, während im vorderen Umfang die Innenfläche des Kanals ganz all- mählich auf die Pyramidenfläche ausläuft (Fig. 37 i). Die Länge des Kanals, von seinem lateralen Ende bis zum freien Rande der hinteren Kanalwand gemessen, beträgt 7 — 10 mm. Seine Weite hat beim Neu- geborenen schon fast die definitive von 5 mm erreicht, in der nach- träglich angeblichsten medialen Verlängerung reduziert sie sich auf 4 mm Querdurchmesser (Fig. 36 7, Fig. 37 1, Fig. 46 1 4). Das Lumen des Kanals wird durch eine von seiner vorderen auf die laterale Fig. 37. Horizontalschnitt der linken Schläfebeinpyramide des Erwachsenen durch die obere Abteilung des Porus acusticus internus und die Ebene des horizon- talen Bogenganges. Schnittflächen sind hell gehalten; dargestellt ist die untere Schnitthalf te von oben gesehen. 1 Porus acusticus internus; 2 dessen Crista falci- formis. 3 Anfangsstück des Canalis facialis; 3 a Eingang in dessen Hauptfort- setzung (hier nach links). 4 Sulcus n. petros. superf. maj. 5 Tegmen tympani. G Sulcus n. tyrnpanici (petr. sup. min.). 7 äußerer Gehörgang. 8 Kecessus epi- tympanicus. I) Antrum mastoideum. 10 Fossa sigmoidea. 11 Foramen mastoideum. 12 Vestibulum. 13 Horizontaler Bogengang ; 13 a dessen Ampullenmündung. 14 Quer- schnitt des senkrechten unteren Bogenganges; 14' dessen Ampullenmündung ins Vestibulum, darin die Oeffnung des Canalis singularis. 15 äußere Mündung des Aquaeductus vestibuli ; 15' Durchschnitt der Furche unterhalb seiner Mündung ins Vestibulum, 16 Lamina spiralis und L. Spiral, secundaria, davor der Eingang zur ScaJa vestibuli. Darüber, 17, Fenestra ovahs, durch welches hindurch ein Stückchen des Promontorium in der Paukenhöhle gesehen wird. 18 Kanal für den Nervus utriculi, der mit mehreren Löchern (bei 12) in den Kecessus ellipticus mündet. 19 Fossula cochlearis. 20 obere Mündung des Canalis caroticus. 194 F. GRAF SPEE, Wandfläche (Scheidewand gegen das Vestibulum, Fig. 36 zwischen 14 und 12) umbiegende sichelförmige Knochenleiste, Crista falci- formis (Fig. 37 5, Fig. 38 1, Fig. 39 2), die medialwärts sehr all- mählich sich verliert, in eine obere kleinere und eine untere Abteilung unvollkommen geschieden (Fig. 36 23, 25). Die der Scheidewand gegen das Vestibulum (Fig. 36 22) zunächst gelegenen Teile beider Abteilungen bilden deutlich vorwärts ausgebuchtete Gruben, zwischen denen die Crista falciformis höher heraustritt. In der Grube der oberen Abteilung finden sich zwei größere Löcher durch ein scharfes Knochenleistchen getrennt; das medialere führt in den Canalis facialis (Fig. 37 3) ; das laterale durchbohrt die Scheidewand ins Vestibulum, wo es mit vielen Löchern mündet, Fig. 37 1-2 (Macula cribrosa super.) und ist bestimmt für den Ramus superior nervi acustici (Fig. 37 18). In der Ansicht von hinten dargestellt in Fig. 39 4, 5, Fig. 38 2, ,9. Statt eines können mehrere Löcher für den zuletzt genannten Nerven vorhanden sein; sie bilden dann die Area cribrosa superior. Die Grube der unteren Abteilung, Fossula cochlearis, ist breiter und einem kleinen Hohlkegel entsprechend gestaltet. Der Schneckenkanal des Labyrinths ist um diesen gleichsam herumge- wunden und so die Wand dieses Grübchens durch die ihm zugekehrten Teile der Wand der Schnecke gebildet, Letztere sind als zarte Wulst- bildung an der Wand des Grübchens erkenntlich. Die Wand des Fig. 38. Petrosum vom Neugeborenen von hinten gesehen. Beide senkrechten Bogengänge eröffnet. Von der Wand des Porus acusticus internus ist möglichst viel entfernt, jedoch darauf geachtet, daß der Verlauf des den natürlichen Eingang umgrenzenden Knochenrandes künstlich ähnlich herausgemeißelt wurde, wie er bei intakt gelassenem Knochen sich verhält. 1 Crista falciformis. 2 oberes Grübchen mit Durchtrittslöchern für den Nerv, facialis und N. utriculi. 3 Scheidewand des Vestibulums und des Porus acusticus internus, teilweise oben entfernt. 4 Fos- sula cochlearis. Der untere Rand der- selben, 5 Randwulst (Limbus) der Fossula cochlearis (Anfangsstück des Spiralwulsts) läuft parallel dem unteren Rande des Ein- gangs in den Porus acusticus internus. Letzterer, 6, hell gehalten , biegt von der medialen Seite her in die Crista falciformis ein. An der unteren Seite dieser verliert sich auch der Randbogen der Fossulae cochlearis eine kurze Strecke weit, erscheint aber wieder bei 4 in der gedachten Fortsetzung seines spiralig gebogenen Anfangs- verlaufs als glatter niedriger Wulst und wird nach Vollendung einer weiteren Spiral- windung unmerklich. Seiner konkaven Seite entlang liegt eine spiralige Reihe von Löchern in einer sehr seichten Furche. ^ Tractus spiralis foraminosus, die inner- halb der Fossula cochlearis 1/a Spiralwindung vollzieht. Im Krümm ungscentrmn der letzteren endet sie mit einem siebförmig durchbrochenen Grübchen , 5, oder größeren Loch (Anfang des Canalis centralis Cochleae). Die Löcherreihe des Trac- tus spiralis setzt sich andererseits entlang der medialen Wand des Vestibulum quer über die Crista faciformis bis dicht an die laterale Seite des Anfangs des Canalis facialis fort. Die oberhalb der Crista falciformis befindlichen Löcher, 9, und die- jenigen auf der Crista selbst, 10, führen zu dem Recessus ellipticus des Vesti- bulum sowie zu den Ampullen des horizontalen und oberen vertikalen Bogenganges. 11 Die zunächst unter der Crista falciformis befindliche Gruppe von Löchern führt in den Recessus sphaericus des Vestibulum. . Die stärker spiralig gekrümmte Abteilung der Löcherreihe führt in den Achsenteil der Schnecke. (Vergl. auch Fig. 39 bezüglich des Foramen singulare ; Fig. 43 bezüglich des Verhältnisses der Fossula cochlearis zum Schneckenkanal.) 12 unterer senkrechter Bogengang. 13 oberer senkrechter Bogengang geöffnet. Schläfebein, Os temporale. 195 Anfangsteils der ersten Schneckenwindung' erscheint dabei als äußerste Umgrenzung des Grübchens von unten her, und ist der Anfang des Spiralwulsts der Fossula cochlearis (Fig. 38 5). Dieser läuft beim Neu- geborenen parallel dem unteren Eingangsrande des Porus acusticus internus von der Scheidewand gegen das Vestibulum aus in abwärts konvexem Bogen medialwärts bis zur Unterseite der Crista falciformis, mit der er eine kurze Strecke weit völlig verschmilzt und unsichtbar wird; aber in der gedachten Fortsetzung des [spiraligen] Anfangsbogens tritt die Wulstbildung durch die Schneckenwand nunmehr etwas flacher unter der Crista falciformis wieder hervor und vollendet noch eine weitere Spiralwindung (Fig. 38 bei 4, Fig. 39 .9). An der konkaven Seite des ganzen spiraligen Wulstverlaufs zieht eine sehr seichte Furche her und in ihr eine ebenfalls spiralig geordnete Reihe von Löchern, Fig. 39. Laterales Ende des Porus acusticus von der medialen Seite besehen, vergrößert, von dem Schläfebein einer 12-jährigen Person. 1 Schnittfläche des Knochens (die kompakte Wand des Porus acusticus ist punktiert und umfaßt das Ende des Ganges , welches dunkler ge- halten ist). 2 Crista falciformis. 3 mediale Wand des Vestibulum. 4 Anfang des Ca- nalis facialis. 5 Loch für den Nervus utri- culi. 6 Fossula cochlearis, darin Löcher, deren charakteristische Anordnung in Spirallinie in dieser Ansicht nicht hervor- tritt (vgl. Fig. 38). 7 Foramen singulare (für den Ampullennerv des unteren senk- rechten Bogenganges). 8 angeschnittener Kaum des Vestibulum. 9 Band der Fos- sula cochlearis, der mit der Crista falciformis hier zusammenfließt. 10 Löcher für den Nerv. saccuM. Tractus spiralis foraminosus (Fig. 38 7), die innerhalb der Fossula cochlearis im ganzen 1 1/2 Spiralwindungen beschreibt. Sie endet etwa in der Krümmungsachse der letzteren an einer porösen Knochenmasse, die die tiefste Einsenkung der Fossa cochlearis aus- füllt und entweder von einem größeren Loch (Foramen centrale Cochleae), Fig. 43 6', oder von vielen kleinen Löchern durchbohrt ist Am entgegengesetzten Ende des Tractus spiralis for. stehen die Löcher zu zweien bis dreien in der Reihe nebeneinander, bis an der Scheidewand gegen das Vestibulum die Kontinuität der Reihe unter- brochen ist. Die genannten Löcher dienen dem Schneckennerven zum Eintritt in den Schneckenkanal. Weiter oben findet sich in der ge- dachten Fortsetzung der Reihe an der Scheidewand gegen das Vestibulum unterhalb der Crista falciformis die Area cribrosa media, eine Gruppe isoliert stehender Löcher für den Nervus sac- cularis (Fig. 39 10, Fig. 38 u). Dieselbe wird meistens noch über die Crista hin fortgeführt in der Richtung auf das oder die Durch- trittslöcher des' Nervus ntricularis in der oberen Abteilung des Porus acustic. internus hin durch Löcher, welche als von diesem abgesprengt angesehen werden können. Die letzteren sind nicht konstant (Fig. 39 unter 5, Fig. 38 zwischen -9 und 10). — Ein isoliertes Loch, welches unmittelbar hinter dem Bereich der Fossula cochlearis und der Scheide- wand gegen das Vestibulum liegt, For amen singulare (Fig. 39 7), dient dem Ampullennerv des unteren senkrechten Bogengangs zum. Durchtritt. 103 196 F. GRAF SPEE, Das Höhlensystem des Labyrinths. Eine genauere Beschreibung der Einzelheiten nimmt ihren Aus- gang am besten vom Vestibulum. DerRaumdes Vestibulums schaltet sich (Fig. 36 8) zwischen laterales Ende des Porus acusticus internus und Pelvis ovalis der Paukenhöhle ein (Fig. 36 22, 21, 9 • Fig. 46 I zwischen 4 und 22) ; in allen übrigen Stellen bleibt er Oberflächenteilen des Petrosum fern. Seiner Gestalt nach könnte man ihn als ein etwas plattes Oval be- zeichnen, dessen längste Achse der Ebene des oberen senkrechten Bogenganges parallel steht (Fig. 34 8; Fig. 41 der Raum zwischen 3 und .9; Fig. 37 12), dessen eine der Fenestra ovalis (Fig. 25 21) anliegende Seite stärker eingedrückt ist als die entgegengesetzte medial aufwärts davon gelegene (Fig. 36 22). Von den Querschnitts- durchmessern ist daher der längste medial abwärts, der kürzeste medial aufwärts gerichtet (Fig. 36 die ovale Höhle links von 22). Die mediale und laterale Wandhälfte konvergieren aufwärts ein wenig, so daß die Breite des Vestibulums aufwärts abnimmt (Fig. 41 die Linie .9, 31, 3 etc.). Maße des Vestibulums: Auf dem Frontalschnitt (Fig. 36) horizontal f oberhalb der Fenestra ovalis 4 mm Breite gemessen (_ unterhalb der „ „ 2,8 mm •„ senkrecht gemessen 6,7 mm Höhe in längster Längsachse gemessen 7 mm „ Auf dem Horizontalschnitt mißt der längste Durchmesser 7 mm. Außer durch das Foramen ovale ist die Wand des Vestibulums noch von 6 größeren Löchern, den Mündungen der halbkreisförmigen Kanäle und der Scala vestibuli des Schneckenkanals durchbohrt. Die Löcher nehmen einen relativ großen Teil der Vestibulumwand ein und bedingen, daß deren Umriß fast in jeder Schnittebene ein anderer wird. In längerer Strecke ohne gröbere Unterbrechung verläuft eigentlich bloß der dem Porus acusticus anliegende und aufwärts da- von befindliche Teil der Höhlen wand, die sog. mediale Wand des Vestibulums. Von den gröberen Oeffnungen der Bogengänge nehmen drei dicht beisammen den hintersten Pol des Vestibulums ein (Fig. 40 4). Durch die oberste der Oeffnungen mündet zu einem gemeinsamen Rohr (Crus commune [6']) vereint je ein Schenkel der beiden senk- rechten Bogengänge (7 a und 6'), die lateraler liegende mittlere ist die Mündung des hinteren Schenkels des horizontalen Bogengangs (Fig. 40 5; 37 13); durch die untere mündet der untere (Ampullen-) Schenkel des hinteren, senkrechten Bogengangs (7; auch Fig. 41 unterhalb 8; 37 14). Die Mündungen sind durch Knochenkanten von- einander geschieden; die untere (Ampullen-)Mündung des unteren senkrechten Bogengangs auch gegen das Vestibulum durch eine scharfe Kante (Crista ampullaris inferior) abgesetzt (Fig. 41 .9; Fig. 37 oberhalb 14). Von ihrem Vorderumfang aus entspringt eine zarte Kante, die an der lateralen Wand des Vestibulums sich spaltet. Die beiden durch die Spaltung getrennten Kanten divergieren zum oberen und unteren Umfang der Fenestra ovalis, mit deren hinterem Rande sie ein dreiseitiges, mit einem Loch versehenes Feld ein- schließen. Das Loch ist in Fig. 37 unterhalb der Fenestra ovalis (17) Schläfebein, Os temporale. 197 angedeutet. Medial und unterhalb dieser Kante und vor der Crista ampullaris inferior ist ein kleines Grübchen, Recessus Cochleae (Fig. 41 13). Der ganze, vorwärts davon gelegene Eaum ist schon als Teil der Mündung der oberen Abteilung (Scala vestibuli) des Schneckenkanals (Fig. 41 14) anzusehen, die durch zwei sehr dünne, vorn durch einen schmalen Schlitz der Länge nach getrennte, hinten aber ineinander umbiegende Plättchen (Laminae spirales) nach abwärts unvollkommen abgeschlossen ist (Fig. 37 16; Fig. 41 16, Fig. 46 II 1-9, 20) gegen die Scala tympani (Fig. 41 17; Fig. 32 8). Fig. 40. Frontalschnitt des erwachsenen Schädels , hintere Schnitthälfte von vorn gesehen. Die Schnittebene der linken Seite des Präparats liegt ein wenig weiter rückwärts als die der rechten. 1 Vorderfläche des Processus mastoideus. 2 Antrum mastoideurn. 3 Fossa jugularis. 4 Vestibulum. ö Horizontaler Bogengang, lateral Querschnitt desselben, medial seine hintere Einmündung in das Vestibulum. 6 Quer- schnitt des oberen senkrechten Bogengangs. 6' Einmündung desselben ins Vestibulum. 7j Ampullenmündung des senkrechten unteren Bogenganges. Bei 7a Zusammen- treffen der beiden hinteren Schenkel der senkrechten Bogengänge zum Crus com- mune, in der rechten Seite tdes Präparates sichtbar , auf der linken Seite desselben in der Zeichnimg durch punktierte Linien angedeutet Keehts ist auch die Mündung des Crus commune ins Vestibulum sichtbar. 8 Teil der Paukenhöhle (Sinus tym- pani). 9 Canalis facialis (Querschnitt). 10 Querschnitt der Höhle für den Mus- culus stapedius. 11 Pfeil in den Canalis hypoglossi. 12 Hinterrand des Foramen occipitale (magnum). 13 Sinus transversus. 11 Crista oecipitalis interna. Lateral - vor - aufwärts von dem Räume der Schneckenmündung ins Vestibulum (Fig. 32 17; Fig. 36 26) liegt die Fenestra ovalis (Fig. 41 IS ; Fig. 32 / ; Fig. 36 21) ; oberhalb und vorn von dieser die Mündung des vorderen (Ampullen-)Schenkels des horizontalen Bogenganges (Fig. 37 13 ; Fig. 36 16), vor dieser die vordere (Am- pullen-)Mündung des oberen senkrechten Bogenganges (Fig. 36 18; Fig. 41 2), die von dem Raum des Vestibulums durch eine scharfe Kante, Crista ampullaris superior (Fig. 41 3), abgegrenzt ist. Eine durch die laterale Seite des oberen senkrechten Bogen- ganges der Länge nach gelegte Schnittebene trifft in ihrer Fortsetzung fast alle die beschriebenen Mündungen ; dieselben sind dem- entsprechend in Fig. 41 sichtbar dargestellt mit einziger Ausnahme '°5 198 F. GRAF SPEE, der Mündung des horizontalen Bogenganges, die sich, weil sie schon mehr an der lateralen Wand des Vestibulums gelegen ist, nicht mehr ordentlich markiert (vergl. auch Fig. 36 16; Fig. 37 13 und 13 a, Fig. 45 B 22). Die mediale Wand des Vestibulums im strengen Sinne würde bloß die Scheidewand desselben gegen das laterale Ende des Porus acusticus internus darstellen (Fig. 36 22). Ihre dem Vesti- bulum zugekehrte Fläche ist scharf begrenzt, vorn und hinten durch die Cristae ampullares (Fig. 41 3 und 9) gegen die Mündungen der senkrechten Bogengänge, abwärts durch die Abgrenzung der Mündung der Scala vestibuli der Schnecke, vor dieser durch die (mediale Seite der) Fenestra ovalis (Fig. 37 16, 17; Fig. 41 18; s. auch Fig. 36 26, 21). Nach oben jedoch fehlt jegliche scharfe Abgrenzung derselben, so daß in dieser Richtung die Fläche sich kontinuierlich zu einer der Lage nach medial oberen Vestibulumwand fortsetzt (in Fig. 36 rechts oben von 19), rück-aufwärts von welcher die Inneu- Fig. 41. Querschnitt durch die rechte Sckläfe- beinpyramide in der Ebene des oberen senkrechten Bogenganges, mediale Schnittfläche, etwa 3 ' /.2mal vergrößert. 1 oberer senk- rechter Bogengang, seine Wand bei la durch- brochen ; 2 dessen Am- pulle; 3 deren Crista am- pullaris; 4 Loch für den Zutritt des Ampullen- nerven. 5 Fossa sub- arcuata. 6 Crus commune der beiden senkrechten Bogengänge ; darin , 1, Mündung des Aquaeductus vestibuli ; derselbe außer- halb des Bogenganges links daneben im Durchschnitt. 6' Ampulle des unteren senkrechten Bogenganges mit Mündungen des Canalis singularis für den Am- pullennerven. 9 Crista ampullaris (inferior). 10 Crista vestibuli. 11 Re- cessus sphaericus. 12 Becessus ellipticus. 13 Recessus cochlearis (Reichert). 14 Ein- gang zur Scala vestibuli. 15 Durchschnitt der Uebergangsstelle der Lamina spiralis in die Lam. spir. secundaria. IG Lamina spiralis. 17 unterer Teil des Anheftungs- randes der Membrana tympani secundaria. Rechts darüber der Eingang, in die Scala tympani der Schnecke. Die laterale Wand der Fossula rotunda ist durch den Schnitt entfernt. IV Fenestra ovalis, die laterale (hintere) Ecke desselben durch den Schnitt entfernt. 19 Ampulle des horizontalen Bogengangs angeschnitten, darin Löcher für den zugehörigen Nervenast, daneben auf der Crista vestibuli die Durch- trittslöcher für den Nerv, utriculi. 20 Canalis facialis. 21 Tegmen tympani. 22 Re- cessus epitympanicus. 23 Sulcus pro tensore tympani. 2i Cavuni tympani. 25 Sulcus tympanicus. 26 Spina tympanica posterior. 27 Hinterende der Crista tympanica; zwischen 26 u. 27 Tncisura malleolaris. 2% Löcher im Paukenbein im Sinus meatus, der Grube des äußeren Gehörgangs. 29 Promontorium. 30 Fossa jugularis mit Durch- schnittslöchern nach der Paukenhöhle. 31 Eine punktierte Linie giebt die laterale obere Ausdehnung des Vestibulums an, die in der Figur hinter der Schnittfläche des Knochens sich verbirgt. Die weitere Abgrenzung ist durch 3 und 9 wieder sichtbar. 106 Schläfebein, Os temporale. 199 fläche des Crus commune (Fig. 41 &) der beiden senkrechten Bogen- gänge ganz allmählich in die Innenfläche des Vestibulums übergeht. Diese gesamte, von keinen größeren Oeffniingen durchsetzte Fläche des Vestibulums kann man als medial-obere Wandfläche des letzteren bezeichnen. Sie ist im ganzen eine deutliche Hohlfläche und bildet, wie schon gesagt, in ihrem medialen (zugleich unteren) 3/s die laterale Fläche der Scheidewand zwischen Porus acusticus internus und Vesti- bulum. Die ganze Fläche zerfällt in zwei Unterabteilungen, eine obere länglich-elliptische und eine untere rundliche (genauer stumpfwinklig- viereckige), die beide grubig vertieft sind. Die obere Grube heißt Recessus ellipticus (Fig. 41 12), die untere Recessus sphaericus (Fig. 41 11). Letztere ist von einer stets deutlichen Knochenkante eingefaßt, welche im ganzen in sagittaler und senk- rechter Ebene verläuft, Crista vestibuli (Fig. 41 10). Eigentlich selbständig als Umgrenzung der Unterabteilung existiert sie bloß da, wo sie nicht mit der unteren Abgrenzung der ganzen Fläche zu- sammenfällt. Sie fällt aber mit dieser zusammen oberhalb des Ein- gangs in die Scala vestibuli der Schnecke (Fig. 41 oberhalb 14) ; gerade davor ist sie von dem medialen Pole der Fenestra ovalis durch eine Furche getrennt und wieder selbständig. Im übrigen ist in Bezug auf den Verlauf und Besonderheiten der Crista vestibuli folgendes zu bemerken. Oberhalb des medialeren Poles der Fenestra ovalis vorn hat sie eine dreiseitige Verbreite- rung (Pyramis vestibuli) mit einem zuweilen sehr spitzen Fortsatz, Spina vestibuli (Fig. 461 17, 16), der lateral und etwas abwärts ge- richtet ist und von der Paukenhöhle aus durch die Fenestra ovalis (Fig. 46 I 22) gesehen werden kann, wenn er sich gut ausgeprägt findet; er fehlt nicht selten*). Von hier aus verläuft die Crista vestibuli in aufwärts konvexem, senkrecht stehendem Viertelkreis als Grenzkante zwischen Recessus hemiellipticus und hemisphaericus rück- wärts; 1 mm vor dem medialen, oberen Ende der Crista ampullaris superior (Fig. 41 bei 10) fällt sie steiler ab zum Rande des Eingangs in die Scala vestibuli der Schnecke, und indem sie von hier horizontal- vorwärts zieht, bezeichnet sie als feines Leistchen sehr genau deren Grenze gegen das Vestibulum bis zum medialen Ende des unteren Randes der Fenestra ovalis. Wo sie dieses erreicht, findet sich unter ihr eine kleine, inkonstante lochartige Grube dicht an der Fenestra ovalis. An der Stelle, wo sie zuerst den Eingang zur Scala vestibuli trifft, spaltet sich von der Crista ein Knochenleistchen ab und läuft in der Fortsetzung ihres senkrecht abfallenden hinteren Teils all- mählich lateralwärts aus (Fig. 46 II 16). Sie gelangt dabei ins Gebiet der Schneckenmündung, ins Vestibulum, endet manchmal erst auf der Lamina spiralis (Fig. 46 II 20) und wird dann eine Strecke weit zur vorderen Abgrenzung des bereits erwähnten, vor der Crista ampul- laris inferior gelegenen Grübchens, Recessus Cochleae (Fig. 46 II 19). Die Abgrenzung des Recessus ellipticus wird vorn durch die Ampullenmündung des oberen senkrechten und des horizontalen Bogengangs gebildet (Fig. 41 2, 19), hinten durch eine Furche, deren *) Seine Lage ist unmittelbar hinter dem Ende des Processus cochleariformis der Paukenhöhle gelegen. Er trennt den Siebfleck der Pyramis vestibuli von der Fenestra ovalis. 200 F. GRAF SPEE, hintere Einfassungskante vor dem medialen Ende der Crista am- pullaris vorbei spitzwinklig abwärts verläuft; die Furche führt auf- wärts in ein Loch, Apertura sulciformis (Ap. intern, aquaed. vestib.), die innere Oeffnung des Aquaeductus vestibuli (Fig. 41 7 in 6'), welches gerade an der Grenze gegen das Vestibulum die innere Fläche des Crus commune der beiden senkrechten Bogen- gänge schräg abwärts durchbohrt (auch Fig. 46 II 17). Der Aquaeductus vestibuli ist ein enger, plattgedrückter Knochenkanal, der auf der hinteren cerebralen Fläche des Petrosum in der Tiefe einer von der lateralen Seite zugänglichen Spalte von individuell sehr verschiedener Beschaffenheit beginnt, schräg medial- aufwärts den Knochen durchsetzt etwa bis zur Höhe des Zusammen- mündens der beiden senkrechten Bogengänge zum Crus commune, (Fig. 41 7) ; in Fig. 35 5 ist dieser Teil der Länge nach geöffnet. Von da biegt der Kanal im Bogen hinter dem Crus commune ab- wärts und durchbohrt au der beschriebenen Stelle dessen Innenfläche (Fig. 30 7 unterhalb 6'). Der Recessus ellipticus mißt im längsten Durchmesser 6 mm, im Querdurchmesser 2,7 mm. Die Durchmesser des Recessus sphaericus betragen 3 mm bis 3,5 mm. Der höchste Punkt der Scheidekante zwischen beiden erhebt sich etwa 0,6 mm über das Niveau der Crista falciformis, die das laterale Ende des Porus acusticus internus in obere und untere Abteilung zerlegt. Die im Innern des Porus acustic. intern, beschriebenen Nervenlöcher der Area cribrosa superior und media durchbohren vielfach sich spaltend und schräg die dünne Scheidewand zwischen ihm und dem Vesti- bulum und münden an dessen medialer Fläche mit zahlreichen, auf einzelnen Stellen, sog. Sieb flecken (Maculae cribrosae) dicht zusammengedrängten Löchern. Die oberhalb und zum Teil auf der Crista falciformis den Porus acusticus verlassenden Kanälchen (Area cribrosa superior, Fig. 39 5 und unterhalb 5) münden im Vestibulum teils auf der Pyramis vestibuli und oberhalb derselben und bilden die Macula cribrosa superior. Die Mündungen auf der Pyramis sind (15 — 19, Krause) für Aeste des Nervus utricularis bestimmt. Die ober- halb derselben gelegenen (nach Krause 14 — 17, finde ich öfters auf wenige größere Löcher reduziert, an die sich Rinnen schließen, welche zur Ampullenöffnung des horizontalen und oberen vertikalen Bogen- ganges verlaufen (Fig. 36 12). Die Oeffnung für die Nerven zur Ampulle des oberen senkrechten Bogenganges findet sich dicht unter dessen Crista ampullaris (Fig. 41 4). Die Löcher der Area cribrosa media (Fig. 39 10), für den Nervus saccularis bestimmt, münden auf einem ovalen Fleck mit horizontal gestellter längerer Achse in der Mitte des Recessus sphaericus (Macula cribrosa media). Das Foramen singulare (Fig. 39 7) führt in einen etwa 4 mm langen Kanal, der unmittelbar hinter und 1 mm unter der Crista ampullaris inferior entweder mit einer oder mit wenigen größeren oder mit vielen feinen Oeffnungen (8, Krause) [Macula cribrosa inferior] in die Ampullenöffnung selbst mündet (Fig. 41 8, Fig. 37 der dunkle Punkt unter 14'). Die Löcher der Macula cribrosa superior sind manchmal in drei Untergruppen getrennt : 1) Die größte nimmt die der Fenestra ovalis abgekehrte Seite der Pyramis vestibuli ein und besitzt 12 Löcher (Fig. 45 A 29). Schläfebein, Os temporale. 201 2) Eine kleinere von 10 Löchern liegt an dem der Fenestra ovalis abgewandten Umfang der Ampullenmündung des horizontalen Bogengangs (Mg. 45 A 28). 3) Die kleinste mit 6 Löchern liegt von diesem dicht medial auf der Crista ampullaris superior. Die Löcher der Macula cribrosa media münden zuweilen auf einem aus poröser Knochenmasse bestehenden elliptischen Wulste. Ich glaube 12 Löcher annehmen zu müssen (Kg. 45 A 30). Zwischen diesen und der Pyramis und zwar dicht unter ihr findet sich manchmal eine Reihe von 3 — 4 Löchern im Gebiete des ßecessus sphaericus von dessen typischem Siebfleck abgesprengt. Alle Siebflecke liegen beinahe in einer Ebene, die parallel steht der durch den Sulcus tynrpanicus gelegten. Die knöcherne Schnecke des Labyrinths. In dem medial-abwärts von dem Vestibulum gelegenen Teil der knöchernen Labyrinthkapsel ist der Schneckenkanal des Labyrinths mit den dazu gehörigen Nerven- und Gefäßkanälen enthalten. Eine grobe Uebersicht über seinen Verlauf und seine knöchernen Wände ergiebt sich aus folgender Deduktion. Es sei auf der Mantelfläche eines Hohlkegels eine Rinne eingedrückt, die mit stetig abnehmender Breite in 2]/2 — 23/4 der Achse des Kegels konzentrischen Spiraltouren von dessen Basis zur Spitze aufsteigt ; ferner sei die Rinne in ganzer Länge von einer dünnen Knochenplatte zum Kanal überwölbt und letztere entlang dem schmalen, von der Rinne freigelassenen Streifen des Kegelmantels mit diesem verwachsen. Der dann entstandene Kanal verläuft wie eine Schraubenspirale und heißt Schnecken- kanal, Canalis cochlearis; der Hohlkegel, an dessen Außen- seite er verläuft, heißt der Achsenkegel, Modiolus (Spindel). Die das Lumen des Schneckenkanals direkt umschließenden Knochen- flächen, die Wandflächen des Schneckenkanals, werden auf jedem Querschnitt des Kanals an der konkaven Seite seiner spi- raligen Windung (Fig. 43, Fig. 44) von der ihm zugekehrten Fläche des Modiolus, an der konvexen Seite der spiraligen Windung durch die ihm zugekehrte Fläche der speciellen knöchernen Außenhülle des Schneckenkanals gebildet. Die quer zur Höhe des Achsenkegels gestellten Wandflächen des Schneckenkanals befinden sich auf der Knochenplatte, welche die Kontinuität zwischen Mantel des Achsen- kegels und Außenwand des Schneckenkanals herstellt und zunächst als basale Wand der basalen Windung des Schneckenkanals beginnt, in ihrer Fortsetzung als basale Wand der zweiten Windung aber, wie die Führungskante zwischen zwei Gängen einer Schraubenspirale, zwischen erster und zweiter, schließlich zwischen zweiter und dritter Spiraltour des Schneckenkanals weiterzieht, also deren Lumen voll- kommen wie eine Zwischen- oder Scheidewand voneinander bis zur Spitze des Achsenkegels trennt. Diese Zwischenwand, Lamina modioli ist ein dünnes Knochenblatt. Nur an der Basalseite der dorsalen Hälfte (Fig. 43 11') der ersten Windung ist sie scheinbar sehr dick. In Wirklichkeit aber kommt dieser Dickenzuwachs nur durch Uebergreifen eines Teiles der allgemeinen Labyrinthkapsel auf ihre basale Seite zustande. Man erkennt dies an Sägedurchschnitten parallel der Schneckenachse sehr deutlich bei älteren Föten, aber 202 F. GRAF SPEE, auch bei genauer Betrachtung mit der Lupe oder dem Mikroskop beim Erwachsenen, indem eine sehr schmale Lage spongiöser Substanz mit kleinen Markräumen (Fig. 43 «9, Fig. 44 3, Fig. 46 II 35) zwischen der kompakten Labyrinthkapsel und der ebenfalls kompakten, an sich aber dünnen Spezialwand des Schneckenkanals gelegen ist. Diese Mark- raumbildung läßt sich nun von hier aus um die ganze Außenseite der speciellen Wand des Schneckenkanals herum verfolgen und scheidet sie von der peripheren allgemeinen Schneckenkapsel, die ein Teil der kompakten allgemeinen knöchernen Labyrinthkapsel und durchschnitt- lich etwa 1 mm dick ist. Die specielle Wand des Schneckenkanals be- steht aus einer kaum papierdicken, kompakten Knochenlamelle, welche dem Schneckenkanal unmittelbar anliegt, seiner Form auf das ge- naueste folgt und daher als eigentliche Wandlamelle des Schnecken- kanals erscheint. Diese letztere allein geht in die Zwischenwand Fig. 42. Durch- schnitt des Schläfe- beins eines etwa 2-jäh- rigen Kindes durch den Achsenkegel der Schnecke, parallel dem oberen senk rechten Bogengang. Vergrößerung i9/,,. 1 Schuppe. 2 Tegmen tynipani. 3 Processus inferior tegminis tyni- pani. 4 Canalis pro- tensore tynipani. ■5 Canalis tubae. Ö Septum tubae. 7 Schnittfläche des. 8 laterale Wand des Canalis caroticus. 9 Canahculus carotico- tympanicus. .WPorus acusticus internus. 11 Eminentia arcuata. 12 Crista falciformis im Porus acust. int. 13 Fossula superior für den Nerv, facialis. 14 Durchschnitte des Schneckenkanals. Die Details des Schneekendurschnitts siehe Fig. 43 B. Die hier gegebene Figur stammt von dem- selben Präparat wie Fig. 45 A. Siehe die Anmerkung dazu. (Fig. 44 ll, Fig. 43 B 10) zwischen den benachbarten Spiraltouren des Schneckenkanals, welche selbst entlang einer spiraligen Linie mit dem Modiolus zusammenhängen. So ist die unmittelbare Knochenhülle (Fig. 44 4) des Schneckenkanals durch eine seine Gestalt unmittelbar wiedergebende sehr dünne glatte Wandlamelle gebildet; gegen die Schneckenspitze hin wird sie sehr dünn und fehlt fast bei 8— 9-monat- lichen Föten. Die Spongiosabalken des an ihrer Außenfläche befind- lichen Markraums verbinden sie mit der dicken allgemeinen Schnecken- kapsel (Labyrintkkapsel), der Hülle des Markraums um die Schnecke. Beim jugendlichen Knochen sind die Markräume der Schneckenkapsel noch groß, beim Erwachsenen sehr reduziert und auf den ersten Blick nicht deutlich, weil bei der Maceration das Mark dieser Bäume in der Begel nicht entfernt wird, aber doch meistens noch vorhanden. Zunächst den anschließenden Teilen des Vestibulums hört der Mark- raum in der Labyrinthkapsel auf. Er existiert demnach bloß im Umfang der Schnecke, fehlt der Wand des Vestibulums und der Bogengänge. Schläfebein, Os temporale. 203 Nach Böttcher und Kölliker entstehen die direkten Wand- platten des Schneckenkanals durch perichondrale Verknöcherungsvorgänge an der Innenseite desjenigen Teiles der knorpeligen Labjrrinthkapsel, welcher die Schnecke umgiebt, und stehen mit den Ossifikationen des Modiolus im Zusammenhang. Die allgemeine Kapsel der Schnecke kommt der Oberfläche des Petrosum an vielen Stellen sehr nahe. Ihre basale Seite liegt im Anfangsteil der untersten Windung ganz vom Knochen umschlossen abwärts von der Fossula cochlearis; im Bereich der oberen Hälfte der ersten Windung ist sie dem Porus acusticus internus (Fig. 42 12, 43 2) zugekehrt und trägt dessen Crista falciformis. In der übrigen Peripherie kommt sie oben bis Fig. 43. Durchschnitt der Schnecke eines 2-jährigen Kindes. Ansicht von der medialen Seite auf die laterale Schnittfläche. Schnittebene parallel der Ebene des vertikalen oberen Bogenganges. Vergrößerte Kopie von Fig. 28 A. Total- vergrößerung £enau 43/7,5. 1 Porus acusticus internus; V hinterer Band seines Eingangs. 2 Durchschnitt der Crista falciformis. 3 Area cribrosa. 4 Löcher des Tractus spiralis foraminosus durch eine Kante von der Area cribrosa (3) getrennt. 5 siebf örmig durchbrochener Centralfleck des Tractus spiralis foraminosus mit Löchern zum Modiolus (Columella) der Schnecken acke. 6 Foramen centrale Cochleae mit anschließendem Canalis centralis. 7 Foramen singulare. 8 Sägeschnittfläche der knöchernen Schneckenkapsel. 9 Markräume der knöchernen Schneckenkapsel. 10 Zwi- schenwände zwischen Abschnitten des Schneckenkanals. 11 — 13 Lumen des Schnecken- kanals 5 mal durchschnitten und zwar : 11 ventraler Teil der ersten (basalen) Win- dung ; 11' dorsaler Teil derselben. 12 ventraler Teil der zweiten Windung ; 12' deren dorsaler Teil. 13 dritte Halbwindung (ventral gelegen), li Poröse Füllmasse des Achsenkegels. 15 Canalis spiralis durchschnitten. ' 16 Durchschnitte der Lamina spiralis mit der Fissura spiralis. 11 vorderster Teil der Lamina spiralis" von der Fläche gesehen. 18 Sichelförmiges freies Ende derselben (Hamulus). 19 Scala tympani. 20 Scala vestibuli (beide bloß in der ersten Windung mit Zahlen be- zeichnet). 21 äußere der Scala vestibuli zugekehrte Fläche des Modiolus. 22 Ueber- gang der Lamina modioli (Durchschnitt) in die Schneckenkapsel. 23 obere Oeff- nung der Canalis centralis Modioli. 24 Lamina spiralis secundaria. 204 F. GRAF SPEE, zur cerebralen Vorderfläche der Pyramide ; ihre Spitze (Fig. 42) liegt unter dem Hiatus spurius canalis facialis, hinter dem Ursprung des Tegmen tympani und dem Canalis musculotubarius. Der vestibuläre Anfangsteil der ersten Windung erzeugt in der Paukenhöhle das Promontorium (Fig. 46 II 21) ; die mediale untere Peripherie der Schneckenkapsel tangiert die knieförmige Biegung des Canalis caroticus (Fig. 46 I u. II /, Fig. 32). In der Tiefe der Fossula cochlearis (Fig. 43) des Porus acusticus internus fehlt die beschriebene knöcherne Kapsel der Schnecke im Bereich des siebförmig durchbrochenen Flecks (Fig. 39 rechts oben von .9), in dessen Mitte die Oeffnung des Canalis centralis Cochleae (Fig. 38 8) liegt, und jederseits vom Tractus spiralis foraminosus ziemlich plötzlich. Der Limbus fossulae cochlearis, der, medialwärts deutlicher werdend, den Umfang der Fossula cochlearis zunächst umgrenzt und dann in die Crista falciformis übergeht, ist der etwas in das Lumen des Porus acusticus internus vorspringende Grenzrand, mit welchem an der Basalseite der ersten Schnecken- windung die allgemeine Labyrinthkapsel aufhört. Die Crista falci- formis stellt in dem Teil, der sich nicht auf die Scheidewand gegen das Vestibulum erstreckt, die Fortsetzung dieses Randes dar. Sie befindet sich an der Grenze zwischen der ersten und zweiten Spiral- tour der Schnecke. Die basale Außenwand des Anfangs der zweiten Spiraltour liegt oberhalb der Crista falciformis und bildet die untere Wand der Fossula superior des Porus acusticus internus; ihre Fort- setzung zieht als ein Streif glatt verlaufender Knochenfläche (Fig. 38 4) abwärts von der Crista falciformis zwischen Area cribrosa media und dem siebförmigen, centralständigen Endfleck des Tractus spiralis (Fig. 38 8 und li). Die basalen Wände höher gelegener Windungs- abschnitte der Schnecke markieren sich nicht mehr an der Oberfläche des inneren Gehörganges. Die Gesamtheit dieser Beziehungen von Schnecke und innerem Gehörgang erklärt sich daraus, daß der Achsen- kegel der Schnecke in seinem Basalteil, im Bereich der ersten l1/ 2 Windungen des Schneckenkanals im Innern ausgehöhlt ist und diese Aushöhlung identisch ist mit der Fossula cochlearis und dem nicht zur Vestibularwand gehörigen Teil der Fossula superior des inneren Gehörganges; erst aufwärts von der ersten Hälfte der zweiten Schnecken- windung ist der Achsenkegel im Innern durch die bereits erwähnte poröse Knochenmasse ausgefüllt, in welcher zahlreiche kleinere und (häufig) ein mittelster größerer Kanal (Canalis centralis Cochleae [modioli]) bis gegen die Spitze des Achsenkegels aufsteigt. Da beim Uebergang der ersten Spiralwindung zur zweiten der Krümmungs- radius der Spirale eine sehr starke- Verkürzung erfährt, liegt die ventrale Hälfte der zweiten Spiralwindung ihrer Krümmungsachse viel näher als die ventrale Hälfte der basalen Spiralwindung (Fig. 42, Fig. 43 12) und erscheint an der Wand der Fossula cochlearis des inneren Gehörganges frei vorliegend. Der größte Durchmesser des Achsenkegels parallel der Pyramidenlängsachse beträgt in der Ebene der ersten Windung 4 mm, in der Ebene der ersten Hälfte der zweiten Windung nur 2 mm, oberhalb dieser 1/.2 mm. An der Grenze zwischen dritter Halbwindung und zweiter Windung ist der Modiolus zu einem papierdünnen Knochenröhrchen geworden, dessen Canalis centralis sich öffnet und in Form einer Furche (Sulcus centralis modioli [Arnold]) eine kurze Strecke weiterzieht. Damit hört der Modiolus eigentlich auf. In seiner Fortsetzung liegt nur ein Scliläfebein, Os temporale. .. 205 Knochenblättchen, das an der äußeren Schneckenkapsel endigt und sich wie ein axialer freier Rand des obersten Endes der Zwischen- wand der Windungen ausnimmt. Da dieser in der Schneckenspitze endende Teil der Zwischenwand sich der Achse der Schnecke parallel stellt , erscheint er wie eine blattförmige Fortsetzung des Modiolus (Lamina modioli). Indem bei diesem Uebergang von der zur Schneckenachse radiären Stellung zu der mit ihr parallelen Stellung die Zwischenwand ihren spiraligen Verlauf fortsetzt bis zum Uebergang in die Wand der Schneckenspitze (Cupula, Kuppel), wird sie tütenähnlich eingerollt und erscheint nach Entfernung der letzteren wie ein offener, der Länge nach aufgeschlitzter Trichter (Scyphus Vieussenii, Infundubulum), zu dem sich das anstoßende Stück des Canalis centralis Cochleae gleichsam wie ein Ansatzrohr verhält. Die dem Schneckenkanal zugekehrte Fläche des Modiolus steht im allgemeinen fast rechtwinklig zu der Ebene der. basalen und der Zwischenwände paralleler Windungsabschnitte des Schnecken- kanals (Fig. 44 11, 12). In der Fossula cochlearis ist die Hohlfläche der Modioluswand deswegen nicht in einer Ansicht übersehbar, weil die Auflagerungen der knöchernen Labyrinthkapsel auf die basalen Schneckenwände im Bereich der untersten Windung (achsenwärts) über sie vorspringen. Der von Nervenlöchern durchbohrte Streif des Tractus spiralis foraminosus ist direkt die hier frei vorliegende Wand des Modiolus, welche die Fossa cochlearis und die basale Schneckenwindung scheidet. Ihre Fortsetzung in die entsprechenden Wandteile der Spitze näher gelegener Abschnitte des Schneckenkanals ist zwar durch die poröse Füllung des oberen Modiolusabschnittes verdeckt (Fig. 44), durch deren Kanälchen der Nervenzutritt zu ihnen hindurchgeht, ist aber im übrigen ähnlich in Bezug auf Nerven und Gefäßkanälchen beschaffen wie in der basalen Windung. Die Nervenkanälchen beginnen jedesmal mit Löchern an der dem Porus acusticus zugewandten Seite des Modiolus und entlang der Kante, in welcher sie mit der basalen Wand des zugehörigen Windungs- abschnitts des Schneckenkanals zusammenstößt (Fig. 44 IS). Aufwärts von diesem münden die Nervenkanälchen in einen die basale Hälfte der axialen Wand des Schneckenkanals in zwei Lamellen spaltenden plattgedrückten Hohlraum von, in ganzer Länge betrachtet, spiraligem Verlauf, Canalis spiralis m odioli (Fig. 44 10), für das Ganglion spirale. Von dem der Schneckenspitze zugewandten Rande desselben geht eine kontinuierliche spiralige Reihe zum Achsenkegel radiär gestellter Löcher aus, die gegen den Schneckenkanal hinein gerichtet sind. Sie führen in eine Menge ebenfalls radiär gestellter, zartwandiger Knochenröhrchen, die in spiraliger Reihe dicht nebeneinander in das Lumen des Schneckenkanals weit vorspringen. Sie sind gegeneinander nicht abgeschlossen, sondern verbinden sich durch Lücken ihrer Scheidewände. Die Gesamtheit ihrer Lumina bildet demnach einen spiralig verlaufenden, spaltenförmigen Raum, Fissura spiralis, die Ge- samtheit ihrer Wände aber zwei parallele, die Fissura spiralis um- schließende, sehr zarte Knochenblätter, Lamina spiralis ossea (Fig. 44 13, Fig. 43 16), die durch Knochenbälkchen entsprechend den unvollkommenen Scheidewänden der Kanälchen zusammengehalten sind, mit freiem Rande in den Schneckenkanal vorspringen und zwischen diesen Rändern die Oeffnungen der Nervenkanälchen gegen den Kanal Handbuch der Anatomie. I. 2. 1-4 "3 206 F. GRAF SPEE, der knöchernen Schnecke tragen. Die basale der beiden. Platten ist um sehr weniges breiter als die gegenüberliegende. Die Flächen der Platte erscheinen oft radiär gerippt und biegen entlang dem oberen Rande des Canalis centralis modioli in die Außenfläche des Achsen- kegels ein, die basale meist in stumpferem Winkel als die der Spitze zugewandte. Die Lamina spiralis teilt den Schneckenkanal unvoll- kommen der Länge nach in eine basale Abteilung, Scala tympani, und eine ihr parallele, der Schneckenspitze zu gelegene, Scala vestibuli. Im Bereich der letzteren ist der Durchmesser des- Modiolus stets um die Dicke des zunächst basalwärts liegenden Ab- schnitts des Canalis spiralis modioli vermindert. ■i * f f f /iAf Fig. 44. Kechte Schnecke des Neugeborenen, horizontal durchsägt; Schnitt- fläche der oberen Schnitthälfte von derventralen Seite betrachtet. Der Schnitt geht an der Basis der Schnecke durch deren Achsenteil selbst, zunächst ihrer Spitze neben ihm vorbei. Die Schnittebene ist weiß gehalten. Die Kanäle der Schnecke erscheinen im Durchschnitt. 1 künstlich isolierte Außenfläche der Schneckenkapsel. (Labyrinthkapsel). 2 Schnittfläche der knöchernen Labyrinthkapsel. 3 Spongiosa der Schneckenkapsel. i eigene Wand des Schneckenkanales ; 5 dessen 1. Windung, 6 dessen 2. Windung; 7 die Spitzen windung. X Schnittfläche des Modiolus; 8' seine dem Schneckenkanal zugekehrte Fläche; 9 sein Canalis centralis angeschnitten. 10 Durchschnitte des Canahs spiralis. 11 Lamina modioli (Zwischenwand zwischen parallelen Abschnitten zweier Spiralwindungen). 12 Uebergang derselben in die Spitze der äußeren Schneckenwand. 13 Lamma spiralis ossea teils im Durchschnitt, teils mit Ansicht der der Scala vestibuli zugekehrten Fläche. H Ihr Ende, Hamulus. U' Halicotrema. 15 Lamina spiralis secundaria. Ihr gegenüber die Lamina spiralis ; die Bänder beider getrennt durch einen schmalen Zwischenraum. Im Hintergründe erkennt man den horizontal verlaufenden Anfangsteil der beiden Laminae spirales und deren Flächenbiegung zum Uebergang in frontale Stellung. 16 Durchschnitte des Tractus spiralis foraminosus, dessen Nervenlöcher aus dem inneren Gehörgang zum Canahs spiralis führen, 11 Band der Fenestra Cochleae (rotunda). IS Mündung des Aquaeductus Cochleae. 19 Winkelige Schnittfläche , entlang der ein Teil der Wand der ersten Schneckenwindung entfernt wurde (Promontorium). In dem blinden. Ende des Schneckenkanals zunächst der Spitze der Schnecke, wo der Canalis centralis modioli aufhört, endet die Lamina spiralis mit einer freien, sichelförmigen, den axialen freien Schläfebein, Os temporale. 207 Rand der Lamina modioli uniragenden Spitze, Hamulus (Fig. 44 14 r Fig. 43 18) ; der zwischen beiden bleibende Zwischenraum, Halicotrema (Breschet, Fig. 44 14'), verbindet die blinden Enden der Scala tympani und Vestibuli. Die Breite der Lamina spiralis ist durch- schnittlich 1 mm. Im Gebiete der ersten (basalen) Spiraltour des Schneckenkanals verläuft an dessen peripherer Wandfläche, gegenüber und parallel dem freien Rande der Lamina spiralis, ein äußerst zartes, niedriges, ein- faches Knochenblättchen, Lamina spiralis secundaria (Fig. 32 7,. Fig. 46 II 20), dessen Breite unter dem ins Vestibulum übergehenden Ende der Schnecke bis auf '/3 mm zunehmen kann. Die freien Ränder beider Laminae spirales sind hier bloß durch einen schmalen Zwischenraum von etwa V2 mm von einander getrennt. Verfolgt man die Wandteile der Scala vestibuli der Schnecke bis an die Wand des Vestibulum selbst, so ergiebt sich (Fig. 32 17, Fig. 46 II), daß. die Wand des Modiolus in den unteren Teil der medialen, die peri- phere Schneckenwand in den unteren Teil der lateralen Wand des Vestibulums übergeht, Die Lamina spiralis und L. spiralis secundaria aber biegen einerseits mit ihren freien Rändern und Flächen in einander kontinuierlich um, andererseits gehen ihre angehefteten Ränder im ■ Grunde des Recessus Cochleae in die eigentliche untere Wand des Vestibulums über (Fig. 32 7 und IS unter 17). Sie erscheinen hier gleichsam wie Teile des Bodens des Vestibulums. Unmittelbar unter ihnen befindet sich hier die Fossula rotunda der Paukenhöhle und vor dieser der Rand der Fenestra rotunda (Fig. 32 8, Fig. 46 II 20) und der Anfang der Scala tympani mit der Mündung des Aquaeductus Cochleae (Fig. 32 .9, Fig. 44 18) darin. Der an die eigentliche Vesti- bulumwand angefügte Uebergangsteil der einfachen Lamina spiralis secundaria in die eigentliche, Nervenkanälchen tragende Doppelplatte der Lamina spiralis bildet die vordere Hälfte des Bodens des Recessus cochlearis. Von hier aus erheben sich beide Laminae spirales schwach mit nach oben gerichteter Konvexität und verlaufen ebenso wie der Schneckenkanal eine kurze Strecke weit in fast horizontaler Ebene vorwärts, dann unter Biegung auf die Flächen abwärts in annähernd frontale Stellung. Erst von dieser aus gehen sie durch eine Kanten- krümmung mit abwärts konvexem Bogen, deren Centrum der Achsen- kegel der Schnecke ist, unter diesem durch medialwärts und damit in den spiraligen Verlauf um den Modiolus über (Fig. 46 II :20, 2.9; Fig. 44 13, 15). Der noch nicht spiralig verlaufende Teil der Schnecke ist durch etwas dickere Knochenmasse von dem spiralig verlaufenden abgedrängt und wird vestibulärer oder freier Teil der Schnecke, Vorhofs- abschnitt der Schnecke genannt. Der obere Rand der Fossula rotunda in der Paukenhöhle entspricht ziemlich genau der Länge dieses Schneckenabschnitts. In ihm, Fig. 32 7, 17, liegen die Scala tympani und Scala vestibuli übereinander, letztere über der ersteren. Bei dem Uebergang in die erste Spiralwindung drehen sie sich so um- einander, daß sie von nun an hintereinander verlaufen, die Scala vestibuli vor der Scala tympani, diese demnach der Basis modioli näher. Die Achse, um welche die Spiralwindungen gelegt sind, steht parallel einer durch den oberen senkrechten Bogengang gelegten Ebene, fast horizontal nur mit dem vorderen Ende ein wenig ab- wärts geneigt. Die Spiralwindungen gehen also in beinahe vertikalen 14* "5 208 F. GRAF SPEE, Ebenen. D er Quer schnitt des Schneckenkanals ist in seinen verschiedenen Windungsabschnitten ungleich, im ganzen rundlich in den unteren, mehr dreieckig bis oval in den spitzenwärts gelegenen Teilen. Ueber Einzelheiten geben die Fig. 44 und Fig. 43 direkten Aufschluß. Die Steigung der Spirale von der Basis des Achsenkegels zur Spitze ist unmerklich klein im ganzen ersten Spiralgang, so daß der Anfang des zweiten Spiralganges an der konkaven Seite des Anfangs des ersten und wenigstens seine Scala tympani noch ganz in derselben frontalen Ebene liegt wie dieser (Fig. 44). Im Verlauf der unteren Hälfte der zweiten Windung ist unter starker Verkürzung des Krümmungsradius der Anstieg zur Spitze der Schnecke relativ am stärksten, der Modiolus erscheint daher in dieser Windung als ein besonders hohes Säulchen (Columella genannt, Fig. 44 6"), und das Lumen des Kanals erhält zugleich einen deutlich dreiseitigen Querschnitt. Das Ende der zweiten Spiraltour ist bereits im höchsten Teil der Spitze der Schnecke; die anschließenden Teile der dritten halben oder :,/4 Spiralwindung haben ovalen, plattgedrückten Durchmesser, verlaufen ohne Verkürzung des Krümmungsradius und ohne weitere Steigung und legen sich mit ihrem und des ganzen Kanals blindem Ende an die konkave ventrale Seite der dorsalen Hälfte der zweiten Windung (Fig. 44 7). Messungen der Schnecke von Kindern am Ende des 1. Lebens- jahres und von Erwachsenen ergaben mir in allen, mit dem Hohlraum der Schnecke in näherer Beziehung stehenden Teilen keine constanten Größendifferenzen. Der Aquaeductus Cochleae ist ein feiner Kanal mit sehr dicker kompakter Knochenwand (Fig. 35 4), der in einer kleinen, drei- eckigen, trichterförmig vertieften Grube unter der hinteren Kante des Petrosum abwärts vom Meatus auditorius internus an der Außenfläche des Petrosum beginnt (Fig. 30 18) und schräg unter der Fossula cochlearis her gegen den Anfang der Scala tympani der Schnecke geht und in diese neben der Grista semilunaris mündet (Fig. 32 9). Der Kanal für den Aquaeductus Cochleae zur Oberfläche des Petrosum verlängert sich während der nachembryonalen Entwicklung erheblich. Die knöchernen Bogengänge, Canales semicircularcs (halbzirkel-[halbkreis-]förmige Kanäle). Die allgemeinsten Verhältnisse der drei Bogengänge wurden be- reits S. 190 kurz erwähnt und angegeben, daß jeder Bogengang in einer Ebene verläuft, die auf den ersten Blick senkrecht erscheint zu den Ebenen, in denen die beiden anderen verlaufen. Dement- sprechend wurden ein in horizontaler Und zwei in senkrechten Ebenen verlaufende Bogengänge unterschieden (Fig. 34, Fig. 35). Von den beiden letzteren steht der eine quer zur Längsachse der Pyramide aufwärts vom Vestibül um (Fig. 45 A u. B 4, Fig. 41 1, Fig. 34 Iß, Fig. 21 10, und ragt bis unter die Eminentia arcuata an der oberen Seite der SchläfebeinpjTamide hinauf (oberer Bogengang (a. G.), oberer senkrechter Bogengang, unter Vernachlässigung der Schräg- stellung zur Sagittalebene auch sagittaler Bogengang genannt). Die Ebene des anderen der beiden senkrechten Bogengänge steht der Schläfebem, Os temporale. 209 Längsachse der Pyramide parallel und ist in ihrem unteren hinteren Teile erhalten (Fig. 35). Er liegt in seinem ganzen Verlauf ventral- wärts (nach unten) vom oberen senkrechten Bogengang verschoben und wird von der durch die Länge des horizontalen Bogengangs gelegten Ebene ein wenig oberhalb seines Scheitelpunkts geschnitten, Fig. 45 A. Fig. 45 A, B. Querschnitte durch die Schläfebcinpyraiuide und die Ebene des oberen senkrechten Bogengangs samt anschließenden Teilen der Schuppe und des Annulus tympanicus. Präparat von einem etwa 2-jährigen Kinde. Ver- größerung 19/11. Mediale Schnittfläche von der lateralen Seite in Fig. A, laterale Schnittfläche von der medialen Seite ge- sehen Fig. B. In beiden Figuren gemeinschaft- liche Zahlen bezeichmuig. 1 Schnittfläche der Schuppe. 2 Durchschnitt des Tegmen tympani. 3 Fissura petro-squaniosa. 4 oberer senkrechter Bogengang. 5 Crus commune der beiden senkrechten Bogen- gänge. 6 hintere Kante der Schläfebeinpyramide. 7 Untere Kante der Pyramide. 6' Durschschnitte des Annulus tympanicus. 9 Sulcus tympanicus. 10 Bodenplatte der Paukenhöhle. 11 Anlage der Fossa jugularis. 12 Canalis facialis. IV Pelvis ovalis. 14 Ampullenende des unteren senkrechten Bogengangs in Fig. A Mündung desselben ins Vestibulum mit der Macula cribrosa inferior). 15 Fossa subarcuata. 16 (nur in Fig. 45 B) Vorder- rand des WinkolansRclinitts der Schuppe in die Mittelohr- höhle schauend. Specialbezeichnung zu Fig. 45 A. 17 Paukenhöhle (Canalis tubae). 18 Canalis protensore tympani. 19 Fis- sura petrotympanica (Glaseri). 20 Processus inferior tegminis tympani. 21 Promontorium. 22 Fossula rotunda. 23 Kecessus sphaericus des Vestibulums. 24 Recessus ellipticus. 25 Ampullen- schenkel des oberen senk- rechten Bogengangs. 26 Fossa mandibularis. 21 Processus zygornaticus. 28 Ampulle des horizontalen Bogengangs. Siebflecke : 29 auf der Pyra- mide vestibuli 30 im Eecessus sphaericus. 31 Mündung des Aquaeductus vestibuli. Bemerkung: Die Stellung des Schuppenteils ist nicht ganz richtig -wiedergegeben , indem der Processus zygornaticus horizontal stehen müßte, unter Beibehaltung der dem Petrosum hier gegebenen Stellung. Da der Schnitt schon durch die Partie der Pyramide fällt, in der Schuppen- und Felsenteil nicht mehr knöchern verwachsen sind, konnte eine Verdrehung des Schuppenteils Fig. 45 B. ii7 210 F. FRAF SPEE, mit dem Vorderende nach unten eintreten und ist in diesem Präparate eingetreten. Dasselbe gilt für Fig. 42 a. In Fig. 45 B ist die Stellung vom Petrosum zur Schuppe jedoch korrekt. Specialbezeichnung zu Fig. 45 B. 11 Paukenhöhle, der Strich endet auf der Prominentia styloidea (Schwalbe). 18 Becessus epitympanicus. 19 Margo tym- panicus der Schuppe. 20 durchbrochene Stelle des Fundus tympani (Scheidewand gegen die Fossa jugularis). 21 Laterale Fläche des Vestibulum. 22 die beiden Mün- dungen des horizontalen Bogengangs in das Vestibulum. 23 Einmündung des unteren senkrechten Bogengangs (14) in das Crus commune (5). 23 Synchondrosis petrooccipitalis. 25 Sonde im Canaliculus chordae tympani. wie ein Vergleich der Lage seiner in Fig. 45 23 u. 14 dargestellten Mündungen mit der Lage der Mündungen des horizontalen Bogen- ganges (Fig. 45 22) lehrt- Er heißt auch unterer, hinterer (A. G.), ungenau auch frontaler Bogengang. Beim Neugeborenen markiert sich sein oberer Schenkel an der hinteren cerebralen Fläche des Petrosum als Wulst (Fig. 38 12, Fig. 29 13). Sein unterer Schenkel liegt hinter dem absteigenden Teil des Canalis facialis (s. S. 215). Der horizontale Bogengang (Syn. : äußerer, mittlerer, lateraler (A. G.) ist in Fig. 37 13, Fig. 34 14 dargestellt.' Er liegt im ganzen hori- zontal mit lateralwärts gerichteter Konvexität. Sein vorderes aus dem Vestibulum hervorgehendes Ende wölbt sich als Prominenta canalis semicircularis externi gegen den Recessus epitympanicus vor (s. Fig. 45 B 22 u. 18); unter ihm zieht der Canalis facialis lateral rückwärts (Fig. 45 12) durch. Wenn auch die Stellung der Bogengänge im Groben so auf- fällig als in drei aufeinander senkrechten Ebenen erscheint, daß man im allgemeinen gewiß die Berechtigung davon ableiten kann, einen horizontalen und zwei senkrechte Bogengänge wenigstens für den Menschen zu unterscheiden, so ergeben doch genaue Untersuchungen des Kanalverlaufs der knöchernen Bogengänge Abweichungen von dem strengen Sinne dieser Bezeichnung. Abgesehen von der Haupt- krümmung des Kanals (Randkrümmung), die man an Durchschnitten durch die Längsachsen der Kanäle übersichtlich zur Anschauung be- kommt, finden sich noch schlangenförmige Krümmungen senkrecht zu der Durchschnittsfläche (Flächenkrümmungen), welche allerdings unbe- deutend sind. An Durchschnittsbildern erscheinen sie in der Pro- jektion auf die Fläche in totaler Verkürzung. Mit Hilfe von Aus- güssen der Labyrinthkanäle sind sie jedoch deutlich zu erkennen, wenn man die Konvexitäten der Hauptkrümmung der Kanalausgüsse betrachtet. Dann zeigt sich, daß die Ebene, in welcher der hori- zontale Bogen läuft, abwärts etwas konkav ist, so daß sein Scheitel- punkt ventralwärts herunterhängt (C-förmige Biegung, Schwalbe. Die beiden senkrechten Bogengänge zeigen von der Konvexität be- trachtet, eine schlangenförmige (S-förmige [SchwalbeI) Krümmung, indem jedesmal das eine Ende in entgegengesetzter Richtung wie das andere sich aus der Ebene der Hauptkrümmung herausbiegt. Dabei erscheint der ganze Kanal etwas um seine Längsachse torquiert. Beim oberen senkrechten Bogengang ist die Flächenkrümmung des Am- pullen-(Vorder-)Endes lateralwärts konvex, des hinteren Endes medial- wärts konvex; der untere senkrechte Bogengang hat ein vorwärts konkaves Ampullenende; sein oberes Ende ist rückwärts konkav. Der gemeinschaftliche Schenkel, Crus commune, in den die beiden einfachen Enden der senkrechten Bogengänge zusammenmünden, steht in derselben Richtung wie der vestibuläre Anfangsteil der Schnecke, Schläfebein, Os temporale. 211 schräg vorwärts gerichtet (Fig. 46 II 7, Fig. 41 6") und ist gegen jeden der senkrechten Bogengänge stumpfwinklig abgeknickt. Das Crus commune verläuft geradlinig; sein Querschnitt ist rundlich, von 1,5 bis 2 mm Durchmesser ; seine Länge fand ich beim 2-jährigen Kind 3 mm, beim 12-jährigen 3'/2 mm, beim Erwachsenen 4 mm. Man pflegt das Crus commune als Sinus vestibuli dem Vestibulum zuzu- rechnen und rechnet die senkrechten Bogengänge bloß bis zu ihrem Zusammenmünden. Das eine Ende eines jeden Bogenganges ist gegenüber seinen übrigen gesamten Partien kolbig erweitert zur sog. Ampulle. Man bezeichnet dieses Ende als Cr us ampu llar e (Ampullenende, Am- pullenschenkel). Dasselbe ist am horizontalen und oberen senkrechten Bogen das vordere, beim unteren senkrechten Bogengang das untere des Bogens. Das entgegengesetzte Ende bezeichnet man als Crus simplex, schlichtes Ende jedes Bogenganges. Die Ampullenenden münden getrennt in das Vestibulum ; von den schlichten Endstücken mündet das des horizontalen Bogenganges für sich in den allgemeinen Vestibularraum , die der beiden senkrechten münden dicht neben- einander in ein gemeinsames Mündungsrohr, das schon erwähnte Crus commune (Sinus vestibuli, Fig. 41 6'). Im Querschnitt erscheinen die Bogengänge elliptisch derart, daß der längere Durchmesser des Lumens jedes Querschnittes in der Ebene der Hauptkrümmung (Randkrümmung) liegt. Nur in dem einfachen Schenkel des unteren senkrechten Bogenganges drehen sich die flacheren Seiten des Querschnittes aus dieser Ebene heraus so, daß die hintere, ventralwärts die vordere dorsalwärts geneigt wird. Die größten und kleinsten Durchmesser des Querschnittes des Kanallumens fand ich: am oberen vertikalen Bogengang 1,5 : 1 mm ; an seiner Ampulle 2,5 : 2 mm; am unteren vertikalen Bogengang 1,7:1 mm; an seiner Ampulle 2,3 : 2 mm ; am horizontalen Bogengang 2 : 1 mm ; an seiner Ampulle 2,7 : 1,5 mm. An den vertikalen Bogengängen entsteht die Ampullenerweiterung ziemlich plötzlich und ist wie durch stumpfe Kanten gegen den Rest des Kanals abgesetzt; gegen das Vestibulum grenzt die Crista am- pullaris superior (Fig. 41 3) und inferior (Fig. 41 9) das Gebiet ihrer Ampullen ab. Hinter und unterhalb der Crista ampullaris inferior findet sich ein Löcherkomplex in einem oder mehreren Grübchen in der unteren Ampulle, Macula cribrosa inferior (Fig. 41 8, Fig. 45 A 14, Fig. 46 17), für die Ampullennerven, der durch den Ca- nalis singularis (s. Porus acustic. internus) hierher gelangt. Die hintere Einmündung des horizontalen Bogenganges ist trichterförmig erweitert (Fig. 45 A 22) und durch einen scharfen Knochenkamm von der Einmündung des Crus commune (Fig. 45 A 5) getrennt. Die Ampulle des horizontalen Bogens entsteht wie eine allmähliche Er- weiterung desselben und ist durch eine niedrige, feine Leiste gegen den Vestibularraum abgegrenzt (Fig. 45 A 22 oberhalb 12). An ihrem vorderen medial - unteren Umfang findet sich zuweilen eine Furche, gewöhnlich nur ein erhabener, von etwa 11 Löchern sieb- förmig durchbrochener Fleck für die zugehörigen Ampullennerven; derselbe setzt sich aufwärts fort bis an die Crista ampullaris superior, 212 F. GRAF SPEE, Fig. 46 I. Fig. 46. Längsschnitte der ScUäfebeinpyramide. Der Sägeschnitt wurde so gewählt, daß durch denselben von sämtlichen die Schläfenbeiirpyramide durch- ziehenden Höhlen, resp. größeren Kanälen ein möglichst großes Stück der Länge nach geöffnet würde ; der Schnitt liegt nun der Längsachse der Pyramide parallel und in einer schräg nach vorn und lateralwärts abfallenden Ebene und teilt der Länge nach den Porus aeusticus internus, das Labyrinth, die Paukenhöhle, den horizontalen Schenkel des Canalis earoticus und den äußeren Gehörgang je in zwei freilich nicht immer gleich große Hälften. Von der vorderen (zugleich oberen) Schnitthälfte ist der Anblick auf ihre Schnittfläche in Fig. I dargestellt ; den Anblick auf die darauf passende Schnittfläche der unteren (zugleich hinteren) Schnitthälfte der Pyramide stellt Fig. II dar. In Fig. I und II gemeinsam vorkommende Zahlenbezeiclinung. 1 Canalis earoticus. 2 mediale Oefihung des Canahs musculotubarius (resp. der Paukenhöhle). 3 Schnittflächen der kompakten Knochensubstanz. 4 Porus aeusticus internus. 5 Fossula cochlearis. 6 Lirnbus fossulae cochlearis. 7 Crus commune der beiden senkrechten Bogengänge. 8 unterer senkrechter Bogengang. 9 Canalis facialis. 10 Antrum mastoideum (Cellul mast.). 11 Sulcus tympanicus. 12 äußerer Gehör- gang. 13 Schnittfläche des Os tympanicum (Wand des äußeren Gehörgangs). Specialerklärung zu Fig. 46, I. 14 Crista falciformis des Porus aeusticus internus. 15 Kanal für den N. saeculi. 16 Crista vestibuli, und 17 deren Spina vestibuli. IS Mündimg des oberen senkrechten Bogenganges in das Crus commune (7). 19 Becessus ellipticus. 20 Ampullenmündung des oberen senkrechten Bogenganges ins Vestibulum (die lateral davon gelegene des horizontalen Bogenganges ist in dieser Ansicht verdeckt). 21 Schrägschnitt des horizontalen Bogenganges. 22 kon- kaver Band der Fenestra ovalis (der gerade verlaufende, in Wirklichkeit untere Band derselben ist durch den Schnitt entfernt). 23 BrvrNi'scher Ausschnitt. 24 rechts vom Endpunkt des Striches Spina tympanica posterior. 25 Spina tympanica anterior. 26 Septum tubae. 27 Processus inferior tegminis tympani. 28 Fissura Glaseri (petro-tympanica). 29 Canalis Cochleae quer durchschnitten (1. Windung). 30 zweite und letzte Schneckenwindung seitheh angeschnitten. 31 Fossa rnandibularis. 32 Tub er - culum articulare. 33 Processus zygomaticus. Schläfebeil:, Os temporale. 213 Fig. 46 II. Ergänzende Specialerklärung zu Fig. 46, II. 14 Foramen singulare für den Ampullennerv des unteren senkrechten Bogenganges. 15 Scheidewand zwischen Porus acusticus internus und Vestibulum, hier dessen untere Abteilung. 15' Recessus sphaericus. 16 hinterster Schenkel der Crista vestibuli. 11 innere Oeffnung des Aquaeductus vestibuli und die daran anschließende Furche (Apertura suleiformis). 18 Ampullenöffnung des unteren senkrechten Bogenganges, gegen das Vestibulum durch eine scharfe Kante (Crista ampullaris) abgesetzt. Vor der letzteren, 19, ein seichtes Grübchen, Recessus coehlearis, das medialwärts durch die Crista vestibuli (16) abgegrenzt wird, vorwärts auf die obere Fläche der, 20 Laminae spirales des Schnecken- kanales ausläuft und den Anfang der Scala tympani desselben darstellt ; durch die Spalte zwischen der Lamina spiralis und Lamina spiralis secundaria (beide sind in etwas hellerem Ton gehalten) sieht man in die Paukenhöhle, soweit die Spalte dunkel schattiert ist. Die Stelle, wo der dunkle Ton aufhört, entspricht dem Vorderrand der Fenestra rotunda, vergl. Fig. 32. '21 Promontorium , in die Paukenhöhle vor- springend , darüber dessen Durchschnitt und dessen Verhältnis als Wandteil der ersten Schneckenwindung erkenntlich. 22 Horizontaler Bogengang (hinterer Schenkel). 23 Sinus tynipani. 24 Canalis stapedius. 25 Oeffnung, durch welche die Chorda tympani in die Paukenhöhle eintritt ; im Anschluß daran eine kleine Furche. 26 Crista petrosa des Os tympanieum (Zacke vor dem Processus styloideus). 21 Ver- tiefte Stelle des äußeren Gehörganges (Sinus meatus). 28 Processus zygomatieus; 29 Querschnitt der ersten Schneckenwindung. 30 Tangentialsehnitt der 2. Schneeken- windung. 31 Kanälchen eines Nervenlochs des Tractus spiralis foraminosus, das sich zur Lamina spiralis hin begiebt. 32 punktierte Linie, welche die engere Knochen- kapsel des Schneckenkanales von der kompakten Knochenlage trennt. 33 auf- steigender Teil des Canalis caroticus. 34 Spongiosa des Felsenteiles. 35 Markraum- schieht der Schneckenkapsel, welche diese in eine äußere dicke mit der allgemeinen knöchernen Labyrinthkapsel zusammenhängende Schale und eine davon umschlossene dünne, die unmittelbare Außenwand des Schneckenkanales bildende Schale trennt, die sich in die Zwischenwände übereinander gelegener Windungsabschnitte fortsetzt. 214 F. GRAF SPEE, wo die Nerven zur Ampulle des oberen senkrechten Bogenganges ebenfalls auf einer kleinen Erhabenheit durch etwa 6 Löcher hervor- treten. Zwischen diesen und der abwärts davon gelegenen Pyramis vestibuli mit ihrem Siebfleck (für den Utriculus) finden sich weniger dicht beisammen noch einzelne schräg eindringende Löcher. Die Ampullenmündung des horizontalen Bogenganges liegt dicht oberhalb und vorn vom konkaven Rande der Fenestra ovalis. Ueber alle sonstigen topographischen Verhältnisse der Mün- dungen der Bogengänge geben die Figg. 45 A und B, 41, 37, 46 Aufschluß. Die Länge der Bogengänge (Crus commune nicht mitgerechnet) ist individuell recht verschieden. An der konvexen Seite des Aus- gusses gemessen, findet sich der hintere Bogengang stets als der längste und zwar 18 mm (Sappey nach Schwalbe 15 — 22 mm) lang. Die Länge des horizontalen wird auf 12 mm, die des oberen senk- rechten auf 12 — 15 mm angegeben, wovon 2l/2 — 3 mm auf die Am- pulle entfallen. Die Längen der drei Bogengänge verhalten sich dem- nach ungefähr wie 6:5:4 (Schwalbe). Die Spannweite der Bogen (ohne Crus commune) an der kon- kaven Seite der Hauptkrümmung beträgt an meinen (je 7) Präparaten, an Durchschnitten gemessen: 1) für den oberen senkrechten Bogengang in horizontaler Rich- tung 5 — 6,5 mm; in vertikaler Richtung (von der Verbindungslinie der Mündungen zum Scheitel der Konkavität der Hauptkrümmung des Lumens 4 — 5,7 mm) ; 2) für den unteren senkrechten Bogengang in horizontaler Rich- tung 5—6,3 mm (letzteres bei einem Neugeborenen), in vertikaler Richtung 4,1 — 5,2 mm (letzteres bei demselben Neugeborenen); 3) für den horizontalen Bogengang parallel zur Pyramidenlängs- achse 3 — 4,5 mm; quer dazu 3,5— 4,5 mm. Die größten Maße fanden sich auch diesmal bei demselben Neugeborenen, der bezüglich der Bogengänge gleiche Dimensionen aufweist wie die größten bei Er- wachsenen von mir gefundenen. Danach muß es im Einzelfalle zweifelhaft bleiben, ob ein beim Erwachsenen gefundenes besonders großes Maß für die Bogengänge auf eine nachembryonal eintretende Größenzunahme bezogen werden darf. Abweichungen vom streng kreisförmigen Verlauf der Bogen sind fast stets zu finden, aber gering. Huschke nennt den hinteren senkrechten Bogen elliptisch, den oberen kreisförmig, den horizontalen parabolisch gekrümmt. Hyrtl's Angaben über die Alterszunahme der Größe der Bogengänge, sind von Schwalbe in Millimeter umge- rechnet, folgende: Längenzunahme des horizontalen Bogenganges 3,9 mm , des oberen vertikalen 2,6 mm, des hinteren 1,7 mm. Auch soll die. Weite der Bogengänge mit dem Alter zunehmen. Mir selbst fehlen genügende Erfahrungen hierüber. Vergleichung der Stellung der Bogengänge beider Seiten des- selben Schädels, an Frontalschnitten angestellt, ergaben mir fast stets Abweichungen von streng symmetrischer Stellung. Die Auffindung der richtigen Ausgangsstellung für eine genaue Untersuchung dieser Verhältnisse bietet Schwierigkeiten, weil Asymmetrien beider Schädel- seiten fast regelmäßig vorhanden sind. Die sog. deutsche Horizontal- ebene der Anthropologen fällt mit der Ebene des horizontalen Bogen- Schläfebein, Os temporale. 215 •ganges keineswegs zusammen ; die letztere divergiert davon in der Richtung nach vorn • aufwärts , in lateraler Pachtung abwärts (Schwalbe). Doch sind auch diese Beziehungen nicht gleichmäßig konstant. Der Canalis facialis beginnt im Porus acusticus internus mit einem Loch in der Tiefe der Fossula superior, medial von der Durchtritts- stelle des Nervus utriculi, oberhalb der Crista falciformis als ein zu- nächst lateral-vorwärts und horizontal über das Labyrinth zwischen Vestibulum und Schnecke verlaufender kurzer Kanal von 1,5—2 mm Länge. Gegen das Vorderende dieses Verlaufs wird er trichterförmig- erweitert (Fig. 37 3), liegt dicht unter der vorderen, oberen Fläche der Pyramide und ist hier stets bei Kindern in den ersten Lebensjahren (manchmal auch noch bei Erwachsenen) unmittelbar nach der Schädel- iöhle zu offen (Hiatus spurius canalis facialis des Kindes). Von hier aus wenden sich zwei Abzweigungen des Kanals in entgegengesetzter Kichtung, parallel der Pyramidenlängsachse also senkrecht zur bis- herigen Verlaufsrichtung, ventralwärts auseinander. Die eine, medial vorwärts gerichtet, geht entweder gleich, so beim Kinde, durch den Hiatus spurius oder nach kurzem Verlauf unter einem sehr dünnen Knochenplättchen durch auf die Vorderfläche der Pyramide (Hiatus spurius des Erwachsenen) und zieht hier in gut ausgebildeten Fällen als Furche über die Spitze der Schnecke weg (Fig. 28 5) entlang dem Ursprung des Tegmen tympani weiter, manchmal vereint mit der Furche für den Nervus tympanicus. Sie enthält den Nervus petrosus superficialis major (Fig. 90 33). Die andere Abzweigung ist die eigentliche Hauptfortsetzung des Canalis facialis und biegt (im Genu can. fac. [superior]) lateral-rück- wärts (zugleich abwärts), vor dem Vestibulum vorbei, zwischen Pro- cessus cochleariformis und Ampulle des horizontalen Bogenganges her, dann (Fig. 36 IT) unter den Ampullenschenkel und den vorderen Bogenteil des horizontalen Bogenganges hin. Letzteres Verlaufsstück ist von der Paukenhöhle bloß durch eine sehr dünne Knochenhülle getrennt, deren Vorwölbung die Prominentia canalis facialis in der Paukenhöhle ist. Sie tritt hier als ein halbcylindrischer Wulst auf, der den Uebergang der Paukenhöhle nach dem Recessus epitym- panicus von hinten her säumt, über sich die Prominentia canalis semicircularis externi (die schon im Recessus epitympanicus liegt), unter sich die der Paukenhöhle zugehörige Fossula ovalis mit der Fenestra ovalis hat. Dieses Verlaufsstück ist bei Föten und Kindern gegen die Paukenhöhle zu häufig in ganzer Länge offen, durch einen birnförmigen Schlitz, der unter dem Processus cochleariformis schmal beginnt und oberhalb des Sinus tympani abgerundet und breit endet (Fig. 20 IT). Der Schlitz kann indes bis auf ein kleines rundliches Loch schon um diese Zeit reduziert oder geschlossen sein. Schwalbe (Handb. d. Anat. d. Sinnesorg. S. 474) giebt sogar an, daß er bei Neugeborenen den Canalis facialis häufiger geschlossen findet als bei Erwachsenen, und erwägt, daß demnach ein Durchbruch des Canalis facialis gegen die Paukenhöhle durch nachträgliche Resorption seiner Wand (Atrophie) sekundär entstanden sein könnte. Thatsächlich findet sich die Lücke beim Erwachsenen sehr häufig. Von hier ab (Genu inferius can. fac.) geht der weitere Verlauf des Canalis facialis steiler abwärts hinter der Eminentia stapedii, lateral vom Sinus tympani, medialwärts von der beim Neugeborenen und 216 F. GRAF SPEE, Kindern noch großen Höhle, unter welcher die Wurzel des Processus styloideus steckt, und die am macerierten Präparat hinter der Emi- nentia stapedii offen mit der Paukenhöhle auch beim Erwachsenen konstant in Verbindung steht (S. 183). Er verläßt das Schläfebein durch das Foramen stylomastoideum. Als Abzweigungen von diesem Verlaufsstück des Canalis facialis beim Erwachsenen sind zu nennen: 1) Der Canalis chordae tympani (Fig. 33 IS). Derselbe liegt ursprünglich beim Neugeborenen und bei Kindern stets an der Außenseite des Petrosum hinter dem Processus postauditorius der Schuppe, zieht von hier als Rinne durch die Spalte, entlang der das Os tympanicum mit letzterem zusammenliegt, und mündet dicht neben dem Sulcus tympanicus in die Paukenhöhle (Fig. 20 28 und links oberhalb 15, Fig. 19 20, 46 II 25, 33 13). Indem sich das untere Ende des Canalis facialis im Laufe des Wachstums verlängert, wird das an ihn anstoßende Stück des Canalis chordae knöchern umhüllt, und erscheint dann als Abzweigung vom Canalis facialis, die spitz- winklig aufwärts und vorwärts von ihm divergiert. Sehr häufig ist die eigentliche Mündung des Canalis facialis an der Unterseite des Schädels in der Tiefe einer Grube (Foramen stylomastoideum der Autoren) getrennt durch eine scharfe Knochenleiste von dem davor liegenden, ebenfalls von außen sichtbaren, spaltförmigen Anfang des Canaliculus chordae. 2) Der Canalis nervi stapedii steigt aus dem vorderen Umfang des Canalis facialis gegen die Höhle für den Musculus sta- pedius auf. Zuweilen kommt die durch die Oeffnung der Eminentia stapedii eingeführte Sonde durch die untere Oeffnung des Canalis chordae heraus. 3) Der Canalis facialis wird oberhalb des Abganges des Canaliculus chordae in lateraler Richtung gekreuzt von dem Verlauf des Canaliculus mastoideus, der seinen Anfang in einem Loch nahe dem lateral - hinteren Rande der Fossa jugularis nimmt und durch die Fissura squamoso - tympanica (zwischen Processus post- auditorius der Schuppe und Superficies mastoidea des Petrosum des Kindes) zur lateralen Oberfläche des Schläfebeins gelangt. Auch dieser liegt beim Kinde in einer Rinne an der unteren Seite des Petrosums hinter dem Processus styloideus und wird erst später knöchern umschlossen. Zur En twickelung des Canalis facialis finden sich An- gaben bei Vrolik: (S. 309, Niederl. Arch. f. Zoolog., Bd. I). Im knor- peligen Primordialschädel ist bloß der Anfangsteil des Kanals vom Porus acustic. internus bis zum Hiatus spurius über der ersten knieförmigen Biegung des Kanals vorhanden ; der an der Labyrinthwand der Pauken- höhle gelegene Teil wird direkt knöchern umschlossen (bei manchen Tieren niemals vollständig: Hund, Katze, Kanin [Vrolik]). Der gegen das Foramen stylomastoideum abwärts gerichtete weitere Teil wird eben- falls gleich knöchern angelegt, indem der oberflächlich liegende Nerv, facialis umwachsen und so von dem ursprünglich vor ihm liegenden REiCHERT'schen Knorpel getrennt wird (Fig. 20 10, 11 und 26 8, ff). Der Canalis c aroticus (Fig. 32, Fig. 31, Fig. 46) beginnt als ein etwa 1/2 cm dicker, knieförmig gebogener Kanal an der unteren Seite des Petrosums hinter der Crista petrosa und steigt zunächst vertikal aufwärts. Zwischen dem medialen Ende des Canalis musculo- Schläfebeia, Os temporale. , 217 tubarius und der medialen Seite der Schneckenkapsel ist sein Quer- schnitt zu einem Oval komprimiert. Zugleich erfährt hier der Kanal eine rechtwinklige Biegung (Genu canalis carotici) mit lateral aufwärts gerichteter Konvexität und zieht von da ab in horizontaler Richtung, parallel der Längsachse hinter der vorderen Kante des Petrosums bis zu dessen Spitze. Gegen das mediale Ende des Tubenkanals trennt ihn bloß eine sehr dünne Knochenplatte, deren mediale Fortsetzung einen selbständigen zugleich, an der Unterseite des Schädels vorliegen- den Teil seiner vorderen Wand bildet. Der obere Rand der letzteren fällt mit der vorderen Kante des Petrosums zusammen, ihre vordere Fläche schaut zugleich abwärts und bildet an der Unterfläche der Schädelbasis mit dem hinteren Rande des großen Keilbeinflügels eine Rinne (in der die knorpelige Tube verläuft). Die obere Wand (cere- brale) des horizontalen Schenkels des Canalis caroticus trägt an ihrer cerebralen Fläche die Fortsetzung der Furche für den Nervus petro- sus superfic. major und verwächst nicht mit der vorderen Wand des Canalis caroticus. Sie ist ein dünnes Knochenblatt von sehr wech- selnder Ausdehnung, oft defekt; ihr mediales Ende erreicht vielfach kaum den unteren Rand der Impressio trigemini, ist scharfraudig oder splitterig zerspalten ; dann ist der mediale Teil des carotischeu Kanals nach der Schädelhöhle zu der Länge nach offen ; in anderen Fällen reicht die obere Wand bis zur Spitze der Pyramide und endet mit einem Ausschnit, der von hinten die Eintrittsstelle der Carotis in die Schädelhöhle begrenzt. An einem Schädel sah ich die ganze vordere (untere) Wand des Canalis caroticus beiderseits fehlen, so daß die Rinne für die knorpelige Tube nicht zustande kam. Im aufsteigenden (vertikalen) Schenkel des Canalis caroticus durchbohren zwei oder drei kleine, in einer senkrechten Linie übereinander gelegene Löcher (Canaliculi carotico-tympanici) dessen Scheidewand gegen die Pauken- höhle. DerProcessus styloideus ist eine Bildung des Reichert- schen Knorpels und entwickelt sich aus zwei Knochenpunkten des- selben. Der obere von beiden, Tympanohyale, der schon vor der Geburt auftritt und im ersten Lebensjahr mit dem Petrosum verwächst, liegt in der Prominentia styloidea der Paukenhöhle und ragt kaum je über die Außenfläche des Schläfebeins vor. Der zweite, Stylohyale, der sich erst nach der Geburt entwickelt, sehr langsam sich ver- größert, liegt ganz frei und verwächst entweder nach der Pubertätszeit mit dem ersteren oder bleibt zeitlebens von ihm durch Bandmassen getrennt. Bei der Maceration fällt er dann ab (Flower, British Associat. Report, 1870.) Länge, Dicke und Stellung des Griffelfortsatzes sind vielen Va- riationen unterworfen. In extremen Fällen wird er bis 6 cm lang (Gruber, Viroh. Arch., Bd. 50, S. 233) gefunden; in einem solchen Falle trug er an der dem Querfortsatz des Atlas zugewandten Stelle jederseits einen wie durch Usur hervorgerufenen seichten Ausschnitt. Bei großer Länge bildet seine obere Hälfte mit der unteren einen nach vorn offenen Winkel, in dem die untere mehr schräg vorwärts gerichtet ist als die obere. Gewöhnlich enthält er eine Markhöhle im Innern; seine äußere Oberfläche zeigt oft .Unregelmäßigkeiten, Eindrücke und knotige Auftreibungen. Zuweilen bleibt der Processus styloideus auf das Tympanohyale beschränkt und damit so kurz, daß er kaum aus der Knochenröhre des Petrosums vorragt, in der sein '2S 218 F. GRAF SPEE, oberes Stück befestigt ist. In anderen Fällen besteht er aus mehreren hintereinander durch Bandmasse vereinten Stücken ; selten bei alten Leuten verknöchert der von ihm zum Zungenbeinhorn verlaufende Bandstreif (Lig. styloideum), so daß die Knochenspange des Processus styloideus dann bis zum Zungenbein (siehe die Citate bei Gruber a. a. 0.) verlängert erscheint. Vergl. u. das Kapitel Schlundbogen- skelet. Allgemeine Entwickelungsverhältnisse. Knochen- punkte. Für die Gestaltung des Os petrosum (Os petro-mastoideum, perioticum) ist die Form der Kanäle des Labyrinths des Gehörorgans von maßgebendem Einfluß gewesen, da die letzteren vor Anlage des Petrosum bereits vorhanden waren und letzteres um diese herum zu- nächst in knorpeliger Vorstufe als eine weite Kapsel entsteht, deren äußere Form an manchen Stellen derjenigen des darin einge- schlossenen Kanalstücks des Labyrinths ähnlich ist. Vor der Mitte des Labyrinths ist der Knorpel des Petrosum durchbohrt von dem Loch, durch welches der Nervus facialis die Schädelhöhle verläßt. Es gehen von der knorpeligen Kapsel des Labyrinths zwei in der Schädel- wand gelegene Knorpelplatten aus, eine hinten, eine vorn. Die hintere geht ohne Unterbrechung in die Knorpelmasse des Occipitale laterale über (und trägt eine Furche, Sulcus sigmoideus). (Pars mastoidea des Petrosum, s. Erklärung zu Fig. 57 und 77.) Die vordere stellt im 4. Fötalmonat ein medialwärts in zwei Zipfel gespaltenes Plättchen dar, welches seinen Ursprung nahe dem oberen Teil der Labyrinthkapsel nimmt. Dieses, Tegmen tympani ge- nannt, deckt die knorpeligen Anlagen der Gehörknöchelchen und über- wölbt eine Einsenkung an der Vorderseite der Labyrinthkapsel, durch welche der Nervus facialis seinen Verlauf nimmt (in deren Tiefe auch schon sehr früh die Fenestra ovalis und Fenestra rotunda angelegt sind), so daß sie mit dieser zusammen eine an der äußeren Seite der Schädelbasis gelegene Höhlung, die Pauken höhlung, des Petro- sum bildet, deren untere Wand vorläufig noch (im 5. Fötalmonat) bindegewebig ist. Letztere wird später in ihrer hinteren Abteilung durch eine schmale Knorpelplatte von Seiten des Petrosum ersetzt, die Bodenplatte der Paukenhöhle (Fundus tympani). In ihrer vorderen Abteilung entsteht, soweit sie im Ossifikationsgebiet des Os tympa- nicum gelegen ist, später von letzterem aus Knochensubstanz (Sulcus tubarius ossis tympanici). Die mediale Fortsetzung dieser Höhle wächst in Form einer kurzen Röhre mehr selbständig aus, wobei sie durch einen Einschnitt, in dem die Carotis interna liegt, Incisura carotica, von dem medialen Ende der Labyrinthkapsel getrennt wird. Der Einschnitt wird später überbrückt und so zur Anlage des Canalis caroticus, speciell der Stelle seiner knieförmigen Biegung. Bei der weiteren Vergrößerung des bereits verknöchernden Petro- sum werden die ihm zwar ursprünglich fremden aber äußerlich unmittelbar anliegenden Nerven und Gefäße mehr oder weniger um- wachsen und entweder vollkommen umschlossen, so daß sie dann ent- weder in Kanälen des Petrosum, deren Mündungen an seiner Ober- fläche gefunden werden, verlaufen (Canalis caroticus, der außerhalb der Schädelhöhle liegende Teil des Canalis facialis, Porus acusticus Schläfebein, Os temporale. 219 internus) oder in Rinnen oder grubige Vertiefungen der Oberfläche des Knochens eingelassen sind. Auch die so entstandenen Kanäle sind eigentlich der Ober- fläche des Knochens zuzuzählen und haben sämtlich mit dieser gemein, daß sie von einer zusammenhängenden Lamelle kompakter Knochensubstanz, die allerdings an verschiedenen Punkten höchst verschiedene Dicke besitzt, gebildet sind. Eine verhältnismäßig sehr dicke Lage harter kompakter Knochensubstanz umschließt andererseits speciell die Kanäle des Labyrinths des Gehörorgans. Wo Teile des letzteren der Oberfläche des Knochens nahekommen, verschmelzen die kompakten Lamellen beider. Zwischen den kompakten Knochen- teilen entwickelt sich beim Wachstum eine Ausfüllungsmasse spongiöser Knochensubstanz , deren Lücken zunächst Knochenmark enthalten. Unabhängig von diesen entstehen im Anschluß an die Ausbildung des Warzenfortsatzes die lufthaltigen hintersten Zellen der Pauken- höhle. (Näheres s. die betreffenden Abschnitte.) Die Verknöcherung des Petrosum beginnt relativ spät. Erst in der letzten Hälfte des 5. Eötalmonats treten drei sehr rasch wachsende und gegen das Ende des 6. Eötalmonats untereinander bereits verschmelzende Knochenpunkte auf nämlich : 1) Ein unterer (Opisthotic, Huxley) zwischen Eenestra ovalis und rotunda , entsprechend dem Promontorium. Von ihm aus verknöchert etwa die untere Hälfte des Petrosum, speciell die ganze Umgegend der Eenestra ovalis, rotunda, die untere Wandhälfte des Porus acusticus internus. 2) Ein oberer (Prootic Huxley) der oberhalb des oberen Bogengangs des Labyrinths erscheint und fast über die ganze cerebrale Fläche des Petrosum auch seiner Pars mastoidea sich ausbreitet. Er bildet auch die obere Wandhälfte des Porus acusticus internus. 3) Ein hinterer (Epiotic Huxley), von dem aus der untere senk- rechte Bogengang und die unteren Partien der Pars mastoidea ver- knöchern. Ein eigener Knochenpunkt soll im äußeren Bogengang und ein weiterer in Tegmen tympani (Os pterioticum) vorübergehend erscheinen (Sutton). Vrolik beschreibt außerdem einen eigenen Knochenpunkt für die Spitze der Schnecke, sowie einen für das Crus commune der beiden senkrechten Bogengänge. Vrolik bestreitet die Homologie der drei Knochenpunkte des Schläfe- beins mit den Otica Huxley's und hält es für fraglich, ob überhaupt die Komponenten des Petrosum Homologe diskreter Knochen niederer Wirbel- tiere seien. Er findet für den Menschen 6 Knochenpunkte, die nach der Zeit ihres Auftretens hier benannt werden sollen. 1) Der erste im Promontorium erscheint bei 17 cm langen Embryonen und vereint sich später mit dem vierten am Crus commune beider senkrechten Bogengänge, deren Wand er bildet, zum Opistotic Huxley's. 2) Der zweite Knochenpunkt vereint sich mit dem dritten (an der Spitze der Schnecke) von allen zuerst und dann mit dem sechsten (dicht hinter der Squama in der Pars mastoidea) zum Prootic Huxley's. 3) Der fünfte Knochenpunkt außen vom horizontalen Bogengang in der knorpeligen Pars mastoidea entspricht dem Epiotic Huxley's. Bei Säugetieren treten sonst noch mehr Knochenpunkte auf. Die durch den Markraum von der allgemeinen Knochenkapsel des Labyrinths getrennten Teile der knöchernen Schnecke, die Wand der 127 220 F. GRAF SPEE, Scala tympani und vestibuli, der Gehörnerven-Kanälchen im Grunde des Porus acusticus internus , sowie die Teile des Modiolus , sind nicht knorpelig präformiert , sondern entwickeln sich durch Ossifikation des die Nerven umhüllenden Bindegewebes. Durch den Aquaeductus vestibuli und Aquaeductus Cochleae steht das Periost der Außenfläche des Petrosum mit der Periostauskleidung der knöchernen Labyrinthkanäle in Verbindung. Verbindungen des Schläfebeins. Die Schläfebeinschuppe verbindet sich regelmäßig mit der Ala temporalis des Keilbeins und mit dem Seitenwandbein durch Naht. Ihr an der Schädelbasis gelegener Pandteil ist sagittal gerichtet, außen wenig zackig, auf Rosten der äußeren Fläche zugeschärft, gegen die cerebrale Fläche zunehmend mit Zacken versehen, die sich über den Nahtrand des Keilbeins hinschieben. Aufwärts von der Linea infratemporalis wechselt die Zuschärfung des Schuppenrandes entlang der Verbindung mit dem Keilbein allmählich oder mehr plötzlich, und bildet den Uebergang zu einer oberhalb einer (nicht immer vorhandenen) Zacke, Angulus spheno- parietalis (ev. Processus frontalis [Squamae]), wo die Verbindung mit dem Seitenwandbein anfängt, konstant ausgeprägten Zuschärfung auf Kosten der inneren Fläche; diese Art der Zuschärfung erhält sich am ganzen konvexen Rande der Schuppe bis zur tiefsten Stelle der Incisura parie- talis. Die von der Zuschärfung betroffene Zone der Innenfläche des Knochens ist meist in der Mitte am breitesten, durchschnittlich l1/2cm, oft mehr, vorn und hinten schmäler. Sie überlagert ihren Abdruck am unteren Rande des Parietale von außen. Zwischen beiden entsteht so die Schuppennaht, Sutura squamosa, in welcher sehr häufig ein oder mehrere glatte Schaltknochen eingeschlossen sind. Der hintere Rand der Incisura parietalis, der auch noch der Schuppe zugehört, ist auf Kosten seiner Außenfläche zugeschärft und wird durch den sog. Margo mastoideus des Parietale von außen her überdeckt. Die in dieser hinteren Abteilung der Sutura parietosquamosa verlaufende Nahtspalte führt also von außen- unten nach oben-innen , liegt also gerade umgekehrt wie die in der vorderen Abteilung, deren Spalte von außen-oben, nach innen-unten die Schädelkapsel durchsetzt. — In der Incisura parietalis finden sich nicht selten Schaltknochen; auch ein Emissarium. Das hinter der Incisura parietalis aufwärts gerichtete obere Ende des Margo parietalis der Schuppe stößt spitzwinklig (im Angulus parieto- occipitalis) mit dem Margo occipitalis der wirklichen Pars mastoidea zu- sammen. Dieser Rand ist meistens dick, in charakteristischen Fällen rechtwinklig zur Fläche des Knochens geschnitten und durch horizontale- Einschnitte in lauter parallele glatte Leisten geteilt. Er ver- bindet sich mit dem abwärts vom Bereich des Interparietale gelegenen Teile des Occipitale superius und Exoccipitale. Wo derselbe die Grenze beider überschreitet, findet sich in oder neben der Naht das For. mastoi- deum. Die Nahtabteilung entlang dem Exoccipitale (Pars condyloidea) verläuft meistens relativ glatt, fast geradlinig, obliteriert ein- oder beid- seitig manchmal schon sehr früh (12. Lebensjahr). An ihr vorderes Ende schließt sich die Synchondrosis petrooccipitalis, unterhalb der Stelle, an welcher der Sulcus sinus transversi die Naht zwischen Hinter- haupt- und Schläfebein kreuzt. Medialwärts davon, entlang der ganzen Fossa jugularis und der Apertura extern, aquaed. Cochleae ist normal, Schläfebein, Os temporale. 221 der Band des Petrosum frei und bildet die vordere Grenze des Foramen jugulare des Schädels. In einzelnen Fällen verbindet sich ein vom Um- fang des Aquaeduct. Cochleae herkommendes Knochenblatt mit dem Occipitale und verwandelt das hintere Ende des Sulcus petrosus inferior in einen kurzen Kanal, der vom Foramen jugulare getrennt die Schädel- höhle verläßt. Eine lateral davon manchmal zugleich vorkommende Knochenbrücke kann die durch den Processus interjugularis gewöhnlich unvollkommen bleibende Trennung der medialen und lateralen Abteilung des Foramen jugulare vollständig machen. Entlang der Pars basüaris ist das Petrosum durch eine vorwärts an Dicke stark zunehmende Binde- gewebsmasse mit eingestreuten kleinen Knochenstückchen zur Bildung der Sutura petrobasilaris befestigt. — Soweit die vordere Kante der Pyramide Wand des carotischen Kanals ist, bleibt sie durch eine feine Spalte von dem hinteren Eande des großen Keilbeinflügels geschieden. Abwärts hiervon schließen beide eine nach unten offene Halbrinne ein, die sich an die mediale Oeffnung des Canalis tubarius anschließt. Die medialste Ecke der unteren Wand des letzteren, die vom Tympanicum gebildet ist, liegt hinter der Spina angularis des Keilbeins. L i 1 1 e i- a t u r. Bürkner, K., Kleine Beiträge zur normalen und pathologischen Anatomie des Gehörorgans, Arch. /. Ohrenheilh. 1878. 13. Bd.; 14. Bd. 136. Calori, L., Di alcuni particolari intorno alla varietä delle cellule di Jlivino, Memorie delT Accad. delle scienze delV Istituto di Bologna S. IV P. 1, 1881. D er selbe , Su la stenosi del forame jugulare e le sue concorni tanze, 1 Tav., Memorie d. B. Accad. d. sc. d. istuto di Bologna S. V T. 2 Fsc. 2/3 1892. Cheatle, A H., The mastoid antrum in children, Lancet 1892 V p. 1264 — 1265. (Topo- graphisches ; 1 Holzschnitt.) Clarke, 3. J , Some observations on the temporal hone chiefly in childhood, Journ. Anat. and Physiology V No. 27, 1893, 411—414. Corner, E. 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S. ; getrennt von diesem persistiert jederseits nur die untere Nasenmuschel. Das Siebbein, Os ethinoidale. Synonyme: Os cribrosum, spongiosum. Englisch: The ethmoid bone.. Französisch: L'ethmo'ide. Italienisch: Osso etmoide. Das Siebbein beteiligt sich bloß mit einer sehr kleinen, jeder- seits vor einer medianen Kante, Crista galli (Fig. 47 3), gelegenen und von zahlreichen Löchern für den Durchtritt des Riechnerven siebförmig durchbrochenen Platte, Lamina cribrosa, Siebplatte (Fig. 47 5), welche die Incisura ethmoidalis des Stirnbeins ausfüllt an der Umgrenzung der Schädelhöhle. Der weitaus größere Teil hängt von der Unterseite der Lamina cribrosa vor dem Keilbein- körper ins Gebiet des Gesichtsschädels herab, um hier die paarigen Nasenhöhlen von oben und der Seite her zu umfassen und in der Mitte voneinander zu trennen. Fig. 47. Siebbein des Erwachsenen, von oben gesehen, in Verwachsung mit den vom Keilbein getrennt gebliebenen Conchae sphenoidales. 1 Lamina perpen- dicuiaris. 2 Processus alaris. 3 Crista galli. 4 Cellulae frontales. 5 Lamina cribrosa. 6 Lamina papyracea. 7 Sulcus ethmoidalis posterior. 8 Eauhigkeit für die Anlagerung des Jugum sphenoidale ; 9 Eauhigkeit für die Auflagerung der Spina ethmoidalis des Keilbeins. 10 Cel- lula sphenoidalis des Siebbeins (die sich abwärts in die Cellulae maxillares oder palatinae öffnet). 11 senkrechtes Kno- chenblatt, welches die Cellulae frontales und sphenoidales, ferner den von, 12, der Concha sphenoidalis unten umfaßten, 13 Sinus sphenoidalis von der Nasen- höhle trennt. Darunter, 14, Oeffnung des Sinus sphenoidalis in die Nasen- höhle. In den dreiseitigen Spalt zwischen den Conchae sphenoidales schiebt sich die untere Kante des Keilbeinkörpers imd des Eostrum, sphenoidale ein. Zu diesem Zweck besteht das Siebbein aus drei durch die beim Menschen horizontal gestellte Siebplatte zusammengehaltenen Teilen: einer medianen senkrechten Platte, Lamina perpendicu- laris, Mesethmoid (Fig. 47 1), die den obersten Teil der Nasenscheide- wand bildet, und deren Fortsetzung oberhalb der Lamina cribrosa als Crista galli (Fig. 47 3) in die Schädelhöhle vorragt, und zwei paarigen Seitenteilen, die im Bereich der lateralen Wand der Nasenhöhle unter 15* 224 F. GRAF SPEE, dem Stirnbein gelegen sind und Siebbeinlabyrinth, Laby- rintlms [ossis ethinoid.], Ethmoturbinale, heißen (Fig. 46). Die Breite des Siebbeins entspricht hinten genau der des Keilbeinkörpers (samt Conchae sphenoidales). Die Lamina perpendicularis schließt an den vorderen Rand der Scheidewand der Keilbeinhöhlen an; die Seiten- wand der letzteren geht in die lateralsten Teile der Siebbeinlabyrinthe über. Letztere und mit ihnen das ganze Siebbein verschmälern sich gegen den Nasenrücken. Der ganze Knochen besteht aus dünnen und gebrechlichen Blättern und Bälkchen, mit weiten Hohlräumen dazwischen (Cellulae), deren speciellere Verhältnisse mancherlei Va- riationen aufweisen. Der in der Medianlinie oberhalb der Lamina cribrosa in die Schädelhöhle sich erhebende, Crista galli benannte Knochenkamm beginnt hinten niedrig und steigt mit freiem, konkavem, glattem Rande vorwärts, am unversehrten Schädel gegen die Crista frontalis des Stirnbeins an. Kurz vordem er diese erreicht, biegt sein Rand ge- wöhnlich steil abwärts und endet oberhalb einer Rinne, die mit einer gegenüberliegenden am Stirnbein das Foramen coecum (Fig. 90 2) umschließt. Die Rinne entsteht dadurch, daß der vordere Rand der Crista galli in zwei lateralwärts gerichtete flügelähnliche, nicht immer gut ausgebildete Fortsätze auseinanderweicht, Processus alares (Fig. 47 2, Fig. 48 2), deren vordere rauhe Flächen mit entsprechenden Rauhigkeiten am Stirnbein sich verbinden. Die vorderen Teile der Crista galli sind manchmal kolbig verdickt oder durch im Innern derselben entstandene Markräume blasig aufgetrieben. Fig. 48. Siebbein des Er- wachsenen, von der rechten Seite (dasselbe Präparat -wie Fig. 47). 1 Lamina perpen- dicularis. 2 Processus alaris. ä Crista galli. i vordere Cel- lulae frontales. 5 Lamina pa- pyracea. 6 hinterste Ecke der- selben , hinter welcher ein Stück der Seitenwand der CeUula sphenoidalis in diesem Falle noch mit dem Siebbein "verwachsen ist 7 Sinus sphenoidalis. 8 Cellula pala- tina. 9 Cellulae maxiüares, fast ganz durch eigene Kno- chenblättchen des Siebbeins verschlossen. 10 Hohlraum an der medialen Seite der unteren Siebbeinmuschel. 11 Untere Siebbeinmuschel (eingerollter Teil derselben). 12 Processus uncinatus. 13 Cellulae lacrymales. Die knöcherne Lam. perpendicularis des Siebbeins bildet sich durch eine von der Crista galli ausgehende, abwärts fortschreitende Ossifikation in der senkrechten Knorpelplatte (Fig. 54 10), welche die beiden Hälften der Nasenhöhle schon in früher Fötalzeit trennt. Je nachdem die Ossifikation sich mehr oder weniger weit abwärts aus- dehnt, findet man die Knochenplatte der Lamina perpendicularis und den an ihrem unteren und vorderen Rande beim Erwachsenen per- sistierenden Rest des knorpeligen Nasenseptums größer oder kleiner und verschieden umgrenzt. Die Knochengruppe des Siebbeins. 225 In der Regel ist die Lamina perpendicularis (Fig. 49 unterhalb 13) einem verschobenen Fünfeck ähnlich, dessen oberem Rand ihre An- heftungslinie an die Laminae cribrosae entspricht. Der hintere Rand, Keilbeinrand, ist dünn und in ganzer Länge mit dem Vorderrande des Septum sinuum sphenoidalium und der oberen Seite des Rostrum sphenoidale verbunden. Die unteren und vorderen mit Knorpelresten verbundenen Randteile sind, leicht gespalten, stets erheblich dicker als der übrige Teil der Platte und stoßen in spitzerem oder abge- rundet-stumpfem Winkel zusammen. Von diesen schiebt sich der untere Rand, Pfiugscharrand, mit seinem knorpeligen Anhang ent- weder zwischen die symmetrischen Lamellen des Pflugscharbeins ein oder verbindet sich bei Rückbildung des Knorpels mit der einen oder anderen dieser Lamellen. Letzteres ist gewöhnlich der Fall und wird häufig von einer Verbiegung der Lamina perpendicularis begleitet, welcher auch die anderen Teile des Nasenseptums folgen. Der Vorderrand, Knorpelrand der Platte, trägt den knorpeligen Teil des Nasenseptums, der bei Maceration des Knochens verloren geht und steigt schräg vor-aufwärts, gerade, gebogen oder winklig aus- geschnitten gegen den Nasenrücken hin auf. Von seinem oberen Ende bis zum Vorderende der Crista galli erstreckt sich der Stirn- rand der Platte (Fig. 49 hinter 14), der sich von hinten her mit dem Processus nasalis und der Spina nasalis des Stirnbeins ver- bindet. Von diesem Rande gehen zuweilen entlang dem unteren Rande der Processus alares Plättchen lateral-rückwärts entlang dem .Vorderrande der Lamina cribrosa zum Siebbeinlabyrinth hin, welche dann den obersten Abschnitt der Nasenhöhle von vorn her umfassen und hierdurch an die ursprünglichen Verhältnisse der knorpeligen Nasenkapsel (s. dort) erinnern. Die Lamina cribrosa, jeder seits vom Ursprung (Fig. 47 5, Fig. 58 2, Fig. 90 4) der Crista galli ausgebreitet, bildet den Boden eines kleinen Teils der Schädelhöhle und gleichzeitig die Decke der Nasenhöhle. Sie entwickelt sich in Gestalt eines horizontal ausge- breiteten Geflechtes von Knochenbälkchen, durch dessen Lücken die Aeste der Riechnerven aus der Schädelhöhle in die oberste Partie der Nasenhöhle übertreten und zwar von dem medialen oberen Rande der Siebbeinlabyrinthe aus und erreicht im Laufe des zweiten Lebens- jahres die Grenze zwischen Crista galli und Lamina perpendicularis, um mit ihr zu verwachsen. In späteren Jahren verengen sich die Löcher der Lamina cribrosa etwas und erscheinen manchmal jeder- seits in zwei nicht scharf getrennten Parallelreihen entlang den Ver- bindungslinien mit dem Labyrinth und der Lamina perpendicularis; im einzelnen ist in ihrer Verteilung eine bestimmte Regel nicht zu erkennen. Ihre Form ist rundlich oder schlitzförmig. Ein neben dem vorderen Teil der Crista galli befindlicher Schlitz dient dem Nervus ethmoidalis zum Durchtritt (Fig. 51, die Sonde oberhalb IS) in die Nasenhöhle. Hinter ihm läuft auf dem Seitenrande der Lamina cribrosa für denselben Nerven eine Furche in schräger, fast sagittaler Richtung als Fortsetzung des zwischen Stirnbein und Seitenteilen des Siebbeins eingeschlossenen Kanals (Fig. 51 11 links), welcher mit dem Foramen ethmoidale anterius in der medialen Wand der Augenhöhle seinen Anfang nimmt (Stieda, Ueber den Sulcus ethmoidalis, Anatom. Anzeiger, 6. Jahrg., 1891, S. 233). Jedes Siebbeinlabyrinth besteht aus einem Gefüge sehr i33 226 F. GRAF SPEE, Fig. 49. Sagittalschnitt des Schädels neben der Medianlinie und dem Nasen- septum. 1 Sulcus transversus , darin die Mündung des Foramen mastoidemn. 2 Protuberantia occipitalis externa. 3 Sutura lambdoidea. 5 Schaltknochen zwischen Parietale, Temporale, Sphenoidale und Frontale. 6 Dorsum sellae. 7 Schaltknochen (Pterion). 8 Sutura coronahs. 9 Sulcus pro arteria meningea media. 10 Processus clinoideus anterior, davor das Foramen opticum. 11 Sinus sphenoidalis. 12 Crista fi'ontahs interna. 13 Crista galli. 14 Spina nasalis oss. frontis. 15 Schnittfläche, 15' hintere Fläche des Nasenbeins. 16 Spitze der mittleren Nasenmuschel. 11 untere Nasenmuschel. 18 Rand der Apertura pyriforrnis. 19 Spina nasalis anterior. 20 Foramen incisivum (Sonde im rechten Canalis incisivus zur I\ asenhöhle). 21 Alveole des ersten unteren Schneidezahns, der verloren ist. 22 Schnittfläche des Unter- kiefers. 23 dessen Fossa digastrica (Ansatz des gleichnamigen Muskels). 24 Spina mentalis interna. 25 Linea obliqua interna (mylohyoidea). 26 Spina nasalis posterior (Gaumenbein). 21 Sulcus mylohyoideus. 28 mediale Lamelle des Processus ptery- goideus. 29 Processus pyramidalis des Gaumenbeins. 30 Laterale Lamelle des Pro- cessus pterygoideus. 31 Processus styloideus. 32 Schnittfläche der Pars basilaris und des Basisphenoids. 33 Canalis hypoglossi. 134 Die Knochengruppe des Siebbeins. 227 dünner Knochenblätter mit zwischen ihnen eingeschlossenen Hohl- räumen. Der äußere Gesamtumfang läßt sich noch am ehesten einem vorwärts in transversaler Richtung verjüngten Keile mit rechteckigen Seitenflächen vergleichen. Entlang der medialen oberen Kante ist das Siebbeinlabyrinth mit dem lateralen Rande der Lamina cribrosa verbunden. Lateralwärts von dieser Linie besitzt es eine Breite, welche jedesmal gleich ist derjenigen der Cellulae frontales des Stirnbeins, welche die Zellen des Siebbeinlabyrinths von oben her decken. Die im Siebbeinlabyrinthe enthaltenen Hohlräume (Cellulae ethmoidales, Siebbeinzellen) sind nur in den hinteren zwei Dritteln lateralwärts konstant durch eine sehr zarte, meist viereckige Platte, Papierplatte, Lamina papyracea (Fig. 48 5, Fig. 47 6), abge- schlossen, welche am unversehrten Schädel an der medialen Seite der Augenhöhle (Fig. 93 7) zu Tage tritt und so dünn ist, daß sie die an ihrer medialen Seite befindlichen Anheftungslinien der Scheidewände der Siebbeinzellen in Form einer weißlichen Marmorierung durch- schimmern läßt. Ihre der Augenhöhle zugewandte glatte Fläche besitzt gewöhn- lich eine leicht sattelförmige Krümmung, konvex (Fig. 95 22) in der Richtung der Diagonale von der hinteren oberen zur vorderen unteren Ecke, konkav in der Richtung der anderen Diagonale. Ausnahms- weise sind einzelne Stellen derselben durch stark ausgedehnte Sieb- beinzellen blasig gegen die Augenhöhle vorgetrieben. Einschnitte, welche die Platte in eine vordere und hintere Ab- teilung zerlegen oder den Rand kerben, sind meist vorübergehende Ossifikationslücken; Thomson fand die vordere Abteilung der Papier- platte ganz von der hinteren durch eine Spalte getrennt und bald mit dem Stirnbein, bald mit dem Oberkiefer verwachsen. Selten entstehen Defekte im höheren Alter durch Rück- bildungen. Die Lam. papyracea ist niemals so lang, daß sie auch das vor- derste Drittel der Siebbeinzellen lateralwärts abschließt. Letztere er- halten ihren lateralen Abschluß durch das sie deckende Thränenbein. Daher ihr Name Cellulae lacrymales (Fig. 48 13). In ihren Einzelheiten weisen die Siebbeinzellen mannigfache Schwankungen auf in Bezug auf Größe, Zahl, Einteilung durch Sep- tem Sie sind Anhänge resp. lufthaltige Nebenräume der Nasenhöhle, deren Ausdehnung die Grenzen des Siebbeins durchbrechend ver- schieden weit in die anschließenden Ränder benachbarter Knochen eindringen kann, und die dann am isolierten Siebbein offenstehen. Alle Siebbeinzellen , zumal die Cellulae frontales münden , abwärts trichterförmig verjüngt durch spaltenförmige Oeffnungen unter über- hängenden Knochenblättern, dem sog. Muscheln, in die Nasenhöhle. Die Zellen des ausgewachsenen Siebbeins stehen entlang der medialen Seite der Ränder der Lamina papyracea und deren Er- gänzung durch das Thränenbein vielfach aufwärts, rückwärts und abwärts offen und werden nach den am unzerlegten Schädel sich darauf legenden Rändern benachbarter Knochen benannt. Entlang dem oberen, mit dem Stirnbein verbundenen Rande der Papierplatte (auch des Thränenbeins) öffnen sich die Cellulae frontales (Fig. 47 4). Entlang dem hinteren Rande (mit dem Keilbein lateral vom Zugang zu den Keilbeinhöhlen verbunden, Margo sphenoidalis) liegen die i35 228 F. GRAF SPEE, Cellulae sphenoidales (Fig. 47 10), darunter und davor, neben dem ans Gaumenbein stoßenden Rand die Cellula palatina (8); Fig. 50. Laterale Wand der Nasenhöhle und Umgebung von der medialen Seite besehen. Siebbein mit drei Musehein (untere, mittlere, obere). Stirnhöhle weit, angeschnitten. 1 Clivus. 2 Dorsum sellae. 3 Sella turcica. 4 Tubercul. sellae. 5 Sinus sphenoidalis. 6 Limbus sphenoidalis. 7 Oeffnung des Sinus sphenoidalis. S obere Siebbeinspalte (oberster Nasengang). 9 oberste Siebbeinmuschel. 10 mittlere Siebbeinmuschel. 11 untere Siebbeinmuschel. 12 oberer Nasengang (untere Sieb- beinspalte). 13, 14 Stirnhöhle. 15 Schnittfläche des Stirnbeins. 16 Schnittfläche des Nasenbeins. 11 vordere Spitze des Siebbeinlabyrinths, die sich an die Crista ethnioidalis des Oberkiefers anfügt. 18 mediale Fläche des Processus nasofrontalis des Oberkiefers. 19 unterstes Stück des Thränenbeins, in Verbindung mit, 20, Pro- cessus lacrymalis der unteren Nasenmuschel, die mediale Wand des Thränennasen- gangs bildend. 21 Processus uncinatus des Siebbeins, an den Processus ethmoidalis der unteren Nasenmuschel angefügt. 22 untere Nasenmuschel. 23 Antrum Highmori 24 Schnittfläche des knöchernen Gaumens. 25 Os palatinum (Lam. perpendicularis). 26 zufällige Dehiscenz in der medialen Wand des Canalis pterygopalatinum. 21 Fossa pterygoidea des Keilbems. 28 mediale Lamelle des Processus pterygoideus. 29 Foramen nasale (spheno-palatinum). 30 Processus vaginalis (Schnittfläche). 136 Die Knochengruppe des Siebbeins. 229 vor dieser entlang dem mit dem Oberkiefer verbundenen unteren Rande der Lam. papjTacea die Cellulae maxillares (Fig. 48 9). An der medialen Seite sind die Zellen der Siebbeinlabyrinthe zunächst unter der Lamina cribrosa durch eine zusammenhängende Platte abgeschlossen, an deren lateraler Seite die Wände der Siebbein- zellen anhaften, deren mediale Seite frei und der Lamina perpendicularis zugekehrt ist, so daß zwischen beiden ein höchstens 3—4 mm breiter Zwischenraum von der Gestalt einer senkrechten Spalte eingeschlossen wird, dessen oberer Abschluß die Lamina cribrosa jederseits bildet (Fig. 96 zwischen 11 und 12). Diese Spalte ist der oberste Teil der Nasenhöhle. Die ihr zugewandte Seite der Lamina perpendicularis und der Siebbeinlabyrinthe zeigt in individuell wechselnder Aus- dehnung und im Anschluß an die unteren Oeffnungen der Löcher der Lamina cribrosa eine große Anzahl abwärts bald flach auslaufender Furchen, die der Ausbreitung der Aeste des Riechnerven entsprechen. Die abwärts davon gelegenen Teile der Fläche zeigen an der Lamina perpendicularis im Gegensatz dazu glatte Oberfläche, an der medialen Seite der Siebbeinlabyrinthe aber eine durch kleine Unebenheiten, Vortreibungen, Grübchen und niedrige Knochenleistchen eigentümlich unregelmäßige, zuweilen schwammige Beschaffenheit. Weiter unten ist die Kontinuität der medialen Decke der Sieb- beinzellen wenigstens hinten unterbrochen. Sie wird durch eine oder zwei von hinten her eindringende, vorwärts verschmälert endende Spalten, Fissurae ethmoidales (Fig. 50 12, 8) in zwei oder drei hinten zipfelförmig spitz zulaufende, medialwärts konvex vorge- wulstete Abteilungen zerlegt, die Siebbeinmuscheln, Conchae ethmoidales heißen (Fig. 50 11, 10, ff). Typisch sind beim Menschen (80 Proz. aller Fälle, Zuckerkandl) zwei Einschnitte, ein längerer unterer und ein kürzerer oberer, und dementsprechend drei Siebbein- muscheln angelegt, von denen die unterste, die größte und längste, sich über die Länge der Fissur hinaus vorwärts entlang dem ganzen unteren Rande der Siebbeinzellen ausdehnt (Concha ethmoidalis in- ferior), während die mittlere (Concha ethmoidalis media) oberhalb des unteren Einschnittes auf die hiDtere Hälfte, die obere (Concha ethmoidalis superior) auf das hintere obere Drittel der medialen Fläche des Siebbeinlabyrinths beschränkt ist. Ist die typische Anlage bleibend zu voller Ausbildung gekommen, was bei geräumiger, hoher Nasen- höhle meist der Fall ist, so ist die obere Siebbeinmuschel kleiner und in sagittaler Richtung kürzer als die mittlere. Anderenfalls zeigt die mittlere am häutigsten Tendenz zur Rückbildung und bleibt so rudimentär und klein, daß sie zwischen den Vorwölbungen der oberen und unteren Siebbeinmuscheln in der Tiefe ganz versteckt liegt. Zu- gleich ist dann die obere Siebbein-Muschel gewöhnlich kompensatorisch größer. In diesem Fall, der einen beim Menschen sehr häufig vor- kommenden sekundären Typus darstellt, liegen in der Ansicht der medialen Seite des Siebbeinlabyrinths bloß zwei Muscheln, die obere und untere, und zwischen ihnen bloß ein Einschnitt frei vor (Fig. 51 31). Zuckerkandl kommt nach seinen Beobachtungen an ziemlich vielen Siebbeinen von Kindern und Erwachsenen zu dem Resultat, daß in maximo vier Siebbeinnmscheln, durch drei Siebbeinspalten getrennt, beim Menschen auftreten können, während drei, eine untere, mittlere und obere in 80 Proz. aller Fälle angelegt und deswegen als typisch für den Menschen anzu- sehen sind. Wo eine vierte, oberste Muschel auftritt, entsteht sie durch 137 230 F. GRAF SPEE, Fig. 51. Sagittalschnitt des Schädels dicht neben der Medianlinie. Vordere Hälfte mit Ansicht der lateralen Wand der Nasenhöhle. Stirnhöhlen unentwickelt. 1 Clivus. 2 Sinus sphenoidalis. 3 Sella turcica . (Fossa hypophyseos). 4 Dorsivm sellae. 5 Processus sphenoidahs des Gaumenbeins. 6 Foramen nasale (spheno- palatinum). 7 Processus ethmoidalis des Gaumenbeins. S Sonde in der Oeffnung der Keilbeinhöhle. 9 obere Siebbeinmuschel. 10 Jugum sphenoidale. 11, rechts, Foramen ethmoidale posterius. 11', links,Foramen ethmoidale anterius ; 11' acees- sorisches, mittleres Foramen ethmoidale (in der Naht zwischen Pars orbitalis des Stirnbeins und Siebbeinlabyrinth an der Innenfläche der Schäd'elhöhle. 12 Durch- schnitt der Lamina cribrosa. Unter dieser, 13, Gegend der Furchen für die Aeste des Riechnerven. 14 vorderes Ende der oberen Siebbeinspalte. 15 Bulla ethmoidalis ; 16 Zugang zu den Cellulae lacrymales und frontales lateral vom Processus uncinatus. 17 Umriß des in die mediale Wand der unteren Siebbeinmuschel gemachten Fenster- ausschnitts durch diesen wird lö und 16, sowie, IS, Zugang der Cellulae frontales medial vom Processus uncinatus sichtbar. 19 hintere Fläche des Processus nasalis des Stirnbeins, der obersten Partie der Nasenhöhle zugekehrt; das Loch mit der Sonde gestattet dem Nervus ethmoidalis Zutritt zur Hinterfläche des Nasenbeins. 20 Arcus superciliaris. 21 Schnittfläche des Stirnbeins, an Steile der Stirnhöhlen findet sich spongiöser Knochen. 22 Schnittfläche des Processus nasalis ossis frontis. 23 Schnittfläche des Nasenbeins. 24 hintere Fläche des Nasenbeins mit Furche für den Nervus ethmoidalis. 25 Naht zwischen Nasenbein und Stirnfortsatz des Oberkiefers. 26 Agger nasi. 21 unterer Fortsatz des Thränenbeins. 2S Pro- cessus uncinatus. 29 Processus lacrymalis der unteren Nasenmuschel. 30 _ Ver- bindungslinie der unteren Nasenmuschel mit der Crista turbinalis des Oberkiefers. 138 Die Knochengruppe des Siebbeins. 231 31 [untere] Siebbeinspalte (= oberer Nasengang der Autoren). 32 untere Siebbein- muschel (= mittlere JSasenmuschel). 33 Naht zwischen Lamina perpendicularis des Gaumenbeins und medialer Lamelle des Processus pterygoideus. 34 Einblick in den Hiatus maxillaris. 35 Processus ethmoidalis der unteren Nasenmuschel. 36 [untere] Nasenmuschel. 37 Schnittfläche der Lamina horizontalis des .Gaumenbeins. 38 Ha- mulus pterygoideus. 3-9 Schnittfläche des Gaumenfortsatzes des Oberkiefers. 40 Un- terer Nasengang, speciell die Stelle, wo der Thränenkanal mündet. Scheidung der oberen in zwei Abteilungen durch eine dritte (oberste) Siebbeinspalte. Von den typischen drei Muscheln bildet sich zurück, wie erwähnt, am häufigsten die mittlere, seltener die obere. Das Rudiment der mitt- leren sitzt dem Ursprung der oberen an. Sind im Specialfall bloß zwei Muscheln beim Erwachsenen gut entwickelt, so entspricht gewöhnlich die dazwischen liegende Spalte der Fissura ethmoidalis inferior. (Zuckee- kandl, Anat. Anz. 1892, S. 16 — 25; dort auch die Litteratur.) Der Ausdruck Siebbeinmuschel wird in der neuen anatomischen Nomenklatur aufgegeben. Pur die untere Siebbeinmuschel ist der Name : Mittlere Nasenmus chel, Concha media, für die darüber gelegene der Name obere (ev. oberste) Nase n m usehel, Concha superior (ev. suprema) beibehalten. Aufwärts und vorn von den Einschnitten gehen die medialen Oberflächen der Muscheln auf den schon erwähnten flacher und un- unterbrochen verlaufenden Teil der medialen Bedeckung der Siebbein- zellen über, der oben mit der Lamina cribrosa zusammentrifft. Der vordere Rand dieser Fläche ist zugleich der Vorderrand des Sieb- beinlabyrinths. Entlang seiner lateralen Seite findet sich unmittelbar vor den Cellulae lacrymales eine schmale Rauhigkeit, die sich mit dem Processus frontalis des Oberkiefers (entlang dessen Crista eth- moidalis) verbindet (Fig. 50 n). Verhältnisse im Innern des Siebbeinlabyrinths. Verbindungen der Zellen des Siebbeinlabyrinths mit der Nasenhöhle. Vom Vorderrande des Siebbeinlabyrinths entspringt meistens ein kontinuierliches Knochenblatt, welches die (medial vom Thränenbein gelegenen) Cellulae lacrymales des Siebbeins in sagittaler Richtung unvollkommen in eine mediale und laterale Abteilung scheidet. Aus dem hinteren unteren Umfang dieses Blattes oder, wenn ,es nicht charakteristisch ausgebildet ist, aus den unteren Rändern der Zwischen- wände der genannten Zellen entsteht ein konstanter, bei guter Aus- bildung säbelförmig gekrümmter, rück-abwärts gerichteter Fortsatz, der Siebbeinhaken, Processus uncinatus (Fig. 48 12). Die ihm be- nachbarten Zwischenwände der Siebbeinzellen begrenzen hauptsächlich senkrechte Spalträume, deren vordere die Verbindung der Stirnhöhlen und Stirnbeinzellen mit der Nasenhöhle herstellen. Ihre unteren Mündungen liegen zu beiden Seiten vom Anfangsstück des Processus uncinatus, bedeckt vom Vorderende der unteren Siebbeinmuschel. (Weitere Beziehungen des Processus uncinatus siehe Nasenhöhle.) Jede Siebbeinmuschel geht in letzter Instanz aus dem obersten Teil der Wände einer Gruppe von Siebbeinzellen, durch Vermittelung dieser also indirekt auch aus der Lamina papyracea, als kontinuier- liches, transversal gestelltes Knochenblatt hervor, biegt mit medial gerichteter Konvexität abwärts und endet mit freiem, lateralwärts um- 232 F. GRAF SPEE, Fig. 52. Laterale Wand der linken Nasenhöhle nach Fortnahnie der drei ausgebildeten Siebbeinmuscheln, von der medialen Seite gesehen. 1 Pars basilaris des Occipitale. 2 Sinus sphenoidalis. 3 Ursprungslamelle der hintersten (obersten} Muschel. 4 hinterste Siebbeinzellen (Cell, sphenoidales oss. ethmoidalis). 5 Ur- sprungslamelle der obersten Nasenmuschel. 6 Schnittfläche des Stirnbeins. 7 Kudi- ment der mittleren Siebbeinmuschel, rechts daneben der Eingang des von ihm über- wölbten Raumes, der sich in, 8, die untere Siebbeinspalte öffnet. 9 Ursprungslamelle der unteren Siebbeinmuschel (mittlere Nasenmuschel der Autoren); vorn davon, 10, Raum vorn von derselben, der (bis zu 18 hin) von der unteren Siebbeinmuschel ge- deckt wird, abwärts in die Bulla ethmoidalis, 11, hineinführt. 12 Siebbeinzelle. 13, 13' Verbindungen der Stirnhöhle mit der Nasenhöhle, lateral vom Processus uncinatus. 14 Pfeil (Verbindung) von Stirn- und Nasenhöhle, medial vom Processus uncinatus. 15 Stirnhöhle. 16 deren Wände (Stirnbein im Durchschnitt). 11 Pro- cessus nasalis des Oberkiefers. 18 Platte durchschnitten, welche die Spitze der Siebbeinmuschel hier mit dem Processus uncinatus verbindet. 19 Processus uncinatus. 20 Superficies nasalis des Oberkiefers. 21 Schnittfläche des Nasenbeins. 22 Hiatus semilunaris zwischen Bulla ethmoidalis und Processus uncinatus; in der Tiefe flaches Balkennetz des Siebbeins (Cellul. lacrymales), durch welches das Thränenbein durchschimmert; 22' Thränenbein (mediale Wand des Thränenkanals). 23 Crista turbinalis des Processus nasalis des Oberkiefers. 24 Thränenkanal (der durch den Processus laerymalis der unteren Muschel gebildete unterste mediale Wandteil ist mit der letzteren zugleich entfernt). 25 Hiatus maxillaris. 26 Crista turbinalis des Gaumenbeins. 21 Foramen spheno palatinum (nasale). 28 Cellula palatina (Processus orbitalis des Gaumenbeins). 29 Hinterrand der medialen Lamelle des Processus pterygoideus. 30 dessen Processus tubarius. 31 Hamulus pterygoideus. 32 Processus palatinus des Gaumenbeins. 33 Processus palatinus des Oberkiefers. 140 Die Knochengruppe des Siebbeins. 233 gerolltem Rande, der bei der oberen und einer gut entwickelten mitt- leren Muschel als obere Grenzen der beiden Siebbeinspalten in der Ansicht von der medialen Seite her wahrgenommen wird. Die vorderen Wände einer Gruppe Siebbeinzellen, die dorsal aufwärts durch das Ursprungsblatt derselben Muschel abgeschlossen sind, haben abwärts gerichtete Oeffnungen, durch welche alle zu der betreffenden Gruppe gehörigen Siebbeinzellen an der konkaven Seite der sie deckenden Muschel, resp. nach dem von ihrem umgerollten Rande überwölbten Raum und durch Vermittelung dessen nach der Nasenhöhle zu offen stehen. Im allgemeinen folgt die durch den Muschelursprung ge- gebene Scheidung der Siebbeinzellen-Linien, die schräg von vorn oben zwischen Cellulae frontales beginnen und in abwärts konvexem Bogen ungefähr parallel den Siebbeineinschnitten rückwärts laufen (Fig. 52). Die hintersten Cellulae frontales, die Cellula palatina, die Cellulae sphenoidales, münden unter der oberen Siebbeinmuschel. Die übrigen Cellulae frontales, mit Ausnahme der vordersten, soweit als lateral- wärts die Lamina papyracea sie abschließt, sowie die vorderen Cellulae maxillares münden unter der mittleren Siebbeinmuschel oder deren Rudimente. Unter die untere Siebbeinmuschel öffnen sich zu beiden Seiten des Processus uncinatus (Fig. 52 13, 19) die medial vom Thränenbein gelegenen bereits erwähnten Siebbeinzellen und durch deren Vermittlung die Stirnhöhle ; außerdem die vorderste der von der Lamina papyracea seitlich abgeschlossenen Zellen. Die Oeffnung der letzteren liegt verschieden viel höher als die tiefste Stelle ihrer Höhle, so daß diese Zelle unten mit einer Art Blindsack endigt, der oberhalb des Processus uncinatus wie eine abwärts vorspringende Knochenblase, Bulla ethmoidalis (Zuckerkandl) von sehr wech- selnder Größe erscheint (Fig. 52 H)*). Bei starker Auftreibung wölbt sie sich in die Konkavität der unteren Muschel und gegen den Processus uncinatus vor und ist von praktischer Bedeutung, insofern sie die Aufhebung der Verbindung der lateral vom Processus uncinatus mündenden Siebbeinzellen mit der Nasenhöhle begünstigen kann. Unter den besonderen Formverhältnissen der unteren Siebbein- muschel sind, abgesehen von den regellos auftretenden vielfach patho- logischen Varianten, folgende hervorzuheben : Die Länge der Muschel übertrifft die größte Länge des Siebbeinlabyrinths. Sie erreicht mit ihrer vorderen Spitze die Crista turbinalis des Oberkiefers, mit ihrer hinteren die des Gaumenbeins (Fig. 51, 50). Der zwischen diesen Endpunkten verlaufende freie, in den hinteren zwei Dritteln lateralwärts eingerollte Rand läuft entweder in gleich- mäßig abwärts konvexem Bogen, oder in zwei Abteilungen geknickt, wenn der vorderste, der Einrollung entbehrende Teil des Randes eine Strecke weit senkrecht oder vor-abwärts gerichtet ist und dann erst in manchmal sogar spitzem Winkel in den abwärts konvexen übrigen Teil des Randes übergeht (Fig. 50, 51). Der vorderste Teil der unteren Siebbeinmuschel (Fig. 50 11) geht aufwärts in die mediale Bedeckung der vorderen Siebbeinzellen über. Die eigentliche Ursprungslamelle (Fig. 52 .9), welche diese *) Die Priorität der Beschreibung der Bulla ethmoidalis nimmt Zoja (Rendiconti del E. Istituto Lombardo S. II Vol. XXI Fase. 2) für sich in Anspruch. Er nannte sie 1870: Promontorio del meato della fossa nasale. 234 F. GRAF SPEE, Zellen von den unter der mittleren Siebbeinmuschel mündenden trennt, geht in die hintere Wand der Bulla ethmoidalis und abwärts davon schließlich in den unteren Rand der Lamina papyraceae über. Hierbei bildet sie in jugendlichen Knochen den unteren Abschluß, gleichsam den Boden der hinteren Siebbeinzellen, dessen untere Seite sich auf den Oberkiefer und das Gaumenbein auflegt. Später wird er von den Cellulae maxillares und palatina (Fig. 48 8, .9) durchbrochen. Die Oberfläche der konvexen Seite der Muschel ist löcherig, rauh, mit kleinen Leistchen und Bälkchen besetzt, mit scharfen Längs- kanten, auch Furchen versehen, die mitunter zu Längsspalten ver- tieft getroffen werden ; diese Beschaffenheit findet ihre Erklärung durch den blätterigen Bau der Muschel. Eine Reduktion der Siebbeinspalten kann durch Verschmelzung der Ursprungslamellen benachbarter Muscheln eintreten ; andererseits kommt es vor, daß durch Lückenbildung in einer Ursprungslamelle die beider- seits davon gelegenen Siebbeinzellen miteinander in Verbindung stehen. Der Processus uncinatus. Ueber seinen Ursprung wurde das Nötige bemerkt. Der Fortsatz selbst ist gewöhnlich eine sehr dünne, schmale, senkrecht gestellte, auf die Kante abwärts konvex gebogene KnocheDplatte (Fig. 52 7-9), welche den von der vorderen Muschel über- wölbten Raum in seiner vorderen Hälfte der Länge nach in eine mediale und laterale Abteilung teilt. Beide Abteilungen nehmen die unteren Mündungen von Siebbeinzellen auf, die oben mit den Stirn- höhlen in Verbindung stehen. In der lateralen Abteilung münden außerdem noch die Cellulae lacrymales und die Bulla sphenoidalis (Fig. 52 10—15). Das hintere Ende des Processus uncinatus ist in zwei Fortsätze gespalten (Fig. 93, 2.5), deren einer aufwärts (gegen den medialen Rand der Cellulae maxillares), der andere abwärts ge- richtet ist. Letzterer verbindet sich mit einem Fortsatz (Proc. eth- moidalis) der unteren Nasenmuschel (s. Fig. 50 unterhalb 21). Der- selbe überragt die untere Grenze des Siebbeinlabyrinths und der unteren Siebbeinmuschel in der Regel nach unten (Fig. 48 12). Hinter dem hinteren Ende des Processus uncinatus liegen zuweilen noch Netze von zarten Knochenbälkchen, die nur durch die Schleimhaut in situ gehalten werden, daher am macerierten Knochen fast ganz wegfallen (Zuckerkandl, Anatomie der Nasenhöhle, 1882). Das vorderste Ende des Randes der unteren Muschel und des Processus uncinatus stoßen in der Regel spitzwinklig aneinander (Fig. 52 18, 1.9). Zuweilen ragt der betreffende Teil des Processus uncinatus abwärts vom Muschelrande vor und zeigt Rauhigkeiten der Oberfläche wie eine Nasenmuschel (Fig. 51 26). In diesem Fall er- scheint sie am unzerlegten Schädel unter der Crista turbinalis des Proc. nasalis des Oberkiefers als Wulst (Stelle des Agger nasi, Fig. 51 26). Im Anschluß an Studien von Schwalbe und Zuckerkandl führte Seydel den Nachweis, daß dieser der beim Menschen rudimentär gewordenen vorderen Siebbeinmuschel der Quadrupeden d. i. dem Nasoturbinale ent- spricht, von dem der Processus - uncinatus ein Fortsatz ist. Die auf- resp. . rückwärts davon aufeinander folgenden vier Riechwülste , der Quadrupeden erscheinen dann der unteren, mittleren, oberen und obersten Siebbeinmuschel des Menschen homolog. (Seydel, Ueber die Nasenhöhle der höheren Säugetiere und des Menschen, Dissertation Heidelberg und Morpholog. Jahrbuch XVII, 1891.) 142 Die Knochengruppe des Siebbeins. 235 Die Bulla ethruoidalis entspricht der einzigen beim Menschen vor- handenen und rudimentären Nebenmuschel der Quadrupeden. Nicht selten sind die Conchae sphenoidales statt mit dem Keil- bein mit dem hinteren Ende der Siebbeinlabyrinthe verwachsen und stellen jederseits einen hinteren spitzen Anhang desselben dar, dessen Höhle vorn in die Nasenhöhle mündet (Fig. 47 12). Lateral vom Bereich der eigentlichen Concha sphenoidalis findet sich dann die eigentliche Cella sphenoidalis {10), von der Höhle der ersteren (Sinus sphenoidalis, 13) durch ein manchmal unvollkommenes Septum ab- gegrenzt. Sie kann im übrigen für sich abgeschlossen sein oder mit der Cellula palatina und. den hinteren Cellulae maxillares in offener Verbindung stehen. Oberhalb der Oeffnungen sind die Siebbeinzellen dann durch eine Platte abgeschlossen, die in einer horizontalen Kante mit der oberen Seite der Lamina cribrosa und der Siebbeinlabyrinthe zusammenstößt und mit dem Vorderrande des Jugum sphenoidale oder eingeschobenen Fortsätzen des Stirnbeins (Proc. antisfenoidei S. 124) verbunden ist (Fig. 46 *). Untere Naseiimusche], Concha inferior, Os turbinale, (Maxillo-turMnale). Englisch : Inferior turbinate bone. Französisch : Cornet inferieur. Italienisch: Turbinato inferiore. ist eine vorn und hinten spindelförmig zugespitzte, einseitig eingerollte Knochenplatte mit zwei Rändern, einer konvexen und einer konkaven Fläche. Ihre Größe ist individuell nicht nur in Anpassung an die Größe der übrigen Skeletteile der Nasenhöhle, sondern auch unab- hängig von diesen höchst schwankend. Von den Rändern dient der eine in ganzer Länge zur Anheftung der Muschel, der andere ist in ganzer Länge frei, abwärts gerichtet, lateralwärts verschieden stark umgerollt. Die Beschaffenheit der Muscheloberflächen zunächst dem Anheftungsrande ist im ganzen eben und erscheint ähnlich derjenigen der anschließenden Nachbarknochen. Die dem freien Muschelrande näher gelegenen Flächenteile zeigen dagegen höchst charakteristische Reliefbildungen, Netze von Knochenleistchen und Kanten, dazwischen oder darunter grubige Vertiefungen mit siebartig fein durchlöchertem oder durch größere Höhlenbildung unterminiertem oder auch durchbrochenem Boden. An der Grenze verschieden beschaffener Abteilungen der Fläche findet sich eine schärfere Knickung in der Einrollungsbiegung der Muschel derart, daß die dem Anheftungsrande zunächst liegende Partie der Platte mehr horizontal, die dem freien Rande zugekehrte mehr in senkrechter Ebene gelegen ist. Sehr gewöhnlich beginnt an der konvexen Seite der Muschel die rauhe Abteilung der Oberfläche mit einem sagittalverlaufenden, an seiner medialen Seite von einer Furche, Loch oder einem Kanal unterhöhlten Kamm, der wie eine oberste Kante der konvexen Muschelfläche vorspringt (Fig. 51 36, 53 a). Die Relief- bildungen fehlen nie, können aber gleichsam wie durch Abnutzung unscharf oder, mit blasigen Auftreibungen des Knochens kombiniert, unter dem Einfluß pathologischer Verhältnisse mannigfach gestaltet werden. Der Anheftungsrand der Muschel läßt drei Hauptabteilungen 230 F. GRAF SPEE, erkennen, von denen die vordere und hintere, beide ziemlich geradlinig verlaufend, mit dem freien Rande in spitzen Winkeln zusammenstoßen. Der Winkel beträgt vorn etwa 45°, hinten stets nur etwa die Hälfte dieses Bogenwertes. Von der mittleren Partie des Randes gehen hintereinander drei Knochenplättchen aus, von denen zwei, ein vor- deres, quer abgestutztes,. Processus\lacrymalis (Fig. 53 A 2), und ein hinteres, Processus ethmoidalis (Fig. 53 A l), aufwärts gerichtet sind. Der dritte Fortsatz , Processus maxillaris, ent- springt breit an der ganzen hinter dem Processus lacrymalis übrig bleibenden Strecke der mittleren Randpartie (Fig. 53 B 2) und hängt von hier gegenüber der konkaven Seite der Muschel als ein dünnes, halbmondförmig berandetes Knochenblatt hinab. Fig. 53 a. Fig. 53 b. Fig. 53 a. Untere Nasenmuschel, von der medialen Seite. 1 Processus eth- moidalis. 2 Processus lacrymalis. 3 unteres Ende des hier sehr langen Processus maxillaris. 4 Rand, der mit der Crista turbinalis des Oberkiefers verbunden ist. 5 Band zur Verbindung mit der Crista turbinalis des Gaumenbeins. Fig. 53 b. Untere Nasenmuschel, von der lateralen Seite gesehen. 1 Hohl- fläche der Muschel. 2 Processus maxillaris. 3 Randteil, der sich mit der Crista turbinalis des Gaumenbeins verbindet. 4 Processus ethmoidalis (zur Verbindung mit dem Processus uncinatus des Siebbeins). 5 Processus lacrymalis. 6 Eandteil, der mit der Crista turbinalis des Oberkiefers verbunden ist. Der Processus lacrymalis schiebt sich zwischen Lunula lacrymalis und Margo lacrymalis des Oberkiefers gegen den unteren Rand des Thränenbeines (Fig. 50 20, 51 29) und bildet die mediale, unterste Ab- teilung der medialen Wand des knöchernen Thränennasenganges, dessen Mündung an der konkaven Seite der unteren Muschel gelegen ist. Der Processus maxillaris stützt sich von oben auf die unteren Ränder des Einganges zur Kieferhöhle, die vom Oberkiefer und Gaumenbein gebildet sind, und wird dadurch zu einem medialen Wandteil der Kieferhöhle. Der Processus ethmoidalis entspringt gewöhnlich oberhalb der hinteren Hälfte des Processus maxillaris und ist bestimmt , mit dem Processus uncinatus eine Verbindung einzugehen (Fig. 51 35). Wie der letztere wird er bald länger, bald kürzer, am Rande der Muschel vorwärts oder rückwärts verschoben, als einheitliches Knochen- blättchen oder in mehrere Knochenbälkchen zerteilt, oft unscheinbar gefunden. Der zwischen Processus uncinatus und oberem Rande der unteren Muschel gelegene Spaltraum ist durch die Nasenschleimhaut überbrückt. Dadurch werden die am Knochen fehlenden medialen Wandteile des Hiatus maxillaris bis zum oberen Rande des Processus uncinatus kontinuierlich ergänzt. Die Knochengruppe des Siebbeins. 237 Die untere Muschel gehört entwickelungsgeschichtlich zum Siebbein, ist wie dieses knorpelig präformiert; später wird dieselbe vom Siebbein abgetrennt, indem der zwischen beiden gelegene, die Kieferhöhle aus- kleidende Knorpel vergeht. Verkiiöcherimg der Sielbbeingrappe. In den Seitenteilen und der medianen Platte des Siebbeins schreitet die Knochenbildung weit vor, ehe sich eine Spur der- selben in der Lamina cribrosa zeigt. Zur Zeit der Geburt sind die Seitenteile schon fast ganz knöchern (Fig. 54 a, b), die Lamina perpendi- Fig. 54 a. Sagittaler Schnitt neben der Median- linie und der knorpeligen Nasenscheidewand des Neugeborenen. Natürliche Größe. Schnittflächen hell, Knorpelteile blau. 1 Basioccipitale. 2 knor- peliges Dorsum sellae. 3 Synchondrosis spheno- occipitalis. i Fossa hypo- physeos (mit Knorpel- belag\ ö Basisphenoid. 6 Synchondrose zwischen 5 und 7, Präsphenoid. V Verwachsung der kleinen Keilbeinflügel zur Bildung des Jugum sphenoidale. 8 Vomer. 9 knöcherner •Gaumen. 10 Lamina per- pendicularis aufwärts als Crista galli endend, hinten vom Vomer umfaßt, ^''seitlich umgebogene Partie des Knorpels (Anlage der Proc. alares und der vergänglichen Knorpelplatten des Nasenrückens. 11 Alveole für Zahnkeime. 12 Durchschnitt des Nasenbeins, 13 Durchschnitt des Stirnbeins. Fig. 54 b. Sagittalschnitt der Schädelbasis mit Freileguno; der lateralen Wand der Nasenhöhle des Neugebornen. Schnittfläche hell ; Knorpel der Schädelbasis blau. 1 — ^ wie in Fig 106 a; Foramen nasale (sphenopalatinum). 9 Concha sphenoidalis (Durchschnitt). 10 Nasenmuschel (Os turbinale). 11 untere Siebbeinmuschel. 12 obere Siebbeinmuschel. 13 knöcherner Gaumen. 14 Schneidezahnalveole. 15 Processus uncinatus. IG Schnittfläche der Wand des Nasenrückens. Handbuch der Anatomie. I. 2. 145 16 238 F. GRAF SPEE, cularis noch fast in allen Teilen knorpelig. Gegen Ende des 1. Lebens- jahres verknöchert sie langsam von ihren oberen Teilen aus. In den folgenden Jahren bilden sich Knochenbrücken, zuerst vom hinteren Teil des medialen oberen Randes der Seitenteile später in dessen ganzer Länge , welche mit der Lamina perpendicularis verwachsen und die knöcherne Lainina cribrosa darstellen, so daß die drei anfangs getrennten Teile des Siebbeins erst etwa im 6. Lebensjahr zu einem zusammenhängenden Knochenkomplex vereint sind. Die Formver- hältnisse des Siebbeinlabyrinths aus dem 2. Lebensjahr sind aus Fig. 56 ersichtlich. Fig. 55. Cerebrale Seite der Schädelbasis des Neugeborenen. Spirituspräparat. Die Schuppe des Hinterhauptbeins ist entfernt. Knorpelige Teile blau, wo sie in dünner Schicht den Knochen überziehen, heller. 1 rechte und linke Stirnbeinhdlfte in der Medianlinie, oben durch eine Spalte, unten durch die knorpelige Lamina cribrosa des Siebbeins getrennt. Die Verbindung mit dem Jugum sphenoidale resp. mit den kleinen Keilbeinflügeln durch sehr fest haftendes Bindegewebe der harten Hirnhaut verdeckt und verstärkt, welches bis zu den Processus clinoidei anteriores reicht. Letztere sind durch Knorpelspangen mit dem noch ganz knorpeligen Dorsurn sellae, sowie mit der Stelle der Processus clinoidei medii verbunden. Eine weitere Knorpelspange verbindet quer über den Sulcus petrosus inferior hin das Petrosum mit der Pars basilaris oss. occipitis. 2 Stelle der Verbindung des Scheitelbeins mit der Spitze des großen Keilbeinflügels, 3 Scraama ternporalis. 4 Petrosum. 5 Pars lateralis ossis occipitis ; dahinter Knorpelplatten zur Verbindung mit dem Schuppen- teil. 6 Foramen occipitale niagnimi. 146 Die Knochengruppe des Siebbeins. 239 Fig. 56 c. Fig. 57. Das knor- pelige Cranium eines menschlichen Embryos im 4. Monat, etwas aus- einandergeklappt , um die Darstellung der Teile ohne optische Ver- kürzung zu ermög- lichen; etwa 2 mal ver- größert, nach Han- nover. Ansicht des von oben, 1 Ethmoidal- knorpel mit leier- förmiger durchlöcherter sehr breiter Siebplatte (Pars cribrosa) und Crista galli, vorn daran (in optischer Ver- kürzung) die Knorpel des Nasenrückens (Pars nasalis), durch eine mediane Furche voneinander ab- gegrenzt; die hinteren seitlichen Ecken ver- gehen später, finden sich in wechselnder Verbindung mit den kleinen Keibeinflügeln. Hinter dem Ethmoidal- knorpel des Sphenoidale anterius , 2} Orbito- sphenoid , im Jugum sphenoidale, o', mit dem der anderen Seite ver- wachsen, jederseits von der Mittellinie durch Fig. 56 b. Fig 56. Rechtes Siebbeinlabyrinth, ein- jähriges Kind (etwa 2mal vergrößert), a von oben, b von der medialen, c von der lateralen Seite. 1 Lamina papyracea. 2 Lamina cribrosa. 3 Cellulae frontales mit Septem i Cellulae lacrymales. 5 medialer Rand einer Hälfte der Lamina cribrosa (vor ihrer Verwachsung mit dem Nasenseptum). 6 löcheriger Bezirk der medialen Decke der Siebbeinzellen für die Ausbreitung der Riechnerven. 7 untere, 8 obere Siebbein- spalte. 9, 10, 11 obere, mittlere, untere Siebbeinmuschel. 12. Processus nucinatus 3/ ,„ & ,,. 23 16* 240 F. GRAF SPEE, eine Spalte, zum Foram. ethmoid. post., i, von der Lamina cribrosa getrennt. Bei 5 Foramen opticuin (nicht sichtbar». Medial hiervon, 6, Kalkpunkte im Präsphenoid- knorpel. 7 Verknöcherndes Alisphenoid. Einschnitte seines ninteren Bandes bilden die Anlagen des Foramen ovale , 8, und des Foramen spinosum 6". 9 Anlage des Canalis caroticus. 10 Verknöcherungscentrum für den Processus alaris des hinteren Keilbeinkörpers. 11 dessen obere Seite zur Hypophysengrube ausgebildet, vorn in ihrer Tiefe, 12, zwei Knochenpunkte. 13 Dorsum sellae. H knorpelige Labyrinthkapsel , die vorn mit , 15 , der Pars basilaris occipitis (Basioccipitale) verbunden ist; in letzterer, 16', ein Knochenpunkt. 11 Porus acusticus internus. 18 Hiatus spurius canalis facialis. 19 Aquaeductus vestibuli (links). 20 Fossa sub- arcuata. 21 Foramen jugulare. 22 ein platter Knorpelsaum von der lateralen Seite der Labyrinthkapsel ausgehend, die erste Anlage des Tegmen tympani. Hinten dehnt er sich weiter aus in, 23, den Processus petrosoparietalis, der an der Innen- seite des Hinterrandes des Parietale eine Strecke weit aufsteigt und in, 24, Processus petrosooccipitalis, der sich innen zwischen, 25, Knochenpunkt des Occipitale superius (Unterschuppe) und den nicht knorpelig präformierten Interparietalknochen, 26, ein- schiebt. Beide Fortsätze vergehen später ganz. 21 knorpelige Pars occipitomastoidea, auf deren Kosten sich hinten der Knochenpunkt der Unterschuppe (25), vorn der der Pars lateralis (Exoccipitale), 28, lateral die Pars mastoidea des Schläfebeins entwickelt. 29 Foramen mastoideum. 30 Canalis hypoglossi. 31 Foramen occipitale. 32 Bandmasse. Im einzelnen ist noch folgendes zu bemerken: Die knorpelige Pars cribrosa ist relativ viel breiter ausgedehnt als die spätere knöcherne, schwindet also später teilweise, ebenso wie der obere Teil der knorpeligen Pars nasalis und die knorpelige Lamina papyracea (Fig. 55 u. 57). Im 2. Fötalmonat ist sie noch sehr dünn, manchmal unvollständig, wird aber bald breit, von leierförmigem Umriß mit schmälerem vorderen abgerundeten Ende, schließt hinten in ganzer Länge an die untere Seite des Vorderrandes der kleinen Keilbein- flügel an (Fig. 57) und deckt mit ihren seitlichen Partien die dem Schädelinnern zugewandte Seite der Partes orbitales des Stirnbeins. Diese Teile vergehen später, und es persistiert bloß der über der Incisura ethmoidalis des Stirnbeins gelegene Teil, im Anschluß an welchen später die knöcherne Lamina cribrosa sich bildet. Die mittleren Teile der Pars cribrosa, die knorpelige Crista galli, Processus alares und der zwischen diesen befind- liche Fonticulus nasofrontalis (Zuckerkandl, = Foramen coecum), der zwischen der Anheftung der Knorpelflügel des Nasenrückens als Furche weit hinabläuft und einen Fortsatz der harten- Hirnhaut aufnimmt, zeigen ähnliche individuelle Variationen wie beim Erwachsenen. Fig. 58. Siebbein vom 4 — 5-jährigen Kind, natürl. Größe, von oben. 1 Crista galli. 2 Lamina cribrosa. 3 La- mina papyracea. 4 Cellulae frontales. Die Lamina cribrosa ist erheblich größer als beim Erwachsenen und leierförmig. Verknöcherung der Siebbeinlabyrinthe und der Conchae. Die knorpelige Anlage der Muscheln ist auf senkrechten Schnitten der Nasenhöhle zwei- bis dreimonatlicher Föten schon sehr deutlich als dünne Knorpelleisten an der Innenseite der seitlichen Knorpelwand der Nasenhöhle, die von ungemein dicker Schleimhaut überzogen sind, und zwar bildet um diese Zeit die Anlage der unteren Nasenmuschel noch einen Bestandteil des Siebbeins. Ihre Ver- knöcherung beginnt im Knorpel, für die Nasenmuschel (Turbinale) und die untere Siebbeinmuschel im 5., für die obere (und oberste) Die Knochengruppe des Siebbeins. 241 Siebbeinmuschel im 7. Monat, um letztere Zeit beginnt auch die Bildung der knöchernen Lamina papyracea. Die Gestalt der Muschel ist von Anfang an in der Hauptsache der definitiven Gestalt ähnlich. Insbesondere finden sich an der Nasenmuschel schon gleich bei ihrer späteren Abtrennung vom übrigen Siebbeinlabyrinth ihre typischen Fortsätze (Processus lacrimalis, ethmoidalis und maxillaris, Fig. 54 b). Litteratur. Clelancl, J., On the relations of the vomer, etkmoid and intermaxillary bones, Philosophical Transactions 152. Bd. 1862, 289—321. Gruber, W., Crista galli des Os ethmoideum mit einer Solde, Virchow's Archiv 65. Bd. 1875, 11. Hannover, A., Primordialbrusken og dens Forbening i det menneskelige Kranium, Det K. D. Videnskabernes Selskabs Skrifter, Ejöbenhavn 1880, 477. Hartmann, Deviationen und Cristae des Septum narium, Verhandl. des 10. internat. mediz. Kongresses zu Berlin 1890, 4. Bd. 12. Abt. 1892, 17 — 21. Derselbe, Foramen caccum des Schädels, Verhandlungen der Anatomischen Oesellschajt zu Göttingen 1893, 169. Eillian, J., Sagittale Spalten der hinteren Enden beider Siebbeinmuscheln, Monatschrift f. Ohrenheilkunde 24 Bd. 1890, 236. 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Zwischen den bisher besprochenen Knochen des Hirnschädels und den darunter angefügten Knochen des Visceralsehädels liegt die Zone für die Visceralhöhlen der Sinnesorgane. Die Wände dieser Höhlen werden durch Platten und Fortsätze knorpelig präformierter Knochen des Hirnschädels gebildet (Tegmen und Solum tympani des Petrosum für die Mittelohrhöhle, kleiner und großer Keilbeinflügel für die Augenhöhle, die drei Abteilungen des Siebbeins für die Riech- höhle), an deren Ränder sich rasch wachsende Deckknochen durch Naht oder Synostose anfügen, um die Höhlen zu vertiefen oder von der äußeren Körperoberfläche abzudrängen. Die letztere Rolle spielen für die Mittelohrhöhle die Schläfebeinschuppe und das Paukenbein; 242 F. GRAF SPEE, für die Augenhöhle, das Stirnbein und die laterale Abteilung des Oberkiefergerüsts ; für die Nasenhöhle die mediale Abteilung des letzteren. In ihrer ursprünglichen Disposition liegen die Sinnesorgane pro- ximal von dem Bildungsbereich der genannten Deckknochen, welche die Sinneshöhlen zu vervollständigen haben und besitzen weite Ver- bindungen mit dem obersten (sensoriell-respiratorischen) Abschnitt des Darmkanals. Diese Verbindungen werden verengt durch konvergentes Vorwachsen der peripheren skeletogenen Anlagen, wobei einmal der Dannkanal in den Nahrungsabschnitt und den Abschnitt für die Mündung der Sinneshöhlen (Mundhöhle — Nasenrachenraum) ein- geteilt wird, zugleich auch die Mündung der Sinneshöhlen erheblich verengt (aber nie verschlossen) wird. Der Knochenkomplex, welcher diese Abgrenzungen vollzieht, ist der Oberkiefer. Er bildet zu- sammen mit kleineren Knochen, die als Bindeglieder zwischen ihn und die Knochen des Hirnschädels eingefügt sind, das Oberkiefer- gerüst im weiteren Sinne. Seine Unterseite bildet die dorsale Wand der Mundhöhle und trägt den dorsalen Band der Mundspalte, deren ventralen Rand der Unterkiefer trägt (Fig. 59, 60). Die Zone, innerhalb der sich das Oberkiefergerüst entwickelt, Fig. 59. Schädel des Neugeborenen von vorn. Spirituspräparat. 1 vordere Medianfontanelle, von ihr ausgehend die Coronalnähte, sowie die Sagittalnaht resp. die mediane Stirnnaht. In der fortlaufenden Richtung der letzteren die medianen Nähte der Gesichtsknochen zwischen den quadratischen Nasenbeinen und den Ober- kiefern auf der knorpeligen Nasenkapsel, sowie unter der Mundspalte zwischen beiden Unterkiefern. Zwischen letzteren oberhalb 2 der Schaltknochen der Kinngegend. Oberhalb 3 liegt in senkrechter sagittaler Ebene im Unterkiefer das Foramen mentale ; im Oberkiefer das Foramen infraorbitale, unter dem Stirnbein die Incisura supra- orbitalis übereinander. 150 Obere Abteilung des Visceralschädels (Oberkiefergerüst). 243 Fig. 60. Schädel des Erwachsenen von vorn und links. 1 Incisura supra- orbitalis. 2 linkes Nasenbein. 3 Stirnfortsatz des Oberkiefers. 4 Crista lacrimalis anterior. 5 Crista lacryrnalis (posterior) des Thränenbeins. Zwischen 4 und 5 Ein- gang der Fossa lacryrnalis. 6 Foramen ethmoidale anterius. 7 Lamina papyracea des Siebbeins. 8 Foramen ethmoidale posterius. -9 Foramen opticum. 10 Fissura orbitalis superior. 11 Facies orbitalis des großen Keilbeinflögeis. 12 Loch für Gefäße (Aeste der Art. niening. media). 13 Processus zygomaticus des Stirnbeins. 1-i Linea temporalis. 15 Spitze des großen Keilbeinflügels. IG Sutura coronalis. 244 F. GRAF SPEE, 11 Processus zygomaticus des Temporale. IS Schlaf ebeinschuppe. 19 Facies orbi-- talis des Jochbeins. 20 Superficies rnalaris des Jochbeins. 21 unterer Augen- höhlenrand. 22 Fissura orbitalis inferior. 23 Superfic. orbitalis des Oberkiefers. 21 Foramen infraorbitale. 25 Lamina perpendicularis des Siebbeins. 26 Band der Apertura pyriformis. 21 untere Nasenmuschel. 28 oberer Kand des Vomer. 29 Spina nasalis anterior. 30 Foramen mentale. 31 Protuberantia mentalis. 32 untere Sieb- beinmuschel (= mittlere Nasenmuschel). ist durch die Richtung des sog. Oberkieferfor tsatzes des ersten Kiemenbogens angegeben. Dieser Fortsatz stellt einen lateralen Aus- wuchs des unterhalb der vorderen Abteilung des Hirnschädels ge- legenen Teils des embryonalen Kopfes dar und schiebt sich jederseits medial vorwärts unter dem Raum der Augenhöhle her an die unteren Teile der später knorpeligen Seitenwand der Nasenhöhle, schließlich auch mit einer dünnen Platte zur Scheidung der Mundhöhle von Sinnesrachenraum ventral von diesem durch, bis zur Medianlinie vor, um mit den symmetrischen Bildungen der anderen Seite unterhalb des Nasenseptums zusammenstoßen. Nur ganz vorn bleiben die Ober- kieferfortsätze voneinander getrennt dadurch, daß von oben her Teile des sog. Stirnfortsatzes (Fig. 61 2) des embryo- nalen Kopfes, in dessen hinterem Bereich sich vorn der Zwischenkiefer, hinten das Nasenseptum ent- wickelt, sich zwischen sie einschieben, um dann mit den Oberkieferfortsätzen zur Bildung eines kontinuierlichen oberen Randes der Mundöffnung zu verwachsen (Fig-. 61, Fig. 59). Fig. 61. Gesichtsanlagen und Schlundbogen eines 6- wöchent- lichen menschlichen Embryos. 1 Hirn. 2 Stirnfortsatz. 3 Nasenloch in einem Ausschnitt des Stirnfortsatzes. 4 Auge. ö Mundbucht. 0 Oberkieferfortsatz. 7 Unterkieferbogen. tfOhr- . bucht. 9 zweiter Schlundbogen. 10 dritter Schlundbogen. Im Bereich dieser Zone differenzieren sich aus dem indifferenten Gewebe ohne knorpelige Vorstufe als Deckknochen die beiden Oberkiefer und eine Anzahl kleinerer Knochen, die sich um den- selben gruppieren. Unter diesen entsteht das Jochbein je an seiner lateralen Seite hinten, und vermittelt die unbewegliche Verbindung des Oberkiefers zur lateralen Seite des Hirnschädels (speciell mit dem Schläfe-, Keil- und Stirnbein). An der medialen Seite entsteht jederseits hinten das Flügelbein und das Gaumenbein, welches im wesentlichen die Form des Oberkiefers ergänzt, zugleich aber den- selben unbeweglich gegen die Processus pterygoidei des Keilbeins fixieren hilft, vorn zwischen (resp. vor) den Oberkiefern, neben der Medianlinie entstehen, oben die beiden Nasenbeine und unten die beiden Zwischenkiefer. Letztere verlieren ihre Selbständigkeit beim Menschen schon sehr früh, indem sie je mit dem Oberkiefer derselben Seite verwachsen. lieber die Beziehungen des Oberkiefer- gerüsts zur Nasenhöhle siehe den Abschnitt über die allgemeine Ent- wickelung des Nasenskelets S. 283 ff. 1. Oberkiefer, Maxilla. Engl: Superior maxillary bone (upper jaw). Franz.: Maxillaire superieure. Italien. : Mascillare superiore. Der Oberkiefer ist der jederseits größte Knochen des feststehenden Gesichtsschädels und mit sämtlichen Knochen einer Gesiechtshälfte 'S2 Obere Abteilung des Visceralsehädels (Oberkiefergerüst). 245 dem anderen Oberkiefer, dem Keilbein und dem Stirnbein verbunden. Derselbe trägt unten die obere Reihe der Zähne, und beteiligt sich an der Bildung der Augenhöhle, Nasenhöhle, des knöchernen Gaumens, der äußeren Fläche des Gesichtsschädels. Man unterscheidet an ihm einen Hauptteil, Corpus und vier von diesem ausgehende Fortsätze. Von diesen vermittelt der Stirnfortsatz, Processus frontalis [nasalis] (Fig. 62 16), die Verbindung des Oberkiefers mit Nasen-, Stirn- und Thränenbein , der Jochfortsatz, Processus zygomaticus (s. jugalis) , die zum Jochbein (Fig. 62 1, Fig. 63 6), der Gaumenfortsatz, Processus palatinus (Fig. 64 13), die mit dem Oberkiefer der gegenüberliegenden Seite; der die Zähne tragende Teil des Kiefers heißt Zahnfortsatz, Processus alveolaris). Fig. 62. Eechter Ober- kiefer des Erwachsenen von der lateralen Seite. 1 Pro- cessus zygomaticus, 1' des- sen Spina zygomatica, 1" dessen Processus zygo- matico-orbitalis. 1'" stumpfe Kante, die unterhalb vom Processus zygomaticus bis zum Pro- cessus alveolaris herab- läuft und die Facies facialis (rechts in der Figur) von der Facies infra- temporalis i links) trennt. 2 Stelle, wo die Foramina alveolaria posteriora (Gefäß und Nervenlöcher) in den Kiefer eindringen (Tubero- sitas maxillaris). 3 letzter Backzahn (Weisheitszahn), aus seiner Alveole hervor- tretend. 4 zweiter, 5 erster Molarzahn. 6, 1 zweiter, erster Prämolarzahn ; T Wurzel des letzteren. 8 Eckzahn. 9, 10 zweiter, erster Schneidezahn. 11 Vorbuchtung der Al- veolen (Juga alveolaria) für die Wurzeln des Eck- zahns und der Schneide- zähne. 12 Spina nasalis anterior, 13 Semicrista incisiva. 14 Foramen infra- orbitale. 15 Sutura infra- orbitalis. 16 . Processus frontalis des Oberkiefers ; 11 dessen mit dem Nasenbein verbundener Rand. 18 rauhe Fläche für die Verbindung mit dem Stirnbein. 19 Margo lacrimalis. 20 Sulcus lacrimalis. 21 Crista lacrimalis (anterior). 22 Margo lacrimalis. 23 Angulus ethtno- lacrimalis. 24 Margo ethmoidalis. 25 Margo palatinus. 26 Superficies orbitalis. 21 Sulcus infraorbitalis ; die in seiner Fortsetzung gelegene punktierte Linie zeigt den Verlauf des Canalis infraorbitalis zum gleichnamigen Loch (14), sowie darüber hinaus den Verlauf der Zahnnervenkanäle unter der Oberfläche des Knochens ; 14' Anastomose zu dem Foram. alveol. posteriora. Sämtliche gehen so unmerklich aus den Oberflächen des Haupt- teils hervor, daß äußerlich eine Grenze derselben gegen diesen sich nicht markiert. i53 246 F. GRAF SPEE, Der Körper des ausgewachsenen Oberkiefers bildet vorwiegend dessen hintere zwei Drittel und stellt eine an den meisten Stellen dünnwandige, durch Atrophie im höheren Alter zuweilen sogar stellen- weise durchbrochene Knochenkapsel mit einer großen Höhle, Sinus maxillae (s. Highmori) (Fig. 64 i), im Innern dar, die durch einen weiten Defekt (Hiatus maxillaris) im oberen Teil ihrer medialen Wand offen steht. Die Gestalt der Höhle und dementsprechend auch die äußere allgemeine Gestalt des Oberkieferkörpers gleicht einem Tetraeder. Man unterscheidet demgemäß an ihr vier äußere Flächen, die entlang glatteren oder rauheren Kanten zusammenstoßen. Von den Flächen steht die mediale sagittal und senkrecht, der Nasenhöhle und dem Gaumenbeine zugewandt (Fig. 64), während die drei anderen (Fig. 62), nämlich eine obere in der Augenhöhle, Facies orbitalis, eine vordere am Gesicht, Facies facialis, eine hintere in der Unterschläfen- gegend, Facies infratemporalis [Facies pterygoidea (A. G.)] zu Tage tretende Fläche, die lateralwärts, wie die drei Seiten einer Pyramide, zu einer Spitze konvergent gestellt sind. Indem aber die lateralsten Enden der Flächen auseinander- gebogen sind, fassen sie, anstatt sich in einer Spitze zu treffen, mit ihren hier teilweise zackigen und hoch aufgestellten Rändern ein drei- hörniges, unebenes, lateral-aufwärts schauendes Feld (Tuberositas zygomatica) zwischen sich. Der Vorsprung, der es trägt, heißt Joch- fortsatz, Processus zygomaticus (Fig. 62 1). Das rauhe Feld selbst dient zur Verbindung mit dem Jochbein und kann durch die lateralste Ecke der Kieferhöhle, die sich bis dicht unter dasselbe ausdehnt, unterhöhlt oder sogar durchbrochen sein. An die drei Eckenspitzen des Processus zygomaticus schließen sich die glatten Trennungskanten, in denen die medialen Teile der letzterwähnten drei Flächen des Oberkiefers zusammenstoßen. Sehr abgerundet ist die untere derselben, welche Unterschläfen- und Gesichtsfläche bis zum Zahnfortsatz hinab voneinander trennt. Schärfere Kanten scheiden diese beiden von der Augenhöhlenfläche. Die Vorderfläche des Oberkiefers, Facies anterior (Fig. 62), verlängert sich aufwärts auf die Seitenfläche des Nasenfortsatzes, seit- lich auf den Processus zygomaticus, abwärts auf die des Alveolarfort- satzes. Im Bereiche des letzteren ist sie mit Wülsten, die den Fächern für die Zahnwurzeln entsprechen und öfters durchbrochen sind (Juga alveolaria), und dazwischen liegenden Furchen versehen (Fig. 62 11, 7'). Besonders lang und stark ist fast immer der durch die Wurzel des Eckzahns erzeugte Wulst. Ein medial von dessen oberer Hälfte befindliches, beim Lebenden fühlbares kleines Grübchen, Fovea inci- siva (s. myrtiformis) entspricht ungefähr der hinteren Grenze des Bereiches des Zwischenkiefers (s. S. 254). Der rückwärts von der Eckzahnwurzel gelegene Teil der Fläche hält eine mehr sagittale Richtung inne und ist vor der Erhebung zum Jochfortsatz zu einer Grube, Fossa canina(s. maxillaris), vertieft, die dem gleichnamigen Muskel zum Ursprung dient. Oberhalb derselben, 4—8 mm unter dem Vorderrande der Orbital- fläche findet sich die stark abwärts gerichtete vordere Mündung des Canalis infraorbitalis, das Foramen infraorbitale (Fig. 62 14). Von ihm aus verlaufen feine Nervenkanälchen im Innern des Knochens abwärts zu den Zähnen, die an der Gesichtsfläche durchschimmern, oder 154 Obere Abteilung des Visceralsckädels (Oberkiefergerüst). 247 (selten) durchbrochen sein können (Fig. 62 14'). Der Vorderrand der Fläche stößt mit der Nasenfläche zur seitlichen Umfassung der vorderen Nasenöffnung, Apertura piriformis (Fig. 60 26), in glatter, scharfer, zur Incisura pyriformis ausgeschnittener Kante zusammen, die im Bereich des Zwischenkiefers vorwärts um- geklappt und am medialen Ende zum vorderen Nasenstachel, Semi- spina nasalis anterior (Fig. 62 12), vorwärts ausgezogen ist. Fia-. 63 I. Fig. 63 II. Fig. 63. Oberkiefer von hinten : I. vom Er- wachsenen, IL vom 12-jährigen Kind, III. vom Neugeborenen ; II u. III in Verbindung mit dem Gaumenbein. 1 Margo frontalis des Processus frontalis. 2 Sulcus lacrimalis. 3 Crista lacri- malis anterior, m III: 3' Sutura infraorbitalis, dieselbe kreuzend. 4 Sulcus infraorbitalis. 5 Unter- rand der Fissura orbitalis inferior. 6 Processus zygomaticus ; 6' dessen Spina zygomatica. 7 Fora- mina alveolaria posteriora. 8 Processus alveolaris (dentalis). 9 vorderster Molarzahn, in III Alveole desselben. 10 zweiter Molarzahn, resp. dessen Alveole (in II). 11 im Durchbruch begriffener Weisheitszahn, in II dessen leere Alveole. 12 Tri- gonum palatinum des Oberkiefers, in II u. III vom Gaumenbein (20) gedeckt. 13 Angulus eth- molacrymalis. 14 Facies orbitalis des Oberkiefers. 15 Crista ethmoidalis des Oberkiefers. Die Zahlen von 16 ab beziehen sich auf das Gaumenbein in Fig. II u. III. 16, 16', 16" Processus pyra- midalis mit drei dem Processus pterygoideus an- schließenden Facetten. 17 Pars horizontalis des Gaumenbeins. 18 Processus sphenoi- dalis. 19 Incisura palatina. 20 Processus orbitalis. 21 Hinterrand der Pars per- pendicularis. 22 Eingang in die Canales palatini posteriores. 23 Eingang in den Cänahs pterygopalatinus. 24 Furche für den Nervus infraorbitalis , führt zum Sulcus infraorbitalis (4). Fig. 63 III. ■55 248 F. GRAF SPEE, Die Unterschläfenfläche, Facies infratemporalis (Fig. 63 1), ist leicht konvex, stößt mit der medialen Seite des Kiefers in einer senkrechten, unregelmäßig rauhen Kante zusammen, an deren oberes Ende ein auf die Orbitalfläche und Unterschläfenfläche gleichmäßig übergreifendes, rauhes Feld sich anschließt, Trigonum palatinum (Fig. 63 I 12), welches dem Orbitalfortsatz des Gaumenbeins zur An- lagerung dient. Die lateral davon hinziehende Grenzkante, in der die Unterschläfenfläche mit der Orbitalfläche zusammenstößt, ist im allgemeinen abgerundet, glatt und bildet am unversehrten Schädel den unteren Rand der Fissura orbitalis inferior (Fig. 60 22). Ihr laterales Ende biegt auf eine spitzige Zacke aufwärts um , die, von der hinteren Ecke des Processus zygomaticus ausgehend, das laterale Ende der genannten Fissur umfaßt (Spina zygomatica, Fig. 63 6"). Entlang der unteren Grenze des Trigonum palatinum zieht eine oft seichte , vom Gaumenbein vervollständigte Furche (Fig. 63 II 24), durch welche der zweite Ast des Nervus trigeminus zum hinteren Ende des Sulcus infraorbitalis zieht (Fig. 63 4). Abwärts von letz- terem ist die Unterschläfenfläche rauh (Tuber. maxillae) und von einem größeren oder mehreren kleineren, in fast senkrechter Reihe stehenden Löchern durchsetzt, For. alveolaria [posterior a] (Fig. 63 7), für gleichnamige Zahnnerven und Gefäße. Abwärts von diesen liegen bei Kindern in der Ebene der Unterschläfenfläche die Höhlen für die Anlage der großen Backzähne, die erst gegen Ende der Wachstumsperiode sich abwärts in den eigentlichen Bereich des Alveolarfortsatzes hinunterschieben (Fig. 63 I— III -9 — 11). Die Orbitalfläche ist eben, glatt, lateral abfallend und ein- wärts von dem Verbindungsfeld für das Jochbein von drei gut aus- geprägten Rändern umschlossen, Der mediale Rand, gleichzeitig der obere der medialen Seite des Körpers, zerfällt durch eine winklige Knickung, den Angulus ethmolacrimalis (Fig. 62 23), in eine vordere (22), mit dem Thränenbein (Fig. 68 13) sich verbindende Partie Margo lacrimalis, und eine hintere, die mit der Lamina papyracea des Siebbeins zusammenstößt, Margo ethmoidalis (Fig. 62, 24). Letztere endet rückwärts am Trigonum palatinum. Erstere trifft vorn rechtwinklig mit dem medialen Ende des glatten Randes, welcher die Orbitalfläche von der Gesichtsfläche trennt, sowie dem un- teren Ende der über die laterale Fläche des Processus nasalis herab- steigenden glatten Kante, Cristalacrimalisanterior (Fig. 62 21, Fig. 68 70), zusammen. Der vordere Rand der Orbitalfläche ist frei, er bildet die mediale Abteilung des unteren Augenhöhlenrandes. Der hintere wurde bereits als oberer Rand der Unterschläfenfläche erwähnt. Zunächst seinem medialen Ende beginnt die den N. infra- orbitalis aufnehmende Furche, Sulcus infraorbitalis (Fig. 62 27, Fig. 68 1), und führt vorwärts in den gleichnamigen platten Kanal, dessen vordere Mündung das For amen infraorbitale ist. Die Decke dieses Kanals wird durch eine hinten sehr dünn und schmal entlang dem lateralen Rande des Sulcus infraorbitalis beginnende, sich vorn immer vollständiger über die Furche medialwärts hin ausdehnende und zugleich verdickende Platte (Lamina orbitalis, Henle) ge- bildet (Fig. 62 1"), die sich zwar häufig noch beim Erwachsenen durch eine vom Foramen infraorbitale über den Vorderrand der Orbitalfläche bis zum medialen Rande des Sulcus infraorbitalis hin- ziehende Naht gegen die medialen Teile der Orbitalfläche abgrenzt 156 Obere Abteilung des Visceralschädels (Oberkiefergerüst). 249 (Sutura infraorbitalis, Fig. 62 15, Fig. 68 7), gewöhnlich aber mit ihnen verschmilzt. Fig. 64. Rechter Oberkiefer, a des Er- wachsenen von der medialen Seite ; b von einem 12-jährigen Kind. 1 Antrnm maxillare (Highmori). 2 Facies palatina für die Auflagerung der Lam. perpendicularis des Gaumenbeins. 3 Sulcus pterygo- palatinns. 4 Processus alveolaris (hinterstes Ende). 5 Stelle, welche der noch nicht durch- gebrochene dritte Mahlzahn einnehmen wird. 6, 7 Molar- zähne; 8, 9 Prä- molarzähne. 10 Eck- zahn. 11, 12 Schneide- zähne. 13 Gaumen- fortsatz (Processus palatinus). 14 Canalis incisivus , darin die Sutura incisiva. lö Spina nasalis an- terior. 16 Semicrista incisiva (ungewöhnlich hoch). 11 Rand der Incisura piriformis. 18 Superficies nasalis. 19 Crista turbinalis. 20 Sulcus lacrimalis. Fig. 64 a. 21 Lunula lacrimalis. 22 Crista ethmoidalis. 23 Margo nasalis (mit dem Seiten- rande des Nasenbeins verbunden). 24 Rand und abwärts davon rauhes Feld zur Verbindung mit dem Stirn- bein. 25 u. 26 Ränder zur Verbin- dung mit dem Thränenbein. 27 An- gulus ethmolarcimalis. 28 Margo ethmoidahs (für die Lamina papyracea des Siebbeins) ; 2S' Cel- lula'e maxillares. 29 Wand des Ca- nalis infraorbitalis, in das Antrum vorgebuchtet. 30 Randteil, auf den sich der Processus orbitalis des Gau- menbeins auflegt. An der medialen Seite des Oberkieferkörpers (Fig. 64) findet sich zunächst dem obe- ren Rande der bereits erwähnte Hiatus maxillaris (/), vor-ab- wärts von ihm eine glatte Fläche, Nasenfläche, die von der Nasenschleimhaut über- Fig. 64 b. 157 250 F. GRAF SPEE, zogen wird, rück-abwärts davon eine etwas eingesunkene, rauhe, vom Gaumenbein bedeckte Fläche (2) [s. auch Fig. 70]. Der rückwärts vom Angulus ethmolacrymalis gelegene Teil des oberen Randes trägt gewöhnlich zwei bis drei, hinten an Größe zunehmende Zellen, Cel- lulae maxillar es (Fig. 64 28'), welche die gleichnamigen des Sieb- beinlabyrinths zudecken. Das zur Anlagerung der senkrechten Platte des Gaumenbeins bestimmte Feld wird von einer schräg vor-abwärts gerichteten, verschieden tiefen, glatten Furche, Sulcus pterygo- palatinus (Fig. 64 3), die mit einer entsprechenden des Gaumen- beins den Canalis pterygopalatinus bildet, durchzogen. Die glatte, eigentliche Nasenfläche ist nur oberhalb des Processus pala- tinus und der Zwischenkieferregion (s. S. 255) gelegen, auf deren nasale Seiten sie ohne Grenze übergeht. Das oberste Ende ihres an den Hiatus maxillaris stoßenden Randes ist gewöhnlich in ein medial- vorwärts umgebogenes Plättchen, Lunula lacrimalis (Fig. 64 21), ausgezogen, welches seine konkave Seite der Thränenfurche, Sulcus lacrimalis (20), zukehrt. Ein vorderer Randstreif der Nasenlläche springt ein wenig medialwärts vor und erzeugt unter- halb des Stirnfortsatzes eine seichte Vertiefung. (Manchmal deutet hier eine senkrechte Furche die hintere Grenze der Pars nasalis des Zwischenkieferbezirks an.) Der Stirnfortsatz (Fig. 64), erhebt sich aus der Ecke, in der die Gesichts-, Augen- und Nasenfläche zusammenstoßen würden, auf- und wenig medialwärts zu einer etwa dreiseitigen Platte mit lateraler und medialer Fläche. Die obere und untere Abteilung ihres vorderen Randes stoßen in stumpf vorspringendem Winkel zusammen. Abwärts von letzterem ist der Rand scharf, glatt, frei als obere, geradere Fortsetzung des Randes der Incisura piriformis ; aufwärts davon (Fig. 64 23) ist er für die Anlagerung des seitlichen Randes der Nasenbeine rauh bis zur oberen, in senkrechte Zacken zerklüfteten Spitze, die sich mit dem Stirnbein verbindet (Fig. 64 24). Der hintere Rand des Stirnfortsatzes ist der Länge nach von der Thränen- rinne (Fig. 62 20, Fig. 63 2), durchzogen und dadurch in zwei Kanten geteilt. Die laterale ist die schon erwähnte Crista lacri- malis anterior (Fig. 62 21, Fig. 63 3); die mediale heißt Margo lacrimalis (proc. fronalis), verbindet sich mit dem vorderen Rande des Thränenbeins und begleitet den Sulcus lacrymalis an der medialen Seite des Oberkiefers herab. Schließlich stößt sie am hinteren Ende einer horizontalen Leiste, Crista turbinalis (conchalis, a. G, Fig. 64 19), die an der unteren Grenze des Nasenfortsatzes gelegen, für den Ansatz der Nasenmuschel bestimmt ist, in einer etwas vor- springenden Ecke (Prominentia lacrimalis) zusammen. Zwischen letzterer und dem vorderen Rande der Lunula bleibt ein schmälerer oder breiterer Zwischenraum, in den sich von oben her ein Fortsatz des Thränenbeins, von unten der Processus lacrimalis der Nasen- muschel einschiebt, um den Sulcus lacrimalis medialwärts zum Kanäle Canalis lacrimalis abzuschließen. Selten wird dieser Verschluß durch Verwachsung der Lunula mit dem Margo lacrimalis hergestellt. Vom Winkel des Vorderrandes des Nasenfortsatzes aus zieht eine un- deutliche Rauhigkeit über die mediale Fläche des letzteren rückwärts (Crista ethmoidalis, Fig. 64 22), an dieselbe lehnt sich das vordere Ende der unteren Siebbeinmuschel. Aufwärts davon liegt eine durch senkrechte Leisten ausgezeichnete Rauhigkeit, auf welche 158 Obere Abteilung des Visceralschädels (Oberkiefergerüst). , 251 sich der seitliche Teil des Processus nasalis des Stirnbeins fügt (Fig. 51). Die laterale Fläche des Nasenfortsatzes durchziehen Gefäß- furchen, unter denen eine häufig durch besondere Tiefe sich aus- zeichnet (Sutura longitudinalis imperfecta). Der Gaumenfortsatz stellt eine horizontale, 1 — 2,5 mm dicke, vierseitige Platte dar, die aus der untersten Partie der medialen Seite des Körpers oberhalb des Alveolarteils des Kiefers hervorgeht. Sie besitzt einen schmalen hinteren rauhen Rand zur Verbindung mit der horizontalen Platte des Gaumenbeins, einen medianen, durch senk- rechte Furchen in niedrige Blätter zerteilten und aufwärts zu einer Kante (Semicrista nasalis) aufgeworfenen, breiten Rand zur Verbindung mit dem Gaumenfortsatz des gegenüberliegenden Oberkiefers. Vorn wird der Gaumenfortsatz vom Zwischenkieferteil des Zahnfortsatzes umfaßt, dessen medianer Rand mit einer noch höheren Kante als der Rand des Gaumenfortsatzes gegen die Nasenhöhle vorragt (Semicrista incisiva, Henle, Fig. 64 16'), sonst aber diesem ähnlich und in seiner Fortsetzung gelegen ist. Durch Zusammenfügung beider Oberkiefer bilden die Kanten des medianen Randes zusammen eine gegen die Nasenhöhle vorspringende, der Länge nach oben gefurchte Leiste, Crista nasalis, die mit der in der Zwischenkieferregion plötzlich als Crista incisiva noch stärker vorspringenden Leiste eine ein- springende Ecke bildet, in welche sich das 'vordere Ende des Vomer einfügt, während sein unterer Rand sich auf die Crista nasalis stützt (Fig. 49). Jederseits von der Crista incisiva findet sich regelmäßig an der Nasenseite der Eingang eines Kanälchens, Canalis in- cisivus (s. naso-palatinus), welches abwärts gerichtet in eine Furche des medianen Randes ausläuft (Fig. 64 14). Letztere wird durch die symmetrische Furche des gegenüberliegenden Oberkiefers zu einem unpaaren Kanal, der gemeinsamen unteren Fortsetzung beider Canales incisivi, geschlossen. Seine untere Oeffnung findet sich, von der Mundhöhle aus sichtbar, am vorderen Ende der sagittalen, beide Gaumenfortsätze verbindenden Naht (Fig. 65 10, Fig. 65 b), Foramen incisivum (s. palatinum anterior). Selten münden beide Canales incisivi liier mit getrennten Oeffhungen, deren jede in eine vordere und hintere Abteilung geteilt sein kann (Hyetl). Foramina Scarpae heißen zwei inkonstante, in der Gaumen- naht eingeschlossene feine Spalten für den Durchtritt des N. nasopalatinus, deren untere Oeffnung vorn und hinten im Bereich des Foramen incisivum gelegen sind, ersteres für den Nerven der linken, letzteres der rechten Seite (s. auch Gaumen). Bei jugendlichen Kiefern (Fig. 89 55) trifft man oft eine vom Foramen incisivum gegen die laterale Grenze des seitlichen Schneide- zahns zackig hinziehende Spalte, den Rest der Naht, in der Gaumen- fortsatz und Zwischenkiefer zusammenstoßen und später verwachsen (Sutura incisiva). Die obere (nasale) Oberfläche des Gaumenfort- satzes ist glatt, die untere durch Drüsennischen uneben und für den Eintritt von Blutgefäßen löcherig. (Ueber den Torus palatinus siehe Gaumen). Der Zahnfortsatz, Processus alveolaris s. dentalis, erstreckt sich entlang dem ganzen unteren Ende der Kieferhöhle und vorwärts davon in die Zwischenkieferregion vor den Gaumenfortsatz. Seine laterale (äußere) Fläche geht ohne Grenze auf die Gesichts- und 252 F. GRAF SPEE, Unterschläfenfläche, seine mediale in ausgerundetem Winkel in die untere Fläche des Gaumenfortsatzes über. Im Inneren desselben finden sich hohle, abwärts offene Fächer, die zur Aufnahme der Zahnwurzeln bestimmt sind (Zahnfächer, Alveolen, Alveoli) und durch quere Zwischenwände, Septa interalveo- laria, voneinander abgetrennt werden. Im Einzelnen entspricht die Gestalt der Fächer einem Abdruck der darin steckenden Zahnwurzel. Fig. 65 a. Fig. 65 b. des Gaumenbeins. 15 quere Gaumennaht, den Zähne (etwas undeutlich). Fig. 65 a. Alveolen des Oberkiefers und knö- cherner Gaumen von unten. 1 Spina nasalis posterior (Gaumenbein). 2 quere Gaumennaht. 3 hinterer Rand der horizontalen Platte des Gaumenbeins. 4 Pro- cessus pyramidalis des Gaumenbeins. 5 Fora- mina palatina posteriora. 6 Foramen pterygopala- tinum. 7 Alveolarfortsatz des Oberkiefers. 8 Pro- cessus palatinus des Oberkiefers. 9 mediane Gaumen naht, vorn zwi- schen den Gaumenplatten des Oberkiefers , hinten der Gaumenbeine. 10 Foramen incisivum. 11-18 Alveolen : [11 u. 12) der Schneidezähne, (13) des Eckzahns, (14, 15) der beiden Prämo- laren, (16 — 18) der drei Molarzähne. 19 Spitze der lateralen Lamelle des Processus pterygoideus. 20 mediale Lamelle des Processus pterygoideus des Keilbeins mit Hamulus. Zwi- schen 19 u. 20 eingekeilt der Pro- cessus pyramidalis des Gaumen- beins (4). Fig. 65 b. Gaumen und Zahn- fächer des Neugeborenen, von unten gesehen. 1 mediane Gaumennaht. 2 Gaumenzwischenkiefernaht. 3 Foramen incisivum. 4 Ver- einigungsnaht der Zwischenkiefer- teile (vordere Fortsetzung von 1). 5—10 Zahnkeimfäeher : 5 für den medialen, 6 für den lateralen Schneidezahn ; 7 für den Eckzahn ; 8 u. 9 für die beiden Milchback- zähne; 10 für den ersten bleibenden Backzahn. 11 Spalte des Gaumen- fortsatzes des Oberkiefers. 12 Fora- men pterygopalatinum (palatin. post. majus). 13 Processus pyramidalis des Gaumenbeins. 14 Pars horizontalis 16 Löcher zu den Keimen der bleiben- 160 Obere Abteilung des Visceralschädels (Oberkiefergerüst). 253 Das anscheinend blinde Ende jedes Fachs ist von einer meist feinen Oeffnung für den Durchtritt der Zahnnerven und Gefäße durchbohrt und bei sämtlichen (5) Backzähnen rückwärts gebogen. Die Innen- fläche der Höhlen erscheint in der Regel glatt, während die Knochen- substanz des Zahnfortsatzes sonst sehr porös ist. Da die großen Backzähne des Oberkiefers dreiteilige Wurzeln haben, zeigen deren Alveolen (ausnahmslos deutlich die des ersten Mahlzahns, Fig. 65 16) je drei Unterabteilungen, wovon eine medial, die beiden anderen hintereinander lateral im Zahnfortsatz gelegen sind. Gewöhnlich reichen die blinden Enden der Zalmalveolen nicht so hoch hinauf, daß sie die Kieferhöhle erreichen, sondern bleiben durch spongiöse Knochensubstanz von ihr getrennt. Nur die lateralen Wurzeln der großen Backzähne, besonders die des 2. Backzahns, reichen bis dicht unter den Boden der Kieferhöhle, buchten ihn vor oder durchbrechen ihn öfters. Die Spitzen der Prämolarzahnwurzeln, erst recht die des Eckzahns, bleiben der Kieferhöhle fern. Selten ist die Spitze der Alveole des vorderen Schneidezahns nach der Nasenhöhle durchbrochen. Auf der Außenfläche des Zahnfortsatzes wölben sich die Alveolenwände als Juga alveolaria öfters vor, er- scheinen manchmal sehr dünn oder durchbrochen, Fig. 62 T, 11. Ihr unterer freier Rand (Limbus alveolaris) bleibt gewöhnlich etwas dicker. Die Persistenz der Alveolenwände ist von dem Vorhandensein der Zahnwurzeln abhängig, da sie nach deren Entfernung durch Re- sorption vollkommen schwinden. Dieselben folgen andererseits der Entwickelung und dem Wachstum der Zähne und verhalten sich in Abhängigkeit von diesen im jugendlichen Alter anders als bei Er- wachsenen. (Das Nähere hierüber ist beim Kapitel über die Zähne nachzusehen.) Die Kieferhöhle. Am macerierten Knochen ist die Innen- fläche der Kieferhöhle größtenteils glatt. Abgesehen von den erwähnten durch Zahnwurzeln bedingten Unregelmäßigkeiten der Fläche, zeigen sich Andeutungen von Septenbildungen, die aus dem Boden der Höhle sich erheben. In seltenen Fällen (1,5 Proz. W. Gruber) wird eine völlige Teilung der Höhle in eine hintere kleinere (lateral vom Gaumen- bein) und größere vordere Abteilung, deren jede eine eigene Oeffnung besitzt, herbeigeführt durch eine vollkommene knöcherne Scheidewand, die etwa in der Ebene der Scheidewand zwischen den Alveolen der zwei hinteren Mahlzähne gelegen ist. Regelmäßig springt die Wand des Canalis und Sulcus infraorbitalis als Wulst in die Kieferhöhle vor (Fig. 64 25). Im Anschluß an dessen vorderes Ende, sowie an die Foramina alveolaria posteriora der Unterschläfenfläche durchziehen Gefäß- und Nervenfurchen die Oberfläche oder dafür sehr dünnwandige Kanälchen die Wände der Kieferhöhle und entsenden feinere Ab- zweigungen zu den Zahnwurzeln (s. Fig. 94 3, Fig. 69 10, 11, Vi); der Hauptverlauf solcher in Form eines das Foram. infraorbitale mit einem For. alveol. poster. verbindenden abwärts konvexen, platten Kanals, der oberhalb der lateralen Backzahnwurzeln gegen die Kiefer- höhle offen ist, ist in Fig. 62 W (ebenso wie ein vorderer Ausläufer desselben zu den Schneidezähnen und dem Eckzahn) durch punktierte Linien angedeutet. Er trennt sich vom Canalis infraorbitalis an der lateralen Seite des letzteren schon mitten auf der Orbitalfläche und verbindet sich nahe dem vordem Orbitalrand durch ein Loch mit der Kieferhöhle. S. auch die Fg. 69, 93, 94, 96—99. Handbuch der Anatomie. I. 2. 17 254 F. GRAF SPEE, Entwickelungs Verhältnisse. Die in den Oberkiefer eingehenden Knochenkerne verwachsen teil- weise sehr früh (Anfang des 3. Fötalmonats) und sind wegen ihrer Zartheit schwer zu untersuchen. Die Angaben verschiedener Special- untersucher (Nicati, Beclard, Rajibaud und Renault, Sappby) stimmen bloß teilweise überein. Uebereinstimmend unterscheiden sie folgende eigenen Knochenpunkte: 1) einen für den Zwischenkiefer jederseits (Os incisivum) ; 2) einen für die laterale Seite der Mahlzahnalveolen und die laterale Hälfte des Orbitalbodens (überhaupt alle lateral vom Sulcus infraorbitalis und seiner Aeste gelegenen Teile [Point malaire, Sappby]) ; 3) einen für den Gaumenfortsatz und die mediale Alveolarwand Fig. 66. Knochenpunkte des Ober- kiefers etwas schematisiert, nach Sappey. 1 Ansicht von unten, II von lateral vorn, III von der medialen Seite. 1 Incisivum 2 (Piece malaire.) Laterale Hälfte des Orbitalbodens und der Mahlzahnalveolen, dazwischen Verbindungsfläche des Joch- beins. 5 Eckzahnalveole und Stirnfortsatz 'mit Thränenfurche. 4 mediale Hälfte des Orbitalbodens, laterale Wand der Kiefer- höhle (in II und III). 3 mediale Mahl- zahnalveolenwand und Gaumenplatte (I und III). Der Pfeil (II, I) zeigt die Eich- tung der Nervengefäßspalte (für den Verlauf und die Verästelung des Oberkiefer- nerven). der Backzähne (Point palatin inferieur, Sappey). — Des weiteren folge ich Sappey; dieser unterscheidet noch: 4) einen Knochenpunkt (orbito- nasal) für die mediale Hälfte der Orbitalwand und die Seitenwand der Kieferhöhle (eine rechtwinklig gebogene Knochenplatte mit medialer Konkavität (Kieferhöhlenanlage); 5) einen für den Stirnfortsatz und alle abwärts davon gelegenen Teile (Alveole des Eckzahns). — Zwischen 2 einerseits , 3 und 4 andererseits geht die Nervenspalte durch , die oben zum Canalis infraorbitalis wird unten bis auf Reste durch Ver- wachsung der Knochenpunkte sich schließt. Die Reste der Spalte sind die Nervenkanälcken zu den Zaknalveolen. Ein selbständiger Knochenpunkt findet sich oberhalb des^ Foramen incisivum und entspricht der Anlage je einer Hälfte der Crista incisiva, die nach der Geburt in den ersten Jahren noch hie und da als selb- ständiges Knochenstückchen getroffen wird (Os sous vomerien Rambaud und Renault). Es gleicht der Hälfte eines der Länge nach halbierten Nagels und verwächst vorn im Foramen incisivum mit dem Zwischen- kiefer. Th. Köllikee's Proc. stenonianus des Zwischenkiefers (a. a. S. 348) ist mit diesem Knockenteil identisch. Die Gestaltung der Oberkiefer variiert schon früh. Nach Ver- wachsung seiner Komponenten im 3. bis 4. Fötalmonat stellt er im wesentlichen eine horizontal unter Augen- und Nasenhöhle jederseits ausgebreitete, dreiseitige Platte dar, die entlang ihrem ganzen Vorder- rande unten offene Höhlungen für die Aufnahme von Zahnkeimen trägt, aufwärts davon aber zu einer Kante sich erhebt. Letztere ist in ihrer lateralen Abteilung niedrig, die Anlage des unteren Augen- höhlenrandes, und besitzt einen Einschnitt, die Anlage des späteren Canalis infraorbitalis; medial hiervon erhebt sie sich zu einer hohen Obere Abteilung des Visceralschädels (Oberkiefergerüst). 255 Zacke, Anlage des Processus frontalis, die noch weiter medial wieder zur Umrandung der vorderen Nasenöffnung plötzlich abfällt. Der letztere Teil des Randes, sammt den Höhlen für die Schneide- zähne darunter, entspricht dem Zwischenkiefer (Praemaxilla) Fig. 66, III 1, welcher einerseits die vorderste Partie des Alveolarteils (Schneide- zähne), andererseits die mediale Partie der vordersten Umrandung der vorderen Nasenöffnunng (entsprechend einer Pars nasalis ossis in- cisivi) im Bereiche des Stirnfortsatzes des Oberkiefers bildet, aber um diese Zeit schon mit dem eigentlichen Oberkiefer (Maxiila) großenteils verwachsen ist. Die beschriebene Ausdehnung des Zwischen- kiefergebiets ist aber durch tiefe Spalten wenigstens oft noch sehr lange deutlich markiert, von denen Reste (an der medialen Seite des Stirn- fortsatzes und lateral vom Foramen incisivum) zuweilen noch beim Erwachsenen gefunden werden. Von der die Anlage des Stirnfortsatzes repräsentierenden Zacke laufen zwei Kanten divergent über die obere Fläche der Oberkiefer- platte rückwärts und theilen diese in drei dreieckige Felder, das laterale entspricht der lateralen Hälfte der späteren Superficies orbi- talis, an deren medialem Rande der noch unverhältnismäßig weite Sulcus infraorbitalis entlang läuft, das mittlere dem Gebiete der späteren Kieferhöhle und der rauhen Flächen für die Auflagerung des Gaumenbeins; das mediale ist die Superficies nasalis der Gaumen- platte des Oberkiefers. Während später das Breitenwachstum der Nasenhöhle gehemmt wird und der Nasenboden während der Höhenzunahme der Nasen- höhle sich abwärts vorschiebt, wächst die das Kieferhöhlenfeld von dem Augenhöhlenfeld trennende anfänglich senkrechte Kante zu einem breiteren Knochenblatt aus, legt sich medialwärts um und wird so zur Decke der noch sehr kleinen Kieferhöhle, die demnach anfangs nur medialwärts von dem Canalis infraorbitalis gelegen ist, und zum Boden der medialen Hälfte der Augenhöhle. Dann ist befeits der Anschluß der Form an die Definitive gegeben, insofern als der Boden der Nasenhöhle um die Höhe der Kieferhöhle tiefer steht als die mediale Hälfte des Bodens der Augenhöhle. Eine mediale Wand der Kieferhöhle entsteht zuerst vorn und unten, hinter dem schon sehr früh angedeuteten Sulcus lacrymalis, dessen hintere Umgrenzung (durch die Lunula lacrymalis) zugleich eingeleitet wird. Sie erscheint hier als ein senkrecht stehendes, mit freiem, kon- kavem, aufwärts gerichtetem Rande versehenes Knochenblatt, wie eine aufwärts umgebogene Fortsetzung der Nasenfläche des Gaumen- fortsatzes. Ihre laterale Seite ist hinten durch eine schmale Spalte (für die Aufnahme des unteren Teils des Vorderrandes der senkrechten Platte des Gaumenbeins) vom Boden der Kieferhöhle und dem rauhen hinteren Rande derselben getrennt, den die senkrechte Platte des Gaumenbeins überlagert. Der Boden der primitiven Kieferhöhle bis zum Canalis infraorbitalis hin, wo deren Dach mit demselben zusammen- stößt, besteht aus einem lockeren Balkenwerk von Knochensubstanz unmittelbar über den Alveolen für die Backzahnanlagen, welches weiter lateralwärts auch in dünner Lage unter dem Canalis infra- orbitalis und der seitlichen Partie des Augenhöhlenbodens bis zu dessen lateralster Ecke, wo der Processus zygomaticus entsteht, vor- handen ist und diese von den Alveolen der Backzähne trennt. In 17* 163 256 F. GRAF SPEE, ihm verlaufen die Nerven zu diesen. So finden sich die Verhält- nisse noch zur Zeit der Geburt und in den ersten Lebensjahren Dies Balkenwerk vergeht ganz allmählich; der dadurch entstehende Raum erscheint als laterale Vergrößerung der Kieferhöhle , deren senkrecht stehende Wandteile unverhältnismäßig stark zugleich mit der Ausbildung der Zahnwurzeln wachsen und dadurch bewirken, daß Augenhöhlenboden und Alveolarteil um einen immer größeren Kieferhölenraum voneinander entfernt werden, bis die definitive Höhe des Kieferkörpers erreicht ist. Gleichzeitig dehnt sich die Kieferhöhle vorwärts bis gegen den Margo infraorbitalis lateral vom Sulcus lacry- malis aus, welch letzterer an ihrer Innenseite schließlich manchmal einen vorspringenden Wulst erzeugt (s. Fig. 93 26, Fig. 69 14), und oben lateralwärts bis in den auswachsenden Processus zygomaticus hinein (s. Fig. 69 einwärts von 9). Unterhalb dessen aber bleibt ein für allemal ihre Breite gleich der Dicke des Alveolarfortsatzes. Die Ausdehnung der Kieferhöhle nach hinten erfolgt gleichzeitig mit der Ausbildung des Alveolarteils für die bleibenden Mahlzähne, die sich zeitlich in der Reihenfolge von vorn nach hinten anlegen. Man findet die jüngsten Alveolen dicht unter dem Eingang zum Sulcus infraorbitalis und dem hinteren Rand der Orbitalfläche, Fig. 63 III, so daß die Facies infratemporalis, soweit sie später oberhalb der Alveolen gelegen ist, fast noch ganz fehlt. Die Kronen der Zahn- keime in dieser Gegend sind ursprünglich rückwärts gerichtet. Je weiter aber dann die Kieferhöhle in sagittaler Richtung sich zwischen Orbitalboden und Zahnanlagen eindrängt und durch gleichzeitige Höhenzunahme der Kieferhöhle deren hintere Wand, die Facies infra- temporalis, auch in senkrechter Richtung wächst, um so mehr drehen sich die Kronen der Mahlzähne und die Ränder ihrer Alveolen nach unten und rücken abwärts in die Reihe der schon fertigen Zähne, Fig. 68 IL Jeder nachfolgende rückt dabei schließlich nicht ganz so weit nach unten wie der vorhergehende, so daß die Backzahnreihe im Ganzen ebenso wie der Kieferrand hier in einen abwärts konvexen Bogen hinten etwas ansteigt. Der G a u m e n f o r t s a t z ist eine anfänglich sehr dünne horizontale Platte rückwärts von der sog. Suturaincisiva, an deren nasaler Oberfläche sich die glatte Beschaffenheit von vorn nach hinten allmählich entwickelt. Ihre hintere Randpartie bleibt oben ebenso wie die daranschließende hin- tere Umrandung des Hiatus maxillaris stufenförmig gegen die Super- ficies nasalis abgesetzt, rauh für die Auflagerung vom Gaumenbein. Die Platte zeigt sich im jugendlichen Stadium zuweilen aus strahlenförmig geordneten Knochenbälkchen (Deckknochen der Fische ähnlich) zu- sammengesetzt und jederseits durch eine größere Spalte (Fig. 65 b i 1) in zwei Abteilungen zerlegt, deren eine sich von der Gegend der Eckzahnalveole aus medial-rückwärts, deren andere sich entlang den Backzahnalveolen lateral von ersterer ausbreitet, so daß erstere vom Eckzahn ab die mediale, letztere die laterale Hälfte der Gaumenplatte darstellt. Vorn von der Gaumenplatte findet sich der dem Zwischen- kiefer entsprechende Teil des menschlichen Oberkiefers, welcher die Schneidezähne trägt. Dieser Knochen, der bei den meisten Wirbel- tieren als selbständiges Schädelelement (Praemaxilla, Os incisivum) bestehen bleibt, verwächst bei Menschen und Affen mit dem Ober- kiefer, bei ersteren schon in sehr früher Periode (3. Fötalmonat). Nur entlang dem hinteren Rande ist oft seine Trennung vom Gaumen- 164 Obere Abteilung des Visceralschädels (Oberkiefergerüst). 257 fortsatz längere Zeit bis über die Geburt hinaus noch erhalten durch eine Spalte, die vom Foramen incisivum aus jederseits gegen die Alveole des Eckzahnes hinzieht, Zwischenkiefernaht (Sutura incisiva Fig. 65 b abwärts von ä) und oberhalb der Gaumenplatte in eine senk- rechte Furche an der medialen Seite des Stirnfortsatzes des Ober- kiefers aufwärts bis etwa zur Crista turbinalis ausläuft. Den oberhalb letzterer gelegenen Teil des Processus frontalis des Oberkiefers deutet v. Bardeleben als homolog dem Praefrontale der Tiere. Er fand ihn bei außereuropäischen Schädeln zuweilen durch eine horizontale, von der Sutura infraorbitalis ausgehende Naht isoliert. Zuweilen zerfällt der hinter den Zaknalveolen gelegene Teil des menschlichen Zwischenkiefers durch eine Sjaalte, welche ungefähr sagittal gerichtet von der transversalen Sutura incisiva aus vorwärts zur Scheide- wand der Schneidezahnalveolen hinzieht, in zwei Abteilungen, so daß es den Anschein hat, als seien auf einer Seite zwei getrennte Zwischen- kieferanlagen vorhanden (Th. Kölliker und ähnlich Merkel halten die- selben übrigens für eine Gefäßspalte). Auch sind Mißbildungen bekannt, in denen eine dementsprechende ganz durchgehende Trennung des Zwischenkiefers in zwei Teile besteht. Diese Thatsachen führten Albrecht zu der (schon von Meckel vertretenen) Meinung, daß der Zwischenkiefer normal jederseits aus zwei Teilen zusammengesetzt sei. Diese An- schauung findet indes einmal durch die Befunde bei Tieren, welche sämtlich jederseits nur einen Zwischenkieferknochen besitzen , keine Stütze; außerdem treten vorübergehende Spaltbildungen in Deckknochen überhaupt nicht selten auf und sind von so sekundärer Bedeutung, daß sie ebensowenig wie pathologische Spaltbildungen für die Feststellung eines neuen Schädelelementes ohne weiteres dürfen verwertet werden. Th. Kölliker ist neuerdings für die Ansicht, daß der Zwischenkiefer jederseits aus einfacher Anlage hervorgehe, eingetreten. Als Hasenscharte wird eine pathologische Spaltbildung im Alveolarteil des Oberkiefers bezeichnet. Ihre Lage zu den Zähnen hat ebenfalls zur Kontroverse zwischen Th. Kölliker und Albrecht geführt. Nach Th. Kölliker, der in Uebereinstimmung mit der herrschenden An- schauung auf Grund seiner Untersuchungen die Spalte durch Ausbleiben der Vereinigung von Oberkiefer und. Zwischenkiefer zustande kommen läßt, geht dieselbe zwischen Eckzahn und einem Schneidezahn durch. Derartige Spalten kommen thatsächlich vor, sind aber, wie Albrecht mit Recht hervorhob, weder die einzig vorkommenden noch sind sie eindeutig. Die Entscheidung über die Lage der Kieferspalten zu den Zähnen wird nämlich kompliziert durch die von Albrecht , Biondi und A. Broca be- tonte Variation im Auftreten der Schneidezähne. Der letzteren besitzt der Mensch normal in jeder Kieferhälfte zwei, einen lateralen und einen medialen. Zuweilen jedoch tritt als Anomalie zwischen diesen beiden ein überzähliger, dritter Schneidezahn auf (wie ja manche Tiere normal drei Schneidezähne jederseits besitzen), oder auch es bleibt der laterale (normale) Schneidezahn aus. Treten diese beiden Varianten zugleich an derselben Seite auf, so bleibt die Summe der Schneidezähne zwar hier normal, aber morphologisch liegt doch eine Ano- malie vor, indem ein überzähliger (mittlerer) und nur ein normaler (der mediale) vorhanden sind. A. Broca berichtet nun über Hasenschartenpräparate und deren Zähne folgendes: Eine Hasenscharte, welche durch keine dieser Zahn- 165 258 F. GRAF SPEE, anoinalien kompliziert wird, geht zwischen medialem und lateralem Schneidezahn in das Nasenloch hinein durch. Wird die Spalte vom Eckzahn und einem Schneidezahn begrenzt , so fehlt gewöhnlich der laterale (präcanine) Schneidezahn, und der mediale begrenzt die eine Seite der Spalte. Besteht die Kieferspalte auf beiden Seiten, so trägt der zwischen ihnen eingeschlossene Zwischenkieferteil gewöhnlich zwei (mediale) Schneidezähne ; trägt er vier Zähne , so sind von diesen die lateralen sehr oft überzählig, und der normal laterale (praecanine) wird gewöhnlich an der lateralen Seite der Spalte außerdem noch gefunden. Fälle, in welchen die Spalte hinter zwei Schneidezähnen derselben Seite und unmittelbar vor dem Eckzahn durchgeht, ließen sich event. erklären durch Auftreten eines überzähligen medialen bei gleichzeitigem Wegfall des normalen lateralen Schneidezahnes. Außer diesen im Gebiete einer Zwischenkieferhälfte bestehenden pathologischen Spalten (Hasen- scharten) giebt es auch solche , die der Trennung zwischen Oberkiefer- und Zwischenkiefergebiet entsprechen. Sie erklären das Zustandekommen der Gesichtsspalte, die sich in die Nasenhöhle öffnet (Beoca). Die von Albeecht und mit einiger Modifikation Biosrm auf Grund des innerhalb des Zwischenkiefergebietes zuweilen auftretenden Spalten vermutete typisch dojapelte Zwischenkieferanlage ist bis jetzt entwickelungs- geschichtlich nicht erwiesen. Doch verlangt A. Beoca behufs Ent- scheidung der Zwischenkieferfrage eine gründliche Neubearbeitung der frühesten Entwickelungsstadien des Gesichtes Varianten: Nach Rescheeiter ist die Kieferhöhle bei Weibern un- regelmäßiger als bei Männern. Nach Schwegel ist der linke Oberkiefer meist schwächer als der rechte entwickelt. Fehlen der Kieferhöhle be- obachtete Morgagni. Ueber mehrfache Oeffnungen statt eines Foramen infraorbitale, eine Tierähnlichkeit, finden sich Angaben von Geubee. Neuere Litte ratur. Albrecht, P., Heber den morphologischen Sitz der Hasenscharten-Kieferspalte, Biolog. Centralbl. 6. Bd. No. 3 u. 4. 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Zuckerkandl, E., im Handb. d. Zahnheilk. von Sckeff, 1. Bd., Wien 1891. i67 260 F. GRAF SPEE, 2. Gaumenbein, Os palatimim. Englisch: The palate bone. Französisch: Le palatin. Italienisch: L'osso palatino. Das Gaumenbein ist eine dünne Knochenplatte, an welcher sich zwei rechtwinklig zu einander gestellte Abteilungen unterscheiden lassen. Von diesen steht die obere senkrecht, Pars perpen- dicularis, und kehrt ihre mediale Oberfläche der Nasenhöhle, ihre laterale dem Oberkiefer und den dahinter gelegenen Teilen zu, während die untere Abteilung, Pars horizontalis, in der hori- zontalen Ebene des harten Gaumens ausgebreitet, mit 48 49' Fig. 67. Fig. 68. Fig. 67. Linkes Gaumenbein des Erwachsenen von hinten und ein wenig lateral. 1 Lamina perpendicularis. 2 Larnina horizontalis (hinterer Kand). 3 linke Hälfte der Spina nasalis posterior. 4, 5, 6 drei Felder an der hinteren Seite des Processus pyramidalis, von denen das mittlere (5) die Incisura pterygoidea des Keil- beins ausfüllt, das laterale (6) und mediale (4) mit den die Incisura pterygoidea ein- fassenden Eänder der beiden Lamellen des Processus pterygoideus verbunden ist. 7, 8 laterale Fläche der Lamina perpendicularis; 7 der an der medialen Seite des Oberkiefers befindliche Teil; 8 derjenige Teil, welcher die mediale Wand der Fossa sphenomaxillaris bildet. Der rechts in der Figur hiervon durch eine senkrechte Kante geschiedene Flächenstreif lehnt sich an die mediale Seite der medialen Lamelle des Processus pterygoideus. .9 Processus orbitalis, 9' dessen untere auf das Trigon. palat. des Oberkiefers sich legende Fläche. 9" der zur Ergänzung der Orbitalfläche dienende Teil. 10 Incisura palatina (unterer Rand des Foramen sphenopalat. [For. nasale]). 11 Processus sphenoidalis. 12 unbeständige Durchbohrung der medialen Wand der Fossa sphenomaxillaris. Fig. 68. Linker Oberkiefer in Verbindung mit dem Jochbein, Nasenbein, Thränenbein, Gaumenbein, von oben gesehen. 1 Sulcus infraorbitalis. 2 Kante zwischen, 3, Facies infratemporalis und, 4, Superficies orbitalis. 5 Processus spheno- frontalis des Jochbeins. 6 Naht zwischen Jochbein und Oberkiefer (Orbitalfläche). 7 Sutura infraorbitalis. 8 Crista lacrymalis (posterior) am Thränenbein. 9 Fossa lacrymalis. 10 Crista lacrymalis (anterior) am Oberkiefer. 11 Endfläche des Stirn- fortsatzes des Oberkiefers mit, 12, oberem Band des Nasenbeins (12'), die Ansatz- fläche für das Stirnbein bildend. 13 Thränenbein. 14 Angulus ethmolacrymalis. 15 Margo ethmoidahs des Oberkiefers. Iß Processus orbitalis des Gaumenbeins. 11 Incisura palatina. 18 Processus sphenoidalis des Gaumenbeins. 19 Vomer; 19' Alae vomeris. 168 Gaumenbein, Os palatinum. 261 ihrer oberen Fläche am Boden der Nasenhöhle, mit ihrer unteren an der Decke der Mundhöhle liegt. Ein Frontalschnitt des Gaumen- beins giebt demnach eine Figur, die ähnlich ist der eines lateinischen L., Fig. 67. Die horizontale Partie oder Gaumenplatte des Gaumen- beins ist etwa rechteckig. Sie besitzt einen freien hinteren, etwas kon- kaven Rand, der eine Hälfte des Hinterrandes des knöchernen Gaumens bildet (Fig. 69 1) und dessen medianes Ende in eine stumpfe Spitze rückwärts ausgezogen ist. Der mediale Rand trägt eine verschieden breite rauhe Fläche zur Verbindung mit dem gegenüberliegenden Gaumenbein der anderen Seite, die gegen die Nasenhöhle mit einer scharfen Kante, gegen die Mundhöhle mit einem verschieden hoch- gradig entwickelten Wulste vorspringt (Fig. 67 über und unter 3). Die der Nasenhöhle zugekehrten Kanten beider Gaumenplatten legen sich zur Bildung einer einfachen Kante, Crista nasalis (Fig. 69 vor l), die der Mundhöhle zugekehrten Wülste zu einem inkonstanten Vor- sprung, Torus palatinus, zusammen. Durch Zusammenlagerung der medianen, rückwärts gerichteten Spitzen des Hinterrandes beider Gaumenbeine entsteht die Spina nasalis posterior (Fig. 69 i). Die senkrechte Platte des Gaumenbeins ist stets breiter als die horizontale und biegt unten in das laterale Ende der letzteren über. Ihr oberer Rand ist durch einen Ausschnitt (Fig. 67 10), Incisura palatina, in zwei Fortsätze geteilt, einen vorderen höheren , Pro- cessus orbitalis (.9), und einen hinteren, Processus sphe- Fig. 69. Horizontalschnitt des Gesichtsschädels. Die (untere) Nasenmuschel und der Vomer sind entfernt. Die Schnittebene liegt dicht oberhalb der vorderen Mündung des Canalis infraorbitalis und unterhalb des Keilbeinkörpers. Schnitt- flächen weiß. 1 Spina nasalis posterior. 2 Pars horizontalis ossis palatini. 3 Schnitt- fläche der Pars perpendicularis des Gaumenbeins. 4 Durchschnittsfläche der Wurzel des Processus pterygoideus. ö Fissura sphenomaxillaris. 6 Antrum maxillare. 7 Superficies infratemporalis des Oberkiefers. S hintere AVand der Kieferhöhle. 9 Schnittflächen der Jochbeine. 10 Nervengefäßfurche. 11 Canalis infraorbitalis (Querschnitt). 12 unterer Band der Oberkieferöffnung der Kieferhöhle. 13 Nerven- furche, die vom Canalis infraorbitalis ausgeht, 11 Sulcus lacrymalis. 15 nasale Fläche der Gaumenplatte des Oberkiefers. 16 Vorderwand der Sctineidezahnalveolen. 11 Spina nasalis anterior. IS Crista incisiva. 19 Foramina in cisiva (obere Mündungen). 20 quere Gaumennaht. 169 262 F. GRAF SPEE, noidalis (11), von im einzelnen sehr variabler Gestaltung. An der Wurzel stehen beide Fortsätze in der Ebene der Pars perpendi- cularis, gegen ihr oberes Ende zu sind jedoch beide in entgegenge- setzter Richtung mehr horizontal umgeklappt und zwar der Processus orbitalis lateralwärts, um sich auf die hintere obere Ecke des Ober- kiefers aufzulegen, dessen Augenhöhlenfläche und medialen Rand er hier ergänzt (Fig. 68 76') ; der Processus sphenoidalis medialwärts, um sich der unteren Seite der Conchae sphenoidales flächenhaft anzu- schmiegen (18). Sein medialer, als dünnes Knochenblättchen endender Rand steht dem vordersten Teile des lateralen Randes der Ala vomeris (1.91) gegenüber. Der horizontal umgelegte Teil des Processus orbitalis ist ursprüng- lich solide, von der Form einer kleinen dreiseitigen Pyramide, die sich mit ihrer abwärts schauenden rauhen Fläche auf das Trigonum palatinum des Oberkieferkörpers legt, mit ihrer lateral aufwärts schauenden glatten Fläche ganz hinten, die Augenhöhlenwand ergänzend, frei vor- liegt, indem sie eine Lücke zwischen Orbitalfläche des Oberkiefers und Lam. papyracea des Siebbeins ausfüllt (Fig. 93 .9). Die dritte Fläche des Fortsatzes lehnt sich an die hintere untere Ecke des Siebbeinlabyrinths (Fig. 52 28) und an die vom Siebbein gelieferten Teile (Conchae sphen.) des fertigen Keilbeinkörpers. Gegen diese Fläche dringen später Siebbeinzellen vor, höhlen den Processus orbitalis in sehr individuell wechselnder Weite aus und blähen ihn auf. Seine Höhle, Cellula palatina, ergänzt und verschließt dann die gleichnamigen des Sieb- beins. Häufig verwachsen die zusammenstoßenden Ränder beider Knochen. Die Incisura palatina wird dabei von einem Teil der Concha sphenoidalis überbrückt zu einem Loch, Foramen nasale (F. spheno- palatinum, Fig. 51 6', Fig. 50 2.9). Manchmal überbrückt eine eigene, die oberen Enden des Proc. orbitalis und sphenoidalis verbindende Knochenspange des Gaumenbeins selbst schon die Incisur zum Loch (Fig. 70 6'). Dieselbe kann durch eine zweite Knochen- spange in eine obere und untere Hälfte geteilt sein. Die untere Hälfte des Loches schließt an eine zum hinteren Anfang des Sulcus infraorbitalis des Ober- kiefers lateral aufsteigende Furche an (Fig. 67 -9' ; 63 II, III). Fig. 70. Linker Oberkiefer (Fig. 64 b) in Verbindung mit dem Gaumenbein, von der medialen Seite gesehen; 12-jähriges Kind, natürliche Größe. Zahlenbezeichnung für das Gaumenbein : 1 Lamina horizontalis (Gaumenplatte). 2 Processus pyra- midalis. 3 Lamina perpendicularis. i Crista turbinalis. 5 Processus sphe- noidalis. ii Incisura palatina (For. sphenopalatinum). 7 Processus orbi- talis. 8 Crista ethmoidalis. Die mediale oder Nasenfläche (Facies nasalis) der Pars perpen- dicularis durchzieht in horizontaler und ein wenig rückwärts abfallender »70 Gaumenbein, Os palatinum. 263 Richtung eine Leiste, Crista turbinalis (Fig. 70 4), an die sich die untere Nasenmuschel befestigt (Fig. 51 rechts von 35). Eine kürzere ähnliche Leiste, Crista ethmoidalis (Fig. 70 8), unterhalb des Ursprungs des Processus orbitalis, dient der hinteren Spitze der unteren Siebbeinmuschel zur Befestigung (Fig. 51 unter 32). Hinter ihr läuft eine von der Incisura palatina herabkommende breite Furche gegen das hintere Ende der Crista turbinalis hinunter (Fig. 70 3). Die laterale Fläche der Pars perpendicularis wird durch eine unter der Incisura palatina breit beginnende, zwischen Knochenleisten eingefaßte, glatte, schräg vor-abwärts verlaufende Furche, Sulcus pterygo- palatinus (Fig. 71 7) in ganzer Höhe in eine vordere und hintere Abteilung zerlegt. Im Bereich der ersteren ist die Oberfläche zu- nächst dem Sulcus pterygopalatinus rauh zur Auflagerung an die mediale Oberkieferwand der Kieferhöhle (Fig. 71 5), ein wechselnd großer Bezirk davor ist glatt und überdeckt den hintersten Teil des Hiatus maxillaris des Oberkiefers (Fig. 71 6). Der Vorderrand der Lam. perpendicularis bleibt zwischen der Crista ethmoidalis und turbinalis frei (Fig. 70 zwischen 3 u. 4); abwärts von dieser stößt er zunächst mit dem hinteren Rande des Processus maxil- laris der Nasenmuschel, abwärts von diesem mit dem hinteren Rande der Superficies Fig. 71. Linkes Gaumenbein des Erwachsenen von der lateralen Seite. 1 Processus pyramidalis ; 2 dessen Facette zur Verbindung mit der medialen Seite der hinteren unteren Ecke des Oberkiefers. 3 Facette, welche in Fig. 112 mit 6 bezeichnet ist. 4 — 7 laterale Fläche des Gaumenbeins : die Ab- teilung i deckt die mediale Seite des Processus pterygoideus. 5 deckt die Facies palatina des Ober- kiefers, (i den hinteren Teil des Hiatus maxillaris desselben , 7 Sulcus pterygopalatinus, oben auf die mediale Wand der Fossa sphenomaxillaris aus- laufend. 8 Processus sphenoidalis. 9 Incisura pala- tina. 10 Processus orbitalis. nasalis des Oberkiefers zusammen (Fig. 50 rechts von 23, Fig. 93). Der obere breite Teil des Sulcus pterygopalatinus bildet die mediale Wand der Fossa sphenomaxillaris (Fig. 93) ; der untere Teil derselben legt sich mit der entsprechend verlaufenden Furche an der medialen Seite des Oberkiefers zum Canalis pterygopalatinus (Fig. 63 II 23) zusammen, der an der lateralen Seite der Pars horizontalis des Gaumenbeins die Mundhhöhle erreicht (Fig. 65 6 a, b). Die rück- wärts vom Sulcus pterygopalatinus gelegene Abteilung der lateralen Fläche schiebt sich gegen die Processus pterygoidei des Keilbeins vor. Sie schiebt sich einmal in ganzer Höhe mit papierdünnem hinteren Rande (Fig. 71 4) über die mediale Fläche des Processus pterygoideus (Fig. 69 4) hin, andererseits entsteht aus ihrer unteren Hälfte ein dicker, lateral-rückwärts gerichteter, pyramidenähn- licher Fortsatz (Fig. 71 1), Processus pyramidalis, der sich gegen die Incisura pterygoidea des Keilbeins einschiebt. An seiner hinteren Seite finden sich drei durch Kanten getrennte Facetten. Eine mediale (Fig. 67 4, Fig. 63 16) und eine laterale (Fig. 67 6, Fig. 63 16") nehmen die die Incisura pterygoidea begrenzenden Ränder in sich auf, die mittlere (Fig. 67 3, Fig. 63 16') füllt den Einschnitt 264 F. GRAF SPEE, selbst aus und ergänzt in dessen Bereich die Vorderwand der Fossa pterygoidea. Die laterale Fläche des Proc. pyramidalis ist rauh zur Anlehnung an den hinter dem Sulcus pterygopalatinus befindlichen Teil der •medialen und hinteren Fläche des Oberkieferkörpers. Die untere Fläche erscheint lateral rückwärts vom hinteren Eande der Pars horizontalis (Fig. 65 a), zwischen Oberkiefer und Processus pterygo- ideus. Unmittelbar neben der Pars horizontalis ist der Pyramiden- fortsatz von zwei bis drei durch unregelmäßige Leisten voneinander ge- trennten Löchern durchbohrt, Foramina palatina posteriora (Fig. 65 a 5). Sie sind die unteren Oeffnungen gleichnamiger Nervenkanäle, die ihren Anfang im Sulcus pterygopalatinus nehmen (Fig. 63 II 22 und darunter). Varianten (in Handbüchern der Anatomie) : Hyrtl sah die Pars horizontalis von der Pars verticalis des Gaumenbeins durch eine Naht getrennt; derselbe fand zuweilen die mediane Partie der Pars hori- zontalis durch Fortsätze der Gaumenplatte des Oberkiefers substituiert. — Die Pars perpendicularis wird nicht selten von einem schiefen Kanäl- chen oder Loch durchsetzt. Der Processus orbitalis kann durch Teile des Oberkiefers (Walter) oder des Siebbeins (Mater) ersetzt oder bis zum Stirnbein hinauf ver- längert (Gorgone) getroffen werden. Der Proc. pyramidalis kann mit dem Oberkiefer verwachsen oder durch ihn ersetzt sein (Sömmerring). Das Poramen sphenopalatinum hat höchst variable Größe. An Stelle eines größeren Loches können zwei bis viele kleinere auftreten (Sappey, Henle, Romiti). Rambaud und Renault finden für das Gaumenbein 2 Haupt- knochenpunkte, die an der medialen Seite des Canalis pterygopalatinus miteinander verwachsen und accessorische für den Proc. sphenoidalis und orbitalis. Die meisten Anatomen finden bloß einen Knochenpunkt (Köl- likek, Entwickelungsgeschichte, die neueren Lehrbücher der Anatomie Quain, Romiti, Sappey). Killerman, Die Bildung und Gröfienentwickelung des Gaumenbeins, Arch. f. Anthropol. 22. -B