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Igrones, (vramn% 3 ger Bibliotheir Kırter von (Yar- u; der P1bNO

von Walter v. Sehmid Handbuch

Gefhihte Oeſterreichs

von der älteften bis zur neueſten Zeit.

Mit befonderer Nückficht auf Länder, Völkerkunde und Eullurgeſchichle

bearbeitet

von

Dr. Kranz Ritter von Krones, o. 3. Pꝛoicſſor der Sterreibtigen Geſ dichte an der Univerſität su Gras, rorreſp. Mitglied der t. k. Atademie der Winenſchaften zu Wien.

Dritter Band.

Berlin. Verlag von Theodor Hofmann. 1881.

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Alle Rechte vorbehalten.

Inhalt des TIL Bandes.

Zwölftes 9 Bad.

Inneres Staat3leben vom Schluſſe des I0. Jahrhunderts bi3 1526. Grundzüge der Verfaſſungs-, Rechts- und

enlturgelhiäte der drei Ländergruppen. . A) Deutſche Erbländer. . .

L. Berfafjungszuftande und äußere Rechtsgeſchichte der: ſelben. 1. Stellung der Länder zum deutſchen Reiche. 2. Nechts- denkmäler: a) Reichsgeſetze; b) Privilegien der deutſchen Kaiſer und Könige; c) Landrecht, geineinbeutfche und provinzielles, Landhand— veiten, Landtagsabſchiede Libelle, Dorf: und Stadtrechte. 3. Terri— torialentwidlung , Verwaltung nnd Ständemefen, die Fudenfchaft. I. Epochen der materiellen und geijtigen Qulturge- \Sichte.

B) Böhmische Tändergruppe. .

L.Berfaffungsentmwidlung und äußere Rechtsgeſchichte. 1. Stellung zum deutſchen Reiche. 2. Rechtsdenkmäler des Land— und Gemeinderechtes. 3. Territorialentwicklung, Verwaltung, Stände— und Landtagsweſen. Die Judenanſiedlungen und Rechte. II. Haupt: epodhen der materiellen und geiftigen Cultur.

C) Ungarifhe Ländergruppe (mit Einſchluß Dalmatienß).

J. Geſchichte der Verfaffung und der äußeren Rechtsver— hältniſſe. 1. Die ungarifche Reichsgeſetzgebung. 2. Die Sonder: rechte Siebenbürgeng , Croatiens, Slavoniend. 3. Comitats- und Ammunitätenwejen, die Juden. 4. Die Berfaffungs-: und Rechts: verhältniffe .Dalmatiens. II. Die Epochen der Gulturent: widlung des ungarijhen Reiches. Vergleichender Rückblick.

Dreizehutes Buch. Die Zeiten Ferdinand's I u. Maximilian's IL (1526- 1576). . Die Machtverhältniſſe Europa's und der allgemeine Gang der habs— burgiſchen Politik bis zum ſchmalkaldiſchen Kriege . Die Erwerbung der Kronen Böhmen und Ungarn . . Der Kampf um Ungarn bi8 zum Großwardeiner gen 1538, mit Einſchluß der eriten Türfenbelagerung Wiens, 152 nen . Der jchmalfaldiiche Krieg und Böhmen . . Martinuzzi und die fiebenbürgiiche Frage . . Ferdinand I. und der Proteftantismus in Deutſch⸗ deſerreich Vvöhmen und Ungarn. Der Sefuitenorden .. Das Kaiſerthum Ferdinand's J. und das Trienter Goncil . Das Haus Ferdinand's I. und die inneren jlaatlichen Versätmife Die Erbtheilung und Ferdinand’3 I. Tod . . Marimilian II. Deutihland und bie Nachbarmächte . 10. Der Proteſtantismus in den deutſchen Erbländern, Böhmen und b Ungarn . Ungarn und die polnischen Königswahlen . . . . 12. Marimilian's I. Audgang. Rüd: und Vorblick

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Zwölftes Bud.

Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrhunderts bis 1526. Grundzüge der Verfaflungs-, Rechts- und Eultnrgefchichte der drei Kändergruppen.

Siterafur.

a) Deutfd-öflerr. Sündergruppe. Vgl. die Literaturangaben in Pütter, Lit. d. deutfchen St.:R. (1776—86), 4. Bb. v. Klüber (1792); Weber, Lit. der deutichen St.:Geich., I. (1800); die Repertorien von Walther (1845) und Koner (1852 —1856); Dahlmann-Waitz, 4 A. (1875); E. Eofta, Bibliographie der deutichen Rechtsgeſchichte (1856) (mit Nachtrag), berüdiichtigt beſonders die öjterr. Terhältniffe; Mohl, die Geh. u. Literatur der Staats: wiffenfchaften. In Monogr. dargeſt. (1855—1858). Homeyer, Die beutfchen Mechtsbücher des M.:N. u. ihre Handſchrr. (1856), ©. 356 fſ., 457 fi. Die biblioth. juridica von Engelmann für die v. 1750 bis 1848 erſch. Werke (1849) und ihre ort. v. Wuttig f. d. 31. 1848—1867, von Roffberg f. d. 31. 1867—1876, I. Bd.

1) Semeindeutides: O. Stobbe, Gefch. der deutjchen Rechtsquellen (1860, 1864) ; die älteren Sammlungen v. Goldait, Lünig, Ludwig, Senden: berg (bejonder3 wichtig f. d. öfterr. Rechtsgeſch.), Georgifjch; die Monumenta Germaniae, Leges (1. Gapitul. bis 5. A. des 10. Jahrh.), 2. (Nachtr. u. Reichsgeſ. bi8 1313), 3—5. (Leges, 3. 8. Alam. Bajuv. Langob. . ... Böhmer’3 Regeiten und Acta imperü (Ficker, Stumpf) und jeine frühere Arbeit: Deutſche Reichsgeſetze v. J. 900 1400 nachgewieſen (1832). Deutiche Reichsacten, 1., 2., 5. v. Weizjäder (1868, 1874); Franklin, Sententiae curiae regiae (1870).

Rechtsdenkmäler des deutſchen Mittelalters, 5. v. Daniels, Gruben und Kuehns (Berlin 1857 ff.) (darunter: Schwabenfpiegel und Sachfen: jpiegel v. Daniels). Schmwabenfpiegel(R. v. Lafiberg, Wadernagel, Gengler, Laband) über die Handſchr. Rodinger, Spiegel deuticher Leute, h. v. Ficker (vgl. Sitzungsber. der Wiener Akad. hiſt. Kl., 23. Bd. [1859)). Yon demf. : Ueber die Eut⸗

Krones, Geſch. Oeſterreichs. IIL 1

2 . Viteratur zum XII. Buche.

ſtehungszeit des Echmwabenipiegel3 (1874). Für die gemeindeutfhen Stadt: rechte beganı Gengler die Samınlung: Codex Juris municipalis (rermaniae f. 1865, 1. Bd.; vgl. |. Grundriß: Deutihe Stadt-R. des Vi.-A., theils ver;., theils volljtändig (1852) u. Gaupp, Deutſche St.:R. des Mittelalters (1851., 2). Die Meisthümer gab (1540- 1842) in 3 Bon. X. Grimm, das Weitere die Münchener hiſt. Comm. heraus, D., 6. bearb. v. R. Schröder (1863 bis 1809). Urfunden 3. Geſch. d. d. R., h. v. Lörſch u. Schröder, I. (1874). Die allgem. Handbücher über deutjche Reichs: und Rechtsgeſchichte v. Fihhorn, 5. A. (1845, 1844); Zöpfl, 4.9. (1871, 1872) (reich an Piteratur); Walter, 2. A. (1857). Fon den Fürzeren Hodb. durch Literaturnachweiſe bejonders handlich G. Philipp's, 4. A. (1859), und Schulte, 3. A. (1873. Tas Werf von Daniels (1859 fi.) Gur Hälfte Regeſten deutfher Neihsgeichichte, nad) Häberlin's Werke zumeift). Die Verfaſſungsgeſchichte Deutichlands befitt ihr grundlegende Verf an Maik, D. Vf.“G., 1.—T. Bd., bejonders die beiden legten Bände, cuch u. d. T.: Die deutſche Reichsverfaſſung v. d. Mitte des N. bis 3. M. des 12. Jahrh. (1875, 180) G.B. 7. Bd., 1.—12. Abſchn., über die Territorialverhältuifie und Amtögewalten). Vgl auch Mittermeier, Grund— fäße des gem. dentſchen 'Frivatrechtes u. ſ. w., 7. A. (1847) (reiche Lit.-Angabe); Kraut, Grdr. z. orlej., 9. WU. (1872) (desgl.).

Für Die ſtaatsrechtl. Verhältniſſe der jüdlichen Alpenländer befonders wichtig: Fider, Forſchungen 3. Reichs: und Rechtsgeſch. Italiens, I Yde. (1863 -1874) ungemein reich in Angabe v. Tuellen u. Literatur. 3. Geſch. d. Landeshoheit: Berchtold, die Entw. der Yandeshoheit in D. in d. Per. von Friedrich IT. bis 1294, I. (1:63). Zur Geſch. d. Territorien: Landau (1854); Maurer (1851 bis 1866); Thudihum (1860) Ueber Benefizialmefen: Roth (1850); über Feudalität u. Unterterthanenverband: Roth (1863). 3. Heich. des Stände: mweiens: die Merfe von Montag (1812>— 1514); Hüllmann (2. Q., 1830); Fürth (Minijterialen, 1836). Tie Werke tiber Sbenbürtigfeit von Göhrum (1846) und fürjtlihe Eritgeburt von Schulze (18511, Nitzſch, Minifterialität und Bürgertfum i. 11. u. 12. Jahrh. (1859) (vgl. ſ. jtaufischen Studien), Ficker, Vom Heerihilde (1862); Ficker, Nom Reichsfüritenftande, I. (1861). Ueber das Ratriziat in den deutſchen Städten: Roth v. Schredenftein (1856); O. Stobbe, Tie Juden in Teutichland während des Mittelalters (1866). 3. Seid. des Städteweſens: C. Hegel (1847 f.) (2. Bd.); Arnold (1854); Maurer (1869-73, 4 Bde.); Heusler (1872).

Bäueriſche Anjiedlungsverhältniffe, Toorfweien: Waitz (Altdeutſche Hufe 1854); Hanfjen, 3. eich. der Feldſyſteme in Deutſchland (Zeitichr. j. Staats: wifl., 1869 —1870); Maurer, Geſch. d. Torfverf. i. D. (1869-- 1866) u. Geſch. d. Fronhöfe u. j. w. (1862— 1863). Vgl. auch Kindlinger, Geſch. d. deut: ſchen Hörigfeit (1818). Tie Werfe über Geſch. der deutichen Landwirthſchaft v. Anton (1799—1802) u. Langethal (1847 - 1556, fortg. i. Raumer's hift. Tſchb., 1863).

Ueber Ortsnamen die Werke v. Köritemann, Ortsnamen. N. A. (1871), Roth, Bacmeiſter; Arnold, Wanderungen deutſcher Stämme (1875, wo fi) auch reiche Literatur findet).

iteratur zum XII. Buche. 3

Gerichtsweſen: Siegel, Geſch. der d. Gerichtäverf., I. (1857); Franklin, D. Reishofger. i. M.:A. (1867—69); Stölzel, Entw. des gelehrten Richterth. i. d. Territorien (1872).

Kriegsweſen: Stenzel (1820); Tarthold (1855), v. demſ. Georg v. Frunds— berg (1333); Reuder (1860-64); J. 2%. Mone, i. d. Ziſchr. f. ©. d. Ober: Rheins (13.—17. Ih.).

Gewerbe u. Handel: Maſcher, D. deutſche Gewerbeweſen (1566); Schön: berg: 3. wirthjchaftl. Bedeutung des deutſchen Zunftweſens i. M.:A. (1868); 3 ®. Stahl, D. deutſche Handwerk, I. (1874). Die Anffäke von Mone i. d. Ztichr. f. G. d. O.-Rh. in viefen Heften. Fiſcher, Geſch. d. deutjchen Han: dei, 2. X. (1793 -97); I. Falke, & d. d. H. (1859, 1860) (vgl. A. Beer’s Geſch. des Welthandels).

F. Culturgeſch. i. AUg.: A. v. Eye und J. Falke, Kunſt u. Leben der Vorzeit v. Beg. des M.-A. bis z. A. d. 19. Jahrh. (1855 jſ.), 3. Aufl. (1868 ff.)

Wach smuth, Geſch. deutſcher Nationalität, 3 Bde. (1860— 1862), worin ſich auch die deutſch-öſterr. Länder und die Deutſchen des böhm.-mähr. Sudetenlandes und der Karpathengebiete berückſichtigt finden). Zeitſchrift f. deutſche Culturgeſch. h. v. Müller und Falke, ältere und neuere Folge.

Ueber die deutſche Kunſt i. Allg.: Förſter (1851 1863). Baukunſt: Otto. Eine mittelalterliche Kunſttopographie Deutſchlands, bearb. v. W. Votz (1862, 1863). Ueber die Bauhütten: Janner in Regensb. Lyc. Progr. 1871.

Nationale Literatur: Gervinus, I—3, n. h. v. Barth (1871 -73); Wackernagel (1851—1872); Vilſlmar, 16. Aufl. (1874); ferner die neueſte Bearb. d. Grundriffes der deutichen Lit. v. Koberjtein durch Bartſch (1872 bi3 1873, in Bezug der Yiteraturangaben) und die Arbeiten über hijtor. Quellen: funde des M.⸗A. v. Wattenbad und Lorenz.

Ueber das Schulmejen: Meiner's Verfafjung und Verwaltung deutjcher Univ. (1801, 1802); Raumer, Geſch. d. Pädagogif, 2. A.

2) Deutſch-öſterr. Länder. Allgemeines an Tuellen und Bebelfen: Codex austriacus, h. ſ. 1704, mit Suppl. die alten Satungen bi3 Maria Iherefia und dann die jpateren umfaljend. Birk's Regeſten z. Lichnowski's Geſch. d. Haujes Habsburg. Fontes rerum austr., II. Abth. Diplomata, und die von Chmel 5. Monum. habsb. Tal. E. Gojta, Tuellenfunde ;. öjlerr. Rechtsgeſchichte in Mone's Anz. f. Kunde d. Vorzeit (1856), ©. 48 fi. RPearbeitungen: E. Röffler, Portrag über die Behandlung der öiterr. Rechtsgeſch. (1847), mit Anhang (bahnbrechend); Chabert, Bruchftüde einer Staats- und Rechtsgeſchichte der deutich:öjterr. Länder i. TIL un. IV. Bde. d.“ Denkſchr. d. Wiener Afad., hiſt.-phil. Section (Die beite Grundlage f. d. älteſte Epoche; nad) dem Tode des Verf. herausgegeben); 3. Biſchoff, Oeſterr. Stadtrechte und Privilegien (1857) (reiche Pitt.) F. F. Schrötter, Abhandlungen aus dem diterr. Staatsrecht (1762 1766), I. von den sreiheitäbriefen, ſammt e. Einl. i. d. öfterr. Seid. (1762), LI. von den Titem und Reichderzämtern des Erzh. Teiterreih (1762), ITL von den Erbhuldigungen und Kleinodien (1763), IV. von den vorzüglichen Rechten der öfterr. Landeshoheit (1765), V. von der Erb—

folgeordnung wie auch Vormundſchaft (1766). . 1

4 Literatur zum XII Buche.

Kronmes, Umriſſe des Geſchichtslebens ber beutich-öjterr. Ländergruppe in feinen jtaatlihen (Srumdlagen vom 10. bis 16. Jahrh. (1863), eine Erſtlings— arbeit, mit allen Schwächen einer jolden, aber bisher der einzige Nerfuch, das weitſchichtige Material der äußern und namentlid der innern Geſchichte der ganzen Ländergruppe zufammenzudrängen und nanıentlid) die bis 1862 erfchie- nene Literatur zu verwerthen und möglichit genau zu verzeichnen. Tas Merk gliedert jich in folgende Abſchnitte: 1) Die öfterr. Tonaualpenländer in ihrer ftaatliden Ländergeſchichte vom X. biß an den Schluß des XIII. Jahrh., 2) die innere territoriale Gliederung der öfterr. Donaualpenländer bis in da8 XVI. Jahrhundert. 3) Allgemeine Entwidlung der Landeshoheit unter den Habsburgern in den öjterr. Ländern bis zum XVI. Jahrh. und in die erſte Hälfte deijelben (1526). 4) Die Landeshoheit in ihrem Verhältnifje zur Verwaltung, nachgewieſen in der deutjch:öfterr. Ländergruppe (Gameralver: waltung u. Finanzweſen, Gerichtsweſen, Heermweien). 5) Ueberblid der mittel: alterliden Gejeßgebung und Rechtsbildung in der deutfchen Länder: gruppe bes öſterr. Staates.

Die Specialliteratur am Schlufie der einzelnen Hauptab— ſchnitte der folgenden Skizze.

b) Böhmen, Mähren, Schleſien. Die Literaturangaben bei Weber, I., S. 348 ff., f. die ältere Epoche; für die Zeit bis 1850 bei D. Elvert a. a O. 1) Cuellen: Balbin, Miscellanea r. Bohemiae (aus dem Nachl. publicirten auch Rienger und Graf Nuerjperg); Dobner, Monum. Beh. et Moraviae, Codex diplom. et epistolaris Moraviae, h. v. Boczef, Chytil, Brandl (8. Bd. [1874] geht bis 1355). Archiv tesky, h. v. Ralady, die Pa- mätky arch. mistop. u. db. Prävnik. Erben-Emler, Regesta dipl. h. Boh. temp. Premyslid. (reicht bis in die Zeit Wenzel’3 IL). Die bahnbrechende Samntlung und Fritiichde Behandlung der Stadtrehte Böhmens und Mäh— tens von Franz Röffiler. 2 Bde. (1853—1867), 1. Bd. Böhmen, 2. Bo. Mähren u. d. allg. Titel Nehtsdenfmäler Böhmens und Mähren. Monumenta rerum Bohemico - Moravicarum et Silesiacarum, sectio II. Leges et Statuta, liberI. Kniha Towatowska (Tobitſchauer Rechtsbuch), h.v. Demuth (1858). Die Landtafel Mährens, h. v. Demuth (Prachtwerk, daraus beſonders: Geſch. d. Landtafel des Markgrafenth. Mährens 1857). H. Jirecef, Codex juris Bohemici, I. Bd.; t. Premyslidarum (1867), II., 2., Jus terrae atque jus curiae regiae saeculi XIV. (1870), TII., 2.. Jus terrae saeculi XV mi, (1420— 1500) (Prag 1873), IIL, 3., M. Victorini a V%ehrd opus bohem. de jure terrae Bohemiae, 11. IX. (1874); Emler, Reliquiae tabularum terrae regni Bohemiae, |. 1870 fi.; Brandl, Kniha Rozmberskä (das Buch des Herrn von Rofenberg), v. demſ., Glossarium illustrans bohemico- moravicae historiae fontes (ein vorzugsmeife rechtögejchichtliches Neallerifon in deuticher Sprache) (1876). Materialien und Borarbeiten für die Dorfmeis- tbümer Böhmen-Mährens v. Chlumecky im 17. Bde. des Arch. f. öſterr. G.; Schleſinger in d. Mitth. f. Geſch. d. Deutſchen in Böhmen, 1877.

Literatur zum XII. Buche. 5

Bearbeitungen: M. Goldaſt, Comm. de Bohemiae regno, ll. XVI. (Franfi. 1526), 2.9. v. Schmink (1719); Stransky, de republ. Bojema (1627), 3. A. (1713). Deutſche Bearb. v. Gornova, 8 Be. (1792 ff.); Balbin, Epitome (1677). Miscellanea historiae regni Bohemiae (1679 bis 1688) (8 Stüde), das X. von Riegger, 5. in j. Mater. z. alten und neuen Statiftif (1787 ff.), vgl. deſſen Archiv (1792 5.); Monfe, über die ältejten Munizipalrechte der K.-St. Brünn u. f. m. mit allgemein vechtsgefchichtlichen Anm. (Olmütz 1788); Has ner, Geſch. d. böhm. Landtafel (1824); Balady, Hülfsmittel 3. Kenntniß des altböhmijchen Rechtes in ber böhm. Muſ.Ztſchr. (1835).

F. Röſſler, Quellenkunde der Rechtsgeſch. Böhmen-Oeſterr. Blätter f. Lit. u. K. (1846), Nr. 46. Legis:Glüdfelig, Ausz. aus f. Geſch. des böhm. Staats- u. Privatrechtes in der öfterr. polit.:jur. Zeitfchr. (1847), 3. Seit, ©. 177 bis 217 u. 261— 280 (bei. abgedr. 1847, Wien). Vgl. den Abjchnitt in H. Meynert, Gejch. Oeftererreihd, III., S. 102—106, 299—221, 412--447, 782—808 (von Legis: Glüdjelig?),. Palacky i. f. deutfhen u. czechiſchen Bearb. d. Gefch. Böhmens (insbeſ. I., 2., 1862); Röſſler a. a. O.; F. Biſchoff, Oeſterr. Stabtr. u. Privil. (auch f. Böhmen, Mähren, öfterr. Schl.); Tomas ſchek, Deutſches Recht in Defterreich auf Grundlage bes Stadtrechte v. Iglau (1859), Recht und Berfaffung der Markgrafichaft Mähren im XV. Jahrh., mit e. Einl., über die Geſch. des böhm.-mähr. Landrechtes in j. Gegenjaße zum beutihen Weichbildrechte (1863); Kalouſek, Ceske stätni pravo (Böhnt. Staatsreht) (1871), vgl. Einige Grundlagen des böhm. Staatsrechtes, 2. . (1871); 3. Hanel, O vlivu prava n&mecköho v Cechäch a na Morave (Bom Einfluffe des deutfchen Rechtes in Böhmen und Mähren) (1874). %. Die Gefch. des Städteweiens u. Bergbaues bahnbrechend: E. Graf v. Sternberg, Umriffe einer Geſch. der böhm. Bergwerke (1836— 1838); 3.2. Hübſch, Verfud einer Geſch. bes böhm. Handels (1849).

Eine Maffe rechts: u. culturgefch. Stoffes für Mähren und Schlejien ent: halten die voluminöfen Arbeiten des unermüblihden d'Elvert in den Gec- tionsſchr. u. i. Notizenbl. des Vereins f. Landestunde Mährens u. |.w. Schmidt von Bergenhold, Geſchichte der Privatrechtägefeggebung und Gerichtsverfaſſung im 8. Böhmen (1867); Maasburg, Geſch. Darſt. der Entw. des Inſtitutes der öft. Bücher in Böhmen (Lit.Nachw.) (1877). (Specielleres im betrefjenden Abſchnitte.)

Ueber Schleſien in ſ. mittelalterlichen Verbande mit der böhm. Krone, abgeſehen von den an anderer Stelle (J., 378) cit. Werken, z. B. Tzſchoppe, und Stenzel, Urkundenſammlung; Grünhagen, Regeſten u. ſ. w.; Stenzel, Geh. Schleſiens .... Fliegel, quae sit ratio juris ducalis in veteribus documentis Silesiacis, diss. inaug. (Breslau 1864), u. Franke, De eo, quo Silesiae ducatus saeculo XIV. cum regno Bohemiae fuerint conjuncti, nexu feudali. Breslauer Inaug.-Diff. (Tppeln 1865). Vgl. auch Wegmeijer Durch die fchlef. Geſchichtsquellen bis 3. 3. 1550, 5. v. Grünhagen f. das Ein= zelne (Ber. f. Geſch. u. Alterth. Schlej.) (1876).

Ueber d. Verf.-Verhältniß Oeſterr.“Schleſions: d'Elvert (1853),

6 Literatur zum XII. Buche.

Dudif, Kopestzky, Lepar, abgejehen von den öfter cit. Monographien v. Biermann über Troppau und Tefhen. Wuttke, die Entwidlung ber öjfent- lichen Verhältniſſe Schlefiens, vornehmlich unter den Hab3burgern bis z. J. 1740 (1842 —43). Die Ichlefiihen Stände, ihr Wirfen und Werth in alter und neuer Zeit (1846). (Einzelheiten bei den betreifenden Abjchnitten.)

c) Ungarifhe £ändergruppe. Quellen: Decreta regum Hungariae f. b. 16. Jahrh. u. K. Ferdinand I. durch Moſſöczy und Telegdi gefanımelt und f. 1697 mit dem Tripartitum des Verböczy (1517 abgeſchl.) als Corpus Juris Hung. vereinigt abgedr., I Auflagen. Dazu Bencfif. Repert. juris publ. priv. et crim. Posonii (1821 fol.) Dazu lieferten G. M. u. Nil. Kovachich wichtige Nachtragsarbeiten: a) Lectiones variantes decret. comitialium (1816). b) Sylloge decretorum comitialium (1818). c) Epicrisis monumentorum .. (1817). Die bahnbrechendjie Arbeit war v. d. (ältern) G. M. Kovadid: Vestigia comitiorum mit Suppl. (1790 1801), dazu Formulae solennes styli curialis (1799) und Codex authenticus juris tavernicalis (1803). Auch Katona's hist. crit. r. Hung. enthält den ganzen Wortlaut der Reichsdecrete im Terte. ©. Fejér, Codex diplom. r. Hung. (1844 mit 45 Bden. abgeſchl., bi8 1458), dazu der Codex dipl. Arpadianus continuatus vd. d. Peſther Akad. dur 8. Wenzel h.; Step Endlicher, Die Geſetze des h. Stephan u. ſ. Nachfolger (Ladislaus u. Coloman) (1826) u. die widhtige Sammlung: Monum. Hung. Arpadiana, 5..v. Tſchudi aus dem Nachl. Endlicher’3 (1849), 2. A. Leges et Constit.; Mihnayu. Liner, Das Ofner Stadtrecht (120-1421)., eine ausgezeichnete, das ganze mittelalt. Stadtrechtsweſen Ungarns umfaſſende Arbeit.

Bearbeitungen. Aus der großen Maſſe der Werke über das Jus publicum Hungariae ſeien nur hervorgehoben die älteren Arbeiten in latei— niſcher Sprache v. F. A. Kollar, M. G. Kovachich, Hajnik, Kelemen, Frank (auch in magyar. Sprache), Cziräky; die an Literatur reichhaltigen 6Spe- cimina juris publ. Hung. (1854 ff.) von Virozſil; ſodann die in dentſcher Sprade von Groſſing (1786), Rofenmann (1792) (Iofephiner), Gufter: mann (1818) und Viro zſil, dad Staatsrecht des K. Ungarn, 3 Bbe. (1865 bi 1866), in magyar. Sprade von Suhayda, Récſy und Havad. Von befonderer (Krimbdlichkeit für die mittelalterlihe Staatsgeſchichte das Werk von Bartal de Belehäza: Commmentariorum ad historiam status jurisque publici Hungariae, 11. XV. (1847 —48) und die bei aller Abjtrufität der Anlage und Darftellung gemifjfenhafte Arbeit v. Em. vo. Krajner, Die urfprüngliche Staatsverfaflung Ungarns feit der Gründung bes Königthums biß 3. J. 1382, 2 Bde. (Wien 1872). Ein furzer brauchbarer Grundriß v. %. Schuler-Libloy, Tas ung. Staatsredht (Wien 1870).

Siebenbürgen fpeiel: (Vgl. Schuler:Libloy, Siebenbürgiſche Rechtsgeſchichte, I. Bd., 2. A., mit reicher Literatur). Die älteite, arpadijche Epoche befikt ihre Quellenfammlung in den Urk. h. v. Teutſch u. Firnhaber in ben fontes rer. austr., 2. Abth. (1859). Vgl. A. L. Schlözer, it. Sammlungen z. Geſch. der Deutfchen in Siebenbürgen (1795); 3%. C. Eder, de initiis juribusque primsevis Saxonum commentatio (1792); Bedeus

*iteratur zum XII. Buche. 7

v. Scharberg, Die Verfaſſung des Großfürſtenthums Siebenbürgen (1844) und Schuler:Libloy o. a. Werf, 1. A. (1355). 2gl. auch bie Pit., I. Bd., S. 468 -470.

Croatien-Slavonien (Dalmatien): De juribus municipalibus et statutis Regnorum Dalmatiae, Croatiae et Slavoniae (1830), Kuful: jevit, Jura regni Croatiae, Dalmatiac et Slavoniae (1862) (3 Bbe.) und Diplomaticki sbornik, I. (1874). A. v. Reutz, Berfaffung u. Rechtszuſtand ber dalmatiniſchen Küftenjtädte und Injeln i. M.⸗A. (Dorpat 1841). Vgl. die Lit., J. Bd. ©. 470, und IL, ©. 70. (Specielleres im betreffenden Abjchnitte).

Inhallsüberſicht.

A) Deutſche Erbländer. L Verfaſſungszuſtände und äußere Rechtsgeſchichte derſelben 1. Stellung der Länder zum deutſchen Reiche. 2. Rechtsdenkmäler: a) Reichs⸗ gejege; b) Privilegien der beutfchen Kaifer und Könige; c) Landrecht, gemein: deutſches und provinzielles, Landhandveſten, Yandtagsabjchiede, Xibelle, Dorf: und Stadtrechte. 3. Territorialentwidlung, Verwaltung und Ständemeien, die Juden: fhaft. II. Epochen der materiellen und geiftigen Eulturgejdidte.

B) Böhmiſche Tändergruppe.

L Berfaffungsentwidlung und äußere Rechtsgeſchichte. 1. Stel: lung zum beutfchen Reiche. 2. Rechtsdenfmäler des Land- und Gemeinderechtes. 3. Territorialentwidlung, Verwaltung, Stände: und Landtagsweſen. Die Judenan: fiedlungen und Redte. II. Hauptepochen der materiellen und geiftigen Gultur.

C) Ungarifhe Ländergruppe (mit Einſchluß Dalmatienz).

I. Geſchichte der Berfaffung und der äußern Rechtsverhält— nijfe. 1. Die ungarifche Reichsgeſetzgebung. 2. Die Sonderredhte Siebenbürgens, Groatiend, Stavoniens. 3. Comitats- und Immunitätenweſen, die Juden. 4. Die Verfajlungs: und Rechtsverhältniſſe Dalmatiens. II. Die Epochen der Eulturentwidlung ded ungarifhen Reiches. Bergleihender Rüdblid.

Grundzüge der Verfaffungs-, Rechts⸗- und Eulturgeichichte der drei Ländergruppen vom 10. Jahrh. bis 1526.

Das fechfte Buch, der „Hiftorifche Boden Oeſterreichs“, bildet die breite Grundlage diefer Inappen Skizzen. Ein Handbuch der Geſchichte Defterreichs kann nicht zugleich eine Verfaſſungs-, Rechts: und Eulturgefchichte diefer vielgliedrigen und geftaltungsreichen Staaten- bildung fein wollen, das find Aufgaben, deren gedrängtefte Löſung eigener Compendien bedarf. Aber es muß in Grundzügen den Entwidlungsgang des innern Lebens jener Beitandtheile zu zeichnen verfuchen, aus denen der ftaatlihe Organismus erwuchs, und darin den Schlüffel zur Erkenntniß des Verfaffungs:, Rechts⸗ und Gulturlebens des ſpätern Gefammtjtaates bieten, das Eigen: thümliche und Verwandte in diefem Entwidlungsgange zur Geltung bringen. |

A. Deutſche Erblande.

I. Verfaffungszuftände und äußere Rechtsgeſchichte derſelben.

1. Wir haben in dieſer erſten Skizze Wort und Begriff: Ber: fafjung, im doppelten Sinne anzuwenden. Zunächſt handelt es fich um die Stellung diejer Länder zum deutſchen Reiche, beffen Glieder fie waren, und dann um das Maß der reidhs- ämtliden und landesfürftliden Gewalt in den einzelnen Ländern im MWechfel der Zeiten. Vor Allem müſſen wir als leitendes Geſetz der bezüglichen Wandlungen feithalten: daß in diefen an der ſüdöſtlichen Umfangslinie des deutſchen Reiches gelegenen Ländern die Entwidlung dynaſtiſcher Gewalten früh und mit bejonderer Stärke bervortritt.

Wenn wir von den Anfängen des deutſchen Wahlreiches (911) ausgehen, jo begegnen wir jämmtlichen Ländern dieſer Gruppe als Beitandtheilen des großen bayeriſchen Stammherzogthums. Die erite Entgliederung knüpft fi an das epochemachende Jahr ber baye- riſchen Empörung (976). Die Oſtmark bleibt allerbings bie 1156,

10 XIL Aud: Inneres Staatsleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

ehten Kreiheitsbrief vom 21. September 1156 einen Vorrang vor anderen Standesgenofjen durch die Verbriefung weiblicher Er: folge, durch die volle gerichtliche Autonomie, durch die Beichränfung der Vflicht, Königliche Hof: und Neichstage au befuchen, auf Die Gren- zen des nachbarlihen Bayerns und nicht minder durch das Recht, einen Nachfolger im Herzogthum für den ‘all des Crlöfchens Des eigenen Haufes vorzujchlagen (jus affeetandi).

Die allodiale Maht der Traungauer fpiegelt ſich in der Georgenberger KHandvefte vom 17. Auguft 1186 und zwar in dem eriten Theile, der die Erklärung zu Gunften der Babenberger enthält, und nicht bloß „das Herrengut, die feiten Pläte, das Land und die Dienſtleute“ (dominicalia, munitiones, terram, ministe- riales) dem Vetter 9. Leopold V. von Oeſterreich als Hinterlaffen: haft, im Kalle des Ablebens Dttofar’s VI. (VIII.) ohne Erben, zufpricht, jondern ausdrüdli auch das Herzogthum (ducatum) der Eteiermarf der Perjonalunion mit dem öfterreichifchen vorbehäft. Nenn mın aud) das Legtere nicht ohne Zuftinnmung des Reihsoberhauptes und deifen Belehnung aefchehen konnte, fo war bei dem Umſtande, daß ſich die Grenzen der Eigenmacht des legten Traungauers mit denen feiner herzoglichen Gewalt dedten, nicht leicht an eine bezüg: liche Verweigerung zu denfen.

Am Kärnten gab es neben dem Herzogthum, ähnlich wie in Bayern, ein Pfalzgrafenamt, aus dem einit großartigen Domänen: befig der deutſchen Kaijer hervorgegangen, an deſſen Stelle dann in eriter Linie ausgedehnte reichsunmittelbare Beſitzungen oder Immu⸗ nitäten der Hoditifte Ealzburg und Banıberg traten. In Krain beitand feine gefchlofjene reihsämtliche Landesgewalt eines weltlichen Fürſten, ebenjo wenig in Iſtrien, allmo im dreizehnten Jahrhunderte das Markgrafthum (marchionatus) der Patriarhen von Aquileje, die Grafichaft (contca, comitatus) der Görzer, der Autonomie der großen Stadtgemeinden an der Küfte, wie Trieft, Capo d’iitria, Pa⸗ renzo, Pola u. A. gegenüberfteht und diefe außerdem der Schuß: und Zwingherrſchaft Venedigs verfallen.

Ganz eigenthümlich entwickelt ſich die äußere und innere Ver: fafjung Tirols, einer Mujterkarte geiftlichweltlicher Machtgebiete, unter denen das Trienter, Brirener, Churer und Salzburger Bifchofs- land, die Beſitzungen und Grafſchaften der Welfen, der Andeche- Meraner, der Eppaner, der Tiroler und Lurnfeld- Görzer Grafen obenanftehen. Reichsrechtlich war das Gebiet Tirols, joweit es dem Sprengel Brirens und Salzburgs unterjtand, im Verbande mit dem Herzogthum und der Pfalzgraſchaft Bayern, und in Hinficht bes

12 XU. Buch: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahıy. bis 1526.

aber die unaufhörlichen Neibungen der Bürger mit den Biſchöfen von Trient, das Tridentinifche mit Oberitalien verketten, und That: ſache ift e&, daß K. Friedrich II. duch die Bildung des Ge: neralvicariates für Ezzelin, das die ganze Trevifaner Mark und das Veroneſiſche ſammt dem Tridentinifchen einjchloß, eine vorüber: gehende Trennung des leßtern von Deutichland (j. 1236) bewirkte. Der Biſchof von Chur hatte bei feinem Schiedſpruche von 1282 Die faftifhen national=politifhen, nicht die reichsrecht— lihen Berhältniffe vor Augen. An diefes Jahr Tnupft fih dann auch die Anerkennung Tirols als einer Grafichaft des Reiches, als eines gejchloffenen Territoriums.

Seit dem Ausfterben der Babenberger (1246) und dent gemein: deutfhen Zwiſchenreiche (1250— 1373) fommt es zu Uebergangs⸗ verhältniffen, ohne daß principielle Aenderungen in der Stellung diefer Länder zum beutfchen Reihe Play griffen. Zu jenen Ueber: gangsverhältnifien zählt die otafarifche Annerion Oeſterreichs und ber Steiermark, für welche er nichts deſto weniger einen Nechtstitcl in dem Belehnungsbriefe K. Richard's vom Jahre 1262 juchte, und die Ermwerbung Kärnten» Krains von Jahre 1269 1270. Die Nürnberger Reichsſatzung vom Jahre 1274 erklärt jämmtliche jolche Veränderungen als nicht zu Necht beitejend. 1276 giebt der Wiener Novemberfriede alle diefe Länder in die Hände K. Rudolph's I. als erledigte Reichslehen. 1282 kommen Defterreih, Steiermarf und Krain (letteres dem formellen Beſitzrechte nach) mit Turfürftlicher Genehmigung an Rubolph’s I. zwei Söhne, feit 1283 an Albredt I. allein. 1327 wird das Recht der weiblichen Erbfolge durch kaiſer— lihe Gnade dem Grafen von Tirol nnd Herzoge von Kärnten, Heinrich, Exkönige Böhmens, zugeftanden. Die Habsburger erwerben Kärnten (1335) durch zweimalige Faiferliche Belehnung (1330, No: vember, und 1335), Tirol durch Erbſchaft, und nachträglich folgt die Geſammtbelehnung mit diefem, ſowie den andern Ländern durd) K. Karl IV. im Jahre 1364. Solche Gefamnttbelehnungen ertheilte 1298 K. Albrecht I. feinen Söhnen, desgleichen 1309 K. Heinrich VII., 1348 K. Karl IV. den Habsburgern. Sie wiederholten fich unter den jpäteren Königen und Kaifern, während das Haus Habsburg an Befig zunimmt und durch die neue Erwerbung der deutjchen Könige: und Kaijermürde (jeit 1438 und 1440) in eine doppelt günftige Stellung gerät. 1453 ertheilt K. Friedrich ILL. feiner Linie den erzherzoglidhen Titel, der dann ftändig im Haufe Habsburg blieb. Der Ausbrud „Haus Defterreich” taucht in der zweiten Hälfte bes 15. Jahrhunderts bemerfbarer auf, wird aber häufiger erft feit

14 XII Buch: Inneres Staatsleben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 1526.

2%. Wir habe nun das Maß der reichsämtlicdhen und landes- fürjtlihen Gewalt in den einzelnen Ländern und deſſen rechtliche und gejegliche Feſtſtellung kurz zu erörtern. Die Zeugnijfe oder Rechtsdenfmäler dafür bilden a) die allgemeinen Reichsſatzungen, b) die Privilegien der deutichen Kaijer und Könige, c) die Land: bandfeiten, Yandtagsabjchiede und Libelle. A. Zuden allgemeinen Reichsſatzungen, welche für unjere Skizze maßgebend find, zählt, abgejehen von den beiden Goncordaten des deutichen Reiches mit dem römiſchen Stuhle von 1122 zu Worms und 1448 zu Wien und der zmijchenläufigen Neceptationsurfunde K. Albrecht’s II. von 26. März 1439 zu Bunften der Neformationsdecrete des Bajeler Goncilesa) die Lehensjagung K.Lothar's II. von 1136 gegen die Veräußerung der Lehen ohne Erlaubniß des Lehnsheren, 1154 von K. Friedrich I. erneuert, b) die wichtige Gonititution des Leptgenanten über das Regalienrecht von 1158, c) die goldene Bulle Friedrich's II von den Rechten und Freiheiten des Clerus von 1231, d) die wichtige Neihsfagung von 1220 ‘zu Gunften der Yandeshoheit oder des Regalienrechts der geiftlihen, e) die Wormjer Eatung des Kaiſerſohnes Heinrich vom 23. Sas nuar 1231 zu Sunften der landesfürfilichen Gewalt gegen die Städte: verbindungen, Pfahlbürger, Mundmannen und die willfürliche Befeſti— gung der Städte ohne Zuftimmung der Landesherren. hr gegen: über ſteht f) der ziemlich gleichzeitige Reichsabſchied vom 1. Mai, wodurd den adeligen Dienft: und Lehnsmannen der Landesfürften, den jogenannten ministeriales terrae, d. i. den Landſtänden, wie jie nachmals hießen, das Recht der Theilnahme an der Landes: gejeggebung und der Berathung in Landesangelegenheiten eingeräumt ericheint, g) der kaiſerliche Freiheitsbrief zu Gunjten der Zandes- hoheit der weltliden Fürften vom Mai 1232 d. Udine, welchen die Beftätigung der Wormjer Satungen in Januar zu Ravenna voranging. h) Der Nürnberger Reichsabſchied und die dantit zujammenhängende Sagung Nudolph’s I. vom 9. Auguft 1281 über die Ungültigkeit aller fett 1245 durch feine Vorgänger eingeleiteten Beräußerungen von Keichsgütern, i) 1500 1502 die Beitellung eines Neichsregimentes und dem entgegen eines Hofrathes für Die öfterreichifchen Erblande mit der Befugniß, einen beſtimmten Kreis von Neichsangelegenheiten gerichtlider Natur vor fein Forum zu ziehen. Tamit hängt die Verordnung vom 24. Mai 1518 zufanımen, welche den Hofrath aus dreizehn Perſonen öſterreichiſcher Zuftändig- feit und fünf Mitgliedern aus dem Reiche zujammengefeßt. k) Der Kölner Reichsabſchied vom Jahre 1512, wodurch die politifche

16 XII. Bud: Inneres Staatsleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

Cäjar und Nero, „des bejonderen Lieblings der Götter” (!), beitä= tigt und mit befonderen reiheiten für den Herzog Ernſt als „vor: derſten Fürſten der Chriftenheit” (1) vermehrt und, abgejehen von dem minder belangreiden und gleichfalls unrechten reiheitsbriefe K. Heinrich's vom Sahre 1227 (Privil. Henric. minus), welcher den Babenbergern den Gebrauch eines bejondern Diadems zugeiteht; zu der Unterfchiebung der wichtigsten Urkunde, des großen Fride— ricianijhen Freiheitsbriefes (privil. fridericianum majus), von gleihem Datum mie der echte, deſſen bereits oben gedacht wurde. Der unterjchobene Freiheitsbrief jegt in den 88 9, 10 das Erbredit nach der Primogenitur in beiden Geſchlechtern und die Untheilbarkeit des Hausbejiges feſt. Lebteres hängt mit der Hausordnung Albredyt’s I. (j. 1298), insbejondere aber mit der Albrecht's II. von 1355 Hifto- riſch zuſammen, indem dort entiprechend der Gejammtbelehnung auch die Gleichberechtigung aller Brüder, beziehungsweife Söhne, ausge: fprochen erjcheint und Rudolph IV. dieſem einheitsgefährlichen Prin— cipe entgegenwirken will. Dies Beitreben erfcheint wieder in der Hausordnung Rudolph’s IV. von 1364, welche von der Untheilbarkeit der Länder, dem gleichen Befigrechte der Brüder, aber audy von der „oberiten Herrihaft” und größten Gewalt des Welteiten handelt. Der 8 19 des Majus jpriht dem Herzoge Defterreihs das freie, uneingeſchränkte VBerfügungsrecht über das Land im Falle des erben- lojen Hinjcheidens zu, jchließt alfo jeden Heimfall des Lehens an das Neid aus. Nach den 88 1, 2, 13 erjcheint Defterreich wie nur zum Scheine oder der bloßen Form nad als Neichslehen. Denn das Reich foll den Herzog unterjtügen, er dagegen braucht nur mit zwölf Mann (!) Heeresfolge gegen Ungarn zu leiften; jediweder andern Xeiltung iſt er entbunden. Er braucht nicht außerhalb feines Landes die Zehen zu nehmen und er empfängt ſie im fürftlichen Ornate zu Pferde figend (!). Der Herzog von Oeſterreich ericheint als „Pfalzgraf“, „Reichserzjägermeilter”, als Erfter der Fürften nach den Kurfürften, zur Nechten des Kaiſers (8 15), frei von jeder Gerichtögemalt des Reiches (8 6, 7), das Feinerlei Zehen im Lande befiten darf (8 54), denn der Herzog ilt der ausjchließliche Lehnsherr dajelbit; er belehnt nut dem Gerichtsbanne, er allein ift Inhaber der Negalien, jo des Jagdrechtes (Mald: und Wildbannes), der Fiichereien und Waldungen. Was er in feinen Landen verfügt, daran kann weder der Kaifer, noch irgend eine andere Gewalt etwas verändern (8 8), dem hat man in Allem und Jedem zu gehorchen (8 14). Ueberdies dehnt vor- jorglih der 18.8 alle diefe Privilegien auch auf alle weiteren Län- dererwerbungen aus.

18 XIL Bud: Inneres Staatsleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

C. Nun kommen die landrechtlichen Satungen und Landhand- jeiten an die Reihe. Zunächſt muß hervorgehoben werben, daß ſich das aus den Volks- oder Stammredten, den kaiſerlichen Satzungen und aus der Fülle der Weisthümer und lebendiger Rechtsgewohn⸗ beiten namentlich im 12. und 13. Sahrhunderte entwidelnde gemein: deutſche „Landredht” (Privat:Straf-Proceß und öffentliches oder gemeines Recht, bürgerliches Recht, jus civile) und „Lehnrecht“ für Süddeutfchland im Laufe des XIII. Jahrhunderts feine buchmäßige Zufammenftellung als jogenannter „Schwabenſpiegel“, d. i. Spiegel faijerlihen und gemeinen Land: und Lehnrechtes, er: lebte und vom Ende diefes Sahrhunderts an feine wachjende Be: deutung gewann. Die Zujammenjtellung der Handichriften des Schwabenfpiegels zeigt am beiten, wie ftarf er in unferen Ländern verbreitet war. Bon Intereſſe ift es auch, daß in Innsbrud außer einer Handjchrift des „Eleineren Kaijerrechts‘ auch noch ein „Spiegel deuticher Leute“ an’s Licht trat, welcher gewifjermaßen ein Bindeglied zwiihen dem (ältern) Sachſen- und (jüngern) Schwabenipiegel ab⸗

iebt.

Wir haben nun des beſondern oder provinziellen Landrechtes, der Landhandfeſten, der Landtagsabſchiede und Li⸗ belle zu gedenken.

Defterreich beſitzt das älteſte und ſchriftlich überlieferte Land⸗ recht aus der Zeit von 1295—1298 wie das Schlußergebniß des langen bigigen Streites der Meinungen ziemlich unfehlbar darlegt; und zwar in einer fürzern und längern Faſſung, welche letztere 1298 einer, vor dem 21. November über Albrecht's I. Anregung von den öfterreichifchen Zandherren vorgenommenen, Revifion des Land- rechtes, als Entwurf einer öfterreichifchen Landesordnung, den Ur⸗ Iprung verdankt, während in der fürzern Faſſung die frühere und eigentliche Rechtsaufzeichnung vorliegt, jenes Landrecht, von welchem ed ausbrüdlich beißt, „das find die Rechte nad) Gewohnheit des

——

Rudolph's IV. Das Urkundliche über Salzburg in Kleinmayer's Juvavia, Meiller'3 Reg. der Salzb. Erzb. ; über die älteften Immun.:Verhältnifje von Ba f: fau, Regensburg, yreifing, Bamberg in dem oft erwähnten reichhalti: gen Werke von Hirſch; über Trient und Briren bei Bonelli, Sinnader; in Kink's Vorleſ. über Geſch. Tirols, und insbefondere in Durig's Abb. „Beiträge 3. Geſch. Tirols id. Zeit Biſchofs Egno von Briren (1240—1250) und Trients“ (1250 1273) in d. Zeitjchr. des Ferdinandeum (1860) (144 ©.). Weber bie Stellung Gurks die Arbeit von Hirn: Kirchen- und reichsrechtliche Verhält: nifje des ſalzb. Suffraganbisthfums Gurk im Jahreßbericht des Ob.:Gymm. in Krems (1872).

4. IT Puü mies Zuumsieler om Zdirte yes Le. JahtsS. bis 1526.

mit zu Mr 1237, Dur Ne (eornahermr Duudteite gewiſſer⸗ user ze 203 uch 12m: Freiheiten wermeber exjcheint. Bald 15 1377 ecsul zur Mrirerlihe reiberibrter und tauchte erit wıer „ei ur. "

Te ırı23.0%43 Eriteriiche Beſtoͤtigung der Georgen: jesıe: Zearste nz le faderen Jutigen 11249, W. April, Cre⸗ mim: —T ze irre: der m ihre Rechte um? Freiheiten bejorgten Zune, ze Azıı Tem mosolobimiihen Yandtrteden vom 3. De⸗ ac 1273: Bios. falzı die Dundrerte Dieies Kökius vom 18. Ye eu 1277, ır waolser re undgertellt, ala Wiederholung des Feuer eeeiietierss non 1237, aber nicht obme Ab- neärızer Neserıl3 item damals Die landitündiice Freiheit = Seescms zer Döbermfe, von weldem ne fit 1283 im we 13er Ercde m \mereiie der lundesrüritlichen Gewalt eruernater urıteih. Rufis derto weniger zeigt Albrecht’ I. Ur: ca, wz or Mir 1292 su Frieiach ausgentellt, wie der kluge Leierzzier, er r& wire ebtrogen lieh, jegt als Sieger über den Art: 2er Termärkisen Zandberren, dem Weſen nach die väter: ee Gurt sr berritigen für gut fand. Unter den anderen mittel: zer er Eugen det Hatermärtiicben Geſammthandfjeſte jei noch die serernitde Urkunde vom 18. Januar 1414 erwühnt, an ze 22 Zesihundertjährige Brauch knũpfte, ſich von jedem zur 023 Anich Der Erbhuligung eine neue Schriftliche Be⸗ “ern: ver Lorbeerreiheiten ausftellen zu laiſſen und die „Refor⸗

zum ser Yortbenzuet” K. ‚sriedrih's vom 6. November 1445 „me Zur uns WKörkät“ betreten.

m jencrer Zeit gelang es endlich, das mittelalterlide ZEr!TEStter Steiermarf in jeiner Entftehungszeit und Weſen⸗

sor Bezinn der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts aufgezeichnet iein; jedentalls aber inateitens vor 1425. Seine zahlreichen Hand: iqrinen Seseuaen Teınen GGebrauch nicht nur in der Steiermarf, jon: bern auch in Kärnten und wohl auch in Rrain. Wiſſen wir ja doch aus ber Chronif des Abtes Johannes von Tiktring, dab um 1338 bie Kärntner (gewiß aud; Die Krainer) den gemeinjamen Herzog Albrecht II. um ein, dem iteiermärfiihen gleiches, Landrecht baten. Ferner fpricht für jeine Bedeutung der Umitand, daß wir diejes ſteieriſche Landrecht nod im 16., 17. Jahrhundert abgeichriehen und den Sammlungen der widtigiten Landesfreiheiten einverleibt finden.

In den Landhandfeſten Kärntens und Krains, bie uns in Druden aus den Jahren 1492, 1580 ff. vorliegen, begegnen

> II 4 “mc Zuumiieter som Zdirte Bei t. Sich. I II

zer inte a wer Ten Reime aim Nie Urfunde von 13%, Lier Ju Luzlesttzseren eleazmlih Nr Suilicunı an das mas FEcaau: Arurrte Rcultaſch uxd den Seremberoer Jobamn fexzh. md ie: Seren des cite Swan Deinrih ı* 1335) mistetel- Zar r36ı ser Txrriheruncetriet Sud’ 3 des „Brunden- juzıes” 0m u 1342 md der utoße Areibeitsbrier H. Ru ish s IV. som ihre 1353, ibn Die Terrzcerumisurfunde ACAA?ñCMCæ!âexs som zieiden Jeitruntte voraugtua. iur die Aus: MAC 3 Zurtehts bat Die Handieite D. Seorold's IV. vom i£4 unicher Rereb, ver Allem dadurch. dab fie des Verbülmiß 3er Serııcertzz ;a u Untertbanen regelt. As „eries von den Suiwer zur Loriebelt er londestürnliden Gerdhrmigumg erlanienes zımiesswigg” Jar ver Bo;ener Sandragsabidhied vom 8. Ja: zu 142, x zer Tie Zeiten Herzog Sigiemund’s (1446 bis 14": REXAMAMIS (jet 140) ericeinen dur widtige lundes- TIäsTintse Sczungen bkdeuriam, jo die Yandtagsabichieie von 16, 14257, steioudere aber (1490— 1506) die „Getug md Ord⸗ ZIL22T :e serzäten Malensrechten und anderer nottirttigen bendeln des eiccit Tirol“, zugleich das älteite landestürit> Iıh:rigriihe Straigeiegbud (Raleñzordimg) der Deut: jterr. Zänserarurme. Reine geringe Wichtigkeit bat auch die Yandes- wereswuezsorduung von 1511, welde ĩichon in die Klare ber "zenzurer Sandlibelle zählt, auf die wir jegt zu iprechen fommen.

ZurS die Abtretung der Rordoitede Tirols, d. i er Herr⸗ warn Kırrzn, Rizbübel und Rattenberg, an Bavern im Schar⸗ t Arien ron 1359 batte daielhit bie zum Rüdtalle dieies Ge: sıeizs wer Mor 1. das baneriihe Landrecht, oder die jogenannte „Eı$'zza* in achtundzwanzig Raviteln vom Jabre 1346, Geltung.

Aac tn bier der Ort, der verwandten Sagungen ded Salz: szz::r Hosntiitlandes zu gedenken und zwar: des Yandiriedens sea cbre 1244, weldben Salzburg mit den Radbam: Bayern, Ereis, Erärt, Pañau, Regmsburg, Freiſing und Yamberg ſchloß; ser Schkuraer „Zühmebrief“ zwiihen dem Erzbiihore und den Bür: era su Zalibura, der horlich verwandte Landfrieden Erzbiſchofs Fried⸗ r6's II. don 1323, denſen 47. Artifel und über das Borhanden: zeretenieim älterer Salzburger Statutarrechte belehrt und der Vundes⸗ briei der Zandiden Salzburg vom Jahre 1387 während ber Ges tangeribant des Erzbiihois Piligrim. Die Sachlage wieberhofte ñich beim Abichluie des iogenannten „Zaelbundes“ nom Jahre 14 bei dem ——— Erzb. Eberhard's III.

Während die gewöhnlichen Landtagsabſchiede oder Bee

234 XI. Buch: Inneres Staatleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

b) Wir haben nun eine zweifache Gruppe von Rechts— quellen kurz zu erörtern: die Dorf- und Marft: oder Ge: meinderehte, gemeinhin Dorf, Weisthümer oder Panteidinge genannt, und die Stadtrechte, aljo die örtlichen Statutarredhte, unferer Ländergruppe. Ihre nahe Verwandtichaft, aber zugleich den Unterfchied dörfiſchen und ftädtifchen Gemeindeweiens zeichnen die

v. Meiller's Abdrude der beiden Faflungen des Landrecht? im X. Bde. des Arch. f. K. öfterr. Gefch., welcher eine danfendmwertie Sammlung babenbergiicher Privilegien und Stadtrechte enthält: Röſſler's bahnbrechenden afad. Vortrag im 11. Bde. der Sitzungsber. d. Wiener Akad., phil.-hift. KL; Zieglauer’3 Abh., ebenda im 21. Bde; Siegel's Unterfuhungen im 25. Bde. (1860); Hafenöhrl im 36. Bde. des Arch. f. K. öfterr. G. (1866) und in ber Mono: graphie: „Defterr. Landrecht im 13. und 14. Jahrhunderte“ (1867); endlich Luſchin in der Grazer Univerfitätsjchrift v. 1872: „Die Entftehungszeit des öfterr. Landrechts“. Röſſler erfannte zunächſt die wahre Natur diefes Rechts ald Entwurfs in zwei Faffungen, und indem er nachmwies, daß es weder ber Zeit Otafar’3 II. (1252—1276) noch der Rudolph's I. (1276—1282) angehören fönne, wohl aber Anhaltspunkte für die Periode 1283— 1308, namentlich 1295 bi3 1298 vorlägen, localifirte er auch die Abfafjungszeit. Zieglauer fprad fi für den Zeitpunkt 1287 1295 als maßgebenden aus, mad Meiller im 25. Bde. der Sikungßber. phil.=hift. KI. entichieden zu widerlegen ſuchte. Siegel, deffen Verdienſt in einer neuen eingehenden Unterſuchung ber Frage beruht, unterſchied die kürzere Faſſung als einfache Aufzeichnung des Nechtes, wie e8 in einer beitimmten Zeit galt und die längere ald Entwurf einer Landesordnung, als zwei Necenfionen, welche dem 3%. 1237 angehörten. Hafenöhr! beftritt Died und ftellte als Entftehungszeit den weiten Raum der Jahre 1276-—-1330 bin. Siegel entgegegnete darauf im 55. Bde. der Sitzungsberichte (1867). Luſchin begründete in quellenmäßiger Unterfudhung die Andeu— tungen Röſſler's, monad die beiden Denfmäler mit den von Albrecht I. angeregten Revilionsarbeiten d. %. 1298 zujammenhängen.

Ueber die ſteiermärkiſchen Landhandfeſten ſ. Zahn's eriten Jahres: bericht des Landesarchivs der Steiermark v. 1870; Luſchin's Auff. i. 9. Jahrg. d. Beitr. 3. K. ſteierm. G.Qu. (1872) und die ältere Arbeit v. Leitner über die Erbhuldigung in der Steiermart im 1. H. d. Mittb. des hiſt. V. f. St. (1850), wonach der Ausdrud Landhandfeit hier ſ. 1501 den Anfang nahm, Veber das ſteierm. Landrecht den fachfundigen Bearbeiter beffelben:: F. Bifchoff in dem v. hiſt. V. f. St. h. Werke: Steierm. Landredit des Mittelalters (Graz 1875).

Die weitere Literatur in Krone’ Umrifien u. |. w., ©. 426 ff.; vgl. Anm, ©. 359 ff. Für Tirol noch immer maßgebend die gründliche Arbeit von Rapp im IIL, V., VIIL 9. d. Beitr. z. G. v. Tirol und Rorarlberg f. die Geſch. d. Fibelle u. Marimilian I.; Zeibig's Abh. im XIII. Bde. „des Arch. f. K. öſterr. G. Vgl. V. v. Kraus’ ſchon oben cit. Arb. über bie fänd. Bewegung N.-Oefterreiche.

236 XII Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

Es ift, wie die Urkunde des Stadtherrn des letzten Andechs⸗Mera⸗ ners, des Pfalzgrafen Dtto II. (F 1248), bejagt, „das von jeinen Borahnen ererbie, auf feine Zeit hinübergebrachte Recht“. Borarl: berg befist neben den Gemeindemweisthümern von Rankweil, Sulz, Damüls, Dornbirn, Hohenems, Luftenau, Montafon u. U. ftadtrecht- liche Satungen für Bregenz und Feldkirch; erftere aus dem 14. Jahr: hunderte.

An Maffe der Weisthümer und rechtögefchichtlicher Bedeutung der Stadtprivilegien fteht an der Spike der gejammten deutſch-öſter⸗ reichiichen Ländergruppe die Oſtmark, Niederöfterreid. Seine Dorfrehte, gemeinhin Banntaidinge, auch Bergtaidinge genannt, zeigen am beiten, wie reich fih auf einem folchen von Anfiedlern verjchiedenfter Herren und Gegenden durchkreuzten Boden das Weſen der Dorfrechte entwideln mußte, wenn fie gleih in den auf uns überlieferten Denkmälern nicht über das 15. Jahrhundert hinaufgehen. Eines der rechtsgefchichtlich bedeutendften niederöfterreihiichen Pantai⸗ dinge ift das Holenburger von 1563, da es an der Grenzſcheide der eigentlichen Landſprachen oder Dorfrehte und der Markt: und Stadtrechte fteht. Denn gleich der erfte Artikel bejagt, Holenburg genieße alle Rechte und Freiheiten anderer ummauerter Städte und Märkte. Auch das Ebersporfer und Heiligenfreuzer (in „drei Sprachen” getheilt und 120 PBaragraphen ftarf) verdienen bejonders hervorgehoben zu werden.

Das ältefte ftadtrehtliche Denkmal ift das der bifchöflichen Burggemeinde St. Pölten (Fanum Sti Hyppoliti), verliehen von Biihof Konrad III. von Paffau aus dem Sabre 1191. Doch muß ih das ſtädtiſche Gemeindeweſen der uralten Orte Krems und Stein, welches erftere jhon 1125 als „gefreite Stadt” (civitas) auftritt, und Wiens, das auch ſchon 1137 in diefer Weiſe genannt erſcheint, ebenjo früh entwidelt haben.

Miens ältefte Stadtrechtsurfunde von 1221, welche einerjeits mit der ältern Sagung von Enns (1212) zulammenhängt, anderer: jeits einen Fortihritt in den Einzelbeftimmungen offenbart, ift nicht die ältefte ftädtii he Sabung überhaupt; da wir ſchon aus dem Sabre 1208 das landesfürftliche Privilegium H. Leopold’s VI. für die bevorredhteten Zünfte der flandrifchen Tuhmader und Münzer befigen. Das Stadtrecht von 1221 zeigt ein bereits namhaft ent: mwideltes, aber noch landesfürftlih bevormundetes Gemeindeweſen. Der Taijerlihe Gnadenbrief vom April 1237 (erneuert April 1247), welcher Wien zur freien Reichsſtadt erhob und alle Einwohner der Stadt als perfönlich frei erflärte, alle Civil- und Eriminalflagen,

298 XL. Bach: Inneres Staatöleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

Grenzen beſchränkten Autonomie und landesfürjtlihen Bevormunduug findet fih in der weitläufigen Stadtordnung Ferdinand’s I. vom 12. März 1526, worin eine Reihe früherer ftadtrechtlicher Satzungen als unzeitgemäß aufgehoben erjcheinen. Daß in Wien jchon früh: zeitig das Bedürfniß einer Sammlung ftädtiicher Weisthümer oder Schöffenſprüche gefühlt wurde, beweift die Urkunde H. Friedrich’s des Schönen vom Sahre 1320, worin den Wienern geitattet wird, ein NRehtsbuh, das fogenannte Eiſenbuch, anzulegen, worin fie ſchreiben jollen, ‚‚alle die Recht, die fie mit gemeinem Rat und pai dem aide, den fie Uns gejworen habent, erfunden” Eine nicht officielle Sammlung, das „Stadtrechtsbudh” vom Jahre 1435, in 149 ziemlich weitläufigen Artikeln, jpricht gleichfalls für ein ſolches Bedürfniß.

Obſchon wir nun Nachbildungen des Wiener Rechts in ander: weitigen Stadtrechten Niederöfterreich8 begegnen, 3. B. ift dies beim Stadtrehte Heimburgs vom Sahre 1244, bei den Privilegien von Krems und Stein jeit 1305 der Fall, jo ift auffällig genug ein Rechte: zug oͤſterreichiſcher Städte und Märkte mit Wien als Oberhofe nicht be⸗ legbar ,; abgejehen von einem vereinzelten Beifpiele, betreffend das Städtchen Eggenburg (Urkunde vom Jahre 1458). Daß einzelne Rechts: gutachten auch augerhalb des Landes eingeholt wurden, beweiſt der Fall vom Jahre 1505, indem die Iglauer in einem jchwierigen Falle des peinlichen Rechtes fich beim Wiener Stadtrathe anfragten. Diefer befragte diesfalls die Hochſchule und gab dann feine Rechtsweifung ab. Ein zweites Univerfitätsgutachten wurde 1403 in einem Beſitz⸗ ftreite einer geiftlichen Körperſchaft mit dem Landesfürften abgegeben.

Die zweitbedeutendfte Stadt Niederöfterreihd, geraume Zeit wohl auch zur Steiermark gerechnet, W.-Neuftadt, unter K. Fried: rich III. (1440 1493) defjen Lieblingsfig, gebietet über eines der bedeutendften Stadtrechte, deſſen vorliegende Faſſung gewiß nimmer der babenbergijchen Epoche, fondern dem 14. Sahrhunderte angehört, wenngleich ſchon K. Rudolph I. im Sahre 1277 die Stabdtfreiheiten erneuerte und mehrte und K. Otafar II. im Sahre 1253 eine an: geblich goldene Bulle K. Friedrich's II. beftätigt haben fol. Weber: dies befigen wir aus den Jahren 1281 und 1285 Berbriefungen der Handels: und Gemwerbsfreiheiten diefes in den Verfehrsverhält: nifjen des Alpenlandes an der Semeringer Hauptitraße jo bedeutenden Ortes. Das W.-Neuftädter Necht, welches bejonders in den Beſtim⸗ mungen liber die Befugniß der Bürger zu ftatutarifcher Geleßgebung, über Burgrecht oder Civilrecht, Verfahren in bürgerlichen Streitſachen und polizeilichen Angelegenheiten, Hervorragendes bietet, äußert mannig⸗

30 XI. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

vom Sabre 1278; es iſt jedenfalls früher ausgebildet als das von Linz, der jüngern Hauptitadt des Landes. Doch finden wir den Markt Perg ſchon 1269 im Beige der gleichen Freiheit, welche Enns und Linz genießen. Die Zoll- und Mauthfreiheiten von Enns und Linz erhielt 1228 der Ort Ottensheim. Im Salzkammer— gute gingen in Bezug des Marftrehts Laufen, Gmunden und Hallitatt (1311) Iſchl voran, das erit jeit 1392 ſich emporſchwang.

Das benachbarte Hochftiftland Salzburg mit feinem ur: alten Dorfleben in den Tauernthälern der Gaftein, Rauris u. f. w. und in den Thalftufen der Salza: Pongau, Pinzgau, mit den Haupt: bezirfen Mitterfill und Salfelden, gleichwie in dem Lungau am Ober: laufe der Mur, bietet Dorfweisthümer hohen Alters, wenn auch ihre vorliegenden Schriftdenfmale oft jüngern Urjprungs find. Die Stabt- rechte der erzbiichöflihen Reſidenz reichen in ihrer älteften Beftäti- gung bis in’s 13. Jahrhundert zurüd. Zu den mwidtigften zählen die Urkunden des Metropoliten Rudolph aus den Jahren 1286 und 1287. Kaiſer Friedrich ILL. ertheilte den Salzburgern im Jahre 1481 ein Privilegium der freien Raths- und Bürgermeifterwahl. Der Kampf zwijchen der autonomielüfternen Stadtgemeinde und ihrem geiftlichen Herrn erfüllt das ganze 15. Jahrhundert und zeigt in den Sahren 1511 und 1513, in den Tagen des E. Leonhard’s von Keutſchach (1495—1519), das ganz beftimmte Streben der Bürger, reihsunmittelbar zu werden, ich der erzbiihöflichen Gewalt ganz zu entziehen. 1511 zwang der genannte Erzbiſchof feine bür- gerlichen Unterthanen, fich des Faiferlichen Freibriefes von 1481 zu begeben. Unter feinem Nachfolger Matthäus Lang (1519— 1540) gipfelte dieſer Rechtsſtreit, ſchloß 1523 in Folge des jogenannten „Lateinischen Krieges” mit dem erzwungenen Verzichte der Salzburger (1523) auf alle bisherigen Freiheiten, Gewohnheiten und Gebräuche und flammte dann wieder in der Empörung des Jahres 1525 auf.

Wenden wir uns den inneröfterreihijhen Ländern zu. Die Dorfmweisthümer und Marftredhte Kärntens und Krains harren noch einer umfafjenden Sammlung und wilfenichaftlichen Bear: beitung. Von bejonderer Bedeutung erjcheinen in Krain die Goloni- fationsprivilegien der Freifinger Bilchöfe als geiltliche Groß- grundbeliger im Lande für die bayerifchen und kärntniſchen Anfiebler auf Bisthumsgrunde, defjen Vorort das alte Lad (Lonka) oder Biſchofslack wurde. In ihnen fpiegelt ſich am beiten die Bevorzu- gung der Kärntner Coloniſten. Diefe Urkunden reichen bis in’s 14. Jahrhundert erfter Hälfte zurüd. Auch die bijchöflichen Frei-

32% XIL Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

funden des 14. Jahrhunderts bedacht, welche auf ftäntifches Gemein: wejen deuten, ohne daß eigentlihe Stadtrechte vorliegen. Ungleich wichtiger zeigt ſich diesbezüglich der Freiheitsbrief 9. Rudolph's IV. von Habsburg für die von ihm gegründete Stadt Rudolphs- wert (1365, 7. April). Darin ift befonders vom Halsgerichte oder von der peinlichen Gerichtsbarkeit diefer Gemeinde mit Bann und Acht die Rede, welches Recht noch im eriten Decennium des 19. Jahrhunderts durdy Umreiten des Banngerichtsbezirts und Ge: ſchützſalven erinnerungsweije gefeiert wurde.

In der Görzer Grafſchaft entwickelt ſich das ftädtifche Weſen jeit dem 14. Jahrhundert. Görz felbit erhielt ftädtifche Privilegien vom Grafen Heinrich II. im Jahre 1307; fein Markt: recht ift älter, es Tnüpft fich fhon an das Jahr 1210. Die Markt: ftatuten von Cormons beginnen mit den Sahren 1436, 1453 und 1460.

Von hervorragender Bedeutung erſcheint das Statutarweſen Iſtriens. Während die einftigen Vororte des binnenländiichen Noritum an die römische Vergahgenheit nur durch ihre Trümmer mahnten oder fpurlos verſchwanden, andererfeits, wie Poetovio und Celeja, ähnlih den Orten Ufernoritums (3. 3. Obilabis Wels, Lentia Linz, Laureacun Lord Enns, Comagene = Tuln, Bin: dobona Wien u. f. mw.) von mittelalterlihen Neugründungen ge: wiſſermaßen aufgejogen erſcheinen; jenes aus der karantaniſchen Epoche zur erzbifchöflichen Stadt Pettau, diefes zum grundberrlichen Orte Eilli wird, der erft um die Mitte des 15. Jahrhunderts die Ningmauer, das Symbol ſtädtiſchen Weſens, empfängt, nahmen die iftrifhen Küftenorte des Adriameeres ihre römische Vergangenheit im Rechtsleben als mittelalterlic) gefärbten und umgeltalteten Rechts- brauch hinüber. Dielen Gedanken einer uralten Grundlage des bürgerlichen Statutenweſens ſpricht am nachdrücklichſten das Stadt: reht von Pola (Pietas Julia) aus dem Sahre 1431 aus, deſſen beigegebene Rechtsbeſchlüſſe (Parti, prese nel consiglio del comun et uomini della città di Pola) von 1367 anheben. Der ältefte uns erhaltene ftadtrechtliche Freiheitsbrief ift der vom Jahre 1321. PBarenzo ließ feine durch feindliche Zeritörung der Stadt vernichteten und zeritreuten Statuten um 1363 jammeln. Unver: fennbar erfcheinen als Grundlagen das römiſche Recht und der Rechtsbrauch Venedigs, unter deffen Botmäßigfeit Parenzo jo gut wie Pola gerieth. Eine Sammlung der Statuten von Cittanova knüpft fih an das Jahr 1450; zeitlich und inhaltlich verwandt find die von Rovigno und Montona.

34 XII. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

Ausdrud gemeindeuticher Rechtsanſchauungen zu gelten haben, fußten dann die provinziellen Land: und Gemeinderechte Oeſterreichs, Salz- burgs, Steiermarfe, Kärntens, der deutfchen Anfiedlungsbezirfe Krains und Deutichtirols in feinem Haupttheile.

Bon untergeordneter Bedeutung in Bezug feiner Ausbreitung in den deutjch:öfterreihifchen Landen erſcheint die Wirkſamkeit des ale: manniihen oder ſchwäbiſchen Stammredtes; doch erſcheint es für die ganze Landſchaft um den Arlberg, im Vorarlbergifchen, im tiroliſchen Lechthal, im Ober-Innthal, im Vintſchgau und deſſen Desthal:Stubayer Nachbarſchaft, von Belange, felbft im Eifad- und Pufterthale, nur daß im Tirolifchen begreiflicher Weife feine Bejonder: heiten in dent vorherrſchenden bayerifchen Rechtsbrauche allgemach vers ſchwammen. Das fränkiſche und ſächſiſche Stammredt darf als dur Coloniſation örtlih verjprengt angenommen werden, ohne daß eine genaue urkundliche Firirung durchführbar wäre. So finden ih Spuren im Valſugan in der Gemeinde Pergine (Perſen); auf den Gütern des bambergifchen Hochſtifts, namentlich in Kärnten dürfte an oftfränkifche Einwanderer und deren Rechtsbrauch zu denken fein. Eine um jo größere Wichtigkeit behauptet das longobardiſche Stammredt und dann nad) feiner Romanifirung ale lombar: difher Rechtsbrauch für den Süden Tirols, wie dies die alten Statuten des Trienter Bisthumlandes offenbaren. Auch für Iſtrien hatte es Bedeutung. In den dortigen Städten kam dann ſpäter mit der venetinnifchen Oberherrichaft auch venetianifches Rechtsweſen immer mehr in Aufnahme.

Abgeſehen von der lebendigen Fortdauer römiſcher Rechtsan- Ihauung im Küjtenlande der Adria mußte hier auch die Necep: tion des römiſchen Rechts zunächſt eintreten, während dieſe in den nördlichen Alpenländern ſich erſt in der Schlußzeit des Mittel: alters in der gelehrten richterlichen Praris Bahn brad) und, wie der Inhalt der Bauernbeichwerden im Jahre 1525 zeigt, fchlechtes Blut im LZandvolfe machte. 1460 fchrieb der Brirener Biſchof Cufanus an den herzoglichen Rath Weineder: Der Herzog (Siegmund) folle Lehrer „des gejchriebenen Rechts“ berufen, damit er wiſſe, was Rechtens jei. Dies war allerdings eine hämifche Bemerkung; doc) binnen einiger Jahrzehnte machte ſich das gejchriebene, gelehrte Recht als landesfürjtlidyes immer mehr geltend. Im Süden galt Dies Recht Jahrhunderte früher. So verlangte 3. B. der zwiſchen Trieit und den Habsburgern im Jahre 1382 abgefchloffene Grundvertrag, daß die beiden Vicare des Stadthauptmanns bes kanoniſchen und des römiſchen Rechts kundig feien.

XIL Puh: Inneres Staarsieben vom Schlurie des 10. Iabrh. bis 1526. 35

Beachtenswerth eriheinen einzelne Rechts-Bewidmungen. Das vorarlbergiiche Felbfirdy erhielt 1239 ſein Marktrecht nach dem Mutter der reihefreien Stadt Lindau am ſchwäbiſchen Ufer des Bodenſee's; die Stadt Til im ofttirolifchen Bezirfe Reutte im Jahre 1327 das Stadtredht der ſchwäbiſchen Reichsitadt Kaufbeuern, was auch auf Rechnung des uralten Zuiammenhangs diejer Gebiete mit dem Schwabenlande fommt. Gleiches Intereſſe erregen einzelne That: ſachen, weldhe den Zujammenbhangvon Rechtsanſchauungen in Rechtsdenkmälern der Alpenwelt mit dem fernen deutichen Norden darthun. So ftimmt 3. B. das Innsbrucker Stadtredt in einigen Punkten mit dem Lübeder zujamen, und die alten Richter und An- wälte Tirols pflegten bei dunfeln oder widerjprechenden Stellen der Landesordnungen die Commentare des Lübeck'ſchen Rechtsbuches zu Rathe zu ziehen (wie dies ein Kemmer des alten tiroliihen Rechts behauptet). Minder auffällig ericheint natürlich die bedeutende Menge von Handſchriften des Schwabenjpiegels als ſubſidiärer Rechts: quelle in den deutjch-öfterreihiichen Ländern. *)

*), Literatur zur Gefch. der Stadtrechte und Weisthümer (vgl. die allg. Lit. IL, S. 66062). 3. Biſchoff, Oeſterr. Stadtrechte u. Privil.; Chabert a. a. D.; Krone, Umrijfe u. |. m. (Literaturnachweife und Materialien S. 408—410, 4341—448, Anm. ©. 461-—466 ; 474—480).

Tirol: Hormayr's Werfe über Tirol; Rapp a. a. O.; Kinf, Codex Wangianus (Einleitung). Die Weisthümer bearb. v. Zingerle. Oeſter— reich u. d. E.: Hormayr, Denkw. d. St. Wien (Urkundenanhang); Würth, D. Stadtrecht v. W.-Neuſtadt, Sep.⸗A. (1846); Tomaſchek, Die Rechte und Freiheiten der Stadt Wien, 1. Bd. (1877) (als J. Abth. der Geſchichtsquellen ber Stadt Wien). Die Weisthümer, vgl. Kaltenbäck's Sammlung (1846 bis 1848) und Arch. f. K. öſterr. &, XI, XII, und die von Zahn im XXV. Bde. ebenda. Ober-Oeſterreich: Die Weisthümer bearb. v. Lambl (früher von Meiller, 7); Reg. der Stadt Enns v. Oberleitner, Arc. f. K. öfterr. &., XXVI. Bd. Salzburg: Die Weisthümer b. v. Siegel u. Tomaſchek; z. Geſch. v. Salzburg d. Urk.:Anh. d. Iuvavia u. d. Publ. des V. f. Landeskunde; auch Kleinmayerns, des Verf. d. Iuvavia, unpart. Abb. von dem Staate des 5. Erzſtifts Salzburg und deſſen Grundverfafjung (1770). Steiermarf: Die Weisthümer, 3. Herausgabe gefammelt, bearb. v. Biſchoff unter linguiftiicher Beihülfe Schönbach's (vgl. den 1. u. 2. Bericht über Weisthümerforſchungen in Steiermark v. Biſchoff i.d. Sikungsb. d. k.k. Akad. d. Wilf., hiſt. S. [1876, 1877]); die Privil. von Graz und Brud, 5. v. War: tinger (1836, 1837); vgl. W's. Abh. über „Märkte, die einjt Städte waren und jo genannt wurden” fteierm. Ztichr., n. F. 1835, die Priv. v. Radkersburg, b. v. Hofrichter (1832). Kärnten: Arch. f. Sübbeutfchland (v. Hormayr) I; Ankershofen's Reg. i. Arch. f. K. öſterr. &. (1849) u. f. Auff. in

3*

36 XII. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

3. Wenden wir uns nun der Entwidlung der Territorial: verhältniffeund des Berwaltungsorganismus zu. Die, breitere Grundlage diefer kurzen Skizze bot das ſechſte Buch dieſes Werkes: „Der biltorifhe Boden Oeſterreichs“ (I., ©. 297—376).

Die territoriale Entwidlung der Landichaften und der davon bedingte Verwaltungsorganismus erjcheint in der mittelalterlichen Zeit in drei Epochen gegliedert. Die erſte reiht von der Karolinger- zeit bis beiläufig zur Mitte des zwölften Jahrhunderts und Tann ale Epoche der Gauverfafjung gelten; die zweite und dritte fließen in einander über. Die vorlaufende zeigt die Auflöſung der Gauverfaſſung und die Ausbildung der geiftlihen Immu- nitätögebiete, andererſeits der dynaſtiſchen Grundherrſchaften, wäh: rend bie dritte und leßte Epoche die Durhbildung der landes- fürftliden Gewalt und des ihr entſprechenden Ver: waltungsorganismus offenbart. Als beiläufige Beitgrenze zwiſchen diejen beiden Epochen mögen die Jahre 1220—1356 gelten; wir wählen fie deshalb, weil 1220—1230 die reichsgeſetzliche Feſt— ftellung der Landeshoheit, der geiftlichen und weltlichen Reichsfürſten vor fih ging und 1356 die goldene Bulle an der Schwelle des Zeitraumes fteht, in welchem die landesfürftliche Territorialgewalt immer entfchiedener den Weg zur Alleingeltung einjchlägt, die an- deren reichunmittelbaren Gewalten geiftlicher und weltlicher Art zur Anerkennung der politiihen Abgefchloffenheit des Landes oder zum Aufgeben ihrer Ausnahmeftellung nöthigt und ihr Gegengewicht nur in dem gleichen Scrittes ausgebildeten Ständewefen findet.

Die Gaue ald Amtögebiete, d. i. „Gaugrafichaften“ im Be: reihe unjerer Donaualpenländer, kamen bereits zur Sprache, mo

Chmel’3 öfterr. Geſchichtsforſcher L, 2.; Herrmann in ber färntn. Ztichr., V., VI. H., über St. Veit u. Klagenfurt, Carinthia (1858), Nr. 45, 46, u. Gmünb. ; Hohenauer, Friefah (1847). Krain: Richter in Hormayr's Arch. (1829) und in Klun’3 Archiv, 2., 3. Heft, S. 140 f., über Laibach. Vgl. E. Eofta i. d. öfterr. BU. f. Lit. n. Knuſt (1855), Nr. 43; Mitth. des hiſt. V. f. Kr. u. f. w., die Gitate in Dimig’ Geſch. Krains, L, S. 236 ff. Ueber die Freifinger Ur: Tunden f. die Krainer Colon. den Aufj. v. Zahn in den Mitth. des hiſt. V. f. Krain 1861. Ueber Görz vgl. Czörnig's Hauptwerf. Iſtrien und Trieft: die Arbeiten v. Kandler: Codice istriano; Statuti municipali del comune di Trieste, che portano in fronte l’anno 1150 (1849); storia del consiglio dei Patrizi di Trieste (1858). Pola: stat. munic. Trieft (1843); Parenzo: St. m., ebenda (1846); Rovigno in d. Istria (1851); Cittanova: ebenda (1851). Weber die Statuten ber oflabriat. Infeln: Notizen in dem reichhalt. Werke v. Sandi, Principi di storia civile della Republ. di Venezia, II, 1.

38 XL. Bud: Inneres Staatäleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

Serzogthümer, Marten, Gaugrafichaften und deren Unterbezirfen faum im Allgemeinften, geſchweige denn im Einzelnen, nachweisbar.

Die thatlächlichen Erjcheinungen diejer beiden Epochen auf dem Boden der deutjch-öfterreichifcehen Länder treten verhältnigmäßig früh auf, da dieſe, an der ſüdöſtlichen Umfangslinie des deutſchen Reichs gelegenen Länder fich einerfeits der Ausbildung geiftlider und weltlider Herrihaften auf Koften und an Stelle der Gaugrafihaften durch Schenkungen und Freiheitsbriefe der deutfchen Krone jehr bald eröffnen, andererjeits die Habsburger zu Beligern der Hauptländer im Verlaufe von beiläufig fünfzig Jahren geworden (1276, eigentlih 1282—1363), vermöge ihrer bedeutenden Haus: macht, und dann als Inhaber der Reihstrone ihre landesfürft: lide Gewalt gleihmäßig und zielgerecht auszubilden in die Lage Tamen.

Fallen wir in’s Auge die Folgen jener Auflöjung des Gau: wejens, jodann die Geltaltung reichgunmittelbarer Territorien geift- liher und weltlicher Art und endlich die Ausbildung der einheitlichen landesfürjtlihen Gewalt und zwar in ihren Rüdwirkungen, jo er: geben ſich nachltehende Erjcheinungen. Der Gau wird Befik geift- licher Smmunitäten, entweder durch bloße Schenkung des bezüglichen Grundes und Bodens an die Hodhitifte, oder durch gleichzeitige Uebertragung der Grafſchaftsrechte an diefelben (3. B. an Salz: burg, Aquileja, Trient). Vornehme, begünftigte Gejchlechter behaupten die gaugräfliche Gewalt erblih, erlangen Gauboden als Lehnsbefit, verbinden ihn mit ihrem Allodialgut, erweitern ihr Gut durch Kauf, Tauſch oder andere Mittel, und erjtehen bald als mäch- tige Dynaftieen, welche aus der Vogteigewalt über Hochſtifte und Klöfter Durch dauernde Innehabung, ja Erblichkeit, bedeutender Kirchen- leben, als Nutgenüßen der Bogtei, wachienden Gewinn ziehen und, auf ſolche Weiſe emporgefommen, ſchließlich Würde und Geltung von Reihsfürften erlangen. Man denke nur an die Eppenfteiner, Traungauer, an die Lavantthbal:Sponheimer Grafen, an die Grafen von Tirol und an die Görzer. Andem der Gau jeinen Charakter als reichsamtliher Verwaltungsbezirt in jolcher Weiſe verlor und herrfchaftliches Gebiet wurde, büßt er auch in der Regel feinen Namen ein, oder erhält fich derjelbe nur als Gegen: namen bis auf unjere Zeiten. Die Tleineren Gaubezirfe, an welche urjprünglich gedacht werden muß, die Zehentichaften oder Defanieen, deren Name fih im Tiroler Lande örtlich lange als „Techeney“ behauptete, verfielen zunächſt diefem einem Zerjegungsproceile der Gauverfaffung. Sie find auf dem alteröher deutichen Boden der

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Hoheit: und Immunitätsrechte zumendet. Dazu treten die an Zahl mächtig anwachtenden Landesklöſter mit ihrem fich rafch mehrenden Grund und Boden. Die Herzoge, Dearfgrafen und Grafen, zu erbliden Zandesfürjten geworden, erwerben nicht nur felbjt immer mehr an meltlich - geiftlidem Lehnbeſitz, ſondern verleihen von ihrem eigenen Gute immer mehr an die wachſende Zahl ihrer Dienitmannen (Minifterialien), was ebenfo bei den geiftlichen Großgrundbefigern, Hochſtiftern und Klöftern der Fall ift. Weltliche und geiftlide Grundherren wetteifern endlich mit den LZandesfürften in der Befiedlung der noch unbebauten Bodenmaffe, in Anlagen von Dörfern und in der Ausgeftaltung ihrer Lieblingsfite, Bfalzen, Reſidenzen, der wichtigen Handelspläge und Grenzorte, zu Märkten und Städten, an deren Spite die landesfürftlichen privilegirten Vororte mit mwachjenden Immunitätsrechten oder joldhen Freiheiten treten, welche ihren Befig und ihre gemeindlihe Autonomie fördern.

So vielgeitaltig erſcheinen die Belitverhältniffe und die ihnen entiprechenden Lebensfreife und Gewalten in diefer Epoche der Terri- torialverfaffung.. Der Landesfürſt (Erzbiſchof und Bifchof mit Reichaunmittelbarkeit, Herzog, Markgraf, Graf mit Reichsfürſtenrang) ericheint als Inhaber der königlichen Gewalt: und Nubungsrechte oder Regalien. Er handhabt den hohen Gerihtsbann in wid: tigen civilrechtlihen Fällen und ſchweren Verbrechen, die an Leib, Leben und Gut greifen (den Blutbann oder die höhere, peinliche Gerichtsbarkeit), perſönlich oder durch feine ämtlichen. Vertreter nach „Landrecht“ an beftimmten Zeiten in offener Schranne. So hielten j. B. die öfterreihifchen Markgrafen-Herzoge ihr Gericht zu drei Zeiten an den herkömmlichen Wahlftätten: Tuln, Mautern, Neuburg (Klojter-Neuburg). Er bezieht dafür die entfallenden Gerichtsgelder, Bußen, „Wändel” oder „Peenen“ (poena), auch „Blutpfennig” genannt (denarii de judicio). Die Ausübung des höhern Gerichts- bannes im Lande fteht nur ausnahmsweiſe den hierzu durch das Reich oder durch landesfürftliche Einräumung Berechtigten zu. So wahrt das kaiſerliche Privilegium von 1156 den öfterreichifchen Herzogen ausdrüdli ihre alleinige höhere Gerichtsbarkeit, welche feine, „weder geringe noch hohe, Perfönlichkeit‘ beeinträchtigen dürfe. Dagegen fteht die niedere Gerichtsbarkeit, aljo die Juris— diction über geringere Klag- oder Straffälle, deren Buße 3. B. nicht über ſechs Scillinge (das mittellateinifche solidos) Geldes betrug, und welche man fpäter patrimoniale Gerichtsbarkeit nannte, ben geiftlich-weltlihen Grundherren zu. So fagt eines ber älteften und wichtigſten Landrechte, das öfterreichifche, vom Schluffe des 13. Jahr⸗

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zwanges, der Waarenniederlage und des Vorfaufs, an den Strömen auch Stapelreht (jus stapulae) genannt, den Kandel zwiſchen Deutihand und Stalien, Weit: und Oſteuropa, desgleichen den levantinifchen Tranfitohandel, als Gejchäftsfreunde Venedigs, vermittelten. Man unterjchied Waſſer- und Weg: oder Straßen: Mauthen und Zölle („naſſe“ oder „Talte” und „trockene“ Mauthen und Zölle). Die Landesfüriten übten Dies Recht durch eigene Beamte und deren Diener aus, oder verpadhteten es an ihre Städte, oder geitatteten diefen, eigene Mauthen zu errichten. Auch private Grund: herren fuchten fic) dies gewinnbringende Recht immer mehr anzueignen, was von den Landesfürſten zu Gunften ihres Negales oft ernitlich befämpft wurde.

Auf das Net, Juden als abgabenpflicdhtige Kammerfnechte zu halten, werden wir als ein dantals wichtiges Regale anderorten zu ſprechen Tommen.

Zu den maßgebenditen Befugniffen der landesfürftlichen Gewalt zählte altersher das Recht, zunächft für den Kriegsbedarf außer: ordentlihe, allgemeine Auflagen (Contributionen) von Fall zu Fall nach wechjelnden Grundfägen zu erheben: als Grunb-, Gewerbe-, Einfommen-:, Kopf: oder Leib, Klaffen: oder Stände: ftener. Regelmäßige, fejtbemeijene, allgemeine Steuern gab es nicht. Dagegen floffen regelmäßig in die landesfürftlichen Kammern die Srundzinfe von den Domänen, die Steuern landesfürftlicher Städte und Märkte, die Einfünfte von der durch den Landesfüriten geübten Beihirmung vor Hoditiften und Klöftern (Vogtei, advocatia eccle- siarum) u. ſ. mw. Je weiter in die Vergangenheit hinauf, deſto mehr überwogen die Zinfe oder Abgaben in Naturalien (3. 3. Marchfutter Pferdefutter, Vogthaber u. ſ. w.).

Der Landesfürſt gebietet ausſchließlich zur Vertheidigung des Landes als des ihm anvertrauten Reichsgebietes über den Heerbann. Dieſe Heerbanns- oder Wehrpflicht regelt genau das oben angeführte öſterreichiſche Landrecht. Dem Aufgebote zur Landesvertheidigung haben alle Grundherren, weltliche und geiſtliche, mit ihren Mannen und Grundholden Folge zu leiſten, ebenſo die Bürger und Bauern des Landesfürſten. Jeder leiſtet dem Heeres— folge, deſſen „behauſter Mann’ er ift, d. i. auf deſſen Grund und Boden er feßhaft erſcheint. Rüftzeug und Pferd hat jeder felbit zu beftreiten und zu erhalten. Wer von den Berpflichteten die Heeres- folge weigert, büßt mit Geld. Dagegen dürfen die Mannen ihrem die Heerfahrt nicht leiftenden Herrn die „Heeriteuer” verjagen. Bei Kriegszügen des Lanbesfürften außerhalb der Landesgrenze entfällt

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bei all’ feiner Vielartigfeit nach der einen und andern Richtung hin we⸗ fentlich vereinfadht. Die wachſende Ausbildung der landesfürftlichen Hoheit läuft parallel mit dem allmähliden Verfhmwinden der reihsunmittelbaren geiftlihen und weltlichen Sonder: gewalten. Die ausländifchen Kirchenvorjteher bequemen fich zur Anerkennung der Oberhoheit der Landesfürften in Hinficht ihres in- ländiſchen Beſitzes, die landſäſſigen Hochitifte begeben ſich wichtiger Smmunitätsrechte, wie wir dies einerjeits in den habsburgifchen Verträgen des 14. und 15. Jahrhunderts mit Salzburg, Aquileja, Freifing, Bamberg, Chur u. f. w., andererjeits in den WMaßregeln des öfterreihifchen Haufes gegen Briren und Trient, namentlich unter 9. Rudolph IV. (T 1365) erkennen. Die Inhaber reichsun- mittelbarer Graffchaften fterben aus oder bequemen jich zur Anerkennung babsburgischer Landes: und Lehenshoheit. So giebt es feine unab- bängigen Gewalten mehr, und das Hofgericht des Lanbesfüriten über die eigenen dienſt- und lehnspflichtigen Mannen überflügelt an Bedeutung das Landgeridht. Der Begriff der Negalien entwidelt fih und wird immer ftrenger, und ebenjo erweitert ſich der Kreis der „fiscalifchen Handlungen‘ oder der Thätigleit des Kammerprocu⸗ rators. Der Staatshaushalt bedarf der Raitkammern (Rechnungs: fammern, Staatsbuchhaltung). Befonders drüdend geftaltet ſich das. landesfürftlihe und überhaupt grundherrlide Sagd:, Wald: und Fifchereirecht; vor Allem der Wildbann, die ftändige Klage der Bauernſchaften. Die Säte der Mauthen und Zölle werben thunlichit erhöht, die Münze, für deren befjere Prägung und Werthfeftigung H. Rudolph IV. Vieles that, verfällt namentlich im 15. Jahrhundert einer wachlenden Verſchlechterung; die allgemeinen Steuern werben häufiger. Die Abgaben der landesfürftliden Städte erhöhen fih dur die Aufhebung der Steuerfreiheit der Häuſer und Höfe

G. db. Bergm. i. Lavantthale, Oeſterr. Arch. (1833), N. 94 f. Vgl. Luſchin, münzgeſch. Porit. a. a. DO.

Salzmonopol: Koch-Sternfeld, d. deutichen, insbeſ. bayer. u. öfterr. Salzw. i. M.:A. u. f. mw. (1836). Vgl. Kurz i. Hormayr's Arch. (1816) u. i. ſ. G. Oeſterr. u. Friedrih db. Sh. Mauth u. Zoll: Kurz, Delterr. Han: belögeich. des M.:A. (1822). Einſchlägiges Material über al’ diefe Momente in ben verfchiebenen Werfen db. Provinz.-Geſch. von Pritz, Muchar, Herrmann, Dimitz, Czörnig, Hormayr, Egger u. f. w. Kriegsweſen: Kurz, Defter. Militärverfaffung in älterer Zeit (1825) u. Geſch. db. Landwehr i. O.⸗Oeſterr. (1811); Schlager, Wiener Skizzen I. 1836 u. N. F. ILL 1846.

Vgl. über d. Ganze auch: Krones’ Umriffe a. a. O., S. 277—374 u, Belege, 375—400.

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„Ober-Oeſterreich“ (Tirol, Vorarlberg) und „Border: Defterreich” (oder die ſchwäbiſch-elſäſſiſchen Vorlande). Die Finanzen beforgen Hoflammer (der in Tirol eine „Schaglammer” vorangegangen war, mit einer Controlbehörde, dem „Gegenſchreiber-General“ feit 1492 zur Seite) und Raitkammer, legtere die oberſte Staatsrechnungsbe- börde, aus welcher dann die Staatsbuhhaltung erwuchs. Unter der Hoffammer der einzelnen Ländergruppen ftehen Vizthum (Vice- domini), Münzmeifter, Mauth: und Zollbeamte, Rent: und Forft- meifter, Amtleute, Pfleger der Domainen u. ſ. w. Das Gerichts: wefen verjehen Hofgeriht, Landgerichte oder landesfürftlihe Bann⸗ gerichte mit den Land» und Bannrichtern, Pflegen u. ſ. w. Die Lande ſelbſt erjcheinen nach Vierteln, Thälern, Herrichaften, Gerichten u. ſ. w. geographiich-politiich gegliedert. *)

Noch haben wir einige Bemerkungen über das Berhältniß des Staates zu den firhlidhen Gemwalten auszufprechen, wie es fih am Schluffe der mittelalterlihen Epoche herausftellt. Es ift unvertennbar, daß dic Habsburger mit Geſchick und eiferner Zähigkeit darauf hinarbeiteten, einerjeits den Päpften Zu- geitändniffe bezüglich der Beſetzung der Landesbisthümer abzugewinnen, andererjeits, was bereits angedeutet worden, die auswärtigen Hoch: stifte wie Ealzburg, Paſſau, Freifing, Bamberg, dahin zu bringen, fih auf Koften der Sonderrechte ihrer Reichaunmittelbarfeit in ben lanb- Ichaftlichen Bermaltungsorganismus zu fügen, bezüglich ihrer Güter im Lande die landesfürftlihe Gewalt anzuerkennen. Gerade die Zeiten K. Friedrich's III., des Vaters Marimilian’s I., zeigen, wie entichieden

*) Literatur. Außer den Monograpbieen von Lichnowski, Kurz, Huber, Buchholtz, Geſch. Ferdinand's I. (Einleitendes über Maximilian's I. Organi- jationen); über Geſch. d. Habsburger bie cit. Werfe (II, ©. 575—77) 3. Geld. Marimilian’d I. und die Werke über öfterr. Provinzialgefhichte. Heß, über db. Burgredht im 11. Bde. des Arch. f. K. öjterr. Geſch, ©. 761 ff.; Springer, Geſch. Nachw. bes Jagdregales i. den öjterr. 2. im öfter. Arch. v. Riedler, Nr. 153, 154; Bidermann, Geh. d. landesf. Behörden in und für Tirol (Ar. 1. ©. Tirold [1867)); A. Jäger, Tie ftänd. Verf. Tirol® (1848) (Heer: wejen); Schlager, Wiener Skizzen aus dem M.:A., 2.R. (1836). Die Wiener Hofſchranne v. 1370. Ueber das fteierm. Rüftwefen im M.:A. in den Mitth. bed hiſt. ®. f. Steierm., 18. 9. (Kinnaft, Krones). Ueber K. Friedrich's TIL firhlihe Politif. Vgl. auch die neuejte Abb. Dr. %. M. Mayer’s (55. Bb. bed Arch. f. öfterr ©. [Wien 1877]), „Die Abdanfung des Erzb. Bernhard v. Salzburg u. ſ. m. (1477— 1481), welche biefe Epifode der öfterr..ung. Geſchichte auch aus neuen Materialien beleuchtet. Mayer leugnet, daß Bekenſlöer's Flucht einer ber Gründe des Krieged zwiſchen M. Eorvinus und K. Friedrich geweien fei.

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ficiale und im fpätern Lehnsſyſteme des deutſchen Kaiſerreichs der größte Theil des Adels in einen Beneficial: und Lehnsadel um, der mindere, ärmere Edelmann wird Vafall des höhern, reihern Herrn und jo geht es bis zum Throne hinan; denn auch die erften Reichs⸗ fürjten ftehen in Lehensverhältnifien.

Wenn wir die nach den Abftufungen des Wehrgeldes, d. i. der Sühnung des Todtichlages mit Geld (in Schillingen, solidi), ge: gliederten Ständeverhältniffe, zur Zeit der Geltung der germanifchen Stammredte und karolingiſchen Capitularien, alſo bes 7. bis 10., mit denen der Ausbildung des jogenannten Heerjchildes im Lehns- ftaate des deutſchen Reiches vom 12. und 13. Jahrhunderte jche- matifch zufammenftellen und Hierbei einerfeit® das bajuvariſche und allemannifhe (ſchwäbiſche), beziehungsweije das lom— bardiiche Geſetz ala das für unfer deutjches Alpenland damals maß: gebente, andererjeits den Shwabenjpiegel vor Augen haben, ale Ausdrud ſüddeutſcher Nechtsverhältniffe, fo ergiebt fi, unter Rückſichtnahme auf das ſpecifiſch heimathländiihe Urkundenweſen, nachſtehendes Doppelbild der Ständellaffen:

a) Für die ältere Epoche:

1. Der Fürft oder Herzog. 2. Die Bornehmen, Mächtigen, hoch: adligen Großgrundbefiger (illustres, nobiles, clarissimi, potestativi homines). 3. Die „mittleren“, „guten“ Leute (mediocres, boni homi- nes, bonae fidei, von gutem Bermögenscrebit), edle Leute von mittlerem, erbeigenem Beſitze. Das find die beiden Klaſſen der Edelfreien, der Ed⸗ linge, welche wir unter den Deutjchen, Slaven und Romanen unjerer Al: penländer vorfinden. 4. Die „minderen“ Leute (minores), das „Volt, welches dennoch frei iſt“, wie es im bayerifchen Geſetze (II., 8 3) beißt, die Mafje der „Volksfreien“, „Gemeinfreien‘, oder die Heerbannpflich- tigen (homines exercitales, herimanni, arimanni). 5. Die durch Hand- ſchlag (manumissio) oder durch Schriftliche Erklärung (per chartam) Freigelaffenen oder Freigemachten (frilassi, liberti). Das ift die Mittelklaffe zwiichen den Eigenfreien (ingenui, liberi homines) und unfreien Leuten, zu welcher noch eine Uebergangsklaſſe tritt, gebildet aus den durch die Langobarden in Oberitalien und in der nördlichen Nachbarſchaft des Alpenlandes (Südtirol), untermorfenen romanifhen Bauern (aldiones), und den in gleiche Verhältniffe durch die bayerisch-fränfische Herrſchaft verjegten gemeinfreien Slaven Karantaniens und der nördlichen Nachbarſchaft, wohin auch Die Reſte römischer, d. i. romanijcher Bauernbevölferung im öftlichen Bojoarien (Dber:Oefterreih, Salzburg, Nordtirol), die „abgaben- pflihtigen Romanen” (romani tributales) zählen müflen; ferner

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(capitulare de villis), die Urfunden der Fürften und Kloſter. Denmach begann das Handwerf gemeiniam mit der langjam ſich entwidelnden Kaufmannſchaft, beide der Dutterboden des „Bürgerthums“, d. i. der um die Pfalz des Königs, der geiftlihen und weltlichen Fürſten angefiedelten und von der ſchützenden Burgmauer umgebenen Gewerbs- und SHandelsleute, in den niederen Standesverhältninien der Leibeigenihaft und „Hörigkeit“; es wurzelte in perlönlidh- dinglidher Unfreiheit; auf dieler Stufe befand es ſich zur Zeit der von uns jfiszirten Epoche. Es ift die Zeit, wo der Ausdrud „Mi- nifterialen”, d. i. Dienende, den Xeibeigenen und Hörigen zunächſt bezeihnete und doch auch ſchon alle Dienftverhältniiie bis zu den höchſten, Königs: und FFürftendienften, zu umfaſſen begann.

Mit großer Strenge Hält das Geſetz den Begriff der freien, ehelichen Geburt und der Ebenbürtigfeit feit; das Kind gemifchter Che folgt der „ſchlechtern Hand“, d. i. gehört der mindern Standesflafje des betreffenden Gatten an. Und ebenſo ſchroff bildet fih die Anihauung von der an befitimmten Erwerbszweigen oder Geſchäften haftenden Unehrlichfeit aus, doch tritt das unehrliche Gewerbe in jchärferen Umriſſen erſt in der zweiten Epoche hervor.

Hier bezeichnet der „Heerſchild“ die nach der lehnsmäßigen Heerespflicht geordneten Rangklaſſen. Den „eriten Schild“ hebt der König. Tann folgen 2. die geiftlichen, 3. die weltlichen Fürſten, welche ihre Lehen unmittelbar vom Reiche haben; 4. die Grafen und Freiherren als reichsmittelbare Lehnsträger geiftliher und welt: liher Fürjten. Das find die beiden Klaffen der Höchitfreien oder Immerfreien (Semperliberi), die Großvafallen (im Süden Valva- sores genannt); 5. die rittermäßigen Leute (milites), das find die adeligen Mannen, welche ber Klaffe der mittleren’ Leute der eriten Epoche gleichfommen und das berittene Heergefolge der Fürften und Herren bilden; mohl zu unterfcheiden von dem „Ritterſtande“ (ordo equestris), einer alle Klafjen der Freibürtigen bis zum Throne hinauf umfafjenden moralifchen Körperfchaft. Denn der Gemeinfreie jo gut, wie der König fonnten den Ritterfchlag oder die „Schwertleite” eınpfangen. Im 6. Schilde ftehen die Dienftmannen der Herren, welche aud) als „Knechte“ (vgl. das engliihe knight) urkundlich bezeichnet erjcheinen. In der 7. Klafje, ohne eigentliches Heerſchild— recht, ſtehen alle ehelidy geborenen Freien. |

In diefe Klaffe trat insbejondere der durch die Einficht der Könige, Fürften und Herren von den materiellen und politifchen Vor- theilen eines Fräftig entwidelten Städteweſens immer mehr in feinem Gemeindewefen gefreite und erftarfende Bürgerftand, die öpurger

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und der Borftädte fcheiden gleichfalls Vorrechte des erjteren. Vom Lande ftrömen immer mehr Leute herbei, um die Grundunterthänig- feit mit der ftädtifchen Freiheit, ald Handwerker zumeift, zu ver: taujhen. Auch fehlt es nicht an zahlreichen „Ausbürgern“; benn alle Landesklöſter beinahe und viele edle Herren und Ritter haben Höfe und Häufer in der Stadt, find in ihr behauft, ohne in der Stadt jelbft regelmäßig zu wohnen. Diefe Höfe und Häufer waren vielfah nach „Burgrecht“ oder „bürgerlihem Rechte” (jus civile), gegen Grundzinfe und anderweitige Leiftungen dem Nutz⸗ genuffe von Bürgern übertragen worden. Dieje „ewigen Zinſe und Leiftungen, welche den landesfürftlichen Bürger einem an= dern Herrn überdies „unterthänig” machten, erklärte Herzog Ru⸗ dolph IV. (F 1365) zu Guniten der Verwandlung des Nutzge⸗ nufes in bleibendes Eigenthum für ablösbar und überdies jämmt- liche geijtlihe und adelige Hausbefiter als jtabtiteuerpflichtig, was fie früher niht waren. Das mußte für die gleichartige, einheitlichere Entwidlung des Bürgerftandes ebenfo vortheilhaft fein, als im Inter⸗ effe des berzoglichen Kammerfädels die Steuerfraft der Stadtgemeinde erhöhen. An einen analogen Entwidlungsgang haben wir auch bei den anderen landesfürftlichen Vororten der anderen Habsburgerpro⸗ vinzen zu denken.

Wir befigen für Die Rangordnung der Stände am Schluffe des Mittelalters die beiten Anhaltspunkte in den Steuerman: daten der Fürften und der Landtagsbeſchlüſſe. So erjcheinen im dem Abſchiede des Vöolkermarkter General:Zandtages ber drei inneröjterreihijchen Länder die Geiftlihen nad folgenden Kate: gorieen geordnet: Bilchof, Abt oder Aebtiſſin, infulirter Probſt, Hoch: meifter, Kommenthur des deutichen oder des Johanniterordens, Prior, Guardian, Erzpriefter, (Dechant), Pfarrer, Probſt, Altarift, Vicari, Gejellpriefter (d. i. Kaplan). Die Laienwelt gliedert fih in: Graf, Freiherr, Herr, Edelmann und Edelfrau, Reifiger und Knecht, Bürger, und zwar: 1. Lagerherr (Großhändler), 2. Kaufmann, 3. Handwerker ; Bauer mit Eigengut (Ruftifalift), Amtmann (Pfleger), Grundholde oder unterthäniger Bauer (Dominikalift), Dienftbot und „Dienern” (Time), Tagwerker, Handwerfsfneht und den Schluß macht der Jude. (Der „Zechmann“ und das Mitglied einer „Bruder: ſchaft“ erſcheinen darin als Steuerfategorie, nicht ald Standesflaffe, gerade fo wie „Knab“, „Jungfrau“ und „abgeſpentes“, d. i. von der Bruſt abgejettes Kind.)

Wir haben nun des Ständeweiens als Landesvertretung zu gebenten. Sie entwidelt fi aus dem Dienft und Lehnsverhält-

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3098 für das Wiener Schotten:Klofter vom Jahre 1158, in welcher Wien als das römijche Faviana aufgefaßt ericheint. Da machen den Anfang als Zeugen die Aebte von Heiligenkreuz, Melt und Göttweih, denn die höhere Geiftlichkeit geht immer voran. Dann folgen „aus der Ordnung der Vornehmen“ (ex ordine nobilium) die Grafen von Plaien und Gars und die Herren von Perg, Klamm, Pernegg (in Steiermark), Algersbadh, Vilbach, Aift und Rechperg, ſämmtlich reichsfreie Herren. Dann folgen die abeligen „Minifte- rialen” des Herzogs, und den Schluß machen die herzoglichen Kapläne (capellani, welche feine Kanzlei, capella, beforgen) geijtlichen Standes, darunter die Pröbfte von Traiskirchen, Böllau, Zwettl, Miſtelbach. Auch 9. Leopold's VI. Urkunde von 1202 unterfcheidet die „reichsfreien“ Zeugen (liberi) von Ameinspah, Pernegg, Falkenberg, Grießbad) von den „Minifterialen“, unter denen der von Hintberg (Himberg), Ort, Wildon, und Liechtenftein (letttere beide Steiermärfer) auftauchen.

Im 13. und 14. Jahrhundert verjchwindet allgemach der Stand der Reichsunmittelbaren Defterreichs, es gilt nunmehr Landes: minifterialität al& Landesvertretung, und das Landtagsmwejen bildet fih aus.

Bon bejonderm Intereſſe erjcheinen die analogen Verhältniſſe der Steiermarf. Der legte Traungauer, 9. Otakar VI. (VILL.), Ipricht in der wichtigen Erberflärungsurfunde und zugleich Landhand⸗ felte vom Sahre 1186 von den „Minilterialen des Landes“, ihren Rechten und Freiheiten; in der zweiten Urkunde ſpricht er von „Minifterialen‘ oder „Landſaſſen“ (comprovinciales) und unter: ſcheidet „Minifterialen” und „eigene (hörige) Leute“ (proprii). Die reichite Ausbeute für die Gliederung der fteieriichen Landesminiſte— rialität bietet fi in der Urkunde der Göffer Verfammlung vom 27. Zuli 1274. In der Zeugenichaft jtehen voran 1) der Land: bifehof der Steiermark, der Sedauer; ihm folgen 2) der „Graf“ von Pfannberg (die alten Pernegger, Peggauer und die Sounefer, ipäter Grafen von Cilli, waren aud „Reichsfreie“), 3) die „Herren“ von Stubenberg und Liechtenitein, an der Spige der „Miniſterialen“, mit Herren: Charafter. Dann eriheinen 4) die Hauptpfarrer von Pöllau, Straßgang und Rapotenfirden, dann folgen 5) die ritter: mäßigen Leute des Steierlandes und andere vornehme ritterliche Herren”, 6) die „Klienten“, d. i. adligen „Knechte“ als Dienit- und Lehensmannen, 7) die Vertreter landesfüritliher Städte und 8) die landesfürftlichen Pfleger oder Amtsleute (officiales). Am ausgebildetſten erjcheint die Ordnung in dem großen Rüjtungsaus- ſchreiben oder Lanbesaufgebote K. Friedrich's vom Mai 1446, worin

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Bintihgau So gewann allein in Tirol der jogenamte vierte Stand, der Bauer, feinen Antheil in der Landesvertretung. *)

Das mittelalterlihde Judenthum und AJudenredt.

Einer gejonderten Betrachtung behielten wir die Stellung der Sfraeliten im mittelalterlihen Staatsleben der deutſch-öſterreichiſchen Kändergruppe vor. Dieſes kosmo⸗ politiſche Volkselement, dem das chriſtliche Abendland bei Abſperrung von jeder productiven Arbeit, Schmach, Hohn und Gewaltthat mancher Art, die gefährlichſte Waffe, die Geldſpeculation, in die Hand drückte, tritt hier gewiß ebenſo zeitig auf, wie in den anderen Reichsgebieten. In der für das Uferland der Donau maßgebenden Zollordnung des letzten Karolingers, Ludwig's des Kindes, vom Jahre 905 wird ſchon der Juden als Handelsleute gedacht. Die erſten urkundlichen Zeugniſſe für den Beſtand der Juden im Lande Nieder-Oeſterreich greifen allerdings nicht über das 12. Jahrhundert hinauf; aber das weit höhere Alter und die numeriſche Bedeutung iſraelitiſcher An- fiedlung dajelbit in allen bedeutenden Orten, vor Allem ald Kammer: knechte oder Regale der Marfgrafenherzoge, bezeugen am beiten die wichtigen Judenſatzungen oder Ordnungen Kaijer Friedrich's LI. vom Auguſt 1238 und H. Friedrich's des Streitbaren vom 1. Juli 1244 für die Stadt Wien. hr Inhalt lehrt, wie das financielle Spnterefje an der Steuerfraft, Handelsthätigfeit und Geldmächtigkeit der Judenſchaft die Machthaber zu ausgedehnten Maßregeln des Rechtsſchutzes bemog, welche den Sfraeliten vor jeder Gemaltthat und Kränkung bewahren jollten. Der Jude fteht mit dem Chrijten vor Gericht gleich, er hat Eidesrecht, Kämpenrecht, d. i. das Recht, fih mit den Waffen im gerichtlihen Kampfbeweije vertreten zu lafien. Er fteht unter berzoglicher Gerichtsbarkeit, die ein eigener Sudenrichter handhabt. Seine Synagogen und Leichenäder werden als umverleglih erflärt; Mord und leibliche Beihädigung, Raub,

*) Literatur. Außer den ©. 1 und 2 angeführten gemeindeutichen Monogra= phieen, den am Schlujje des vorhergehenden Abjchnittes cit. Monographieen und den Werfen zur Provinzialgejchichte Oeſterreichs F. W. Unger, Geſch. d. deut- ſchen Landftände (1844), wo fi) auch die ältere Lit. verzeichnet finde. Roc— finger in der Ginleitung zum Werke des Frh. v. Lerhenfeld, Die altbayer. landitänd. Freibriefe (1853); Hiftor. Actenftüde z. Geſch. des Ständeweſens in Tejterreih (1847); Krones, 3. Quellentunde u. Geſch. des jteierm. Land: tagsweſens. Beitr. z. K. fteierm. G., 2., 3., 6. Zahrg.; Egger, Die Entw. ber alttirol. Landſchaft. Innsbrucker Gymn.:Progr. (1876).

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Hartberg, im Oberlande und ebenjo in der mittlern und ſüdlichen Landichaft, zu Graz voran, in Voitsberg, Marburg, W.:Feiftrig, Fridau, Fürltenfeld, Radkersburg, Cilli, in der erzbifchöflichen Stadt PBettau und an anderen Orten. Die Juden erreichten namentlich in der Steiermark eine ungemeine Verbreitung und jociale Wichtig: feit, wie die mafjenhaften Schuldbriefe des 14. und 15. Sahrhunderts in dem LZandesardhive bezeugen und auf der andern Seite die Klagen des Bruders Ambrojius vom heiligen Kreuze und des ungenannten Chroniften von Leoben über die Judenſchaft im 14. Jahrhunderte, die wachjenden Befchwerden der Stände im 15., ihr Sturmlauf . gegen den zähen Kaijer Friedrich III., der die Juden als jene Kammerknechte zu jchügen und feitzuhalten bemüht war. Schon 1377 hatten die öfterreichiichen Herzoge zu Gunjten der in Steier- mark und Kärnten behauften Juden eine Handfeſte erlaſſen, welche 1396 beftätigt wurde. Von Intereſſe ift der Vertrag 9. Ernſt's des Eijernen mit jeinem Better 9. Albredt V. vom 28. October 1423, deſſen bejonderer Artikel die hriftlichen Unterthanen vor jü- diſchen Wucherzinfen bewahren fol. Wir müſſen nämlich bedenken, daß zu Anfang des XIV. Jahrhunderts der Zinsfuß auf einer Höhe von 72—86 Percent ſich bewegte, in der zweiten Hälfte aller: dings etwas auf 65 Percent herabſank und dann noch immer auf 43 Percent fich ftellte, was jeit 1492 gejetlich wurde.

Nicht minder erregt unſere Aufmerkſamkeit die Beſchwerde des Salzburger Erzbiſchofs gegen H. Ernſt über deſſen Bedrüdungen des Handels der Pettauer Juden, indem er namentlid ihren Wein: verkehr nad) Krain und Kärnten und ihren Waarenhandel mit Be: nedig durch miderrechtlihe Mauthabgaben beſchwere. Man fieht daraus am beiten, wie das financielle Sinterefje der Machthaber an der Steigerung ihrer Einkünfte und die erwünjchte Möglichkeit, die Juden namentlich in den allgemeinen Steuern häufig heranzuziehen, auch die Kirchenfürſten der Anfiedlung und Hegung der Iſrae⸗ liten geneigt machte. Diejer Gefichtspunft erklärt auch die uden- colonieen in den Tiroler Bilchofsjtädten: Briren und Trient im 15. Jahrhundert. Auf dem wichtigen Handelsplage Bozen waren die Sfraeliten gleihfallde zu Hauje und ebenjo an anderen Orten des Landes.

In Kärnten waren namentlich die alte Hauptitadt St. Veit und das betriebjame Völkermarkt Heerde der Judenanſiedlung. Auch in dem falzburgiihen Frieſach und insbejondere in dem bambergifchen Wolfsberg tauchen .fie früh auf. Krain blieb ihnen

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Lungen erweiterten. Kam doch md vlos Dura za. ENOTIER, } verhältnißmäßig mehr Durch Die Heiratben unr Errmuinare Dei roi⸗ ſchen Yegionsjoldaten römiſches Weien sur (Seirun and Iıorrnaba- ſprachforſcheude Romaniſt entdedt in den aeaenmarzaen Trıisnamei Rorarlbergs ımd Tirols eine Menge abgeichlitrenert, umgeftal- leter romaniſcher Benennungen. Hatten ſich doch aud in Me vorrömiſche Alpenwirthſchaft römiſche Bezeichnungen eingejchlichen, gleichwie umgekehrt der Nömer keltorhätiſche, germaniſche, daciſche Worte ſeinem Sprachſchatze einverleibte, welche er nicht leicht durch eigene erſetzen konnte.

Mie trummerhaft auch ber Nachlaßder romiſchen Cultur— malt vach ber Hölferwanderungsepodye erſcheinen mag, er konnte doch

keuchtbar n; der Slave, der Vaſuvarier, der Ale ofer aweſen ebeudort au, wo deſſen Bebin-

) der Boden bereite friiher her bes

62 XII Buch: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

und Bajuvarier rotteten es nicht aus, es verihwanm langjam mit und in dem übermächtigeren Volksthum und noch im 16. Jahre hunderte hörte man da und dort ladinifche oder romaniſche Sprache, wo es jeßt jheint, als ſei fie da nie gefprodhen worden. In ben beftehenden romanifchen und ſlaviſchen Ortſchaften wurde der Deutſche das immer ftärfere Mifchungselement; überdies aber umgab er die Niederlaffungen der älteren Bewohnerſchaft mit immer mafjenhafteren Neugründungen. Große Waldgebiete werden durch feine raſtloſe Arbeit, mit Art, Feuer und Schwert für das Menſchendaſein erſt gewonnen, und auf eine ſchon erftorbene „Culturgeſchichte“ folgen derartig oft zwei weitere, jo daf der Hiftorifer ähnlich dem Geologen mit dem Hammer urkundlicher Forſchung und mit dem Bohrer der Sprachwiſſenſchaft arbeiten muß, um die Geheimnifje des „Bodens“ der Gejchichte zu ergründen.

Das Anwachſen der deutſchen Anfiedlungen in den Do» naualpenländern zu berechnen, wird bei dem ftets mafjenhafter ans ſchwellenden Urkundenftoffe ver Länder (Klöfter, Gemeinden, Einzelper= onen), bei den wachjenden Nefultaten ber Ortsnamenforfehung, der hiſto⸗ riſchen Topographie und Archivswiſſenſchaft immer annähernder bes rechnet werben können. Hier möge bie gelegentliche Andeutung Platz finden, daß in Nieder-Defterreich um 1100 etwa 60 Pfarren, um 1200 beiläufig 110 Pfarren, alſo bedeutendere Niederlafjungen, abgejehen von den kleineren eingepfarrten Ortsgemeinben, gezählt werben.

Hier ift ums auch ein Ruhepunkt geboten, um einer äußerſt bedeutfamen Thatfahe zu gedenken, welche ſowohl für die Stände: als auch Culturgeſchichte von Belange ift und insbejondere feit den großen Kreuzzügen im 12. Jahrhunderte als deren mittelbare Folge zu Tage tritt, die Hebung der bäuerifhen Beſitz— verhältniffe, dort, wo ſchon günftige Vorbedingungen beftanden, namentlich im Lande Defterreih und Tirol, durd die örtliche Berfplitterung des großen adeligen Befiges. Zahlreiche Grundherren kehrten nicht mehr heim von den Kriegs: und Pilger fahrten in’s gelobte Land, nicht wenige verarmten dadurch. Ueber— dies bezeichnet das 12. und 13. Jahrhundert die Epoche des Aus: fterbens großer reichsunmittelbarer Gefchlechter, die in unferen Ländern begütert waren (3. B. Schala-Burghaufen, Bogen, Peilftein-Plein, Falfenftein u. A.), und vom 13. auf das 14. Jahrhundert mehren ſich die Anzeichen der gleichfalls feit den Kreuzzügen durch den über: handnehmenden Lurus hereinbrechenden Verſchuldung abeliger, überdies vielföpfiger Gefchlechter. Die mit al! dem zufammenhängende Ver— äußerung, Zerfplitterung bes Güterbefiges, leiftete der Pachtung, ja

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m serien eurem ur Art 15 (um ie Der wmitiı: m mar Grurtsme beburteem, und vie viel made eu mn em Bere Leoben 2eensıez Tirols aroß- azre Samt zum mes Zerceger Umer-Inibdal. Denen Brenn 2m 1444146 Inwerumiliie Berisicung erbielten. Auch Te Yrmark im Eriätrbei, m Tartusan, bei der K:cenier iSahione: erbiziien 1453, u Rattenbera 1453 umb Eint'S2cre 147% Bergichqungen. Für den Bergbau auf Salz m? den Lem wrocindenm Salinenkerrieb mure das Bud des Sxinmoms um? Ei „Kid und Geieg Des Berges— m Hall meszcehen!.

Zu den ülteren Berztzuiogungen :üblen (1342. 1344) Die Salsburer ud rer Aen Die Kärntner. St “eonhbard kengt rom Jebre 1325, das humberaiie Iolisbera ron 1344 bis 1366, des ialzburgiiche Hüttenberga vom Jabre 1494 auf (Srundiase alter Sasımam, Zins von 1455 an törmlide Berg: regsntenten.

Eine bobe Bedeutung für die Geſchichte des Bergrechtes be beuster auh die Zteiermarf durd die Zhladpminuer Berg erdnung ron 1405 und durdb die Murauer Sagungen für den torder: und innerbergiihen Eiſenbau.

Mas die metailiibe Ratur des Bergbaues hetriift, io wog ber Abbau edler Metalle in den Tauem 1Gattein, Rauris, Ober⸗ Pinzgauſ und im Lande Tirol, der Ciienbau in Änneröfterreidh rot. Hier waren das taliburgiihe Hüttenbera in Kärnten ber reichine Ersboden, das Yorder: und Innerberaiihe (Nordernberg und Eiſener:) su beiden Zeiten des „Erzberges“, im Lande Steier, die hervorragenditen Citenreviere. Kärnten bara überdies eimen Schas von Bleiersen (Bleiburg, Bleibera, Karel). In Krain war Eisnern die Dauptrunditätte des nüglichiten Metalle. Adria’s Luediilberreihtihum wurde eritt am Zchlune des Mittelalters (1490) entdedt.

Tas Tauerngebiet zeiat am beiten in feinen zahlreichen Spuren uralten Bergbaues, wie viel davon ſchon im Laufe des Mittel: alters veriallen war und veriholl. Weberbaupt war zur Zeit des 15. Jahrhunderts eine neberhatte Speculationsiudt im Glüde: iviele des Bergbaues an der Tagesordnung und Itand mit der Er- giebigfeit des Bergiegens im umgefehrten Verhälmiß. Ein klaſſiſcher Boden dieles Treibens darf Tirol in den Tagen 9. Zigismund’s genannt werden. Auch in Kärnten gab es viele Fremde ala Ver juder des Eijen- und Bleibaues, namentlich Venetianer. Daher

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Ueber Un: mork %52 tern der Handelsweg rom Minmal Der har erinie at sem Mermerd, und her Die (sehirastenfe nad RAzrrtien. ur keribru tu Trieiad, Den aunman gelegenen Im ın einen Brusfdnine des (Sebirges, und lief dann aeaen Er. Weir, Sce um jdn“ ze Acustmauib Der italteniſchen Waaren ericbeint und un Szne linmniih on der Tonauitraße gegen Villach Ienfte. ah nrurs Sandelebidiumung bob "ch er im 16. Jahrhunderte,

hu über den Yoitl in Auinahme fam. Yon Yillad 9 Me weiide Sonbelentraße Qeaen Terris, Malboraberto, über den lot. doniatel: Ponteba, in's Friauler Yand an Wr Fella nad Ienire an er Klauie und meiter nach (Senona (Rlemaun) und uder Fercuatic⸗ res Treviio. Auch Kolhbfermarkt vermittelte pen Hander mit Italien cur der iur \nneröiterreich wichtigen Straße, meide ensrieiiz Die Tonau hinaui gegen Marburg in Unteriteiermarf, ——— surf Das Yarantıbal über Wolisbera, St. Andraͤ genen Obdad in Tberieier abımeiate und ſudwarts von Volkermarkt über Kar! sum Marteren ir, um jenteits Deitelben auf Dem Moden Krains nes Krernburs, vaibad su ziehen und dann vn Wip— rad uber Heittgintreu: nach (Horz und von da in’s Frianliſche abzubiesen, an deiten vasunınfutte Marano cinen wichtigen Stapel: pier ateab. Yon Grr: :59 eine Straße länas der Küſte gegen Vionteicone am aledramicen Merten und weiter am Küſten⸗ jaume nadı Trien, das «inzrieiis mit Krain nordoitlih durch einen Handelemeg aegen Adelsbera, Zirknig, Ober-Laibach und weiter nad Laibach, andererieits an ber Küite mit din Städten des ve netianiichen Yitriens und länas der Lena landeinwärts mit Piſino

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ers: Irsen 25 Grice ılAblı Erg, Koma zur Roman zu (18,1: T. Rümmel,

XII. Bud: Inneres Staatöleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526. 69

Die Hauptmomente des geiftigen Eulturlebens fnüpfen fi zunächſt an die Klofteritiftungen ber einzelnen Länder als Pflegeftätten des Unterrichtes der Firchlich gelehrten Bildung und religiöfen Dich: tung. Benedictier in eriter Reihe und Eifterzienfer erfcheinen da maßgebend, denen fich regulirte Auguftiner Chorherren, Brämonftratenfer und dann die jüngeren Orden, Dominicaner oder Predigermönde, Franzisfaner, Minoriten anfchließen, abgeſehen von Carmelitern, Karthäufer u. A., welche im Verhältniß zu den erft- genannten Orden für das geiftige Gulturleben als von untergeord- neter Bedeutung erjcheinen.

Im Donaulande Defterreih, wo bereits ob der Enns in der Agilolfingerzeit Klofterjtiftungen (Mondfee 747, Kremsmüniter 777) beitanden und im 11. und 12. Jahrhunderte fieben andere bedeutende Klöfter, voran Lambach, St. Florian und Garften (1032— 1112), und jenfeits der Enns die reich dotirten Schöpfungen: Melt (985? geftiftet, 1089 —1116 Benedictinern übergeben), Gött- weih (1083), KIl.: Neuburg (1133 von regulirten Auguftiner Chorherren befiedelt), die Gilterzienferitifte Heiligenkreuz und Zwettl (1136, 1139) erwuchſen, äußert fich deshalb ein reges klöſterliches Schul: und Literaturleben. Für die geichichtliche For— fhung bilden die Traditions- oder Saalbüder der Klöfter, ihre Urbare und Todtenbücher (Nefrologien), vor Allem ihre Jahrbücher, die ältefte und mwichtigite Duelle.

Melt wird ſeit 1123 die Meutterquelle einer annaliſtiſchen

Die Anfänge deutjchen Lebens in N.-Defterreich während des 9. Jahrh. (Habilit.: Schr., Leipzig b. Teubner), reich an Detail und Kiteratur. Die Arbeiten über Tirol von Steub (vgl. auch f. Polemif mit Innama-Sternegg), über orarlberg von Bergmann, über dad Tauerngebiet von Koch-Sternfeld. „Ueber Bedeutung und Urjprung deutſcher Ortsnamen in der Steiermarf”, e. furze Studie v. Krones, erſch. i. dem Album „Baujteine” v. Schrey (1372) und dv. bemjelben die Skizzen: „Ein Thalgau des fteirifchen Dberlandes im Wechſel der Jahrhunderte” in ber Zeitfchrift „Heimath“, 5. v. Roſſegger (1877), Mai, Juniheft u. Sep.:A.; Mayer im 6. Hefte der Topographie v. N.:Dejter- veih (18731. Urkundl. Beitr. 3. Geſch. des jteierm. Zunftwefens v. Zahn in ben Beitr. 3. 8. fteierm. &. (1877). Ueber den Bergbau f. die Fit. im Abſchn. von der Staatsverf. u. Verwaltung. Insbefondere: A. Jäger, Beitr. 3. tirol.:jalzburg. Bergw.-Geſch. (1875), Arch. f. K. öfter. G., 53. 8. 2. Geſch. des Handel3 außer der oben cit. allgem. Lit. nod Roman Zirngibl, Geſch. des bayer. Handels (18317), ferner die geſch. Prov.-Kiteratur; insbeſ. Pritz, Zauner, Pichler, Muchar, Herrmann, Dimis, Gzörnig, Hormayr, Egger u. U. die Monogr. 3. Geſch. Wiens. Reiches Urk.-Material in Meiller's Reg. in ben Anhängen 3. Lichnowski's Geſch. d. Haufes Habsburg u. A. m.

70 XII Bud: Inneres Staat3leben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

Geſchichtſchreibung auf Grundlage der Weltchronik Hermann’s des Lahmen, einer Leuchte des wilfenichaftlich bedeutenden Schwaben: kloſters Reichenau, des Rivalen St. Gallen, und während die Melker Annalen felbjt uns bis in das 16. Jahrhundert das Geleite geben, verzweigen ſich Abjchriften und Fortiegungen der Melker Annalen, Mondfee und Göttweih ausgenommen, das jeine eigen- ftändige Annaliftit hatte, in alle genannten Klöfter.

. Einer der bedeutenditen Gelchichtichreiber des Mittelalters, Otto, Biſchof von Freifing (T 1158), der Babenberger Fürftenfohn und Gifterzienjer, hatte jeine Yaufbahn als jugendlicher Probſt von Klojterneuburg begonnen. Seine Werke nahmen ihren Weg nad Deiterreih. Melt, Göttweih zeigen die Aufnahme und Pflege jener geiftlihen Dichtung des 11. und 12. Jahrhunderts, welche im Frankenlande gepflegt wurde und jo bald in kärntneriſchen Klöjtern bodenftändig erjcheint. Die Dichtung von Anegenge (Anfange), das Melker Marienlied, die drei Gedichte der Klausnerin (Inclusa) des Melker Klofters, Frau Ava (T 1127), Heinrih von Melt, ein öfterreichiicher Adeliger, der nad) manchen Stürmen die Zufluchts- jtätte in der Mönchszelle fuchte und (1153 1163) das tiefjinnige Gedicht „von des todes gehügede“ (om Gedähtniß des Todes), ein Memento mori, jchrieb, verdienen Cmwähnung als wichtige Denkmäler alter Dichtung.

In Kärnten, wo e8 alte Klölter gab (Oſſiach, im 9. Jahr⸗ hundert erneuert, Lieding, St. Baul, St. Georgen am Längenſee, Millftatt und das fpäter jteiermärfifche Benedictinerflofter St. Lambredt im Thajagraben, 1103 geftiftet), und wo, feit 1071, das Gurker Bisthum anhebt, eritand die jogenannte „Wiener Geneſis“, eine bibliihe Tichtung ehrmürdigen Alters, die Millſtätter Sündenflage, Heinrich's Litanei, das St. Lambrechter Gebetbuch, die St. Lambrechter Marienſequenz. St. Lambrecht zeigt überhaupt, wie durd) die jüngiten Korichungen nahe gelegt wird, einen ſehr Frucht: baren Zujammenhang mit der Dichtung des deutichen Mittelalters. Diefem Benedictinerjtifte gehört als Abt der berühmte Hartmann an, früher Probft des St. Blafienklojters im Schwarzwalde und Abt von Göttweih, mit Heinrih von Melf unberechtigter Weile zu Söhnen der Tidhterin Ava gemacht, ein ftarfer Verfechter der gregorianiichen Kirhenreform (F 1114).

Unter den Klöftern der Steiermark eröffnet den Reigen die Nonnenabtei Göß, eine Stiftung der Aribonen, aus dem Gejdjlechte der Pjalzgrafen Bayerns, vom Jahre 1004. Ihr folgt Admont im Ennsthale, eine Gründung Erabiſchofs Eberhard von Salzburg

72 XII. Aub: inneres Sroatsiehen ccm Sue eb Je Sabrb. 3 TOM

Liehtenitein, mit feinem „„tauendient” und „Anmis” ı7 1275), iit ein Steiermärfer, von Bebzutuna in der Seihidıe MS Yan und wohl aelitten am Hoie des !egten Rabenbergers, dem ır einen wehmüthigen Rachrui sollt. Er in zualeib Das Protorop des in Nerfehrtheiten gipielnden BRinnedienites. Der Cbsmann und mu: milienvater, dem es überdies nicht an Geltung im rolinidben Leben der Heimath aebridt, durchzog Me Alpenlande rom Rorden der Donau bis in den welichen Süden, einmal als Köonia Arms, das andere Dial als „Konigin Kenus“, überall bereit, Yanıen zu brechen und Ringlein eussutbiilen. Tem Schreiberlein dictirt er Yieder und Brieie an eine ĩprode, Liitenreiche Herrin, deren Waidınmiter Ulrich su trinfen bereit itt, um Deren (Sun er ſich unter Bertler und Austägige miiht, Der zu getallen er ich bei einem Grazer Arte die wulnigen Lippen ausickneiden und mit ttinfender Heilſalbe ein- reiben läßt u. i. m. Tie Zeitaenoren heurtheilten dies anders als wir. Man begrüft ihn ron Zeitz der Genonſen allen Ernites als Königin Tenus, Frauen bilden ortlib das dienende Geleite des Ritters im ‚stauenkleide. Noch fuhren die Adeligen aeme in ihrem Areiie Namen, weldhe denen der Tarelrunde bes Königs Artus, der Helden in den besüglihen minelhochdeutichen (Selängen entipreden.

Toh Ser Ulrich, der in der Zeit des Niederganges rinerlich⸗ hoñſcher Tichtung und der beiieren Tage der Winneiinger ſteht, dern mir auch icinen Landsmann und Zeitgenonen Herrand von Wildonie beizahlen muiien, mehricheinlih aud, einen der Soun: efer (irater Eidlier, Seren Konrad, und den Ztadeder, aud einen Steierer, betigt angereririts Emit und (eilt genug, um im „Itwitz“, in ber lehrhaiten Tihtung von den Gebrechen der Frauen und ber junem Zipre Les Nitterthums feiner Zeit, den Tert zu leſen. Zchrieb bu4, iton hundert Jahre früher Heinrih von Melt neben Dom, worin er bie Lermeltlihung und die Geldiucht des Klerus geiielt, uler bie Schleppen und Schminfgelichter der rauen.

Uridi's von Liechtenitein jüngerer Zeitgenoite und Yandsmann it Der Leridiſjer Der großen Reimchronik, der Tienitmann und eitrige Anwalt ner Liechte nitriner, insbeiondere Herrn Otto's, Ulrich's Zohms, Ott otar (willkürlich von Hornek genannt), der Schüler Vieiſter Konrad's von Motenburg in der Dichtung, welcher allerdings beſſer zu „jagen“ als zu „ſingen“ verſtand, aber eben darum mit ſeinent Werte non mehr als 30,000 Toppelverien, bei aller Partei- lichkeit, eine unihägbare Geſchichtsquelle uns hinterließ, deren Geleite wir von 1246 bis 1309 nicht leicht entbehren können. Er über: bietet darin weit den älteren „Janjen Enenfel” aus Wien, ben

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im MNBeinne Finer entmidlungstähigen Bibliothef oder „Liberei“, wie er bamalsz if, mit Stiitungen ausgeitattet, die den Iamen „Bur: fen Churzay fuhren, 3. 3. Lamm-, Brüden:, Tauls-, Roſen-, Vilien, Polen (oder ZLanfota:) Burta, zu denen Goderien und Armenhanier fur Studenten traten, zählte die Wiener Hochſchule hereits in ben erften Drei „sahrzehenten ihres Beitandes viele Schüler von Nah) und Kern und berühmte Theologen als Lehrer, To Heinrich vom Längenſtein aus Seifen (7 1379) und Heinrih von Noyta (| 1397). In der eriten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren Thomas Ehendorſer von Haſelbach (7 1464) als Theologe und bie hberuhmten Nealitten Johannes von Gmunden (F 1442), Georg von RPeuerhach (1461) md bald aud Johann von Königsberg (teyriomontanıs, 7 1176), Yebrer und Yorbilder eines Koperni- fs, ‘rotefforen von anerfannten Rufe. Gleichzeitig begann auch der Einſluß humaniſtiſcher Strömungen, welde dann mit Aeginn Des 16. Jahrhunderts durch die Stiftung der „‚gelehrten Donaugeſellſchaft“ (sodalitas danmubiana) in Wien das rechte Bett handen md Das geſunkene Weſen der Univerſität wieder hoben.

Maximilian's 1. dieobezügliche Beitrebungen fanden an dem Magiſter der freien Münfte und Universitäts Zuperintendenten Bern: hard Rerger. ano Stainz in Zteiermarf, und an den beiden Näthen und Nenenten: Krachenperger (Gracchus Pierius) und Fur— magen eifrige Forderer. Es kam zu Berufungen bumaniftifcher Yehrfrafte, an Deren Spitze der gelehrte „Wanderprediger des Hu— maniemus“ und pocta Inurentus von K. Friedrich's III. Hand, Konrad Colten GPidhel), geſtellt werden muß. Bald erſcheint der Vranfe Svießhaimer oder Spieſthamer (Uuspinianus), der Ve— netianer Merononme Valbi (Halhus), der Trieſtiner Ronomi (Bo- mens) die Ingolſtadter Collegen des Celtes: Andreas Stibor Naben) md Johaunn Stab (NStahins), daun Watt (Vadianus) ans der Ochweiz. Vogehrn und mancher Andere, namentlich aus dem wehchen Juden. von denen Emer und der Andere ebenſo raſch verrweand ale er gekommen war. denn Der Gehalt war klein, und m der Regel dunſe man keu Gollegiengeld erheben. Der Mino— war zn Water und poeta lanreatus Raulus Amaltheus tollte U Non Otunden zagtide uber Voetik nnd Nieten leten tur eine Jabresſbetatdina von DO ONENEN VOR opne Conearenaeld.

Die etebrie Denausfceldait welche ſon vor Celtes' Ein— vet m Wien deurnd und Nm ungarzchen Ra di Söbanın Nina vn Vera gg Uland zum Praiudemen Date, cumoidelte ſich Antara Mo adiien Jahrbundertd nad dem vorsuasmwerien Aus:

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Krrbm mie zn brtiisen Zreintauten, Die er auffubren lie; in zyd in Neker:Zeterteih. Huch Die romaniichen Kircbenbauten ber irren nike iemer dunfräiden Steinmegarbeit in dDietem Aufmande, mie tebe Me lsorbit, der „Deutiche“ Bauttnl, vom 13. bis 15. Jahr⸗ Ganzer: entmier un) immer mehr in Yaienhand, erheiidt. Die tuntmarire Zreinbau: und Zteinmegarbeit wurde der Schwerpunk: nes \nitutes der Ba uhutte oder treien Genonen: iharten Dis Kirchenbaues. An ihrer Spitze iteht der Meiſter; ſein Stellvertreter der „Larlierer”, der über die (seiellen wacht. Die Bauhütte hat ihr (seieg, ihre Yebensordnung, ihre Werkgeheimniſſe, ihre Zeichen. Sie vragt den Baudenkmalen entlegenſter Räume den Stempel der (Sleihartiafeit auf. Die romaniſche Bau: tuntt, die im Züden der Tonaualpenländer von Oberitalien (Friaul, Acuileja,, im Norden von Banern- Schwaben vorzugsweiſe beeinflußt eriheint, wid im 14. Jahrhunderte ganz der Gotbif, welche aud) ke: uns Herrliches und Figenartiges auf die Nachwelt vererbte. Aud) bet uns fann man Bauſchulen und Bauhütten in Thätigfeit gewahren; ielkit in kleinen Irten. Man denke nur an Murau in Oberſteier. Auf der Meitter- und Geſellentagſatzung in Regensburg von

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XII. Bu: Innere Staatsleben vom Schluffe des 10. Sahrh. bis 1526. 81

Verfehrtheiten der Geiftlichkeit und der Laienwelt ihre Stimme erhob. Die Reimchronik Dttofar’s ift auch in diefer Richtung eine ftoffreihe Duelle, ebenjo wie die Helblingsdihtungen, ber Teihnermd Sudenwirt. Aeneas Silviußs in feiner „Ge: Ihichte K. Friedrich's III.” (bis 1458) widmet dem Wiener Volfg- leben jeine ſcharfe Beobachtung, während fein Zeitgenoffe, der Reim dihter Mihel Beheim aus der Pfalz, in feinem „Buche von den Wienern“, als Rebellen gegen den Kaiſer, feinen Brodherrn, ein dickes, oft geſchmacklos mwiderliches, aber culturgefhichtlich und ſprachlich koſt⸗ bares Pamphlet, vorzugsweile für das Jahr 1462, liefert. Auch Ebendorfer hat Vieles von folchen Notizen eingeftreut und einer der letzten Ausläufer mittelalterliher Chroniftif, Unreft, der naiv empfängliche Genoſſe bemwegtefter Zeiten, bietet eine Sundgrube un: geſchminkter Urtheile über ftaatlihe Mißwirthſchaft, gejellfchaftliches Elend, unbotmäßige Adelige, aufftandluftige Bauern, gleichwie über Kirchenfürften, die ihren Beruf verfermen. *)

*) Literatur. Brandes, Der Benedictinerorden in ſ. melthiit. Bedeutung. Tübinger fathol. Quartalichrift (1851); Günther, Geich. der liter. Anftalt in Bayern (reich an Belegen) (1810-1815); Niedermayer, Das Mönchthum in Bajuvarien (1859); Kirchl. Topogr. v. N.:Oefterr. (3. B. Zwettl von Fraſt, Lilienfeld von Beniſchka); Zeißberg, Arno v. Salzburg. Sitzungsber. d. Afad. d. W., 43. Bd.; G. Frieß, Studien über das Wirken der Benedictiner in Defter: reich f. Eultur, Wiff. u. Kunft. Seitenftetten in N.-Defterr., Gymn.:Progr. (1868—1870); Keiblinger, Geſch. des Benebdict.:St. Melt (1851 ff.), ein ftofflicd bedeutendes Werf; Koll, Das Stift Heiligenfreuz (1834). Kremsmünſter: bi. Beſchr. von Hartfhneider, Urfundenbuh von Hagn. Admont: Geſch. von Th. Weimayer und Fuchs; eigentlich” urkundlich jeßt von Wichner bearb. (1874, 1876) (biß8 ©. des 13. Jahrh.); Hohenauer, Kirchengeſch. Kärntend; Eihhorn, Neugart, Hiekinger, Kirchengeih. Krains i. Arch. f. Klun und in den Mitt. des 5. V. f. Krain.; Toscano d. Baner, Na: tionale Pit. Tefterreih8, I. (einz.) Band, ein in Plan und Ausführung ver: fehlte, aber nicht unbrauchbares Werl; Diemer, Deutſche Geb. des 11. u. 12. Jahrh. (1847), Geneſis, Grodus (1867); Heinzel, Heinrih von Welt (1867); Scherer, Geſch. d. deutſchen Dichtung im elften und zmwölften Jahrh. (Quellen u. Forſch. 3. Spr. u. K. G. d. germ. V.) (1875). (Für die Bedeu: tung ber inneröfterr. Klöfter, insbeſ. einzelner Flöjterlichen Mittelpunfte im Kreiſe mittelhochd. Dichtung und Profaarbeit bieten Die germanift.: Arbeiten meines Freundes und Collegen Schönbach, in Graz, viele Aufichlüffe.)

Weinhold's literar.-hift. Abd. im VIL, VIII., IX. Hefte der Mitth.

des hiſt. V. f. Stm.; Ulrichs v. Liechtenjtein A. v. Lachmann, mit Anm. v.

Karajan; vgl. Tied’3 Pearbeitung des Frauendienſtes und Falke, Geſch.

des H. Liechtenftein, I.; Ottofar’3 Reimchronik: Shadt, Jacobi; O. Lorenz Krones, Geſch. Oeſterreichs. III. 6

82 X. Bud: Inneres Ztaatöleben vom Schluſſe bes 10. Jahrh. bis 1526.

B. Böhmifhe Ländergruppe.

1. Vertafiungsentwidlung und äußere Rechts— Geſchichte.

Stchuung zum deutſchen Reiche (Verhältniß Mährens und Schleſiens Stmer. 2 KRechtsdenkmäler. Land- und Gemeinderecht. 3) Territorial⸗ :2.2nz. Berwaltungs-, Stände: und vandtagsweſen. Die Judenanſiedlungen Inden:techie. 11. Hauptepochen der materiellen und geiitigen Cultur.

1. 1. Tie Stellung Böhmens zum deutihen Reiche erjcheint 2.2 Ne eines vehens, deſſen erblicher ober „durch ben Volkswillen

. Leie TR i. M. A., 2., 6.; Zingerle, Tirols Antheil an ber . „ronee i. Mei. Innsbr. Eymn. Progr. (1851); N. Pichler, Ueber Teerı des MR. in Tirol (18050); Oswald v. Wolkenſtein, h. v. Beda 23 47val. Bergmann [1848]. Heinrich d. Teichner: Karajan

il, D. örerr. Didaktiker P. Suchenwirt ſ. L. u. ſ. W., Kreniſer Gymn. 714. Ueber die Geſchichtſchr. die an Ort und Zelle gebotene Lit. ber EEE :oren.

Suter das Schulweſen des M. A. in N.-Deſterr., abgeſehen von Frieß >. Zbmiecder, Tie Venedictiner Ordensreiorm im 13. u. 14. Jahrh. u j8c7; A. Maver, Tiegeütige Cultur in N.-Oeſterr. (1871); Peinlich, Fa, 15 atad. Hamm. 3. Graz (Stamm. Progr. 18067 . . . Wiener Univer: ri: sont Nihbad, I, II. (1865, 1877) Ueber die sodalitas Danubiana:

zcabad i. d. öſterr. Zeitſchr. i. E. u. Str (18371; Haus wirth, Stand de: A, unter K. Mar, Schotiner Enmu. Progr. ı 1893) (ogl. ſ. Hausgeſch.

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des SZchotrentloiters ISoS]1, Haſelbach ü. Euspinian, \ojephit. Gymn.⸗Progrt. 1275 insbei. Aſch bach über Geltes 1. 6. Bde. der Sitzungsb. der Wiener

ar 25. Bot. Geich. d. Wiener Univ. II.; Wattenbach, Tas Scrift- rm M. A. U185 Dir Eitelberger Heider, Mittelalterliche Kunſtdenkmale > er. Raderitants. (Val. Die ältere Arbeit von Tichiſchkah. Die Mitth. Farreromm i. Wrb, vo. Saudentm, Die Mitch. und Jahrbücher bes Wiener rd N an B. XI. H. d. Minh Sameiinarn Perger, Ter Tom zu Et. zorers in Wien mit Korwort von yeililmaiız Terger, Die Kunſtſichätze Wiens ve. Tchiſchta's Arb. v. IN Isis u. 1. Wei. Wiens 11847) arg Ueber Die Ambraier Sammlung: Trimiier (1819. Köchel, se Tfise der Munt am ortert. Hoie v. Schlus Des 15. Jabrh. bis Mitte des In Bratieri. Yandesiunde N. Toter. : Son,

Ti Zamminng der Zuassburger Synodalbeichrüſſe von Talbam (Conc. Salisb.v. Ausz. in Zauner's Chronit v. Zuizburg. Ueber die Wiener Synode von IC mir beoonderer Rückſicht aui Die Judenirage: Rärwald in Bert: heimer's iiraclit. jabrb. (ISSN, [Sb Füdinger, lleber einige Refte

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XII. Buch: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526. 83

zu holen hat und deffen urfprüngliche, ſchwankende, Tributpflicht fpäter durch einen urkundlich geregelten Lehensdienſt, die Alternative: ent: weder 300 Mann zur Romfahrt der deutfchen Könige zu ftellen, oder 300 Silbermark zu zahlen, fich eriett zeigt. ES geſchieht dies in der wichtigen Urkunde des Staufen Friedrich II. vom 26. September 1212, mwodurd) überdies das premyflidifche Erbfönigthum nach Erftgeburts- recht (vgl. die Urkunde vom 26. Juli 1216 und die von 1231) anerfannt und das bejcheidene Maß der Tonftigen Zehenspflichten, fo wie die autonome Landeshoheit des böhmischen Königthums, aud) in Hinficht der Inveltitur der Bifchöfe, feitgeftellt erfcheint. Die Kur: ftimme des Böhmenkönigs, als Mundſchenken des Reiches, 1273 beitritten, 1290, 26. September, jedody wieder endgültig anerkannt, erlangt durch die goldene Bulle Karl’s IV. vom Jahre 1356 den erften Rang unter den weltlichen Wahlfürften, da Böhmen ein „vor: nehmeres Glied des Reiches” ei.

Seit der Erhebung des (973 gegründeten) Brager Bisthums zum Erzbisthume (1344) hörte auch das nod) 1228 von den Premy-: ſliden urkundlich anerfannte Recht der Krönung des Böhmenfönigs durch den Mainzer Metropoliten auf. Die Krönung, deren ältefter Ritus aus der legten Premyjlidenzeit ftammt und unter Karl IV. nah franzöfiihem Muſter ausgebildet erjcheint, wurde nun eine Function des Prager Erzbiſchofs. Aus diefem Anlaffe ließ K. Karl IV. als Erſatz für die unter feinem Vater in Verluſt gerathene Premy: flivenfrone eine neue anfertigen und in der Wenzelsfapelle aufbe- wahren. Das gab jpäter Anlaß zur Benennung „Wenzelöfrone”, womit aber erit in unſeren Tagen ein jtaatsrechtlicher Begriff in Verbindung gebracht wurde.

Die Verpflichtungen des Böhmenkönigs als Vafallen gegen das deutfche Kaiſerthum wurden von K. Friedrich III. in der Gnaben: urkunde vom 21. December 1462 auf die Hälfte (150 Mann zur Romfahrt oder 150 Darf) herabgemindert. Andererjeits erjcheint es begreiflich, daß wir Böhmen, in jeiner nationalpolitifchen, beſon— ders jeit den Huflitenfriegen gefchärften Eonberitellung, von der 1512 begründeten Kreiseintheilung Deutſchlands ausgeichloffen finden, ob: Ihon damals einzelne Stimmen für die Einftellung Böhmens und

der Vagantenpoejie in Defterreih, Sitkungsber. ber Afad. d. W., Wien, XIII. Bd., 314—339; Michel Behaim's Bud) von den Wienern, h. v. Karajan, 2. a. (1867); Karajan, Ueber den Leumund der Teterreicher, Böhmen und Ungarn in den heimiſchen Quellen des M.:A., Sikungsber. der Ak. d. W. (1863), 42. Bd. Ueber Unreft: Krones a. a. O.

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XII. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526. 85

und 27. September 1355 die Lehensabhängigfeit Mährens „von den Königen und der Krone Böhmens” ; in der erjteren Urkunde werden das Markgrafthum Mähren und das Herzogthbum Troppau (aus einer mähriichen Zupe erwachſen) als Erblehen der Könige und des Reiches Böhmen erflärt; 1411 fällt Mähren an die Hauptlinie, an Karl’s IV. Haus, zurüd, und K. Sigismund verleiht am 4. October 1423 als König Böhmens das Markgraf: thum Mähren feinem Schwiegerfohne 9. Albredt V. Dennoch fühlten die böhmischen Stände am beiten die thatjächliche Sonder: ftellung und das autonome Selbftgefühl der Mährer, bei aller for: mellen Zehensabhängigfeit und Zugehörigkeit an die Krone Böhmens, heraus, und wir möchten weit weniger Gewicht darauf legen, daß fie (1437, 27. December) in der Wahlcapitulation Albrecht’s V. (II.) darauf drangen, Mähren folle der böhmischen Krone zurüdgeitellt werden, und Albrecht jene Urkunden ausliefern, in welchen ihm Sigis- mund Mähren verjchrieben, als vielmehr auf die Thatſache d. %.1453. Ladislaus P. ließ fich nämlich zuerit ala „mährijcher Mark- graf“ und dann als „König Böhmens“ huldigen. Auf die bezüglichen Vorwürfe der Böhmen: die Mährer jeien ein Glied des Königreiches Böhmen und Vaſallen der Böhmen, antworteten jene: Sie feien wohl ein Glied der Krone Böhmens, aber ebenfo frei geboren wie die böhmijchen Herren. Diefe nehmen nun ihre Vorwürfe als übereilt zurüd und erflären: Die Mährer ſeien vollfommen frei, vollkommen gleich und nicht ihre Vajallen, fondern ihre lieben Brüder, Verwandte und guten Freunde. Ja wir dürfen aud) wohl behaupten, daß Karl IV. eben mit Rückſicht auf die autonome Stellung Mährens, zur Zeit der Bildung der Iuremburgiichen Nebenlinie Mährens, im Intereſſe der eigenen Hauptlinie und zur Schwähung Mährens zwei entjchieden willfürlicdhe Verfügungen traf, nämlich die Trennung Tropp— au’s und des BisthHums Ol mütz, als unmittelbarer böhmifcher Lehen, von der „Marfgrafihaft” Mähren. Auch KR. Georg P. fand e8 für angezeigt, im Jahre 1464, den 13. Januar, den ftaatsredht- lihen Verband Mährens mit der böhmijchen Krone ausführlich zu beurfunden. Die autonome Sonderftellung Mährens fand in den Ereigniffen der Folgezeit eine immer größere Feſtigung. Denn jeit 1469 bahnt ſich eine thatfächliche Trennung von Böhmen an, welde bis zum Tode Mathias Corvinus’ dauert (1490), und es ift bedeut- am, daß K. Friedrich III. in der Lehensurfunde für den Ungarn: fönig als „König von Böhmen“, vom 13. December 1477, aus: drüdlih des „Markgrafthums Mähren” gedenft. Wie unleugbar auch der ftaatsrechtliche Verband Mährens mit Böhmen, das Ver:

“5 XII. &u£: Inneres Zraarsieben vom Schlniie des fr. Jahrh. bis 1526,

baltniß sum bohmiſchen Königreiche, als Gliedes zu einem größeren (genen, im den Urkunden bervortritt, ebenſo entjchieden macht ib die ebenbürtige Stellung des Marchlandes neben Böhmen, jeine innere Autonomie, geltend, wir haben feine ſtaatsrecht- Lie und formell anerfannte aber eine Factiihe Berjonalunion vor uns; denn Mähren bat jeine eigene Verfaſſung und lebt nad) eigenen Geſetzen. In Mähren waltet der Böhmenkönig als Marl: graf des Landes und empfängt als ſolcher die Huldigung gegen Bereidung auf die Rechte und Freiheiten des Landes.

Tas jtaatsrehtlihe Verhältniß des mittelalter: lihen Schleſiens zu Böhmen entwidelt fih in der Zeit von 1289 bis 1355. Zunädjt wird Kaſimir IL, Serzog von Oppeln und Beuthen, Lehensträger des Böhmenkönigs (1289, Januar) ; dieſem Beifpiele folgen Natibor und Teſchen (1291, 17. Januar). 1327 (18. Februar bis 5. April) leiſten dem Luremburger Johann die piaſtiſchen Fürſten von Falkenberg, Koſel, Teſchen, Oswieczim, Ratibor, Oppeln, 1329 (Mai) die von Steinau, Liegnitz, Sagan und Oels den Vaſalleneid. 1331 (September) brachte Johann einen Theil des Glogau'ſchen durd Kauf, die Stadt Glogau jelbit durch Waffengewalt und Liſt an fih. 1336, den 19. Auguft, fühlte fich Bolko von Münfterberg gleichfalls zur Huldigung gezwungen, und der Biſchof von Breslau erſcheint 1344 als Inhaber des ihm vom Könige Böhmens lehensmäßig aufgetragenen Gebietes von Grottfau, jomit in diejer Beziehung als Yajall Böhmens. Nur der mächtigfte Fürſt Schlefiens, Bolko (Boleslaus), von Schweidnig und Jauer fonnte feine Selbjtändigfeit behaupten, bis nad) jeinem Tode K. Karl IV. als Schwiegerſohn in der Yage war, dieje SFürften: thümer anzuerben (1353, 4. Juli). Eo vollzog jich, keineswegs als Ausfluß der Anſprüche böhmiſcher Herrſcher auf eine Lehens— hoheit über Polen (wie ſolche aus den deutſchen Königsurkunden von 1158 und 1212 für Böhmen gefolgert werden könnte), oder der vorübergehenden Perſonalunion Böhmens und Polens (1290 bis 1300 bis 1305), ſondern in Folge der natürlichen Anziehungs— kraft eines mächtigen jtaatlichen Körpers der Nachbarſchaft auf Heine mit einander im teten Hader lebende, Herrichaftsgebiete, ohne eini- genden Schwerpunft, die lehensmäßige Einigung der Fürſtenthümer: Liegnitz, Brieg, Münjterberg, Oels, Glogau, Sagan, Oppeln, Falkenberg, Strelig, Teſchen, Koſel, Beuthen, Steinau und Auſchwiz (Sowieczim) mit der Krone Böhmens, wie dies Karl's IV. Urkunde vom 9. October 1355 ausjpridt. Der König Vöhmens nimmt die ſchleſiſchen Fürſten als „erlauchte Fürften und

XII. Zu: Inneres Staatäleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526. 87

feine Getreuen” ‚in feinen Schuß und Schirm” auf und verspricht fie „in allen ihnen zujtehenden Rechten und Freiheiten zu erhalten und zu ſchützen“. Die Fürlten Schlefiens befigen in ihren Landen, als wahren Zehen, landeshoheitlihe Gewalt mit allen deren Attri- buten, hohe und niedere Serichtägewalt, die Regalien und den Heer: dann; fie jchreiben fi) wie zuvor „von Gottes Gnaden”. So blieb es bei allen weiteren Wandlungen Schlefiens im 15. und 16. Jahr: hunderte, deren an anderer Stelle gedacht wurde (j. J., S. 436 bis 438).

1498, den 28. September, erlangten die Schlefier die urkund⸗ liche Zufiherung K. Wladislaw's, daß der böhmiſche König zum oberiten Sauptmanne Schleſiens feinen Andern als irgend einen ſchleſiſchen Fürften beftellen ſollte, daß nur fchlefiiches Land: recht für jchlefiihe Rechtshändel competent fei, der Böhmenfönig ohne Zuftimmung der Schlefier feine neuen Zölle im Lande auf: rihten dürfe u. ſ. mw. Gerade die ungebührlichiten Gegenforderungen und Errungenschaften der Böhmen vom Jahre 1510, 11. Januar, feitigten die Schlelier in ihrem politiichen Selbitgefühle, und den 18. September 1522 fam es zur Erneuerung der Urkunde von 1498.

Auch die beiden Lauſitz, obſchon allda böhmiſche Adelige als Landeshauptleute auftreten, erjcheinen 1355, 1370 als einver: leibt dem Reihe Böhmen, aber auh im Beſitze landſchaftlicher Sonderredite.

Der Iuremburgifche Böhmenftaat aus Böhmen, Mähren, Schlelien, Laufig zufammengejegt, abgejehen von Brandenburg und Luxemburg, bietet überhaupt das Bild einer dynaſtiſch geichaffenen Ländereinheit, welche weit mehr das Geprägederperjfonalenalsrealen Union an ſich trägt.*)

2. Die Rehtsdenfmäler Böhmens, Mährens und Schleſiens, jo weit legteres hier in Betracht gezogen werben kann, jcheiden Sich, abgejehen von ftaatsrehtlichen oder Reichs— gejegen, in land» und gemeinderechtliche (förperjchaftliche) Satzun— gen, deren eriteren wir auch Pie Privatbearbeitungen landesüblichen Rechtes beizählen müfjen.

"Literatur. Außer den oben S. 4—6 angegebenen Werfen: Die Mono: graphieen von Dümmler, Gieſebrecht, Wait, Köpfe, Wilmans, Hirſch, Steindorii, Foto, Jafle, Raumer, Prug, Abel, Winkelmann, Schirrmader, D. Lorenz, Kopp, 3 Geſch. des oftfränkifchen und des deutſchen Neiches, u. ſ. w.; über die Kur: fimme Böhmens von Lorenz, Bärwald, Schirrmacher, Wilmans. Weber Mähren: Dubil, d'Elvert; über Schlefien: Röpell, Stenzel, Grünhagen, Biermann u. N.

88 XII. Ruh: Inneres Staatsleben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 1526.

An die Spige Stellen wir als höhere Reihe die Erbfolge: ordnungen der Herricherhäufer Böhmens, deren mir theilmeile bereitö gedachten: das Senioratserbfolge-Geſetz von 1055, die Ein: jegung des Erbkönigthums nad Eritgeburtsreht von 1212 und 1216, die Erbordnung 8. Johann’s von 1341. Bon bejonderer Michtigfeit ericheint die goldene Bulle Karl's von 1348 über bie Erbiolae der ebelihen Leibeserben beider Geſchlechter, im Zuſammenhange mit den luremburgiſch-habsburgiſchen Erbverträaen von 1364 und 1366. König Georg, der Wahl: fonig Bohmens, ohne Erbrecht, fand ſich bewogen, im Antereile der Gründung einer eigenen Dmmaſtie, die aber nicht zu Stande fam, 1465, 25. September, die habsburgiich-luremburaiichen Erbverträge aufzuheben, Dagegen Karl's IV. Erbſatzung von 1348 zu erneuern, wie Dies aud 1510, 11. Januar, 8. Wladislaw in feinem Ma: jeitätsbriere that. In zweiter Linie ſtehen Die jeit der luremburgi- ſchen Epoche angebabnten Inauguraldiplome der böhmiſchen Herrſcher nir Bohmen und Mähren (1310, 1311, 1347, 1436, 1438, 1453, 1471, 1509).

Der Charafter einer Reichsſatzung für Böhmen und Mähren war auch Der ſogenannten Majestas Corulina zugedacht, einen ausrühr: lichen Getegentmurte in 109 Kaniteln, der die Rechte Der Kirche in Sa— ben des Wlaubens, Div des Koniges mahren, Das Gerichtsweien refor: miren (mt 3%, Kapitel wird das Ordale Des alühenden Eiſens und Die Ianerprobe verboten), das Güterweſen, Die Yandesvertbheidiaung regeln, Die Waldungen ſchutzen, Das Deimfallrecht Der Krone und das Erbredt des Einzelnen ordnen, das Strafrecht verbeitern und insbeiondere der Wi!!kur Des Grundherrn gegen den Unterthban feuern ĩellte. Die Oppoſition Der Stunde gegen Dieien Reform— enteruri, Der, ton im Jahre 1346 vorbereitet, nie formliche Ges ſesestrait erlanazte. bewog den Konig, im October 1355 ihn törmlid) cuizubeben, ohne daß jedoch Die Grumdfage Diefes EDictes in der Folaezeit sbre Anwendung veriehlten. Mit Urkunde vom 6. Octo— ber 1355 erktart auch Markarai Johann H. von Mahren, daß er Die ter dem Namen Majestas Carolina befannten Geietze als durdaus unwirtiem und abgethan betrachten wolle.

Inden: wu die enzernen Landegeege an Beerten Mabren üdergehben, MENGE min der ogenanntent Nedisbiiser SM Tie mmatgchenden Prive:beardei:uugen des guingen \Nanliests om submit Srrade aus Der mitteiniteriben Grade und sin Bobmen: a des Sogenämme Roienbderger Neßrabub oder „das Buch des alten Herrn von Neunk. D 2. des Landes⸗ abdertãmmerers Boõbmens: Peter von Rosenberg. 131° iin: hadte „Yandes:

XH. Bud: Inneres Staat3leben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526. 89

ordnung” in der Form eines fogenannten Nichtfteiges aus ber Zeit von 1348 bi3 1355; c) die Rechtsauslegung des Landrechtes durch den Herrn Andreas von Duba (1343—1394 oberjter Landrichter), eine jehr bedeutende Arbeit, den beiden vorgenannten überlegen. Eine trefjliche Yeiftung für ihre Zeit, aus dem Ende des XV. und Anfange de8 XVI. Jahrhunderts jind die „Neun Bücher des Mag. VBictorin von WXehrd vom Landrechte Böhmens“, deren Verfajfer in der Zeit von 1450—1520 lebte und 1482—1484 al8 Dekan der philojophi- chen Facultät auftritt. Sie befigt einen bejonderen Werth durch die jurijtijche Behandlung des Landtafelweſens.

In Mähren mwurde bie bebeutendfte Trivatarbeit über das Landrecht von Herrn Etibor von Gimburg und Tobitſchau (Towadow), 1464 Hoftichter und 1469 Landeshauptmann Mährens (-- 26. Juni 1494), geliefert, das jogenannte „Zobitihauer Buch” (Kniha Towacowskä), und faın in den Sahren 1480—1494 zu Stande. Aus dem Gedächtniſſe aufgezeichnet von einem Manne ohne gelehrte Bildung und Rechtsſchulung, Fonnte fie ein um fo treueres Spiegelbild des überlieferten Gewohnheitsrechtes werden und insbeſondere einen tiefen Einblid in die jeudale Herrlichfeit Mährens, des Landes der „eijernen Barone”, gewähren. Alle Seiten des Rechtslebens berührt die Arbeit und genoß ein folches Anfehen, daß fie als Grundlage der gedrudten Yandesordnungen feit 1935, ja theilmeije nod 1628 benußt erjcheint.

Bei Ländern von fo alten und reich entwideltem Städtewejen wie dies in Böhmen, Mähren und Schlefien der Fall, mußte fich begreiflicher Weife eine große Fülle alter und inhaltlich bedeutender Stadtrechte entwideln. Sie eritanden alle durh den Eintritt deutichen, vorzugsmweije ſächſiſchen, aber auch ſüddeutſchen Anfiedlerrechtes in die ſchon bejtehenden böhmiſch-mähriſch-ſchleſiſchen Burgftädte und auf dem Boden unmittelbarer Eolonijation durd) den Landesfürſten und die geijtlich-mweltlichen Grundherren. In ihm verſchwammen die örtlihen Elemente des ältern flandriiden Ansiedlungsrechtes, und fein Einfluß erjtredte ſich auch auf das ſlaviſche Dorf: oder Gemeinderedt. Die Colonijation der Freidörfer nad) deutſchem Rechte entwidelte ſich regelmäßig auf dem Wege der Zocation oder Beſiedlung durd) einen VBertrauensmann (locator), der dafür beitimmte Befugnifje: die Erbrichterei mit Nutzun⸗ gen verjchiedener Art (Schank, Fleiſcherei, Bäderei, Mühlenbetrieb u. ſ. w.) erwarb. Diefe nad) „Schulzenrecht“ gegründeten Ortichaften (scultetia) bildeten gewilfermaßen die Vorftufe der Stadtgemeinden und erſcheint in Schlejien am maßgebenditen. Die beiden Grundelemente des deutfchen Colonijtenrechtes waren das Recht der Freiwahl des Ridters und Pfarrers der Gemeinde, wozu fid) dann bürgerlide Ausnahms- und Nutzungsrechte ge- fellten.

96 XIL Buch: Inneres Zraarsleben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 1.26.

Die mabgebenditen Stadtrehte Böhmens und Mährens lanen ich ihrer Metenbeit zufolge in nachltehende Hauptflaijen zer fällen: a) in ſolche, welche als die verhältnigmäßig älteiten aus ge- miichten, fandriihen, ſüd- und mitteldeutichen, Grundlagen zur eigentbümlichen Geſtaltung gelangten ; b) in die reinen Nadıbildungen des ſächſiſchmagdeburgiſchen Nedtes und c ) in ZStadtredhte, deren Grundzug ſüddeutſcher (bayeriich:oitfränfiiher) Natur üt. Dabei muß auch der Geltung der bezüglichen Städte als Tberhöfe gedacht werden.

Wir beginnen mit Bohmen und zwar mit dem Rechte der Prager Altftadt, um ibm das Yeitmeriger folgen zu laflen, als Re präſentanten der zweiten Nlaite, der auch das Gräzer (Nöniggräger) angehört; dann fommt für die Dritte Nategorie Eger an die Reihe. Als geſondertes Beiſpiel ſtädtiſcher Entmwidlung mag Brür dienen. In Mähren wollen wir die Tronung umfehren und Brünn, Znaim, Timus, Freudenthal, Braunsberg, (Glaz), Jglau, (Leobſchütz) und Goding mögen in ihrem Rechte beleuchtet werden. Fur Schle⸗ jien muß eine ſummariſche Aufzählung der älteiten Städtegrün⸗ dungen nach tüchliichen Rechte aenügen.

Tas Recht der Trager Altſtadt ging aus den Freiheiten bervor, welche Die eriten ırlandriihen?ı Anstedler der Altitadt am „lUierrande” ıpuaric) der Moitau durb Wratislaw Il. um Iımih und insbeiondere dann hundert Jahre Iparer unier Zobesiam II. 1175 11, > erwarben. Tie königlichen Keitärigungs- urtunden Wenzel's I. von 1251 und Trafar's IL. (12751 zeigen den mwachienden Fintus deu: ichen Rechies. Aus der Zeit Dieies entichiedenen Förderers ſtädtiſcher ‚erecbeit und Deuiichken BSürgerweſens ſitammt das ausrüubrlidhe Nltprager Stadt: red: Tie !öniatichen Urkunden umd Freibricie von 1237 1.372 beleuchten die mäch⸗ nge Fammifiuna des tadeschen Weiens, insbeiondere Die neunzehn Brieie Karl's IV., des Hauprgenners bürgerlihen Wohlirandes und Schöpters Der Neuſtadt. Tb tie Krager Keinſeite, Das Werk der Anñedlungsthätigkeit Dtakar's II., nad dem Redbte der Aumädter oder unmittelbar nach Magdeburger Rechte ausgeſetzt mar. aß: 5 nicht mir Sicherheit enticheiden. Die Prager Altſtadt war ber Eberdoe Für ne Reibe von Städten des Landes, die ſich nicht mir Genauigkeit eitſrehen saßı doch witien wir. daß z. B. Ehrudim. Nymburg. Vrachatic (beide sc Lass, Tore, Veraun mm Laer, Rokvezan u. N. nach Alntüdter Rechten auseeiegt waren.

An der Spitze der Städite mit magdeburgiſchem Weichbildrechte ttebt Yeit- METTE. bereits MO urkundlich genamm und allem An'ſcheine nad von Wenzel L nur Tenticben beitedele. Karl IV, beitatigt 1.348 der blübenden Ztadt den Wenuf der „Gewohnhezten und rehetten” von Magdeburg. Yeimterie warb jeit 8. Jodaun der Tberbor für den weitgedebnten Kreis aller Orts-Gemeinden, weiße nad Dem gleichen. alio nad Magdeburger Rechte. ausgelegt waren, während irũder die Neibtabelebrungen unmittelbar bei dem Magdeburger Schöffen:

XII Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526. 91

gerichte eingeholt zu werben pflegten. K. Wenzel feitigte dies Durch das förmliche Verbot vom Jahre 1387, ſolche Rechtsbelehrungen außerhalb der Landesgrenze zu juhen. Zu diefem Rechts-Kreiſe zählten an dreißig Orte, darunter beiſpielsweiſe Bilin, Brandeis, Jitſchin, Tetſchen, Teplitz, Komotau, Laun, Raudnig, Rodebrad, Jungbunzlau, Münchengrä;, Schludenau.

Auch der alte Zupenort Gräz im obern Efbegebiete, ſeitdem es Leibge: dingſtadt der Königsmittwe Rychſa oder Elifabeth, Wenzel’3 II. Gemahlin, ge: worden, „Königin-Grätz“ (Königgrag genannt), erhielt Magdeburgerrecht, allem Anjcheine nach feit Dtafar I, Intereſſant iſt e8, daß fich zu den hierortigen Schöffen die Chrubimer, Leitomyjchler (1259 mit Gräzer Rechte bewidmet), Glazer, ja ſelbſt Die Leitmeriger mit Anfragen um Rechtsbelehrung wandten.

Als Hauptvertreter des örtlich bejchränften bayerifch = oitfranfifchen Stabt- rechtes, deſſen Mufterorte Regensburg und Nürnberg genannt werden können, erjheint Eger, die Burgftabt der deutſchen Kaijer (1183, 1203), mit Otakariſchem Freiheitäbriefe vom 4. März 1266, dem 1291 das Privilegium Wenzel's II. und 1342 die wichtige Urfunde Karl's IV. folgte. An der leßteren wird der Stadt Eger das Recht der übrigen föniglichen Freiſtädte, insbeſondere aber da8 Brünner Recht ertheilt. Egerer Recht überging 1352 auf die Stabt Flibogen. j

Eined der hervorragenditen Beifpiele freiſtädtiſcher Entwidlung aus grund: berrichaftlichen Verhältniſſen bietet der uralte Grenzort Brür (d. i. „Brücke“ bei Gnevin, wie der Ort alteröher genannt erjcheint) am vormals bedeutenden Kummerner See, einem der interejjantejten Vertreter eines Flußſee's, deſſen Wand- lungen den Geologen fo gut wie den Hiſtoriker anregen ; in der Kette der ge= ſchichtlich ehrwürdigen Srenzorte Taus, Pfrimberg, Tachau, Kulm, Bilin und Kaaden (Kamburg). 1226 vermachte der Grundherr von Gnevinmoſt (Brür, Brüde = most), Kojata, Sohn des Srabis, jeinen ganzen Befig für den Todesfall der Wittwe ber Kirche von Zderas. 1248 (?) fällt Brür an den König. 1273 erſcheint Brür als Föniglicher Burgort mit Straßenzwangs- und Niederlagäredht, deutfche Richter und Schöffen zeigen ſich (1281) in ihrer Amtöthätigfeit, und 1372 ergänzt Karl IV. die Freiheiten der wichtigen Stadt, welche wohl, in Ge: jelihaft mit Saaz, Kaaden, Yaun und Kommotau, jächlijch » magdeburgiiches Recht genoß.

Mähren (die Troppau-Gräzer Provinz eingerechnet) tiberragt Böhmen in Bezug auf Alter und Fülle der Stadtrechte und Weisthümer. Gehen wir von der Gruppe aus, welche ſüddeutſches, bayerifch-ojtfränfiiches Weſen offenbart, fo gebührt den Brünner Staruten die erjte Stelle. Ein Zupenort, Fürſtenſitz, jo günftig für den Handel gelegen, daß wir an frühe Anfieblungen denken müfjen und nicht bloß deutichen, fordern auch walloniſchen Inſaſſen (Galli) begegnen. Seit 1243 entwidelt fi) das Brünner Stadtrecht zum bedeutendjten im Lande, und der Oberhof von Brünn zählte an fünfzig Orte, wo Brünner Necht galt und die da Belehrungen fuchten. Zu den hervorragenditen gehören Boskowiz, M. Budwitz, Bifenz, Hradifh, Weißkirchen, Eibenſchiz, Auſpitz, Koftel, Proßnitz, Tiſchnowiz, Ung.:Brod, Saar.

Die alte Burgitadt Znaim erhielt von Otafar II. Wiener Recht. Be:

923 XII. Buch: \uneres Ztaatsieben vom Schluiie des 10. \abrh. bis 1526.

greiſlichen Weiſe ericheinen in ben ipüteren Freiheitsbrieien Znaims, 3. B. von 120, „Aechte von Brünnſund Iglau“ als verwandter Art verliehen.

In Die Klaſſe der Stadtrechte jächſiſch-nagdeburgiſcher Weſenhen fällt das Kedyı von Tlmür, ichon im 12. Jahrhundert enwickelt, und zwar, mie bie Urkunde von 1228 beragt, bereits vom Martgraien Wladislaw Heinrich (1195, 122323) vurheilt. Yittan und Prerau (1245, 1256) hatten Tlinüger Recht, und das LKeirbot Mt. Fohann's vom Jahre 1326, jächſiſches Recht auferhalb bed Yandes einzuholen, Jollte die Siadt su einem Tberhofe machen. Run faben ich) aber Die Dimüner ſelbſt genöthigt, von reslau, wo das Magdeburger Hecht volltonnmmen heimiſch war, dasielbe zu leiben, und über Karl's IV. el: jung überſandien es Die Arestaner (1351) den Olmützern, indem tie fich even: tuelle Rechtobelehrungen vorbehielten. Martgraf Johann feitigte dann 1352 das Anjehen Olmüte' aloe ausſchlieſſtlichen Dberhofes Mährens in Angelegenheiten des ſüuchjiſch magdehurgiſchen Mechtes.

Aelter als das Dlmüber Recht magdeburgiſchen Weſens, überhaupt als das älteſie dieſer Art in ganz Böhmen und Mähren erſcheint das Freudenthaler in Der Troppauer Provinz vom Jahre 1213 (1233, 1247 beſtätigt). Ihm ſchloß ſich an dieſem Boden das Troppaner jet 1221 und das Braunsberger a, laut Der Urkunde Dev Gründers dieſes Städichens, Riſchois Kruno (Braun) von Olmün, Des coloniſtenireundlichen Zeitgenoiſen und Staatsmannes Ota⸗ kar's II. Eleichen Schlages war auch das Glazer, wie dies am üicherſten aus der Urkunde Karl's IV. von 13i&s erhellt

Der Reigeniührer ſener Siadtrechte, welche eigenſtändig, allerdings unter dem Cinſuüße ſrandriſcher Koloniſtenireiheit, gemeimdentichen und ins: bryondere daprumdb onmänkichen und Sachticben Rechtes erwuchſen, iſt Dad von \alan. Der alltenen und berühmteſten Berastadt am muührich- böhmischen Ge⸗ ware. Zubon Ph mu das Iglauer Schiedsgericht in Bergſachen von bohem An: eben. An das Jabi Ta dpi sich De Ausbildung Des Iglauer Stadt und Berg: tebted, weiches in Bobmen z. B. Deuirchbrod, Kuttemberg, Cbotebot erhierten. Das Zimmer Zrad und Vergiecht br eine Rachdildung des Ig⸗ mung. Mahlen, RVobhmen, Shleſten erkaunten diee Stadt als Oberhof in Berg: rechistragen au. Zube om Sachien Setzen das uralte Freiberg, Annaberg. Nie Min Zbeanae cn Momntaniachen ibre Recbesbelebrungen wid Iglau. Dom da tunwendiie tapodn: Besmabis augebatime ßvSerggeſesgebung

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94 XII. Buch: \uneres Staatsleben von Schlufje des 10. Nahrh. bis 1526.

3) Tie älteiten gemeinſlaviſchen Grundlagen der Territorialverfaijung Böhmen: Währens (Schlefiens) bilden die Jupen, den deutihen Gauen und Gaugrafichaften vergleichbar. Zunächſt eriheint nämlich die Zupe als Bezirk, wo die Familien und Geſchlechter als die niederen und höheren Ginheiten der Volks— ſtämme oder der Gefolaichaft (kmen, plk, pluk, pukoleni) feßhaft wurden, mit dem Gejchlechtshaupte (Zupan) an der Spige, deſſen meiit befeitigter Wohniig der Vorort der Zupe war. Der Zupan ericheint als der Richter, Heerbannführer, beziehungsweiſe Prieſter, der Zupengenoſſenſchaft, daher kndz im Slaviſchen den Fürſten und dann den Prieſter bedeutet. Die Zupa (lat. suppa, regio, districtus) umſchloß die jogenannten ujezdy (ambitus, circuitus), die Einzel: gebiete, oder Dorfmarfen: Ackerboden, Weide, insbefondere aber den in alter Zeit weitaus überwiegenden Wald und die eigentlichen Ge- meindeqründe (obec).

Mit dem Schluſſe der heidnijch:patriarchaliichen Zeit, insbefon- dere jeit der Feſtigung der premyjlidiichen Herzjogsgewalt mit Bo: leslaw I. und TI., in der andern Hälfte des 10. Jahrhunderts briht die zweite Epoche der Jupenbildung an, die eigent: lie Zupenverfaſſung beginnt. Die alten Zupen werden Amtsbezirke wie die Baugrafichaften; der Zupan, berzoglicher Yandesbeamter auf der ZJupenburg (hrad, mesto), wenngleich mächtige Familien diefe Würde erblich behaupten, und jeit Wladislaw IL. (1140—1173) ins: befondere prägt ſich dies in der „Kaſtellaneiverfaſſung“ aus. Der Ober: beamte der Kajtellaneien in politiich-milttärijcher Beziehung ijt der Zupan (pruefectus, castellanus, comes. suppanus aud) rector provinciae), dem der Heerbann der Jupe, vor Allem die Burgmiliz (milites, prae- sidium castri; panose) unterjtehen. Die landesfürftlichen Einnahmen vom herzoglichen Grunde und Boden zunächit, dem aud) alles unvertheilte und noch unbebaute Gebiet, die „Mark“, im engern Sinne zugehört, verwaltet der Kämmerer (komornik. camerarius), und für bie Domänen insbejondere erſcheint der berjoglicde „Hof: Maier” (vladar, villieus) beftellt. Die Gerichtsbarkeit in der Zupe verjteht der Jupenrichter, Cudal auch sudi (ezudarius. judex, judex provin- eine). mit den älteſten Nechtserfabrenen und Vornehmiten des Be: zirfes, Der darum auch cuda (in Schleſien, deutich umformt: Czaude)

weich, v. Iglau (Ne); Grünhagen, Breslau unter den Piaſien als deut⸗ ſches Gemeinweſen (18611: Grünhagen, Les colonies wallonnes en Silesie, partieulierement a Breslau (Acad. royale de Belrrique, T. XXXIII.. 1867 Sep.A.; Röpell, Ueber die Verbreitung bes Magdeburger Rechtes.

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t:r Eintbeilung nad Eriprzeitertbumern (Archidiaconaten) uns T-canatern mit Der Zuven- und Gudenemtbeilung in genaue Ueberrinitimmung zu bringen, bleibt errolalos, wenn aud eine An: zahl von Archidiaconaten und Tecanaten ſich einpaſſen läßt. Im 14. Jahrhunderte laſſen ſich elf Archidiaconaten mit jiebenundbfünfzig Tecanaten urkundlich feititellen. Vergleiht man bie jeit Karl IV.

98 XI. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

Die Entwidlung des Ständemejens in Böhmen : Mähren zeigt in den älteften Grundlagen zwei Rangklaffen der Hochadeligen: die Stammbäupter (lech, lesi, lateiniſch lecho, in den frän: fiihen Annalen auch regulus fleiner König, Fürlt) und die Ge- ihlehtshäupter (vladyka) oder Gefolgihaftsführer. Ihnen reiht fih der urjprünglid an Zahl bedeutendite Stand der edelfreien Grundbefiger (zeman) an. Die Bezeichnung kmet jchließt den Begriff des Alters und der Würde in fi und Kmeten beißen einerfeits die „Alten, „Würdigen” im Rathe des Fürften, joviel wie Grafen, Ritter, Zupane, ſpäter die hochadligen Beifiger des Land: rechtes, andererjeitd auch die FSamilienhäupter im Stande der Ge- meinfreien, der Bauern (sedläk, rolnik), und endlich überhaupt den Bauer. Es entſpricht in diejer Beziehung ganz dem magyarifchen jobbägy in deſſen mwechjelnder Bedeutung und beiläufig auch dem „Graf“, comes, des deutſchen Mittelalters. Das jlavijche starosta, hospodär bezeichnet ja auch fo gut den Fürften ale den Amtsver⸗ wejer und den einfahen Hauswirth, Wirthichafter.

Die Unfreien oder Hörigen (chlap, sluh und slurka, dewka, robotnik, clovek = homo; jpäter auch otrok Sklave) mehren fich ebenjo wie in Deutfchland durch Verarmung und Schub: bevürfniß der Gemeinfrein und der Zemanen, jo daß die Grund: unterthänigfeit, Hörigkeit, den ganzen Bauernitand in fi jchließt und weit härtere Formen annahm, wenn aud das Sflaventhum der heidniſchen Epoche an fi durch die Kirche, der man viele Leib: eigene „zum Seelenheile” oder „Seelgeräthe“ ſchenkte (daher duse- nici), im 10. und 11. Jahrhunderte gemildert erjcheint. Wie wir ihon oben angedeutet, trug die deutihe Colonifation zum weſentlichen Umſchwunge der bäuerlichen Berhältniffe insbefondere jeit dem 13. und 14. Jahrhunderte bei, und zwar durch das Anz jiedeln der Bauernichaften mit Friſtjahren der Steuerfreiheit (daher Ihota Freiung) und unter Erbpaditverhältniiien. Die Haupt: maſſe des ſlaviſchen Bauernftandes blieb grundunterthänig, aber in Leibeigenichaftsverhältniifen bärteiter Art begegnen wir ihr erft jpäter.

Aber auch in der Klaſſe der Höchſtfreien oder Hochadeligen hatte ſich im Laufe der Jahrhunderte eine mächtige innere Wand⸗ lung vollzogen. Die Lechen oder Vladyken im urſprünglichen ie, die Stamm: und Geichlechtshäupter, als deren letzte Bertreter wir die Slavnif und Wrsowcen anfehen dürfen, erlöſchen ah ihre Nachkommen ericheinen im Dienjtverhältniß +" zogen als Zupane, Landes- und Kronbeamte; bir und jpäter das Lehens weſen ergreift mm

100 XIL Bud: Inneres Staatsleben vom Schluije des 10. Jahrh. bis 1526.

des Grundherrn, und, was noch wichtiger war, jeit 1498, die Auf- bebung der Freizügigkeit der Tienjtleute aller Klajien, welde nun von den „Losbriefen“ ihrer Herren abhängig wurden, behaupteten ſich auch zumeiit in der Bertretung der höchſten Lan: desämter Böhmens (Oberſt-Burggraf, Landmarſchall, Hofrichter, Kämmerer, Landrichter, Kanzler, Landſchreiber und Unterfämmerer) und Mährens (Landeshauptmann, Oberſtkämmerer, Marſchall, Landrichter, Landichreiber, Hofrichter und Unterfämmerer). Aus- ſchließlich Kronbeamter (urednik krälorsky) war der unter 8. Wla- dislaw I. (F 1173) eingeführte Brocurator oder Fiskalis, im Gegenjage zu den Zandesbeamten (ufednici zemsti).

Faſſen wir das böhmisch » mähriihe Landtagsweſen in’s Auge, jo begann es mit den in allen wichtigen Fällen einberufenen Berfammlungen der Vornehmſten des Landes am Hofe der Herzoge und Könige als ihres Beirathes. ine geregeltere Entwidlung der Landtage (snem) als Thätigfeitsäußerungen der Landesvertretung fällt in den Schluß der Premyfliden und in die Quremburgerzeit. Den eriten Stand bilden die Prälaten, die Biſchöfe voran, dann die Herren, die Ritter und Knechte und die landesfürftlicden Städte. Durh den Huflitenfrieg wurde der Prälatenftand Hinter den Herrenitand als zweiter gedrängt, nur jtand, 3.8. in Mähren, der Biſchof von Olmütz an der Spige der Unterjchriften des Land- tagsbeſchluſſes. Weberhaupt blieb die politiiche Bedeutung des Prä- latenftandes ſeither äußerit gering. Der Höhepunkt des Landtags: weſens jällt in die Schlußzeit des Mittelalters, vom Huſſitenkriege an (1420— 1526), und dauert bis zur Schlacht am weißen Berge (1620).

Im Kreife des Bauernftandes müſſen wir noch einer bejondern Erjeheinung gedenken, der jogenannten Freiſaſſen (svobodnici, dedinici, näpravnici) Böhmens, das find Gemeinfreie, im Beſitze von Freigütern königlicher Schenkung, über welche eigene Bücher, FSretfaffenbücher, geführt wurden. In Mähren verhielt es ſich ähn— lih mit den Gerichts- oder Landboten (puhonci von puhon geridtlihe Vorladung), welche nämlich Freigründe zum Nutzge⸗ nuſſe inne hatten.*)

*), Literatur. Adgejehen von den ©. 4—6 aufgez. Werfen: Palacky, dejiny när. tesk., L, 2.; Herm. Ziretef, Ueber die böhm. und mähr. Zupen in den Pamätky archaeol a mistop., IL, HL 9. (1857); Tomel im Cas. desk. Mus. (1858), 2. H. (gegen Palacky und Siredek, welcher aber auch von Palacky abwih); J. Kalonfer » mappe historica, Prager

102 XIL ud: Inneres Staatsleben vom Schluiie bes 10. Jahrh. bis 1526.

meinde derart an, daß fie eine Smagoge errichtete. König Johann, der bei teinem itarfen Geldbedürfniß nicht jelten der finanziellen Dientte der Juden bedurfte, gewährte ihnen ſchließlich Schub. Die ſcharfen Terorbnungen der Prager Eynode von 1348 wandten ih gegen die Juden vom firdliden Standpunfte aus, im gemeinen Tolte regten fi jociale Gährungen wider die ilraelitiihe Geldwirth- ſchaft. Karl IV. ichüste die Juden als königlide Kammer: Inehte. Tie Tage Wenzel’ IV. riefen in Prag jo manchen Sturm gegen die Judenſchaft hervor (3. B. 1386, 1389); auch in Mähren begegnen wir dieſer Eriheinung. 1399 traf der erzbijchöf: lihe Bann den Unterlämmerer, der ſich der jüdiihen Kammerknechte annahm. Tie Vollswuth war entfefjelt, die Juden wurden ver: trieben, ihre Häuier zeritört. Aber jie behaupteten dennoch ihren Beitand mit Zähigfeit. Ten ſtürmiſchen Volkswünſchen trug im Zahre 1410 Erzbiihor Konrad mit dem Gebote Rechnung, daß alle zehn Jahre alten Schuldverſchreibungen jüdifher Gläubiger mull und nichtig jeien. Tie Gefahren für die Juden wiederholten jich; jo wurde im Jahre 1422, 1448 die Judenſchaft ausgeplündert. Inter K.Ladislaus Poſthumus wurde die Verbannung der Yiraeliten aus Brünn verfügt (1454). Unter dem Jagellonen Wladislaw, der durch ein Gejeg vom Jahre 1494 den jüdiihen Gejchärtsbetrieb einengen jollte, dajjelbe jedoch 1497 wieder aufzuheben fi) bewogen fand, regten fih 1503 neue Gewalticenen des Hafjes gegen die Juden in Prag. 1506 wurden fie aus Budweis für immer verbannt, und 1507 drangen die Stände in den König, die Juden für immer des Landes zu verweilen. Diejer jedoch hatte den Yuden im Jahre 1501 einen Verficherungsbrief für ewige Zeiten ausgeftellt, und die Stände zwangen ihn, daran feitzubalten. Piljen und Budweis hatten da: gegen vom Könige das Recht der Fudenverbannung erlangt. Prag blieb der Hauptiig der Juden; bier bildeten fie eine bedeutende Gemeinde unter Vorſtehern und Xelteiten. Wo es in Böhmen und Mähren Eynagogen als Bethaus und Schule gab, wurden altersher grundbücherartige Vormerke über Eigenthums- und Prandrechte der: jenigen geführt, welche fih durch die übernommene Verpflichtung für den Bau und die Erhaltung der Eynagogen zu jorgen, das ausichließfihe Recht auf einen Sitz daſelbſt erworben hatten, die jogenannten Echulfefjelbücher. *)

*) Bl. außer den allg. Werfen von Grätz und Jo ft über die jüd. Geſch.: R. von Herrmann, Geld. der Ziraeliten in Böhmen v. d. älteften Zeit biß 1803. Palacky, Dudik (1818). Röpler, Rechtsdenkm. B. u. M.; Tome, Geld.

XII Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Xahrh. bis 1526. 103

IL. Die mittelalterlihen Eulturepodhen der böh— miſchen Reichsbildung, insbejondere Böhmens, laſſen fich beiläufig in drei gliedern, deren erite mit der Mitte des 12. Jahr— bunderts jchließt, die zweite mit den Tagen Karl’s IV. (} 1378) endigt, während die dritte in die Zeit der beiden jagelloniichen Kö— nige Böhmens (1471—1526) ausläuft.

In der eriten diefer Epochen, welche aus der „mythijchen” Zeit, wie der ehrwürdige und ehrliche Cosmas die Periode vor 894 tref: fend bezeichnet, in die chrijtliche Premyflidenherrichaft des 10. Jahr: hunderts einmündet, fejleln zunädft die urfprüngliden An— fiedlungsverhältnisfe des Slavenvolfes in Böhmen, Mähren, Schleſien den Blid des Culturhiftorifers.

Die ſlaviſchen Drtsnamen in ihrer älteften Form zeigen zunächſt den Gefchlechterverband an in dem Auslaute ici, ſpäter ice oder ic, 3. 3. Branovici, Bohuslavici, Bratretici, Cernowici. Liutomerici, Domaborici, Dalesici u. ſ. w., oder die einjtigen Gauftämme, 3. B. Charvatici, Slovenici, Dudleby u. N.

Diele jpiegeln die vorzugsweiſe Beichäftigung, 3. B. Becväfi (Böttcher), Kovarı (Schmiede), Mlynarı (Müllner), Strelei (Schüßen, Jäger), körperlihe Eigenthümlichkeiten, Bräuche der Anjiedler, oder den Spott der Nachbarn über fie ab, Hlupohlavi (Dummköpfe). Drevohryzy (Holznager), Suchomasly (Trodenjchmälzler) ; wie über: haupt der Volkshumor, harmlojer und derbiter Art, auch in der Bildung der Perjonennamen eine große Rolle ſpielt. Wie überall, bildete endlich eine Hauptmafje der Namen die Lage der Ortichaften an den Flüffen, in Wald und Au u. ſ. m., 3. B. Lucane (luh = Au), Bukovane (buk—= Bude), Zarybnici (hinter dem Fijchteiche mwohnende) u. ſ. w. Die Burgorte der Stamm: und Gejchledhts: häupter, insbejondere der Herzoge, im Lande und an der Grenze, die Dertlichfeiten an wichtigen Fluß: und Straßenftellen, endlich Die Klöfter, deren wir in Böhmen bis 999 drei (Benedictiner), mit dem ehrmwürbigen Btewnow (993 mit Mönchen aus einem römijchen Klofter befegt) an der Spige, im elften Jahrhunderte drei, im zwölf: ten jchon dreizehn des Benedictiner:, neun des Brämonitra: tenjer-, drei des Gifterzienferorbens zählen (in Mähren drei, darunter Raygern, feit 1048 als Tochterftift Btewnow's), erwachfen zur höhern Bedeutung. Die Kirche vor Allem ijt nicht müßig im Erwerben und Urbarmachen wachlender Schenkungen, und

Prags; d’Elvert, Geh. Brünns, u. die anderen Monogr. 3. Geſch. des Städte: wejend. Galerie der Sipurim, Prag 1847.

104 XIL 225: \smeres Z:2zrölchen cu Shizme ses 1. aid. 5 1326.

tie Durdaus wurden Monche, namentlich die Citersienter, leiten geräuihlos aber wirfiam kleine Ströme Deunidber Annwdler in's Sand, die ñch ebenio in Den bersouliden Kralzen md auf den To: mänengrünen anzulammeln beuinnen, uls tmiter aut geitlich-welt- lihem Herricharts boden.

Bis in's 9. Jabrhundert widen die Zeugniñe über den böb- miſchen Elbe- und Donanbandel ;urüd: die Yeinmeriger Ur⸗ funde von 1057 ipricht von griechiichen und jüdiichen Handelsleuten. Roh ruben größtentheils die Rerallikire im böbmiih-mäbriihen Erzboden und warten reuerer Bebebung; nur die Goldtmüicen find uralt.

Raub int das Land, raub die Bewohner, die Zeit aemultiam. Tie Blu- und ;samilienrade iprießt ürnig; die Steinigumg des ebebredyeriihen Weiles eims Wreowcen durch die Sinpenglieder des Ghemannes uebt vor den Augen des obnmädtigen Biſchofs Adal- bert vor sich und er erlebt die arauie Nusrottung Teint groben Fa⸗ milie der Zlarnif durch 9. Boleslaw II. (7 999: aut den Rath der Wreowcen, melde bundert Sabre tpüter (1108) das gleiche 2005 erreiht. Tie ipärlide Bildung rubt in ven DHänden des Klerus, der iein Schulwiſſen aus der Fremde bolt. Tier älteite Chronitt Böbmens aus der wichtigen Uebergangszeit vom Jnveiti- turitreite bis zu den Tagen Sobeslam's J. Cosmaus, der Prager Dechant, tucte jeine Bildung in Lüttich. Trotz Der gregorianiſchen Kirchenrerorm dart Cosmas (7 1125) feiner Gattin Yozena, der treuen Lebensgehũlññn, einen warmen Rachruf in feinem Werte zollen, und der Zobn dieſer Prieiterehe it Deinrib Zdik, der nad: malige Biſchof ron Tlmüg, für jeine Perſon ein itreng firdhlicher Eiferer der neuen Rihtung. Tie Wenzelö:!eaenden, Das Leben des beiligen Adalbert, die Annalütif des Prager Tomberrenitiftes, Die Reite der ubrbücer von Kloiter Hradiſch in Mähren bevor e& 1151 den Benedictinern entriien und Pramonitratenierm übergeben ward, iind die bedeutenditen Leiſungen einbeimiiber Geſchicht— ihreibung.

Ueber die volfstbümlidhe, czechiſche Literatur, d. i. über die Aufzeichnungen ſlaviſcher Erif und Yurif, läßt ſich fein tiheres Urtbeil tällen, da die Echtheit des Bruchſtückes vom „Ge richte Yibuna’s” (Libusin süd) und der „NKöniginbofer Hand⸗ thrirt” (Krälodvorsky rukopis) nod immer nicht aegen jchwer: wiegende Angrine ertolgreich vertheidigt und erwieſen werden fonnte.

Was ih Ichon jeit dem 11. Jahrhunderte immer entichiedener angefündigt, der Anſchluß Böhmens an Deutihland in

"2 KILL Ex&: Inneres Z:aaisiehen vom Schlume des Itt. Jahrh. bis 1526 = Fr und jelbit der ;yortieger Der Königsſaaler (Zbraslam) Sersrtzzcucien, der Deutiche Kittersienier, Peter von Zittau, 2.2 32 jenem volitiih und cuttur geichichilich bedeutendem Werke, das 27 Stom̃ülle die älteren Yeittungen eines Tincenz; von Prag zu Gerlab von Müblbauien, geitgenonen der legten Jahr: szene Der Senioratserbiolge (bis 1198), und die Fortſetzer des Cosmas (1125—1283) weit uberbieter, nicht bloß die Prosetborheiten, das Añ̃enthum der böhmiſchen Junker in Kleider-, Sat: umd Haartracht, Tondern auch die Zitte, lieber das Deutſche u radesrechen, als Die eigene Mutteriprace zu pflegen. Diele Span: nungen entladen ih unter dem eriten Yuremburger Johann in den bertiaen Conflicten mit den bohmiſchen Waronen, und die deutſch⸗ teendlibe Gelinnung bricht auch in der Geichichtichreibung Des Abtes era durch, welder ebenſo wie Talimil Otakar's Coloniſten⸗

reundlichkeit zum Schaden der Landeseingeborenen herbe tadelt und in der Chronik des Domherrn franz, welcher im Gegenſatze zur Chronif des Peter von Zittau ein wahres Jerrbild der Zeiten Jo: bann’s icut.

Eine Zertöbnung der nationalvolitiihen Erreaungen mit den Anteretten der Herrſchaft und des Yandes bewirkt der landesbürtige Nachiolger Johann's des „Fremdlinas“ auf dem Throne, Karl, der weltlaurige Derricher, unter welchem unbeitreitbar Das mittelalterliche Culturleben Böhmens ſein aoldenes Zeitalter feiert, ebenjo wie Mähren das jeiniae unter der Herrſchaft des Bruders 30: bann Heinrid.

Es it der Höhepunkt dörfiſch-ſtädtiſchen Anſiedlungsweſens, gewinnreihen Berabetriebes, deſſen Hauptgebiete uns der „hiſto⸗ riihe Boden“ Böhmens (I. Bd., S. 339 ff.) fernen lehrte. Groß in die Handelsbewegung; mit den Städten Des öſterreichiſch- baneriſch-ſchwäbiſchen Tonautbales (Wien, Regensburg, Augsburg, Ulm), mit dem oſtiränkiſchen Nürnberg, mit Sachſen und dem ganzen niedern Elblande, vor Allem jedoch nah Oſten bin über Breslau, und nordwärts an die baltiiche Küſte zu den Hanſeſtädten und ſüd— ortlih Durch Das Teichener Gebiet und den Jablunkauer Paß oder über das mähriihe Gemärfe nad Ungarn, berridt der regite Verkehr, denen Herz Die Prager Altitadt bleibt. Tas aewerblihe Leben gedeiht vielgeitaltia, denn derjelbe Herrſcher, welcher mit Glück die Pilanzung der Nheinrebe um Melnik verſucht, ziebt aus dem Aus: lande gewerbtüdhtige Leute, jelbit Feinledergerber aus Calabrien, orientaliihe Teppichwirker u. j. m. heran. Das iſt Die zweite DBlüthezeit des reihen ftädtiihen Patriziates, das ſchon in

XD. Bud: Inneres Staatöleben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 1526. 107

den Tagen des böjen Zwijchenreiches (jeit 1306—1310) in Prag und Kuttemberg feine geringere politiihe Rolle fpielen konnte, als bie mächtigſten Feudalherren fie fpielten, und jetzt Leute zählte, welche, wie der befannte Prager Rothlew, einen Reichthum befaßen, der dem der Augsburger Fugger Ipäterer Zeit gleichlam. Dieſem materiellen Woblftande, welcher in Böhmen auf beiläufig 950 Ge: viertmeilen nad) 100 Städten, 300 Märkten, 260 Burgſchlöſſern, 30,360 Dörfern und 170 Klöftern fich vertheilte und ähnliche günftige Verhältniſſe in Mähren (1371 gab es hier an 30 landesfüritliche Städte und Märkte) offenbart, ftanden aber auch die Entwidlungen der Kunſt und Wiſſenſchaft ebenbürtig zur Seite.

Schon das Kunftgewerbe wie die Zunftordnungen Karl’sIV. offenbaren (Goldſchmiede, Schilderer oder Schildmaler und ihre Ge— Ihäftsverwandten,; Satzung vom Jahre 1348), zeigt diefen höheren Trieb des geichäftlihen Lebens. Die italieniihe Mofaifarbeit und Glasmalerei blüht. In der Burg Karlftein, diefem Prachtbaue des Quremburgers, häuften fich die Schöpfungen farbenfräftiger Holz: tafelmalerei; in vielen Kirchen erftanden Funftgefchichtlich bedeutende Wandgemälde oder Fresken. Meiſter Dietrich und Meiſter Niklas Wurmjer von Straßburg müjjen hier genannt werden, desgleichen Thomas von Mutina (Modena). Cine böhmiſche Malerjchule ent: widelt fi, und fein geringer Erfolg begleitet fie in der Holzmalerei und insbejondere in den reihen Miniaturen ber foltbaren Perga— menthandichriften jener Zeit. Denkmäler des Erzguſſes der Gebrü- der von Klufjenbach verdienen Erwähnung. Am großartigiten verewigt fich aber die faroliniiche Kunftepoche in ihren Baudenk— malen. Die berrlihen gothiſchen Bauten Prags und Karliteing nüpfen ji) an diefe Tage und Namen, wie der des Baumeiſters Peter Barler (parlier, nit: Arler) aus Gmünd, Sohn des Heinrich von Boulogne, aus der Kölner Bauhütte, bleiben unver: gängli in der Geſchichte der Baufunft; denn Prag, Köln, Kuttem: berg erinnern in wichtigen Bauwerfen an die Schule diejes Meilters.

Für die Wiſſenſchaft deren Segen Karl, der Freund Be: trarca’s, Boccaccioß’, der Verfaſſer einer eigenen Lebensbeſchreibung, durch die eigene Jugendbildung empfinden lernte, ſchuf er als großartige Pflegeftätte die Prager Hochſchule (1348), die erite und befuchtefte im deutjchen Reiche und im ganzen centralen Europa. Nah dem Mufter der Pariſer Univerfität eingerichtet und in vier Nationen gegliedert, in die bayerische, jächfiiche, polniiche und böh— miſche, und ſeit 1360 befjer geregelt, 309 fie bald aus ganz Europa Schüler heran, deren Zahl zwiichen 8—15,000 fich bewegt und für

108 XH. Bud: Inneres Staatäleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

Prag eine neue Duelle des Wohlftandes und weltftädtifchen Lebens wird. Doh gab es fchon früher zu Prag und in den anderen Bororten geiftliche und Stadtſchulen. Karl war Utraquift in Bezug jeiner Iprachlichen und nationalen Haltung; die ſlaviſche Literatur, das ſlaviſche Kirchenthum ſelbſt intereffirten ihn; aber das Haupt: gepräge des Hof: und bürgerlihen Lebens war deutih; er jah im Deutihen das wichtige Bindemittel zwiſchen Böhmen und Deutſch— land, deſſen Kaifer er war. Gewiß iſt es eine zutreffende Anfchauung, wonach die aus der Miihung des Meiſſniſchen und Defterreichiichen gebildete Kanzleiſprache der Luremburger, unter den Habsburgern als Nachfolgern im Reiche, die Grundlage des Neuhochdeutichen abgab.

Es ergreift den Geſchichtsfreund mit Wehmuth, wenn er dieje Errungenidhaften in der dritten Eulturepoche verfallen ſieht. Selbit wenn man fich bemüht,. den czechifch-nationalen Standpunft einzunehmen und die gewaltige Kraft Böhmens in den Huffitenfriegen, den mächtigen Aufſchwung flavifchen Weſens in Gefinnung, Brauch und Sitte anerfennt, muß man doch den Preis viel zu hoch finden, um den dies Alles erfauft wurde. Wir wollen nicht von dem Vandalismus des Glaubens: und Bürgerfrieges im Bereiche der Kunftichöpfungen ſprechen; aber der ftarfe Niedergang des ma: teriellen Wohlitandes, die Schwächung des Bürgertfums in feinen Lebensfräften, die fpätere Verknechtung des Bauers und dem gegen- über die Schrantenlofigfeit feudaler Standesanfprüdje, die Verrohung des Lebens, das Aufgehen aller geiftigen Kraft im Glaubengitreite und Gezänke, geht Hand in Hand mit dem unfeligen Nationalhaffe zwiſchen Slaven und Deutjchen, der der Tarolinifchen Zeit fremd war. Die Czehifirung der Vororte Böhmens, die Prager Altitadt an der Spike, war weder in materieller noch in geiftiger Beziehung ein Gewinn; das zeigt Kuttemberg am beiten.

Die Zeiten Wenzel’8 (1379 1419), die Vorhalle der Huffiten- friege, zehren noch von der bejlern Vergangenheit, als deren Aus: läufer der wadere Thomas von Stitne betrachtet werden kann, ber gemüthvolle Sittenmaler feiner Tage. Ihre geiftige Nahrungs: fraft fam auch Huß und Hieronymus felbft und ihrem Kreiſe bei ihrem Auftreten zu Statten. Welch’ gewaltiger Abſtand zwiſchen dem liniverfitätsleben Prags vor 1409, in welches Jahr das ver: bängnißvolle Reformedict Wenzel’s fällt, und zur Zeit der Huffiten: friege, als die Hochjchule vom Range einer Weltbildungsanftalt zur Stellung einer Zandesuniverfität und Schleppträgerin des Kampfes ber Leidenfchaften herabſank! Wie formlos und ideenarm ericheint

110 XUH. Bud: Inneres Staatöleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

Geſchlagenen zu ertragen. Wenn aber ein Wladifa einem Schlech— tigen oder ein Bürger einem Wladiken oder Schlechticzen eine Obrfeige zu geben wagen würde, dann foll dem Schlagenden die Hand augenblidlih abgehauen werden. Wenn aber ein Bauer ober Reibeigener (chlap) einen von den vorgenannten, die über ihm ftehen, obrfeigen würde, dann darf der Geohrfeigte mit dbiefem Bauer nah Gutdünfen verfahren (prout sibi videbitur expedire).”

Das nationale jlaviihe Weſen Hatte allerdings im Berfehre, in Wort und Schrift, jeit den Huſſitenkriegen einen mächtigen Aufſchwung genommen (jo auch in Mähren beionders feit 1480), aber feine geiftigen Früchte konnten bei aller Kraft und Biegjamteit der eifrig gepflegten Sprache unter ſolchen Berhältniffen weber an humanem Gehalte, noch an edler Form gewinnen, wo feine An- lehnung an den aufitrebenden Humanismus ftattfand. Wo er Plat griff, war es die Gelehrſamkeit, welche vom Nationalen den ſprach⸗ lihen Ausdrud borgte.e Nur in der böhmiſch-mähriſchen Brüdergemeinde, in der friedlichen, arbeitiamen Unität, lagen Elemente einer nicht zu unterfchägenden literariihen Cultur volks⸗ thümlicher Art. Aber auch da fiel der Schwerpunft der theologifchen Gelehrſamkeit zu.

Dagegen darf die fosmopolitifche Bebeutung des böhmifch- mähriſchen Slaventhums nicht unterjchätt werden. So wie die böb- miſche Kriegsfunft, feit Zizfa’8 Tagen jelbitändig entwidelt, bis zum Emporfommen der Taktik des deutjchen Lanzknechtweſens und der Schweizer Söldnerei, ganz Dfteuropa, ja auch das weitlihe maß: gebend beberricht, erjcheinen die böhmisch- mähriichen „Brüder: rotten” als Kämpen in allen Zanden und ihre Führer erlangen mit- unter hervorragende Lebensſtellungen. Man braudt da nur an Yisfra von Brandeis, an Yan Witomwec von Hteben, an die Führer der Schwarzen Legion des Corvinen Matthias zu denken. Böhmijche Söldnercolonieen erjcheinen im ungarifchen Berglande feßhaft und behaupteten lange ihr SKelchzeihen, jo im Gömör:Honter Comitate. Viel Tommt der Böhme in der Welt herum; ein Doppeldentmal der Nitterfahrt Leo's von Rozmital, Schwagers K. Georges, 1465 bis 1467 durch das ganze Abendland unternommen (vgl. II. ©. 421), zeigt, wie reich deren Erlebniffe waren und wie forgfältig namentlich der böhmiſche Berichterftatter über fie Buch führte.

Noch möchten wir mit einigen Worten des Auffommens der Buhdruderkunft in Böhmen, ale Signatur des neuzeitlichen Umſchwunges der geiftigen Cultur, gedenken. Die erite bekannte

112 XU. Bud: Inneres Staatsleben vom Schlujfe bes 10. Jahrh. bis 1526.

C. Ungarifhe Ländergruppe (mit Einſchluß Dalmatiens).

I. Geſchichte der Berfaffung und der äußeren Rechtsverhältniſſe.

1) Die ungariſche Reichsgeſetzgebung. 2) Die Sonderrechte Siebenbürgens, Croatiens, Slavoniens. 3) Comitats- und Immunitätenweſen; die Juden. 4) Die Verfaſſungs- und Rechtsverhältniſſe Dalmatiens. II. Die Epochen der Culturentwicklung des ungariſchen Reiches.

Vergleichender Rückblick.

Die älteſten Grundlagen der ungariſchen Reichsverfaſſung ſind einerſeits das erbliche Herzogthum der Arpäden als „Erſten“ unter ihres Gleichen, den Stammhäuptlingen wie dies Con—⸗ ſtantin, der Purpurgeborene, als Hauptquelle für dieſen Zeitraum

der mittelhochd. Lit. i. B. im Verlage des Ber. f. ©. d. D. i. B., in Comm. b. Brockhaus (Leipz. 1876), I. Bd., heraus; Palacky, Würdigung der böhm. Geſchichtſchr. (1830) und Lorenz, Deutfchlands mittelalt. Gefh.-Ou., 2. Ausg. Ueber Karla IV. Eulturthätigfeit: Riegger, Mater. 3. ©. u. Stat. Böhmens. Ueber die Kunftentwidlung Böhmen ſ. in den Abhandl. der böhm. Geſ. d. Wiſſ. die Abhandlungen von Dlabaë (1775), Balacky (1836), Wocel (1845, 1847, 1852, 1853) (vgl. Casop. tesk. mus. 1847. IL); Schottfy, Die Faro: liniſche Zeit cc. (1830), die Arbeiten von Mikowec, Alterth. u. Denkw. Böhmens, IL, D. (1858 ff.); Die fönigl. Burg Karlftein in Böhmen (1858); Legis-Glück— jelig, Illuſtr. Chronik v. Böhmen, 1, 2 (1853— 1854); Woltmann, Deutjche Kunft in Prag. Ein Vortrag. (Leipzig 1877); Srueber, Die Kunſt de M.:A. in Böhmen (1871. ff.); Hübſch, Verfuh einer Geſch. des böhm. Handels :c. (1839); Tomek, Geſch. d. Prager Univerfität (1849); Ungars Abb. vom Zuftande der Schulen x. vor der Errichtung der Hochſchule in Prag, in den Abb. d. böhm. Geſ. d. W. (1785); Zap, Verfud einer Geſch. d. bild. Künſte in Böhmen (1863) (Sep.:A.); Wenzig, Studien über Ritter Thomas von Stitne (1826) und Blicke über d. böhm. Volk, |. Geſch. u. Liter. (1855); Ka: rajan, Ueber den Leumund der DOefterreicher, Böhmen und Ungarn, |. o.; Chlumeczky, Karl v. Zierotin u. ſ. Zeit (Einl. Charaft. d. 15. Jahrh.); Veber die Reife Rozmital’s f. Horfy, Des böhm. H. Leo v. R. u. Bl. Denfwürbigkeiten und Reiſen . Brünn (1824) 2 Bde. Die Nubl. beider . Denkmäler von Schmeller i. d. Bibl. des lit. Per. z. Stuttgart, 7. Bd. (1844), mit Einl. und Indices. Aufſatz v. 1827, in den Jahrb. des böhm. Muf., „Tagebuch der Boten K. Georg’3 an den franz. K. von 1464.” Zur Geh. d. Buchdruckerkunſt: die Abd. von Dobromsfy und Ungar in den Abhandl. d. böhmiſch. Gef. d. Will, (1782 u. 1795); ferner Mitt. des &, für Geſch. d. Deutfhen in B. (1866), 4. u. 5. Heft.

114 XII Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

T 945), als deffen Schwiegerjohn bifchöfliche Sitze in feinem Neiche gründete und die Krone und die Weihe (vom Papite) empfing“. Wir begreifen vollfommen, daß der Ungarnfürit bei dem römischen Stuhle feine Rangerhöhung und Krone nachſuchte, daß Pabſt Syl⸗ vefter II. (Gerbert) fich beeilte, dem Bewerber huldreich entgegen: zuflommen, und daß bei der perjönlichen Stellung des damaligen Kaiſers und PBapftes zu einander ein bezüglicher Intereſſenſtreit unmöglid war. Stephan vermied fo die Bafallenftellung zum deutfhen Reihe, in welche Böhmen gerathen war und wiber welche fein Verwandter, Zeitgenofje und Mitbewerber in Rom, der PViaftenherzog Boleslam Chrobry, lange anfämpfte, aber er fcheute auch den kirchlichen Anſchluß an Ditrom oder Byzanz, wie un: leugbar auch die Spuren griechiſchen Kirchenthums im alten Ungarn find; er blieb unabhängig von der deutfchen Kirchengewalt und ge: wann bedeutende Zugeſtändniſſe des Papſtthums in ben firhlichen Angelegenheiten Ungarns, als „apoftoliiher” König. Daß er jein Reich dem Stuhle Petri .ald Lehen auftrug, ift ebenfo unzweifelhaft, als die vielbeitrittene Echtheit der |ylveftrinifhen Bulle vom Jahre 1000 (vgl. II., 66); dafür aber feitigte Das Anjehen der Kirche die Erblichfeit des arpädiichen Königthums, und die Gegenleiltung des ‚von den Optimaten rechtmäßig ermwählten Nachfolgers”, wie es in der Bulle heißt, nämli die bei der Thronbefteigung durch feine Gejandten auszufprechende „Obedienz und Ehrfurcht“ gegen den römiſchen Stuhl war, abgejehen vom damaligen Zeitgeilte, durchaus feine drüdende Verpflichtung.

Unter dem Nachfolger Stephan’s fam es zu einer Art Con: currenz zwiſchen dem deutfchen Kaifertbum und Rom bezüglich der Cherherrlichkeit Ungarn gegenüber, insbejondere 1044—1046, als fih K. Beter, Stephan’s Neffe, förmlich als Vaſallen R. Hein: rich's III. befannte, aber zu feinem Conflicte; denn diefer Salier war des Papſtthums gewaltig und ſandte überdies die ihm von K. Peter übergebene „vergoldete Lanze” als Ehrung nad) Rom, um gemiljermaßen den Anjprüchen der Curie gerecht zu werben. Doch mit der deutichen Oberhoheit war es bald vorbei, und bie päpitliche Lehensgewalt, vom Könige und den Reichsgroßen Ungarns als bloße Form betrachtet, erfcheint als ein titularer Anſpruch nicht maßgebend für das Weſen der Thronfolge und Königswahl. Aller: dings verjuchten ein Gregor VII. den Königen Salomo, Gejja und Ladislaus d. H., ein Urban II. dem K. Koloman gegenüber, im Einne der ſylveſtriniſchen Bulle die päpitliche Oberhoheit feftzuhalten, aber fie brachten es nicht über die formelle Wahrung diejes Ans

XI. Buch: Inneres Staatäleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526. 115

ſpruchs hinaus; es kam ihrerjeits zu feinem enticheidenden Eingreifen in die Geſchicke Ungarns.

K. Bela IV. ſah fih dur die Mongolennoth zu einem be⸗ dingsweiſen Lehenseide an Kaifer Frievrih IL. (1241) ver: anlaßt. Da die Bedingung, Leiftung von Kriegshülfe, nicht erfüllt wurde, ließ fih Bela IV. durch den Papit diefes Lehenseides ent⸗ binden. Als dann K. Rudolph I. jene thatfählih und formell ge: löfte Lehensauftragung Ungarns an das deutfche Reichsoberhaupt wieder hervorſuchte, um nad) dem Tode des kinderloſen Ungarn: lönigs Ladislaus IV. (1290) das Karpathenreich als „heimgefallenes Leben” feinem Sohne, dem Habsburger Albrecht I., aufzutragen, erflärte PB. Nikolaus IV. dem erfteren durch feinen Legaten, daß der römiſche Stuhl in dieſer Verleihung eine Beeinträchtigung feiner eigenen Rechte gewahren müſſe. Am entfchiedenften und ſchroffſten mahte PB. Bonifaz VIII. das Verfügungsreht über Ungarn als heimgefallenes Lehen des römiſchen Stuhles zu Gunften des Angio- vinen Karl Robert gegen den lebten Arpäden Andreas III. und den ptempflibiichen Wahlkönig Wenzel (III.) als K. Ladislaus V. geltend, ohne jedoch damit durchzudringen. Auch jein zweiter Nach: folger, P. Clemens V., überzeugte fi) durch die Sendung des Kardinals Gentilis, daß die ungarifhen Stände Karl Robert nicht als Lehensempfänger des römischen Stuhles, Tondern als König ihrer freien Wahl anzufehen gewillt waren, unbejchadet feines feit dem Ausiterben des arpädiihen Mannsftammes maßgebenben groß⸗ mütterlichen Erbrechtes.

So ſchloß ſich an die arpadiſche Erbmonarchie, deren Primogeniturfolge im 12. Jahrhunderte von dem byzantiniſchen Hiſtoriker Kinnamos ausdrücklich geleugnet, im 11., 12. und 13. Jahr: hunderte zu Gunjten der Seitenverwandten und zwar der Brüder des ver: ftorbenen Herrichers, ähnlich wie bei den ſtammverwandten Petjche: negen oder Biffenen, wiederholt unterbrochen erjcheint (man benfe nur an Bela I., Ladislaus I., Ladislaus III. und Stephan IV., Bela III. und Andreas II.) und obihon im 13. Jahrhunderte auch urkundlich betont (Bela IV. heißt primogenitus regis Hun- gariae und P. Gregor X. beglückwünſcht 1272 Ladislaus IV. als im Beſitze des Erjtgeburtsrechtes), einer geſetzlichen Feititel: lung entbehrt, überdies früher durd die wiederholten Zu: weilungen eines Neihedritttheils als Apanagegebietes an die Seiten: verwandten des Herrichers eingeengt wurde, das angioviniſche Königthbum: durh Erb: und Wahlredht, und gewinnt einen unleugbaren Aufſchwung, wie ihn 3. B. das Gejet vom Jahre

8e

116 XU. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe ded 10. Jahrh. bis 1526.

1330 über die Unverleglichfeit der Töniglihen Majeſtät und die Ahndung jedes Hochverraths wider diefelbe, die jogenannte lex regia Karl Robert’s und die Machtfülle eines Ludwig I. Deutlich offen- bart. Er vermag es, die Thronfolge feiner Tochter Maria durd: zujegen, die von den Ungam als „König“ (rex) betitelt erjcheint, während ihr Gemahl Sigismund zunächſt nur als Beihüger und Hauptmann des Reiches (tutor, capitaneus regni), als Gemahl der Königin, dann als Mitkönig aufgefaßt wird und nad) Maria’s Tode (1395) um die volle Anerkennung feines Königthums bis zum Sahre 1404 ringen muß. Sein Schwiegerjohn und Nachfolger Albrecht wird als Wahlkönig betrachtet und ftellt das erite uns befannte Snauguraldiplom aus. Gleiches gilt von dem Ja: gellonen Wladislam I., dem Gegenkönige der Regentenwittwe Elifa- beth, Sigismund’ Tochter, und ihres Kindes, des Albrechtiners Zadislaus V. (VI.), deſſen Erbkönigthum dann feit 1445—46 all- gemein anerkannt wurde. Nach deſſen Tode tritt 1458 mit Mathias Corvinus das reine Wahlkönigthum in Kraft und die Herr: jchergewalt in ihren Höhepunkt, von welchem fie unter dem neuen Wahlfönige, dem Jagellonen Wladislaw IL, und deſſen Sohne Ludwig II. (1490- 1526), wieder beruntergleitet.

Die ftaatsrehtlidhe Stellung der Nebenländer ber europäiſchen Krone in der mittelalterlichen Epoche läßt diefelben in verjchiedenen Abhängigkeitsverhältnifien erjcheinen. Im ftrengften Sinne Brovinz durch Occupation des Landes jeit Zadislaus L., denn Stephan’s Eroberung des Landes ermangelt giltiger Beweiſe, war Siebenbürgen. Durch linterwerfungsvertrag mit den Zupanen oder Gau: und Geſchlechtshäuptern und nicht durch nadte Waffengewalt erworben erjcheint das „Reich“ (regnum) „Sla⸗ vonien’, d. i. das heutige Croatien-Slavonien, feit Ladislaus L., dem Schwager des Chormwatenfönigs Demetrius (Zwonimir). Wie die Dotationsurfunden des Fünffirchner Bisthums nachweijen, dehnte erit Zadislaus I. die ungariſche Reichsgrenze über die Drau gegen die Eave aus, und in den nächſten Verband mit Ungarn traten bie Gebiete BPozega, Veröcze und Valpo (Xalfo), die fogenannten „Drautheile“ (partes Dravanae), welche auch den zwölf Comitaten „Niederungarns“ im Sinne des 15. Jahrhunderts reichsgefeglich beigezählt werden. Syrmien finden wir feit Stephan II. als er: oberte Landichaft einverleibt, ala Grenzcomitat ohne jede Sonder: ftelung. Das eigentlihde Croatien, jenfeits der Save, und das dalmatiniſche Küftenland gedieh gleichfalls durch Unter werfungsverträge als „Reich Croatien und Dalmatien’ an die unges

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XIL Buch: Inneres Staatsleben vom Echluffe des 10. Jahrh. bis 1526. 119

ftellung des halb vertilgten Chriſtenthums, fcheint nicht ficher nachweisbar zu fein. Bon Bela I. befiten wir nur eine Münz- und Marktordnung. Erſt Ladis— laus I. erichließt in feinen Gejeken von 1078— 1094 den belehrenden Einblick in eine Herrſcherthätigkeit, welche die zerrütteten Grundlagen der Verfaſſung Stephan's I. aufzurichten bemüht ift, die chriſtliche Glaubens: und Kirchenorb- nung ſchützt und durch ſcharfe Strafen den Geift wilder Gemaltthätigfeit befänıpft. Beſonders jtreng erjcheint die Sühnung des Diebſtahls. Der pflichtfäumige Richter wird zur Strafe wie ein Slave verkauft und büpt Alles ein, feine Söhne und Töchter außgenommen. Noch höher muß man die Gejetgebung Kolo: man's anſchlagen; nur müffen wir bedauern, fie bloß aus ben ziemlich lücken⸗ haften und unbeholfenen Auszügen des Mönches Alberich zu fennen. Als Grund: zug der Legiälation Koloman's erſcheint die Abficht einer den geänderten Verhält⸗ nijfen angepaßten Wiederherftellung der Staatdordnung Stephan's L., insbeſondere der Befigverhältnijfe, dev Comitatsverfajjung, des Ständeweſens und der Majeitätsrechte. Die Saßungen über Gerichtäwejen verrathen das Re: formbeitreben Koloman’s zu Gunjten einer möglichſt gleihförmigen Ordnung des geiftlich- weltlichen Gerichtsweſens in den Provinzialfgnoden. Offenbar hatte Stephan diefe Einrihtung ber deutihen Nachbarichaft entlehnt. Im Unter: ſuchungs- und Beweißverfahren zeigen die Satzungen Koloman’3 einen mefent: lihen Fortſchritt. Bemerkenswerth unter den Strafgefegen bleibt die Sapung über „Heren und Zauberer” (de strigis et maleficis). Allerdings jcheint der rihtigere Wortlaut zu fein: „Von Heren und Zauberern, Die es nicht find (qui non sunt), gejchehe feine Erwähnung”, ftatt, wie ed gemeinhin gelefen wird, „weil es ſolche nicht giebt” (quia non sunt), immerhin zeigt auch in biefer Faſſung das Gefeß eine beachtenswerthe Rüdfichtnahme auf den Mangel eine zureichenden Thatbejtandes und die Häufigkeit falfcher Beſchuldigungen in biefer Richtung. Die geiftlicde Gerichtöbarfeit erfcheint erweitert und genauer feftgeftellt, wie bie auch einer Epoche entſprach, in der wir zwijchen dem un- garifchen Königthum und dem römischen Stuhle ein Concordat (1106?) ab: geihlofien finden, wonach im Allgemeinen die Krone ber geiftlichen Inveſtitur der Prälaten entjagte, aber bei der Wahl, Abjegung und Überfegung Firchlicher Würdenträger und in Hinficht der Auftragung der Regalien an lebtere ihren Machtkreis feithielt.

Eine neue bedeutende Lüde in den auf und gekommenen Reichögejegen reicht bis über die Mitte der Herricherzeit Andreas’ II.

Selbft aus der für die innere Entwidlung der inneren Qerhältniffe Un- garns wichtigen Epoche Béla's III. (1174— 1196) erhielt fich nichts. Wir erfahren nur, daß diefer in Sonftantinopel erzogene Arpäbe das jchriftliche Rechts: verfahren mehr einzubürgern fich befliß und gewiß auch die byzantiniichen Anfhauungen von der Machtfiille des Herrſcheramtes mit auf den Thron brachte.

Es bildet fomit die befanntejte aller Sabungen, bie goldene Bulle An— breas’ II, Ungarns magna charta libertatum von 1222, den Ausgangspunkt unſer Betrachtungen. Sie ward unter ähnlichen Verhältniffen erzwungen wie das Pri— vilegium des englifchen K. Johann's (ohne Land) im Jahre 1215, nur mit dem wefent:

120 XIL Buch: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. bis 1526.

lichen Interjchiebe, daß in England das Baronat die Zugeftändniffe der Krone ent- rang, während hier in Ungarn als Reformpartei der Reichsadel und der Kle- rus, den Thronfolger Bela an der Spike, erfcheint, welcher die drückende Willkür der Magnaten und höchften Reichswürdenträger und die finanzielle Mikwirth- ſchaft des ſchwachen Königs bekämpft, ihn aus den Händen einer gemeinſchäd⸗ lihen Dligardie reißen und bie ftändifchen Rechte ebenſo als die Belitrechte der Krone wahren will. Die einunddreigig Artifel der goldenen Bulle laſſen ſich nad fünf Hauptgeſichtspunkten gliedern. Der erjte betrifft die politifche, judicielle und financielle Reichsverwaltung. Alljährlich am Stephandtage (20. Auguft) fol in Stuhlweißenburg unter dem Vorſitze des Königs ein Reichs: und Gerihtätag abgehalten werben ($ 1); wird die Ges richtsbarfeit des Palatins und Hofrichters (judex curialis oder curiae regis) gleichwie der Comitatsgrafen geregelt, die vom Könige aus Geldnöthen fo oft beliebte Verpachtung der Münz:, Salz: und Steuerämter an Sfmaeliten und Auden verboten und biefe Ämter dem Adel vorbehalten. Gäfte (hospites) und Freunde dürfen nicht ohne Genehmigung des Neichgrathe8 (consilium regis) mit Landesämtern begabt werden. Der zweite Gejichtäpunft ijt der Schuß Der perfönlicdhen Freiheit des Abeld, der Nation im politiiden Sinne, gegen jede Verhaftung ohne gerichtliches Verfahren und Urtbeil, eine Habeascorpus- acte Ungarns ($ 2). Die Befig: und Erbrechte der Einzelnen gegen über der Bejugniß der Krone, Schenfungen zu machen und SHeinfälle ein: zuziehen, finden ihre Feſtſtellung in einer dritten Reihe von Beitimmungen; bamit hängen die Normen über die Giebigfeiten an die Krone, über die Steuer: freiheit der Reichsadligen und des Klerus ($ 3) zufammen. Sehr wichtig er: jcheinen die Eatungen über die Heeresfolge (im $ 7). Abm zufolge giebt ed einen boppelten Heerbann, den allgemeinen, ſpäter insurrectio generalis genannt, bei Reichögejahr, durch freinden Angriff, auf eigene Koſten und den königlichen Heerbann im engern Sinne für aufmwärtige Kriegözüge, zu welchem Die Reichsedelleute (servientes) und Gomitatsinhaber (qui comitatus habent) nur für Sold mitzuziehen verpflichtet find. Der vielberufene einunddreißigfte Ar: tifel endlich behandelt dag Zwangsmittel des bewaffneten Wider: ftande3 gegen einen Verfaffungsbruch der Krone, das verhängnißvolle Anfurrectionsredt. Er lautet wörtlih: „Sobald aber Wir (db. i. der König) oder einer Unjerer Nachfolger in irgend einer Zeit diefer Unferer Anordnung zumwiderhandeln wollte, jo haben gemäß diejer Vollmacht ohne Gewärtigung der Hochverrathsſtrafe (sine nota alicujus infidelitatis), ſowohl die Biſchöfe als die anderen Würdenträger (Jobagiones; im dreißigſten Artikel erfcheinen als foldhe vier: der Palatin, der Banus, der Hofrichter des Königs und der Königin), und die gefammten und einzelnen Edeln des Reiches, die Gegenwärtigen und Zus fünftigen, das innmerwährende Necht, Widerftand und Einſprache wider Uns und Unjere Nahfommen zu erheben (resistendi et contradi- cendi Nobis et nostris successoribus in perpetuum facultatem).”

Wir begreifen, daß Andreas II. die Turhführung diefes wichtigen Reichs⸗ geſetzes zu vereiteln beflifjen war, und daß andererjeitö die Kirche, des Königs in vielen Dingeu mächtig (1232 ſchloß Andreas II. mit bem römiſchen Stuhle ein neueß

1223 X. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 1526.

bei gutem Willen für die financiellen und militärischen Forderungen ber Krone erhalten will. Das Reichsgeſetz vou 1384 ift eigentlich nur eine Beitätigung des vorgenannten.

Die bewegte Zeit K Sigismund’s des Luremburger8 (1395 —1437) ift nicht arm an Reichsgeſetzen. Die ſechs Decrete dieſes Königs von 1404, 1405 (2), 1411 und 1435 (2), abgejehen von dem nur angedeuteten Temes⸗ värer Tecret von 1398, haben vorzugsmeife Amneftievorfchriften (1404), bie Hebung des Föniglihen Städteweſens als politiichen Standes, die Wiederher- ſtellung der Freizügigkeit des Bauers (1405), Strafgejeße (1405), Regelung bes Abgabenwejens (1411), der Rechtspflege (1435) und die Reform des Heerweſens, der Injurrection, im Auge (1435). Mit dem lektangeführten Geſetze fteht der wichtige Entwurf vom gleihen Xahre über die feit den Angiovinen eingeführte Verpflichtung geiftlicher und weltliher Würdenträger zur lehensmäßigen Gefolg: THaftsjtelung (Banderialmiliz, von bandiera Banner, daher Banderia- Iiften = Bannerberren), die Gliederung des Föniglichen Heeres und die Reichs⸗ feltungen im Zujammenbange.

Das Decret K. Albrecht's des Habsburgers von 1439 erjcheint ftreng genommen als Jnauguraldiplom zu Guniten der ftändiihen Rechte und Frei⸗ beiten, anbererjeit3 als eine Summe von Verordnungen über die Bebeutung des Palatinates, die Banderialverpflihtung, die Generalinfurrection, Amterver- gebung, Abgaben: und Münzweſen. Die Sakungen aus der Zeit der NRegent- Ihaft Elifabeth’3, der Tochter Sigismund’3 (1440—1442), und des jagello- niſchen Wahlkönigs Wladislaw J. (1440—1444) fanden jpäter Feine Aufnahme in bie officiele Sammlung des Gorpus Auris. Die Decrete Wladislaw's find nichts deſto meniger rechtsgeſchichtlich wichtig, abgeſehen von dem Theile, der als Beſtätigung früherer Decrete zu gelten hat, durch die Wahrung des könig⸗ lichen Oberaufſichtsrathes (placetum regium) den päpſtlichen Bullen gegenüber (vgl. die ſcharfe Verordnung Sigismund's von 1404 wider die bullati), Ein⸗ ſchränkung der geiſtlichen Gerichtsbarkeit in Unterthansſachen, Verpönung aller Gewaltacte und Wiederherſtellung der Freizügigkeit der Grundholden.

Die reichsſtändiſchen Satzungen der Zeit nad dem Tode dieſes Jagellonen bis zur Uebernahme der Regierung durch den Albrechtiner Ladislaus P. (1444—1452) verrathen 1445, 1446, 1447 deutlich genug das Beitreben der Landesvertretung, nicht nur bie Reichöverwaltung, bie Rechte ber Guber: natur und der Reichsvertheidigung zu orbnnen, fondern auch aus der Sachlage für die eigene privilegirte Stellung ausgiebigen Nuten zu ziehen. Die Decrete Ladislaus’ P. (1452, 1454) drehen ſich um die Anerkennung der ftänbijchen Freiheiten und Die Regelung der brennenditen Frage der Reichsvertheidigung gegen den Grbfeind, den Türfen. Den Charafter des ftändifhen Zwiſchen— tegimentes trägt das Reichsgeſetz vom Januar 1458, als Michael Szilägyl, ber Obeim des Corvinen Mathias, die Reichsverweſung führte. Dem gegen: über bemweijen bie ſechs Decrete der glänzenden Herricherepoche des Letztgenannten (1462, 1464, 1471, 1478, 1481, 1486), welche im Corpus Juris ihren Plat fanden, und die acht anderen, welche darin übergegangen erjcheinen, wie es der König von eiferner Willenskraft verftand, den Forderungen ber Stände ges

124 XH. Bud: Inneres Staatsleben vom Schlufie des 10. Jahrh. bis 1526.

u. |. mw. ftatt.) Das Statutarreht der Szefler umfaßt eine ver: hältnigmäßig geringe Anzahl von Privilegien, darunter das wichtigite von K. Mathias aus dem Jahre 1473 zu Gunften der Abgaben: freiheit der Szeller und über das Verhältniß der beiden unteren Ständellaffen (Primipili und pixidarii) zu der höchiten (Primores, vgl. 1. Bd., S. 564), und Satungen der Szeller Stuhl:Ver: fammlungen (3. B. von 1451 zu Täfärhely, 1505 zu Udvarhely, 1506 zu Agyagfalva).

Am reichiten entwidelte fih das Statutarredht der Sachſen Siebenbürgens ; zunächft der Hauptanfiedlung in der Hermannitädter Provinz. Die älteften Freiheiten der flandrifchen Anfiedlung unter K. Gejja II. (F 1161) liegen nicht vor; dafür bietet der große Freiheitsbrief K. Andreas’ IL. vom Jahre 1224 die eigentliche Grundlage des ftaatsrechtlichen Dafeins der Deutichen Siebenbürgen®. Seine ſechszehn Artikel erflären alle Sachſen dieſes Gebietes als Ein Volt unter Einem ſelbſtgewählten Richter, dem Königsrichter oder Sadhjjengrafen von Cibinium oder Hermannftadt; bejchränfen die Abgaben an die Föniglihe Kammer auf einen Jahreszins von 500 Marf nah der von K. Bela III. feitgejegten Geldwährung; feben als Heerbannspflicht Die Stellung von 500 Wann innerhalb des Neiches, von 100 Mann außerhalb deſſelben, bei perjönlicher Kriegsfahrt des Königs, andernfalls von fünfzig Mann feſt; räumen den Sadjen die Freimahl ihrer Pfarrer, Mauth- und Zollfreiheit, das Nutungsreht auf Wald, Wafler und Kleinjalz ein; erklären die Unveräußerlichleit des Sachfenbodens und bejchränten die Laſt der Beherbergung des Königs und feines MWoimoden, als Landes: beamten Siebenbürgens, auf ein bejtimmtes Maß. In dem Reichsdecrete K. Andreas' III. vom Jahre 1291 beziehen fich einige Artikel auf die Rechte und Pflichten des Sachſenadels Eieben- bürgens als der gleichen mit denen des anderweitigen ungarifchen Reichsadels. Karl Robert beftätigte 1317 das Andreanum von 1224; die neuen Satungen dieſes Freibriefes erhöhen den Kammer: zins von 300 auf 1200 Mark; dafür entfällt jede weitere Befteue- rung, jeder Zollzwang und die Heerbannspflicht außerhalb der Landes: grenzen. Dieſe Beitätigungen wiederholten fi) 3. B. 1366, 1441, 1453 ... . Sm Sahre 1369 verlieh K. Ludwig auch ben beiden Stühlen Medgyes (Mediafh) und Self (Scelf) die Hermann: jtädter Freiheit.

Das zweite Hauptgebiet der Sachſen Siebenbürgens, das Bur⸗ zenland oder ber Kronftädbter Diftrikt, erlangte feine dem Andreanum nachgebildeten Freiheiten im Jahre 1353 dur) N. Lud⸗

126 XI. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe bes 10. Jahrh. bis 1526.

Sigismund’s, zur Zeit des Banates Grafen Hermann’s II. von Cilli.*)

3. Die beiden Hauptkreiſe, in denen ſich das Staatsleben des ungariſchen Reiches bewegt, ſind das Comitat (Geſpanſchaft) und die von deſſen Amtsgewalt ausgenommenen Bezirke und Körperſchaften oder die Immunitäten. Das Comitat, magyariſch megye (in älterer lateiniſcher Form: mega), erwuchs theils aus den bei der In⸗ vaſion der Magyaren vorgefundenen Zupen der pannoniſchen Slaven, theils aus den durch die Beſitzergreifung des Landes gebildeten An⸗ ſiedlungsbezirken der einzelnen Stammgeſchlechter (nem generatio). Für die erſtere Thatſache ſprechen die ſlaviſchen Grundformen einer Reihe von Comitaten (z. B. Zemlun = Zemplen, Novigrad = Neogräd, Nitra, Byhor = Bihar, Krasna, Bezprem Velzprem u. A.) und insbejondere der Umſtand, daß die magyariiche Benen- nung des Comitatsporftandes: Fö-ispan, „Obergeſpan“, unftreitig mit dem flavifchen Zupan zujammenhängt. Da nun die aus der ſlaviſchen Epoche herftammenden Geſpanſchaften in der Regel eine „Burgitadt” als Vorort hatten und die von den Magyaren ge⸗ ſchaffenen Comitate derjelben auch nicht entbehren Tonnten, jo er: Icheint dann der Ausdrud värmegye (vär Burg) im Magyari- ſchen typiſch für Gomitat.

Die ältefte beurfundete Geſchichte der ungariſchen Comitate zeigt diefelben bereits in jener Form, welche K. Stephan I. den fränkiſch— deutihen Gaugrafſchaften nadjgebildet, nämlich als Burg: grafichaften (värmegye), als adminiftrative, judicielle und militä- riihe Amtsbezirfe (daher auch) parochia genannt), mit einer oder mehreren Eöniglichen Burgen als Mittelpunften. Wir haben dabei an zwei Klajjen von Comitaten zu denken, an foldhe, wo ber

*) Literatur. Außer den ©. 6 angef. Werfen: PB. Szlemenic’3 Geſch. unferer Gejeke vom Anbeginn unferes Reiches bis zum Ausſterben ber Arpaden und 2. A. unter den Königen aus gemifchten Häufern (magyariſch: im 6. u. 7. Bde. der Jahrbücher: evkönyvek ber ung. Af. d. W. [1845, 1846]); Czech, Die Jnauguraleide und deren urfundliche Spuren unter ben Arpaden, ebenda 3. Bd. (1838); Knauz, Tie goldene Bulle (magyariih: im 9, Bde. des törtenelmi tar (1861); E. Schwab, Tie Stellung des König- thums unter Koloman, dem päpftlihen Stuhle und der ungariſchen Verfaſſung gegenüber. Programm bed Gymn. zu Kaſchau i. Ungarn (1858). Bübdinger, Ein Buch ung. Geſchichte (1058—1100) (1866); A. Bufztay, Die Ungarn u. ihr Nationalweien, I. (einz. Band).

128 XI Bud: Inneres Staatöleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

Haus und Hof, welche Koloman, der Wiederheriteller der Einrich- tungen 8. Stephan’s, von der Zinszahlung der acht Denare befreite. Zwiſchen diefen Semeinfreien und den unterthänigen Leuten bildeten id Mittelflafien bedingt-freier Leute, und zwar 5) die Burgbewohner (cives castri), entweder zum Kriegsdienfte (ex- ercituatio) und zu Staatsfrohnen (opus) oder als Entgelt dafür zur Zahlung von acht Denaren (pro libertate et opere, d. i. für den Genuß der perjönlichen Freiheit und anftatt der Frohnen; auch liberi denarii genannt) verpflichtet. Zu ihnen müfjen wir auch bie Anwohner der königlichen Pfalzen oder Höfe ftelen, die mit der dem Slaviichen entlehnten Bezeichnung udvornici (dvur = Hof), „Hofhörige“ verjehen erjcheinen. 6) Die königlichen „Gäſte“ oder Anſiedler (hospites, accolae regis), entweder zum Striegsdienfte oder zu acht Denaren verhalten; 7) die Töniglichen Freigelajjenen (liberi a rege) mit vier Denaren befteuert, denen in Bezug der Abgaben: pflicht die „freien Gäſte“ (hospites liberi) und die Slaven gleich: geitellt werden, „die auf fremden Ländereien oder Gütern arbeiten”. 8) Die Freigelaffenen privater Herren, insbejondere die „unbehauften Beiſaſſen“ (civiles exdomarii, maqgyariſch Sellyer, jpäter zsellyer genannt). Die Gemeinfreien und dieſe Mittelklaſſen gehören der allgemeinen Kategorie der „Gemeinen“ (Vulgares, maqyariſch: köznep) an. Diefer müfjen auch 9) die perſönlich und dinglid Unfreien, Leibeigenen oder Sklaven (servi, mancipia, magyariſch: rab und szolga, vgl. das ſlaviſche sluga, der „Hörige“; zu: jammengefeßt: rabszolga) aller Arten zugerechnet werden.

Ebenſo wie in Deutichland und in der böhmischen Reichsgruppe haben wir als Urſachen unfreier LXebensitellung: Unterjodhung der uriprünglichen Bewohner, Kriegsgefangenichaft, Verluft der Freiheits- rechte Durch Verbrechen, gänzliche Verarmung oder freiwilliges Auf: geben der Vollfreiheit durch Eintritt in Dienft und Schuß des An⸗ dern uns vor Augen zu halten. Jedenfalls ift anzunehmen, daß in Folge der Occupation Ungarns durch die Magyaren die Maſſe vorzugsweile Jlavijcher Landleute zu grundunterthänigen Bauern, Haus: und Hofhörigen, der magyariichen Eroberer wurden, während der ſlaviſche Adel fih mit den neuen Herren vermijchte, abgejehen von jenen namentlicd) norbwärts gelegenen Gebirgslandjichaften, welche erit jpäter occupirt, in der Hauptmaſſe der Bevölferung nichtma- gyariſch blieben und, wo fich die hergebrachten Verhältnijje, nur theilmeije gewandelt, auch in der magyarijhen Epoche forterbten. Haufen von Kriegsgefangenen wurden ald Grundholden und Haus⸗ leibeigene angeſiedelt. Dazu trat, als ſich das erobernde Volk bem

XII. Ruh: Inneres Staatsleben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 1526. 129

Friedens: und Culturleben bequemte, aus ihm jelbft ein gemeinfreier Bauernftand, der im Laufe der Zeiten immer mehr der Grund: unterthänigfeit verfiel, und die oben erwähnten ihrer Freiheit verluftig gewordenen oder jich -ihrer jelbit begebenden Elemente aufnahm.

Andererieits mwirften Urſachen der gleichen Art, wie joldhe in den beiden anderen Yändergruppen zu Tage treten, auf die Zerſetzung der Unfreiheit, auf die Heranbildung der früher aufgezählten Mittel: klaſſen halb» oder bedingtfreier Leute und insbejondere auf die Her: ftellung vertragsmäßiger Zujtände der Grundunter: thanſchaft, als deren wichtigſter gejeglicher Ausdruck die Frei— sügigfeit des ungarischen Bauernftandes (libera migratio colonorum) angejehen werden muß. Wolfswirthichaftliche und financielle Inter— eſſen, das Bedürfniß des Königthums, maßgebend für feinen Be- gründer Etephan I., die Nähr: und Wehrkraft eines großen, dünn bevölferten Reiches zu jtärfen, die Einnahmen der Krone zu fteigern und die großen Burgländereien, Pfalz- oder Domänengründe ertrags: fähiger zu machen, führten zu maſſenhaften Anjiedlungen aus: ländifher Gulturförderer und Arbeitsfräfte, der „Fremdlinge oder Gäſte“, vorzugsweiſe bayerijcher, flandrijchniever: deuticher und ſächſiſch-mitteldeutſcher Abſtammung, die unter aejeglich günstigeren Verhältniffen angefiedelt werden mußten. Tas Göleiche thaten die reichbegüterten Kirchen und auch die weltlichen Großgrund- befiger aus eigenjtem Intereſſe, und dieſes Colonatsrecht mußte auch auf die einheimischen bäuerlichen Verhältniſſe eine günjtige Rückwirkung üben.

Hier joll noch einer dritten Betrachtung Raum gegeben werden. Gerade jo wie in den beiden anderen Kändergruppen die Miniſte- rialität, das TDienftverhältnig, alle Schichten der Bevölferung oder Ständeklaſſen bis an die Stufen des Thrones durchdrang, mar e8 auch in Ungarn der Fall. Der analoge Ausdrud für Minifte: rialität wurde in der magyariihen Epradie das Jobagyonat. Urfprung und Bedeutung des Wortes Jobagy (jobagio), das jeit K. Bela III. im urfundlichen Gebrauche auftaucht, ift troß aller bisherigen Verſuche nicht endgültig aufgehellt; die Erklärung durd) jobb-Agy, „beileres Lager“ „beſſere Herkunft”, genügt, abgejehen von der Echwierigfeit, diefe Erklärung durchzubringen, ſchon darum nicht, weil die ältere Schreibung des Wortes jouhagy (ioubagio latinifirt) damit nicht gut ftimmt. Die entjchieden glücklichſte Deu— tung iſt die, welche in dem Worte eine Zulammenfegung aus (ältere Schreibung jou. gut) und bagya bäty& (gegenwärtig: Bruder, Landsmann; urjprünglich vieleiht Mann im focialen Einne)

Krones, Held. Oeſterreichs. ITI. 9

130 XH. Bud: Inneres Staatsleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 15206.

erblidt; jomit jobagy als ‚bonus vir“ im mittelalterlichen Sinne, Mann von guter Lebensftellung, auffabt, was für die Annahme des hierbei maßgebend gewordenen Begriffes dienſtlicher Lebensitel: lung ſpricht. Insbeſondere entwidelt fih unter Koloman die Mi: nifterialität. Eine alte Quelle (der II. Anhang zur Chronif des Kéza) jagt daher auch: ‚König Koloman hat die in Dienftverhält: niffen befindlichen Leute (conditionarii) fo vielartig geftaltet (ad tantas maneries variavit)”“. Die Thatfache, daß die höchften Hof: und Zandesbeamten: Palatin, Banus, Hofridhter des Könige und der Königin u. ſ. w. „Jobagionen“, jpäter „Barone“, als Brädicat führen, ebenjo wie die adeligen Burgmannen; daß von befiglofen Sobagionen die Rede ift, Jobagionen der Kirche, Jobagionen des Königs und der Königin in Burgitädten angeführt, auch die fremden Anfiedler jo benannt werden, und endlich, nachdem diefe Bezeichnung während des Mittelalters in al’ den obigen Fällen und Anwendungs: arten gejchivunden, Jobaͤgy, die Gefammtbenennung des grundunter: thänigen Bauers bleibt; jobägysäg joviel wie Unterthanjchaft bejagt, während paraszt mehr den Bauer im phyfiichen, jocialen Sinne als Adersmann im Auge bat, unterftügt ausgiebig dieſe Auffaffung. Die wachſende Bedeutung der Minifterialität zeigt ſich aber aud) darin, daß der vonatarifche, dem Könige lehensmäßig verpflichtete Adel allgemach die Mafje des Neichsadels, der Nobiles, Vornehmen im allgemeinen Sinne ausmadht und in der goldenen Bulle von 1222 kurzweg als Dienftmannen (Servientes) bezeichnet erjcheint, andererjeits die beiden Klaſſen des Hochadels als Barones und Co- mites regni, d. i. als Neihswürdenträger und Geſpanſchaftsgrafen (Obergejpäne), gegliedert auftreten, und der Ausdrud Comes Graf, Richter, genau fo wie in Deutjchland ebenjo gut die oberften Ge: waltträger (comes palatinus, comes curiae, comes comitatus) ala auch den Dorfrichter bezeichnen Eomnte.

Wir haben nun der Amtswirkſamkeit des Comitats in jeiner ältejten Urganifation und der geſchichtlichen Wand: lungen jeines Wejens zu gebenfen.

Mir Sprechen hier von den eigentlichen Gomitaten oder Gefpan- haften, nicht von den königlichen Burg: oder Pfalzgrafichaften, deren es mehrere in einem Gomitate geben Fonnte. Der Comitatsgraf oder „Obergeſpan“ iſt der adminiftrative politiſche Vorſtand, der Einnehmer der königlichen oder ftaatlichen Gefälle (NRegaleinkünfte), der Oberrichter der Gefpanfchaft, im Namen des Königs, ber, wie die Gejeßgebung Koloman's nachweiſt, bei dem häufigen Wechſel jeines Aufenthaltes auch ſelbſt im Comitate als oberfter

XIL ud: Inneres Staatsleben vom Schlume des Ic. \abrb. bis 1526. 131

Richter ericheint, oder durch feinen Pfalzgrafen, den Ralatin, eine miſſatiſche Gerichtsbarkeit ausüben läßt, und endlich der Führer des Comitatsheerbannes. Als Stellvertreter in Dieter Amtswirkſam⸗ feit, wie einen ſolchen auch andere Reihswürdenträger batten, ericheint der uriprünglihd vom Comitatsgraten frei ernannte Vicecomes oder „‚Untergeipan’ (maan.: alispän).

Bon einer Reihe der Abaaben an die Krone, melde im Großen und Ganzen mit den gemeindeutihen und böhmiſchen Fönig- lichen Gefällen oder Regalien ſich zuiammenitellen laſſen, oder einen: thümlich ſich geitalteten, wie die Rauchtangiteuer (füstpenz. denarli fumarii), dann Rortaliteuer, hatte der Comitatsaraf einen beitimmten Antheil (ein Trittheil durdichnittlich) ; Das Uebrige lieferte er in be: flimmten Terminen der königlichen Kammer ab, an deren Epige wir dem Magister Tavernicorum. magvariih: tärnok-me- ster, Schagmeiiter (dem Slaviſchen entlebnt), begeanen. Gegen Ende des Mittelalters taucht auch ein Reihsichagmeiiter (Thhesaurarius) auf. Kammerbeamte (Camerarü) verſchiedener Art bejorgten die einzel: nen Zweige der ;yinanzvermwaltung.

Zum Behufe der Comitatsgerihtsbarfeit eritand bald eine Gliederung der ganzen Geſpanſchaft in Gerichtsbezirke ( distrietus. magyariſch: Järäs) mit bejtimmten Maljtätten oder „Stühlen (szek), welche Bezeichnung für die polititche Eintheilung des Sachſen- und Szellerbodens Ziebenbürgens maßgebend wurde und bei den unga: riihen Slovaken das Comitat jelbit bezeichnete (stolica). Der Deutſch— ungar nannte auch die dem ber: und Vicegeipan untergeordneten Boriteher dieſer Gerichtsbezirfe Stuhlrichter, während als ma— gyariſche Benennung szulga-birö (szolga ſlaviſch: sluha = Diener, dienender Richter, urjprünglid im Lateiniſchen: judex pedaneus, megalis) eritand.

Wie in den deutichen Gaugrafichaften und in den böhmiſch— mähriſchen Zupen oder Stajtellaneien gewahren wir in den Comi: taten Ungarns allgemad) die oberjte Amtsgewalt, aljo die Oberge— Ipanfchaft, als Ehrenamt nd Einnahmequelle in den Händen mächtiger Magnaten, nicht jelten auch in biihöfliher Hand, wie dies bei dem Graner Comitate jtändig blieb. Sie wird in der Regel erblich und nicht ſelten förmlich dDynastiich, zum Schaden des Bedrückungen ausgejegten Comitatsadels und der Kirche. Leber. große Schenfungen, VBerpfändungen, VBeräußerungen königlicher Bur: gen und Pfalzgründe an jene Neichsgroßen oder aufitrebende Günſt- linge fürftlider Huld ſchwächen das Vermögen der Mrone, mitbin die Staatsgewalt, zum Vortheile einer überwuchernden Dligardie.

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132 XII. Buch: Inneres Staatsleben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 15%.

Aber es Fehlt nicht niht an reformirenden Rückſchlägen, die das alte Gleichgewicht wieder herſtellen. Auch die gefreiten Bezirfe und Städte, die Jmmunitäten, deren gleich unten gedacht wird, äußern ihre, die urjprünglichen Comitatsverhältnifje wejentlidh zerſetzende Wirkung. Nichts deito weniger überdauert das Geſpanſchaftsweſen das Mittelalter, es ericheint an deſſen Schluſſe als autonomer Adelsbezirf, dejien eigentliche Leitung in den Händen des jebt aus dem Mittel des Geſpanſchaftsadels gewählten Vicegeſpan ruht, und wir ſprechen noch in der Gegen: mwart von der Gomitatsverfafjung Ungarns, auch tragen die Comi— tate noch) im Großen und Ganzen diejelben Namen wie in den Tagen Stephan’s J. und jeiner Nachfolger, wenn wir aud) eine Anzahl der alten Gomitate (urjprünglidy im 11., 12., 13.—16. Jahrhundert: 72) und Gomitatsnamen vermifjen. *)

lebergehen wir zu den Immunitäten.

Bisthümer und Klöjter erjcheinen in Bezun ihres ge— Ichlojjenen und reihögeieglich vor jedem Eingriffe geſchützten Beſitzes als Immunitäten; aber von der Gerichtsbarkeit des Comitats waren ihre Hinterfajfen oder Unterthanen nur theilweife und zwar in civil: gerichtlichen Fällen befreit, was ja auch beim Reichsadel der Tall war, dagegen blieb in der Regel dem Gomitate die Criminalgerichte: barfeit über die Kirchen- und Stlofterleute. Die geiltlihen Perſonen jelbjt waren den geiftlichen Gerichten zugewieſen, aljo vollfonmten eremt von mweltlicher Gerichtsbarkeit und nur als Inhaber weltlichen Gutes und Reichsſaſſen der königlichen Aurisdiction unterworfen. Die privilegienmäßig am meifter bevorzugte Neichsabtei war die von Martinsberge (Monast. Scti. Martini de s. monte Pannonie).

Als gefreite oder privilegirte Diſtricte lernen wir

*) Literatur. Außer den E. 6 angegebenen Werken: Pfaler, jus geor- gicum r. Hung. (ſehr gründfih) (1820); Ralugyay, Megye alkkotmany (die Comitatsverfaſſung) (1844; PRerger, a magyar hazaja rögenten (1831) (mit e. Abb.); Botka's Abh. über die Somitate im Budapesti szemle (1869), TI. Seft, und in den „Szäzadok‘; die Unterluhungen von Mätyıs über das Zeitalter des Anonymus und die damalige Yandesverfajjung. Tas ſchon citirte und bei aller Formloſigkeit jtoff: und gedanfenreiche Werf von E. Kraj: wer unterzieht das (SomitatSmejen einer jelbjtandigen und jcharfen Unterſuchung. Xgl. auch jeine Abhandlung a ınagyar nemes joszär stb. (Das ungarijche Adelsgut in jeiner Natur bis zum Zeitalter Verböczy's mit Sinblid auf dad ausländiſche Recht (1843), worin d. Vf. zu bemeilen ſucht, daß der ungarijche Reichsadel fein echtes Eigengut, jondern nur den erblichen Nutzgenuß gejchenkten rundes, alfo nur ein dominium utile von Haufe aus, zufolge f. Dotation, bejaß.)

XII. Bud: Inneres Staatöleben vom Schlujje des 10. Jahrh. bis 1526. 133

in der mittelalterlichen Epoche unter geiftlicher Herrichaft, die Graner Prädialiſten- oder Lehensmannen : Bezirfe von Vajta, Berebely, Bacsa u. N. fennen. K. Bela IV. jhuf zwei privilegirte Bezirke, den von Turopolje zwiſchen der Save und Kulpa und den der zehn Zanzenträgerorte in dem Zipfer Comtitate, als Gebiet einer gefreiten Töniglichen Lehensmiliz, meifthin das „kleine Zipſer Comitat” genannt.

Auch die alteingewanderten Petſchenegen oder Billenen (Bessenyö) ftanden als „Lönigliche Leute” mit ihren eigenen Grafen und Richtern unter Oberaufficht des Balatins. Die jeit 1239 ange: jiedelten Kumanen oder Bolowezer (vgl. das magyarijche Palöcz) erhielten als Stunen und Salzen (Bogenjchügen) eine bejondere Stellung unter dem Palatin als ihrem Obergeſpan und Richter.

Bon bejonderer Wichtigkeit erfcheinen jedoch die Tönigliden Sreiftädte und Yreidörfer. |

Wir haben in der nadhitehenden Erörterung dreier Hauptklafjen freiftäbtiicher Bildungen zu gedenken, jolcher, die ſich in der älteften Zeit auf königliche und biſchöfliche Bfalzorte mit gemifchter Bevölkerung zurüdführen laſſen; folcher, wo ausschließlich die deut: Ihe Anfiedlung für die Entwidlung deutichen Freithums maß: gebend wurde, und endlich jener, die von Haufe aus deutihe Frei— dörfer, eine Genoſſenſchaft gleichberechtigter Gemeinden mit jtädti- ſcher Freiheit daritelen. In Bezug der Rechtsbildung werden wir bei den erfteren ein gemifchtes Recht mit vorzugsweije ſüd-— deutſcher Grundlage, bei den anderen insbejondere ſächſiſches Recht, beziehungsmeile flandrijches Necht, maßgebend jehen.

Wir beginnen mit der erjten Gruppe, ohne dann jene Gintheilung als jeſtes Echema betrachten zu wollen. Es find zunädit die Fisthumsjige Ungarns, Gran an der Spike, die urfprüngliche Arpädenrejidenz denn hier thronte 9. Gejſa, der Nater Stephan's I. Neutra, Bekprim, Sjanad, Fünfkirchen, Raab, 'Bäacs, Kalocja, Frlau, Waizen, Großwardein und dazu tritt Stuhlweikenburg, die Krönungsjtadt der Könige und der ältere Borort Un: garns, bevor dies Alt: Rejth oder Ofen wurde, an denen wir die erjte Entwidlung eined größeren national gemilchten Gemeinweſens beobachten können. Doch nur einzelne von dieſen Pfalzorten zeigen den Fortſchritt von bejcheidenen Anfängen böriger Aürgerjchaft und Grundinterthänigfeit zum freijtädtiihen Weien.

Toran geht Stuhlweißenburg (Alba regalis, Szckesfehervar) Die Stadtireiheiten Stuhlweiſtenburgs fenuen wir, auffällig genug, nicht aus dem urſprünglichen Freiheitsbriefe dieſes Vorortes jelbit, ſondern vielmehr aus den Privilegien der Bürgergemeinden, welche damit belehnt wurden, alſo Stuhl— weißenburger Recht erhielten, wie z. B. Neutra (125%), Raab (12711, Eiſen— ſtadt (1279) und zwar hier als Muſterrecht in allen nicht beſonders verzeich—

134 XI. ud: Inneres Staatsleben vom Echluffe bes 10. Jahrh. bis 1526.

neten Fällen, Szatmär (1230), deſſen deutſcher Vorort „Némety“ bereits als bayerifche Golonie der Gattin Stephan’ I., Gifela, Ende des 10. Jahrhun- dert gilt, u. A. Auch einzelner Rechte Stuhlweißenburgs wird gedacht, 3. 2. in der Urkunde Bela’3 IV. von 1238 für Tyrnau bezüglich) der Zahlung bes föniglichen Stadtzinjes (tributum), und der Handelsfreiheit, mie dies noch in Stabturfunden bed 14. Jahrhundert? der Fall if. Die Grundzüge ber Stuhlmeißenburger Freiheiten tragen deutſches, verzugsweifes ſüddeutſches Gepräge; denn an bayerifche Golonifation muß bei ganz Weftungarn biesfeit der Donau in erjter Linie gedacht werden. Aus der wichtigen Urfunde K. An: dreas’ II. für den Klojterort des heiligen Benedict an der Gran vom Jahre 1217 gebt hervor, daß damals der Stuhlweißenburger freiheit (libertas civium Albensium, Albensis) bereit ebenbürtig die Peſth-Ofener zur Seite jtand, die libertas Budensis. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts tritt überhaupt diefe Tooppelitadt in den Pordergrund, und der (Finblid in ben Freiheitsbrief von 1244 zeigt deutlich die Uebereinjtimmung bes Peſt-Ofener Stabtrechtes mit dem älteren von Stuhlweißenburg. Komorn z. %. erhält 1265 Ofener Frei: heit ; in der Gnabenurfunde Karl Robert's für Dedenburg (1317) erfcheinen Stuhlmeißenburg und Ten ald Muſterrechts-Orte neben einander. Das Ofener Recht entwidelte fi) zu einer umfangreihen Compilation, welche, in den Tagen K. Sigismund'3 (um 1421) abgeſchloſſen, auch eine ausführliche Satzung „von ber Kaufleut und aller Handwerker Rechten” liefert.

Für Weſt-Ungarns Bergland gewann früh die Bedeutung eines Muſterrechts die Freiheit von Karpfen (libertas Carponensis) und ihr reiht fi dann feit der Mitte des 13. Tahrhunderts die Shemniker (libertas Ba- nensis) an, um fo tonangebender, je ftärfer babei die Geltung dieſes letztge⸗ nannten Ortes als blühender Bergjtadt in's Gewicht fiel. Die Rechte von Karpfen, welche wir nır aus einer Beitätigungsurfunde des Jahres 1244 kennen, zeigen Feinerlei mwejentliche Abmweihung vom Stuhlweißenburger und Ofener. Auch bie jreidörfifchen Grundlagen des Schemniker Rechts liegen vor dem Jahre 1244, allein jeine eigentlich maßgebenden Beſtimmungen verrathen eine fo greifbare Nahbildung des Mähriſch-Iglauer Stadt: und Bergrechted, wie an an⸗ berer Stelle ſchon angedeutet wurde, bag mir jie als ein abgeleitetes ober ber: übergenommenes Statut der Mitte des 13. Jahrhunderts zumeifen müſſen.

Im oftungariihen Berglande taucht Kaſchau feit 1261 als gefreiter Ort urfundlih auf und ald er unter Andreas’ III. zur eigentlichen gefchloffenen Freiſtadt geworben, erjcheint die mıit Mauern umgebene Stadt im 14. Jahrhun⸗ derte nicht bloß als politifher Vorort bes ganzen Gebietes, fondern aud mit feinem Rechte als Mujterort für manche Bewidmungen; io für die deutſchen Nachbargemeinden: Kperies, Bartjeld, Zeben im Särofcher Komitate, Lub⸗ lau in ber Zips; während Kafchau ſelbſt 1347 ein Marftprivilegium mit Ofener ‚sreiheit empfing und Bartjeld im Jahre 1370 in die Zahl der königlichen Städte aufgenommen erjcheint, mit ausbrüdlicher Bemerkung, daß es die Rechte mit Kajıhau und Ofen tbeile.

Eine eigenthHümlide Miſchung von NRedtszujtänden muß fih in Gran: entwidelt haben, wo wir das Wefen einer biichöflichen Stadt mit dem Streben

XII. Buch: Inneres Staatäleben vom Schluffe bes 10. Jahrh. bis 1526. 135

ber Bürger nad) freiftäbtiichen Gerechtſamen nicht jelten im Zuſammenſtoß ge: wahren und als „Bürger“ Staliener [Latini] und Armenier, neben königlichen Hofhörigen in der Vorſiadt, auftauchen fehen. Für freijtädtiiche Cinrichtuugen ſprechen Urkunden des 13. Jahrhunderts 3. 2. die vom Jahre 1280; auch K. Ludwig I. begünitigte ſie. Deutfche Bürgerelemente finden fich beijpielsmeije in ber Urkunde von 1320 bezeugt. Zu ben älteren und ausführlicheren Stabt: rechtsurkunden zählen noch die jür Fünfkirchen (1235), Beregſzäſz (Yup: rechthäza) von 1247 und Felfzafz („Halbſachſen“) vom Nahre 1272, Teßtere zwei Orte im Bereger unb Ugocjaer Gomitate,

Ton befonberer Wichtigkeit erfcheint jedoch die Urkunde des leuten Arpäben für Preßburg (1291). Die Stadt begann als uralter Töniglicher Burgort, deſſen Anwohnern bereit3 1165 die Freiheit vom Burgdienft gewährt wurde. In der Urfunde von 1291 heißt e8 nun, daß ber König den nad) ihrer ger: fireuung wieder vereinigten „Gäſten“ von Prefburg die reiheiten der könig— lihen Stadt in Allem und Xebem verleihen molle.

Eines der hervorragenditen Gebiete freijtädtifcher Entwicklung auf dörfi— ſcher Grundlage und zugleich ein privilegirter Tiftrict, eine Immunität, nad) Art des Sachienlandes Siebenbürgens, begegnet ung in dem Zipſer Sadjen- boden, deſſen hiftoriiche Natur an anderer Stelle ausführlichere Würdigung fand (I. 523—529). Wir haben e8 bier nur mit den Rechtsdenkmälern zu thun, Sie find in dreifacher Beziehung für uns belehrend. Einmal bieten fie die beiten Auffchlüffe über den Rechtsbeſtand Fönigliher und privater Kreibörfer, welche nah Schulzenrecht (jure scultetiae) gegründet maren, ſodann tritt ums eine geſchloſſene Körperjchaft oder Ginheit von vierundzmwanzig könig— lihen Orten, „Städten“ (universitas XXIV. opp. regalium Scepusii) mit Grund und Boden gleichberechtigt entgegen, in der wir auf älterer, verjchollener flandrijcher Grundlage mitteldeutiches, ſächſiſches Coloniſtenthum und Rechtsweſen ausgebildet finden, und endlich haben wir es da mit einem förmlichen deut- ſchen Landrechte zu thun.

Als bedeutende Schulzenprivilegien erſcheinen in der Nachbarſchaft die von Budlein (1244, 1256, 1289), Gniejen (1286), die wir mit dem von So: Iyomfö (1295) am Zips-Gömörer Gemärfe und Gybe (Geib) in der Liptau von 1265 am beiten vergleichen können. Die Zugeftändnifje an einen ſolchen Irtsgründer oder Solontjator und dann Erbſchulzen find dieſelben, wie wir ihnen 3. B. in den jchlefiichen und böhmiſch-mähriſchen Urkunden begegnen und ebenjo gleichartig die Nechtäverhältniije der Gemeinden. Der TJubleiner Grb: ſchulze Heinrich erhält in der Beitätigungsurfunde von 1289 die Befugniß, ben nad) „deutſchem Rechte” gejegten Goloniftenort nach dem Rechte von Krafau und Sendomir zu verwalten; denn die Scultetie war eine Schöpfung Xoles- law's von Kleinpolen und jeiner Gattin Kunigunde, der Tochter K. Bela’s IV. von Ungarn, auf ihrem Leibgedinge. Er erhält beitimmte Nutzungsrechte: Mühl: tet, Fleiſcherei u. ſ. m. zu ausichließlich erblichem Betriebe. Die Anſiedler leben nad) „Magdeburger Rechte” mit zehnjähriger Abgabenfreiheit, nach deren Ablaufe die Zahlung eines Grundzinfes eintritt. Ter Schulze hat auch den böhern Gerichtsbann über Verbreden, von deſſen Wändeln oder Bußen die

136 XII. Buch: Juneres Staatsleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1520.

Srundherrin zwei Drittheile, der Erbſchulze ein Trittheil bezieht. In der Regel iehlt diejen Erbſchulzereien die höhere Gerichtsbefugniſe; fie verfügten bloß über Die niedere Jurisdiction der gewöhnlichen grumdherrichaftlichen Dorigerichte.

Die gemeinjamen greiheiten der vierundzwanzig Regalorte des Zipjer Sadhjenlandes fennen wir in der urſprünglichen Gejtalt aus dem ;Freibriefe X. Stephan's V. vom Jahre 1271. Hier wird als Jahreszins die Summe von 300 Mark Silber, die Fönigliche Heeresfolge mit fünfzig Mann feſtgeſetzt. Die Zipjer haben das Recht der Eigenwahl ihres Richters oder „Grafen“, ber Freiwahl ihrer Pfarrer; (Figengerichtsbarfeit unter dem Schutze des Königs; Fiſch-, Jagd:, Waldrodungs: und Erzbaurecht. Norort und könig— liche sreittadt erjten Ranges wurde Yeutichau, wie der wichtige Gnadenbrief Karl Robert’3 vom Jahre 1317 für das Zipjer Sachſenland bejagt. 13 Neben— bublerin Leutſchau's erſteht Kasmarf, deifen ältejte Kreiheit vom Jahre 1269 einen bedeutenden Markt vorausjegen läßt. Hier erjcheint, neben dem Urtsrichter oder Meier, für den höheren Gerichtsbann über Tiebjtahl, Zehent, Blutdinge und Münze der Tönigliche Richter, mit zwei Trittheilen von dem Bußgeldern, während ein Drittheil jenem zufallt.

Die Rechtsgewohnheiten der Zips als Landrecht erwachſen zur Zeit K. Ludwig's I. in jchriftliher Abjajjung als jogenannte „Wilfür der Sachſen in dem Zips”, oder, wie man ed aud nennt, als „Yeutichauer Rechtsbuch“. Um das Jahr 1370 abgejchlojjen, zählt dies Laundrecht 93 Artikel, in denen wir ebenjo gemeinjächjiichen Grundſätzen als deutlichen Analogieen mit dem jieben: bürgiihen Statutarrechte begeguen. 1505 erſchien ein Zujagartitel, in Folge eines gemeinjamen Bejchlujjes der eng verbündeten „günfitädte“: Kaſchau, Yeut: ihau, Bartfeld, Eperies und Zeben, melde drei legteren jich im Jahre 1347 ausdrüdlih die „Zipier Freiheit“ bejtätigen liegen; 1516 eine weitere (Fr: gänzung und 1566 ein „jüngeres Landrecht“ dazu, wie es ſich auszugsweije im Göllnitzer Formelbuche von Jahre 1574 Findet.

Göllnitz zeigt Sich jeit 126 als Fönigliche Freiſtadt und Vorort eines zweiten privilegirten Bezirfes im Süden des Zipjer Sadjenbodens und des gleichnamigen Komitates, den wir als die „Gründe“ oder „Kründner Orte“ bei der Schilderuing des hijtoriichen Bodens Ungarns feinen lernten (I., S. 512 bis 513). Seine Rechtsurkunden meijen ſchon auf die Lage K. Zela’s IV. zurüd. (#8 beſaß neben dem Banmmeilenrechte auch eine höhere Gerichtsbarkeit in berg: rechtlichen ;zragen und erjcheint im Yaufe des 14. und 15. Jahrhunderts als Montan=:Tberhof für die Srubenorte des oftungarijchen Berglandes: Schmöl: nig in den Gründen, den nächjtbebeutenden Urt, Sglau im Zipſer Yande, Rud— nof, Jäſzü, Zelfibanya in der Abaujvärer und Nojenau in der Gömörer Ges ipanichaft.

Für das nordöftlide Ungarn hatte im 14. Jahrhunderte die „Freiheit“ von Kroß-S;öllös in ber Ügocjaer Geſpanſchaft die Bedeutung eines Muſier— rechtes, jo 5.2. für die Marmarojcher Golonijtenorte: Nist, Kult, Tech und Hoſſzumezö. Szöllös ſelbſt hatte jchon unter Andreas II. deutſche Colo— niſtenelemente.

XI. Bud: Inneres Staatöleben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 1526. 137

Für den Zuſammenhang der Stadtgemeinden Ungarns, als deut: ſcher Anfievlungsorte, mit dem Auslande in rechtshiſtoriſcher Beziehung, haben wir mandyerlei Anhaltspunkte. Die Zipjer Sachen holten ihre Nechtsbelehrungen zu Magdeburg oder Breslau; in Sillein war Teſchner, alfo auch Breslau-Magdeburger Recht heimiſch. 1379 verbot K. Ludwig I. den Gebraud) fremden Rechtes zu Gunjten des heimiſchen, und die Silleiner nahmen die Freiheit von Karpfen an; fehrten aber wieder 1382 mit königlicher Bewilligung zum Zeichner Rechte zurüd, um dafjelbe zwei Jahre fpäter abermals mit dem Karpfner zu vertaujhen. K. Sigismund’s Reichsgeſetz von 1405 (4. Artitel) verbot ein= für allemal jede Nechtsberufung an das Ausland. Dennod blieben die Fäden des Zuſammenhanges gezogen und mindeitens juchten die Deutichen Ungarns ihre Belehrung in deutſchen Rechtsbüchern nad.

Ein Zipjer Rechtsbuch, noch aus dem Jahre 1628, in Kirchdrauf, dem ältejten Vororte der Zips, bewahrt, bemweilt, dap man den Sachſenſpiegel, das Magdeburger Schöfjenrecht, das „Kaiſerrecht“, das Leipziger Schöffenredht im lebendigen Gebrauche hatte, und auch das Landrecht der Siebenbürger Stamm— genofjen zu Rathe zog. Das Kaſchauer Rathsarchiv bejigt ein Exemplar des Schwabenfpiegels und zwar vom ‚Jahre 1430 aus der Kategorie der „regel: mäßig” abgefaßten und verfürzten Bearbeitungen.

Kaſchau jtand überdieg mit Ten, der Stadt mit ſüddeutſchem Rechte, im innigen Nerfehre; jein Nathsfchreiber (Sromer copirte im 16. Jahrhunderte das Ofener Stadtrecht, welches vielfach auf dem Schmwabenfpiegel fußt. Nichts dejto weniger müljen wir bei dem politiſch-rechtlichen Verbande Kaſchau's mit Yeutjchau und den Schärofcher Schmeiterjtädten, bei jeiner tonangebend mittelbeutjchen, ſächſiſchen Bevölferung zunächft an den Gebrauch des ſächſiſchen Rechtes denken, wie dies insbejondere die Notizen ber Protofolle über die „gehegten Dinge“ und die Rathsordnung der Kaſchauer vom Jahre 1404 darthun, ein im jet: nem Idiome und inhaltlid) bedeutfames Stüd, das jeine ſächſiſche Heimbürtigkeit nicht verleugnen kann und die Sprache des jchlefiichen Yandredites von 1350, ebenfo wie ber Zipjer Willfür von 1370 redet. Die Göllniger nahmen in ihre Rathsordnung die erjten NIX Artikel der Kaſchauer wörtlid auf.

Wenden wir uns Siebenbürgen zu. Weber das flandriſche, d. i. niederrheinische Anſiedlungsrecht der erjten Coloniſten in den Tagen K. Gejja’s II. (priores Flandrenses) haben wir in fichlihen Urkunden der Jahre 1191—1199 nur Andeutungen, nicht Aufſchlüße, wie bedeutend wir aud) diefe Colonijation annehmen müffen, da der Bericht über die Einfünfte des Arpäden Bela ILL. von 1184— 1186 bejagt, er bezöge von den „fremden Gäſten Ultra- iylvaniens” 15,000 Mark (!?) Zinfung. Als „erſte (deutiche) An: ſiedler“ des Landes bezeichnet eine Urkunde K. Andreas’ Il. von

133 UL 8:2: Inneres Staatsleben vom Schluſſe des In. Jahrh. bis 1526.

.zizz 1205 die Anſaſſen von Narafo, Chrapundorf md *% 23 ıprımi hospites reeni); Das wären alio noch vorflandriiche Zssonen, und die Urtsnamen vermeiten vielleiht auf das Alpen: „=: Crrerreids als Heimath der Fremdlinge, da Orts- und Gegend: zenennumcen wie Krafau (Steiermarf), die vielen Graben (in Ober⸗ Zerzted, Karmen, Nieder:Teiterreib, Grabendorf in Steiermarf) zı> Kamsau (Teiterreih und Steiermarf) Analogieen bieten, über: Res :. B. Der alte von den Mongolen hart beimgeluchte Anjied- ‚unzsort Toropfo, laut Beitätigungsurfunde des legten Arpäden vom ‚cr? 1291, „von oiterreihiichen Yeuten aus Eiſenwurzel“ gegründet zur, die man für den Zweck der Eilenbütteninduftrie (pro ferri zabricis) in's Land berier. Ein alter Deutihort war auch Rüetel, zie Ihon eine Urkunde 1204 bezeugt, und ebenjo die lange vor 2er Mongolennoth blühende Bergitadt Rodna. Wir beiigen jedoch zn all’ dieien Orten feinerlei rechtsarichichtlih wichtige Denkmäler, einzelne kurse Urkunden abgerechnet. Auch in den jieben Stühlen des Zactenlandes treten die Stadturfunden, 3. B. Hermannjtadt$, en Bedeutung begreifliher Weite binter den allgemeinen }yreiheits- Erier, das Andreanum von 1224, zurüd. Die erite bedeutende Ur: funde für Sermannitadt vom Jahre 1370 verleiht dem Richter oder Zabienaraten, den Geichworenen und Gälten Die eigene, in wenigen Fällen beichränfte (Serichtsbarfeit und der Ginadenbrief von 1384 das ausichlieglihe Handelsrecht im Stadtgebiete. Die Freiheiten von Kronitadt fnüpfen ſich beionders an das Privilegium K. Lud⸗ wig’s von 1353. Bald darauf enthalten jie Ofener Marktredit. st. Sigismund förderte und bekräftigte 1395 Diele Gnaden. Für Biſſt ritz ericheint zunäcit die Urkunde von 1366 maßgebend, welche der Stadt Das Recht der freien Nichterwahl einräumt. Im Ma— anarenlande Siebenbürgens war Klaufenburg (v. Culos, Kolos) ein Ort mit deuticher Altbürgericaft, denn ſchon im Privilegium vom Jahre 1291 für Thorenbura (Torda) wird den hierortigen Gatten als Ertag für deren in Verluſt geratbenen alten Freibriefe das Nedit von Kolos (Tees und Zek) verliehen. Stephan V. ertheilte den Klauſenburgern einen Gnadenbrier, den 1316 Karl Ro: bert beitatiat, und 1405 umgab N. Sigismnnd die Stadt mit Mauern, Wällen und Thürmen, erflärte fie den fönialichen Freiſtädten ale ebenbürtig und verwies ihre Bürger zur Nechtsbelehrung an die Oberhöfe der Geſchworenen zu Biltrit und Hermannſtadt.

Isir haben mur noch des Städteweiens Slavoniens (Sla- vonien-Eroatiens) zu gedenfen. Hier tritt zuerſt als Coloniftenort Warasdin uns entgegen. Der Freibrief N. Andreas’ II. vom

XI. Buch: Juneres Staatsleben vom Schlurie des 10. Jahrh. bis 1920. 139

Jahre 1209 beweiit deutlich, daß wir es mit einer Anſiedlung nad) deutichem Rechte zu thun haben, ba darin non der Freiwahl des Richters, „welchen jie richtardus zu nennen pflegen“, die Rebe iſt. Um bie Burg Valkow (Valpo) jiedelten ji) Gälte an, deren Frei: heiten ihren Unterihied von den Burgjobagnonen kennzeichnen (Be: Rätigungsurfunde von 1244). Am beveutenditen erwuchs als jtädtifche Anſiedlung die am Berge Grech (offenbar : Gradec Burgberg) „in Agram‘ deren die Gründungsurkunde Bela’s IV. vom Jahre 1242 gebenft, eine jeiner eriten Regierungshandlungen nach der furchtbaren Mongolenfluth. Es ericheinen darin gemeindeutiche Coloniſtenrechte. Eine zweite Urkunde vom Jahre 1266 ergänzt fie und lohnt jo den „Gäſten“ die Erbauung der Burg am Berge Gred. So ermudıd im Bereiche der jlaviihen Biihofsitadt Agramı eine Freiltadt nad) deutichem Muiter. *)

Die Reichsvertretung Ungarns durch die privilegirten Stände, die „Nation im politiihen Sinne, entwidelt ſich aus den Anfängen des 10.—13. Nahrhunderts, wo wir nur an den Beiratl der Krone (senatus, consilium regis) und gelegentlihe Ständever- fammlungen zu denken haben, jeit der goldenen Bulle, insbejondere aber ſeit Ladislaus dem Kumanier, regelrechter zu allgemeineren Reihsverjammlungen von immer entjchiedener legislatorifcher Wirkſamkeit. Dies ijt bejonders in den Tagen Sigismund’s der Fall, der außerdem Verfammlungen freijtädtiicher Abgeordneten berief, aus denen die Tavernicalverjammlungen hervorgingen, und fo das „Tavernicalrecht“ jeine Ausbildung fand, d. i. das Reichs: reht der Städte, die man jeit Aladislam dem Sagellonen als Ta:

*) Literatur. Dam. Furhoffer, Monasteriologia regni Hungariae: recogn. ad fiden fontium revocavit et auxit M. Gzinûr. T. I. Monast. Ord. Si. Benedieti (1858, T. IL, Sacrae domus (1560); Kovachich, Codex authient. juris tavernicalis statutarii ... . . Budae 1803; Albrecht, Dad ungar. Munizipalweſen; im 14.3. des Taſchenb. j. vaterl. Weich. (1832); Wagner, Jurisdictio tavernicalis (183-4115 Krones, Zur ältejten (Keich. ber oberungarifchen Freiſtadt Kaſchau im 1. Bde. des Arc. j. K. öſterr. G. (186-4) uud deutſche Geſchichts- und Rechtsquellen aus Oberungarn ebenda, 31. Bd. (1865); Schwartner, de scultetiis per Hunpariam quondam obviis ( Budae 1815). Sehr viel chronologiſch geordiretes Material enthält der IT. Rand der Öiterr. Ethnographie von Czörnig und beziehungsweiſe auch Biſchoff: Teiterr. Stadtrechte und Privilegien. Ueber die Zips ſiehe die Literatur im I. Bde., b. Bud, hiſtor. Boden; desgl. über Siebenbürgen, Groatien:Slavonien. Kachel- mann, Geſch. d. oberung. Bergſtädte (1*855). Eines Hauptwerkes: Michnay- Lichner, Ofener Stadtr., geſchah bereits Erwähnung. Ipolyi: Neuſohl.

140 XII. Buch: . Inneres Staatsleben vom Schlujje des 10. Jahrh. bis 1526.

vernical: und Berjonaljtädte zu unterjcheiden begann, je nachdem jie dent Tavernicus oder dem königlichen Perjonal (personalis regiae praesentiae locumtenens) zugemwiejen waren. Im 15. Jahrhun- derte, bejonders jeit 1445, tritt der Einfluß des ftändigen Reichs— rathes in den Vordergrund. Die Blüthezeit des ſtändiſchen Ein: flufjes, aber aud) die ſtürmiſch bewegteſte Epoche des Landtagsweſens, fällt in die Tage der Jagellonen Wladislaw und Ludwig; wo wir Magnatenverſammlungen und Reichsadelscongrefje, neben gemein: jamen Tagen, mit einander im Hader erbliden.

Für das Kriegsweſen oder die Heeresverfaſſung bilden die goldene Bulle, die Banderialverfafjung der Luxemburger und Eigismund’s und die Thätigfeit des Corvinen Mathias die Haupt epochen.*)

Auch in Karpathenteiche jpielte der Jude eine wichtige Rolle. Die Anfiht, daß er mit den Magyaren aus dem Chazarenreiche in Ungarn einwanderte, ift wohl nicht gut haltbar. Wir haben gewiß an die gleichen VBerhältniffe zu denken, wie die waren, unter welchen jich der betriebjame Siraelite in der deutſchöſterreichiſchen Ländergruppe und in der böhmischen einfand; er ericheint ale Händler und Mäkler im „hunniſchen“ Lande, im Lande „Agar”, wie er e8 nod) im 13. Jahrhunderte in feiner Sprache nannte.

Die erite urfundlihe Nachricht von der Yebens: und Rechtsſtellung ber Juden Ungarns bietet die Gejeßgebung 8. Yadislaus’ d. H. (4 1093). Ihre Beitimmungen jind durchwegs Firdhlich=focialer Natur. Der Jude ijt nicht bes rechtigt, ſich eine chriſtliche rau oder Magd zu halten, und findet dies jftatt, jo muß Dieje entlajien werden. Der am Sonntage arbeiterrde Jude verliert zur Strafe jein Arbeitswerkzeug. K. Koloman's Tecrete beweijen, daß ber Nude in Ungarn bereits jtarf ſeßhaft war und die Krone jeine Rechtsverhältnifje ordnen mußte. Der de, heißt es im 78. Gap. des eriten Buches der Decrete diejes Königs, darf Gründe kaufen, er muß sich jedoch an einem Biſchofsſitze aufhalten. Gr darf ferner, ıwie das vorhergehende Kapitel bejagt, Aderbau treiben, jedoch mur mit heidnijchen Sklaven. Würde ich jedoch der Zube an: maßen, einen Ehriſtenſklaven zu Faufen, oder zu verfaufen, oder im Dienjte zu halten, jo ijt er verpflichtet, ihn, bei Strafe, binnen der gejeglidhen Frijt auszu⸗ liefern. Aeußerſt billig ericheint die Satzung über Taufchgejchäft, Kauf und Ver: fauf zwiſchen Juden und Ehriſten. Bei einem Tauſche tritt von Weiten ber

*, Yireratur. Kereſztury, de veteri instituto rei militaris hungar. ac speciatim de insurrectione nobilium, Pars I. (unica) (1790); Bardofy (Schmaud), animadv. hist. crit. diplom. in opus de insurr. nobilium uact. Keresztury cum recensione apocrisium de banderiis hungaricis, Viennae anonymo auctore 1785 edit. etc. (Budac 1792); PBiringer, Ungarns Ban: berien und deſſen gejetm. Kriegäwejen überhaupt (Wien 1810).

XI. Rudy: Inneres Staatsleben vom Schluſſe des 10. \ahrh. bis 1526. 141

Fhriiten die gerichtliche Bürgichaft (vadimonium), von Seiten des Juden das Zeugniß (testimonium) ein, als dasjenige Rechtsmoment, das den Kandel zum abgeichlofjenen macht. Bei Kauf und Verkauf zwijchen Juden und Chrijten findet durch gemischte Zeugen die (Fintragung der Waare ſammt ihrem “reife in der Urkunde jtatt, die als Handelövertrag die Namen des Käufers, des Wer: käufers und der Zeugen enthielt. Unter Andreas II., dem jchlechteiten Fi— nanzmirthe und ewig von Geldnöthen bedrangteır Arpaden, kamen Nuden neben Nsmaeliten als Kläubiger des Königs in den Velik des verderblichen PBahtes aller Regalien, der Steuer, des Dreikigit, des Zolles u. ſ. w. Dagegen wendet jich Die goldene Bulle mit einer Icharfen, dem Könige abgerun: genen Satung. Nichts deſto weniger blieben die \uden im Lande als bedeu: tende Finanzmacht. Um das Jahr 1225 erjcheint beiſpielsweiſe der Jude Iheha (Thehanus) an der Weitgrenze Ungarıs Rejjenyd als „Graf“ (Ortsrichter?) und Grundbeſitzer, welcher in dem arpädijchbabenbergijchen Uebereinfommen eine Bürgſchaft für die Zahlung von 200 Mark Silber übernimmt und gegen den (1228) Graf Simon von Arragonien um das Hut Nüdiger's (terra Rutukeri) bei Oedenburg Klage führt. Münzmeilter war damals der Nude Garhene, Kammergraf der Nude Samuel. An Komorn, damals nod) offener Ort, erfcheint der Iſraelit Henel als „Graf“ mit jeinen Söhnen Rolvelin, Oltman und Unkelin.

1232 mußte Andreas II. im jogenannten Bereger Koncordate der Kirche den Eidſchwur leiiten, in Zufunft „weder einen Juden, noch Asmaeliten, noch Sarazenen zum Rorjteher der Kammer-, Finanz-, Salz: oder Steuerämter zu ernennen, noch auch anderen Vorſtehern an die Ceite zu geben, oder ihnen font öffentliche Memter zu übertragen”. Sie jollten fortan durch äußerliche Ab: zeichen von den Chriften unterjcheidbar fein. Tas Halten chriftlicher Tienftboten, Heirathen mit Chriiten werden verpönt, und zur Aufrechthaltung al’ deſſen fol der König jährlich einen ftrenggläubigen Magnaten ernennen, der auf die Ritte eines Bifchofs, in defien Sprengel Juden, Heiden oder Nömaeliten wohnen, da: ſelbſt Umſchau halte, die chriſtlichen Knechte und Weiber ihnen entreiße und Die Schuldigen, welche der König überdies zur Sflaverei verurtheilen wird, mit Ent: zieh ung ihres Vermögens beitrafe.

Bela IV., der als Thronfolger mit zu denen gehörte, welche gegen die ſchäd— liche Finanzberrichait der \uden und Ismaeliten eiferten, jah fi) durch ſtaatswirth— ſchaftliche Bedürfniiie zu ihrer Tuldung als „Kammerknechte“ bewogen, erlangte vom B. Gregor IX. die Erlaubnißz, Afraeliten die Föniglichen Gefälle zu ver: pachten und verlieh im toleranten Geijte jener Zeit den Juden Ungarns einen Freibrief vom d. December 1251, dejjen Anhalt den öſterreichiſchen Inden— fakungen ©. Friedrich's II. vielfach nacdhgebildet fich zeigt. Die Juden er: feinen darin vor dem Geſetze ben Chrijten gleichgehalten und in ihren Cultus— intereſſen geſchützt. Diejer Freibrief erlebte bis 1494 nicht weniger als eli Föniglihe Bejtätigungen. Die Juden finden jih Ende des 13. Jahrhunderts urfundlih in Gran als Bewohner einer eigenen Gaſſe, zu Preßburg, in Trencfin, und ebenjo müffen fie in den anderen Nororten als ſeßhaft angejehen werben. Beſonders Tag ber Weinhandel in ihren Händen. Der Trud ihrer Geldherrſchaft, von mander Stadt jchon früh angellagt,

142 X. Bud: Inneres Staatsleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

beitimmte K. Ludwig I, den Freund des Städteweſens und eifrigen Kirchen: manı, zur Berbannung der Juden. Unter Sigismund famen jie wieder empor. Gr ftellte nicht weniger als vier (Snabenbriefe für die Judenſchaft von Stuhlweikenburg, Belt, Ofen, und Prekburg aus. An dem erfteren vom Jahre 1396 erfcheint der „edle Jude Salomon, ber Gaſt unferer Stadt Stuhlweißenburg“ (nobilis Salomon judaeus hospes civ. nostrae Albensis) alö derjenige, welcher diefe Betätigung der Freiheiten jeiner Glaubensgenoſſen ermwirfte. Sigismund beftätigte auch 1436 den Freiheitsbrief Bela’8 IV. Eelten tauchen (Fmeuten gegen die Nuden auf. 1454 fam es in Tyrnau zur Verbren- nung von zwölf Juden und zwei Franuen berjelben aus Anlaß des alten Wahns, der an den Mord von (hriftenfindern glaubte. Hier zu Tyrnau lebte auch damals der erite befannte rabbiniiche Schriftiteler Ungarnd, Eiſaf. Nach dem Tode 8. Mathias’, bei defjen zweiter Hochzeit (1476) die Stuhlweißenburger Juden viel Prunk entwidelten, vegte fich der Volkshaß da und dort jtärfer. 1495 plünderte das Volk die Ofener Judenſtadt. Kurz zuvor (1494) batte Wladislaw II. das Privilegium Béla's IV. betätigt auf Bitten des Juden Mendel, des Vorſtehers (praefectus) der Audengemeinde. In den zur Zeit Wla- dislaw's ausgebildeten Tavernicalſatzungen werden aud die Rechtsverhältniſſe der Iſraeliten geregelt. Auch unter Ludwig II. nahm ſich die Regierung der Juden an; ſo erklärte eine Urkunde von 1520, gegenüber der Forderung der Ofener, die Hebräer ſollten eigens gezeichnete Kleider tragen, das ſei in Ungarn nicht üblich. Der Beſtand der Iſraeliten in Ungarn erſcheint immer mehr auf

breiter, geſicherter Grundlage.“)

Wenn wir dieſem Abſchnitte eine kurze Skizze der äußern Rechtsgeſchichte Dalmatiens beifügen, ſo geſchieht dies aus dem Grunde, um das innere Sonderleben einer im Mittelalter mit der ungariſchen Reichsbildung wechſelvoll verbundenen Landſchaft zu zeichnen, für welches ſich im Rahmen der ungariſchen Rechtsgeſchichte der Platz nicht finden ließ. Die politiſche Geſchichte dieſes eigenartigen Küſtengebietes in ihren älteſten Grundlagen und ewig ſchwankenden Beziehungen zu Ungarn bis zu der thatſächlichen Auf: löfung des Verbandes mit diefem Keiche im 15. Jahrhunderte fand an verjchtedenen Stellen des vorliegenden Werfes (I, ©. 158— 161, II. 75—80, 177—179 und 214—215) ihre gebrängte Würdi— gung.

“\Yiteratur. Außer den allgemeinen Werten von Grätz und Joſt ü. G. der Iſraeliten, da8 Uuellenmaterial f. Ungarn im Corpus Juris H., in 8o: vachich, Sylloge decret. u. Vestigia comit.; Fejèr, Cod. diplomat.; Fényes, Magyarorzäg statistikäja, I.; (Krones) die politijch-jociale und reichögejeuliche Stellung der Niraeliten in Ungarn .. . . Peſt-Ofener Zeitung (1860) Nr. 29. 31 unter der Chiffre X. K.; Y. Löw, Die jüdiichen Wirren in Ungarn und ber jüdiiche Congreß in Ungarn; Gzörnig, Ethnographie Oeſterreichs, II. Rd.; Hunfalvy-Schwicker, Fthnographie von Ungarn.

XI. Bud: Inneres Staatsleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526. 143

Ueber die. Grundverträge der Krone Ungarns mit Dalmatien unter Koloman feit 1102 find wir nur unvollftändig unterrichtet. Für die Abmahungen nit den chorwatiſch-dalmatini⸗ ihen Zupanen haben wir nur das alte Chroniſtenzeugniß, demzu— folge dieje zu feinerlei Abgabe ihrer Unterthanen, wohl aber ver: pflichtet jeien, im Falle eines feindlichen Einfalles über Aufgebot des Königs, jeder mit mindeitens zehn bewaffneten Reitern auf eigene Kojten bis an den Draufluß, dann aber nad Un: garn hinein auf königliche Koften, zu dienen. Als Inbegriff der alten Rechte der croatijhen und flavonifhen Bane jeit der ungarischen Herrichaft über das Land jcheinen nad: ftehende gelten zu können: Die Befugniß, die Urkunden des Königs mitzufertigen, die königlichen Schenfungen, mit ihrer Einwilligung ge- macht, zu beftätigen, Jmmunitätsprivilegien ihren unterthänigen Orten zu verleihen, die Grafen oder Zupane und die Webte zu beitellen und felbft Schenkungen Fleineren Ausmaßes zu verfügen.

Die Verträge K. Koloman’s mit Zara, Trau (1108), Arbe (1111) und vor Allem mit Spalato (1103) beweijen, daß er thun= lichſt den kirchlich-politiſchen Autonomieverhältnijfjen Dalmatiens Rechnung zu tragen befliſſen war.

Was die ungariſche Oberverwaltung Dalmatiens be— trifft, ſo haben wir an wechſelnde Zuſtände zu denken. Die Prioren, Tribunen und Richter der Städte, die Zupane oder Grafen der Landbezirke ſtanden unter dem Banus auch Herzog von Croatien— Dalmatien, wohl auch unter dem Palatin (z. B. Beluſch, dem Schwager K. Béla's II., 1152), der ja ſpäter auch den, allerdings bald leeren, Titel „Richter Dalmatiens“ führte. Mitunter ſehen wir Dalmatien als Apanagegebiet von einem arpaäͤdiſchen Prinzen verwaltet, 3. B. von Andreas II. (1198—1204), als jüngern Bruder K. Emerich’s. Seit 1274 tauchen als Statthalter des croa⸗ tiſch⸗ dalmatiniſchen Küftenlandes die jogenannten Bane am Meere (bani maritimi) auf, welde Würde meiftentheils jeit 1293 Die Brebir an fih bradten. Die älteitn Ständeverhältnifje der chorwatiic) » ungarifhen Periode zeigen ung a) Cdelfreie oder Vornehme, darunter die Zupanen, b) Bemeinfreie, c) be: dingt Freie, das ift perjönlid) Freie und grund: oder Dienit: unterthänige, d) $reigelajjene, meilt „zum Seelenheile” der Sklaverei entlajjen, und e) Sklaven oder Leibeigene, 3. B. durch Verarmung, Schuldenverhältniß, deren Verkauf zu hindern Zwonimir in feinem Krönungseide vom Sahre 1076 der Kirche veriprad).

Die venetianischen Acten von 1349—1353 geftatten uns einen

146 XII. Bud: Inneres Staatsleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526.

geſchickt den wachſenden Dsmanenftaat fich befreundet zu machen be: fliffen war, an feinem hervorragenden Handelsplage eines Confuls entbehrte, überdies gemwinnbringenden Bergbau in den gepachteten Gruben Rasciens zu Srebernik, Janowo, Kratowo, Nomwobrdo trieb, Raguſa bietet die zahlreichiten und wichtigiten Beilpiele von Han: delsverträgen mit der italienischen und iſtriſchen Nachbarſchaft; fo 3. 8. 1166 mit Piſa, 1188 mit Rovigno, 1199 mit Ancona, 1201 mit Bari, 1203 mit Termoli, 1208 mit Malfetta in Apulien u. U. Venedig war au früh eiferfüchtig auf die Handelsblüthe Ragufa’s, das bemeilt 3. B. das Verbot des Dogen von 1226, ra- guſiniſche Waaren direct oder indirect im Bereiche zwiſchen Zara und Ancona zu kaufen, und grollte den Ragufinern ale Förderern und Hehlern der flavifchen Piraterie der dalmatinifchen Küſte.

Für die Gliederung der Unfreiheits= und Hörigfeits:- verhältnijfe der dafmatinifchen Küften- und Snjelgemeinden läßt fi am meiften aus den Statuten von Zara, Traü, Raguſa, Gurzola und Cattaro an Belegen gewinnen. Zu unterft ftanden die eigentlichen Sklaven, Knechte (Mägde), verfäufliche, vererbliche Leibeigene (vlastaci in Cattaro); höher die gemietheten oder ge⸗ dungenen Knechte (pactualis, mercenarius, ſlaviſch: pristaw). Dann gab es Tsreigelafjene (franchi) in mannigfachen Dienjtverhältniffen. Schlägt der Knecht einen Freien, heißt es im Statut von Cattaro, jo wird er gepeitjcht, thut er dies einem Edeln, jo erhält er die Brandmarfe auf beide Wangen gedrüdt und wird aus der Stadt gepeiticht. Erfüllt der gedungene Knecht, die gemiethete Magd, fagt das Geſetz von Gurzola, die vertragsmäßige Verpflichtung nicht, fo werden beide nadt durch die Stadt gepeitfcht und müfjen dann nichts deſto weniger ihre Zeit ausdienen.

Die verhältnißmäßig günftigfte Lebensftellung erlangten die zins- pflidtigen Bauern oder Colonen; beſonders in der venetianifchen Cpode. Sie befaßen Erb- und Eigenthbumsredt, Klage: recht und eigenen Gerichtsſtand (Slavengraf in Cattaro).

Die firdliden Verhältniſſe Dalmatiens zeigen uralte und zahlreihe Bisthumsgründungen, in ihrer Mehrzahl mit jehr kleinen Sprengeln und Einkünften, da die Städte die Anhäufung von Grundbeſitz in der Hand nicht gerne ſehen. Vom 4. bis zum 10. Sahrhunderte unferer Zeitrechnung entftanden die Bisthümer Bara, Arbe, Macarsca, Rifano, Raguſa, Spalato, Cattaro, Stagno, Nona; ihnen ſchloſſen fih im 11. und 12. Jahrhunderte: Kin, Baravechia (bis 1125), Traü, Scardona, Bubua, Lefina; und 1294 Sebenico an. Die bebeutendfte Metropole war die von Spas

XTIL Bud: Inneres Staardleben vom Schluſſe bes 10. Jahrh. bis 1926. 147

lato, in den Jahren 1187 —1200 mit mehr als zehn Suffraganen. Ragufa griif mit feinen Interfirhen nah Albanien, Bosnien, Servien, Montenegro (Zaculmia) ein. Zara gelanate 1154 zum Range eines Erzbisſthums. Das Bisthum Leſina hatte Die meiiten Inſeln unter fih; man nannte daher jeine Vorſteher „Inſelbiſchöfe“. Sehr ftarf war die jchismatijche Kirchenitrömung von Bosnien: Serbien berüber. Zu den älteiten Klöftern zählt das der Benedictinerinnen zu Zara, angeblid 906 geftiftet und 1066 erweitert; beſonders feit 1091 von Bedeutung, und das Echmeiterfloiter zum heiligen Doimo in Traü vom Jahre 1064. Im 13. und 14. Jahrhun⸗ derte mehrten ſich namentlih Tominifaner: und Syranzisfanerflöfter. Der Klerus hatte auch die gefammte Literatur in Händen, wie Dies z. DB. die Gelehrtengeſchichte Raguſa's darthut.*)

JH. Die Gulturepoden des Ungarnreiches laſſen ſich beiläufig nad) folgenden Zeitmomenten auseinander halten. Die erite Schließt mit Ladislaus I. (F 1095), welcher die Errungenjchaften Stephan’s I. neu befeitigt; die zmeite läuft bis zum verhängniß: vollen Einbruhe der Mongolen (1240). Die dritte bat ihren Höhe: und Ausgangspunkt in den Tagen des zweiten Angiovinen Ludwig d. Gr. (T 1382); mährend die vierte zwijchen die Tage Sigismund’8 und den Tod des Corvinen Mathias (F 1490) ein- geftellt werden darf und in der fünften (1490—1526), der Zeit des Verfalles, die unerquidlichen Tage der Jagellonen uns entgegen treten. Wenden wir uns der älteften Culturepoche zu. Aus dem Cha: zarenreiche, wojelbit „türkiſche“ Einflüſſe das uraliſch-finniſche Volks: thum der Magyaren in Lebensbrauh und Sprade Stark berührten und fie daher auch in den Augen der Byzantiner, des Kaifers Leo, der ihre Streit: und Lebensweiſe, des „purpurgeborenen” Conftantins,

*) Literatur. Abgefehen von den bereits wiederholt citirten Sammlungen und Werten von Öyurifovics, Kufuljevid, Ljubic, Reukıf. 1, II. Bd.): Ratfi, borba juznih Slovenu za drzavnu neodvisenost u XI. viekn (Kampf der Sübdflaven für die ſtaatl. Unabh. im 11. Sahrh.) im Rad jug. akad., 30., 31. Heft (1875); Bras nieè, municipija u hvratsko) drzavi za narodne di- nastije (die Municipien des Groatenjtaates unter der nationalen Tynaftie), ebenda ‚32. H. Die rechtshiſt. Arbeiten von Bogiſiè, zunächſt fein bibliogr. Abrik über gejchr. Geſetze des jlav. Rechts. (Ngram 1872). Ueber Ragufa aufer der Monogr. von Engel: die urfundl. Arbeiten von Matlovid und Yjubit im VO. und IV. 9. de Rad. Ueber d. Klirchengefch.: yarlati i. Illyr. sacr.

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ber ihr Staatswejen bejchreibt, zu „Türken“ ftempelten, dringen die Söhne der ſcythiſchen Steppen an die bulgariſche Donaugrenze vor, überfchreiten diefelbe und werden endlich nach einem mehr als zehnjährigen Kampfe Herren des größten Theiles Pannoniens. Mit Slavenjtämmen ſchon altersher in Berührung, erfcheinen die „Un: garn’ im Theiß- und Donaulande, ähnlich) wie einft die Germanen auf dem Boden des Römerftaates, als weit rohere Eroberer, Schüler der Unterworfenen. Eine große Fülle ſlaviſcher Bezeid: nungen auf allen Lebensgebieten erfcheint in der magyarijchen Sprade feither eingebürgert und ſpricht am beften für diefen Cultur: prozeß: mögen wir den Aderbau, Gewerbe, Handel, Schifffahrt, die gewöhnlichen Xebensbedürfniffe, Haus und Hausgeräth, Kleidung, den phyſiſchen und gejelichaftlihen Menichen, die Pflanzen: und Thierwelt oder Staat, Kirche, Kriegsweien, Münze und Maß dabei nad) dem bezüglichen Wortvorrathe mujtern.

Leider haben wir für die wichtige Zeit der Anfiedelung des Magyarenvolfes in Ungarn feine nationale Duelle höheren Alters von dem Schlage des naiven, ehrlichen Cosmas, der Die Volksſage achtet und die Gejchichte ebenfo wenig als die Weber: fieferung fäliht. Denn, was von dem fogenannten Anonymus diesfalls zu halten, beleuchteten wir an anderer Stelle (I., 54—57); die Fritifchere Haltung der neueften magyariſchen Forſcher in der äl- teften Geſchichte des eigenen Volkes neigt ſich immer mehr dem ent: ſchiedenen Verdicte des Auslandes zu, aus dieſer trüben Quelle dürfe man nimmer die Grundanfhauungen über Gefchichte Ungarns Ihöpfen. Der gewifjenhaftere Chronift Simon Kéza gehört erft dem Schluffe des 13. Sahrhunderts, den Tagen Ladislaus des Kumaniers (F 1290), in jeinem Leben an und ftoppelte fo gut wie der jpätere Marcus, fein Nachtreter in gleicher Arbeit, aus gleiher Duelle (man vgl. auch das jogenannte Chronicon Poso- niense, die Preßburger Sammelchronik, in der fogenannten Wiener Bilderhandjchrift, welche bis 1330 reiht und ald Chronicon Bu- dense 1471 zum Abdrucke gelangte) aus Mythe, Weberlieferung und felbft aus dem Nibelungenliede die Anfänge der Ma- gyaren in Ungarn zufammen.. Thuröczy, der Gejchichtichreiber in der Zeit der Corvinen, thut das Gleiche. Immerhin find fie in dem biftorifchen Theile ihrer Compilationen brauchbarer als der Anonymus und die Anhänge (Appendices) zu Kéza, namentlich der über die „edlen Ankömmlinge Ungarns“ (de nobilibus ad- venis Hungariae), ein bei allen Srrthümern willfommenes Ber- zeichniß der fremdländiſchen Anfiedlungselemente Ungarns jeit Herzog

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zum Seidenthum und der alten Uncultur im eigenen Bolfe aufzu: räumen fich gedrungen fühlte. Es war nicht fo lange ber, daß (1046) der große Sturm gegen das fremdbürtige Chriftenthum los⸗ brach und in jeinem Wiederaufflammen (1061) dur Bela I. blutig gedämpft werden mußte, daß Sohann, Vathas’ Sohn, und fein Anhang „das Haar nach Heidenart ſchor“ und den alten Göttern Pferdeopfer und Weihtranf (äldomäs) darbradite.

Treten wir in den zweiten Zeitraum (1095—1240). Die Gejeggebung Koloman's, „des Bücherkundigen”, erfcheint in jeder, alfo auch in culturhiftorischer, Richtung als eine, Ergänzung und Er: weiterung der Zegislation feiner Vorgänger Ladislaus’ und Stephan’sl. Ungarn eröffnet fich dem erften großen Kreuzzuge ala Durchzugs- land; es bleibt ein folches und wird in eine Culturftrömung getrieben, deren Gewinn, insbejondere der materielle, die wachjende Handels: bedeutung der ungarischen Donauftädte, nicht gering angeichagen werden darf. Tiefer in die Maffe der Nation dringt der Eultur: fortfchritt nicht leicht und noch weniger raſch; die Zeiten nad) Kolo- man, voll des Krieges und Parteikampfes, waren dem um jo weniger günftig, und fo mag das Bild, welches ein bedeutender Geſchicht⸗ Schreiber diefer Zeit, der Babenberger Fürftenfohn Otto, Bilchof von Freijing, als Kreusfahrer im Jahre 1147, von dem da— maligen Ungarn entwirft, bei all feiner Abneigung gegen dieſen Nachbar Deutichlands, der Wirklichkeit nicht zu ferne ftehen. Jeden⸗ falls Hatte der Kern der Magyaren noch den Typus der finnischen Race mit türfifchen Beimifhungen; noch lebte er am liebiten auf der ebenen Steppe in Zeltdörfern mit jehr einfachen Lebensbebürf- niſſen; das Königthum habe patriarchalifche Gewalt; der König dürfe den ungehorjanıen Amtsträger durch feine Gerichtsboten feftnehmen und vor feinen Richterituhl ſchaffen laffen. Dort aber, wo fich der Magyare mit dem Slaven oder mit anderen Anfiedlern in Maffe miſchte, war fein Racentypus im Schwinden oder in ftarfer Ber: ſetzung; bejonders aber mußte bies im Kreife des höheren Adels, dem jo viele Fremde eingebürgert wurden und ſich mit den alten Geſchlechtern verfippten, bemerkbar werden.

Ein ungarifcher Forſcher (Stephan Horvath) unternahm bie ziemlih undanfbare Aufgabe, den alten Magyarengefchlechtern auf die Spur zu kommen und jo die Nachlommen der bei Kéza mit 108 bezifferten Gejchlechter (generationes) der arpädifchen Invaſion zujammen zu bringen. Die aus verjhiedenen Jahrhunderten müh⸗ jelig zufammen gellaubten Namen laſſen fich nicht bloß zahlreich ergänzen, ſondern bieten gar Feine Bürgjchaft für ihre angebliche

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Sn Ungarn felbft liefen damals Friefacher Pfennige neben by: zantiniſchen Goldmünzen, abgejehen von den einheimijchen Währungen, und die Silbermarf wurde wie in der weltlichen Nachbarjchaft in Viertinge (ferto) gejchieden. Doch kommen auch Goldviertinge (fer- tores auri) vor. Schon Stephan’s I. Gefeßgebung jpricht von diefer Goldwährung. Die erite eigentlihde Münzordnung gehört Bela I. an.

Unter Andreas II. gewahren wir einen ftarten Verfall der Kronfinanzen, höchft zerrüttete ftaatswirthichaftliche Verhältniſſe. Er: freuliher ift das Fräftige Gebeihen des Städte: und Anfied-: Lungsmwefens, das ſchon die königlichen Heere unter Stephan LI. füllen half und ſchon vor dem 13. Jahrhunderte den ganzen Berg: bau in Händen hatte, und nicht unberechtigt erfcheint die Bemerkung des ſpäter lebenden polnischen Chroniften Dlugoſch, der Haß der Magyaren habe fih gegen die erfte willensftarfe Gattin des Königs, die Meranerin Gertrude, gelehrt, weil fie nicht bloß ihre deutſchen Brüder, fondern auch das beutfche Stäbte- und Anſiedlungsweſen fo entſchieden begünftigte. In der That finden wir 3. B. ihren tirolifchen Begleiter, Probft Adolph, in der Zips als Goloni- jator thätig und feinen Bruder Rutger von Matrai dajelbft nach urkundlichem Zeugniffe angefiebelt. Die adeligen Hauptfamilien der Zips, die Görgey und Berzeviczy, ftammen von adeligen Anfieblern ab, die ihre Prädicate nad Zipfer Befigungen Garg (Görgö) und Berzevicze führen.

Hier ift auch der Drt, des damals ſchon ſtark entwidelten Kloſterweſens Ungarns zu gedenken. Zunächſt wie überall bür- gerte fih der Benedictiner-Orden ein mit dem ältejten, am reichiten dotirten und angejehenften Klofter, der „Erzabtei”, am Martinsberge. Er brachte es in Ungarn während des Mittelalters zu zweiundneunzig Klöftern und zehn Nefivenzen. Ihm folgte im 12. Jahrhunderte der BPrämonftratenjerorden mit zweiund⸗ vierzig Klöftern und Probfteien und bald der der Cijterzienfer, die Bela III. insbejondere begünftigte. Er zählte jpäter dreiund⸗ dreißig Klöfter. Dazu famen ale Regularfanonien ſechs vom Orden des heiligen Grabes, neun andere mit dem Rechte, die Al: mugen oder Chorpelze zu tragen (super pelliciti), und einundzwanzig Klöfter des Auguftiner-Eremitenordens. Bon den geift- lihen Ritterorden hatten die Sohanniter neunzehn Commenden im Reiche, darunter das bedeutende Priorat zu Vrana, die Tempel: herren dreizehn Manferien. Die culturhiftorifch bebeutendite Rolle fpielten 1211 1224 die beutfchen Ordensritter, als fie Lebens:

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Art der Heiden mit auigelötien herabhängenden Haaren und in weib- lihen Kleidern verkehrten, zu ihrem Heile wieder zurechtzubringen.”

Der Schluß der Arpädenzeit und die Tage des wirrenvollen Zwiſchenreiches (1301— 1398, waren nicht darnach angethan, das Gulturleben auf fichere Grimdlagen eines geſetzlich geordneten Reichs: friedens zu Stellen. Tieie zeigten ſich erit ſeit Karl Robert's Siegen über die Oligarchie möglid. Und dod blieb ihr mächtigſtes Haupt, Mathias von Giäf, trog der Rozgonyer Schlacht (1312), in welcher feine Anhänger erlagen, unbeſiegt. Er fonnte 1315 auf eigene Fauſt eine Fehde mit Johann von Böhmen anfangen und ausfechten, im Waagthal gerürdtet herriden und bis an jeinen Tod einen wahrhaft föniglihen Prunf entfalten. Er, der Güſſinger Heinrich, Ladislaus Apor, der Wojwode und Gewaltherr Sieben: bürgens, und Omodé Aba, Karl Robert’s eigennügiger Anhänger und Palatin, den die erbitterten Deutſchbürger von Kaſchau im Aufftande erichlugen (1311), weil fie an ihrem Freithum und an der Krone ebenjo feit hielten wie die Zipjer Sachſen, ihre Nachbarn, find jo recht hervorragende Typen ber Magnatenoligarchie, welche -Rarl Robert allmählich bezwang.

Mit ihm, dem Sohne eines freigebildeten, genußjüchtigen Hofes, dem Vertreter der jtrammeren Lehensmonarchie, kommt ein KönigthHum auf den Thron Ungame, das die patriarchaliichen, einfacheren Formen des erlojchenen Erbhaufes der einheimiichen Ar: päben verbannt, prunfvoller, gebieterijcher auftritt und Ungarn in vielfeitigere und politiiche Culturbeziehungen fegt. Am beiten laffen fih die Errungenfchaften der angioviniihen Culturepoche Ungarns - in den Tagen feines Sohnes Ludwig d. Gr. überjchauen.

Wir wollen zunädit Handel und Gewerbe hervorheben. Der Handel läßt fi) nach vier Hauptrichtungen verfolgen. In die ungarifche Donauſtraße liefen drei wichtige Handelöwege zufammen: der Tevantinifche von der untern Donau ber, der italienijche, den bie dalmatiniichen Küſtenſtädte und das croatiſche Littorale unter der Concurrenz Venedigs vermittelten und der Binnenhandel ber fübliden Donauländer, der an der Savemündung den Cingang nach Ungarn batte Aus den binterfarpatbhiichen Landſchaften bewegte jich der Handelszug durch das Burzenland über Kronjtadt, durch den Hermannſtädter Sachjen: boden weiter nad) Ungarn, um wieder in die Donauitrafe einzumünden. Weft: wärts 309 fich der Handel über Gran, deffen Handelsſatzungen aus den Tagen Ladislaus' des Kumanierd von Bedeutung find, und Preßburg an ber Do: nau nach Dejterreih und umgekehrt. Die Nordrichtung des ungarifchen Zwi— ſchenhandels bejchrieb zwei Weggeleije, Tyenau, Irencfin, Skalitz waren Vororte des mähriſch-ſchleſiſchen Handelszuges, mit Breslau als wichtigſtem Knotenpuntte, während Kaſchau, Eperies, Bartfeld, anbererfeits Leutſchau,

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Lublau, den Handel mit Kleinpolen vermittelten unb befonder8 mit Kralau in Gefchäftsbeziehungen ftanden. Peſth-Ofen erſcheint als natürlicher Mittelpunft dieſes Handelsnetzes. Die ungarifch-galizifche Salzftraße Tief über Nagy-Mihäly im Zempliner Comitate.

Siebenbürgen befaß für den Sübhanbel an dem Törzburger, für ben Nordhandel an dem Paſſe von Rodnna wichtige Wege, deren Zollfagungen unter bem Wojmoden 'Stibor aus dem Jahre 1409 dies beweiſen. Dieſe Zölle trugen jäbrlih an 7000 Goldgulden.

Müffen wir ben ungariichen Handel des Mittelalter vorzugsmeife als Durchzugshandel (Tranfitohandel) dur Zoll, Dreißigften, Mauth, Waarennieber: lage und Verkaufsrecht gewinnbringend nennen, fo wog auch ber active Handel mit Robftoffen gegen die Induſtrieerzeugniſſe weit vor. Ungarn mar fein gemerbe- treibendes Land, wenn wir auch in den beutfchen Vororten, beſonders in Ofen, Neujohl, Kaſchau, Leutfhau, in Hermannftadt, Kronftabt, Biſtritz das ftäbtifche Gewerbe auf einer ziemlichen Stufe der Ausbildung ge⸗ wahren unb überhaupt in ben deutfchen Anfiebelungen das Kleingewerbe blühend benfen müffen. Im Sachſenlande Siebenbürgen? gab e8 z. B. Pulver: und Büchſenmacher hundert Jahre früher als in England. Die Zinngießerzunft in Markt:Schelfen zählte mehr als hundert Meifter.

Von allen Gewerben gedieh am felbftänbigften und beiten jeit jeher das der Loh- und Weißgerber; ja lettered Handwerk erhielt auch bei den Deut: fen den Namen Srcherei, von dem magyariſchen irha. Daher nannte man auch in Frankreich im 16. Jahrhunderte eine beftimmte Leberforte „ungariſches Leber”. Bejonderd war der Nlaun (timar, timsö) bei der ungarifchen Leber: bereitung im Gebrauche. Auch bie Kürfchnerei blübte früh bei der Maſſe des einheimifchen Raub: ober Pelzwerkes und ber Vorliebe der Ungarn für Pelze und pelzverbrämte Kleidung. Aus dem jlavifch:ungarifhen csuba wurde das deutſche „Schaube”, auß Dem magyarifchen hosszükö ober hosszü köntös daß beut- ſche „Hoſeke“, ein langer Belzrod. Berühmt und alt war dad Meſſerſchmied⸗ handwerk ber Deutichen in ber Zips, im mweftungarijchen Berggebiete, im Sadjenlande Siebenbürgens. Ihre Zunftverbindung erjcheint ſchon im 14. Jahr: hunderte beurfunbet. Zu ben bebeutendften und älteſten Innungen gehörten auch die Goldſchmiede; fchon 1015 erwähnt, und bejonbers in Fünflirchen, Scheninitz, Neujohl, woſelbſt auch der Glodenguß früh nambaft wurbe, in ber Zips, im Sachſenlande Siebenbürgens oft genannt, mo e8 eben Goldgewinnung gab. Damit King meift die Siegel: oder Petichaftftecherei zufammen. Als Ver: treter biejed Kunftgemerbes kam 1455 ber Deutſchungar, Albrecht Dürer’ Bater, nad) Nürnberg und gründete Hier feinen Hausftand. Auch bie Glas⸗ indujtrie taucht fhon im 14. Jahrhunderte, befonderd aber im 15. auf. Später fam befonders die Kutjcheninduftrie empor.

Vebergehen wir vom Handwerk zum Kunftgewerbe und zur Kunft, fo fteht im 14. und 15. Jahrhunderte die Baufunft voran. Am Schluſſe ber Arpädenzeit und unter den Angiovinen beginnen ja bie eigentlich ummauerten, befefligten Plätze, an Stelle der mit Paliffadenzaun und Erbwerken verjehenen alten Burgen und Städte, die Stadtceitabellen mit dem „Schabhaufe”,

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flifen war. Kunſt und Wiffenfhaft am Hofe trägt ganz fremd: bürtigen Charakter. Italieniſche Gelehrte und Meifter umgeben den König; fein Hiftoriograph ift der Italien: Anton Bonfin von Ascoli, der eine Geihhichte Ungarns nach dem Muſter der Hiftorio- graphie des Livius jchreibt, vol Rhetorik und höfifchen Lobes; ein zweiter Italiener, Ranzano, liefert ein Handbuch der Geichichte Ungarns in gedrängter Form. Ein dritter Staliener Galeotto Marzio aus Nami in Umbrien, Mediciner, Humanift, poöta lau- reatus, und Mathematicus, ebenfo jarkaftiich als fpinthifirend, über: dies troß feiner Wohlbeleibtheit ein gewaltiger Ringer, hinterließ uns als Bibliothefar und Gelehrter, Hausgenoffe des Corvinen, ein Buch von feinen „Morten und Thaten”, eine intereffante Anekdotenſamm⸗ lung. Und bier finden wir (cap. 17, 28) zwei bezeichnende Aeuße- rungen: „Deutiche, Böhmen und Polen”, bemerkt er, „ſchreiben manchmal in der Mutterſprache, meift wohl lateiniſch; Ungarn allein, das chriftliche nämlich, ſchreibt nur lateinisch” und weiter äußert er, die magyariſche Sprache Einge im Munde des Bornehmen in Laut, Ausſprache und Wort gerade jo wie in dem des Bauers. Dies will befagen, daß es damals noch feine magyarijche Literatur, feine magyarifche Sprache der Gebildeten, Teine magyariſche Schriftipracdhe gab. Sn der That befitt die magyarijche Literatur der vorcorpini- ſchen Zeit außer Stüden kirchlicher Proja und Poefie, bejonders im jogenannten Palatincodere des 14. und 15. Jahrhunderts hand⸗ Iohriftlich enthalten und ähnlichen Proben aus den Tagen K. Ma: thia®’ Feine nolfsthümlidhe oder höfiſche Dichtung und ebenjo wenig eine Laienproſa in ihren Sprachdenk— mälern.

Wohl Haben wir beftimmte Spuren hiſtoriſchen Volksgeſanges, ber ſich von Mund zu Diund fortpflanzenden gefhichtlichen Lieder über populäre Greignijje des 14. und 15. Jahrhundert? und beliebte Perfönlichkeiten wie Toldi, K. Mathias, Berifzlö, Both u. A., aber es fehlt durchaus an gefchloffenen Literaturfreifen, an gefchulter Vertretung ber einzelnen Richtungen und vor Allem an Interefje für Die Pflege der eigenen Sprache, bes eigenen Schriftthums in den maßgebenden Kreijen bei Hofe, im Magnaten: und Adelftande. Denn bie gelehrten Ausländer, die Platonifer Baubinus und Torquatus, die Naturhiftorifer und Nerzte Julius Aemilius und Montagna, die Mathematiler Niger, Regio: montonus, Nimerius, die Romanijten Niklas Barius und Donatus Aretin waren Hofafademifer und die Preßburger hohe Schule oder das Ardhigymnafium, von Mathias geitiftet, Fonnte feinen tiefer greifenden Einfluß üben. Die Grün⸗ dung ber Ofener Univerfität konnte Mathias nicht mehr fertig bringen. Die Ofener Buchdruckerei des Ladislaus Gereb, 1472 in's Leben tretenb, zu deren erfte Leiftungen (1473) ber Abdruck der fogenannten Wiener Bilderhand⸗

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Neufohl, Bartfeld u. A. fparten das Geld nicht für Stadtſchulen und Lehrkräfte; noch weniger die Hermannftäbter und Kronftäbter. Nach Großſchenk berief man 1430 den buch: und fchreibfundigen Meifter Heinrich Halbgebachſen aus Regensburg als Nector. Die deutſchen Incunabeln, aber auch die Venetianer Erftlingsdrude, machten bald den Weg in's Sachſenland. Bald lieft man von beutfchen Siebenbürgern als Drudern in den Tfficinen zu Mantua, Venedig und im beutichen Reiche.

Diefe Culturzuftände verſchwinden nicht in der Zeit vor der Mohäacſer Schlacht, fie fegen ſich fort, aber es Fündigt fich der materielle Verfall eines friedlofen Reiches an, das jeine rich: tige Steuerung immer mehr einbüßt. Diejer Verfall äußert ſich an höchſter Stelle in der wahrhaft traurigen Lage des Hofes, der oft am Nothwendigiten Mangel hat und unter beiden Sagellonen um Kleine Darlehne förmlich betteln muß, während die oberiten Finanz: beamten ihren Sädel füllen. Aus dem NRechnungsausmweile des da⸗ maligen Finanzminiſters (Tihesaurarius), Sigismund Ernuſth, Biſchofs von Fünfficchen, über Einnahmen und Ausgaben vom 1. Sanuar 1494 bis zum legten Jahrestage 1495 entnehmen wir den Stand der Kroneinfünfte mit 136,634, Dagegen der Ausgaben mit 138,884 Gulden, aljo einen Abgang von 2250 Gulden. Vergleichen wir dies Ergebniß mit der Abſchätzung der Einkünfte des König: reiches Ungarn aus den Jahren 1452—1457, die fih im Archive der Eiczinger zu Aspern an der Zaya u. d. T. „ain koſtliche ze= dein, was die Iron und das funigreich zu Hungern vennt und gult haben”, von Fundiger Hand, wahrſcheinlich von Ulrich Eiczinger felbft, findet, jo heißt es hier, daß ein Jahr die Salzgült allein 120 bis 125,000 „rother” Gulden eintrug und die anderen Einkünfte erjcheinen auf nahezu 176,000 Gulden veranjchlagt. Im Jahre 1502 mußte 8. Wladislam zur Beftreitung feiner Hochzeitsauslagen 2000 Gulden leihen, dem Graner Kapitel dagegen ein Dorf ſchenken, während der Graner Primas Bakäcs fünfundzwanzig fette geiftliche Pfründen an fi gebracht hatte. Der ganze Bergjegen 3.3. war: dert in gewinnſüchtige Privathände.

Zu den bedeutendften Unternehmern zählen die Thurzo's (Thurſo's) von Bethlenfalva in der Zips, die aus Defterreich eingewandert fein follen. Georg von Thurzo war 1452 die Hauptperfon in Leutſchau. Sein Enfel Johannes IL, Beſitzer der Zipfer Erzgruben, Iernte in Venedig die Kunft der Metallfcheidung nicht ohne Lebendgefahr, inben er ſich wahnſinnig ftellte, um in ihre ftreng ges wahrten Werfgeheimnifje eindringen zu können. Durch Vermittlung bes Fünf: Tirchner Bilchofd Sigmund Ernft (Hampo), eined getauften Iſraeliten und das maligen Schaßmeifters, erwarb er 1494 den Kupfergewinn ber Neujohler Gruben von bem Herzoge Johannes Corvinus. 1499 warb er Kämmerer von Krems:

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Rückblick. Wenden wir nochmals das Auge dem gejammten Entwidlungsgange des innern Staatslebens der drei Yändergruppen

Ung. überf. v. Dur (1875); Karajan, Ueber den Leumund der Defterr., Böhmen und Ungarn i. d. Wiener afad. Sigungsb., 42. Bd. (1863); Cornides, Bruchftüde 3. Geſch. der ſtädtiſchen Cultur und des Gewerbfleißes in Ungarn; b. v. Engel. Vgl. Cſaplovic's Arhiv des K. Ungarn, I, 425 ff. Die baugeichichtlichen Abhandlungen von Em. Henfzlmann in ILL, VI, VII. Bde. der öfterr. Revue (1865); A. Lechner, Deutiche Etädtebilder aus Oberungarn, (ebenda 1864), I. f. Verſchiedene Monograpbieen über Kirchenbauten Ungarns und Siebenbürgen in den Mitth. der Gentralcomm. z. Erd. mittelalt. Pandenfm. Tas magyar. Organ f. ſolche Abh. ift feit 1859 die Veröff. der arhäolog. Gommiffion (az archaeologiai bizottsäg kiadvanyai); bejonders werthvoll die Abb. v. Spolyi, Römer, Henſzlmann, TZorma, Kubinyi u. X. und f. 1869 die Alterhumsdenfmale Ungarns: Magyarorszägi regeszeti emlekek (Henjzlmann, Römer); desgl. v. HenfjImann und Römer ber: ausg. Mürepeszeti kalanz (Wegweiſer der alterth. Kunſt, 2. Bd. (Mittelalt. Baufunit, 1866). Ueber die Literaturverhältniffe fiehe: Wallaj;fy, Conspectus reipublicae literariae in Hungaria (Budae 1808); Toldy, a magyar nemzeti irodalom törtenete (Geh. d. magyar. Literatur, 1. A. 1850 ff.), Geſch. ber biftorifchen Dichtung der Ungarn vor Zrinyi, Situngsber. der Wiener Afad. d. Wiff., II. Bd.; az 6 6s közepkori m. n. i. tört. (Geſch. der alten und mittel: alt. Nationaflliteratur der Magyaren), 3. U. (1862). Zur Geſch. der Staats: finanzen Ungarns am Ausgange des Mittelalterd insbeſondere die Einleitung Engel’s z. 1. Bande der Geſch. ded ung. Reiches und feiner Nebenländer (1797), ©. 1—210, und Birf, zur Finanzgeſch. des K. Ungarn unter K. Ladislaus Poſth. (3 BU. 8%. VBgl. Frafnöi (Frank) im tört. tar XXII 1876 3. 3. 1525.

Siebenbürgen. Außer der fchönen Arbeit von Teutſch: Geld. d. Siebenb. Sachſen f. d. ſ. V., 2.X. (Leipzig, 1874). Die deutſche culturhift. Lit. in dem trefflichem Werfchen von Teutſch, Abriß d. Geſch. Siebenbürgen, zunächſt 3. Gebr. f. Studien, 3. X. (Kronjtadt, 2 H.); vgl. 8. Köväry, Erdelyi törtönelme (Siebenbürgifche Geſchichte) (1859); Aler. Bethlen, Grundlinien 3. Culturgeſch. Siebenbürgens. Hormayr's Arch. (1822). Teutſch, Bir. z. Geſch. Siebenbürgens v. Tode K. Andreas III. bis zum Juli 1310. Arch. des hift. V. f. Siebenb., J., Bir. z. G. ©. u. d. K. Karl Robert, ebenda, II., und unter K. Ludwig I. im Ar. f. K. öfterr. &., II. 2b. (1850); Schuler v. Libloy, Mater. 3. fiebenb. Rechtögeich. (Hermannitadt 1862); G. Seivert, Die Stabt Hermannftadt (LEIN; A. Gräfer, Umriffe 5. G. der Stadt Mebiafch (ebenda 1862); J. M. Salzer, 3. Geſch. d. ſächſ. Volfefhulen in Siebenb. Gymn.: Progr. v. Mediajh., 3. 1861, 1862. Stephan Horväth, Vertheidigung ber ungarifchen Könige Ludwig bes Gr. und Mathias Corvinus in Betreff ber un: gariichen Sprache wider die Anlagen und Erdichtungen des Prof. Schwartner (1815); v. demf. rajzolatok a magyar nemzet legregibb törtEntcböl (Zeich- nungen aus ber älteſten Gejch. bes Magyarenvolkes) (nicht ohne Geift, aber barod und verworten, wie Alles auß biefer Feder). Preisſchrr., ſämmtlich im

XII. Bud: Inneres Staatzleben vom Schlufje des 10. Jahrh. bis 1526. 163

oder Neihsbildungen zu. Bot ſchon das äußere Staatsleben be- deutjame Wechjelbeziehungen, neben belangreichen Gegenjägen einen unverfennbaren Parallelismus dar, welcher mitunter einer völligen Congruenz, den zeitweiligen Berfonalunionen, den Pla räumt, jo treten auf dem Gebiete von Berfaffung, Rechtsweſen und materiell: geiftiger Cultur die Analogieen noch enticheidender in den Border: grund. So zeigt fih in Hinficht der Neichsverfaflung und ihrer zeitlichen Wandlungen zwiſchen Böhmen und Ungarn eine augenfällige Verwandtſchaft. Bis zum Beginne des 14. Sahrhunderts haben mir es in beiden Reichen mit der erblichen Herrichaft einheimiſcher Dyna= itieen zu thun; dann kommt es beiderjeits nach bewegten Tagen raſch wechjelnder Zwijchenregierungen zur Gründung einer Monarchie fremder Herrjcherhäufer durch Wahl, in Böhmen der Quremburger, in Ungarn der Angiovinen, bei welchen lebteren in den Augen der Reichsitände nicht die Verwandtſchaft mit den Arpäden, aljo das Erbrecht, jondern die Wahl den Ausschlag giebt. Beide Dynaitieen gründen wieder ein Erbreid. In Böhmen und Ungarn wädjlt der ftändifche Einfluß vom 14. in’s 15. Jahrhundert; er erlangt immer mehr Bürgfchaften feiner verfaffungsmäßigen Freiheiten und Rechte, in beiden Neichen bahnt die Gubernatur den Weg zum Throne; in Böhmen wird der Neichsverwejer Georg Podiebrad, in Ungarn der Sohn des Gubernators Johannes, Mathias Eorvinus, Wahlfönig. Beiden Emporkömmlingen gelingt jedoch nicht die Gründung einer Dynaftie. Am beichränfteften erjcheint das duch Wahl geichaffene, dann erblih gewordene Königthum der Sagellonen Wladislam II. und Ludwig II. in den beiden durch PBerjonalunion verbundenen Reichen.

Die Grundlagen des Vermwaltungswejens aller drei Länder: gruppen: Gau Grafſchaft, Zupa Kaftellanei und Comitat =

magyar. Sprade: Hetenyi, „Bon dem Einfluffe unferer Städte auf die Ent: willung unferer Nation“ (1841); Koſſovich's und Mid. Horväth's ein Ganzes bildende zwei Arbeiten: Gejchichte de8 Gewerbes und Handels in Ungarn vor dem Beginne des 16. Jahrh. (1842); J. Vaſſ, Der einheimifche und ausländiſche Schulbeſuch im arpädiſchen Zeitalter (1862); Fraknéi (d. i. Frankl), Die ungarländiſchen Lehrer und Schüler an der Wiener Univerſität im 14. und 15. Jahrh. (Ertekezesek a tört. tudom. körcböl Unter: fud. aus dem Kreife dev Gefchichtswiffenichaften, 3. 8b. (1873). Bal. f. Monogr. in niagyar. Spr. Der beimilhe und ausländiſche Schulbeſuch i. 16. Jahrh. (1873); F. X. Schier, dissert. de reg. Budensis biblioth. Mathiae Corvini ortu lapsu . . . 1799 (vgl. Budik in d. Wiener Jahrb. d. Lit. 88. Bd. Anzbl.). 11?

164 XII. Bud: Inneres Staat3leben vom Schluſſe des 10. Jahrh. bis 1526.

Burggrafichaft, erjcheinen einander verwandt; die ungariihe Comi⸗ tatsverfaffung insbejondere der deutjchen nachgebildet. Das Lehens- weſen, germanifchen Urjprungs und romaniſch-deutſch in jeiner Ausbildung, durchdringt alle drei Ländergruppen, wenn auch in ver- fhiedenen Formen. Die grundbücherlide Evidenzhaltung des un beweglihen Eigenthbums findet in Böhmen- Mähren die frübhefte Ausbildung. In Ungarn, wo die Unveräußerlichfeit des adeligen Erbgutes, die Apiticität, die freie Güterbewegung unmöglich mad, aber auch die Ereditverhältniffe erjchwert, juchen wir das Grund: buchsweſen in der Form der Landtafel vergebens.

Gleiche Verwandtſchaft gilt von der Gliederung der Hof: und Zandesämter aller drei Rändergruppen der politifch = administrativen, financiellen und Juſtizverwaltung. Am dauernditen behaupten ſich diefe Grundlagen im ungariihen Reiche, deshalb trägt jein Ber: fafjungs- und Verwaltungsweſen verhältnigmäßig am meilten conjer: vatives, hiſtoriſches Gepräge.

Im ftaatlihen Rechtsweſen tritt das, was wir die Ausbildung des Landrechtes nennen, am früheften in der deutjch - öfterreichifchen Ländergruppe auf, dagegen verfügt Böhmen: Mähren über ältere, umfaffende Privatbearbeitungen des landesüblichen Rechtes. Am jpäteften zeigt fich eine jolche Arbeit in Ungarn, das Tripartitum Verböczyanum; überdies zeigt fi) darin ſchon der formelle Einfluß des immer allgemeiner Einfluß übenden römiſchen Rechtes, mande weſentliche Lüde und Willkür. Den mächtigen Einfluß deutjcher Rechtsanſchauungen verräth die ganze Gejetgebung des piemyflidi- ſchen Böhmens und arpädilchen Ungarns, bei allem ihrem natio- nalen Gehalte. Am durchgreifendſten zeigt fich jedoch die Wirkjam- feit des deutſchen Dorf: und Stadtrechtes in beiden Reihen; es beherrrſcht ein großes Neichsgebiet und wirft auch auf die ſlaviſchen und magyarifchen Grundunterthänigfeitsverhältniffe mächtig wandelnd ein. In allen drei Ländergruppen ift das 14. Jahrhundert die Blüthezeit des Städtewejens. Die Lage des Bauernitandes ver: fchlimmert fi) gegen das Ende des Mittelalters, in den Reichen Böhmen und Ungarn fündet fi immer entjchiedener die Leibeigen- ſchaft und ihr gegenüber die Magnatenoligardie an.

Auch in den Eulturepochen der drei Reichsbildungen finden wir Berwandtes. Die günftigiten Zeiten find das dreizehnte Jahrhun⸗ dert in feiner erſten Hälfte, im nächſten die Epoche Albrecht’s IL und feiner Söhne für Defterreihd (1330—1386), Karl’s IV. für Böhmen (1346—1378) und Ludwig's I. (1342 1382) für Un- garn ; die ungünitigfte das 15. Jahrhundert, aber reich an Gegenſätzen,

XII. Bud: Inneres Staatsleben vom Schluffe des 10. Jahrh. biß 1526. 165

neuen Ideen und jocialen, meltbewegenden Fragen. Was aber vor Allem die Betrachtung feffelt, ijt die Erjcheinung, daß alle drei Ländergruppen Stätten deutjcher Culturarbeit in wechjelnden Formen wurden, in Handel und Wandel, im geiltigen Bildungs weien und Kunitleben unter einander und mit dem deutſchen Reiche zufammenhängen.

Dreizehntes Bud. Die Beiten Serdinand’s I. und Marimilien’s II. (1526—1576).

Siteratur der allg. Quellen und Hülſsmitlel.

(gl. Dahlmann-Waitz, 3. (4.) A., und Schmidt-Tavera, Bibliogr. d. öfterr. Geſch, II. (1858), 9. 3. Geſch. Karl's V. und Ferd. IL.)

Die allg. Zeitbücher von Carion, Seb. Frand.... Schardiuß, hist. opus etc.; i. d. A. v. 1673: Schardius redivivus: scrr. rer. germ. varii T. IV. (IL, III. Bd. die Zeit Karl’3 V. u. Ferdinand's J., insbefondere: epi- tome rerum gestarum ab anno 1558—1564; epitome r. g. s. Maximiliano IL ab anno 1554 - 1572); Joh. SIeidanus, de statu religionis et reipublicae Carolo V. caesare; vollit. 1556. ff., bei. die mit guten Arm, verfeh. U. v. 1785/86; Kilian Leib Annales (1502 1548) (der Schlußtheil in Döllinger’8 Sammlung); M. Freher, germ. scrr., 3.%. von Struvius (1717), III. 3b.; A. Doria, furzer Inbegriff der merfwürbigen Begebenheiten, welche jich z. Zeit K. Karl's des Fünften in der Welt zugetragen Haben (bis 1558; in Goebel: Btr. 3. St.:G. v. Europa unter Kaijer 8. d.%., m. e. Vorr. v. Frh. v. Senken: berg, 1767). Die Fortfeßer des Sleidanus: Lon dorp (bi8 1609) (1619—1621); Schadaeus (biß 1619) (1620, 1621).

Sehr wichtig find die italienischen Zeitgenoffen: Guicciardbini und be- ſonders für bie ungar. Verhältniffe: Givio (Paulus Jovius), historiarum sui temporis 11. XLV. v. 1494—1547. 2gl. Urfinus Velius (Vel), Casti- gationes in Paulum Jovioum. (2gl. die Speciallit. w. u.)

Bon den öfterr. Jahrbüchern klöſterlicher Geichichtichreibung reichen bloß die Melfer Ann. Mellic. im XI. Bde. der Monum. Germ. bis 1562: von ber deutſch-öſterr. provinziellen allgemeinern Chronographie: Kirchmayr von Ragı, der Tiroler, in die Zeiten Ferdinand's I. hinein. Ueber die böhm. und ungar. Hiftoriogr. vgl. die Lit. der einzelnen Abjchnitte.

Biographieen Ferdinand’3 I. von Alf. Ulloa, vita del Imperador Ferdi- nando J. (Venet. 1565); Lud. Dolce, vita di Ferd. I. (1563). Die orat. (panegyr. Lit. jiehe bei Weber, ©. 134 fj., und Schmidt:Tavera a.a.D.; Mari: milian’s II. Marc. Bydzovius a Florentino: ziwot Czysarke Maximiliane (Leben des 8. Dar IL.) (Prag 1589). Die Paneg. v. Lotichius (1562), Fri⸗

168 Literatur zum XIII. Buche,

berg jun.); Pütter's Werke, M.L. Schmidt, Geſch. d. Deutfchen (1778 fi.), Wiener X. 1783/93 (Schlußband reicht bis z. ſchmalkald. Kriege). Neuere Geſch. der Deutfchen v. ſchmalkald. Kriege an, 6 Bde. (1785/93) (bi8 1657; fortgei. v. Milbiller.. .) © 4 Menzel, Neuere Gef. d. Teutfchen v. der Re— form. bis 3. Bundesacte. Neue A. 6 Bde. (1854 f.). K. Hagen, Deutſche Geſch., 2. Bd. (1854 f.); K. F. Souhay, Deutfchland während ber Refor— mation (1868).

Bor Allen die Monograpbieen: Robertfon, Geich. Karl's V., aus dem Engl. von Remer (1792—1796) (engl. Orig., 1769 ff.); Ranke, D. G. i. 3.9. der Ref. (Gef. Werke, 1—6, 1867, 1868). Vgl. die Aufſ. in Bift.polit. Zeitfchr. (1832, 36) I. Ueber die Zeiten Ferdinand's I. und Marimilian’s II., jet in ber Monogr. „Z. deutichen Geſch. v. Religiondfriege bis z. dreißigjähr. Kriege”, gef. W., VII 2b. (1868). Fürften und Völker v. Südeuropa im 16. u. 17. Jahrh. (2., 4. Bd.: die römiſchen Päpite, ihre Kirche u. ihr Staat im 16. u. 17. Jahrh., 3 Bde). Tal. ſ. franzöſ. und engl. Geihichte, vornehmlich im 16. u. 17. Jahrh. (1856—1; 1859—69 erſchienen). Häuffer, Bortr. über Geſch. des Refor: mationszeitalterd, 5. v. Oncken (1868); F. Buchholtz, Geſch. der Reg. Fer: dinand's I. (Wien 1831—1838) (9 Bde; der 9. Urfundenband), Hauptwerk. Jokell, Geſch. Ferd. I. (Wien 1842) (unbedeutend); de Leva, Storia docu- mentata di Carlo V. in correlazione all’ Italia, IL, III, Bo. (1864, 1867 Venezia), reicht bi3 1545. (Pgl. Gregorovius, Geh. Roms, 8. Bd. [1872], und Reumont, Geld. Roms, IH. Bd.); Droyfen, Geſch. ber preuß. Po- litik, II. 2b.

Itinerar (beurf. Aufenthalt3orte) Karl's V., h. v. Stälin in den Forſch. z. dentſch. Geſch, V. Bb., 536 589; Ferdinand's I. h. v. Gevay (Wien 1843); Stälin, f. d. 3. v. 1521—1564. Forſch. 3.0. G., L, ©. 384 bis 397; Nachtrag 647.

Inhaltsüber ſicht.

1. Die Machtverhältniſſe Europa's und der allgemeine Gang der habs⸗ burg. Bolitif bis zum fchmalfaldifhen Kriege. 2. Die Ermwerbung der Kronen Böhmen und Ungarn. 3. Der Kampf um Ungarn bis zum Großwardeiner Frieden, 1538, mit Einſchluß der eriten Türfenbelagerung Wiens, 1529. 4. Ver ihmalfaldifche Krieg und Böhmen. 5. Martinuzzi und die fiebenbürgiiche Frage. 6. Ferdinand I. und der Proteftantismus in Deutſch-Oeſterreich, Böhmen und Ungarn. Der Sejuitenorden. 7. Das Kaifertfum Ferdinand's I. und das Trienter Concil. 8. Das Haus Ferdinand's I. und die inneren jtaatlichen Berhältniffe. Die Frbtheilung und Ferdinand's I. Tod.

9. Marimilian II. Deutſchland und die Nachbarmächte. 10. Der Pro— teitantismus in den beutjchen Erbländern, Böhmen und Ungarn. 11. Ungarn und die polnifchen Königswahlen. 12. Marimilian’s II. Ausgang. NRüd- u. Vorblid.

170 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand’3 I. u. Marimilian’s II. (1526—1576).

feine wichtige Bundesgenoffenihaft juhhen. In Sfandinavien bahnt der Sturz des Unionskönigs Chriftian’s II. (1523) und das Emporfommen der ſchwediſchen Waſa's mit Guftav I. (1523 bis 1560) eine ganz neue Ordnung der nordilhen Machtverhältnifje an, ohne noch auf die große Politif Europa’s entjcheidenden Einfluß zu üben. Polen, unter dem Sagellonen Sigismund I. (1506 bis 1548), die ofteuropäishe Macht erften Ranges, erjcheint durch fein Eingreifen in die ungariihe Frage als eine der wichtigiten Nahbarpotenzen für Deutjeh: Habsburg, aber nicht minder für Karl V. als Kaifer des deutſchen Neiches und Gegner der Pforte. Ruß: land, unter Wajiliei Imanomwic (1505—1534) und Iwan Wafi: liewic, dem „Schredlichen“ (1534— 1584), dem erjten NRurifiden, der officiel den Titel „Czar“ als bleibenden einführt, macht fich als raftlos aufitrebendes Reich dem Abendlande immer bemerkbarer, und jeine alte Feindſchaft mit Polen veranlaßt Habsburg, die jeit Mar I. angebahnten und nie ganz abgebrochenen Beziehungen zu erhalten, wie dies die Sendung des befannten Diplomaten Sigis- mund’3 von Herberftein nad) Polen und Rußland vom Jahre 1527 andeutet.

Allen diefen Mächten ift weit voraus an kriegeriſcher Angriffe- politif die Türkei, fie jteht unter Sulejman II., dem „Prächtigen“ (1519—1566), im Höhepunfte äußerer Erfolge, welche in der ftoß- meijen Unterwerfung eines Drittheils Ungarns und in dem Geltend- machen der Schußherrfchaft über den Beſitz des Gegenfünigs Ferdi- nand’s I, Johann Zäpolya, gipfeln. Wien und mit ihm Deutſchland erjcheinen mehr als einmal, insbejondere 1529, 1532 von der Türfengefahr bedroht und von den unjäglihen Schäden osmaniſcher Beutezüge wiſſen die ſüdöſtlichen Erblande Deutſch-Habs— burgs, von den Laſten des Türkenkrieges alle Herrſchaftsgebiete Fer: dinand's I. zu erzählen. In diefer großen allgemeinen Ge: fahr lag aber auch zugleih ein Einigungsmoment der einzelnen Zänderintereffen; die Gemeinſamkeit beitimniter Laſten bildet ein eiſernes Band gejammtitaatlicher Verpflichtungen, mie ſehr ſich auch Alles gegen die wachſenden Abgaben und Aufgebote fträubt, und namentlich die der unmittelbaren Gefahr ferner ftehenden Pro⸗ vinzen oft ungemein zurücdhaltend ericheinen. Es giebt feine poli- tiiche Frage von jo hervorragend europäischer Bedeutung wie damals die Türfenfrage; verfettet fie fi doc mit allen Staatshändeln erjten Nanges: mit dem Kampfe zwifchen Karl V. und Sranz I., den der Titel eines „allerchriſtlichſten Königs’ nicht mehr hinderte, ziemlich offen Bundesgenofje des Sultans gegen Habsburg zu werden,

172 XII. Bud: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’8 II. (1526 —1576).

gefunfene Nebenbuhlerin Venedigs, 1522 von den Kaiſerlichen bejekt, 1527 wieder von Frankreich unterworfen, findet 1528 an dem See: beiden Andreas Doria den Befreier und kaiſerfreundlichen Dogen (T 1560), und die Kriegögaleeren der Republik jpielen bei den großen Unternehmungen Kaifer Karl’s V. wider Tunis und Algier (1535, 1541) die Hauptrolle; es wird dann immer feiter an Spanien gefnüpft. Mailand, durd die Schladt bei Pavia (1525, 24. Fe: bruar) abermals dem jüngern Sohne Ludovico Sforza’s, Francesco, als faijerlihem QVafallen übertragen, möchte gern, von Frankreich) aufgeitacdhelt, eine jelbjtändigere Rolle jpielen; aber die Verſchwörung des mailändiichen Herzogs wider Karl V. mißlingt kläglich, Franz I. giebt 1529 im Frieden von Cambray jeinen Furzfichtigen Bundes: genofjen preis und diefer muß froh fein, nad) fußfälliger Abbitte von dem Kaiſer Mailand als Gnadengejchent zu erhalten. Nach Francesco’8 Tode (24. October 1535) wird Mailand förmlich |pa- nifhe Provinz. Das Kleine Herzogthum der Gonzaga zu Mantua war politijch bedeutungslos. Die Hauptmadt Oberitaliens war und blieb Venedig, allerdings bereit3 an der Grenze feiner Blüthezeit, damals unter den Dogen Antonio Grimani (1521—1523), Andrea Gritti (1523— 1539), früher Bailo (Botjchafter) der Signoria bei der Pforte, deffen natürlicher Sohn Ludovico dort bald als Renegat und Günftling des einflußreichen Großveziers Ibrahim eine wichtige Rolle jpielte, und Pietro Lando (1539 1545). Wie immer eiferfüchtig auf den nachbarlihen Habsburger und jegt mehr als je, wo ihre Doppelmacht Stalien einzufchnüren drohte, vertritt Venedig mit Franz I. Papſt Clemens VII. in der Liga von Cognac ver: bunden, und auch jpäter von Fall zu Fall verftändigt, die Politik des „Fiſchens im Trüben“, wie Karl’s Beichtvater fich einmal aus: zudrüden beliebte, und ift mit allen Künften ſchlau berechneter Staats- funft bemüht, den Türken gegenüber fi in guter Laune zu erhalten oder das osmaniſche Kriegsgemwitter von fich ab- und den Habsburgern zuzumwälzen, ohne jedody dem Kanıpfe um Morea (1537—1540) entgehen zu fönnen. Der florentinifhe Staat, nad der wirrevollen Zeit (1527— 1530) wieder in den Händen der Medici (Nlerander M., Gatte der natürlihen Tochter K. Karl's V., Mar: garethe, wird im Aufitande ermordet, den 6. Januar 1537) und nad) abermaligen Erjchütterungen in der feiten Hand Coſimo's „des Großen” (1537—1574), bildet den politifchen Negulator Mittel: italiens, während die Herridhaft der Efte in Ferrara und ebenfo Parma und Piacenza jeit B. Julius II. (1512, 1514) der Er- oberungspolitif des Nirchenftantes ausgeſetzt erfcheinen. Erft 1530

174 XIII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

Vereinigung von Florenz und Bologna mit dem Reihe. Die Ge: fahr ging an dem Papſtthum vorbei, denn Karl war contervativ- fichlih und fein Hauptfeind war Frankreich. Auch der Papſt traute nicht diefer Macht und kam es noch vor dem ‚Damenfrieden” zu Gambray zwiſchen Karl V. und Franz I. zum Ausgleihe mit Rom im Tractate von Barcelona (29. Juni 1529) und im Frühjahr 1530 zur Bolognejer Kaijerfrönung. Jedenfalls war der moralifche Erfolg auf Seiten des Raijers, nicht jo der politijche, denn Clemens VII. ſchwankte Angefihts der „ſpaniſchen“ Vorherrfchaft wieder zu Frank— reich hinüber, bejonders 1533, in welchem Jahre die Verbindung feiner Nichte Katharina von Medici mit Heinrich von Orleans (RK. Heinrich II. von Frankreich) befiegelt wurde.

Der Nachfolger auf dem römischen Stuhle, Baul III. (ler. Farneſe) fand an den Vertretern Karl’s V. und erdinand’s IL, den Cardinälen Mathäus Lang und Bernard Kles, Freunde, denn er Ichien während der Sedisvacanz die Einberufung des allge: meinen Goncils nicht zu jcheuen, an weldhem dem Kaijer und Seinem Bruder jo viel lag, und das Clemens VII. ſo fehr gefürchtet und ferngehalten hatte. Aber der neue PBapit, der dem Nepotis- mus jchranfenlos huldigte, und unter welchem der Jeſuitenorden jeine mweltbewegende Thätigfeit begann, war dem Gedanken des kirch— lihen Ausgleiches mindeſtens ebenjo fern, als das entjchiedene Zuther- thum.

Portugal, Spaniens Nachbar und mit deſſen Hofe ver: ſchwägert, verfolgt unter der glücklichen Regierung K. Johann's (Joao) III. (1621 - 1557) ausſchließlich feine gewinnbringende Welthandelspolitik. Die Schweizer Eidgenoſſenſchaft erſcheint ſeit 1321 immer mehr durch Glaubensſpaltung entzweit; ſie iſt nimmer, wie in den Tagen K. Maximilian's J., eine maßge— bende Macht in allgemeinen europäiſchen Fragen. Zürich, Bern, Baſel, Schaffhauſen und St. Gallen treten als Anhänger des neuen Glaubens unter Führung Zürichs und ſeines geiſtlichen Hauptes Huldrich Zwingli als Bündler des ſogenannten „chriſtlichen Bürger: rechtes“ den altgläubigen Cantonen: Luzern, Uri, Unterwalden, Schwyz, Zug, Freiburg und Wallis gegenüber und ſchließen mit Karl V. und Ferdinand J. (1518) ein Bündniß. Die blutige Ent— ſcheidung bei Kappel, Zwingli's Schlachtentod (1530, 25. Juni), hatte allerdings den „zweiten Landfrieden“ zur Folge, aber behob nicht die Verbitterung der Parteien.

Den Schluß bildet naturgemäß Deutſchland. Denn bier lagen die für Oeſterreichs Geſchichte maßgebendften Antriebe ber

XII. Bu: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Maximilian's II. (1526— 1576). 175

kaiſerlichen Politik. Vergleihen wir ſchon im Jahre 1525 die Stellung der Glaubensparteien zu einander, jo war es voraus: fihtlih, daß es an Gegenbündniffen nicht fehlen werde. Der vom Legaten Campeggio vermittelten Regensburger Cinigung (6. Juli 1524) geiftlicher Fürften, fodann Erzh. Yerdinand’s und der bayerijchen Herzoge folgt 1525 die Dejjauer Zujammenkunft des Mainzers, des Brandenburgers und der Braunfchmweiger Herzoge Heinrich und Erich, aljo aud ein Katholikentag. Dem gegenüber erhebt fi 1526, 2. Mai, das Torgauer Bündnifß der Evan: geliichen mit dein Heißiporne Philipp, dem heſſiſchen Landgrafen, an der Spige, der den zögernden Kurfürften von Sadjen, Johann, „den Beitändigen”, mit fich zieht. Das find die Aus- gangspunkte der weiteren Läufe des deutfchen Reichslebens. Die jogenannten „Pack'ſchen Händel’, ‘die Denunciation eines angeblichen katholiſchen Waffenbundes, der zu Breslau getagt habe durch Dr. Otto Bad, und der Zandfriedensbruh des jähen Heſſenfürſten als un- mittelbare Folge (1528) zeugen am beiten von dent tiefgehenditen Mißtrauen des evangelifhen Theiles, welcher jeit dem Speierer Reihstage vom April 1529 als „‚protejtirend‘ wider das Wormſer Edict von 1521 zunächſt gegen das bezügliche Interimsmandat des Kaijers, den Parteinamen „Proteſtanten“ führt. Schon im Noventber dieſes Jahres verzeichnen wir den erſten Schmalfaldner Con— vent, kurze Zeit nach dem Abſchluſſe des „Damenfriedens“ (vom 5. Auguſt 1529) zu Cambray, zwiſchen Karl V. und Franz L.; wenige Wochen ſpäter, als eine große Gefahr an Habsburg-Oeſter⸗ reich und Deutſchland, die erſte Türkenbelagerung Wiens vorbeigezogen war.

Der Kaiſer, ſeit 22. März 1530 in der Lombardei und zu Bologna gekrönt, mit Frankreich im Kampfe verharrend und wider das politiſch gedemüthigte Papſtthum zurückhaltend, meidet beharrlich einen ernſtlichen Zuſammenſtoß mit dem Libertätsgelüſte der evan— geliſchen Fürſten in politiſchen und Glaubensſachen; das „allgemeine Concil“ ſoll gewiſſermaßen das Sicherheitsventil für die Glaubens— ſpannungen abgeben und die deutſche Königswahl Ferdi— nand’s I. die Stellung des Bruders als Reichsgehülfen feſtigen. Ihr Gelingen am 5. Januar 1531, die Krönung zu Aachen folgt den 11. Januar war ein Mlarmruf für die Schntalfaldner und die bayerijhen Wittelsbacher, die Nebenbuhler Habs- burgs bei der böhmischen Wahl Ferdinand’s, und die Verbündeten Johann Zäpolya's, feines Gegenfönigs in Ungarn. Ende 1531 ift das bewaffnete Schmalkaldner Bündnig unter Hefjens und Sachſens

176 XOL Bud: Die Zeiten Ferdinand's J. u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

Führung fertig gebradt. Die Türken: und Franzofengefahr zeitigt 25. Juli 1532 den erjten, Regensburger, Religionsfrieden, einen Nothbehelf, einen faulen Frieden. Die Schmalfaldner ſtehen mit Frankreich, mit Zäpolya, den Bundesgenoffen Sulejman’s, des Türfenfaifers, im innigen Verkehre und zu Salfelden (28. Sa: nuar 1534) vollzieht ſich eine fürmliche Einigung der Schmalfaldner, ihres Schüglings, des vertriebenen Herzogs Ulrih von Würtemberg, Frankreichs und der fatholifchen Bayernherzoge. Der Heſſe ſchlägt los (Mai) und Ferdinand opfert im Kaadner Frieden (29. Yuli 1534) Würtembergs Belis. Ja es gelingt den Habsburgern (11. Sep: tember) der Linzer Ausgleich mit den Bayernherzogen, worauf es 1535 (30. Januar) zum fogenannten „neunjährigen Kaiferbunde” Karl’s V., Ferdinand's I., der Bayernherzoge, der Brandenburg- Hohenzollern und einiger Bischöfe in Donaumörth fommt.

Dem rühmlichen aber für die Folge unfruchtbaren Flottenzuge des Kaifers gegen Tunis (Suli, Auguft 1535) folgen die von Franz I. im Mailändiſchen angezettelten Wirren. Der dritte Krieg mit Frankreich und Ferdinand’s Türfengefahr, das vergebliche Ringen um den Alleinbefig Ungarns (1537) beftimmt den Kaijer, feinen Bruder zum Frieden mit Zaͤpolya (1538, Fe: bruar) zu drängen und felbft den zehnjährigen Waffenitillitand in Nizza (1538, 10. Juni) mit Franz I. abzufchliegen. Denn der Broteftantismus erlangt durch den Tod des Tatholiichen Herzogs Georg von Sachſen (18. April) und (1539) den Uebertritt Joachim's II. von Hohenzollern Brandenburg vom Katholicismus (31. October 1539) neue Kräfte. Ueberdies nehmen die Genter Unruhen (1540) den Sailer und die neuen Bewegungen in Ungarn K. Ferdinand I. vollauf in Anſprnch. Das nad) Mantua, dann nach Bicenza vom P. Paul III. ausgejchriebene Concil (1537) war ein ebenjo bodenlofes Erperiment als das Sagenauer Religionsgejpräd (1540), unter Serdinand’s I. Vorfige, und die unerquidliche, ge: ſpannte Sachlage ſpinnt ſich jeit 1541—42 weiter.

Der zweite Flottenzug Karl's V. gegen die Barbaresken (Dc- tober, November 1541) nah Algier jchließt ohne Glüd; der vierte und legte Franzoſenkrieg bridt los (1542—1544). Neue nterimszugeitändniffe jollen die Broteftanten, die Schmal:- faldner, von denen Morig von Sachſen fi trennt und „kaiſer⸗ lich” wird, für die Waffenhülfe des Reiches gegen Frankreich und die Türken gefügiger maden, der Vergleich K. Ferdinand’s mit Churf. Johann Friedrih von Sachſen (1542—1547) dies erleich⸗ tern (1544, 11. Mai).

178 XIO. Buch: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’8 IL. (1526—1576).

2. Die Erwerbung der Kronen Böhmen und Ungarn. 3. Der Kampf um Ungarn bis zum Großwardeiner Frieden (mit Eins ſchluß der erfien Türtenbelagerung Wiens).

Literatur. a) Böhmen: Bartoſch v. Prag (1524 1531) in db. czech. Trig.:A. v. Erben und i. d. lat. Ueberſ. v. Höfler (ſ. o., II. 650); Hajef v. Liboczan, Kron. teska (bis z. Krönung Ferdinand's I), neue A. v. Shönfeld (1819); Ritiuß von Sprinzenftein, Oratio in corona- tionem Ferdinandi I. Bohemica a. 1527 dicta (Vienna 1541), vgl. d. gleichz. Nachricht in Buder, Nützl. Sammlung veridh. Schriften (1735, ©. 521—531).

Zimmermann, Geih. Böhmens unter Ferdinand I. (in czech. Sprache), 2 Bde. (182021); Sfalla, Ueber die Wahl Ferdinand's 1. z. böhm. K., Progr. d. U.:Realich. z. Auſpitz (1871). Die beiten Abh. über die Wahl Ferdinand's: A. Rezek im Casopis Cesk. Mus. (1876), 3., 4. Heft., u. Vortrag über Bayerns Action gegen Ferdinand I. vor feiner Krönung z. Könige von Böhmen (1876, E. böhm. Geſ. d. Wiſſ., Sitzungsber. v. 10. Juli), desgl. Casopis 1817. ©. 54—65, von denen nur zu bedauern, daß fie nicht in einer ausführlicheren deutihen Monographie vorliegen und DO. Gluth in den Mittheil. des 2. f. G. d. Deutſchen i. B. XV. Jahrg, Nr. IL, IV. (1877).

b) Ungarn: Georgius Syrmienfi3 (Szeremy György), Hoffapları Zäpolya’s, Denkw. im barbarifchen Latein (1484—1543), h. v. Wenzel; Monum. hist. Hung., I. A., 1. (1857); Berantius (Brankid, Dalmatiner, Erlauer B., dann Sraner Primas, geb. 1501 zu Sebenico, + 1573), Opera hist. ed. Wenzel; 12 Bde., Monum. hist. Hung., 1. A. (1857 1875). Chronifen, Correfpondenzen u. ſ. w. in latein., theilm. in magyar. Sprache. Das Stüd: de rebus gestis Jo- annis Regis Hung, 11. I., 5. fon v. Kovadich in den scrr. min. rer. hung., II. 39 bi8 82; Joh. Mid. Brutus (Renet., geb. 1517, + 1592), hist. Hung. (1490—1552) (theilweife erhalten), h. v. Toldy; Monum. hist. Hung. (1863 bis 1867), 3. Bde; Zermegh Joh., rerum gest. inter Ferdin. et Johannem Hungariae reges comm., 1662 herausgegeben; e. N. in Schmandiner’3 scrr. rer. hung., Il., 382--415 (mit Bel’3 Anm.) F. Forgäch de Ghymes (geb. 1510 z. Ofen, 1556 B. v. Großwarbein, + 1576 als Kanzler Stephan Bäthory’3), histor. sui temporis, ll. XXIL., rer. hüng. et transsylv (1540 bis 1572) mit den Anmerf. des Simon Forgäch und Nik. Sitvanfi, 6. v. Fidel Majer, mit Einl. v. Toldy; Mon. hung., 16. Bd. (1866). Die geläufigite Quelle blieb des fpätern Iſt hvanfi, Nicol., hist. regni Hung. (1490— 1600) (ſ. w. u.).

Scheſaeus, Chrift. (Schäßburger; Siebenb.), Ruinarum Pannonicarum, 11. IV. (Vitembergae 1573), vgl. Eder, scrr. rer. transs. (u. Chronol. hist. Pannoniae ad. Rud., II. Imp. carminice descerr., Francof. 1596). Desgl. Ambrof. Simigianus (b. Eder) und Mi. Sigler, Chronologiae rer. hung. Transsilv. et vicin. reg. IL duo, in Bel: Adpar. ad hist. Hung. 1735) 43—88; reiht biß 1566). Chronicon Fuchsio-Lupino-Ol- ardinum (vgl. Album Oltardinum, 1526—1629), 5. v. Trauſch (Kronft.

XIII. Bu: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s IL. (1526—1576). 179

1848). Deutſche Fundgruüben z. Geld. Siebenbürgens, 5. v. Grf. J. Ke- meny, 2 Bde. (Klaufenburg 1839), I. Bd. (I. Chron. des Hier. Dftermayer [1520 —1561], &. 1—69), IL. Bd. Mähr. Landtagsverhandlungen, die An- [prüche des Job. Zäpolya auf Mähren betreffend (1526—1531) (S. 1—85).

Ton den Ausländern: Jovius (Paolo Giovio, Biſch. v. Nuceria) und Gaip. Ur. Velius (Schlefier: el), de bello Pann., 11. X., 5. v. Kollar mit Urfundenand. (1762); Herberftein, ©. v., Rayttung m. Lebens, fontes rer. austr., 1. A. I; Tomaſich, Chronicon breve Regni Crostiae, ber. v. Ku: fuljevic im Agramer Arkiv za pov£&stn. jug., IX. (13—34). Centorio AscaniodegliHortensii, Gommentarii della guerra di Transsilvania, 1526—1560 (Vinegia 1966—1570).

Gorrefp., Acten u. Urk. (Pal. d. allg. Verz. oben, dazu: Ribier, lettr. et mem. (1666) u. State papers, VII—XI. 3b. Sigism. Aug. Polo- niae regis epistolae etc., 5. v. Menden (1703); vgl. Acta Tomiciana, IX. Bd. Pray, epistolae procerum regni Hung., 3 Voll. (1806); 9. Ge: vay, Urfunden und Actenftüde 3. Geſch. der Verhältniffe zwiſchen Dejterr., Un: garn u. d. Pforte i. 16. u. 17. Jahrh., 3 Bde. (1833—1842) (Hauptwerf); dazu: Legatio J. Haberdanacz et Sig. Weichselberger ad Suleimanum I.... 1523 (Viennae 1837); St. Genois u. Schepper, ©. U. Dfiel de, Mis- sions diplomatiques de Corneilles Duplicius de Schepper, dit Sceppe- rus, ambass. de Christian II, de Charles-Quint, de Ferdinand I. et de Marie, reine de Hongrie. Gouvernante des Pays-Bas de 1523 1555 (Bruxelles 1356), 4°; v. Muffat, K. A., Correjpondenzen und Xctenftüde z. Geſch. d. polit. Verhältnifje der Herzoge Wilhelm und Ludwig von Bayern zu K. Johann v. Ungarn in den Quellen u. Forſch. 3. bayer. u. deutichen Geſch., IV. (1857) (Hauptwerf); Theiner, Monum. ad Hist. Hung., Il. Bd.; Nicolai Olähi (geb. 3. Hermannftadt 1493; 1553 —1568 Graner Erzb., 1526—1543 Secr. der K. Maria), Codex epistolaris (1526—1538), 5. v. Spolyi (1876); Monum. comitialia regni Hungariae, 5. v. Fraknöi (Frankl), I. (1526 bi8 1536 (1874), IL. 1537 1545 (1875); Monum. Comitialia regni Transsylvaniae, h. v. Alexander Szilägyi, I. 1540—1556 (1876).

Katona, hist. crit. r. Hung., 20. Bd.; Engel, G. d. U. u. Geſch. des ung. R. u. ſ. N., II; Fefiler, bearb. v. Klein, 3. Bd.; Horvätb, 3. Bd.; Szalay, 4. Bd.; Buchholz, DIL, IV. Bd. Teutſch, Geld. d. Siebendb.; S. Hammer, III. Bd., Zinfeifen, II.3b.; Jaszay, a magyar nemzet napjai a Mohäcsi vesz utän (Die Tage de Magyarenvolfed nach dem Mohäcfer Unheil), I. (einziger Band 1526, 1527), eine Außerft gründliche Monogr. ; A. Sindely, Ueber die Erbrechte des Haufes Habsburg auf die Krone v. U. i. d. 3.0. 1526—1687, Arch. f. öjterr. ©, 51.3. Vgl. Col. Welleba, Be- gründung des Eucceffionsrechtes der Habsburger auf ben ung. Thron durch Mar I, Wien, Schottner Gymn.:Progr. (1870). Weber den Sachſengrafen Marfus Bempflinger f. die AbH. im Arc. f. ſiebenb. G. u. 2. (1858, 1859) und die Monogr. v. Fabrit ius (1874), Sep. A. aus den Ertekezesek, V. Bb.; K. Schuller über dad Bündniß Zäpolya's mit Franz v. Frankreich, Arch. f. fiebenb. ©. (1857). Der. über Gritti’8 Ende, ebenda (1856). Weber bie

12*

180 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

Staatsmänner Ferdinand's f. Bergmann, Medaillen ... I. (1844) (einz. Biogr., 3. B. Cles, Rogendorf ꝛc.). Boigt: Kakianer, in Raumer's hift. Taſchb. (1844); Wittftod im Biſtritzer Gymn.- Pr. 1860, Gapejius im Hermannftäbter 1856. Ueber Berislavie, Chriftopp Frangepani: bie Abb. v. Meiid im Rad der Agramer Afab., III, XVIIL—XXII. 2b.

Chronica, Türfijde und Ungarifche, oder kurze hiſt. Beſchr. aller deren zw. bem Erzh. Oeſterr. ... und dem Türfen gef. Kriege, ſowohl in Ober- u. Unter - Ungarn als Siebenb. (1526—1662) (Nürnberg 1663); Robrmojer, Diplomat. Verhandl. zm. Ferd. I. u. Joh. Zäpolya, Czernowitzer Gymn.-Progr. (1862, 1864); Edlbader, Die Politif der Herzoge von Bayern gegen Karl V. u. Ferd. J.; Lisfe u. Kraus ſ. o. ©. 177, Anm.; Balcar, Daritellung der Kämpfe Ferd. I. mit den Osmanen unter Berüdj. gleichz. Err. i. d. Moldau, (Suczawa, Gymn.:Rrogr. 1871). NRarapat, Turski boji vXV. in XVI. veku (Türfenfriege im 15. u. 16. Sahrh.); Matic. slav. ın Laibad (1871) Sep.:A., 159 ©., eine fleißige Zufammenftellung der Daten v. A. bis 1561.

Die geſammte Bibliographie zur Gejdhichte ber Türfenbelagerung Wiens, 5. v. Kabdebo (1876), vgl. Schmit:Tavera, S. 110—115.

2. As die Botichaft vom Falle K. Ludwig's II. in der Schlacht bei Mohäcs nah Böhmen gelangte (September 1526), zuerſt gerüchtweife, dann in beftimmter Form, ftanden die Böhmen der Thronfolge gegenüber in vier politifchen Gruppen, wie fie ſich jeit 1524— 1525 immer deutlicher herausgebildet hatten. Die eigent: liche „Herrenpartei”, welche dem fünftigen Zandesfürften gegenüber ihr Machtprivilegium, ihre Loſung: „Du bit unfer König, wir find Deine Herren”, entgegenzuhalten entjchloffen war, die „Kuttem— berger” Partei, ſchaart fi wie früher um Herm Lew Rozmital auf Blatna, den Schwager K. Georg’s, den weltkundigen, güter- mächtigen und ränkevollen Dann, feit 1507 im Befite des Oberft- burggrafenantes, der oberften Landeswürde, zu welcher er wieder gelangt war. Der vereinigten Alt: und Neuftadt Brag war er ficher, denn bier hatte jein Gefinnungsgenoffe, der begabte Emporfümmling Paſchek von Wrat, das Heft noch immer in feiter Hand. Der Roz- mital'ſchen Herrenpartei ftand die „Koliner“, der utraquiftiiche Adel gegenüber, unter Herrn Johann von Wartemberg (1525 Oberſtburg⸗ graf) und dem oberjten Kanzler Herrn Adam von Neuhaus, der fih, wenngleih Rozmital's Schwiegerjohn mit dem „Landesverweſer“ von 1525, Fürften Karl von Münjterberg, als Seele der „königlichen Partei” betrachten konnte. Ihr in dem Widerftreben gegen die Dictatursgelüfte Lew's von Rozmital verwandt, erjcheinen die Herren von Roſenberg: Soft, Peter und Heinrich, denen der Neuhauſer eng befreundet war, die Neffen bes ältern Herrn Beter v. Nofenberg, Thon aus Groll über die Miterbichaftsgelüfte Herrn Lew's,

182 XIIL Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 II. (1526— 1576).

dahin, das Erbrecht der habsburgiſch-luxemburgiſchen und jagellonifchen Hausverträge und das feiner Gattin in den Hintergrund zu ftellen und ſich von den Ständen „als König und Königin gefallen und annehmen zu laſſen“, durch welche Formel der Ausdrud „wählen zu lafjen” vermieden werden follte. Interpretirten doch die Stände die vom Karlftein herübergeholten Reichsurfunden, vor Allem die faro: linifhe Erbfolgejakung vom Jahre 1348 dahin, daß Prin- zejlin Anna, Ferdinand’s Gemahlin, noch bei Lebzeiten des Vaters aus- geftattet und vermählt (vgl. den Wiener Tractat vom Sahre 1515), fomit dem römiſchen Rechtsgrundfage der Delation des Erb- rechtes zufolge aus demjelben getreten jei, während K. Ludwig, erit dann, nach Wlapdislams Tode zum Könige Böhmens „angenom: men”, erbenlos, dahingejchieden wäre. Es war dies Eophiftil, der die mährifchen Stände (25. Oft.) durch die Erklärung: Anna fei eine geborene Erbin der Markgrafſchaft Mähren thatjächlic) wider: ſprachen. Die Gejandten Ferdinand’s erklärten daher aud) Angefichts der Sachlage, daß ihr Herr ſich nur um die Wahl bewerbe.

Eine zweite wichtige Thatjache liegt darin, daß die Löſung der Wahlfrage vorzugsweife von dem Umitande abhing, welcher Thron- bewerber den ftändifchen Forderungen und insbejondere der Gewinn: ſucht der tonangebenden Ständeführer Auslangenderes biete. Die „Saffranzetteln” der Bayern, d. i. das PVerzeihniß der Summen, die al8 „Handjalbe” zu verwenden wären, find ein Beweis dafür, und mas die Sendboten Ferdinand’s zufagen mußten, zeigen am beiten die drei Verfchreibungen, welche fich der zähelte der ‚„Rönigs- macher“, Herr Lew von Rozmital, ausftellen ließ. Unter den ſtändiſchen Wahlcapitulationspunften jpielte neben der Verbürgung der Compactaten die Uebernahme der Landesſchulden durch den neuen König eine Hauptrolle. So gelangten die Vertreter Ferdinand's durch Fluges Beharren und Nachgeben an’s gewünſchte Ziel. Das Ergebniß des geheimen Wahlactes vom 23. October am 24. Ictober verkündet war die Wahl Ferdinand’s und die bittere Enttäufhung der noch am 23. Detober irregeführten Bayern. Das Hiſtörchen von dem Winfe des Herrn Berla noch am 23. October für den, der das „Botenbrod“ bei Ferdinand ver: dienen wollte, jcheint nad) Allem unbegründet. Doch auch noch nad) der Wahl hoffte Herr VBretislam von Swihau (Swihowsfy) und fein Genoſſe Johann von Kolomwrat, der die Wiener mit Ferdi— nand’s Wahl unzufrieden fand und mit einem Agenten Zäpolya’s in Verbindung trat, die Krönung Ferdinand’s hintertrieben und Lew’s von Rozmital Rückfall zur bayerischen Partei ermöglicht zu fehen. Gleiches

184 XII. Zu: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian's II. (1526—1576).

Maria und der Palatin Hatten den Reichstag nah Komorn auf den 25. November einberufen, denn eine Verjammlung auf dem Rakoſchfelde war nicht räthlih. Die Ereigniffe in ihrem rajchen Gange vereiteln die Komorner Wahlverfammlung, denn bald hatte 3&polya’s übermädhtiger Anhang Gran, Ofen, Vyſſegrad, Stuhlweißen: burg beſetzt; Ende October hält Zäpolya jeinen Einzug in Ofen, nachdem er drei Tage zuvor die letzte vergeblihe Werbung um Maria’s Hand ergehen ließ und die Antwort entgegen nehmen mußte: ihr Bruder habe zu Heimburg gefhworen, um die Krone Ungarns Alles einzufegen. Der Wojwode entbietet die Stände nad Stuhl: weißenburg. Die Regentin (31. October) verbietet den Beſuch deſſelben; jchon am 27. October jendet der Habsburger den Dr. Markus Bed von Leopoldsdorf, nieberöfterreichiichem Kämmerer und die Räthe Sigmund Weirelberger und Philipp Breuner, um in Stuhlweißen: burg feierlichen Einfprud gegen eine Wahl Zapolya's zu erheben. Sie fand am Tage ber Beifegung K. Ludwig's II. ftatt; Stephan Berböczy, mit dem habsburg-feindlichen Beſchluſſe von 1505 zur Hand, Führt das große Wort, und den Botfchaftern Ferdinand’s wird fein Gehör gegeben. Am 12. November fette der Erlauer Biſchof Vardai dem Wojwoden die Krone auf, die dann Peter Berenyi, als Kronhüter, in Verwahrung nahm.

Einige Tage früher (7. November) hatte Ferdinand ein Kleines Heer in Heimburg zufammengezogen, um fi Dedenburg’3 zu ver> fihern. Ueberall hin, an den Bapft, nah Bolen, Frankreich, Benedig, an die deutichen Fürsten, vor Allem an die bayerijchen Wittelsbaher gehen die Eilboten K. Johann's, um ihn als Herriher Ungarns anzufündigen. Sein Anhang war ohne Frage der jtärfere. Denn zu ihm hielt das fiebenbürgifche Magyaren und Szellerland, das öjtliche und centrale Ungarn; die Magnatenichaft und die Kirchenfürften YUngams allerdings dur die Mohäcſer Schlacht jtarf gelichtt in ihrer Mehrheit. Ale Kerdinand’s entfchiedenite Anhänger erjcheinen Biſchof Szalahäzy von Veßprim, Brodarics, Bifhof von Syrmien, Johann Tahy, Adminiftrator des Johanniterpriorats Vrana, der Probſt von Fünffirchen, Ladislaus Macedoniai, der Domherr von Stuhlweißenburg, Niklas Gerendy, und der nachmalige Primas von Ungarn, Niklas Diäh, der „Wal: lade”, Verwandter der Gorvinen, Geheimfchreiber der Königin. Den Reigen der weltlichen Herren eröffnet Palatin Bäthory, ihm folgen Banus Franz Batthiäny, bei Maria beliebt, aber ein zwei: deutiger politijcher Charakter von einer gewifjen Unerfättlichkeit, über welche die Correfpondenz Ferdinand’s mit feiner Schweiter ſich ausläßt ;

186 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimiltan’3 II. (1526— 1576).

it das Ergebniß dieſes natürliden Compromiffes. Bon Karl V. ift dabei nimmer die Rede; man wählt nicht zwijchen den beiden Habsburgern, jondern Ferdinand allein, und in deſſen Ver- fiherungsbriefe an die ungariihen Stände vom 29. Juni 1527 heißt es ausdrüdlich, er fei „lauter, frei und unbeeinflußt (spontanee) zum wahren und rechtmäßigen Könige Ungarns angenommen, gewählt und verfündet worden (assumti, electi et publicati fuissemus)“. In der Werbung an den Polenkönig (December 1526) betont ber Habsburger allerdings auf das Nachdrücklichſte das Erbredt der Gattin und fein vertragsmäßiges Nedt.

Frangepani hatte die Zäpolyaner Slavonien-Croatiens nad) Kreuz und dann nad Dombro berufen. Hier wird am 8. Januar 1527 Zäpolya als König ausgerufen, Frangepani als „Banus“ gegen Batthiäng gejegt, mußte jedoch eidlich geloben zwiſchen den beiden Thronrivalen zu vermitteln. Die Bevolmädtigten des Habsburgers hatten dagegen den croatiihen Wahltag nah Czettin berufen. Hier, und nit zu Koprainig (October 1526) wie Marino Sanudo, der venetianifche Diplomat und Gejchichtichreiber berichtet, fand im Januar 1527 die Mahl Ferdinand’s ftatt. Der Biſchof von Knin, die Grafen von Korbavien, die Zrini, und Frangepan (Deglia- Modruſch), Ehriftoph’s Blutsverwandte, waren hier die Hauptperjonen. Bald gelingt es Ferdinand, den wilden Serben, Jovanden „Schwarzen“, einen Abgott feiner Genoffen, als Bandenführer im Süden gegen Zäpolya zu gewinnen und in Slavonien erklärten fich für ihn der übermüthige Thomas More und Beter Berislavic (Berislo) ein tüchtiger Kriegsmann. Es gab nun zwei PBarteilönige, wenn auch Erb: und Vertragsrecht den Habsburger als den redht- mäßigern erfcheinen ließ. Wie die Dinge lagen, war jchwer zu glauben, daß eine friedliche Löfung der Königsfrage Ungarns möglich ſei.

Den Gang der weiteren Creigniffe ſoll der nächſte Abjchnitt erörtern. Die chronologiſche Ueberſicht an feiner Spige foll die Einzelerjcheinungen aneinander reihen und der Tert der Erzählung den wejentlichften Ergebniffen gerecht werden. Der ungarische Thron: bandel war eine europäifde Frage von breitejter Verzweigung und wie bejcheiden die Mittel Ferdinand’s waren, beweijen nicht bloß die Vorftellungen an feine Schweiter, wie ſchwer ihn die Wahl: foiten mit 90,000 Ducaten träfen, das den Banus Batthiäny ver: bitternde Hinziehen des Lieblohnes feiner Parteigängerihaft, endlich auh die ernitlihen Mahnungen des kaiſerlichen Bruders zum

XII. Buch: Die Zeiten Ferdinand’3 I. u. Maximilian's II. (1525— 1576). 187

Ausgleihe mit dem „Wojwoden“ Zapolya, mit denen er feine Sendung von 100,000 Ducaten in Wechieln begleitet, fondern aud) der ganze Verlauf der Kriegsjahre jeit 1527.

3. Chronologiſche Weberfiht der Ereigniffe im Throntampfe um Ungarn von 1527 bis zum Großwardeiner Frieden 1538.

1527, 27. März, 24. April: Erflärungen der Könige Ferdinand und Johann zu Gunſten der Einftellung ber beiberfeitigen Feindſeligkeiten. 26. April: Sen: dung Hieron. Lasky's durch Zapolya an Franz I. 28. April: 2. croat. Landtag zu Gzettin. Quni: Olmützer Friedenscongreß und polniſches Schiebs: geriht. 9. Juni: Ankunft des franzöſiſchen Gegenboten Rincon in Ofen, (2. Juli: Feierliche Verkündigung des Bündniffes Franfreihs, Venedigs und K. Johann’) 29. Juni: Manifeit Ferdinand’ an die Ungarn. 31. Auli: Heerfahrt deijelben. 1.—29. August: Ganz Weitungarn von Altenburg bi8 Ofen in Ferdinand's Hand. 24. Auguft: Hatvaner Gegenmanifeit Zäpolya’s. Ferdinand jchreibt den Reichstag auf den 29. Sept. aus. 27. Sept.: Nicla3 v. Salm’3 Sieg bei Tarczal Tofai. Tod Ehriftoph’3 Frangepani von Warasdin. Perenyi’3 Abfall von Zäpolya; beögleihen der Bilchöfe von Erlau, Fünfkirchen und Gjanad. 4. Oct.: neue? Gegenmanifeft Zapolya’3 aus Großwardein. 7. Oct.: Ofner Beftätigung der Wahl Ferdinand's. 3. Nov.: Stublmeißenburger Krönung Ferdinand's und feiner Gattin. (Ferdinand's Aufenthalt in Ofen biß 6. Febr., in Gran big 283. Febr. 1928 Rückkehr nach Defterreih.) 1527, 22. Dec. 29. Febr. 1528: Lasky, Zapolya’3 Agentin Conjtantinopel. 26. Dec.: Sendung Sigis- mund sSHerberftein’3 nad Polen durch Ferdinand. Zaͤpolya's Feldherr Bodö i. O. U. von Török und Pekry geichlagen.

1528, 21. Januar: Ofner Reichſtag der Anhänger Ferdinand's. Februar: Gegenbotjhaft Ferdinand’ an den Sultan: Habordansky (Habor: danacz) und Weirelberger. Zäpolya gegen Kaſchau, Niederlage bei Szinna durch Katzianer (Fels, Thurn) geht über Homonna nad) Polen-Tarnow.

17. März: Einfegung der Statthalterfhaft Ungarns durch Ferdinand. 13. April: Zäpolya's Schreiben an die deutichen Reichsjtände. Neger diplomat. Verkehr mit den bayrijchen Fürſten. 26., 27. April: Verhandlungen mit Dr. Pad, als Bevollmächtigten des Landgrafen Philipp von Hejjen. 16. Mai: Sendung ded Dalmatiners, Biſchofs Statileo dur Zäapolya an Frankreich und England. 25. Sept.: Sieg der Zäpolyaner unter Athinay und Bäthory bei Sarospataf. Wendung zu Gunſten Zäpolya’d. 15.—23. Sept.: Ferdinand in Preß: burg. 28. Oct.: Bündnig Zapolya’3 mit Kranz I. Dec. (Januar 1529): Land tage zu Brünn, Prag, Wien, Graz, Klagenfurt, Annöbrud in Betreff ber Türkenhülfe.

1529, 20. März: Die Sendboten Ferdinand's vom Sultan entlaſſen, An— fündigung jeines Kriegszuges. 10. Mai: Aufbruch des Sultans. Frühjahr be- ginnen die langen Kämpfe der Sachſen Siebenbürgens gegen Zäpolya’s Feldherrn,

188 XIH. Buch: Die Zeiten Ferdinand's L u. Marimilian’3 II. (1526—1576).

Stephan Bathory. 20. Zuni: Zujammenfunft de Sultand mit Zapolya zu Mo: häacs. 3. Sept.: die Türfen vor Ofen. 27. Sept.: Anfunft Sulejman’s vor Wien. 10.—15. October: Beftürmung Wiend. 16. Oct.: Rüdzug des Sultans. 29. Oct. vor Tfen. 16. Dec.: Wiedereintreffen in Gonftantinopel. 21. Dec: Ele: mens VII bannt Zapolya.

1530: X. Habordanacz’ Attentat auf Zäapolya aus Privatradde. 21. Januar: Päpſtliche Kreuzbulle gegen die Türfen. 27. Mai: Ferdinand entjendet Joh. Lamberg und Niclad Juriſies als neue Sendboten an den Sultan. Ende Aug.: Vermüjtender Heereszug des Paſcha's v. Semendria, Mohammed. 31. Oc.: W. v. Rogendorf, Ferdinand's Feldherr von Ofen. 19. Dec.: Rüdzug nah Gran. Lasky wird Wojwode Siebenbürgens und Gritti „Subernator” Ungarns. Nov.: Erfolgloje Kriedenshbandlung zu Poſen ftatt Breslau. Beſchluß eines Waffenftillitandes v. 13. Dec. 1530 13. Dec. 1931. (Lasky nah Gonftantinopel Frühj. 1531). 22. Dec.: Nüdreife der Sendboten Ferdinand's aus Conftantinopel. Der Türkenfrieg nur aufgejchoben.

1531, März: Die Convente der Mittelpartei (P. Perenyi) zu Ba— bocfa und Belavar. Manifeſte der beiden Könige gegen die auf den 18. Mai einberufene Veßprimer Ständeverjammlung. K. Johann's Berufung des Land- tags nach Stuhlweißenburg (21. Mai.) Seine jortdauernde Verbindung mit ben bayerifhen Fürſten und den Shmalfaldnern. Zäfanyer Novemberverfammlung der Mittelpartei. 5. Nov.: fendet Ferdinand den I. Lam: berg u. Leonh. Nogarola nah Gonjtantinopel.

1532, 1. Januar: Die Mittelpartei am Tage zu Keneſſe am Plattenſee. Einberufung des Tages nad) Berenhida auf den 12. März. Verbote der beiden Könige. 23. April: Aufbruch des Sultans. Juni: Vor Eſzek Peter Perenyi gefangen; fein Sohn bleibt &eifel. 5. 10. Aug.: Die Türfen vor Güns. Kafim:Beg nah N. Defterreih voraus. 29. Aug.: Letzter Sturm anf Güns und ehrenvolle Gapitulation des N. Jurifit, der Güns behauptet. 31. Aug.: Aufbruch bes Sultans. Kriegsbotſchaft an Karl und Ferdinand durch Lamberg und Noga— role. Tas Reichsheer dedt Wien. Kämpfe im Wienerwalde mit Kafim:Beg, ben Schärtlin von Burtembach niedermirft. Einbruch des Sultans in die Steier: mark. Kakianer und Weirelberger folgen ihm. 12. Sept.: Die Türfen b. Graz (Gefehte db. Graz, Marburg....) 12%. Sct.: Sulejman wieder in Belgrad. 15. Tet.: Friedensanträge Zapolya’s. Geheime Sendung Hieronymus von Zara dur Ferdinand an den Sultan.

1233, (E 1532 A. 1533) Katzianer's und Weirelberger’3_ Einfall in Bosnien. 7. Febr. Friedenscongreß zu Preßburg. 12. April: Der türk. Tſchauſch und die Sendboten des Kaijerd und Ferdinand's, Kornelius van Schepper und Hieron. von Zara (Zaray) nach Conjtantinopel. 21. Sept.: Rückkehr. Oct.: Sendung des Vespafian von Zara. Januar 1534: Rückkehr.

(1534) 14. Febr.: K. Schepper als faif. Sendbote von Prag nad Conſtan— tinopel (13. Juni Rüdreife). 9. Juni: Rundfhreiben Ferdinand's. Vebertritt bedeutender Magnaten zu feiner Partei. Krufit ver: theidigt Cliſſa tapfer gegen die Türfen. Gritti ald Bollmadtträger des Sultans. 18. Juni: Nach Siebenbürgen aufbrechend. 11. Auguft: Ge:

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herrichaft verfallend rügien. Dagegen wurzelte 8. Johann mit Allem und Jedem im Lande, während K. Ferdinand dem Haufe angehörte, gegen welches ſchon jeit Decennien in Ungarn ftarte Ab: neigungen geſtanden; er war dem Polenkönig verjchmägert, der dem Habsburger ebenfo wenig Ungarn als Böhmen gönnte, ja 1526/1527 auf Schlefien den Blid begehrlich gerichtet hielt und gerüchtweile mit dem vormaligen Hochmeifter, jest Täcularifirtem Inhaber des preußiichen Ordenslandes Albrecht von Hohenzollern, den Tauſch mit dem neapolitanifchen Fürftenthum Bari antragen wollte. Frank: reih, England, Venedig, der Papit und von den deutſchen Fürften die bayerijhen Wittelsbacher wurden feine Gönner und diplo- matiſch Verbündeten. Ja, ſelbſt der vertriebene Herzog Ulrich von Würtemberg ſuchte den böhmischen Herrn Albredt von Sternberg, einen Geſchäftsträger zwiſchen Zäpolya und Bayern, zu vermögen, auch ihn mit dem ungariichen Wahlkönige in Verftändigung zu jegen. Swihowsky und ein dritter böhmifcher Cavalier, Hanns von Kolowrat, „geheimer Rath” KR. Johanns, waren Vermittler in dem diplomati- ſchen Verfehre des Münchner Hofes mit Zapolya; von bayrifcher Seite erſcheinen insbefondere Ritter Kaspar Winzerer, Konrad Pos: niger, Dr. Jörg Weinmeifter, von Seite K. Johanns dann Minkwitz und Lobotzky beichäftigt. Schon im April 1527 war ein Bündniß auf 20 Jahre verhandelt worden. Zaͤpolya wünjchte in den ſchwäbiſchen Bund aufgenommen zu werden, gerade jo wie er dann mit den Schmalfaldnern Seit 1532 in wachſende Verftändigungen trat.

Schon ihm Juli 1527 erſchien ein franzöfiicher Botſchafter (Anton Rincon) mit franzöfiicher, englifcher, päpftlicher und vene- tianiſcher Vollmacht, um im Namen der Auftraggeber mit K. Johann ein Bündniß gegen die Habsburger abzufchließen. Wie jehr fi England für al’ diefe Dinge, beider damaligen Abneigung Heinrih’s VIII. und Woljey’s gegen die Habsburger, erwärmte, zeigen die diplomatiſchen Gorrefpondenzen der engliſchen Geſchäfts⸗ träger Johann Wallop, des Ritters Gregor Cafalis, des Wilhelm Knight u. N.

Aber von al’ dieſen befreundeten Mächten hätte nur Polen und Frankreich enticheidend zu Gunften Zäpolya’s eingreifen fönnen. Doch auch diefe ließen es bei diplomatiſcher Hülfe be: wenden ; jie warteten und wogen ab. Polen jpielt den Sciebe- riter auf dem Olmützer Ausgleihscongreffe vom 5. Juni, wo Die beiden Vertreter der Gegenkönige, Zäpolya’s Sendbote Probſt, dann Biſchof Statileo (Statilius), der Dalmatiner, und Ferdinand’s Bevollmädtigter, Dr. Widman, fi abmühten, das befjere Recht

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getheilt haben fol, und jenes Mannes gefunden, welcher den Groß: vezier zu beherrſchen verſtand. Es ift der uns befannte Renegat Yu = dovico Gritti, der Baftard des Dogen Alvifio, dem Venedig als einflußreichftem Vermittler die Hände vergoldet und den auch bald K. Johann als einen Gewaltigen im Rathe des Großherrn nit Ge— ichenfen, Ehren und Würden überhäuft. Gritti’s Rolle in Ungarns Thronfrage ift ein Gewebe großer und verlogener Entwürfe, auf die wir noch eingehen müſſen.

Wie grell ſtach von der feinen Art des geriebenen Diplomaten Lasky, der Alles der Gnade des Großheren anheimftellt, das gerade, nahezu derbe Weſen des Botichafters K. Ferdinand’s (1528), Ha: bordanacz, ab, der in Geſellſchaft Weirelberger’s nach Conftanti- nopel abging und das gute Recht jeines Herm auf Ungarn ohne alle Umfchweife verfoht. Die Antwort, welche die lange zurüdge- baltenen Botichafter an Ferdinand mitbefamen war eine Kriegs: erflärung an den „König der Wenden”, denn der ungariiche Königs: titel blieb dem Habsburger verfagt; Ungarn habe der Padiſchah dem Zäpolya, jeinem „getreuen Diener”, gejchentt.

Gewiß hätte der Sultan mit dem „Beſuche Ferdinand’s vor Wien“ nicht jo leicht Ernft gemacht, wenn es 1527—28 Ferdinand gelungen wäre, unter dem Eindrude des damaligen Mißgeſchickes und der Flucht Zäpolya’s nah Polen, ganz Ungarn unter fein Scepter zu einigen. Doch das gelang nicht, denn dazu reichten feine beſchränkten Kriegsmittel, feine überdies den Ungarn verhaßte Söldnermacht nicht hin; im deutfchen Reiche lieh die Oppoſition den Werbungen 8. Johann's willig das Ohr, und Zäpolya’s Anhang war wohl eingejchüchtert, aber nicht verſchwunden. Die Mieberbe- lebung der Thatkraft diefer Partei im Oberlande ift das Werk eines der bedeutenditen Emporfömmlinge, des Pauliner Eremitenmönches Georg Uljejjenid oder Martinuzzi, des „Bruders Georg”, wie er gemeinhin genannt wird. Wir werden jeines Lebensganges dort gedenken, wo fein Daſein dem Höhepunkte zuftenert.

Die Säros-Patafer Septemberihladht von 1528 er: Öffnet die günftigere Wendung der Dinge für Zäpolya und ein Jahr jpäter fteht der Sultan mit feinem gewaltigen Heere vor Wien. Es war einer der entjcheidenden Momente in der Geichichte Habe: burg : Oefterreihs und fonnte auch für Wefteuropa, zunächſt für Deutjchland verhängnißvoll werden. Daß fih Wien, wo ein Heer von 20,000 Fußknechten und 2000 Reitern, zujammengejett aus Fähnlein des Reiches und aller Erbländer, unter der Überleitung bes Pfalzgrafen Philipp und der eigentlichen Seele der Vertheibi-

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gung, Niklas, Grafen von Salm, neben Eck von Rei— ſchach und dem trefflichen Zeugmeilter Wlrih Leiſſer, im Vereine mit der Bürgerichaft des furchtbaren Yeindes zu erwehren wußte, welcher in jechzehn Lagern an 25,000 Gezelte bezog und fünf ftarfe Stürme madte, war ein Creigniß, das nicht hoch genug angeichlagen werden kann. Nur jchlecht verhehlte der Sultan, der „wahre Kaiſer“, wie ihn Ibrahim den Eendboten Ferdinand's gegen: über nannte, feinen Unmuth über das Mißlingen des Unternommenen, wenn er 1529, den 10. November, an die Venetianer jchreiben ließ:

„Ich eroberte Buda, eroberte Ungarn und gab die mir in die Hände - gefallene Krone defjelben an Zäpolya; aber es war nicht meine Abficht, diefe Dinge zu juchen, fondern abzurechnen mit dem Könige Ferdinand”. In diefen Worten liegt aber zugleich der ungemeſſene Stolz, die orientaliiche Hyperbolif, welche das ganze Karpathenreich als dem Großherrn zu Füßen liegend bezeichnet.

Der moraliihe Eindrud des Türkenzuges dur Ungarn von 1529 und der Wiener Belagerung hätte den günftigiten Rückſchlag für die Sache Ferdinand’: in Ungarn üben müfjen, wenn er über große Machtmittel verfügt hätte. Denn Zapolya’s Verhältniß zum Großherrn compromittirte jeine Sache in den Augen jener nicht unbedeutenden Ständepartei, welche immer ernftlidder den Nuin des Vaterlandes inmitten des Parteikampfes und Angejichts der türfiichen Gewaltpläne ermog. Aber er bejaß diefe Macht nicht, und To ge: wahrte eben jene Partei das einzige Heil nur in ber friedlichen Auseinanderjegung beider Gegenkönige. Diefen Anfchauungen giebt das Schreiben des Graner Erzbiihofs Paul VBärday an den Erlauer Bifhof vom 25. Januar 1530 Ausdrud, worin fid) ber Nrimas als den Dienjte Ferdinand's treu ergeben bezeichnet, Doch unbeijchadet feiner Ehre und des Wohles Ungarns. Nur der Friede und die Befeitigung des Reiches Tönnen dafjelbe vor dem Joche ſchmäh— licher Herrihaft der Ungläubigen bewahren. Es begannen 1530 Friedensverhandlungen und der Gedankengang des Kaiſers und au der Königinmwittwe Maria begegnete ſich jchon damals in dein Nathe an Ferdinand, Frieden zu machen. Aber wie war ein aufrichtiger Friede möglih, auf weldher Grundlage follte er gewonnen werden? Konnte Ferdinand an die Möglichkeit eines Friedens denken, er, welcher fein Recht auf die ganze Herrichaft ebenjo zähe fefthielt, wie Zäpolya feine Anſprüche; an einen Frieden, bei deſſen Verhandlung das zweidentige Polen mithelfen wollte, zu welchem ber Sultan jeine Zuftimmung heuchelte (9. Juli 1530 an den König von Polen)

xrones, Welch. Defterreiche. III. 13

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und unter Einem doch jchrieb: er habe die Abficht, gegen alle Wider: facher mit einem noch größern Heere, als je eines war, auszuziehen, der Sultan, welcher doch nur im felbjtmörderifchen Kampfe Ungarns, im Streite der Gegner der Dritte, Gemwinnende jein mochte, an einen Frieden, gegen welchen Frankreich, Venedig, die deutichen Freunde Zäpolya’s und namentlich die bayeriſchen Herzoge einge: nommen waren. Nrbeiteten doch dieſe an neuen Bündniffen, und - nicht gleichgültig erjcheint der damalige Plan Herzog Ludwig's, ſich mit der Wittwe des ungariſch-böhmiſchen Königs, der Habsburgerin Maria, zu vermählen, wie wenig auch an die Verwirklichung dieſes Planes zu denken war.

Wir dürfen es Ferdinand nicht verargen, wenn er es noch einmal mit dem Schwerte verſuchte, wenn er Ofen durch den Rog— gendorfer einnehmen wollte (Spätherbſt 1530). Das Mißlingen diefer Unternehmung gab allerdings den Friedensftimmen neues Ge: wit und war Waffer auf die Mühle Gritti’s, des „Gubernators“ Ungarns durch die nahezu demüthige Huld K. Johann's. Gritti’s (1530—1531) Sendſchreiben an den Kaiſer verrathen den Gedanken des ehrgeizigen Schlaufopfes, der die Rolle der Wiittel- perion zwilhen dem Sultan und Ungarn vortrefflih zu fpielen weiß und die Maske des Anmwaltes der Chriftenheit vorhält, um durch die Ausmalung der neuen furdhtbaren Gefahren, die derfelben drohen, die Habsburger einzuihüchtern. Der Sultan wolle Wien und Neapel angreifen, Jchreibt er im Sanuar 1531; nur in der Abtretung Ungarns durch Ferdinand liege das einzige Mittel, Die großen Gefahren abzuwenden. Was fagte doch Großvezier Ibra— him, Gritti’s Gönner und Bertrauter, den Botichaftern Ferdinand's vom Jahre 1530? Dem Sultan gehöre Ungarn, mit nicht geringerem Rechte auch Ferdinand's Beſitzthum in Deutichland, denn er habe es mit dem Schwerte in der Hand durchzogen. Denke Karl V. daran mit der Pforte anzubinden, jo brauche er nicht weit zu gehen, der Sultan werde ihm jchon entgegenfommen;

Es fehlte Ferdinand nicht an Friedensgeneigtheit; er hatte bei den Verhandlungen zu Bofen erklären laffen, fih auf die Grundlage des Dedenburger Friedens zwiſchen Mathias und K. Friedrich III. (1463) jtellen zu wollen, ſich mit dem ungarifchen Königstitel und mit dem Erbrechte auf Ungarn zu begnügen, falld K. Johann ohne männliche Leibeserben verjtürbe.. Aber die noch weiter gehenden Forderungen Zäpolya’s betrafen nicht nur die Herausgabe des ganzen ungarijchen Beliges Ferdinand’s, jondern auch die des Leibgedinges der Königswittwe Maria. Diefe und noch andere unannehmbare

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Aber Ferdinand mußte das Herz bluten, als das große Neihsheer, ohne eine bedeutende That auf ungariichem Boden zu verjuchen, fich auflöfte, und die 8000 italieniſch-ſpaniſchen Hülfe- truppen feines Bruders zur entjeglichen Landplage wurden. Auch in Böhmen und Mähren wollte man nichts für den Ungarnkrieg thun, wie Ferdinand in dem trüben Schreiben von Villach, 21. Dec: tober 1532, an feine Vertraute, Rathgeberin und Mittlerin zwijchen den Hababurgern, Königin Maria, andentet.

Er verlegt jih nun gezwungener Weife auf neue Unter: handlungen mit feinem Gegner und mit der Pforte. Im No— vember 1532 trafen am AInnsbruder Hofe der Geſandte des Kaijers - Cornelius van Schepper, der Abgeordnete des Polenfönigs und der Botſchafter K. Zohann’s, Kun Smil von Kunftat, ein mäh— riiher Edelmann, zujammen. Längſt war aber vor Allen geheim , ohne Wiſſen Ungarne, des Kaiſers, ja jelbit Maria’, der Fuge Dal- matiner Hieronymus von Zara (von den Ungarn Zäray ge: ſchrieben) nah Konftantinopel abgegangen, um direct, ohne jede ftörende Zmwifchenvermittlung, mit dem Großherrn un den Frieden zu handeln. Bis zum Eintreffen feiner endgültigen Botichaft follten der Faiferlihe Gejandte und Zapolya’s Gejchäftsträger in Innsbruck zurüdgehalten werden. Andererſeits verhandelte Katzianer auf der Schüttinjel mit den wichtigſten Räthen K. Sohann’s, feinem Kanzler, Erzb. Franz Frangepani von Kalocſa, und Verböczy u. N. eine Waffenrube. Der in Innsbrud fi langweilende Echepper, defien Zehrungsgelder aufgebraucht waren und der mit den kaiſer— lichen Friedensmahnungen nur auf Achtelzuden ftieß, bricht einmal in dem Schreiben an Granvella über die „haleftarrigen Dummköpfe“ los, die Jih nicht jo wie die erfahrenen Räthe K. Johann's capaci- tiren ließen. Die Ungarn warteten auch unmuthig auf den (Fe bruar 1533) anberaumten Altenburger Friedenscongreß. Als diefer nun wirklich und zwar in Preßburg eröffnet wurde, überrafchte nicht wenig, am unangenehmiten den König Johann, das Erſcheinen des türfifchen Tſchauſch (25. Febrnar 1533) in Ofen mit der Friedensbotichaft des Großherrn. Der Congreß löſte ſich nun auf und am 22. März empfing Ferdinand den türfifchen Send: boten mit den Friedensbedingungen. Schon am 21. Januar hatte aber Hieronymus von Zara feinen Sohn an Ferdinand mit den Punctationen abgejendet. Der Eultan adoptirt Ferdinand als „Sohn“, Ibrahim den Habsburger ale „Bruder“; beide Gegen: könige behalten ihren Antheil Ungarns, den Gritti in Bezug der

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Döczy und Urban Batthyäany aufgeftachelt, als „Widerſpenſtigen“ überfallen und tödten ließ, füllte fein Maß. Längſt hatte ihm Ihon K. Johann mißtraut, aber er fürdhtete und braudte den Ge— waltigen; die Bevorzugung der Ausländer Gritti und Lasky ver: anlagte den Abfall jo manches wichtigen Ungam von der Sache Zäapolya’s; die Gewaltthat an Gzibaf: erichien als Vorbote des Schlimmſten. Stephan Majläth mit dem Comitatsadel Sieben: bürgens erhebt fih gegen Gritti, diefer muß fih in Mediajch einihließen, da flüchtet er in die Moldau, wird eingeliefert und enthauptet (22. October 1534). Das war das Ende des kühnen aber ränfevollen Dlannes.

K. Johann hatte jih auf den Hülferuf Gritti’s nicht jonderlich beeilt, jo eben ließ er ja bei der Pforte auf die Abberufung Gritti’s binarbeiten und ſetzte auch Lasky als Mitſchuldigen am Tode Czi⸗ baf’s in Haft. Aber der Tod Gritti’s, wie wenig 8. Johann auh Grund hatte, dies Creigniß zu betrauern, brachte ihn bei der Pforte in Ichlimmiten Verruf. Soliman und Ibrahim waren wüthend, bejonders als fie vernahmen, Zäpolya habe Majläth zum Wojwoden Siebenbürgens ernannt; um fo leichter gelang es Ferdinand, bei dem Eultan wieder Boden zu fallen, da er durch das Verſprechen von 1000 Tucaten den einflußreichen Oberdolmetih Junis-Beg, einen italieniſchen Renegaten, für fi) gewann, denſelben, welchen der Eultan mit der Unterfuhung des Falles Gritti und zur Heim: holung jeiner Schäge nach Ungarn aborbnete. Nogarola überbrachte nad Gran jenen Zohn an Junis-Beg. Einen Monat früher (17. Sep: tember) waren noch Conföderationsprojecte zwiſchen K. Johann, Bayern und Heſſen verhandelt worden, aber der Kaadner Friede (1534, Juni) hatte doch den Dingen die rechte Spitze abgebrochen, es war überdies zu einem Ausgleiche zwiſchen den Wittelsbachern und Habsburgern gekommen, und wenn auch die Herzoge (1534, 25. September) dem K. Johann entbieten ließen, dieſer Ausgleich hindere ihre „gute Freundſchaft“ mit ihm durchaus nicht, ſo begriff doch K. Johann, daß er von den deutſchen Freunden nichts Greif: bares zu erwarten babe. Dies Alles machte ihn dem Ausgleiche mit dem Gegner um jo geneigter.

Ueberdies hatte jeit 1531 eine jogenannte Mittelpartei der ungariihen Stände Zäapolya jo gut wie den Habsburger immer nachdenfliher gemacht. Inwieweit ſich ihrer der reiche Magnat Peter PBerenvi bedienen wollte, ob er ſelbſt mit türkiicher Gunit bie ungariſche Krone, die er zu hüten hatte, ſich auf’s Haupt ſetzen vollte und in diefen Entwürfen vom Sultan 1532 feftgenommen und

20 XIIL Eu: Tie Zeiten Ferdinanb's L u. Rarimilian 3 II. 1:8 1376.

immer nit ganz die Schuld Katzianer's an dem Terluite der ent: ſcheidenden Türkenſchlacht vor Eiſeg aufgehellt. Tenn die Uneimia: keit in der Heeresleitung, die Inſubordination der Unterfeldherren und großer Proviantmangel waren nicht weniger daran betheiliat, Daß Katzianer, eigentlid) ſchon bei Kopreinig geichlagen, aus dem Heerlager bei Sara floh; aber ſein Benehmen dabei und ſeine inätere Holle werfen einen ſchweren Schatten auf dieien fraineriihen ;veld- hauptmann, der nidt die ttarfe Seele eines Juriiic, eines Nad- folgers im Amte, beſaß.

So fommt, Hinter dem Rüden der Pforte, im tiefiten Geheimnig, denn K. Johann hatte ſonſt von der Torte Das Schlimmite zu befürditen der jeit Ende 1537 in Großwardein durh die Sendboten des Kaiſers und Ferdinand's, Weſe und Leonhard von Vels mit den Räthen Zäpolya’s: Erzbiichof Frau—⸗ gepan, Biſchof Statileo, dem Großſchatzmeiſter und Großwardeiner Biſchof Martinuzzi, den Biihöfen von Bäcs und Fünflirden, To: dann mit Peter PBerenyi und Kanzler Stephan Xerbögzy, raitlos negocirte ‚zebruarfrieden des Jahres 1538 zu Stande, ein widhti: ges, aber unfruchtbares Ergebniß diplomatijcher Künite.

Tie Hauptpunfte dieſes Friedens iind folgende: „Karl V. und Ferdinand I. nehmen 8. Johann zum „Bruder“ auf. 2. Tie Habsburger werden zur Wieder: gewinnung Belgrad's und ber anderen (Srenzieitungen bes Ungarnreiches behülflich fein. 3. K. Johann entjagt jeinem Bündniſſe mit dem Sultan und anderen Gegnern Habsburgs und wird eine Botſchait an K. Franz. I. von ‚sranfreich um bes Friedens und einer Allianz gegen die Türken willen entjenden. 4. Würde Zäapolya im NHeirathsialle einen Sohn erhalten, jo werde diejen Ferdinand mit einer feiner Töchter vermählen. 5. Ferdinand und Zäpolya führen den Königs: titel von Ungarn. 6. Ter Statusquo bleibt erhalten, SIavonien, Groatien, Talmatien fallt an Ferdinand, Siebenbürgen behält ZAapolya auf Yebenszeit. 7. Nach dejien Tode, ob er nun einen Sohn oder feinen binterläßt, fällt das ganze Reih an Ferdi— nand, eventuell an feinen Sohn und deſſen gejeglihe Erben; im Ermangelungsfalle an Karl V. und deſſen männlide Nad: tommen. 8. Würde Karl’s Yinie mit ihm erlöfcden, fo erben bie etwaigen Söhne oder Nachkommen Zäpolya's das Reid) Ungarn und falls es auch jolche nicht giebt, tritt das bebingungslofe Wahlrecht der Strände ein. 9. Die unga— riſchen Reichsſtände befräftigen biejes Abfommen und erneuern alle fünj Jahre ihre Beitätigung. 10. Ter eventuelle Sohn Zapolya’3 erbt die gejammten väterlichen (Hüter, die zu einem „Herzogthum Zips“ erhoben werden. 11. Kaiier und König verpflichten fich, diefen Herzog zu jchirmen. 12. Stürbe K. Johann ohne Sohn, jo kann er über Die Hälfte jeiner Liegenichaften verfügen, die andere Hälfte fällt an den Kaifer zur beifern Reichövertgeidigung. 13. 14. Zäpolya's tinderlofe Wittwe und etwaigen Töchter fänden ihre Verforgung burch die Habs:

XHL Bud: Lie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576) 201

burger, 415. Ferdinand verbürgt die Nechte und ‚Freiheiten des andern ihm eventuell zujallenden Theiled vom Ungarnreidhe. 16. Tie beiden Könige jprechen gegenjeitige Amnejtie aus und liefern die Gefangenen aus. 17. Sie leiiten fich wedhjeljeitig Hülfe. 18. Sollte K. Johann aus feinem Reichstheile vertrieben werden, jo forgen die Saböburger für jeine Erhaltung. 19. Für das ganze Reich wird ein gemeinjamer Palatin gemählt.

4. Der ſchmalkaldiſche Krieg und Böhmen (1546-47). Die deutſche Frage (15471555).

Literatur. Die ältere bei Schmit: Tavera, J., 2., ©. 6076. Die wichtigſte Actenſammlung v. Hortleder... . „Handlungen und Ausſchreiben“, 1. A. 1617, 1618, 2 Bde, 2. A. 1645. Sleidanus, de statu relig. et reipublicae Carlo V. Caes. Argent. (1555); vollft. X. 1556; 5. v. Böhmer mit vielen Anm. (1785—1788), 3 Bde. Vgl. die Monogr. über Sleiden v. Baur (1843); die Abb. v. Kampſchulte i. db. Forſch. 3. deutſchen G., IV. ©. 57—73. Geiger über ſ. Briefe an den Cardinal Joh. v. Bellay (1542 1547), ebenda IX., 167— 201; Die ältere Geſchichtſchr. b. Freher, scrr. rer. germ., III.; Schardius, redivivus, 1II.; Mencken, IIL; Seb. Schertlin v. Burtenbad, Nutobiogr., h. v. Schönhuth (1858), vol. Herberger, Seb. Sch. v. 3. u. f. a. d. St. Augsburg gefchr. Briefe (1852). D. fpan. Geſchicht⸗ for. 2 d’Aoila y Zuniga (commentario. . . 1548 ff.), deutſch bearb. 18653. Saſtrowen, Autobiogr., h. dv. Mohnike (1824); W. Lanze, Leben u. Ihaten ... Philippi Magnanimi, Landgr. 3. Hejfen, 5. in db. Zeitſchr. d. V. f. heil. Geſch. Suppt., II. (1841); Goebel, Btr. 3. Staatsgeſch. v. Fur. u. K. Karl db. zünften, ber. m. 2orr. v. Senfenberg (1767); Meteranus, historia 0. Beſchr. aller Kriegshändel u. |. mw. unter Reg. Caroli V..... (Hamburg 1596) Die nenejte, wichtigjte Actenfammlung: U. v. Truffel, Beitr. 3. Reichsgeſch. (1546— 1551), I. 1873, IH. 2b. (1546— 1551, Ergänzungen) 1875, der II. Bd. (1552 1555) noch nicht erih. Vgl. d. allg. Samml., insbeſ. Yanz, Gachard, Buchholk, 5.,6.,7. Bd; Häberlin, neuefte Teutiche Neichshiit., J. Ranke, Droyjen, die Monogr. v. Rommel (Philipp v. H.), Langenn, Voigt Morig v. ©); Maurenbreder, Karl V. u. d. deutfchen Proteſtanten (1545— 1555) (1865). Vgl. Forſch. z. d. G., IIL, ©. 2831—311 (3. J. 1543), und die Polemik zw. Maurenbrecher und Druffel i. d. hit. Zeitjchr. v. Sybel, 17., 18. Bd.; Stern, SHeinri VIII. v. England und der ſchmalkald. Bund (1540) (Forſch. z. d. &., 489-509). Ueber die Gefangenſchaft des Heſſen die ält. Arb. v. Mogen (1766) und v. Wernher (K. Karl’s V. Ehrenrettung .... Nürnb. 1782); K. dv. Heijter, Die Gefangennehmung u. Gefangenſch. TH. d. Gr. (1547—1552) (1868); J. Voigt, Mfgr. Albr. Alkib. v. Branden: burg:Kulmbad) (1852).

Nalentinitfch, Ueber den Verſuch K. Karl's V., feinem Sohne Rhilipp die deutſche Kaijerfrone zu verfchafien (Graz, k. k. O.-Realſchul., Progr. 1873).

202 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 IL (1526—1576).

D. Schönherr, Der Einfall des Kurf. Morik v. Sachen in Tirol (1552) (Innsbr. 1868 im Arch. f. Geſch. Tirols, IV.).

Böhmen. Zimmermann a. a. O.; Buchholg a. a. O., VI. 2b; Gin: bely, Geſch. d. böhm.mähr. Br., I., vgl. ſ. Gejch. der böhm. Finanzen; K. Zieftrunf, odpor stavuvr Cesfkch proti Ferdinandovi, I. L. 1547 (Die Oppofition ber böhm. Stände gegen Ferd. I. i. 3. 1547). Cine danfensmerthe ardhivalijche Arbeit über die Süterconfiscation in Böhmen v. 3. 1547 und deren Folgen veröff. Rezek in czech. Sprache in den Pamätky archaeol. a mistop.

Der ſpaniſche Schriftiteller Petrus Martyr jchreibt in einem jeiner Briefe über das römisch-deutfche Kaiſerthum: „Aber, daß wir die Wahrheit jagen, was ift e8 Kaifer zu fein? Sagt doch, iſt es etwas Anderes ala der Schatten eines jehr hohen Baumes, ein Sonnenftrahl durch das Fenfter dringend, um das Haus zu erlcuchten; verſucht es doc, wenn hr könnt, ein Unzchen nur von diefem Lichte in die Hand zu fallen und fortzutragen. Macht Euch doch aus diejem Lichte Seidenfleider zur Bekleidung, füllt damit Euere Tafeln. Nicht einmal eine anftändige Familie fann der Kaifer aus dem Reichseinkommen erhalten, gejchweige denn Heere zur Zurüdmweijung erlittener Unbilden”.

In diefem Hohne des Romanen, des an andere Macht und Herrichaftsbegriffe gewohnten Spaniers, ruht leider manches Korn berber Wahrheit. Mit der deutjchen Reichsgewalt war es jo meit gekommen, daß ſich das römiſch-deutſche Kaiſerthum in einem böfen Zirkel bewegte. Strebte ein Neichsoberhaupt auf Grundlage ftarfer Hausmacht nach monarchiſcher Gewalt, fo ftieß es mit der Oligarchie der Fürften zufammen und beſaß er feine ſolche Hausmacht und Energie des Herrſchens, jo ward das Kaiferthum von den Einzel: gewalten bald an die Wand gedrüdt. Nun jtand aber an der Spike des Reiches ein von Haufe aus mächtiger Herricher von Flugem, planreihem Sinne und wenn nicht ſtarkem, ſo doch zähem Willen. Der Schwerpunkt jeiner Macht Tag außerhalb Deutichlands, ihn hierher verlegen wollte er jeßt, da er die Hände frei befam; den Herrn zeigen, den Fatholifchen Kaifer. Die Zeit der Zurüdhaltung, der Selbtverleugnung war vorbei, aber wie immer folgte auch jeßt der „ſpaniſche“ Karl den Geboten der klugen Umficht, nicht dem ungejtümen Drange der Leidenjchaft.

Schon im Jahre 1538 Hatten die Proteftanten einen Gewalt: Ihritt des Kaijers bejorgt. Das war zur Zeit als Dr. Mathias Held als Geichäftsträger des Kaiſers und mit Umgehung Ferdi: nand’s in Deutſchland's katholiſchen Kreifen thätig war. Maria, die Schweiter der Habsburger, nit minder als Ferdinand über

204 XIII Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 II. (1526— 1570).

jers als König von Böhmen Johann Friedrihen den Krieg an. Das iſt der Zeitpunkt des Eintretens Böhmens in den ihmalfaldiichen Krieg.*)

Wir müſſen weit zurüdbliden, um die Stellung des damaligen Böhmens zu dem ganzen Handel richtig beurtheilen zu können. Betrachten wir vorerft den Gang der böhmiſchen Glaubens: frage feit der Thronbefteigung des Habsburgers. Ferdinand zeigte bier zunächſt den Politiker. Der MWillkürherrichaft des Hoffärtigen Utraquismus unter Paſchek's Führung, welche fo lange den Man: daten K. Ludwig's II. getroßt, wird im September 1528 ein Ende gemacht. Mit Palchet’s Regimente ift es aus; 1529 wird fein Helfershelfer Cahera (9. Auguft) verbannt. Er ftirbt verheirathet zu Ansbah ale Schenkwirth. 1530 trifft auch den jtarren Paſchek das 2008, Hlawſa und die Mitverbannten des Jahres 1525 er: ſcheinen wieder eingebürgert. Sonſt aber begreift Ferdinand, daß der ftarre, proteitantenfeindliche Utraquismus immer näher dem Ka: tholicismus rüde, je mehr ihm, dem „privilegirten“ Kelchnerthum, die Brüderunion über den Kopf zu wachſen droht; daher be: günftigt auch der König diejen Fatholifirenden Utraquismus in feiner Halbheit. Aber er hütet fih vor aufreizenden Gemwaltacten gegen die ftarfe, meitverbreitete Secte der „Brüder“, er nimmt nur in geeigneten Augenbliden Stellung gegen fie. Der bedeutendite Kopf berjelben ift jet Augufta, geb. im Sabre 1500 zu Prag, der Sohn eines Hutmaders, feit 1524 Mitglied der Brüderichaft, 1532 bereits im engern Rathe, welcher bald, angeregt durch die Augs: burger Gonfejlion von 1530, an die Ausarbeitung der eigenen (1532 bis 1533) denkt. Unter dem Beifalle Luthers und Melanchthon's nähert ſich die Union in Hinficht der Rechtfertigung und der Prieſterehe immer mehr der proteftantiichen Auffaſſung. Als die Brüder dem Könige 11. November 1535 die Confeſſion überreichen ließen, mar derfelbe höchlichſt erzürnt über dieſen Verſuch einer durch frühere Geſetze rechtlos erklärten, ja verfolgten Secte, Duldung und Aner— kennung zu erlangen. Er habe nur den Schutz der Katholiſchen

———

*) Literatur. Ueber bie böhm. Verhältniſſe erſchienen noch folgende Zeitihr., Aufſ. im Casopis Cesk. mus., 42., 43., 45. Bd., über die Streitig- feiten der böhmifchen Stände mit den Fürſten von Liegnitz (1545 —1546) und über die Urfachen der graujamen Verfolgung der böhm. Brüder i. d. J. 1547, 1548, ferner über den Aufenthalt K. Ferdinand's I. i. J. 1547 zu Leitmeriß nad) der Mühlberger Schlacht von K. Tieftrunf. Von dem wichtigen Zeit: genofjen und Memoirenſchreiber Sirt von Ottersdorf handeln bie Abb. v. Riff und Jiretek, ebenda, Jahrg. 1861.

XLI. ud: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s IL (1526— 1570). 205

und Utraquiften beichworen und wilfe, was in der Landtafel ſtehe. Etwas milder wurde die zweite und dritte Deputation empfangen. Das geihah noch vor Auguſta's Seniorate.

Es war, wie die unerquidlichen Neligionsdebatten am Prager Februarlandtage 1539 in Anwejenheit Ferdinand’s zeigen, den Utra— quiften nicht nur um vollitändige Gleichberechtigung, jondern aud) um ein feites Bündniß mit den Katholiichen gegen die „Zectirerei“ zu thun. In der That Fonnte das Kelchnerthum, deſſen ftändifcher Führer Hans von Pernjtein war, während als geijtliches Haupt, Administrator, Johann Miftopol auftritt, ein entjchiedener Gegner der Brüder, mit dem Inhalte des Schreibens Ferdinand’s von 1539 an den PBerniteiner zufrieden jein, denn es enthielt feinen den Utraquismus verlegenden Gedanken; ja die Utraquiſten Tonnten daraus maßvolle Haltung in Glaubensjadhen lernen. Nichts war überhaupt dem Könige unleidliher, als leidenichaftliches religiöſes Gezänte. Das mußte der unduldjame Higfopf Miftopol empfinden, als ihm in Folge feiner heftigen Synodalpredigt (3. Juli 1546) das königliche Verbot erihien, je wieder die Kanzel zu betreten. Die Brüder, deren Senior 1537 Augufta geworden, der außerge: wöhnlich begabte, jtrenge, eiferne, aber auch herrichlüchtige Mann, der mit Quther, Bucer und Calvin (Jeit 1540) in Verbindung trat, und namentlich im Galvinismus die verwandtelte Richtung er: blidte, brachten es aud am Landtage vom Sahre 1545 dahin, daß man fie nicht mehr mit dem abgebrauchteften Kegernamen „Bi: farden” bezeichnen durfte. Wenn nun K. Ferdinand als ſtreng— gläubiger Verfechter Firhlicher Einheit das üppig aufjchießende Cecten- wejen in Böhmen niederhalten wollte, wenn er der Lehre Kaspar Schwenkfeld's (geb. 1490 zu Oſſek bei Liegnitz, FT 1561) vom „inneren Chriſtenthum“, den zahlreichen Wiedertäuferfractionen (3. B. Gabrieliften, Philippiften, HSutitn, Habromaniten, mit ihrem Haupte Dubcansky u. ſ. mw.) abhold war und es an ftrengen Man— daten nicht fehlen ließ, darf uns dies nidyt Aunder nehmen. “Der ftrenge Protejtantismus ſelbſt haßte tödtlich alle diefe Richtungen der kirchlichen Freigeifterei.

In der Brüderunion ſtak das religiös-dbemofratifche Element des böhmijchen Staatslebens gerade jo wie in den damaligen czechiſchen und czechiſirten, vielfach dem Brüderthum geneigten Städten Böhmens das jocialdemofratiiche, politisch unruhige Weſen. Seit den Huffitenkriegen ift dies bemerkbar, bejonders dort, wo mit dent deut: ſchen Altbürgerthum auch die conjervative Bejchlechterherrichaft und mit ihr die Wohlhabenheit ſchwand; Prags Altjtadt liefert hierfür

206 XII. Buch: Die Zeiten Zerdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

das beite Beispiel. Eine verwandte politiihe Stimmung und con: fejlionelle Berwandtichaft findet fih in dem Fleinen Adel. Des: halb jpielten Unität, die Städte und ein Theil der Nitterjchaft, für welche legtere die Kreistage insbejondere den Boden politifcher Thätigkeit abgaben, die eigentliche Rolle in der Bewegung der Sahre . 1546— 1547. Ta fie den Charakter auch eines Glaubensfampfes trägt, jo begreifen wir, daß auch die evangeliih gefinnten Deutjch: bürgergemeinden, wie Kaaden, Leitmeritz, Saaz mit czehifchen Städten in der Oppofition zujammengingen.

Noch müfjen wir aber ver allgemeinen politijden Frage gedenken. Daß es in Böhmen und Mähren an politifch Unzufrie- denen nicht fehlte, bezeugt die brieflihe Aeußerung des Zeitgenofjen Verantius über die Botſchaft böhmifcher und mähriſcher Utraquiften an Zäpolya, die ihm, dem Ungarnkönige, auch die Krone Böh— mens antrugen, denn Ferdinand veracdhte die Compactaten, verfolge die Utraquiften, vernadjläffige und bedrüde Böhmen. Die Botjchaft traf jedoch den König Johann nimmer am Leben. 1545 Spricht ein kaiſerlicher Botichafter von ſolchen Beziehungen Böhmen-Mährens mit Ungarn. Nähere Aufihlüffe fehlen uns. Doch genügt dieje Angabe, um die Sachlage von 1540—1546 zu fennzeichnen. Eie war jedenfalls Fritiih, aber der Habsburger ihr in Allem und Jedem gewachſen.

Seit dem großen Prager Brande, der auch das werthvollſte Zeugniß der Rechtsvergangenheit Böhmens, die Landtafel, vernichtete (1541), hatte der Habsburger auf die Feltigung feiner Tüniglichen Macht geräufchlos aber entjchieden losgearbeitet. Es war fein gerin= ger Gewinn, daß Ferdinand in dem Majeftätsbriefe vom 4. September 1545 jagen durfte, ihm jei die Krone Böhmens erblich verfallen, und er auf diefer Grundlage von den Ständen erwählt und erkannt worden, und daß ſpäter die Stände den Artikel des Neverjes von 1526, bei Lebzeiten des Königs dürfe fein Nachfolger nicht gekrönt werden, fallen ließen. Auch im Gerichtswejen, in der Organifation der Kreisverfammlungen ließ der Regent ein ftrammeres Regiment verjpüren.

Nun war der Sommer 1546 gefommen, der jhmalfal: diſche Krieg brad los. Ferbinand bedurfte der Truppenwerbung in Böhmen für feinen Antheil in dem entjcheidenden Kampfe. Endlich brachte er durch jein perjönliches Erſcheinen (28. Juli 1546) den Prager Landtag zum Aufgebote gegen den Türken oder wen immer, der Böhmen oder deſſen Kronländer gefährde. Inzwiſchen hatten fich die Häupter der Schmalkaldner, Johann Friebrih von

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919 XIII. Zug: Tier Zeven Gerrtenent sg J. x. Dermihens IL 1... wurde nad) ichmwerer Rerterhart aus er Zieht aepeiichı und nermmeien Seine Aufzeichnungen inieen eme mdrzae, mennaled eimemne Be fdichtsquelle jener Taue.

Als gebuin an (yrungkerg erideinen ſedeundzwancic ZiöRk, Prag voran; ferner Furtungwanis aus Lem Herren- um Mer: ftande, darunter: vier Etiide, vie Krajit, smei Üsarıenbero. cm Lobkowic, zwei Zulvtten u. A. Ter Werth Dee confiscırıen Sumzs dart auf BU4,,UU, Ziad Yukemsicher Groicen, etwa zehn Wilbnmen (Zulden unſeres Gelag, wrenidiant merden. Allerdingas tab fih die Krone wurd erorierarinite bald su sabircihen Ver- äußerungen uenetliet. mewWisn zurten wir den maıerielilen (Gewinn vieler Stenteeiens, Sur nie Mrone nid unieribäpen. Aber undleich buber ir wer zeolıtıide Ertolg. Tas Jabr 1547 bezeidiniet einen wwidermeengen Zieg des landestüriticen Principo uber zus ureido un: rginand wußte ihn auszuwerthen Und mod) Eins nur nude orerrichen werden, Der Niederaang ber Unitat in Bohmen, gene Ger Wonig vergaß nicht, Das in Den Brudergemeinben Lrigiorn, Ned use acgneriide Stimmung Taltete. Mähren, Dus yon Ken Cerigmiiien unberührte Land mit Der Trarten Adelsherridyant, vis er Mitt meſjach, beireundet iſt, aur Deren Gutern, wie Denen Ger redjtentetsen, gie Wiedertäufer su Dante waren und blieben, entd,eint tyelan als Der eigentliche Heerd nes Krüderthumo, das nun mit met mehr Hedjt das „mähriiche” beiten kann.

Wenden win nun Gen lid zunzachlage in Deutſchland nach Dem Wluhlberger "uar 11% Matlers, dem die Unterwerfung und plößlice Yerangentk gung 10% “anbarajen von Heſſen (19. Juni) folgte. Marl V. hun un Sorrs Santiclunne zu fein. Wan über: ſchüßl Die Traamıte eines Ortolass. "ochem Die Thatſache, daß er am Augsburger "zepteneber Hadyslaus 11547) Die Unterwürtigfeite- erflärung ber Paoteltanten unſer Das 145 im Tecember einberufene und Mad) einen »ibung mem erlaube I rienter Concil nidt durchſebt db Kurfnrſft Minesz nem "Zudjen nur die Anheimitellung ber Neligionstade an mg Mater beuniftt, baf Das jogenannte Auge: burger Fufertin (B., Do Man 1246) zögernd angenommen, dann heftig angegtuſen nn ach un me Matbolifchen mißmuthig bekritelt erſcheint, funnfe ln ale Mint nlenen, weld) zäher, unüber⸗ windlicher Gegnen be eulſihe Glanben«ſfruüge ſei. Aber er ſollte Durch ein zweites, fernen Inmerjlen iünſchen entquellendes Wagniß den Gegenſaß zunſchen Arien Wehrnsglelen und der deutſchen Sach— lage noch ſtärker heranapiıhlen,

212 XIII. Euch: Die Zeiten xerdinand SL u. Marimiitan’s IL ı 172 löse).

den Nampi für den Slauben, aber aub für die Tligardie bes Fürſtenthums gegen Karl V. plant, den 9. März 1551 fommt es zu der eriten urfundliden Ausgleihung der ent: zweiten Arüder. hr zufolge joll Ferdinand in jeder Weite dahin wirken, dat nad Karl's Tode und ;yerdinand’s Erhebung zur Kaiſer⸗ würde die deutihe Königswahl Philipp’s einträte. Stürbe ;yerdinand, jo wird Philipp die Kaiſer-, Marimilian die Königsfrone Deutſch— lands tragen; doch wird letzerer ganz wie jein Water bei Lebzeiten Karl's die Verweſung des Reiches in Händen haben. Cine zweite Zereinbarung enthielt die VBerbürgung ;yerdinand’s zu Guniten des Heihsvicariates Philipp’s in Italien. Auch Mari: milian icheint nad) den Correipondenzen Maria's von jeinem zähen Wideripruhe allmählidy abgelaſſen zu haben. ebenfalls aber hielten serdinand und Mar Alles für eine Zwangslage in der beitimmten Vorausſicht der Unausführbarfeit der Taijerlihen Pläne und darin jollten fie Recht behalten. Ungemein zögernd hatte ſich ;yerbinand zu den Unterhandlungen mit den Fürſten für Philipp herbeigelaffen, und der Kaijer ſelbſt mußte bald eine allgemeine mehr oder minder verbrämte Ablehnung des Projectes erfahren.

Schon im Februar 1551 beſprachen ſich die Kurfürjten Moriz von Sachſen und Johann von Braunjchweig zu Dresden über ein Bündniß zu Guniten des Slaubens und der gefangenen Fürjten von Sachſen und Heilen. Aber Hinter diefem Titel jtaf ein größerer Anichlag wider die Gewalt des Kaiſers. Man jette fi mit Eng: [and in Verbindung, aber ohne greifbaren Erfolg. Beſſer ging es in Frankreich, denn dieſe Macht lauerte auf ein jolches Bündniß zu eigenftem Vortheile. Der Rheingraf Philipp, Georg von Rede: rode und Neifenberg waren die Unterhändler; von franzöfiicher Seite Biſchof Jean du Freſſe. Dan überbietet ſich gegenjeitig in hohlen Redensarten, an die fein Theil ernftlich glaubt. Den 5. October 1551 ilt der Hauptvertrag mit Heinrih II. u Lochau ratificirt. Von gleihem Datum iſt die wichtige Bündnißurfunde von Friedewalde in Heſſen, in welcher die Fürften von Medlenburg, Brandenburg- Bayreuth, Helfen und Moriz „das tyranniihe Joch beitialifcher Knehtichaft von den Häuptern fchütteln zu wollen“ erklären. Meß, Toul und Verdun hat Frankreich dabei als Preis im Auge. Daneben hält fürjorglic der vorſchauende Moriz das gute Einver: nehmen mit dem Kaiſer aufrecht, und deſſen noch immer nicht gehobenes Zerwürfniß mit Ferdinand und Mar bietet dem Kurfüriten die erwünfchte Gelegenheit, mit ben Deutfchhabe:

214 XIII Bud: Die Zeiten Ferdinand's L u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

K. Ferdinand über den Ausgleich, den er doch nicht ernſtlich wollte. Den 18. Mai fteht er fjelbft mit ſtarkem Kriegsvolfe an der Pforte der Tiroler Alpen bei Füllen, rüdt vor die Chrenberger Klaufe (19. Mai) und erobert fie. Der Kaijer, in Gefellichaft jeines in- zwijchen angelangten Bruders und des noch immer gefangenen Sachſenfürſten, welcher jedoch bald (27. Mai) frei wird, flüchtet nun, ſchwer leidend, in einer Sänfte; Ferdinand eilt nach Deiterreich, Karl V. oftwärts über den Brenner in’s Puſterthal; erit zu Villach im Kärntnerlande fühlt er fich fiber. Moriz hat den Weg durch Tirol frei; die Meuterei in jeinem Heere verichaffte dem Kaijer einen Vorſprung. Ferdinand ftellte jeden Widerftand gegen Moriz ab, damit das Land verjchont bleibe und Moriz es bald räume Die Vermuthung, Moriz babe Tirol für ſich erobern und unter franzöſiſchem Schuge behaupten wollen, hat jedenfalls feinen feften Entwurf im Auge. Denn ſchon den 25. Mai war er aus dem Lande, den 29. jein Kriegsvolf, welches, troß des freien Durch— marſches, am Wege fürchterlich im Lande hauſte. Eine intereflante Sclußepifode ift ber Aufftand der Schweizer Erzknappen, angeblih aus Entrüftung über die Preisgebung des Landes.

In Paſſau unterhandelt K. Ferdinand mit Moriz über ben Frieden. Den 5. Juli begiebt ſich diefer nah Villach zu Karl V, Der Kaiſer fühlt immer mehr, daß die Leitung der Dinge im Reiche jeiner Hand entwunden jei; zögernd willigt er in die Abmachungen und entbietet in’s Frankfurter Lager feinen Beſcheid. So kommt Ende Juli 1552 der Paſſauer Vorfriede zu Stande; das Werk Ferdinand's, den aber die Fürften von ihren Vorberathungen möglichſt fern hielten, und mit fcheelem Auge vom Kaiſer an- gejehen, der nun wieder den Kampf gegen Franfreidh auf: nimmt und dann von Met in bie Niederlande reijt (1553), um bald den Tod Moriz’ von Sachſen (11. Zuli) zu erleben. Mit diefem Fürften war ein bedeutender Menſch aber kein malellojer poli« tiiher Charakter vom Schauplatze abgetreten.

Noch einmal taucht der Plan mit der deutſchen Königs: wahl Philipp's auf; es war dies zur Zeit, als Karl und Fer: dinand fo verftimmt gegen einander waren, daß legterer in ben Heidelberger Bund vom 29. März 1553 trat, deſſen Mit: glieder, der Pfälzer, Albreht von Bayern, Chriftoph von Würtem- berg u. A. gegen die „ſpaniſche Politik” des Kaijers Stellung nehmen wollten. Am Hofe Karl’ V. redete man Bösliches über den Bruder. Die Fortdauer des nieberländifchen Krieges mit Frankreich, die Er: kenntniß der veränderten Sachlage, das im September 1553 zwijchen

216 XI. Buch: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526—1576).

ung. f. 0.) Die Fleineren Gefchicätäquellen z. Geſch. Siebenbürgens, ;. B. Mindizenti Gabor, Kämm. Zäpolya’s, z. 3. 1540; ſ. im Erd. tört. tär (Geſch.-Arch. Siebenb., I.); Bornemisza (Dfener Bürger) z. % 1541 (Ofens Einn. durd) die Türfen), 6. v. Szalay in Mon. Hung. hist., III. Abth., II. Bd.; Seb. Tinöbi (+ 1584) oder „Lantos Sebestyen“ der jeine bijtor. Reim— chronik: Cronica, v. Tode Zaͤpolya's an, in 2 Büchern dem K. Kerdinand wid: mete. Die Orig.-A. v. 1554 3. Klaufenburg gebr., fehr felten. Der Inhalt aud) in dem Werfe von %. Buday, Magyorsz. polg. hist. valö lexicon a 16szaz. vegeig (Lerifon z. bürgerl. Geſch. Ungarns bis z. E. d. 16. Jahrh.) Großw. 1804 f., II. Bb., enthalten. Auch das Chron. Sieul., die S;efler Chronik, ift f. dieſe Zeit Hiftor. Cuelle Die Ephemerides Olahi (1552 1550); Sig. Thorda (1554) u. a. Fl. Qu. b. Kovachich serr. rer. Hung. minores, 1.; Podhradczky gab 3. Geh. Martinuzzi's 2 ung. Ghron. heraus (Peit 18353) (Ket eredeti magyar Kron.); Sambucus (Zjämbofy), Lerzius in Schardius scr. rer. germ., II. Die Diplom. Relationen Auger Gislen Busbek's (Gej.:A. Lugd. Batav., 1633), Botſchafters Ferdinand's I. ſ. 1554, und Die Sammelwerke 3. Geh. des Türfenfr. v. Reusner (1547)... . Iſthuänffi a. a. D.; Wolfg. Bethlen, histor. Pann. Dacicarum, 11. X. (1526— 1601), Drig.:N. zu Kreuſch gedr., fehr jelten. N. A. vo. Benfö 5., 6 Bde. (1782 bis 1793).

Epistolae imperatorum et regum Hungariae Ferdinandi I. et Maxim. II. ad suos in Porta Ottomanico oratores, ed. F. de Miller (Reit 1808) (Seitenft. z. Pray, ep. proc. Hung.).

Török- magyarkori tört. emlekek (Monum. hist. temp. turc. hung.), b. v. d. ung. Akad., 5. v. 9. Szilädi und Aler. Szilagyi 1863 ff., I. 3b. .... (Inder dazı 1875). Vgl. Horväath, Magyar regestäk im törten. tär, 9. Bd. (1861), und Szilägyi, Briefe und Staatsurf. 1552 bis 1623; ebenda, 19. Bd. (1874).

Hauptquellen für die Gef. Martinuzzi’s u. f. Zeit abgeſ. von dem, was die Procekacten bei Buchholtz, 7., vgl. 9. Bd., und die anderen Quellenſchr. bieten müſſen bezeichnet werden Theiner, Monum. Slav. mcrid., I. ;. J. 1551—1553 (aus vatifan. Urf.), S. 9I—42, und Kemeny Ok- many tära (Arhiv d. Jam. Kemenyi), h. v. Szathmäry im tört. tar, 18. Bd. (1871), S. 10—19. Ausfagen Johann's Kemeny über die Ermordung Martinuzzi's 3. Dedenburg v. 16. Mai 1553.

Schreiben des Großward. Biſchofs, wie das Fürſtenthum Sieben- bürgen mit geringer Mühe überf. u. erobert werben könnte, desgl. d. Schr. Ferdinand's I. an ſ. Sohn Dear. II. (1561) (Arch. f. ſiebenb. Geſch. u. Lit. [1853], S. 289— 292). Ueberfiht des ganzen im Bei. K. Johann's (II.) von Eiebenbürgen befindl. Reiches u. |. w. Gefandichaftsbericht des Andrea Gromo an Gosmo von Medici, ebenda 1855 (S. 1—74).

A. Bedet, histoire du ministere de card. Martinusius .. .. . Faris 1715 (flüchtige, veraltete Arbeit; vgl. FZume&e, hist. göner. des troubles de Honzrie et Transsylvanie ..... . Paris 1608).

Die ausführlichſte Biogr. Martinuzzi's von M. Horväth (Hatvani),

918 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's L u. Marimilian’s II. (1526—1576).

K. Johann, feinen „Bajallen und Diener“ aufgebraft, aber auc nicht beiferer Freund dem Habsburger als vordem.

3äpolya hätte gern unter dem Schatten des Großmwardeiner Friedens, gefichert vor Habsburg, ſich auch weiterhin der äußerlich guten Beziehungen zur Pforte erfreut, bejonders jet, wo er mit der Gründung eines Hausſtandes, einer Dynaftie, Ernſt gemadht. Andererjeits grollten Viele von Ferdinand’s Anhange der Permanenz- erflärung des Doppelfönigthums in Ungarn durch den Großmwar: deiner Vertrag, und am Preßburger Ständetage mußten bie Bevollmächtigten Ferdinand’s bei ihrer Werbung um Geld und Truppen, wie jo oft, zu hören befommen, Ungarn habe längft Blut genug für die Vertheidigung der Chriftenheit vergoſſen und erwarte ftattlihe auswärtige Hülfe, zu der Ferdinand verpflichtet fei. Die Ungarn beftanden auf der endgültigen Richtigftellung des Großwar⸗ deiner Friedens im Vereine mit den Ständen des Zäpolya’ichen Ungarns und Siebenbürgens. Die Sendung Lasky's von Ferdi- nand’3 Seite und Martinuzzi’s Million (October, November 1534) waren ein Wettlauf um die Gunſt Soliman’s und der Zorn des Padiſchah bei Lasky's Meldung des Großmardeiner Friedens, wobei die zwei Könige Ungarns „Betrüger“ jeien gejcholten worden und der Sendbbote des Habsburgers Förperliche Berftümmelung oder Kerkerhaft in drohender Ausficht gehabt haben fol, ſchien das Schlimmite für beide Theile befahren zu laflen. Ferdinand ftrebte daher auch die Verlängerung der türkifchen Waffenruhe und einen Vertheidigungsbund mit dem Gegenkönige an. Sorglich verfolgte K. Karl V. die Dinge in Ungarn, und das Bild, das ihm fein Gelandter bei Zaͤpolya, K. Schepper, von der ver- worrenen, babsburgfeindliden Sadlage in Ungarn entwarf, das allgemach Beider Könige müde ſei; die Botichaft von einem Mag: natenbunde wider Ferdinand, der bis nah Defterreich, Steiermarf, Böhmen und Mähren fich verzweige und hier an dem Berniteiner ein Ligahaupt befäße, diefer Bericht, wie zweifel: haft auch jeine Duelle und übertrieben der Inhalt erjcheinen mag, enthielt fo mande unleugbare Wahrheit. Aber nicht minder ge= fährdet erjcheint damals die Sache Zäpolya’8 im Siebenbürger: lande.

Wir müſſen bier zunächlt einen Rüdblid auf die politijche Haltung des Sachſenvolkes jeit der Mohäcer Schladht und dem Aufkommen des Gegenkönigthums werfen. Den emitlichen Drohungen Zapolya's (15. Mai 1527) zum Troge waren bie Sachſen, gegen bie Beſchlüſſe des Ofener Märztages und bas

320, XIII. Lu: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 I. (1536 1576).

vartei ‚serdinand’s in Oberungarn, und Alerius Thurzö unter: ftügt, dringen zu Hagenau in Ferdinand, jich mit jeinem bewaffneten Einſchreiten zu ſputen. Ferdinand berieth ſich mit jeinem Bruder; der vorſichtige Karl warnte und entbot Schepper zu Zäpolya nad) Siebenbürgen. Eo blieb Alles in der Schwebe, Majläth und jein Anhang behaupten ſich unbezwungen.

Krank lag alsbald K. Johann in Weißenburg, dann in Mühl: bach; jeine Kräfte ſchwinden; die Nachricht, Königin Iſabella habe ihm einen Sohn geboren (6. Auli 1540 zu Tfen), mar das legte freudige Ereigniß. Neun Tage rang er ſprachlos mit dem Tode. Zuvor hatte er jedod den Negentichaftsrath für feinen Sohn beitellt. Der erite darin, als Rathgeber der Negentenwittwe und des Knaben, follte Martinuzzi jein, neben ihm Zäpolya’s Verwandter, der jerbiihe „Ban“ Petrovic, Valentin Török, Biſchof Eſzéky von Fünfkirchen, Verböczy und Verantius (Wrancic), der Neffe des Biſchofs Gtatileo erſcheinen gleichfalls in der nächiten Umgebung des todt— franfen Königs, der nicht mehr an den Großmwardeiner Ber: trag, jondern nur an die Zufunft des Eohnes und an die Gönnerſchaft des Sultans dadte. Er bejchwor fie, in dieſem Sinne zu handeln. Den 23. Juli war Zapolya eine Leiche. Im Alter von neunundfünfzig Jahren verjchied der Mann, deſſen Kopf zu ſchwach war für die Krone, mweldhe er trug. Er iſt der lebte Ungarnkönig, der in Stuhlmweißenburg bejtattet wurde.

Zwei Jahre vorher hatte einen der namhafteſten Feldoberſten Ferdinand's, Hanns Katzianer, das Verhängniß ereilt. Er jtarb als Flühtling zu Koſtajnica von der Hand eines Zrini.

Der wichtigſte Mann der neuen Regierung des unmündigen Johann Sigmund Zäpolya iſt der jchon oft genannte Biſchof von Großmardein und Neichsichagmeiiter des verftorbenen Königs: Georg Utjeſſenich, der Sohn des Serbo:Croaten Gregor und der welch: bürtigen Anna Martinuzzi. Um 1482 1484 zu Kamijac in Groatien geboren, verlebte er jeine Jugend auf dem Schloſſe des väter: lichen Dienſtherrn, Johannes Corvinus, des Königsſohnes, Hunyad, in Siebenbürgen. Die Auferbung der corviniſchen Güter brachte ihn in das Magnatenhaus Zäpolya (um 1504). Der ehrgeizige Jüngling erachtete den geütlichen Stand als die dankbarjte Laufbahn für den Mittellojen, Kleinbürtigen. Eo trat er mit 26—23 Jahren in das Pauliner Eremitenklofter St. Lorenz bei Dfen und empfing erſt bamals gelehrte Bildung. Immer vormwärtsftrebend, das Vor:

taher Lebeno⸗ in verjchloffener Bruft bergend, welt: eute und eiferner Willenskraft getragen,

222 ATIL Zud: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526 1376).

unterliegt feinem Zweirel. Nun wird Heeresmaht des Habsburgers (im Tctober 1540) gegen Tien beordert; Leonhard von Fels und P. Perenyi führen fie. Aber Meutereien und blutige Zwiſte der deutihen und ungarischen Krieger, Kälte und Regen zwingen (16. November) zum Rüdzuge; doch bleibt Stuhlweißenburg, Täta, Tapa, Viſſegrad in ;serdinand’s Hand und Peſth beiegt der tapfere Haudegen Ttto von Tiesfau auf Finſterwalde.

Tie Schwierigkeiten für den Regentichaftsrath, insbeiondere für Martinus;i, wachſen. Allerdings fonnte er auf die Pforte rechnen, ließ ja doch der Sultan den Botichafter Ferdinand's förmlich ge- fangen ſetzen; aber noch war die Türfenhülfe weit und ihr Preis bedenklich. In Siebenbürgen rührt ſich Majläth wieder, er läßt Anfangs 1541 Ferdinand durdy die Drei Nationen zum jyüriten des Landes ausrufen. Aber Bruder Georg verliert die Umſicht feinen Augenblid. Er weiß, die Pforte rüftet; in Siebenbürgen tieht ih Majläth bald vereinjamt, man traut jeiner Sache wenig; an den PBapit, an die deutichen Fürſten, an die deutichen Erbländer der Habsburger jendet Martinuzzi Schreiben, welche dieje gegen Fer— dinand’s Pläne als verhängnipvolle Aufreizungen der Pforte wider die Chriitenheit einnehmen jollen. Der Habsburger, der den unauf: rihtigen Anträgen Jiabella’s und ihren Stlagen über Martinuzzi feinen Glauben jchenfen kann, entbietet an Stelle des erfranften Fels, mit äußerſter Anjtrengung jeiner bejchränften Kriegsmittel, Wilhelm von Rogendorf als Feldoberiten gegen Ofen (April 1541). Man findet es leider ungleich befeftigter als im Jahre 1530. Martinuzzi vertaujcht jegt den GBeiltlihen und Staatsmann mit dem Krieger, er iſt die Seele der Vertheidigung; denn er weiß, der Sultan ſelbſt rüde zum Entjag heran. Iſabella, welche nun in der That mit der lLlebergabe Ofens an Ferdinand Ernit zu machen ich entichlojten hatte, die jich des „Mönches“ entledigen wollte, muß fich feinem Willen fügen. Nichts beirrt ihn, er waltet rüdjichtslos, eiſern.

Rogendorf hatte feine glückliche Feldherrnhand. Vollends ver: darb Alles ſeine väterliche Schwäche für Chriſtoph Rogendorf, ſeinen Sohn (geb. 1510), einen wahren Glückspilz, der als Gatte der Wittwe des Sachjenherjogs Friedrich (T 26. Februar 1539), der Gräfin Elifabeth von Mansfeld, den Kopf hoch trug und von den alten Rogendorf zum jchwierigften und enticheidenditen Hand— jtreihe, zur Ueberrumpelung Ofens, mit Hülfe der hiejigen reihen Bürgerpartei, auserjehen wurde. Der junge Mann erntet Schmach. Martinuzzi ift wieber Meiiter der Stadt. Schon er:

394 XIII. Bud: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (120 iin der den Eultan nach Conitantinopel mit neuen Anerbietungen tolgt, erfährt die demüthigendite Behandlung.

Schlimmer itehen die Tinge als je; jegt erit treten die Folgen der verhängnipvollen Toppelwahl in Ungarn vom Nahre 1526 27, die Rückwirkungen der Anlehnung des veritorbenen X. Johann an die Pforte zu Tage. Vielfah grollt man nun dem Mönche, der das Aergſte verichuldet habe. JIſabella iſt tief befümmert, ihr Vater, der Polenkönig, iſt telbit auf ihre Stellung zur Pforte ichlecht zu ſprechen. Aber auch Martinuzzi möchte einlenfen; er nähert ji dem Habsburger, aber nur jo, daß er jich den Meg zur Pforte nicht verrammle. Zo kommt es zu Gyalu (1541, 29. December) und zu Weiſſenburg (1542, 26. Juli) zu Ztipulationen im Sinne der (Sroßmwardeiner von 1538.

Ta verjudt nochmals ‚serdinand den Angriff auf das neue türfiihe Ofen. Ten Kriegsjug erörmet Leonhard von Fels; dann folgen die lange ſäumigen Neihstruppen, die „eilende Reichs: hülf“ unter dem Kurfürjten Joahim II. von Brandenburg. Heben ihm ericheinen der zmanzigjährige Moriz von Zadjen, verjuchte Söldnerhauptleute, wie der „Eleine Hey” (Konrad von Bemelbera). Es rüden die Päpſtlichen unter Aleſſandro Vitelli vor Ofen; Kaspar Zeredy, Peter Perenyi ttoßen dazu mit ihren Neiterbanderien. Cs war längit der September 1542 gekommen. Kläglich endigt die ganze Unternehmung; Te enttäujcht bitter die Anhänger Ferdinand's, Die Türfengegner in beiden Lagern. Nicht minder Ichlechtes Blut macht die Verhaftung und Einferferung Beter PBerenyi’s in ungari- ſchen Kreiſen. Dan hatte ihn des Einverſtändniſſes mit den Türfen geziehen.

Tas Scheitern der Unternehmung Ferdinand's entfernt den Hof des jüngern Japolya von allen Abmachungen mit Yerdinand. Die (Syaluer, die Weipenburger Abmachungen bleiben unfrudtbar und den 2%. Tecember 1542 ſpricht Ferdinand gegen feinen Bruder den Verdacht aus, Martinuzzi, der „Mönch“, wolle Herr Siebenbürgens werden.

Ter neue, fünfte, Heereszug des Sultans nad Un garn (1543, Juli— September), zu welchem Frankreich 300,000 Du: caten beijteuerte, verichlimmert nur die Sachlage. Martinuzzi beeilt id), dem Padiihah im Namen jeines Hofes unmwandelbare Treue zu geloben - - und das ſchwache Heer Ferdinand’s, das endlich im ES pätiommer bei Preßburg ſich jammelt, löjt ſich bald auf, trogdem Ferdinand jelbjt in jeiner Mitte ericheint. Ende October zieht So⸗ liman als Sieger heim.

326 XII Fuß: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (15%—1576}

Nebenbubler, Petrovics vor Allen, denen ſich die Königimmutter ſelbit anichloß, in dem unverhohlenn Mißtrauen der Pforte gegen Martinuzzi;: Die politiihen in der Erkenntniß von der Gemein: ibädlichkeit der Spaltung des Ungarnreihes und ber immer rüd: fichtsloferen Annerionspolinf der Türfen. Schon 1544 wear be Vorichlag aufgetaucht, den jüngern Züpolya für den Verzicht anf Ungarns Krone Durch Die ichlettichen Fürſtenthümer Oppeln, Re tibor und Sagan zu entichädinen.

Man mir der ealalauen Geichmeidiafeir und tählernen Feſtig⸗ keit Marius ĩtit 154» mit rüdbaltloier Yemunderung folgen. Alen Gegendeſtrebunzen der Königin, des Terrorics u. I. zum Troß weiß er Me Weriondisungen mit Ferdinand im Gunae su erhalten. Schon Antanıs 154% umerbanten De Berolmäcrigten Ferdinand's Zalm, (Seat? Isemer, Andress Raͤthorn, Th. Nadasdu, Damals Set: und yanmarzttr NWormsmiisa, Sibrik mir mm Mönde. Selm und Zrardelarn tkiken su Nrirbäator Ne YVräliminarien ed, Die mitrznine Tom SER in Wien din Dingen nachforſchen; ws dr Zutan Mormrurts on durd Sahila und Teıoric enrabrr, enden: Ir nid werzen, der Me Verbairung Nruber Werts anordnen Warzmussts Wim wird immer bedenflicher. derdinand von cm werient, Ferm Bunt? su verlieren, if

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mit wr Ersbersoain Nobanna Hart. Am Auautt verließ Jiabella, itrer adränk und dem Monde ebenio todtreinn als Petrovics, ihr center Genone, das Ziebenbürgeriand, um die Reiſe nad Ti: Unser anzutreten. Bei Zilab, an der Grenze, Toll tie in Die Rinde eins Baumes bie Horte: „Zo will es das (Seihid. Jiabella.“ (Sic jata volunt. Isabella.) eingeichnitten haben.

So mar ein lanae angeſtrebtes Ziel ron Habsburg erreicht; ber (3roß vardeiner Friede tritt gewiſſermaßen in verjüngter Gentalt in’s Leben. Zu Felvincz übernahm Caitaldo die ungariihe Reichs: frone, die jeit mehr als 20 Jahren in ZJäanolna’s Händen war und tender rie sur beiieren Obhut nah Wien.

Ter Dann, der das Alles vollendet, Martinuszi, itand auf der Höhe seiner Lebenserfolge. Tie Tankbarfeit Ferdinand's lieb auf ih nit warten. Schon das Jahr 1550 Itellte die Ernennung sum (Sraner Primas, als Nachfolger Yärdan’s, in Ausfcht; jegt wurde in Kom über den Cardinalshut für Martinuszi unterhandelt und nicht ohne Erfolg; den 12. Tctober 1551 fommt es bereits zur Tenomination unter beſonderen Begünitigungen.

Nom mußte mit der gegenwärtigen Haltung Martinuzzi's zur Türkei zufrieden fein, kannte aud) feine entichievene Haltung dem Alatholicismus Siebenbürgens gegenüber, wie vergeblich es aud) idien, deiien wadjiende Toppelherrichaft, das Lutherthum und Die reformirte Kirche, einzudämmen.

Martinuzzi war der Civilſtatthalter der neu gewonnenen Herrſchaft Ferdinand's, der Wojwode Siebenbürgens mit 20,000 Tu: caten Einkommen; ihm zur Seite erſcheint als Landescommandant Caſtaldo; nächſt ihnen bekam Thomas Nädasdy die wichtigſte Stelle zugewieſen. Der Mönch und der Soldat, der Kroat:Iingar und der Welſche, übernahmen das ſchwere Stück Arbeit, dieſe Herr⸗ ſchaft gegen die überlegene Türkenmacht zu vertheidigen. Denn die hohe Pforte war über den Vertrag von Mühlenbach wüthend. Der Sultan erließ ein donnerndes Schreiben an die Stände Eieben: bürgens, ließ im ſchweren Zorne über die Wendung der Dinge den Abgeſandten Ferdinand's, Malvezzi, in die ſchwarzen Thürme ſperren, mit denen auch Lasky und Majlaͤth Bekanntſchaft gemacht hatten, und erklärte als „Cberherr Eiebenbürgens”, die ganze Mühlenbacher Uebereinkunft für null und nichtig, denn der junge Zäpolya jei ber „Sclave des Sultans“ und fein „Sandſchak in Siebenbürgen“.

Die weiteren Creigniffe bis zum verhängnißvollen 27. December 1551 find noch immer eine der ſchwierigſten Aufgaben hiftorifcher soridung, das Problem der Schuldfrage Martinuzzi’s.

930 ZIH. Bud: Die Zeiten Ferdinand’3 I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

vezier Ruſtem und dem Sultan felbft, dem er Jahrestribut zuſagt allerdings mit Vorwiſſen Nädasdy’s mit Mehemed Szokoli, das Preisgeben Cjanads an die Türken, nachdem ſchon Becje, Becsferef und andere Kleinere Feitungen in deifen Händen lagen, Die Weigerung, das Lager Bäthory’s vor Lippa zu verſtärken, und als diefer wichtige Ort von den Osmanen bejett wird, die Ablehnung der Cooperation mit Gajtaldo und vor Allem der Geheimverkehr mit dem türkiſchen Befehlshaber von Lippa, Uloma-Beg. Auch die Ausfagen der peinlich verhörten Ungarn, Kaspar Péſty und Emerich Imre, deren erjterer Geheimjchreiber Martinuzzi's mar, desgleichen manche gewichtige Beichuldigung in dem ſpäteren Procefje und Die Angabe des zu Graz den 15. März 1553 vernommenen Haupt: manns, Caftaldo habe den Mönch gewarnt und fat drei Monate mit der Ausführung der Gemaltthat gezögert, erjcheinen ala Be: laftungszeugnifle.

Nichts ift ſchwerer, in der Beurtheilung einer ſolchen gefchicht: Iihen PBerjönlichkeit, wie dies Martinuzzi war, als die Scheidung defien, mas ureigenem Willen, berechnender Abficht und mas der treibenden, zwingenden Macht der Verhältniffe zugefchrieben werden darf, den Grenzpunft herauszufinden, welcher zwiſchen der gedachten Möglichkeit eines entſcheidenden Schrittes und der thatlächlichen Ver: wirflihung eines joldhen liegt. Wir find meiſt verfudht, den ge— Ihichtlihen Charakter abſtrakt, einfeitig, modellartig zu behandeln und doch lehren Biychologie und Erfahrung, daß die Motive einer That ungemein mwechfelnde, gemifchte fein können, in und außer ung liegen, und daß auch der entſchloſſenſte Charakter Stunden des Schwankens zwiſchen den Geboten der Pfliht und des Ehrgeizes durchzumachen hat, daß auch der Selbitjüchtigite den Antrieb empfindet, jeinen eigenen Vortheil mit dem der Allgemeinheit, feines Landes und Volkes zu verfetten. Wir können rüdhaltslos den Apo= logeten Martinuzzi's zugeitehen, daß er, der beveutendfte Kopf jener Zeiten und Kreije Ungarns, die Unmöglichkeit eines offenen Kampfes gegen die Pforte einſah und ſich und jein verdedtes Spiel als den rihtigen Mann und das rechte Mittel zur Rettung des Landes be⸗ tradhtete, daß ih die Annahme, er habe türfiiher Bafallenfürft Giebenbürgens werden wollen, weder mit jeiner geiftlichen Lebens ftelung noch mit den thatſächlichen Bedingungen zufammenreimen läßt; aber ebenjo entjchieden müſſen wir betonen, daß ihm, den feine Vorliebe für die habsburgifche Herrſchaft befeelte, feine ältere Dienftpfliht an Ferdinand knüpfte, ihm, bem Politiker der Opportunität, der überall die erfte Rolle ſpielen mallte, bes Ge⸗

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234 XIIL Eu6: Te ce Ssemarırs 1 ı Mıcmiun 3 IL 15 1556)

Auch zwirken der Eizrie zur Aertizıed idlevoten uch lang- arhmige Ierhandlsuwe, F vr Ascıymwı 1554 der aelchrie Tiolomat Auger Gislea rom —— ceH erteuder uud bedeutender Lriemtalit, als faiterlier Urt m me für mue Tamals bot der Türtenfrier zu Kerken imrupre Yysrrceen, minder er⸗ wind wur die Kiewererbetue: Rırtzm's, des babrächtiaen Ge waltmenicen, sum Gmwfrwizre. Tem a Imatiu abaeſchlonenen Rarrenitilltande stolze mrih, muhöem Fusint volle eben Jahre um den Frieden gehandelt, unier wa Teiemme Ali's der Abichluß eines jolden aus adır Jabre 11562, 1. Sertemterı Es bleibt der gegenwärtige Beñtzniand ruht, umd Die Fiorte emprängt einen Jahrestribut von 30,0) Tucuten.

Bevor wir ron Unaam m dieſer Epoche Abichied nehmen, möge ein Lieberblid Des Ganges ver Slaubenstrage”) bier ſeine Stelle ñnden.

*, Kirerarur. Batthianod, A v. iBrihorn, leges eccles. reeni Hung. et provinciarum adjacentium. 3 Voll. (Beinenburg : Karläburg 1.S5; ©. D. TZeutid, Urkundenbuch d. evangel. Yandestiche A B. in Siebenbürgen (Sermannttade 162), I.; 4. kabö, Monum. evangelic. A C. in Hung. (Fer 1763) u. Codex evangelicarum utriausque coonfess. in Hung. et Trans- sylv., I. (ins®, Bgl. aud des Neiuiten C. Zaguer, Anal Scepus. IL (Matricula Molleriana etc. Mater. 3. Kirchengeich. d. Zipsı

X Ribini. Memorabilia eccl Aug. Confes:. in regno Hungariae a Ferdinando L u. a. Ferd. III. recens. (Pos. 17871: u. sort. a Leop. M. u. a. Carolum VI.. ebenda 1739. Lampe (eigentlih: Paul Ember aus Tebreszin, 7 1407), hist. ecclesiae reformatae in Hung. et Tran«sylv! (Trier 172%), Shmal, Adversaria ad ill. hist. ecclesiaram evang. hung. pertin. 1,65; M. Klanitius, Christ. saec. XVI. per Hungariam in religione tolerantia ſammt ber Confessio civitatum regal. Hung. super. v. 1549 ( Reit Ion); zranz Bari; von Papa v. Papay, Dr. d. Meb. u. magyar. Gram⸗ matifer u. Yerilograph, Rudus redivivum s. brevis rer. eccles. Hung. et Tran» ylv. comm. (Zzegebin 1655, Zürih 1723); M. G. Haner, hist. eccl. Transsylv. (Itanti. u. Leipzig 1694); 3. Sam. Klein, Nachrichten von den Lebensumit. u. Schr. evang. Trebiger i. a. G. des K. Ungarn (1739). Ueber bie reform Kirde die magyar. Monogr. v. 5. Töth (1808, 1812. Tie wich: tigften Schickſale ber evangeliihen Kirde a. E. in Ungarn . . . (Leipzig 1824). Historia ecelesise evang. A. C. add. in Hung. (1830). A Luthe- ranunok ellen 1125 &vbe iktatotl törvenybozäsba be nem folyt a K. k. papshg;, n&mely &szrevstekkel a Magyarorachgi reformatio bejövetelere

XIII. Buch: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576). 935

Wir fahen bereits in den Tagen vor der Mohächer Schlacht den neuen Glauben im Karpathenreihe im kräftigen Aufleben be griffen und eben durch die Folgen dieſes entjcheidenden Tages auf feinem weitern Entwidlungsgange begünftigt. Denn im Kampfe der Barteien konnten die vorbereiteten Strafgefege der Jahre 1524 bis 1525 nicht wirkſam werden, und Ferdinand’s politiiche Klugheit duldete den Proteftantismus, der gerade unter feinen Anhängern wichtige Gönner fand. Ueberdies hatten in der Türkenſchlacht fieben Bilhöfe den Tod gefunden, und bald jehen wir bedeutende Bis- thümer als erledigt in der Hand weltlicher Nußnießer, jo das Erlauer bei Peter Berenyi, das Cjanäder bei Peter Verufic; So: bann Sarrazin (Saracenüs) hat Fünffirden, Valentin Török Neutra, Paul Bafics Raab und Franz Dobö Siebenbürgen: Weißen: burg inne. Wie überall kreuzt fih auch in Ungarn » Siebenbürgen auf dem Gange der Reformation die reine Vorliebe für den Glauben mit materiellen Intereſſen, und der Kampf wider die alte Kirche ericheint zugleich als Verſuch, möglichit viel Befit der todten Hand zu entreißen. Das mußte den Adel, aber auch jtädtiiche Communen loden. Daß diefe vor Allem Deutichitädte waren, iſt leicht begreiflich, denn ihnen räumte altersher die deutjche Eoloniften: freiheit das Recht ein, fih den Seelforger jelbit zu wählen. Auf diefe Weiſe konnte ſich geräufchlos und durchgreifend die Pro: teftantifchwerdung der deutſchen Anfievlungsgebiete vollziehen.

Im Sabre 1527 ſchrieb Luther an die Wittwe des ungariich: böhmischen Königs, die Habsburgerin Maria, einen Brief, worin ſich folgende bezeichnende Stelle findet: „Hätten die Biſchöfe das Evan- lium angehen laffen, es müßte jegt alle Welt des Gejchreies jein: daß folcher Fall über Ilngerland kommen wäre, der lutheriichen

(Auf die gegen die Lutheraner im 3. 1525 verhängte Gejehgebung nahm die t.=f. Seiftlichfeit feinen Einfluß; mit einigen Bemerfungen über den Eingang der ungarischen Reformation.) E. Schrift v. fathol. Seite. Majlath (Graf Xoh.), Tie Religionswirren in Ungarn, 2 Bde. (Regensburg 1845); Révéſz, Devay birö Mätyäs elsö magyar reformätor eletrajza &s irodalmi müvei (Lebensabriß und Literaturwerfe des erſten magyarijchen Neformators Mathias Pirö von Teva) (1863). Tie o. cit. Abh. über Pempflinger „mit bejond. Rückſicht auf die Ausbr. der Reformation” v. Fabricius (1874 Ertekezesek. Sep.:X.), desgl. Schwider, Bard. Martinuzzi u. d. Reform. i. U. u. Siebenb.: |. 0. Keorg Bauhofer (Merle d’Aubigne), Geſch. d. evang. K. in Ungarn (Berlin 1854); U. Fabô, Gemälde aus ber Geſch. des ung. Proteitant. (Reit 1868); F. Baloch, A ma- gyar protest. egyhaz tört. reszletei: Details der Gef. d. prot. K. i. U. (Debreszin 1872).

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938 XIII Buch: Tie Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s IL. (1526—1976).

hänger des alten Glaubens und mit ihnen die magyariich-zäpolya- nich gefinnte Partei. 1530 jtellt jih Kronjtadt im YBurzenlande der Hauptitabt des Königsbodens an die Zeite.

Es mar dies gerade zur Zeit, als K. Johann, mächtiger als früher geworden, dem Sachſenlande hart zujeßte, und der neue Biſchof Eiebenbürgens Statilius (T 1542) gegen das Luthertfum mit leidenjchaftliher Schärfe vorging. a, Kronſtadt überflügelt ſeit 1542 an reformatoriicher Bedeutung den Scweiterort. Es war dies in den Tagen des neuen Bilchofs Georg (Martinuzzt), der, injoweit der Staatsmann dem Sirchenfürjten Raum ließ, die Cindämmungsverjude zu Gunjten der katholiſchen Kirche einleitete. Sie fonnten Angefihts der ſtaatlichen Wirren, der herrichenden geit- jtrömung und des Umſtandes nicht durchgreifen, daß der Adel fi immer mehr der Reformation zuneigte, die Magnatenfamilien Bocsfay, Dobö, Kendy bald den Reigen eröffnen, der Probſt von Weifjenburg, Emerich Bebef, weltlich wurde und jich verehelichte, der einflußreichfte Nathgeber der Königin-Regentin Sjabella, Petro— vich, ale Gönner des neuen Glaubens erjtand. Einer der eifrigiten Prädicanten im Geilte Luther’s und Melandthon’s, Stephan Ki von Szegedin, aud) „Szegedy“ genannt, als reifer Mann in Witten: berg zum Glaubensprediger gebildet, erfuhr 1541 vom Bilchofe Georg harte Mißhandlung, und die ftrengjten Züchtigungen an Leib und Leben jtanden den Verkündigern der neuen Lehre bevor.

Ihr hervorragendites Werkzeug wurde auf dem Sadjjenboden Johannes Groß, geb. 1498 zu Kronſtadt, der ſich in Folge wunderbarer Rettung vom Waſſertode durch eine Hollunderftaude („Hontert” im jiebenb. Deuti) den Namen „Honter” beilegte. 1519 wurde Wittenberg feine geiltige Heimat, Luther und Me: lanchthon feilelten ihn für immer. Erſt 1533 fehrte er aus der rende, zulegt aus Bajel in’s Vaterland zurüd. Ihn begleitete das wichtigſte Mittel für die Verbreitung einer neuen Gedanferuvelt, eine Truderpreife. Bald 309 Honter das ganze Burzenland mit fich fort in die Reformation. Das ganze Sachſenvolk fällt ihr zu. Die ſchwerſte Zeit der Prüfung, das Jahr 1543, in melden Marti: nuzzi auf die ftrengfte Beſtrafung der Keßer drang, ging unſchädlich vorüber, denn die anderen NRäthe der Königin arbeiteten gegen den „Mönch“ mit Erfolg, Schon 1544, den 25. November, Tonnte auf dem „Conflur” der Sadjjenjtühle der Beichluß gefaßt werden, da fait alle Städte das reine Wort Gottes aufgenommen, jo follten aud die noch darin zurücgebliebenen brüderlich aufgefordert werben, fih der Glaubenseinheit zu fügen; das Jahr darauf wurben bereits

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XI. Bud: Die Zeiten Ferdinand’3 I. u. Marimilian’3 II. (1526 —1576). 241

6. Ferdinand I. und der Proteftantismus in den habsburgiſch⸗ Deutfhen Erblanden. Die Unfänge des Jeſuitenordens.

Literatur. (Abgejehen von ber allg. Literatur, f. Einl. u. 1. Abſchn. u. V. Bd., ©. 625—628.) Raupach, Evangeliſches Oeſterreich Erläutertes evangeliſches Oeſterreich Presbyteriologia austriaca (Hamburg 1732 bis 1741, 5 Bde. zuſ.). Zweifache Zugabe z. d. evang. Oeſterr., ebenda (1744) (vgl. kurze Nachrichten v. Leben u. Schr. H. B. Raupach's, ebenda 1746); Waldau, Geſch. der Proteſt. in Oeſterr, Steierm., Kärnten u. Krain, 2 Bde. (Anſpach 1784); 3. P. Miller, De ecclesiae Evangelicae in Austria sub Ferdinando I. et Maximiliano II. statu succincta narratio (Gottingae 1783) (20 S.); A. Klein, Gef. des Chrijtenth. in Dejterr. u. Steierm. (Wien 1842) (4., 5. Bd.); Bergmann, Mebaillen, II. Bd. (1857).

Geferreih 0. u. u.d E. Raupach, f. 0.; Marian Fiedler und der Herausgeber Wendt v. Wendtenthal, Tejterr. Kleriſey (1788) (Thl. IV, 3. IX): Die kirchl. Topogr. v. N.-Sefterr.; Keiblinger, Geſch. v. Melt, II; Stülz, Geſch. d. Chorh.“St. St. Florian (1833); ©. d. Eifterz.:St.; Wilhering, Ein Bir. 5. Landes: und Kirchengeich. Defterreichs (1840); Pritz, Geh. d. ehem. Kl. Garften und Gleink i. O.-Oeſterr. (1841) (vgl. f. Geſch. O.⸗Oeſterr., IL); Hagn, Wirken d. Beneb.: X. Kremsmünjter f. W., 8. u. Augendbildung (1848); Hauswirth, Geſch. d. Abtei u. I. F. zu ben Schotten in ®ien (1858): Zopogr. v. N.-Teiterr. (1873), 6. H.: Mayer, geiftige Cultur. Smets, Wien im Zeitalter der Reformation (Preßburg 1875); Weiß, Geſch. Wiens, II.; Aſchbach, Geſch. der Wiener Univeriität, II. (1877). Vgl. auch Bergmann, Namensverz. d. Jüngl. aus ben öjterr. Erbl., weldde v. X. 1502 bi 1560 3. Wittenberg ftub., mit geſch. Frläut. in Schmidl's öfter. Bl. f. 2. u. 8. (1844), II. Cuart., 25—29, desgl. A. Stölzel, „Die Entwidlung des gelehrten Richterthums in deutſchen Territorien” (Stuttg. 1872) $ 2 (Bezieh. Deutfchlands z. auswärtigen Hochſch.).

Steiermark. Waldau u. Klein f. 0.; Robitſch, Gel. des Pro: teftantiömus i. d. Steierm., 1. A. 1859 (v. fathol. ©.), desgl. die reichhaltigen Daten in Peinlich's Geſch. ded afad. Gymn. in Graz (Progr. 1866, 1869 ff.); Krones, 3. Seid. u. Tuellenf. des fteierm. Landtagsw., II. Epoche (1522 bis 1564) i. d. Beitr. 3. 8. fleierm. &., IV. Jahrg. N. Luſchin, Studien 3 Geſch. des jteier. Adeld im XVI. Jahrh. Mitth. d. hiſt. V. f. St., 23. 9. (1875). Zur Charafterijtif eines der Hauptträger der Neformation in Inner: öfterreich dient auch der intereffante Briefmechjel bes ch. Hanns Ungnad mit Herz. Albredt von Preußen; 5. v. Boigt im XX. Bde. des Arch. f. öfterr. ©.

Aärnten. Waldau, Klein; Megifer, Khärndten. Shronif, II. (1612); N. Lebinger, Die Reform. u. Gegenreform. i. Klageufurt (Rrogr. des f. Gymn. 1867, 186%). VBgl. Herrmann, Hbb. d. G. K., II., u. Gzermwenfa, Die Khevenhüller (1867). Vgl. Kärntn. Zeitſchr, VI. (1831).

Fran. Baldau, Klein; Balvafjor, Ghre bes H. Kr., XV. Bud;

Rrones, Geſch. Oeſterreichs. III. 16

949 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 II. (1526— 1576).

Elze, Superintendenten d. evang. K. in Krain (Wien 1863); Artifel „Truber“ i. Herzogs NRealencyklop. f. Theol. u. K. Suppl. III.; Timig, Urkunden 3. Reform.Geſch, Krains (1HI0— 1634). Mitth. des Hill. V. f. Kr. u. Sep.⸗A. (1868) (Wichtige Sanımlung) (vgl. Mitth. 1864, 1867) und Il. Thl., ©. 193 ff., f. Geſch. Krains der gehaltvollite und jelbjtändigfte Theil des ganzen, gründ: lichen Werkes. Vgl. au Schnurrer, Slavifher Bücherdrud in Wirtemberg (Tübingen 1799); Kopitar, Grammatif d. flav. Spr. i. Kr., 8. und Steierm. (Laibach 1808); Safarit, Geſch. d. ſüdſlav. Pit., 6. v. J. Rirelef, I. 1864; Radies, Herbart VIII. v. Auersperg (1528 - 1575) (1862). Ehronol. Darit. d. m. d. Et. Rudolphswerth betreij. Taten, Brogr. des R.:Siymn. (Laibach 1868). Kojtrencie, Urkdl. Btr. z. G. d. protejt. Pit. d. Südſl. (Wien 1874). Tirol. (Vgl. die zeitfchr. Tetaillit. im Huber'ſchen Verz. d. Tirolentia im Arhiv f. G. u. A. Tirol u. i. Sep.⸗A.). Dazu die im II. Bde, S. 027 bis 628 verz. Lit., indbefondere Sinnadher, 7. Bd. Ladurner, VBartlma T:ofjer v. Lüjen o. d. p. Bauernrebell 1561— 1562 (Tir. Ardiv, 3.9.) Gymn.-Progr.; Egger, Geſch. Tirols, 2. Bd. Pal. auch die ftofflih wichtige Monogr. von Sugenheim, PBayernd Kirchen- u. Volkszuſtand v. A. des Ib. bis E. des 18. Jahrh. (Gießen 1842), über Zujtände, Die den Deutfch:öjterr. verwandt waren. Lit. 3. G. der Jeſuiten i. Sefterr. Joann. Stöger, scriptores pro- vinciae Austriae Soc. J. 3. (Viennae et Ratisb. 1856); Soder, hist. prov. Austrise S. J. (Viennae 1790); Yuchholg, 8. Bb.; Klein a. a. O., 4. Bd. Vgl. die o. cit. Lit. des Protejtantismus: Raupach, Waldau u. f. mw. Bein: lich's cit. quellennäßige und ftoffreiche Hejch. des afad. Gymn. in Graz; desgl. die gleichfalls al Programm 3. Nahresberichte deifelben 1875 erjchienene Mo: nographie: „Die Egkennperger Stifjt“ zu Graz im XIV. u. XVI. Jahrh. Bliden wir nad) dem Entwidlungsgange der Reformation in den Erblanden der habsburgifchen Herrihaft. Hier mar die Empfäng: lichkeit für die kirchliche Neuerung groß genug. Sie zeigte fi in den Stadtgemeinden jo gut wie im Adel und erfaßte auch raſch den gemeinen Mann, wie wir dies in der Gejchichte des großen Bauern: frieges vom Jahre 1525 erfuhren. Welcher Anficht man auch fein mag, die Achtung vor der herrichenden Kirche war allgemein gejunfen, wie der Klerus jelbit, in deſſen Schooße fi aud) Freunde der Nefor: mation regten. Mit diefer Zeititimmung der Laienwelt ging Hand in Hand der gemeinichaftlide Drang nad) freier Bewenung auf dem Boden religiöjer Erkenntniß, welcher das neue Evangelium die Bahn zu brechen verfprad), der Hang zum Neuen und, wie überall, jo aud) hier, die Gewalt materieller Intereſſen. Tas grundherrliche Streben nad) größerem Einfluffe in firhliden Dingen und nicht minder der An- reis, das große weltliche Gut der Kirche zu entwinden, die Säcu— larijationsgelüfte dürfen als gewichtige Motive für die Stellung des Adels in der Kirchenfrage nicht unterihäßt werden. Diejem mädtigen allgemeinen Zuge der Zeit gegenüber erweiſen fih aud

244 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 II. (1526—1576).

dem „graufamen Behemoth” und „mweitäugigen Leviathan”, ſammt Frau nad Wien gelangt und durfte bier unter ungeheurem Zulaufe gegen das Klofterleben und den Cölibat Losziehen; aber die Heftig- feit feiner Ausfälle machte ihn bald unmöglich; denn der Wiener Biihof Johann Schmid (Faber) aus Leutkirch in Schwaben fuhr mit der Ercommmunication dazwiſchen. Schon 1524, ein Sahr nad) der Veröffentlihung des erzherzoglichen Edictes (12. März 1523) wider das Luthertbum, gab es einen Blutzeugen der evangelifchen Lehre unter den Wienern jelbit, Kaspar Tauber, einen Mann von Anjehen und Reichthum, welcher als Gegner katholiſcher Dogmen auftrat, zur Unterzeichnung eines jchriftlihen Widerrufs gebracht wurde, denjelben jedoch bald auf's Entjchiedenfte mündlich zurüd: nahm und am 17. September 1524 den Tod durch das Schwert gefaßten Muthes erlitt. In feiner Kerkerhaft Teifteten ihm zwei Geijtliche, gleichfalls der Glaubensneuerung beinzichtigt, Gejellichaft. Alle Orden beinahe zeigen Anhänger der Reformation, die Klöfter veröden, und die Verfuche, den Ausfall durch Fremdländiihe Mönche zu deden, haben nicht die beite Wirkung. Der Abt von St. Do: rothea in Wien vereheliht ih. Die Chorherren von Gariten zeigen fih durdaus reformationsfreundlid. In Gmunden war der Meßprieſter und Stadtſchullehrer Schilling feit 1524 ein eifriger Lutheraner, zu Steier der Franzisfanermönd Kalirt. Daß fich der Zandesverwejer Ober-Oeſterreichs, Ciriat von Polheim, für ihn verwendete, als 1526 der Berbannungsbefehl des Paſſauer Biſchofs Ernit eintraf, war ein Zeichen der reformationsfreundlichen Stimmung des mächtigen Landesadels. Schrieb ja doch Luther ſchon 1524 einen Brief an Bartholomäus von Stahremberg. Die entſchiedenſte Stübe des neuen Glaubens wurde jeboch der junge Herr Chriſtoph Jörger auf Tollet, dem ſchon 1525 der - Wittenberger Neformator den Prediger Michel Stiefel, einſt Auguftinermönd zu Eßlingen in Schwaben, empfahl. Stiefel wirkte bis 1527 von Tollet aus eifrig für das Lutherthum, dem auch bie Mutter Förger’3 mit ganzer Seele ergeben war. Bald erjcheinen aud) die Puchheim, Zelking, Roggendorf, lektere Ferbinand’s bevorzugte Günftlinge, die Hardegg, die Ofterburg, Rofenburg und andere Abdelsfamilien dem neuen Glauben ganz oder in einzelnen Gliedern ergeben. Daß aud die „Sectirer”“ der Reformation, vor Allem die allgemach jo vielgeftaltige Wiedertäuferei, der Ana: baptismus, ihre Wurzeln in’s Land fchlugen, ift ſelbſtverſtändlich. Der Hauptvertreter der weitgehendften Richtung, Dr. Balthaſar Hubmaier aus Friedberg in Bayern, einft Profeſſor und erfter

246 XI. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Maximilian's II. (1526—1576).

der gütermädtige Hofmann von Grünbühel, Freiherr auf Strehau. Sedenfalls ftaf in den ftändiichen Landtagsforderungen von Sanuar 1533 und 1536: es mögen gelehrte Prediger zur Aus- rottung und Verhütung der aufgenommenen undhriftlichen Selten beitellt werden, minder katholiſcher als vielmehr orthodor pro: teftantiicher Eifer gegen den Anabaptismus ; denn jchon 1541 haben wir es mit einer entichieden reformationsfreundlidhen Haltung der fteiermärtiihen Stände zu thun; die Landſchaftsſchule von 1544 überging ſchon 1553 an den eifrigen Lutheraner Pica, der allerdings bald dem königlichen Verbannungsbefehle weichen mußte, und 1552 war jchon die Frohnleihnamsproceffion in Graz unmöglich. Ebenfo diente um 1550 bereits die Zandhausfapelle zu evangelifchen Kirchenzwecken, mit Balthafar Schelhin als erjtem Landichaftsfaplan, und 1558 überließ Seifried von Eggenberg feine Stiftskirche den Zandftänden, da fie eines geräumigeren Gotteshaujes bedurften.

Nah Kärnten bradte hauptjählic die Verbindung der bier- ländiichen Erzfnappen mit den jalzburgiichen ſchon um 1520 den re= ligiöjen Gährungsftoff in das deutiche Kärnten. Vor Allem jchloß ſich Villach an den neuen Glauben; denn bereits im Jahre 1526 finden wir einen lutherijchen Prediger an der Stadtpfarrfirche, ohne daß fi) der damalige Lehensherr, Sigmund von Dietricjitein, da- wider gejegt hätte. Völfermarft, St. Veit und Klagenfurt gerathen in die gleiche Strömung. Die Kirchenvifitation von 1528 ergab, daß die Mehrzahl der Landesbeamten offen oder heimlich dem Luthertfum anhinge. Hand in Hand mit Steiermärkern und Krai- nern ftreben die Stände Kärntens nah kirchlichen Conceſſionen des Landesfüriten und gegen Ende der Regierung Ferdinand’s 1. (1563) fommt es zur Gründung einer landſchaftlichen Schule der „Weisheit und Frömmigkeit” in Klagenfurt (Collegium sapien- tiae et pietatis, auch schola prov. Claudifori genannt), an welcher zunächſt Martin Knorr aus Böhmen wirkte.

Sm Krainer Lande gewinnt die reformatorifche Glaubens bewegung eine doppelte Wichtigkeit als religiöje Thatſache und als national-ſprachliches Entwidlungsmoment, und in legterer Beziehung gewinnt fie eine nicht zu unterfchägende Wichtig: feit für das ganze flovenijche Inneröfterreich und die ſprachverwandte croatiſche Nachbarſchaft. Ihr Heerd ift Laibah, und Tübingen im ſchwäbiſchen Lande ihre Hauptwerfftätte; ihr Träger aber Pri-: mus Truber.

Geboren 1508 zu Rafchiza bei Auerjperg, ein Grundunterthan ber angefehenften Adelsfamilie des Landes, brachte ſich der arme

248 XIII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 II. (1526— 1576).

Dingen ihren Lauf, denn feine Mandate blieben lahm gelegt. Im Sahre 1552 war Truber nah Kempten als Pajtor überjiebelt; drei Sahre jpäter machte er mit dem Erzbiihof von Capodiſtria, PB. Vergerio, der als Freund des Lutherthums jein Bisthum und Vaterland verlaffen und in Würtemberg eine zweite Heimath gefunden hatte, Belanntichaft, denn diefer ftrebte eine ſlaviſche Bibelüberjegung an. Unter manden Schwierigkeiten begann Truber, der allerdings weder des Hebräiſchen noch Griechifchen mädtig war, die Evangelienüberjegung aus dem Lateiniſchen und feit 1560 trat er in wichtige Beziehungen zu dem proteftantenfreundli- hen Kaijerjohne und Thronfolger Ferdinand’s J. Marimilian (II.), und befreundete fi mit dem Freiherrn Hanna Ungnad, der in Folge des Keligionsmandates Ferdinand’s 1558 dem Vaterlande den Rüden fehrte und eine zweite Heimath in Würtemberg fand.

Ungnad verwendete das Einkommen jeiner ihm verbliebenen Güter für SHeritellung windifcher und croatiſcher Bibelterte durch Truber und defien Gehülfen, den Sftrianer Stipan Sftrianin, oder Stephanus Conſul aus Pinguente in Sftrien und den Prieſter Anton, Sohn des Dalmatiner Alerander Dalmata. Marimilian förderte durch Vermittlung des Ambros Fröhlich” mit Aufmunterungen und Geld das lobwürdige Unternehmen.

Die krainiſchen Stände riefen Truber nad) dreizehnjähriger Ab- mejenheit in’s Land zurüd. Hier wirkte er vom Juni bis Auguft 1561 mit entjchiedenem Erfolge; begab ſich jedoh dann wieder in Begleitung der beiden Türfenflüchtlinge oder Uskoken, des Serben Popovich und des Bosniers Maleſchevaz nad Tübingen zu: rück, um fih dem Lieblingswerfe feiner veformatorischen Thätigfeit zu widmen. Erſt im Sommer 1562 bewogen ihn die Krainer Stände wieder zur Heimreile. Der Laibacher Biſchof Petrus verfuchte aller: dings Truber’s Aufenthalt in Laibach unmöglid zu machen; aber die Stände hielten die I hügende Hand über ihm und auch die Gönner: haft Marimilian’s war von Nuten. Ungnad felbft, welcher mit allen Mitteln den windifchen und croatifchen Bücherdrud in Tübingen förderte, erlebte nicht mehr die Herausgabe des Hauptwerfes, der windiſchen und croatifchen Bibel; er ftarb den 27. December 1564. Truber, nad Ferdinand's I. Tode durch deffen Nachfolger, Erzh. Karl, verbannt (1565), erjcheint noch einmal 1566 auf Furze Zeit in der Heimath, um dann für immer von ihr zu fcheiden. Er ftarb 1586, 29. Juli, auf feiner würtembergiichen Pfarre Derendingen . im 78. Lebensjahre in geiftiger Frifche, geachtet und geliebt. Ton 1566— 1584 Hatte er rüftig an feinen windifhen Glaubensbüchern

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250 XIII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 II. (1526 1576).

(der katholiſche Chronift Kirhmayr ſpricht von mehr als taujend Hinrihtungen und findet diejes Verfahren viel zu hart) haftet er im Lande, zwiſchen welchem und der Hauptitätte des Anabaptismus, Mähren, mwojelbit der Tiroler Huter wirft, das Haupt der ſchwei— zerifchen Wiedertäufer in Tirol, „Georg vom Haufe Jakob“, ein fühner Schwärmer, engere Verbindungen feitigt. Ccheiterhaufen, Blod und Pfahl jcheinen vergeblih an der Ausrottung zu arbeiter; Schwaz und Hall, dann das Pujterthal find Hauptheerde der Wieder: täufer. Selbjt die grauenvolle, unmenſchliche Hinrichtung Huter’s, den e8 aus Mähren in die Heimath trieb (1535), fchredt den Anabap- tismus nicht; geräufchlos arbeitet er an feinem geordneten Beltande, und die geſetzliche Macht verſucht nun, ihn mit gelinderen Mitteln zu befämpfen.

Ja gerade die Steigerung der gemeinen Nothlage, des Pauperis- mus, jeit 1559—60, kräftigt ihn, und aus dem Kreije der Wieder: täufer, welche neben friedlicher, arbeitſamer Mehrheit einzelne wilde, communiftifche Tollköpfe zählen, erjteht ein alter Landsfnecht, BartImä Doſſer, der mit den Bufterthalern Jörg Mayr und Chriftian Wacht: , lechner 1562 nichts Geringeres plant, als den Umſturz der Dinge im Lande, die Vernichtung der Obrigkeit, des Adels und der Geiſt— lichkeit, der befigenden, privilegirten Klaffen, aljo einen neuen Bauern: rebell, der jedoch im Keime, Ende 1561 bis Anfangs 1562, erſtickt wird.

Im reihen Bürgerftande ber Vororte zählt der evan- liiche Glaube nicht wenige Anhänger. Zu ihnen zählt Lucas Geizfofler, deſſen zeitgefchichtlich wichtiges Tagebuch den Lebens: gang eines ſolchen weltläufigen Batriziers und Ereigniſſe ſchildert, welche, wie 3. B. die Bartholomäusnadht (1572), weit über die Marken Tirols hinaus lagen. *)

Wir haben des Ganges der proteftantiichen Bewegung in den einzelnen Erbländern gedacht und haben nun berjelben als eines wichtigen Momentes im ſtändiſchen Leben im Verhältniffe der Landſchaft zu dem Landesfüriten zu gedenten. War die Türfennoth das eine wichtige Bindemittel, ein an Stärke mit den Jahren wachſender Intereſſenverband, jo erfcheint als folcher nicht minder der Protejtantismus. Dort einigte die Nothwendigkeit, fich in die Laſten zu theilen und gegen die fteigenden Kriegsforde: rungen des Landesfüriten Stellung zu nehmen, hier das Be: ftreben, Glaubensfreiheit zu erringen, die Vertreter der einzelnen

2) A. Rolf, Lucas Geizkofler u. ſ. Selbftbiographie (1873).

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und den Rämmer Dcnrs : n & sro.

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252% XII. Qu: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 II. (1526— 1576).

Noch entichiedener treten die Stände 1547 auf, indem fie, in der Stadt Steyer eigenmädtig verjammelt, ihre Abgeordneten für den Augsburger Tag wählen. 1555, im Lctober, fordern die niederöfterreihiichen Stände, darunter au die Görzer, auf dem Wiener Ausfhußlandtage Slaubensfreiheit, und wie abweh— rend fih auch K. Ferdinand verhält, er muß mit den Thatjachen, mit der thatſächlichen Vorherrichaft des Proteftantismus rechnen. Seine Stellung als Kaiſer (ſeit 1558) drängt ihn jelbft zur Erfenntniß, die Glaubensjpaltung könne nur durch angeftrebte Zugeftändniffe des römiſchen Stuhles behoben werden.

Vor dieſer Schlußepodhe der Negierung Ferdinand’s tritt ein neuer Orden von weltgefhichtliher Zukunft in’s Leben, das jtärffte Küftzeug der alten nad) Wiedergewinnung der Alleinherrichaft ftre- benden römischen Kirche, die Geſellſchaft Jeſu, der ftramm gegliederte, kriegeriſche Orden Loyola's, die eigentliche ſtreitende Kirche, welche an die Stelle innerer Wiedergeburt und des Glaubengfriedens, den auch der Proteftantismus nicht ſucht, die Macht des äußern Erfolges ſetzt. Schon bei den Anfängen des Trienter Concils tauchen feine eriten Stügen, Salmeron und Lainez, dajelbit auf. Der Sa- voyer Faber und der Spanier Bobadilla erfcheinen in Deutichland. Aber als Letterer, von Ferdinand aufgenommen, gegen das Interim eifert, wird ihm der Failerlihe Hof verboten und er aus Deutich- land gewiejen. Jajus aus Annecy in Savoyen, einer der fieben Gründer der Geſellſchaft Jeſu am Mont Martre zu Paris (1536), Salmeron und der von aber für die Gejellihaft gewonnene Nym: weger Caniſius (eigentlih: Peter de Hondt, geb. 1521, T 1597) wirfen in Bayern, zu Ingolſtadt. Ferdinand will den Legtgenannten zum Biſchofe Triefts erheben; aber das ift nicht der rechte Platz für den Mann des Glaubensfampfes. Da erklärt im December 1550 Ferdinand an Loyola feinen Entihluß, die Geſellſchaft Jeſu nad) Wien zu berufen. Nicht um des Glaubenzftreites willen faßt der Habsburger diefen folgenſchweren Gedanken, ihn leitet die Anjchauung von der Nothwendigkeit, die Kirche, an der er gläubig feithält, den Katholicismus in jeinen Yanden aus deilen Verjunfenheit zu erheben und dazu eignet fich allerdings der junge, aufitrebende Orden, der mit großem Blide für die Zukunft tüchtige Köpfe für alle Aufgaben jeiner Miffion mit Glüf zu werben weiß und ebenjo gut über Spipfindigfeiten der Theologie bei den Disputationen, als iiber Reiz- mittel für den grobfinnlichen Geſchmack des gemeinen Mannes verfügt.

Ende Mai 1551 treffen zehn Drdensbrüber unter Führung des Lanoy in Wien ein. Bald erfcheint auch Jajus und übernimmt

XIH. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 IL. (15961576). 253

die Lehrkanzel der ſcholaſtiſchen Theologie; dem früh Hingeſchiedenen (1552) folgt Sanijius im Amte. Er ſchlägt das Wiener Bis- thum aus; weit höher muß ihm die Stellung als Provinzial des Drbens Für Deutſchland und das Wiener Univerſitäts-Rectorat gelten. Befriedigung gewährt der Curie die großartige Verbreitung des ge: ſchickteſten Rüftzeuges der katholiſchen Glaubenslehre, aus Canifius’ Fe: der, bes römischen Katechismus (summa doctrinae christianae), defjen Auszug insbejondere, der Kleine Katechismus, als wirkſamſter Hebel der Tatholifchen Neftauration, bis 1686 volle 400 Auflagen erlebt und in alle Spradyen überjegt wird. Nicht bloß der Proteftantismus, auch die römische Kirche ſucht fich jebt der Drudpreffe zu bedienen, um die Heiligthümer des Glaubens und deſſen Grundfäge in Scheide— münze für ‚bie Allgemeinheit umzuſetzen. Das Wiener Sefuiten: oymnafium "von 1552 eriheint als Mujteranftalt der nun ganz von der Geſellſchaft Jeſu beherrſchten „Lateinſchule“; auch die Uni: verfität, deren Reform um 1554 in Angriff kömmt, wird allmählich ganz in ihre Hand gelegt.

Bald tauchen die Genoſſen Loyola's auh in Prag und Inne- brud auf. Immer weiter dehnt fih die Wirkfamfeit des Ordens in der neu gewonnenen „öfterreichiichen Provinz”. Seine Shüchternen Anfänge in Ungarn, unter dem Graner Primate Nikolaus DIäh’s, laſſen fich erft jpäter würdigen.

7. Das Kaiſerthum Ferdinand's I. und das Trienter Concil

(1558 1568). 8. Das Haus Perdinand’s I. Die Inneren

ſtaatlichen Berhältniffe. Die Erbtheilung und erdinand’s Tod (1564).

Literatur. (Bgl. bie allg. Lit. u. die zu Abſchn. 1. u. 4.) Litterae secretiores Ferdinandi I. pro obtinenda Eucharistie s. u. in gratram Maxim. IL. Boh. regis 1560... Helmstadii (1719). Briefe des Card. Con mendone (1569), h. v. Giovanni; Miscell. di storia Ital. VI. (Turin 1865). Reiman, Der Streit zw. Papſtthum und Kaiſerthum i. 3. 1558. Forſch. 3. d. Seid. 5, ©. 1—18; Sendung bed Nuntius Commendone nad Deutfhland 1561; ebenda 7, 585—627. Ueber die consult. imperat. Ferd. L jussu constit. de artt, reform. conc. Trident.; ebenda 3, ©. 235—281 und über die relatio Hosii (de 3. von Ermeland), ebenda 186—193. Vgl. j. Abh. in Sybel’s hiſt. Ztſchr. (1873) S. 24—39. (Sidel’8 Publ. ſ. m. u.); F. Ortloff, Geſch. der Grumbach'ſchen Händel (Jena, 1868—1869). (Ngl. bift. Stiche. v. Sybel, 21. Bb., 199—203.)

254 XIIL Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s IL. (1526— 1576).

Ueber das (Trienter) Soncil die Werke von Paolo Sarpi (1619), Sp. Tallavicini (1656), Le Plat (1781 f.), Pland (1791 ff), Raleottus (1842)... Döllinger, Beitr. 3. polit., kirchl. u. Eulturg. ſ. o. I. Bd. (1862); Sidel, 3. Seid. des Concils von Trient (1559 1563), Actenſt. aus öjterr. Arch. (Wien 1872). Das NReformationslibell des K. Ferdinand I. v. J. 1562 bis 3. Abjendung nad) Trient. Arch. f. K. öjlerr. G., 55. Bd. (Die fit. ü. Max II. ſ. m. u.) vgl. 2. Bod., ©.139— 172; Theiner, Acta genuina s. c. oe. 1874. 1.2.

Ueber Ferdinand's I. Familie |. Buchholz a. a. O., 8. Bd., über Phi— lippine Welfer die Auff. in Hormayer's Tafchenbuch (1847, 1848), (fie u. i. Kinder aus d. Ehe mit Erzh. Ferdinand II. betr.) 3. innern Geſch. d. Reg. Fer: dinand'3 I. vgl. Buhholk, 8, 9. Bd, Bidermann, Geld. d. 5. Gef. St. dee, J.; Oberleitner, Defterr. Finanzen und Kriegsweſen unter K. Ferd. I. v. J. 1522—1564. Ar. f. K. öſterr. &., 22. Bd., ©. 1—231; Firnhaber, SHofitaat i. %. 1554, ebenda 26. Bd.; 3. Chmel, Antwort auf e. Rathſchlag der o. öfterr. Reg. z. Innsbruck v. 1562, ebenda II. 137--172; Die Leichen eben z. Ehren Ferdinand's verzeichnet b. Schmit:Tavera II., S. 135 —6. Val. auch den Auff. in Hormayr’3 Arch. I. 1817, ©. 60 f.

Erit Ende Februar 1558 bradten die Sendboten Karl’s V., der Dranier und der Reichs-Vicekanzler Seld die förmliche Ab- dankung Karl’s V. vor die Kurfürften. Diefe legten Ferdinand I. eine neue Wahlcapitulation vor und fchloffen eine neue Einigung (18. März). Der Sljährige, hartfinnige, den Habsburgern abge: neigte Papit Baul V., voll des Grolles über den Augsburger Re— ligionsfrieden und Ferdinand's Glaubensduldung, erklärte fih in dem Confiftorium der Cardinäle jehr entihieden gegen den Schritt Karl’s V., von dem „Jedermann wilfe, daß er des Verftandes nicht mädtig ſei“ (!). Ferdinand's Sendbote, der Oberſtkämmerer Frh. Martin von Guzman, fand daher mit der Anzeige der Nach: folge feines Herrn im Kaiſerthume und der gewährten Audienzerflärung feine freundliche Aufnahme. Das Cardinalscolegium verlangte, Fer: dinand folle die Beitätigung beim römischen Stuhle nachſuchen, fi von den Anfchuldigungen der Broteftantenfreundlichkeit, der fegerifchen Gefinnung feines Erftgeborenen u. |. w. reinigen, den fchuldigen Gehorfam geloben und den berfömmlichen Eid leiften. Der Papft Tcheint noch weiter gehen zu wollen; da legt fih Philipp II. von Spanien in’s Mittel und Dr. Seld rüftet zu einer möglichft gemäßigten, aber in manchen Stellen ganz unverblümten Schrift wider die Anmaßungen des Papftthums gegen den neuen „erwählten römiſchen Kaifer”, wobei ihm die Forſchungen des fleißigen Aven⸗ tinus (Thurnmayer, T 1534) zur Grundlage dienten.

Paul III. ftarb, ohne die Hand zum Ausgleiche geboten zu haben; ber gefchmeidigere, milder und weltflüger geartete Mediceer

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Rins IV. (1559-1555 wir u dem Sie. An dr naeiiden

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land md tel mir ne renztstbniiden, nabeiehiin Korer mer dinand I. berbeifübren. So cr formt & wem Ententen Noms m der Kaiſerrraze. Ten 25. Tesenixr 1559, neh rierrmionuttiihr Racan; Fapıı geworden, irrikt Vius IV. ieine Bereimiiliofet im Saminalcontitorium aus, Ferdinand enzuerkernen ı30. Decemder). Ten 10. Februar 15650 eridbein Grat Sirione Arco, iputer Chernlämmerer ımd Ratb Des Kaiters, als Rotrichaiter in Nom und läßt ſich nad längerem Sträuben berbei, der Teriberung der Ebr erbietung und Hochachtung nob das bedenklichere Rort „Geboriam“ (obsequium) beisurügen. Ten 17. Februar mar Alles acordnet.

Die ſchwerſte Sorge Ferdinand's war jedoch noch nicht erledint der Glaubenstriede. Tom drobenden Türkenkriege aeünuitiat. batte er den Ausſchußlandtag der niederöfterreibiichen Provinzen 1556 im Januar nah Wien entboten und hier aenualam erfahrt, wie entichieden die Abgeordneten der proteſtantiſch uelinnten Stände fd an den Augsburger Reliaionsirieden zu klammern gedachten. Immer rüdiihtsloier machte jih in feinen Rathe die Anſchauung geltend, man müre den Laienkelch und die Rrieiter: ehe geitatten, dann käme man über die Glaubensipaltung leicht hinaus. Dies fam ſogar im Gardinalsconclave vor der Wahl Pius IV. zur Eprade. Es jollte ih nun zeigen, melde Stellung der neue PBapit zu dieſen Zugeitändniiten einnehmen würde und wie es mit dem Concile erginge.

Die Trienter Kirhenverjammlung in ihren bisheriarnt Schickſalen erjcheint jo recht als Spiegelbild des päpitlihen Miß trauend gegen die Concilidee und der Abneigung des Proteitantis: mus wider eine Smode, in welcher nach feiner Vorausſetzung der KRatholicismus die Rolle des gekränkten Vaters übernehmen würde, der Proteſtantismus bie des verlorenen reuigen Sohnes zu jpielen hätte. Bor 15 Jahren (1545, 13. December) in der St. Vinilius: kirche eröffnet und dann fechsmal ſuſpendirt und prorogirt, war fie 1552 erft zur 15. Sigung gelangt und ging dann wieder auseinan- der, ohne einen proteftantiichen Fürften in ihrer Mitte geſehen zu Haben. Im Sabre 1547 einer Seuche wegen nad Bologna übertragen, was allerdings den Herzenswünſchen der Curie entiprad), finden mir fie feit 1. Mai 1551 wieder in Trient in der Rirche St. Maria Maggiore. Dftern 1560 neu eröffnet, aber nur von neun Bilchöfen bejucht, mußte fie abermals verjchoben werden, und

956 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

nicht anders im December defjelben Jahres, als ſchon an zweiund⸗ neunzig Bilchöfe beifammen waren.

Kailer und Bapit wünſchten die proteitantiichen Fürften zur Beihidung des Tridentinums zu bewegen. Bon Seiten Pius IV. war 1561 dieſe Rolle den gewandten Legaten Francesco Commen⸗ Done und Zaccaria Delfino zugedadt. Der Naumburger Fürftenconvent vom Januar und Februar 1561 erklärte den kaiſerlichen Geſandten: im Trienter Concile Tein allgemeines erbliden zu können, den Legaten dagegen, nur der Kaifer, als Oberhaupt des Reiches, jei berechtigt, eine jolche Synode einzuberufen. Die Miffionen Gommendone’3 und Delfino’s an einzelne Fürftenhöfe Hatten feinen befleren Erfolg. In Erfurt fam e8 zu einer Entſchuldigungsſchrift der Proteftanten an den Kaiſer, daß man das Concil nicht bejchide und zu einer förmlichen Ablehnung defjelben.

So ſchließt fih das Tridentinum in jeiner legten und wid): tigften Phaſe zur katholiſchen Kirhenverfammlung ab, deren Beichlüffe den ganzen dogmatiichen Bau der ecclesia romana mit eiferner Feltigfeit aufführen. Gegenüber der Zerfahrenheit des Vroteftantismus, der überwuchernden afatholifden Sectenbildung eriheint diefe Einheit und Einförmigfeit des römiſch-katholiſchen Glaubens ein großer äußerer Gewinn; man mußte ihn jedoh um einen noc größeren innern Verluft erfaufen: denn nun erjcheint der Slaubenszwieipalt unverjöhnlih, das katholiſche Kirchenleben kryſtalliſirt, und die Theorie päpftlicher Allgewalt eritarkt in einer Weile, die am beiten zeigt, wie ſtark fchon dabei die Geſellſchaft Jeſu in ihren Vertretern betheiligt war. Und doch ſchien auch dies Concil in den Augen des römischen Stuhles gefährlich, da die beiden romanijchen Nationen, Spanier und Franzofen, mit ihren Ne: formationsartifeln den Curialiften in die Dueere famen und am KRaiferhofe der Ausgleichsgedanfe Hand in Hand mit ber bee ber Kirchenverbeflerung ging. Ferdinand wünſchte ernſtlich Verftändi- gungen im Glaubengftreite, Concejfionen an den Proteftantismus; er wünjchte darum auch vor der legten Eröffnung des Tridentinums ein neues Concil: zu Koftnis, Köln oder in einer andern durch ihre Entfernung von Italien günftiger gelegenen deutichen Stadt. Der römiſche Stuhl hatte das Gutachten des Kaiſers in Händen, worin der Laienkelch und die Prieiterehe auf's Dringlichite empfohlen wurden. Cein Botjchafter in Rom, Prospero Arco, Bruder des Scipione, und die Concilgefandten: Sigismund von Thun, Anton Brus aus Müglig in Mähren, Biſchof von Wiener-Neuftadt, dann Erzbiſchof von Prag, Georg Draskowich, Biſchof von Fünffirchen,

258 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 II. (1526—1576).

Schon feit April 1563 nahm der Legat Morone das fchwierige Merk, den Kaiſer zu bearbeiten, in feine gefhidte Hand. Den 21. diefes Monats war er in Innsbruck eingetroffen und bier ſetzte ed namentlih im Mai Vorjchläge, Replifen und Duplifen ab. Der Cardinallegat fträubt fich beharrlih, auf die Reformfrage einzugeben; er giebt jedoch immer abfichtlicher zu erkennen, Ferdinand könne auf directe Zugeftändniffe der Curie reinen; dagegen jei der baldige Schluß des Concils eine Dringlichleitsfrage. Man wolle nicht über den October hinaus zufammenbleiben. Nur ungern gab Ferdinand das Concil preis, das am 3., 4. December 1563 mit der 25. Seſſion fein Ende nahm; er hatte faum den Laienkelch als Zugeſtändniß durchgeſetzt, und bald zeigte es fi, wie wenig Rom, der Trienter Sorgen ledig, jeinen Wünſchen in der Kirchenfrage entgegenlam. Nur die utraquiftiide Communion wird zugeftanden, wie die päpftlicden Breve vom April 1564 an Salzburg, Aquileja und Prag beweifen, von der facultativen Priejterehe ift nicht weiter die Rede. Die Einführung der Trientiner Beſchlüſſe in feinen Zanden erlebt Ferdinand nicht mehr; auch 1586, unter feinem Enkel Rudolph IL, kommt es nicht dazu. Selbit im 17. Jahrhun⸗ derte finden wir bloß das Ehedecret der 24. Concilſeſſion von kirch⸗ liher Seite zeitweilig veröffentliht. Eine formelle Einführung ber Beſchlüſſe erfolgte auch) damals nicht, wenn fie auch thatjächlich Gel- tung fanden.

So war die Glaubensfrage ein dorniger Pfad des jehsjährigen Kaiſerthums Ferdinand’s I., und eben jo unerfreulich drohte ſich ber böfe Grumbacher Handel zu geitalten, als die Genoffen des oftfräntifchen Ritters Wilhelm von Grumbach defjen allerdings gewaltthätigen Lehensherrn Melchior Zobel, Biſchof von Würzburg, erſchlugen (1558, 15. April), Grumbach, 1553 ein Helfershelfer des Kulmbader Markgrafen Adalbert, nad Frankreich floh, und von da aus 1563 einen Einfall in’s Würzburgiſche, aljo einen Landfriedensbruch, in Scene fegte. Nun mußte Ferdinand über den Frieblojen die Acht verhängen.

8. Die glüdliche Ehe Ferdinand’s I. mit der jagellonifchen Anna, einer Frau, deren hausmütterliches, jchlichtitrenges Wefen am beiten in der uns überlieferten Ordnung zum Ausbrude gelangt, welche fie für die Erziehung und Beköftigung der Prinzeffinnen aus- ſpricht, gab fünfzehn Kindern, drei Söhnen und zwölf Töchtern das Leben. Sechs Prinzeffinnen des Haufes Defterreich ſchloſſen Ehen, welche es mit Bayern, Jülich, Mantua, Polen, Ferrara

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Die Geibide Des Hanies rubum aut den drei Söhnen. Der Critgeborene, Mar, der ven Namen des Großvaters aufitiicht (ed. 31. Juli 1527 , bilder mit ſeinem leiwnsluitigen Deien, feiner pro: teftantiihen Geñnnung und dem trüb bervortretenden Zuge nad Selbttändigfeit einen Geaenitand ihwerer Zoraen des itrenalchigen, tatholiſch⸗ irrenaaläubigen Waters. Am aneliten tritt Dies in dem ſcharfen Ermabnungsichreiben Ferdinand's I. vom 14. Februar 1547 an den zwanziajährigen Mar bervor, und der Gegenſatz der von: feſſionellen Anichaumgen Beider, in den Mannesjahren Des Thron: folgers immer entichiedener, verliert erit acaen das Ende er Ne: gierung ;serdinand’s I. an Schärfe, da dieier jelbit um des Glaubens⸗ friedens willen und Angeſichts des jittlichen Verfalles im katholiſchen Kirhenweien, die Bahn der Reformvorſchläge und Zugeſtändniſſe betritt; Marimilian II. dagegen dem unausgelegten Drängen bes Vaters, den förmlichen Trohungen, ihn ebenio zu erniedrigen, als er ihn emporgehoben, in Bezug jeiner proteitantiihen Haltung nad: giebt. Er ſelbſt erwähnte der heftigen Scenen mit dem Vater (1560) in vertraulichen Briefen.

Don anderer Art zeigt fich die Unannehmlichkeit, die der Zweit⸗ geborene, Ferdinand (II.), geb. 14. Juni 1529, der Liebling des Baters, diejem verurſachte. Es war die Entdedung der gebeim ab: geichlofienen Ehe des Erzherzogs mit Philippine, der jchönen, feingebildeten Tochter des reihen Patrizierhauſes der Augsburger Welſer, deren Factorei zu Venezuela an der Küſte Sildamerika's zeigt, wie weit der Großhandel ſolcher reihsftädtiicher Geldmächte griff. Durch diefe Ehe Freuzte der Sohn den väterlichen Plan, ihn mit einer Tochter des Franzöfifhen Bourbonenhofes zu verbinden,

1:*

260 XIIL Bud: Die Zeiten Ferdinand’3 I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

Breznic, dann Bürglig, das böhmiſche Kronſchloß, waren die Aufenthaltsorte der Geliebten und jeit 1557 Gemahlin des Erz- herzogs. Hier famen 1560 —62 die Pfänder diefes weltfcheuen, ehe⸗ lichen Glüdes, zwei Söhne und ein Zwillingspaar zur Welt, die, um den Schein zu wahren, als „Findlinge“ gelegt, gebracht und getauft wurden. Der Erzherzog, an Brag als Statthalter gebunden, konnte nur zeitweilig, wie als Gaſt, den häuslichen Heerd bejuchen. Eine Hauptrolle in diefer Idylle fpielt die kluge Muhme Philippinen’s, Ratharina (Tochter des reihen Jakob Adler, Bürgers der Reichsſtadt Speier, vermählt mit Herrn Georg von Zoran oder Logichan, deutſchen Vicefanzlers, den wir ſchon 1527 —1528 als Diplomaten Ferdinand’s in Polen und Ungarn finden und um 1551 als tobt anfehen dürfen), eine der ſchönſten Frauen ihrer Zeit. Es war Phi: lippine Welfer, die Gattin und Mutter, welche (1561) den unhalt- baren und unleidlichen Schleier dieſes verborgenen Familienlebens mit entichloffenem Muthe vor den Augen des Vaters ihres Gatten lüftete. Ferdinand I. ftand der Gewalt der Thatſachen gegenüber, die Bitten und Thränen der jchönen, beredten Schwiegertocdhter er: weichten ihn; er gewährt dem Ehepaare Berzeihung, er anerkennt die morganatifhe Ehe, aber in der Urkunde, die darliber ausge: fertigt wird, müſſen die Gatten emwiges Schweigen eidlich geloben. Ihre Kinder dürfen weder Titel noch Wappen des Hauſes Oeſter⸗ reich führen, fondern nur fchlechthin „von Defterreih” (d’Austria) heißen. Ein Erbrecht gebührt ihnen erit dann, wenn der ganze Mannsitamm der Dynaftie erlöjche.

So kam es erit 1576, lange nad) dem Tode des Raifers, zur Veröffentlihung der Che, indem B. Gregor XI. den Erzh. Fer: dinand, feit zwölf Sahren bereits NRegenten Tirols und ber Vorlande, feines Eides entband.

Der Jüngſte der Söhne, Erzh. Karl, fam den 3. Suli 1540 zur Welt. K. Ferdinand’s Inſtruction für den Hofmeifter und Er: zieher des Prinzen (1550, 10. September) zeigt am beiten die ftrengen Grundfäge, nad) denen Graf Leonhard von Harrach ver: fahren follte. Erzh. Karl galt bei den Zeitgenoffen in feiner Jugend durchaus nicht ala jener energifche Katholif, als welcher er in der jpätern Zeit erjcheint. Der engliſche Agent Mundt berichtet Ende 1559 an den engliſchen Staatsfecretär aus gleich zu erörternden Gründen, der Prinz fei dem älteften Bruder Marimilian gefinnungs: verwandt. Chriftoph von Würtemberg bezeugt dies auch (Februar 1560) und erwähnte, Erzh. Karl habe dem Vater das eibliche Ge-

262% XI. Bu: Die Zeiten Ferdinand’3 I. u. Marimilian’3 II. (1526—1576).

den Erzherzog nahm und feinen Zugeftändniffen an die Proteftanten beharrlih in den Weg trat. *)

Die Zufunft feines Haufes ordnete Ferdinand durch die tefta- mentarischen Verfügungen vom 17. September 1532 (Xinz), vor der in Ausfiht genommenen Entſcheidungsſchlacht mit den Türken, ferner vom 1. Juni 1543 (Prag), denen fidh codicillarifhe Verfügungen vom 4. (und 14.) Februar 1547 und 10. Auguft 1548 (Augsburg) beigejellten. Die widtigfte Hausordnung knüpft fih an den 25. Februar 1554 (Wien); denn fie verfügt die Dreitheilung des ganzen Befiges unter die Söhne, die Bildung dreier Linien, feine glüdliche Maßregel, welche an ältere Vorgänge mahnt. Der Erftgeborene, Mar II., befigt das Hauptland Deiterreih, Ungarn und Böhmen, ihm ift die deutſche Kaiferfrone und die Oberleitung des Haufes zugedadht. Der Zweite, Ferdinand (II.), erhält Tirol und die Vorlande zugemiejen; der Dritte, Karl, Inneröfterreich, mit der GSteiermarf als Hauptlande. Ein weiteres Cobdicil vom 10. Auguft 1555 enthält ernfte Mahnungen, vor Allem an Mar, in der Glaubensfrage. Er folle feine Frau („Eure heilige, eheliche und fromm Gemahl“) gut behandeln; die Einigkeit des Hauſes wahren, wohlmollend gegen die Schweitern fein, fie nicht an Ketzer verbeirathen u. ſ. mw.

Das Staatswefen Defterreihs unter Ferdinand I. zeigt Anläufe zur größern Centralifation der Verwaltung, beffern Gliebe- rung der Verwaltungsbehörden, die mwachjende Bevormundung des landesfürftlichen Städteweſens und den Fortſchritt polizeilicher Staats: gewalt. Vor Allem mußte das Kriegsweſen die wichtigite Seite der Regententhätigfeit abgeben. So kommt es zur Schöpfung des Hof: friegsrathes, der eigentlichen Gentralbehörbe, zu den Anfängen des croatifch = flavonischen und inneröfterreihiichen Vertheidigungs- ſyſtems, der füböftlihen „windifhen” Militärgrenze. Für die Geſchichte des Steuerweſens bildet die Epoche Ferdinand’s eine reihe Duelle, denn Kriegsgefahr und Kriegebebürfniß ließen den Fürften und die vielgeplagten Länder nicht zur Ruhe kommen.

Die Fäden der eigentlichen Regierungstunft liefen in dem Ge: beimrathscollegium der Geheimräthe zufammen; es war bie Minifterconferenz des Erzherzogs, Königs und Kaiſers.

®) Ueber die obigen Heirathöprojecte vgl. die Abh. in Hormayr's Tichb. (1848), ©. 55. f.; Schloffberger in den Forſch. z. deutfchen Geſch., V., ©. 1—69 (1865); Wertheimer in ben Ertekezösek b. ung. Afad. (1875) (Sep.:X.); im Allg. auch Hurter, Geſch. K. Ferdinand's IL u. f. Eltern, J. 8b.

964 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand’s J. u. Marimilian’3 II. (1526— 1576).

Amtsverwalter der Burghauptmannihaft Steger, längft zugehörte. Den Einfluß in den wichtigſten Geſchäften theilte Hofmann mit dem Schwaben Georg Bienger von Rottened aus Ulm (geb. um 1500, T 1577), Zögling der Wiener Hochjchule, der er als Doctor der Rechte, dann geheimer Hoffecretär zu Innsbruck und, was eben nicht häufig war, des Franzöliihen mächtig, dann nach dem Tode des Cardinalbiſchofs Cles als Vicekanzler und bald als ge— heimer Rath (jeit 1547) immerdar wohl geneigt blieb und mit Sigismund von Herberftein, einem bereits oft genannten Diplomaten erften Ranges, Dr. Philipp Gundl aus Paſſau und dem Wiener Domherrn Ambros Salzer aus Preßburg zu den damaligen Leuchten der Univerfität gehörte. Auch Gienger’3 Stammgenofjen Dr. Jakob Jonas (F 1558), früher Profeffor des Hebräifchen zu Tübingen, feit 1541 geadelt, der eifrigfte Sefuitengönner, und Joh. Alb. von MWidmannjtet aus Nellingen verdienen als Berfonen von Gewicht Erwähnung. Gleiches gilt von Johann Trautfon, Frhr. von Spredhenftein, Kaspar Freiheren von Bolheim und Wartenburg, Geheimrathe, Kämmerer und Landeshauptmann Über : Defterreichs T 1533), von dem ältern Hanns Fernberger von Egenburg (T 1553), Oberitfecretär, Vicedom- und Erblämmerer in Oberöfter: reich, von Hanns Leble (Löble), Taiferlihem Rathe, Burgvogt zu Enns und Pfennigmeifter (F 1536), Leopold Heyperger, Ferdi: nand's I. KRammerdiener, dann Hofzahl-, Schatmeifter und Burg: graf in Wien -(F 1557), deren Einzelne noch in die marimilia- nifche Epoche zurückreichen. Bon Kriegsmännern hatten den größten Einfluß bei Hofe die Herren Leonhard II. von Colonna:Fels (Völs, Vels), Neffe Leonhard’s I. (F 1530), eines wadern Landes⸗ und Fürftendieners in jchmeren Zeiten Tirols. Seit 1528 oft in Kriegs: und Friedensjachen Ungarns genannt, ſodann in der Türfen- belagerung Wiens galt Leonhard IL. auch viel im Rathe Ferbinand’s. Sein Genoffe, und als folcher noch mächtiger bei Hofe, war Wil: helm I. von Roggendorf (geb. um 1481, T 1541), den wir in den verjhhiedenften glänzenden Zebensftellungen und Staatsgefchäften feit 1503 bereits vorfinden.

In den böhmischen Angelegenheiten genoſſen das königliche Ver⸗ trauen als oberfte Landeswürdenträger Hof: und als Verwaltungs beamte Oberftburggraf Sohann von Lobkowic auf Tyn, UOberft: hofmeifter Hanns Lobkowic, der älteite auf Zbirow und Tocnil und deſſen Vorgänger Wilhelm von Riefenberg-Swihow, ben Ferdinand mit Gunft und Ehren überhäufte, Oberft-Landesfämmerer Adam von Sternberg, Johann Martinic, Burggraf am Karl:

266 XUL Bud: Die Zeiten Ferdinand's L u. Marimilian’3 II. (1526—1576).

und dem Landeshauptmannne, welcher zur Entrüftung Ferdinand’s den Eid verlag, den er als Markgraf Mährens gejchworen, brachte man unter den Augen des Königs einen demonſtrativen Fadelzug. Ferdinand’s I. Lebensgang iſt höchit bedeutfam. “Der Sohn des Spanischen Landes, in deutſche Gebiete verpflanzt, bequemt fih immer verjtändnißreicher deutſcher Lebens: und Regentenan- ſchauung. Sn der zweiten Hälfte feiner Herricherzeit wiegen die beutichen Räthe und Bertrauten vor; die einflußreichiten Perſonen, ein Dietrichitein, Feld, Roggendorf, Hofmann u. X. find Freunde des PVroteftantismus. Cr felbit, der ftrenggläubige Katholit, wird von der Nothwendigkeit einer Reform der katholiſchen Kirche durch: drungen, er will allen Ernites durch bedeutende Zugeſtändniſſe ben Glaubenzfrieden gründen. Sein angeborenes Feuer, feine geſprächige Lebendigkeit, die Spanische Härte, wie fie im Anfange der Regierung, 3. B. am Wiener - Neuftäbter Gerichtstage, auftritt, weichen immer mehr dem feften, zähen Wollen, ruhiger Freundlichkeit und billiger Strenge, die nur felten übergreift. Minder bedeutend angelegt als fein Bruder, aber praktifcher, harmonifcher in feinem ganzen Weſen und darum auch gejchmeibiger dem Zwange der Berhältniffe gegen: über, ungemein mäßig im Lebensgenuffe, haushälteriſch, ſparſam, aber auch freigiebig, mo es galt, dienstwillige Ergebenheit zu lohnen oder zu gewinnen, fern jedem Glaubensfanatismus und jeder Selbit- überfhägung, aber beharrlih in feinen geklärten Lebensgrundſätzen und Ueberzeugungen, zählte diejer Herricher wenig Feinde, vielmehr einen großen Kreis billiger Beurtheiler, ergebener Diener und Ver: trauten, als er, zmweiundjechzigjährig, den 25. Juli 1564 aus dem Leben ſchied: keine ungewöhnliche, große Erjcheinung, aber eine geichichtliche Verfönlichkeit, die man verftehen und achten lernt.

9 Marimilian II. Deutfhland und die Nachbarmächte. 10,

Der Proteftantismns in den Erbländern, in Böhmen und Uns

garn. 11. Ungarn und die polniſche Frage. 12. Marimilian’s IL. Ausgang. Rüds und Borblid.

Literatur. Vgl. die Quellen u. Geſchichtswerke z. Abſchn. 1—8.

Dazu: H. Languet, hist. descr. susc. a Caes. Maj. executionis contra S. Rom. imp. rebelles ....... 1567 (Schardius IV.), vgl. J. Blafel, 3. Herbert Languet, I. Thl. (Oppeln 1872) (Diff.); Petr. Lotichius, panegyrici tres de laudibus Maximiliani I, (1562); Nic. Friſchlin, panegyrici tres de laudibus Maximiliani IL. et Rudolphi D. (1577); Dan.

268 XI. Buch: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526— 1576).

Marim. I. z. röm. K., in Schmidts Stich. f. G. 8. Bd.; DO. Krabbe, David Chyträus (Roftod 1870); Czerwenka, Geſch. d. evang. K. in Böhmen, II. Bd. Bol. au d. o. cit. Werk v. Klein, I.

Ungarn. Feſſler-Klein, II., Szalay, IV., Horväth, III. Szilägyi, Seh. Siebendb. i. magyar. Sprache, J.; Szalay, Btr. z. ©. d. XVI. Jahrh. (Adalekok a magyar tört... ..), v. Zanfo, Lazarus, Freih. v. Schwendi (Wien 1871).

Polnifhe Frage Thad. Pilinski, Diff. über d. poln. Interr. v. 1572 bis 1573 (1861); Reimann, Die poln. Königswahl v. 1573 (in Sybel’s bift. Ztichr. 1864, ©. 68—128); Hüppe, de Poloniae post Henricum inter- regno 1575—1576 (Breslau 1866).

9. Siebenunddreißig Jahre zählte der Erftgeborene Ferdinand’s, als er fein Erbtheil, die Herrichaft des Landes Defterreich, der Reiche Böhmen und Ungarn antrat, des deutfchen Kaiſerthums fich unter: wand. Hinter ihm lagen die Sahre der Jugend und’ erften Mannes: zeit. Vieles, Freudiges und Herbes, war durch feine Seele gezogen. Bor Allem hing dies mit feinem religiöjen Entwidlungsgange zu: ſammen. Als der Vater die unliebfame Entdedung machte, der erite Lehrer Marens, Auguft Schiefer (Severus), fei ein Schüler und Anhänger der Wittenberger Reformatoren, entfernte er ihn (1539) vom Hofe, aber der zwölfjährige Knabe erhielt an Peter Collatinus einen Erſatz, auch in religiöfer Richtung, denn der neue Lehrer war mit Camerarius, dem Genofjen und Biographen Melanchthon’g, eng befreundet. So mwurzelte bald das „Lutherthum“ im Herzen Mari: milian’s, denn überall in den Landen, auch am Hofe wehte pro- teftantische Luft, und diejes Gelüfte des Sohnes, vom alten Glauben zu weichen, das Bischen Jünglingstrog und die manchmal überfchäu- mende Lebensluft, ein leichtfertiges, ftrengen Sinn verlegendes Weſen machte dem Vater Sorgen und führte zu Verftimmungen und vor: übergehenden Zerwürfnifien, deren Nachwehen lange fühlbar blieben. Den 13. September 1548 ward die Ehe Marimilian’s mit der Tochter K. Karls V., feiner Baſe Maria, einer Frau häuslichen und frommen Sinnes abgejhloffen; doch es wuchs erft mit der Zeit ein innigeres Verhältniß und wurde das befte, troß Marimilian’s perfönliher Abneigung gegen das fpanifhe Wejen. Bald darauf (1548—49) übernahm Mar die ſpaniſche Statt: halterſchaft und gab fie auf, als das Project des Faiferlichen Oheims und Schwiegervaters zu Gunften der Thronfolge Philipp’s LI. in Deutichland die deutihen Habsburger erbitterte. Doch glichen fih wieder dieſe Spannungen aus.

Die Reformation befaß an Marimilian feinen entſchieden werk⸗

270 XI. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’3 IL (1526— 1576).

älteften Söhne Rudolph und Ernſt, offenbar auf kaiſerlichen Wunsch, an den ſpaniſchen Hof zu längerem Aufenthalte. Als Mar Ende Juli 1564 feinem Vater in der Führung des Haufes und im Kaifer: thum folgte, umgaben ihn ſchon zahlreiche Sprößlinge, ſechs Söhne und zwei Töchter, die zu ihren Jahren kamen.

Wichtige Lebensaufgaben harren des neuen Herrichere. Die deutſche Glaubensſrage fteht voran. Aller Augen find auf ihn gerichtet, man erwartet einen proteſtantiſchen Kaifer, deflen förm⸗ lien Abfall vom katholiſchen Glauben. Daß es nicht fo kam, daß Marimilian bei allem Wohlwollen für den Proteftantiemus, die Traditionen der habsburgiſchen Politik nach außen feithielt, war eine bittere Enttäufchung für die Iutheranifchen Kreiſe. Dean darf den Grund nicht bloß in der Scheu Marimilian’s vor den unbe- rechenbaren Folgen eines jolchen Schrittes, in dem ftarfen Einfluffe des eng verwandten ſpaniſch-habsburgiſchen Hofes ſuchen; er lag aud und zwar vornehmlich in feinem weichen vor dem fa- natischen Glaubenzftreite zurüdichredenden Gemüthe, in feiner Frie- densliebe und in der Bejorgniß vor den politifchen Uebergriffen des deutſchen Proteitantismus auf Koften des Faiferlichen Anſehens.

Mit allem Ernite betrieb Mar die Erledigung der päpftliden Zugeftändniffe im Intereffe des kirchlichen Ausgleiches. Schon 1565 lag es Far am Tage, daß von der Curie nichts zu hoffen ſei. Das bewies die Sendung des Cardinals von Altemps, der gegen die Unionsverjuche des Kaifers arbeiten jollte, die Haltung bes neuen PBapftes Pius V. (des Dominicaners Michel Ghislieri), welcher den 7. Sanuar 1566 die Tiare erwarb, die Miffion des Sardinallegaten Commendone nad Augsburg, um den Kaifer abzuhalten, auf dem beabfichtigten Neichstage einen Beichluß über Zulaffung der Priefterehe durchzubringen. Dem entgegen gab Mari- milian dem Verlangen der Curie, die Beichlüffe des Tridentinums überall verkünden zu laſſen und den Verlauf „Leßerifcher Bücher“ bintanzubalten, feine Folge.

Welche Ausfichten inneren Friedens bot aber die Religions: frage in Deutſchland felbft? Lutheraner und Calviner haßten fih bitterer als den Katholifen. Seit der edle höher blidende Me: lanchthon unter den kränkenden Berdächtigungen der ungeberbigen Iutheranifchen Eiferer vom Sclage eines Mathias Flacius Illyricus (eigentlid Frankovich aus Albona in Sftrien, geb. 1520; 1544 Brofeflor in Wittenberg; 1557 zu Jena ftarb als ruhelofer Mann des Streites 1575) und der Jenenſer Theologen er fei Kryptocalvinift, dem längft verftorbenen Werkgenoſſen im Tode ges

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10. Wir verfolgten den Gang der Reformation in ben brei

Hauptgebieten der Herrichaft Ferdinand’s und müflen und den Stand der Blaubensverhältnifje allda unter K. Max LI. vor Augen

9723 XI. Bud: Die Zeiten Ferdinand's L u. Marimilian’3 II. (1526- -1576).

halten. Wie es fich damit in den Landen jeiner beiden Brüder verhielt, wird anderorten zur Sprache kommen. Hier möge zunädft bes Landes Defterreich gedacht werden. Die Maßregeln Mari- milian’3 II. verrathen den erniten Entſchluß, den Gedanfen der Glaubensbuldung entſchieden zu verwirklichen. Die Maßregel vom 5. September 1564 verfügt den Wegfall des Tatholifchen Glaubens: befenntniffes bei den Promotionen der Wiener Univerfität. Eine andere Verordnung verbietet jeden priejterlichen Angriff gegen das Abendmahl unter beiden Geftalten. 1565 wird ben Sefuiten Seminar und Convict der adeligen Jugend entzogen, welches legtere 1560 K. Ferdinand in der alten Landſchaftsſchule gegründet hatte, und von 8. Mar II. den Ständen zur Bildung der Jünglinge vom Herren: und Nitterftande übergeben. Aber ebenjo entſchieden wies der Kaiſer als Landesfürit die Klagen über die Maßregeln bes Paſſauer Dfficials, als Gewaltträgers des Sprengelbifchofs, und ihre Forderung zurüd, es möge die augsburgiſche Confeſſion als bie einzig wahre und echt Tatholifche zur Geltung kommen. Mar er: klärte, der Religionsübertritt ſei dur) das Reichsgeſetz der landes⸗ fürftlihen Gewalt unterordnet. Auch verbot er den Wienern, ih als vierter Stand mit den Abdeligen über Glaubensfadhen zu verständigen, als jie der Landmarihall Wilhelm IL. von Roggen: dorf dazu einlud, und ftellte als Grundfaß hin (17. December 1566): daß ihm allein ſolche Verftändigung mit feinen Stabtbürgern vor- behalten bleibe. In der That hielt auch die Wiener Gemeinde an diefer Stellung den adeligen Ständen gegenüber feit. Das Sahr 1568 zeigt uns zwei Maßregeln des Kaijers, welche fein Wohlwollen gegen den Proteftantismus, aber auch feine Billigkeit nach der entgegen- geſetzten Seite kennzeichnen follten. Das Andringen der evangelifchen Stände am Wiener Landtage (1568) bemog K. Mar IL. zum Verſprechen der freien Religionsübung an den Adel Defterreich’s auf defien Gütern, im Haus und Schloß, unter der Bedingung, daß man fih von Seiten der Evangelifchen über die Kirchen: ordnung einig. Denn auch in das Land Defterreich war ber ärgerliche Streit eingedrungen, den Flacius erwedt hatte. Viele feiner Anhänger fuchten bier ihre Zuflucht. 1566 unterzeichneten 19 flacia- niſche Prädicanten ihr Belenntniß; Ziegler und Joſua Opitz, die Gefinnungsgenoffen Haubold’s und Berifterius’, wurden dann ihre Chorführer und der Landmarjchall begünftigte diefe Nichtung. Nun fam es durch die Stände zu der Berufung des berühmten Theologen David Chyträus aus Roftod, dem ber Kaiſer den gleich bedeu⸗ tenden ſächſiſchen Theologen Joachim Camerarius, Profeflor

974 XIU. Bud: Die Zeiten Ferdinand's L u. Marimilian’® II. (1526— 1576).

wälzen. Der Pernfteiner jperrt alle ihre Berfammlungshäufer. Erzh. Ferdinand II. als Statthalter hat die Weifung zu den ftrengften Maßregeln gegen die Brüder. Ihr Haupt feit Roh's Tode (F 1547) Augufta Sieht fih bald im Gefängniß (25. April 1548), die Löniglichen Verbannungsbefehle (den 13. Mai) zwingen feine Glaubensgenoffen zur Auswanderung. Diele finden im Lande Bofen gute Aufnahme; doch müfjen fie bald weichen und ziehen nach Königsberg. Noch jchlimmer drohen die Zeiten zu werden, bejonders feit der böhmischen Königswahl Marens (1549, 14. Februar). Nur in Mähren behauptet fi die Unität ungefährdet. Wir willen, wie allda (April 1530) die Stände entichieden gegen jeden landes- fürftlihen Eingriff in die Glaubensfreiheit auftraten. Auguſta und fein Freund Bilek ſchmachten in ſchwerer Haft im Kerker zu Bürglig, den die Fürſprache und werkthätiges Mitgefühl einer edlen Frau, Philip: pine Welſer, zu lindern ſucht. 1554 verbreitet fich das falfche Gerüht von der Hinrichtung des Erftgenannten. Neue Mandate eriheinen; nur zu Sungbunzlau, in dem Vororte diefer Genofjen- ſchaft, halten fich die Brüder gefahrlofer. Es ift die Zeit, mo auch der Sejuitenorden unter Führung des Canijius feine Thätigfeit beginnt (1555, April), unbehindert duch Grol und Hohn mit zäher Ausdauer und kluger Umficht fein Convict (1556), fein Seminar in Prag (1559) gründet.

Die proteftantenfreundlihe Gefinnung Marimilian’s II., des Kaiſerſohnes und Thronfolgers erfüllt die gemaßregelten Brüder mit neuen Hoffnungen. Ihr Sendbote Jan Blahoslam ſucht zweimal in Wien durh Pfauſer auf Mar einzumirten (1555). Die Hoff: nungen find aber auf lange Sicht geſtellt. Doch beſſert ſich die Sadlage; Ferdinand I. betritt ja felbft die Bahn der Zugeftänd- niſſe an den Broteltantismus; wenn er gleih in Böhmen am Kelchnerthum feitgehalten willen will; feine Strenge gegen die „Sectirer” ftumpft ih ab. Ein wirkſamer Anwalt der Brüder wird der faiferliche Hofarzt, dann Leibmedicus Marimilian’s IL, Johann Crato von Srafftheim, der Breslauer Bürgersfohn (geb. 1519), Schüler Wittenbergs und Luther's Tifchgenoffe, dann in Leipzig und Padua zum Arzte gebildet und von Augsburg nad) Breslau, endlih nach Wien (1560) überfiedelnd und hier jeit 1563 ſeßhaft. Crato ift eine Marimilian II. verwandte Natur. Blahos- law chreibt einmal über ihn: „An Crato fann die Frage geitellt werden, zu welcher Confeſſion er fich befenne. St er ein Calviner, ift er ein Zutheraner? Nichts von alldem. Uns will er mit Anderen verbinden, jelbft fteht er wie ein Baum vereinfamt in der Wüſte.“

276 XIU. Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Maximilian's II. (1526— 1576).

wird die legte, auf böhmischem Boden gejchriebene evangelifche Con: fejlion dem Kaiſer überreicht, welcher auch die heftigen Predigten des tatholiihen Probites von Altbunzlau, Wenzel Fronto mipbilligt. Zwiſchen dem 22. Auguft und 2. September der Landtagsjejlion lag die Entſcheidung. Das erjte Mal lehnt Mar die evangelijche Confeſſion höflich ab; aber ebenjo wie ihn die Geldbemilligungsfrage angelichts der äußern NReichsnöthen und der polnifchen Frage längit in die Enge trieb, fo war es jeßt überdies die Wahl feines Erſt— gebornen Rudolph zum Thronfolger. So kündigt der Kaiſer am 2. September die rüdhaltslofe VBerfiherung zu Gunften ver freien Glaubensübung der Evangelifhen an. Fünf Tage Ipäter begannen die Verhandlungen über die Wahlcapitulation, den 22. September war Rudolph bereits gefrönter König Böhmens. Den gewonnenen Erfolg ſuchen gleih die Proteftanten zu feftign. Es kommt zur Wahl von 15 Glaubensdefenforen aus den 3 Ständen. Hiermit war die Schugwadht des neuen Glaubens geboten. Aber jo wie in Defterreih begann auch in Böhmen die Zeit der Irrun—⸗ on: Das Weberjchreiten der Schranfen des Bewilligten auf der einen, die Einengung der Zugeltändniffe auf der andern Geite. Ueber die Glaubenszuftände im Ungarnreiche ift wenig zu jagen. Wir verfolgten fie bereits in ihrem Hauptgange bis über die Tage Ferdinand’s I. hinaus und haben hier nur Einzelnes nad): zutragen. So erjheint in der Schlußzeit des Trienter Concils das Schreiben des Primas Nifol aus Olah an die Kirchenverfammlung von höchſtem Belange (1563, 25. Mai), da darin mit ſchwerwiegenden Belegen für die Geftattung der Priejterehe als nothmendiges Heil- mittel eingetreten wird. Weſentlich neue Erjcheinungen find nicht zu verzeichnen; nur feitigt fich der Afatholicismus beider Lager, der Salvinismus im Magyarenthum, das evangeliihe Bekenntniß in den Deutichitäbten und im Slovakenvolke des Oberlandes. Bezeichnend it, Daß der Erprobit der Zips, Horväth von Lomnicza, in feinem . Teftamente K. Mar zum Bormunde feiner ehelichen Kinder beitellt. Anders, um fo wechfelvoller erjcheint die politiide Sad: lage des Ungarnreides.

11. Wie immer, wenn der Thronwechjel eintritt, knüpfen ſich viele Wünfche, berufene und unberufene Erwartungen an denjelben. So war ed auch ber Fall, ald Mar II. dem Later im Reiche Ungarn folgte, der Proteftantenfreund, der leutjelige ſpannkräftige Herrſcher in der Volltraft der Jahre. Aber die Getheiltheit des Neichsbefiges , die ſtarke Machtitellung bes alten friegsluftigen Sul:

XIIL Buch: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian's IL. (1826.-1876) 277

tans Zoliman im Ungarnlande, der nie raitende Parteifrieg und das eingewurzelte Mißtrauen der Magyaren wider die „Deutiche Herrſchaft“, der Groll gegen das „deutiche Söldnervolk“ waren Verhältniffe, in denen jih Maximilian II. nit jo zurechtfinden fonnte, um den überdies widerfprechenden Erwartungen zu genitgen. Rur ein kriegeriſcher, rücdjichtslofer König und durchſchlagende Er: folge waren da am Plate. Aber im Syeldlager fühlte ſich Mari: milian II. nicht heimisch und jcheute kühnes Wagniß im Kampfe. Auch fehlte ihm das große Geſchick Tyerdinand’s in praktiſchen Staatsfragen. Weberbies gebrach e8 namentlih in’ der erften Zeit und auch weiterhin an ausgiebigen Kriegsmitteln; die Geldnoth blieb die Klippe der bejtangelegten Unternehmungen.

Tas wußte am beiten jein waderer Syeldhauptmann Yazarıs von Schwendi zu beurtheilen, an deſſen Namen der Krieg mit den Zäpolyanern ſeit 1565 geknüpft erjcheint. Der Abkömmling eines Schweizer Adelsgejchlechtes, das, nach der Sempadjer Ent: ſcheidungsſchlacht (1386) in’s Schwabenland eingewandert, hier eine neue Seimath fand, trat Lazar, 1522 zu Schwendi an der Roth im würtembergifhen Amte Laupheim geboren, in Faiferliche Dienfte. Mit 28 Jahren bereits oberfter Kriegscommiflär, in den weitern Beitläuften als tapferer Streiter vor Magdeburg und Meb genannt, jpäter in Spanischen Dienjten unter Egmont und dem Mansfelder, fo 1558 bei Grävelingen, trat feit 1561 Lazar von Schwendi mit K. Ferdinand I. in Unterhandlungen über feinen Eintritt in deutich: babsburgifche Dienfte, doch führten fie erft unter Mar II. zum Abſchluß. Ein Mann von Bildung, der auch die Feder zu führen verftand und gewichtige Nathichläge niederichrieb, in Feld: und Staatsiahen, ja auch für die evangelifche Glaubensſache, der er eifrig anhing, das Wort Mug und männlich nehmen durfte, verdiente er fih bald das Lob der Unbeſtechlichkeit und eines menjchlichen Kriegers. Seine Tüchtigkeit in der Führung eines buntichedigen, oft ſchlecht oder gar nicht befoldeten Söldnerheeres verdiente nicht die übereilten Schmähungen der magyariichen Oppoſition.“) Er

*) Denn nicht blind war Lazar Schwendi für bie politiſche Sadjlage in Ungarn. In jeinen „Bedenken, was wider ben Türken vorzunehmen und wie man jich verhalten möge“, eine Denkſchrift v. J. 1566, bie in feiner Apologie: „Summariſch gemeiner Bericht, von dem anno (15)66 bis in 67 verfloffenen hungariſchen Kriegsweſen mwiber ben Grbfeind“ ihre Ergänzung findet, heißt es > 8 .... „bieweil den Ungarn ohnediß das beutfhe Regiment verdbadt und verhaßt, fo würbe fi (Fuer Majeftät, fondern Zweifel aus faiferlidem Gemüth und Verſtand deſto mehr aller faiferliden (Frzeigung und

978 XII Buch: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’8 II. (1526—1576).

und (jeit 1568) fein Nachfolger in der Feldhauptmannichaft, Herr Hanns Rueber von Pirendorf, aud Proteftant, Hinterließen bei den Deutjchen des Oberlandes ein gutes Andenken.

Anfang 1565 war Schwendi von Wien nach Eperies gekommen. Den Kämpfen gegen die Zäpolyaner unter dem waffentüchtigen Stephan Bäthory, die bejonders um Tofaj, Szatmär, Kövär, Nagy: und Felfübanya ſich entfpannen, folgten bald Friedensunter- bandlungen; denn Mar II. ſuchte den Ausgleid mit Sigmund 3ä- polya, wie er auch die Waffenruhe mit der Pforte im Sinne des Friedens von 1562 zu erhalten bemüht war, im Gegenfate zur Kriegsluft einer Ungarnpartei, deren Seele Niklas Zrinyi mar, der Meifter des Kleinen Krieges wider den Türken.

Sigmund Zäpolya fpielte Doppeltes Spiel; er ſchließt durch Bäthory und Stanislaus Nifodi, den Geliebten feiner verftorbenen Mutter, der verwittweten Iſabella, mit dem Bevollmächtigten Mari- milian’s, Schmendi, Frieden ohne Wiſſen der Pforte; verzichtet auf ben Königstitel, erfennt Marimilian’s Oberherrihaft an und verbürgt ihm den Anfall feines Beliges bei kinderloſem Hingange, gleich: zeitig aber fuchte er durd; Georg Beles, die Gunft der Pforte als „erwählter König Ungarns”. Stephan Bäthory arbeitete für den weiteren Krieg im Rathe Zäpolya’s und die harten Worte des Sultans gegen den Sendboten Marimilian’s Mid. Czernowié, jpäter (28. Juni) der Tod des Veziers Ali und Mehemed Szokoli's friegeriihe Gefinnung fündigten einen neuen Waffengang des alten Sultans an, der noch am Abende feines Lebens Großes gegen Habsburg zu vollbringen hoffte. Gleich die erſte freundliche Haltung der Pforte hatte den Fürjten Siebenbürgens veranlaßt, um Abände- rungen des Szatmärer Geheimvertrages in Wien feilihen zu laſſen und als dann Marimilian II. widerſtrebt, ja die Uebereinfunft mit Zäpolya dem Sultan eröffnen läßt, um den Fürften Siebenbürgens blos zu ftellen, kommt es zum Bruce. Schwendi, Andreas Bäthory und Franz Zay, dann der Führer der Jähfifhen Hülfstruppen, Gleifenthal, liegen gegen Sigmund Zäpolya und Haſſan Paſcha an der Theiß und Szämos im Felde. Der Tadel gegen Schwendi's

Milde gegen ihnen befleißen und ihnen genießen laffen: denn bereits ein Gejchrei unter ihnen gehet, ald ob Euer Majeftät die Zeit ber, meil fie regieret, feinen Ungarn ein Gnad erzeigt habe: bie gegen verheißt der Weida (Joh. Sigm. Zäpolya) jedermann goldene Berge und gibt auch was er vermag, das verur- fachet ihm einen großen Beifall.“

Das „Bedenken“ findet ſich volinhaltlich bei Janko 2. Schw. ©. 53—67; d. summ. gem. Bericht b. Koch B. ;. G. Mar. IL, J. S. 86—109,

980 XI. Bud: Die Zeiten Ferdinand's L u. Marimilian’s II. (1526—1576).

fterblichen Reſte Zrinyi’s an den Tag legte, ſchwindet die Erinnerung an die Ermordung Kabianer’s von Zrinyi’s Hand, an das Unruhige, Habgierige im Weſen diejes croatifch-ungarifchen Yandherrn; ein ſolcher Tod abelt das ganze Leben im Andenken der Nachmelt.

Dem Szigeter Drama, das durch viele Federn der Zeitgenofjen feine Verherrlichung gefunden *) ftellt fich feine Waffenthat des ſtarken Raiferheeres an die Seite, das zunächſt bei Altenburg und Komorn (jeit Mitte Auguft) Stellung nahm und dann vor Raab lagerte. Daß Sziget nicht entjegt wurde, daß die große Armee auseinander: ging, fiel den Ungarn ſchwer auf's Herz, und die vorhandene Un—⸗ zufriedenheit wuchs.

Der neue Sultan Selim I. ift dem Frieden mit Mar II. geneigt; Dagegen regt ſich Frifcher der Kampf Schwendi's in Oſtungarn mit S. Zaͤpo⸗ lya, dem Bundesgenofjen und Vafallen der Türken, mit denen nun der Kaiſer den Ausgleich eifrig unterhandeln läßt, jo daß den 17. Februar 1568 gegen den Wunfch des Fürften Siebenbürgens ein Friede auf 8 Sahre zu Stande fümmt, der gegen ein jährliches Ehrengeſchenk von 30,000 Ducaten an die Pforte den leidigen Stand der Macht— verhältniffe im Ungarnreide im alten Stande läßt. Berantius, Teuffenbach und Wyß vollbrachten als kaiſerliche Sendboten das ſchwierige Werk, das nicht auf den Dank Ungarns rechnen konnte, und auch den Kaiſer nicht befriedigte, da die Erklärung des Groß: veziers zu Gunften der Wahlfreiheit der Siebenbürger nach Zäpolya’s £inderlofem Tode die Ausfichten auf diefes Land kreuzten.

Auf dem Preßburger Tage (uni 1568), den Mar II. jelbft eröffnete, brady der Unmuth der Stände ſchon gegen die deutſche Sprache der Regierungsanträge als unerhörte Neuerung los. Man glaubte, der Kaifer wolle der Forderung des Augsburger Neichstages in einer Hinficht nachkommen und obſchon Marimilian diejes Mißverſtändniß zu befeitigen fich mühte und die Stände endlich dem Steuerbegehren nachkamen, wuchs die unerquidliche Stimmung. Sigmund Zapolya hegt bedenkliche Zukunftspläne. Er ftrebt die türkische Vermittlung an, um die Hand der Schweiter des Franzofen- königs Karl IX. zu geminnen und fih den Weg zum Throne Polens offen zu halten, wenn der letzte kinderloſe Jagellonenkönig aus dem Leben fchiede. Franz Forgäcs, der Großmwarbeiner Bifchof

*) Literatur. Die Belagerung E;iget’8 findet ſich zeitgenöfjifh von Forgach, XVI. B.; ECambucus, de Gyulae et Szigeti excidio (f. ſ. N. des Bonfinius), Budina (Schwandtner I.), Bizarus, Ulloa u. A. erzählt. Vgl. Szaͤmosközy und Iſthvaͤnffy (XXIII. Bud).

XIH Sf. Ir ca en L x

Eier Rınz, wir 23 xerinlter derer um ar Trrmaraliedı zus >. Samakertnirern dee Nur Nerertins und Der! Berre umvalzu wur. im Jiananr's vSager ader: Geotz Bocs kei, vr Anz ns Wernbinzikdun urn. weint Me Ri. veraxäcten Ich. Boiciia uud Sterdan Tode, kim Schmint. für den zit ansnchtsteien Wlan, Nr Subtuner vom uanurikbm Throne ;u dringen und ch demelben zuzurübren 1 156D), Schwendi« Radyrolxr im Ulercommunde Nordungarn. Sans Rueder. erdielt durch Georg Rakczo. Teremmm umd Kälniin die Anzeige der Ver ihwörung; ſelb von der Prorte lichen Warnungen an den Kaiſer ein, der nun teines Amtes aegen die Weichuldiaten dandelte. Tier Preßburger Augunt-Landtag aeitaltet ch umter dieſem Eindrucke gänttiger als die früheren für die Forderungen der Regierung.

Ja das Mißlingen des ſiebenbürgiſchen Planes. als deſſen angebliher Sauptanttitter Kaspar Belein uilt, bewog Dielen, den entgegengeiegten Weg, den Ausgleich Sigmund Jäpolua’s mit Marimilian, einzuſchlagen. So kommt es am Mühlenbacher Beſchluſſe vom 1. Jamar 1579, zur Weißenburger Admachung des Fürſten mit den Ständen über die Bedingungen des Friedens: werkes, denn die Haltımg der Pforte in letzter Zeit verſprach nichts Gutes dem jüngern Zäpolya umd feinem Lane. Boͤlkeſy eilt nad Brag zum Kaiſer und begleitet diefen nah Speier. Er und ber Polniſche Botichafter Konarski vollzogen allda die Stipulationen mit Mar II. Johamn Sigmund verzihtet auf den ungarifchen Könige: titel; doch bleibt er als fouveräner Fürit Siebenbürgens und „Herr der Theile Ungarns“ (partes adnexae) Bihar, Mittelſzolnok, Kraßna und Marmaroſch und eben jo fein eventueller Nachkomme. Beide Theile jchließen ein Schuß: und Trutzbündniß, das begreiflicher Weife vor der Pforte geheim bleiben fol. Würde der Fürft Johann Sigmund von den Türken verdrängt werden, fo erhält er zur Ent- Thädigung die ſchleſiſchen Fürftenthümer Oppeln und NRatibor. K. Mar wirbt für ihn um die Hand feiner Nichte, der Tochter Albrecht's V. von Bayern. Im Falle des erbenlofen Hinfcheidens bes Fürften dürfen die Siebenbürger fi den Nachfolger wählen, der den Titel „Wojwode und königlicher Statthalter der verbundenen ungarischen Reichstheile” führen fol und zum geheimen Trenefchwure an den König Ungarns verpflichtet iſt. Daß dabei Kaspar Velefy on fih dachte, ift unzweifelhaft. Die bezüglichen Zuſicherungen Marimilian’s werden begreiflih, denn nur fo ließ ſich die Loſung Siebenbürgens von der Gewalt der Pforte und die Schutzhoheit

9829 XIIL Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’s II. (1526—1576).

Ungarns durchführen. Kühl, zögernd, wurde diejer Vertrag von den Ständen Siebenbürgens aufgenommen; denn unter ihnen hatte Stephan Bäthory, der Gegner Békeſy's, großen Einfluß. Vol Berdruß, daß der ftipulirte Heirathsplan an der Weigerung Bayerns fcheiterte, in bejtändiger Furcht vor Racheplänen der Pforte ftarb der langeher kränkelnde Fürft mit 31 Jahren (14. März 1571). Der herbe Tadel Forgäcs, der feine Ausjchweifungen rügt, iſt nicht minder bedenklich ala das Lob jeiner Tugenden durch Michael Brutus; aber das Land fonnte nicht über ihn Hagen. Diefer Todesfall ließ aber die Ernte Békeſy's nicht reifen; denn Schon am 25. Mai 1571 ericheint Stephan Bäthory als Wojwode gewählt, der unangenehmite, der für Marimilian erftehen fonnte. Der Verſuch des Kaifers, durch die Erneuerung Beleiy’s das Geſchehene zu durchfreuzen, mißlingt, und jo findet ih Mar bewogen, mit Rüdfiht auf die drohende Haltung der Pforte und das Aufdämmern der polniſchen Thron: frage, der Anerkennung Bäthory’s Raum zu geben, als dieſer die Anerkennung des Speierer Vertrages und Huldigung anbot.

Das ift der Anlaß zur Betrachtung des PVerhältniffes zwijchen Marimilian II. und dem letten Jagellonen, der in finder:, liebe- und freubdenlofer Che mit der vermwittweten Schweiter des Habsburgers ſeit 1553 verbunden war. Der Schwager des Habsburgers wünſchte die Kurfürftenmwürde im deutjchen Reiche als Oberherr Preußens ; er ließ durch ſeine Botſchaft die Gefahren dem Kaifer ausmalen, welche der ruſſiſche Czar bereite. Swan II. Waftliewic ftrebe ein Bündniß mit der Pforte an; er baue auf dem baltischen Meere eine Flotte, Türken und Tartaren follten Ungarn und Mähren überfallen; Dänemark hetze den Czaren gegen Schweden und Polen. Auch die Umtriebe des päpftlichen Stuhles zu Gunften einer Er: neuerung der deutſchen Ordensmacht wurden in Umlauf gejekt. Maximilian II. hatte alle Urſache, dem polniſchen Schwager äußer: lich feinen guten Willen zu bezeugen; denn er hätte ben Kinderloſen gern für die habsburgiſche Thronfolge gewonnen. Der Kaifer nahm dabei den zweitgebornen Sohn Erzherzog Ernit in Ausſicht. Darüber ſollte zwiſchen König und SKaifer in Breslau verhandelt werden, doch blieb Mles in der Schwebe. Da ftarb den 7. Suli 1572 der legte Jagellone; es begann das polnifhe Wahlreich und eine neue europäifche Frage.

Drei Schweſtern hinterließ Sigismund Auguft, die jüngite, unvermählte Anna, Katharina, Schwedens Königin, und die branden- burgiſche Kurfürftin Hedwig (F 1573), deren zweite Tochter Sophie, feit 1564 die Gattin Wilhelm’s von Rofenberg wurde,

284 XIII Bud: Die Zeiten Ferdinand's I. u. Marimilian’8 II. (1526— 1576).

hauſes kann nicht durchdringen. Wilhelm von NRofenberg und Stephan Bäthory werden auch genannt, aber jie bewarben ſich nicht ernftlih. Nom und Commendone treten den Rüdzug an; man will ſich's nicht mit dem Hofe der Valois verderben, der jo eben die Ausrottung der Hugenotten im Auge hatte. So fomnt es im Mai 1573 zur Wahl des Anjou; eine Thatfache, die jelbit in Deutihland. als Kränkung der nationalen Ehre empfunden wurde. Aber nicht lange gab es einen Franzojen auf dem Throne Polens, denn der Tod Karl's IX. (1574, 30. Mai) beftimmt R. Heinrich, bei Nacht und Nebel, jo zu jagen, aus Polen zu entweichen. Den 19. uni entflieht er aus Krafau nah Wien und die dafige Auf: nahme, das Geleite nach Sttalien follten ihm bemeifen, daß Max LI. fih alles Grolles entjchlagen habe. Am 1. September zu Rheims als K. Heinrich III. gekrönt, fendet er nun Botſchaft nad) Polen und hier wird nach langem GStreite Anfangs October K. Heinrich als des Thrones enthoben erklärt und auf den November die neue Wahl gelegt.

Wieder fteigen die Hoffnungen Oeſterreichs. Allerdings arbeitet die Pforte für Stephan Bäthory, den Wojmoden Sieben: bürgens; der Czar, Rojenberg, Alphons von Carrara erjcheinen als Candidaten genannt, es bewarb fi der Schwede, aber die öfter: reichiſche Sache von dem Breslauer Bifchofe Gerſtmann, insbejondere jedoch von B. Andreas Dudith und Johann Cobenzl vertreten, gewinnt an Feftigung, obſchon neben Erzherzog Ernſt aud) der Tiroler Ferdinand, Marimilian’s Bruder, vertreten erfcheint. Die Zborowski, Czarnowski und andere Mächtige Polens find für Defterreich, während der rührige Johann Za mojski, Caſtellan von Belz, der bei der Wahl Heinrich’S gegen die Wahl eines Piaften eintrat, jegt für dieſelbe eifert. Es werden nun von der antihabsburgiihen Partei zwei piaftiihe Candidaten, Johann Koftla, Palatin von Sandomir, und Andreas Tencin von Belz, aufgeftellt und als der Senat Beider Wahl verworfen und die Litthauerpartei vernehmlich die Warſchauer Mahl Marimilian’s, unterftügt von der Mehrheit der Mag- noten und des Reichsrathes, den Gnejener Brimas an der Spike, durchgeſetzt hatte (merkwürdig genug am gleihen Tage und zur gleihen Stunde, an welden der franzöfiihe Prinz zum Könige ausgerufen wurde), jtellt die Gegenpartei die Jagellonin Ama als Regina Poloniae auf und erklärt ſich auf Zamojski's Betreiben endlih für Stephan Bäthory, den Fürften Siebenbürgen®. Für diefen hatten die Sendboten Georg Blandrata und Martin Berzeviczy gewirkt und namentlich durch Zamojsfi und den Krakauer Kaſtellan Zboromwsti die Galizier, Belzer und ſämmtliche Piaſten⸗

XI. ud: Te Seoer semncenm 5 L x Rarmihar's IL ı 15.26 1506). 285

freunde aemrunn Tie Rrarı meter Bari lag im Reichsadel, bie der murrabühee m nen Zenaiorten Rolens. So murben in der Daribauer Bura Rarimiion, aut mem Markte Anna und Sterhan Bärhorn als Konige ausgeruien (14. December 1575). Au beide Nabltimige ididten mm die Parteien ihre Sendboten. Aber ber Audrieiomwer Zaa «ine im Febrnor 1576 den wachſenden Abfall von ner Sade Barimilian's, togdem Dudith und Wilhelm von Roſenberg ihre ganze Bereviamfeir aufboten, Marimilian an die Unterzeidenumg ver Kablcavimlarion (Der pacta conventa) die Be reitwilligfeu Imüupiie, ieinen Sohn Era mit der Jagellon in Auna zu vermählen und Alles veriudyie, Baıhorn von der Rebenbublerichaft abzumabnen. Bärhorn batıe ic jedoch längit beeilt, die pacta con- venta zu ımiereicdnen und die Reite nach Polen anzutreten, wurde am 1. Mai 1576 zu Krakau gefröont und vermählte iih Tags darauf mi Anne So überholten widrige Ereigniſſe die Pläne Marimilian's II., und der Tod riß ihn aus dem Geben, noch bevor er die verhängnitvolle Wahl zwiidhen einem Kriege mit Bathory und der dietem verbünbeten Prorte und dem Verzichte auf die Krone Bolens getroren hatte. ”)

12. Zu den legten Lebensarbeiten Marimilian's II. zählte die deutihe Königsmwahl jeines Eritgeborenen. Sein vertrauter Ratgeber Lazar von Schwendi drang darauf in jeinem Gutachten über die Haltung des Kaiſers zu dem immer weiter um fich greifenden Kriege in den Niederlanden. Tie Wahl erfolgt, wie bereits an an- derer Stelle zur Sprache fam, den 27. October 1575. Der neu ausbrechende Türfenfrieg in Ungarn (feit 1574), die VBerwidlungen mit Bäthory, dem glüdliheren Bewerber um Polens Krone, lafjen die Hülfe des Reiches wieder nothwendig erjcheinen. Auch in Böhmen fol gegen die überhandnehmende Firhliche Neuerung ein Damm ge: jegt werben.

Krank war Marimilian II. auf den Regensburger Tag (Juni 1576) gelommen. Am Tage bes Reichstagabſchiedes, 12. October, ftarb er ruhig, gefaßt, den Thronfolger an der Seite, nad) längerer Unterredung mit demfelben. „Meine glüdlichjte Stunde iſt gefommen“, ſprach er im Angefichte des Todes, und d'Aalmazon, der Botjchafter

*) Piteratur. 3. Geſch. d. poln. Thronbewerbung Marimilian’s II. vgl. no: Ranke, Franz. Geſch. L; Droyfen, Gef. d. preuß. Pol., IL, 2.; Märder, Sophie von Rofenberg (1864); Herrmann, Geſch. d. ruff. R., TIL.

288 XII. Bud: Die Zeiten Ferdinand's J. u. Marimilian’s IL. (1526— 1576).

feiner Zeit in die folgende hinüberlebten, vermißten ihn immer fchmerzlicher am Throne und wurden auf diefe Weife feine beiten Apologeten.

Nicht ohne tieferes Sinnen geht man an der Epoche von 1519 bis 1576 vorüber, um fich der nächſten zuzumenden, die zwiſchen den Jahren 1576 und 1618 liegt. Dort feſſelt ein großartig be- wegtes Geſchichtsleben auf allen Gebieten menjchlicher Intereſſen das geiftige Auge und inmitten defjelben eine ſchwungvolle, zielgerechte Volitif des Haufes Defterreich, die nur in den legten Decennien an diefem Schwunge Manches einbüßt. Anders ift es mit der %olge- zeit beftellt; einer an bedeutenden Verhältniſſen und Männern ärmeren, einer jchwülen, unerquidlihen Zeit, voll elektrifcher Span: nungen, die nach gewaltjamer Entladung ringen. Das Haus Habs- burg entbehrt des fichern Steuermannes; innerer Unfriede, äußere Gefahren ftellen eine ſchwere Prüfung in Ausficht, die es nicht be- ftehen werde. Daß es Ddiefelbe beitand, findet in der einigenden Macht der Intereifen, für die Theile des Staatsganzen, in der Un- einigfeit der Gegner und in dem feiten Glauben der Dynaftie an ihren Sieg feine Erklärung.

Bierzehntes Bud. Die Zeiten Rudolph's IL. und Mathias’ (1576—1618).

Allgemeine Literatur.

Quellen. (Urkundenſammlungen, Gejchichtichreiber u. |. mw.) Lünig, T., Reichsarchiv; Yondorp, Contin. Sleidani (bis 1609). 3 T. (1619--1621); von demf. der rom. K. Maj. u. des 5. R. R. Acta publica..... mit Fort]. von Mayer von 1546 1641 (Frankfurt 1669— 1667) und weiterhin (bis 1691) 12 Bde. o. Ander v. %. 1702, 4. A. (Tüb. 1739—41); D. Schadäus, Sleidani continuatio, Pars 1—4 (deutjch bis 1619; zur Ueberf. des Sleidanus ſ. 1. u. 2. Th. nad Lautenbach und Beuther.) (Straßburg 1620 ff.); (#ottfried (vgl. Abelin), hiſt. Ehron. bi8 1619 (Frankf. 1630 ff.); Leh— mann (de pace relig. acta publ. et orig., bis 1613 erſch., Frankf. 1707), suppletus et continuatus biß 1648, II. 3b. bis in’s 18. Jahrh. (1710 ff.); Meteranus novus mahrhajite Beſchr. ꝛc. reicht bis 1630. (Den Kern bilden die Aufz. des E. van Meteren über den nieberl. Krieg u. d. deutſchen Reichs— jahen, Arnheim 1620 f. u. Amſterdam 1640 f.) P. Piasecii chron. gest. in Europa ab a. 1576—1646 (1648) (Amijt. 1648); D. Ehyträus, Chron. Saxoniae et vic. orbis, 1. N. Greifsw. 1590, die 3. X. Leipzig 1611 (reicht bis 1611); Xittorio Siri, Memorie recondite (1601 —1640), 1. A. 1640 ff. (Raris u. Won). N. A. i. Franz. v. Requier (Paris 1757 1758). Die Fortjſ. eridien u. d. T. Mercurio overo hist. di correnti tempi.

Mich. Eitzinger, Beichreibung ... . (1597); C. Ens f. u. Speciallitera: tur Franz CH. Khevenbiller (+ 1650), Annales Ferdinandi o. wahrhafite Beſchr. K. Ferdinandi IL... . Geburth, Aufierziehung ꝛc. (1578— 1637) (1.1. Regensburg 1640— 1646, 9 Thle., reiht biß 1622; 2. A., Leipzig 1716— 1726, durh 3 Ve. Tert u. 2 Bde. Bildniſſe verm., reicht bis 1637). Kritif Kheven— hiller's v. D. Runde „Ueber die gegenmw. Beſchaff. der Khevenhill. Annalen“. Deutſches Muf. (1777), 2. Bd., ©. 403—417. Derf.: Khevenhiller's Ferdin. Jahrb. i. e. pragm. Auszug gebr. u. bericht. (Leipzig 1778 bis 81), 4 Thle. (reiht nur bis 1597).

%. Barvitius (Rubolph’3 II. Secr.), Divi Rudolphi Imp. epp. ineditae ... ber. von Grafen Pace (Wien 1771) (beb. blog Papſwahlen, die poln. An-

Krones, Geld. Oeſterreichs. IIL 19

290 Literatur zum XIV. Buche

geleg. u. etwas v. Türfenfr.; Ang. Gisl. Busbequiiepp. ad Rudolphum II. imperat. ab a. 1582, Paris, scrr. (Lugd. Bat. 1623 f.).

Nic. Friſchlin, Panegyr. Rudolpho R. regi dicatus (Tub. 1577) (vgl. D. Strauß über N. Friſchlin); Petri Lotichii rer. germ. sub Mathia, Ferd. II. et III. gest. (Frankfurt 1646, 1650). Außer den Monogr. v. Gambſius, den Ranegyrifen v. Miräus, Helvicus ....B & Struve, Diss. de Rudolpho II. et Mathia Imper. Imm. ®eber, Sylloge rer. prac- cip. temp. Mathiae Caes. in Europ. gest. (Gießen 1701).

Allg. Hülfsmwerfe (vgl. XIIL. Bud). Häberlin, D. R.G., X. bis XXII., die ®Werfe v. Ranfe, Droyien, Raumer, C. A. Menzel.... Hurter, Geh. K. Ferdinand's IL u. f. Eltern (1.—8. Bd. reiht v. 1564 bis 1619); Maijlath, Geſch. des K. Oefterr., II. Bd. Die Speciallitera- tur am betreffenden Orte; insbeſ. 4., 6. Abjchnitt.

Nachtrag z. XL. B., ©. 267: Reitzes, 3. Geld. d. relig Wand: lung Mar II., mit bish. ungedr. Urk. aus b. ftäbt. Arc. 3. Wien (1870).

Inhaltsüberficht.

1. Rudolph II. und jeine Brüder. 2. Die deutſche Reichsfrage und Kaifer Rudolph II. (1576-1600). 3. Lie polnifche Thronfrage (1986—87), Ungarn und Siebenbürgen, ber Türfenfrieg bis 1600. 4. Die Verhältniffe in ben deutſchen Erblanden; die Glaubensfrage und der Bauernfrieg am Schluffe des 16. Zahrhunberts. 5. Tirol und Inneröſterreich von 1564 1600. 6. Die religiöfe und politifhe Bewegung im Ungarnreiche (1600-1606). 7. Die deutihen und böhmiſchen Erblande bis zum Wiener Frieden. 8. Der Thron: fampf ber babsburgifchen Brüder (1606—1611). 9. Mathias und Minijter Khleſl (1611-—-1617). 10. Inneröjterreih; die Thronfolge Ferdinand's II. und die Anfänge der großen Krije.

1. 8. Rudolph II. und feine Brüder.

Ueberiht: Marimilian's II. Familie (15 Kinder, 6 unmündigen Alters gejtorben).

Söhne:

2. Rudolph I. geb. 18. Juli 1552. K. v. Ungarn 25. Sept. 1572, K. v. Böhmen 22. Sept.; röm.:deutfcher K. 1. Nov. 1575; Kaijer 12. Oct. 1576. > ımvermählt 20. Janunar 1612.

3. Ernſt, geb. 15. Juni 1553; 1577 Statthalter des Landes Vefterreich u. Ungarns; 1591, Januar, bis 1593 Verweſer 0. Regent Auneröjterreichs, ftatt des minderjährigen Ländererben. 1593 DO. Statthalter der jpan. Nieder: lande. + bier 20. Febr. 1595 unvermählt.

4. Mathias, geb. 24. Febr. 1557; N. Oct. 1577 als Oberftatthalter v. e. Partei i. d. fpan. Niederlande berufen. 13. Januar 1578 Ginzug in Prüffel; 1581, Juli, legt er die Stelle nieder; Rückkehr nach Oeſterr. (im Herbſte). Linzer Internirung. 1590 Statth. v. Defterreih. 1594 Statth. u. O.⸗ Feldherr i. Ungarı und Vertreter des Faif. Bruders im Reiche. 19. Nov. 1608 K. v. U. 23. Mai 1611 K. v. B., 13. Juni 1612 Wahl z. Kaifer, 24. Juni - Krönung; ſeit 4. Dec. 1611 mit Auna, T. Erzh. Ferdinand's (II.) v. Tirol, aus deſſen 2. Ehe verm., F kinderlos 20. März 1619.

d. Maximilian (III.), geb. 12. Oct. 1558; 1585 gewählter deutſcher Ordensmeiſter, gew. z. K. Polens 22. Aug. 1587; gefangen b. Pitſchen 25. Ja⸗ nuar 1588; Verzicht auf den poln. Königstitel im Beuthen-Bendziner Frieden v. 28. Juli 1589, 1593 bis z. Sommer 1596 Regent o. Verweſer Inneröſterreichs, 1595 Hochmeiſter des deutſchen Ordens, im März 1596 z. Feldoberſten in Ober: Ungarn ernannt. 1602, 3. Juli, v. Kaiſer R. zum eriten Verweſer o. Guber—⸗ nator Tirols u. d. Vorlande beſtellt, j. 1612 Regent, F 1618, 2. Nov.

6. Albrecht, geb. 13. Nov. 1559; Gardinal 1577; 1583 Statthalter v. Rortugal; 1594—1598 Erzb. v. Toledo und Prima von Spanien; 1595 O.⸗ Statth. der ſpan. Niederlande, 1593, 6. Mai, verlobt und 1599, 18. April, mit der T. Philipp's II., Clara Iſabella Eugenia, vermählt und mit den fpan. Niederlanden, Burgund und Charolais belehnt (6. Mai 1598 PVerzichtrevers der Infantin; ©. Albrecht's interim. Stellvertr. 1598,99 in den Niederlanden: Garbi- nalbifhof Andreas, S. Erzh. Ferd. II. v. Tirol). + kinderlos 30. Nov. 1633.

1. Wenceslaus, geb. 10. März 1561; 7 als Grofprior des Faitil. Johan: niterordens 22. Sept. 1578.

Töchter:

1. Anna, geb. 2. Nov. 1549, 7 26. Dec. 1580; Gem. ſ. 12. Nov. 1571 K. Philipp's II. v. Spanien.

2. Glifabeth, geb. 5. Juni 1554, + i. Wiener Klofter 22. Januar 1592; Gem. K. Karl's IX. v. Frankreich (+ 1574, 30. Mai).

19*

2923 XIV. Bud: Tie Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576---1618).

Gleichzeitige Gewalthaber. Päpſte: Gregor XIII. ( Buoncompagıri ) 1572, 7 1585; Sirtus V. (Peretti), 7 1590; Urban VIIL (Gajtagna), nach 12 Tagen; Gregor XIV, (Sfondrai), T nah 24 Zagen (E. 1590); Innocenz IX. (Kachinetti), gew. 5. Dec. 1591, 7 30. Dec.; Glemens VIL. (Aldobrandini), geb. 30. Januar 1592, F 1605; (Xeo XT.); Paul V. (Borgheje), 1605, + 1621. Sultane: Murad IIL., + 159%; Mohamed TIL (+ 1603). Ahmed L, + 1617; Muitafa L, 1618; Oman IL, + 1622. Gzaren: Swan II. Waſilieiwiè, 1584; Feodor L., ; 1598; Boris Godunow bis 1605. Haus Romanom |. 1613.

Spanien:Rortugal: Philipp IT., + 18. Sept. 1508; Bhilipp III. Frankreich: Heinrich III., erm. 1. Aug. 1589, der legte Valois; Heinrih IV. der erfie Bourbon, ern. 1610, 14. Mai. Ludwig XIII. England: Elijabeth 199° 16035 Schottland, Safob V., Stuart, 1589—1603, in England 1605, + 1625.

Tänemarf:Normwegen: Friedrich IL, 1559 1588; Chriſtian IV. (1588—-1648). Schweden: Haus Waſa (1577 Erich XIV. vergiftet): 8. Io: bann (1568—1592); f. :Thronfolger I. Sigismund auf d. poln. Thron |. 1587 und zugleich in Schweden bis 1604. KarlIX., + 1611; Guſtav Adolph. Polen: K. Stephan (Bäthory), 7 1586; Haus Wafa: Sigismund (1587— 1632).

Rudolph II., der ältefte der Söhne Marimilian’s II., die zu ihren Jahren famen, trug den Namen des Ahnherrn Jeines Hauſes und eines der bebdeutendften Herzoge des habsburgiſch-öſterreichiſchen Etammes ; aber ihm war nicht ihre politiiche Begabung, ihre Willens: traft beſchieden. Die entjcheidendfte Lebenszeit, in welcher der Cha- after ſich bildet, verlebte er am ſpaniſchen Hofe Philipp's II., jeines Ohms und Schwagers. Von dort hatte er tief greifende Ein: drüde von königlicher Allgewalt in ftaatlihen und Glaubensdingen, fteifer Förmlichkeit und düfteren, abgejchloffenen Herrſcherthums mit: gebracht, nicht aber auch das, was an dem jpanifchen Herricher bei aller Verkehrtheit des Grundgedanfens anerkannt bleiben muß, bie unermüdliche Arbeitsfraft des Regenten im Großen und Kleinen. Die melandoliihe Gemüthsanlage, die rege Empfänglichkeit für Wiffenihaft und Kunft, welche ebenjo wie feine jeltenen Sprad): kenntniſſe (Deutſch, Böhmisch, Spanish, Franzöfifch, Italieniſch, La: tein) an feinen Großoheim und mütterlichen Großvater, Karl V., erinnern, verbanden ſich nicht mit defien großem politiichen Blicke und Thatendrange,; ihm war aud) nichts von dem rührigen, leut- jeligen Wefen des Vaters eigen, wohl aber deſſen empfindliches, zögerndes, ſchwankendes Weſen; nur fteigert es fich früh bei jener Gemüthsanlage und den unangenehmen Eindrüden der Herricher:

294 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's IL. und Mathias’ (1576— 1618).

nächſten Verwandten, jeinen Brüdern, bald zerfallen, nicht gefürchtet, wenig geachtet und unbeliebt, er jah nicht die lange fich anmeldenden Gefahren und ebenfo, wie er drei Decennien lang mit Heiraths- gedanken ſich trug, um dennoch einfam, unvermählt, mit bitteren Erinnerungen an feine natürlichen Sprößlinge, zu fterben, konnte er es nie über's Herz bringen, diefen Gefahren mannhaft zu begegnen, bis es längit zu jpät war.

Kürzer können wir uns über Nudolph’s Brüder faffen, fie find nicht in ſolchem Grade fo eigenthümliche pſychologiſche Erjcheinungen, feine jo problematijchen Naturen. Erzh. Ernft erjcheint als ſtreng⸗ gläubiger Katholif von geradem Weſen und regem Pflichtgefühle in feinen hohen amtlichen Stellungen. Dem nädjitältern Bruder de3 Kaiſers, Mathias, war ein ehrgeiziger Sinn gegeben, aber mittelmäßige Anlagen. Praktiſcher angelegt als Rudolph, gejchmei: dDiger, aber ſchwächlich an Körper und Seele, wie diefer, bedurfte er eines ſtärkeren Geiltes zur Verwirklihung hochitrebender Gedanken, wie er ihn dann feit der Uebernahme der Statthalterfchaft Deiterreichs an dem Biſchofe Khlejl fand. Sein eriter felbftändiger Schritt in’s große Leben war die verunglücte Einmifhung in die niederlän— diſchen Wirren, als ihn eine Partei dafelbit, unzufrieden mit Spanien, aber auch mit dem Prinzen von Dranien ald Nueward, in’s Land rief.” Seine Nolle, undanfbar, aber feinem Charakter nicht abträglich, war bald ausgejpielt, denn Epanien war über diejen Schritt höchlichſt erbittert und anbererjeits trieben die Norditaaten (1581, 26. Juli) zur fürmlichen Losjagung von der ſpaniſchen Herrſchaft. Mathias muß nun aus dem Lande meichen und für dieſe Miffion gegen Willen und Willen feines Taiferlicden Bruders, bes Familienhauptes, unternommen, durch die Ungnade Rudolph's und längere Internirung büßen. Das glich ſich allerdings äußerlich) wieder aus, ja die Paſſivität Rudolph's häufte allgemach auf ihn die einflußreichſten Stellvertretungen, aber die gegenfeitige, vielleicht angeborene Abneigung blieb, und eben diejer Einfluß, die Ereignifje in ihrer zwingenden Gewalt, auf der andern Seite die Unthätigfeit Rudolph's Ienkten dann den Blid Mathias’ einem verhängnißvolln Ziele zu und ließen auch die anderen, jüngeren, Brüder, Marimilian und Albert, den Gedanken faſſen, daß Mathias der eigentliche thätige Leiter des Haufes ei.

Von diejen beiden dir fräftigere Charakter, ja von Allen der entfchloffenfte, war Erzb. Marimilian (III.), ber es nie vergaß, daß fein faiferlicher Bruder ihn fo bald in der polnifhen Thron: frage preisgab und dem bei feinem thätigen, bis zur äußerften

296 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576— 1613).

Then Haufe. Ale übrigen Kur: und Neichsfürjten weltlicher Art gehörten dem evangelifchen oder reformirten Bekenntniſſe an, jenes mit Kurſachſen, diejes mit ver Kurpfalz an der Spite. Nun aber übertrat (1582) auch Gebhard, Erzbiichof von Köln, zur neuen Lehre und verehelichte ih. Sein Plan, auch unter diefen Verhält: niffen das Erzitift zu behaupten, jcheiterte zwar, ‚und es gelangte der bayeriſche Prinz Ernit durch Wahl und Warfengewalt "zum Be- fiße Kurkölns (1584); aber bald wiederholte fi in anderer Form der Streit zwiſchen Broteftantismus und Katholicismus im Kanıpfe um das Bisthum Straßburg (1584). Daß in beiden Fällen die Fatholiiche Partei fiegte, beweiſt, wie fehr fie ihre Kräfte an- ſpannte, um nicht aus den widtigiten Stellen gedrängt zu werden und wie jie dabei von innern Zwiejpalte der Evangeliſchen und Keformirten begünftigt wurde. Wir dürfen bei Unbefangenheit des Urtheils nicht leugnen, daß die katholiſche Partei allen Anlaß hatte, fih feiter zu verbinden, denn fie bejorgte eine förmliche Ver— fehbrung der früheren Rechts- und Beligverhältnijie. Die proteftantiichen Adminiſtratoren Fatholiicher Bisthümer, wie z. 3. der Magdeburger, alfo fürmliche evangelifche Biichöfe, wollten Rang, Si und Stimme im Neichstage behalten, was ebenjo begreiflich erjcheint, als das Widerſtreben der Katholifchen, welche nur der fa- tholiſchen Hand die Rechtmäßigkeit eines ſolchen Anſpruches zuerfannt willen wollten. Ebenjo ‚ftrebten die Reichsſtädte immer mehr den kirchlichen Umſchwung an, und auf dem ganzen Boden Deutjchlands wachſen die Säcularifationen in größter Fülle, allerdings aus Natur: nothwendigfeit, aber um fo ftörender für die Katholiſchen. Als daher der Cardinalbiihof von Trient, Ludwig (Freiherr von Madruzzo, T 1600), jeit 1582 dreimal als päpftlicher Legat Gregor’s XIII. und Sirtus’ V. jeit 1582 in’s Neich kam, konnte es ihm nicht ſchwer fallen, die Katholiihen auf die Gefährlichkeit diefer Vorgänge zu verweiſen und zur feiten Einigung zu mahnen.

Auf der andern Seite Elagten die Protejtantijchen über Die Parteilichfeit des vorwiegend katholiſchen Reichskammergerichts, des Taijerlihen Reichshofrathes, benahmen fich gegenüber den Taijerlihen Geld: und Truppenforderungen für den Türfenfrieg Ihmwierig, und nirgends erjcheint ihr Mißtrauen gegen die Reſtau— rationspläne des „Papismus“ greller, als in dem Anfämpfen gegen die Einführung des verbefjerten oder fogenannten gregorianiſchen Kalenders (jeit 1583).

Bei dieſer Epannung war bereit der Keim zu dein beiden großen Fürjtenbündnifien gegeben, deren eines, das Bündniß der

XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576— 1618). 297

Reformirten, die jogenannte Union, die „Eorrefpondirenden” wie fie fi) nannten bald nad) jenem Torgauer Fürftentage (1591, 13. Februar) beftimmtere Geftalt gewinnt, auf welchem ſich der ſächſiſche Kurfürft Chriftian I. (1586, F 1591) und der Kurpfälzer Johann Kafimir, Oheim und Vormund Friedrich's IV. (bis 1593), mit Brandenburg, Heſſen, Braunſchweig, Anſpach, Mecdlenburg und Magdeburg über ein Bündniß einigten. Denn gleich liefen wieder die Wege Sachlens und der Pfalz unnahbar auseinander; die leßtere ftellt fih an die Spite des Bünbniffes, das 1594 zu Heilbronn, 1598 zu Frankfurt als „Union“ anhebt. Später wird ihre Seele, oder doch ihr planreihfter Führer, Chriftian, Fürft von An: balt-Bernburg, die. redhte Hand des Pfälzer Unionhauptes. Um dieſelbe Zeit erwuchs aber auch den Katholifchen der bedentendite Führer. Herzog Marimilian von Bayern (geb. 1572), dem 1597 jein Vater Wilhelm die Regierung abtrat, weitaus überlegen dem furpfälziichen Vetter und jpäter das Haupt der Liga.

Und zwiſchen den fich bildenden Heerlagern der Parteien, in- mitten der fteigenden Reichswirren jah der Kaijer mit verſchränkten Armen aus der Ferne zu. Aber ihm war auch der jchlaue Gedanke nicht eigen, den Kampf zu jchüren und als Dritter den Nugen zu ziehen.

3. Die polnifhe Thronfrage. Ungarn und Siebenbürgen; der Zürfentrieg bis 1600.

Literatur (vgl. XIII. Bud; insbef. Abſchnitt 11). Die poln. Thron: frage: Caro, Das Interregnum Polens i. J. 1587 und die Parteifämpfe der Häufer Zborowski und Zamojski (Gotha 1861); E. v. Mayer, Tes Olmützer B. Stan. Pawlowski Geſandtſchaftsreiſen nach Polen (1861); Sieniamwsfi, De interregno, quod fuit in Polonia post Stephani regis discessum, pars D. de comitiis ad novum regem elig. a. 1587 .... habitis, Bresl. Diff. (1869) (ber ſich befonder8 an Szujski, dzieje Polski, III., in Bezug der Quellen und der Auffaffung lehnt und gegen Caro und Mayer polemijirt), Das Urfundtihe in Dagiel, Cod. dip. Polon., I. u. b. Giampi, bibl. crit., L Veber die anderweitigen Quellen j. d. cit. Monographieen.

3. die Gef. Ungarns: Pray, epp. procerum, III. Urkundl. in Hat: voni (Horväth) Brüffeler Ar. (Monum. Hung., II. A.), 3. 3%. n. Simonyi, Londoner Arch, Monum. Hung., V. %.; Török-magyar. ällamokmänytär, 5. v. Szilädi u. Szilägyi a. a. D. Die Briefe Stephan Baäthory's v. 1576— 1585, 5. von Otvös i. 8. Bde. des Magyar. tört. tar; Kovachich, Vestigia comitiorum Suppl. III.; Katona, XXVII,

298 XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's 11. und Mathias’ (1576— 1618).

XXVIHI Bd. (worin auch das Tagebuh Zavodſzky's, vgl. Bel, Adpar. ad hist. Hung., u. Sebaftian Tökölyi's Aufzeichnungen benüßt erjcheinen).

Die zeitgenöſſ. Chroniken, abgef. v. d. in Kovadid, ser. rer. hung. minores abgedr., v. oh. Déôcſy (Decius) aus Barona (h. v. Toldy i. 17. Bde. der scr. Monum. Hung. 1866) (159%2—1598, lat.); Gr. Stephan Illéshäzy (1592— 1603); Franz Mikö v. Hidveg (1594— 1613) (h. v. Kazinczy im 7. Bde. der ser. Monum. Hung. 1863, in magyar. Spr. geſchr.). Tie von Toldy u. d. N. Sarospataki magyar kronika (1523— 1615) herausg. Jahrbücher jind, wie er jelbjt fpäter einfah, dem Math. Laszlö o. Laczkö von Szepii zuge: börig, richtiger gejagt, mit deſſen Chronik identiſch. Diefe gab mit anderen ma: gyarifch gejchr. zeitgen. Nahrb., 3. B. dein Memoriale des Franz Szabö, Graf Emer. Milo in den Beitr. 3. fiebenb. Geſch. (Erdelyi tört adatok, I.) heraus. Szämosközy ſ. 0.1, IT., vgl. S;alärdi, siralmas magyar kron. (trauernde ung. Chronif) (Reith 1852). Hauptquellen find überdies f. Siebenbürgen: Wolfg. Bethlen (IV., V.) f. o. daS Chron. Fuchsio Oltardo - Lupinum (ſ. 0.); Iſtſthuanffy, das in Sf. Kemeny:- Traufhenfels „Zundgruben” (ſ. 0.) Geſammelte; Miles, fiebenb. Würgengel (1670); Katona a. a. O.; Telller: Klein, 4; Majläth, G. d. Magyar., 3., 4. Bd., Geſch. Deiterr., 2.28. VBgl. auh Engel, Geſch. d. Nebenl. d. ung. R., 4. Bd.; Horväth, 3. Bd; Szalay, 4. Bd.; Teutſch, Geh. d. fiebend. Sachſen; Szlägyi, Sammer, 5. Bd.; Zinkeiſen, 3. Bd.; Pray, dissert., VII., in annales Hung.; Hatvani(Sorväth), Raizok a magyar tört., ©. 502—511 (Actenm. Tarit. d. Verſchwörung gegen Sig. Bäthory, 1594); Gf. Kemeny über bie gef. Bündn. K. Rubolph'3 II. und Sigismund Bäthory's im Ü’) magyar ınuz. (1855). Vgl. j. Abb. über den wallach. Wojw. Michael im tört. tar, II. (1857). Die fpeciellere Fit.:Ang. i. Teutſch, „Abrik d. Geſch. Siebenbürgens“, 3. Aufl. Tas Quellenmäßige 3. Geih. d. Türfenfriege in d. Sammlung v. Reusner, rerum memorab. in Pann. gest. Ortelius redivivus: Chronologia o. hijt. Beſchr. aller Kriegsempör. u. |. w. i. D.: u. U. Ungarn, auch Siebenbürgen mit den Türken v. 1495 bis gegenw. Zt. (Nürnberg 1604) 3 Ihle. Qal. auch Hormayr's Arch., 13. Bd., und das für die ganze Geſch. d. Türfenherrfhaft in U. wichtige Werf v. Salamon, A magyarorz. a török höditäs koräban. (1864). Vgl. aud) die Monographien: GabIman, Mans- feldiana militia Hungara. (Frankf. 1597); über Adolph v. Schwarzenberg: Ber: ger, d. Fürſtenhaus Schwarzenberg, Defterr. Revue, XI., XII. H. (1866), Sep.:N. Mörarh, Ber. 3. rhein. Linie des F.“H. Schw., Berg’fcher Geſch.-Ver. 1877. In jüngfter Zeit bietet die Monogr. Schuler von Libloy’8 „Aus der Türken— und Jeſuitenzeit vor u. n. 1600, hiſt. Darftell., zumal Fürften- und Volksgeſchichte i. d. Karpathenländern“ (Berlin, Grieben, 1877) manches Belangreiche.

Chronologiſche Ueberjidten der Ereignifje Siebenbürgend und Ungarns (1576—1600). Siebenbürgen. 15:6: Chriſtoph Bäthory, Nachfolger feines Br. Stephan’s, des poln. Wahlf., in der Wojwodſchaft Siebenbürgen (1579, 26. März, Albert Huet, geb. 1537 als Sacdfengraf, vom Fürftenwojmoden

XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618). 299

anerfannt). 1581, 28. Mai: + Chriftoph B., Nachfolger j. 9j. Sohn Sigis- mund Regentihaft 1585 Statthalter Johann Géczi (+ 1588) (1586, 13. Dec., FR. Stephan ®.). 1588, Dec.: Mediafcher Landtag; Sturm gegen die Jeſuiten. Verbannung derfelben. 23. Dec.: Regierungsantritt Sigi3- mund B.'s. Beziehungen 3. 8. Rudolph II. und dem Papſte. 1590, Nov.: Einführung des gregorian. Kalenders. 1591, 10. Juni: Albert Huet’3 Apologie f. die jächliiche Nation am Weißenburger Tage, 1594: Sigismund B.'s Geheim: fendungen an K. Rubolph II. Die Verf hmwörung gegen den Fürften. 27. Juli zieht jich derfelbe nach Kövar zurüd. Auguft 27., 29.: Der Tordaer Bluttag. 1595, 28. Januar: Prager Bündniß und Erbvertrag mit 8. Rubolph IL., von den ung. Ständen beftätigt. 5. März: Sigismund B.'s Verlobung mit Maria Ehriftina, T. Erzh. Karl’ v. Inneröfterreih; 6. Aug.: Weißenburger Hochzeit. Sigismund’ Reife nad) Prag u. Inner-Oeſterr. October, fiegreiche Känpfe Bäthory's und des wall. Wojwoden Michael gegen die Türken. Machthöhe Bäathory’s. 1597, 23. Dee.: Neuer Prager Vertrag. Gefjion Siebenbürgend. 1598, 23. März: PVerlautbarung der Abmachung. 10. April: Abdanfung ©. Buͤthory's. Aug.: Sig. B. wieder Regent. 1599, Aug.: Neuer Gejlionsantrag an d. K. (Aprib, Cardinal Andr. Batbory (29. März: Huldigung der Stände). Michael, Wojwode der Walladei, gegen 9. Bathory. Ter Gardinal:Wojwode 1599, 29. October, vor Hermannjtadt ge: ihlagen, den 3. Nov. getöbtet.

Angarn. 1577: Die ung. Krone nad) Prag gebracht. 1578, Aug.. Sept.: Preßburger Tag. Erzh. Karl z. O.-Befehlshaber der croat.:wind. Militärgrenze u. Erzh. Ernft zum Statthalter Ungarns beftellt. 1581—82: Preßburger Tag; K. Rudolph's II. perjönl. Erjcheinen. deögl. 1582 83. 1583, 11. Januar: (Frneuerung des Türfenfriedens auf 8 Jahre. 1592: Neuer Ausbruch der Yeind: jeligeiten. 1593: Reichstagsbeſchlüſſe Angefichts des Türkenfrieges.

N. 1594: Erz. Mathias Statthalter. Kämpfe mit dem Großvezier Sinan Paſcha und deſſen Unterbefehlshaber. Feldhauptmannſchaft des Grafen Karl v. Mansfeld feit Oct. 1594. 1595: Sieg der Kaiferlihen 4. Aug. vor Gran Tod des Mansfelderd (14. Aug.). Erzh. Mathias O.:Befehlähaber. 15%, März: Erz. Marimilian z. O.-Befehlshaber ernannt; |. Stellvertreter Graf Adolph v. Schwarzenberg und Feldhauptmann dießfeit der Donau: Niklas Palffy. 13. Oct.: Erlau von den Türfen erobert. 23. October: Der Sieg der Kaiferlihen bei Mezö-Kerefztes verwandelt fi zum Schluſſe in eine Niederlage. 1598, März bis October: Schwarzenberg’3 und Pälffy's Erfolge und Groberungen. 1599, Sept.: Erfolglofe Unterhandlungen mit dem neuen Großvezier Ibrahim.

300 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph'3 II. und Mathias’ (1576— 1613).

Der Tod des polniihen Wahlkönigs Stephan Bäthory (13. De: cember 1586) *) eröffnet dem Haufe Habsburg neuerdings Die Aus: fiht auf den Thron Polens. Die wichtigſten Männer Angefichts der Entjcheidung waren der Kronfanzler Zamojsfi, Verwandter des veritorbenen Königs, ein entichiedener Gegner Oeſterreichs, und befien Rivale Zborowski, der Kaftellan von Gnejen, mit Gorka, dem Palatin von Poſen, der Wahl Erzherzog Marimilian’s (III.) ergeben. Aber auch die anderen Habsburger, jeine Brüder, Ernit, dem die hohe Geiftlichfeit gewogen war, für deſſen Erhebung bereits 1572 durch den Faijerlichen Vater gearbeitet wurde, und dem gegen , wärtig der Kaifer und der ſpaniſche Hof am meiften geneigt ſich zeigten; Mathias und ihr Better Ferdinand, Erzh. Karl’s Erftgeborener, bewarben fi). Gerade diefe mehrjeitige Bewerbung war dem Haufe Habsburg nicht günftig. Ueberdies candidirten der ruffiiche Czar Feodor, Cardinal Andreas Bäthory (Bifhof von Ermeland feit 1589), der mit feinem ältern Bruder Balthafar, als Neffen Stephan Bäthory’s, des Polenkönigs, im Sejuitencollegium zu Pultusk eine Erziehung gefunden, und der jchwediiche Kronprinz Sigismund, wie wir willen, der Sohn einer Sagellonin und K. Johann's III., dem fih Zamojsfi und fein mächtiger Anhang, endlich auch der

*) Das Haus der Bathory von Somiyo in feinen letzten Auslänfern.

Andreas, Sratvon Stephan „der Ehrifloph, Fürſt- Eliſabeth, Gattin Nä- Szatmär, Sza: Großfüßige“ (na- Wojwode Sieben: das di's. Als Wittwe

bolcs, Comm. v. gylabü), Fürit bürgeng, wegen Verbrechen ;. Großwardein, Siebenb. Wahl: + 1581. ewigen Kerker verurth. 7 1563. fönig Polens, (1611). 7 15886. —— en. sSigismund, Fürſt-Woiwode Sieben: Stephan, Palthaſar, Andreas, bürgens, - 1613, März, v. Großw., 1594 hin- d. j. Cardi⸗ ſ. Gattin Chriſt. v. Oeſterr., dann gerichtet nalbiſchof, 1651; Judex⸗ als Ver⸗ 1599 als ſ. Schweſter Griſeldis, mit dem poln. Curiä, ſchwörer. Fürſt Sir Magn. Zamojski verheir., 7 1590. + 1601. benbürgens Oheim v. mütterlicher Seite war

ermordet. Stephan Bocskai, Kanzler Rathory's, geb. 1557, - 1606 als Kürit Sieben:

R - 1. Andreas. 2. Gabriel, Fürft bürgens u. Titungarns. Siebenbürgens

| Sophie, Gem.: (16081613), Georg Raföczy II., ermordet Fürſt Siebenbür: de Dct. 1613, gens, er legte Baͤthory. T 1661. hory

XIV. Buch: Tie Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576— 1618). 301

Gnefener Erzb. Karnkowski als Neberläufer von der öfterreichichen Partei anſchloſſen. So konnte denn auch der Faijerlihe Orator Stanislaus Pawlowski, Biſchof von Olmütz, die Sachlage nicht beherrſchen, und die Verſuche der Oeſterreicher, Zamojski zu gewinnen, ſchlugen fehl. So fam es den 19. Auguft zur Wahl Sigismund’s Waſa, welche aud die Sympathieen der Curie für fich hatte, da Schon der Vater, K. Johann von Schweden (1580), heimlich zum Katholicismus übergetreten war, und acht Tage ſpäter zur Gegenmohl Marimilian’s dur die Magnaten: MWoronedi, Gorka, Zborowski, Martin Oftrorog von Lemberg, den Kaftellan von Kamieniec, und die beiden wichtigen Litthauerführer Nadzivil.

Co mußten bald die Waffen zwilchen dem Waſa und dem Habsburger entſcheiden. Mearimilian beeilt fich zum Kriegszuge nad Krafau (October 1587), das bereits feinem Gegner gehuldigt. Bei Bicfe, den 28. Januar 1588, am fchlefifch - polnifchen Gemärfe gefchlagen und gefangen, befindet fich der Erzherzog in feindlicher Hand und muß bis zum Frieden von Beuthben-Bendzin in der Warſchauer Haft verbleiben. Unter päpftlicher Vermittlung fchließt der Kaifer (9. März 1589) zu Beuthen den Präliminarvertrag mit K. Sigismund, worin er im Namen Marimilian’s (III) auf den polniichen Thron verzichtet. Im Mai und Juli erfolgt die beider: jeitige Beſchwörung des Friedens; den 14. Eeptember wird Mari: milian frei, aber er grollte dem Bruder, der ihn und feine Sache preisgegeben habe.

Die polnifhe Thronfrage bildet eine wichtige Epifode der Ge- ſchichte Defterreihs, aber ihr Ausgang war unfrudtbar für das Haus Habshurg. Folgenreicher geftalten jich feine Beziehungen zu Siebenbürgen.

Auf diefes Land, deſſen Rüderwerbung den Händen Maxi— milian’s II. entihlüpft war, übte die polnische Königsmwahl feines Fürften-Wojwoden Stephan Bäthory feinen geringen Einfluß. Folgte ihm auch fein Bruder Chriftoph in der Würde, fo blieb doh Stephan eine Art Schußherr Siebenbürgens. Es war die Beit, daß an die Spibe der Sachen Siebenbürgens als Sadjen: graf Albert Huet trat, ein waderer, beredter Dann, dem die Bertretung der Nechte und Freiheiten jeines Stammes am Herzen lag. Die Zeiten waren leidlich; fie blieben es nod), ala der minder: jährige Sigismund Bäthory dem Vater in ber Herrichaft folgte, zunächſt von einem Dutzend ftändiicher Räthe geleitet, dann von dem wadern Gécz y vertreten, der als Gubernator im gejegneten

302 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph'3 II. und Mathias’ (1576— 1618).

Andenken Siebenbürgens blieb. Nicht lange darauf Itarb Sigis— mund’3 Oheim, der Polenkönig Stephan, und bezeichnend ilt es, daß er dem Neffen feine Lieblingsihöpfung, die Sejuitencolonie im Lande, zu Schu und Schirm wider die wachjenden Angriffe der „Arianer” (Unitarier), Calviner und Lutheraner an’s Herz legte.

An anderm Orte werden wir der Verbreitung der Geſellſchaft Sefu im Karpathenreiche gedenken, hier genüge die Andeutung, daß ihr Schulwefen im Lande gedieh, ihre wachſende Thätigfeit die Furcht vor dem „Papismus” im Lande mwedte und ſchon am Mediaſcher Zandtage einen heftigen Sturm der afatholiichen Stände herauf: beihmwor. Es fommt zur Verbannung der Jeſuiten; aber nur mit Widerwillen läßt ſich der junge Fürft das Decret abringen, und das Verharren des politiich einflußreichen Ordensbruders Al: fonjo Cariglia als Beichtvaters an feiner Seite fprach Klar genug für Sigismund Bäthory’s innerjte Gelinnung Das ge: harniſchte Auftreten der Stände am Tordaer Tage in dieler Angelegenheit war feine freundliche Begrüßung des Antritts des felbitändigen Fürftenregimentes Sigismund Bäthory’s, und dieſen Eindrud konnte aud) die ziemlich raſche Annahme des gregorianischen Kalenders durch die Stände der drei Nationen nicht ganz verwilchen. Zwiſchen diefen Nationen bürgert ſich wieder Unfriede ein. Ma: gyaren und Szekler erlauben ſich Unbilden gegen die „privilegirten“ Sachſen; die mannhafte Schugrede Albert Huet’s befämpft am Weißenburger Tage die Hoffart der nachbarlichen Landſaſſen, melde in feinem Stamme ein „Lriegsrechtlich erworbenes Eigen: thum“ erbliden wollen, die Nachkommen der von den „Hunnen“ vertriebenen „Sachſen“. Wie naiv und vergriffen auch die biftorijche Deduction der langen Rede Huet’s im Gelehrtenlatein fih an: läßt, ihr Kern war gut und von treffender Schärfe. Huet verficht das gute Recht der Sachſen und ihren Ruhm als Nähr: und Wehr: Traft des Landes. Gegenüber dem Spotte, die Sachſen jeien nur Zuzügler, „Schufter, Schneider und Kürfchner, nicht Kriegsleute und Reichsvertheidiger”, ruft der Sachſengraf dem jungen Fürften zu: „Arbeit jei Gebot Gottes und es ſei weit rühmlicher, Kürfchner, Schufter und Schneider zu heißen, ald Dieb, Mörder und Lotter”. Dennoch verftünde der Sachſe, wenn es Noth thäte, auch die Waffe zu führen. Der Edelmann ſolle fih an Tugenden edel dünken. Der Fürft ſei Herr des Landes und dürfe nicht dulden, daß man die Sachen fränfe, die dann gern für ihn in den Tod zu gehen bereit feien. Es find dies Ausführungen, deren Grundgedanfen aud) ein deutfher Chronift Klaufenburgs entwidelt (1568),

304 XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph'3 II. und Mathias! (1576—161R).

dolph beichleunigen. Es ift die Zeit der ftolzeiten Lebenspläne Sigismund’s. Tie Abmachung mit dem Kaifer mahnt an die Ver: träge von 1570. Kaiſer und Fürft verbinden ſich gegen den Türken in Krieg und Frieden und zwar im Einvernehmen mit den Wojwoden der Wallachei und Moldau, welde damals E. Bäthory’s Oberherrlichkeit anerkennen (j. w. u.).

Siebenbürgen gemwährleiftet Ungarns Oberhoheit und bleibt im disherigen Gebietsumfange. Stirbt Sigismund Bäthory, für deſſen Vermählung mit einer Tochter Erzh. Karl’s II. der Kaiſer fich verbürgt, ohne männliche Leibeserben, To fällt Siebenbürgen an Die ungarifche Krone und wird jammt den oftungarifchen Antheilen von einen Siebenbürger als Wojwoden verwaltet. Bald darauf begiebt fi) der Großmardeiner Hauptmann und Biharer Obergeſpan Stephan Bocskai, der Diann einer glänzenderen Zukunft, nad) Graz zur Brautwerbung und Maria Chriitina reift nah Weißenburg, woſelbſt die unjelige Hochzeit mit dem Fürften Eiebenbürgens ftattfindet.

Ein eigenthümlicher Flud) laftet jedoch auf dem Weſen Sigis- mund Bäthory’s; es ift, abgejehen von jeiner Neigung zur Veritellung, die launenhafte IInbeftändigfeit, die ſich nie des Belites eines Gutes zu freuen vermag, jondern fich deſſen mit krankhaftem Ueberdruſſe zu entäußern ſucht, um dann gleich wieder mit fieberhaften Be: gehren deſſen Rückerwerbung anzuftreben. Er vernadläßigt feine Gattin, er hält jich diejelbe fern, um in der Trennung nad) ihr leidenschaftlich zu verlangen, ebenjo ergeht es ihm mit Siebenbürgen jelbit. Schon 1594 fchrieb er (wie es heißt) an feinen Ohm, den Cardinal Andreas Bathory, er wolle nad) Stalien, um da ein Still: leben zu führen und feinem Vetter Balthajar das Fürſtenthum zu: wenden. Allerdings ſchwankte hier der Boden unter feinen Füßen, der Türfenfrieg im Herbite 1595 von dem Fürſten und dem wallachiſchen Waida Michael fiegreich geführt, nahm auf dem ungariichen Schau: plage 1596 eine jchlimme Wendung. Bäthory’s Stellung als Fürft iſt doppelt bedroht, da befällt ihn nach einem neuen vergeblichen An: laufe zum Türfenfriege Ueberdruß an der Herrichaft. So kommt es zur neuen Abmachung mit K. Rudolph, durch den Jeſuiten Alfons Cariglia vermittelt, welche den Eintaufh Tppelns und Ratibors, der immer wieder auftauchenden Aequivalente für Siebenbürgen, und einer Rente von 50,000 Thalern für Bäthory präliminirt. Auch die Eheſcheidung und der Gardinalshut bewegten als jeltiame Wünſche jein unflares Gemüth. Im nächſten Frühjahre wird der unerwartete Vertrag verfün- digt. Inzwiſchen mar aud) am Kaijerhofe der Plan aufgetaucht, den Erz). Marimilian als Fürften Siebenbürgens aufzuftellen, doch

306 XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618).

Emportömmling, Aaron (1591) gefolgt und mit Siebenbürgen, mit dem Kaijer in Beziehungen getreten; der römiſche Stuhl betrieb ein Waffenbündniß zwischen Siebenbürgen, der Moldau und Wallachei ; im SHintergrunde barg fih die kirchliche Unionsfrage; die Gejelichaft Jeſu, welche jeit 1595 das Verbannungsbecret bejeitigt fieht und in Siebenbürgen wieder feiten Boden faßt, arbeitet an der Bekehrung der Nicht:Unirten zum römiſchen Glauben.

Die bedeutendſte PBerfönlichkeit in dieſen Zeitläuften ift un ftreitig Michael, der wallachiſche Wojwode, Eohn des früheren, brittlegten Gemwalthabers Petraſchko (F 1587), das Prototyp einer reichbegabten Barbarennatur von eiferner Willenskraft und Stirne, der als Banus von Strajowa, den Wojwoden Alerander (1591 bis 1592) verdädtig, nach Siebenbürgen floh, von bier aus der Pforte und der engliihen Diplomatie empfohlen, den Großvezier Sinan Paſcha beitah und Mlerander ftürzte, um dann ale „Michael Wajda der Tapfere” jein Gewaltregiment anzutreten. So fommt, zur Zeit als der Türfenfrieg in Ungarn nit ungünftig anhub (1593) und P. Slemens VIII. die Mostowiter, Serben und Bul—⸗ garen zum Kampfe gegen den Türken aufmahnen ließ, Taiferliche Sendboten die Koſaken von Einfällen in die Moldau abbringen follten, auch das Waffenbündniß Sigismund Bäthory’s, Aaron’s und Michael’s (1594, November) zu Stande. Bald hört man aus Bukureſcht und Jaſſy von Niedermegelungen der Türken; vom Ausbruche des Krieges mit der Pforte, in welchem fich namentlid) Michael tapfer behauptet. Nun will die Pforte die Moldau und Wallachei in türkiſche Statthalterichaften (Kaimakamate) verwandeln. Aaron aber war vor den Kojafen in die Wallachei geflohen, bier von den Siebenbürgern (1595, 19. Mai) gefangen und in ihr Land geichleppt worden, wo er zu Vincz (1597) ftarb. Es ift die Zeit, in welder Sigismund Bäthory der Machthöhe zufteuert, denn er nimmt nun den Titel „König von Siebenbürgen und Rascien, Wojwode der Moldau und Wallachei” (!) an, er beför: dert Stephan „Rezwan” („Winzer“) au „Hofman” genannt, den Sohn einer Moldauerin und eines Zigeuners, (einjt in polnifchen Kriegsdienften, dann Wertrauter des MWojwoden Aaron, zur ‚Ufurpation der Gewalt in der Moldau, und wird von diefem als Oberherr anerfannt. Auch Michael, vom Türken bedroht, findet fih damals durch den Vertraa vom 20. Mai 1595 in dieje Rolle; er Ichwört dem Abgeordneten Sigismund’s den Eid der Treue, bringt jeine Familie nach Hermannjtadt in Sicherheit und führt dann, mit Siebenbürgern und Moldauern verbündet, den Eriftenzlampf gegen

38 XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's IT. und Mathias‘ (1576—1618).

Bir Haben nım der Berhältnifje Ungarns zu gedenken. IH Schwerpunkt ruht im Türkenkriege. Wir müſſen daher um des alljeitigen Verſtändniſſes der Sachlage willen uns den Beltand der Türkenherrſchaft vor dem Ausbruche des Krieges und die Aus- bildung des ungarijch-öjterreichiichen Bertheidigungsiyitems vor Augen halten.

Unter Sultan Eoliman II. (T 1566) finden wir 25 Sand: ihafate auf dem Boden Ungarns und der ſüdlichen Nahbarichaft mit Ofen-Peſth, Gran, Stuhlweigenburg, Fünffirhen, Szegizärd, Siflös, Mohäcs, Pozſega, Veßprim im weitlihen Donaugebiete, Neogräd und Hatvan, an der Echwelle des weitungarifchen Berg: landes; Cſanad, Temesvär, Lippa und Becskerek im ſüdöſtlichen Lande als vornehmften Stützpunkten, denen fich jenjeits der Donau im Süden Belgräd, Szendrö u. A. anreihen. Ueber zwei Dritt- tHeile Ungarns jehen wir aljo die osmaniſche Herrichaft aus: gedebnt.

Ihr gegenüber und mit Rüdfiht auf das Weitergreifen der- jelben war die Bildung eines Grenzwehrjyftems ein Gebot der Nothwendigteit nicht bloß für Ungarn-Croatien (oder im ur: ſprünglichen Sinne Slavonien), jondern aud für das unaufhörlich bedrohte Inneröfterreih. Der gewöhnliche Weg der Türfeneinfälle führte aus Bosnien nach Hocheroatien und von da weiter in die Gotſchee, in's Krainerland, nad Sftrien, Görz oder, an der Save und Drau hinauf, nach Unterfteiermarf und Norbfrain, wo die Grenzorte Gurkfeld und Rann wichtige und immer gefährdete Ueber: gangspunkte bildeten.

Schon in der mittelalterlihden Epoche, wie Manche annehmen bereits unter Bela IV., ficherer feit K. Ludwig I., lange vor ber Türkengefahr, bildete Zengg (Senj) einen wichtigen Vertheidigungs⸗ plag, ala Vorort einer eigenen Zupe. Mathias Eorvinus, ber bereits mitten in der Strömung jener Gefahr fland, gewahrte in den hochländiſchen Thalungen Croatiens: Likka und Krbava wichtige Gebiete für ein Vertheidigungsiyftem und fiebelte bier türfenflüchtige Sübflaven an, die, unter den Hauptmann von Zengg geftellt, die Freiheit ihres nichtunirten Belenntniffes genofien, wenn fie es nicht verzogen, ald Predawci (Webergetretene) fatholifch zu werben.

Zu Anfang des 16. Jahrhunderts gab es ſchon ſerbiſche Flüchtlinge um Kopreinig, Belavar, St. Georgen (Sv. v. Juri) in Oberjlavonien. Hier entſtand das nicht unirte Klofter Marta: ein religiöfer Mittelpuntt dieſer Tchismatifchen Anfiedler.

Unter den beiden legten Sagellonen bildet bie Eroberungspolitit

310 XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's IL und Mathias’ (1576 - 1618).

Sept kündigt fi auch immer deutlicher in ben ftändifchen Acten der Krainer und Steiermärter die wachſende Ausgaben: poft für die Grenzwehren an; ein Hauptgegenftand der Landtags: handlungen. Es waren nothwendige Opfer, deren Größe von ber Gefahr des Augenblides abhing. Gleichzeitig treffen wir aud) Schon die Anfievlung bosniſch-croato-ſerbiſcher Türken: flüchtlinge (Uskoken = Entfprungene) in der Metlif (Möttling), am Kart, in der Umgebung von GSidjelburg (Schumberf), vor Allem um Zengg an. 1533 vertaufchte Kagianer feinen Poften mit der Feldhauptmannſchaft in Ungarn, Hanns Püchler (22. Auguft 1533) trat an feine Stelle.

Seit 1536 wuchs das Befeftigungswefen ber Vertheidigun gs⸗ grenze, welche von Zengg über den Rücken der kleinen Kapella zur Unna, dann bis zu deren Mündung in die Save, an dieſer bis zum Ausfluffe der Lonja und an der Ilsva in gerader Linie zur Drau lief. Die topographiichen Momente famen an anderer Stelle zur Sprade (I. Bd. 360— 365 und 495 96).

Katzianer's Niederlage auf dem Zuge vor Efjeg (1537) war einerfeits ein großer Schlag, mußte aber andererſeits nacdhalti- gere Anftrengungen zu Gunften der Grenzwehren bewirken. Dieje Epoche Tnüpft fih an die Beitallung des beftverdienten Niklas Aurific zum oberften Feldhauptmann der niederöfterreichifchen und windifhen Lande, dem Erasmus von Thurn als Hauptmann von Bihac und oberfter Hauptmann über alle croatiihen Grenzorte, ferner Sigmund von Weichfelberg als Kapitän von Agram an die Seite geftellt wurden (1537, 19. October). Damals Tam es zur erjten bleibenden und privilegirten Nieberlaffung türfenflüchtiger, nit unirter Serben unter ihrem angeltammten Wojwoden im Slavoniſchen, insbejondere zwiſchen der Drau und obern Caſma, und jo begann alsbald auch der erite feite Kern der „mwindifch-fteieri- Shen Militärgrenze”, oder der Warasdiner, oder Kopreiniger, wie fie nad) den beiden Hauptorten genannt wurde. Ferdinand unter: hielt außer den Bejagungen in den einzelnen feiten Plätzen auch 300 leichte Reiter und ebenfo viel Najadiften als Bemannung der Flottil- Schiffe (Naſaden). Man entließ nun auch die allgemein verhaßten jpaniihen Söldner oder „Spanioler”“. 1539 trat an Thurn’s Stelle der vielverjprechende Hanns Lenkovie, während bald darauf (Anfang 1540) Hanns Ungnad in der oberiten Feldhauptmannſchaft ven Juriſie ablöfte.

Für die Stellung ber windiſch⸗inneröſterreichiſchen Militärgrenze

ben bie Jahre 1555—1558 enticheibend. Am Eillier Aus:

312 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618).

Den Banıs ernennt der König und biefem ift unmittelbar bie croatifche Grenze unter der Oberaufficht des Generalates zugewieſen Ein inneröfterreihifher Hoffriegsrath wird zur Noth: wendigkeit. Karlftadt, 1578 im Baue begonnen und zu Ehren des Erzherzogs benannt, erwächſt zum Hauptorte der croatifchen oder Banalgrenze, neben Warasdin, dem älteren VBororte der windifhen Grenze.

Wir fönnen nun der Angelegenheiten Ungarns und der Wechlel- fälle des Türtenfrieges kurz gedenken. Das perfönlide Er: jcheinen des Kaiſers auf den Landtagen von 1580 1581 und 1582 83 machte die immer wieder erneuerten Klagen über bie ausländiiche Soldatesfa und ihre Heerführer etwas veritummen und die Stände bewieſen fi) den Forderungen der Krone gegenüber gefügiger. Daß der Kaifer dann Sahre hindurch feine Ständever- fammlung einberief, Hatte feinen Grund in dem Wejen Rudolph's und in dem Streben, dem von den Ungarn eifrig in feiner Wirf:- famteit verfochtenen Neichsrathe weniger Einfluß zu gewähren, andererfeit8 den Beſchwerden der Landesvertretung auszumweichen. Bald zeigt fich der Türfenfriede unhaltbar, denn der Großvezier Sinan Paſcha wollte den Krieg. So mußte wieder ein Reichs: tag einberufen werben, der nicht ohne Schwierigkeiten verlief.

Der Türkenkrieg ging im Jahre 1593 94 nicht ungünftig für die faiferlihen Waffen in Scene, denn der Mansfelder, aus den Niederlanden berufen, war der Stellung als Feldhauptmann durchaus gewachſen, und‘ fein Tod nach dem entjcheidenden Siege bei Gran ein bedauerlicher Verluft, den Erzh. Mathias ebenfo wenig wie jein Bruder Marimilian erjegen konnten. Das Jahr 1595 nahm für die Türken eine verhängnigvolle Wendung, auch das nächſte verfprady den kaiſerlichen Waffen Günftiges bis zu dem ver: bängnißvollen Schlage bei Mezöfereßtes vor Erlau, wo der Rene: gat Mohamed Cicala die Niederlage des Türkenheeres, unter perjönlicher Führung des Sultans, durch feinen Reiterangriff auf das plündernde Chriftenheer in einen Sieg verwandelte. Der wichtigite Punkt an der Schwelle des öftlihen Berglandes, Erlau, war bereits feit zwei Wochen in Türkenhand und die fpäteren Er: folge Schwarzenberg’s und Paͤlffy's gegen Raab, Palota, Veßprim, Täta u. a. D. vermochten diejen Verluft nicht auszugleichen. Unter furdhtbaren Verwüſtungen der Osmanen, welche der ſlavoniſche Renegat, Großvezier Ibrahim, entbot, und der Sardar Mo: hamed Satunbichi befehligte, verfloß das Kriegsjahr 1597 ohne entſcheidenden Erfolg. Günftigere Ausfichten erſchloß das nädhlte,

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den kaiſerlich- ungariſchen Waffen, unter Führung des wackern Reiche: grafen Adolph von Schwarzenberg, von der rheinischen Linie des alten Haufes, und feines tüchtigen Waffengenofien Niklas Palffy, deren Eroberungen wir oben bereits kurz berührten. Selbft ihr Dctober- Angriff auf Ofen verfpradh Erfolge. Wie wenig enticheidend dies auch Alles war, wie entjetlich auch die Tartaren Ober-Ungarn verheerten und die Söldner des jchneidigen Generale in Oberungarn, Georg Bafta, zum Nüdzuge nad) Kaſchau zwangen, noch weniger konnten fich die Türken glänzen: der Waffenthaten rühmen; am wenigften der Großvezier ſelbſt, als er im Herbfte 1599 an die Spitze der Heerführung trat. Troftlos immerhin war der Ausblid in die Zukunft eines unberechenbaren Krieges, den bie trügerifchen SFriedensangebote des Großveziers nur zu verjchleppen, nicht endigen zu wollen fchienen. *)

*

4. Die Berhältniffe im Laude Defterreih. Die Slaubensfrage und der Bauerntrieg.

Literatur (vgl. die Bit. z. XIII. Buche, 10. Abſchn.) Hammer: Purg: ftall, Geſch. des Cardinals Khlefl (1847 fi.) (4 Bde. mit maffenhaften Urkdn.); DOberleitner, die evangel. Stände Defterreicha unter Marim. IT. u. Rudolph II. (1564 1597) (1862); Kerfhbaumer, Garbinal Khlefl. (1865.)

Ueber ben Bauernfrieg: Lind, Ann. Claravall. (Zwettl); Santhaler, Fasti Campililienses (Lilienjeld); RPreuenhuber, Ann. Styrenses (Steyer); die firhl. Topogr. v. Nieder:De,, 3.8. die Abth., welche von Zwettl u. Lilienfeld handeln; M. Fiſcher, Merkw. Schickſ. des Stiftes Klojterneuburg (1818). 2. Bd.; Hormayr's Ar. (1816, Nr. 144, 1835 Nr. 241— 242) (Rich. Strein’3 Guet—

*) Literatur. Ueber ben Beſtand der Türkenherrſchaft in Ungarn: Hammer, Tas oSman. Reih 1.; Staatöverfaffung u. Geſch. bes osman. R.; Salamon a a. D. Die magyar. Ueberf. e. türf. Hdſchr. der Wiener Hofbibl. „ſicherſter Weg zur Erkenntniß der Städte und Reiche” aus dem A. bes 17. Ihrh. v. Gabr. Balinth in Szäzabof 1870, ©. 233 f.

3. Geſch. d. Milit.- Grenze fiehe die Werfe von Hitzinger, Fraas, GzÖörnig, Ethnogr. des öſterr. K. IL; Utiefenovit, Vaniéek; die Aufj. v. Kufuljevi& im V., VIII, IX. 2b. des Arkiv; Oberleitner, öjterr. Finanzen u. Kriegsw. im Arch. f. K. öjterr. #. XXII. Bd. Ehmel, Habs— burg. Archiv 1846. 2. H. (vgl. Notizenbl. 1855, 1858); Buchholtz, Geſch. Ferd. J. 8., 9. Bd.; Hurter, Seh. 8. Ferd. II. u. f. Eltern. I. Bd.; Rabdics, Herbart VIII. v. Auersperg (1862); Muchar, Geſch. d. H. Stm. 8. Bd.; Dimitz, Geſch. Krains II.; Krones, Bir. z. K. d. ſteierm. Land— tagsw. 2. Epoche a. a. O.

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bedundhen wegen ber Paurn Aufitand ao. 1598) u. Tafchenb. 1846, ©. 102 f. K. Haſelbach, der nieberöft. Bauernfrieg v. E. des XVI. Jahrh. (1867). Vgl. auch Kurz, Bir. z. G. des 8. De. o. d. E., Prig, Geſch. O.-Oe., I. Bd.; Czerwenka, Die Khevenhüller, Tberleitner a. a. O.

Die Verhältniffe des Glaubens im Lande Defterreich hinterließ Marimilian II. in einer unhaltbaren Schwebe. Denn der Ausſchluß der Jandesfürftliden Städte von dem Genuſſe freier Religions: übung galt diejen als unerträgliche Beſchränkung und war natur: gemäß auch dem proteftantifchen Adel ein Dorn im Auge. Auf der andern Seite war nun aber die gegenwärtige Regierung, der Kaiſer und deſſen Statthalter Erzh. Emit, eifrig katholiſch und feit entichlofjen, über die von Mar II. verbrieften Zugeltändnifje nicht um eines Haares Breite hinauszugehen, vielmehr nad) Thunlichkeit die Neftauration des Katholicismus herbeizuführen. Das Alles ließ fhon 1577 Irrungen zwijchen der Regierung und den Ständen unvermeidlich werden und das Reformationsdecret der Regie: rung vom Jahre 1578 galt den Proteftanten als Loſung eines Kampfes, in welchem der jeit 1567 auftauchende Klofterrath, der Biſchof von Wien und der Paſſauer Metropolit, durch feinen Official das eine Princip, und die Horner Berfammlung der akatho— lifhen Stände feit 1580/81 das andere Brincip vertraten, eines Kampfes, in welchem jedoch eine wichtige Waffe den letteren zur Verfügung ftand: das landtägliche Bewilligungsreht den Geld: und Aufgebotsforderungen der Regierung gegenüber. Wie erregt die Stimmung in den landesfürftlicden Orten war, beweiſt am beiten die Scene zwiſchen den Bürgern Wiens als Bittjtellern und dem Erzh. Emit im Jahre 1579. Die ftändifch beichloffene Viſitation der proteftantifhen Gemeinden ergab in Nieder-Oeſterreich (1580) den Beitand von mehr als 100 Drtichaften im Viertel o. M.:B., von nahezu ebenfo vielen im Viertel u. M.⸗B., an 90 im Biertel 0. W.:W. und an 50 im Viertel u. W.“W. im Ganzen gab es aljo nicht viel weniger als dritthalb Hundert berrichaftlihde Dörfer und Märkte des evangelifhen Glaubens, welcher allerdings auch in katholiſchen Patrimonialgemeinden um fih griff und leidige Streitigkeiten veranlaßte, überdies den Gegen: ja der orthodoren Zutheraner und Flacianer zeigt, und feit 1583 auch unter den jtark verbreiteten Flacianern eine ärgerliche Spaltung offenbart.

Aber auch in der fatholiichen Sphäre treffen wir auf einen hödhit bemerfenswerthen Gegenjaß. Der Kloſterrath, ſeit K. Rudolph II. aus weltlichen und geiftlihen Mitgliedern zujammengefegt, verfocht

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Aber noch eine bedeutungsvolle Erfcheinung taucht am Schluſſe des Jahrhunderts (1594— 1597) im Lande Defterreih ob und unter der Enns auf der Bauernfrieg. Im Ober:Vefterreid) tritt das religiöfe Moment ftärfer in den Vordergrund, in Nieder: Defterreih das fociale, hüben und drüben ift aber der Hauptton, das Anfämpfen der Grundunterthänigfeit gegen ein Uebermaß ihrer Laſten wider die Grundherrſchaft, unverkennbar, ein Wiederaufleben der großen Bewegung des Jahres 1525 26 in engeren Kreilen. Sedenfalls zeigt es ſich deutlih, daß die tiefliegenditen Keime foci: aler und religiöfer Unbotmäßigfeit durch die fiegende Gewalt damals nicht entwurzelt werden konnten.

Beginnen wir mit Dber-Defterreidh. Die Widerfeglichkeit ber proteftantenfreundlichen Unterthanen des Collegiatitiftes Spital am Pyhrn zu Windiich - Garften, gegen die katholiſche Reſtauration (1586) erjcheinen als Vorboten der oberöfterreichiichen Bewegung. Seit 1594 kündigt fie fich deutlicher an. Sie beginnt zu St. Peter am Windberge (Mai), wo die Bauern den Probjt Georg von St. Florian bedrohen: wenn er ihnen nicht „einen“ deutſchen Herrgott reihen wolle, jo möge er ſich nur gleich entfernen. Im September hat der Aufftand bereits das ganze Mühlviertel ergriffen. Der Aufruhr wählt weiter; den 12. Juli 1595 verfammeln fich Die Stände zur Berathung von Gegenmitteln, den 24. Auguft erjcheint das kaiſerliche Patent, das alle Zufammenrottungen verbietet. Der Auffitand erfaßt das Hausrudviertel, allgemach erjcheint das ganze Land in Aufregung. Die Bauern, in Kurzem bis an 3000 unter Waffen, einigen fi) über eine Beſchwerdeſchrift an den Kaiſer gegen die Herrichaften. Die Stände rüften und bejchuldigen die Heineren Landftädte der Mitwifjenichaft am Aufruhr. Unterwerfungs- termine werden gejeßt (November 1595), es kömmt zu blutigen Gefechten bei Zell, Griesfirhen, Neumarkt; neuerdings erjcheint (6. December) ein Taiferliher Erlaß; als letzte Unterwerfungsfrijt wird der 10. Januar 1596 verfündigt, doch noch im December des Jahres bedrohen die Bauern Steyer, Enns ift voll Beforgniß. In⸗ deſſen hatte im Wefentlihen Schon Gotthard von Stahrenberg den Aufruhr abgethan.

Der niederöfterreihiihe Bauernkrieg iſt gemifler: maßen eine Wiederholung und Fortſetzung des Aufruhrs im Lande o. d. E. Während aber hier zunächſt katholiſche Pfarrer und geift- lide Grundherrſchaften angefeindet erjcheinen, find es in Unteröfter: reich vor Allem die Herrenſchlöſſer. Die Grunbobrigkeiten hatten fih gewöhnt, die Kriegshilfen den Bauern rüdjichtlos aufzulaften;

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Die erzherzogliche Regierung entwidelte eine große Rührigkeit in der Befämpfung des Aufitandes, auch die Stände ließen es an Gegenmaßregeln nicht fehlen, nur ijt die Engherzigkeit und Eelbit: fuht unverkennbar, mit der ſich die Grundherrſchaft wider alle gründliche Behebung des Uebels, gegen zeitgemäße Conceſſionen jtemmt. Die Hauptarbeit in der Bewältigung des Aufitandes hatten die Oberſten Kollonitjh und Morawsky (Moraczky); leerer iprengte die Zufammenrottung, mit Pögjtall als Mittelpunfte, dort wo der Aufruhr zunächſt begonnen (März April) auseinander. An Hinrichtungen ließ man es nicht fehlen. Doc, beweijen die taijerlihen Maßregeln, das Reſcript vom 8. Mai oder das fogenannte Interimale für DOberöfterreih, daß die Regierung die Nothwendigkeit einer Einfchränkung oder genaueren Normirung der grundherrlichen Forderungen einfah und den focialen Charakter der Bewegung nicht verlannte.

Der Bauernfrieg felbit gab Anlaß zu gegenfeitigen Anklagen der Slaubenstheile. Die katholiſche Reitaurationspartei, mit Khleſl an der Spige, gewahrte darin die ſchlimmen Früchte des proteitan- tiichen Libertinismus und Ketzerthums, die evangelifchen Stände binwieder die leidigen Folgen der katholiſchen Gewaltmaßregeln, des „tyranniihen Papismus“. Die Regierung wurde um Freigebung des Glaubens allüberall, aber vergebens, bejtürmt. Bemerfenswerth ift die Rolle der Landſtädte ober und unter der Enns. Beſon— ders dort war der Proteftantismus Regel; auch nad) dem Ausgange des Bauernfrieges leifteten alle Vororte des Traunfreifes, Goifern, Hallſtadt, Iſchl u. ſ. w. Widerftand gegen die Refatholifirung. Lange fträubte fih Stadt Steier, und die ftrittigen Verhältniffe in Linz ſchleppten fih in’s nächſte Jahrhundert hinüber; denn bier wurzelte das ſtändiſche Regiment; man läßt das erzberzogliche Slaubenspatent vom LZandhaufe abnehmen, fünfzig Bewaffnete die Wache beziehen und erklären, in Glaubensjahen habe die Landjchaft freie Hand.

Auch die niederöfterreihiichen Landftädte zeigen in den Jahren 1586 98 eine ſtarke Parteinahme für den evangelifhen Glauben. Sehr hartnädig äußert dies der freifingifhe Marltt Waidhofen an der Ybbs; Krems, das 1578 refatholifirt worden war, ent: windet ſich der Glaubensfefjel wieder (1581); ebenjo ber Schweiter: ort Stein und troß aller Strafmaßregeln behauptet fid) die ver: hohlene Anhänglichleit an das Lutherthum.

Fallen wir die confeffionellspolitiihen Zuſtände bes Landes Defterreih am Schluffe des 16. Jahrhunderts in’s Auge, jo ift es

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unverkennbar, daß fie einer Entſcheidung entgegentrieben. Die Regierung zeigt in der Erledigung der ftändifchen Begehren vom Sabre 1599 den ernitlichen Entſchluß, den Proteftantismus möglichſt einzufchnüren. Khlejl, in feiner Doppeleigenfchaft als Adminiftrator ber beiden Bistümer W.-Neuftadt und Wien (feit 1598), und Domprobit Pöttinger, Vertreter des Erz). Leopold von der ſteiermärkiſchen Habsburgerlinie, der (1598) mit zwölf Jahren Coab: jutor des Baflauer Biſchofs geworden, arbeiteten entjchieben in dieſer Richtung. Die päpftlihe Bulle vom Jahre 1600 verbot bei Strafe des Bannfluches die Aufhebung der Communion unter beiden Ge— ftalten; dies war das deutlichjte Anzeichen der päpftliden Re— tractationen gegenüber den früheren Zugeftändnifjen. In dieſer Richtung begegnen fih Kirche und Regierung, im Gegenjage zu der Sachlage in den Tagen Ferdinand’s I. und Marimilian’s II. Es handelte fih nun darum, ob die Tandesfürftlihe Gewalt in dem bevorftehenden Schlußfampfe mit dem ftändifchen Principe, der con: feffionellen und politiihen Oppofition, die Machtmittel und die ftramme einheitliche Thatkraft werde aufbieten fünnen, deren es bei der Gefchloffenheit und dem Selbitgefühle der adeligen Landſchaft bedurfte. Daran war jedod) billig zu zweifeln. Denn wie die Dinge lagen, gab e& eine Doppelregierung: das Wiener Regiment des Erzherzog : Statthalters Mathias mit den Räthen Unverzagt, Khuen, Meggau, Herberitein, Thum, Krenberg, Preiner an der Spige, denen Bifchof Khlefl immer mehr den Rang abläuft, und ben Brager Kaiferhof. Die Gegenſätze Tonnten nicht ausbleiben und fie ſchärften fich, als äußere Gefahren und mächtige innere Be- wegungen der Zwietracht im Haufe der Söhne Marimilian’s II. zur tief gehenden Zerrüttung des Staafswejens die Hand reichten.

5. Zirol und AInneräfterreih v. 1564—1600.

Literatur. 1. Tirol. Brandis, Geſch. d. Landeshauptl. Tirols, IV.A.; Weißegger, Hiltor. Gemälde o. biogr. Schild. aller Herrfcher u. Prinzen des dchl. Erzh. Habsburg v. Rudolph I. bis M. Ther., 4. Bd. Die biogr. Auff. über Erzh. Ferdinand (IL) und PBhilippine Weljer in den Almanachen: Klio u. Euterpe v. Jahre 1804 und Urania (1818 ff.); I. Mid. Welſer, Nadır. über Philippine Welfer v. Angsburg, Gem. des Erzh. v. Deiterr., Landesf. in Tirol 1548— 4580 (1864); Hormayr’3 Arch., L., IL; Zoller, Geld. u. Tentw. d. St. Innsbrud (2 Bde. 1816, 1825), 1., 2 4; A. Brimiffer, Kurze Nachricht von dem k. k. Raritätenfabinete zu Ambras in Tirol. Mit

390 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618).

158 Lebensbefchreibungen . . . . Innsbruck (1777); vergl. Die k. k. Ambrafer Sammlung (Wien 1819) 9. Jäger, Beitr. z. ©. db. Verhandl. über bie erbjällig geword. Grafſch. Tirol nad dem Tode des Erzh. Ferd. II., Arch. f. öfterr. Geſch, 50. 3b. (1873). Bonelli, Monum. eccl. trident. u. Notizie, 3.3d.; Durig’3 Auff. im Progr. d. Innsbr. O.-Realſch. (1863—64); Bider— mann, Die Italiener i. tirol. Prov.-Verbande (1875). Sinnader, 7. Bd.; J. B. Schöpf, Joh. Nafus, Franzist. u. Weihbiſch. v. Briren (1534— 1590), Bozner Gymn.:Progr. (1860); A. Wolf, Lucas Geizkofler (1873).

2. Steiermark, Räruten, rain. Zeitgenöſſiſche confeifionelle Streit: ſchriften: a) proteftantifche von David Rungius (1601), Bericht u. Erinnerung von der tyrann, bäpjtifchen Verfolgung bes h. Evangeliü in Steiermanrf, Kärndten, Krain; A. Hanauer (Hanaverus), Vera solida et perspicua relatio historiae tristissimae persecutionis, quae in illustri Styria eiusque metropoli Graecio contra orthodoxos etc. furore Jesuitorum instituta et peracta est (1601); b) fathol. Hauptſchrift: Jakob Rofolenz, (Stainzer Probft) Gründlicher Gegen: beriht auf den falſchen Bericht und vermeinte Erinnerung Davidis Rungii u. ſ. mw. u. fein Diarium u. gründl. Bericht von der in den %. 1598—1601 in Steyerm., Kärnten und Krain vorgen. Iandesfürftl. Reformation (Beides Gra; 1607). Dal. au den Auff. in Hormayr’3 Arc. (1817), ©. 269: „Die Springer und Werfer in U.-Steier”; Raupach, Waldau a a. O.; Cäſar, St. u. 8.:8. d. Stm., 5., 6. Bd.; Hurter a. a. D., 1.—4. Bb., Robitſch a. a. D.; Bergmann, Medaillen, IL Bb.; Kindermann, Bir. 5. Vater: landskunde f. Inner:Defterr. Bewohner, 2 Bde. (1790 f.), 1. Religiongzwift zw. Erzb. Karl u. den fleier. Ständen (bezieht ſich vorzugsweife auf die Präbicanten Homberger und Krater); 2. Schr. des Gen. Franz Borgia an Erzb. Karl L, die Jeſuitenniederlaſſung in Graz betreffend; 3. Fragment e. Chronif d. Stabt Klagenfurt; 4. v. Muchar, Ur. z. Geld. d. fteir. Neform., Horm. Arch. (1819), Nr. 109 ff.; Ilwof, €. Epifode a. d. Gel. d. Gegenref. i. Stm., Mitth. des hiſt. V. f. St., 12. Heft.

Peinlich, Geld. des akad. Gymn. i. Graz a. a. O.; Luſchin, Bilder aus der Reformationsgeih. in Steierm.: 1. M. Caspar Kratzer, Zeitichr. f. deutſche Culturgeſch, Neue %. (1873). Vgl. auch die Arbeiten über Kepler, 3.2. v. Reitlinger u. 4. Herrmann, Hbb. d. Geſch. Kärntend, 2. A., II. Bd. (1853); Lebinger a. a. O.; Aeljchfer, D. Gegentef. i. Kärnten. Kämtn. Volkskal. (1873); Kindermann f. o.; Ezerwenfa, Die Khevenhüller.

Für Krain bilden die Vorarbeiten und das Werk über Geſch. Krains von Dimiß, IL. Bb., die gegenwärtig befte Darftellung bed Reformationszeit⸗ alters in Krain, aus vielen handſchr. Quellen gefchöpft.

3. Geſch. des Bauerntrieges v. 1573: Rabit, Herbart VIIL von Aueröberg 1528— 1575 (1862); Krones, Actenm. Bir. z G. be winb. Bauernaufit. v. J. 1973 in den Btr. z. 8. fleierm. G., V. 3. (1868). Die volftändigite Materialfammlung in Raëki's Monographie, veröff. i. 7. Bde. ber Starine, Agramer Akad. (1875) im Sep.-A. (187 Actenft.).

X1V. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618). 321

Eirol in den Tahren 1564—1602. Ferdinand v. Tirol (vgl. XII. B., A. 8), geb. 14. Juni 1529 zu Linz, + 24. Sanuar 1595.

1. Gem.: Philipp. Welfer („Freiin von Zinnenburg”), geb. 1527 zu Augsburg (ihr Vater und die beiden Oheime 1532 vom Kaifer in den Ritter: itand erhoben); 1547/48 Belanntihaft mit Erzh. Ferdinand II.; 1557 Che; 1561 v. 8. Ferd. I. anerf.; 1576, Aug., Aufhebung des Ehegeheimniffes durch ben römiſchen Stuhl; + 13. April 1580.

Kinder diejer Ehe: 1. Andreas, geb. 15. Juni 1558 auf Schloß Breznic in Böhmen; 1576 Cardinal-Diacon; 1580 Coadjutor bed B. Briren ; 1587 Adminiftr. der Kl. Murbach und Lüders; 1589 Biſch. v. Koſtnitz; 1591 Bifhof v. Briren; 1598 Statth. der jpan. Niederlande; 7 12. Nov. 1600. 2. Karl, geb. 22. Nov. 1560 auf Schloß Bürglig in B. „Marfgraf von Burgau”; 1578 kämpft in den Niederlanden; 1594—1604 kaiſ. Feldhauptmann in Ungarn; 1601 verm. mit Sibylle, Prinzeſſin v. Jülich; + 12. Nov. 1627. 3.0.4 Philipp u Marie, Zwillinge, geb. 7. Aug. 1562 ebenda; ftarben früh.

2. Gem. feit 1582, 14. Mai: Anna Katharina, T. des Herz. Wilhelm v. Mantua; F 3. Aug. 1620.

Kinder der 2, Ehe: 1. Anna, geb. 4. Oct. 1585, F 15. Dee. 1618; feit 4. Dee. 1611 Semahlin 8. Mathias’. Die zwei jüngeren Schweſtern « jtarben bald; die eine al3 Kind, die andere als Nonne.

Als Erzherzog Ferdinand II. die Herrihaft Tirols und der Borlande perſönlich antrat, waren bereits dritthalb Jahre über den Tod feines Taijerlihen Vaters Hinmeggegangen, und von dem neuen Landesherrn ale Statthalter Böhmens zu Prag verlebt wor- den. Den 17. Januar 1567 hielt Erzh. Ferdinand LI. feinen Ein- zug in Hal und Innsbruck und froh wurde deſſen das Land; die widerjpenftigen Roveretaner und ihre Nachbarn, welche nur von einer Taiferlichen, nicht fürftlich-tirolifchen Abhängigkeit etwas wiſſen wollten, waren längit (Frühjahr 1567) gezwungen, fich diefer Son: derbeitrebungen zu entjchlagen und den Unterthanseid zu leiften.

Die dreigigjährige Herrſchaft Ferdinand’s in Tirol offenbart dreierlei bedeutfame Erfcheinungen: das Wiederaufleben der alten Streitfrage über das Verhältniß der Hochſtifte zum Lande, die lebhafte Erörterung der Finanzlage im Schooße der ftänbifchen Berfammlungen zwiſchen der Landfchaft und dem Fürften und das Durchgreifen der katholiſchen Reftauration. In allen drei Erſcheinungen macht ſich ferner die Kräftigung des landesfürft- lihen Anſehens und Einfluffes als Endergebniß geltend.

No zu Anfang der Herrichaft Ferdinand's IL. lagen beide Landesbisthümer, Briren und Trient, in Einer Hand und Cardinalbifhof Chriftoph von Madruzzo beeilte fih, nah K. Ferdinand's I. Tode von K. Marimilian DI. (1564, 2. Aug.) ein Eremtionsprivilegium zu erlangen. 1567, 14. Nov., gab

Rrones, Gef. Oeſterreichs. W. 21

3323 XIV. Buch: Die Zeiten Rubolph’8 II. und Mathias’ (1576— 1618).

er zu Gunften feines Neffen Ludwig das Trienter Hochſtift auf. Dieſer hatte allerdings Furz vorher (11. Oct.) zu Inndbrud nach längerem Sträuben mit dem neuen Randesfüriten ein Uebereinfommen abgeichlofjen, worin er die ſämmt— lichen der Landeshoheit Habsburgs günftigen Verträge zwiſchen dem Hochſtifte Trient und der Grafſchaft Tyrol (jeit 1363) anerfannte, benütte aber bald die bezügliche Weigerung des Domcapiteld zu einem geharniſchten Proteite und zur Beſchwerde bei ber Eurie und dem Kaiſer. Erzh. Ferdinand IL. blieb jedoch jeſt, ließ fi) auch durch die Mahnungen Roms nicht beirren, Trient allwo eine ſiarke Bürgerpartei ihn als „Befreier” begrüßte mit Kriegsvolk bejegen und hatte die Genugthuung, daß, als fein faiferlicher Bruder Mar II. die verwidelte Angelegenheit 1571 vor den Reichstag brachte, die fog. „Speyrijche Notel“ zu feinen Gunſten entſchied, was von dem Kaifer 1. Det. 1576 neuerdings gegen die Beſchwerden des Garbinalbifchofs beftätigt wurde. Erſt 1578—79 kam es zu gütliden Verſtändigungen zwiſchen beiden Theilen und zum halben Siege jedweder Partei. Der Trienter fügte ſich nämlich den Pflichten der Landitand: haft, erflärte jedoch, daß feine Nachfolger an feinen Unterthänigfeitseid nicht gebunden jeien und erlangte (1577) von K. Rubolph II. die Beitätigung des obenerwähnten ;zreiheitäbriefes, zu Gunſten gerichtlicher Reichsunmittelbarkeit (jus de non appellando). Auch bei Briren fegte e8 Verwidlungen ab. Unter dem Coadjutor (ſ. 1552) und Verwandten bes Cardinalbiſchofs Chriſtoph v. Madruzzo, Thomas (+ 1578, Juli), Grf. von Spaur (+ 25. Februar 1591), traten fie allerding3 wenig hervor, wohl aber unter befien Nachfolger Andreas von Dejterreich, dem Erftgeborenen Ferdinand's II. aus der Ehe mit Phi: lippine Welſer. Hier fanden ſich alfo Vater und Sohn als Landesfürſt und Biſchof gegenüber und vergebens mahnte Erfterer den bitigen Kirchenfüriten ab, die gefammte höhere und niedere Gerichtäbarkeit und Huldigung des ge: fammten im Bisthumslande feßhaften Adels in Anſpruch zu nehmen. That: ſächlich allerdings Tonnte der Carbinalbifchof feine „unerhörten Neuerungen”, wie jie die Landſchaft nannte, nicht durchfegen, aber der Form nach überdauerte ber bezügliche Streit lange die Regierung Yerdinand'3 II.

Die Landtage Tirols in diefem Zeitraume zeigen am beiten, wie jehr die Stände bemüht waren, die wechlelnden Geldopfer ab: zuwehren, jo insbefondere 1573 die Uebernahme der landesfürit: lichen Kammerjchulden, 1582, 1586 die Zahlung des Schenfpfennigs, der Nebenhülfen (jährlich 30,000 Gulden) und der Vermögensſteuer und 1594 die außerordentlihe Leiftung für den Türkenkrieg, aber al’ ihr zähes Sträuben, ihre Vermahrungen, ihr Pochen auf das ihnen 1573 endgültig zugelicherte Selbftbefteuerungsredt fonnten nur Ermäßigungen der Anſprüche des Zandesfürften bewirken.

Erzh. Ferdinand II. trat, getreu feiner bezüglichen Erklärung bei Webernahme der Herrichaft, von den Innsbrucker Vätern der Geſellſchaft Jeſu, und von feinem Vertrauten Johann Nas aus Eltwangen in Oſtfranken, Weihbiſchof von Briren (J 1590), einem

324 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's IL und Mathias‘ (1576—1618).

hold dem Gedanken einer Erbtheilung, als von der Anficht ge: leitet, daß ein feiterer Anſchluß an die übrigen Länder, unter Wahrung der provinziellen Einheit und Autonomie, Vor: theile in politifcher, adminiftrativer und finanzieller Richtung bieten müffe.

Die drei offenen Landtage, weldhe der Kailer 1596—1601 einberief, deren eriten Erzh. Mathias, den zweiten Cardinalbiichof Andreas, den dritten Erzh. Marimilian als Stellvertreter des Kaiſers eröffneten, bieten das Schauspiel ziemlich erregter Verhandlungen, in denen die Landichaft nicht bloß das Gebahren des verjtorbenen Fürften einer fcharfen Kritif unterzog, jondern vor Allem jeder Mehrbelaſtung zum Vortheile der habsburgiichen Kriegsführung in Ungarn wider die Türken beharrlich widerftrebte ; gerade aber am legten der drei Landtage ergab ſich eine leidlihe Verftändigung zwijchen der Regierung und den Vertretern Tirols und bewies, duß Erd. Marimilian II. den Ständen willlommen war. Der Prager Endvergleid vom 5. Februar 1602, durch welchen die Un- theilbarfeit Tirols und der Vorlande feſtgeſetzt erſcheint, die Ein: fünfte zwischen der öfterreichiichen und fteiermärkfifchen Linie in dem Verhältniß von 5:4 getheilt wurden und die Vermwejenichaft unter beiden Habsburgerzweigen abwechſeln jollte, bejcheerte den Tirolern und DVorderöfterreihern in der Perjon des genannten Erzherzogs einen feiner Aufgabe gewachjenen Negenten.

Inner Geferreih von 1564—1602. Erzb. Karl, geb. 3. Juni 1540, + 10. Juli 1590 (vgl. XIII, 9%. 8). Gem. f. 26. Aug. 1570: Maria, T. H. Albrecht's V. dv. Bayern, Schweſter H. Wilhelm's; + 30. April 1608. Kinder auß diejer (Fhe:

3. Marie Chrijtine, geb. 10. Nov. 1574; 6. Aug. 1595 verm. mit Eigismund Bäthory, Fürſten von Siebenbürgen (vgl. XIV. 2., 3. A.); + 6. April 1621 ald Nonne zu Hall.

b. Ferdinand (IIL), geb. 9. Juli 1578 (vgl. wm. u 10.9. u. XV. B.). Geſammterbe der habsb. ö. LU. j. 1619 u. Kaifer.

8. Georgia Marimiliana, geb. 22. März 1581, + 20. Sept. 1597 als Verlobte 8. Philipp's III. v. Spanien.

10. Marimilian Ernft, geb. 17. Nov. 1583, 7 19. Febr. 1616 als Deutjch: Ordens-Comthur.

11. Margaretha, geb. 25. Dec. 1584; 1599, 18. Apr. verm. mit K. Phi⸗— lipp IH. v. Spanien; + 3. Oct. 1611.

12. Leopold, geb. 19. Oct. 1586; Bilchof v. Paſſau 1605 1625; v. Straßburg 1607—1625 (f. w. u. XV. 8.).

XIV. Bu: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618). 325

13. Maria Magdalena, geb. 7. Oct. 1587; feit 19. Det. 1608 verm. mit Cosmo IL Medici, Großh. v. Toscana ; + 1631, 1. Nov.

14. Gonftanze, geb. 24. Dec. 1588; feit 11. Dec. 1605 verm. mit Sigis— mund III (Waſa), K. v. Polen (+ 10. Juli 1631).

15. Karl, geb. 7. Aug. 1590; 3. v. Breslau 1608; B. v. Briren 1613; Hoch: u. Deutfchmeifter 1619; + 26. Dee. 1624.

Bewegter als in Tirol und den Vorlanden ericheint das ſtaat⸗ lihe Leben Inner-Oeſterreichs, die leitenden und treibenden Kräfte defjelben offenbaren härtere und zähere Kämpfe, äußere und innere Gefahren greifen bier tief ein und das Ergebniß der ganzen Epoche zeigt fih als mächtige Wandlung des geſammten politijchen und firchlichen Weſens der genannten Zändergruppe, vor Allem des SHauptlandes Steiermark, auf welches wir in unferer Darftellung den Grundton legen müfjen.

An anderer Stelle war bereits des jüngiten Sohnes K. Ferdi: nand’8 I., Erzherzog Karl’s II., gedacht. Als ihm das väterliche Erbe zufiel, ſtand diefer Habsburger im 24. Lebensjahre, an der Schwelle des eigentlihen Mannesalters. Obſchon ftreng katholiſch erzogen (Propſt Hafenberg hatte den bezüglichen Unterricht geleitet), war Karl dennoch, wie wir anläßlich des englifchen Heirathsprojects zu bemerken Gelegenheit fanden, confejjionellen Zugeltändniffen grund: jäglih nicht abgeneigt; überhaupt ſchien fi auch in ihm etwas von den Anſchauungen des Vaters über die Nothmendigfeit des kirch— lichen Ausgleiches, aber auch von der Unantaftbarkeit lanbesfürftlicher Rechtsgewalt in Firchlich- weltlichen Dingen zu verförpern. Neifen nad Frankreich, an die italienischen Höfe von Ferrara und Mantua, auch Madrid hatten feinen Gefichtsfreis erweitert und der Umitand, daß er im Jahre 1562 für einige Zeit, als der kaiſerliche Pater zu Regensburg weilte, die Regentihaft in Ungarn und den öfterreihifhen Ländern übernahm, 1563 dem ungarijchen Krönungslandtage vorjaß, mar der Einweihung in den Emft politiiher Lebenspflichten fürderlih. Karl war eine praktische Natur, ohne Schwung; aber Feftigfeit, beharrliche Arbeitsfraft und der fittenftrenge Sinn für häusliches Leben blieben ihm eigen. Noch bevor der Vater aus dem Leben ſchied, trat Erzh. Karl die Huldigungs- reife nad) Steierinarf, Kärnten und Krain an. Hier überall, wie wir willen, mar der Proteftantismus unter den adeligen Ständen in den Vororten mächtig, aber auch im offenen Lande weit ver: breitet. Die Landſchaften zeigten ſich entſchloſſen, die übliche Eides- leiftung des neuen Herrn zu Guniten der Nechte und Freiheiten der Länder in diefem Sinne abzuändern. An Stelle des herkömmlichen:

326 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias (1576— 1618).

„So helfe mir Gott und alle Heiligen” jollten am Schluſſe die Morte und „das heilige Evangelium” treten und neue Zugeſtändniſſe afatholifcher Glaubensfreiheit den Negierungsantritt einweihen. Mit Feitigfeit verwahrte fih der Erzherzog gegen jede ſolche Neuerung ; dies erfuhren die Steiermärker (20. März 1564), Kärntner (10. April) und Krainer (28. April) jattfam, als fie mit folddem Begehren an Karl herantraten.

Cs war vorauszufehen, daß es bald zu mündlichen und jchrift: lichen Kämpfen zwiſchen den Landichaften und der neuen Regierung fommen werde. Denn der Erzherzog wollte feinen Schritt von der traditionellen Bolitit der Habsburger in der Kirchenfrage zu Guniten des Proteſtantismus weichen, der römische Stuhl arbeitete unabläffig an einer Befeitigung des noch 1564 erneuerten Zugeſtändniſſes Der utraquiftiihden Union und vollzog dies thatfählid 1566; anderer: feits fühlte der neue Herricher nur zu bald, daß in den Beitrebungen der Stände zu Gunften des Evangeliums auch das Ankämpfen wider die landesfürftlide Gewalt und ihre Maßregeln ſich berge. Dagegen fühlte fid) aber der Proteftantismus als der that- ſächlich herrſchende und nicht bloß geduldete Glaubenstheil, und die Türkengefahr, die wichtige, aber auch ſchwierige Stellung des Erz herzogs als Oberbefehlshaber der windifch = croatiiden Grenze (vgl. XIII. B., 3. 11., XIV. B., 3.) nöthigte ihn, ſich des guten Willens der Stände verfichert zu halten, die ja, um ein geläufiges Bild zu brauchen, die Schnur des allmädjtigen Steuerfädels und das Heft zum Aufgebote in der Hand hielten.

Außerdem war auch Karl nicht blind für den tiefen Ber: fall des katholiſchen Klerus in den Landen, wie er am grelliten aus den Rifitationsprotocollen des Patriarchates Aquileja für die füdlichen Gebiete hervorgeht, und auch für die oberen Lande in den Salzburger Synodalacten, in den biſchöflichen Maßregeln und vor Allem in den erniten Vorwürfen feine Belege findet, die der Erzherzog jelbit Anfangs 1568 der Verſammlung der Fatholijchen Geijtlichkeit in Graz über die Mißwirthſchaft in kirchlichen Dingen, Vernachläſſigung des Gottesdienftes, über das Leerftehen der Klöfter und den Verfall aller Sitte zu maden dringliden Anlaß fand, allerdings ohne fihtlihen Erfolg. Weberdies war Karl noch 1566 gemillt, an dem Zugejtändnifje des Laientelches feitzuhalten und allen gegneriichen Eifer in der Praris zu verbieten, wie dies am beiten aus feinem Schreiben vom 3. Januar 1566 an den Görzer Pfarrer Math. Marzina hervorgeht.

Aber bie Stände Inner : Defterreich verſpürten bald bie fefte

398 XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618).

Geldbewilligung an die Zulaflung von Prädicanten in die Städte und Märkte, der Erzherzog bezeichnet legtere ale ausfchlieglih ihm unterthänig. Kein Theil will nachgeben, endlich verichiebt man die Srledigung der Glaubensſache auf den nächſten Landtag, bewilligt aber die Geldforderungen nur unter der Bedingung, daß, wenn es zur Vergewaltigung nur Eines Prädicanten Täme, die Verordneten der Landſchaft die Pflicht Hätten, jede Zahlung einzuftellen.

Sm diefen erregten DVerhandlungen liegt gewifjermaßen die Signatur aller weiteren; zwiſchen Landesfürjten und Ständeichaft währt ein Krieg, den nur Waffenitillftände und zweifelhafte Com⸗ promifje unterbrechen.

Die katholiſche Actionspartei, als deren Seele wir den Kanzler Wolfgang Schranz bezeichnen dürfen, gemann nun aber bald mächtige Berbündete an der Gemahlin des Erzherzogs und an dem Orden der Geſellſchaft Jeſu.

1571, den 26. Auguſt, wurde die bayeriſche Maria dem Habsburger an— getraut. Er gewann an ihr ein treues, häusliches Eheweib, die ſorgliche Mutter einer bedeutenden Kinderſchaar; aber mit frauenhafter Inbrunſt der römiſchen Kirche unbedingt ergeben, wollte ſie auch die werkthätige Bundesgenoſſin ihres unbedingten Sieges werden. Man würde irren, wollte man den Erzherzog bei der folgenſchweren Berufung der Jeſuiten in's Land und in den weiteren Maß— regeln zu Gunſten der katholiſchen Reſtauration am Gängelbande ſeines Ehe— weibes denken. Karl war zu viel Mann und Charakter, als daß er eine der eigenen Ueberzeugung widerſtrebende Richtung eingeſchlagen haben würde; aber die Gattin und die Umgebung ſuchten ihn raſcher vorwärtszudrängen. Schon im Januar 1570 Hatte ſich Karl an das Wiener Jeſuitencollegium um Faſten⸗ prediger gewendet. Pater Stephan Rimel, dann Salvator Gantabrus erfcheinen ‚in Graz; im Mai 1571 auch der redegewandte Forſter. Das Märchen, e8 habe Kanzler ®. Schranz die erfien Jeſuiten, al3 Ritter verfleidet, in die Grazer Hofburg geſchwärzt, mag gleichzeitig im Volkshaufen entftanden fein und jeden: fall3 regte fich bald tiefe Crbitterung gegen bie „ſchwarze Brunſt“ als Vorboten „papiftiicher Ränke und Gemaltthaten”. Auh an den Ordensgeneral Franz Borgia wandte jich der Erzherzog, Doch gab ihm der Gecretär Hiero— nymus Natali nur allgemeine Zufidherungen, denn die Ordensleitung wollte zu— nächſt die Sachlage und die Stimmung am Hofe gründlicher ausfundichaften. Am Herbite 1571 erfhien der Wiener Provinzial Magnus in Graz. Es handelte fi) um die bleibende Stiftung eine8 Sejuitencollegiums in ber Landes- bauptitadt; der erzherzogliche Kammerjädel mar jedoch nicht gut beitellt. Die Prälaten jollten nun herhalten und waren von biejen Zumuthungen nicht gut erbaut. Dem Reuner Abte wurde das Gejchäft des Gelbfammelns übertragen, doch entſchlug er fich ſchon 1574 der undankbaren Aufgabe Auch der Salz— burger Erzbiſchof kam folhem Anfinnen minder freundlich entgegen.

Der Landesfürft war längft entichloffen, den Jeſuiten als Vor:

330 XIV. Buch: Tie Zeizen Rudolph's IL end Marhies ı 15. Ins).

Um io mehr beeilte tidy der proteftantiiche Adel, dieien bedenk⸗ fihen Erideinungen zu begegum. Schon am 1. Juni 1574 konnte er jeine Höhere Schule im Paradeis zu Graz, im Eggen— berger Stift, das 1568-1569 erworben und binnen vier Jahren zu dieſen Zweden ausgebaut war, als einen „Samen: und Vilanz- garten der Religion“, deiien ſich „das ganze Yand trörten” solle, erörmen und bald auf das Gedeihen derielben umter tũchtiger Leitung fernher geholter Lehrmeiſter mit Befriedigung hinweiſen. Auf der andern Zeite wurden am Bruder Auguit:Zandtage dem Erzherzoge lange Beihwerdeichriiten wider die Jejuiten „als neuen und uner: hörten Orden, der Alles verborben habe” unterbreitet und darin geklagt, daß im Lande eine jürmlide Jnquifition ihre arge Wirth: ſchaft beginne. Karl vertheidigte die Jeſuiten, welche bereits 155 Gollegien beiäpen, und wies die Zumuthung inquiſitoriſcher Map: regeln mit Entichiedenheit zurüd.

Der „Kampf um den Glauben“ wird 1575— 76 in der Steier: marf, in Krain und Kärnten zwiſchen den Landſchaften und dem Fürſten ergebniglos geführt. Wenn fi dennod 1578 der Erz: herzog zu bebeutenden Zugeitändniften veranlaßt jah, ſo lag bie Urjade in politiſchen DBorgängen, deren wir nun im Zu: fammenhange gedenken mütjen.

Die Türltengefahr Inneröfterreide ruhte nit. 1570 hatte ein neuer Beutezug der Osmanen in die Poik ftattgefunden ; bald hieß es wieder, die Türken rüjteten zu wiederholten Einfalle Dazu geſellte ſich 1572 73 der Ausbruch eines gefährlichen Bauernfrieges.

Die croatiich : jlavonishe Bevölkerung am füdlichen Gemärke des Steierlandes, im Diten Krains und in der croatiihen Nachbar: ſchaft befand ji) angefihts der Türfennoth und der wachſenden Laſten der Grundunterthänigfeit in gedrüdter, grollender Stimmung. Es bedurfte nur eines örtlichen Anitoßes und der Aaitation ent: ſchloſſener Unruhſtifter, um diefe Stimmung zur unjeligen That aufzuftacheln. Das ganze darüber jeßt vorliegende Actenmaterial bezeichnet die Gemaltthätigfeiten des Magnaten Franz Tahy, Pfandinhabers der croatifchen Grenzherrihaft Soſſed, und feine mehrjährigen Irrungen mit der Gemeinde Stupica als nächſten Anlaß des Aufitandes, der fi) dann von Kaifersberg aus in die ſüdöſtliche Steiermark erftredte, andererfeits in das Waraäbiner Gebiet Croatiens weiter eindrang und das norböftlide Krain er: faßte.

XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618). 331

Zunächſt Hatten die Gemeinden ber Herrihaft Soſſed (Szomizebvär), Stupica, Werbowec, Stupnif im Frübjahre 1572 bei dem Kaifer als Könige Ungarns die Abhülfe ihrer Beſchwerden gegen ben tyrannifchen Pfandherrn an— geſucht. Doch zogen fie bald den Aufitand vor, an deſſen Spike fich ein fühner Mann Elias Gregorit (auch Illia, Hellia gefchrieben) aus Ribnik in ber Metif, zu Werdomec anläjlig, ftellte; er hatte gegen die Türken gedient und war einigemal in ihre Hände gefallen, daher er auch den Beinamen „Pribeg“ (Ueberläufer), führte. Matko Gubec (Gobec) aus Stupnica, Swan Paſſa— nef (Bafanicz) und man Magait traten an feine Seite; aud der Piarrer zu Werdowec erjcheint als einer der Haupträdelsführer und fein Haus als Berathungsplak der Aufitändiichen. Die Überleitung ſcheint Gubec angejtrebt zu haben, denn es hieß, die Bauern wollten ihn zum „Könige” aufmwerjen, wie auch der Pertraute des Gregoris, Michael Guffetit, ausſagte. Es mag dies aber eben jo Gerede fein, wie das Hiſtörchen vom „Bauernkaiſer“ Illia (d. i. Eliad Gregoric). Emiſſäre regten nicht ohne Erfolg die windifche Bauern: ſchaft zum Losfchlagen auf. Bald bangte den unvorbereiteten Landſchaften vor den nad) Taufenden zählenden Bauernhaufen. Von Rann aus, dem naturge- mäßen Mittelpunfte eines ſolchen Aufitandes, drang das Heer des Gregorit gegen Montpreis-Hörberg vor; feine Genofjen follten Gurffeld an der Save zum Waffenplape machen und die Einwohner des Landftädtchens Famen ihmen willig entgegen. Auch in Groatien follte die Bauernſchaft weit und breit in ben Aufftand getrieben werden. Bezeichnend ijt Die Ausfage verhörter Bauern: „man babe die Auffchläge, die Tacz (Verzehrungsſteuer) u. A. abthun, die wideripenftigen Grundberren bejiegen, fodann zu Agram eine Faijerliche Stelle aufrichten, alle Gefälle, Zinfen und Steuern ſelbſt einfordern und die Grenzen verwahren wollen, da die Herren barum gar nicht fragten. Es jtedt darin das wie immer unflare Programm einer politifch=focialen Bewegung. Im Januar 1573 ausbredend, wurde ber Aufitand nicht ohne Mühe im Februar bewältigt. Die Bauernhaufen erlagen vor Gurkfeld der Usfofenmiliz unter Thurns Führung, vor Peilſtein (8. Februar) den vereinigten croatifch-fteier- märkiſchen Schaaren unter Alapi, Zrinyi, und Georg von Schrattenbacdh; gleiches 2008 ereilt die Haufen bei Ofi& u. a. a. DO. Endlich war denn doch Die ge— ſetzliche Macht, das Landesaufgebot, die Söldnerfhaar bes Kaifers den Friegs- untüchtigen Schaaren überlegen. Die Hauptleute werben jtrengen Strafen aufgeipart. Die entjeglichjte traf den Gubec zu Agram; er erlitt die Martern, unter denen einjt Dözia feine Seele aushauchte. Gregorit büßte gemeinfchaftlic) mit Georg Gruſſetiẽ zu Wien das Verbrechen der Empörung. Wie immer zog man bie Furchtbarkeit des Strafens der gründlichen Bejeitigung gerechter Beſchwerden vor, an denen es auch vor dieſem Aufitande nicht fehlte. Dennoch gab ſich in manchem Urtbeile gleicher Zeit die volle Erbitterung über Tahy's grundberrliche Trevel fund und als im November von neuen Unruhen die Rede war, verjuchte man, wie e8 der Erzherzog längft eindringlich betont hatte Die Unter: ſuchung ber fchreiendften Gebrechen, eine Revifion ber Urbare und ber grunb-

herrlichen Gerichtsbarkeit.

33% XIV. Bud: Tie Zeiten Rudolph's IL und Mathias’ (1576- 161.

Ein ſchweres Jahr kam 1575 über Inneröſterreich: bei Budaſchki an der Radonja erlag der wadere Heerhaufen des Grenzoberſten und Landeshauptmannes von Krain Serbart VIII. von Auersperg im ungleihen Kampfe mit dem beuteluitigen Sandſchakbeg von Bosnien (22. September), der tapfere Führer und mander Genofje, 2000 Mann, fielen unter den Streichen des Feindes, Viele geriethen in Gefangenichaft, darunter aud) Herbart’s Sohn, Wolf Engelbredt, der 1577 wie jo mander Andere mit großem Gelde gelöit werden mußte.

Seit langem hatte man feinen jo ſchweren Echlag erlitten. So wuchſen des Erzherzogs landesfürftlide Eorgen und die Grenz: gefahr ſchob die Glaubenszwiſte gewijjermaßen in den Hintergrund. 1577—78 an die Epige der gefammten Grenzwehrverfaſſung geitellt, mußte Karl fich des guten Willens der Inneröſterreicher verjichern. Ehon am Regensburger Reichstage (1576) betonten die Ausſchußgeſandten den Anſpruch auf Reihshülfe ale Deutſche und Glaubensgenojjen und bei ven Wiener Berathbungen (5. Auguit bis 24. September 1577) ließen fie den Erzherzog das Gewicht ihrer Stellung in der Grenzfrage verjpüren.

Am folgenfhweren Bruder Generallandtage Inner— öfterreihs (1578, Januar, Februar) erzwangen die Stände die mündliche Erklärung des Erzherzogs (9. Februar), daß er ſich mohl die volle Gewaltbefugniß in den landesfüritlihen Städten, Märkten und Gütern vorbehalte, aber „nicht der Meinung jei, die Prädi— canten und Schulen in Graz, Laibach, Klagenfurt umd Yudenburg zu vertreiben”; er wolle die Bürger aud) nicht be- ſchweren in ihrem Gemiffen und wie bisher ihnen von der Religion wegen nicht ein Härchen frümmen. Für das Alles bürge fein Wort. Gelang es nun aud den Ständen nit, eine urfundlide, die Nahfolger des Landesfürften bindende Erklärung zu erlangen, fo gemwahrten doch die Stände in jener mündlichen Zufage eine günftige Erledigung ihrer Beſchwerden, einen Sieg, den fie ansgefochten, und verewigten ihn durch die Denkmünze, deren Gepräge die bebeutungsvollen Worte: „Gaudet patientia duris“, „Geduld überwindet das Schwerfte”, trug.

Aber gerade das Bruder Religionslibell bildet einen verhäng: nißvollen Wendepunkt in der Stellung der proteitantiichen Land⸗ Ihaften, einen faulen Frieden, die Duelle leidiger Gehäffigkeiten. Denn das Gemwährte ftand in feinem Verhältniſſe zum Begehrten und im MWiderftreite mit den thatſächlichen Errungenſchaften des Proteftantismus; dagegen regte er das katholiſche Parteilager zu

334 XIV. Aud: Tie Zeiten Rubolph's IL und Mathias’ (19:65 —161%).

Grenzvertheidigungsfrage abermals die frühere Taktik aufnehmen wollten, antwortete Karl darauf mit der Aufhebung der Bruder Zugeitändnijje, welche der Protejtantismus weit überidhritten habe.

Wohl nöthigte die Geld: und Kriegsfrage den Erzherzog, einen Augenblid wieder einzulenfen. 1581, 3. Februar, erflärte er, es jei „aus gemwichtigen Urſachen das Tecemberpatent (1580) aufge hoben und Alles beim Alten belaſſen“, das war aber nur eine furze Waffenruhe. Karl ſah fich immer mehr in dem Gedanken an die katholiſche GBegenreformation beſtärkt. Tie Maireile nad) Prag, in Begleitung der einflußreihen Räthe Georg Khevenhüller und Johann Kobenzl, nah Tresden, von da nad) Prag und dann zurüd nad) Brud a. d. M., der hierortigen Zuſammenkunft mit der ipaniihen Braut Erzh. Albrecht's und Ferdinand von Tirol folgte das SHerbitedict gegen die proteitantijchen Bücher, deren an 12,000 verbrannt wurden und der gegenreformatoriiche Erlaß an den Grazer Stadtratd vom April 1582. Im Herbſte zeigt die Verhaftung umd Geldbuße des Bürgermeifters Straßberger, des Stadtrichters Holzer und des Stabtichreibers Pangrießer, wie entſchieden der Erzherzog einzugreifen gewillt war. Das hatten aud die Abgeoröneten der proteftantifhen Stände Ipnneröfterreiis auf dem Augsburger Reichstage erfahren, wohin fih Karl im Mai 1582 begab. Ihre Beſchwerdeſchrift, die Verwendung glaubensfreundlicher Reichs: ftände, änderten nihts am Entſchluſſe des Landesfüriten, deflen Kath nunmehr durch den allmädhtigen Kanzler W. Schranz und den erzberzoglihen Beichtvater, über Anregung des bayerifchen Hofes, von den akatholiſchen Elementen gründlich gereinigt wurde. Ebenjo lohnt Karl die reihsfürftliche Interceſſion kühl und ſcharf ab. Als die proteftantifchen Stände fi) gegen den gregorianijchen Kalender heftig abwehrend verhielten, zwang fie Karl durch energiihe Maßregeln zur Annahme defjelben (1583).

Schwül und erregt war die Stimmung in Graz, es febt Rei: bungen, Schlägereien ab; ein proteftantiicher Localdichter, der „Eyſenpeiſſer“, ſprach von einer geplanten „parifiichen Hochzeit“, von einer Wiederauflage der Bartholomäusnadht gegen die Evan: geliihen. Das war nun allerdings eine bodenloje Hyperbel; aber die Haltung des Erzherzogs wurde immer Tchroffer.

Bald beginnt die katholiſche Gegenreformation ihr Werl. Die landesfürjtlihe Glaubenscommijlion: Regierungsrath Dr. Jöchlinger, Primus Wanzl, ein Mann von Einfluß bei Hofe, und der Vertreter des Salzburgers, Erhard, tritt in Oberfteier ihre Wanderung an; der neue Sedauer Bifhof Martin Brenner

336 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's IL. und Mathias' (1576--L6IN).

Maßregeln und fuchte nach einer Verjtändigung zum gemeinjamen Vorgehen. Als 1590 der Erzherzog in Graz die Gegenreformation ernftliher in Angriff nehmen wollte, gab es bedenkliche Gährungen, der Nuntius Malajpina mußte fi) vor der Straßenjugend auf das Dad) der Stadtpfarrfirde flüchten und wurde auf offener Straße mit Waffen bedroht. Schwer fiel dies Alles dem fränfelnden Landes: fürften auf’3 Herz. Er ſuchte Heilung der förperlichen Gebrechen im Bade zu Mannersdorf bei Larenburg und begab ſich zu dieſem Zwede mit der ganzen Familie im Mai nach Uefterreih. Während jeiner Abmwejenheit jegt es immer mehr Tumulte in Graz ab, jo bedenklich fteht Alles, daß Karl an die Rückkehr denfen muß. Körperlich gebrochen, ftirbt er den 10. Juli 1590, kaum heimgekom— men, und wie die Dinge lagen, jchien jein Lebenswerk gehemmt und verfolgt. In jeinem legten Willen fand ſich allerdings Die bebeutjame Stelle jein Nachfolger folle „das ſchädliche Secten: wejen im Lande jo viel wie möglich ausreuten”, ein Ausdrud, den ein fpäteres Codicill fallen ließ; jedenfalls war dem Erben die Wiederaufnahme der katholiſchen Neftauration an’s Herz gelegt. Die Sahre der inner-djterreihifhen Regentſchaft und der Minderjährigfeit des Grftgeborenen, Ferdinand, 1590 —1595, ericheinen gemwillermaßen als Feuerprobe der inneren Lebenskraft zweier Principien, die mit einander in zähem Kampfe lagen, der katholiſchen Fürjtengemwalt und der proteftan- tiihen Ständeautonomie. Die religiöjen Intereſſen waren ber Schauplag eines Streites, in welchen beide Theile um das Map ftaatlihen Einfluffes rangen, und in der That zeigten fid) Die drei Lande jett, bei dem neuen Herrenwechiel zu einem gemeinjamen und möglichft geharnifchten Vorgehen entichloffen. Als daher bie vormundfhaftlide Regierung unter Führung Kaiſer Ru: bolph’3 II. als Hauptes der Familie: die Erzherzogin-Wittwe Maria, Erzh. Ferdinand von Tirol und Herzog Wilhelm von Bayern ven Erzh. Ernft zum Statthalter beitellten, waren die drei Lande entſchloſſen, fich Jolidarisch auf den Boden der Bruder Pacifi— cation vom Sahre 1578 zu ftellen, und den Grazer Berathungen entiprang die Botichaft an den Kaifer, deren Beſchwerden insbejon- bere gegen die Sefuiten und die Erzherzogin-Wittme gerichtet waren. Der Kaijer nahm begreifliher Weiſe die Angejchuldigten in Schuß, verwies den Ständen ihre „hitigen Anzüge‘ und ertheilte ben 18. Januar 1591 dem Erzh. Ernſt die Vollmacht zur Gubernatur. Der Statthalter Hatte am Grazer Februar - Landtage einen harten Stand; wohl trat er mit Feſtigkeit auf, aber die Stände:

in XIV. Banb: Tie geiten Rudolph's IT. und Mathias’ (1576 - 1601814.

ſPracjtwation (158) ſchien ihre Hebung im protettantijchen Geijte und nad) dem eMiuſter der deuiſchen Schweſteranſtalten notwendig. Die innigen Beziehungen Kto gu übingen und zum Schwabenlande, Die wir aus der Geſchichte des imo Sruber klennen, veranlaßten die Nrainer Strände zu der Bitte (19082) an den Mürtemberger vVandesfürſten, ihnen den „gelehrten Doetor Nicodemus Friſchlin“ als Leiter der Schule zu überlaſſien. Schon den 27. Juli erſcheint der bekannte Humanii and Dichter in Laibach. um bier ſeines neuen Amtes zu walten und fſühlt dub bald ganz heimiſch. YVeider konnte der rast: und rırbeloie Mann nicht lange wirgebatten werden: ſein bewegliches Naturell trieb ihn bereirs Ist ans dem Lande.

Zehn Jabre ſpater im Frühiommer ODE. zog ſein jugendlicher randsmann. Jobannes Kepler ans Tübdingen im dev stetermarfiichen Hauptſtadt ein, an deren dendichaeitiche Zetsche die Stande berufen baten. er wirkte bei wre Verotdung nt Dem Unterrichre im Der Aritdmettk. Rhetorik und in den

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4 . Ter m alarm ti Im

XIV. Bud: Die Zeiten Rubolph'3 IL. und Mathias’ (1576—1618). 339

nur Einen felig machenden Glauben, dagegen feine Verpflichtungen gegen den Proteftantismus. Schärfer noch als der Bater faßt er die Fatholifche Rejtauration als Gemwiffenspfliht auf und ge wahrt in ihrer rüdfichtslofen Durhführung das einzige Mittel, der landesfürſtlichen Gewalt eine unangreifbare Stellung zu fichern. Der Glaubenseifer und das Gelbftgefühl des Herrichers geben feinem andern politiihen Bedenken Raum. hm zur Seite fteht die Regentinmutter, deren Glaubensgefühl der Sohn theilt, ein Rathscollegium eifriger Katholifen, mit dem Oberſthofmeiſter Balthafar Frh. von Schrattenbah an der Spike, und es fehlt nicht an Männern des Hoh= Klerus, welde zur Durchführung ber gegenreformatorifchen Idee Umſicht und Thatkraft vollauf befaßen.

Bevor jedoch Ferdiand an fein jchwieriges Werk ging, mußte er fih bei dem Kaijer diesfalls rechtfertigen. Denn erregter als je war die Stimmung der drei Landſchaften, die erften Reftaurations- maßregeln der Regierung ftießen da und dort auf entjchloffenen Widerftand; in langen Beſchwerdeſchriften fuchten die PBroteftanten Inner⸗Oeſterreichs den Prager Hof gegen das Grazer Willfürregiment einzunehmen. Der Erzherzog juchte dem Kaifer feinen Standpunft far zu machen. Die Bruder PBacification fei für ihn nicht bindend, der Protefteftantismus babe fich ſelbſt über fie hinweggeſetzt; fein landesfürftliches Anfehen bebürfe der Wiederherftellung, denn ein Geift der Empörung gehe durch die Lande, ale wolle man eine „Republid nah Schweizer oder Holländer Art” anftreben und maß: [08 feien die Eingriffe der Stände in das Patronats- und Vogtei⸗ recht des Fürften. Der Prager Hof beitritt nicht die Zwangslage bes Landesfürften, die Berechtigung der katholiſchen Neftauration, aber er warnte vor den unberehenbaren Folgen gewaltiamen Ein: ſchreitens. Ferdinand jedod war ſolchen Bebenklichfeiten, die auch fo mander im Grazer Regimente hegte, unzugänglich, überdies war auch die Wiener Regierung und ihr bifchöfliches Haupt Khleſl mit dem Auftreten Ferdinand's ganz einveritanden, wie feine Correſpondenz mit ber Negentinmutter und deren Einladung nah Graz erweilen. Die Reife nad Stalien (April 1598) follte ihn für die Auf: nahme des jchwierigen Werkes Träftigen. Er reift über Venedig nad) Loretto, an den befannten Wallfahrtsort, mo er das Gelübde abgelegt haben ſoll, die Kegerei auszurotten, zu Ferrara traf er mit dem Papfte zufammen und weilte aud) in Rom; über Florenz kehrte er dann wieder heim.

Es war ein entſcheidender Augenblid für die Gejchide Inner⸗

22*

"340 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576— 1618).

öfterreihe. „Man erwartet die Zurüdkunft unfers Fürften aus Stalien mit Zittern”, johrieb am 11. Sumi 1598 Kepler ahnenden Geiſtes an feinen Lehrer und Freund Mäftlin in Tübingen. Syn der That fjollte es nun zur durchgreifenden Wandlung der Ber: hältniſſe kommen.

Wir müſſen hier innehalten, um die kirchlichen Zuſtände Inner— Oeſterreichs zu würdigen. Unſer Führer iſt ein verläßlicher Gewährsmann, Monſignor Francesco Barbaro, damals (1593) vom P. Clemens VIII. zum Viſitator der öſterreichiſchen Provinzen der aquilejiſchen Diöceſe beſtellt, in ſeinem Berichte an den römiſchen Stuhl. Barbaro fand die Klöfter im argen Ber: falle, den Landklerus durchweg im Concubinate (manchen Seelforger in öffentlicher Ehe), dem Lafter der Trunfenbeit jehr allgemein ergeben, vielfach roh und unmiffend. Dagegen jei das proteftantifhe Pradicantentbum un: gemein rührig und von den Ständen materiell gefördert; deshalb jei es noth— wendig, den Landſchaften die Verwendung ber Steuergelder in dieſer Hinficht thunlichſt zu verleiden. In Krain ſei der ganze Adel dem Kekerthum ergeben, fo auch die große Mehrzahl der Bürger; die Bauern aber hielten am heiligen Glauben feft, eine Erfcheinung, welche auf den Gonjervatismus des Land- mannes binmeift, aber auch mit dem bedeutfamen Antagonismus zwifhen Adel: und Bürgerthbum, andererfeits Bauernfhaft fi berührt. In der gleichzeitigen Aeußerung eined Krainer Abdeligen: „Wenn uns Türken und Venetianer nicht umbringen, fo werben es unfjere Bauern thun“, jpiegelt er fi) am beften ab. Ueberdies bemerft Barbaro an anderer Stelle, daß gerade die Noth des Lebens die fändige Türfengefahr das Landvolk frömmer made. In Steiermark, befagt der weitere Bericht, gebe es neben der großen Mehr: beit proteftantifchen Adels doc eine gute Anzahl Katholifche; die Bürgerſchaft fei zur Hälfte feerifch, die Bauern durchweg Fatholifh. (Wir dürfen dabei nicht vergeflen, daß Barbaro nur den aquilejiihen Sprengel der Steiermark, aljo das windifche Unterland Fennen lernte.) In der Salzburgiſchen Diöcefe, Mittel: und Dberfteier ftänden die Dinge ganz andere. An Kärnten feien Abel, Bürger: ſchaft und die Mehrheit der Bauern ketzeriſch. Aehnlich haben wir uns die Slaubensverbältnifje in Mittel: und Oberfteier zu benfen.

Wir müfjen diefen Andeutungen Barbaro’3 über bie Firchlichen Zuftände noch eine Bemerkung anjchliegen. Inmitten der römijchen Kirche und des Proteftantismu3 treibt auh das Schwärmerthum üppige Keime. Wie einft die Noth der Zeit und friedenſuchende Gemüthsangſt die Geißler ober Flagellantenſchaaren wachrief, jo eritand damals auf dem Boden bes flovenifchen Kraind und Unterfteierd die ſeltſame Secte der „Springer, Werfer, Stifter oder Marterer”. Die Windin Maruſcha, als Vifionärin, gilt als Urheberin dieſes in Manchem an das extreme MethodiftentXum Amerifa’3 mahnenden Wahnwitzes. Aus katholiſchen Bauernkreiſen bervorgebend, fordert er bald das Einſchreiten der Kirche unb ber geſetzlichen Macht Heraus, denn die Zahl der Schwärmer

Pe behr- m. Mfeunez, Karner⸗Vellach, im Gebiete von Leonhard in ben windiſchen Büheln,

349 XIV. Bud: Die Zeiten Rubolph’3 II. und Mathias' (1576— 1618).

pfarrer, Lorenz Sonnabender, jchon zur Zeit des Ingol—⸗ ſtadter Aufenthaltes Hofcaplan und Günftling Ferdinand’s, den aller: bings die heftigen Angriffe der Prädicanten und GStiftslehrer nicht wenig reizten, und der Leibniter Pfarrer, dann (1596) Stainzer Probſt, Jacob Rofolenz, ein wichtiges Glied der Glaubens: commiffion und ihr Gefchichtichreiber, der dem fpäteren Projecte eines Grazer Bisthums perfönlih jehr nahe ftand. Keine untergeordnete Rolle war den Jeſuiten-Rectoren, Hauer und Neulich, zugewiefen. Dem Lavanter an Begabung in weltlich-Fird)- lihen Dingen ebenbürtig, aber jchneidiger in feinen Weſen war der Laibaher Biſchof, Thomas Krön (Chrön), geb. zu Laibach 1560, Sohn eines proteftantiihen Rathsherrn und Neffe Sitnik's, der dann als Negierungsrath in Graz auftaucht; an der Wiener Hochſchule gebildet, durch ein Krankheitsgelübde für den geiftlihen Stand gewonnen und bald Laibacher Domherr geworden ; 1547 als ein hoffnungsvolles Rüftzeug der katholiſchen Kirche zum Landbiſchofe Krains ernannt. Im Einvernehmen mit der Gefell: ſchaft Seju, deren erfte Niederlaffung zu Laibach 1596 erfolgt war, ging Krön an die Katholifirung im nächſten Kreife und bei der großen Gegenreformation der nächſten Zeit war ihm eine der eriten Stellen zugedadt. Die Biſchöfe von Freiſing und Briren als Großgrundbefiger im Krainer Lande halfen mit und das Batriarchat Aquileja verfügte Vifitationen in gleicher Richtung.

Der geiftlich = weltliche Feldzug gegen den Proteftantismus be= gann jest im größeren Maßſtabe. Der kaiſerlichen Nichtintervention mußte fih Erzh. Ferdinand zu verfichern.

Das erite landesfürftlihe Decret vom 13. September 1598 verfügt die Ausmweifung der lutheriſchen Prädicanten binnen vierzehn Tagen aus Graz und allen landesfürftlichen Orten; der Befehl wird Angeſichts der Gegenvoritellungen zehn Tage jpäter erneuert und verſchärft; das dritte, drohendſte Decret vom 28. Sep: tember, dem Hauptmann Paradeiſer mit 300 Kriegstnechten nöthigenfalls Nahdrud geben jollte, hat die gewünjchte Wirkung. 17 Brediger verlajfen noch vor Sonnenuntergang Graz; binnen acht Tagen follen fie auh das Land räumen. Den 22. October erging an die Laibacher die gleiche ftrenge Weifung. Der December brachte endlich das Entſcheidendſte, den erzherzoglichen Befehl, daß die Bürger fämmtlider landesfüritlider Städte zur fatholiichen Lehre zurüdtehren, oder nach Verkauf ihres unbeweg: lichen Gutes und Abgabe eines Zehnten auswandern müßten.

Der Erzherzog war auf Widerftand gefaßt, und die Stände

344 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's IL. und Mathias’ (1576—1618).

in den drei Ländern, zunächſt in der Steiermark ihren Bekehrungs⸗ feldzug. Es war feine leichte Arbeit, wie die Ecenen in Eiſenerz, in Aufiee, im Ennsthale, zu NRadfersburg, Neu: marft und an anderen Orten verrathen. Mit gemijchten Empfin: dungen lejen wir den Bericht des Apologeten der Gegenreformation, des Probftes Jacob Rofolenz. Ihm entnimmt man am beiten bie Ausbreitung und Zähigfeit des Proteftantismus im Lande. In Graz jelbft führte der erzherzoglihe Befehl vom 27. Juli des Sahres 1600 die Entſcheidung herbei. Vier Tage fpäter mußte fich jeder Bürger bei Strafe von 100 Ducaten in der Stadtpfarr⸗ firhe zum heiligen Blut einfinden, wo aud der Erzherzog mit glänzendem Gefolge erihien. Nachdem der Bijchof Brenner die Belehrungspredigt gehalten, mußte Jeder Stand und Glauben an geben. Die Mehrzahl erklärte fih für den Katholicismus. Für die Unentichiedenen wurde ein zweiter Termin feitgefet. Am 8. Auguft hatte die Bürgerichaft einen feierlihen Glaubenseid abzulegen. 10,000 lutheriſche Bücher wurden unter dem Schloß: berge verbramt. Schon früher hatten die ftrengiten Verordnungen zu Gunften der Retatholifirung des Magiftrats, der Innungen, des Bürgerrehtes Platz gegriffen. Im Großen und Kleinen blieb dies Form der örtlichen Gegenteformation allüberall. Im Krainer Lande war Bischof Krön die Seele der harten Maß: regeln und fie griffen 1600—1602 durch; in Kärnten jegte fie der Stedauer Kirchenfürft Brenner 1601— 1602 mit Erfolg in Scene, wenn auch noch 1604 viel zu thun übrig blieb.

Die Denkſchrift der innersöfterreihifhen Stände vom 24. Februar 1600, als Antwort auf die lanbesfürftlihe Re⸗ jolution, bielt den Stein im Rollen nit auf. Sie ftammt aus einer Zeit, in welcher die Gegenreformation erjt in der Steiermart gründlih aufgeräumt hatte und die beiden anderen Länder noch weniger davon berührt erjchienen. Mehr nody als ihre umjtändliche Vertheidigung des Glaubens und feiner Freiheit, ald die Zurüd: weilung der Anwürfe gegen die Loyalität der Stände und das Be: nehmen der Brädicanten fefleln uns die Ausführungen, daß fi Steiermark und mittelbar auch deffen Schwefterlande auf Grundlage des rudolphinifchen Privilegiums von 1277 unter dem „Schutze bes heiligen römischen Reiches“ befänden, von welchem fie als Lehen berrührten, daß alle drei Länder eine politiihe Union und das Band gemeinjamer Intereſſen umſchlinge und daß man ihnen die Appellation an den Kaifer, als das höchſte Haupt und den Aelteiten des Haufes Defterreich, Überdies ald Monarchen der Chriften=.

346 XIV. Eu: Tie Zeiten Rupsiph 5 IL und Martins‘ 1576 —151Fı

lichen Streites, der bei all’ feinen Echattenieiten die Geitter weckt uud nährt, tritt aus dem Felde politiicher und geittiger Interehen en mehaniihes Stillleben der drei Zande ein und fördert ihre Abichliegung vom großen Strome der Ereianite, nicht zu eigenem Zortheile und nidt zum Beten des Ganzen. Tas geiftige Leben ftagnirt, wie überall, wo es an Bewegung, an Stormediel gebridt, und die rudweiien Auswanderungen, volfswirthichattliden Einbugen au Arbeitskraft und Imtelligen;, die Schwächung deutſchen Volks⸗ thums in ben windiihen Zandestheilen erzeugten Nachtheile, deren Gewicht fein geringes war und noch fühlbarer wurde.

Ucberiht bes widrigtien örıliden Ganges der Gegenreiormation, III —1IR.

1. Eteiermart. (Eraz 1599— 16.)

1539 Habt, im I hberlande: Leoben, Gilenerz, Aufſee, Schlabming, Rorenmann, Wald, Kallwang, Reumarft. In Unterfteier: Mured, Radfers: burg, Klöh, Halbenrain, Windiſche Bũhel (Springeriecte), Windenau, Pettau, si, Sachſenield, Windiſchgräz, Mahrenberg, Arniels, Leibnitz. 1600 Frühj.: Shertteier: Peggau, Frohnleiten, Prud a. d. M., Leoben, Knittelield, Cr. u. KA. Lobming, Obdach, Weißkirchen, Zeyring, Unzmarkt, xrauenberg, Neumartt, St. Leonhard, Heiligenſtadt, Spital, Ranten, Echöder, Payerdori, Er. Georgen, Eı. Lorenzen, St. Ilgen, Er. Gäcdilia, Et. Rupredt, Etadt Murau. Kainach— tbal: Voitsberg, Poik, Hirihegg, Mabriadh, Ligiſt. 1600, Mai: Dit-Steier- marf: Hartberg, Anger, Burgau, Feldbach, Fürſienfeld, Gleisdori, Pirkfeld, Si. Rupredt a. d. R., Stubendberg, Waiz. Tberjteier: Eijenerz, Radner, Admonı, St. Gallen, Hieflau, Irdning, Liegen. Mürzthal: Mitterndori, Mürzufhlag, Kapienberg, Kinbberg.

2. Kärnten. 1601—1602.

Gmünd, Spital mit 11 Nachbargemeinden, Bailthal: 16 Orte; Millſiatt, Weiſſenfels, Gurt, Straßburg, Et. Veit, Wolfsberg, St. Andrä, Völkermarkt, Feldtirchen, Villach, Klagenfurt.

3. Arain. 1598—1602.

Wippad, Krainburg, Laibach, Etein, Rudoliswerth, Möttling, Laas, St. Sanzian, Krainburg, Radmannsdori, Kronau, Weiſſenfels, Aſſling (Hamnter: gewerföleute). In Veldes hatte bereit der Brirmer Bilchof die Rekatholiſirung burchgeiührt, desgleihen ber Freiſinger auf jeinen Bejikungen.

XIV. Bud: Die Zeiten Rubolph'3 II. und Mathias’ (1576—1618). 347

6. Die religiösspolitifhe Bewegung in Ungarns Sichenbürgen, -

1600 —1606. 7. Die deutfhen und böhmifhen Erblande bis

zum Wiener Frieden (1606). 8. Der Thronkampf der habs⸗

burgiſchen Brüder, 1606-1611. 9. Mathias und Minifter Chleft,

1611—1617. 10. Die Thronfolge Ferdinand’s II. und die An⸗ fänge der großen Krife, 1617--1618.

Literatur. 6. Vgl. 0. die allg. Quellen: und Monographieenlit, z. XIV.2.; 3. A. das Duellenmäßige insbeſ. Iſtvy anffy XXXIIL; ®. Bethlen XIII; Hidvegi Mikô (1594—1613) in den Monum. Hung., 7 Bd.; Laczko (Särospataki); Illyéshäzi; Szamosközi (II. Bb.); P. Böjthy, de rebus gestis Gabrielis Bethlen, b. Engel, Monum. Ungrica; Val. Drugeth (Homonnay) Diarium, b. Szirmay, Notit. hist. comit., Zempl. I.; 3a: wodszky, Diarium (1586—1624) und Bocatius (poeta laur. u. Kaſchauer Stadtrichter, Ztgen. Bocskay's, in Bel.: Adpar. ad hist. Hung.). Die Zipfer Quellen in Wagner’8 Anal. Scepusii s. et prof, 1-4. Bd. (biefer Theil der Leutichauer Chronik blieb noch Mſer.); die fiebenbürg. in den Samm- lungen von Kemeny-Traufcenfels, Miks. Bon kath. Seite die Chronik des Pethö (—1626), fortgej. u. 5. von Spangär. Intereſſ. Material enth. auch Kovachich, Sammlung ungebr. Stüde und scrr. minores. Für bie Geſch. Siebenbürgen in den eriten 7 Decennien bes 17. Jahrh. wird der Schäßburger Ratbichreiber ©. Krauß in feiner fiebenb. Chronik v. 1608—1665 eine Quelle erften Ranges (j. d. X. in ben Fontes rer. austr.).

Bon deutſcher Seite der bereits citirte Ortelius redivivus u. C. En: rerum hung. historia ... . u. a. a. 1604 (Coloniae 1604); fortgej. —1608 (ebenda). Daran fchließt fi: succincta nuperi motus austro-hungarici nar- ratio u. fama austriaca (1627) u. X.

Die Quellen 3. Gef. d. Jeſuitenordens i. Ungarn jener Tage, zunächſt in dem eigenen Organe be Ordens: Litterae annuae societatis Jesu. (1581— 1614 in mehreren Abtheilungen, e. 3. Rom, Florenz, Neapel, Antwerpen) und Socher, hist. prov. austr. S. J. ſ. o.

Ueberdies: Benigni, Mofes Szelely, Fürſt von Siebenbürgen (im fieb. Volkskal. 1843); Joh. Nagy (Värfalvi), ausführl. Abh. in Szazadok, 1869 über denſ. Gegenftand (vgl. 0. d. Monogr. v. Schuler:Kibloy); Podhradzky, Das Leben Illéshäzy's im Magyar muzeum (1856,VI.); Frankl (jet Fraknöi), Päzmäny Peter es kora (Peter Paʒman u. ſ. 3. 1570— 1621), A., I. Bd., 1868, ein Hauptwerl. Bon bemf.: ein Aufſatz über den Wiener Frieden v. J. 1606 in ben Györi füzetek, h. v. Räth und Römer, III. H.; desgl. über dieſen Gegenftand: Hatvani (M. Horväth) in den Raizok, 512 fi. (ausführlich); %äfzay, p. a. sz. k. v. szavazatjoga gyüleseken (das Stimmrecht der k. Freiftädten auf den Neichstagen) (1842 bef. f. die Zeit von 1582 ff.); K. von Horväth:Hajnik d. fürjtl. Haus Efzterhäzi (Defterr. Revue, 1865, 4. Bd.).

F. Kazy, S. J. hist. regni Hung., I. (1601 1637), ged. 1737 3. Tyrnau (eig. fol Timon, ſ. Ordendbr., der Bf. fein); Katona, hist. crit.,

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4 Gindely über den önerr. Reichstag zu Yinz i. 3. 1614, Sigumgäber. b. Biener At. Hit Kl, 40. Ed. Ueber die ung.:jiebenb. Verb. i. bie Lit. 3 6,, terner bie wichtige Abd. v. Firnhaber in den Wiener afad. Sitzungsberichten. bit. pH. Kl. 2%, A. 2b; und die ausi!. GFinleinung von Salamon ; \. Monogr. Kit magyar diplomata a tizenhet szäzadböl. (;wei ung. Tiplomaten 1627, (Peith, 1267, (Tie Abh. v. A. Zzilägyi ĩ. XV. 2)

11. Ranke a. a T. (vgl aud bie !ir. des XV. A.) u Gindely, Weich. d. böhm.-m. Brüder, 2. B., und die Wahl X. Ferdinand's IL, Situngsb. b. Wiener Atab., 31. 2b., und Geich. bes 30jähr. Krieges, I. A, (1869); Stieve, ber Uriprung des breißigjähr. Kr. I., der Kampi um Tonaumwörth (ir75y; und das bereits cit. widhtige Werk von Ritter, Geid. d. Union, Il, Kand.

(Hin ziemlich ergiebiges Verzeichniß „der Zeit: und jlugichriiten aus der erjten Hälfte des XVII. Jahrh.“ (aus dem bezüglichen Rorrathe der Univ.:Ribl. u. ber Joann. Bibl. zu Graz, dann des jteierm. L.⸗ ne ), veröfl. v. Zwiedinel: Sudenborft im Jahresprogr. der Grazer L. O.Realſch. (1876). Qgl. aud deſſen Monogr. über „Fürſt Ghriitian der Andere von Anbalt: Bernburg u. |. Dez 3. Inneröfi.“ (Graz, 1874), worin ich ergänzende Mat. ;. der Abb. von Krebs finde. (©. w. u. XV. Buch.)

Tie ältere Literatur zur Geſch. der proteji. Bewegung der deutſchen und ber böhmifhen (Schlande in Weber's Lit. d. d. St. G. J. S. 241 f., 271, N.

6. Jenſeit der Leitha, im Ungarnreiche, regten jich die Stürme, welche bald mehr als je den Machtbeſtand Habsburg - Defterreidhs

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XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618). 351

Wiener Hofes, feines Bruders Mathias. Es gab ein Doppel: regiment, und das war vom Argen. Einheit des Herrſcherwillens und erfolgreihe Thatkraft fehlten und gerade im Karpathenreiche mußte diefer Mangel des rudolphinischen Negimentes doppelt ver: hängnißvoll werden.

Allerdings fchien um 1600—1602 die kaiſerliche Politik mit günftigem Winde zu fegeln. Die Pforte war unter dem neuen Serdar, dem Großvezier Ibrahim, einem ſlavoniſchen Nenegaten, nicht glüdlicher als unter dem früheren Oberbefehlshaber Moham: med Saturdſchi, der mit der Schnur für fein Mißgeſchick büßte. Bor Stuhlweißenburg erfodhten (15. October, 1601) die Raijerliden, unter dem Herzoge von Mercoeur und Roßwurm, von Erzh. Mathias unterjtügt, einen glänzenden Sieg, und wenngleich Erzh. Ferdinand v. Steiermark die Belagerung von Kaniſcha vorfchnell und fluchtartig aufgab, Stuhlweiffenburg wieder in Türken: band fiel (1602, 29. Auguft), jo hielt man doch in Weit: Ungarn die Türken in Schach; 1604 bequemte fich der neue Sultan Ahmed zum erfolglojen Friedensangebote und die Kaiferlichen unter Georg Balta nöthigten den Ofener Vezierpaiha Lala Mohammed, von Gran mit 70,000 Mann wieder abzuziehen.

Ya, jelbit Siebenbürgens Wiedervereinigung mit der ungarifchen Krone jchien gefichert. Gerade hier aber brach die verhängnißvolle Bewegung los, welche das Habsburgifche Ungarn mit fi fortriß. Wir müffen nun diefer Wechfelfälle kurz gedenken.

1599, 20. Nov., war ber fchlaue Gewaltmenſch Michael, der „Wallace“, zum faiferlihden Rathe, Statthalter und Obercommandanten Siebenbürgen er- nannt worden; es begann ein Wüthen mit falter Grauſamkeit gegen bie Ba- thoryaner, befjen die Sahrbücher des Landes ſchaudernd gedenken. Der Wütherich habe den Ständen auf dem Weißenburger Tage (Januar 1600) feinen Säbel gezeigt mit den Worten: „Sehet, ihr Siebenbürger, mein Privilegium!” Aber er war fchlau genug, bie drei Nationen durch verfchiedene Künfte feiner Herr: haft gefügiger zu maden, ja, er verftand ed, firenge Manndzucht zu halten. Als ihm am 11. Februar 1600 die erbliche Statthalterfchaft in der Wallachei zugefichert erfcheint, verfucht er fih au ber Pforte und Polen gegenüber zu deden. Die kaiſerlichen Vollmachtträger, David von Ungnad und Michael Szoͤkely (Zekel) durchſchauten bald Michael’3 Verhaßtfein, bie ehrgeizige Selbit- fucht des Wojwoden. Diefem gelingt der Feldzug in bie Moldau, bie Stände Siebenbürgens huldigen ihm (20. Juli 1600), der Kaifer, die Pforte ſenden ihm die urkundliche Anerkennung. Aber eben jetzt, ba ber Wojwode bie beutjche Reichsfürſtenwürde und bie wichtigften Grenzfeften Oft:Ungarns verlangt, wird dem Kaifer die Gefährlichkeit Michael's Mar gemacht; das ift ber Augenblid, in

353 XIV. ud: Tie Zeiten Rudolph's IL und Mathias (176 1615,

welchem Unzufriedene: Moies Ezetely, jein selbbauptmann, ber Mann der Zufuntt Gabriel Bethlen u. 3. auf den Sturz des Gewalrmenichen warteten.

Georg Faita, Freiherr von Sult, ber kaiſerliche Feldhauptmann, ein Welicher von Caſtaldo's Schlage, kriegstüchtig, eiiern, rückſichtslos und abge- jagter Feind ber ehrgeisigen Plane Michael's, bie jeinen eigenen Wünſchen nad ber militärijhen Tictarur in Eiebenbürgen widerürebten. verfiändigt Tıd im aller Stille mit den Gegnern des Balladen; ſchon den 23. Eeptember jteht er im Lager vor Thorda, um ben „türdhterlichen Abjichten” des Wojwoden zu be- gegnen, und bei Miriszlö (18. September 1660, sieht ſich Michael von Stephan Eſäky und Baita geihlagen und zur Flucht in die Wallachei gezwungen. In dieſem Augenblide ericheint der ruhelofe Eigismund Bäthory abermals im Lande Eiebenbürgen, um zum dritten Male in der allgemeinen Terwirrung bie leichtiinnig verfchleuderte Herrſchait an ſich zu reiten, während eine fieben: bürgiſche Deputation am Prager Hoie für Die Uebernahme der Herrſchaft durch Erzh. Marimilian III. oder eine Fürſtenwahl fih verwenden will. Sigis⸗ munb Bäthory will dem zjuvorfommen. Es gelingt ihm in der Ihar (27. März 1601). Inzwiſchen war der planreihe Rojmode Michael nah im, dann nach Frag geeilt. Hier weiß er wieder den Kaijer für fi zu gewinnen, ja, Gerüchte gingen, der Kaijer fei entichlojjen, die Tochter Michael's, Florika, zur Frau zu nehmen, biefelbe, welche 1599 der ränfevolle Wojmobe dem aben- teuernden Sigismund Bäthory angetragen. Tie Ironie der Geſchichte läft nun Michael und Baita vereinigt den neuen Cindringling bekämpfen. Zei Goroſzlö (1601, 3. Auguft) erfechten jie den Sieg über Bäthory's Heer, das Moſes E;elely befehligt und wieder gebehrdet ſich der Wallache als Träger ber Toll- madt. Gr zettelt Verbindungen mit der Riorte an, ruft bie Gzefler zu ben Waffen; Bafta benutt dies jedoch zur Rechtfertigung feines Gewaltitreiches gegen den Wojwoden. Derfelbe wirb in feinem Lager von Baſta's Wallonen über: fallen und erfchlagen (19. Auguſt), und ber hohnvolle Nachruf der Zeitgenofien beweiit, daß man in diejer That des kaiſerlichen Generals eine Erlöjung von dem „Tyrannen und Räuber” erblidte Nun ijt der Faijerliche General Herr der Sadlage und Sigismund Bäthory entſchließt ſich (Juli, 1602), mit dem Kaijer einen neuen Vertrag einzugehen und als PRenfionär und Anternirter Rudolph's II. jein bewegtes Leben in Böhmen (in Raudnitz) zu ſchließen.

Aber das eijerne Schredenäregiment Baſta's, deſſen Beichtvater Pater Marietti, aud der Gejellihaft Jeſu, dem Proteftantismus gefährlich werben fonnte, traf auf den alten Groll gegen die deutſche, papiſtiſche Herrſchaft, und ber ‘Pforte, die feinen Augenblid die Tinge aus den Augen verlor, mußte ed mwilllommen jein, daß der Wafjengenoffe Bathory'’s, Mofes Szefely, den Sturz der deutichen Herrichaft plante und zum Kampfe gegen Baita fich erhob. Zu günftiger Zeit, ald Bajta Kriegsvölfer nah Oſt-Ungarn entließ, fiel Mojes mit türfifch-tartarifhen Hülfstruppen aus dem Banate in’3 Land ein und wurde zum Fürften ausgerufen (April 1603); Bafta weicht aus dem Lande. Aber Scherban Radul, der Wojwode der Wallachei durch Baſta's Gunft, täujchte den GEmporlömmling; plöglich fiel fein Feldherr Raͤcz über ihn ber und vor

354 XIV. Bud: Tie Zeiten Rudolph'3 II. und Mathias’ (1576— 1618).

Unmuthe als Unger über die PVerfehrtheiten der Hofregierung Luft madt, in den leidigen Handel. Während der Schlaufopf fih bei Zeiten nad) Polen zu drüden veritand und nur als Abweſen⸗ ber. verurteilt wurde, ereilte den Faijerlihen Perſonal Kerkerhaft und Gütereinziehung. Ylleshäzy’s Gejinnungs: und Glaubensgenofe Balentin Homonnay, aus dem reihen Magnatengeſchlecht Drugeth (Drugetto), defjen Altvordern einſt mit K. Karl Robert in’s Land gefommen, eine „Säule” im Lager des calvinifchen Ungarns, rüjtet im Uberlande zur Auflehnung gegen die Ber: fügungen des Kaijers, vornehmlich in der Glaubensfrage.

In der That war der Augenblid zur katholiſchen Reſtau— ration nicht glüdlih gewählt und der Stellvertreter Bafta’s, als Obercommandant Nordungarns mit Kaſchau als Waffenplate, Bar: biano de Belgiojojo, der doppelten militärifch-politifchen Auf: gabe nicht gewachſen. Als nun die Regierung vom Crlauer Bifchofe, der jeinen damaligen Sitz zu Jaͤßé (JOB) hatte, bearbeitet, den Dom zu Kaſchau den proteftantiihen Bürgern entziehen ließ und dem Mandate vom 11. November 1603 die gewaltiame Ausführung (Januar 1604) folgte, widerhallten die Artjchläge, mitteljt deren die bewaffnete Commiſſion die Kirchenthür erbrach, in ganz Uber: ungarn als laute Vorboten der „papiftiichen” Tyrannei, welche fih auch ſchon im Zipfer Lande regte. Dieſem Creigniß folgte ein zweites, verhängnißvolles, auf politiichen Felde. Als nämlich der Preßburger Landtag vom Februar 1604 unter dem Vor: fige des Erzh. Mathias mit bitteren Klagen anhub und die Pro— teitanten ungeduldig über die vorenthaltene Erledigung ihrer Reli: gionsbejchwerden, unter feierliher Rechtsverwahrung auseinander gingen, wollte der Kaijer durch einen Machtſpruch die confeifionellen Gravamina von den LZandtagen verbannen und wählte die unzwed- mäßigfte, nämlich verfaffungswidrige Form, indem er (1. Mai) an die Beitätigung der 21 Nrtifel des Landtagsabjchiedes einen 22. eigenmächtig anſchloß, wonad) die Einbringung folcher Beichwerden fortan der Hochverrathitrafe verfallen jollten.

Das war die richtige Loſung für die oberungarifhe Oppofition. Am Gülzécſer Parteitage erklären Valentin Homonnay und Genoſſen die Landtagsbeihlüffe als ungültig und ihren Wiberftand gegen Steuerzahlung und Truppenitellung als verfaflungsmäßig. Die oberungarifhen Malcontenten verftändigen ſich raſch mit Bocsfay, hinter welchem die Pforte fteht.

Rafch drängen fich die Ereigniffe. Als Belgiojofo gegen Bocskay - x fieht er fi bald von ben Hajdukenmilizen verlaffen, deren

356 XIV. BRuch: Tie Zeiten Rudolph's II. und Mathias' (1576— 1618).

Szerenes beſchieden, um bier die „Beſchwerden der Nation zu prüfen.” Hier, den 20. April, wird Bocskay zum Fürſten Ungarns ausgerufen, im Hintergrunde fteht die Anerfennung der Pforte, das Atnameh Des Sultans, und Friegeriiche Beichlüffe, die Aechtung Aller, die es mit dem Vaterlande nicht halten würden, erideinen auf der Tagesordnung. Das war die Zeit, in welcher die früheren Proſeribirten der Regierung, die „Märtyrer der nationalen Cache”, ihre Rechnung finden konnten. Der bedeutendite unter ihnen, Illés⸗ baad, jtand bereits im Mai 1604 vom Nrafauer Erile ans mit Erzh. Mathias in Correipondenz ; jept ſollte er bald als „Vermittler den „Retter des Hauſes Oeſterreich“ unterjtügen. Toc bevor wir den Faden der Ereigniſſe weiter jpinnen, müſſen wir den Blid nad einer Neibe verlanfender Thatſachen dirsfeit der Leitha zurüdlenfen. 7. Das Haus Deutſchhabsburg ſtand mit dem Beginne des

17. abrbanderts in der ungünſtigſten politiſchen Stellung. Die Madtverhaltniſſe Weſt; Europas hatten ſich verhängnißvoll ge⸗ wandelt, Die katboliſche Schweitermadt, Habsburg: Spanien, erleidet ſeit Dem sirieden von Vervins (1598) eine ſtarke Temütbigung zu Guniten Frankreichs. uneer dem Bourbonen Heinrich IV., ver ſeinen proteſtantiſchen landen acopfert batte, um Die geeinigte Made us States iur bdoddliegende Entwurie sur Veriugung su daden. ld gewinnt fen Ciedanke. Die Karte Europo's su ändern, een ERKNINE und Inien Badn. Die Serttüreenrng NT im: asien uud Narr Debsirsermaßt maß als Deunterieit toldber Ware er Dernen. pe Verdrudune Il. ui Nr rretetten: sen sent Ns denen Auilerbums ın Tesdäland nr sutsorißt were Tin —8 char ze) TUENUNT U Ren me ynnten Way IL ve Wenci mi an ꝛt I BIRENT Arzlram LI Sum et TE mg: NORNN Sinus NT NAT N in uns Nr AMEN * IS zer SLIATUR MIN. wur men ur An’inırz z Run: Sur ua Nr yutmaun u Yu N

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!!or Allem aber machte die Nahrolgerirage den Vermandten br Kaiſers jrüh genug zu ſchaffen, denn Rudolph II. ſchien un: vermahlt bleiben zu wollen. Schon nad) Emit’s Tode (1593), als Mathias ber nächſte Anwärter der Nachfolge wurde, taucht dieſe ‚frage auf, 1599 regte fie Erzh. Marimilian III. bei Mathias an. Im Jahre 1500 trafen die beiden Genannten mit Ferdinand von Steiermark in Schott wien zuſammen und verhandelten die Form, in welcher man dieſen heikeln Punkt mit K. Rudolph II. in's Reine bringen follte, Spanien intereſſirte ſich ſehr dafür. Sein damaliger Wotſchafter, Ton (Juillen de San Elemente, arbeitete am Prager Hofe an einer Löſung der Frage im Sinne jeiner Regierung und verehrte itarf mit dem kaiſerlichen Geheimſchreiber Barvitius (dem Plemonteſen Rarbice). Es follte nämlich gerade der jüngite der Heuder Albrecht's, der GGemahl der Infantin, als Nachfolger durch⸗ geſetzt werden, wie Die Madrider Iuſtruction vom October 1601 an ihn befagt. Auch ber Papſt blieb nicht zurüd. Clemens VII. ſcheich in der Sache eigenhändig an den Kaiſer (1601, 22. November),

a0 NV, Bub: Die Seiten Rudolph's IL. und Mathias (1976—161R).

in Yinz und beipreden bier Die fategoriihe Crflärung, der Kaifer möge Far Die gemeinſame Machıterbichaft entichieden und pflichtmäßig eintreten, Tonit mußten fie dafur foraen. Kbleil, der Ratbacher Mathias, war, wie ten Schreiben an den baveriihen Hot (2. Wai 1605) defant. abmatlidb fern acblichen, um „allem ungleichen Verdachte“ ans dem Wege zu geben. Als aber Die Eriberioae beim Kaiſer zorrraden.. erbiäten Nic Me unanddiae Antwort, ibn fürber mit ſdem Andringen veridonen au wollen. Sie vwerbandeln breimal racdadı: dena nuglas war Me von ihnen nad Prag überbradte Nndtrtt von 10, Decemder 160%, Es icdertert idr Ieriud, eine Surtartienvertammiang nad Mübidanten aut den 22, Auguſt sa raten u ie onen TmI cut den Mailer aussmüben, Trgewr derte Wostlen Tanzen Axerien Jodann Rotatß ı Focamıs) ame Ari ion ir vGOHABS. 1344 Sèu. rec:tor su Crwries, Kailer: der Doris jsureatıs Aurn Zuanrätr in Asidsu, nad Teanid- ar? ander! mi mar ıpn aufar® ar) 28 Getsnaenm nad Vrog Idee Annieider Ir Kıraıt Katar ar ur Toierlönıa abachn arm un TR ar ar Yilser Meat acmerie. Wu dlecht De: mie RD at Ned Wartos au Tsreiher mer. bene ein Sareiden zn der Vader nom 3. Isemäer 1808: er mac m den Ivwıher Zahn der Si, der Traxcam ar den eölrichtalls shar uncndi rin Carmen TA MOUhTt Mir Te Ielen vun det Kc.ieet Rn

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362 XIV. Bud: Tie Zeiten Rudolph's IL und Mathias’ (13,65 - 1618).

(ommunion unter beiden Geſialten bei Sırate des Ranntluches verboten batte. Erz. Leopold, Adminiftraror des Bisthums Paſſau, nahm, trot der Abmahnung Mathias‘, die Vollziehung bes papitliden Decretes übereittig in Die Hände und bewirfte nur, daß Zauiende von Karholiihen nun proteitantiich wurden, zum Aerger bes Wiener Hoi, dem auch die Mißachtung des landesrüuritlichen Auflichtärechtes nahe ging. Um bieielbe Zeit (LEM— 1601) brach ein gerährlicher Aufſtand im Salzkammergute, zufolge der fatboliichen Gegenrefor— mation, aus und wurde nur mühjam gedämpit. Erzh. Mathias, dem Khleil die Wege ber Staatöfunit vorichrieb, wollte (1603) die Zurüdnahme ber proteitantiihen (Wlaubenzfreiheit dem Kaijer einrarhen, denn die Haltung ber proteitantiihen Stände erichien ber Regierung bedenflider als je und dem Minitterbiichoie die Frrungenichait Ferdinand's von Steiermark in der (laubens: frage lodend genug. Als nämlich die Öiterreichiichen Proteſtanten 75 Kirchen und Filialen der fatholiiden Kirche ausliefern mußten, iandten lie aus ihrem Mittel (1603), den Herin Boligang von Hofjfirhen an alle proteitan- tiſchen Höfe Deutſchlands, um ſich deren Antervention beim Kaijer zu ver: jihern. Taf die Regierung dahinter noch mehr beiorgte, zeigte lich bald ba diefer Abgeordnete bald nad) feiner Rückkehr (A. 1604) gefänglich eingezogen murbe. Na, in ihrer GFingabe an den Kaifer v. X. 1614 erflären die Stände beider öjterr. Lande, daß fie fich (Fhren und Gewiſſens halber bein kaiſerlichen Religiongebicten nicht fügen Fönnten, jondern lieber Alles, jelbit den Tod zu erleiden gemillt jeien. Da kam die Gefahr ded habsburgiichen Reiches 16045 dem Gegenteformationsprojecte Khleil’3 in die Quere, ja bald ſieht jih Mathias bewogen, die Gunſt der Stänbe für fich zu gewinnen. Es fehlte ihnen nicht an bedeutenden Führern. Als der Erſte darunter darf wohl Frh. Andreas von Tſchernembl, auf Windel und ESchwertberg, genannt werden, ber lebte feines (Wejchlechtes, ein Calviner entichiebeniter Art, entichlofien, berebt, deſſen ſchriftlicher Nachlaß und Briefwechſel mit dem protejtantiihen Deutſchland den ftrammen Feudaliſten und Nerfechter ber Adelsoligarchie Far erkennen läßt; bie Sörger, die Stabremberg n. A. jtanden ihm zur Seite.

Von bejonderer Wichtigkeit erfcheint die ſtändiſche Bewegung Mähren, des Landes der „eifernen Barone”. Hier gewahren wir zunädit den national: ſprachlichen Puritanismus in voller Blüthe, den Haß gegen das Teutiche, in der altſäſſiſchen Adelichaft audgeprägt, oder, mo ein ſolcher Haß mit welt: männiſcher Zildung unvereinbar blieb, doch ein abfichtlich betontes Norziehen der flaviiden Rede und Gorreiponden,. Wenn der alte Herr von Rernitein einem jeiner Söhne zürnt, ba er deutſch ſprach „er möge lieber bellen wie ein Hund“, jo iſt da3 ein Ausipruch nationaler Bornirtheit. Wenn aber ber weltmännijch gebildete, maßvolle Karl von Zierotin, nachmals Landeshauptmann, feine beutfchen Sprachkenntniſſe gern verleugnend, den beutjchen Vororten die beutiche Amts: correjponden; übel nahın, jo war die Ausfluß eined nationalpolitifchen unb autonomiftiihen Principg. Im mähriſchen Landrechte gab es nur Cine officielle Sprache, die jlavijche. Die Kraft des Adels wurzelte in alatholiſchen Geſchlech⸗ utraquiſtiſchen, proteftantifcehen Glaubens, vor Allem aber in ben Milk böhmijch-mährifchen Brüder, der Union. Im Landreiiie war mm

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zahl katholiſch und es ift Teicht begreiflih, daß bie politifche und nationale Oppofition vorzugämeife proteſtantiſch war, während die Katholifen mehr zur Regierungspartei zählten.

Seit 1594 treten die Parteien einander fchärfer gegenüber, Die Katho— lifen, an ihrer Spike Sigismund von Dietrichftein und Yadislaus von Berka, Oberftlämmerer, welcher, in Spanien gebildet, am liebiten ſpaniſch fchrieb, ein eitler, fittenlofer, aber entſchloſſener, kluger Mann, erhielten einen gefürchteten Gegner an Karl von Zierotin, einen der erjten mäbrijchen Landherren. In der Brüdergemeindbe gut gejchult, im Auslande vieljeitig gebildet, auch mit bem Kriege als Waffengenoſſe der Hugenotten unter Heinrich IV. vertraut, war er heimgekommen und ftellte ji bald an die Spite der Autonomiften und Ber: fechter protejtantifcher Glaubensfreiheit. Als der frievliebenbe vermittelnbe Yandes- bauptmann Friedrich von Zierotin (1598) ftarb und ihm Joachim von Haugmik folgte, trachteten die katholiſchen Negierungsmänner obenanzukommen. Die Haltung bes Hofes, die Katholifirung der Liechtenjteiner, der wegen Unkenntniß der ſlaviſchen Sprache vergebens angefochtene Gintritt de8 Fardinalbiſchofs Dietrichftein in das Landrecht, waren günftige Ausfichten. Denn dieſer Kirchenfürſt mar ein entjchiedener und gejchicdter Träger der gegenreformatorijchen Idee. Man verfliht Karl von Zierotin (15991600) in einen Hochverraths— und Glaubensproceß, aus beim er allerdings gerechtfertigt hervorgeht, bringt bei der Beſetzung der oberften Landesſtellen mit Katholifen durch und mei enblid) ben Zierotin durch Wiederaufnahme der Sabungen K. Wladislaw's II. gegen die böhm.-mähriihen Brüder aus dem Landrechte zu drangen. Berka wird Landeshauptmann. Tas war aber auch der Höhepunkt ber (Erfolge diejer Partei und nun folgte der Rückſchlag. Seit 1603 ift K. v. Zierotin auf den Land: tagen thätig; die wachſende Schwäche bes rubolphinifchen Regimentes begünijtigt die Oppofition, bie ſchon den Gedanken des bemwaiineten Widerftandes faht; bie Sachlage v. %. 1606 bewirkt das Zufammengehen der mährifhen Berwegungb- partei mit den Teefterreihern und Ungarn.

Minder erregt war das Parteileben in Böhmen, doch bereitet fih auch bier eine Krije vor, wir brauchen nur die Jahrbücher böhmijcher Geſchichte (1602—1623) des proteitantifchen Zeitgenojien Raul Skala von Zhof durch— zublättern. Auch bier zeigten jich jeit dem wichtigen Yandtage v. J. 1601 einer: feit3 die Keprefiinmaßregein ber Regierung gegen ben Proteitantisinus und Die Brüderunion, andererjeitö die Aufregungen damwider im Wachſen, jo 1602 in der Stabt Prag, im Landredte. Um 1602 wurde ein „Mandat Jejus (Ehriſtus“, gezeichnet von dem „Gvangeliiten Johannes, Kanzler des Königreiches (hrifti” und ein Lied zu Ehren Huiien’s in proteitantiich:nationalen Kreifen verbreitet, was allerbingd dem Herausgeber Zirt Ralma die Verbannung eintrug. Auf dem Landtage von 1603 erhob ſich der Ritteritand gegen das faijerliche Neligionsmanbat. Ald Vertreter der proreitantiichen Elaubensintereſſen wurde -- 107 Rubomwec von Budowa beitellt ein erniter, tief angelegter Eha—

2% bis zum Fanatismus, duch und durch Puritaner in feinem Böse, der von jeinen Reiſen auch die Kenntniß des Orientes für das Proteſiantenthum Böhmens bas, was 3Zdenko von

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Lobfomic, der Gemahl einer Spanierin, nad bem Urtheile San Glemente's der beite Kopf jeiner Partei, für den Katholicismus war, ein charafter: fefter Führer. Mehr auf die Vortheile höfifcher Beliebtheit Bedachı nahmen die Katholifen: Herr Karoslam Borita von Martinic, meilt Smedansky genannt, und der Sefchichtfchreiber feiner Zeit, Herr Stavata von Ehlum und Koſchun— berg, der Erbe der Neuhauſer, Gonvertit, doch treten jie in ihrer Bedeutung erft fpäter hervor. Unter dem Herrenftande waren Mathias Thurn, Joachim Andreas Schlid, Leonh. Colonna-Fels, Wenzel Raupoma (Ruppa) Häupter der proteſtantiſchen Partei. Doch zunächſt muß der lebte der gütergewaltigen Roſenberge und ber Einzige des Hauſes, der vom Katholicisſsmus abfiel, Peter Wok, ein alter Wollüſtling und Freund der „Wiſſenſchaft, die den Stein der Weifen ſuchte“, und in regem Briefmechjel mit dem proteftantifchen Auslande ftand, erwähnt werden. Sein Wirken fchließt mit.dem Todesjahre 1612.

Alles ließ fich zu einem energifchen Anlaufe gegen bie zwielpältige Regie: rung an, denn die Greigniffe jenfeit3 der March wirkten auch auf Böhmen zurüf und im Rathe des halb willenlofen, halb leidenſchaftlich erregten Herrſchers ftritten fih zwei Parteien, die entichiebenen Katholifen vom Schlage bes Lobkowitz, welche mit eiferner Gonfequenz den Proteftantismus befämpfen hießen und jolche, bei denen ber politifche Gefichtöpunft den religiöfen bei Seite ſchob; zu ihnen zählte 3. B. der Reichshofrathsſecretär Han ewald (Hunimwald).

Das war die Sahlage, ale Mathias den 29. Juni 1606 den Inhaltihweren Wiener Frieden mit Bocsfay und der Wiener Inſurrection ſchloß. Sein erfter und midtigfter Paragraph hob thatfählih den verhängnißvollen rudolphinifhen Zufatartifel vom Sabre 1604 auf und gewährte dem Proteftantismus freie Religions: übung, allerdings mit der bedeutſamen Klaufel: „ohne Nachtheil ber katholiſchen Kirche”. Die übrigen Beltimmungen trugen, jo gut es ging, den Forderungen des „Fürften” Bocsfay und den politifchen Beſchwerden der Ungarn Rechnung. Siebenbürgen und adıt Comitate Oftungarns, den wichtigen Waffenplag Kaſchau eingerechnet, erjcheinen Bocsfay für Lebenszeit zugejprochen. Der Friede ſelbſt jolle auf einem neuen Tage im Auguft 1606 feine Be- ftätigung durch die Stände Defterreihe, Böhmen: und Mährens als defjen „Bürgen” finden. Voll Unmwillen über das eigenmächtige Gebahren jeines Bruders jandte der Kaiſer den Reichshofraths-Vice⸗ Präfidenten Strahlendorf nah Wien; er könne diefe „neuen, theil- weile gottlojen, theilmweife dem Eide und dem Gewiſſen zumiber: laufenden, die Chre und das Intereſſe des ganzen deutfchen Volkes verlegenden Artifel nicht annehmen”. Gebrängt dur die Macht ber Thatſachen, überliftet vom Wiener Cabinete entſchloß fich endlich ber Raifer zur Beftätigung des Wiener Friedens, aber unter einer Klaufel, über welche fi Mathias hinausſetzte. So

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parter im Neiche, und zunächſt die Kurpfalz, mit der die Erzh. Mathias und Marimilian in Correipondenz traten. Als Agent dieſer Bartei, der fich bildenden Union, zunächſt auf eigene Fauſt, ericheint Chrijtian von Anhalt geihäftig. Er ftand mit Peter Wok von Rofenberg in vertrauten Beziehungen, bei denen aud) per: fünliche Anterefjen fich geltend madten. Durch den Rofenberger und den Agenten Hod tritt der Fürſt von Anhalt mit Tſchernembl und Zierotin in Beziehungen, desgleichen auch mit den Führern der Ungarn, welchen er jedoch nicht ſonderlich traute; obſchon Wok von Rofenberg gegen den Leibarzt Anhalts, Dr. Croll, ſich äußerte: „Ungarn nähert fi von jelbit dem Reiche, ohne das es nicht beftehen könne“. Anhalt war es auch, der zum Scheine für die deutiche Thronfolge Erzh. Marimilian’s warb und dies- falls mit Heinrih IV. ſich verjtändigt haben mag.

Die eigentlihe Entwidlungszeit der Union und der Liga, unter welchen Namen wir die bewaffneten Bündniffe der pfälzischen Broteftantenpartei und der Fatholiichen Fürften, mit Bayern an der Spitze, unterfcheiden, wurde der Donaumörther Handel (1607), nämlich das eigennügige Einjchreiten Marimilian’3 von Bayern gegen die proteftantiiche Reichsſtadt Donaumörth, und ihre Geburtsjtunde der Abaujer Unionstag (1608, 4. Mai), wenngleid) erſt 1610 zu Schwäbiſch-Hall (3. Februar) die feſte Ausbildung der Union und im Jahre 1609 (10. Juli) zu München, 1610 in Würzburg die Liga, das „Vertheidigungsbündniß” der Katholiſchen ſich vollzog. Jedenfalls richtete die fich entwidelnde Union das Bündniß der „eorrejpondirenden Stände“, wie fie ſich eigentlih nannte, jein Augenmerk auf die Verwidlungen in Habsburg-Oeſterreich, denn bie gelegentlihe Einmiſchung konnte den eigenen Intereſſen fürderlid) werden. Aber von einem beitimmten Plane des activen Eingreifens fonnte bei einer jolchen Föderation, welche erit den Boden ſich zu fihern und Mittel zu beſchaffen hatte und langfam, bedächtig vorging, noch nicht die Rede fein, jo daß wir, wie bereits gejagt, 1607 bis 1610, ja aud) jpäter, den Fürjten von Anhalt in jeiner Agitation auf dent Boden Defterreichs nicht als Vollmachtträger der Union, jondern als Bolititer aus eigenem Antriebe und auf eigene Rech: nung anjehen müſſen.

Wir können den Thronkrieg Rudolph’ IL. mit Mathias am beiten von dem verhängnißvollen Breßburger Januartage (1608) datiren, auf welchem Mathias mit den faijerfeindlichen Un- garn fein Bünbniß vollzieht und troß der Protefte der Sendboten Rudolph's II. zum „erblichen Gubernator” erwählt ericheint. Illées⸗

XIV. Aug: Tie Zeiten Rupoiph’3 IL end Nathias ı 1775 161). 367

bäzy und Thurzõ fteben ibm zur Zeite. Bald darauf (Februar) erfolgt die koederation der Ungarn, Tenerreidher und Mährer, deren legtere Actionspartei umer Jierotin’s Führung (De- cember 1607) auf deñen Schlone zu Kotng ihre weitere Taftif berathen hatte. Auf das Reich und denen Mebiation zu teinen (Suntien baute Rudolph II. vergeblide Hormungen, wie der Erfolg teiner Votſchaft an den Regenshuraer Tag zeigt, ebenio mar ihm der Veriudh, eine Partei zu bilden, die Hajduken zu gewinnen, mißalückt. Die bewegten Märztage zu Brünn, die Thärigfeit Des oppoñtionellen ARumpfparlamentes in Aunterlig, die Lergeblichkeit der Genenanitren: gungen des faiterlih geinnten Zanreshauptmarmes Berka, das Er: folgloje der Sendung des Cardinalrürttbiikors Dietrichſtein und Slavata’s (29. März) nah Mähren, ımd der Siea der Partei Zierotin’s am Eibenihüger Tage (Aril), wodurch der Ge: nannte nah Berka's Sturze und in Folge der Aechtung der Raiicr: lichen an die Spitze der äußeren Angelegenheiten trat, waren einander drängende Ereigninſe, welce in ihrer inneren Verkettung bemeiien, daß nächſt Ungarn das Mährerland der zweite Heerd der Beweanng gegen Rubolph II. war, dem fih Teiterreicdy naturgemäß als britter anreiht.

Mathias entichliegt rich nun, Angeiichts der obnmädtigen Prager Gegenmaßregeln, Unterhandlungen und Trobungen (Dierribitein war zweimal in Wien erichienen) zum enticheidenden “osichlaaen mit ben ihm verbündeten Ständemehrheiten der drei Yünder. Seine Bruders Marimilian war er ſicher, des andern, Albredt, iniorern, als dieler von der ;serne den Tingen ibren Lauf ließ und am Prager Hofe ieinen Agenten und Aufparier bloß zum Hleitiaen Be: richterftatten verhielt. Nur der tteiermärfiihe Erzh. Ferdi— nand war aut das Zuſammengehen Mathias‘ mit der vroteitan: tiſchen Aufitandspartei ihleht zu ſprechen und nermahrte ib in einem „hitzigen Hanbdbriefel* gegen bas Benehmen PWatbias' zum Kaiſer, lenkte aber ipäter wieder ein.

Dem franfen Gemüthszuitande Rudolph’s, dem wirren Wedſel von zorniger Aufwallung und Xerzagtheit, Hoffnung und lebens überdrüßiger Verzweiflung gingen die einander widerſprechenden Rath⸗ ſchläge feines Gabinets zur Seite. Vor Allem jollte dur den Nor: ihlag eines Congreſſes der Erzherzoge, unter Vorſitz Des Kölners und Herzogs Mar von Bayern, Zeit gewonnen, die Ver: mittlung der Reichsfürften und bewaffnete Hülfe Banerns, Zac: fens und Brandenburgs angeitrebt werben.

Mathias, der bereits mit einem ſtändiſchen Heere der Ungarn,

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Mährer und Defterreicher ſeit 19. April vor Znaim in Mähren ftand, blictte den Zwed der neuen Botſchaften Dietrichitein’s, Stern- berg's und Kolowrat's durh. Er forderte ſchon unummunden die Abdication Rudolph ’s und brauchte vor der furpfälziichen Mediation feine ernitlihe Sorge zu haben. Er war über Tre- bitſch, Iglau gegen Deutſchbrod vorgerüdt, ftand alfo Anfangs Mai auf dem Boden Böhmens, mweldhes Land trog innerer Gäh- rung es verſchmäht hatte, ungeachtet alles Drängens fich der Action der brei anderen Provinzen anzujchließen, ſich von ihnen „majorifiren“ zu laſſen. Am meiften hatte die Böhmen das eigenmäcdtige Auf: treten Mährens verdroffen, und diefe ablehnende Haltung veranlaßte Bierotin zur ſpäteren berben Bemerkung, er fenne die Böhmen, fie wollten immer und überall den „Kopf“ jpielen und Mähren die Rolle der „Schleppe” (ocas) zumuthen.

Den 10. Mai befand fih Mathias vor Czaslau und jtellte feine kategorifchen Forderungen an den Faijerlichen Bruder, der, rath: und hülflos denn Tilly, damals in Taiferlihen Dienften, verfügte bloß über 1200 Mann, jogar nah Sachen flüchten will. Während die unerquidlidhiten Verhandlungen zwiichen Czaslau und Prag geführt werden, und bier der ſpaniſche Gejandte Clemente Alles aufbietet, um den kaiſerlichen Minifterrath gefügig zu machen, fammelt fi ein ftändifches Heer der Böhmen, um die Zn: valion des Erzherzogs einzufhüchtern, vor Allem aber dem Sailer nahe zu legen, daß fein ganzes Heil auf Böhmen ruhe und er ben confejlionellen Forderungen der Stände nachzugeben gezwungen jei. Vom 23. Mai ab, an welchem Tage Rudolph II., körperlich und geiftig gebrochen, im Prager Landtage erſchien, befand er ſich nun in doppelter Zwangslage. Noch miderftrebt er den Landtags: poftulaten, noch verjucht er ſich den Forderungen des Bruders zu entwinden, deſſen Bevollmächtigte, Biihof Lépes von Veſzprim, Niklas Thurzö, Gundaker von Liechtenſtein, Tſchernembl, Zierotin Zahradecky und Andere, die Thronentſagung Rudolph's und fein Ruheleben in Tirol (26. Mai) forderten. Die böhmifchen Stände waren durch dieſe Botjichaft, deren bedeutenditer Sprecher BZierotin war, verjtimmt, Rudolph verfuht auf das Heer und die Ungarn insbefondere zum Abfalle von Mathias einzumirken; als aber der Erzherzog am 5. Juni gegen Sterbohol ('/, Stunde von Prag) vorrüdt und das Gerücht die Verftärfung feines Heeres bedrohlich jchildert ; die auswärtige Diplomatie (der Nuntius, Spaniens Botſchafter, Erzh. Albrecht's Agent u. A.) zur Nachgiebigkeit räth, und der legte Antrag Rudolph's: Er wolle auf Mähren verzichten

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und Matbics Erivr Üiimers ferien, eine Srareitlice Zurücdwätuna ri: ıl4.—2l. er ı etik cut Erb. Mari: milian als Were 2m, een Br Srenme und Erzh. Kerdinamd ein: rerniie Serum orzemeien tanen, entichließt m& Katz: zur Hizzeiunz Üeherresis, Ungerns und Mübrens in tan Fre Vinsız im faamarnnten Cice- lauer oder Seerice.nr Tr 25 um Es mar eine der

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Tidn an den Cinslan:Yıekaner Kertrag zmiiben Kudo!rb 11. und Mathias treibt nd ja Zus Sterboboler Bündniß der Stände Tetterreibs, Ungarns und Käbrens (29. \uni 1608), bald nah dem Aufbruche Mathias' nach dem Plan⸗ Zierotin’s abgeihlonen. Es iellte die jene Grundlage einer con- itimmtionellen Veriañung der genannten Sander im teudal:arittofrati- iben Zinne werden. Dem Zierotin, Der dann immer mehr in die Bahn einer conierranvn Volitik einlenft und der radicalen Stromung aeaen die Monardie abaereiat dh zeigt, dachte auch ihon an ein Keibsrarlament, Tas die ttändiichen Vertreter der einzelnen Lãnder umianen tollte.

Zunädit errang Währen, in teiner gänzlihen Sonderſtellung su Böhmen, auf dem Brünner Huldigungstage vom 30. Auauit 1608 die volltändige Wiederh:riiellung des „itändiich-feudalen Staates“, begnügte ſich jedoch in der Glaubensfrage mit dem Toleranz— jtandpunfte Marimilian’s II., der dem Atatbolicismus bin: reihenden Spielraum bot. Um io mehr jtadhen dieſe Vortheile Den Deiterreichern in's Auge; auch ſie rechneten auf aleiche Zugeſtändniſſe und die Horner Teriammlung der proteitantiihen Autono- miften, unter Tichernembl’s Führung, madte der Regierung ſichwere Sorge, denn tie verlangte freie Keligionsübung, Beſtätigung jämmt: licher Syreiheitsbriefe und ausnahmsloje Amneitie. Aber acrade Die halb abwiegelnde, halb vertröftende Haltuna der Stände Ungarn« und Mährens gegenüber dem Aniinnen der Uefterreiher, man Tolle

ans jolidariiher Bundespflicht für fie und „groen den Rrones, Geh. Öchterreihe. IIL

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Hof auftreten, ſchließlich die Thatfache, daß die Defterreicher eine weitere Verzögerung der ungariichen Krönung zu Gunſten der eigenen Sade nicht durchzuſetzen vermochten, bewies, daß die Sterbo= holer Einigung der Stände nicht To durchgegriffen hatte, um Die Intereſſenpolitik der einzelnen Länder in Allen und Jedem jolidariich zu geftalten und daß, wenn die gemeinfame Gefahr vorbei war, der Separatismus, oder PBarticularismus, der Pro: vinzen wieder zu Tage trat. Andererjeits war die deutſche Union noch felbft zu ſchwach, um für die Defterreicher fräftig Partei nehmen zu fönnen, deren Sendbote Albredt Schent von Limburg (Ende October) die Kurpfalz und Genoſſen um Intervention anrief. An: halt felbit, ver Vollmachtträger der Union, überzeugte ſich ala Gaſt Peter Wok's von Rofenberg in Wittingau, es gäbe in Böhmen mehr „Furdt als Rath”; überdies mochte ihn verftimmen, daß bloß das Haupt der Defterreiher, Tihernembl, der Einladung des Rofenbergers Folge gab, während Zierotin fie abgelehnt hatte. Damals dachte au Anhalt an die Umwandlung der Länder Habsburg: Defterreichs in Provinzen mit einem Erzherzog: Statt: - halter und einem ftändifhen Parlamente als Beirathe.

In dem verdrießlichen Handel der Horner mit Mathias merkte man auch, mie diefe durch die offene Drohung, den Kaifer als Schiedsrichter anzurufen, dag Wiener Kabinet einſchüchtern wollten ; dies bot dann der rudolphiniſchen Reftaurationspolitif eine willlommene Handhabe.

Wir müflen nın den ungarifhen Berhältnijjen unjer Augenmerf zuwenden. Den naturgemäßen Ausgangspunkt bildet Siebenbürgen.

Stephan Bocsfay hatte im Tec. 1606 eine Rarteiverfammlung nad} Kaſchau einberufen, beren Beſchlüſſe jich zunächſt gegen die Klauſel des 1. Artifels der Wiener Pacification („sine damno ecclesiae catholicae“ „ohne Nachtheil ber fatholiihen Kirche‘) Fehrten und die ganze Berfajjungs: und Verwaltungsfrage im national-proteltantifden Sinne zu regeln fi) bemühten (22. Dec.). Er konnte auch nicht den perjönlicden Groll gegen die Habsburger verwinden, ber ſich durch das Fehlſchlagen bes uriprüngliden Planes (N. 1606), die Hand ber Erzh. Marie Magdalene zu gewinnen, nur gemehrt haben mochte. (Cine Woche jpäter war Bocskay eine Teiche (29. Dec.), und der unermiejene Verdacht, fein Geheimfchreiber Kätay, beinzichtigt des Verkehres mit dem faijerlichen Hofe, babe ihn vergiftet, führte die Nicberjäbelung des Unglüdlihen auf ofienen Plage ohne Urtbeilsipruch herbei. Ter letzte Wille Bocsfay’3 (17. Tec.) batte jür Siebenbürgen die ftete Wahl eines Magyarın zum Fürſten als politijche Nothwendigkeit hingerellt und feinen Treund Valentin Somonnay in biefer Richtung empfohlen. Diejer bemühte jich auch gleih um die Gunſt der Piorte

* XIV. Bud: Die Zeiten Rubolph'3 II. und Mathias’ (1576-1618). 371

und trat im Drange ber Herrſchaftsgelüſte jo berausfordernd auf, day Die Siebenbürger barin ein Zeichen der Gemwaltpläne Ungarns gemwahrten, und, Angeſichts diefer Stimmung, Bocskay's Statthalter, Sigismund Räköczy, ungeachtet feines hoben Alters den Entſchluß faßte, feinem Schmwiegerjohne, Balentin Homonnay, das Spiel zu eigenen Guniten zu verderben. Wohl gelang e3 ihm, bie Siebenbürger für feine yürftenwahl am Klaufenburger Land— tage (17. Febr.) zu gewinnen, die Anerkennung des macdhtlofen Kaiſers zu er: langen, und den türfiichen Tſchauſch zu verleiten, den PBejtallungsbrief des Großherrn für Homonnay durch Einjtellung des Namens Räköczy zu fäljchen, aber mın erhob fich ein neuer Nebenbublerr, Gabriel Bätborn, der Sohn Stephan’3 und Vetter des vormaligen Fürſten Siebenbürgens, Sigismund, angejehen und reich geworden durch die Erbſchaft der Bäthory von Kejeber Zweige, und fand an Gabriel Bethlen einen Förderer feiner Pläne.

Valentin Homonnay verglich fi (Juni 1606) mit dem Schwiegervater, dem die Pforte die Anerkennung als Fürſten Siebenbürgens beharrlich verweigerte, aber Räköczy begriff num bald, daß er fi in feiner Stellung nicht behaupten fönne und räumte ben 5. März 1608 feinen Pla dem glüdlicheren Bewerber Gabriel Bäthory, den am gleihen Tage die Wahl der Siebenbürger auf den Thron des Landes berief. Den 24. Juli erlangte Bäthory die vertrags mäßige Anerfennung der Stände Oberungarns am Kaſchauer Tage, dem Illeshäzy, der mächtigite Maun im Rathe der Ungarn, vorfaß und, am 16. Aug. die von Bethlen erwirfte Beitätigung der Pforte. Tie Stände Siebenbürgens ratificirten den Vertrag (22. Sept.). Raäföczy ftarb nicht lange darauf; doch batte er jeinem Haufe den Weg zu einer glänzendern Zukunft vorgezeichnet. Der in feinen Entwürfen getäujchte Homonnay folgte ihm 1609 im Tode, auch eine „große Säule des Glaubens“, deren Tod eine calvinifche Chronik als Er: folg „papiftifcher Ränke“ verdächtigt und beflagt. So blieb Siebenbürgen mieber auf unbejtimmte Zeit der Yereinigumg mit Ungarn entzogen.

In Ungarn aber lag die wichtigite Entjcheidung des habsburgijchen Bruderzwiftes, und der Preßburger Wahl: und Krönungs— landtag, den Mathias auf den 29. September 1608 einberief, wurde zum Schauplaße heißer Kämpfe der Autonomiften, andererjeits der Pro: teitanten mit den Verfechtern des Katholicismus mit der Regierung um die günftigfte Faſſung des nauguraldiploms. Mathias und Khleſl befanden ſich in der ſchwierigſten Lage, denn jene waren nod) vor Kurzem Verbündete gegen Rudolph II. gewejen und beherrichten die MWahlfache, während diefe, in Firchlicher Beziehung die Gefinnungs: genoffen des Wiener Hofes, auf die PBarteinahme der Regierung zählten; überdies verfuchte die Taijerlihe Diplomatie durd) Pactiren nach beiden Seiten, dem Erzherzoge den Gewinn des Zänderabtretungs:Vertrages gründlich zu erjchweren und auch Die öſterreichiſchen Proteftanten griffen Durch ihre Bertreter ftörend ein. Das Hauptverbienft, Mathias den Weg zur Krone

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geebnet zu haben, gebührt Illéshäzy, deſſen Tchlaues Auftreten Die Katholiichen in den Wahn bradte, cr ſei nahe daran, einer der Ihrigen zu werden; doch mußte fich der neue Yandesfürit zu wichtigen Zugejtändnijfen bequemen, die das nauguraldiplom zu einer äußerſt wichtigen Verfaſſungsurkunde geitalteten. Tenn darin blieb die wichtige Beihränfung der proteftantiihen Glaubens: freiheit aller Reihsitände, die landesfürjtliden Urte eingeredhnet, die bewußte Klauſel weg, und. die andern Artifel wahrten nicht bloß die nationale Autonomie, jondern erneuerten das Verdikt des Wiener Friedens gegen die Niederlaffung und Beſitzfähig— feit des Jejuitenordens in Ungarn.

Dies nöthigt und zu einer furzen Tarlegung der bisherigen Ge— ihide der Geſellſchaft Jeſu im Karpathenreiche.

Die erjte Anfiedlung der \ejuiten unter dem Primas Oläh ſ. 1561 zu Tyrnau, dem Lieblingdfite der Graner Kirchenfüriten jeit dem Kalle ihres eigentlichen Nefidenzortes in Türfenhand und fortan dem vornehmiten Sorte und Heerde des Katholicismus, hatte fich in den Tagen Mar’ II. nicht günftig gejtaltet, denn Yazar Schwendi war fein Freund des Trdens und der Pro— teftantismus griff im Tberlande immer mehr um fi. Der Tyrnauer Stadt: brand v. %. 1567 vernichtete das Jeſuitencollegium und jo entichloß fich ber bamalige Ordensgeneral, Kranz Borgia, den undankbaren Boden der Thätigfeit feiner &enofjen vorderhand aufzugeben. Nahezu 2 Jahrzehnte währt dieſe Selbitverbannung des Ordens, dein aber bald die Gunſt des Polenkönigs Stephan Pathory eine günſtigere Stätte jeines Wirfens in Ciebenbürgen erichlieft. Unter feinen Bruder Ghriitoph erlangen die Jeſuiten f. 1979 Die Aufnahme in Kolos-Monoſter, Klaujenburg und Weißenburg, wo fie Sollegien errichten und guten Zuſpruch haben; jpäter allerdings erzwingen die Rrotejtanten Siebenbenbürgens die Yandedverweifung des geiährlichen Ordens, doch bleibt fein Einfluß auf Sigismund Bäthory ungebrochen.

1585 1587 befaßt der Orden auch eine „Reſidenz“ zu Großwardein und eine „Mijiton” (die als jtändige und ambulante unterichieden werben) in S;zeplaf, an der äuferjten Grenze des türkiſchen Gebietes, wohin bie Jeſui— ten ihre Thätigkeit zu verpflanzen nicht ſäumten, und rechnete fie damals zu fei: ser „polnischen Provinz“.

1589 in den Tagen des Trdendgenerals Claudius Aquaviva (1581— 1015) erlangten die Täter der Geſellſchaft Ieju einen neuen Halt an der Abtei Ihuröcz, im gleichnamigen Comitate des norbweitliheu Ungarns, durch die erfolgreichen Bemühungen des Kalocjaer Erzbiſchofs Georg Trasfovich bei dem failer: lihen Hofe, jo daß der Orden 1592 bereits 8 oberung. Domicile der „öjterreidji: fen Provinz” mit mehr als 300 Genojfen zählte. Der Unterricht, Die Ceeljorge, vor Alleın der Beichtſtnhl und der marianifche Gultus find ihre Waffe gegen ben berrichenden Proteitantismus und fie verftehen es diefelben mit Geſchick zu ſchärfen, auch mit gelegentlichen Heilmunbern gläubige Seelen zu gewinnen, wie

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und die „Iahresbriere des Ordens erzählen. Denn nicht geräujchlos, fondern auf weitgehenden Ruf berechnet war jtets die Ihätigkeit der Geſellſchaft Jeſu.

Schon droht der Reichstag v. J. 1593 fie aus dem Ihuröczer Probitei: gute zu verdrängen, aber die Gefahr wird flug bejeitigt; ebenjo gehen ſie 1594 au3 einem jchiweren Proceſſe ungejchädigt hervor und greifen immer weiter um ih in ihren Mifltionen, die jchon bis in das Zempliner Gomitat fi erjtreden und jo manchen Grundherrn, manche verwittwete Edelfrau für ich gewinnen. Der Eefretär der ungariichen Soffanzlei, Tiburtius Himmelreich, ijt ein gefälliger Freund des Trdens und verſchaift ihm Tängit verfallene kirch— lihe Nußungen und Rechte Tas Kymnaſium der Ihuroczer Miffion (1588 von K. Rudolph IL. geitiitet) konnte ſchon 1596 die „Rhetorik“ eröffnen; in den Geſpanſchaften Thuröcz, Yiptau und Sohl zählt der Orden wachlende Beſitzungen.

Sein Hauptjie wird ſ. 1598 der Ort Sellye in der eritgenannten Ges Ipanjchaft. Hier begegen mir al3 erſtem Rector dem aus der Geſchichte Sieben: bürgens mwohlbefannten Epanier Alphons Gariglia (Carigli). Die Könner: haft des Neutraer Biſchofs Franz Forgäch, nachmals Brimas von Gran, und anderer Kirchenfürjten erleichterte dem Orden feine Wege. Bis nad) Säros, in die Marmaroſch, nah Szätmär reicht jeine Miſſion; fie beginnt nun im der polnifhen Zips Ron 1600— 1602 hatte jid) die Schülerzahl zu Sellye auch von 200 auf 400 Studenten erhbht; namentlich iſt es die jüngere Adelsgeneration, die darin vertreten ’erfcheint und am 13. Febr. 1600 das Feſt der neubegrün: beten Marienbrüberichaft durch die große Tragödia „der Damascener‘ beging, woran fih am Charſamſtage die öfientliche Zelbitgeijelung von 16 Ordensgenoſſen ſchloß. Es ijt dies ein überall mwiederfehrendes Bild des für Die Außenwelt Flug berechneten Lebens der Zefuitenanjtalten. Yon bejonderer Wichtigkeit wurde bie Ordensmiljion in Leutſchau, dem Nororte der Zips, und in Kaſchau, wo fie über Aufforderung Erzherzogs Mathias 1604 ihre Thätigfeit begann, bald aber durch die Bewegung des Schluſtjahres an beiden Orten jeden Halt verlor.

Denn nun ereilt die Trdensgenojjenichaft in Ungarn die förmliche Aech: tung duch den Wiener Frieden v. X 16506; vor dem jiegenden Pro: teftantismus flüchten ihre Mitglieder nach Teiterreih und, da auch hier ber Boden ungünitig, in's Bayernland. Dagegen batte Tie gerade in bem ver: hängnikvollen Jahre 1606 zu Agram, im (Grontenlande, feiten Fuß gefaßt und hier ein raſch aufblühendes (Follegium gegründet.

Ten Graner Primatialſtuhl beitieg ihr Gönner Franz Forgäch und als fih das Inauguraldiplom v. X. 1608 abermald gegen die Jeſuiten mit einer jcharfen Beſtimmung wendet, tritt einer der bebeutenditen Köpfe des Ordens al3 Vertheidiger desjelben mit Wort und Feder in die Schranken, der Edeimanı Peter Päzmän von Panaß, geb. 1570, 4. Oct., zu Gr.⸗ Wardein, der Sohn calvmijcher (Fltern, den an den Collegium zu Klaujen: burg die Jeſuiten für den Katholicismus und ihren Trden gewannen. Nach Krakau ald IT jähriger Noviz gejendet, dann (1589) zur Weiterbildung und aus Geſundheitsrückſichten an's Collegium in Wien überjiedelnd, gelangte er von da 1592 nah Rom, erfcheint dann um 1597 als Rrofejfor am Grazer

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Sefuitencollegium; 1602 finden wir ihn auf dem Gute des Neutraer Biſchofs NRadofhnia. Es beginnt alsbald jeine theologiſche Polemik mit dem Prädifanten St. Magyary, woran ji ber Beginn jener Fatholifhen Schrift: tellerei in der Mutterſprache Enüpft, die Paäzmän's Befehrungseifer fo ungemein förderte und ihm zur hervorragenden Bedeutung in der magyarifchen Literatur verhalf. 1607 verläßt er, auf der vierten und oberiten Stufe des Ordens angelangt, die Grazer Univerfität für immer, um in Ungarn, als Schützling und rechte Hand des Primas Forgäch, für jeinen Trden einzutreten. Cr wird das bebeutendjte MRüjtzeug der Fatholijchen Partei, mit dem fehonungslojen (Fifer be8 Convertiten, der den protejtantiichen Gegnern die Schmähungen mit gehäuftem Maße vergilt und einen wachſenden Einfluß in den Adelsfreijen jich erobert.

Die Wahlcapitulation ward abgeſchloſſen und von Mathias feierlich beftätigt; Illéshaͤzy gelingt es, trog der Einſprache der Tefterreiher die Krönung herbeizuführen. Am 17. Nov. wird er jelbjt zum Palatin gewählt und am 19. d. M. Mathias gefrönt. Der Friede mit der Pforte foll erneuert werden, was thatfächlich (1610) bei der Pforte durchzujeßen gelingt.

Nicht lange genoß Zlleshäzy der Früchte jeiner Beſtrebungen; er ſtarb ſchon den 5. Mai 1609, und nun begann neuerdings der Kampf der Katholifchen und Proteftanten um das Palatinat. Doc legtere drangen mit der Wahl ihres Führers, Georg Thurzö, (Sohn des Franz Thurzö und der Katharina Zrinyi) dur, den Khlefl minder fürchten au müffen glaubte. Der Fünfte diefes Na— mens in der Reihe feiner Geſchlechtsgenoſſen, geb. 1567, gebot Thurzö über eine nicht gewöhnliche Bildung und ein großes Anjehen bei den evangeliichen Glaubensverwandten, wie uns fein Biograph und Epilogift Abrahamides und der Geheimfchreiber Zamodsfi in dem zeitgejchichtlich wichtigen Diarium erzählten.

Es war dies zur Zeit ale in Defterreich der Kampf des katholiſchen Gabinetes mit den proteftantijchen Ständen in der Glaubens» frage neu entbrannte. Mathias wollte da feine „erbherrlihen Rechte“ geltend machen; Erzh. Biſchof Leopold, Khleſl und der kaiſerliche Rath Althan, mit dem neuen ſpaniſchen Botſchafter im Bunde, zeigten ſich jogar entichloffen, gegen die „Legeriiche Horner er: fammlung“ und ihre drohende Haltung eine Verftändigung zwiichen Mathias und dem Kaiſer anzubahnen; aber die Partei der laviren- den Bolitifer im Wiener Rathe die Trautjohn, Meggau, Molart, Harrach, Kiechtenftein waren für Nachgiebigkeit, denn die Sach— lage ſei kritiſch; eine Erklärung der Horner zu Gunſten Nudolph’s II. könne gefährlich werben. Ueberdies ſetzten ber neue Palatin Thurzs, vor Allem jedoch Zierotin, das ganze Gewicht

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ver Perfönlichkeit für Conceffionen an die öfterreihiichen Glaubensver- wandten ein, und am 14. März zeigte fich überdies eine längſt an gejuchte und Monate hindurch überlegte Botihaft der Union in Wien. Nah ſchlafloſen Nächten, in weldher Mathias in lebhaften Controverjen mit feinem Beichtvater klagte „es jei Schon jo weit mit ihm gefommen, zwiichen Seelenheil und Reich wählen zu müjlen” entichloß er jich den 20. März zur Capitulationsrejolution, welche den Standpunft Marimilian’s II. in der Glaubensfrage offen: bart, aber, ebenjo wie diejer, die Etädte von den andern Ständen getrennt hält, welche Scheidung die Gemeinden jelbit insgeſammt, nur Ybbs und Zwettl ausgenommen, dem Adel gegenüber feit: zuhalten ſich bereit erklärten. Erzh. Leopold nennt in einem Briefe an feinen Bruder Ferdinand Wien den „Urt der Verdanım: niß“ und dieſe Urkunde eine „verfluchte verdammliche Rejolution“. Wir begreifen aber, daß die öjterreihiichen Proteſtanten unter Führern wie Tichernembl einer war, ſich mit dein Errungenen nicht zufrieden gaben, und die Ungarn nad dem Wortlaute des Geſetzartikelb vom Jahre 1609, der ihre, mit den Ständen Defterreihg und Mährens, unter Zultimmung des Königs, abge: Ihlofjenen Bündniffe als bleibend rechtskräftig erklärte, wieder zu interveniren ſich bemüßigt fanden. Das Gleiche geihah von Mähren aus. So kam es den 27. Februar 1610 zu einer neuen Refolution Mathias’, der auch den landesfürftlichen Städten als „drittem Stande” die freie Neligionsübung verbürgte, und das Princip der Gleichberechtigung bei der Aemterbefegung achten zu wollen ausfprah. Die urkundliche Form dieſer Zufiherung erſchien allerdings ungenügend und jedenfalls war es nur eine durch bie Umftände erzwungene Gabe, welche das Wiener Cabinet gelegentlid) zurüdzunehmen gewillt war.

Jetzt aber lagen die Dinge jo, daß Mathias und Khleſl aller störenden Gegenftrömungen ſich entichlagen mußten, denn Rudoph II. der tief gekränkte Kaifer bot Alles auf, um den Beltand der jungen Herrichaft jeines Bruders zu erjchüttern.

Zunächſt müſſen wir der Sachlage in Böhmen um 1609 gedenfen. Sie wird von einem Zeitgenofjen mit den Worten treffend gezeichnet: „Man wolle in Prag ein böhmijches Horn aufführen“.

Denn ähnlih wie die öfterreihifche Actionspartei Mathias gegenüber immer lauter den Anfpruch auf Erfenntlichleit erhob und mit begreiflihen Neide die Zugeftänbniffe des genannten Habsburgers an Mähren und Ungam anſah, fühlte ſich der proteftantijche Böhme als Vertreter des einzigen Hauptlandes, welches von Rudolph

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nicht abgefallen jei, und doch in der Glaubensfrage weit geringere Conceſſionen in Händen habe als das „abtrinnige” Mähren. Das jollte anders werden; man hatte ja den Kaijer in der Gewalt, er mußte den Wünſchen der Böhmen endlich) willfahren, wollte er nicht aud) dieje Provinz jeinen Bruder in die Arme treiben. Lag es ja doc) vielmehr in jeinem Plane, das Verlorene wieder zu gewinnen.

Die Geihichte der Ertheilung des vielberufenen Majeſtäts- briefes an Böhmen jpielt fid) vom Januar bis Juli des Jahres 1609 ab. Der Kampf um denjelben war zähe, denn die ſpaniſch— römijhe Partei im Nathe des Staifers, mit dem Gejandten Philipp's III. Zuniga und dem Nuntius an der Spige, die Zdenko von Lobkowitz, Slavata, Martinic, Attams u. A. widerriethen beharr: (ich jedes Zugeltändniß an die Ketzer. „Wenn Mathias jeinen Inter: thanen den Weg zur Hölle bahnt, joll es darım Rudolph aud) thun“? meinte Lobkowitz. Dagegen riethen die „Bolitifer”: Oberftburggraf Adam von Sternberg, Hagenmüller, Hanewald ... zu kluger Nacjgiebigfeit, denn die Staatsrailon erheiſche Opfer. Ebenſo begegnen wir im andern Lager zwei Parteien, deren eine, von Budomwec angeführt, die radicalen Kortjhhrittsmänner aus den Kreifen der Galviner und Brüder, wie: Thurn, Fels, Bubna, Raupowa und, in Hinficht politifcher Agitation, auch den zweideutigen Ränkeſpinner, Wenzel Kinsky von Wehynic einen wahren Menſchen für Mles Anhänger der Ausgleichsidee umfaßt, während Die Gemäßigten an den Zutheranern Stephan von Sternberg und Joach. Andr. Shlid ihre Vertreter bejiten; doch gab ſich diefe Bartei in den Augen der Stände durch den fälſchlich der Regierung zugejchriebenen Interimsvorſchlag eine empfindliche Blöße.

Ende März ging es fehon jehr bewegt in Prag zu; Anſchläge der Negierung werden herabgerijfen, Stimmen, „der König tauge nichts, man mütje einen andern haben“, werden laut. Das Heft der ftändiichen Bewegung Hat der unerjchütterliche, ernjte Budowec in Händen, auf feinen Vorſchlag verſammelt man ſich im Neujtädter Rathhauſe. Am Hofe befämpfen fich die gegneriihen Anfichten. Auch fremde Einflüſſe machen fich geltend, die Unionsglieder, Kur: Pfalz und Brandenburg, empfehlen dem Staijer Nachgiebigfeit ; bejonders thätig ift die Botjchaft des Kurfürften von Sachſen, der überhaupt am meiſten kaiſerlich gefinnt erjcheint; es ift Dies Chriſtian II., leider ein Trunkenbold und unfläthiger Schlemmer, der fih rühmte, jeiner Zeit vom Kaiſer in Prag ſo gaftlich ge: halten worden zu fein, daß er nie nüchtern wurde Selbit K. Mathias fandte ein Schreiben an den Faiferlichen Bruder, von

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deſſen Aufrichtigfeit Rudolph II. wohl wenig erbaut fein konnte. Am meilten fürdteten die Stände den jtachelnden Einfluß des ſpa— niihen Gejandten, der von jeder Nachgiebigkeit abrieth und pa: niens Hülfe, offenbar Geld, in Ausſicht ſtellte. Daß Rudolph II. ihm am 11.12. Mai die erwartete Aubienz verweigerte, ließ erwarten, die vermittelnde Partei bei Hofe, insbefondere Hanewald jei durch: gedrungen. Die Rolle des verlogenen Hetzers zwilchen dem Hof und den Ständen jpielte Wenzel Kinsfy, der in vertrauten Kreijen das Project einer ſtändiſchen Republik entwidelt. Ende Mai erſcheint Erzh. Leopold, von KHagenmüller berufen, um einen Ausgleich zwiſchen Rudolph und Mathias zu bewirken.

Den 29. Mai wird die geharniichte Denkichrift der afatholi: Ihen Stände der Negierung entgegen gehalten, welche immer nur Zeit gewinnen will und Beſchwichtigungsverſuche in Scene ſetzt. Co aufſtandsluſtig geitaltet fi) die allgemeine Stimmung, daß ein ſtändiſches Manifeft durd einen Ausfhuß von 30 Directo— ren, 10 aus jedem Stande: Herren, Rittern und Städten, die allgemeine Bewaffnung organiliren läßt, an deren Spike Graf Mathias Thurn, Fels und Bubna treten, eine Conföderation mit Schleſien angebahnt wird und das Gleiche Mähren gegenüber zur Sprache kommt; allerdings ohne Erfolg, denn hier vergaß man nicht der ſchroffen Haltung Böhmens in verflojfenen Jahre. An die Auflöfung des Landtags knüpfen ſich Straßenicandale, Ge— rüchte von einen bewaffneten Bündniffe mit der Union und dem Eintreffen Chriftian’s von Anhalt, der fi an die Spite einer revolutionären Regierunng stellen Tolle, fommen in Umlauf.

Endlich dringt die vermittelnde Partei und Sachſen bei Nu: dolph II. dur, und den 9. Juli erfcheint der verhängnißvolle Majeftätshbrief, verhängnißvoll, da feine Bejtimmungen, auf den Neligionsfrieden Marimilian’s II. vom Jahre 1575 gegründet und ängſtlich den Ausdruck Proteſtanten vermeidend, nur vom „Utra— quismus” fprachen, nicht nur von den Wiünfchen der afatholifchen Bartei, fondern als ein Anahronismus auch von den thatjächlichen Verhältniffen überholt, den Keim folgenjchwerer Mißverſtändniſſe in fi bargen, und von den Katholifenführern wie Lobkowic, Martinic und Slavata als findhafte und erzwungene Nothmaß— regel ohne bindende Kraft angefehen wurden. Dies trat in dent heftigen Wortwechjel zwiſchen Martinic und Budowec klar genug an den Tag und was Lebterer Jenem vorwarf, er und feine Ge: nofjen jeien vaterlandsfeindliche Schleppträger der römischen Kirche, war der Ausdrud der berrichenden Meinung von diefen Männern

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in proteftantifchen Kreiſen. Andererjeits bot fih in ber Vebergabe des utraquiftiichen Confiftoriums und der Univerfität an die proteftan- tiihen Stände und in der Anerfennnung ihrer 30 Glaubens: defenforen eine bedenkliche Waffe wider die Regierung dar. Die Duelle folgenfchwerer Irrungen wurde jedoch der Artikel, der vom Rechte der Alatholiihen: Kirhen und Schulen zu errichten, handelt *), denn er ftellt die feite Schranke nicht ausdrücklich hin, welche das Reformationgzeitalter mit den Worte: Cuius regio illius religio „Weſſen das Gebiet ift, deffen ift auch der Glaube” zu bezeichnen pflegte. Zu der Schlußfcene fand fih aud Chriftian von Anhalt mit einer Botjchaft der Union ein, welche gegenüber dem Kaiſer in dem Donaumörther Handel flagbar auftrat. Jeden— falls war er erſchienen, um auch mit den Slaubensgenoffen und politiichen Freunden in Böhmen neue Fühlung zu gewinnen.

Der Umftand, daß der Majejtätsbrief nur vom Utraquismus ſprach, und bie innere Nothwendigkeit einer kirchlichen Einigung der Evangeliſchen und der Brüder, auf Grundlage bes Glaubensbekenntniſſes v. J. 1575, als „utraquiftiiche Chriſten“, führte zur wichtigen Unionsurfunde v. 28. Sept. 1609; ihr folgte die Einrichtung des Confijtoriums (6. Oct.) und die Wahl der 24 Defenjoren bes Gonjijtorinms und der Univerfität, je 8 aus dem SHerren:, Ritter- und Bürgerftande. Tas Directorium des Defenjorates ward in die Hände bed Grafen 3.4 Schlid gelegt, doch war er fein Freund ber Brüder.

Die Jahre 1610—1611 vollenden die Geſchicke Rudolph's II. Es iſt die Zeit, in welcher er neue geheime Verbindungen mit den abgetretenen Provinzen anzufnüpfen bemüht ift und den verhängniß- vollen Entſchluß faßt, mit der Untermwühlung der ufurpirten Herr: Ihaft jeines Bruders Mathias eine Abänderung der Thron:

*) Derjelbe lautet im beutjchen Terte: Im Fall auch jemand aus den vereinigten dreyen Staenden dieses Königreiches sub utraque über die Kirchen und Gotteshaeuser, deren sie allbereit im Besitz seyn und die ihnen zuvor gestaendig, dabey sie friedlich gelassen und geschützt werden sollen, esseyin Staedten, Maerkten, Dörfern oder anderswo, noch mehr Gotteshaeuser und Kirchen zum Gottesdienst oder aber Schulen zu Unterrichtung der Jugend aufbauen lassen wollte, werdensolches sowohlder Herrn- und Ritter- stand, als auch die Prager, Kuttenberger und alle andern Staedte gesamt und sonders iederzeit geraum und frey thun können, ohne aller maeniglichs verhindern.

Ueber die Literatur des Majeftätöbriefed vgl. Pelzel, Hbb. d. G. Röhm. 3. A. U. böhm., deut., lat. Tert b. Slawata, L, 376 fi. Pal. Stäla, L, 243 f.

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folge zum Nachtheile der eigenen Brüder zu verbinden. Allerdings war es im April 1610 zur Prager Fürftenverfammlung und zu einer Ausfühnungsverhandlung auf brieflihem Wege zwiſchen Rudolph und Mathias gekommen, doch war dies täufchender Schein, und auch die feierliche Abbitte der Erzherzoge Ferdinand und Mar im Namen Mathias’ (9. October) brach nicht den Stachel. Erzh. Leopold erſcheint am Prager Hofe als Berjönlichkeit, die bei dieſem Plane Rudolph’s in Ausficht genommen wurde. Ueberdies jollte die jeit dem Meajeltätsbriefe immer hoffärtigere Ständemadht ge: brochen und eine fatholifche Reaction eingeleitet werden; denn an Stimmen hiefür fehlte es nicht im Rathe des Kaijers. Allerdings haben wir dafür nur gegnerische Ausfagen, aber es it unſchwer einzujehen, daß Groll gegen feine Brüder und die afatholiichen Stände den Kaiſer beherrichen mußten. Das geeignete Mittel hiezu bot das jogenannte Bafjauer Kriegsvolf, feit der Jülich— Gleve’jhen Erbjhaftsjegqueitration*) durd den Kaifer, im Solde des Erzh. Biſchofs Leopold von Paſſau, denn dieſes Heer Eojtipieliger und zuchtlojer Miethlinge, 12,000 Mann ſtark, unter dem Befehle des Feldmarſchalls, Grafen von Althan und der 3 Oberften: Hoffe. R. Graf Alwin von Sulz, Graf von Trautmannsdorf und Lorenz Name, ließ fih jo am beiten beichäftigen und im faiferlihen Dienjte vom Lande Böhmen er: nähren.

*) 1609, 25. März 7 Herzog Johann Wilhelm von Xülich = Cleve : Berg: Navensberg, blödſinnig geworden, unter Buratel, nach zwei Finberlofen Chen; Enkel K. Ferdinand's I. v. mütt. Seite. (1. Gem.: Jakobäa v. Baben:Baden, binger. 1597; 2. Gem.: Antonie von Lothringen, T. H. Karl's IL)

Erbihajtsanmwärter:

1. Joh. Sigmund, Kf. v. Brandenburg, Gem.: Anna, Muhme 9. oh. Wilhelm's.

2. Wolfgang Wilh. Pfalzgr. v. Neuburg, Gem.: Anna, Schmeiter desſ.

3. Joh. Georg J. Kurprinz v. Sachſen, Gem.: Magdalena Sibylla, Schwefter desf. (überdies Belehnungsanfpr. |. 1485 86 v. Sachſen feitgehalten).

4. Die ſächſ. Erneftiner (1527, Sf. Joh. Friedr. I. verm. mit einer Muhme Joh. Wilhelm's: Sibylla.

5. Tie Pfalzgrafen von Zweibrüden ala Söhne einer dritten Schmeiter des Erblaſſers: Magdalena.

6. Karl von Deſterreich, Markgraf von Burgau, Erſtgeb. Erzh. Ferdinand's II. von Tirol, ſ. 1601 mit einer Muhme des Erb— laſſers vermählt.

7. Die Grafen von Nevers, ſ. Engelbert, (+ 1506) Bruder Johann's II.

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Der Einbruch) des Pafjauer Kriegsvolfes (Ende 1610, X. 1611) in’s oberöfterreihiiche Land, das längere Zeit nicht wußte, ob es der Schauplag dieſer Feindſeligkeiten bleiben Tolle, das Auftreten des Herzogs von Braunſchweig, Ramée's Zögern, andererjeits Althan’s Vorauseilen nad) Prag, Mathias’ Zurückhaltung troß be= deutender Rüftungen, ließen erft jpäter erfennen, daß Rudolph die wahre Beitimmung ter Eöldner verjchleiern wollte, Mathias jedoch den Sachverhalt durchſchaute. Teshalb erhielten die Paſſauer freien Durchzug, um von Ober:Vejterreich weiter den Weg nach Böhmen einzufchlagen. Nun bot fi dem K. Mathias der beite Grund, der Ankläger jeines Taiferlihen Bruders zu werden. Allerdings jollte der Braunjchweiger Herzog Heinrich Julius als Bevollmädtigter Rudolph’s an Mathias (Anfang 1611) die Sadje officiell rechtfertigen, aber, wie begreiflich, ohne Erfolg. Als nun aber die Schaaren Ramée's (Ramauf, d. i. Raumauf, wie ihn der Bolfswig taufte) im Februar Böhmen von Weften her überjchwennmten, am 14. Februar am weißen Berge vor Prag ftanden und bald darauf die Kleinjeite bejegten, brach eine mächtige Bewegung in und um Prag los. Die vereinigte Alt: und Neuftadt betrachten das Paſſauer Kriegsvolf als Zandesfeinde, die Stände rüften ein Heer, große Bauernhaufen,

(+ 1521) Herz. v. Jülich-Cleve-Verg. Ueberdies erhoben aud) Herzog Seinrih v. Bouillon und der Reichsgraf v. Manderſcheid An— fprüche.

Tie Hauptbewerber Pialz:Neuburg und Brandenburg beriefen ſich: Criterer auf die Erklärung der Kaijer Karl V. und Ferd. I. feit 1546, Diefe Länder feien Weiberlehen; legterer auf das Tejtament des Erblaſſers. Gegen ihren Provijio- ttalvergleih dv. 29. Mai 1609, verfügt der Kaijer die Sequejtration durch feinen Netter (Frzh. Leopold. Die Union arbeitet 1610 gegen den Kaifer; Leo— pold wirbt Truppen; Spanien fendet auch ſolche Heinrich IV.von Frank— reich will eben bei fo günftiger Gelegenheit losjchlagen und wird 1. Auguſt 1610 erınordet. 1615 wächſt die Tenwidlung und erit 1624 kommt es zu einem ge: deihlicheren Erbſchaftsvergleiche.

Literatur. Den Erbfolgeſtreit behandelt die franz. Monogr. von Roujjet (17383—3) im Ganzen; mit beſonderer Rückſicht auf Brandenburg: Preußen: v. Shaumburg (1859), und Haſſel (dissert. 1863); mit ſolcher auf Sadjen: Ritter (1873, afad. AbH.). Ueber das Paſſauer Kriegsvolf: bie Monogr. v. F. Kurz Schickſ. d. P. K. i. d. Beitr. z. G. d. L. o. d. E. 4. Bd. (1809). Später (1851) erſchienen als Ergänzung (Prag) Schickſ. des paſſ. K. i. Böhmen bis z. Aufl, desſelben 1611. (Majlath, II., 332 jf., be— nutzte es noch i. Mſer.) Vgl. Hanka, Correſp. zw. K. Rudolph ꝛc. i. B. des paſſ. 8. 1845. Hammer, Khleſl, I.

XIV. Bud: Die Zeiten Rubolph's II. und Mathias’ (1576— 1618). 381

wie einft in der Hufjitenzeit, jchaaren fih wider die Eindringlinge zujammen. Ein Krieg zwiſchen den genannten Stadttheilen beginnt, und der Kaiſer, ein Gefangener auf jeiner Burg, den die Ausjagen des gefangenen Nathes Erzh. Leopold’s, Kranz Tengnagel (feit 5. März bis 15. April 1611), in den Augen der Stände jchwer compromittirten (auh Martinic und Slavata wurden in jcharfes Verhör genommen), mußte bald erfahren, daß die Stände zwei Gejandtichaften an Mathias abgehen ließen, um ihn durch die zweite Botichaft förmlich zum Beiltande aufzufordern. Es war das deutlichjte Anzeichen des Abfalles Böhmens von Rudolph II. Bald räumen die allerwärtsher bedrohten Söldner, vom Kaijer jelbit mit 300,000 Gulden abgefertigt, die Hauptitadt, und ſuchen unter großen Vermüftungen den jüdlichen Ausweg aus dem Lande.

Mathias war jedoh ſchon im Anzuge; den 15. März ftand er bei Iglau, den 24. dieſes Monats traf er vor Prag ein. Und nun jpinnt fih ein Ne von Unterhandlungen, Vermittlungen; eine deutijhe Fürſtengeſandtſchaft findet fih ein (23. April), und von allen Seiten beftürmt, ergiebt fich der hilfloſe Kaiſer in fein 2008, auch der böhmischen Krone zu Gunsten des Bruders zu entjagen (Abmadhungen vom 11. April bis 15. Juni). Zu den Perlönlichfeiten, welche diejen Ausgang zu bejchleunigen ver- ftanden, gehörte der bereits befannte Agitator Wenzel Kinsky.

Rudolph's II. Herrfcherleben war zur Neige. hm verbleibt ber Kaifertitel, die Prager Reſidenz, und 300,000 Reichsgulden als Ruhegenuß follen feinen Hofhalt beftreiten. Die Form einer frei- willigen Abdanfung jollte den äußeren Anjtand wahren ; richtiger aber zeichnet die Volfsüberlieferung den Gemüthszuftand Rudolph's II., der die Feder, womit er die erzmungene Abdankung unterjchrieb, zerbifjen und zu Boden geworfen habe, um dann auf den Balkon zu treten und einen jchweren Fluch zu Iprechen über Prag und Böhmen, das ihn jo undankbar verrathen. Noc einmal hoffte der tödtlich gekränkte Kaijer das Rad feines Geſchickes rüdläufig zu machen, ber Herzog von Günderode ſollte die proteftantiihe Union zur Bunbesgenofjenfchaft gegen Mathias werben; aber der Tod (20. Ja⸗ mar 1612) erjparte dem Unfeligen noch weitere demüthigende Ent: täufchungen.

In der That liegt ein tragijches Moment in den angedeuteten Vorgängen. Es iſt nicht die Größe der gejtürzten Herrſcherperſön⸗ fichkeit, die erjchütternd wirkt, denn Rudolph II. war ein ſchwacher, gemüthskranker thatenlofer Fürft, wohl aber der Gedanke an fein langfam vormwärtsfchreitendes Verhängniß, das er jelbit be-

382 XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's IL und Mathias’ (1576—1618).

jchleunigen hilft, an die Fülle bitterfter Erfahrungen, die er feit 1604 einheimfen muß und welche in feiner gänzlichen Entthronung durch den Bruder gipfeln, endlid die Thatjache, daß jelbit die Stadt Prag, jein ausſchließlicher Sig, deſſen Gewerbs- und Kunftleben er bob wie Fein zweiter Herrſcher jeit Karl IV. zum rückſichts— lojen Gegner wurde.

Eine richtige Weiffagung lag in einer zeitgenöſſiſchen politiijden Dichtung aus den Jahren 1605—1606, melde den Kaifer mahnt, ſich um feine Erbländer zu kümmern, Wien nicht zu vernachläſſigen und bald dahin zu kommen. Nicht lange werde er ſich ſonſt König von Ungarn fchreiben. Die Böhmen frügen gar nicht viel nad) ihm:

„Tram nen nicht, ich rath's dir vürwar, Du ſteeſt bei inen in großer gevar. Gito, Gito, Tito bald auf Wien, So wird dein Regiment wohl jten, Wo ſolches nit bald wird gejcheen, So haſtus wahrlich überjehen.‘

9. König Mathias war nah der Prager Krönung vom 23. Mai in die Laufig und nad) Schlefien gezogen, um bier die Huldigung der genannten böhmilchen Kronländer zu empfangen (Ende Auguft und September 1611). Der Tod Rudolph's LI. erſchloß ihm die Thronfolge im Reiche. Zu Frankfurt im Suni 1612 als Kaifer gewählt und gekrönt, fteht er am Gipfel der Wünſche; aber auch die Sorgen häufen fih. Die Ereigniffe in Siebenbürgen:Iingarn nehmen feine ganze Aufmerkjamteit in Anſpruch: der Sturz Gabriel Bäthory’s und Gabriel Beth: len's Emporkommen.

Gabriel Bäthory eben jo ſtarken Leibes als maßlos in Genußſucht und Herrſcherwillkür, bald verhaßt beim adeligen Magyaren, Szefler und dem Bürger des Sachſenlandes —, der „tolle Fürſt“, wie ihn auch bald der Türke nannte, war dem Wiener Hofe begreiflicher Weiſe nicht genehm. Aber auch die Wojwoden der Moldau und Wallachei, Conſtantin und Radul Scherban, waren übel geſtimmte Vaſallen des übermüthigen Fürſten. Zwiſchen ihnen und dem Wiener Hofe kam es zu Verſtändigungen, wobei auch die Geſellſchaft Jeſu eine politiſche Rolle übernimmt. Die Verſchwörung des Hochadels, der Kendy, Kornis, Sennyey u. A. v. J. 1610 (März) mißlingt, die Meiſten ent: kommen, Einige verfallen der Rache Bäthory's; Sigmund Kornis und Szarmaſ— fäghy enttommen in die Wallachei. Bäthory will nun über ben ihm gefährlich bünfenden Rabul Scherban ald Gönner und Beſchützer ber Yiebenbürgifchen Aufftanbspartei herfallen. Zunächft muß er fich jeboch ben Rüden gegen Ungarn

XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618). 383

decken und es kommt zur Daröczer Zufammenfunft mit PBalatin G. Thurzö (1610, 8. Juni); doch beſorgt er bald eine Waffenerhebung Ungarns und rüſtet ſtärker; Imreffy, ſein Bevollmächtigter, bahnt indeß einen Vergleich an. Nun ſoll die Heerfahrt gegen den Wallachen an die Reihe kommen. Auf dem Zuge dahin überraſcht er das wehrloſe Hermannſtadt, denn wer „Siebenbürgen be: herrſchen wolle, müſſe die Thorſchlüſſel Hermannſtadts in der Taſche haben“. Mit Liſt und roher Gewalt entwaffnet er (17. Dec.) die Gemeinde, die um jeden Preis Hochverrätheriicher Pläne überwieſen merben fol. Der fluge „Hann“ (Bürgermeifter) von Kronjtadt, Weiß (geb. 3. Mediaſch 1569), ſchafft fich mit Geld Bathory vom Halfe, aber nur für den Zug nad ber Wallachei, welche Bäthory ſchonungslos verheert; denn dann hatte Kronftabt, deſſen Bürger „mie die Mäuſe“ abgejperrt und bewacht lebten, für die Mannichaftszehrung und die Wollujt des Fürften zu forgen; bie Apothefersfrau Balk zog den Selbitmord der Entehrung vor. Drum nannte der Pfarrer und Ghronift von Kronſtadt, EHriftian Lupinus (Wölflein) den Vorort des Burzenlandes „Neu-Babylon“. Im März kehrt Bäthory ald Sieger aus der Wallachei zurüd, im Mai follte ber Moldauer befriegt werden, doch kommt wieder Rabul Scherban an die Reihe, und im Juni fol Kronſtadt das Loos Hermannjtabts theilen. Vor dieſem Geſchicke bewahrte e8 die Umfiht und der Muth feines Führers Weiß, der fi) der Hajdukeuſchaaren des Fürſten entſchlug und Radul Scherban zur eiligen Hülfe entbot. Kronjtädter Wallachen und polnijche Reiter vernichteten dann (8. Juni) vor den Thoren der Stabt die Hauptmadht des herbeieilenden Bathory, der mit genauer Noth dem Berberben entrinnt. Sein Plan, von der Pforte auch mit ber Wallachei belohnt zu werden, war gefcheitert; die Türken jegten Michne als neuen Wojwoden ein, den Rabul aus dem Lande zu drängen bemüht ift.

Nun wird wieder Hermannftadt die Rüftfammer Bathory’3 und der Zummelplaß feiner Gemwaltthaten.

Hier erwartet er den doppelten Angrifj. Tenn auch der Wiener Hof und die ungariſchen Reihsitände hatten Krieg gegen den jiebenbürgifchen Wüthrich beſchloſſen; Sigmund Forgäcs war mit königlichen Schaaren in’s Land gefallen und reihte Radul Scherban die Hand. Allein die Pforte wollte und fonnte ihr oberherrliches Recht über Siebenbürgen nicht preisgeben, fie läßt ihre Truppen in’3 Land rüden. Radul und Forgäcs ziehen fi) nun (22. Aug. 1613) von Hermannſtadt zurüd; Gabriel Bäthory, deſſen Hajduken— ‚seldderr Nagy inzwiſchen den ungariſchen Zuzug geichjlagen, fühlt jich wieder als Herr der Sadjlage. Seine Gegner machen am Rüdzuge in Kronftabt Halt, und Forgäcs läßt es dem ungarifchen Könige Treue ſchwören. Dies Alles joll nn das Yurzenland fürchterlich entgelten, denn bald ericheinen Bäthory und Omer-Paſcha vor den Mauern Kronftadts. Aber das kluge Wort jeines Verfechterd, Michel Weik, beſtimmt ben milden Türkenführer die unerträgliche Tyrannei bes yürjten nicht zu unteritügen, denn nur dieſer, nicht der osmaniſchen Hoheit wolle man ſich entichlagen. Als der Paſcha abzieht (12. Sept.), fühlt fich Bäthory nicht ſtark genug, die Stadt zu bezwingen, er läßt es nur ihre Vororte entgelten und tritt den Weitermarſch an. Aber feine Hajduken bebrängen Oſt⸗ ungarn, und bie allgemeine Stimmung Ungarns gegen den Krieg bejliimmt

384 XIV. Buch: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576— 1618).

König Mathias und den Palatin Thurzö zu Friedensverhandlungen mit Bäthory, mweldhe den Tofajer Ausgleich (27. Tec. 1611) herbeiführen.

Das war der Höhepunft des Fürftenlebens G. Bäthory's; nun follte es bald abwärts gehen. War ſchon die Hinrichtung feines verdienten Hajduken— führer Nagy eine unfinnige That wahnwitzigen Argwohns, jo erwuchs ihm in der Perjon eines begabtejten Rathes und Sachwalters, Sabriel Bethlen, der gefährlichſte Gegner, als dieſen Die Beſorgniß vor einem Gewaltſtreiche des Türjten zur Flucht nach Teva und von da nad) Temesvär, an den Hof des dortigen Paſchas, beſtimmte. Wir möchten nicht in Abrede ſtellen dar Bethlen in Verbindung mit jener ıumzufriedenen Adelspartei Siebenbürgens ſtand, die das Schickſal ihrer Senofien v. X. 1610 rächen mollte, denn fein vorjchauender Geift dürfte die Unhaltbarfeit der „tollen Wirthſchaft“ Bäthory's längſt erfannt haben. Aber er war eim vorjichtiger Rechner. Nicht er, fondern der Bote des Fürften an die auch ſchon übellaunige Pforte, Andreas Géczy, wurde ber Anfläger und Nebenbuhler des Fürſten. Der Divan erflärt ſich fiir Geczy, aber der Zürfe wollte nicht viel eigener Mittel für das zweifelhafte Unternehmen auf: wenden, ſondern zunächſt die Sachlage und Stimmung des Landes abwarten. Aber die Tinge jtehen nicht am beiten fir Geͤczy und dejjen entſchiedenſte Ver⸗ bündete, die von Bäthory tödtlich gehaßten Kronſtädter. Denn der Fürſt weiß die Grenzpaſchas zu gewinnen, K. Mathias ſcheut die neue Einmiſchung und den Bruch des Friedens. Co fällt die Entſcheidung v. 16. Oct. 1612 vor den Mauern Marienburgs für Bäthory günftig aus. Geczy wird bald vom Strome der flüchtigen Wallachen und Raizen fertgerifen; Weiß fällt in ber Schlacht; mit ihm fterben auch 29 wadere Zöglinge der Kronjtäbter Lateinſchule. „Er that die Pflicht, die er dem Vaterland ſchuldig war‘, heißt ed auf ber Denkmünze der Kronftädter zum Gedächtniß ihres wadern Stabtrichters.

Allein num fühlte auch Bäthory, es jei hohe Zeit zur Umfehr auf feinen gewaltfamen Wegen. Der „Hochverräther“ Bethlen mweilt als fein gefährlicher Anfläger in Temesvär, der Adel grollt indgeheim. Bäthory will fi nun der günjtigern Stimmung der Sachſen verfichern, mit ihnen Frieden machen. Gegen die Abneigung der Pforte jo ihn ein Bündniß mit Mathias und Ungarn deden, denn ber neue Großvezier, Nafuh, ijt Friegeriich gefinnt, daß erfuhr ber Wiener Botſchafter Negroni. So fommt e8 den 24. Dec. 1612 zum Vertrage Bäthory's mit Mathias. Darin erjcheint die Anerkennung ber Oberhoheit Ungarns, feitens Bäthory’8 und gegenfeitige Wafienhülfe verbürgt, überdies in einem geheimen Artikel Amneftie für Kronftadt und alle Empörer, Wieder: aufnahme der Jejuiten und der Schug der römiſchen Kirche durch ben Fürjten, zugeftanden. Der Preßburger Landtag (Febr. März 1613) und der von Hermannftadt (A. Mai) ratificirten dieſe Uebereinfunft, welche das freie Wahlrecht Siebenbürgens nad Bäthory’8 Tode anerkennt; am 13. Mai erließ der Fürſt die Amneſtieurkunde. Auch Geczy wurde wieder in Gnaden aufgenommen.

Aber ſchon im Sept. 1613 vollzog fi) das Geſchick Bäthory's; zu fchwer hatte feine Willtürherrichaft auf dem Lande gelaftet und jeden Glauben an eine aufrihtige Umkehr erfiidt. Den „Zollen” gab bie Pforte preis. Gabriel

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Bethlen war zu Conftantinopel am 1. Mai ald „König‘, d. i. Fürft Sieben: bürgend auögerufen worden; denn er verſprach den Türken Zend und Lippa auszuliefern. Wohl verſucht Bäthory den drohenden Sturm durch höhere An gebote (11. Juni) zu beſchwören. Die ſchlaue Antwort des Divans täuſcht den Fürften; er verfäumt audgiebige Rültungen. Mitte Auguft erwartet am eifernen Thore Iſkender-Paſcha den Zuzug des Tarterenchans der Wojwoden der Moldau und Wallachei über die Törzburger Gebirgsſenke, und noch im lebten Augenblide täuſcht ſich Bäthory über die Größe der Gefahr, bis es zu fpät wird. Den 80,000 Mann Tartaren und Türken Fönnen die 10,000 zujammengerafften Krieger des Fürften nicht Stand halten; er zieht ih nah Klaufenburg zu: rück und flieht dann vor dem nachrüdenden Betblen nah Großwardein (Mitte October 1613). Hier empfängt er die Tosjagung der Siebenbürger von jeiner Gewaltherrfchaft (21. Det.); die Nachricht von Bethlen’3 Wahl am Klaufen- burger Tage (23. Oct.) erreichte ihn wohl nicht mehr, denn auf einem Spazier- ritte endet er (27. Oct.) unter den Streichen der Soldaten, welche zu dieſem Zwede Abaffy, ber Tofayer Commandant, von Niklas Forgäcs Bäthory zu Hülfe gefendet, Géczy und bie Hajdufenoberften Szilafy und Nadäanyi gedungen hatten. Privatrache Geczy’3 und die Furcht der Andern, Päthory wole Sroßmwarbein den Türfen übergeben, wirkten dabei zujammen.

Das war der Ausgang des legtenvom Mannsftamme der Bäthory, eines Geſchlechtes, das, aus der ärpäbifchen Vergangenheit herrüberragend, gerade in den letzten Jahren feines Beſtandes noch bedeutende Vertreter zeigt, bedeutend in ihren Anlagen und leider noch mehr in den Launen und Verirrungen der Leidenſchaft. Das Gräßlichite in biefer Richtung offenbart das Leben Elija= beth's, der Schweiter Ghrijtoph Bäthory's, die jeit 1603 als Wittwe Nädas- dy's auf dem oberungariſchen Schloſſe CSejthe ihre Mägde mit graujamiten Martern quälend in den entjeglichen Wahn verfiel, daß frifches Jungfrauenblut die förperlihe Schönheit erhöhe und num im Blute vieler geraubten Opfer zu baden anfing. Erit im Jahre 1611 kamen dieje granien Geheimniſſe an's Ficht und da3 Magnatengericht (1611) verurtheilte Das unmenjchliche Weib zu ewigen Kerfer. Die Nichte des Fürften Gabriel, Sophie, blieb der letzte meibliche Sprößling des Haufes und verlippte es mit den fpäteren Erben feiner fiebenbürgifchen Fürften: wiirde, den Räföczy’s.

Zwei Tage nach jeiner formellen Wahl (25. October 1613) empfing Gabriel Bethlen Fahne und Keule aus der Hand Iſkender⸗Paſchas; doch mußte auch Arad den Türken geopfert werden.

Der neue Fürft, der bereits jeit Bocskay's Tagen die Ver: ' hältniffe jeines Landes und die Bolitif der Nachbarjchaft, des Sultans und Kaijers, mit ſcharfem Geiſte erfaßte, hatte Feine leichte Aufgabe, die Grundlagen feiner Macht zu legen, Siebenbürgen zu beruhigen, die Unerjättlichfeit der Pforte abzumehren, und den Re: vindicationsplänen Ungarns und des Wiener Hofes die Spite zu bieten. Daß ihm am Mediaſcher Landtage vom Yebruar bis

April 1614 die PBacification Siebenbürgens gelang, wat eine Krones, Geld. Oeſterreichs. III.

386 XIV. Zug: Tie Zeiten Rubo!pp's IL umd Marhias' (15:5 151801

Birfung einer nüchternen und Alles abwägenden Lebensmarime, die baar jedes Idealismus, jeder moraliihen und conteitionellen Be- denflihfeit, an geittiger Bildung und maßhaltendem Weſen ihr Steuer being. Ganz im Gegeniage zu Gabriel Bätborn, denen unerträglihe Tyrannei im heiten Blute und überibäumenden Kraft⸗ gerühle lag, iſt Gabriel Bethlen der faltblütige, aroben iinnlihen Leidenĩchaften fremde Politiker, biegiam, aber aud hart wie Ztabl, der da weiß, der Erfolg ſei Meitter der Tinge, und der nur behaupte die Herrichart, welder im eigenen Sande ein aeieglihes Regiment führe, derien Wohlſtand fördere und die Außenwelt mit den Raiten der Liſt und Gewalt im rechten Augenblid zu befämpfen veritüunde.

Die Geſandten Bethlens nah Linz, mojelbit ſich Kaiſer Mathias Anfang 1614 befand, erhielten eine ausmweichende Antwort; Bethlen jolle zuvor Großwardein als Pfand der Treue Siebenbürgens ausliefern und die den Türken zugeſprochenen drei Feſtungen nicht übergeben. Tie Gegenbotichaft des Kaiſers traf jedoh im Mai zu Klaujenburg auf eine entichloijene, dieten Forderungen ab- geneigte Stimmung der Siebenbürger. Ter Wiener Hof beichloß nun nah dem Plane des Miniiterbiihofs Khlejl und des Hof: friegsrathspräfidenten Mollart, die gefährliche Herrſchaft Bethlen's, des Türkenihüglings, zu untergraben. Valentin’ Bruder, Georg Homonnay, jüngit durch die Bemühungen des Aejuitenordens katholiich geworden, jollte als Gegner aufgeitellt werden; Radul Scherban und die Sachſen ſich gegen den neuen Fürſten ver: binden. Denn das ſchwer geprüfte Sachſenvolk war gegen Bethlen nicht ohne rund mißtrauiich, denn er, der Magyare und Calviner, zögerten nur allzu lange mit der Anerkennung des Freithums der ſächſiſchen Univerfität, für weiches diefe am Schäßburger Tage (Ende 1613) bundesmäßig eintrat.

Aber der Geldpunft machte dem Wiener Hofe Sorgen und noch mehr die Abneigung des afathofiihen Ungarns, den Balatin an der Spite, gegen den ganzen Plan. Bethlen hinwieder konnte fih auf die Pforte verlajfen, deren Gegenbotihaft nad Wien jehr entihieden auftrat. So fonnte nur eine Gewinnung jämmtlicher Länder des Haujes Habsburg-Oeſterreichs für einen Krieg mit der Pforte und Bethlen eine günftigere Löjung der jchwebenden Frage herbeiführen. Dies war der Anlaß zur Cinberufung des Linzer „Reichstags“ vom Juli 1614, wie wir die dort ftatthabende Ver: jammlung der Abgeoroneten fämmtliher Länder des Haufes Habs: burg nennen dürfen. Daß fi dieſer Reichstag, insbefondere bie ungariiche Ständebotichaft, für den Frieden ausſprach, und die

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die Drdnung und das Anſehen der Krone jenfeits ber Leitha zu ftügen. So begegnete ſich der grenznachbarliche Stand: punkt der Pforte mit dem politifchen der Regierung, und deshalb argmohnte auch die ungarifhe Ständeichaft in dem königlichen Auf: trage, die Hajdulen zu entwaffnen und einfache Landleute werden zu lafjen, feine an fich gerechtfertigte Maßregel geſetzlicher Ordnung, fondern einen Handſtreich deutſcher Machtgelüfte.

Dem Wiener Türfenfrieden vom 1. December 1615 folgte ein neuer Angriffsplan auf Bethlen’s Fürſtenthum. Der Wiener Hof hielt die Pforte mit Letzterem verfeindet und ſchob Georg Homonnay vor, der aud eifrig rüftete. Auch Radul Scherban jollte mit feinen Wallachen und gemorbenen Polen durch die Moldau vorbrechen; aber der ſchlaue Fürft Siebenbürgens wußte der Gefahr durch Auslieferung des bezwungenen Lippa an die Türfen und das geſchmeidigſte Entgegenfommen zu begegnen; er wurde der Pforte fihder. Homonnay hatte fein Kriegsglüd, eine andere Unter⸗ nehmung der Grenzhauptleute Dftungarns und des Siebenbürgers Särmajiägy mißlang. Bethlen fam in die vortheilhafte Lage, mit überlegener Macht vor Debreczin zu rüden und auf die Hint- anhaltung des Friedensbruches Beitrafung der Friedensitörer bei den Ständen Ungams zu dringen.

Ebenjo zeigte fih die Pforte den neuen Senbboten des Kaiſers, Freiherrn von Czernin und Gallo, die zum erften Male mit vielem Prunke, Elingendem Spiele und der Kreuzfahne in Stambul einritten (1616), dadurch einen förmlichen Aufruhr erregten und in ftrengen Gewahrjam wandern mußten, jehr ungnädig; Bethlen’s Gejandter, Balaſſy, fand einen günjtigen Boden.

Lag auch der Schwerpunft der innern Politik Khleſl's in der ſieben⸗ bürgiſch- ungariſchen und türfiichen Frage, jo Dürfen wir nicht vergeffen, daß auch die anderen Herrichaftsgebiete manche ſchwere Sorge bereiteten.

Im Lande Oeſterreich kommen die Zwiftigfeiten der Pro- teftanten mit der Fatholijchen Regierung nicht zur Ruhe. Gegenfeitige Bejchwerden, bei denen auf protgitantiicher Seite die Herren von Stahremberg und Jörger in den Vordergrund treten, jchärfen die unheilbaren Gegenjäge; die Verſuche der inneröjterreihiichen Proteftanten, durd) Verbindung mit den Nieder: und Über: Öfterreichern wieder Oberwaſſer zu formen, treten jeit 1610 bejonders immer mehr zu Tage.

Noch gemwitterhafter erjcheint die Stimmung in Böhmen; die Folgen des Majeftätsbriefes melden fih an. Die geiftlihen Grund⸗ herren, jo der Prager Erzbiſchof Lohelius, wirken den Gelülten

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Marr Sittich (F 1619) eines Bayern bequemeren Kirchenfürften, erwedten Mibtrauen und Beforgniffe des Wiener Cabinets*). Da- zu fam die Führerihaft Bayerns in der Liga und jene Wendung des Jülich-Cleveſchen Erbitreites, derzufolge ber Pfalzgraf von Neuburg, Wolfgang, den Anſchluß an Bayern und die Liga fuchte, ja zu allgemeiner Ueberrafhung (25. Mai 1614) katholiſch wurde und ſpaniſche Hülfstruppen in's Land 309.

Khlejl hielt es nun hoch an der Zeit, die Liga unter habsbur- giſchen Einfluß zu ftellen und Bayern hiedurch etwas an die Wand zu brüden. Eo fam es im Anjchluffe an den Regensburger Reichs: tag, zu einem neuen Bundesabfommen der Liga, wonach fie fortan in drei Kreife: Dejterreih, Rheinland und Bayern zerfallen, und die beiden eriteren unter der Direction öfterreichifcher Erzherzoge ftehen jollten. Dieje Dreitheilung des Directoriums empfand Bayern als eine diplomatiſche Niederlage mit tiefem Grolle, der dem Taijerlihen Hofe und namentlich deſſen Leiter nicht entging. Am meiften machte jedoh die hHabsburgiihe Thronfolge zu ſchaffen, denn die jpäte Ehe K. Mathias’ (jeit December 1611 mit der tirolifchen Erzherzogin Anna) blieb wie vorausfichtlich kinderlos, Erzh. Mar war unvermählt und Erzh. Albrecht theilte das Loos des jetzt älteiten regierenden Bruders. Co jchien der mit Nadh- fommenjchaft bebachte Eörperlich rüftige E. Ferdinand von Steier: marf der Berufenfte, die Gefammterbichaft des Haufes anzutreten.

Am Regensburger Reidhstage (1613) gaben, wie ber eigene Bericht Khlejl’s an den Papſt vom 19. Juni 1616 darthut, zu der angedeuteten Succeflionsfrage die geiltlichen Kurfürften die Anregung. Ein Jahr darauf leitete zu Linz Erzh. Mar Verzicht auf fein Erbrecht zu Gunften Ferdinand’s, und alsbald ließ auch der Kaiſer durch den genannten Erzherzog mit dem Bruder in den Niederlanden negociren. Nun kamen aber die ſpaniſchen Gegenanfprühe in die Quere. Abgejehen davon, daß K. Philipp ILL. zunächſt felbjt an die Erwerbung der deutſchen Kaiſerkrone dachte, ließ er nun durd feinen Botichafter Zuniga für den Zmeitgebornen, Infanten Carlos, dahin arbeiten. Als Enkel Marimilian’s II. machte er aber ein näheres Erbredt auf. Böhmen und Ungarn geltend, als es die fteiermärfifche Habs- burgerlinie befäße; und als er dies fallen gelaſſen, nahm er wieder das Land Defterreidh o. u. u. d. E. in Anſpruch. Khleſl jelbit

*) Vgl. bie um 1615 verf. Arbeit v. Joh. Steinhaufer über „Leben,

ng und Wandel” be Erzb. Wolf Dietrih (+ 1617), 5. v. W. Han- im XIIL ©... ⸗» Saljb. Landeskunde (1873).

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war nicht ſowohl der Erbfolge Ferdinand’s von Steiermark, als vielmehr deſſen energiſcher Mitregentſchaft abgeneigt, die "den durch feine Herrichaft über den Schwachen Kaifer verwöhnten Khlefl eine ftarfe Einengung feiner Minijterthätigleit befahren ließ. Dar: aus erklärt fi das doppelte Spiel Khleſl's, der auf der einen Seite das ganze Project durchzuführen fic) den Anſchein gab, anderer: jeits jedoch alle möglichen Schwierigkeiten hervorjuchte und die ganze Angelegenheit im langjamften Schritte hielt.

Dies erfannte zeitlich” genug der energiiche Erzh. Mar, wie fein Schreiben vom 15. April 1616 bemweift, worauf Khlefl, fürzlich Gardinal geworden, ziemlich hitzig antwortete. Es waren Zeilen, verhängnißvoll für feine Zukunft, denn fie erzeugten in dem Erz: berzoge einen tiefen Groll gegen den allmächtigen und hoffärtigen Emporfönmling, dem fein Herr felbft Mäßigung empfehlen zu müſſen glaubte. Khlefl’s Denkſchrift an den Kaifer, vom 14. Juli, erörtert allerdings ziemlich gewandt die ODpportunität der Sn: angriffnahme derrömifhen Königswahl Ferdinand’ vor feiner Anerfennung als Erbfolger in den habsburgifchen Landen, Dagegen die Inopportunität der Schritte in letzterer Hinfiht. In Ungarn jei der Palatin Thurzö (F Ende 1616) des Haufes Defter: reich größter Feind; der Adel und die Geſpanſchaft wollten nicht einmal den Namen Deuticher hören. Die Alatholiten Oeſterreichs, Böhmens und Mährens jeien eng verbündet, ein neuer böh— miſcher General:Landtag gebe nur Gelegenheit zu einer ftändifchen Sonföderation. Die Proteftanten haßten Ferdinand als „Sefuiten: knecht“. Die Stände jeien voll revolutionärer politiiher Grundfäge, fie fühlten fi al freie Stände, die nur den als Herm zu nehmen verpflichtet, der ihre Religionsfreiheiten beftätige. Zuvor müfje Kriegsvolf bereit gehalten und ber Türfenfriede befeftigt wer— den. Als römiſcher König werde Ferdinand leichter durchdringen ui. w Fo. 5 v. Khevenhüller, Khleſl's vertranter Schütz⸗ ling, dann Großbotſchafter in Spanien durch ihn geworden, ſchrieb als genauer Kenner der Verhältniffe in feinem zeitgenöffiichen Ge: Ichichtsmwerfe die bedeutjamen Worte: „Die successionem oppor- tune et inopportune sollicitirt und weil allezeit newe Entjchul- dDigungen und impedimenta durch den Cardinal Khlejl eingeftreut und das hochwichtige Werk auf die lange Bank gejchoben worden, haben fich der König von Spanien und die erwachjenen Eraherzoge darüber ftarf befümmert und des Carbinals Procediren zum Höchften empfunden und Daher alle Schuld auf ihn gelegt”.

Nun kam aber noch eine Angelegenheit dazu, welche den Groll

3923 XIV. Es: Die Zeiten Rubolpyg3 IL und Maris (13:6 —I61Rr

Aerbinand’s wiber Khleil mehrte. Ties nöthigt uns aamas aut Die Verhältniife Jnnerötterreihs einzugehen.

19, Hier zunächſt im Steierlande waren alle Teriude der noch immer ftarf proteftantiih geiinnten Stände 1603—1605, die aufgehobene Heligionsfreiheit zurüdzugewinnen und die Rüdtehr ber landesverwieſenen Slaubensgenofjen zu erwirten, an der Feitig⸗ feit des Landesfürſten und feines widtigiten geiitlihen Rathgebers, Georg Etobäus geicheitert. Gleiches Schidial hatte Die Beſchwerde über Die Semaltthätigleiten der Katholiihen und die Yandtagsdeclaration von 3606. Nur fo viel wurde erreicht, daB der übereifrige Apologet der (Gegenreformation, Probſt Nojolenz, die Anichuldigungen des Proteſtantismus in feiner Schrift gegen ven Paſtor Nunge (Itungius) feierlich) widerrufen mußte (1607, Februar). 1609 ver: ſuchte ein Ausſchuß lutheriſcher Stände dem Erzherzoge Vorttellungen zu machen, wie glüdlid; das Land der „Gewiſſensfreiheit“ und der väterlichen Negierungszeit war. Man fuchte dann immer mehr Kühlung mit den Ungarn unter Defterreidhern zu befommen, ftrebte die Laiferlihe Vermittlung an und wandte fich 1610 an bie Mähren, unterhandelte mit den öfterreihiichen Glaubens: genoffen über gemeinfame Schritte und entbot eine Gejanbtichaft nah Wien, Ferdinand blieb jedoch unbeugjam.

Nichts defto weniger ging es mit der Ausrottung des Pro— teftantisnuns nicht jo leicht. Nach 1611 zählten die PBroteitanten Kärntens im Golegium der ftändiichen Verordneten, troß des landesfülrftlichen Edictes, alle afatholifchen Landesbeamten zu ent- fernen, 3, die Katholiken nur 2 Vertreter. 1613 zur Zeit, als Ferdinand die Statthalterfchaft in Ungarn führte und von feinem Bruder Erzh. Mar Ernft, öfterreichifcher Deutichordens:Gomthur, vertreten wurde, --- Magte B. Stobäus über die „Unmöglichkeit die feperifchen Lehren” auszurotten; im Ennsthale, bei Schladming, arbeitete eine ſalzburgiſche Commiſſion mit Bewaffneten an ber Sprengung proteftantifcher Zufanmenrottungen. Auch in Krain hatten 1614, 1615 neue Slanbenscommijlionen in Gurffeld, Neichen: berg, Möttling, Lichtenwald, Tſchernembl, Rudolphswerth, Land: ftraßb u. a. a. O. mit Ausweiſungen Lutheriſcher zu jchaffen.

Brennender als die noch immer nicht ganz im Sinne Ferdi— nand's gelöſte Blaubensfrage erjcheint der ausbrechende Krieg mit Venedig.

Seit dem babäburgifchen Iheilungävertrage v. 28. April 1521, welcher «id Ifereeichli die 8 Hauptmannidaiten: Görz, Gradista, Tuino, Zolmein,

XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph's IL. und Mathias’ (1576—1618). 393

Pleß, Aquileja, Porpeto und Marano bezeichnete, und dem Wormier Vertrage Karl's V. mit Venedig (1521, Mai), wonach Gradiska, Marano, Partiftagno und Ampezzo von ber venetianifchen Herrſchaft ausbrüdlich erimirt wurden fam e8 unaufhörlih zu grenznachbarlichen Srrungen mit ber Signoria ala Belikerin Friauls, der Meeresfüjte im Weiten von Marano, und des Haupttheiles von Zitrien.

1529, 1533—1535, wurde fleißig, aber ohne gründlichen Erfolg, an deren Behebung gearbeitet. Seitdem aber der Udineſer Sadia oder Scaccia, im Einverjtändnifje mit dem franzöfifhen Conſul, in Ubine, durch ſchlauen und fühnen Handſtreich (1542, 2. Zanuar) den der Republik unbequemjten Stüß: punkt des öjterreichifchen Küftenhandels, Marano, unter franzöſiſcher Flagge einnahm, und bie Venetianer die Gegenmaßregeln Defterreich3 mit der bewaff⸗ neten Erklärung: Man babe Marano den Franzojen abgefauft lähmten, feßte e8 eine ganze Fluth von Streitichriften und Congreijen ab. Venedig war bemüht, Marano den wichtigen, ganz vom inneröjterreichifchem Lande umſchloſ—⸗ jenen Plab zu befeftigen ; fie gründen endlich, troß Faijerlicher und erzherzoglicher Proteite (1593) die Zeitung Palmanuova auf der Ebene Palmata.

Dazu trat unter Erzh. Karl eine Firhliche Irrung. Derjelbe verlangte einen deutſchen Coadjutor des Patriarhen von Aquileja, ba diejer ganz unter bem Einfluſſe der Signoria jtand und meilt Venetianer war. Deshalb wollte auch Karl auf die freie Wahl bes Patriarchen durch das Tomcapitel dringen, mogegen Venedig jeine Patronatärechte feithielt.

Ueberdieß fuchten die Tenetianer dur Verſchüttung des Iſonzocanals auf öfterreichiichem Gebiete (Fiumicello) unjern Handel zu ftören und jich der unbe: quemen Salinen Triejt’S zu bemächtigen. Die Signoria klagte über den Schmuggelhandel der Trieftiner.

Bor Allem aber bildete den Hauptpunft der Streitigkeiten die feit Jahr: zehnten Lebendige Beichwerde Venedigs über die Gewalttbaten der in und um Zengg angefiedelten Uskoken, deren ſchon an anderer Stelle kurze Erwähnung geſchah. Zwiſchen dieſen fühnen und beutelujtigen Milizen, Die fich oft jelbit erhalten mußten, und ben venetianiichen Provveditore’3 mwährte ein erbitterter Heiner Krieg, der bejonders feit 1597 ſchonungslos wurde. Schon 1573 forderte Benedig die Ausweiſung der Uskoken aus Zengg; Deiterreich protejtirte, gab ſich viele Mühe, den Ausjchreitungen der wichtigen Miliz zu jteuern, aber ohne fichtlichen Erfolg, und fo lief denn ein diplomatiiher Kampf neben jenem verwüjtenden Kriege der Parteien einher. Erzh. Ferdinand 8 Grazer Regie: tung wollte den Kaifer Rudolph II. zur Ueberlieblung der Uskoken (landein- wärts) bewegen, ba er aber dafür in Zengg eine beutjche Beſatzung erhalten folte, wurde aus Allem nichts. Auch der Papit interejlirte jich jehr für bie Trage, denn die Uskoken waren im Türkenkriege ungemein wichtig. Sein Rath, fie nah Candia zu verpflanzen, Fonnte natürlich feine günjtigere Aufnahme finden, denn Dejterreich bedurfte ihrer felbit; auch fuchten fich die Uskoken Durch einen eigenen Sendboten, den Dominicaner Cipriano Guidi aus Lucca, in Rom zu rechtfertigen, der jehr Fed auftrat und beöhalb eingeſperrt als Flüchtling entrann. Die Verwidlungen wurden mit bem 17. Jahrh. immer ärger. Die

394 XIV. ud: Die Zeiten Rudolph's II. und Mathias’ (1576—1618).

Sendung bes Erzherzog Ferbinand nad Benebig, um gegen bie Feindſeligkeiten ber Republif Klage zu führen, wurden geharniſcht erwidert (1600, 28. Non.), die Rerhandlungen des nad) Zengg abgeorbnneten Commifjärd Rabatta mit dem iftrianifchen Provvebitore Gornaro führten zu nichts Erfolgreihem; er felbft, ber gegen die unbotmäßigen Uskoken ſcharf verfahren wollte, wurde bald erbolcht. Venedig fand an den Türken einen Genofjen in den Beſchwerden; daher nad den Zfitvatorofer Frieden Dejterreich aut jtrengere Ordnung ſehen mußte. Da— gegen ſchickten die Uskoken einen ihrer Wojwoden, NE. Radich, nah Prag an den Kaijer, mit der Forderung, man möge fie ordentlich bejolden, ober ihnen Piratenfreiheit gewähren. Gründlicher Geldmangel des Hofes und bie Weigerung Inneröſterreichs, die morlaffiiche Trorfiteuer, die das croatijche Generalat brauche, ihnen zuzuwenden, vereitelten eine folche Löſung der Geldfrage.

Die Gewaltſamkeiten auf beiden Seiten wuchſen, jeitdem die Signoria Die Häfen Zengg, DBucciari, Fiume förmlih blofirte, und in den Handel zwiſchen Venedig nnd den Uskoken wurde Erzh. Ferdinand gezogen, als 1611 die erbitterte Signoria in Zara das Gejeg vermelden ließ, allen erz- berzoglihen Orten fei die Schiffiahrt unterfagt.; jedem venetianifchen Unterthanen fei es geftattet, Fiumaner umzubringen und gefangene Scifjäleute hätten 12 jährige Galeerenitrafe zu erwarten. Die Uskoken brachen Fühn Die Blokade Zengg’3, fingen ben Rrovvebitore von Veglia, und der Wiener Vertrag vom J. 1613 zwifchen Inneröfterreih und Venedig änderte nichts an ber Sach: lage, denn die Usfofen blieben, wo und was jie waren. Der fede Raubzug der Usfofen auf das Gebiet von Sebenico, der Raubmord einer venetianifchen Galeere an einem Zengger Kaufiahrer verübt u. |. w., beleuchten die unverbejjer: lien Zuſtände.

Abermals wird verhandelt und gerüftet, denn in ber Signoria wie zu Graz befämpften fich zwei gegnerische Anfichten; eine Friedens- und Kriegspartei (1613 1614). Beſonders Friegerijh war der Oberſt der croatijchen Grenze, Wolf Friedrich von Eggenberg, gefinnt und jeine jcharf begonnene Mufterung der Uskoken ließ es beim Alten. Seitdem die Benetianer Karlo- pago (Karlwang) und Novi durch Verrath einnahmen, Caftelnuovo und Gervolo bei Trieſt angriffen, die Usfofen dagegen Fianona, Rovigno an der Küſte des venetianifchen Ssitriens überfielen und bis BPalmanuova ftreiften (1614), war der Krieg unvermeibli und 1615 eröfjnete ihn Venedig durch liftigen Ueberfal Cormons, Aquileja's und der ganzen Ebene bis zum Iſonzo. Nun mußte Ferdinand zu den Wafjen greifen und vor Allem das von Benedig (1616) belagerte Gradiska, wo der tüchtige Richard von Straſſoldo befehligte, entjeßen. In biejem venetianifchen oder Gradiskanerkriege (1616 bis 1617), den wir nur in feinem Grgebnifjfe behandeln wollen, finden wir auf beiden Seiten eine buntichedige Armee von Söldnern (Spanier, Deutjche, Hol: länder, Korfen, Schweizer, Griehen, Wallachen, Albanejen u. |. m.) Unter dem (Senerale Grafen Trautmannddorf dienten die Steiermärfer, vom Frh. v. Wagen, die Kärntner von Auerſperg befehligt; 1617 griff auch Die Krainer Mitterfchaft ein. Spanische Truppen unter Maradas, Balthafar Zuniga und Dom Mathias (ein natürlider Sohn K. Rudolph's II.) fan-

XIV. Bud: Die Zeiten Rubolph’3 IL. und Mathias’ (1576—1618). 395

ben ſich ein. reimillige, wie ber Graf Duval von Dampierre, der mit einem Wallonen- und Hajdufenregimente erſchien, Albrecht E. von Waldſtein, der fpätere „Wallenjtein”, der „Friedländer“, der Hefje Holzapfel (Melander), begannen bier ſich einen militärischen Namen zu machen.

Der erjte Theil des Kampfes vor Gradiska ſchloß mit dem Falle der wadern beiberjeitigen Anführer iujtiniani und Trautmanndborf; an ihre Stelle treten Giovanni de Medici, natürlicher Sohn des Großh. von Tos: fana und der Spanier Maradas, ein tüchtiger Soldat. Der Hof von Spanien judhte den Frieden herbeizuführen, Venedig dagegen, reicher an Mitteln als die Gegner, den Kampf jortzufeten. Sein Botichafter in Wien, der Die Stimmung Khleſl's gegen Ferdinand und Spanien fannte, jollte Alles auf: ' wenden, um den Spaniern das Heft der Entwidlung zu entwinden. Allerdings hatte Khlejl den Krieg widerrathen, doch ift nicht unmahrjcheinlich, daß er deſſen Schäden dem Grzberzoge gönnte, daß, mie jeine Gegner ihm nachfagten, er „ben Ferdinand damit auszehren wolle, wie durch ein Fieber“.

Nahdem im November 1616 Epanien einen Waffenjtillitand durchge fett, drängte e8, jelbji in einen Kampf mit dem von der Signoria unterſtützten Savoyenherzoge verwidelt, auf den Frieden. Ta ſich Gradiska behauptete, der venetianifche Handel nicht weniger Titt als ber inneröjterreichiiche, andererſeits Ferdinand vom faijerlihen Hofe wenig Unterftigung fand, überdies die Suc—⸗ ceffiongfrage eben damals !hrem Abjchluffe entgegenging, jo näherten fich beide Theile, um unter jranzöfijher und ſpaniſcher Vermittlung zu Paris, 6. Sept. 1617 Frieden zu machen. 26. Sept. ratificirte ihn Khevenhüller zu Madrid im Namen des Kailers. Die Veberjiedlung der Usfofen von Zengg landeinwärts mar der Hauptpunft des Ausgleiches. Allerdings hatte Khlejl einigen Grund, iiber dieſen Frieden im vertraulichen Schreiben an Khevenhüller loszuziehen (30. Set. 1617), der der „fpanifchen Grandezza“ fo ſchlecht gerathen ſei, wogegen er ſelbſt ſchon vor 3 Jahren die Sache ganz anders erledigt haben würde, wenn man ihn nicht verdächtigt hätte; ja Ferdi— sand felbit war nahezu derſelben Meinung, aber hinter jenen Ausfällen jtaf hauptſächlich der Nerger des Miinijter-Sardinald darüber, daß man ihn bei Seite gelafien, und über Spaniens Allermeltögejchäftigfeit. *)

Bom Eommer 1617 nimmt die deutſch-habsburgiſche Thronfolgeangelegenheit den rajcheren Gang; Khleſl muß den all: jeitigen Drängen nachgeben. Nachdem am legten Januar Erzh.

*) Lit. 3. Geſch. des fog. Uskokenkrieges: Fauſtino Moisesso hist. dell’ ultima guerra in Friuli. (Venezia 1623); Minucio Minuci hist. degli Uscocchi (j. Hammer, &. des osm. R., IV., 211...): Theiner, Monum. h. Slav. merid., II. (ij. 0.); Nani hist. Ven. 24, 25; Khevenhüller, VIIL, Londorp, I. Le Bret G. Ital., IIL; Romanin, VI Bd.; Hammer, Khleif, III. 219 ji.; Hurter, ©. Ferd. IL, 2. Bd.; Schreiner, Gradiska in Erj u. Gruber, Encyflop., I. ©., 18. Bd.; Czörnig, ©. v. Görz, 739 ff.; Schels, Geſch. d. 2. des ö. K., VIII. 2b.

396 XIV. Bud: Die Zeiten Rudolph’3 IL und Mathias' (1576—1618).

Ferdinand dem neuen ſpaniſchen Gejandten Grafen Ognate die ge— heime Zufiherung gab, für die Verzichtleiftung Philipp’s III. das nädhlterledigte Neihslehen Italiens der ſpaniſchen Krone zuzumwenden und in einer zweiten Geheimverjchreibung der männ: lihen Teicendenz Spaniens den Vorzug vor der eigenen weiblichen zuficherte, überdies den öſterreichiſchen Eljaß ver: ſprach, erklärte ſich Philipp III. nun offen, 21. April 1617 für die Nachfolge Ferdinand's und feiner männlichen Sprofjen.

Seit dem April 1617 nahm die böhmifhe Wahl und Krönung Ferdinand’s Alles in Anſpruch. Erzh. Mari: milian betrieb die Gewinnung der böhmischen Landesofficiere, nur Graf Heinrih Mathias von Thurn aus welichem, in Sinneröfterreich heimiſchen Gejchlechte, deilen Vater erſt die böh— miſche Landftandfhaft erworben, der Burggraf vom Karlitein befämpfte die Wahl und Krönung Ferdinand's als größte Gefahr der proteitantijchen Glaubenzsfreiheit. Auch andere Führer der Afatho- lichen, insbefondere Leonhard Fels und Wilhelm von Xob- kowic, eiferten dagegen. Aber der Hof, welcher den 3. Mai 1617 mit der Nachfolge Ferdinand’s im Landtage hervortrat, beſaß feite Stüsen an den Katholifenführern, dem oberiten Kanzler, Zdenko von Lobkowic, dem Uberlehenshofrihter und Hoflammerpräfi- denten Slavata, dem Hofmarſchall Martinic und dem Oberft- burggrafen Adam von Sternberg. Meberdies jcheute der pro— teftantiiche Ständetheil vor einem Bruche mit der Regierung und dem beharrlichen Ankämpfen gegen die Succejlionsordnung zurüd. Dennoch aber wirkten die unverhüllten Drohungen Tatholijcher Stimmen: „Ein anderer König, ein anderes Gele!” und: „Werde Ferdinand regieren, jo käme fo mancher Proteftant in die Lage eines Wanderapoſtels“ erbitternd.

Den 9. Juni fam es zum ſtändiſchen Beſchluſſe: Ferdi- nand folle fih auch als gefrönter König bei Lebzeiten Mathias’ feinerlei Regierungshandlung anmaßen und, längitens vier Wochen nah dem Tode des Kaiſers, die unverbrüdliche Wahrung aller Rechte und PBrivilegien des Landes in die Hände des Oberftburg: grafen legen. Den 29. uni 1617 erfolgte die Krönung Ferdi— nand’s zum böhmijchen Könige, aber fie laftete wie ein Alp auf dem Gemüthe der Afatholijchen.

An Ungarn madte der neue Ausgleich mit Gabriel Bethlen (Tyrnau, 31. Juli 1617) den Anfang, doch jollten einzelne Be- fiimmungen das Jahr darauf zu Gr. Käroly bei Szathmär ihre Feititellung finden. Den 16. Detober wurbe ber bebeutfame Wahl:

XIV. Buch: Tie Zeiten Rudolph's II. und Mathias' (12576- 1618). 397

landtag auf den Jahresihluß (23. December 1617) gelegt und bald darauf den Comitatsgrafen die Aufgabe geitellt, für die Thron: folge Ferdinand's zu arbeiten. Die Krankheit des Kaiſers ſchob die Ständeverjammlung bis in den März des nächſten Jahres bin- aus. Khleil, Molart und der Kanzler Ulm erſchienen als Bevoll: mädtigte; den Kailer vertrat Erzh. Ferdinand.

Wie Fräftig aud) die afatholiihe Partei war, fie entbehrte nah Balatin Thurzö's Tode (Frühjahr 1617) einer jtranımen Führung. Eine feiner widhtigiten Bemühungen für die Urdnung des Augsburger Bekenntniſſes in Ober-Ungarn war die Veranitaltung der Silleiner Synode (6. Augujt 1610).

Dagegen hatte der Katholicismus einen bedeutenden Bor: jprung gewonnen. Denn jein bedeutenditer geijtliher Anwalt war Peter Pazman geworden.

Der römiſche Stuhl hatte ihm, unter Mitwirkung Khlejl’s, ſchon im Serbfte 1614 die Beitätigung des Jeſuiten-Collegiums in Tyrnau übergeben. Noch erlebte dies der Hauptgünner des Ordens Primas Forgäch. Ten 16. October 1615 ſchied er aus dem Leben; jein Bruder Niklas Forgäch, Juder Curiä und nad) Thurz6’3 Tode der erite Kron- und Yandesofficier, theilte die Vorliebe für die Geſellſchaft Jeſu. Nun handelte es ſich um die Bejeßung des Graner PBrimates. Forgäcs, Georg Homon= nay, Ladislaus Pethe und Niklas Ehterhäzy, der nachmalige Ba- latin, durch den jein Gejchleht emporfommt, ein Mann von hoher Begabung, bearbeiteten den Nuntius zu Gunjten Päzmän’s und wir begreifen, daß die Curie ebenfo wie der Drdensgeneral Diuzio Vitellescht bald einfahen, daß Puͤzmaͤn, auch bei Khleſl beitange- jöhrieben, der rehte Mann am rechten Plate ſei. Schon im De: cember 1615 jchrieb man an PBalatin Thurzo aus Wien: Päzmän werde aus dem Orden treten und zum Merger der Kirchenfürften Ungarns das Graner Primat erhalten. Am meilten mußte dies den Kalocſaer E. Napragy und den B. von Großwardein Telegdy kränken, die fich ftarf Rechnung machten. Am 25. April ernennt 8. Mathias den „ehrwürdigen B. Paͤzmaͤn“ zum Probfte von Thuröcz, um durch dieſe Einreihung in die Weltgeiftlichkeit ihn jener Würde fähig zu machen. Yazmäan’s politiiche Fähig— feiten verwerthet bald der Wiener Hof; die Sendung an Georg Homonnay, um ihn von den nußlofen Anjtrengungen gegen Bethlen abzumahen, bemeilt dies. Schon den 28. Ceptember 1616 ernennt der Kaiſer Paͤzmuͤn in öffentliher Audienz zum Primas; den 12. März 1617 empfängt diejer das Pallium von Rom; die Säule

396 XIV. Zud: Zie Zeiten Ruboipb’5 IL und Mathias tn 1H18ı

des Katholicismus und der (Segenreformation war aerunden; aber auch ein wichtiger Unterhändler im Tienite Der Krone, dem wir bald (Ende Juni 1617, bei den Tyrnauer Verhandlungen mit Bethlen’s Senoboten begegnen.

Zur Zeit, da der Preßburger Wahl-Landtag vor üch gina, bildeten die fatholiihen WMagnaten eine wichtige Zrüge der Kegierung; Eßterhäzy gewann Forgäcs zunädit für die Sache Ferdinand’s. Als aber den 23. Mär; die königlibe Propoſition die Stände aufforderte, ſie mögen jeinen Vetter als Throntolger „an- erfennen, verfündigen, ehren und krönen“ bebarrte das Haus der Stände auf der trüheren Vornahme der Ralatinswahl und ihrer Beihwerden über Nerlegungen des Wiener ;sriedens; darin lag die afatholiihe Tendenz. Die Magnatentafel fügte sich endlich in der Mehrheit dieier Taftit des Unterhauies; allein die Krone drang mit der „Annahme und Perfündigung”“ des Thronfolgers vor allem Andern durch. Deide Häuſer beitanden jedoch darauf, dak zunächſt der Kailer das ſtändiſche Wahlrecht reichsgeieglid anertenne. Khleil fügte ih endlich zum großen Verdruſſe der Erzh. Ferdinand und Marimilien.e So fam es alſo dennoch zu einem AJnauguraldiplome; als dasjelbe jedoch nicht beiriedigte, be- mühten jih Primas Pazmän und der f. Perſonal Paäfay, auf Grund des Geſetzartikels von 1547, das Wahlreht als thatiächlich von den Ständen aufgegeben zu bezeichnen, während Eßterhäzy daſſelbe als etwas Selbitveritändlicyes erklärte. Endlich fam es den 15. Mai zur Anerkennung der Wahlcapitulation durch ;yerdinand, den 16. zur „Wahl“ deſſelben und ihr folgte am 1. Juli 1618 die Krönung. Sigmund Forgäcs war den 15. Mai Palatin geworben, Georg Homonnay Juder Curiä, Eßterhaͤzy Locumtenens in Nieder: Ungarn, Männer der berrichenden Stirche.

Tamals waren jedoh jhon im Böhmerlande und deſſen Nachbarſchaft, Mähren*) und Schlejien, jene Stürme ausgebrochen, die großen Creigniffen vorangehen follten. Eine tiefe Gährung hatte Deiterreich erfaßt und wer die Sadlage in Ungarn, die zu: wartende Haltung Bethlen’s überblidte und die Gegenfäge in Deutihland ermog, mußte ahnen, daß man am Torabende einer Krife jtünde, deren Gang und Grenzen fi nicht voraus beftimmen ließen.

*) Zur (Eharakteriſtik des mähriſchen Stänbelebens bietet die in czech. Sprache abgefajite Monographie des Landesarh. Brandl über den Landtag db. 3. 1612 (nad) Zierotin’3 Aufzeichn.), Brünn 1864, gute Material.

Fünfzehntes Bud.

Serdinand II. und Ferdinand III. und der dreißigjährige Arieg. (1618— 1648.)

Allgemeine Siteratur.

Quellen. (vgl. XIV. Bu) [f. auch Gryphius, de scrr. hist. sae- culi XV. illustrantibus (Lip. 1710); Droyfen, über Arlibanaeus, Go- dofredus, Abelinus, 2erl. afad. Abb. (1862); Erdmannsdörfer, 3. Geſch. u. Geſchichtſchr. des dreißigj. Krieges (ſ. hiſt. Zeitichr. v. Sybel, XIV. 2b. 1);] Londorp, (vgl. XIV. 8), Böhm. u. Teutfcher Krieg... . » 1617—1630 (Ff. 1630); Nic. Belli, laures austriaca 1617—1626 (Francof. 1627); Fortſ. der hift. Chronik des %.2. Gottfried, 1618— 1659 (Franff. 1745-—-1751); Theatrum europseum, o. Beſchr. aller denkw. Geſch. u. ſ. m. ſ. 1617 (bi3 1718 fortgef.), erjchienen ſ. 1635 3. Frankfurt; begr. v. %. Ph. Abelin, ber den 1., 2. Bd. lieferte. Die Fortf. v. mehr. Autoren. Gin hiftor. Journal, da3 vorzugsweiſe ben deutfch-prot. u. ſchwed. Standpunkt vertritt. Gegenftüd zu Kbevenhüller, (f. v. XIV. Buch); Die Fortf. des van Meteren: Mete- ranus novus, wahrh. Beſchr. des niederl. Kr. u. m. fonjt Denkw. i. d. ganzen Röm. R. . . gebt bis 1638 (Amfterdam 1640 f.); Lotichius, rerum germ. d. Matth., Ferdinandis II. III., imper. gest. 11. IV. (1617—1643), (Frankf. 1646, 1650 f.); X. Bradelius (Brachel), hist. sui temp. rer. gest...... 1618—1652 (Colon. 1652.); Leon. Bappus, comp. belli germanieci (and): Epitome rer. germ.) 1617—1643; ber Schlußtheil Fortſ. eined andern Autors; eine furze aber forgfältige Katholifenarbeit, H. v. Böhme (1760), mit guten Anm. n. h. v. Arndts (2. Th, Wien 1855—8); Eberh. Waffenberg, florus germanicus de vello inter imperat. Ferd. II. et III. et eorum hostes gesto ab a. 1619—1640 (Francof. 1640), (deutſche mit Anm. verf. Ausg. wertbvoller, 1647 in Amfterdam, nominell in Frankf. erſchienen); ©. Frey⸗ berger, Germania perturb, et restaarata .. . . (Francof. 1650 ff.).

tämmermann, (Lamormain) ©. %. (Beichtvater Ferbinand’s II., Fer- din. U. R. J. virtutes (Vienn. 1637), aud 1638 fi. al3 Idea principis christiani aufgelegt (Cöln u. Wien), (au) im XII. 2b. der Ann. v. Kheven⸗ hüller abgebr.); (Scioppius, Caspar, + 1649), Classicum belli sacri.

401 Sıterazm som IV Fum.:

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Ueberſicht der europäiſchen Mächte diefer Epoche.

Deutfhland. (Die am meijten beteiligten Fürſten.)

Kaijer Mathias, 7 10. März 1619; Ferdinand IL., gem. 28. Aug. 1619, + 15. Febr. 1637. Ferdinand ILL.

Wittelsbacher. a) Pfalz. 1610 Kf. Friedrich V., 1619, 26. Auguit, Wahlkönig Böhmen, geächtet 22. Januar 1621, + 1632, 29 Nov. zu Mainz. 1623, 23. Februar Die pfälziſche Kur b) an Bayern. Herz. Mar, 1596 bis 1651, erjter bairiich. Kurfürſt. c) 1612 1650 Ferdinand v. Baier, Kur: fürit von Köln.

Sadfen. a) Mbrechtiner-Kurfüriten: Joh. Georg IL, 1611—1656. b) Erneftiner: Haus Weimar (Altenburg), Koburg; c) Sachjfen:Lauenburg.

Brandenburg. 1608—1619 oh. Sigismund (1618 Brandenburg mit Preußen vereinigt); 1619 —1640 Georg Wilhelm. Friedrich Wilhelm 1640— 1688.

Würtemberg. 1608—1628 Joh. Friedrich; 1628—1674 Eberhard IH.

Baden:Durlad. 1622 Abdankung Georg Friedrich's.

Heſſen-Kaſſel. 1592—1627 Moritz; 1627—1637 Wilhelm V. Heſſen⸗ Darmſtadt. Georg II. (1626—1661), Anhänger des Kaiſers u. db. Liga. Pfalz: Neuburg Wolfgang, 1614— 1653. Mecklenburg-Güſtrow und Schwerin. Die Herzoge Joh. Albrecht II. und Abolf Friedrih 1628, 19. Jan. geächtet; Wallenftein mit dem SHerzogthume belehnt; 1631 faktiſche, 1635 Faif. Keititution; 1636 an Shweben. Pommern. 1620—1637 Bogislam X. (XIV); 1628 gleichfalls vertrieben, das Land von ben Kaiferlichen beſetzt; 1637 an Schweden Welfen. Kaus Braunfchmweig- Wolfenbüttel erlifcht 1634.

Stalien. Päpſte: 1621 + Raul V.; 1621—1623 Gregor XV. (Lubo: vifi); 1623 bis 1644 Urban VIII. (Barberini). 1644—1655 Innocenz X. (Berfidi). Neapel-Sizilien-Mailand, fpanifh. Toskana. Haus Medici. 1609—1621 Cosmo II.; 1621—1670 Fabdinand II. Savoyen. 1580—1630 Karl Emanuel d. Gr.; 1630—1637 Pictor Amadeus I. Venedig. Dogen: 1618—1623 Prioli, 1623—1625 Franc. Contarini; 1631—1646 Franc. Erizzo. Mantua. 1629 Erlöfchen der Gonzaga's.

Spanien. 1621 + Philipp III; 1621—1666 Philipp IV. Minijterium Dlivarez biß 1648. Lostrennung Portugal’s 1640.

Frankreich. Ludwig XIII., 1610-1643; NRegentidhaft Maria's von Medici Günftling Concini (Marquis v. Ancre), T 1617; Regent de Luynes + 1621. Minifterium Riche lieu, 1624—1642. Mazarin 1643—1661.

England. Haus Stuart. 1625 + Jakob J.; 1625—1648 Karl I.

Holland ober die Generalftaaten. 1618 Sieg der Oranier und Gomariften. Sturz Olden-Barneveld's und ber Ariminianer. Oranier: Prinz Moris, Statthalter, + 1625; Friedrich Heinrid 1647.

Krones, Bel. Deſterreichs. III. 26

402 XV. Bud: Ferdinand I. u. IH. u. d. dreißigj. Krieg (1613— 1642).

Dänemark. 1648 Ghriltian IV.

Schweden. Ib11l—1632 Gujtan Adolph IL; 1632—1654 Chriftine. Minift.-Regent Arel C:renitierna.

Polen. Haus Waja: oh. Sigmund 19857— 1632 (Tratendent Schwe⸗ dens); 1632 1048 Wladislam IV.

Rufland Haus Romanow: 1613— 1645) Gzar Michael.

Türfei. 16183--1623 Osman U.; 1623— 1040 abermal3 Murad IV.

(Ebait).

1. Der allgemeine Sang der Ereigniffe von 1618-1637.

gl. außer der allg. Yiterarur noch insbeiondere ;. Trientirung über bie Stellung Teiterreih3 in diejer Periode die Monogr. von O. Yorenz;, Teiterreicha Stellung in Teutjchland wahrend der erjten Hälfte des dreikigi. Krieges. (Wien 1358). Raumer IH: Gfrörer, Guſtav Adolf: Ranfe, Täpite II; Droyſen IH.

Man iſt gewöhnt, die bewegte Epoche von 1618—1648 die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zu nennen, und zwar aus dem combinirten Gejichtspunfte der gemeindeutihen und der Ge: Thichte des Hauies Habsburg. Tie einleitenden Jahre 1618—1620, der Aufſtand der proteltantiihen Böhmen und ihrer Geſinnungs— genoſſen in Mähren-Schlejien und Tejterreih, andererjeits die Schild- erhebung der ungariihen Alatholifen unter Bethlen’s Fahne gegen die Habshurgerherrichaft, und deren Rettung durh die Schlacht am weißen Berge (November 1620) bilden, ftreng genommen, eine in fih abgeſchloſſene Kataſtrophe, den „böhmiichen Krieg”, wie tie nad) der einen Rihtung gemeinhin genannt wird, während nach ber andern hin vom „Kampfe Habsburgs mit Bethlen um den Thron Ungarns“ geiprodden werden müßte. Beide Cpifoden der Geſchichte Defterreichs, deren eine im Zudetengebiete und im benachbarten Tonan: Iande ſich abipielt, während die zweite jenſeit ber Lejtha verläuft, ftehen mit einander im wejentlihen Zufammenbange, und wägt man die Gefahr ab, welche da und dort das Haus Habsburg bedrohte, jo war fie auf bem Boden Ungams feineswegs geringer, als in den weitlihen Landen Leiterreig. Vom Standpunkte der gemein: deutihen Geſchichte mußte jedoch der „böhmiſche Krieg“ eine erhöhte Bedeutung gewinnen, denn er verfnüpfte ſich mit den Glau- bens- und SHerrichafts:Interenen zweier famprbereiter Parteien im Reiche, deren Eine, die Ligiitiiche oder fatholiihe, durch Bauern vertreten, als Bundesmacht Habsburg, die Schlußentſcheidung zu deſſen Gunften berbeiführte, während die Andere, die proteitantiiche Union, auffällig gemig ihre Sache von ber ihres Hauptes, des

404 XV. Buch: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigi. Krieg (1618— 1048).

in Stalien abgeneigt ilt, und gegen Teutjch- Habsburg um die Vorherr- ihaft in Weiteuropa, und zwar zunächſt auf diplomatiſchem Wege, da Frankreich nod) die Hände durch den Hugenottenfrieg gebunden Hat. Es beginnt die jfandinaviihen Mächte gegen den Kaiſer und die Liga aufzubieten und gleichzeitig, im Einvernehmen mit England und Holland, bei der Pforte und Gabriel Bethlen durd Botichaften und Eubfidienangebote in derjelben Richtung zu wirken. Chrijtian IV. von Tänemarf, der Rivale des Echwedenkönigs Guſtav Adolph, der damals den Krieg mit Polen (1626— 1629) im Auge hat, wird von den Streben, als Bannerträger des Bro: teitantismus, Gebietserwerbungen an der deutichen Küjte zu machen, in den Strieg gedrängt, der gemeinhin der „niederſächſiſch-däniſche“ beißt, ji) mit den Kämpfen der faijerlichen Armee unter Wallen: ftein im Oſten Deutichlands und in Ungarn gegen den Mansfelder und Gabriel Bethlen (1626) verfnüpft und mit der Niederlage Dänemarks und des Protejtantismus endigt.

Es ijt die Zeit der Occupation Medlenburgs und Pommerns dur) die Kaijerlihen, des Verjuches, eine Taijerlihe Flottenmacht zu gründen, aber aud) des verhängnißvollen Reftitutionsedifteg, jomit der Machthöhe Ferdinand's II. im Reiche, welde jedoch an der gegneriihen Politik Frankreichs, das durd ben mantuaniſchen Erbfolgefrieg jeinen Einfluß in Stalien zu verjtärken ſucht (1629— 1630), und an der Verſchwörung der Ligijten gegen das joldatiihe Regiment Wallenftcin’s und das von ihm getragene Kaijerthum jeine gefährliche Klippe findet. Der Regensburger Neichstag (1630), die erzwungene Entlaſſung Wallenjtein’s und der Bund Franfreihs mit Gujtav Adolph, führen den neuen großen Umſchwung herbei und eröffnen die zweite Pe— riode des Dreißigjährigen Krieges, der nun den eigentlid) europäi- ihen Charakter annimmt. 1630—1632 führt Schweden, mit dem zögernden Broteftantismus Deutichlands jeit der Zerſtörung Magde- burgs (1631) enger verbündet, gegen die Liga und fpäter gegen Wallenftein allein die Waffen, und gründet jeine Machtitellung in Deutihland, welche von Frankreich fcheel angejehen eine Ent: fremdung beider Verbündeten berbeiführt. Der Schlachtentod Guſtav Adolph’s (1632) und der Sieg der Kaiferlicden bei Nördlingen (1634), zwiſchen welchen Ereigniſſen die Friedenspolitik, das ehrgeizige Streben und der Fall Wallenſtein's als Epiſode liegen, nöthigen Frankreich zur engeren bewaffneten Allianz mit Schweden und den deutſchen Bundesverwandten. Bernhard von Weimar erſcheint im Solde Frankreichs als Bindeglied dieſer Allianz.

XV. Buch: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 405

Sachſen, feit 1618 entichiedener Gegner der kalviniſchen Pfalz und Union und im Einverftändniffe mit dem habsburgiſchen Kaiſerthum, auch 1631, gleihwie Brandenburg: Preußen, nur mit Mühe von Guftav Adolph zum Abfalle von Ferdinand II. ge: bracht, arbeitet, aus Bejorgniß vor der eigennüßgigen Einmifchungs- politif der fremden Mächte (Schweden und Frankreich) in die deut- Then Angelegenheiten an der Bildung einer Mittelpartei, und Ihließt zu Prag mit dem Kaijer Frieden (1635), zufolge deſſen jene beiden fremden Mächte ihre Anftrengungen verdoppeln, um die ſchwankende und verringerte eigene Partei, deren entichiebenftes Mitglied Helfen iſt, zufammenzubalten und zu verftärfen.

Die Schlacht bei Wittftod (1636, 24. September) ftellt das militäriiche Mebergewicht Schwedens her, und vergeblich find die An— ftrengungen Ferdinand’s II., den Frieden mit Frankreich herbeizu— führen. Mit dem Tode Gabriel Bethlen’s (1629) war aller: dings ein bedeutender Gegner Habsburg-Defterreihs vom Schauplake abgetreten, aber jein Nachfolger Georg Raͤkéczy LI. hält Ungarn gegenüber die gleihe Politik feit, befigt an der Pforte einen Rück— halt, den Habsburg, unabläffig beftrebt den Türfenfrieden feſtzu⸗ halten, rejpectiren muß und wird bald von der ſchwediſchen und franzöfifhen Diplomatie für ein Waffenbündniß auserjehen. Der Tod Ferdinand’s (1637, 15. Februar) fällt in ein neues Kriegs- jahr, das den Kampf am Rheine und im nördlichen Deutjchland in vollen Flammen zeigt. Sein weiteres Ausfechten bleibt bie Schwierige Erbichaft Ferdinand's III.

2. Der böhmifhe Aufſtand und die ungarifhe Bewegung. Mathias’ Tod und die Thronbefteigung Ferdinand's II. (1617—1620).

Literatur. (Dal. XIV. Buch, Abſchn. 6—9.)

Die ältere verz. b. Weber, ©. 147, 271—274 (Oefterreih), 398—412 (Böhmen); insbef. von proteftant. Seite: Acta Bohemica, 1. A. 1620, 2, verm. A. 1621 (reicht v. März 1618 bis z. A. 1619), die 3 andern Theile bis 8 Nov. 1620 (1621, 1622); & Camerarius, de bello Bohem., 1618; Londorp, a. a. O., Fortj. de Sleidanus 1617—1621 (1621) und bellum sexennale civ. Germ. 11. IL, 1617—1622 (1622); Andrea Haberweſchl o. Haberwafchel von Habernfeld, Bellum Bohemicum (1625 u. 1645 3. Leyden gedr.) (neue A. in czech. Bearb. mit Erläuterungen von E. Tonner, Prag 1867); am ausführlichften jedoch Skäla, a. a. O. 2. 3., 4. Bd. i. d.

406 XV. Rud: Ferdinand II. u. III. u. b. breitigi. Krieg (1618— 1648.)

A. v. Tieitrunf (Mon. bist. Ih. ed. Gindelvı: val. aud) d. Theatr. europ. ij. 16173 von Farb. Seite: A. Miräus, de rebus Bohemicis (yon 1621); G. 'ns, fama anstriaca. i. i. eigentl. Verzeichn. denkw. Geidichıen . . . . . II IT ıRöln 16271 ngl. Mit, Zelt ıBellusı (a. a. O. , Dad Kaupt: mert als wWegeniiüd in Zfäla Zlavata, bh. v. \recef ra.a. TC.)

Zeugeich. Publicationen actenmätiger Art. ı (Fine icier unabiebbare Manſe.)

Saupsammiung: Yondorn, acta puhlica.. . nranft. a. M. 1621, u. A. 4e68 mm Forn. Bobemienn vatharticum ı 15.

Gunzelnek aus beiden Yagern. Troretantiic: Apolsma ober Emichul⸗ NBaungsicnit .. . ın. d. däbm. Ständen ausgebend:, Rrag 1615 (auch bei vondord 1. u. Theatr. eur. I: Die andere Apologia ıurinr. tzechiſch eridh.) ned cs. And. geaen Me \einiten, Yraa 1619; finden ib auch in Der don ben ser. Ständen IN) Durd Baron Andnan nerant. Sammlung Hifor. Acten⸗ Eüder zz Zıöndrmriemns in DTeñerreich (Yapagı, non Mr Bert. d. Je⸗ In:zen aus Böhmen u. dei. Driadeen Th. europ. I. 2. J Avis: per böbem E Dido. Inh, Christian non®nhalrs u Ic, ber. od. Krauſe IS; vanıellar:a hispanica 2. Die „inanıche Qanzlei”. eine Sammiung €. 1622 autarianaenr hattııer Gorten.. d. v. dem —* iniker “amrrarius, mie Ant Rores Scioppiani en elassien belli sacr Froissadü Id (FgL Beri.de: Me vorst minr Ende non & Müller. Tier sen Son Om Seas ı Brom Gnmd Pr Mmetig Kr Iriedad serde: ichet Frmm i rn !N: emae *nde: Ka riet mie: B. der utereßentt Anbang ın Klıınza ei des ven u Un er Rame 3. Se id. Der abrrönert.

Erönvebemeaunsr. J 2:18. Ich 2 Ts 17, Een feıterl. el harter Erz Ayclon.apros.e Jesuex Rt mamn...... groscripta,

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XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u.-d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 407

erihien von einem ehem. kathol. Kriegsmanne bed Mansfelders die: Acta Mans- feldica, Gründtlicher Bericht von des Mansfelders Rittertbaten.. ... . . (1623). Bgl. darüber die Monogr. v. Reuß (f. u.) und E. Fiſcher: De Ernesti comitis de Mansfeld apologiis et de actis Mansfeldicis (Berol. 1865) diss. ; Breyer, Btr. 3. ©. d. dreigigj. Krieges (Münden 1812); Quellenſamml. f. Mähren (Schlefien); Quellenſchrr. z. Mähren? und Oeſterr.Schl., 1. Section, Chroniken (auch u. d. T. Monum rer, Bohemico-Moravic. et Siles.) (Brünn 1861), 5. v. Dubif, Chlumedy, d'Elvert, (vgl. Chlumecky Regg. 3. G. d. M. Mähren) u. d'Elvert, Btr. 3. Geſch. d. Rebellion, Reform. dreißigj. Kr. o. die Neugeftaltung Mährens i. 17. Jahrh. Schrr. d. hift. Section d. Gef. für 9. u. L. XVI 2. (1867 Brünn); für Geſammtſchleſien die Publ. bes ſchleſ. V. in Breslau u. d. T. Acts publica, Verb. u. Corr. d. fchlef. Fürſten u. Stände 1618—1620, h. v. H. Balm, 3 Bde. (1865—1872).

Monographieen: K.A.Müller, Fünf Bücher v. böhm. Kriege i. d. J. 1618 bis 1621 (ſächſ. St. X.) al® III. Bd. der Forſch. a. d. Geb. d. neuern Geld. (Dresden 1841); Hurter, a. a. D.; Höfler, böhm. Studien, Arch. f. K. öfterr. ©., XII. Bd., Bezieh. Böhmens z. Deu. insbeſ. u. d. Vorfpiel 3. dreißigj. Kr., Abh. d. böhm. Ge. der Wiſſ. (1853), 5. Folge, 8. Bd.; Gindely, ſ. o. inöbef. die afad. Abb. im 31. Bd. der Wiener Sikungsber., ph. hit. KI. u. I. Bd. ſ. Geſch. des breißigj. Kr., desgl. im 50. Bd. be Tasop. tesk. mus.; Soll, ebenda 49. Bd. (zeitgen. Nachr. z. G. d. Deieneftration 1618); B. Erb: mannsdörfer, Herz. Karl Emanuel I. v. Savoyen u. d. deutſche Kaijerwahl von 1619 (Leipz. 1862); Reuß, Graf Ernft v. Manzfeld im böhmifchen Kriege, 1618—1621 (Braunſchweig 1865); Kraufe, Chriſtian v. Anhalt (1872); R. P. Wolf, Geh. Kurf. Mar. I. u. f. Zeit (Münden 1807 f.); Lipowsky, Friedrich V. v. d. Pfalz; (Münden 1824); Schreiber, Marimilian I., d. kath. Kurf. v. Bayern u. d. dreißigj. Krieg (Münden 1868); Krebs, Chriftian v. Anhalt u. d. Furpfälz. Politik a. Beg. des dreißigj. Kr. (Leipzig 1872) und 3. Geſch. d. Furpfälz. Politik a. Beg. bes dreißig. Kr., 1613—1619 (im Gymn.: Progr., Oblau 1875); Zmwiedined:Südenhorft, Fürft Ehriftian d. N. v. Anhalt u. f. Bezieh. z. Inneröfterr. (Graz 1874); Oberleitner, Beitr. 3. Geſch. des dreißigj. Krieges mit befond. Berückſ. des öfterr. Finanz: und Kriegs— weſens, 1618—1634 (Arch. f. K. öfter. G., 19. Bd.); Sieniawski, Die Regierung Sigmund’s III. in Polen (Progr. des Gymn. zu Schrimm, 1870, 1874, II. A.); vgl. auch: H. Beder, die secretissima instructio Gallo- Britanno-Batava, ein Beitrag z. Kritik d. Flugſchrr. d. dreißigj. Kr., (Göttingen 1875) (urfpr. Diff): Ueber die Stelung DOefterreidh: Spanien zur Pfalz; in Klein's Geſch. d. Ehr., 5. Bd., findet fih S. 279 f. ein interejj. Anhang von Actenftüden 3. &. Oberöjterr. i. &. 1619. (Chr. Puechner's Bericht).

Ungar. fiebenb. Verhältniſſe. Vgl. XIV. Bud, 6.—10. Abſchn., insbeſ. a. Quellen: Die fiebenbürg. in den ſchon citirten Samml. v. Kemeny: Trauſchenfels u. Mikö; die Chronik v. Kraus: Chron. Fuchs. Olt. Lupinum II. Die ungarifhen: Zavodizfi, Leutſchauer Chronik, Pethö, die Werke des Nikol. Eſter häzy, h. v. Toldy (Peſth 1852, 1853) (mebr f. d. jpäte Zeit). Gorrefpondenzen: Pray, epp. proc. Hung., III. Bb.; Hatvani

408 XV. Buch: Ferdinand II x. IIE u. b. Dreitig:. Krieg (1E1S— 1645

(Sorvarh,, Früsiieler Urfob., IV. FB: Sorvärh, Regeteniammlung im fu. Ede, Des ort. tar lauf, Inc it: Zeiiägni, Brieie u Sıaamurf. 1552 Jun); ebenda 1%. Ed. (li. Monperarbieen: Tran, Gabrielis Berhlen;i prineipatus Tran»-ylvaniae, 2 Ede. berausg. v. Miller (Tenh 4A: Narone. hit. crit. H, XXIX. +3: Feiiler-Klein, Szalay, Sorväarh, a.a.T.: die Monogr. vd. Frankl, Zalamon \.T., Erxilägpi, Erd. tört. a. a. I. u. 1.265. in dem tort tar ı IV. 185, 1 über Die ‚relbzüge Feiblen’s 161%--1621 und Ertekezisek (IN rn, nA und IM, 8. 3%) i:ber Die Zbronbeitergnung: über Die Heichich:e der Yiindniiie Beiblen's (acıen- matige Feitr.ı: F. Näassay im Figzveliuezd tung. Beobachter 1839: Toldn, Leben Des K. Giterba:n im Tja» nemz. Künyvtäar (neuere Narionalbibl.) L.: . Ztalay, Pech. d. Fam. (kterbäin, R.v. Sorvarb i. d. Diterr. Repue 1365, 4. Vd. mize Anh. v. Sajnit: Firnhaber, Acıenwüde ;. Aufttelung D. ung. (seid. des XVII. XVII. Jahrh., Arch. i. 8. ötterr. &, VID. Ab, 1-73; Tubit, xorihungen in Schweben ..... (Brünn 15521: Teutih, G. d. 7. Ziebenb., IT. 20.

Ter Sefchichtichreiber des Jahres 1618 hat feine geringe Mühe, Die Fülle der einander drängenden Creinniife und freuzenden politi- ihen Actionen zu ordnen und mit Ilnbefangenheit wiederzugeben. Sie lagen in Juftänden vorbereitet, fie wurzelten in politiihen unb periönlihen Verhältniſſen, die wir, Tanf archivaliſcher Forſchungen, jest beſſer als früher zu erkennen in der Lage iind, welche jedoch nod) immer nicht durdjiichtig genug vor unſer Auge traten; über: dies ijt wie immer und hier mehr als ſonſt der Kampf der poli- tiihen Frinzipien von materiellen Rüdiihten und per: ſönlichen Leidenſchaften getrübt und aeht Hand in Hand mit einen den Culturfreund betrübenden Streite religiöſer Inter: eſſen, der auf beiden Eeiten feine Schonung fennt.

sn Böhmen war der ichlimme Handel mit den Kirchenbauten zu Kloiter: grab und Araunau im (Wange, wobei Erzbiſchof und Abt als Grundberren gegen ihre proteitantiichen Unterthanen einjchritten, während die utraquiſtiſchen (Wlanbensdeienjoren für die Werechtigung jener Kirchen eine jcharfe Sprache führten. Tie ganze Angelegenheit war jo recht als Früfitein für den Maje: ſtätsbriei v. Jahre In und als (Kelegenheit zum Sturmlauie der ſtändiſchen Actionspartei gegen die kaiſerlichen Statthalter oder Regimentsräthe aus— erſehen, Deren Mehrheit (10) katholiſch war.

Unter ihnen ſinden wir Die drei Männer, die durch ihre oitene Erklärung gegen den Majeſtätsbriei den Proteſtanten am wmeilten verhaßt fein mußten: Sb. v. Yoblomwic, Martinic und Zlavata. ei eriterem hält die Achtung vor jeinem (Sharatter dem Haſſe die Wage; Martinic galt aber als wohldienerijcher Söfling und Slavata überdies ald Convertit aus (Figenmub. Jedenfalls deutete man fo in proteftantifchen Kreifen ben UWebertritt zum Katholicismus, ben er

XV, Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 409

nach vierjährigem Aufenthalte in Italien (1597) zur tiefen Kränkung des eige: nen Vater vollzog, um dann nad) einer neuen weiten Reife durch Weſteuropa die reihe Grbichaft ſeines Gönners Adam, des lebten der vielgenannten Herren von Neubaus (7 1604, 24. Januar) anzutreten. Meartinic und Sla: vata galten als die rührigften Werkzeuge der Reactionsverjuche Rudolph's II. und den Grfteren haßte der Graf Thurn, eines der einflußreichiten Häupter der Slaubensdefenforen, tödbtlih, dba er jet, als vorlautefter Opponent in der Thronfolgefrage, feinen einträglicheren Poften mit dem Amte eines Oberhoffehens- richters vertauſchen mußte und Martinic die Burggrafichaft am Karlitein erhielt.

Schon im Jahre 1617 hatte auch der pfälzifche Hof und die Union -- vor Allem Anhalt, der rührigite Gegner ded Haufes Habsburg, die Sad): lage in Böhmen ausfundichaften laffen. Chriftoph von Dohna fand fie günſtig und am pfälzifhen Hofe, deifen Seele Camerarius war, jah man die Möglich: feit, die Krone Böhmens zu erlangen, immer näher rüden. War ja doch ſchon viel früher davon an dem engliſchen Hofe die Rede gemweien, und Jakob L., der Schwiegervater des Kurfüriten Friedrich, Hatte über die Bedingungen jeiner Mithilfe fo offen geſprochen, daß der ſpaniſche Gejandte davon Kenntniß erhielt. Durch den Strafen Ernft von Mansfeld, Sohn des Feldherrn Rudolph's II., im Türfenfriege und ſelbſt bis 1610 in Faiferlihen Dienften, die er dann als verbijfener Gegner verließ, Mansfeld, ben Kleinen, ftahlharten aber den Lüften ergebenen Kriegsmann mit eijerner Stirne, ſeit 1613 im Solde bes Herzogs Karl Emanuel von Savoyen, trat die Union mit dem Turiner Hofe in Beziehungen (j. 1616), da der Savoyer jelbit ſchon 1615 bei der Union an: Hopfen ließ und inmitten ſeines Kriege3 mit Spanien voll maßloſen Chrgeizes nach der deutfchen Krone Verlangen trug. Der planreihe und fieberhaft ge- ſchäftige Anhalt ergriff, mie Alles, jo auch dieſe Bundesgenoſſenſchaft mit Bes gierde, und zog die Pfalz in nähere Unterhandlungen mit dem Turiner Hofe, in denen beide Theile die Rolle von Gejchäftsfreunden fpielen, Die fich gegenjeitig ansbeuten wollen. Anhalt und das Heidelberger Babinet fparten nicht mit den abenteuerlihften Verjprehungen. Nah Mathias’ Tode fole der Elſaß an die Pfalz, Böhmen aber, ja auch Ungarn und ein guter Theil öfterreichiicher Länder an den Savoyer libergehen. Man wolle die „Affection“ der Böhmen auf den Herzog lenfen, wenn dieſer jeinegejammte Macht gegen Habsburg menden wolle; denn darum handelte es ji und nicht um jene nebelhafte Erhöhung des Herzogs. Um dieje Zeit näherte fich die Pfalz immer mehr aud) dem bayerifhen Hofe, um deſſen Spannung mit dem Wiener für eine will: fährige Haltung in den eigenen Entwürfen zu gewinnen; aber Herzog Marimilian durchichaute bald dieſe freundliche Zudringlichkeit und blieb kühl, verſchloſſen, bie Stellung der Liga zum Kaiferhofe fo gut wie zu der Union erwägend, welche Vegtern vor nicht langer Zeit (1617, 7. April) die Aufforderung K. Mathias”, vom Bündnijje abzulaffen, ziemlich entfchieden abgelehnt hatte.

Das, was ſchon Sarpi zu Beginn des 17. Jahrhunderts er- fannte, die „Wolfen hingen ſchwer auf Europa hernieder”, die Nähe eines Weltkrieges, befchäftigt immer allgemeiner die unruhigen Gemüther.

410 XV. ud: Ferdinand II. u. III. u. b. dreikigj. Krieg (1618—1648).

Raſch drängen fi in Böhmen die Ereigniife des verhängniß: vollen Jahres 1618. Der Kampf der evangeliihen Ständeichaft mit der Regierung beginnt, jene erprobt ihre Angriffe:, dieſe ihre Widerftandsfraft. Tie adelige Actionspartei jucht fi der Gefin- nung der Städte, insbejondere Prags zu verlidern; den 8. März befchließen die Defenjoren Zujchriften an die Glaubensverwandten Mährens, Schleſiens und der beiden Lauſitz, um fich ihrer Mediation bei Hofe zu verfihern, vor Allem ihre bundesgenöffiiche Geſinnung auszuforichen. Den 20. März trifft die kaiſerliche Com: miffion zur Kirchenfperrung in Braunau ein; die Glaubensdefenjoren bereiten eine bemonftrative Ständeverjanmlung vor. Die Statt: halter beſcheiden fie auf die Burg (21. Mai), um bier das Taifer: lihe Handfchreiben von 16. Mai vorzulegen, das die Gebahrung der böhmischen Regierung in der fchwebenden Frage janctionirt. Stürmiſch geht es in Prag zu, man tobt gegen die Verfhwärzungen der Fatholifchen Statthalter, man bezeichnet das k. Refcript als er: liftet oder unterſchoben. Das Folgenſchwere, was dann eintritt, die Eturmdepitation der Stände vom 23. d. M. und die Serab- ſtürzung der Herren Martinic, Slavata und des Secretärs Fabricius aus dem Fenfter des Nathsjaales in den Aurgaraben, bildet den gewaltjamen Durchbruch der Kriſe, und zwar nicht durch Die Ueberwallung augenblidlicher Leidenſchaft herbei: geführt, jondern von jener Partei der Stände beſchloſſen, welche Das, was nicht mehr nad ihrem Sinne zu biegen war, zu breden ſich anſchickten. Erklärte man doch in der Rechtfertigungsſchrift an den Kaiſer dieſe Defeneftration als altböhmiſchen Braud gegen Yandesperrätber und juchte in langer Erörterung Be: lege aus der Bibel und der alten Geſchichte den Sturz der Kö: nigin Iſebel und den tarpejiichen Wellen berbeizubolen.

Wunderbar ericbien der damaligen Seit der Umſtand, dab bie an 27 Ellen tier Derabaejtürzten mit dem Yeben davon Tamen. Auch Schuſſe wurden ihnen nachgeſchickt, doch Iraren ſie nicht. Fabriciuſs und Martinie, wenngleich verlegt, konnten mit fremder Hulie den am meiſten beſchädigten Slavata forticharten, ſich und ihn im Hauſe Polyrenas, dev muthigen und geiſtesgegenwärtigen Gattin ded abweſenden Amtsgenoſſen Vobkowie beraen, wo ſie als Staats— gejangene internirt bleiben ſollten. Fabricius entkam aus der Stadt und langte den 16. Juni in Wien an, Martinic flüchtete in Verkleidung uber Die Wengrenze nach Rayern; Slavata konnte erit am 24. Auguſt des nächſten Jahres in Gefelliihaft Adami's von Sternberg das Weite

410 XV. Bud: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

Raſch drängen fih in Böhmen die Ereignifje des verhängniß- vollen Sahres 1618. Der Kampf der evangeliihen Ständefchaft mit der Regierung beginnt, jene erprobt ihre Angriffe:, diefe ihre Widerftandskraft. Die adelige Actionspartei jucht fi der Gefin- nung der Städte, insbejondere Prags zu verfihern; den 8. März beihließen die Defenforen Zufchriften an die Glaubensverwandten Mährens, Schlefiens und der beiden Zaufig, um fih ihrer Mediation bei Hofe zu verlihern, vor Allem ihre bundesgenöfftfche Gefinnung auszuforihen. Den 20. März trifft die Taijerliche Com— miffion zur Kirchenſperrung in Braunau ein; die Glaubensdefenjoren bereiten eine demonjtrative Ständeverfammlung vor. Die Statt: halter bejcheiden fie auf die Burg (21. Mai), um bier das faifer: lihe Handfchreiben vom 16. Mai vorzulegen, das die Gebahrung der böhmischen Regierung in der jchwebenden Frage fanctionirt. Stürmiih geht es in Prag z15 man tobt gegen die Verjchwärzungen ber katholiſchen Statthalter, mar bezeichnet das k. Reſcript als er: liftet oder unterfhoben. Das Folgenfchwere, was dann eintritt, die Sturmdeputation der Stände vom 23.d. M. und die Herab- ftürzung der Herren WMartinic, Slavata und des Secretärs Fabricius aus dem Yenfter des Rathsſaales in den Burggraben, bildet den gewaltfamen Durchbruch der Krife, und zwar niht durch die Meberwallung augenblidliher Leidenfchaft herbei- geführt, jondern von jener Partei der Stände beichloffen, welche das, was nicht mehr nad ihrem Sinne zu biegen war, zu brechen fih anſchickten. Erflärte man doch in der Rechtfertigungsichrift an den Kaifer diefe Defeneftration ale altböhmiſchen Braud gegen Zandesverräther und fuchte in langer Erörterung Bes lege aus der Bibel und der alten Geſchichte den Sturz der Kö— nigin Iſebel und den tarpejiihen Felſen herbeizuholen.

Wunderbar erichien der damaligen Zeit ber Umftand, daß die an 27 Ellen tief Serabgeftürzten mit dem Leben davon kamen. Auch Schüffe wurden ihnen nachgeſchickt, doch trafen fie nicht. Fabricius und Martinic, wenngleich verlegt, Eonnten mit fremder Hülfe den am meijten beſchädigten Slavata fortfchaffen, ſich und ihn im Hauje PBolyrenas, der muthigen und geiftesgegenwärtigen Gattin des abwejenden Amtsgenoſſen Lobkowic bergen, wo fie als Staate- gefangene internirt bleiben follten. Fabricius entfam aus der Stabt und langte den 16. Juni in Wien an, Martinic flüchtete in Verkleidung über die Weftgrenze nad) Bayern; Slavata konnte erft am 24. Auguft des nächſten Jahres in Gefellihaft Adam’s von Sternberg das Weite

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fanden die Nettung des Anjehens der Krone nur in rüchichtalojer, raiher That. Ten 8. Auli kehrt ;serdinand als jüngitgefrönter König Ungams nah Wien zurüd. Hieher hatte man auch den Zendboten des böhmiſchen Landtages (vom 25. Juni) an die Ungarn, den feinerzeit berühmten Arzt und Anatonıen, damals Univerfitätsrector Dr. Jeſſenius aus Prepburg als Gefangenen geſchafft und einem ſcharfen Verhöre unterzogen, dem er ſich leidlich entwand. Der Zweck jeiner Zendung war auf ein Bündnigder Röhmenmitlingarns Ständen und auf die Hintertreibung der Krönung Ferdinand's gerichtet. Er mußte ſich jedoch überzeugen, daß fein Illéshaͤzy, Zhurss an der Spige der Landſchaft ſtand, und mochte merfen, daß die Ungarn nod wenig Zympathieen für das böhmiſche Weſen empfanden. Tas hatte Schon ihr Kernbleiben von dem Prager General: landtage des Jahres 1615 angedeutet. Beſſer lagen die Tinge in Oeſterreich, wo es mädıtig gährte, in Schlefien, deſſen Stände ihon jeit Ende Juni 1609 mit den Böhmen zu gegenfeitiger Hülfe verbunden, am Fürſtentage vom Juli ſich ſehr entgegenfommend benahmen, dem Kaiſer bald Werbung und Durchzug der Truppen abichlugen, und im Nachbarlande Böhmens, in Mähren, wo fi bereits am 26. Juni im Landtage eine böhmijche Gejandtichaft ein- fand. Tenn, wenn aud) noch vom Einfluß, mar der bejonnene, coniervative JZierotin-nicht mehr im Belite der Landeshauptmann: ſchaft. Verbittert durch die Anfeindungen Khlejl’s, aber auch durch das Scheitern jeines Lieblingsgebanfens, eine ſtändiſche Real— union jämmtlider Länder Habsburg : Defterreidhs herbeizuführen, hatte diejer legal denfende Autonomilt den 26. Febrnar 1615 bereits jeine Entlaſſung genommen. Jetzt, mo an die Mähren die Bundesforderung der Böhmen herantrat, der: jelben Böhmen, welche, jeder Selbitthätigfeit Mährens abhold, es nun in’s Schlepptau zu nehmen gedachten, bot Zierotin Alles auf, um bie Beſchlüſſe dahin zu lenken, daß Truppen bloß „zum Schutze des Landes” aufgeboten und Abgeordnete an den Kaiſer gefendet wirrden. Mit den beiden Negierungmännern, Cardinal Fürftbiichof Dietrichſtein und Karl von Liechtenſtein, begab er fid) nad Wien, um zu vermitteln. Aber wie die Dinge lagen war eine ermittlung ein bodenlojes Werk. Denn bald vollzieht jich der Sturz Minifters Khleſl und die Striegspartei kommt obenan.

Tas Aiener Ereigniß von 20, Juli 1618, der Sandjtreih der Gegner des noch vor Kurzem bei Mathias allmächtigen Mannes, war einer ber vielbe: ſprochenſten Vorfälle. Man braucht nur bie vertraulichen Briefe Khleſl's an Mathias, feine, die ganze Haltung des Kaijers hofmeifternden Ermahnungen zu

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lefen, um dieſen Ausdruck gerechtfertigt zu finden. Diefer begabte Emporkömm-— ling von umfajjendem Blide für Staatsgejhäfte und eijerner Arbeitskraft war feinem Herrn unentbehrlich geworden. Man muß gejtehen, daß er das Staatsſchiff in manchen Fritifchen Augenbliden geſchickt fteuerte, mit überrafchen: der Sachkenntniß einzelne KHauptgebrechen der Staatsmafchine erfannte, wie jich dies insbefondere in dem Federfriege Khleſl's mit der Hofkammer offenbart. Auch fremden Einmifchungen, wie dem hoffärtigen Gebahren bes neuen fpanifchen Giefandten, Grafen Ognate, der auch mitregieren und ver: walten wollte, verjtand er entfchieden zu begegnen. Ja obihon Khlefl den katho⸗ lichen Kirhenmann und Rejtaurationgfreund nie verleugnete, gemöhnte er fich Doch immer mehr, wo es unvermeidlich war, ben kirchlichen Standpunft dem politifchen zu unterordnen. Aber jein ehrgeiziges, hitiges Wejen, fein „unruhiges Gerebell“, über welches fein früherer Gegner, Kammerpräſident Unverzagt, ſchon 1598 jo ſcharf loszog, feine unüberlegten, ruhmredigen Aeußerungen zum Nachtheile des faijerlicden Anfehens, ber Mangel höfiſcher Schmiegjamfeit gegen bie ohnebies jeinem Einfluße abgeneigten Erzberzoge Ferdinand und Mar, und ber Abgang einer ber wicdhtigften Tugenden eine Staatsmannes, des Schweigen zu rechter Zeit, aU dies mußte feiner Stellung verderbli werdeu. Die Auflage, er jei be: ſtechlich geweſen, ift von untergeorbneter Wichtigkeit. Jedenfalls Tiebte er das Geld, wie dies der Signoria befannt war. Bayern und Spanien vor Allem waren ihm abgeneigt. Seitdem er in ber Thronfolgefrage ein fo zwei: beutiges Spiel getrieben, und im venetianifchen Kriege fich äußerſt ſpröde be= nommen, haften ihn der Thronfolger und Erzh. Mar auß ganzer Seele, Ansbejondere war e3 ber Tettere, welcher ſchon feit 1617 Khleſl's Sturz berbei- fehnte und in brieflihen Aeußerungen, in Anfragen bei Yacultäten, ob man ſich eines jolchen Staatsverderbers nicht gewaltſam entledigen könne, den rückſichts⸗ loſen Grol zur Schau trägt. Tie Haltung in der böhmiſchen Frage und vor der ungarifhen Krönung machten in den Augen der Erzberzoge und ihrer Partei Khlefl’3 Map vol, und da man wußte, der Kaifer werde nie und nimmer feinen vertrauteften Nathgeber entlafjen, jo wählte man die Form einer gewaltfamen Befeitigung. Der Beſuch Erzh. Marimilian’3 (19. Juli) follte den Cardinalbifchof fiher machen; Tags darauf obſchon von dem Günjtlinge Ferdinand's, Eggenberg, gewarnt überrajchte ihn beim Gegenbefuche in ber Hofburg bie wohl geplante Verhaftung durch Gollalto, Breuner, Dampierre und Montecuculi d. K. Er mußte fogleich einen Reiſewagen befteigen und unse Bebedung den Weg durch Inneröſterreich nad) Tirol machen, wo er zunächſt auf Schloß Ambras und dann in Innsbrud, fpäter im Kl. St. Georgen: berg bei Schwaz, internirt blieb, um dann nah Rom beförbert zu werben, wo ihn als Häftling in der Engelöburg ein Proceß erwartete, ben ber Uditore Verospi birigirte, denn auch Khleſl's Firchliche Haltung war ein Gegenitand ber Anklage. Gr blieb dann, losgeſprochen, in ber Siebenhügelftadt bis zum Jahre 1627, und Fehrte bei gänzlich veränderter Sachlage nad) Wien zurüd, um wieder bei Hofe als Biſchof mohlgelitten zu fein.

Es fehlte nicht an meift lahmen Spottgebidhten auf die geftürzte Größe.

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bat, als ließe ſich etwas von der kurſächſiſchen Vermittlung bei den Böhmen erwarten, iſt ſchon auch der Krieg im Gange.

Dem Kaiſer ftehen damals zwei tüchtige Generäle, beide Wal: Ionen, zur Verfügung; Graf Longueval von Bouquoi, ein alter methodiich langjamer Kriegsmann aus ſpaniſcher Schule, den der Madrider Hof dem Wiener überließ und der jüngere feurige Duval von Dampierre, der vor Gradiska ſich jo wader benommen. An: fang Auguft zählte das Taijerlihe Heer an 14,000 Mann; den 13. Auguft überſchritt Dampierre die böhmiſche Grenze und bald ftand er den jtändifchen Truppen gegenüber, zu melden dann Mans: feld mit favoyifch-pfälzifchen Söldnern ftieß, um von Ende Auguft ab als böhmiſcher Artilleriegeneral feine Beitallung zu finden. Doc) kam es zu feiner Entſcheidung zunädft, in kleinen Gefechten und beiderjeitigen Verwüſtungen verläuft der Anfang des böhmi- ſchen Krieges.

Der Breslauer Landtag, den die Schlefier unter dem Vor⸗ wande drohender Türken: und Tartarengefahr einberufen hatten, doch nur das Unionswert mit Böhmen auf die Tagesordnung ftellten, zeigt am beiten die dort herrſchende Strömung, und mit Behagen Tchreibt Pawel an die Kurpfalz, au) in der Steiermart fei man ſehr „ſchwierig“, der Eggenberger dahin abgeordnet, um die Gäh- rung zu dämpfen. In der That lefen wir bald den Befehl der geheimen Kanzlei an die fteiermärfifhen Verordneten, das Land zu verwahren und die bezüglihen Verfügungen vom Schluffe des Sahres.

Aber beiden Theilen, dem Aufitande und der Regierung, fehlte es an ausgiebigen Mitteln zu entjcheidenden Schlägen; die kaiſer— lichen Kaſſen waren leer, fremde Hülfe in weiter Ferne, da unge: riſche Gewitter im Anzuge.

Die Böhmen hatten gleichſalls mit Geld und Kriegsbedarf ihre Noth; vor Allem aber gebrach es ihnen an kriegstüchtiger, ein- heitlicher Führung. Der Kurfürft von der Pfalz ſchwankte zwijchen ehrgeizigem Begehren und dem Bedenken, fi) vor der Welt mit der „Rebellion“ zu verbinden und der Notenburger Unionstag (September bis Mitte October 1618) bewies, daß man nicht viel risfiren und lieber fchreiben als handeln wolle. Savoyen, das man jebt eifriger als je bearbeitet, ſoll mit Geld herhalten, aber e3 braucht lange, bevor der jchlaue Herzog ſich zu Subfidien herbeiläßt.

In unerquidlicher Schwebe, unter verwüftenden einen Kämpfen zwifchen den Böhmifchen, unter Heinrich von Thurn und den Kaiſer⸗

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(ihen, unter Bouquoi und Dampierre in Südböhmen und Nord: öfterreich naht das Jahr 1618 jeinem Ausgang.

Aber gerade zum Schluſſe traf die Kaiferlihen Mißgeſchick. Den 21. November bemädtigt ſich Mansfeld, wohlgemerkt im Solde des Herzogs von Savoyen, wenngleid mit böhmijcher Be⸗ ſtallung, des wichtigen Pilſens, der dritten Stadt Böhmens ; die Kaijerlihen müifen Böhmen räumen, Thurn dringt in Oeſterreich ein; Bouguoi hält jih mit Mühe in Budweis. Schon um dieſe Zeit hatte eines der Häupter der Actionspartei, Raupoma (Ruppa), dem pfälziichen Nefidenten in Prag, Achaz von Toohna, mitgetheilt, man jei entjchlojen, mit dem Kaijer zu brechen und werde jeinem Herrn die Krone Böhmens antragen. Mansfeld ward nun zur enticheidenden Botſchaft nah Turin, der Geheimjchreiber des Markgrafen von Anipad), Balth. Neu, nah Benedig zur Allianz: verhandlung bejtimmt. Chriſtoph von Tohna follte an den Hof des Schwiegervaters Friedrih’s V., Jakob I. von England. So, hoffte Anhalt, werde jich ein weites Neg über dem Hauje Habsburg zulammtenziehen.

Und in der That bedurfte die böhmiſche Nebellion fremder Unterftügung. Denn mit Neujahr 1619 fam Hunger und „großes Eterben” über die ftändifhe Armee, dagegen erhielten die Kaiſer— lichen Verftärkungen, und hatten, ohne alle Frage, befjere Führer eigentlihe Eoldaten, nicht eitle Dilettanten, wie 9. von Thurn ein folder war; denn Mansfeld war wieder zum Diplomaten ge: worden, und außerhalb des Landes. Wer aber die Haltung K. Jakob's I. von England zur böhmiſchen Frage vor Augen bat, wie er den Hoffnungen des pfälziihen Schwiegerfohnes auf Geld und auf fonftige Unterftügung bei „gutem Willen ber Böhmen”, wenig greifbare Ausfichten bietet; wer ferner die Unterhandlungen der Pfalz und der Unirten insbejondere feit den Kreilsheimer Belhlüffen vom März 1619 mit Cavoyen bis zum Tractate von Rivoli (18.—28. Mai) verfolgt, den Anhalt mit Karl Emanuel abſchloß, und darin ein wahres gegenjeitiges Gaufelipiel, ein ſchwindelhaftes Verjprechen halb unmöglicher Dinge gewahrt; dann fieht, wie bald Anhalt jelbit, den Herzog Karl Emanuel „ehrgeizig, herrſchſüchtig, tyranniſch“ u. f. w. nennt, der nichts als Schulden habe, und dem göttlichen Strafgerichte entgegen: Taufe, muß erfennen, daß die ausländifchen Freunde des Exhmifchen Aufitandes wenig ſichere Ausfichten auf thatjäch-

Haterftügung F" Sachſen war fo gut wie faiferlih und

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ber polnifhe König Sigismund III. dem Wiener Hofe befreundet, wie fein ſcharf abmahnendes Schreiben an die ſchleſiſchen Stände vom September 1618 bemeilt.

Dennod bot das Zufammengehen fremder Bolitif mit dem alle Länder unmittelbar oder mittelbar ergreifenden Aufftande eine große Gefahr fürden Beftand des Haufes Habsburg, an deſſen fiheren Ruin Niemand feſter glaubte als Anhalt, der Allerweltspoli= tifer; doch auch Fühlere Beobachter fanden den Niedergang, ja den Zerfall Oeſterreichs mwahrjcheinlicher als das Gegentheil.

Tenn im Sanuar 1619 rüfteten ſchon die proteftantifchen Adelsherren Oeſterreichs im Viertel 0. d. M.-B. und o. d. W. W. Gie hatten eben einen Tag vor der Prager Katajtrophe (2. Mai) ihre Beſchwerden geharnifchter als ſonſt vorgelegt, nach vier Wochen Wartens eine Deputation nach dem faifer: lichen Sommerfige zu Ebersdorf abgehen laſſen, beren Sprecher, Frh. A. Thon— rabI, jo unbotmäfig redete, daß ihn der Kaifer zurechtzumeifen für gut fand, Die Anjtrengungen der Regierung, die Gährung zu jtillen, eine Vereinigung der Stände beider Bekenntniſſe zur Eintracht und Ioyalen Haltung herbeizuführen, mussten Ungefiht3 der Gefinnungen ber Hauptführer: eines Tſchernembl, Karl v. Jörger, Gott). u. Rich. Stabremberg u. X. fcheitern. Tſcher⸗ nembl, der im vormurfsvollen Schreiben vom 6. Januar 1619 an Zierotin, ben Gegner des Aufftandes, die jichere Ausſicht auf eine allgemeine Conföderation ausſprach, fand an dem immeröfterreichifchen Crulanten Andrea v. Ungnad einen thätigen Qerbündeten. In Steiermart, Kärnten und Krain be reitete fich in der That diefe allgemeine Conföderation der Afatholifchen vor, denn der bezüglide Bundesbrief der Steiermärfer (1619, 20. Februar, Graz), Kärntner (4. März, Klagenfurt) und Krainer (Laibach) liegt vor und bejagt, bei aller formellen Wahrung des „politiſchen Gehorfams gegen den gnädigften König, Landesherrn und Landesfüriten” ein Zuſammenſtehen bis zum Aeußerften. Und daß überall der Glaube, die „chriftliche Libertät“ den Dedimantel der poli: tiihen Standeszmwede abzugeben hatte, lehren die vertraulichen Gorrefpondenzen, zeigt das richtige Urtheil Zierotin'3 über den Sachverhalt.

Nichts ſchien der weitverzweigten Aufitandspartei günftiger als der Tob Kaiſer Mathias’, der den 20. März 1619 eintrat; nun war gewiffermaßen bie lette abwehrende Schranke gefallen.

Der gichtkranke Kaifer hatte vom Herbfte 1618 ab wenig mehr gegolten, Alles Tief ſchon durd) die Hände des Thronfolgers; feine Vorgemächer ftanden öde. Es mahnte beinahe an die legten Tage feines entthronten Bruders. Kaum ein Halbjahr früher war aber aud) eine wichtige Stübe Ferdinand’, Erzh. Marimilian, aus den Leben geſchieden (2. November 1618).

M. erlebte manche herbe Enttäufhung. Lange hatte ihn die Ausficht auf Polens Thron befchäftigt; noch 1597 fuchte er Unterftügung feiner Anjprüche

Krones, Geſch. Oecfterreihs. ILL. 27

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bei dem Czaren dev Mosfowiter, mit welchem Habsburg in bauernden diplomatiichen Beziehungen bleibe. Erſt 1998 gab Mar jede meitere Bemühung endgültig auf. Aehnlich erging es ihm mit Siebenbürgen. Statthalter und jeit 1612 Regent Tirols und der Norlande geworden, fand er endlid) einen größern jelbjtändigen Yebensfreis, ımd nicht gering war fein Einfluß in allen großen ragen des Habsburger Hauſes. An Tirol ſelbſt machten ihm der leidige Bityumshandel, der Mrai von Arco als unbotmäßiger Yajall, der Nernebiger: frieg mit Inmeröjterreih und nicht wenig die unvertilgbaren Regungen dev „Keberei“ im Yande zu jchajlen. Der Brirner Biſchof Flagte viel barüber. Hau und Schwaz ga:ten noch immer als jtarkjektireriich, ebenjo in den Orten Köſſen und Ylillerfee Die Bergfnappen, die dann freilicd das Yand räumen mußten. Auch ein Apoſtel des „neuen Evangeliums“, der Vindergejele Raul Löderer aus Mieders, bei Innobruck, taucht auf und findet Auhang. Tod waren Died nur vereinzelte Erſcheinungen, welche das von der Gegenreformation bem Katholieismus ganz zurückeroberte Yand in feiner firhliden Haltung nicht wandeln konnten. An gutem Willen, Die Yandbesangelegenheiten in's rechte Geleiſe zu bringen, ließ es der thätige Erzherzog nicht fehlen. Mit jeinem Tode jälle Tirol und Norderöfterreich dem (Kefammterbe des Thronfolgers Ferdinand zu. Doch waren darauf Ihen die Blicke Erzherzog Yeopold's, des Biihors von Paiſau und Strafburg, gerichtet.

Die Thronbejteigung Kerdinand’s IT. volzieht ſich in einem Zeitpunkte, der nicht leicht verhängnißvoller ſein konnte. Röhmen ſteht im Aufruhr; in Mäbren, Schleſien greift er um tich, Die Patente, Die ibn beichwören jollen, die Erklärung Ferdinand's II. zu Gunſten Der Rechte und Freiheiten Böhmens (6. April 1619) bleiben wirkungolos. Die proteitantiichen Stunde Rieder-Oeſterreichs zögern mit Der Huldigung; noch entichiedener Die Über-Oeſter— reicher, welche Die Anipriüche Des einzigen noch lebenden Sohnes Marimihian's IL, Erzh. Albrecht's vorſchützen. Den 11.—19. April beiebiießen ſie den Beitritt sur bohmiſchen Confoderation und den Anſchluß an die Pialz, wenn Ferdinand mit Gewaltmaßregeln sin: arte, Narl von Jorger, Hauptmann Des Traunviertels, wirbt Truppen und bejeſtigt Die Vaſſe: auch die Steiermärker werden bearbeitet, wie Me Gegenweiſung Ferdinand's vom 1. Jet am beiten andenter. Anbalt wear alerdärns mir der Bewegung, nament- ib in Mahren. ihr zufrieden, -- „ib reis mich ſchier vor Une ui“ ichrieb er. Rob beit sch Bouswot in Budweis. Dob nur Die Trennung der uuverträgtichen Artegsbinotir Thum und Mars: jeld berpebrte ida vor dem Erdruücktwerder. Dafrur aber Doch Thurnu nach Vromer em und vis bier Me sosernden Geiinmints. genoſſen am Uimuser Tage wiit fh Fern: beld erfikeint et ver: wärend ın Rieder Defterreich, wo feiner Kiele harren. Anrıng

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Juni ericheint er vor Wien, aber trog aller Ungunft der Berhältniffe forgte der Bürgermeilter Moſer für die Vertheidigung. Den 11. Suni findet fih eine Sturmdeputation von 16 pro— teftantischen Mitgliedern in der Hofburg ein, um an bittere Nor: würfe Zmangsforderungen zu knüpfen, deren fid) in diefer Yage der neue Herriher wohl nicht entjchlagen könne. Aber Ferdinand bleibt ftandhaft und das unerwartete Erjcheinen von Faiferlihen Reitern des Dampierre’fchen Regimentes unter Führung des Oberſten St. Hileire (Santhelier) am Burgplage verſcheucht die Dränger.

Noch Steht Thum drohend vor der Stadt, aber der glüdliche Streih Bouquoi's gegen Mangfeld bei Netolic (12. Juni), der ihm den Weg gegen Prag öffnet, beftimmt die erjchredten Direc- toren und Thurn zum jchleunigen Rüdzug von Wien und zur Dedung Böhmens,.

So hatte Ferdinand den Weg offen zu einem der nothwen—⸗ digften und entjcheidendften Schritte, zur Bewerbung um die deutihe Kaiſerkrone. Er eilt in das Reich, indem er feinen Bruder Leopold als Statthalter zurüdläßt. Die Reife führt ihn zuvörderft über Salzburg, wo er (6. Juli) mit dem englifchen Diplomaten, Lord Sames Hay, Viscount von Doncajtre, als „Ver: mittler” zufammentraf, nah München (14. Juli). Hier lag die wirfjamfte Hülfe, nur der Bayernherzog, das Haupt der Liga, ver: fügte über bedeutende Mittel. Wohl kommt es nur zu allgemeinen Vereinbarungen, aber deffen fonnte Ferdinand ficher fein, daß Par von Bayern der Verlodung der Pfalz, Nebenbuhler des Habsburgers zu werden, widerſtehen werde. Nicht Beicheidenheit und Jugend: freundfchaft, fondern nüchterne politiihe Einfiht und das Streben nad greifbaren Vortheilen vermehrten den Wittelsbacher zu candi: diren; es brauchte nicht erft Franzöfijcher Abmahnungen. Die Union verliert am Heilbronner Tage (Juni) nur Zeit mit Reden und Plänen; kläglich ift das Ergebniß des Heidelberger Tages (Mitte Zuli), man folle den Bayernherzog, oder den Habsburger Albrecht vorschlagen, würde aber Ferdinand gewählt, fi) der Mehrheit an- ihließen. So ſank dem Pfälzer im entjcheidenden Nugenblide der Muth zum Wagniß. Ende Zuli befindet ſich Ferdinand als König Böhmens am Wahlorte, in Frankfurt; die Neichswähler erjcheinen, nur Sachſen und Pfalz nicht perjönlid. Auch eine böhmiſche Gejandtihaft, die das Kurrecht für fih in Anfprud) nimmt, trifft ein; aber fie wird abgewielen. Den 28. Auguſt erjcheint Ferdinand als einftimmig gewählt. Die Einigfeit der geijtlichen Kurfürften ebnete Alles für Ferdinand. Daß er die Wahlcapitula-

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ober ch es. ncd. Mit: gate, leinz Herrichait moylib su maden; bie nehrkeit Lejant Die erite und vemein: Die smeiie Frage. Den 26. Auzutt Ichrzitet man nun sur verbänmnigroden Reuwabl nes Monizs von Bohmen. Fur den Savoner irrah nur Mansteld, für dien Sachſen erhoben Die beiden Schlid und Fels, Fuhrer der Lutheraner, die Stimme; Tanemarf und Gabriel Reiblen murden nur neberher genennt; Die große Mehrheit, von Hican, Budowa und Keuroma ceruhrt, war tür den Pfälzer. Ten 27. Muauit murde bie Abiegung yerdinand's feierlich rerfündiat und Die zmeite oder erögere Apologie der Böhmen tollte dieien Schritt vor Der eelt rechtfertigen.

Ti ARachricht von der böhmischen Königsmah! des Tiälzers, melde Mirage, nmmmeikar rad ber Kaiſerwahl in Frankiurti eintra’, veriehlte die Wirkung; vom su var nelommen. An Sachſen aber mar man boppilt erkot auf tie drasz und or Lie feinem rolle geg:n bie „calviniichen Brandrichie“, „riipinsen“, „Läſterpoiaunen“ ireien Laui; is war bie Rraitiprade des Meli: gionobaſies im beiden Lagern.

nur Zeiterreich waren Prager Feichlüiie ein Signal für die Nctions- yarnı, uch zu regen. 5 ſchien dies um io gelegener, als der Sturm aud „hon im Ungarn Iosgebrochen war.

An ben jchlenichen Actenſammlungen jener Zeit finder ſich ein intereſſantes Actenitint aus ben Jahre 161%, das uns den Stand der ungariihen Kron- finan.rı ofienbart. Er entiprad) der kinanzlage in den öſterreichiſchen Grblanden in ben fehten Tagen Mathias’, als man nad) Held jahndere, bei den reinen Mäktern mit ichlechtem (riolge um Tarlehen warb, rüdjtänbige

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XV. Buch: Ferdinand II. u. III. u. d. breißigj. Krieg (1618—1645). 421

Befoldungen noch aus Rudolph's Tagen ſchuldig bleiben mußte, und kaum den Sold für das Feine faiferlide Heer aufzubringen in der Lage war. In diejer jtaatd- wirthſchaftlichen Nothlage Ungarns, welches die bedeutendſten Herrihaften Städte und Bergorte verpfändet, die widtigiten Waffenpläße: Kaſchau, &;. Andräs, Pudnok, Dnod, Tolaj, Kald, Ecſad, Szathmär im Oſten des Landes halb wehrlos zeigt, anbererfeit® in dem Mangel eines ergebenen Heeres, wurzelte die Gefahr, von Ereigniffen überrafcht zu werben, die mit dem Verhalten bes neuen Fürſten Siebenbürgend und mit ber zweideutigen Stellung ber Pforte zufammenhingen. Gabriel Bethlen wußte, daß der Wiener Hof feiner nachbarlichen Machtſtellung abgeneigt fei. Die Nagy-Kärolyer Verband: lungen mit ihm, im Todesmonate K. Mathias’ (1619, 26. März) abgeſchloſſen, bernäntelten nur das gegenjeitige Mißtrauen. Daß die Forderung feiner Ab: georbneten, Ferdinand II. jolle ihm ben Fürftentitel zuerfennen, auf Bedingungen ftieß, konnte er als Beleidigung in Rechnung ftellen. Schon damals entging Die Sadlage im Weften der Leitha, die ganze auswärtige Conftellation ihm nicht, und rief weitgreifenbe Pläne gegen das Haus Habsburg wach. Aber er fahte nur ſichere Erfolge in's Auge.

Ende Mai follte der Breßburger Landtag vor fich gehen, Palatin Forgäch den neuen Herrfcher vertreten. Das verzog fih, und ald Thurn mit böhmijch-mährijchen Truppen zwiſchen Skalic und Dedenburg jtand, forderten die Böhmen den Landtag auf, im Sinne der früheren ftändifchen Conföderation von 1606 zu handeln und ihre Truppen von ber Fahne Bouquoi's und Dam: pierre's abzuberufen. Wohl drängten bie Faiferlichen Feldherren Thurn zurüd, aber die ungarifchen Söldner Tiefen fpäter, als der Vortrab Bethlen's auftauchte, auf eigene Fauſt von bannen, um feiner Fahne anzugehören. Palatin For— gäch gab fih alle Mühe, den Standpunkt einer ftreng neutralen Stellung Ungarns zu wahren, aber nun brach im Landtage ſelbſt die Unznfriedenheit, der Glaubensſtreit los, und während die Regierungsmänner, Forgäch, Päz- man und Eßterhäzy mit ber Lanbesvertheidigung durchdringen wollten, jpradden die Thurzö's und Georg Räköczy, Sigismund’3 Sohn, mit Bethlen im Ginverjtändiffe jo gut wie die Magnaten ©. Szechy und Franz Perengi, für die Dringlichfeit der Sravamina. Kurz zuvor hatte der fchlaue Bethlen, wie ſchon bei Lebzeiten Mathias’ dem neuen Könige feine bedingte Hülfe aber: mals anbieten laſſen, um Ferdinand's Nachgiebigfeit zu erzwingen. Tie Ab: lehnung diejer bedenflihen Anträge macht ihm bie Hände frei. Der Pforte verjichert er ji) durch) feinen Gefandten Borfo3. In Oberungarn berrichen feine Slaubensgenoffen, feine Anhänger vor. Nur Einer ijt hier fein geſchworener Widerfaher, Georg Homonnay, vertrauter Freund Eßterhäzy's, der unter den Regierungsmännern am entfchiedenften gegen den Siebenbürger auftritt.

Zur Zeit, ald die Kaiferwahl Ferdinand in Reiche bejchäftigt, briht Bethlen los. Seinen Anhängern in Ungarn meldet die Botihaft aus Kronftadt (18. Auguft) fein Erjcheinen. Ohne Schwertſtreich kann er den 6. September bis Kaſchau vorbringen. Homonnay muß bald nad) Polen flüchten. Hierher, nah Kaſchau

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Lırkhura fann ihm nicht Widerſtand leiften, Denn mıt Let nf,fncchte unter Tiefenbad) fonnte der Statthalter, Erzh. Leopold sr Tehing auiſecingen. Am 14. Tctober it Bethlen Herr des Ursmumer, vb Yanbtagsortes, und mit fluger Zurüdhaltung fordert ı ben wehrloien Yalatin zur Ginberufung der jtändiichen Ro: venmfsrmerfanmmhng auf. Er telbit eilt weiter, um ſich mit Thum Lore Bien zu vereinigen. Vouquoi und Tampierre fonnten Dies dt hinbern.

Wit größer war die Gefahr für Ferdinand’s Hauptitabt und Ni, als im Zummer Den 26. November lagert Bethlen bei Edienbenm. Aber im Rücken Bethlen’s, in Polen, hatten Althan wmv Homonnay Söldner geworben und Rüköczy erleidet bei Eiterplo am 22. September eine enticeidende Niederlage. Bethlen mu; nun Szecſy eiligſt nach Ober Ungarn entjenden ; er jelbit trennt ſich mim Thurn, nicht gewillt für die Sache Böhmens ein Wagniß zu beftchen; auch Thurn weicht nun von Wien zurück.

Aber noch ſchien der Höhepunkt der Gefahr für Ferdinand nicht erreicht. Einen Gegenkönig hatte bereits der Habsburger wider ſich, denn nach längeren Zögern und Schwanken ließ ſich der Kur: furht von der Pfalz durch den eigenen Ehrgeiz, den auch die Gattin theilte, Den Rath der Umgebung, in welcher der Hofprediger Schulze (Seultetus), ein zweiter Hoc, nicht wenig galt und durd den Be ſchluß der Rothenburger Unionsverjammlung (17. September), in weldyer Chrijtian von Anhalt das Wort jührte, zur Annahme

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in gerechter Bejorgniß vor dem Grolle der Pforte. Denn jeine Botihafter waren ganz bejtürzt über den Empfang beim Großvezier, ber ihrem Herrn fträfliche Eitelfeit und lügenhaftes Wejen vormwarf. Die Pforte war dem Uebermächtigwerden ihres Vaſallen abgeneigt.

Bethlen und Ferdinand bedurften Zeit zu neuen Rüſtungen; fo kam die unhaltbare Waffenruhe und der faule Vergleich vom 17. Sanuar 1620 zu Stande. Der Preßburger Reichstags— ſchluß ächtete aber die Jejuiten, die Zandesverräther: Pazmän, den Preßburger Probſt Balasfy, einen jcharfen katholiſchen Pole⸗ miler, der die Querelae Hungariae befämpfte, Georg Homonnay u. A. Efterhäzy folle ſich vor dem nächſten Reichstage verant- worten. Botichafter an Deutichland, Böhmen und die Pforte haben gedeih’iche Verbindungen anzufnüpfen.

In der That fand das Bündniß Bethlen’s und Ungarns mit Defterreih und Böhmen ſchon den 25. Januar 1620 feinen Abſchluß. Bethlen arbeitet in Conftantinopel gegen die öfterreichi- ſchen Diplomaten Ceſare Gallo und Starzer, denen es gelun: gen war, eine eventuelle Anerfennung Homonnay’s als Fürften Siebenbürgens durchzuſetzen. Diefen rübhrigen Gegner ereilte jedoch bald im PVolenlande der Tod durch Vergif⸗ tung; ein Glüdsfall für Bethlen. Die Pforte bemeijt fich gnädiger ; das Ausland bietet Anknüpfungspunkte; mit Böhmen wird zu Brag der bejondere Waffenbund abgemadt (25. April).

Unter günftigen Vorbedeutungen kann Bethlen Ende Mai den Neujohler Tag eröffnen, auf welchem Ende Suli die Taijerliche Botſchaft erjcheint, unter Führung des Generals Grafen Raymund Sollalto, der mit würdiger Entiehloffenheit den Thronfig in An- fpruh nimmt. Am 17. Auguſt verlafien fie und die polnischen Gejandten den Landtag, welcher zehn Tage jpäter Bethlen zum Könige Ungarns ausruft. Aber die Krönung vermeidet noch der Vorſichtige. „Schufter bleibe bei deinem Leiſten“, fol er dem allzu hitzig darauf drängenden Alvinczi gelagt haben. Zwiſchen der Varteimahl und der Krönung lagen Aufgaben, die noch zu löjen waren.

Aber immerhin war das zweite Königreidy für Ferdinand mehr als halb verloren; das DVerderben Habsburg’ 8 der terminus fatalis domus Austriae, der ftets vor Anhalt’s Augen ftand ſchien ſich doch zu erfüllen.

XV. Bud: Ferdinand IL. u. IH. u. d. dreißig. Krieg (1618—1648). 425

3. Die Schlacht am weiken Berge und die kirchlich⸗politiſche Reſtauration.

Literatur. Außer der z. 2. A. angeführten: 1) über die Schlacht am weißen B. ſelbſt und die verlaufenden Kriegsereigniſſe, die älteren, zunächſt zeitgen. Druckſchrr. bei Weber, a. a. O. ©. 407—409; Brendel, d. Schlacht am weißen Berge 1620 (Halle 1875), eine Quellenunterſuchung; Gindely im Casop. tesk. mus., 50, Bd. (1877): 2) Ueber die Folgen d. Schl. a. w. B. Bol. u. d. ältere Lit; Weber, a a. ©. 412—413. D. wicht. Quellen: Stransfy KRespublica Bojema, 1. A. 1634 (Leyden), 4. A. Franff., deutich b. v. Cornova, 1792 ff, Prag; Idea mutationum bohemo-evangeli- carum ecclesiarum (Amijterd. 1624), ftammt v. Prager Fred. Jacob Jacobäus; Historia persecutionum eccl. Bohemicae (Amfterd. 1648), geſchr. |. 1632 v. Mehr., darunter aud Amos Comenius, Wengerz (Pieu: donym: A. Regenvolscius) Syst. hist. chronol. eccl. Sclavonicarum .... 1. 9. 1650; 1679 n. U. u. d. N. Wengerfcius (Amfterdam); v. fath. ©.: Garaffa, Germ. restaur. u. Relatione a. a. ©.; Balbin, Miscellanea hist. regni Boh. IV. Ueber dieſen patriotifchen Geihichtichr. d. Geſ. Jeſu vgl. die Abh. von Rybieka im 45. Bde. des Cas. tesk. mus.; ferner Hanus, über Die vandalifhe Thätigfeit des Jeſ. Konias in der böhm. Lit., ebenda 1863, L, II. A.;

Peſchek, Geſch. der Gegenreformation in Böhmen (Leipz. 1843, 2. Lit. A. 1850); Legis:-Glüdfelig, Böhm. Chronik, ©. 160 fi; R. Reuß, la destruction du protestantisme en Boh&me, epis. de la guerre de 30 ans (extrait de la revue de theologie) (Strasbourg 1867); Ueber Comenius ſ. Balacky in der böhm. Muf. Ztſchr. (1829 TIL); Gindely, Ueber des Amos Gomenius’ Leben u. Wirff. i. d. Fremde, Situngsber. d. Wiener Af. d. W., hiſt. ©., XV. Bd. |

Tieftrunf, Über d. polit. Zuftand Böhmens, bald nad d. Schl. a. w. B., Cas. tesk. mus., 47. Bd.; Kalouſek, Böhm. Staatsreht (1870, 6 A.); (i. czech. Spr.); Toman, Das böhm. Staatsreht u. d. Entw. d. öjterr. Reichs— idee, 1527--1848 (Prag 1872); Bidermann, Gef. d. öjterr. Geſ. St. Idee, I. Bd. (Innsbr. 1867). Ueber die gefellich. Verhältniffe Mährens v. 1620 veröff. Arhivar Brandl einen czech. geſchr. Auffag (Brünn 1866), (spoleini. pomery v nasi vlasti pred r. 1620).

Ueber die Güterconfisc. f. den Ber. d. Comm. 1623 i. Arch. d. böhm. Geſch. 3. Bd., S. 177—182 u. Riegger, Mater. 3. Stat. v. Böhmen, 3., 5. Theil; w. u. die Tilly: und Wallenjteinliteratur; die zahle. Mono: graphien 3. Geich. des böhm. mähr. Städtewefens (vgl. L Bd., ©. 377 Lit.); insbeſ. v. Schlejinger, Hallwich, Lippert u. |. w. f. Böhmen; Wolny, d'Elvert f. Mähren; i. Allg. Majläth, G. Defterr., 3. Bd.; Pelzel, &. Böhm., 2. Bd. (reihe ältere Lit.); Schlefinger, Geſch. Böhm.; Knies, Wuttke, Üb. Schlefiend Stänbeverhältnifje; Hurter, Geich. Ferd. IL. 3. Bd.; Brig, &. Oberöiterr., 25 Herrmann, ©. Kärntens, 2. (vgl. Tebin-

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Zie entereoden ber neuen Herrichaget waren mit Der Huldi— ami.gede nah, Mahren und Schleſien Februar 1520) vorbei,

net jeut Thattrait su zeigen nad Innen und Außen. Aber in beit ichteuchen Willen, in dem untelbrändigen Weſen e—niih' mar hieiur nicht Kaum. Er ichmanfte zwiichen den naneotiertentoen Einiluſſen ſeiner Deutichen und böhmiichen Umge— ine, nie ſich bald idwel aniahb und im ewigen Hader lan. Ein lets Fuhr, von Yißwachs und endlojem Kriege veruriadt, Noth um Glenn hündigte Tich Immer prohender an, und ttand mit dem printtoollen Hfleben des Deutihen Mönigs und feiner englijchen Gattin in grellen GGegenſabe. Es fehlte an Geld, an Kriegsmitteln,

bie Seeresleitung war vielföpfig; der militäriid) bebeutendite

XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618-—1648). 427

Stopf, Mansfeld, der Söldnerführer, hatte fein Herz für die fremde Sache und lag mit den Directoren in ewigem Streit; er durchblicdte auch wohl das Fadenjcheinige diefes ganzen Striegs- weſens.

Und doch ſollte es bald den entſcheidendſten Kampf beſtehen. Denn der Gegner, der Habsburger Ferdinand, getragen von dem Bewußtſein angeſtammter Rechte und dem Glauben an die Zukunft ſeines Hauſes, einer Großmacht, die ſchon ſtarken Stürmen wider: ſtanden, wußte, was er wollte und ſollte. Das Bündniß mit Bayern und der Liga ſtand feſt, ebenſo der Preis der Kriegshülfe Marimilian’s, die Verpfändung Ober-Oeſterreichs und im Hintergrunde die Uebertragung der Pfalz und ihrer Kur an Bayern; in der That nichts Geringes; aber wo es ſich um die MWiedergewinnung des böhmiſchen Neiches und den Gieg der habsburgifhen Monarchie und des Katholicismus diesſeit der Leitha und ebenfo um die Zukunft der eigenen Herrichaft in Ungarn handelte, durfte Ferdinund nicht lange abwägen. Sein Botichafter Khevenhüller und der bayerifche Agent, Dr. Leuder, bearbei- teten den ſpaniſchen Hof, der fi endli im Hochſommer aufrafft, um Ferdinand’8 Sache und mittelbar die eigene zu unterjtügen. Philipp III. rüftet ein Heer, um es unter Spinola, einem der beiten Feldherren, altipanifcher Schule, in die Pfalz einbrechen zu lafjen. Auch der Papſt muß endlih, von Bayern gedrängt, mit den Eubfidien für die Liga heraus. Polen it habsburgiſch gelinnt; es hatte bald nach Friedrich's Wahl ernftlich auf den Aus- glei) mit dem SKaifer bei den Böhmen gebrungen. Polen und Koſaken ftehen ala Soldtruppen für Ferdinand bereit und erjcheinen bald in Schlejien und Mähren. Ueber den beiden Laufig hält Sachſen die Hand.

Friedrich, der Pfälzer, durfte dagegen auf eine ausgiebige Unterftügung von Seiten des englifchen Schwiegervaters nicht rech— nen. Jakob I. fandte allerdings 2000 Soldaten, einen bunt: Ihedigen Haufen Zuchtloſer, unter Grey’s Führung ab, verfiel aber jonjt ſtark dem Einfluffe der ſpaniſchen Politik und ließ nur un: fruchtbare Bermittelungsverfudhe in Scene jegen. Frankreichs Königshof war damals noch einer entjchiedenen Angriffspolitit gegen Habsburg-Defterreich fern, Venedig nur ein diplomatifcher Freund. Die Holländer zeigten fi) fühl und zurüdhaltend und die Zeit des jungen Schwedenkönigs, fih in die deutihe Frage zu ftürzen, war nicht gefommen. Zum Beiftande aufgefordert, konnte fich Guftav Adolph leicht mit den Gefahren entfchuldigen, die ihm der Papis⸗

498 XV. Qu: Ferdinand II. u. III. u. d. Sreitigi. Krieg (IHII— EAN).

mus und ſein Rivale, der Tolenfönia, bereiten. Sachſſe n ſtand bereits mit Ferdinand im Einveritändnite, denn die Yaufig war ihm als Bundeslohn zugedacht, und wenn auch Kurfürſt Georg auf dem Mühlhauſer Fürſtenconvente (Mär; 1620) noch zögerte, auf die Aechtung dis Pfalzgrafen-Königs einzugehen, jo war Dies nur aus Bedenken über den Cindrud deinen in proteitantiichen Kreiſen geicheben.

Was aber am unmiderleglichtten die innere Zerfahrenheit, den furzen Blid, überhaupt das Mortreihe und Thatenarme der Union fennzeichnet, find die Beichlüfe des Ulmer Tages vom 3. Juli. Hier mußte es der ichlaue Banernherzog, unteritügt von Frank— reis (Hejandten, dahin zu bringen, daß die Union, deren dama: liger Iherhauptmann der Brandenburger war, mit der Liga einen Jeutralitätsvertrag abſchloß, und hierdurch die Sache des Pfälzers in Böhmen preisgab, während Marimilian und die Liga in dieſer stage, Spanien bezüglich der Pfalz, freie Hand behielten.

K. Friedrid war jomit auf ih, auf Böhnen, Mähren und Schleſien, ſoweit jie der protejtantiichen Bemwegungspartei angehörten, und auf die Sympathieen der Tefterreiher und Ungarn beichränft. Die ausgiebigite Hülfe konnte nur Gabriel Bethlen gewähren.

Denn all’ die Correipondenzen über die Action der Oeſterreicher und der jteierijch = färntnischen Sejinnungsgenofjen: man wolle dem Mälzer zutallen, dem Bethlen die Päſſe öffnen, den Türken jelbit fi) als Schußherrn gefallen laſſen, veritummten bald Angefichts der erniten Maßregeln Ferdinand's im Stammlande der Monarchie. Ten Niederdjterreichern wird ein peremptorijcher Huldigungs- termin gelebt; Die Mehrzahl fügt fi) den 13. Juli; die Seceſſio— niſten verſammeln ſich in Horn und Retz und trogen; den 12. Sep: tember trifft dann 31 vom del die Aechtung. Oberöſterreich, bem das failerliche ‘Patent vom 30. Juni die Augen öffnen joll, hört bald non dem Anmarſche des ligiſtiſchen Heeres unter Führung bes Herzogs von Bayern und feines Feldherrn Tilly. Der fünftige Iufaubherr Oberöſterreichs erfcheint den 3. Auguſt in Linz, ſetzt im Kamen des Kaiſers eine letzte Friſt der Huldigung auf den 19. Auguſt und erzwingt ſie von der Mehrheit.

Und nun bricht Das ligiftifche Heer zur bintigen Entſcheidung nenen Böhmen auf, nachdem es fich bei Nieder: Pölln (8. Sep: tember) mit der Meinen kaiſerlichen Armee unter Bonquoi vereinigt. Ein ſeltſames Geſchick führte da die beiden wallonifchen Landsleute zuſammen, Vonquoi und Johann Ticherflas von Tilly, beren Erſterer noch jüngft der Spanischen Krone gedient hatte,

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während der Zweite (geb.. 1559), in jungen Sahren gleichfalls in ſpaniſchen Dienften, unter Alerander Farneſe focht und von 1595 etwa bis 1610 den Habsburgern diente, um dann, als ftrammer Soldat und rüdjichtelojer Katholif von den zerfahrenen Verhältnifjen angewidert, bayrijch=ligiftifhe Dienfte zu nehmen. Der britte Wallone auf den damaligen Schauplage, ein waderer Krieger, Dampierre, war furz vorher als Soldat auf dem Kampfplatze gefallen.

Denn bevor auf den Gefilden Böhmens gefchlagen wurde, hatte bereits Bethlen die Waffen ergriffen, feine Feldherren gegen Lackenbach (Lokhäza), den Sit feines bedeutenditen Widerſachers, Eßterhäzy, aufbrechen laſſen und in eigener Berfon Haimburg, den wichtigen Grenzplag an der Donau, berannt. Dampierre ſchlug jedoch die Schaaren Bethlen’3 vor Lackenbach, nöthigte ihn felbft von Haimburg abzuziehen, ftürnte dann gegen Preßburg und fand hier von einer Kugel frühen Tod. Gollalto konnte bei Petronell (11. October) das Teld gegen Räköczy nicht halten.

Die Hülferufe Friedrih’s von Böhmen und Anhalt’s, der Haupt: ftüge des böhmischen Defenfionswerkes, an Bethlen gerichtet, bemeifen am beiten, wie es drüben ausfah. Es war ein Chaos, in welchem der Streit des böhmiſchen Kriegsrathes mit Mansfeld, deflen wiederholtes Entlafjungsgefuh ebenjo charafteriftiich ift, wie das Zurüdweichen der böhmiſch-mähriſchen Armee Friedrich's gegen Die Mitte des Landes, nachdem man die Bereinigung Bouquoi's mit den Ligiften zu hindern unterlaffen. Als ſchon die Entſcheidung mit großen Schritten nahte, Schloß fih Mansfeld in Pilfen ein, täufchte die Alliirten, namentlich Bouquoi mit der Ausficht auf Webergabe des feften Platzes und jeinen Eintritt in kaiſerliche Dienfte und hielt fie fo bis zum 25. October auf. Zur gleichen Zeit kün— dDigte er aber der böhmischen Krone die Dienjte auf. Zum lebten Male hatte er mit dem Generale Grafen Hollach (22. Uctober) eine gemeinfame Waffenthat vereinbaren wollen. Ein letter Antrag Anhalt's, den erprobten Kriegsführer feitzuhalten, kam nicht mehr zum Austrage', und Selbitverleugnung, moraliihes Pflichtgefühl fannte Mansfeld nit. Was galt dem fchlecht gezahlten Söldner- führer die verfahrene Sadhe der Böhmen! Nur ein Theil jeiner Truppen, darunter fein Leibregiment, focht bei der Entſcheidung mit.

Don Rakovic hatte fi der Generaliſſimus Friedrich's und der Böhmen, Chriftian von Anhalt, zur Dedung Prags gegen den weißen Berg gezogen. Hier ſchlug er ein gut befeltigtes Lager auf. Er folgerte richtiger als der eigenfinnige Graf Thum. Schon

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ur, 2, Aisinsestt geiongen genommen wurde, konnte Die allge— nee at lt sutcntnoonmen; nur die Mährer, unter wub: ums ter en an Thurns, barrten aus und ttarben meiſt Den nn 1 nern Fon Gen Ligiiten murde der nadımal5 io be: sub Vapgpenheim ichmer verwundet; doch genas er :n Praa in quſn burawrhid,ec Atloge,

Ahnungeli,, pa bie Schlacht bereits geliefert, mar König zehn anmebrochen, um Tein Heerlager zu beſuchen. Anbalt, Shin une zonllech, Tpreengten flüdjtig einher und brachten ihm Kunde oo en Ulnſeil. Jam 5 Stunden reift newährte Der Tiegende Kuyanberene ment Nenergeichmetterten, der nur das Nöthigſie zu: bunten mit rau, Mindern und geringem Gefolge aus Prag entiluhh, un Ner uher Nymburg nad Breslau einidhlug, um ham ragen Glenn \ahres, enttbront und heimathflüchtig, den Wen ber Aeilin nach IBolfenbüttel, Hamburg und endlich ac Solana nehmen, wo ſich ihm zu Haag eine Freiſtätte dar— hit, Mitche Aulle quälender Gedanken mochte feine Seele bewe— war, unn mienyieſ harte ‘Worwürfe und Verwünſchungen mochten ben „Minferkönige“ in jene Verbannung folgen!

Eine hunde Kampfes entjchied über die ganze Zufunft der Vanher mer böhmiſchen Mrone und die geſinnungsverwandten Leiter: reiche, Nuch holen Die Schlejier am Breslauer Fürſtentage (4. Tezember), bei Anweſenheit riedrich's auf die Mährer und das Nethlen'ſche Ungarn; ſie verfprachen tren auszuharren, „Leib und dt bis anf den heßten Blutstropfen zuzuſetzen.“ Doch all’ dieſe Köoſffnungen waren eitel, -- und balb verzmweifelnd hatte ;sriedrich feine oben ngedentete Flucht fortgeſeßt.

XV. Bud: Ferdinand IL u. II. n. d. dreigigi. Krieg (1618— 1648). 431

Aber die Hoffnung, aus der Tiefe feines Unglücks wieder emporzukommen, verließ ihn nicht. Der Friegeriide Markgraf von Kägerndorf, Johann Georg von Brandenburg-Anſpach, hielt an Friedrich's Sache feit und ſuchte ſich mit Gabriel Bethlen zu verbinden, der noch in Waffen gegen die Kaijerlichen tand. Von Hamburg aus fjchrieb den 18. Februar, 1621 Friedrid an ©. Bethlen: „Er möge nur den Krieg im Fluße halten und Dejterreih, Steier— mark und Kärnten gänzlich verwüften, Mähren zernichten und Schlefien niit der Nachbarſchaft in Grund verderben und zu Aſche brennen“ (!) Inzwiſchen dürfe Friedrich durch Unterjtügung ſeines Schwiegervaterd, K. Jakob's I., bes Dänenkönigs (mir deſſen Sendboten und den Vertretern Holland's, Eng: lands dann im März 1621 Friedrich in Segeberg zufammenfommt), des Kö: nigs von Schweden und der niederfähfiihen Kreisjtände (denen er am 2. März fchreibt) auf ein Heer von 20,000 Mann, auf die Mitwirkung Mansfeld's, der fich noch immer „treu und ritterlich” gegen ihn benehme (!) und auf den Bund der Generalftaaten gegen Spanien rechnen. In dieſem Briefe erjcheint bereit die politische Conjunctur der nächſten Jahre angedeutet. Tes weitern Krieges Bethlen's werden wir an anderer Stelle gedenken. Hier jeien zunächſt die Folgen der Schlacht am weißen Berge hervorgehoben.

Wir haben bereits der Schlacht am weißen Berge in ihrer weit— tragenden Bedeutung gedacht. An die Niederlage der ſtändiſchen Oligarchie, wie ſie ſeit 1606 ihrem Höhepunkte zueilt, knüpft ſich diesſeit der Leitha der Niedergang des autonomen landſchaftlichen Lebens, wir möchten ſagen ſeine Verflachung, zu Gunſten der die öffentlichen Angelegenheiten ſtets mehr bevormundenden Staatsge— walt. Das warnende Wort des Autonomiſten K. v. Zierotin, die Stände möchten nicht zu viel anſtreben, um nicht Alles zu ver— lieren, ſollte ſich erfüllen. Das, was den Geſchichtsfreund ergreift, iſt nicht die Niederlage des übermüthigen, auf das Privilegium der Alleinherrſchaft pochenden Feudalismus, in ſeiner unduldſamen Einſeitigkeit und groben Mißachtung der bürgerlichen und bäuerlichen Intereſſen; ſein Kampf mit der Monarchie war kein Vertheidigungskrieg gegen Tyrannei, worin es allgemeine, heilige Rechte des Volkes galt, ſondern ein Kampf um wahrhaftig unzeit— gemäße Alleinbefugnijfe, deshalb hatte er auch einen fo fchnellen, vernichtenden Ausgang. Was uns tief bewegt, it Die Thatfache, daß die fiegende Macht wie immer in foldhen Zeitläuften des Nächeramtes waltet, und wenn der Kampf um das Recht aus: gefochten ift, die Unterliegenden als politijche Verbrecher zur Strafe zieht, daß bedeutende, perſönlich achtbare Männer an Leib, Gut und Ehre gebüßt werden, ihr Familienwefen dem Verderben überant: wortet erfcheint, daß der Sieg nicht bloß reinigendes Gewitter, ſondern zugleich zeritörende Fluth ift.

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4323 XV. zu: Tome In . rmeramur Mil—isen

Der nım Des alım anntmammum Aria Biimems und Mäb- rens, inalstondare ir Zirülarie Krriirtan, Io Sunifiune Der Naticn imo rlmizenm Zinni, TerisomntT srmumscsı ein neue: merzälidge li yıanlmande ent nd, men ron fremoturtisın Alrtımimlizun JnrunlT, vun Terre Die Krone Murh Zkirkunzm mninmn Mans orııcer, zur Dem Die PANNE Las: Emmin, Ing: haar Seifen Raufls su erserben. Sun die 2 Mae Mir Dinträleliinen, zmıD: serNnm I. ſelbit in Der iinlinzarziritnn rin 1830 aut narım en Iritheil

ter uterm: nge viraniälagge, rien Dal uner in Banden Der geldbedurittnen Masionmz, me leinirıczs ———— muß, um rat in den Binz vorn Barvummun an vranam, ale Ver: prliotungen su beglcichen umT udcrdies vn der Ferinniu At ihrer Vollmachtiräger und Bunt. menuntir Itamiae cusgebeutet wird. Neben Dielen ntuen Landicſen techn Dis anneimniiden fatho— lichen Herrengeſchle chter, denen die Krene variiibnr 7. mel te im den Taaen Der Sturme treu bieten, er idlcae, Me durs Ketho: liichwerdung und Yomalitar !hren Zortbeil zictzeitis u mihren ver: ſtanden. Es beaimmt na dir Guzerzerig in einselnen grogen Herrſchaftsbeſtanden antubeuren.

Herber geſtaitet ich ader unſer Emrñnden, wein wir Die katho— liihe Renauration Bohmens ibre Sırbe ie bzsinmen ſehen. Wir wollen nit in Abrede teen, daß Dir Sieg des ttindiichen Protestantismus in der Schlacht am weißen Berge em fatosliichen Weſen eine emorindliche Feuervrobe bereitet und faum nit Gewalt— thaten geivart hätte, wir witten ſehr wohl, Das jenen Zeiten Die (sleubensduidung ferne ſtand und auch in vroicttantiichen Neichen Die berrichende Kirche es an Gewaltmaßregeln nicht fehlen ließ; aber jene Korausſetzung und Diele leidige Wahrheit mildert nicht den peinlichen Eindruck der Ihonungastoien Katholiſirung, welche der Ueberzeugung Feſſel anlegte, ſich mit dem Scheine ſtatt der innern Weſenheit des Erfolges mühte, und Tauſende von Fami— lien zwang, aus dem Lande zu weichen, wenn tie Dim EGElaubens— wechtel die Yuswanderung vorsonen; welche wider das proteitantiiche Bücherweſen einen vandaliichen Krieg begann und eine unabſehbare Fülle von leibliderundgeiftigerArbeitsfraitdemXande entjremdete, die zum Theile unerſetzlich blieb. Denn serade dag reid) entiwidelte Städteweien Röhmens und das deu:iche Bürgerthunt wurde von den Folgen der tateftrophe am büärteiten betroffen; aus feinen Reihen gingen die Schaaren der Erulanten bervor, welche dem benachbarten Zadjjen, den brandenburgspreußijchen Landen, dem

XV, Buch: Ferdinand II. u. IH. u. d. dreißigj. Krieg (1618— 1648). 433

Norden Deutſchlands Volkskraft und Gewerbfleiß zuführten. Waren biefe ſſtaatswirthſchaftlichen Einbußen an fi groß genug, jo wurde ein Erjag des Verluftes in der Folgezeit unmöglih, da gerade Böhmen: Mähren, in den Wirbel des nahen großen Krieges gezogen, wiederholt deſſen Heeritraße und Tummelplag wurde. Dem Böfen folgte örtlich das Schlimmere; die nationalöfonomifche Krife trat erjt dann recht grell zu Tage.

War die fatholifche Reftauration in dieſer Richtung ein grober politifher Fehler, der ji rächen mußte, jo geftalteten fich feine Folgen noch in anderer Richtung verhängnißvoll. Die fiegende Ge: walt machte in den Augen der dem Beliegten ſtets geneigten Welt nicht bloß die Hingerichteten zu Blutzeugen jtändifcher Freiheit, fon- dern die Geächteten und Erulanten zu Märtyrern ihres politifch firhliden Glaubens. Der große Kreis der Gegner Habsburgs im Reihe und in den Nachbarſtaaten bejaß darin den willkommenſten Anlaß zur Verketzerung des öſterreichiſchen Herrſchafts— jyftems; die jchärfiten Federn, die fih in den Hanfeftädten, in Holland, in Skandinavien u. 0. D. gegen das Haus Defterreid) fortan in Bewegung ſetzten, gehörten dem Kreiſe der Flüchtlinge und Auswanderer an.

Dazu tritt der große Nachtheil der nun vorherrſchenden gei— ftigen Abfperrung der deutjchen und böhmifchen Lande Habs: burgs vom Reiche, die doch feinen politiichen Vortheil dem Staate brachte und eine Entfremdung, eine begreiflihermweife jcheele, oft ungerehte Auffaſſung im Auslande nach fich 3009.

Zwiſchen dem PBrinzipe der katholiſchen Reftauration Ferdi: nand’s II. und der Art feiner Verwirklichung müffen wir allerdings ebenjo unterfcheiden, als zwiichen der Abſicht und dem Endergebniffe der von diefem Habsburger angeftrebten Glau— benswandlung der Länder. Die Werkzeuge jener Reftauration ließen ihren eigenen Leidenichaften, ihrer Unduldſamkeit, ihrem Haffe, nicht jelten auch ihrer Gewinnfuht die Zügel ſchießen und verjchärften willfürlic die Befehle des Fürften. Ein Martinic und Slamata, die Männer der katholiſchen Legitimiftenpartei, 1618 die Opfer ſtändiſch-proteſtantiſchen Haſſes, waren ficherlich einer Schonung des niedergeworfenen Akatholicismus nicht geneigt. Karl von Lied: tenjtein, der Eonvertit, und Cardinal Dietrichftein, von der Bewegungspartei in Böhmen: Mähren gleichfalls geächtet, jener zum Statthalter Böhmens, diejer zum Verweſer Mährens auserjehen, waren rüdfichtslofe Naturen, wenn auch nicht ohne ftantsmännischen Blid. Spanier, wie Don Balthafar Maradaz, der dann als

Krones, Geld. Deſterreichs III. 28

434 XV. Bud: Ferdinand IL. u. IIL u. d. dreißigj. Krieg (1618— 1643).

Landescommandant in Böhmen erjcheint, ein jtreng-fatholiiher, an eijernen Gehorjam gewöhnter Soldat, und Don Martin de Huerta, von dem es heißt, er habe unmittelbar nach der Schladht am weißen Berge dem Kaijer gerathen, das „ketzeriſche Böhmenvolf“ zu ver- tilgen, Tannten feine Milde und Huge Schonung in dem ihnen wildfremden Lande. Die aus der Verbannung heimfehrenden Se- fuiten, die meijt frembländiihen Dominifaner und Kapuziner mwetteiferten in der Austilgung des Ketzerthums. Leute endlich vom Chlage eines Paul Mihna von Wacinom, der, vor Kurzem GSecretär bei Martinic, bald Hauptmann aller königlichen Städte wurde, mußten aus dem Confiscationsgeichäfte ungemefjenen Mugen ziehen und dieß um fo mehr, als fi in dem jeit 1620 durch Mißwachs, Brandihäden und Krieg fürchterlich heimgeſuchten Lande die geldbedürftige Regierung trog der günitigften Bedingungen feine willigen Käufer raſch aufzutreiben in der Lage war und fi die fchlechteiten Terminzahlungen gefallen laſſen mußte. Unter ſolchen Verhältnifien konnte der Statthalter K. v. Liechtenftein 1623—1624 für die Summe von 319,503 böhm. Grojchen jeche- zehn confiscirte Herrſchaften an fich bringen, der Dann der Bu: tunft, U. E. v. Walditein, (Wallenftein, der „Friebländer“), deſſen Verdienſte um die Herrihaft Ferdinand's (in bedrängtefter Zeit) nicht vergefjen blieben, mit feinen großen Gelbmitteln und dem ihm eigenen öfonomifchen Genie der reichte Grundherr Norbböhmens werden, was dann auf den Nofenberger Herridaften im Südoften des Landes die Eggenberger durch den allmächtigen Günftling und Premierminifter Zerdinand’s, Hanns Ulrich, und jpäter, alfo nicht feit der Schlacht am weißen Berge, fondern erſt in der zweiten Hälfte des 17. Sahrhunderts, die Grafen-Fürften von Schwarzen: berg durch Erbichaft und Kauf (1660—1719) wurden.

Vergeſſen wir endlich nicht den Drud, den die Bolitif der katholiſchen Kirhe auf die Maßregeln des Regenten übte. Man darf Ferdinand II. mit Philipp II. überhaupt nit und gerade in der Richtung nicht vergleichen, die zur Parallele zunächft verloden könnte. Der ſpaniſche Habsburger erjcheint als die Ver: förperung des abjoluten Monarchenwillens in weltlich » firchlichen Dingen, während der deutjche Vetter zu leutfelig, lebensfroh und zu vertrauensvoll gegen feine Günftlinge, um Autofrat zu fein, bis zur Vernachläſſigung politifcher Vortheile und monarchiſchen Anſehens zunähft gehorſamer Sohn der Kirde ift und ‘ihr gegenüber jene Ausdauer und Feftigfeit nicht offenbart, die ihn bei Fritiichen Lebenslagen auszeichnet. Dies zeigt die Gejchichte der

XV. Buch: Ferdinand II. u. IH. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 437

Genofje der böhmiſch-mähriſchen Brüdergemeinde nicht finden; er lebte, vereinfamt und gebrochen, zu Breslau, wollte aber doch auf heimiſcher Erde fein Leben fchließen nnd ftarb zu Prerau (9. Octo— ber 1636). Die Führung der Landesangelegenheiten lag nun überall in Fatholifchen Händen; die Bedrohten der Bewegungsepodhe waren nun obenan gefommen.

Wir müffen nun der angedeuteten Zuftände in den ein- zelnen Ländern gedenten.

Böhmen. Nach der Schladht am weißen Berge waren außer dem Egerlande und Elbogen no Pilfen, Tabor, Wittingau und Münchengräk in den Händen der pjälzifchen Partei. Mansfeld, der ſich auf Furze Zeit nach Deutfchland begab, machte den Ligijten und Kaiferlichen noch viel zu ſchaffen und ftand mit Gabriel Bethlen und den kriegeriſchen Marfgrafen von Jägerndorf in Verbindung, bis er endlich in bie Oftpfalz als ſchlimmer Gaft eindbrah und fein Oberjt ranzl Pilfen an Tilly übergab. 1621, den 13. März erfcheint die Faiferlihde Com: miffion ans Wien in Prag, dem Statthalter Fürſten Karl von Liechtenftein zur Seite Den 18. d. Mt3. erließ bdiefer die erfte Citation der abweſenden Führer des Aufjtandes. Um dieſelbe Zeit nahm der fähfiihe Kurfürjt den Grafen Andrea Schlid gefangen und ließ ihn (23. März) nah Prag fchaffen. Der fleine Krieg dauert fort. Dazu traten gefährlide Bauernunruben im Weiten Böhmens, die ſchon 1620 begonnen hatten.

Am Suni 1621 wurden von ber kaiſerlichen Commilfion 45 Berfonen aus den drei Ständen als der Rebellion fchuldig zur Strafe des Tobes und des Ver- luftes der Stanbesehre und des Güterbefiges verurtbeilt; 13 davon (darunter Wil- beim Popel von Lobkowie der Aeltere und Baulvon Ritan) zum ewigen oder zeitlichen Kerfer, Einer zur Stadt: und Landesverweiſung auf ein Jahr begna⸗ digt. 283 Perſonen follten den Tod durch das Schwert mit Verfchärfungen er- leiden; darunter Graf A. Shlid, ®. Budowec von Budowa, Chriftoph Harrant von Boldic (böhm. Kammerpräfident), Kaspar Kaplir von Sulemic (Oberft:Landichreiber) und Diwiſch Cernin von Chudenic, Prager Schlof- bauptmann, der einzige Katholif, als die hervorragenditen der Zehn von adeligem Stande; Johann Kuttnauer von Sonnenftein, Bürgermeijter der Prager Altitadt, Joh. Schultis, Primator von Ruttemberg, Mar Hostiälel, Primator von Saaz, Simon Susidy, Primator von Schüttenhof; Theodor Sirt von S:ttersdorf (Nachfomme des Mannes der Bewegung von 1546—47) und Dr. Jeffenius von Sefenom, Rector der Prager Univerfität als die Nennens- wertheiten der 18 Verurtbeilten vom Bürgerftande und Patriziate.

Am Morgen des 21. Juni beftiegen das Blutgerüft vor dem Rathhaufe der Altftadt 24 Männer, deren Todesurtheil Ferdinand IL nad langem Kanıpfe mit fi felbft unterzeichnet hatte; als die Erſten Graf Schlid und Wenzel von Budowa. Zmölf der Hingerichteten, die alle gefaßten Muthes ftarben, waren Greije; der Aeltejte, Kaspar Kaplir, YOjährig, Budowa jelbit im Ater von 74 Jahren. „Diefe Hinrichtung,“ fchreibt der Zeitgenoffe Stäla,

434 XV. ug: Arbınand IT. u. III. u. d. Breäcı. Array 1 1773-5,

„murbe von einem und Benieber SSaririchtet Einen 4 Zranzen und iS 28 mwanbt vollbracht, bar er bei feinem "rınzigen einen webibieb :E22 zur szer mu

zchmertrin, mir bein ertien kapite er ihrer 1], mir Sim smeien . mu en m libreaen #.” Als er Sein blutiges Zert beendigt, zarte er ir Röp’e und A Ganbe zuſammen, um ire an den beiven Zeiten bes Früdenzhburres in einen Käfigen aufzuhüngen. Len 22. uni wurden mehrere Terionen vom Henker aus her "Ztadt gepeitſchi.

an Kereiſe der (Mlaubensireunde bildere fi eine förmliche Yegende von Den lekten Stunden dieſer „Nutzeugen“ evangeliicher Yehre. Zımon Yomnictn von Nuh? verſaſite ein vielgeleſenes Mlagelied darüber.

F.rı hurtuüdige Widerstand Fabor’s bis I. November 1621, die Geiähr⸗ lichteit Mausſeld's, bie Einbrüche Des Kägerndorier Markgrafen und Gabriel Mrerhlen ss Sortychritte in Mähren vom Herbſie 1621 bis in's Frühiahr 1622, von Allem aber bie Nothwendigkeit, Die geſetzliche Ordnung Angeiicht3 neuer Nanemmnhen (4.98, in Cuböhmen, um Röniggräß) und bed um sich grei- ſenden Munberwejens, herzuſtelleu, verzögerten die Durchführung besflichlich politiſchen Reftaurationswerfes, beijen Hauptphaſen wir hir bie Seit von 1620 1620 in Schlagworten andeuten wollen.

150, den 0. Dezember kommt es zur Wiedereinführung der Jeſuiten. 51, 1, Mary ergeht ein Schreiben des Kaijers an Yiechtenjtein und den 3. Juni das eiſſe Berbannumgsedict gegen Die Prediger, Profeſſoren und Lehrer des calumiſchen oder ſonſtigen „Seeten (Manbens“, die dem Pfälzer angehangen. Die ESachlage näthigt zur einſtweiligen Ziptirung dieſer Maſtregel. Ende 1621 ſieht die anche günſtiger, da auch Vethlen mit Ferdinand Frieden geſchloſſen (ſ, w. u.) 1.4. Hezember 1621 wird Die Ausführung des Decretes vom 3. Juni anbefohlen; a RPrediger wandern and Prag, > duldet man noch. 21. Dezember 1621 tom es zur bezüglichen Ueſchwerde Des jächſiſchen Kurfürſten, welche der öfter. vandhofmeiſter Adam dv. Aalditein 1622, 28. Januar. dahin beantwortet, daß ca ſuh aunadbit nur um Veſtrafung politiſcher Verbrecher handle. Tir augeburgiſchen Conſeſſionoglieder und andere Unſchuldige ſeien nicht ge— mir. Wan Rome dann zu NAufſchüben dev Verbaunnung Der lutheriſchen Geiſt⸗ beit, dia Vetober I. Den so. April 1622 ſolgt Die Uebergabe der Uni: Perditut und allgemach aller nadiiichen Schnulden an die Jeiuniten.

m’ 2% Jule ?26. September gelangen Die kaiſerlichen Ediete Der Ner: dannung des PRiadicantenthumd amt Yande an din Werbiichor von Prag Wan von Mirach ale Nachtolger Dia alten Yohenidd und an den Ztattbalter. te’ erkenne zen. Mandate Die nun auch air Die Wetarboit: frrunga der protetantuchen Varenwelt abzwecken. Von beionderer Ri: ligtein st das vorn Nr Les Dat denelben die einze m Kedanbet: ürung angerubtr werden. Jin XLII. Yen mi) Biasphentie gegen

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XV. duch: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 439

Erzb. Harrach, Strahomwer Abt, Kaspar v. Queftenberg, Kapuziner Baler. Magni; b) Weltlide: Graf Dtartinic, Chriftoph Wratislam v. Mitrowic (Mitrowsky) u. Friedr. v. Talenberg.

Die politifhe Reftauration gebt ihrem Abichluffe entgegen. Den 10. Mai erfolgt die Wiederherftellung des Klerus als eriten tand- ffandes. Die „Verneuerte Landesordnung” des K. Böhmend., worin die Alleingeltung der römiſchen Kirche ausgefprochen wird, befiegelt die neue Ordnung des Königreichs. Der Kaifer verfügt den 29. Mai: die Wieder: erneuerung ber böhm. Landesprivilegien, den Majeftätöbrief v. J. 1609 aus: genommen, welchen Ferdinand II. mit eigener Hand zerſchnitt. Die Verordnung über den Huldigungseid der neuen im Lande eingebürgerten Standedperjonen und die Legitimation des neuen Adels zum Randtage (vgl. das ergänzende Patent v. 19. Mai 1629) bilden die Endpunfte diefer Reformen.

Die kirchliche Reftauration greift nun entjcheidend durch. 1627, 31. Juli (am Tage bes h. Ignatius von Loyola) erfcheint das Reformationsmandat, welches den Herren: und Nitterftand anmeift, in ben nächſten 6 Wochen Fatholifhen Religiondunterriht zu nehmen oder nah Ablauf dieſes Termines mit feiner bemeglihen Habe und dem durch Per: fauf unbeweglichen Gutes erzielten Gelde gegen Abzug einer beftimmten Gebühr audzumwandern. Der Auswanderung: termin wurde nachmals bis Ende Mai 1628 erftredt. Inzwiſchen erfloß auch die Föniglidde Refolution v. 17. Sept. 1627 betreifd der Ausfolgung bed Emigranten: Termögend für alle Föniglihen Städte des Landes, Budweis, Pilfen und Schlan ausgersmmen. Es wurden 4 Quoten für: a) Majeitäts- verbrechen, b) ausftändige Gontributionsrene, c) Privatforderungen und d) Ge: meindefhulden in Abzug gebracht. Vermächtniſſe, Käufe und Theilungen unter der Hand follten feine Nechtöfraft haben. Den Reigen biefer Maßregeln ſchlieft das Decret vom M. Juni 1628. Es ſtellte als peremptorijchen Aus: wanderungstermin 6 Tage feſt.

Die Wirkungen der Reſtaurationsmaßregeln nehmen bald große Dimenſionen an. Obſchou ſehr Viele ſich zum Schein-Katholicismus be— quemten, muß doch die Auswanderung um des Glaubens willen mafjenbaft genaunt werden.

1623, 24. Juli bis 25. Sept. wanderten aus der Prager Altjtadt, aus dem Leit- meriger und Jungbunzlauer Kreije, dem Heerbe der Yrüdergemeinden, an 12,000 Perſonen abeligen, bürgerlichen und geiftliden Standes aus. Seit Ende Juli 1627 betrug die Zahl der Prager Frulanten täglih 70—80 Perfonen. Die Haupt: ausmwanderung v. &. 1628 läßt als Endergebniß nad) den Aufzeichnungen des Fatholijchen Geſchichtſchreibers STavata die Zahl von 36,000 Erulanten: Familien, darunter 185 adelige Geſchlechter, annehmen. Ihr jteht ein Geldwerth des confiscirten Gutes von IO—45 Millionen Gulden gegenüber.

Zu diefen Auswanderermaſſen ftellten einzelne Orte bejonders hohe Con: tingente, jo Brag vor Allen, Kuttemberg, dad nun ganz verödete umd ver: arınte, Jungbunzlau, Leitmerig, Königgrätz. Die Einwohner von Lyſa äſcherten vor dem Eintreffen der Glaubensconmijjion den Ort ein, unb

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Mir Diesen Erulanten HKüchtere alerdings cin Then der stazboltichen Yıreranır Föhrmens in's Ausland. Tie grötten Büchermaiſen, Dearunier eine bedeutende Anich: inkrfrecesıter nationaler DTruckwerke ianden zedoch 5 „Kexzeriſches“ ihre ſchonungsloie Lettilgung. Rühmte ich Doch, wie der geleurie Böhme Balbin, in Allem mehr Parriot als Jeini:, vorwurisvoll erwähnt, deſiſen Ordensbruder Konias, er habe viele Tauiende böhmiicher Bücher den Flammen übergeben.

Mähren. 1620, 211. Tec. ging die Amneſtiedeputation Der mähriſchen Zrände nad) Arien ab. Ter Kciſer jagte Begnadigung den „Veriührten“ zu und be: traute din Sardinalbiihoi Tietrichitein mir der Unteriuchung der „Schuldigen“. Es wurde eine eigene Unteriuhungscommiiiion beitelt, und ſchon am 11. \anuar 161 durch Tierrichitein eine Reihe wichtiger Maßregeln durchgeſetzt und zwar, im \ntereiie Des geiſtlichen Einfluſies, Die BVerechtigung Des Klerus sum Güterkauie und Die Landtags-Abſtimmung nicht nach Perionen, wie biöher, ſondein nad) den vier Ständen, die lebergabe der Jugenderziehung an die Jerniten, die Reviiion der Landesſtatuten und Die Katholiſirung Der Magiinate von Brünn, Olmüs und Sradiid.

1521, 16. Januar erſcheint bereits Tietriditein zum Generalcom— mifjär für Mähren und zum Stellvertrtreter der Yandeshauptmann Zdenfo P. von

XV, Bud: Ferdinand IL. u. IIL u. d. dreißig.. Krieg (1618—1648). 441

Lobfomic (+ 1621, 20. März) bejtellt. 23. Januar erfolgt Die Wiedereinführung der Jeſuiten. Während der Abmwejenheit des Cardinal-Biſchofs (— 28. März) am: tirten der böhmiiche Kanzler und Mar v. Liechtenftein. Das Reſtaurationswerk begann. Doch legte die Bejorgniß vor dem Markgrafen von Jägerndorf und Gabriel Bethlen bis Ende 1622 einige Zurüdhaltung auf; bis die Gefahr durch ben Nikolsburger Frieden (6. Januar 1622) behoben wurde. Dem Garbinalbifihofe itand nun in8bejondere der in Dejterreich und Mähren landfäffige Sieg- fried von Breuner zur Seite.

Den 11. Juli 1622 wurde das Unterfuhungstribunal unter Dietrich— ſtein's Borjige ernannt: Oberlandesrichter (dann O.L.-Kämmerer) Graf Leo Burian von Berka, die böhmiſchen Herren Wild. v. SIavata und Ghr. Wrat.v. Mitromic; die öfterreichifchen Herren und zugleich Landſtände Mährens: Giegfr. v. Breuner, (f. 0.) und H. v. Tiefenbach; drei rechtäfundige Mährer und drei öfterreichifche Regimentsräthe, nebſt den kaiferlichen Kammerprocuratoren aus Mähren: Joh. Matiaſchowsky und Joh. H. Stolz v. Simsdorf aus Schlefien.

Die bi8 zum 2. Sept. vorgeladenen flüchtigen Nebellen wurden am 8. Sept. 1622 in contumaciam verurtheilt. Der Landescommandant ber ſtän— diſchen Bewegung, Friedrih von Tiefenbach (Teuffenpadh), war bereitö den 27. Mai 1621 in der Schweiz gefangen, dem Erzh. Leopold nad Innsbruck außgeliefert und bier enthauptet worden. Zu den am meijten Granirten gehörte der geweſene Landeshauptnann Lad. Welen von Zierotin und der Randes- fammerer Wilh. v. Roupomwa. Außer denen vom Ritterjtande begegnen wir ba auch bürgerlichen Amt3trägern aus Olmütz, Iglau, Znaim und Hradiſch. Der Kaiſer milderte alle 23 Todesurtbheile zu Confiscationen und, Kerfer- ftrafen; wie die Taijerlihe Erklärung vom 9. Nov. darthut, worin überdies ein ſechswöchentlicher Stellungstermin der Begnadigten angeordnet erjcheint.

Die Fatbolifhe Reftauration Fnüpft ſich eigentlih an den Faijerl. Auftrag vom 17. Sept. 1622, worin die Landesverweijung der widerſpenſtigen Alatholiihen verfügt wurde. Das Novembermandat des Cardinals ergänzte dies in ber Weife, daß durch das Meijterrecht Fatholifcher Gejellen der Ausfall erilirter afatholifcher Arbeitäherren gededt werben jollte.

Durch die Confiscationen, welche beiläufig an 300 Adelige und Bürger: lihe mit ihrem ganzen ober theilmeifen Bejige trafen, wurde ein Güterwerth von beinahe 5 Millionen Gulden fiscalifirt. K. Ferdinand nahm den 16. Dec. 1622 bie den Frauen der Verurtheilten zugejchriebenen Güter auß und gab dem K. Erzb. Dietrichjtein den Auftrag zur nohmaligen Revifion des Grund: befitesundjorgfältigften Scheidung der Shuldigenvon den Un— ſchuldigen. Die bezügliche „General-Land-⸗“ oder „General: Erida =: Commilfion” unter Dietrichſtein's Präſidium begann im Febr. 1623 ihre Thätigfeit, die end- gültigen Urtheile erichienen dann Ende 1624 in dem Gonfiscationd: und Crida— Protokolle. Hiermit fam e8 zu der wichtigen Güterregelung, deren negative Ergänzung in dem k. Erlaffe v. 12. Aug. 1624 an den Tag tritt, worin den Atatholifen für alle Zeiten die Erwerbung von Grundbefig unterjagt blieb. Als die legten Arbeiten in der Güterfrageerfcheinen die comilfio- nellen Unterfuchungen des 3.1629, welche nach den 5 Streifen: (Brünner und Znaimer

442 XV. 8u$: Ferdinen II. 2 II. 2. 2 reitigi. Arieg OBIS-LEAS,

als bie eine, Iimäzer. Aglauer und Brehiser als z3weire (Sruppeı vor ih gingen.

Karszermär i4wieriger mutie Yh die Refarboliiirung Mähren genafeen, bena sage Heim 5 die protettanzihhen Prädikanten, die „Ruich- prebiger”, wie bie Kegierung He nannıe, im Yande verborgen. Ter Garbinal- er bꝛi 0, uns Se Tomberrn 5. %. Plateis von Tlartentein, F. v. Hũttendori und .ı. :atob be Magni wirkten Da vereinigt.

14,2%, 2. Januar befakl der Kaiſer die Ausweitung ber Afatboliichen aus den Kanbirädten, welchen legteren, 99. Dec., die wegen ihres Anichluited an ben Auinand über Ye verhängten (eldbuken oder Zaliter:Lieterungen erlaiien murben. (Ueber bie große Schuldenlait ber Städte Timüg, Brünn, Iglau, Snaim und Sradiih wurde nodh It} verhandelt.

Als Kauptorte gegenreiormaroriiher Thätigkeit ericheinen be- ionbers die lororte des Anabaptismus, vor Allem Nikolsburg und jene Umgebung, Daun die Site der Zrüdergemeinden Fulnek, Kunitabt, Ras mieit, Hoitit, --- Die proseitantiihen Orte Sternberg und Römeritadt. In den Hauptitadten Yrünn, Olmütz, Iglau, Zuaim wirkte der Nejuitenorden mit feinen nen gegründeten (Sollegien und verbreitete ſeine Thätigkeit aller: wäris.

Tie Emigration aus Mähren, i. X. 1627 auf dem Höhepunkte, war allerdings in der abfoluten Zitfer nicht jo majjenhait, wie dad böhmiſche Gru: lantenweſen, aber relativ nicht minder gro; jedenfalls veränderte ſich auch bier das ganze uriprünglidhe (Mepräge der Adelſchaft und made viele Orte veröden. DBeiipielsmweije erfahren wir aus Caraifa's Berichten, daR ſchon 1624 von 20,(4)3 iedertäufern die Hälfte auswanderte (namentlich) nach Diten, 3. 2. nad) Ungarn), während die andere fatholiich wurde. Teer Ausfall dieſer fleißigen Bevölferung, die (Frilirung zahlveicher akatholiſcher Hemwerbsleute im Allgemeinen, blieb ein empfindlicher VLerluſt.

Auch mancher Dann vo Geiſt wandte der Heimath für immer den Rüden. Ter befanntejte Darunter ift Xohann Amos Komensfn (Comenius), der ji 1621 1621 unter wachſenden Schwierigfeiten als Prediger und Echulrector in Fuluek hielt, dann bei dem Herren von Zierotin und (Neorg Sadovsky von Sloupna ein Verſteck fand; endlih 1627 nach Liſſa in Polen auswanderte und bier 1632 als conjecrirter „Brüderbiſchof“ ericheint. Sein pädagogiid) = metho: diſches Genie verſchaifte ihm einen ehrenvollen Ruf nad) Yondon, nad) Schweden, endlich jeit 1682 die fejtere Stellung in Elbing, doch ohne daß er feiner Gemeinde in viſſa vergaß. 1650 bejchieb ihm Fürſt Keorg Räköczy II. von Sieben: bürgen zur Neorganijation der calviniichen Afademnie in Carospataf (O.-Ungarn), wojelbjt er 5 \ahre weilte, und jein populärjtes Werk, den Orbis pietus, nieder: ſchrieb 1 1657 3. Nürnberg gedr.); 165-4 auf kurze Zeit wieder in Liſſa, mußte er zum zweiten Dale fliehen und fand endlich 1656 in Amjterdam Vebensunterhalt und Mufe. 164,0 jtarb er in der Fremde, 78 J. alt.

Ichlefien. Yon dem Piälzer Friedrich verlafjen, wandten ich die jchleiifchen Stände im Breslauer Yanbtage, 12. Januar 1621, an den Kurfürjten von Sadjien, der ihnen Unterwerfung anrieth und jeine Nermittlung zuſagte. In der That ſchickte er

XV. Bud: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 443

den Sigmund Hübner nad Wien. K. Ferdinand erflärte jich (17. Zuli 1621) für Schlefien zur Einhaltuug des rudolphinifhen Majeftätsbriefes von 1609, aber wie Sachſen jelbjt vorfhlug, nur zu Gunften der Augsburger Confeffion, bereit. Die Fürſten von Liegnik und Brieg erhielten einen Citations- termin nah) Wien; der Markgraf von Jägerndorf, Joh. Georg v. Branden- burg-⸗Anſpach, blieb geächtet. Diefer bemächtigte fich der Stadt und Burg Glas und bebrängte Neifje. Der vertriebene Pfälzer ernannte ihn vom Haag aus (23. Mai 1621) zu feinem Seneralcommiffär und Bevollmädtigten. Der Markgraf, eine ſchlimme Landplage für Schlefien und Mähren, bejonders vom Juni 1621 an, trat bald (Dct.), mit Gabriel Bethlen im Bunde, wieder als Bebränger auf.

Der Kurfürit von Sachſen erjcheint den 15. Oct. 1621 in Breslau und bewirft die Pacification Schlefiens, indem er am 8. Nov. als Stellvertreter des Kaiſers die Huldigung empfängt. Der Markgraf von Zägerndorf blieb inbefjen ungebändigt. Als jedoch im Januar 1622 Gabriel Berhlen mit dem Kaijer Frieden machte, entwih der Markgraf nad Oftungarn und fielen bald bie von jenem bejegten Orte in Faiferlide Hand. Am längiten wehrte jich der junge Thurn in Glatz (bis 26. Oct. 1622). Schlefiend Bebränger, die im Faijer: fihen Solde ftehenden polnifhen Koſaken, wurden endlich mit Erfolg ab: gewehrt ; doch erneuerten fih 1623 von Polen aus dieſe Gefahren.

Die Zuftände Ober: und Niederſchleſiens, in welchem letteren der Prote- ſtantismus fajt ausfchließlih galt und an den Herzogen von Liegnik, Brieg, Oels und Bernftadt fürjtliche Stützen befaß, blieben in der Schwebe bis zum %. 1627/28. Dann aber begann auch hier die Gegenrejormation; ed war zur Zeit, ald der Kaifer die protejtantifche Gegnerjchaft im Reiche bewältigt batte. Der neue Breslauer Kirhenfürft, Prinz Karl Ferdinand, ein Sohn bes Polenkönigs, arbeitete an der Nefatholifirung des Gebietes von Grottfau und Neiffe, während der Faiferliche Burggraf und Kammerpräjident Hanni: bal von Dohna, auffällig genug Brodherr und Gönner des proteitantijchen Gelehrten und „Poeta laureatus” Martin Opiß, in den Gebieten: Oppeln, Ratibor, D.:Glogau, Neuftadt, Löwenberg, Glogau, Schweid— nis, Sauer mit folder Rüdfichtslofigfeit auftrat, daß er und jeine be— waffneten Helferöhelfer den gehäjligen Namen „Seligmacdher” davon trugen.

Eine Refatholijirung Schleſiens fonnte aber nicht durchgreifen, da eine Grilirung der vorherrjchenden Bekenner des Protejtantismus ebenjo un— möglich war als deren Erſatz durch Fatholiiche Bevölferung ; überdies mußte der ipätere Gang des großen bdeutichen Krieges und Sachſens Interceflion eine Wen— dung zur thatſächlichen Glaubensduldung herbeiführen.

Bon den jchlefifchen Gebieten befand ſich das Herzogthum Troppau jeit 1614 in der eigenthümlichiten Zwangslage, abgejehen von der jeit dritthalb Jahr: hunderten ſchwankenden Zugehörigkeit des Troppauer Landes (f. I. Band, VI. Bud, ©. 429 f.). Während nämlich die Stadt Troppau den Fürjten Karl von Liechtenſtein als Herrn anerkannte, weigerte ſich deſſen beharrlich die Landichaft und fuchte wieder die Anlehnung an Mähren, die Protection der Stände diefe® Landes und Böhmens nad, während bie

444 XV. Luc: Ferdinand LI. u. I11. u. d. dreikigi. Krieg ı1618— 1648).

Schleier über yolche ſeparatiniche Anmandlungen der Itoppauer Stãnde Klage führten. Ter Kaiſer yudte dur Anausichicehen des Frfennzniiied über bie ihm jelbft bereitete Kerlegenhei Iimmwegiulonmnen. Nun aber wirkte die Remwegung der Jahre Iulu— Ile auch auı Das Troppaner Ländchen zurüd und deſſen Stände wurden den u. Mai 620 durch den Beichluß der Füriten und Stände Ehjleiiens ibies von den Freslaner vandrage geächteien Herrn, bed Liechten⸗ ſteiners ledig.

Nah der Schlacht am weißen Berge wurde nun aber Karl vd. Liechtenfiein nicht blo® für den Vollgenuß landeoberrlicher Rechie im Troppauer Herzogthum auserichen, iondern ibm auch das Yand des Martgraien von Iägerndorf, 39: bann !Yıcrg von Krandenbuig Anipach ingeinrochen. Die Troppauer Fandihai: teand üh ser m ichummiſer Lage. In Böhmen und Mähren Tecltet nen Der Krarende Arm des Kaiſers, Schleſien ward Dagegen glimpflicher bebantel:: Zie cenngingien Ironpancı Stände juchten num den Anſchluß an <tieiien ums Die Sädıniiche Intervention nah «1621. Endlich Tommt 3.25 - je24 Der virwickete Handel zum Austrage. Tas Herzogthum Troppau wäört nun endgültig Schleſren sugewicien und andererſeits emprängt hrs Kar! d. viehtenitein, der auch als Herrog non Nügerndorf au gelten bat, bie Huldigung. Stin Tod (12. Febr. 1027) und die Viinderjäbrigfeit des Sohnes urid Erben fallen mit den CKräueln des dreißigjährigen Krieges zuſammen, welche roppau 1620. 27 arg heimiuchten. Tas geplagte Yand, als in die Sache Mans: ie10 $ und ieıner ‘Partei verilachten, verfällt der Strafe ber Rebellion und daran knüpien iſch icharie Makregeln zu Cunſten des Katholicismus, vor Alem ın den Zrädten Troppau und Jägerndorj 1630).

Orherreih u. d. E. uch bier war „der geſammten öſterreichiſchen Ztände ofienes Manier an alle ıropäiichen Mächte über Kailer Ferdinand's LI. widerreditlihen und gemaltthätigen Regierungsantritt und verübte graujame Ferheerung der Erbländer“ v. X. 1614 als Seitenſtück der böhmiſchen Apologia sur Yostagung von der dynaſtiſchen Ziaatsordnung geworben, denn bie Be dingungen des Ausgleiches, die darin erichienten, waren für Ferdinand unannehm: bar, Tie proteitantiihe Actionspartei mußte Daher hier zu Lande in der Schlacht am weißen Berge io gut wie die in Böhmen und Mähren einen vernichtenden Schlag empfinden. Denn zwei Monate vorher (12. Sept. 1620) hatte ein faijerl. Pateni 31 Herren und Ritter, die jich der Huldigung am I. huni entzogen hatten, als Feinde des Fürſten und Yandes geächter.

Aut ihren confiscirien Gütern begann zunächſt die katholiſche Reitan- ration; die Fiarre zu Horn, dem Berathungs: und Waiſenplatze des Pro- tenamtisnus, erhält der Jejuitenorden, deſſen Gollegium mit der Wiener Uni— verittat vereinigt wird (1622), jo dan bieje dann ganz in jeine Hände übergeht.

Charatieriſtiſch iſt die Haltung Wiens in dieſen Zeitläuften. K. Ferdi— nand's II. Verordnung, daß nur katholiſches Glaubensbekenntniß zum Qürger: den ae a N Seh der tatholiichen Bürger auf 1000, die der bürger⸗

herabgemindert. Die Gemeinde ſchlug nun dem Sanbeöfüriten vor, im Burgfrieden nur Katholiten als (runbbeiiper zu dulden, moflir man jeden Alatholiken fern zu halten verſprach (1023). Taburd ent:

XV. Bud: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 445

ledigte man fich der vielen unbequemen fremdländiſchen „Nieberläger” und der nicht bürgerlichen, vorzugsweiſe protejtantiichen Grundbejiker und es fam das fo: genannte Einftandsprivilegium Wiend zur Geltung, wofür die Bürger: haft dem Kaifer 50,000 Gulden auf Kriegsfoften verehrte. Die Gegen: reformation Wien? fnüpfte fih an das k. Patent v. 4. Tet. 1624, das alle proteitantiihen Nräbdifanten und Lehrer verwied. Hernals, der Hauptfik der (1622, 17. April) geächteten Jörger, kam an dad Wiener Pisthum, deifen Leitung feit 1626 Cardinalbifhof Khlefl unter ganz veränderten Glaubens— zujtänden wieder übernahm. Die Patente v. 20. März 1625 fegten dem Slaubens- wechjel eine Zrift von vier Monaten. 16265 wurden ſämmtliche Behörden purificirt, dem zu Folge auch 28 Doctoren der Rechte und Mebicin zwiſchen den Katholicismus und der Auswanderung zu wählen hatten. 17 erklärten jich für den Glaubenswechſel, 11 wanderten aus.

Jetzt begannen überhaupt die Ausmwanderungen. Nocd bot jich den Protejtanten Wiens und der Nachbarſchaft bis 3. 3. 1627 die Gelegenheit, den Gottesdienit in der Schloßfirhe zu Inzersdorf zu bejuchen. Nun erichien aber das gewichtige General-Mandat v. 14. Sept. 1627, das die Auswanderung Jämmtlicher Prädifanten und Lehrer anbefahl und die Frijt bis zum 6. October war das legte Zugeftändniß. So wandelte ſich auch hier zu Lande das bisherige Weien de Adels und der Altbürgerfhaft vieler Orte, in denen wir nun Franziskaner, Minoriten, Rapuziner, Kameldulenfer, Paulaner, Auguſtiner und andere Order ihre wiederhergeftellten oder neuen Site aufichlagen ſehen. Nichts defto weniger blieben Refte des Proteftantenthums im Lande, mie das fpätere Mandat v. 7. April 1632 zeigt, mit deſſen Vollzuge man jedoch innehielt.

4. Ober⸗Oeſterreich und der Bauerufrieg v. 1626.

Literatur. Hauptquelle: Khevenhüller, Ann. Ferdin., 10. Bd.; Garaffa, Germ. sacra. restaur. (Col. 1639). Anh. und Relatione (j. o.); Latomus (Meurer), Relatio hist. cont. (Francof. 1627) (vgl. Landorp, relatio hist. 1626). Theatr. europ., 4. Bd; Hohened, Die löbl. H. St. des Ertzh. Oeſterr. o. d. E., 3. Bd. (1747); F. Kurz, Beitr. 3. G. des L. o. d. €. (Leipz. 1805), 1.2.; 3. Stülz, Gef. des Gilterz.-Ki. Wilhering (Linz 1840); Hurter, Gef. Ferd. IL, 8. 9. 10. Bd.; Prig, G. des 8. Oeſterr. o. d. E., II. Bd., ſ. Geſch. d. Stadt Steger. (Linz 1837), und der KI. Sarjten u. Gleink (Linz 1841). Albin Ezerny, Bilder aus der Zeit der Bauernunruhen in D.: Defterr. 1626, 1632, 1648. (Linz 1876), mit zahlreichen archiv. Belegen. (Das Fadingerlied, entitanden 1626—1629, in 14 Strophen abgedr. in Hormayr's Ach. (1827), vollftändig in db. Münchner hiftor.-polit. Blättern, 33. Band. (1854). S. 945970); Wolf; Schreiber, ©. des Kf. Marimilian’s 1.

446 XV. Buch: Ferdinand II. u. IIL u. d. dreißigj. Krieg (1613— 1642).

Unter allen habsburgiſchen Erblanden war diejes Gebiet in feiner Ständeihaft am entichiedeniten akatholiſch (1619 Taken im Landtage nur 3 Katholiken: Meggau, Sprinzenjtein und Sal- burg) und jest durch die allgemein verhaßte Verpfän— dung an Bayern in die ungejundelte Zwitterftellung gerathen. Der Herzog: Kurfürit Marimilian war Pjandherr, der Kaiſer Eigen thümer und eigentliher Landesfürt. Man grollte der Verpfän- dung, dem fremden Regimente. Doc wie jollte Ferdinand II. die 15 Millionen Kriegskoſten an Marimilian aufbringen? Auch bie auf 12 Millionen ermäßigte Summe war für das Land uner- ſchwinglich.

Bayern wollte die Gegenreformation nicht ſelbſt einleiten, das Odium follte der Kaifer, der Landesherr, tragen. Als jolcher nahm Ferdinand feit 4624 das Reformationswerf in Angriff. Die Commijfion: Dr. Georg Falbius, Abt von Göttweih, Hof: fammerrath 3.8. Spindler von Hofed, der Faijerliche Rath und Linzer Mauthamtmann Conſt. Grundemann von Falkenberg und der bayerijche Statthalter Adam Grafvon Herberftorf jollten den Taijerlichen Patenten vom Sommer 1624 gegen die akatholiſchen Prädifanten und Lehrer, vor Allem dem Reformationsmandate vom 4. October Nahdrud verleihen, das jene als „ewige Heßer des gemeinen Mannes und Berbitterer des Gemüthes” binnen 8 Tagen aus dem Lande verwies und dem proteftantijchen Religions erercitium jeden weiteren Fortbeftand abjchnitt. Desgleichen hielt der Kaiſer den Ständen ihre bohverrätheriihen Beziehungen zu ©. Bethlen, dem Fürſten Siebenbürgens, die Aufhebung der Pforte durch ihren Vertreter Schallenberg und andere politijche Eünden im ftrafenden Tone vor.

Sm Landvolke war der evangeliihe Glaube ebenjo einges wurzelt wie ein nagendes Gefühl der Unzufriedenheit vorhanden. Schon die Erhebung von 4000 Bauern bei Grießkirchen zu Gunften der von der Landſchaft und den Glaubensgenofjen mit NReijemitteln bejtverjehenen Prädilanten und Schulmeifter, welcher 1500 Soldaten Herberftorfs ein Ende machen mußten, war ein bedenkliches Zeichen.

Bevor die eigentliche Gegenreformation in Gang fam, warb die politifche Frage, der formelle Ausgleich zwiſchen den Stän⸗ den und dem Landesfüriten ausgetragen. 1654, 20. November hatte Ferdinand die bedingungslofe Unterwerfung in kürzeſter Frift gefordert, 1625, 27. Februar erihien die Pardonirungsrefolution, Mitte April leiftete die ftändifche Deputation kniefällige Abbitte im

448 XV. Bud: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreikigi. Kriea (1618 1648).

vom Vfluge ließ nicht geme die Kehle troden, disputirte und raijonnirte gern über (Srundherrichaft und Itegierung.

Herberjtorf. war ein ftrenger Gewalthaber, jcheel ange: ſehen als Aufpaffer eines fremden „eingedrungenen“ Herrn, bes Bayers. Die Härte, mit welcher er den Auflauf gegen Echloß Frankenburg, den Herrenfiß der Khevenhüller, ftrafte, (je zwei Ortsrichter ließ er um ihr Yeben würfeln, 17 gleih aufhängen) erregte noch mehr den gehäuften Groll gegen das bayeriſche Re- giment. Und hinter diejen ($roll verjchanzte jih auch der Haß ge: gen die Katholiſchmacher. ‘a, obſchon im Ganzen der Adel keinen (srundb Hatte, mit der ihm felbit gefährlichen Bauernbeme: nung zu ſympathiſiren, Einzelne hingen doc) dantit zujammen. Se: denfalls war aber das Öjterreihijhe Emigrantenthum nidt unthätig, und die Wiener Negierung wurde bald auf Holländijche, bänijche und engliſche Aufwiegler in Ober-Oeſterreich aufmerf: jan, denn damals war das Zuſammengehen Mansfeld’s und Gabriel Bethlen’s gegen den Kaifer am engliihen Hofe bereits ausgemadt worden und follte im Sommer fid) verwirfliden. Bald ſprachen die Bauernrebellen von der Hilfe, die ihnen der Pfälzer und der Manofeld bringen werde.

Schon den 2. Mai 1626 begehrte der Kaiſer von den Ständen Nieder-Oeſterreichs die Verwahrung der Bälle, Doch nimmt der Auf: ftand, bevor er allgemeiner wird, einen beſchränkteren Anfang; am verhängnißvollen Sonntag, den 17. Mai 1626, bricht er los. Sein Mittelpunkt wurde an der Verührungslinie des Hausrud- und Mühlviertels der Banernyof Stephan Fadinger's zu St. Agatha, bei Aſchach. Der Genannte, früher Coldat, dann Hutmader in Aſchach und endlich Bauer, eine kräftige willensjtarfe und beredte Perfönlichkeit, wie geſchaffen, an die Spike einer folchen Bewegung zu treten, Schlägt genen Aſchach 108, während jein Schwager, ber Miniwirth Chriftoph Zeller im Mühlviertel den Aufitand ordnet. Der Bauernhaufe wird bald 16,000 Mann Stark, jchlecht und recht bewaffnet, mit einigen erbeuteten Feldſtücken verjehen. Herberſtorf's Miperfolg genen Fadinger zwiſchen Pairbah und Waizenfircen macht feine Patente wirkungslos; der Haß der Rebellen gegen ihn wird in dem befannten „Fadinger-Liede“ durch die Reime ausgedrückt:

„gu lauier Riemen wölln wir ihn ſchneiden, Damit ev nur Peyn genueg muß leiden.“

Bald brennt der Aufſtand an beiden Donauufern lichterloh.

XV. Buch: Yerdinand II. u. IH. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 449

Fadinger, bereits „Dberhauptmann der chriftlihen Armee“, der auf jeine Fahnen den Spruch fegen läßt: „Weil's gilt die Seel! und auch das Blut, So geb’ ung Gott ein’n Heldenmuth. „Es muß fein!”

versteht das DOrganifiren des anfhmwellenden Bauern: heeres vortrefflih. Weber jedes Landesviertel wird ein Hauptmann geſetzt, Ausſchüſſe, Kriegsräthe, jelbit „geheime Räthe“, Broviant: meifter und Feldfchreiber werden ernannt, zu weldhen Würden mitunter auch Bürger und „ftudierte Leute“, auftauchende Prädifanten und Schulmeijter als Anhänger des Aufitandes erhoben erjcheinen. Er jorgt für Grenzwehren, Geihügwejen, militäriihde Drillung und Zudt, und weiß fi) auch durch ein dictatorifches Auftreten wohl auch mit Hülfe jeines Stodes, durch eine Leibwache durch das Gerücht, er ſei „gefroren“, d. i. hieb-, ſtich- und kugelfeſt, das nöthige Anfehen zu geben. In Stadt Steier ſprach er zu den Bürgern von einem Thronlige, im Stifte Kremsmünfter bezog er die einſt für Kaifer Mathias eingerichteten Gemäder. Denn auf die „Fatholifchen Schelme und abgeftandenen Fiſche“, voran die Klöfter, war es in der wilden Bewegung abgejehen.

Da das Bauernheer bald 70,000 Mann und 30 Kanonen zählte, die Städte Wels 3.3. ſchon am 21. Mai leicht bewältigt wurden, überhaupt auffallend geringen Widerftand leijteten und Serberitorf über wenig Truppenmacht und nod weniger über den guten Willen der ihm abgeneigten Stände ver: fügte, der Kaifer auch nicht dafür gerüftet war, andererjeitS Die Bauern erklärten, es ginge niht wider den Kailer, fon: dern gegen den Bayer, überdies noch die Gefahr des Zufallens der Holzfnechte im üblichen Gebirge nahe ftand, jo jolten Unterhandlungen mit der Bauernihaft den Sturm zer: theilen und beſchwören. Aber fie fruchteten nichts. Denn was die Bauern verlangten, konnte nicht gewährt werden. Der Aufitand wird immer gewaltiger, jelbft Enns ift bedroht; die mit Dr. Hafner nad Wien abgehende Deputation der Bauern, weldje der Kaijer zur Waffenſtreckung mahnen läßt, war jchlecht befriedigt. Den 24. Juni erjcheint Fadinger mit feinen Bauern vor Linz und be: fteht auf der Auslieferung Herberftorf's, der ſeinerſeits wieder droht, würden die Bauern das Schießen fortjegen, die Ständeglieder den Kugeln bloßzuftellen.

Hier aber ereilte den Bauerngeneral jein Verhängnig. Den 28. Juni wurde ihm, als er zu Pferde die Belagerung muljterte,

Krones, Geld. Ocfterreiche. IIL 29

3 " ‚nu. . gr 7 Eon wreue na Bann som Asım Arme Sm on feiner a .. u. u. —-. .— wa. - - u ai Yu Kir ın Eis,2i win Fr ACC. 1627 Der

Lemarüırts Ber. Ziersıım ut zur Sbazlssenere ur m Zn ın ame perl an Im. Sal mu, Nr adelige zernsens Aa, Sieienzrer zn te Ay, und Sur „Zrudent“, mim Siam: un’slonn: 1m, zertazen uier Ion Ameben.

Kcyenn Sa Kurtarn von Barem in den KRailer Drinat, den Kuitonz u beraten, Lie Gemer Ferdinand's umd Der Liga, Zansmart, her Lialzer voller Sormuncen die Ertoiae der Bauern heacuten, Witeuinger mit dem Kebillenheere Linz, aber neuerdings rcinlalns, bepranst, ruden neue Soldaten aus Bavern nad. Tie Baneenhauien beginnen ih zu lichten und zu lodern, es gebricht ihnen an Munition, an Zelbitvertrauen Der faiterlihe Cberit Brenner, aus HBohmen herbeieilend, ichlägt ein Bauernheer am so. Auguſt bei Xeontelden an den Tonauihanzen, und nöthigt bie Beſiegten zur Waifenſtreckung und fußfälligen Abbitte. Drei Lanbdespviertel ſchienen dem Frieden nahe, wie es der Ennſer Stillſſand vom 8. September in Austicht jtellte. Aber im Haus: ruckviertel bleibt das Wauernheer gewaltig. Herzog Adolph von Holſtein wird mit jeinen Söldnern, wahren „LZeuteichindern“ he Meihern, und der bayeriſche (Seneralwachtmeilter Lindl6 niit 6000 Mann von 10,000 Bauern bei Bram geſchlagen.

leder bricht mit doppelter SHeftigleit der Aufitand im Veühl- erde unter David Spat und im Süden der Donau los. Drei aruſjie Aanerulager bei Weibern, Efferding und Gmunden erheben ſihh. Cbert Yocbt wird bei Wels von den Bauern ge: \chlanen,, bei GGmunden werden Die Kaiſerlichen zuriidgeworfen.

Da war ea endlich der befte Degen der ligiſtiſchen Armee, Wottiv. von Rappenheim, Herberſtorf's Stieffohn, der mit ROOO Failerlichen Söldnern, anterjtügt von Loebl und don Truppen, bie Malhlenſtein ans Ungarn entſendet, Die große Sefahr beichwor. Im Muhlvrertel war bereits im Petober aufgeräumt worden. Sen 3%, November ſchlug er die Bauern bei Efferding, aber noch nie dab er amt ſolcher wilder Todeoverachtung jtreiten, wie da die Vauern losinbren, „gleich valenden und wüthenden Hunden“. Der Sieg war ſaner; nicht leichter Der bei Gmuunden (15. November), won. tudente de Vauern fuhrte und vor der Schlacht den Röalm amtimmen hieß, daun eine Predigt hielt. Und noch zweimal mukte Pappenheim mit den Rauern vingen, bei Vöklabruck

XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 451

(19. November) und bei Wolfsed (30. November), wo ber „Student“ und fein Gehülfe, der Eder (Beder), fielen. An 10,000 Bauern waren gefallen. Viele flohen über Böhmen zum Weimarer Herzoge Ernit, der zahlreiche öfterreihiihe Emigranten um ſich Ihaarte. Doch noch einmal, im December, mußten PBappenheim und 2oebl eine Bauernichaar zeriprengen.

Das „Fadinger:Lied“, gemilfermaßen die gereimte Chronik des ganzen Aufſtandes, Tpiegelt in jeiner naiven Sprade am beiten den Wechjel der Geſchicke; es ift zugleich der Klagegeſang ber reuigen Bauernſchaft, die das büßen muß „mas der Yattinger that fündigen” und fich überreden ließ, daß fie „möchten werden allefammt Freiherrn, die Landt auch ſelbſt regieren, gleihwie auch Die Schweizer.”

Der Aufruhr war bewältigt, und mit Beginn des Jahres 1627 nahm zu Linz die ftrafgerichtlihe Unterfuhung ihren Anfang. Sie lag in den Händen einer gemijchten, FTaiferlich - bayerischen Commilfion. Den 26. März büßte der adelige Bauernhauptmann Achaz Wiellinger mit 7 anderen Genofjen fein Vergehen durch den Tod von Henfershand, den 23. April wurden 6 andere, da— runter auch ein Prädikant, hingerichtet. Ein neues Refor— mationsedict gebot binnen 4 Wochen den Glaubenswechiel.

Andererjeits hatte jedoch der ganze traurige Handel dem Kaifer die Rückeinlöſung Ober-Oeſterreichs von Bayern doppelt nahe gelegt. Bayern fträubte ſich, um endlich die obere Pfalz und den am rechten Nheinufer gelegenen Theil der Unterpfalz als Entſchädigung herauszujchlagen, und jo fam um 1628 der Ver: trag zu Stande, am 1. Mai wurde das Land dem Abte von Kremsmünfter als Eritem der geiftlichen Ständefhaft von Bayern ausgeantmwortet, die Huldigung an den Kaiſer am 28. November 1630 geleijtet.

Aber noch zweimal drohte dem Frieden des Landes Gefahr; denn in fo manchem Bauernberzen wucherte der Groll über das papiitiihe Regiment weiter fort; zu tief lagen die Wurzeln deſſen, was man nur fo obenhin zu befeitigen vermochte. Wir werden diefen Negungen in den Jahren 1633 und 1648 begegnen.

Nachtrag z. Lit. d. 3. Abſchn. ©. 425. Der vollit. Titel der für die Geſchichte der Rückwirk. d. Schlaht am weißen Berge auf Mähren maßgeben: den Arbeit v. d'Elvert lautet: „Die Beltrafung d. böhm. Rebellion, insbeſ. die Sorrefpondenz Ferd. II. mit dem Fürſten Liechtenftein.“ Brünn 1368.

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"2:0 7 bherühren Ich inhaltlich: Tie Fricte Malen. an den Hoifkr. "nd rare Uosialıo, ber. v. Fhlumecky in den :hrgg. d. Arch. i. Markgr. a Minen Ion, I, Anhang); Korreiv. d. Card. Tierrihitein mit dem td. sllalto 11625— 1630), h. v. Zrampier (Wien 185), worin thenersente auch Brieje Luſtriers' aus Konstantinopel (162. 1627), Briefe ra Meartgrarn von Frandenburg 11023-155301 1. H. Schlick's, Grafen zu khean il 1628), veröifentl. finden; ferner gehört hierher Die von Aretin 9 Fate, 6%, u. Lin, VII. Bd., 1jo— 700, 260-258 veröjl. Eorr. rich: bh V. v. d. Pialz, gen. der böhm. Aintertönig, mit j. Sem.” d. engl. Prinz. riutatheu. A. und Fiedler, Corr. d. Pfalzgr. Friedrich u. |. Gem. Eliſabeth und See. Math. v. Thurn (a. d. J. 1625- -1629), (Arch. j. öſterr. G., 31. »b. 14.15. In jüngſter Zeit geſellten ſich dazu die Public. von O. Lorenz: "re alleuſtein's meiſt. ü. Mecklenburg a. d. Z. v. 1627-1630 (GJahrb. d. Nr. medlend, Geſch., 40. Jahrg. (Schwerin 1876), S. NI—130; Schebed,

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Wallenſteiniana in Briefen, Mem. u. Urfl, (Briefe a. d. I. 1619--1632) Mitth. d. Per. f. Geſch. d. Deutfch. i. Böhmen, XIII. 3. 1875. Pal. eine der jüngften Monographieen: Hunzifer, Wallenftein als Landesherr, befonders al3 Herzog v. Medienburg (Zürid 1875); Palacky, Jugendgeſch. Albrecht's v. Walditein, 3. eriteren nach echten Quellen geſchr. (AbH. in den Jahrb. d. böhm. Muf. II., 1, Brag 1831); ferner Aretin (j. u); f. Hutter, 3. Seid. Wal: lenitein’3 bi3 1629 (Schafffaufen 1855); Opel, Wallenjt. i. Stifte Halberjtadt 1625— 1626 (Halle 1866, Diſſ.); Reihard, Die marit. Politif d. Habsb. i. 17. Jahrh. (Berlin 1867); Ranke, Seh. Wallenit. (Leipzig 1869) Sauptmwerf; Die Monographie von Schottfy, Ueber Wallenftein’3 Privatleben (München 1832); Förſter, Wallenſtein al3 Feldherr u. Landesfürft in f. öffentl. u. Privatleben (Potsdam 1834), W. als regierender Herz. und Landesherr (Raumer’s hiitor. Taſchb. 1834); D. Heyne, Der Kurfürftentag zu Regensburg von 1630 (Berlin 1866).

Wir verließen den gefährlichiten Gegner K. Ferdinand’s II. Gabriel Bethlen, unter dem forgenerregenden Eindrude ber Schlaht am weißen Berge. Nun fchienen die Rollen gemwedhielt ; der Bebrohte war der Fürft Siebenbürgene. Denn jegt wandte fi Ferdinand mit dem Edicte vom 10. Dezember gegen Gabriel Bethlen als Friedensbrecher und wider die Neujohler Beſchlüſſe, und obſchon der Fürft weitere Kriegsbereitichaft gegen Mähren zur Schau trug, mit dem Markgrafen von Jägerndorf in Verbindung trat, die Krone Ungarn’s von Preßburg auf das Altjohler Schloß bringen ließ, feite PBarteigänger den 9. Januar nah Tyrnau entbot, um über neue Rüftungen zu verhandeln, und der ſchon wäh: rend des Neufohler Tages mit dem Angebote der Friedensvermitt- lung geſchäftige Diplomatie Frankreichs zu verftehen gab, „er trage die Fahnen der Türken in der Tafche”, ließ er fich dennoch) zu Unterhandlungen herbei, welche dann 1. Februar 1621 zu Haim: burg, unter Vermittlung der franzöfiichen Sendboten, des Herzogs von Angoul&me und Depreur, begannen.

Während bier erfolglos bis in den April verhandelt wurde und der Fleine Krieg an der Grenze Mährens und Oeſterreichs zwifchen Bethlen’s Feldherren und den Kaiferlihen unter Collalto und Bouquoi verwültend fortdauerte (Dezember 1620 bis Früh: jahr 1621), hoffte der Fürjt auf die Unterjtügung der Pforte. Auf feine Verbindung mit dem Pfälzer und deilen befreundeten Mächten wurde bereits oben hingewiefen. Aber die zweideu ige Haltung der Türken, die Loderung des eigenen Anhanges, das Zuſammenſchmelzen jeiner Truppenmacht und die Aufnahme der Dffenfive durch die Kaiferlihen, machte ihm einen Waffenitill: ftand wünjchenswerih, um Zeit für neue Rüftungen zu gewinnen.

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Der Kaiſer ging jedoch auf die Waffenruhe nicht ein; deshalb ließ Bethlen die wichtigften Punkte mit Beſatzung verjehen, wid) nad) Dftungarn zurüd und brachte die Krone des Reiches nad) Ecjeb in fihere Verwahrung. Die Kaijerlichen brachen nun erobernd in's weſtliche Bergland vor.

Bethlen erhob fi) aber im Sommer 1622 mit neuer Kraft, feine Anhänger Stan. Thurz36 und Stephan Horväth lagen bald vor Neuhäufel mit den Kaiferliden unter Bouguoi im Kampfe. Hier erlag der alte mwallonifche General (10. Suli 1621) feinem Gejchide; er fiel den Hajdufen Bethlen’s in die Hände und wurde getödtet. Bis nah Steiermark und Defterreich ftreiften die Schaaren Batthiany’s und der beuteluftigen Türken. Bethlen jelbft jet fih im Juli von Kaſchau aus in Bewegung, vereinigt fih bei Tyrnau mit dem Markgrafen von Jägerndorf, läßt Preß- burg aber vergeblid angreifen und bricht dann nah Mähren bis Ung.-Brod ein. Aber zu Hug, un die Zufunft auf die Spitze des Echwertes zu ftelen und einen vortheilhaften Frieden von der Hand zu weiſen, bevollmächtigt er nun den reich begabten Emerich Thurz6 zu Unterhandlungen mit dem Kaifer, deijen Neitaurations- werf freie Hände braudt. In Nilolsburg treffen die Sendboten Ferdinand's: Cardinal Dietrichjtein, Breuner, Collalto, Paͤzmaͤn und Eßterhaͤzy mit Thurzö und deffen zwei Begleitern zuſammen.

Nicht leicht floffen die Unterhandlungen. Emerich Thurzö vertrat die Sache Bethlen's mit vieler Entſchiedenheit. Der plößliche Tod des jungen Mannes von 24 Jahren (19. October), au deſſen Stelle nun Stanislaus Thurzo trat, gefüigiger und im Kerzen Fein Verehrer Bethlen's, erleichterte die Uebereinkunft. Immerhin bot fie dem Fürſten Siebenbürgens genug. So fam am legten Tage des Jahres 1621 der wichtige Nifolsburger xrieden zu Staude Bethlen entfagt dem ungariichen Königstitel und liefert Die Reichäfrone aus. Tagegen erhebt ihn der Kaiſer al3 Herrn der jchlejiihen SHeriogthümer Oppeln und Ratibor zum Reichsfürſten; ſtürbe Bethlen ohne Söhne zu hinerlafien, jo folgt ihm jein Neffe Stephan in dieſem Erbe. 7 Geſpanſchafien Oſtungarns: Abauj, Bereg, Zemplin, Borſöd, Szabolcs, Ugocia u. Szatmär, mit dem wichtigiten Wake, Kaſchau, behält als Gebiete der ungarischen Krone tür jeine Lebenszeit; überdies als Pfandbeſitz die feſten Plätze Munfäcs und !ofaj, als Erbe die Nororte der vebenreichen Hegyallja: Tokaj, Tarczol und Kereptur. Der Fürſt verbindet fich zur Erhaltung der betreifenden jeiten Pläße, wofür ihm von der Tüürfenhülfe des deutſchen Reiches jährlich 50,000 Gulden zugewandt werben. Ferdinand verpflichtet fich überdies zur allgemeinen Amneſtie und zur Aufrechthaltung des Wiener Friedens vom Nahre 1606, ber Zugejtändnifje K. Mathias’ vom Jahre 1608 und jener eigenen Wahlcapitulation

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und Krönungsurkunde aus dem Sabre 1618. Binnen 6 Monaten eröfinet er den Reichstag.

So ſchließt fih an den Nilolsburger Frieden (31. Dez. 1621) die Ausfiht auf einen Frieden ftiftenden Reichsſstag. Diefer Reichstag, nah Dedenburg einberufen (Sommer 1622), ift in doppelter Beziehung von ausnehmender Wichtigkeit. Hatte Schon der Nilolsburger Friede jo manchem Anhänger Bethlen’s die Augen geöffnet und ihn die mit den „Klagen Ungarns” nur geſchminkte Selbftfucht des Fürften Siebenbürgens erkennen laffen, mithin bie Zahl jener, die vorher feiner Fahne blindlings gefolgt waren, be= trächtlic” vermindern geholfen, fo gewann der Wiener Hof durch die Wahl Stanislaus Thurz6’s zum Palatin an Stelle des veritorbenen ©. Forgaͤcs einen Regierungsmann mehr, ber nun vollfommen mit Bethlen brach, und wenngleich von feiner her— vorragenden Begabung, dennoch nüglich werden konnte. Andererfeits begründen die Beichlüffe diefes Reichstages als Sanction der Nikols— burger Artikel die wichtige Bacification Ungarns, den Aus- gleich zmiichen dem Könige und den Ständen. Bei den neuen Schilderhebungen Bethlen’s ftand nicht mehr das oppofitionelle Un: garn, wie 1619—1630 Hinter der Fahne des Fürften. Das, mas er kurz vorher gegen feinen Bundesgenofien, den Markgrafen von Jägerndorf, geäußert hatte: „Sch Halte meine Hand auf Ungarn und mein Auge blidt fürwahr auf das Thor von Wien,” blieb zeitlebens fein leitender politifcher Gedanke, aber jo furchtbar wie 1619— 1620 erſchien er nie wieder dem Habsburger Ferdinand.

Doh wir müſſen zum Berftändniffe des Weitern unfern Blick den großen politiijhen VBerhältnifien zuwenden. Hatten im Frühjahr 1621 jeit dem Segeberger März:Congrefjie Dänemark und England beim Saiferhofe um die Miederheritellung des (22. a: nuar 1621 von Wien aus geächteten) Pfälzers als Kurfürften unter: handelt, jo jtellte ſich jetzt auffällig genug auch Spanien unter dem Minifterium Dlivarez auf das Entjchiedenfte der Uebertragung der Pfalz an das Haus Bayern entgegen und bradte durch die bezüglihe Haltung feines, überhaupt vorlauten Botichafters Ognate den Wiener Hof in feine geringe Verlegenheit. Denn Yerdinand hatte bereits jeinem wichtigiten Bundesgenofjen im drangvollen Jahre 1620 diejen Lohn insgeheim zuſprechen müflen, und nidht bloß der römiſche Stuhl arbeitet in dieſer Richtung zu Guniten des Ligiftenhauptes, fondern auch Frankreich, dem viel daran liegt, nicht bloß die ſpaniſchen Projecte einer Verheirathung zweier Prin— zeilinnen mit dem Prinzen von Wales (Karl I.) und deifen Neffen,

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dem Erftgeborenen Friedrih’s von der Pfalz, zu Hintertreiben, Jon: dern auch den bebrohlichen Anlauf des Pyrenäenftaates zu neuer Machtſtellung thunlichit zu lähmen. Denn Spinola ftand feit dem Spätjahre 1620 in der Pfalz und in der Berechnung Spaniens lag e2, dieſes Land feitzuhalten, deſſen anderweitige Verleihung zu hindern, auch jeine Anjprüche auf Tirol und die Vorlande (ſeit Dem Sahre 1617) zu betonen und für den wieder losbrechenden Strieg mit den Generalftaaten eine ftarfe Stellung innezuhaben. Vie deutich-habsburgiihe Schweſtermacht follte daher mit der pfälziichen PVroteftantenpartei im Reihe und mit Gabriel Bethlen, jo gut es ginge, Frieden machen und Spanien an die Seite treten.

Das Auftreten Mansfeld’s, des Baden-Durlacher Mark: grafen Friedrih Georg und Chriſtian's von Braunſchweig jeit 1622 für den Pfälzer nöthigte ſogar Bayern, um die ligiftifche Sache mit Spanischer Hülfe zu halten, dem Madrider Cabinete die Anſprüche auf die Pfalz jcheinbar zu opfern. So fommt es 1622 im Sommer zum vereinten Heereszuge Tilly’s und Spinola’s, der mit der Unterwerfung der Pfalz endigt. Noch am Regensburger Reihstage (Januar, Februar 1623) fträubt fih die fpaniihe Diplomatie gegen die Belohnung PMarimilian’s mit der Kurpfalz, die dennoch den 23. Februar ftattfindet und bald den Proteſt des Sachen und Brandenburgers im Gefolge hat. Allerdings lenkte Sachſen, dem die Ober: und Nieder-Lauſitz pfand- weije eingeräumt wird, bald ein und ertheilt (1624) jenem Vorgange feine Zuſtimmung.

Und noch in einer andern Richtung muß Spanien feine ur- ſprünglichen Anſprüche aufgeben; denn Kaiſer Ferdinand findet fich veranlaßt, feinem Bruder Erzh. Leopold Tirol und die Vorlande als erblichen Beſitz zuzuwenden. Es deutet dies ebenjo deutlich die fih vollziehende Schwenfung der ſpaniſchen Politik an, wie das Aufgeben jener oben angedeuteten Heirathsprojecte. Spanien und Deutih-Habsburg finden fich wieder auf einem Wege und defto erflärlicher wird die Annäherung Englands an Franfreid, in welchem Staate nun bald die große antihabsburgifche Bolitif Rich e— lieu’s das Ruder führt. So jcheint, da England die Verbindung mit den Generalitaaten entjchiedener aufnimmt, eine Allianz Sranfreihs, Englands und Hollands gegen die beiden Habsburger Neihe im Zuge und ihr gehörten auch Venedig und Eavoyen ar.

Die Politik der Weftmächte mußte jedoch unter dem Eindrude ber Siege ber kaiſerlich-ligiſtiſchen Sache im Laufe des Jahres 1622

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einen wichtigiten Bundesgenoffen gegen Ferdinand an einer der ver: wundbariten Stellen ſuchen. Das war Bethlen, der jchlaue Fürft, der Meilter des Doppelipiels in der Politik. Der Fürft unter: handelt durch Toldaläghy und den Emigranten, Grafen Thurn jchon im Frühjahre 1623 mit dem neuen günftig gefinnten Großveziere, Mere Huffein, und die Abmahnungen Ferdinand’: an die Pforte ſcheinen vergeblih. Bald darauf ſchließt Bethlen’s Neffe, Stephan, mit den Vertretern Franfreihs, Englands und Venedigs einen Sub: fidienvertrag und der neue Kriegsplan wird zwiſchen dem Fürjten, Mansteld und Chriftian von Braunfchweig zur Vereinigung in Schlejien und zur Wiederheritellung des böhmischen Thrones Friedrich's von der Pfalz vereinbart.

Gleichzeitig aber verfolgt Bethlen den entgegengejegten Plan ; er verjucht fi) dem Kaifer, der feinerfeits Alles aufbietet, um den Frieden mit Bethlen aufrecht zu erhalten, zu nähern und wie die meilten Emporkömmlinge auf einem Throne durch Heirathäver: bindungen mit einem erbgejeflenen Herricherhaufe eine „legitime“ Dynastie zu gründen. Der Tod feiner kinderloſen eriten Gattin, Sujanna Lörantfy (13. Mai 1622), legt ihm dieſen Gedanfen nahe, und jo erhält fhon im Sommer 1623 Bethlen’s Schwager, Michael Kärolyi, den Auftrag, beim Faiferlichen Hofe um die Hand der jüngern Tochter Ferdinand’ III, Cäcilia Renata, vor: fihtig anzuhalten. Was er dabei verjprechen läßt, zeigt am beiten, wieviel ihm an diefem Plane gelegen war, aber zugleich die innere VBerlogenheit dieſer Angebote. Er wolle dem Kaijer wider alle Feinde, jelbit im Reihe und wenn erwünſcht perſönlich Hülfe bringen, die Chriftenheit wider den Türken ſchützen, den Katholicis- mus begünftigen, ja wenn es Gott gefiele, und er die Wahrheit der fatholiihen Religion erfennen würde, jelbft ihr Anhänger werden, da er ihr jet ſchon wohlgeneigt jei. Er erwarte dafür außer der Hand der Erzherzogin auch den Königstitel. Wir fennen dieſe Zuſa— gen allerdings nur aus Eßterhäzy’s Aufzeichnungen, die er nad) den Mittheilungen Kärolyi’s entwarf und könnten durdy den Umſtand der Gegnerihaft zwiſchen diefem Gewährsmanne und Bethlen bedenklich werden. Aber die ganze Politif Bethlen’s, jeine in allen politifchen Fragen an Indifferentismus ftreifende religiöfe Toleranz laſſen das Angebot allerdings als verlogen, aber in feinen möglichen Con: jequenzen durchaus nicht widerfinnig ericheinen.

Als Werber bei Ferdinand hatte Bethlen bezeichnend genug den „Katholiten” Wolfgang Kamuthy auserjfehen. Der Nuntius und der ſpaniſche Botjchafter erfuhren von der diplomatiihen Action Beth:

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len’s. Ter Sailer wollte den gefährlichen Nachbar durch eine ent: ichiedene Zurüdweilung nicht erbittern, er ſuchte ſich mit einer aus: weichenden, immerhin aber mehr ablehnenden Antwort zu helfen. Nun [egte Bethlen das Kriegsgewand an, und während Ferdinand neue Unter: handlungen in Neuſohl verjucht, bricht der Fürſt los, zieht mit einem 80,000 Wann ttarfem Heere von Klaujenburg heran, während jeine Bevollmächtigten nad Neuſohl reiſen, erläßt, nad furzem Stranfenlager in Großmwardein? ein Manifeſt, das alle Schuld dem Kaiſer aufbürden joll, und jteht bald (September 1623) auf dem Boden des Ffüniglihen Ungarns. Mährend der Kaiſer und die Liga unter Tilly jeine Bundesgenoyjen im Reiche aus dem Felde Schlagen, liegt dem Fürſten ganz Weſtungarn offen und Das einzige verfügbare Heer Ferdinand's, ein paar Taufend Söldner und Kojafen unter Führung des Hieronymus Caraffa und Wallenjtein’s muß fid) begnünen an der mähriſch- ungariichen (Srenze zu lagern. Die Türken und Tartarın Bethlen’s haufen furdtbar. Aber fie wollen auch nicht länger im Felde dienen und die Ungarn im Heere Ihredt das Gerücht vom Anzuge Tilly’s, der am 6. Augujt den Mansfeld bei Ztadtloo geichlagen. Ties und die veränderte Hal: tung der Pforte, die jchlechte Ausſicht auf Hülfeleiſtung jeiner Alliirten beſtimmten Bethlen, auf Waffenruhe einzugehen und einen thunlichit vortbeilhaften Frieden zu ſuchen.

Der Kaiſer ſtand zwiſchen zwei Anſchauungen und Parteien im Rathe der Krone. Sein erſter Günſtling und Miniſter, Eggen— berg und der ſpaniſche Geſandte vertraten die Friedens— partei, welche der neuen drohenden Pläne der Weſtmächte und auch des Wiederausbruches der Kämpfe im Reiche gewärtig, den Krieg mit Bethlen abgethan wünſchte, während Puͤzmän und Eßterhüzy, die Führer der ungariſchen Regierungspartei, die Wiederaufnahme des Strieges gegen den unberecheubaren Fürſten Siebenbürgens ver: fochten. ach längerem Zögern, als ſchon wieder der neue Kriegs: plan von Mansfeld am franzöſiſchen und engliichen Hofe verhandelt wurde, entichloß fich Der Kaiſer zum Ausgleiche mit Bethlen, der auch am Kaſchauer Ztändetage (März 1624) der Friedenstiebe und Türfenfurbt Oſtungarns inne ward. So kommt es den 8. Mai 1624 zum Wiener Frieden, auf Grundlage der Nikolsburger Pacification. Oppeln und Ratibor giebt VBethlen preis, dafür er: bält er die Ecjeder Burgherrſchaft an Siebenbürgeng (Hrenze.

Hinter der ‚sriedensgeneigtheit Bethlen’s ſtak aber nidıt bloß die richtige Abſchätzung der Sachlage und der fragliden Erfolge Dansfeld’s bei den Weſtmächten, fondern die ernjtlichere Wieder:

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aufnahme des Heirathsprojectes. Zwei Wege faßt er dabei in’® Auge, die abermalige Werbung bei dem SKaijerhofe und die Sendung an den brandenburgifhen Kurfürften in gleicher Abficht, wobei ihm der Schwedenkönig Guftav Adolph behülflich fein ſollte. Ferdinand's perfönlihe und begreiflihe Abneigung gegen Bethlen als Freier und der Widermwille Cäcilia Renata’s, welche den Scherz des Baters, fie Fürftin von Siebenbürgen zu nennen, mit zornigem Erröthen und mit der Aeußerung, der Vater „wolle fie dem Teufel geben,” aufgenommen haben foll, trafen mit den Ein- flüffen der ungarijchen Regierungspartei von Ehterhäzy’s Anfchauung zuſammen, und der römiſche Stuhl, den Richelieu immer erfolgreicher beeinflußte, that das Seinige, eine folche Verbindung mit dem Ketzer Bethlen hintanzuhalten.

Andererfeits bot die engliſche Diplomatie Alles auf, den Fürſten gegen ben Kaiſerhof einzunehmen. Minifter Eggenberg, der ungarische Kanzler Sennyei und der neue ſpaniſche Sejandte am Wiener Hof, Graf Uffuna, riethen nun dem Kaijer, jeve Kränkung Bethlen’s zu vermeiden und ihm eine Prinzejlin aus der deutichen oder italienischen Verwandtſchaft Habsburg's auszuwählen. Dan dachte zunächft an eine ſächſiſche Prinzeffin, dann Elopfte man bei Toscana an und endlih verfuchte man es mit einer Modene— ferin, desgleichen mit der Herzogin von Nevers, einer Prinzeſſin mantuanijcher Herkunft. Bethlen aber war entjchloffen, durch eine Ge: andichaft, den Kanzler Kovacjöczy an der Epite, um die Kaijer: tochter werben zu laffen und ertheilte jener die Weiſung, ſich ungün— ftigen Falles an den brandenburgifchen Hof zu begeben. Dieſer Tal trat ein und jo erfolgte die Werbung in Berlin, wo man nicht lange zögerte.

Aeußerlich allerdings ſchien Gabriel Bethlen die möglichlt ver: blümte Abweiſung verſchmerzen zu wollen. Aber fein Sinn Itand anders. Zu neuem Waffengange rüften die Gegner des Kaiſers, ihon it die Wahl Ehriftian’s IV. von Dänemark zum Oberſten des niederfächfiichen Kreifes nahe (25. März 1625); man hofft von dem neuen enaliihen Könige Karl I. mehr Thatkraft. Bethlen correipondirt mit Thurn, dem Agenten des Pfälzers und diefer Jchreibt an den Fürſten aus dem Haag (2. April 1625): ‚Marcus (Venedig) ftünde Schon in Waffen und ſuche aud) den Sadjjen dazu zu bringen. Achilles (Guftav Adolph) habe ein jchlagfertiges Heer, das er in Bewegung jeßen möchte, wenn er des Alngriffes Bethlen’s auf Dedenburg (K. Ferdinand) gewiß wäre’; auf vene: tianiiches Geld Fünne der Fürſt rechnen.

Ay RU Trab verwncer, SI oa. III. u. d. bieie:gr. Areg (161 —Ivirı

Hm Bethjlen in Zchah zu halten, mußte ſich ber Railer ber inne vetſichern. Ter Syarmater Friede vom 16. April 1635 ernst Ten Vertrag von Jahre 1606 zwiichen beiden Mäch— ten. Wie Sicht en auch Vethlen fiel, bei der Pforte in Gnaden au bleiben, Denmod) war ihm Diefer Vertrag unbequem und noch meh Meran empfund er über die neue PBalatinsmwahl, die

zittolge Ders Tohes St. Tyurzö's (1. Mai 1625) am 25. Welohen ſeinen bebentennften Segner ımter den Magnaten Ungarns, Yıflas Ohterbäzn, an Die Spitze des translejthaniichen Staats: lebens jellte, nielleicht mehr noch als über Die Wahl des Erit: nehnrnten Aerhbinandb's zum Königellngarns (26. Nov.), her ſchöon am 8, Dezemher 1695 Die Krönung duch Pazmän folgte, ein ſeſchrift, ben noch kurz vorber Eggenberg und Päzman als in: upportimt hezeichnet hatten.

VHas Jahr 1525 nerlieſ ohne Kampf mit Betblen, aber e8 war een Die fett der Rutungen. Die weiteren Creignifle Des großen Krieges unölhigen unn aber den Blick einer Perſönlichkeit zuzuwenden, die in der That den Mittelpunkt eines weiten Kreiſes weltgeſchicht— lider Thbalſachhen de es iſt Adalbert Euſebius von ala. der Wallemſtein des dreikigjahrigen Krieges.

Vusg aitrhinrdent dlebie Das mit mackrigen. angeichenen Familien. den Narierihera nitie Hienburg Zlowata verichwägert. ſiets obenan Mad lege vudronieet SG SD und dad Pradteka! von mehr als zwanzig DosnPiaı nie Nadine Ye atsehentd De am! Nermanic als ie Worte N aan, AM den do Zurienbe Lass sur Welsi. u theme von Walditein Non. > Women. zesheniogopiifadr Sr Tosırsıcken Klauben

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XV, Buch: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 461

„der Tolle von Raldjtein”, wie der Gefchichtichreiber Slawata den phantaftifchen, an Jugendluſt überſchäumenden Braufefopf nannte, alöbald mit den akademi— ſchen Gejegen in jtarfen Zmiejpalt und trug endli das consilium abeundi davon.

Seit 1620 begannen die großen Reiſen mit dem Niefenburger, unter Ob- but des Magijter8 Peter Verdungus (Pierting?) aus Franken, Mathe: matifers, Altronomen und Freundes Kepler'’3, durch Süd: und Weftdeutich- land, Holland, England, Frankreich und Stalien und erweiterten den Geſichtskreis des jungen, reichbegabten Jünglings, der die Ahnung fünftiger Größe in ber Ihmellenden Brust trug unter dem jüdlichen Himmel, als Genofje der Uni: verfität Padua längere Zeit in Jtalien weilend, die geheimmißvolle Spradye der Sterne beuten lernte und dem reichen Verwandten, Adam von Waldſtein, auf den Vorwurf: er treibe e8 wie ein Fürſt, geantwortet haben joll „mas nicht iſt kann ja werden.“

Wie andere junge Kavaliere nahın er bald Kriegsdienfte, zunächſt unter dem jchneidigen Generale Baſta; bei der Belagerung Graus erjcheint er als Hauptmanı einer Fußcompagnie. 1606 nad Böhmen beimgefehrt, wurde er von feinem Verwandten, Karl von Zierotin, dem erzherzogl. Cabinetsrathe Joh. v. Mollart empfohlen und ald Kämmerling aufgenommen (1607). Zmei Sabre jpäter ftellte ihm der Meijter in Prognosticis, Kepler, das Horojfop: „Er babe ein unruhiges Semüth, mehr Gedanken als er äußerlich fpüren laffe; trachte nach Neuerungen durch außergewöhnliche Mittel. Nicht umfonft fei er unter der Conjunctur des Saturnus und Jupiter geboren, unter denjelben Ge— ftirnen, wie Zamojsfi, der Großkanzler Polens und die Königin Englands, Eli: ſabeth; eine außergewöhnliche Natur befähige ihn zu hoben Dingen. Ehrfucht, Zrog und Verwegenheit könnten ihn leicht dahin bringen, der Führer milder: gnügter Neuerer zu werden. Viele und große Feinde werde er fich zuziehen, aber meiſtens ihnen objiegen.” Die durch den Prager Erzbiſchof vermittelte Heirath des hochitrebenden, aber wenig bemittelten jungen Mannes mit ber be: tagte güterreihen Wittwe Lukrezia Nikeſſin (Neskowä) von Landef, einer vom Kreije der Zierotin’ihen Verwandtſchaft, und die baldige Beerbung ber grau (F 30. März 1614) und dann bie Sinterlajjenihaft jeineg Oheims, 4. Slavata, machte Wallenftein wohlhabend und freier al3 zuvor in jeinen hochfliegenden Wünjchen. Er fonnte nun mit Glanz bei Hofe auf: treten und feine Leidenjchaft für den Krieg erfolgreicher bethätigen. Er verftand das Geheimniß der Defonomie, die daß Gelb ald Mittel zu bebeutenden Zweden zujammenzubalten weiß. So erſcheint er mit einem felbftgemorbenem Dragonerregimente 1617 im Benedigerfriege vor Gradisfa, dem Wallonen Dampierre zur Seite und hält fich wader.

Als 1618 die große Rebellion in Böhmen und Mähren losbradh, hielt es der Soldat Wallenftein mit der ftreng faijerlichen Partei, und fchrieb jeinen Qettern, die im andern Lager ftanden, er werde jie mit Ruthen peitjchen lafjen, wenn fie in feine Hände fielen. Als Thurn 1619 Mähren terrorijirte, brachte Wallenftein die Landeshauptkaſſe mit 100,000 Thalern nad Wien und biefer Handſtreich wurde ihm bei Hofe gnädig vermerft. Er erſcheint dann

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mar Keiner von Lenen, welche ch ın Die legıe Yinie Yellien: auch Keiner Derer, bie in nanziellen Runngctar blöde waren. Daid batte er 1.» (Anier angefauft, mit enem Heiammtermage von » Millionen; Beñechlichkeit der Scharmeiſter und vortheilhartte Terminzahlungen, bei Denen aucd mir ichlechtzem (#elde nicht geipart wurde, erleichterten den Handel: auch den tKitzerber:g ieines blöden Mün: beis, H. 4. Zmitidn, eignere er ſich unter vortbeilharten Bedingungen zu: des— gleichen Die große Herrichait Jitichin (132351. Schon im Jahre 1622 Harte Wallenitein Die Hauptherrichgait Friedland in Nordböbmen um den Zpotipreis von Int, na (Kulden Vehensaabe erworben. Hrosgrundbeiiger eriten Ranges, mit dem umratienditen Blicke für das Größte to aut wie für das Kleinite der Wirthichaitsbedüriniſie, des bauerlichen und bürgerlichen Yebens, feit T. Zevrember 1525 Fürſt „von Gottes (Ynaden, Regierer des Hauſes Walbitein und sciedland,” bedurfte er nur noch einer ttandesmarkigen Heirath, die ihn mit der eintlurreichiten Kotiphare in Rermandtichart bradie. Dies erreichte er (Auguit 1654) Durch die Vermählung mit der Tochter des fait. Kämmerers, Graien Karl von Harrach: Niabella Katharina, Schweiter Leonhard Har— rach's, der durch ſeine Frau, eine Tochter des Premierminiſters Eggenberg, zu deiſen allmächtiger „Familie“ gehörte. Im September 1621 zeichnete er ſich ſchon als „Herzog von Friedland“; mit einem zuſammenhängenden Gütercomplere von mehr als 71 Quadratmeilen mit 9 Zrädten Friedland, Meichenberg, Nitichin, B. Yeipa, Arnau, Weißwaſſer, Turnau, Micha und Münchengrätz), jowie 57 Schlöſſern und Törtern, dazu au vierthalb Tauſend lehensprlichtigen Grundſtücken.

Zo trafen außergewöhnliche Begabung, (Fhrgeiz, Lebensklugheit, Reichthum und mächtige ‚yamilienbeziehungen zuſammen und ließen bei dem angeborenen Trange Wallenſtein's nach dem Großartigen, Außerordentlichen auch auferge: wöhnlide Wirkungen erwarten.

Cs war im Frühjahre 1625 zur Zeit der neuen Rüſtungen der prälziichen Bundesmächte, als Wallenjtein denn jo nannten ihn die Welichen in Wien den Antrag jtellte, für den Sailer eine ftattlihe Armee zu werben und in einer den Staatsichag wenig brüdenden Weije zuerhalten. Ueber vie Höhe der Anträge Wallenjtein’s und den Gang der Unterhandlungen find wir nur gerüchtweije unter: richtet; jedenfalls aber hatten fie etwas Ueberraſchendes, Bebenkliches

XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 463

und ſelbſt Eggenberg, Wallenjtein’s Gönner, war anfänglich gegen fie eingenommen. Dann aber trat der politische Gefichtspunft, die Gefährlichkeit der Staatslage und das Demüthigende der Ab: bängigfeit von der Kriegsmaht Bayerns und der Liga für den Plan, ein überlegenes Faijerliches Heer zu jchaffen, in die Schranken. So erſcheint Wallenitein bereits mit Beftallungsdecrete vom 7. April 1625 zun „Capo“ über alles Faiferliche Volk beitellt nunmehr den 25. Yuli d.%. als „General-Oberſt-Feldhauptmann“ der ek. Armada, die er durch das Angebot reichen Handgeldes in wenig Monaten aus altgedienten Söldnern, allerweltsher „zujamnıen: gefchneit und geblaſen“ anmwerben und durdy junge zur Drillung be: jtimmte Mannichaft ergänzen läßt. Der Deutihe, Böhme-Mäphrer, Ungar, Kroat, Pole, Wallone, Italiener, Spanier, Schotte, re, Engländer findet ih da im großen Heerlager zufammen, mo e8 einen leitenden Kopf giebt, der dieje bunte Welt ordnet, zufammen- hält und ernährt.

Man bat gemeinhin Wallenftein vor Augen, wenn man das fliegende Wort „der Krieg müfje den Krieg ernähren” lieſt; ſchwerlich ſprach er e3 zuerit aus, jedenfalls aber ijt die Kunit des „Ranzio— nirens” uralt, jo alt,. wie der Söldnerfrieg felbit. Nur wie Alles brachte auch dies der Friedländer an der Spige eines großen Heeres in ein großes Syitem und ließ es jo der Welt augenfälliger er: ſcheinen. Aber er verftand auch die wichtigere Kunft, in Freundes— und Feindeslande die Armee fo zu ernähren, daß der Bürger und Bauer allerdings „ganz erbärmlich” lieferte und zahlte, aber durd) die Strenge des Armeehauptes geichübt, in guter Ordnung anbauen und ernten, Haus und Hof behalten und feine Gemaltthaten zu bes jorgen hatte, fo weit fich jolche eben verhüten ließen. Khevenhüller, der nicht blind für Wallenftein’s Armeecontributionen ift, jagt: „Soldat und Bauer haben beifammen gelebt und alle Kriegsherren diefe Manier, Krieg zu führen vom Herzog von Friedland gelernt.“ Man bat immer nur die „wilde Soldatenwirthihaft des Friedlän— ders” vor Augen, den unvermeidlichen Krebsichaden des Söldner: weſens, .aber man vergißt der Fundigen und kräftigen Hand, die noch Schlimmeres verhütet und einen großen, vielgliedrigen Körper zufammenhält durch perfönliches Anjehen, moraliſchen Credit und jenes organifatorifche Genie, das einen eijernen Kopf und den Blid des Falken bedingt. Sedenfalle war Wallenjtein als Armeeorga: nifator größer, denn ald Schlachtenmeilter und jo Stand auch die Kühnheit feiner politiſchen Entwürfe über dem Unter: nehmungsgeifte und namentlich über der Schlagfertigfeit des Kriegs:

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Jeallertiin, dem ‚eeitbirn 3 £ jebre, aber maheity ;z Geralt, num.ihen Min: lien, nl, ma es ln, \mfelıen u —8 n. dieſer, isn im Ayreiinakter, der Kaslfer, Kan von Wudos, einfach, pruntias, ncheru cikenih in fiiner Yelenemere, la -elemitein, der Kolititet, der gern Die Welt Durd enmezeriih: Nustoruche blendet und irriruhrt, deſſen Muse grose Berbattnits be dem im vacer der Trot:ttant ebento —S in, wie der Kaetholik, denſen Chreei: das Hechite für erreicht at hait, und Tiin, der bloße Soldat, der mwortizrae und ideenarme, aber ſichlagiertige General, Dem bie politiihen Dinge wenig —— ſind, der underbrüchlich ergebene Tiener der herrichenven Kirce, Denen ganzes Sein im Ariegsband- werk auigeht und der darin auch ieim Yebensideal finder. Schon Dieier (Hegentag der Perionlichkeiten lieh fur Die Länge um To me: niger ein ungeitortes Cinvernebmen erwarten, als Mar v. Bayern, das Haupt der Yiga und ihr Feldherr in dem neuen failerlichen Heere und Denen Haupte, meniger Die bundesgenoſmſche Hülfe, iondern weit mehr die Emancivation Des Kaiſerhofes von der ligi— itiihen Mrieasbereitihart und einen unbeauemen Nebenbuhler er: blidten, der überall den eriten Plaß in Anipruch nahm. Nor der Hand freilich lie die gemeiniame (Setahr das Dornige dieles Ver: hältnistes nicht io areitbar hervortreten.

Tem aemeiniamen Kriegsiuge Walenitein’s und Tily's gegen ben niederiädhjfiichen Kreis und den Tanenfönig ohne enticheidende Zchlacht folgte das mwidtige Haager Bündniß der Gegner des Kaiſers und der Liga. In eriter Yinie waren da England, Holland und Dänemark verbündel. Schweden zeint ſich durch den :olentrieg aebunden und dur die Eiferiuht Dänemarks zurüd: gedrängt ; nichts Deito weniger hält es den lan einer Schilderbebung gegen den Kaiſer von Nordoiten aus feit, die Theilnahme Venedigs und Frankreichs an dem Haager Bündniſſe int problematijch, dagegen die Uebernahme des Krieges gegen ‚serdinand durch Bethlen gegen

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2. riehe, ben Bethlen mit bem Haiter Ihliegt und su Yeutichau am 2 Lesentber 16,46 unterzeichnet, fihert Dem Fürſten allerdings me Kurtbpile ner ituheten ‚ertrage aus ben Jahren 1622 und 1624; born hen jererlichen Yulane Bethlen’s, nie wieder das Haus rierserßy oz beftiegen, jebem Bundniſſe gegen dasielbe fern zu hlesken, tie Jinnte gegen ben Mailer ninimer aufzuhetzen und telbit vom honsuhuhen Gehnste henniitziehen, jtaf, bei aller Nichtigkeit jolcher laarıt, noch Dar, Nrefenntniß einer Jliederlage jener Pläne, welche Helllen it ben anvern Hauger Kerbündeten getheilt hatte. Der lit © iehenbirgene wan jehndh ein zäher Gegner und blieb der rſuehte Aniwögenopne hri einde Ceſterreich Habsburgs an deſſen neürften rile.

Weit uhen ie EGrenzen unſeres Staates in den deutſchen Nor— nenn blieben a bie weileren Ereigniſſe der Jahre 1627 bis Int erg Wolle (1696, Onde Wai bis Tctober) vom Wiener Höſe hetrirhenen Lerſtänbigung und engern Allianz des allen, Nanernonmbr puniens, das am 5. März den Frieden zu Nareelang mt Franfrelch neſchluſſen, Sollen große Unternehmunt: en ſolgen 21119 unn Mallenſtein werden bald bie Herren

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un gehätiigerer Form Iprady eine slugichrift Damaliger Zeit einen ähn— tihen (“edanten aus. Zie it an den Kaiſer gerichter und enthält tolgende Ziele: „uere Majeität willen, meld‘ ehriächtiger, mikgünitiger, unrubiger, Iiniger Kopi Tero Kruder Leopold it, aud dar derielbe einen brennenden Hab gegen 7. 8. M. und Tero Zohn heget; nicht minder it E. M. bekannt, wesmaten Kurbayern und Leopold's füritlihe Durchlaucht theils unter einander, theils mit ber Kron xtanfreidh vertraulid und itetig correipondiren, zu melden Feuer anch Kurtrier fleikig Tel zuichleppt. AFrit neulich wurde mir durch eine vornehme Perſon unter dem Ziegel des Geheimniſſes mitgetheilt, dat fersh. Yeopold und Sturbayern, im ‚all (#,. M. nicht al3bald einen den Kürten ermünichten ‚srieden jchafit -—- im Bunde mit Frankreich E. 8. M. zu befriegen entichloiien find und auch VRenedig hineinzuziehen, Hoffnung hegen.“

An der That itand Diarimilian von Hayern zur Zeit als ber Heidel- berger Yigatag abgehalten wurde, auf welchem die geiitlihen Fürſten von Mainz, Trier, Köln, Worms, Speier, Straßburg, Osnabrück, Fulda, Ealzburg, ber Teutſchmeiſter, Ramberg, Würzburg, Eichſiädi, Augsburg, Ellwangen und Kempten vertreten waren, mit Ludwig XIII. in Unterhaudlungen, und ein Zer:

472 XV.Bud: Ferdinand II. u. UL u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

. Als der‘ Friedländer im Jahre 1629, beichäftigt mit den Rüſtungen gegen das widerjpenftige Magdeburg, die entjchiedenite Gegnerin aller katholiſchen Maßregeln unter den. deutihen Städten, zu Güſtrow weilte, jprah er gegen Tilly von großen Plänen gegen den Türken, bei denen alle befreundeten Chriftenmächte mit: wirken follten. Aber mit ängftliher Haft trachtet er immer mehr, die Küfte gegen den Schweden zu befeftigen, der nun Schußherr Straljunds geworden war (Yuli 1629). Bon da drohte alle Ge- fahr, desgleichen auch von franzöfifcher Seite. Das wußte Wallenftein ; der Türfenfrieg war nur fo ein hingemorfenes Project, um die Ge: danken der Ligiften abzulenken. Im Winter von 1629—1630 ſucht er die Flottenunterftügung Dänemarks an, findet fich aber zurüd- gewiejen, denn nur dem Dänen und dem Schweden gebühre das Dominium auf der Oftjee. Das blieb die verwundbarſte Stelle Chri- ftian’s IV., wie fonjt er auch gegen Schweden eingenommen war.

Diefe Arbeiten für die Abwehr G. Adolph's und das Dringen auf den Frieden im mantuanifchen Streite bilden die lebte Thätig- feit des Generalates Wallenftein’s. Seit November 1629 wächſt die Hoffnung Bayerns, den Kaifer in der Abdanftungsfrage ge fügiger zu machen, am Mergentheimer Convente (Frühjahr 1630) ſpricht man ſchon von der Reform des Ffaiferlihen Heeres unb der Uebernahme des Commandos durch den Kaijer, ein Mitglied des kaiſerlichen Hauſes (Leopold) oder einen der angejeheniten Reichs⸗ fürften (Mar v. Bayern). Vom Plane (Mai 1630), nah München zu gehen und ſich mit dem Bayernfürften zu verftändigen, fommt Wallen: ftein bald ab. Als man ihn Ende uni auffordert nah Negens: burg zu kommen, antwortet er von Memmingen aus, dort in Regensburg habe er nichts zu juchen; jein wahres Quartier würde er in der Sauptftadt Frankreichs zu nehmen haben.

Als aber der Kaifer in Regensburg einzog, um die deutſche . Königswahl feines Erjtgeborenen durdhzufegen, war ihm eine herbe Demüthigung beſchieden. Die ganze Ligiftenpartei war dieſem Wunſche abgeneigt; jprah man doch in ihrem Kreife: nimmer einen Kaiſer wieder zu wählen, der zugleich König von Ungarn jei; auch an Ludwig XI. dachte man. Frankreich fendet auf ligiſtiſche Einladung als Helfershelfer das bedeutendite diplomatijche Genie an Richeliew’s Seite, den Pere Le Clerc du Tremblay, (Pater Joſeph, die „graue Eminenz“) und mit ihm Brulart. Die ganze Phalanr der Gegner Wallenftein’s hilft den Kaiſer beftürmen: nur in jeiner Entlafjung läge das Heil und die Eintracht im Reiche; immer

yächer wird der Widerhhand der Eggenbergiihen Partei, immer

474 XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

mußte er bedacht fein, die Pforte von einem Separatfrieden mit dem Kaifer thunlichft abzuhalten, oder ihm. doch jede gegen fich gerichtete Spite abzubreden. So fam unter jeiner Mitwirfung der Szönyer Friede des Kaifers mit dem Sultan (1627, 12. September) zu Stande, auf Grundlage der früheren Verträge; aud) wieder nur eine Friftung fauler Zuftände, einer Doppelherrichaft auf Einem Reichsboden.

Dem Palatin Eßterhäz y gegenüber ließ Bethlen ſchon im Mai 1627 Anträge machen, der Kaifer folle den Pfälzer wieder zu feinem Lande bringen, mit den protejtantifchen Fürſten Frieden machen und ſich mit ihm gegen die Türken⸗ macht verbinden. Eßterhaͤzy blickte das Verlogene folcher Anerbietnngen durch, die Faijerliche Diplomatie war nun bemüht, durch Enthüllung folcher Anträge bei der Pforte den Credit des gefährlichen Fürften zu erfchüttern. Wir kennen bie Antwort Bethlen’3 auf die Vorwürfe der Pforte (22. März 1628); es ijt ein langes Schriftftüd, worin er Alles als Verleumbung, Lüge brandmarkt, in einem Rückblicke auf die legten 26 Jahre der Gefchichte Siebenbürgens feine Verdienſte um bie Türfei aufzuzählen fi) bemüht und der Pforte entgegenhält, daß fie, wenn zugänglicher feinen Nathichlägen, 1619—1620 den Krieg mit Polen hätte vermeiden und durch einen raſchen Heereszug vor Graz 5 Reihe: Steier, Kärnten, Krain, Croatien und Slavonien leicht hätte unterwerfen können, ba er das Unternehmen gebedt hätte. Ganz Ungarn wäre ihm offen gelegen, aud) Wien feine Beute geworden. Die Pforte habe die großen Unterlafjungd: fünden des Jahres 1620 auf dem Gewiſſen. Und den 22. März fchreibt er, „unter vielen Thränen“ das ſchmähende Schreiben des Großveziers gelefen zu haben. „Bott ſei Dank“, heikt es darin, „wir find fein Rinderhirt, wir ftammen nicht aus alltäglihem Gejchlechte, ſondern unſer ganzes Gefchlecht ift jeit 1300 (1) Jahren aus wahrhaftigem und reinem Adel entiproifen und ſchon vor 200 Jahren (!) waren mehrere fiebenbürgifche Wojmoden darunter”. Es iſt dieſe Stelle gegen die orientalijche Hofſart des Türken als Oberherrn berechnet.

Neue Rüſtungen Pethlen’3 gegen den Kaifer waren von 1628 auf1629,

im Ginverjtändnifje mit K. Guſtav Abolph, Frankreich, England und Holland, im Werke. Sie zu verdeden, war da3 neue Angebot an den Primas Päzmän, gleicher Art mit dem an Eßterhäzy, bejtimmt. Der Graner Erzbiſchof mochte bei jeinen Katholifirungsprojecten und dem Wohlgefallen an Bethlen's freund: liher Haltung gegen die Jeſuiten und die Belenner der römiſchen Kirche leichter berüdt werben. Aber auch Päzınan war mißtrauiſch. Die hollän— diſchen Botjchafter bei der Pforte, Karl Talleyrand und Jakob Rouſſel, juchten den Fürften in ihrem Geheimberichte v. 15. Mai 1628 gegen feinen „verrätheriſchen“ Vollmachtsträger Mikes einzunehmen und die Sachlage für ben Kaijer möglichit ungünftig barzuftellen, damit ſich der vorlichtige Bethlen um jo leichter zum Losichlagen gegen den Kaifer und den Polenfönig bequemen möge. Als bejonders wirkſam erjcheinender Trumpf wurbe die Mittheilung ausgefpielt: Die venetianifchen Botfchafter müßten, es fei in ber kaiſerl. Geheimcanzlei ein eeret audgefertigt worden, dad Wallenftein mit dem Yürjtenthume

436 XV, Ruch: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigi. Krieg. (161IS— 1048).

auk was Urſachen von etilich vedlich uud gerrewen Khayſ. Kriegs-Tbriiten..... MM. v. Friedlaud .. . . ... .. auß dem Mittel geraumer.... worden; c) Der Discurs dber Deo Friedlando actiones und gegebene vngleiche Trdonanzen anne TG et Io, (Aretin, Banerns auswärt. Verbältniſſe J. Urk. S. 337,) und «dd Ruddielicher und gründlicher Bericht der vorgemeiten friediandiichen vnd ſeiner Addaerenten abicheulichen Prodition . . . . . Mir ff, Mai. stenheit Wien negeden und nach reiben Uta. b. H. Kreinhanſen. kaiſerl. Poſtverw. in Bam: durg vertont. [6.33 des Nbevenhäülier, AI. Bd. etwas verändert auf: wegen, oder Mari ae Monog:. Die Ermordung Albbrecht's Di. v. Ne Giue ISLE) pernelvelt Boen Beribr mus dem perduellionis Chaos

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478 XV. Buch: Ferdinand IL u. III. u. d. breißigi. Krieg (1618—1648),

fchon das Lager beiFrankfurt an der Oder hielt und den Branden- burger gezwungen hatte, ihm die Wege zu öffnen, mar mehr, als man in gegneriichen Kreifen erwarten mochte. Der Fall Magde— burgs jedoh (Mai), die „Magdeburger Brandfadel“, ward das günftigjte Ereigniß für Guftav Adolph. Nichts Tonnte Tilly, den greifen Feldherrn der Liga, härter treffen, als das 2008, Die wichtigste Feitungsftadt der Elbelinie erobern und unter furchtbaren Gräueln als Brandftätte hinter ſich laſſen zu müfjen, und zu fehen wie dies Ereigniß in feinen Wirkungen nun bald den mädhtigften - Broteftantenfürften, den Sachſen, dem Schwedenkönige in die Arme drängte. Anfang Juli überjchreitet Guſtav Adolph die Elbe, in harter Zmwangslage weiß Kurfürft Johann Georg lange nicht guten Rath, endlich bleibt ihm Feine andere Wahl. Im September vereinigt fih das Heer der Schweden und Sadjjen, am Breitenfelde bei Leipzig kommt es (17. September) zur blutigen Entjchei: dung und zur eriten Niederlage des gefürchteten Schlachtenmeifters der Liga.

Offen liegt nın dem Schmebenfönige ganz Süddeutichland und der Weſten, die Ligiften durchfährt ein gewaltiger Schreden, aber auch dem Kaiſer ift es bange, denn ſeit Wallenſtein's Entlaſſung verfügt Ferdinand über fein Heer, das fi mit Erfolg dem Feinde entgegenwerfen könnte; es war ebenjo auseinandergeftoben, wie es „zujammengeblafen“ war und fo mander Söldner diente jebt der „victoriofen” Fahne Schwedens und Sachſens, deſſen Heer unter dem Kurmärker Arnim, einſt Wallenftein’s Unterfeldherrn, Thon im November fih zum Herrn Böhmens madıt.

Bald waren Schludenau, Tetihen, Auflig, Leitmeris, Schlan, Raudnitz und Melnik in ihrer ziemlich jchonungslojen Hand. Bor Mitte des genannten Monats (11. November) war Prag ſächſiſch, ebenfjo Eger, Elbogen, Saaz, Kaaden, Brür, Komotau, Zaun; im Oſten Brandeis, Kolin, Kuttemberg, Königgräß, Neuſtadt und auch der mähriſche Grenzitrih. Zahlreiche Exu— lanten begrüßten dies Ereigniß als Vorboten eines Umſchwunges zu Gunſten der eigenen Sache. Es jchien, als follte unter ſächſiſcher Herrichaft die Schlaht am weißen Berge gemwilfermaßen ein Seiten: ftüd im protejtantiihen Sinne finden. So raid, wie damals vollzieht fi die Bewältigung des Landes und unverhältnimäßig leichter, denn fein bedeutendes Heer fteht dem Feinde entgegen; ja in deutichen Gebieten an der Grenze, wie das Egerland, war die im Herzen noch immer proteſtantiſche Bevölkerung jachjenfreundlid).

TZiefenbah und Gallas, die Taiferliden Generale,

480 XV. Buch: Ferdinand II. u. IIL u. d. dreißigj. Krieg (1618— 1648).

faiferlichen Armada zu gewinnen, nicht platterdings von fich wies, fondern in Unterhandlungen mit Schweden trat, die dann auch auf Sachſen rückwirken mußten. Tilly erhielt davon ſchon Ende 1630 oder Anfang 1631 aus Hamburg ziemlih ausführlide Meldungen, die er den 21. Februar 1631 dem bayerischen Kurfürften mittbeilte, der jie auch durch Trautmannsdorf nad) Wien notificiren ließ. Tilly Ichrieb dann an Wallenjtein darüber als etwas, woran er nicht glauben fünne, und dieſer erklärte auch (14. März 1631) alle ſolche „Zeitungen“ für „unwahr“ und in einem Schreiben an den kaiſer— lihen Rath Dueitenberg als „gar zu alberne Poſſen“. Daß aber Unterhandlungen Itattfanden, deren Mittelperjonen jener Sejyma von Raſchin, Graf Thurn und Wallenitein’s Schwager, Graf Treta (Terzta) waren, fteht feit und daß ſich Guſtav Adolph zu einem eigenhändigen Schreiben an Wallenjtein berbeiließ, bürfte eben fo fiber jein, al das durch den Grafen Thurn vermittelte fchwe- diiche Angebot, Guitav Adolph wolle rechtzeitig 12,000 Mann und 18 Kanonen dem Mallenjtein zufommen laſſen und ihm als einem Nicefönige Böhmens die Führung des Krieges gegen ben Kaifer von bier aus übertragen. Auch hat es jehr viel Mabr- fcheinlichkeit für ſich, daß Wallenitein durch jenen Seſyma dem Könige die mündliche Erklärung jandte, er wolle jih dann auf die failerlichen Truppen in Sclefien ftürzen, Böhnen, Mähren feithalten, vor Wien rüden, Minterguartiere in Uefterreich bezichen, die Donau überjchreiten, nach Inneröfterreich einfallen und den Sailer bis nad Welſchland jagen.

Aber gerade in der bloßen Mündlichkeit dieler Erklärungen und in ihrer handgreiflichen Hyperbolik, die jo recht an die meilt abitchtlich bingeworfenen großen Worte Wallenitein’s, an die jonitigen „Boutaden” Des Wallenjteiner’s mabnt, wie er ſolche in vertrauten Geſprächen liebte, merkt man am beiten, welche Kluft nod zwischen Dielen Beziehungen und dem Abfalle vom Kaiſer lag, und wie es dem Friedländer vornehmlich darum zu thun war, den Schweden— könig auszubolen, was er biete und anitrebe Auch Wallenſtein's Beziebungen zu Arnim, der fein Freund Schwedens war, ſtimmen damit. Endlich Darf man nicht überleben, Daß der Herzog von Friedland auch nach einer Entbebung mit dem kaiſer— lihben Oofe in Beziehungen blieb, dag der Kater ihn fortan noch jeinen „Beneral:Cberit:sseldbaupmann” nannte, ibm Gutachten über Die Operationen Tilv’s abverlanate und Wallenitein eine Bereit: willigkeit fundaab, dem Kater mit moblmeinendem Ratbe zur Dand zu fein. Auf Wallenjtein’s Empfeblung bin batte Ferdinand II. den

Aus XV. Buch: Ferdinand II. u. ILL u. b. dreifigj. Krieg (1613— 1648).

Arnim fam, wiſſen wir nit, aber daß derjelbe, wie jchon ange: deutet, fein Freund des ſächſiſchen Zwangbündniſſes mit Schweden fei, das mochte auch bei diejer Conferenz hervortreten.

Mit welchen gemiichten Empfindungen nahm nun aber wohl der Herzog von Friedland das Drängen des Kailers auf, ihm wieder eine Armee zu bilden und an deren Spige zu treten? Taß er feine Kränkung und fein förperliches Leiden in den Vordergrund ftellt, und fich auf's Eprödeite benimmt, daß er jich beharrlich weigert, nad Wien zu gehen, daß er, faum erjt (December 1631) durch Eggen: berg dahin gebracht, auf drei Donate den Oberbefehl zu übernehmen und mit feinem großartigen Organijationstalente ein neues Heer zu ſchaffen, gleich wieder zurüdtveten will, und neues Drängen, Be ſchwören, nee Angebote des geängitigten Kaiſers herausfordert, finden wir bei dieſer Sachlage in feinem rüdhältigen und ehrgeizigen Weſen begründet.

Ihm bot ſich darin die beſte Genugthuung für die jüngſte Verngangenheit; er hielt das Geſchick des Kaiſers in jeinen Händen, als am 5. April 1632 der alte Ligiſtenfeldherr gegen den anſtür—⸗ menden Schwedenkönig bei Nain am Lechſtrome feine zweite und legte Schlacht verlor und bald darauf feinen tödtliden Wun- den erlag. Denn ganz Bayern lan nun dem fiegenden Könige offen und wer kounte ibn vom öfterreichiicben Tonaulande abmehren, wenn dies nicht der Ariedländer tbat? ‘Die Yina war niedergeworfen, der Kurfurſt Mar ein Flüchtling im eigenen Yande Des Katjers Hoff: nungen anf Spanien, Polen, Dänemark tanden tief, und mas der Vertreter Philipp's IV... Cardinal Borata und Cardinalprimas Yarmar, als Bevollmachtigter Ferdinand'd II, am 6. März vor der Eardinalverſammlung vom Papiſte Urban VIIL auf ihr dringenden Anſuchen um Beiſtand zu Ghuniten Der katholiſchen Klein Deutſchland und ibres kaunerlichen Shußherrn als Newest mubeven dekanten war der Kvelſte —— daß der Rartz drie Siece N Samedenkenigad IN wentger iarchte, als einen Trend der BRUNEI Gace der eden nur ade —. dem ee Nass wine Deich in Bun Biss Urden VIII. arseranst Dry DENE RASCH Syn Nur ide Qomalt:

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484 XV. Buch: Ferdinand IE u. III. u. d. dreißigi. Krieg (1618— 1648).

richtige und naheliegende Gedanke der Politik des Wiener Hofes und jeines ſtaatsmänniſchen Feldherrn.

Die Sachſen hatten Böhmen geräumt, aber nun war der Schwedenkönig im Anzuge; der geängſtigte Kurfürſt von Bayern muß ſich Glück wünſchen, daß er die Vereinigung der Spitzen ſeines kleinen Heeres mit der Armee des Kaiſers (14. Juni 1632) bei Weiden erzielen und dann (30. Juni) bei Neumarkt die völlige Ueberführung der Truppen zu denen Wallenſtein's bewerkſtelligen kann; er war in ähnlicher Lage wie Ferdinand II. im Jahre 1620, aber fie war ungemein demüthigender, denn Mar mußte ſich an ben verhaßten Friedländer als feinen Netter anflammern.

Zwei bedeutende Kriegsmeilter, Guſtav Adolph, das „Schwert Gideons“, wie ihn Joachim Kamerarius nennt, und der Friedländer Sollten fih zum erjten Male mit einander meffen. Nürnberg, in jchwediicher Hand, und Wallenjtein’s raſch und vorzüglich be: feftigtes Lager vor der Etadt, im Umfange von dritthalb Meilen, in weldem nun 200 Fußregimenter, 300 Reiterſchwadronen und 80 Geſchütze untergebradht waren, find der Schauplatz der Kämpfe im Suli und Auguft 1632, welche nad) furchtbarem Ringen um die ſtärkſte Stellung des Friedländers, den jogenannten Burgftall mit dem Abzuge des Schwedenkönigs und feines gelichteten Heeres in das Lager bei Fürth endigten (25. Auguſt). Zum eriten Male hatte jich der Sieggemohnte wie Wallenftein dem Kaifer ſchrieb „bei diefer Impreſa gewaltig die Hörner abgejtoßen”.

Mber eine neue biutigere Enticheidung follte bald auf dem Boden Sachſens in offener Feldſchlacht ausgefochten werden. “Den 6. November jtanden die Schweden vor Lützen, wo nun Wallen: ftein, von dem Gegner in feinen Berechnungen überrafcht, den Kampf aufnehmen mußte. Nocd war der kühne und jchlaue Pappenheim mit einem Theile der faiferlichen Armee abweſend. „Der Herr laſſe Alles liegen und Stehen und incaminire fi) zu mir” hatte ihm Wallen: ftein eiligjt entbieten laffen, doch konnte Bappenheim trog ftürmi: Iher Eile mit den Neitern erft inmitten der Schlacht eintreffen; fein Fußvolk erſchien noch ſpäter. Es war ein blutiges Ringen, der Kampf beider Feldherren würdig. Wohl fiel der Schwedenkönig von feindliher Kugel im Cturmangriff auf Wallenftein’s „ſchwarze Burſche“, die geharnifhten Wallonen, und nun nahmen Horn umd Bernhard von Weimar die Kührung der fchmerzerbitterten Schweden in die Hände, aber auch Pappenheim, der narbenbebedte Kriegsmann, fand den Soldatentod und der gichtkranfe Feldherr des Kaijers, der nur mit äußerfter Selbftverleugnung die Schlacht kalt⸗

XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 485

blütig wie immer lenkte, trat den geordneten Rückzug an. Von einer entjcheidenen Niederlage des Friedländers Tonnte nicht geſpro— chen werden, denn DOrenftierna, der jchwediiche Kanzler, der feinen König immer und immer wieder zu einem Vorftoße gegen die Taifer- lichen Länder gedrängt hatte, äußerte fich felbft in einem Berichte dahin: „die Wallenſtein'ſche Armee fei zwar in Confufion, jedoch nicht jo geſchlagen, daß fie fich nicht redrejliren und mit anderen Truppen wiederum eine ſchöne Armee machen könnte, die ſchwe— diſche Armee aber trefflih geſchwächt und nidt mit einer Corporalſchaft vom Feinde gebeſſert (d. i. befier als der Feind).“

Immerhin hatte jedoch der Friedländer den Rückzug nach Böh— men angetreten und die furchtbare Strenge ſeines Kriegsgerichtes über pflichtſäumige Offiziere, deren ſo mancher mit Hinrichtung oder Entehrung büßte, wurde von ſeinen geheimen Gegnern als Groll über ſeine Schlappe gedeutet. In den romaniſchen Kreiſen des Generalſtabes begann man ihn „Tyrann“ zu nennen.

Bevor wir die Schlußepoche des zweiten Generalates Wallen- ftein’3 behandeln, ijt es jedoch am Plage, der militärifhen Um: gebung des Friedländers, der failerlichen Befehlshaber unter jeinem Commandoftabe zu gedenten.

Wir wollen hierbei nach Nationalitäten vorgehen und zunächit der Böhmen und Deutjchen, dann der Romanen umd endlich der Britten (ren und Schotten) im Generaljtabe Wallenitein’S gedenken.

Zu dem böhmijch:deutihen Kreije zählten die Vertrautejten des Friedlän⸗ ders. Vor Allen jei der Schwager Wallenftein’s, Graf Adam Tröka (Lerjfa), genannt, der (Semahl ber Schwägerin des Friedländers, Gräfin Marimiliana von Harrad), ein entichlojjerer Mann, jeit 1630 Inhaber eine Regiments, da3 fi mit feinem Oberſten in der Lügener Schlacht tapfer hielt. Unter ben Berjönlichfeiten aus dem Reihe war die vornehmjte Prinz Heinrich Julius von Sachſen, der zu ben ausbauernditen Anhängern Wallenſtein's zählte. Als Vertrauter Wallenjtein’S, dem Tröka ebenbürtig an Ginflur, gilt jedod der Brandenburg: Weumärker Ghrijtian Freih. von Jlow (Illo), bereits 1621 in kaiſerlichen Dienjten, 1631 Generalfeldwachtmeiſter, jeit der Yiißener Schlacht Feldmarſchall, eine der verläßlichiten Stüken Wallenſtein's. Zu biejen zählt auch Graf Heinrih Holke (Holf), Sohn eines adeligen Dänen von der boljteinjchen Inſel Alſen; 1627 im Heere Chriſtian's IV. am Zuge gegen Wallen- jtein’8 General, Grafen Schlid, gefangen, dann wieder frei, ein tapferer Kämpfer in Stralfund gegen Arnim (162%). Seit 1630 für Wallenjtein’3 Heer gemorben, dann unter Tilly's Fahne und jeit 1632 einer der Feldmarſchälle des Friedländers, ſchneidig, raſch in Allem und durch fein fchonungslofes Wefen als jchlimmer Gaſt allüberall verrufen, ein wichtiger Vertrauensmann Wallenftein’3, der in

486 XV. ud: Ferdinand IL u. IIL u. d. dreifigj. Krieg (16IR— 1648).

igm ben rüchtigen Solbaıen idyakte und ihn ungern durch den Tod (Eude Auguf 1633, verlor. Zu ben beiten Zeichlähabern zahlte audy Johaun von Kor aber Bögen, Sohn eines Yüneburger Adeligen; 1615 im Solde der böhmitdhen Sıande, ipater unter ber Fahne Mansield's, jeit 1626 nad) der Teiiauer Schlacht in faiierliden Tieniten, 162% Gommandant auf Rügen, 16W—31 in idhlimmer Grinnerung bei den Pommern, Ecdleriern und in der Nieberlauiig. In ber Lügener Schlacht war er einer derjenigen, welche bie legten Angritie gegen bie Schweden leiteten. Der Kaiſer lohnte ihm 1635 mit dem Freiherrntitel und dem (Heneralmajorpatente. Auch Rudolph Freiherr v. Tieienbacdh (Teuffen- bad), Sohn des failerlichen (Venerals im Türkenkriege, Ehriſtoph (+ 159R), und Bruder Friedrich's, der als Anhänger der böhmiich: mähriihen Auiftandspartei 1621, den 17. Mai zu Innsbruck den Tod von Henfershband erlitt, da bie Faii. Begnabigung zu ſpät eintrai, verdient Erwähnung, obihon er im zweiten Ce neralate Wallenitein’3 nit mchr als Kriegsmann wirkte. 1623 katholiſcher (Sonvertit geworden, erjheint R. v. Tiefenbach in ber Armee Wallenjtein’s, wirb nad deiien Enthebung (1630) dem Tilly als Feldmarſchall beigegeben und jchliekt zur Zeit ber ſächnſchen Occupation Böhmens jeine Tienjie im Felde, da fein förperlicher Zuſtand ihm die weiteren unmöglich machte. Auch jeien ber Norb: deutſche, Tberit Graf E. Georg von Sparr, jeit 1631 häufig genannt, fobann Johannes Ernſt von Scharfienberg, aus den Reihen des öſterreichiſchen Herren: itandes, 1625 Shrifter in Wallenitein’3 Armee, der im Jahre 1626 mit. Löbel und Pappenheim ben Bauernautitand Tber:Teiterreichd befämpfte und im deutihen Norden (1627—1628), dann in Wejtdeutichland (1633) gegen bie Schweden iocht, und der jchleiiiche Lutheraner Graf Hanns Schafgotſche an: geführt.

(Finer der bedeutenbiten Köpfe unter den Generalen deuticher Nation war Hanns Albringer (von Aldringen, Baron v. Roſchitz, Graf v. Groß-Ligma), ein Sohn des Luremburger Landes, armer Leute Kind (geb. 1591). Seine Nugend verlief im Tienjte junger Gavaliere aus Franken auf einer Reife nad) Frankreich; dann wurde er Sekretär bes Generals Joh. Gaudenz von Madruzzo und dejien Bruders, des GSardinals, und begann feine militäriiche Yaufbahn im kaiſerlichen Heere als Gemeiner, um bereit3 1622 unter Tilly als Oberſt, 1625 unter Wallenjtein als Oberſt und Generalcommijjarius thätig zu jein, bei ber Deſſauer Schlacht (1626) enticheidend mitzuwirken und in Norddeutichland viel verwendet zu werden. 1630 mit Kollalto im mantuaniſchen Kriege, bann unter Tilly's sahne, Tecember 1636 bereit3 Feldzeugmeiſter auf Wallenftein’d (smpiehlung erſcheint er 1632 als Feldmarſchall im Kriege; die ‚Jeder führte er geichidt, und erfolgreicher als das Schwert galt ihm bie Methodik der Kriegs: führung. Von den anderen deutſchen Tberjten fein noch: Bed, Breuner, Mohr von Waldt und Wengler als die bedeutenderen genannt.

Unter den Stalienern nimmt einen ber eriten Plätze ber Weljchtiroler Mathias Gallas, Graf von Campo und Meatarello, ein (geb. 1984). Tage Alerander Farneſe's, dann Waflenzögling des Obrijten, Grafen Ferdinand Madruzzo, Freih. von Baufremont, 1616 Hauptmann im Heere der Figiften, im pfälzifchen Kriege bereits Oberſt unter Tilly, 1625 von Wallenjtein als

488 XV. Bud: Ferdinand II. u, ILL. u. d. dreikigj. Krieg (1618— 1648).

Maradas (geb. 1560), Waffengenoſſe Bajta’3, Dampierre'3, Bouquoi's, 1621 Reichdgraf, Cavalleriegeneral, Feldmarſchall, dann Yandescommandant Böhmens geworben ſeit 1625 im Heere Wallenftein’d, als verjtedter Gegner des Friedländers, der auf ihn auch nicht gut zu ſprechen war und jo den Groll bes ältern ſpaniſchen Waffengenoſſen und Amtsrivalen zur entſchiedenſten Gehäflig- feit jteigerte.

Dem brittifhen Inſelſtaate gehörten drei wichtige Perjönlichfeiten an, zunächſt der Schotte Walther Leslie (Lesley), Sohn des Baronet v. Balqu: vahane, geb. 1606, durch Güterankauf in Steiermark landjäjjig geworden, feit 1632 als tüchtiger Obriftlieutenant befannt, jein Landsmann und Waffenbruder, Obriſtlieutenant Gordon, Kommandant von Eger, und ber fatholiiche Irländer Walter Butler, aus altem Gejchlechte, einer der tapfern Qertheidiger Frant— furt3 a. d. D. (1631) gegen den Schmwedenfönig, Soldat von Bravour, mit aller Rüdfichtslojigfeit einer rauhen Soldatennatur, von mächtigen Ehrgeiz.*)

Wir jtehen num vor einer der jchwierigen Fragen der Geichichte Defterreichs, die, ihrer Natur nach mit dem Falle Martinuzzi’s ver: wandt, an Größe der Verhältniffe und tragiiher Bedeutung jene Begebenheit des 16. Jahrhunderts weit überragt; es ift die jogen. Shuldfrage Wallenftein’s, der Mittelpunkt der Ereigniife, die fich feit der Lützener Schlgcht, nach welcher Wallenſtein die böh— miſchen Quartiere bezog, bis zum Frühjahre 1634 begaben. Laſſen wir die maßgebendſten Thatſachen ſprechen.

Der Ausgleich Sachſens mit dem Kaiſer war bereits, wie wir ſehen, im Spätherbſte 1631 von Wallenſtein betrieben worden. Im Januar 1632 eröffnete Graf Trka dem ſächſiſchen Generale Arnim, der Kaiſer wolle ernſtlich den Frieden und ſei be— reit, das Reſtitutionsedict aufzuheben und in Bezug der geiſtlichen Güter Alles auf den alten Stand zu ſetzen. Sachſen aber zögerte; es kam nun zum Hinausdrängen Arnim's aus Böhmen durch Wallen: ftein, aber raftlos ftrebte der Friedländer, wenn nicht anders, durch die Schreden des Krieges und dazwiichen laufende Anträge den Sur: fürften vom Schmwedenfönige abzuziehen. Auch Chrijtian IV. von Dänemark ftand Ende 1632 betreffs der Friedensfrage mit Wallenjtein in Gorrefpondenz und ebenio war (Frühjahr 1633) der Landgraf Georg von Bellen: Darmitadt ein folcher Ver: mittler. Es war dies zur Zeit, als das jächliiche Heer unter Arnim

*) Piteraturbehelfe f. das Biographiihe: Zedler's Univ. : Lerifon; öſterr. Nationalencyklopädie; Hirtenfeld-Meynert öjterr. Militärlerikon (AK) Bien 1850-1853; öjterr. Milit.Ztſchr., 3. 1808, 1812 im Verbindung mit d. Geſch. Wallenſtein's; Bergmann's Medaillen, 2. Bd. Für weitere Kreife: J. E. Heß, Biogr. u. Autographen z. Schiller's Wallenſtein, nach geſch. Quellen bearb. Jena 1867.

40 XV. Yud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreifigj. Krieg (1618— 1648).

Marauis de Feuquières, Neffe des „Pater Joſeph“ (Le Clerc du Tremblan) ging begreiflicherweife auf Diefen Gedankengang Kinsky's ein, und als dieſer auf einene Fauſt als das beſte Mittel Hierzu die Erhebung Wallenſtein's zum Könige Böhmens bezeichnete, wurde zwiſchen Beiden eine Denkſchrift vereinbart, worin forderungen und Teripredbungen an den Herzog von Friedland gerichtet wurden. Ja Ss deißt, daß ſchon im uni 1633 Richelieu dem kaiſerlichen Feldherrn die bomniſche Krone, 1 Million Livres und ſeinen Bei: ſtand zun dern ließ und Du Hamel an Wallenitein beordert wurde, welcher Vetztere uber Die vorlauten Eigenmächtigkeiten Kinsky's ſehr ungedalren war. Gleichzeitig aber erfuhr der enaliide Geſandte Buch den ſchwediſchen Neicbsfansler Urenttierna, es ſeien dieſem durch Unterdändier Wallenitein’s beitinmte Erklarungen über ein Spamzenzien mt Schweden zugekommen. Ve in den Berbit IR werner Nele acbeimen Regotiationen. ser Sachĩen blieb BRUNNER Nrardenbura erferter 8 Hibs ſe cus, „als ja WN NR Naben serien Sadien und Brarerbarı von teinem emiiienn Sem) a fern, ut Nr Werie zu inb:

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499 XV. ud: Yerbinand II. u. III. u. d. dreifigj. Krieg (1618—1648).

de igueroa y Cordova) mit 12,000 Dann Fußvolk und 1500 Reitern nad) den öfterreihiichen Vorlanden aufbrah, um bier bie Schweden und ihre Verbündeten unter Horn, Bernhard von Weimar und dem Aheingrafen Ludwig abzuwehren, den mit Kaiſer Ferdinand gegen Sranfreih verbündeten Herzog Karl von Lothringen in jeiner argen Bedrängniß zu unterftügen, und als kaiſerlicher Feldherr, ganz unabhängig von Wallenſtein, mit aleiher Vollmacht zu commandiren. Als nun überdies Aldringer zu Feria jtieß, ent: brannte Wallenftein im hellen Zorn und proteftirte auf’s Schrofffte gegen diefe Verlegung feiner Machtbefugniſſe. Das Schickſal der ganzen verunglücten Unternehmung vechtfertigte allerdings dieſe feine Haltung, aber mehrte nur die Erbitterung Spaniens und den Uunmuth des Kaiſers.

Das zweite Dial geſchah dies, als Don Fernando zu einer Unter: nehmung in den Niederlanden Tailerlihe Truppenmadt verlangte und auf Dbebarrlichen MWiderjtand Des Herzogs von Friedland traf.

An erbittertiten zeigte fih aber der KRurfürit von Bayern, indem er, der ganzen Kriegsgefahr ausgejegt, unaufhörlich auf eine Action Wallenftein’s genen Schweden drang und als nad) der Ein: nahme Regensburgo durch Bernhard von Weimar (28. Oct. Dis 5, Nov. 1633) Wallenftein endlich Ende November von Piljen wegen Fürth und Chamb aufbrad, bald deſſen abermaligen Rückzug nad Bohmen erleben mußte. Er gewahrte in Allem nur Die per: jonliche Gehäſſigkeit Des Herzogs.

Die Veſchwerden Spaniens und Bayerns, die tadelnden Ztim: men in der eigenen Umgebung, zu Denen auc der damalige Hof: fricasratbspräfident, Graf Schlid, zäblte, und Das be: greifliche Nerlanaen, Die tatbielbaite Geſinnung des Cberfeldberrn und den Weit ſeined Heereb zu erforſchen, beitinumten Den Sailer, einen der begabteſten Kovie ſeines geheinten Natbes, Freiherrn Gerhard von Queitendberg im December 1633 an Wallnſtein zu ent: ſenden. um iom einen Winterieldzug sur Untlaitung des eigenen Vanded awuizutragen. In der Inſtruction wird Die wunde Stelle in dem ganzen Verhaltuſie zwiſchen Kaiſer und Wallenſitein Deutlich ana vernbreu: Er drobe dem kauernchen Anſeben Geiahr. „daß ar zau Waneniternngleicham enter Meittonia (errezem) an der Hand und on Alien Lande kerne ireie Dibrontien mehr ubria DIN. Dueſenderz'd Muſtzon bhatte aber forer undım Erfolg, we der Walnenitem am Li. December en Gutadten Teiner Übdriüen gegen einen Wurterieldzug udergab. Der Raller mußte Ry darin ingen (4. Decenber). entpiand dos ader nikt minder

494 XV. Bud: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

Frankreich md Schweden. Tas, womit er früher nur jpielte, gewinnt für ihn eine ernitere Bedeutung. Die Unficherheit der Zukunft, das gereizte Selbitgefühl, der phantaftiiche Ehrgeiz laſſen ihn den Gedanken an den Abfall vom Kailer, an den Verrath faſſen. (Hegenüber dem Hofe und der Armee fpielt er nun ein Karte aus, den Entſchluß, abzudanken.

Anfang Januar gab er ihn im Geſpräche mit P. Quiroga fund, am 12. Januar wurden ben Oberften, bei deren Berufung eine Auswahl getroffen worden fein fol, im Rilfuer Saupt: Quartiere die Vorjchläge bed Wiener Hofe be Tannt gegeben und zugleich die Abdankungsfrage vorgebradt. Sie erregte all: gemein Schreden und Verdruß, denn der ganze finanzielle Credit ber Armee, die Maſſe der Forderungen bes Heerkörpers an das Aerar, rubte auf bem Gene: raliſſimus. und Wallenſtein's vertrauteite Leute, Klom und Terzfa fonnten leicht Sich mit drei anderen Überjten als Teputation bei Dem Herzoge bevoll: mächtigen lajjen, die auf fein Nusharren drängen jollte. Lange ſträubte fi Walleuſtein gegen dieje Witte, denn feine Kränklichfeit und Die vom Hofe em: piangenen Kränfungen (disgusti) feien (rund genug, abzudanfen, endlich erflärie er sich zu einem Aufſchube des Schritte bereit, um zu jehen, ma3 ber Kot für Die Armee thue, überhaupt werde er ſich nicht ohne Vorwiſſen jeiner neldoberiten von dem Hetere trennen, Durch die Gegenforderung, man müfle bei ibın treu ausharren. auch im ralle jeiner Enthebung, war die Möglichkeit jeincd Bruches mit dem Kaiſer, wenn aud veridleiert ausge: inroden.

Um dieielbe Zeit erbiclt der iranzöſiſche Sejandte Feuquières auf jeiner Rucreiſe nad Deutſchland einen Briei Kinsfn's, worin ber Eutſchluß Wallen⸗ ſiein's ausanıproden war, mit Frankreich in's Meine zu fommen. Aber die nun von Ricdelien vorbereiteten zwei Neriragsentmwürie, wonach Wallenitein entweder ala iörmlidber Mürter cin Heer von 14 15, 040 M. ſchlagfertig halten, oder mir dein ganzen Eewicdie jeiner Ziellung das Anterehie Frankreichs in Deurſch⸗ land wadren voute. Famen dei vedreiten Wallenſtein's nicht mebr sur Turdtührung. Auch mi Shmeden. das nah im lesien Augenblife Den Herzoge mifrraute, mar fon bindender Tradza: abgtichldeien. Beides ermaii. mic unidlüine Wallen: ten mar mas’ Rare Nibeisteit van Innerſtes bederridre. Er glaubte ber Yımee pardeı zu vern und mi che nocd ferne Die Zakhase beverriam zu tanrın - und Darm degegnere cr dd mu der Voreusſezung Des Niımer Kored, den du Beareiiıde \ardr var Mer Niigemalı Sek srıedländerd Pa: Dad Ders an onen DerNehicen Se war. Mün schrme Nöden: wagen weeneslishe Baammwa he det Ric Ga,la+ Tiivsemnt Nina oma aia Bistaunt Nans um Masse

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496 AV 2ud: Ferdinand II. u. ITI. u. d. dreikigj. Krieg (16181648).

die Ausiihr auf Zuwendung der Krone Böhmens an Ballenitein in den Hintergrund geichoben, gan: anders als in ben lodenden Angeboten vom Auli 1633. Die Geructe: Yudmig XID. tolle Kaiier, Rallenitein König Teutid;: Iand5 werden, waren aus der Luit gegrifien. Frankreich wollte ben Friedländer ausnützen und Ddieier fich nicht ausnüuten latien, iremden Beiſtand erit im Aufer: nen alle auibieten.

Unter den 40 Generälen und Überiten, welche den erften Pilſener Reversvom 12. Januar 1634 unterzeichneten, befand nd auch Piccolomini. Augenblicklich benadhridtigte er den Wiener Hot von den Pilſener Vorgängen.

Während nun der baneriihe Agent Richel aus Wien jchon den 11. Januar ichrieb, der Kaiſer ſei zu einer enticheibenden Map: regel aegen den Herzog entichlonien, allein man müſſe jehr gemad) und behutiam geben und summum secretum beobadhten und ein Patent des Naijers vom 24. Januar datirt vorliegt, worin er Zlallenitein enthebt, die Armeeleitung dem Generallieutenant (Gollas übergiebt, allen zu Pillen Reverjirten Amneſtie gewährt, aus: genommen dem Herzoge und zwei Perſonen (Illo und Troͤka), zeigt Die ganze Actenlage, wie wir fie jest kennen, ziemlich unwider⸗ leglich, daß man auch nach Piccolominti’s Berichten aus Pilſen in Wien bie dortigen Vorgänge mehr als eine Confulion der Intereiien, denn als eine Conipiration anfah, und Eggenberg, Trautmannsdorf und Biihof Anton in den geheimen Conierenzen no für eine Beſchränkung der Bollmadten bes Herzogs als ein Heilmittel eintraten, dem ſich allerdings mit gutem Grunde Lamormain und Schlid als einem ganz wirkungs⸗ loien Erperimente entgegeniegten; und ebenio unwiberleglid iheint es, daß jenes Patent vom 24. Januar entweder zurüddatirt

oder doch erit im Februar erlaffen wurde. Der Kaijer war forgenvoll, hatte ichlajloje Nächte und ließ Stirchengebete veran- ttalten, dag ihn Gott erleuchte.

Eggenberg jelbit konnte nun dem ſpaniſchen Trängen nicht mit Erjolg widerſtreben; er jelbjt fühlte, daß etwas gejchehen müſſe. Am 1. Februar berichtet Richel, Eggenberg habe ihm gejagt, ber success in der Sache beitehe in secreto et celeritate. In acht Zagen horfe man zu willen, wie e& abgegangen. Das bezog ſich auf jenes geheime Patent und die bezüglichen vertrauten Weifungen an Hallas, PBiccolomini,Aldringer, Maradas, Collo: redo. Taß ein beftimmter Auftrag des Kaifers, ji Wallenjtein’s lebendig oder tobt zu bemädhtigen, nicht und nie vorlag, und die Aechtung des Herzogs erſt nachträglich zur

XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 497

Rechtfertigung feiner Ermordung officiel ausgefprodhen wurde, eriheint erwieſen, ſoweit ſolche Dinge eben erweisbar find.

Aber daß in der Umgebung des Kaifers der Anſchauung, man ſolle Wallenftein und jeine Vertrauten feitnehmen und verhören laffen, was Piccolomini gerne ausgeführt hätte, die entjchiedene Er: klärung Ognates: man könne den Fsriedländer leichter mit einem Dolchſtoß oder durch Gift umbringen, früh entgegentrat und Eggen- berg, über deſſen „Hartköpfigkeit“ der ſpaniſche Gejandte noch Später Hagt, nad) Richel's Depefche vom 9. Februar beide Anſchauungen fritifirend, erflärte: „daß es eben jo leicht und weniger Gefahr, den Friedland glei umzubringen als zu fangen”, ift eben jo charafte- riſtiſch für die jih befämpfenden Gegenjäße bei Hofe, als bezeichnend für den Spielraum der Thätigfeit der Faiferlichen Bertrauensmänner die hinzugefügte Bemerkung des bayerischen Ver- treters: „Den Crpeditoren jei aufgetragen worden, ficher und dexter (gejhidt) zu Werke zu gehen. Das wann und wie jei ihnen anheimgeitellt”.

Noch den 13. Februar jchrieb der Kaifer an Wallenftein, in gewohnter Weiſe des Titels: „Hochgeborner lieber Oheim und Fürſt“ fih bedienend. Wallenitein, verhoffe fich der Kaifer, werde zur Ent: laltung Böhmens die Oberpfalz vom Feinde befreien; nöthigenfalls fole der Commandant Oberöfterreihs Bayern deden. Der Herzog möge die bezüglichen Eventual : Ordonanzen erlaſſen. Es war das legte Schreiben Ferdinand's II. an den Friedländer. Um diefe Zeit erließen aber auch ſchon Gallas, Aldringer, Mara: das, Piccolomini und Eolloredo Ordonanzen, denen zufolge Niemand Befehle vom Herzoge und dejjen Vertrauten Illo und Terzka anzunehmen habe. Dies befräftigte das zweite nun offene, vom 18. Februar datirte und am 22. Februar durh den Drud ver: breitete Patent des Kaiſers (auch an die gemeine Mann: Ihaft gerichtet), worin in ausführlicher Erörterung Wallenitein als ber „ganz gefährlichen weit ausjehenden Gonfpiration und Verbünd: niß wider den Kaiſer und fein hochlöbliches Haus” angeklagt und des gröbften Undanfes geziehen, des Obercommandos entjegt und die ber Faiferlichen Gnade verficherte Armee an jene oben angeführten „Generalperjonen” als Vollmachtträger gewieſen erjcheint.

Um diefe Zeit ward eine Reihe von faiferlihen Schreiben an Herzog Heinrid Julius von Sachſen, an die Oberſten Bed, Breuner, MWengler u. A., an Gen. Schaumburg in Eljaß, an den böhmijchen Statthalter, an den oberöfterreichifchen Landeshauptmann Grafen Kufftein, an mehrere Ligiftenfürften u. ſ. w. ausgefertigt,

Krones, Geſch. Oeſterreichs. II.

498 XV. Ruch: Ferdinand II. u. III. u. d. dreifigj. Krieg (1618--1648).

Vor dem Erlaſſe dieſes Patentes hatte Wallenftein die zweite Bilfener VBerfammlung der GSeneralperionen und Oberſten auf den 19. Februar einberufen. Der Herzog erklärte ihnen: er wolle nichts gegen den Kaiſer und die Religion jondern den Frieden; aber Angeſichts des Schimpfes, den man ihm anthun wolle, müſſe er auf fie vechnen fönnen. Den 20. Februar fanı es jo zu dem zweiten Pilſener Neverje, worin erflärt wird, daß die Iinter: zeichneten and bei den erſten Reverſe (von 12. Januar) „nichts wider den Dienft und die Hoheit des Kaijers oder der Neligion” im Sinne gehabt; denn fie feien weitaus in der Mehrheit Tatho: liſch. Wen aber ihr Generaliffimus veriprede, einzig ihnen zum Bejten bei der Armee zu bleiben, jo jeien auch fie gefomnen, demgemäß, was fie unterjchrieben, bei ihm auszuharren, bis zum letzten Blutotropfen. Gleichzeitig erließ Wallenftein eine Proteſta— tion im gleichen Sinne. Die Oberſte Mohr von Wald und and Breuner wurden am 21. Februar nah Wien abgefchidt, um den Inhalt des Reverſes mitzutbeilen, und die Bereitwilligfeit Wallenſtein's, abzudanken, kundzugeben (mir feine Herzogthümer duenti -- wolle man ibm belaſſen). Der Kaiſer hatte jedoch ſchon den Tag zuvor, 20, Februar, Gonfiscationsmandate an Gallas, Collerde, Sims u. N, die Güter des Friedländers, Terzta’s und Ilow'o betreffend, ausarfertiat.

Dao Verhängniſß Wallenſtein's nabte mit aropen Schritten. Er lan im eigenen Nege amd der raſche Abfall feiner Armee bewirs, Daß er ihrer nicht Herr tet, wie er vermeinte.

Bon der zwenen Wbener Boipredung hazzen ſich ferngebalten: Riccolomini,

SD WR sites. in denen Schloe, Frauenberga, Ge zuſammen— raienn Zw leunten and ax June Gor und a DORIS Den Fommandanten ver daider mu Sa hen ordnen, J Hauupithen der Ärnie war für den KENT SSNSDEONTNSZUNSUBSHS den Dvernen Beſs Comrmmandenten von Prag, WSPICRID PT AN DER werven cn Mendezooeusn iarimttichet Wand szcr std VO Det ao ach ont. su nad Vilſen NUraNdg. ev m der Amin. Vo 5 Piranie vom nun Die Kr ii DEN Wr NEO GUN NS SU WIE Tiridren Jen Als —B d. Saiten AND e die nano Bern Mercer „Aa base Non. Hand w Ren Ta Sei,ss cut Trug mar

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XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 499

Trenftierna blieb mißtrauifch. Piccolomint dagegen ſchrieb (21. Februar) an Gallas „man müfje fi zufammenthun, um Wallenftein zu ver: folgen und aus Böhmen zu jagen, bevor ihm der Feind Hülfe jenden könne“.

Die Aufgaben der Kaijerlihen waren ausgetheilt und wer den Aufbruch Wallenftein’s aus Pilfen nah Eger (22. Februar, 10 Uhr Borm.) gegen Mies in’s Auge faßt, fieht, wie ifolirt der einft allmächtige Generalifiimus war; fein Befehl, daß nur ihm, Terzka oder Illo zu gehorchen fei, war von den Thatjachen längft überholt. Nur diefe Beiden und die Frauen Kinsky's und Terzka's, Herzog Heinrich Yulius und der Exulant Kinsty, 5 altfächfiiche und 5 Terzka'ſche Compagnieen bildeten fein Geleite. Feldzeugmeifter von Sparr blieb als Commandant in Pilfen zurüd, das am 24. Februar an Piccolomini übergeben wurde. Suys hatte Brag bereits bejekt; der bayerische Kurfürſt ſandte Truppen nad) Budweis.

Nachmittags, den 22., auf dem Wege nad) Mies ftieß Wallen: ftein, krank, gebrochen, in feiner Sänfte weiter befördert, auf Butler mit feinen Dragonern und zwang ihn, fi) dem Marſche anzufchließen und nicht nah Pilſen einzurüden. Der Tatholifche re, wie fein Beichtvater Batrif Taaffe (nad Butler’s Ableben 1634, Ende December) berichtet, war ſchon durch die Weifung des Herzogs von Friedland, mit feinem Negimente die Hut der pfälziichen Päſſe auf: zugeben und auf den weißen Berg zu marſchiren, mißtrauiſch ge: worden. Jetzt nad) Mies, gegen die Ordre, mitzugehen gezwungen und mit den Fahnen des Negimentes, gegen militärifchen Brauch, von den Soldaten getrennt, Nachts in den Städtchen beim Gene: raliffimus internirt, ſchickte Butler, um feine Loyalität zu wahren, am 23. Februar den Pater Taaffe an Piccolomini nah Pilſen mit der Erklärung feiner unwandelbaren Treue. Piccolomini forderte nun PB. Taaffe auf, To jchnell als möglicd) feinen Herrn aufzumahnen : wolle er raſch befördert werden, jo möge er Wallenftein todt oder lebendig mit ſich bringen. Er ſelbſt werde ihm dies mittheilen laffen. Taaffe fonnte erit am 24. Februar mit Piccolo: mini in Pilfen verhandeln. Was weiter Butler that, geichah, ohne daß er einen ſolchen Wink erhalten konnte. Auf dem Wege nad) Eger jol Wallenitein an Butler die glänzenditen Verjprechungen gemacht haben. Daß Butler aber zum Aeußerſten entſchloſſen war, beweilt dag Weitere.

Am 24. Februar Abends traf Wallenftein in Eger ein und wurde von dem Sommandanten Gordon eingelafen, troßdem dieſer von Diodati die Gegenweifung empfing. Hier nahm Wallenftein feine

32*

500 XV.Bud: Ferdinand IL. u. IH. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

Wohnung im Haufe der Wittwe des verjtorbenen Erulanten und PBatriziers Alerander Pachhelbel. Noch am Abend hatte er eine Conferenz mit dem Oberjtwachtmeifter Leslie und theilte ihm mit, daß er nun mit Sicherheit auf Schweden und zwar aufdie Truppen Bernhard’s von Weimar rechne. Den 25. Morgens bemühten fi) Ilow und Terzfa, die drei Oberften: Butler, Gorbon und Leslie dur Verjprehungen aller Art zu gewinnen und feitzuhalten. Leslie erhielt überdies den Befehl, eine Verjammlung der Bürger auf den 26. anzuberaumen, damit fie ihm geneigt würden und Geld vorſchößen. Gordon und Leslie wollten aus Eger entweichen, um der Zwangs⸗ lage zu entgehen; Butler hinderte dies; es ſei ihre Pflicht auszu- barren und dem Schlimmiten zu mehren. In der vertraulichen Belprehung ſprach nun der „nachdenfliche”, ſchweigſame Leslie das enticheidende Wort: „Laßt uns fie tödten, die Verräther!” (Auch diefe wichtige Mittheilung verdanken wir den unverfänglichen Angaben Taaffe's und ebenjo die Detail3 der Vorgänge am ver: hängnißvollen Abende und in der Nacht des 25. Februar.) Butler war nun der beiden Waftenbrüder fiher. Illo frohlodte über die nahe Ankunft der Schweden; nun galt rajches Handeln auf eigene Rechnung und Gefahr.

Wir kennen die blutigen Vorgänge, Abends und in ber Naht des 25. Februars, ihre Tragif hat ein großer Dichter mit unfterblihem Griffel lebenswahr "und geſchichtlich treu verewigt. Abends 9 Uhr beim Faſchingsſchmauſe in Gordon’s Behaufung erlagen Kinsky und Illo fogleih, Terzka nad) langer Gegenmwehr dem Meberfalle; den Nitimeifter Neumann tödtete auf der Flucht die Wache. Bor Mitternaht war auch Wallenftein eine Leiche. Was in feiner Seele vorging, ald er lautlos die Arme öffnete, um den tödtlihen Stoß der Partiſane Deverour’ zu empfangen mochte der Gedanke fein: er verderbe durch den Zwieipalt jeines MWollens und Könnens, des Chrgeizes und der Pflicht, und diejen Zwieſpalt einer dämonijchen Natur, die der Fatalismus beherrſcht und die fich in in- neren Widerfprüchen verjtridt, hat die ganze Fluth der MWallenftein: literatur nicht Elarer gefennzeichnet, als dies der Dichter that.

Und gerade der erichütternde Eindrud von dem Tode des Frieb- länderg, jo außerordentlicher Art, wie Alles an diejer Perfönlichkeit, weckt gleichzeitig da8 Andenken an den Mann, wie er durch's Leben ging; fein ganzes Daſein zieht an uns vorüber, von reichen geiftigen Mitteln und großer Gunſt der Zufälle, nit von fittlicher Größe, aber von mächtinem Ehrgeize getragen, dem Eleinliche Eitel-

ieh, ° und Mißtrauen jedoch immer zur Seite

XV. Buch: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Serieg (1618—1648). 501

ftanden. Aus dem wenig bemittelten Junker erwächſt das Haupt einer großen Armee, wie fie vor ihm der Kaifer nie befaß und auch weiterhin nicht zuſammenzuhalten vermochte, der planreichfte Staats: mann, in deſſen Kopfe unaufhörlich die Gedanken fieden, während das Herz kalt bleibt, der reiche Fürst, deffen Hofftaat im Jahre 1633 an 900 Perſonen zählte, dem Grafen und Freiherren gerne dienten und dem die jorgfältigite Defonomie Mittel bot, mit fürſtlicher Frei: gebigfeit auch den kleinſten Dienft zu lohnen. Das Geihid knickte jeinen Lebensfaden gewaltjam, denn deſſen Verworrenheit ließ einer friedlicheren Löſung des Knotens nicht Raum.

Der Leichnam des Friedländer8 wurde zunächſt auf die Citabelle und dann in Gejellihaft der drei anderen Todten, Troka, Slow nnd Kinsky nach Mies geſchafft. Wallenſtein's Wittwe ließ ihn dann in der Gruft zu Zitfchin beifeken. 1639 gebot der Schwebengeneral Baner die Gruft zu öffnen und nahm den Schädel und ben rechten Arm als Siegeszeichen mit fih. Die Frauen Tröfa’s und Kinsky's, deren legtere, eine geborne Tröfa, mit der ganzen Sache vertraut ge: weſen fein jol, wurden nah Wiener-Reuftadt gebradt.

Die That Butler’3, Gordon’3 und Leslie’ fol Anlaß zu Maffenduellen zwilchen der deutjchen und welſchen Officieröpartei ber Armee gegeben haben, worin jene für den ermordeten Generaliffimus Partei nahm, wie das Theatram europaeum erzählt. An 24 Obriften und Hauptleute, meiſt Deutfche und Böhmen, feien zu Pilfen unter ben ftrafenden Arm des Kriegsgerichtes ge- kommen.

Das eigentliche Tribunal wurde in Regensburg aufgeſchlagen. Als gravirt ſchienen: Herzog Heinrich Julius, Generalzeugmeiſter Sparr, bie Oberſten Loſi, Mohr von Wald (deutſcher Ordensritter) und Oberſtlieute— nant Hammerle. Loſi und Hammerle wurden lebenslänglich eingeſperrt, die Anderen freigelaſſen. Das ſchlimmſte Loos erlitt General Schafgotſch, deſſen Oberſtlieutenant Freiberger zwei Regimenter förmlich zum Abfalle von Kaiſer verführte. Schafgotſch ſollte nun dafür büßen. Die Folter erpreßte ihm wider: ſprechende Ausſagen; doch betheuerte er ſtandhaft feine Unſchuld und ebenſo ent: ſchieden verwahrte er ſich gegen den Bekehrungsverſuch zum Katholicismus. Den Tod vom Schwerte des Henkers erlitt er mit Muth.

Der Kaiſer mußte den Juſtizmord an Wallenſtein als ſolchen rechtfertigen. Dies geſchah durch officielle Schriften, deren wir bei der Literatur gedachten.

Als Perfönlichfeiten, die des Lohnes gewärtig waren und ihn aud erhielten, müjfen alas, Piccolomini, Aldringer, Colloredo, Iſolani, Morzin, Butler, Gordon und Leslie, Trautmannsdorf, Hoffriegsrathpräjident Schlid und al3 der habgierigfte Quärulant Marcheſe Carretto di Grana hervorgehoben werden. Es gab nicht wenige darunter, welche dein Friedbländer Würden, Ehren und bedeutende Mittel verdanften, denn er wollte ein wahrer Sriegsfürft fein und einen glänzenden Kreis von tüchtigen Waffengenoffen an feine Perjon feſſeln; der Soldat war ihm, dem fürjorglichen Generaliffimus gewogen. Bezeichnend it e8, daß eine der zuverläjfigiten Quellen, ber Domberr Pappus, an den

44 XV. XuUS: Admer: ILı OL 2er. mergi Krieg (16181048).

kerm Ariesstrührer aus Gutav Adolph's Schule, bat Mühe fih ber Zadjien zu ermwehren, mährend die Nailerliben auch die Nhein- linie halten.

Aber Witte Tecember ichläat Ban«er's ebenbürtiger Adlatus, Zoritentohn, die Sadıten bei Kirig a. d. Havel (17. Tecember 1635); bald nimm: Ludwig XIII. den Iseimarer Herzog Bernhard in franzötiihen Zold, und der Sommer 1636 zeigt Frankreich unter La Balette und Bernhard am heine, die Schweden unter Baner und Toriteniohn an der Elbe im Vordringen. Nber nun breden Unruhen in Frankreich aus und der kühne Zommerritt Johann’s von Werth (Auguſt 1636) vor Paris verbreitet nicht geringen Schrecken; bald it der fühne Beutemader in Munde aller Fran: zofen. nticheidender hätte Gallas Einbruch in die Bourgogne September bis Tecember 1636) werden fünnen; aber er muß wieder zurüd. Frankreich weiß den Dänenlönig in der Neutralität feltzuhalten und jo kann denn Baner jorgenfreier losbrechen und bie Raiferlihen und Sachſen unter Hapfeld und dem Kurfürſten 4. Dictober 1636 enticheidend bei Wittftod jchlagen. Es war keine Einheit in ihrer Heeresleitung und es hieß „daß nicht wenige Sachſen, im Herzen ſchwediſch, mit Taiferlihen Waffen fochten”. Vald loderte der Kampf an der Oder.

Schwer fiel dies Alles dem Kaifer auf's Herz. Angefichts des wüſten, unabſehbaren Krieges lag ihm Alles daran, das, was er bereits im Sabre 1630 angeitrebt, durchzuführen: die deutſche Königswahl des Thronfolgers.

Zeit Auguſt 1636 erſchienen zu Regensburg langſam die Wähler; ber Jrierer Kurſfürſt, ‘Philipp von Sötern, der Schleppiräger Frankreichs, far zu Linz gelangen. Wald erichien dev Kaiſer ſelbſt; ſehr gealtert, ergraut, bleich, Sorge um Antlin. Ihm gaben der Nuntius, der ſpaniſche Borjchafter, der florentinijche und Der polniſche Geſandte, Oſſolinski, das (Weleite, welcher Letztere bei ber Wahl jebr rührig war. Won Mitte Tctober zogen fich die Verhandlungen bes rigeutlichen Wahlgeſchäftes, in welchen der bayeriſche Vicekanzler Dr. Richel als Verfaſſer dev Entwurſes dev Wahlcapitnlation eine bedeutende Rolc ſpielte. Der Kane war ſeit Kurzem Schwiegervater ſeines Schwagers, des bayeriich: pfalziſchhen Knrſürſten Marimilian, geworden. Es lag ihm viel daran, Den durch den Tod der erſten Gattin Eliſabeth (11. Januar 1635) verwitweten kinderlogen Anne, deſſen Bruder gleichfalls Feine Kinder hatte, möglichſt enge min ſemem Hauſe zu verbinden. So gab er denn ſeine Nijährige Tochter Mara Anna Dem Gejahrigen Mittelobacher zur Ava.

um Mar Drang bald Darauf, daß jeder Der anderen Kuriürſiten ebenſo wie der ſachnſde ein ſelbſtandiges Commando unter Dein Tberberebic eines kaiſer⸗ lichen Prinzen Delleiden möge Demnadch iolle die ganze Neichsarmee in eine

504 XV. Bud: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

beiten Kriegsführer aus Guſtav Adolph's Schule, hat Mühe fich der Sachen zu erwehren, während die Kaiferlichen aud) die Rhein: linie halten.

Aber Mitte December ſchlägt Banér's ebenbürtiger Adlatus, Torftenfohn, die Sachſen bei Kirig a. d. Havel (17. December 1635); bald nimmt Ludwig XIII. den Weimarer Herzog Bernhard in franzöfifchen Sold, und der Sommer 1636 zeigt Frankreich unter La Balette und Bernhard am Rheine, die Schweden unter Baner und Torftenfohn an der Elbe im Vordringen. Aber nun breden Unruhen in Franfreih aus und der kühne Sommerritt Johann's von Werth (Auguft 1636) vor Paris verbreitet nicht geringen Schrecken; bald ift der fühne Beutemacher im Munde aller Fran: zofen. Entjcheidender hätte Gallas Einbruch in die VBourgogne (September bis December 1636) werden können; aber er muß wieder zurüd. Franfreih weiß den Dänenkönig in der Neutralität feftzuhalten und jo kann denn Baner forgenfreier losbrechen und die Kaiſerlichen und Sachſen unter Habfeld und dem Kurfürſten 4. October 1636 enticheidend bei Wittftod fchlagen. Es war feine Einheit in ihrer Heeresleitung und es hieß „daß nicht wenige Sadjien, im Herzen ſchwediſch, mit Taiferlihen Waffen fochten”. Bald loderte der Kampf an der Oder.

Schwer fiel dies Alles dem Kaiſer auf's Herz. Angefichts des wüften, unabfehbaren Krieges lag ihm Alles daran, das, was er bereits im Jahre 1630 angejirebt, durchzuführen: die deutſche Königsmwahl des Thronfolgers.

Seit Auguft 1636 erfchienen zu Regensburg langjam die Wähler; ber Trierer Kurfürft, Philipp von Sötern, der Schleppträger Frankreichs, ſaß zu Linz gefangen. Bald erjchien der Kaiſer jelbit; fehr gealtert, ergraut, bleid), Sorge im Antlitz. Ihm gaben der Nuntius, der jpanifche Botfchafter, der florentinifche und der polnijche Geſandte, Ofjolinzfi, das Geleite, welcher Letztere bei der Wahl jehr rührig war. Ton Mitte October zogen ſich die Verhandlungen des eigentlichen Wahlgefchäftes, in welchem der bayerifche Vicefanzler Dr. Richel als Verfafjer des Entwurfes der Rahlcapitulation eine bedeutende Nolle jpielte. Der Kaifer war feit Kurzem Schwiegervater feines Schwagers, des bayeriſch— pfälzifhen Kurfürjten Marimilian, geworden. Es lag ihm viel daran, ben durch den Tod der erjten Gattin Eliſabeth (11. Januar 1635) verwittweten finderlojen Fürſten, deſſen Bruder gleichfalls Feine Kinder hatte, möglichſt enge mit feinem Hauſe zu verbinden. Eo gab er denn feine 24jährige Tochter Maria Anna dem 62jährigen Wittelsbacher zur Frau.

Kurfürft Mar drang bald darauf, daß jeder der anderen Kurfürften ebenfo wie der ſächſiſche ein jelbftändiges Commando unter Dem Oberbejehle eines Faifer: lichen Prinzen befleiden möge. Demnach folle die ganze Reihsarmee in eine

506- XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigi. Krieg (1618—1648).

niſſen eine göttlihe Prüfung feines Glaubensmuthes erblidte, gerade fo wie er in der Gegenreformation ein Gebot kirchlicher Pflicht zu erfüllen entjchlojjen war. Und in diefem Sinne allein kann von dem ſpaniſchen Regentencharakter Ferdinand’s II. geſprochen werden. Bon romaniſchem Tespotismus, romanijcher Selbftfuht und Gerieben- beit ift jonit im Charakter, im Herricherthum dieſes Habsburgers _ wenig zu verjpüren.

7. Yerdinand’8 Haus und Sof.

Yiteratur. (Vgl. i. Allg. bie Liter. dieſes Buches, insbeſ. Kheven— büller.) Status particularis regiminis S. Caesareae Majestatis Fer- dinandi IL 12° b. Elzevir in Leyden (der erjte inhaltreiche Staatsſchematis⸗ mus des beutichen Kaijerhofes); die venet. Relationen im 26. Bde. ber funtes rer. austr.; Vehſe, Die europ. Höfe u. Cabinete. Oeſterreich, 4. Bd.; Majlarh, III. 2b; Hurter, Gef. Ferd. IL, 9. 2b. u. Friedens: beitrebungen K. Ferdinand's (Wien 1860); Bidermann, Gef. db. öſterr. Lei. Staatsideen; V. v. Renner, Die Erbtheilung K. Yerdinand’3 II. mit ſ. Zrüdern (Innsbrud 1873). Ueber Eggenberg: Erſch u. Gruber’3 Encyelop. J. &., 31. Thl. (1838), Art.v. Stramberg (705—209); Steierm. Zeit: ihrift, 6. Bd. (Winflern, Biographien); Mittb. des bil. Per. f. Stm. 1866 (Luſchin, Tie Münzen u. Medaillen d. Jam. Eggenberg); (Kreutter) Geſch. d. öſterr. Vorlande, 2. Bd.; Brandis, Geſch. d. Landeshaupileute Tirols; Sinnacher, 8. Bd.; Egger, G. Tirols, 2. Bd.

Das Haus Ferdinand's II.

I. Ferdinand II.

1. Sen. (23. April 1600) Maria Anna, Schmweiter Marim. I. v. Bayern, + 8. März 1616. 2. Sem. (4. Febr. 1622) Gleonore, Tocht. Herz. Vincenz v. Mantna (7 27. Juni 1655).

Kinder, ſämmilich aus erjter Ehe:

3. Johann Karl, geb. 1605, + 1619.

4. Ferdinand (ILI.), geb. 13. Juli 1608, K. v. Ungarn 7. Tec. 1625; v. Böhmen 25. Nov. 1627; röm. K. 22. Dec. 1636 (dj. XVI. Bud).

5. Maria Anna, Gem. (15. Zuli 1635): Ki. Marim. dv. Bayern (+ 1651), + 25. September 1665.

6b. Gäcilia Renata, Gem. (1637): Wlad., 8. v. Polen, +4. März 1644.

7. Leopold Wilhelm, geb. 6. Januar 1614, 1625 Biſchof v. Paſſau u. Straßburg, 1627 v. Halberftabt, 1637 v. Olmütz, 1655 v. Breslau. Hoch: u. Deutſchmeiſter 1642. (} 20. Nov. 1662).

Brüder des Kaijers:

a) Leopold, geb. 19. October 1586; Biſchof v. Paſſau, 1605-1625;

„1 “tor Tirols, 1619— 1625; Regent bes

XV. Bud: Ferdinand IL. u. IIL. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 507

Landes 1625, + 1633, 3. Sept. Gem. f. 26. April 1626: Claudia, T. Fer: dinand's I. v. Toskana, Wittwe des Prinzen v. Urbino. Regentin Tirols 1633 bis 1646; + 25. Dez. 1648.

Kinder:

1. Ferdinand Karl, Erzh. u. Graf. v. Tirol, geb. 17. März 1628, 7 30. December 1662. Gem. |. 1646: Anna von Medici, Tochter Cosmo’3 IL. (+ 12. Sept. 1676).

Defjen eritgeb. Tochter: Claudia Felicitas, geb. 30. Mai 1653,

- Erbin Tirols; Gem. f. 15. October 1673: Kaifer Leopold LI

+ 8. April 1676.

2. Iſabella Glara, Gen. ſ. 1649 Karl’3 II. v. Nevers:Mantua (+ 1665), im Klojter: 1671—1685.

3. Sigismund Jranz, geb. 18. Nov. 1630, 1646 Biſchof v. Augs- burg; 1653 Surf; 1660 Trient; tritt aus dem geijtlichen Stande, wird weltlih und ftirbt vor der Che mit Hedwig Auguſte v. Pfalz-Sulzbach, 25. Juni 1665. (1663—1665 Lanbesfürft Tirols.)

4. Marie Leopoldine, Gem. (2. Juli 1648): 8. Ferdinand II + 9. Aug. 1649.

b) (j.506, a) Leopold!) Karl, geb. 7.Aug 159%; 1608 Biſch. v. Breslau, 1613 v. Briren; 1619 Hoc: u. Deutjchmeijter, +26. Dec. 1624, als Statt: halter nah Portugal berufen, zu Madrid.

Die Brüder des Kaifers, Erzh. Leopold, der feine halb geiftliche, halb weltliche Laufbahn jeit März 1619 ganz mit jtaat- lihen Gejchäften vertauscht Hatte und als Negent oder Verweſer Tirols jchwierige Aufgaben in fchwerer Zeit übernahm, und Erzh. Karl, der als Biſchof von Breslau jeine Laufbahn begann, dann als Kirchenfürſt von Briren, endlid als Hochmeifter des deut: Then Ordens ericheint, traten, zunächſt der ehrgeizige, bewegliche Leopold, auf dem Regensburger Fürftentage (November 1622 bis April 1623) an ihren Bruder mit der Forderung einer Erbtheilung heran. Ende Eeptenber 1623 fand fich Erzh. Leopold zur maß: gebenden Verhandlung in Wiener Neuftadt ein.

Der Kaifer hatte nicht lange vorher auf Grundlage des Ent- wurfes (vom 20. Suni 1616) ein Tejtament vom 10. März aufzeichnen lajjen, worin die Intereſſen der katholiſchen Kirche, die Bekämpfung alles Sectenwejens und auf der Grundlage der Primo: genitur fein älterer Sohn Ferdinand als alleiniger Erbherr erklärt, überdies die Untheilbarkeit der Monarchie bekräftigt ericheint. Ihm mußten dieſe Forderungen der Brüder ſehr unwillkommen ſein, da ſie eine vollſtändige Theilung der Erblande mit ge— nauen Ausweiſen über die geſammten Verhältniſſe des Staatshaus- haltes begehrten. Endlich entſchloß ſich Ferdinand II. zur Theilung

508 XV. Bud: Ferdinand IL. u. IIL u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

der ober- und vorderöfterreihiichen Lande; alles Uebrige jollte aber davon ausgejchloffen bleiben und die Brüder nur die Jahresſumme von je 100,000 Gulden beziehen. Erzherzog Leopold verfchmähte das Angebot, dagegen gab fih 23. October 1623 Erzherzog Karl damit zufrieden, als ihm der Sailer Ausfichten auf den Mainzer Stuhl, auf das Bisthum Paſſau erichloß und ihm die Grafſchaft Glaz, die Serzogthümer Oppeln und Natibor, nebſt böhmiſch-ſchleſiſchen Herr: fchaften, ferner die Markgrafihaft Burgau zuwies. Auch wurde er bald darauf vom ſpaniſchen Hofe als Statthalter nad Portugal berufen, auf einen Poſten, den der Kaiſer dem Erzh. Leopold zugedacht hatte, um deſſen Ehrgeiz und die noch unange: nehmeren Heirathsgedanken abzulenken.

Leopold trat nämlich bald nad) der erjten nothdürftig ver- einbarten Webereinfunft vom 15. November 1623, wonach er ein Drittheil der ober: und vorderöfterreihiichen Lande als Beliter, das zweite al& Verweſer inne haben jollte, mit dem Cntichluffe, ſich zuvermählen, auf. Er hatte dabei feine Verwandte, die jugendliche ſchöne Mediceerin, Claudia Felicitas, Wittwe des legten Her: 3098 von Urbino, im Auge, erklärte fich bereit, die von ihm noch innegehabten Bisthümer Bajjau und Straßburg an den jüngern Eohn des Kaijers, Leopold Wilhelm, feinen Neffen, abzutreten und erlangte bei dem päpſtlichen Stuhle mit leichter Mühe die Dispens von dem Ehehinderniſſe, das in den niederen Prieſterweihen, im jog. Subdiakonate, beitand.

Den 24. September 1625 fam es zum endgültigen Ber: trage zwiichen beiden Brüdern, da der dritte, Erzh. Karl, inzwiſchen (24. December) gejtorben war. Leopold erhielt nun zwei Drittheile der fraglichen Länder: Tirol, Vorarlberg, die ſchwäbiſchen Herr: fhaften Burgau, Nellenburg, Hohenburg und die Landvogtei Schwaben, während das übrige Trittel: Breisgau, Sundgau, die 4 Waldftätte, der öfterr. Elſaß mit der Landvogtei Hagenau und die Ortenau Eigenthum des Kaiſers unter Leopold’ Wermaltung blieb. So wurde nım Leopold Yandesfürit, 1625, den 18. December, traf die päbftliche Dispens ein und den 19. April 1626 jchloß ſich daran die Hochzeit mit der italienischen Prinzeſſin.

Die Klagen Xeopold’s über unzureichende Einfünfte bewogen bald den Kaiſer, ihm am 6. Juni 1626 audy in dem ſich jelbft vorbehaltenen Drittheile das Recht der Huldigung und ſomit auch der Beiteuerung der Landſchaften zuzumenden, und am 24. Sept. 1630 erhielt er endlich gegen Werzichtleiftungen anderer Art das

XV. Bud: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreigigj. Krieg (1618—1648). 509

Erbeigentbum ſämmtlicher ober- und vorderöiter- reihiihen Lande.

Als Leopold, ein begabter, vielgefchäftiger und mweltläufiger Mann, wäh— rend feiner Regierung von den Wechjeljällen des grojen Krieges öfters hart berührt, der Tatholiiden Kirche jo eifrig zugethan, wie fein Bruder, der Kaifer, ben 13. September 1632 aus dem Leben ſchied, übernahm feine Wittmwe Claudia die Regentichaft für den unmiündigen Erjtgebornen Ferdinand Karl, welche 1633 (April) der Kaijer als tejtamentarijcher TChbervormund regelte und in biefer Eigenfhaft zu Gunften des landesfürſtlichen und Iandichaftlihen Staats: princip3 den Unabhängigfeitögelüften der Bilhöfe von Briren (Wilhelm von Welsberg, |. 1628) und Trient (Karl Emanuel aus der „Bilchofsfamilie” Madruzzo) entgegentrat. Die Regentichaft Claudia's, einer Dame von feiner Bildung, Geift und Thätigfeit, die auch ihre Mutterpflichten nicht vernadjläfjigte und der Kirche ergeben war, zieht ſich aus ben Tagen Ferdinand's II. in bie feine8 Sohnes Ferdinand's III. hinüber, unter wachſend ſchwierigen Ver: bältniffen, welche zu beherrichen die Aufgabe ihrer Räthe wurde, insbefondere des Kammerpräfidenten Iſaak Volmar und ihres begabten und einflußreichiten Günit: lings, des Hofkanzlers Bienner, eines Oberpfälzer (geb. 15883 zu Amberg), jeit 1630 Regierungsfanzlers, fpäter geh. Rathes und oberiten Leiterd ber Re— gierung. 1646, 10. Februar, übernahm Erzh. Ferdinand Karl die Regierung. Die war bald da8 Signal einer Verſchwörung gegen Bienner, den mächtigen, ſelbſtbewußten und eben fo jtrengen al3 eigenwilligen Mann, im Kreiſe der neidigen Amtsgenoſſen, deren Führer hiebei Bolmar und Dr. Schmaus wurden. Durch den Tod der Regentinmutter verlor er (1648) feine Stüße und nun brad) das Unheil ſchwerer Anklagen über den allerdings nicht vormwurfsfreien Staats- diener herein, der endlich, den 17. Juli 1651 ohne Ueberführung und ohne Geitändnig den Tod von Henfershand erlitt.

Fallen wir das Hofwefen Ferdinand’s II. in’s Auge. Geine Seele bis zum ereignißreihen Jahre 1634 war Hanns Ulrich, Freiherr, dann Fürft von Eggenberog.

Seboren in der Steiermark i. %. 1568, der Sohn Siegfried’3 und der Benigna Galler, im proteitantifehen Glauben aufgewachſen mar es zunädjit das Kriegsleben in ſpaniſchen Dienften, bald aber da3 feinem Wejen zufagen- dere Leben am fteiermärfifchen Hofe, aus welchem er als vollendeter Welt: mann von feinjtem Verſtändniß für Die wechlelnde Sachlage, ald katholiſcher Gonvertit, und ſchon im Beginne des 17. Jahrhunderts als Günftling Ferdinand's IL. hervortritt. Seit 1619 wird er der allmächtige Mann bei Hofe, dad Haupt der herrſchenden „Familie“, defjen Umgang in Geſchäften und in vertraulicher Gefelligfeit dem Kaijer unentbehrlich bleibt. Die wichtigiten Ange- legenheiten laufen durch feine mehr gemwandte als eiferne Hand, und man fann fagen, daß, was Wallenftein zweimal als Generalifjimus im Heere, Eggenberg volle 19 Zahre am erzherzogliden und 15 Jahre am Faiferlichen Hofe galt, daß er hier padrone mar, wie die Venetianer fagten. Er jah ſich auch von

510 XV. Bud: Ferdinand IL u. II. u. d. dreißigi. Krieg (1618— 1648).

der Sunjt des Herrn mit Glücksgütern und Würden förmlidy überfchürtet. 1622 Ritter des goldenen Vließes, Inhaber der größten Rojenberger Herridhaft, Krumau und anderer durd die Gonfiscationen leicht erworbener Güter in Böhmen geworben, 1623 erblicher Reihsfürit, wenn auch ohne Eiß und Stimme im Reichstage, 1625 zum Herzoge von Krumau erhoben und nebenbei Graf von Adelsberg, (Küterbejiter in Steiermarf, Krain und Teiterreih, Inhaber von 4 Landsämtern und Gubetnator der inneröjterreihifchen Lande, im Ganzen mit mehr al3 30 Herrfchaften verfehen, erfuhr der Premierminijter Ferdi: nand's, dem diefer den Brieftitel: „unſer Cheim und funders Tieber Fürſt“ zu geben gewöhnt war, erit Anfang 1634 die Wandelbarfeit höfiſchen Glückes.

Mit dem Sturze Rallenftein’3 war auch der feinige allerdings in fchonendjter Form beitegelt. Der Kaifer fonnte jeinen, beſonders von Spanien und Bayern angefeindeten, Günftling nicht länger halten, und dieſer nahm feine (Fntlaffung, um bald darauf, 1634, 18. October, in Laibach als geitlirzte (Wröße zu fterben. Sein einziger Sohn, Hanns Anton, der Vorletzte bes Stammes der (Fggenberger, wurde Fürſt von Gradiska.

9. U. Eggenberg's Nachfolger im Amte, in ftaatsmännijcher (Heltung, aber nicht im ganzen Einfluffe, wurde der Steiermärfer Hraf Trautmannsdorf. Neben ihm nennt für die lebtere Zeit der Staatsichematismus vom Jahre 1637 und der venetianiſche (Hefanbtichaftsberiht vom gleichen Jahre als Mitglieder des geheimen Hathes oder des Minifterconjeils die Geiltlihen: den Cardinal⸗ biſchof Dietridhitein, den Biichof Anton von Wien, einen Rhein: länder, den Lilienfelder Abt, einen Weltphalen, und die Laien: Meggau und Breuner aus Delterreich, die böhmiſchen (Srafen Slavata und Schlid, den Kämtner Khevenhüller (Oberfthofmeifter der SKaiferin), den Görzer Werdenberg und die deutjchen Neichsgrafen Fugger und Mansfeld. Das einftige fliegende Wort: „Der SKaifer habe in feinen Reichen drei große Berge, Eggenberg, Uneftenberg und Werdenberg und drei Steine: Dietrichitein, Wallenftein und Liechtenſtein“ war von der Zeit bereits überholt: Eggenberg, Wallenftein vom Schauplage gewichen, Gun: daker von Liechtenstein ein „guter Alter“ (buon vecchio) geworden, wie die Venetianer Renier und Contarini fi) ausdrüden; nur Wer- denberg (F 1648) und Queftenberg, letterer als Vice-Hoffriegsrathe: präjident, ſaßen noch am Ruder der wichtigen Gejchäfte.

Einer der alten Garde, Bernhard Hellfeld, Graf v. Meggau, bekleidet das höchfte Amt bei Hofe, das Überfthofmeifteramt. Die Angehörigen der Eggenberg’fhen „Zamilie”, Graf v. Thanhaujen und der neugeadelte Jakob Khiejel aus Görz, „Graf v. Gottfchee” beibe ihm verſchwägert, ſtanden an ber Spige des Hof-Rammer:

tab * her 33 wirkliche und 62 außerordentliche

XV. Bud: Ferdinand II. u. II. u. d. breißigj. Krieg (16181648). 511

Kammerherren, unter den letzteren Mitglieder der YFürftenhäufer Anhalt, Sachſen-Lauenburg, Liegnig, Münſterberg, Oldenburg, Waldau, Naflau, und im wirklichen Dienite 60 Edelleute und 10 Sanımer: Diener des Kailers zählte, die, wie der status imperii naiv-ironiſch bemerkt, dem Kaifer Alles, was fie jahen und hörten, hinterbringen mußten.

Einer der Schwiegerföhne Eggenberg's, Bernhard, Karl Graf vn Harrach, Wallenftein’s Schwager, brachte es zum Amte des Oberithofmarihalls, während Graf Bruno von Mansfeld dem Hof-Maritalle als Oberhofitallmeifter vorgejegt war, mit einem viel: föpfigen Stabe und Hunderten von Pferden.

Der Hofitaat zeigt Sich feinem Weſen nah auf jpanifchen Fuß eingerichtet, äußerſt zahlreich an Perjonen und complicirt, da es neben dem Hofitante des Kaifers und der Kaiferin noch den des Thronfolgers und feiner Gattin gab.

Die Hofkammer, jeit jeher die Jchwierigfte, wenn auch) nicht undankbarſte Amtsſphäre, zählte unter Ferdinand II. aud) einen hohen Geiftlichen, den Biſchof von Wien, Anton Wollrath, zu ihrem Prä— fiventen. In Verbindung mit ihr ftand der jogenannte Gonfis- cationsrath.

Die wichtigſte Perfon des NReihshofrathes, mit dem Grafen Joh. E. A. Fugger von Kirchberg und Weißenhorn "als Vräfidenten an der Spite, war der Vicekanzler Freiherr Heinrich von Strahlendorff, ein im Labyrinthe der Reichsſachen ſehr bewanderter und in der Abfafjung von Gutachten geübter Kopf.

Die Kirchenſachen verjah der geiftlihe Rath in jeiner von 8. Mar II. heritanmenden Einrihtung, wogegen die confiden- tiellen Angelegenheiten des Kaiſers, die Gewifjensfragen, von einem eigenen Gewiſſensrathe (1635 3. B., als der ‘Prager Friede verhandelt wurde, erjchienen in demjelben 2 Cardinäle, 2 Biſchöfe, 2 Prälaten, 2 Dombherren und zwei Mitglieder eines jeden Ordens) in Behandlung gezogen wurden.

Zu den einflußreichiten Perſonen für die Angelegenheiten der böhmifhen Krone gehörten (befonders nach dem Tode des ange: jehenften Fatholifchen Negierungsmannes Zdenko Adalbert Lobkowic [T 1628]) ohne Frage die 1618 defeneftrirten Loyalen: Martinic und Slavata; jener 1625—1638 Landeskämmerer, fpäter Landes: bhofmeifter,; unter Serdinand III. Oberftburggraf und Statthalter Böhmens (1638— 1649) diefer jeit 1628 Oberfthoffanzler, alfo die leitende Kraft der böhmischen Hofkanzlei, der er bis zu feinem Tode (1652) vorftand. Slavata und Otto Noftiz hatten am meilten an

512 XV. Buch: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

der neuen Zandesordnung Böhmens „gehämmert”. Schon in den lebten zwanzig Jahren war jedoh Slavata ein ziemlich ſchwacher alter Herr geworden und weit mehr griffen die jüngeren Kräfte Georg Adam Martinic als Kanzler und Otto Noftizin das Getriebe der Verwaltung ein. Clavata wäre am liebiten in den Sejuitenorden eingetreten und gehörte auch zu den gläubigen Ber: ehrem des Schwindlers, Pater Hieronymus Gladich, der damals Deiterreih und Steiermark bereilte und jeinem Meijelefen munder: bare Wirkung zujchrieb.

Unter den Regierungsmännern Ungarns jteben Palatin Eßterhäzy und der Graner Primas Pazmän in eriter Reihe; verkündet in allen fatboliichen Parteifragen und gleich eifrig in der Wahrung der ungariihen Standesintereifen. Toch begann bald nad) der Uebernahme des Palatinates dur Eßterhaͤzy zwiichen beiden ein immer jcbärferer Antagonismus um die Geltung im politischen Leben, „um die leitende Stimme in den Staatsfragen. Es tritt Dies vornebmlih in dem Verhältniſſe der ungariicen „‚egierung zu der nebenbürgiihen ;rürjtenherricaft jeit 1630 zu Tage, auf melde wir in einem ſpätern Abjchnitte zu ſprechen fommen.

Tie Grrotge Pazmän's im kirchlichen Yeben Ungarns fnüpien ji insbeiondere an die Zeit der politiichen Racification Ungarns im Jahre 1622 es rar eime unblurige Reitauration ded Karbolicismus als Siaatsreligion Ungams, des „marianiſchen Neiches“ und eine ihrer eriten Xiele Die Firdhliche Zergrrage, in welcher Richtung Paäzmän einen wichtigen Verbündeten an dem tzöierichen Beichtvarer Yamorınain fand, dem Cenoiten des Ordens, Dem aud) Tarmäan angebot? und dem Dieter teine ganze werkthãtige Zuneigung gewahrt barte. Achnlich wie ın den anderen Yandern der dabsburgiſchen Herrichait und im deut: ichen Reihe dandelte es ch um die „Rückerwerbung des ver kurboliicken Kirche Fnrremderen“. und Tasmäan mar da unerichöpflich in biitoriichen Rechts— tireln oYer Nahmeiien des GSüterdeſtandes lünart verihollener Kirchen und Klonen.

Richr minder ei’ria iorgre er jedoch Für die Ausbreitung des ſtreitbaren Neiuiten: tdens. Der mie Überaü Ferdinand II. mi: ichrenkenloſer ‚sreigehigfeit begũn- —* Se ums 12— 1527 zur Sründung des glänzend dotirten Collegiums der Jeiuütten in Frekebrrg und do zur Katboliſtrung der vorzugsweiie prote: arten Kehsizgs und Kronungsrtadt, Inls—lirst shles rn das Ruaber Salegzen zu Der Beruh, auch im der poin:tden S:p> zu Kirchdrauf oder

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“oalenum Der Serelichart Setu. im meiden wir im Jedre Di bern DD,

In5T mehr ald Me Doupelte Jah! von Ürdensgenorien (4S vorinden, eine

mehrere Fegeütee der rumiichen Kircheninteteſſen und eure Wonverotenichule des aanisihen Ahelä.

XV. Bud: Ferdinand IL u. III. u. d. dreißigj. Strieg (1618—1648). 513 A

Am Ganzen waren zur Zeit des Primates Pazman’s die Jefuiten in zwölf Miffionen thätig. Gabriel Bethlen eröffnete ihnen den Weg nach Sieben: bürgen, nad) Weifienburg, Ubvärhely, Kolos:Monoftor. In Eroatien war Graf I. Draskovich ein großer Gönner der Gefellfchaft Jeſu.

Das Befehrungsmwejen nah nter Pazmän's Primate einen mäd): tigen Aufjhmwung, in den Kreifen bes adeld vor Allem. Für die Heran— bildung einer Priejtergeneration in Freng hierarchiſchen Grundjägen follte das deutſch-ungariſche Collegium in Rot und das Paznıaneum in Wien forgen.

Neben Päzmän erjcheinen als eifrigfte Träger des neuen ftreitbaren Kirchen: regiments der Kalocjaer Erzbijchof und Neutraer Adminiftrator Johann Telegdy, der Waizner, Vejzprimer, endlich jeit 1629 Raaber Bifchof und feit 1639 unga— rifhe Kanzler Stephan Sennyey, der Großwarbeiner Emerih Loſy, ber Nejzprimer, dann Grlauer Biſchof Franz Ergelih, der Waizner Paul Almäfy, der Eyrmier Georg Nagyfaloy und vor Allem der begabte Kirhenmann, Diplomat und Memoirenfchreiber Nikolaus Dallos, Biſchof von Raab.

Päzmän geizte nicht mit Geldſpenden für jeine weitgreifenden Kirchenzwecke, denn bie Mittel des Graner Erzbisthums erlaubten dies. Während der 21 Jahre feine Primates, 1616--1637, mochte eran 1 Million Gulden in dieſer Richtung veraußgabt haben. %

Seiner ſchriftſtelleriſchen Thätigkeit geſchah bereit3 vorübergehend Erwähnung. Von den 84 Schriften, die er 1597 1636 abfaßte und die vorzugs— weiſe polemijcher Richtung find, erſchien weit mehr als bie Hälfte (22) in magya— riſcher Spradye. Die berühmtejte und für die Befehrungszmede Pazman's förder— lihfte war der fogenannte Hodoegus oder Kalauz (Wegmweijer), der, noch vor dem Brimate, (1613) veröffentlicht, bis 1637 die dritte Muflage erlebte. Sein Autor begriff fehr wohl, welchen Einfluß die Pflege der magyarifhen Sprade für confeffionelle Zmede im Lande babe; er lieh in dieſer Richtung die Wajjen von bem Hauptgegner, dem Galvinismus, dem „magyarijchen Glauben”. Pazman's vieljähriger Wafjengenofje im Streite gegen den Proteſtantismus, Thomas Baläsiy, ſchloß als Bifchof von Fünfkirchen ſchon den 16. März 1625 fein polemijch bewegtes Leben.

Im Februar 1637 war Päzmän’s Hauptgönner, K. er: dinand II., verichieden, den 19. März folgte er ihn im Tode. An Fatholifchen Streifen Ungarns begriff man die Größe diejes Ver: fuftes. In unfern Augen iſt Päzmän einer jener Kirchenfüriten, die in der unumſchränkten Herrichaft der Fatholiichen Kirche ihre ein: zige Aufgabe erbliden. Er war der Ordensmann der Gejellichaft Jeſu auch auf dem Primatialftuhle geblieben, und daß er mit der Lebenspraris diefes Ordens national-magyariſches Weſen und ſtaats— männiſche Thätigkeit zu verquicken wußte, ſicherte ihm ſeine be— deutenden Erfolge.

Krones, Geſch. Delterreigs. IIL 33

514 XV. Bud: Ferdinand II. u. ILL u. d. breißigj. Krieg (1613—1648).

8, Ferdinand III. und der Schluß des großen Krieges. 9. Der dreikigiährige Krieg auf Dem Boden der Länder Defters reichs und feine Folgen.

Literatur. 8. Außer den fon bisher angegebenen Quellen u. Monogr. (inöbef. 3. 6. Abſchn.) die ältere Lit. über Ferdinand III. b. Weber, ©. 148—9, 184; insbe. F. Waffenberg, Panegyricus Ferdinandi III. de pace ac bello (Köln 1617); 3. P. Lotichius, Austrias parva i. e. gloriae austria- eae ct belli nuper germanici compendiaria, ad nostra usque temp. deducta, (Frankf. a. M. 1653); Les affaires, qui sont aujourd’hai entre les maisons de France et d’Autriche 1648 (Paris 1662); Siri Mercurio (Ca- sale 1644) 1.,; Hippolithusa Lapide (Ghemnik), diss. de ratione status in imperio nostro Rom. Germanico (Germ. 1640, Freistadii 1647); vgl db. Abh. v. F. Weber i. d. bift. Ztſchr. v. Sybel, 20. Bb., 254—307.

Urkunden u. Actenftüde 3. Geſch. des Kurfürften Friedrich Wild. v. Br., 1 -6 Bd. (Berlin 1864—1872); Sam. PBufendorf, comm. de rebus sue- eieis (Utrecht 1686) und comm. de rebus gestis Fridr. Wilh. magni elec- torir Brandenb. (Berlin 1685); die venet. Relat., 5. v. Fiedler a. a. O.; Dispucci Ridolfi. (Dep. des Florent. Geſ. v. Regensb. NReichst. 1641), 5. v. Tourtual (Regensburg 1871); F. W. Barthold, Joh. v. Werth im näch— jten Zuſammenhange mit db. Zeitgeſch. (Berlin 1826); 3. Heilmann, Die Feld— züge der Bayern i. d. J. 1643— 1645 u. d. Bef. d. Feldm. 5. Sch. v. Mercy (Leipz. u. Meiſten 1851); M. Koch, Geſch. d. deutſch. R. u. d. Reg. K. Ferdinand's IIL (Wien 18651806), J. WA. Schmit, la guerre de trente ans en Lorraine tet 1685, recueil d’imprimds contemporains 2. V. (Nancy 1866-1868); vgl. Huhn, Geſch. Lothringens, 7, Lief. (Grieben's Bibl. f. W. u. %. 25. Bd., IN: F. Watt, Beitr. z. Geſch. d. dreitigi. Kr., I. (Die bayer. franz. Ver: bandlungen v. der Zuſammenkunft in Einſiedeln bis z. Ulmer Capitulation) Götting. Diſſ. 1875; Odhner, Die Politik Schwedens im weſtphäliſchen Frie— dendeongr. u. d. Gründung d. ſchwed. Herrſchaft in Deutſchland (Gotha 1877).

3. Weich. d. weitpbäl. Friedens vergl. die Quellenwerke von: Pfanner, hiat, pacis Germ. Gall, Suer. Monast, atque Osnubr. tract. (Irenopoli 1679,) 4. A. (Gotba 16907):; Adami, Amana pacis Westph. (Francof. 1698); U. d. T Hast, rolatio de pacifie. Osnabrugo-Monast. 1707, 5. v. Meiern wYeipiia KENT Die Noguneiat, seer touch. la paix de M. e. O...... WEI TRIS els erweit. A.nd. Mem. et negoe. seer. (Amiterdam 1710) mit den Drpenten der de Vanterte u. ſ. w. - 1684, A. la Haxe (Haag) 1725 fi.; Rougegnt. hist, de guerres et de neree, qui pröcederent le traite de Wertphalie a Wrd d. Men. den Grin. d'Avaur. Parts 1727. 1731) und tust, du traite de Westphalie. edenda IT 1. Deuntich v. Rambach ı falle INS KUN, wartner, Weſtpd. Ariedend. Ganıleo (ein. 1731-1738); Werern. Acta pacte Westph. . . Mannover 1744-1738 u. Nürmberg’iche anders Vmnunenedandung . . (Dann. Möttingen 1236 8): Dazu d. Unin.: Ru a 8 Nultder Ale IA. G. deite Nudidlagemert); die Hand⸗ Lügen a NRaier, Putter. Senftenberg (INMA Die sorti. Der Seid. d. breikigi. Ser.

XV. Buch: Ferdinand II. u. IH. u. d. dreigigj. Krieg (1618—1648). 515

v. Schiller: Woltmann, „Geld. d. weitphäl. Friedens” (Leipzig 1809); Stödert, D. Admiſſion d. deutſch. Reichsſtände z. weitphäl. Friedenscongr. .... (Kiel 1869); D. Weſentl. des weſtphäl. Friedens auch im Diplom. Handbuch v. Ghillany und i. ſ. Europ. Chronik v. 1792—1865, I. Bd., 1865 (©. 145—164); Droyfen, Geh. d. preuß. Bolitif, III. Q., 1. Bd.; Ranke, Franz. Geſch. II.

9. Für die ung.-ſiebenbürg. Verhältniſſe.

Pray, epp. proc.; Hatvani (Horväth) Brüffeler Urff. a a. DO. und im tört. tär, 10. ®b.; Török magyarkori okmänytär a. a. D., IV. 3b. f. 1869 (—1639), V. ®b. 1870 (—1639 ff.); W. Otvös, rejtelmes levelek I. Räk. György koräböl (Geheimbriefe a. d. Zeit Georg R. I, Klaujenburg 1848); Actes et documents pour servir à l’hist. de l’alliance de George Räköczy I. prince de Transsylvanie avec les Francais et les Suedois dans la guerre de trenteans.... h. v. 4. Szilägyi i. Auftr. d. ung. Afad. d. W. (Budapeſt 1874); 3. Kemenyi, Autobiogr. herausg. v. Rumy, i. |. Suellenfanmlung, 3. ®d. j. Monumenta (magyarifh); vgl. d. Arch. d. Fam. Kemeny, h. v. K. Szathmäry, Toldalaghy, Szalardy a. a. D.; die Werfe v. Eßterhäzy a. a. O. (ſ. Lebenv. Toldy, vgl, die Abb. i. d. öjterr. Revue, 1865, v. Horväth-Hajnik); Joh. Bethlen, comm. de rebus Transsylv. I.; bie ung. Chronik von Pethbö-Spangär; die Leutjchauer Chr. (Hdſchrr.); Kraus, Siebenbürg. Chronit (—1665), mit einer trefil. Einl. ü. d. Schäßburger Chr. des 17. Jahrh. von Fabritius (fontes rer. austr. L., 3. 4. Vd., 186, 1864). Die Sammlung v.Kemenyg:Traufchenfels, 2:3.; Katona, 32.33. Bd. (j. 1637— 1657); Horvath 3, Szalay 4, Feffler: Klein 4; Teutſch, ©. d. fiebenb. Sadjen, 2.; Szilagyi, Erd. tört. 2.

3. Geſch. d. öjlerr. Länder in Bezug ber für fie maßgebenden Folgen bes dreißigj. Krieges:

Die f. d. Geſchichte des breifigj. Krieges in den öflerr. Ländern wichtige Quelle: Pappus, a. a. DO. 1642; die Fortf. v. 1642—1643 gedr. in db. 2.4. des Pappus, 1643. Die Quellenſchrr. 3. Geſch. Böhmens verz. von Pelzel, 2. Bd., 3. A.; 3. Geſch. Mährens v. d'Elvert in. hiftor. Lit.-Geſch. Mährens a. a. O.; die Quellenſchrr. z. Geſch. Mährens u. Schleſiens, J. Bd. a. a. O. (1861) u. d'Elvert's Bir. z. Geſch. d. dreißigj. Kr. (reich an Detail); ferner die Monogr. z. Geſch. d. böhm. Städte, insbeſ. Lippert: Leitmeritz; Pröckl, Drivok: Eger; Hallwich: Reichenberg. Ueber die Schweden: belagerung Prags (1648) ein guter Aufſ. in LegisGlückſelig, Chronik Böhmens J., S. 351—362; 396—409; d'Elvert, die Schweden vor Brünn 1645 (Brünn 1845); f. Geſch. v. Iglau (1850); Bed, Geſch. von Neutit: fein (1854); Feil, Die Schweden in Oeſterreich (©. u. Forſch. z. vaterl. Geſch. 1849 J.); Pritz, Geſch. Oberöfterr.; Egger, Geſch. Tirol II.; Berg: mann, Geſch. u. Landeskunde Vorarlbergs; Kaifer, Geſch. v. Liechtenſtein; Kreutter, Geſch. d. Vorlande, 2. Bd.; Culturgeſchichtliches: Hanſer, Deutſch⸗ land nach dem dreißigj. Kr. darg. i. polit., mater. u. foc. Bez. (Leipzig, Heidel⸗ berg 1862); Inama:Sternegg, Die voltswirtbiaftlihen Folgen bes dreißigj. Kr. f. Deutſch. (Raumer, Bift. Tafchb., 1864); Seegenfhmitt, Zur

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Aa, TZer Täronrolger Ferdinend's II. uderkam eine ſchlimme Erki£er: pen großen, unabiehbaren Krieg. ob! icbienen Die Aus: sten des Kaiters auf den ;rricden nicht to ungünitig; denn jeit b:m Kesensburger Wahiltage, aut weldben der Vater Fer— ernend’s III. aud die Friedensſache neuerdings auf die Tages: orrrune e:iext hatte, und allmo Brandenbura:Freugen, ſeit 1636 mi Zimscon im oñenen Bruche berindlich, von Kurmainz darin unter: ‘eye, £> ‚riscensnegotiationen übernahm, fehlte es niht an Ver: mrlurssptciecten, und im Hochiommer 1637 ichien der Ausgleich mir Zeimescen nahe; aber teine großen Forderungen und noch mehr tan VNintrauen, andererieits das Arbeiten der franzöſiſchen Tiplomatie, um Zchrmeben und die Froteitanten in der Allianz gegen den Kaijer uns beiien Z:erbünbete feitzuhalten, machten alle dieſe Anläufe wieder rüdgängig.

Kir müſſen nun zu Guniten des Verſtändniſſes ber allge: meinen Zadlage der politiihen Verhältniſſe Sieben: bürgens gebenfen.

Wir nahmen von ihnen mit dem Tode Gabriel Bethlen’s Ab- ſchied. Tie Hegentichaft feiner Wittme, Katharina, der branden: burgiichen ;sürttentochter, neben ihr Stephan Bethlen ale Mit: regent, und das unter ſolchen Verhältniſſen begreiflige Streben der Stände nad größerem Cinflujje, endlid die Oberhoheit der Pforte, deren wandelbare Yaune befannt war, und die wie die Bot: ihaft Stephan Bethlen’s vom Regierungswechſel an den Divan (5. September 1629) in Begleitung von Gejchenfen im Werthe von etwa 19,000 Thalern zeigt, aufmerfjam gemad)t wurde, man werde der deutichen Fürſtin nur jo lange gehorchen, als fie diejer Über: hoheit gefügig jei, all’ dies läßt vorausjehen, daß die Herrſchaft der fremden ‚rau von feinem langen Beftande jein werde. Und dies um jo weniger, als Statharina, längit ſchon von dem Gerüchte als heimliche Katholifin gebrandmarft, überdies in ihrem all: mächtigen Günftling Etephan Cſäky einen ehrgeizigen Neben: buhler Stephan Bethlen’s zur Seite hatte, der nad) einem verun: glüdten Anſchlage (1630, Januar) aus dem Lande flüchten mußte und fortan als Störenfrieb galt, den es jelbft nach den Fürjten- ftuhle Siebenbürgeng gelüfte. Diefem Cjäly wird auch zur Laft

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gelegt, daß er, im Einverftändniffe mit der ungariſchen Regierung und deren Vertreter, Palatin EBterhäzy, die Fürftin beredete, falls jein Lieblingsproject, dur) ihre Hand Fürft Siebenbürgens zu wer: den, nicht verwirklicht werden fünne, dem Gandidaten Ungarns, Pröpoftväry, gegen eine Entihädigung den undankbaren Thron zu räumen. |

Stephan Bethlen verzweifelt an einer ihm günftigen Löſung der Angelegenheit und läßt nun dem einftigen Feldhauptmanne und oberungarifchen Statthalter Gabriel Bethlen’3, dem reichen Sohne Sigismund’s, der felbit einmal Fürft des Landes war (1607), Georg Raksczy, die Fürftenmürde antragen. Diefer greift mit beiden Händen darnad) und fucht fofort bei dem Ofener Paſcha die Gunft der Pforte zu gewinnen, indem er zugleich ein Heer bei Groß: wardein zufammenzieht.

Aber da tritt eine neue Verwidlung ein. Die Stände Sieben: bürgens nöthigen (1630, 28. September) Katharinen zur Abdankung und wählen den Gubernator Stephan Bethlen einftimmig zum Fürften. Diejer trifft nun am 25. October in Tapia mit Räföczy zujammen und beide einigen fi dahin: eine neue Wahl möge entfcheiden. Der fchlaue, geldreihe Herr von Saͤrospatak (Refidenz der NRäföczy) bietet nun Alles auf, um die Stände für fi) zu ge: winnen, und es gelingt ihm, am Shäßburger Landtage nad langem Wahllampfe die Mehrheit der Stimmen zu erlangen (Ende November 1630). Am 22. December wird ihm feierlich gehuldigt ; Stephan Bethlen, der befcheidvenere Mann von geringerer Fähigkeit zu Ränken, zieht ſich in's Privatleben zurück; aber der Stachel blieb und die Unbilden, die ihm und jeinem Schwiegerfohn, Zölyomy, der neue Fürſt anthat, nährten den grollenden Wunſch Bethlen’s, Räkoöczy zu demüthigen.

Raköczy's Fürftenthum eröffnet eine neue Phafe der Geſchichte Siebenbürgen-Ungarns. Beſchränkteren Geiftes ald Gabriel Bethlen, aber ihm an praftifcher Findigfeit nahezu überlegen, weit bedächtiger als diejer, weiß er den ſchwierigen Thron zu behaupten, ja denjelben erblich zu machen.

Die Fürftin Katharina verließ öffentlich Fatholifch geworden Siebenbürgen und ging nad) Deutſchland, mo fie eine zweite Hei: rat) mit dem Lauenburger ſchloß.

Zunädjft galt es, die Sicherung des Fürſtenthums der Pforte gegenüber; in der That erhielt Räköczy den 22. März 1631 das Atnameh des Eultans. Weit jehwieriger war aber die Stellung zu Ungarn. Efterhäzy war entihieden für eine raſche Vertrei-

518 XV. Bud: Ferdinand IL u. UL u. d. dreißigi. Krieg (1618 - 1648).

bung Raksczy's mit den Waffen in der Hand, und hatte die An- Ihauung K. Ferdinand's II. auf jeiner Seite, während Pazman, von dem ſchlauen Räföczy durch Vorjpiegelungen jeiner fatholifen- freundlihen Gejinnung berüdt, in Siebenbürgen das fruchtbare Zufunftögebiet ber Fatholiihen Propaganda erblidte, auch ala Alfölder Ungar von Haufe aus in der Unabhängigkeit Eieben- ‚bürgens eine Art Eicherheitsventil gegenüber den „deutſchen“ Macht: gelüften gewahren zu müſſen glaubte. Außerdem war Päzmän Antagonift des Palatins in den Staatsfragen geworden. Aber auch die ungariihen Stände fträubten ſich gegen eine den Türfenfrieg berausfordernde Unternehmung; Pazman’s Anjhauung gewann die Oberhand und die Schlappe, welde ein ungarijches Obſervationscorps durch Stephan Bethlen und Zölyomi, damals noch verbienjtliche Stützen der räföczyiden Herrſchaft, erlitt, beſchleunigte den Abſchluß des Friedens mit Räföczy (1631, 13. April), der Sieben: bürgens und Oſtungarns Beſitz unter den gleichen Bedingungen zu- erfannt erhielt, welche einft Bethlen Gäbor erlangt hatte.

Begreiflichermeije war der Blid der auswärtigen Mächte, insbejondere der Gegner Kaijer Ferdinand’s II., Frankreichs und Schwedens, auf den neuen Fürjten Eiebenbürgens als brauchbaren Bundesgenofjen gerichtet, und Raköczy begriff auch, daß ein gelegent: liches Zufammengehen, aber nur unter den günitigiten Verhältniſſen, von großem Gewinne fein müjjte.

So fünnen wir ſchon vom Herbite 1632 an dieje auswärtigen Beziehungen Raköczy's verfolgen; damals aber war es die Pforte, bie ihn zu einer Cooperation gegen den Kailer, im Einverſtändniſſe mit Sachſen und Schweden, einfädeln wollte. Davon handelt eine Botihaft des Ofener Nezierpafha’s vom 12. September 1632 an die beiden Mächte.

Doch blieb Alles Project, und Räfoczy Hatte auch feinerlei Willen, feine junge Herrichaft durch Wagniffe zu gefährden. Er fuchte lieber mit Puͤzmaͤn in reger Correipondenz zu bleiben und jich feiner Wohlmeinung zu verfihern. Aufmerkſam folgte er den auswärtigen Verhältniffen, er ließ fich fleißig über den Gang des nroßen Krieges berichten; noch mehr aber behielt er die Geſinnung der ſchwer berechenbaren Pforte, die ehemaligen Throncandidaten Prepoftväry, Cſaky und die Nachbarſchaft im Auge. 1635, den 20. Juli, ſchwuren Fürſt Beſſaraba und 28 Bojaren urkundlich zu Bukareſt dem Siebenbürger Vaſallentreue; ſo ſicherte er ſich vor Unterſtüßung feiner Widerſacher durch die Rumänen.

Aber das Jahr 1636 bereitete ihm eine ſchwere Prüfung.

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worin die Wiederherftellung der Neichezuftände vor 1618 und die vollftändige -Nehabilitirung aller ihrer deutjchen Bundesgenofjen, an⸗ dererjeits der entſchiedenſte Kampf gegen den Kaifer und feine Alliierten als Hauptpunft und lodendfte Köder erfcheint, wirft jedem Seperat- frieden entgegen, erklärt den Krieg in Permanenz und vereitelt Die Beitrebungen Ferdinand's III., die um diejelbe Zeit der Reichs: vicefanzler Graf Ferd. Kurt Schweden gegenüber vertrat, um dasselbe einem Seperatvergleihe geneigt zu machen und von Frank: reich abzuziehen.

Bernhard von Weimar war bereits burch die Schweiz, an den Rhein, in Vorderäjterreih (Anfang Februar) eingefallen und fchlägt nun im zweiten Treffen bei Rheinfelden (3. März) den Faiferlihen General Cavelli und den Ligiftenführer, Johann von Werth, der ald Gefangener und fürmliches Schau: ftüd nah Paris wandert. Breiſach, von dem tapfern Feldzeugmeiſter Freih. Heinrich v. Rheinach bis zum Aeußerſten gehalten, von dem unjähigen Grafen von üritenberg nicht unterſtützt, kann au von Götz und Savelli nicht entjekt werden, da beide die Niederlage bei Wittenweyer (9. Augujt) erleiden; auch der neue Verfuch des Götz und Lamboy mißlingt und den 19. December muR Breifacd nach furdhtbarer Hungersnoth von dem tapfern Vertheidiger übergeben werden. Der Plan des Weimarerd, ein HerzogtHum am Rheine fiir ſich heraus: zuichlagen, drohte feine Verwirklichung. Der einzige Xichtblid auf Dem nord: weſtlichen Kriegsihauplake war der Sieg Hatzfeld's über den Pfalzgrafen Karl Ludwig bei Vlotho an der Weſer (17. Tctober). Aber nicht bejjer ergeht es ben Kaiferlichen an der Elbe gegen die Schweden. Der jäumige Gallas läßt fi) von Baner überrafchen und im Sommer aus Pommern und Medien: burg herausdrängen.

So dringend ſchien die Gefahr, daß der Kaifer eine Zufammen- funft mit dem Kurfürften von Sachſen in Leitmeritz ſucht.

Wieder rührt fih die Diplomatie; auch die päpftliche im Intereſſe des Friedens, aber ohne Erfolg. Der Kaiſer jucht die Verftändigung wit Dänemark, er will den durch Miniſter Schwarzenberg Defterreih näher gerüdten Brandenburger und feinen Schwager, den Bolenfönig fid) enger verbinden.

Aber das große Wort behält der Krieg.

Im Frühlonmer 1639 dringt Banner troß einiger Erfolge Hatzfeld's bis Böhmen ein, indem er Gallas vor fi hertreibt, den 29. Mai fteht er vor Prag, wendet ih dann wieder nad) Sachſen und erjcheint abermals in Böhmen, um, wenn Bernhard von Weimar nad) Bayern vorbräde, mit ihn vereinigt nad) Dejterreid) gegen Wien die Straße einzufchlagen. Allein der gefährliche Plan kömmt nicht zur Ausführung; Bernhard von Weimar wird von Richelien mißtrauiſch beobachtet, der Franzojengeneral Feuquières

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erleidet in Lothringen, bei Thionville, eine entſcheidende Niederlage durch PBiccolomini (7. Juni 1639).

Bernhard von Weimar erliegt vor Neuburg (18. Juli) einem jähen, viel verdädhtigten Tode. Sein Heer fällt den lauern: den Franzojen in die Hände und nun beginnen fie ihr diploma: tiſches Spiel, um zwei Verbündete des Kaiſers, Lothringen und Bayern, in Verhandlungen eines Separatfriedens zu verftriden und mit Erfolg einerjeitS der großen Koalition: Spanien = England: Dänemark, andererjeits: Oeſterreich-Polen-Brandenburg, durch die ſchwediſch-holländiſche Allianz zuvorzufommen. Doc hatte es wieder den Anjchein, als jollte ein ſchwediſch-kaiſerlicher Separat: friede durch die Eiferfucht Schwedens gegen Frankreichs und Dren: ſtierna's Bejorgniffe vor Dänemark möglid) werden; denn als im Herbite fi in Böhmen die Schweden unter Baner, die Kaijerlichen unter Gallas und Schlid gegenüberftanden, wurde abermals in dieſer Richtung verhandelt; aber die ſchwediſchen Anſprüche griffen viel zu hoch.

Inzwiſchen Hatte fich die Faiferliche Armee ergänzt, Erzh. Leopold Wil: helm, Ferdinand's III. Bruder, den Oberbefehl erhalten, und von Biccolomini unterjtüßt und geleitet, drängt er im Frühjahre 1640 den Schwebengeneral nicht nur aus Böhmen heraus, fondern nöthigt ihn bis Braunſchweig zurüdzus weichen, mo er Verjtärfungen fammelt, während bie Franzoſen einen neuen Rheinübergang (Dctober 1639) forciren, und mit den Ligiftenführern, dem Ge: nerale Sottfried Hugo von Ghelern (vormal3 in kurkölniſchen Dienjten) und dem trefjlihen Mercy, früher in lothringifchen Dienjten, in unentfchiedene Gefechte verwidelt wurden. Den Hauptitoß jollte dann im Frühjahre 1640 Marihal Guébriant gegen die Wejer zu führen und jih mit Baner ver: einigen. Dem batten die faijerlihe Armee unter Erzh. Leopold Wilhelm und Piccolomini die Spige zu bieten.

Vor die Kriegsereigniffe fällt jedoch der Nürnberger Kur: fürftentag (Febr. 1640), auf welchem ſich der kaiſerliche Send: bote Freih. Tobias von Haugwitz mit der Beſchwerde jeines Gebieters einfand, daß man denſelben als König Böhmens nicht eingeladen habe.

Bedeutjamer als dies erjcheint die Thatjache, daß im Gegen: abe zu der freundlichen Haltung der anderen Kurfürften, Bayern gegen den Faiferlihen Hof jih ehr froftig benimmt. Es war Dies augenjcheinlich die Folge der jeit 1639 von Franfreid verjuchten Negotiationen mit Bayern, welche mindeitens die Folge hatten, daß Kurfürſt Pearimilian, ohnehin auf Spanien und dejjen bewaffnete Invaſion im Kurtrier'ſchen Gebiete ſchlecht zu

522 Aw. 52: Serum: lILz2 UL 23 Rein. &ueg ı lei 1648,

udn, nr: artteih gegeni: ber rom Arizze com entlattet wũnſchte, uns ertsrerists Bi verbintemde Rüdrirtuna Der ron Spanien und Er:im, lem Seiteriiden Horte berriebimen Nebabilitirung des sartristsnen etelsmwittelsbahiiden Bautes auf den rrürın zen Bavern. Dierimilian’s geheime Neuotiarionen mit Frarktz£ verkimmten aber die Nurfüriten, man beiclog, mit Frank—⸗ res zen va unterhandeln; Bavern becilte tich Daber, ieine leitende Ziälung im liginiihen Lager zu behaupten, indem es am Regens— burger Heihstage, wo ſich wohl der Kaiter, Tonıt aber nur bie Lertreter ber Furiten einranden (1640 Nuni, Serbit 1641) nicht nur kuch ifinen Bevollmädtigten, den Kanzler Dr. Richel, gegen bie gm MBeiier provonirte beihränfte Amneitie der geächteten TSgrwi:bn: und Franzoſen-Bündler die vom ;süriten = Collegium Kentragte allgemeine vertritt, mit den Kurfürſten fur die Unter handlung mir ‚sranfreih ſich ausipriht und uegen Spanien auf's Hettigtte losziehen läßt. Man jolle die Zpunier aus Teutich: land entrernen, „man jolle auf ſie tchmeißen, wenn jte Das Zrieride nit wurden raumen”, lautete das unverblümte Verdict Nidrel’s, gegen beiten Wirfung ih die Kaiſerlichen vergebens jtemmten nnd erfolglos die Verdienſte der Schmweitermadt um Die ligiſtiſche Sache betonten.

Tem Negensburger Reichstage hätte aber leicht der Kriegsgott übel mitjpielen fünnen. Tenn Suebriant und Baner kamen fo nahe vor Negensburg (21. Januar 1641), dag, wenn nicht plöß- liches Thaumetter das Tonaueis löite, der Schwede von Negenjtauf aus -- den NHeihstag überfallen und den Sailer als Gefangenen mit ſich geführt hätte. So mißlingt aber der kühne Handſtreich, (Hucbriant und Baner trennen fich wieder; letterer von den Kaiſer— lihen in's Gedränge gebradit, zieht von Eger über die Laufig nad Halberitadt und jtirbt hier (30. Mai 1641) im Lager. ul, Wrangel, Königsmark und Wittenberg übernehmen das Commando, dod) fehlte noch der eigentliche Erjat für Baner. Seine meuternden Söldner wurden von den jchlauen Franzoſen den Gegnern ab- geſchnappt.

d'Avaux hatte (30. Januar) das Hamburger Bündniß mit Schweden erneuert, andererjeits der faiferliche Reichshofrath Lützo w mit Salvius neuerdings über den Frieden in Hamburg verhandelt. Frankreichs Diplomat jchlug nun Münfter nd Osnabrück in Weitphalen als Eongreßorte vor.

Mit diefen Vorgängen hatten der SKaifer und der fort: bauernde Neichstag zu rechnen. Die beſchränkte Amneitie wird

524 XV. ud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreitig;. Krieg (IH 1S— 1042

ber jegigen öterreihiigen (Frblande zu eninehmen. Die eigentlide Reihsgemwalt ioll in den Zchoor eines tegeimäkig einzuberuienden Reichstages gelegt werden; ein :heidyszegiment, aus den Kurrüriten, Fürſten und Abgeord- neten der 'reien Z:adte :uiammengeiegt, und en Reichskammergericht, deren beider Erai:dent der Kaiter zu iein hätte, waren mit der Verwaltung und Yandiriedenspiiege zu beirauen. Ueberdies iei eine ttändige Reihsarmee noth: wendig, aber fein gemierhetes oder unabhängiges Heer, wie das Walleniteiniche war, jondern ein vom :Keihe und deilen Ständen abhängiges.

So iteht vor uns die Theorie des beutihen Ztaatenbundes unter dem Schutze der beiden freinden Mächte, mit einem von dauernder Erb⸗ jolge ausgeſchloſſenem Kaiſerthume als Erecutivbehörde des Fürſtenparlaments, und einem Milizenheer; die Zeche des ganzen Projectes ſoll das Haus Deutſch⸗ Habsburg zahlen. Wir haben vor uns, logiſch abgeklärt und auf ſchwediſch⸗ franzötiichen Yeilten geichlagen, bie Politik bes einjtigen Wortführers der Union, des Fürſten von Anhalt, und in einer Richtung bereit3 das Ergebniß des meits phäliſchen Friedens vorgezeichne.. \n Wahrheit ſollte Teutichland die Koiten dieies Neformprojectes, das man aud) dem furpfäßziichen Tiplomaten Rusdorif, einen alten (Segner Tejterreihs, ſchwediſchen Politikern, ja dem Reichskanzler Trenitierna ſelbſt zuichrieb, tragen und dies füihlte der berühmtere jüngere Zeit: genoffe, Samuel Rufendorf, der brandenburgiiche Staatsrechtslehrer und Hiftoriograph, am beiten, wenn er jagte, das Project des Hippolithus jet nicht der Rath eines Arztes, jondern eines Henkers.

Tie ältejte eigentliche (Kegenichrift mar der Antihippolithus des David Fratuscus, eines verfappten Stalieners, von Jahre 1652, die hauptfädhlich nur die Angriffe auf Habsburg zuriidzumeijen jucht.

Die Kriegsfurie tobt weiter, ſchlimm fteht es mit den Aus- fihten des Kaijers und jeiner Verbündeten im Epätjahre 1641; die Spanier erleiden zu Lande in Italien und zur Eee gegen frankreich Verlufte, die Empörung Cataloniens bindet ihnen die Hände, und obſchon Erzherzog Yeopold Wilhelm und Piccolomini Herren des Wefergebietes ſind, Lamboy, nad) Frankreich ein- breciend, den General Chatillon bei Sedan Tchläg. und den Loth— ringer bejtimmt, fein Schuß: und Trutzbündniß mit Yrankreid) jchnell zu löſen, Jo werdet ji das Kriegsglück; Lamboy muß bald wieder zurückweichen und erleidet dur) Suchriant bei Hülſt im Jülich'ſchen Niederlage und Gefangenichaft.

Schon Stand aber auch der rechte Mann an der Epite der ſchwediſchen Heereoleiting, Bernhard Torſtenſohn (Graf von Ortala), und das jeit Jahren betriebene Bündniß mit dem Fürften Ziebenbürgens, Georg Nafocan, das drohende Cingreifen der Torte, ſammelt fih wie ein Gewitter im Oſten Habsburg-Oeſter— reicho. Das Nriegsjahr 1642 jollte eines der biutigiten werben.

Torſtenſohn bricht duch Brandenburg nah Schlefien vor,

XV. Bud: Ferbinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 525

ſchlägt die Defterreicher und den Herzog von Eadjfen : Lauenburg, weldhe Glogau belagerten bei Schweibnig (Auguft 1642), wendet ih Jofort nah Mähren, deſſen Hauptfefte Olmütz der feige Miniati übergiebt, und zieht dann durch die Lauſitz gegen die Leip— ziger Ebene, während fi) Guebriant im nordweitlichen Deutſchland ausbreitet. Auf der fchlachtenberühmten Ebene, bei Breitenfeld, erleiden die Kaiferlihen unter Erzherzog Leopold Wilhelm und Piccolomini (2. November) eine enticheidende Niederlage, doch hin: dert ihn der ftarfe Verluſt an ausgiebiger Verfolgung der nad) Böhmen flüchtenden Gegner, die dann zu Rokyczan ftrenges Kriegsgericht über die pflihtjäumigen Offiziere halten. Sachſen it, in Feindeshand.

Diefe Ereigniffe, andererjeits der vorausſichtliche Tod des ſchwer erkrankten Richelieu (1642, 4. December), dem nun Mazarin in der Leitung des franzöfiichen Staatsweſens folgt, beitimmten Ferdinand III., die Friedensverhandlungen mit Frank: reich wieder aufzunehmen. Der Dominikaner Georg von Herber: ftein begiebt ſich ſchon vor dem Tode Richelieu's nad) Paris, findet jedoch bei dem neuen binterhältigen Leiter der franzöfiichen Politik Feinerlei greifbares Entgegenfommen, denn Mazarin hält den Grundgedanken der Staatsfunft feines Vorgängers feſt. Er darf dies um jo mehr, als zwiichen dem Kaijerhofe und Marimilian von Bayern die Ablöfung der Kurpfalz für Karl Ludwig, den Sohn des unglüdlichen Friedrich (F 1632), und das Verhältnig zu Spanien ernſtliche Mißverftändniffe wachriefen und Bayern mit anderen Ligiften einem Separatfrieden mit Frankreich zuſteuert, an deſſen Stelle Ferdinand III. früher jo gerne einen Ausgleid mit Schweden gejegt hätte.

Die Miflion des Kaijerhofes an Mazarin bemweilt, daß Ferdi: nand III. und fein bebeutendfter Rathgeber, Trautmannsdorf, diefen gefährlichen Sonderbeftrebungen zuvorfommen wollen, jeden: falld die Abjichten Bayerns durchkreuzten und dafjelbe zur neuen Annäherung an den Wiener und Madrider Hof zwangen. Während im Jahre 1643 der Frankfurter Reihbsdeputationstag (jeit 1. Februar) und die Wiener Conferenzen in der Vorbe— reitung des Friedens wenig Erfolg haben, der faijerlihe Diplomat Liſola nad) London abgeht, um in der pfälziichen Frage ein Ab- fommen zu treffen, andererjeits an den Congreßorten Müniter (Frankreich) und Osnabrück (Schweden) fi) langſam die europäiſchen Diplomaten zu einer nahezu vierjährigen Arbeit verjammeln, und die öfterreichiichen Vollmachtträger: Graf Ludwig von Naſſau und

526 XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißig. Krieg (1618 1648).

Relchshofrath Johann Crane für Münſter, Graf Zamberg und der tiroliiche Regierungsmann Iſaak Bolmar (ein fatholiicher Con: vertit) für Osnabrück beitimmt, dann ihre Rollen taujchend, die Eriten am Plate jind, denen erit 1643—1644 die fremden Gollegen folgen, gewinnt der Krieg eine erhöhte Bedeutung durch die bevorjtehende Waffenerhebung der vom Kaijer aufgemahnten Nahbarmähte Schwedens: Dänemark und Polen, und auf der andern Seite durch die verdoppelten Auftrengungen Schwedens und Frankreichs, den Fürften Georg Räköczy I. und die Pforte gegen Habsburg-Defterreih in den Krieg zu ziehen.

Toritenjohn und Hucbriant follen ſich die Hände reihen; Räköczy nad Meftungarn vorbredden, der Spätherbit, October und November, die Entſcheidung bringen. Aber die Niederlage der Franzoſen, dur den Ligijtengeneral Mercy bei Tuttlingen bewirkt (24. November), ftört diefen Plan; Räköczy (1643, 26. April, dur) den Weiffenburger Vertrag mit Schweden und Frankreich feſter alliirt; wird durch den (jeit 1638) Faijerlihen Feldherrn Götz auf oberungariſchem Boden in Schach gehalten, und wenngleich Torſtenſohn den neuen nach Erzherzog Leopold's Abdankung wieder ſeinem Ruheleben entzogenen kaiſerlichen Generaliſſimus, Gallas, über feine Abſichten täuſchen und bis Prag und Olmütz vordringen konnte und Brünn durch ihn gefährdet war, jo zwingt ihn nun das Nichteintreffen Räköczyns und der Einfall Däne— marks in das ſchwediſch-deutſche Küjtenland zum eiligen Aufbruche nordwärts, indem er Bejatungen in den eroberten böhmiſch-mähriſchen lägen zurüdläßt.

Tas Sahr 1644 jollte dem Kaijer bittere Stunden bereiten. Der Sranffurter Deputationstag hatte in einer ftarken Uppofitionspartei längjt gegen die Beihaffung wachſenden Kriegs: bedarjes Einſprache erhoben und die Admiſſion der deutſchen Reichsſtände zum weſtphäliſchen Friedenscongreſſe mit Auflaffung des Deputationstages verlangt, der brandenburgiiche Gelandte am lauteften feine Stimme für den Frieden hören laſſen; eine ſchmähliche Finanznoth lähmte die Reichsmaſchine im Arbeiten und der fran- zöſiſche Botſchafter in Münfter (jeit Frühjahr 1644) d'Avaur, vermaß fi, in einer lateinischen Denktjichrift den Kaifer als Gegner des Friedens und den Eigennuß des Hauſes Oeſterreich vor dem Deputirtencongreffe an den Pranger zu ftelln. Bayern rüdt wieder den Franzofen näher und Schweden theilt mit ihnen die Ueberzeugung, unter den Mantel der Friedensgeneigtheit Durch den Krieg möglichſt vortheilhafte Ermerbungen herausichlagen zu Tünnen. Andererjeits durfte nicht erwartet werben, daß der Kaiſer und Spanien um jeden Preis die Waffen ftreden würden. Aber das Waffenglück war nicht auf bes Kaiſers Seite.

538 XV. Buch: ‚yerdinand II. u. III: u. d. dreikigj. Krieg ( 1518— 164°).

Ten Tag nad der Janfauer Entiheidung (7. März) eilt der Kaiſer von Prag nad) Wien zurüd, in das Her; des Reiches, um dem drohenden Verhängnis zu begegnen. Wie hart ihn aud das Kriegsunglüd getroffen, ihn und jeine Umgebung verließ nicht der Glaube an die Wideritandsfraft des Staates. Erzherzog Xeo: pold Wilhelm wird nad Tberöfterreid) entboten, um dem dro- henden Aufitande zu begegnen. Ter Kaiſer jelbit begiebt jich dann nah Regensburg, um die Reihshülfe aufzubieten. Eeine Gattin joll von Linz nad) Wien, um ein allgemeines Yandesaut: gebot zu fördern, Leslie beim Papite Hülfsgelder begehren, aber Innocenz X. jtand unter franzöſiſchem Einfluſſe.

Ter Kaiſer jelbit fehrt den 20. März nadı Wien zurüd. Stän: diihe Geldhülfe der Erblande regt ſich, das niederölterreichiiche Landesaufgebot jammelt jih, 40,000 Mann ſtark, denn der zehnte, dann der fünfte Dann wird aufgeboten. Der Abt von Lilienfeld, Cornel Strauch, iſt unermüdlich thätig in der Beichaffung ber dringlichiten Geldmittel; Erzherzog Leopold Wilhelm tritt an die Epite des Aurigebotes, die Bürger Wiens bewaffnen ſich.

Aber auch der Feind rüdt immer näher. Sein mwidtiger Stützpunkt SImüg fann ihm durch die faiferlichen ‚selboberiten Malpditein und Ratuit be Souches (einit in ſchwediſchen Tienjten) nicht entrijjen werden. Der Schweden⸗ general Wittemberg ſetzt \glau in Nertheidigungszuitand, Torſtenſohn's Schaaren bringen das ſüdweſtliche Mähren: Selowitz, Nifolsburg, die Maidiburg auf den Tolauer Pergen, eine uralte Grenzwacht gegen Tejterreich, Yundenburg, Rabens: purg, andererjeit3 Znaim und füböjtlih Göding in ihre Gewalt. Non Znaim dringen tie gegen Krems an die Tonau vor und belagern (Ende März) den wichtigen Punkt.

Toritenjohn’3 Filboten mahnen Räköczy zum fchleunigen Aufbruche nad Reitungarn, der Ichlagtertige Touglad ſoll ſich mit feinem Nortrabe und mit dem jiebenbürgijchen Fürſien jelbit vor Tyrnau vereinigen. Bald erjcheinen bie Schweden in der Nähe Wiens von der Marcielder Eeite aus.

Die faijerliche ‚amilie war in Graz geborgen, wohin ſich auch ein ganzer Strom Wiener Flüchtlinge gleih wie nah Salzburg und Venedig er: goß. Hier im Burggarten fol ein Attentat auf den Kronprinzen Ferdinand IV. von gedungener Hand veriucht worden jein.

Tie Bewahrung Wiens vor einer jörmlichen Qelagerung hing davon ab, ob man den wichtigen Brüdenfopf jenfeit® der Wolisau, an der alten Haupt: ſtraße nach Mähren und Böhmen, die jogenannte „Wolfichanze” Halten könne und ob Torſtenſohn's Nereinigung mit der ganzen Macht Räköczy's unterbleibe. Ten 16. April muß man jedod jenen Tertheidigungspunft räumen. Nun gilt e3 die Vertheidigung Wiens, für welche der Kaijer Alles auigeboten; Bürger⸗ milizen, Hanbwerfer und Stubenten, an 5000 Mann, ftanden bereit.

In Oberöfterreih gab es Manchen, ber der Jahre 1620 und 1626,

330 XV. ud: zerdinand If. u IIL u. d. dreifigi. Krieg (1EIS-16HR).

Allersheim dem jterbenden Mercy den halb gewonnenen Sieg (3. Auguſt) entrifien. Der beite Ligijtenfeldherr war getallen, aber Turenne wurde bald von den Kaiſerlichen und Yigiiten unter Cry berzog Leopold Wilhelm und Gheleen an den Rhein zurüd: geworfen und Toritenjohn, ſeit der „Brünner Fatalität“ in „einer ſolchen Ungeduld und Furie“ die „unbeichreiblih”, wie ein Tiplomat berichtet, gichtfranfer als je und um jeine Kriegsehre gebracht, zieht fih, von Buhheim und Fernemont gefolgt, nad) Böhmen, das jeine ſchwere Hand fühlt, legt aber dann Frühjahr 1646 den ber: befehl nieder, den nun Karl Guſtav Wrangell (Wrangel) in feine erfahrenen und jchonungslojen Hände nimmt. Seine bedeutenbiten Generäle iind Königsmarf und Wittemberg.

Die Allürten des Kaiſers Sahjen und Tänemarf, hatten Ihon im Augujt mit Schweden, erjteres eine Waffenruhe, legteres den Frieden abgeichlofien; nun lag die ganze Laſt des Krieges im Dften auf Teiterreihs Echultern, und die Mahnungen Bayerns, der Kaiſerhof möge um jeden Preis mit den Franzoſen Frieden machen, wurden im Kriegsjahre 1646 um jo dringlicher, je weniger Erfolge es in Ausficht ftellte.

Mit Mühe wirft man Wrangel aus Böhmen hinaus, verdrängt die Echweden aus den öjterreihiichen Bejagungsplägen, Wrangel und Turenne find ftarf genug, um dem faijerlicheligiftiichen Heere unter Erzherzog Leopold Wilhelm, Hapgfeld und Gheleen die Epige zu bieten, und die Sachlage ändert ſich nicht, als der Erzherzog den Oberbefehl niederlegt und der längſt creditlofe Gallas denjelben wieder und zwar zum legten Male übernimmt. Picco: lomini und der früher hefliiche General, Melander (Holzapfel), ein Galviner, ftehen ihm zur Eeite; eriterer wird dann bald nad den Niederlanden unter ſpaniſche Waffen berufen.

Inzwiſchen war der Mann des faiterlichen Vertrauens, Graf Trautmannsdorf, der öfterreihiiche Premier, nad) Münfter zum Gongrefje als oberjter Vollmadıtträger abgegangen und hier Ende November 1645 eingetroffen. Seine öſterreichiſchen Collegen ſahen ihn nicht gerne, am mwenigften Volmar, und diefe Eiferſucht er: ſchwerte dem Minijter jeine dornenreiche Aufgabe. Denn die Inter⸗ eijen der beiden fremden Mächte, Schwedens und Frankreichs, der Katholiſchen und proteftantiichen Neichsgliever, des Kaiſers und Spaniens zu vereinbaren, die andermeitigen Einflüjje zu paralyfiren, und überdies fih in der Doppeltolle eines Mlenipotentiarius er: dinand's III. als deutſchen Kaifers und als Monarchen Habsburg: Defterreichs zurechtzufinden, erforderte das Aufgebot ungewöhn-

532 XV. Qu‘: Ferdinand II. u. IIL u. d. breißigj. Krieg (1618—1648).

der Kurfürjt fuchte und fanb darin eine Rechtfertigung feines verhängnißvollen Schrittes, ber für fih und bie drei ligiſtiſchen Reichsfreife feines Directoriums abgefchlojjfenen Ulmer Bacification mit Frankreich (15. März 1647). Diejer Schritt des Kurfürjten war eine Uebereilung, bie er bald bereut. Schweden war begreiflicherweije gegen einen ſolchen Eeparatfrieden und an ihn auch nit gebunden; Turen ne felbft, der franzöfifche Feldherr, war für den Krieg, Hand in Hand mit Wrangell, ber im Spätjahre 1646 den Weg in's Vorarl— bergifche einihlug, durch Königsmark die Bregenzer Klaufe erftürmen, dad halb wehrlofe Bregenz (4. Januar 1647) erobern und Hohenems, Vaduz, Neu: burg und Feldkirch furchtbar ausplündern ließ, und nur an Lindau fräftigeren Widerjtand erlebte (März).

Der Kaifer und fein Rath, Hocherzürmt über das Vorgehen Bayerns, defjenSeparatfrieden mit Frankreich, fanden in der bayerifchen Armee ſelbſt an dem Generale Johann von Werth, dem General: wachtmeiſter Sporf und an dem Oberſten Kreuz, entjchiedene Gegner der Ulmer Uebereintunft, gegen welche Ferdinand II. Schon im Januar am Ulmer Tage hatte arbeiten lafien. Werth, der Leidenfchaftliche Franzoſenfeind, überdies gefränft durch den Umstand, daß er nicht das Obercommando der ligiſtiſchen Armee erhalten, wollte nun nichts Geringeres, als im Bunde mit den beiden anderen Gefinnungsgenoffen Die ganze bayerifhe Armee in’s faiferlide Lager überführen. Als das in München ruchbar wurde, überdies dem Kurfürften hinterbracht ward, eine angebliche faiferliche Ordre gebiete, ih des Kurfürſten und feines Cabinetsrathes Kurz von Senftenau zu bemächtigen und beide nach Wien zu fchaffen, gab es mächtige Aufregung in der Bayern-Hauptitadt; man ſchmäht den Kaijer einen Banditenhauptmann , zertrümmert feine Bildniffe und Wappen; faft hätte das müthende Volk den öfterreichiichen Gejandten Khevenhüller geiteinigt.. Eine kurfürſtliche Proclamation ädhtet ben General Wert) und febt einen Preis von 10,000 Thalern auf deſſen Kopf; auch jeinen Gejandten will er von Wien abberufen, und war, wie die Kurfürftin dem öfterreidhifchen Gefandten mit: theilte, nahe daran, eine Nejolution zu faſſen, „woran wir alle zu leden gehabt”. Johann von Werth und Spork hatten fich jedoch in der Sefinnung und Anhänglichfeit der Armee getäuſcht; bald jehen fie fih an der böhmijchen Grenze von den nun über den Zug nad) Böhmen aufgeflärten Soldaten verlafjen, an ihrem Leben bebroht; die Truppen wollen eben nicht „kaiſerlich“ werden.

Mit Noth erreichen fie ohne Mannſchaft das kaiſerliche Heerlager u Wodnian, an deffen Spike ber Kaijer jelbft und der neue Ge- neraliffimus nad Gallas’ Tode, Melander- (Holzapfel), ihrer harren. Huldvoll empfängt fie Ferdinand III, Werth wird zum

534 XV.Bud: Ferdinand II. u. IH. u. d. dreißigj. Krieg (1618— 1648).

Lepterer unter dem ſchweren Vorwurfe, die Kaijerlihen im Stiche gelaiten zu haben, dann müſſen fie vor der Uebermacht weichen ; der Feind erjcheint in Bayern, Gronsfeld wird verhaftet, Schr. von Enfevort zum bayeriſchen Generalifjimus ernannt; aber es giebt feinen Widerftand, der alte Kurfürft flüchtet nad; Salzburg.

Turenne nähert fih der ölterreihiihen Grenze, Wrangell ſchickt Emiffäre an die Landbevölferung Ober-Oeſterreichs, um fie neuerdings aufzumiegeln; er jendet an General Königsmark den Befehl, in Böhmen einzubrehen. Bon Schlefien aus joll Pfalzgraf Karl Guftav, der ſchwediſche Thronfolger, das Gleiche thun. Die äußerjte Nothlage des Kaijers fordert die jchleunige Herbeirufung PBiccolomini’s, der inzwiihen in Belgien Epanien zur Seite gefochten; Anfang Juni erſcheint er und hält mit Enfevort bie Innlinie, mit dem geheimen Auftrage, Böhmen nahe zu bleiben. Das lebte Gefecht zwifchen den Schweden und den Verbündeten fand nach der Unterzeihnung des franzöfiihen Bräliminarfriedens zu Münfter (16. September) auf bayeriſcher Erde bei Dachau Itatt.

In Böhmen hatte der dreißigjährige Krieg begonnen, bier, im Herzen der rühmlich vertheidigten Zandeshauptitadt, in Prag jelbft, jollte er auch jein Ende finden.

Königsmarf, der Schwedengeneral, ftand im nordweſtlichen Böhmen und bielt Prag im Auge.

Ein Faiferlicher Oberftlieutenant außer Dienft, Ernit Ottowalsky von Streitberg, Galviner, der 1639 ſchwer bleffirt, und mit der Ausficht auf die Stadteommandantenihaft in Ellbogen entlajfen, troß aller Bitten vergefien und der bitterften Noth überantwortet blieb, endlih eine Anweiſung auf acht Portionen Brod und Bier zum Unterhalte ald entehrend ausſchlug, wurde durch gefränftes Ehrgefühl und Elend zum Verräther an der Sache des Kaiſers. Den 20. Mai 1648 meldete er ſich bei dem Generale Königgmarf und trug ihm feine guten Dienfte an. Der Schwede beförderte ihn al3bald zum Oberjlen eines Fußregiments. Ottowalsky, Oberjtlieutenant Volmar und der fchmebiiche Commandant von Eger, Koppy, zogen nun dem KHeere Königsmarks gegen Prag voran, und fo gelangten die Schweden im Tunfel der Nacht und unter flugen Borficht3maßregelu unbemerkt vor die Stadt.

Den 26. Juli, 2 Uhr nah Mitternacht, gejchieht unter Führung des orts— fundigen Ottowalsfy der Einbruch der Schweden durch das Strahomwer Thor in die Kleinfeite; der Commandant, Graf Colloredo, und Graf Micha ent: famen mit genauer Noth im Nachtgewande über die Moldau zu Kahne hinüber in die Altftadt.

Nun aber entwidelt fi in der Prager Alt: und Neujtabt eine von ben Schweden nicht geahnte Vertheibigung. Alles greift zur Wehre, Soldaten, Bürgerihaft, die Stubenten unter Führung bed Sejuiten Play; die Kuben- haft wehrt ben Bränden. Die Generäle Puchheim und Conti waren mit

536 XV. Bud: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

So kam es den 24. Dectober 1648 zum Abſchluſſe des Friedens, den man den weſtphäliſchen nennt, und, wie die Dinge lagen, konnte ihn das zertretene Deutſchland, das ſchwer heimgejuchte Defterreich, als eine Erlöjung begrüßen. Wohl ift durch ihn der deutſche Föderativftaat auf alter lehengmäßiger Grundlage zur anerkannten Thatfache geworden; zwei fremde Mächte, Schweden und Frankreich, ericheinen als bewaffnete Bürgen dejjelben mit Sig und Stimme im deutſchen Reichstage, und deutſches Neichsgebiet entſchädigt beide, das Frankreich großentheild von dem unmittelbaren Better: Habsburg : Defterreich, abgetreten erhält, -— die deutſche Kleinftaaterei Eryftallifirt gemiffermaßen und findet ihr Spiegelbild in dem endlojen %ormalitätenjtreite, der den Verhandlungen des Friedens vorherging, in dem allerdings, nothiwendigen ungeheuern Detailmwufte der Friedensbeftimmungen, für melde man einen Ge: dächtnißhalt in lateiniſchen Denkverjen juchte und ganze Bibliotheken von Erläuterungen zufammenjchriedb; mer aber unbefangen bie Frage fih vorlegt, wie anders man aus dem entjeglichen Kriege

und dem verwidelten Streite europäiſcher Machtfragen, deuticher Glaubens: und Befigintereffen herauskommen mochte, muß den weit: phälifchen Frieden als einen unvermeidliden Ausweg, als den einzig möglichen, erkennen.

Die habsburgiſche Kaiſermacht, von dem augenblidlichen Erfolge der Jahre 1625—1629 längſt herabgeglitten, fteht eigent: li wieder auf derfelben Stufe wie in der Epoche Rubolph’s II. und Mathias’, nur ift das, mas damals als werdende Thatjadje vor: handen war, vertragsmäßig geregelt. Der proteftantifche Reichskörper das Corpus Evangelicorum, mit Schweden als Nüdhalte und mit dem mächtig aufitrebenden Brandenburg: Preußen an der Spite, dem gegenüber Sachſen immer mehr in den Hintergrund tritt, Steht nun dem fatholiihen Neichsförper, dem Corpus Catholicorum nit nur ebenbürtig an der Seite, fondern überwiegt allgemach in wichtigen Reichsfragen, wenn aud fünf fatholijche Kurwürden: Mainz, Köln, Trier, Böhmen (Habsburg) und Bayern, den zwei bisherigen proteftantifchen: Brandenburg und Sadjen, und der neugeichaffenen achten Kur: der Rheinpfalz des zweitgebornen Sohnes Friedrich's V., Karl Ludwig, in der Zahl den Rang noch immer ablaufen.

Aber in diefen veränderten Madhtverhältnifjen lag auch wieder die Möglichkeit für das habsburgiſche Kaiferthum, daß es, getragen von einer großen und noch vergrößerungsfähigen Hausmadht, die ſchwächeren Reichsglieder heranziehe. Denn, was ſchon früher

5338 XV. Buch: Ferdinand IL u. II. u. d. dreifigj. Krieg (1618—1648).

Ralbasbte: Rheintelden, Eedingen, Laufenburg, Waldshut, b) die Grafichait SHauenttein, c) den Schwarzwald, den Tber: und Unter: Preißgau mit den alsersher zugehörigen Irien: Neuburg, Freiburg, Gndingen, Kenzingen, Bald: burg, Zillingen, Freinlingen, e) die Ortenau mit den Reichsſtädten: Oifenbach, Gengenbad, Zell am Hammersbach. 3. Er zahlt dem Thronfolger Erzherzog zerdinand Karl zur Entichäbigung tür das Abgerreiene: 3 Millionen Liores. *)

9. Wir haben bereits den Gang des dreikigjährigen Krieges auf dem Boden der djterreihiihen Ränder gezeichnet und haben nur no der inneren Zuitände derſelben unter feiner Ein- wirfung überjichtlich zu gedenfen. Theilmeite geſchah das bereits, dort, wo von den Folgen der Schlacht am weißen Berge (3. Abichnitt) die Rede war. |

Nur mittelbar von demjelben berührt, und zwar durch Geld und Truppenbeiitellung, waren die inneröfterreihiichen Lande, welche beijpielöweile zur Zeit der großen Gefahr (1645) im Ganzen 460,000 Gulden aufzubringen hatten (Steiermarf: 300,000; Kärnten: 100,000; Strain: 60,000). Sonſt wirkten nur die Maß: regeln der Gegenreformation fort, wie 3. B. der landesfüritliche Befehl von 1625, der alle Hochzeiten und Taufen an protejtantijchen Orten unterjagte und die jtubierenden Landesfinder von fremden afatholiichen Univerjitäten abrief. 1628 wurde auch dem Abel der Zänder die perjönliche Freiheit der Glaubensübung benommen. Nichts deſto weniger wurzelte die proteftantiiche Gejinnung, wenn aud vom Scheinkatholicismus verjchleiert, mit unausrottbarer Zähigfeit ört- (ih fort.

Von dem protejtantijhen Adel waren bis 1629 aus dem SHerrenitande die Angehörigen von mehr als 30 inneröfter: ' reihiihen, vorzugsweije jteieriichen Syamilien, ausgewandert; aus dem Nitteritande über 80 Nepräjentanten, von „nobilitirten Per: Tonen”, ohne Zanditandichaft an 12 Erulanten. Im Ganzen wanderten über achthalbhundert Adelige aus. Manches bedeutende Gejchlecht verjcholl nun ganz in Inneröfterreich, wie 3. B. die Ungnad. Die Hauptjamilien, insbejondere: Eggenberg, Dietrichſtein, Herberſtein, Khevenhüller, Saurau, Schärfenberg, Stubenberg, Teuffenbach (Tiefenbach), Trautmannsdorf, Thurn, Windiſchgräz, welche alle zu den Exulanten ihr Contingent geſtellt hatten, erhielten ſich in ihren katholiſchen oder convertirten Vertretern. Die Exulanten ſuchten

*) Vergl. über die Wandlungen der Teritorialverhältniſſe in den Rorlanden (Kreutter) Geſch. d. öjterr. Vorlande II; Schreiber, Geld. des Breisgaued; Leo, Geh. db. deutſchen Territorien a. a. O.; Strobel, Geſch. des Elſaſſes und bie leitenden Geſichtspunkte in dem werthvollen Büchlein von Lorenz und Scherer über M- (Hiſtor. Theil von Lorenz.)

540 XV. Bud: Ferdinand UI. u. III. u. d. dreigigj. Krieg (1618—1648).

Ritterftande) noch bis zum weitphälifchen Frieden vorfindlich ; wir jehen den Proteftantismus jelbjt unter den eriten Familien Nieder: und Ober-Oeſterreichs vertreten, wie bei den: Gienger, Hoflirchen, Sörger, Kufftein, Sinzendorf, Stahrenberg, Thonrabl, Traun u. N.

Eine landesfürjtlihe Verordnung vom 5. März 1647 erklärte, die Proteftanten würden nod) bis 1655 im Lande gebuldet. Durd) den weſtphäliſchen Frieden waren die Emigranten beredtigt, wenn fie fi der Landeskirche fügten, zurüdzufehren und ihre jeit 1630 confiscirten Güter in Befig zu nehmen. Die dann protejtantifch bleiben würden, hätten Abzugsfreiheit und hätten ihre Güter ver: faufen oder verwalten laffen. Es wanderten nun an acht Abels- familien in das Ausland, darunter 3. B. die Hoffirhen und Thon: radl, 1688 noch Freiherr D. Chr. von Teuffel.

Mähren mar nahezu ebenfo oft mie Böhmen die große Heeritraße des Dreißigjährigen Krieges. Welche Wandlungen das Land feit 1620 in der ferdinandeifchen Reitaurationsepodhe trafen, wurde anderorten bereits angedeutet. Für die religiöfe Seite der: jelben, jei noch eine Thatjache angemerkt. Die hier einft ftark ver: tretenen gewerbfleißigen Wiedertäufer, Anabaptiften oder „hute- riihen Brüder“, waren durch das Patent vom 28. September 1622 und fpätere Verfügungen fat gänzlih weggefegt: im Trencſiner und PVreßburger Comitate, jogar in Siebenbürgen, tauchen bie verbannten Gemeinden auf.

Aber der Schwerpunft unjerer Betrachtungen liegt in ben bürgerliden VBerhältnijjen unter dem Einfluffe des großen Krieges. Olmütz war in feiner Bevölkerung durch den Krieg auf 1675 Bürger heruntergebracht; 928 Häufer itanden ganz, 260 als halbe Ruinen da; nur 168 erjcheinen bewohnbar. Seit 1641 ver: liert diefer Vorort den Charakter der Zandeshauptitadt zu Gunften Brünns, wojelbft nun die Zandtage permanent werden. Brünn jelbft hatte aber unfäglich gelitten; es war tief verjehuldet. Znaim verlor durch die eingeichleppte Peſt allein im Sabre 1646: 6000 Menihen. Iglau, das mit den vorgenannten Städten und mit Hradiſch gemeinfam für den Krieg gegen Bethlen 150,000 Gulden hatte beijteuern müflen und vom 18.—23. Juni 1626 täglich 400 500 Menſchen als Erulanten um des Glaubens willen verlor, zählte 1647 nur 299 Bürger (da es im 16. Jahrhunderte doch 700 bürgerlide Tuchmacher allein bejaß) und 234 bewohnte Häufer. Schon 1629 Hatte es eine Schuldenlaſt von 2,318,792 Gulden zu tragen. Aber gerade in dem Wiederaufblühen diejer Stadt zeigt fich die Unverwüſtlichkeit des deutſch-mähriſchen Bürgerthums,

542 XV. Buch: Ferdinand II. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

faum ein Trittel bewohnt, die übrigen theils zeritört, theils verlaſſen. Von den Bauern des Ländchens verloren fich zwei Dritttheile.

Wie ed mit dem einjt blühenden Bergbaue im Ggerlande ausjah, bemeilt die Thatjache, daß während ed um 1544 im Joahimsthaler Xergreviere an 9000 Häuer gab, nad) dem Dreißigjährigen Kriege kaum 100 beichäftigt mwaren.*) Tahau wandte an militärische Verpilegungsfojten von 1632 bis 1643 an 53,000 Gulden auf, wurde 1647 von den Schweden angezündet und 1648 abermals förmlich eingeäjchert; ein Schidjal, von dem au Trautenau (1642) betroffen murde.

Die ſchauerlichſten Jahre für die nörblichen und öftlichen Theile Böhmens waren gerade die letten der großen Kriegdepoche, 1645--1648. Unter Anderem ericheint Die Schmebenfeitung Grabftein, wie der Zeitgenojje Balbin erzählt, al3 eine wahre Raubhöhle, von wo aus der Königägräker, Bunzlauer und Leitmeriger Kreiß erbarmungslos heimgeſucht wurde.

Diefen Shidjalsprüfungen des dreibigjährigen Krieges folgte 1650, 1. Februar, das faijerlihe Patent, weldhes den noch vorhandenen Proteftanten Böhmens (unter Erneuerung des Pa— tentes vom 4. Februar 1639) einen peremptoriihen Befehrungs- termin bis Anfang des nächſten Monates vorjchried. Bald jedoch) mußte weit dringlider die Unterfuhung der wahrhaft trojtlojen materiellen Landesverhältniffe eriheinen.. Da man nämlih im Sabre 1615: 150,000 anfäflige Unterthanen verzeichnet findet, neben 12,000 Bürgerhäufern in den Töniglihen Städten, dagegen 1631 alle 14 Kreiſe Böhmens etwag über 85,000, 1637 gar nur 53,000 und 1645 nicht mehr als 30,000 fteuerfähige Grundholden aufweiſen fonnten,**) fo jhien es hoch an der Zeit, durch eine Unterfuhungscommijfion den Sachverhalt zu erheben. Dies geſchah im Sahre 1645. Die Erfenntnig der thatjächlichen Uebel war jedoch leichter als deren Heilung.

Nicht Auswanderungen, Kriegenoth und DVerarmung allein brachten die Bevölkerung, die Arbeitskraft und den Wohlitand der Ööfterreihifhen Länder herunter, mächtige Wirkungen übten auch Elementarereigniſſe, Mißjahre und vor Allem die Seuche, fehr oft die entjegliche Genoffin des Krieges. Die Befthronit***)

*) Ueber Eger und das Egerland vergl. die Werfe von Prödl (2. Aufl. 1877); Drivof; die afad. Abb. v. A. Wolf in den Situngsb. d. Taifer!l. Akad. d. W., 3. 1850, 1851 (IL, VIL 2b.) und |. Geſch.-Bilder, ©. 364 fi. (über Adam Pachhelbel).

**) Vergl. Toman, d. böhm. Staatsreht, Prag 1872, ©. 82—85.

eee) Gine ber fioiflich reichiten Vorarbeiten bildet bie „Geſchichte der Veit in Steiermarl” von bem für bie inneren Verhältniſſe des Geſchichtslebens Inner⸗ öfterreih8 unermübli) ſam ig. 1., 2. Heft. 1876, 1877, Graz.

XV. Bud: Ferdinand IL u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 543

der Jahre 1618 1648 ift leider reih an Ernten, die der Tod gehalten.

1617 war Defterreih, 1618 Tirol, 1619 Böhmen, 1620 Ungarn von ihlimmen Anzeichen dieſer Art hbeimgefucht, aber feit 1623 begannen bie eigent- Iihen Peftjahre. Beſonders weit war der Kreiß der Seuche im Jahre 1625, er war europäiſch zu nennen: Steiermarf, Mähren, Böhmen und Oefterreih und die beiden legtgenannten Länder vor allen zählen dazu, und Ungarn galt als ein Lieblingsſchooß des „boshaftigen, giftigen, peftilenzifchen Fiebers“, das man darum auch die „ungariſche Krankheit“ nannte.

1629 war Böhmen von der Peſt hart betroffen, 1634 abermals Böhmen, Oeſterreich, Steiermark, 1640 neuerdings Böhmen, Oeſterreich, im Schmebden- jahre 1645: Ungarn, Oeſterreich, Steiermark, allwo zu Cilli und in deſſen Landesviertel weit über 10,000 Einwohner der Seuche erlagen, und 1648 er— ſcheint ſie wieder in Steiermark, Kärnten, Krain.

So kam es auch zur Erneuerung der älteren ſanitätspolizeilichen Verordnungen in dieſer Richtung, oder der ſogenannten Infectionsgenerale, wie wir ſolche für die deutſchen Erblande z. B. aus den Jahren 1625, 1646 bejiten. Hierbei fpielte die Beicheinigung der Quarantaine oder die jogenannte „Fedi“ eine Hauptrolle.

Zeiten ſolcher Nothlagen und allgemeiner Störungen des gejell- Ichaftlichen Zebens rufen Jhwärmerifhe Anwandlungen und Aufruhrgelüfte des gemeinen Mannes hervor. Ein Beifpiel dafür ift die Banernrebellion im Machlandviertel Oberöſter— reich’ vom Jahre 1636 (April Juni), als deren Führer Martin Zeimbauer, der „Eropfete und ungejchaffene wüelte Bauer” .... der „ich niemalen weder der Religion noch anderen Bevelchen halber den fayjerlihen Geboten bequemen” wollte, und ſich für den Statt: halter Chrifti ausgegeben haben fol, wie der Benedictinerpater Keginbold Möhner aus Augsburg, „ein Tourift in Oeſterreich während der Schwedenzeit“*), uns in feinem ziemlich unerquidlichen Tagebuche erzählt.

Mit dem Auffiande der 2000 Bauern, worunter beſonders viel Burfchen und Mägde fi) befanden, war es allerdings bald vorbei, obihon der Laimbauer auh am Nordufer der Donau Anhänger ‘zählte. Die grauenhafte Todesjentenz wurde, da er ih vor dem Ende durch „Zureden der Herrn Jeſuiten“ Tatholiih machen ließ,

*) Siehe Kurz, Btr. z. G. d. L. o. d. E., II.; Czerny a. a.O. u |. Ausgabe der Möhner'ſchen Aufzeichnungen unter bieſem Titel. (Linz 1874.) gl. auch Domin. Fiedler, Gef. d. Reichsgrafen Khevenhüller.... . mit Inbegriff 'd. oberöſterr. Bauernkriege u. d. Pöſchliner Schwärmerei. ?. Aufl Wien (dv. tath. Stanbpunfte); Czerwenka (prot.), Die Khevenhüller.

5344 XV. Zud: Zerdinand IL u IH. u d. dreifigj. Krieg (161% 1648).

zur Köpfung und nachfolgenden Viertheilung gemildert. Sein junges ihönes Weib, zu ewigem Kerfer verurtheilt, entjührte ein Henkers⸗ knecht

Noch müſſen wir Ungarn-Siebenbürgen's in einigen Momenten des innern Geſchichtslebens gedenken.

Ein bedeutſames Anzeichen drohender ſocialer Kriſen war der oberungariſche Bauernaufſtand der J. 1631 1632 in den Geſpanſchaften Gömör, Torna, Abauj, Borſöd und Zemplin mit Göncz, bei Kaſchau, als Mittelpunkte.

Zahlreiche Bauernſchaaren rotten ſich zuſammen und beſchließen, mit bewaffneter Hand ihren Forderungen den Grundherren und der Obrigkeit gegenüber Geltung zu verſchaffen und „das arme Vater⸗ land” von den „ungeſetzlichen“ SKriegsvölfern zu bejreien. Der Huge Balatin Eſzterhazy, der die Gefahren der ganzen Sadlage, die lauernde Haltung Raköczy's und der Pforte wohl durchſchaute, fieß zunächſt mit den Bauernichaften unterhandeln. Ihr Führer war Peter Gjäjzär, der mit den Türfen zu Erlau ein Bündniß einging. Man ſuchte dann die Comitatsbanderien aufzubieten, gab den nad Schlefien beorderten Milizen Gegenbefehle und jchlug im Frühjahte 1632 den Aufftand nieder. Gjäjzär wurde als Rädelsführer zu Kaſchau geviertheilt, dann aber ein Ammeitiepatent (April 1632) erlaſſen, um nicht die Bauern durch Verzweiflung den Türken oder dem Fürften Siebenbürgens in die Arme zu treiben.

Fünf Jahre ſpäter (Frühjahr 1637) wollten aufitändijche Bauern die Gründnerorte im Zipjer Comitate überfallen, doch erlagen fie bald.*)

Die Gefahren der innen Sachlage wuchſen mit den Zeiten des großen Krieges in Ungarns Nachbarſchaft, denn die Unzufrie- denheit der Akatholiſchen, die ſich 1638 in den Bejchwerben der „evangeliihen Stände“ kundgab, die Angriffslujt des Türken, weldye der zweite Szönyer Friede vom 9. März 1642 nur nothdürftig zurüddämmte, und die Kriegsbereitichaft G. Räkoöczy's J., als Bundesgenofien Schwedens und Frankreichs, ftellten eine wahre Kataftrophe in Ausſicht. Wenn daher Palatin Eßterhaͤzy in feiner Denkſchrift vom Januar 1643 dem Kaifer Ferdinand III. in einem jehr düjter gehaltenen Bilde der zerrütteten Wehr: und Nährfraft des Neiches umd allgemeinen Stimmung rieth, möglichſt

*) Bergl. Krones, „DOberunan“ Zeitſchr. |. Realſch u. Gymn. 8., 9. Heft. Wien "A Gazʒ t a⸗ bor 1871), ©. 436 f. j

546 XV. Bud: Ferdinand IL. u. III. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648).

religio (mefjen das Gebiet, deffen auch die Religionsfagung) nicht eine der von ben Evangelifchen zurüdgeforderten 400 Kirchen ausliefern wollten, ließ fich Ferdi⸗ sand III. (10. Februar 1647) zur Ausantwortung von 90 Gotteshäuſern herbei, und die Bürgfchaften zu Gunften des Akatholicismus in feinem MNechte- auf Selbitverwaltung, Gotteödienft, Schule und Begräbniß bie fi) im Reichs: decrete finden zeigen am beiten, wie ganz anders der Kaifer die Glaubens— frage jenſeits der Leitha zu erledigen gezwungen ward.

Aber auch in den politifchen Forderungen benahm er ſich fo machgiebig, daß der Reichstag aus eigenem Antriebe die gewünſchte Erwählung feines Erft: geborenen, Erzherzog Ferdinand IV., zum Fünftigen Könige Ungarns (13. Juni) vornahm und defjen Krönung [don am 16. folgte. *)

Die Bacification Ungarns und die üble Laune der Pforte gegen Rakoczy, die fih in der Erhöhung des Tributes von 10,000 Golb: gulden auf das Doppelte Tennzeichnet, waren der beite Bundes: genofje gegen Georg Räksczy L, der in Verbindungen mit dem Auslande blieb, aber vor einer neuen Action Bedenken trug. Zu den Grundzügen jeiner Perjönlichkeit zählten Berjchlagenheit und Habſucht, die mit einer an Geiz ftreifenden Sparjamfeit Hand in Hand gingen. Ein zeitgenöffiicher Reimdichter geijelt dieſe Charakter: ſchwäche, und der Magnat Johann Kemenyi legt ihm Bedrüdungen, Ungeredtigfeiten, insbejondere gegen die Szeller, Burzenländer, Sachſen und Hermannftädter zur Laſt. In der That mußte der Vorort des Sachſenlandes davon in den Sahren 1636 1645 zu erzählen. Jedenfalls gebrah es ihm an großem Blid für bie Staatskunſt und noch mehr an Adel der Seele, er war der Mann kleiner Mittel und berechnender, auch gemwaltthätiger Selbſtſucht; Gropmuth und Dankbarkeit waren ihm fremd. Aber an Ehrgeiz gebrach es ihm doch nicht; das bezeugen feine Schilderhebungen in den Schlußjahren des großen Krieges; er wollte in die Fußitapfen Bethlen’s treten und noch furz vor jeinem eigenen Ableben (1647) bewog ihn die Kunde vom Tode des Polenkönigs Wladislam, ſich ala Bundesgenoffe Schwedens um den Thron Polens zu bewerben.

Wie jchwierig auch feine Stellung nad innen und außen war, immerhin hatte er feinen Thron befeitigt und als er ftarb, 1648, 23. October, im 55. Lebensjahre, hinterließ er feinem Sohne und Erben einen vollen Schag, aber nicht feine nüchterne Berechnungs⸗ gabe. „Auf den Sparer folgte der Zehrer”, auf den Mann der Borficht der ehrgeizige Fürft voll hochfliegender Entwürfe. "

) Katona, 32.8b., 367 ff.; Kov ach ich, Suppl. comit. III. Corpus juris Hung. 1.;Ribinyi, Memor. ang. conf.; Kuzmany, proteft. Kirchenrecht,

XV. Bud: Ferdinand IL. u. IH. u. d. dreißigj. Krieg (1618—1648). 547

Mögen wir nun diesjeit oder jenfeit der Leitha ben Blid auf die Folgen der bewegten Zeit eines dreißigjährigen Kampfes lenken, -- jo iſt da und dort der Eindrud fein erfreulicher. Eine wachjende Verrohung der Gemüther zeigt fich als Ausfluß des fchonungslofen, das Gefühl der perjönlichen Sicherheit in verzweifelnden Stumpf: jinn, die edleren Empfindungen in quälende Nahrungsforgen ver: fehrenden Kampfes, der nahezu ein Menjchenalter in Anſpruch nahm. Für Wiſſenſchaft und Kunft gab es da wenig Raum: in den poli: tiſchen und confelfionellen Leidenjchaften verfümmert das eblere Menſchenthum; fie beherrichen die dürftige Literatur einer eijernen Zeit. Aber gerade die Noth ſchärfte auch wieder den Blick, zerftörte manden Wahn, und der Gedanfe es jei der Staat die einigende, Thügende und ausgleihende Form und Einheit des Völferlebens machte ſich den bedrohten Theilen Defterreihs doppelt fühlbar.

Hier kann aud) im Kurzen einer Epifode aus den Jahren 1640—1642 gedacht werden, für welche in der bisherigen Darftelung fein Raum war. Gie wurde dur das Schrifthen von Guftav de Beer („Danf von Haus Deiter: reih, 0. d. Infant Dom Duarte. Epifode aus dem 30 jährigen Kriege nad) den Quellen dargeitellt. Gafjel 1869”) in weiteren Kreijen befannter. Der jlingere Bruder Johann's von Braganza, des Befreiers Bortugalsvon der fpanifhen Herrihaft, Dom Duarte (Eduard) befand id) in Faiferlichen Dienften und brachte ed bier zum rtilleriegeneral und Corpscommandanten. An der politiichen That feine® Bruders nahın er in der Kerne meilend feinen erweislichen Antheil. Wir wiſſen auch nicht, welche Verdachtsgründe den ſpani— ſchen Hof bejtimmten, Ende 1640 auf Dom Duarted Verhaftung in Wien zu dringen. Im Februar 1641 wurbe dem K. Ferdinand ILL. über Drängen Spaniens durch deſſen Rartei im Gabinet3rathe ein Verhaftsbefehl entlodt. Die Verhaftung fand in Regensburg ftatt. Das Verjprechen des Kaijers, ihn nicht an Spanien auszuliefern, wußte deſſen Diplomatie zu befeitigen; man erwirfte bei Ferbinand III. die Uebereinfunit vom 25. Juni 1642, wonad) für die Summe von 40,000 Scubi ofjenbar unter dem Titel einer Ablöjungsfumme Dom Duarte an einem von K. Philipp IV. jejtzujeßenden Orte internirt würde. Dom Duarte murde allerdings nicht in Spanien, wohl aber zu Mailand eingeferfert, almo er im Sep: tember 1649 ala Gefangener jtarb. Der Kaifer erjcheint durch ben jpanijchen Hof in Diefer Angelegenheit gedrängt und im folcher Weife überliftet, und gerieth be: greiflich in ein fchiefes Licht, indem ſchon gleichzeitige Flugfchriften des gegneriſchen Lagers den Kailer des Undankes und ber Treulojigfeit anflagten und es an ſtarken Farben nicht fehlen ließen. Auch be Veer nahm fich Diejelben für fein Raifonnement iiber Gebühr zum Muſter.

35*

Sechzehntes Bud,

Dom weftphälifchen Frieden bis zum fpanifchen Erbfolgekriege. (1648—1700).

Allgemeine Siterafur (vgl. XV. Bud).

QDuellenwerfe.e Theatrum europaeum, 6. Bd. fj.; Londorp (f. o.) 7; Thuldenus, Hist. nostri temp. Fortjekung be Brachelius, 1652— 1660 (Colon. 1657—1663); Gottfried, fortgef. hift. Chronik 1618—1659 (Frankf. 1745); M. Meyer, Diarium europ. o. furze Beſchr. denkw. Sadıen ..... 1657—1681 (Frankf. 1659—1683, 45 Bde); Anton Faber (Chr. 2. Feucht) Europ. Staats-Canzley, 1697—1759 (v. 79. Bde. an v. König), (Nürnberg 1697—1759, 114 Bde, 9 Bbe. Regg.). Vgl. auch die Regensburger Nadır.; u. bie Gurop. Fama, den europ. Staatsjecretariuß.

Galeazzo Gualdo Priorato, Hist. di Leop. Cesare (—1670), 3 Bbe., Wien 1670 bis 74. (Die von ber Cenſur geftrich. Stellen finden ſich in Keyffler’z Reifen, neuefte, durch Deutjchland, Böhmen, Ungarn. . (2 Bde, Ham. 1751, II., ©. 1239— 1250). Gin Auszug aus Gualdo Priorato ift Comazzi (Graf, faif. Hiftoriogr., +1711), Istoria di Leop. I. (Viennae 1686—88) u. i. deutfcher Ausg. „Smmergrünender kayſerlicher Lorbeer Granz” (Augsb. 1690); Reiffen: ſtuel, Ephemerides Leopoldinae .... (Viennae 1700-1); Schenfbel, Vollſt. Lebensdiarium Leopoldi I. (Wien 1702—5); The life of Leopold, Emperor of Germany (Xondon 1706), verdeutiht v. 3. B. Menden, Leben u. Thaten 8. Leopold’3 I. (Leipzig 1707—1710); E. G. Rindh (kaiſ. Haupt: mann, 1709 Prof. i. Altdorf), Leben u. Thaten Leopold’s d. Großen (Cölln, Leipzig 1708; verm. Ausg. Leipzig 1713, 2. Th., unvollendet); Franc. Wagner (Jeſuit, b. Hofe bebienftet), hist. Leopoldi magni Caes. (2 Thle. 1719. 1731).

Pufendorf, res gestae Fridr. Wilh. elect. Brandenb. (1695); Relationen der Botſch. Venedigs über Deutfchland u. Oeſterreich i. 17. Jahrh., 5. v. Fiedler, fontes rer. austr., 26. Bd. (—1654), 27. Bd. (—1699). Brandenburg: Preußen Urkk. u. Actenft. z. Geſch. bes Kurf. Friedr. Wild. v. Brandenburg, 1.—6. Bd., polit. Verh., 5. v. Erb: mannddörfer, 3 Bde. auswärtige Acten, h. v. Simfon u. Peter, 2 Bde.

mr Re. zw. Rußland u. Defterreich: Recueil des traites

Literatur zum XVI. Buche. 549

et conventions conclus par la Russie avec les puissances etrangeres, T. I. traites avec l’Autriche, 1648—1762 (Peterdburg 1874); Die Nouvelle col- lection des mem., 5. v. Mihaud und Ponjoulat (vgl. die v. Betitot); indbef. die Memoiren v. Grammont (Sep.:Außg. Amjterdam, 2. A., 1717); d'Avaur (1673—1688), Blondel, Bomponne.. .; vgl. Droyfen, 2. Quellenfritif der deutſchen Geſch. des 17. Jahrh. i. d. Forſch. z. d. G., 4. Bd. (1864). Allgemeine Hülfsmittel: Dumont, Corps unic. dipl., 6. Bd.; Chr. W. v. Koch, Hist. abregee des traites de paix entre les puiss. de l’Eur. depuis la paix de Westphalie, jusqu’au traite de Paris, 1648—1815, ref. augm. et cont. par M. Schöll (Paris 1817, 15 Bde.); Ghilani, Dipl. Handb. u. Europ. Chronik, I., Lünig; Teutſche Reichs— canzlei o. auserl. Briefe v. weſtphäl. biß auf den raftädt. Frieden, 1648—1714, 8 Thle. (Xeipz. 1714); Sylloge publicorum negotiorum (Francof. 1694, suppl. 1702), 1674—1702); Literae procerum Europae latina lingua exaratae (Lips. 1712), 1657—1711; die Sammlungen ber Reichsabſchiede v. Pachner v. Eggenftorf, |. 1663 (Regensb. 1740—47) u. Schaurotb, 1663—1752 (Regensb. 1751 f.); dazu die Hist. comitiorum imper. Ratisbon. v. Bfanner, (Weimar 1694) und K. J. Gemeiner, Geſch. d. öff. Verhandl. de zu NRegens- burg nod) fortwähr. Reichdtages (Nürnberg 1794—1795), (reiht bis 1659); Häberlin, fortg. v. Sendenberg, 28. Bd. f.; Schmidt, Teutfche Reichs: biftorie, 11. Bd. fortgef. v. Milbiller, (8. Bd.); U. Menzel, Neuere Gefch, d. Deutfchen, 9. Bb.; Gore, Hist. ofthe house of Austria, 1. A. (1807), 3.4. 1847, fortg. bis 1852 (London 1862); deutſche Ueberf. d. erften Ausgabe von Dippold und Wagner, 4 Bde. (Amiterdam, Leipzig 1810—1817), 3. Bb. für dieſe Epoche von Belang; Majläth, Geſch. Oeſterr, 4. Bb.; Rühs, Geh. des franz. Einfl. auf Deutfchland (1815); die Werfe von Raumer (Geld. Eur. |. d. E. des 15. Jahrh.); Ranke, Geſch. Frankreichs, 3., Eng: lands 4., 6. Bd., i. 17. Zahrh.; Droyfen, Gef. d. preuß. Politik, III., IV. Bd.; $lafjan, Hist. de la diplom, franc., V. Bd.; Zinfeifen, ©. d. 08m. R., 6. 7. Bod.; Herrmann, Geh. Rußlands, 5. 6. Bd. Die Specialliteratur b. d. einz. Abfchnitten.

Inhaltsüberſicht.

1. Die letzten Jahre Ferdinand's III. (1648—1657). 2. Leopold I. und feine Staatsmänner. Die Kaiſerwahl. Oeſterreich, Deutſchland und Frank—⸗ reich (1658—1679). 3. Ungarn-Siebenbürgen und bie Pforte (1658 bis 1664). 4. Die ungariſche Magnatenverſchwörung und ihre Folgen bis zur Waffenerhebung Tökölyi's. 5. Vom Nymweger Frieden bis zur zweiten Türkenbelagerung Wiens (1679—1683). 6. Der Kampf mit ber Pforte und bie Löfung der ungarijch : fiebenbürgiihen Frage bis vor dem Karlomwiger Frieden (1683—1698). 7. Der Kampf mit Frankreich, der Rys wiker Friede und ber von Karlowitz (1689— 1700).

Ueberfiht der Hauptmädte Europa's, 1648 1700.

Deutſches Neid. Kaifer Ferdinand IIL, 7 23. März 1657; Leo: pold I., gem. 8. Juli, gefr. 21. Juli 1658 3. Kaifer, + 1705, 5. Mai.

Brandenburg:Preußen. Friedrid Wilhelm, „der große Kurfürft“, + 1688; Friedrich II., 1688—1701 (König v. Preußen, 18. Januar 1701). Sadfen. Johann Georg I. + 1656; Johann Georg U., 16561680; Johann Georg III, 1680—1691; Johann Georg IV., 1691—1694; defjen Bruder: Friedrich Auguſt L, König v. Polen, 27. Juni 1697. Bayern. Kurfürft Maximilian I, 7 1651; Ferdinand (Maria), 1651—1679; Marimi: fian II. (Emanuel) 1679.... (1692 Statth. d. Niederlande). Kurpfal;. Karl Ludwig (Sohn Friedrich's V., geächtet 1621, + 1632), 1649—1680; Karl, + 1685 als letter Kurfürft Diefer mittlern Kur-Linie (Simmern), Eintritt der katholiſchen Kurlinie Pfalz-Nenburg mit Philipp Wilhelm, 1685—1690; Johann Wilhelm, 16590—1716. Hannover (Haus Tüneburg). Ernſt Auguft, Coadjutor v. Magdeburg 1646—48, Biſchof v. Osnabrüd 1662, 1679 Fürtt dv. Calenberg, erfter Kurfürft v. H. 1692, 19. Dec.; + 1698. Gem. Sophie, T. Friedrich's V. v. der Pfalz, 1701 als Erbin Großbritanniens erflärt (T 1714); Georg Ludwig, in’3 Kurfürftencoll. eingeführt 1708.

Würtenmberg. Eberhard III, 1628—1674; Wilhelm Ludwig, 1674 bi 1677; Eberhard Ludwig, 1677—1733. Baden. Friedrich V., 1638 big 1659; Friedrich VL, 1659—1677; Friedrih d. Gr., 1677—1709. Helfen: Kafjel. Wilhelm VL, 1637—1663; Wilhelm VII, + minderj. 1670; Karl, 1670 1730. Heffen:Darmftadt. Georg H., 7 1661; Ludwig VL., 1661— 1676; Ludwig VII., 1676—1678; Ernſt Ludwig, 1678—1739.

Stalien. Päpſte: Innocenz X., + 1655; Ulerander VII. (Chichi), 1655— 1667; Clemens IX. (Rofigliofi), 1667—1669; Glemend X. (Altieri), 1670—1676; Sunocenz XI (Odescaldi), 1676-1689; Ulerander VII. (Ottobon), 1689—1691; Innocenz XII. (Pignatelli), 1691— 1700. Mai: land:NReapel:Sicilien, in ſpaniſch-habsb. Beſitz. Toskana. Ferdi: nand II. + 1670; Cosmo III. 1670—1723. Savoyen. Karl Emanuel II. 1637—1675; Victor Amadeus II. 1675—1730 -- Benedig. 1684 Beitritt zur großen Allianz gegen die Türfei.

Spanien. Philipp IV., + 1666; Karl IL, der legte vom Mannzitamme ber ſpan. Habsburger, F 1700, 1. Nov.

Portugal. Haus Braganza. Johann IV. 1640—1656; Alfons VL, 1656— 1667, + 1680; Inf. Dom Pedro als Regent: Peter IL, + 1702.

Frankreich. Lubmig XIV. 1643—1715, (Mazarin, + 1661; Golbert; Louvois).

Großbritannien. 1648—1660 Republik. Cromwell, Lordpro— tector, 1653, + 1658; Richard Cromwell, 1658—1660; Monls Reftauration des Königthums). Haus Stuart: 1660—1685 Karl II.; Jakob II. 1685 1688, Aturz ber Stuart, Wilhelm IIL v. Oraniens 1689—1702.

er die Seneralftaaten. 1650 + Statth. Wilhelm IL

XVI. Bud: Vom weftph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 551

v. Oranien; 1653—1672 Johann de Witt, Sroßpenfionär; 1672 Wilhelm ILL. Erbftattbalter, 1689 König v. England.

Dänemark. Friedrich III. 1648—1670, (1660 Unumjchränftheit und Erblichkeit der Krone); Ehriftian V. 1670—1699.

Schmeden. 1654, Chriftine dankt ab; Karl X. 1654—1660; Guſtav (von Zweibrüden); Karl XI. 1660—1694, (1682 Erbfolgeredt u. Unum— fhränftheit ber Krone); Karl XII. 1697.

Polen. Johann Kafimir, 1648—1668 (daft als ber legte poln. Waja freiwillig ab); Wahlfürft Michael Wisnowiedi (Piaft), 1668—1673; Jo— hann III., Sobieski, 1674 bis 1696; Friedrih Auguft v. Sachſen, 1697.

Rußland. Alerini, 1645—1676; Feobor III. 1676— 1682; 1682—1689 Iwan III. u. Peter I., Regentſchaft Sophiens; Gzar Peter I. der Große 1689— 1725.

Türkei. Sultane: Murad IV. 1648—1687, (abgefekt); Soliman IL., 1687— 1691; Ahmed J., 1691—1693; Muftafa II., 1695—1702.

1. Die letzten Jahre Yerdinand’s II. (1648--1657).

Literatur. (Vgl. die allg.).

Quellen z. fiebenb.:ung. Geh. Redey, ab. (Sohn des franz), Tage: bu, h. v. Vaſſ im magyar. tört. tär, I. Bd. u. ebenda im XVII. Bde. (1871); deſſen gefchichtl. Nachlaß, 5. v. Nagy (1871); das Archiv der fürftl. Fam. Kemeny (1538— 1722), 5. v. Szathmäry, ebenda XVIII. Bd. (1871); Kraus, Siebenb. Ehronif, 1608—1665, I. Thl. bis 1659 (fontes rer. austr., I. A., IH. 8b.) u. I. Thl. (ebenda IV. Bd.), (Wien 1862, 1864); oh. Bethlen, hist. Transsylv. II.; Autobiographie de Grafen Niklas Bethlen (Gröf B., M. öneletiräsa) (Peſth 1858); Stephan Vitnyeby’3 Briefe, h. v. Yabö im XV. Bde. des magyar. tört. tär (I. A. 1652—1662); vgl. die Studie v. Krone i. d. Defterr. Wochenfchrift, red. v. 2. Bucher (Wien 1872); IL Bd., „Stephan Pitnyeby u. |. Briefe aus d. 3%. 1656—1662, i. i. Bebeutung f. d. Geſch. Ungarns”; ferner auch die Abb. v. Szilägyi’s über die Verbindungen Georg Raͤköczy's II. mit Nädasby (im Szäzadok 1874); Török magyarkori ällain- okmanytär V. (III.) Band (1870), ©. 414 fi.; Katona, XXXIL; Feifler: Klein, Horväath, Szalay a. a. D.; 9. Wolf, Wenzel Lobfowig (Wien 1869), (eine wichtige Monographie für die Schlußjahre Ferdinand's III. und» die erſten zwei Decennien Leopold’ I.); vgl. auch Vehſe u. d. öfterr. Hof IV. Bd.; Droyfen, a. a. ©.

Kaiſer Ferdinand III. hatte fein vierzigftes Lebensjahr hinter ih, als der weitphäliiche Friede den unfäglichen Kriegsleiden ein Ziel ſetzte. Aus dieſen Friedenszeiten bedingter Dauer entwirft (1654) det venetianiſche Botſchafter, Guiftiniani, ein Cha: rafterbild diefes Habsburgers, das wir nicht unvortheilhaft nennen

552 XVI Bud: Vom weitph. Frieden b. z. ſpan. Erbjolgefriege (1648— 1700).

bürfen. Er nennt ihn den beiten Kopf in feinem Rathe, bejonders fähig, die Begabteften fich auszuwählen, des Stalieniichen volllommen, des Lateinifchen ohne Schwierigkeiten, des Spaniſchen genügend und naturgemäß auch des Deutichen mächtig, jhlagfertig in Rebe und Antwort, mwißbegierig, von „wunderbarer Zurücdhaltung”, pünkt: ih, würdig und wohlwollend in den Audienzen. Sonſt liebte er mehr in die Gefchäfte einzubringen, jetzt fliehe er fie nicht, aber er laffe fie liegen, jattfjam müde der großen Laft, insbejondere jeit dem Tode feines Erftgeborenen (Ferdinand IV., T 9. Juli 1654). Aus- dauernd in großen Widermwärtigfeiten, fei er in den kleinen perjön- lihen ein wenig heifel, das Täme von feiner ſchwachen Geſundheit. Sedermann zugänglich, habe er ein Ohr auch für die Armen und für die Eingaben eine bis zur Kleinlichfeit und Zeitüberfüllung weit: gehende Gefchäftigkeit. Ungemein religiös, ftreng kirchlich und fittlich, fände er an der Muſik feinen größten Genuß, und habe viel Kunft- finn. Ueberaus mäßig im Genufje, führe er ein mufterhaftes Familienleben und werde nad „deutiher Art“ überall von jeiner (dritten) Frau begleitet. Zu feinen Lieblingsunterhaltungen zähle die ungemein Eoftipielige Hofjagd. In früheren Jahren habe er auch gemalt und in Elfenbein geſchnitzt. Sein Freund des perjön- lichen Pruntes (eher fparfam, in Gnabenbewilligungen farg) aus Anlaß der väterlichen Verſchwendung, gerechtigfeitsliebend und billig, jei er dem Zorne wenig ergeben, nur in Folge der Gicht etwas ungeduldig und klage gern.

Die Zeit, aus welcher dieje mit italienijcher Feinheit gezeichnete Charafterjtizze ftammt, nähert fich bereits den frühen Tode des förperlich ſchwachen, ſtark gichtifchen Kaijers. Wir finden in ihr mit gewandter Vermeidung ftärkerer Schlagichatten das Weſen einer Regentennatur von guten Anlagen, ſchwungloſer, nüchterner Lebens: auffafjung und Lebensführung veranihaulicht, die von der Herricher- art Ferdinand's II. insbefondere durch) die haushälteriiche Abwägung der Mittel und kluger Zurüdhaltung in perjönlichen Zuneigungen im Kreife der Hofleute fich unterjcheidet. Es wird erzählt, daß Ferdinand III. noch als Kronprinz feinem Vater, K. Ferdinand IL., auf die Frage, weshalb er jo nachdenklich vor fich hinſehe, geant- wortet habe: er denfe ale Sohn nad, wie er die väterlichen Schulden zahlen werde; ein Wort, wenn aud nicht wahr, jo dod) gut erfunden. Allerdings Fonnte auch die Sparſamkeit diejes Kaiſers die großen Koften des noch immer riejigen Hofitaates und die Ge: wiffenlofigfeit der Kammerregenten in der Geldbeihaffung und Ver- waltung nicht bannen, über welche Giuftiniani fo jehr loszieht.

554 XVL Bud: Vom weitph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700).

tigem Blick die Begabung de Mannes erkannte, zugänglich, wenig fein im Ber: kehre, aber feit, zähe im Gejetlichen, geſchäftserfahren, im Vertrauen bes Kaifers; Feldmarſchall Johann Chrijtoph Graf von Buchheim, Picepräfibent bes Hof: kriegsrathes, dienfteifrig und in ben ungarijchen Angelegenheiten befterfahren ; Graf Johann Hartwig Noſtitz, böhmijcher Hoffanzler, von Auerfperg geitükt, in den Angelegenheiten Böhmens tüchtig, ein bejcheidener, fleißiger, höflicher Dann.

Geheimräthe mit dem Site in Prag waren: der begabte und in jeder Richtung verwendbare Regierungsnann, Graf Valentin Mar von Martinic und der Feldmarſchall Rudolph Colloredo, „der weder in Wien, noch in Prag dem Kaifer nützte“.

Graf Wilhelm Leopold von Tattenbach, inneröjterr. Hofkriegsraths— präfident und Großprior des Malthejerordens (+ 1661), fam nicht viel zur Geltung. Zu den jüngiten Conferenzräthen zählte Marcheje Hannibal Gonzaga, bauptfählid in Militärfachen zu Haufe. 0

Unter allen diejen Collegen Auerjperg’s ging der glänzenditen Zufunft entgegen Wenzel Eufeb, Fürſt vonXobfomic, geb. 1609, 1632 Oberft, vier Jahre jpäter General : Feldwachtmeilter, 1637 Hoffriegsrath, bald darauf Oberftfeldzeugmeifter und dann (1644) Vicepräfident des Hoffriegsrathes, Oberſthofmarſchall (1645), Feldmarſchall und jeit 1630 Hoffriegsrathspräfident. Als Auerjperg (1655) „erſter“ Conferenzminifter wurde, klagte Lobkowic über Zurüdjegung; der Kaiſer tröftete ihn, das jei nur Titeljache. Der Venetianer Giuftiniani, nebenbei gejagt, für Auerjperg einge- nommen, nennt ihn (ein Jahr zuvor) „mehr geiftreich als gutartig, verſchlagen, ehrgeizig, voll Selbitgefühl, ränkeſüchtig, die Gejchäfte mehr verwirrend als gut leitend, der Schmeichelei zugänglid.” Es ift ziemlich vieles davon zutreffend, nur müffen wir den ſprühenden Geiſt, unerihöpflihen Sarfasmus, die „böfe Zunge” des Fürſten und das vorzügliche Gejelichaftstalent dem Bilde hinzufügen. Er ftand jo ganz unter dem Banne der franzöſiſchen Lebens— anſchauung und Sitte, der auch Auerjperg zugethan war. Beide, insbefondere Lobkowic, waren der ſpaniſchen Grandezza und ebenfo der Spanischen Politik abhold, Franzofenfreunde und als ſolchen werden wir ihnen jpäter begegnen.

Der wichtigste und ſchwierigſte Posten der öfterreihiichen Diplo- matie war Conftantinopel. Hier finden wir als Nachfolger des Graubündtners Rudolph Schmidt von Schwarzenhorn (geb. 1590, T 1667), der 1630—1648 als Reſident am goldenen Hom weilte und dann als Vicepräſes des Hofkriegsrathes auftaucht, den Steiermärker Simon Reninger; feit 1650 bei der Pforte be- Kallt, einen tüchtigen Gefchäftsträger, der für die Pläne der Pforte

556 XVL Bud: Vom weftph. Frieden b. 3. ſpan. Erbjolgefriege (1648— 1700).

am meilten Schwierigfeiten madte der Brandenburger, denn er grollte dem Kaiſer wegen der Begünftigung des Pfalgneuburgers in der Jülich'ſchen Erbfolge; er fam, der legte, nur mit Mühe durd) Mainz und Sachſen beredet, und fügte fi aud) den Wünjchen Fer: dinand’s III., denn der Kaifer erſchloß ihm Ausſichten auf jchlefifche Erwerbungen. An die Brager Vorbeſprechung jchloß fich der Regens— burger Reidhstag (30. Juni 1653 bis 17. Mai 1654); die Wahlgefchäfte wurden aber in Augsburg abgewidelt, Ferdinand IV. den 31. Mai 1653 gewählt und den 18. Juni in Regensburg ge= frönt, und zwar zum Verdruffe des Kölner Erzbiſchofes vom Mainzer Metropoliten. Der Reichstag ſelbſt, mit jeinen endlofen Formali— täten und Rangzwiſten, mit der unerquidliden Zwangslage des Kaiſerthums innerhalb des Gemwirres wideritreitender Intereſſen, ift jo recht das Norbild des jpätern „permanenten Reichstages” (jeit 1664) und zudem der lebte, den der Kaiſer beſuchte. Auf ihm er: jcheinen von öfterreihifchen Herren: Eggenberg, Lobkowic, Salm, Dietrichſtein, Auerſperg, Piccolomini auf der Reichsfürſtenbank.

Nun war aber der Thronfolger aus dem Leben geriſſen; der zweite der Söhne, für den geiſtlichen Stand beſtimmt, Leopold Ignatius, mußte nun deſſen Stelle einnehmen. Giuſtiniani ſchil— dert den damals 14jährigen Prinzen als klein und ſchmächtig, von bleicher, bräunlicher Geſichtsfarbe und ſchwankender Geſundheit; ob— ſchon ſtreng und geiſtlich erzogen, dürfe man doch mehr von ſeinem Naturell als von der Erziehung erwarten, denn er beſitze lebhaften Geiſt, Neigung zum Zorne und Verdruſſe und Ehrgeiz. Seine Er— zieher waren Graf Fugger (bis 1652), dann Porzia, beide von geringer Begabung; letzterer ſo wie ſein Zögling, der ſtille, ſchüchterne Prinz, den das Geſchick einer großen ſchwierigen Lebens⸗ aufgabe zuführte, boten bald der Mediſance des franzöſiſchen Bot- ſchaftes Grammont willflommenen Anlaß zu Berichten und Hiftör- hen für die Spottluft des eigenen, glänzenden und raffinirt genuß- füchtigen Hofes, dem es willlommen war, zu vernehmen, wie lang= weilig und bürgerlih tugendhaft der jetige Thronfolger fein an- ſpruchsloſes Dajein verlebe.

Leopold Hatte bereits 1654 die Huldigung der deutjch-öfterrei- Hifhen Länder und am Preßburger Tage die Wahl und Krönung als König von Ungarn (16., 27. Juni 1655) empfangen. Es war diejelbe Ständeverfammlung, in welcher der Kaifer mit dem Plane, an Stelle des verjtorbenen Palatins Paul Paͤlffy (FT 1653) feinen Nachfolger zu beftellen, fondern den Graner Primas Lippay als Locumtenens oder Statthalter einzufegen, nicht durchdrang, ſon⸗

558 XVI. Bud: Tom weftph. Frieden b. 5. fpan. Erbfolgekriege (1648—1700).

abſchwächte, da nun ein Erbe des ſpaniſchen Thrones vorhanden war, und Frankreichs Berechnungen derart vertagt blieben, jo ſah fih dennoch Ferdinand III. als natürlicher und mitinterejfirter Verbündeter Spaniens der unangenehmen Zmwangslage einer bewaff: neten Unterftügung des gejunfenen pyrenäifhen Schweiterjtaates gegen Frankreich ausgeſetzt.

Noch drohender geſtalteten ſich aber die nordiſchen Verhält— niſſe. Denn die ſchwediſche Angriffspolitik blieb auf das Polen: reich unter 8. Kafimir gerichtet, und von 1656 auf 1657 bereitete ih das Bündniß Karl’s X. von Schweden mit dem Kurfürjten von Brandenburg vor, der, mit vorfchauendem Blide zwiſchen beiden Staaten feine Wege abmefjend, eine Stellung einnehmen wollte, die ihm thunlichit freie Hand ließe, und, von dem übermäd): tigen Schweden gedrängt, jet im Zufammengehen mit Karl X. gegen Kafimir nicht nur die völlige Bejeitigung der polnischen Lehens— hoheit über das Herzogthum Preußen, jondern auch territorialen Gewinn erwarten durfte. Oeſterreich mußte das bedrohte Polen ftügen,; um jo mehr ale K. Kafimir, ſchon im Sommer 1655 vor feinem fiegreihen Gegner nad Oppeln flüchtig, bald die Niederlage jeines Heeres bei Warjchau (28. bis 30. Juli 1656) durch Schweden und Brandenburg erlebte und jo gut wie verloren ſchien. Kaifer Ferdinand erfannte die Größe der Gefahr für Oeſterreich, denn Mazarin ließ es an Noten und Geld nicht fehlen, um den Schwe: denkönig zu einem Angriffe gegen Schlefien und Ungarn zu ver: loden. War nun aud) Karl X. bemüht, den Kaijer von Schwedens freundlicher Gefinnung zu überzeugen, fo jchien die Nothmwendigfeit für Ferdinand III. gegeben, das europäische Gleichgewicht durch ein Bündniß Habsburg : Defterreihs, Deutihlands und Dänemarks mit Polen berzuftellen. Für dasjelbe follte vor Allem Friedrich Wilhelm von Brandenburg durch den gemandten Diplomaten L'Iſola (Lifola) und der Ruſſenczar durd den Bot- Ihafter Allegretti gewonnen werden. Dies gelang; auch die Pforte war den Schweden gram, und Holland vereinigte in Berlin jeinen Einfluß mit der öfterreichifchen Diplomatie. Der Kurfürit von Branden: burg blieb jedoch vorläufig in der ſchwediſchen Allianz, die ihm durch den Vertrag von Labiau mit Karl X. die Souveränität über das Her⸗ zogthum Preußen verjchaffte (1656, 21. November), und der Schwe- denlönig gewann zum größten Verdruſſe Ferdinand’s ILI. einen neuen Verbündeten an dem Fürften Siebenbürgens, Georg Rakéczy I:

Bir müflen der Geſchichte Tranziglvaniend einen Rüdblid wibmen. Zwei

560 XVI. Buch: Tom weitph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgekriege (1648 1700).

durch den Tod gedemüthigt, wird der Sohn (Georg Räköczy II.) ſolches auch thun, möchte e8 ihm ebenermweife ergehen. Gott weiß, ob er von dieſem Krantfen- lager (die Blatternfrankheit, aus welcher er, dem Tode nahe, arg entitellt hervor: ging) wieder auffommt.” Hajjan gedenke noch recht gut der Bedingungen, welche er einjt im Namen des Sultans dem verfiorbenen Georg Raäköczy J. überbracdhte, al3 diejer Polen für fi, das Kofafenlanb (Ufraine und die Nachbarſchaft) für den ältern Sohn (Georg LI.) und das ſiebenbürgiſche Fürſtenthum für den jüngern, Sigißmund, bei ber Pforte nachſuchte, Bedingungen, die ihn abkühlen und ihm ben „Weg verhauen” follten.

Georg Rälöczy II. gewahrte in der polnijchen Frage, in dem Bündnißangebote des Schwedenkönigs (1655—1656) die [odendite Ausficht für jeinen Ehrgeiz, den Siebenbürgen nicht ausfüllen Fonnte. Hatten ihm ja doch. auch die Zaporoger Koſaken durch ihren Hetman, Bohdan Chmielnidi (April 1655), Waffengenofjenichaft gegen Polen angetragen. Vergebens arbeitete Kafimir von Polen dem entgegen; 1655, 20. November, jchließt Räföczy II. mit Karl X. ab, rüjtet gewaltig und jucht an Ungarn einen Halt zu finden, da die Pforte gegen den Angriff auf Polen eingenommen ift und längft jchon den Fürſten ihre Abneigung überhaupt durch Bejchwerden aller Art nahe legte.

In den Kreijen der proteftantifchen Oppofition Ungarns und unter den Katholifen, weldhe den Türfenfrieg vom Zaune brechen wollten, fanden Räföczy’s Unabhängigkeitsbejtrebungen der Pforte gegenüber jchon darum auch Beifall, weil man davon den engern Anſchluß Siebenbürgens an Ungarn und eine fräftigere Action gegen den Türken erwarten mochte. Zu diejen Kriegsluftigen zählte vor Allen der neue Banus Groatien- Slavoniens, Niklas Zrinyi. Aud Franz Nadasdy, der reichbegüterte Judex Curiä, gehörte zu den Gönnern des Füriten GSiebenbürgens, als deſſen wichtigiter Unterhändler Jonas Mednänjzfy erſcheint. Selbit die Mutter Rakoͤczy's, die angefehene Magnatin Suſanne Xörantfy, mochte in diejer Richtung wirken.

Ueber alles diefes bietet Aufſchluß der reiche Briefwechjel eines der begabtejten und rührigſten Wortführers der proteitantijchen Op- pofitionspartei, Stephan Vitnyédy (geb. 1612), Sohn eines Hofbeamten der Nädasdy, Privatjecretair Franz Naͤdasdy's, dann Stadtnotar in Devdenburg, jpäter in DVertrauensämtern wechſelnd; wohlhabend, beredt, gebildet, geſchworener Feind des „deutjchen Regiments“ und zum Agitator wie gejhaffen. Palatin Paul Pälffy (16491654) nennt n Hausgenofien; weniger

XZVL Bud: Von weitph. Frieden b. 5. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 561

geneigt war ihm der jeßige Palatin Weffelenyi, welchem Vitnyedy ald „proteftantiicher Heer” nicht behngte. Niklas Bethlen, der Kanzler Siebenbürgens, bezeichnet Vitnyedy als „berühmten Sad): mwalter und Vordermann des Lutherthums“ (hires lutheranus prökätor &s föember) und ein anderer Zeitgenoffe, Joh. Burius, Ipriht von jeinem Rufe als bedeutenditer Opponent gegen die Ka⸗ „tholifenpartei jeit 1655. Auf beitem Fuße ftand Vitnyedy jedoch mit dem katholiſchen Banus Zrinyi, deſſen „Hoflavalier” Vitnyédy war, denn Beide fanden fi) in dem Haile gegen die deutichen Re⸗ gierungsmänner. Zrinyi, der Meijter des Kleinen Krieges gegen die Türken, der Autonomift und begabte Xiterat, war die Säule des Ungarnthums in den Augen Vitnyédy's, jeines begeiiterten Verehrers.

Dieſen Stimmungen in Ungarn war die Politik des Wiener Kaiſerhofes begreiflicherweiſe entgegengeſetzt. Ferdinand III. wollte den Fürſten Siebenbürgens von dem Zuge nach Polen abhalten, und ſelbſt die Freunde Räföczy’s in Ungarn ſchüttelten bald den Kopf zu dem Wagniß, das gegen den ausdprüdliden Befehl der Pforte unternommen wurde. Jonas Mednyaͤnßky, der Bot: Ichafter Raͤköczy's, ſollte den Kaiſer bejchwichtigen. Denn ſchon hatte Nälsczy den verhängnißvollen Ausmarſch mit 18,000 Reitern und 5000 Fußſoldaten, dazu 6000 Mann walladhifcher Hülfstruppen und von einem großen fchwerfälligen Troß begleitet, angetreten (Januar 1657); er trug, ohne es zu ahnen, „Siebenbürgen nad Polen.” Noch verfuchte Ferdinand III. durch feinen ungarischen Kanzler, Erzbiihof Georg Szelepcjenyi, den Fürften Raäksczy zur Umkehr zu bewegen. Es gelang nicht; Raksczy ſprach die Dro- bung aus: werde fich der Kaijer der Polen annehmen, jo werde er „Die türfiihde Mütze aufjegen” und mit Türken und Tartaren über Ungarn herjallen. Der faijerlihe Hof mußte nun auf Gegenmaß: regeln bedacht fein; der Pforte war man ficher.

Unter diejen Zeitläufen Tchied Kaijer Ferdinand III. (1657, 2. April) aus dem Dafein. Biel war an feinem Gefichtefreife vor- beigezogen: der Schluß des großen Krieges, wejentliche Aenderungen in den europäifhen Machtverhältniffen, die Hinrichtung eines ge: frönten Hauptes (1649, Januar), des Stuartlönigs Karl’s L., und das Erftehen der engliſchen Republik. Einer feiner Lebenspläne, die nicht Zeit zur Neife fanden, war die Beförderung des dritten Sohnes, Karl’s, auf den Thron Polens, wie das ein venetianiſcher Geſandſchaftsbericht vom Jahre 1658 andeutet.

Krones, Geld. Oeſterreichs III. 36

562 XVL Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgekriege (1648— 1700).

2. Leopold I. und Teiue Staatömänner. Die Kaiſerwahl. Oefterreich, Deutſchlaud und Frankreich (1658-1679).

Literatur. Vgl. die allg. Pit. der Quellen u. d. 1. Abſchnitt, insbeſ. unter ben Monographien: Troyfen a. a.O.; Roli; Majlath, 4. Bd.; die venet. Relat. a a. O., die franz. Memoiren; v. Mörner, Kurbranden: burgs Staatöverträge vo. 1601 - 1700. Nach d. Orig. (Berlin 1867); Mignet, Negociations relatives à la succession d’Espagne sous Louis XIV. (Paris .1835, 2 Bde.). Ter Bericht des ſchwediſchen Botfchafterd Eſaias Rufendorri (1671—1674) murde auszugsweiſe von Keyfiler, „neuefte Reijen u. j. mw.“ (ſ. o.) ©. 1252 j., veröfientliht. Vehſe benügte ihn i. |. 5. Bdochen d. Geſch. bes öiterr. Hofes, ganz veröfientlichte ihn Helbig (Leipzig 1862): „E. PR. Bericht über K. Leopold, ſ. Hof u. d. öjterr. Politif”; A. Wolf, Drei diplomatiſche Relationen aus der Zeit K. Leopold's J., j. Einleitung, enth. 1) die jetzt auch in der Publication Fiedler's a. a. O. abgedr. Relazione del Caval. Giov. 'Sagredo ambasc. Veneto alla corte Cesarea, 1664; 2) Geheimbe Relation des Grafen v. Leslie (7 1667), betreffend die Kriegsmacht der Pforte. (Tie Beichreibung der Sejandtichaftsreije veröff. der Prediger der Geſandtſchaft, Paul Taferner: Caesarea legatio.... Viennae 1672; franz. im 2. Thl. v. Briot, Hist. à l’etat present de l’empire Ottomanne). 3) Plittersdorf's Bericht aus Rom v. 1669; A. Wolf, „Borri in Wien“, 2 Actenft. v. 1670, abgedr. m. Einl. i. 9. Jahrg d. Notizenbl. z. Arch. f. K. öſterr. Geſch. (Wien 1860, ©. 337 f.); trauert, Ueber die Thronentfagung des K. Kafimir v. Polen u. d. Wahl ſ. Nachf. in den Sitzungsber. d. Wiener Afab., VI. Bd., 1851; vgl. Droyfen, Beitr. z. Kritik Pufendorf’3 (Ber. u. Verb. d. ſächſ. Afad., Leipzig 1864, ©. 61—72); Großmann, der faif. Gejandte Franz v. Lifola im Haag, 1672 bis 1673 (Wien 1873); vgl. die ergänzenden Bemerf. in d. Recenſion dieſes Werkes (in den Mitth. aus d. Hift. Lit. v. Foſſ, 1877, Heft 77—84, v. Katt; Goedeke, Die Politik Oeſterreichs in der ſpaniſchen Erbfolgefrage, Leipzig 1877, 1.8. Einleitung); Bidermann, Geſch. d. öfterr. Gefammtftaatsideen; Bütter, Hiftor. Entw. d. deutſchen Staatöverf. des deutſchen Neiches, III. Thl. (3. A., 1799); Größler, Tie Urſachen der Permanenz bed fog. immermähr. Reichs: tages zu Regensburg. Nenaer Xnauguraldiff. (Stargard 1869); v. Walewski, Geſch. d. 5. Ligue und Leopold’s I. vom Umſchwung bed Gleichgewichtsſyſtems bes Weftend durch den jchwed.:poln.=öjterr. Krieg bis z. Vermidlung d. oriental. Trage durch Auguſt II. (165°—1700), I, 1. U. (Krakau 1857, 1858), un: vollendet, vorwiegend wunderliches Raifonnement, Actenftüde im Anhange; Reinh. Baumftark, Kaifer Leopold I. (Freiburg 1873).

Ferdinand III. und fein Haus. 8. Jerbinand III, + 2. April 1657. Semajlinnen: J. (20. Febr. 1631) Marie Anna, T. 8. Philipp's IIL ». Spanien, F 13. Mai 1646; II..(2, Zuli 1648) Marie Leopoldine, T.

XVI. Buch: Vom weſtph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648--1700). 563

des Erzh. Leopold v. Tirol (Oheims Ferdinand's TIL), + 19. Auguit 1649; III. Eleonore, T. Herz. Karl’3 von Mantua (Nevers), + 5. Dec. 1686.

Kinder erjter Ehe:

1. Ferdinand Franz, geb. 8. Sept. 1633, König von Böhmen (1646), Ungarn (1647), röm.=deutfcher K. (Ferdinand IV.), gem. 24. Mai, gefr. 18. Juni 1653; + 9. Juli 1654.

2. Maria Anna, geb. 1635; Gem. (3. Nov. 1649): Philipp IV. von Spanien; + 16. Mai 1696.

3. 4. (Söhne, + im Kindesalter).

5. Leopold Ignatius als Kaifer Leopold IL, geb. 9. Zuni 1640, K. v. Ungarn 27. Juni 1655, v. Böhmen 14. Sept. 1656; Kaifer 18. Zuli gew., 1. Aug. 1658 gefr.

Gemahlinnen: I. (12. December 1666) Margarethe Therefie, T Philipp's IV. v. Spanien, + 12. März 1673 (die ältere Schwefter war Gattin Ludwig's XIV. v. Frankreich); IL. (15. Oct. 1673) Claudia Felicitas, T. Erzh. Ferdinand Karl’3 v. Tirol (welche Linie 1665 im Mannsft. erloſch ſ. O.), + 8. April 1676; III. (14. Dec. 1676) Eleonore Magdal Therefie, T. ded Kurf. Philipp Wilhelm v. Pfalz-Neuburg. (Vgl. XVII. 3.)

Kinder zweiter Ehe: 1. Tochter, F früh; 2. Karl Joſeph, geb. 7. Aug. 1649, + 27. Aug. 1664.

Kinder dritter Ehe: (daß erfte und vierte früh).

2. Eleonore Marie Joſepha, geb. 31. Mai 1653, F 17. Dec. 1697. Ge: mahle: 1. (1670) Michael (Wisnomiedi), K.v. Polen; 2. (6. Febr. 1678) Karl Leopold, Herzog v. Lothringen (F 1690).

3. Maria Anna Joſepha, geb. 30. Dec. 1654, + 4. April 1689. Gemahl: (25. October 1678) Johann Wilhelm, Pfalzgraf v. Neuburg.

Wir haben bereits von gut unterrichteter Seite ein Bild der Verfönlichkeit Leopold’s I. entworfen gejehen. Fügen wir daran die zweite Charakteriſtik aus der Feder des Reichstagsgejandten FSranfreiche, des Herzogs von Grammont, des Vertreters jener Macht, die dem Haufe Habsburg : Defterreidh nie abgeneigter war als eben jet. Sie ftammt aus der Zeit vor der Kaiferwahl Leo: pold's (1458), als noch fein Ohm, Erzherzog Leopold Wilhelm, die furze Vormundſchaft führte, und lautet in ihrem Kernpunkte aljo:

„Man bat fo viele Portrait3 von Leopold entworfen, daß es überflüffig fein würde, von feiner Perfon zu reden. Was feine Geiſtesgaben betrijjt, jo babe ich jagen hören, daß fein Naturell fehr gut und fanft fei, Kenntniffe. in Wiſſenſchaften und Sprachen aber hat er nur wenig, denn er verfteht nur Deutſch und Italieniſch und die fpricht er fehr gut (Giuftiniani fpriddt 1654 von Leopold's Anfängerfchaft im welſchen Idiome), dagegen verjteht er, wad aus mehr als einem Grunde fehr bizarr ift, Fein Wort Spaniſch (er lernte e8 erft Durch feine erfte Frau). Er liebt die Muſik und verfteht fie jo weit, daß er ſehr traurige Melodien jehr richtig Fomponirt. Die Antworten, die er ertbeilte, waren immer

36*

564 XVI. BRuch: Tom weitph. Frieden b. x. jpan. Erbroigelriege 1 I —!7

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566 XVI. Buch: Tom weftph. Trieben b. 3. [pan. Erbfolgefriege (1643—1700).

Partei nicht weiter und konnte freier den eigenen perjönlichen und politifchen Neigungen folgen. Sein bedeutendfter Nivale wird nun Lobkowiec, der zweite Miniſter im GCabinetsrathe und durch feine nefellfehaftlihen Talente bei dem Kaiſer perjönlich beliebter als Auerſperg. Neben dieſen Berfönlichkeiten hatten jeit 1658 aueh der Nichsbofrathepräfident, Graf Emft von Dettingen: Waller- fein (1648---1670), ein rechtlicher Mann, und insbefondere der bereits enaunte Khurk eine arößere Geltung gewonnen, doch machte legterer wicht mehr Die Phaſe des Jahres 1664 mit; Gleiches gilt von dem Grafen Joh. Joachim von Sinzendorf aus der jüngern Linie dieſes üfterreichifchen Gefchlechts, der, unter Ferdinand III. Con: vertit geworden, als Prückelmayer's Nachfolger im Hoffanzleramte fbon 1665 ſtarb, ein Dann ohne Talent und Berufeeifer. Seines Netters, Georg vudwig Sinzendorf, von der ältern Linie, Hof kammerpräſidenten feit 1657, werden wir an anderer Stelle gedenten ; er mon dm gebeimen Natbe nicht jchwer, doc lag das mwidtigite Amt, die Sorge um den Staatsjädel, in jeinen Händen.

As Hofbeamte eriten Ranges von Einfluß ericheinen um 1661, nad den Aufzeichnungen Des venetianiichen Botichaftere Molin, der Dderitbofmeiltir Jodann War, Reichograf von Yambera, durd Innere Seit Wotjebalter in Spanien, mit Porzia verſchwägert (T Im. der Doimaridall Graf Heinrich Wübelm von Stabrem- herauf ii und Rundaler, Graf Geit 1634 Fürit) von Ties trid fein (F ISW), ein alter Herr und Nichling Des Kaiſers Lambert und TVietriitein gedorten jur jognannten Favoritenwartci. Seit 1665 treen neden Auerivera, Lodkowic. den jezigen Ubert: datmeitter. und Shwarzendera in erne Linie der nene Dortauzler, Jod. Vaul Doder. ur Gonzaga. ale Qorfrieysrurbirnüruvet, urd Brut Natmund Mondecuculi.

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568 XVL Bud: Vom weſtph. Zrieben b. 5. ſpan. Erbfolgefriege (16481700).

Triebfeder in einen fchwerfälligen, complicirten Mechanismus geftellt, der ber gewiſſenhafteſten ſachkundigſten Reform längft bedurfte, und in Verhältniffe gebracht, deren unreines Getriebe einem jeichten Vrofectenmacher und geminnfüchtigem Cavaliere von geringen eigenen Mitteln, großen Bebürfnilfen, was beides Sinzendorf war, nur zu viel verderbliche Lodungen darbot, wurde diejer Hofmann in der That ein Ruin der Hoflammer und des ganzen ärarijchen Credits. Sinzendorf beutete eben feine Stellung aus; er hatte dies um fo leichter thun können, da er einen förmlich unverantwortlichen Poſten inne hatte und deffen labyrinthartige Geſchäftspraxis eine rechtzeitige Gontrole aud) ungemein erfchwerte. Die Staats: und Hofichulden wuchſen beiden gefteigerten Bebürfnifien; Sinzendorf behalf ſich mit neuen Darlehen, deren ungünftige Bedingungen ihm menig Sorge madıten, verwidelte fih, von Scwindlern, wie 3. B. Müller von Lindau, verlodt, in bodenlofe Speculationen (3. B. mit der Neuburger Falich: gold: und Silberfabrit, 1661—1677), ſchädigte duch Mangel an Geſchäftokenntniß und Gemwinnfucht die ärariſche Fabrication, welcher man damals, durch Colbert's Thätigfeit in Frankreich an: geregt, mehr Aufmerkſamkeit zuzumenden begann, und wurde durch Stellenverlauf, Protection und Beftechlichfeit in jeder Richtung ver: rufen, was die Sefandtfchaften am Wiener Hofe bald genug in Er: fahrung brachten.

Kein Wunder, wenn Staat: und eigene Bedürfniſſe die Kammerprä- fidenten fiir die albimiftifhe Goldmacherei gemanıen, ald deren Apoitel damals einer ber genialjten Abenteurer in Wien auftauchte.

Francesco Vorri, geb. 4. Mai 1627 zu Mailand, Nejuitenzögling in Rom, religidjer Schwärmer und als folder vom Papjte geächtet, dann Freigeiſt und Neftimpier des Rapittbumg, von der Inquiſition des Todes jchuldig erflärt, nun: mehr Quadſalber und Alchvmiſt, zunächſt am Anndbruder Hofe Erzherzogs Ferdinand Karl, dann im Auslande: bald als betrügeriſcher Fallit von Am— ſterdam flüchtig. in Hamburg Schützling der Erkönigin Schwedens, Chriſftine, endlich am Hofe zu Kopenhagen mit Ehren auigenommen und durch Jahre LG - IV) ale Goldmacher“ thätig. Aus Dänemark in die Türkei zu ent: weichen gewillt, wurde er in Sihleiien als verdächtig der Mitwiſſenſchait an der ungariſchen Magnatenverichwörung verbafter und aui Vegehren des Nunrius nad) Wien geöchait. Hier gewann er die RKrotection ded damaligen Premier Yoblowic und wurde ale Gejangener mit Goldmacherei betraut, dann aber \uni 1870 nach Rom ansgeliehert; die Faierliche Dermittlung bewabrte ihn vor der ichon 1651 Durch Die In⸗ quiiition über ihn verbängsen Tobesittuie. Gr itarb als Internirter der Ungelöburg DL Riel Auſſeden erregte jein lange geglaubres Mäbrchen. er babe zu Micn im Rrabiähre 16:0 (April. Mai) den Kaiſer Lespold vor dem jichern Kode dar vergiüitete Kerzen bewahrt. Die Geichichte iR eriunben, bewm

570 XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. ;. jpan. Grbiolgefriege ( 16435— 1700).

In der Geſchichte der innern Verwaltung bildet einen Wende punft zum Beſſern die Berurtheilung des KRammerpräfidenten Einzendorf.

Schon jeit 1666—67, in welcher Zeit der ehrliche Vicepräſident ber Hof: fammer, Graf Johann Cuirin Jörger, zwei Klagjchriften gegen die Wirthichaft des Miniſters gerichtet hatte, und Lobkowic mit einer Revilion ber Hoffammer betraut worden war, hing die Reform der Hofkammer wie eine drohende Wolfe über dem Haupte Sinzendorf's. Aber jie wurde immer wieder abgelenkt, denn Sinzendorf wußte fih mit Lobkowic abzufinden. Graf Martinic, der Oberſt⸗ burggraf Böhmens, drang 1672 neuerdings auf Reform, und endlich führten die alffeitigen Anklagen den Sturz des crebitlojen Miniſters herbei.

Er murde 1679 juspendirt und nach langer Unterfuchung des wahrhaften (Shaos der Kammerwirthſchaft im Juni 1680 das Ürtheil gefällt und 9. October verfündigt. (Fr wurde wegen Meineids, Betrugs und Diebitahl3 zum ewigen Gefängniß und Süterverlujte veruriheilt. Die Milde des in allen ſolchen Fällen leicht beweglichen Kaifers verfchaffte ihm bald (1681) die Losſprechung von ber Zahlungspflicht (nahezu 2 Millionen im Betrage) und die Freiheit des Aufent- haltes. Doch ftarb er ſchon im December 1681. Daß feine Anklage die Schuld überfchätßte, ift eben jo ficher, al3 daß feine bodenloſen Speculationen alles bag großentheild verjchlangen, was er unrehtmäßig erworben.

Sein Nachfolger im Amte (1680—1683), Frh. v. Abele, er: lahmte bald an der Reinigung der Hoffammer von ihren unlautern Elementen. Graf Wolfgang A. Rofenberg wurde fein Nachfolger.

Noh müſſen wir des Einfluffes der fürftlihen Frauen am Hofe furz gedenken. Des Kaiſers Stiefmutter, Eleonore (F 1686), eine höchſt achtbare Dame und feine Freundin Spaniens, mit Frankreich auf gutem Fuße, hielt ihren Einfluß auch während der eriten Ehe Leopold's mit der zarten Furzlebigen Anfantin von Spanien, Margerita Therefia, aufredt. Die zweite Gattin, die fchöne lebhafte Claudia Felicitas, Stalienerin von mütter- liher Seite, und entichiedene Gegnerin Lobkowic's aus perfönlicher Abneigung, fand einen zu frühen Tod (1676), um ihren Einfluß feftigen zu fünnen. Dies konnte der dritten Frau, Eleonore Magdalene von Pfalz: Neuburg, beffer gelingen, boch begegnen wir aud dann nicht einem eigentlihen Frauenregimente.

Wir haben nun den Gang der Ereigniffe, welche die Politik Deiterreihs Deutichland und Frankreich gegenüber von 1657 1679 begleiten, und zu vergegenwärtigen. Zunächſt liefen zwei große Staatsfragen neben einander, die Trennung Brandenburgs vom ſchwediſchen Bündniffe gegen Polen (die Rettung K. Rafimire) und bie deutſche Kaiferwahl. So fand fich daher

572 XVI Bud: Vom weitph. Frieden b. 5. fpan. Erbjolgefeirge (1648— 1700).

bild fpäterer Erjcheinungen, durch das Haager Concert mit England und Holland (1659, 21. Mai) und am empfindlichiten duch den pyrenäiſchen Frieden mit Spanien (7. November 1659), der nun Dejterreichs weſtliche Machtitellung durch Frankreich empfindlich bedroht werden läßt. Mazarin bearbeitet die Pforte, um Defterreih auch im Oſten faſſen zu laſſen, es drängt Polen in den Frieden mit Schweden. Kaiſer Leopold, der für Polen eifrig rüftet, feine Truppenmadt mit der Brandenburgs vereinigen (läßt (September 1658) und Dänemark unterjtükt, im Juli 1659 Montecuculi und de Soudhes gegen Schwediſch-Pommern entjenbet, muß nun innehalten, um fo mehr, ala Polen den Frieden fucht, der am 3. Mai 1660 zu Dliva abgejchloffen, die Souveränität Preußens endgültig feftitellt und dem Kurfürften die weitere Allianz mit Defterreich wenig vortheilhaft erjcheinen läßt. Mazarin jol damals ge= droht haben, wenn Defterreich feine Armee bis Februar 1660 nicht aus Pommern zöge, mit einer Armee über den Rhein zu gehen, um den weitph. Frieden zu ſchützen (!) und follte er auch allein die Verantwortung tragen.

Die ganze Gefahr für Defterreich concentrirt fi bald (1663) in dem drohenden Türfenfriege, und wer darf den Stein auf das Wiener Cabinet werfen, wenn es Angefihts deijen mit Frank: reich Frieden halten muß, wenn es ſich die demüthigenden Bedin- gungen gefallen läßt, unter welchen die NReichshülfe in Ausficht ge— stellt wurde; trat doch der Kurfürft von Brandenburg, einer der gewiegteften und angejeheniten Bolitifer, ununterbrochen in freund: lihem Verkehre mit Franfreih, Anfangs 1664 jelbft in den von Ludwig XIV. protegirten Rheinbund, das Vermächtuiß des veritor: benen Mazarin. Allerdings traute man in Paris dem Kurfürften nicht, man bielt ihn für gegängelt durch Defterreich, das feinem Haufe Aussichten auf Bolen erſchloſſen habe. Es waren dies diplomatijche Witterungen von gleichem Werthe mit dem Gerüchte eines öfter: reichiſch-ruſſiſchen Planes, das kranke Polenreih zu tbeilen.

Defterreich beftand den Türkenkrieg (1664) mit Ehren, aber ohne Vortheil, eine weitgreifende Gährung meldet ſich immer dro= bender in Ungarn an; Leopold's I. natürlicher Bundesgenoffe, Spanien, ift durch den pyrenätfchen Frieden lahm gelegt und ebenso gut halb Deutſchland; darf es und Wunder nehmen, wenn im öfterreichiichen Cabinete, wo es feine große einheitlihe Führung gab, die Zudringlichfeit der franzöfifchen Politik Boden findet und bei allgemein krankhaften Verhältniffen auch eine unnatürlidhe Ric; tung der Wiener Politik zu Tage tritt, wenn unter dem Ein- brude der leichten Erfolge Franfreihs im Devolutionstriege

XVL Bud: Vom weſtph. Frieden b. 3. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 573

gegen Spanien (1667 —68) der Kaifer froh fein muß, die Anfprüche Ludwig's XIV. auf die ſpaniſchen Niederlande durch die engliſch⸗ holländiſch-ſchwediſche Tripelalliany und deren Wirkung, den Aachener Frieden (1668), vertagt zu fehen und jeden Bruch mit feinem fran- zöfifchen Schwager vermeidet?

Spaniens Habsburgerhaus war dem Ausiterben nahe, denn Karl II., der kränkelnde Sohn und Thronfolger Bhilipp’s IV. verſprach fein längeres Dafein, geſchweige denn Nachkommenſchaft. Trat aber das Erlöfchen des ſpaniſch-habsburgiſchen Mannsitammes ein, dann mußte die dentſch-habsburgiſche Schweiter: linie al3 unbejtrittener Univerjalerbe gelten, denn für ihr Recht ſprachen die beiderfeitigen Hausverträge und die jüngſte Verjchmä- gerung. Dagegen hatte Ludwig XIV. bei feiner Heirath mit Maria Therefia auf jedes fpaniiche Erbrecht verzichten müſſen und ber Devolutionsfrieg jollte eben eine bewaffnete Demonftration gegen diefen Revers jein.

Das franzöſiſche Cabinet juchte daher jo früh als möglich den Wiener Hof für einen geheimen Vertrag auf der einftigen Theilung des ſpaniſchen Erbes zu ködern und ſich dabei der Logik zu bedienen, daß Defterreih auf folhem Wege mühelos die halben Früchte deſſen feinerzeit einheimjen könne, was ihm ganz Frankreich nie und nimmer gönnen wolle und dürfe.

Der erfte Unterhändler Frankreichs in diefer beifeln Angelegenheit war Graf Wilhelm von Fürjtenberg zu Anfang ded Jahres 1667, doch verfingen die Angebote nicht, denn Leopold I. war für feine Perſon ſolchen Abmachungen abgeneigt und felbit Auerjperg, damals am Ruder, war, bei aller Geneigtheit, mit Frankreich gut außzulommen, nicht gefügig genug, denn er beforgte mit Grund eine Falle darin; liberdied lag der Gefandte Spaniens auf der Lauer, und man begriff am Wiener Hofe das Compromittirende folder Unterhandlungen Spanien gegenüber. Lobkowic war meit mehr ala Auerjperg der Sache befreundet, aber die Gefahr und Verantwortlichleit einer ſolchen Abmachung follte fein Neben: bubler Auerfperg tragen. Da verfuchte das ſchwierige Stüd Arbeit der Fluge, energifche Botfchafter Franfreihs am Wiener Hofe, Generallieutenant Jaques Brethel von Gr&monville (feit 1664) und nüßte babei die unjelige Eitel- feit Auerſperg's aus, der ſich, bereits Wittwer gemorben, den Carbinalshut wünfchte, um mit NRichelieu und Mazarin im Andenken der Welt auf eine Stufe zu treten. Allerdings hatte ſich der Kaifer jelbit in diefer Richtung nach Rom ge: wenbet, aber Auerfperg bublte auch um bie dort wirffamere Fürſprache Frankreichs, die ihm Grémonville ald mirffamften Köder hinhielt und ließ nun von ber feitern Haltung ab, die er noch Ende December 1667 in den Berbandlungen mit Gremonville eingenommen hatte.

So fam am 19. Januar 1668 ber verhängnißvolle Thei lungs⸗

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tractat, von Auerjperg und Grömonville unterzeichnet, zu Stande, worin Defterreih: Spanien, Mailand, Finale, die toscanifchen Plätze, Sardinien, die canarifchen und baleariihen Infeln und Weft: indien, Frankreich: die Niederlande, Navarra, Neapel und Sicilien gegebenen Falles zugewiejen erhalten. Sebenfalld war der franzöſiſche Antheil ungleich fruchtbringender ; ber öfterreichifche, wenn wir von Mailand abfehen, ein politisch ſchlecht verzinsliches Länder: fapital. Der Vertrag war verhängnißvoll, denn er bildete das erfte Glied einer Kette langjähriger politiicher Zwangs: und Schein: verhältniffe, eine Feſſel der Politik Defterreihg, und bot, innerlich hohl und unhaltbar, dem franzöfiichen Hofe gegebenen Falles die Handhabe zu einer wirkſamen Denunciation Vefterreihs bei dem ſpaniſchen Gabinete; außerdem überlebte der König Spaniens diefes voreilige Webereinfommen um volle 32 Sabre.

Verhängnißvoll wurde das Ganze zunächſt für Auerfperg felbit. Bis jest hatte er allerdings mit Zuftimmung des Kaiſers gehandelt ; die leidigen Gonjequenzen feines Handelns machten ihn nun aber zum verblendeten Schleppträger der Wünſche Franfreihs. Das Gardinalproject erhitte den bisher Haren und Fühlen Kopf. Auer: iperg erleichterte Zudwig XIV. den Aachener Frieden, er dachte an die katholiſche Tripelallianz: Vefterreih, Franfreih -und Spanien gegen die proteftantiihen Mächte, er ließ fich durch Gremonville leicht gewinnen, Delterreich der Tripelallianz: England, Holland und Schweden fern zu Halten, während der öfterreichijche Gefandte in Stodholm ein Bündniß abſchloß und der Faiferliche Diplomat L'Iſola für den Eintritt Defterreihe in das Bündniß gegen Frankreich eingenommen war. Das waren leidige Widerjprüche. Auerſperg verhieß den Franzojen mehr als er halten und durchfegen fonnte. Und zu alledem wurde feiner bei der Denomination der Sardinäle gar nicht gedadht; doch auch der vom Wiener Hofe vorgefhlagene Markgraf Hermann von Baden: Durlah) war nun übergangen worden. Als dann der faijerliche Botichafter in Kom, Freiherr von Plittersdorf, in geheimer Relation an den Kaifer (5. November 1669) das, was ihm der Gardinal von Heflen und der PBapft jelbft über Auerjperg’s Ehrgeiz, „malizia” und feine Beziehungen zu Frankreich „eröffneten, zur Sprache bradte, faßte Leopold J. ein tiefes Mißtrauen gegen feinen Minifter, der, begreiflicherweife auf Gremonville wegen getäufchter Hoffnungen ſchlechter zu Tprechen, wieder zu der ſpaniſchen Partei hinüberſchwenkte, felbft mit einem Bertrauensmanne jeines Rivalen Loblowic (Pater Sinelli) in Beziehungen trat, anbererjeitse neuen Anerbietungen

576 XVI. Bud: Tom weſtph. Trieben b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700).

drängten felbit der richtige Wille und Sinn des Kaiſers zum An- tämpfen gegen die drohenden Vergrößerungs: und Alleinherrichafts- gelüjte Frankreichs. Der unermüdliche Verfechter diejer richtigeren Sintereffenpolitif ijt der Diplomat 2’Yjola (Lijola. del’ Iſola), aus Salins in der Frandhecomte, ſeit 1639 in Faiferlichen Dieniten, ein vorzüglicher Kopf und entjchiedener Gegner Frankreichs. Wir finden ihn zumädit (1657) am brandenburgiihen Hofe, dann (1662— 1663) in Polen, wieder in Berlin, abermals in Warſchau, in Zondon (1665— 1666), in Madrid, neuerdings in England und feit 1669 vornehmlich bei den Generaljtaaten im Haag, als Ver: treter Deiterreihe. Da ift er voll Eifer für die Bildung einer großen Allianz gegen Ludwig XIV., in welche Holland, England, Schweden, Spanien, Deutſchland und Lejterreih eintreten ſollen. Es berührt fich dies mit den Bemühungen Epaniens am Wiener Hofe, den Kaiſer in die engliſch-holländiſch-ſchwediſche Tripel— allianz zu bringen; auch Lothringen bildete damals einen Factor in diefen Beitrebungen. Lobkowic jah fich damals felbit aenöthigt, auf geipannten Fuß mit Gremonville zu treten, als ihn die jpanijche Diplomatie des Einverftändniffes mit dem franzöfiichen Botſchafter ‘in der ungariihen Bewegung anklagte; Gremonville veritand es jedoch, den Kaifer einzufhüchtern und fich mit Lobkowic wieder auf den alten Fuß zu Jegen.

Dazu fam die Bewältigung der Magnatenverſchwörung Ungarns, Die Gleichgültigleit Schwedens für die Tripelallianz, der geheime Vertrag Karl’s II. von England mit Frankreich; L'Iſola's Plan drohte in die Brüche zu gehen, und doch erheifchte die Preisgebung Holland’s an die Angriffspolitif Ludwig’s XIV. mehr als je eine ſchützende Dazwiſchenſtellung der interejfirten Mächte, zumal im Augujt 1671 die Franzoſen in das Gebiet von Lothringen einbradhen. In der That wurde von K. Leopold I. Gottlieb Windſchgräz nad Verjailles entjendet; man begehrt die Entfernung Grémonville's aus Wien, der Kaifer tritt mit Mainz, Trier, Münjter und Sachſen zur Wahrung des weitphälifchen Friedens in’s Ein- vernehmen, auch mit Brandenburg wird unterhandelt, aber noch ohne eigentlihen Erfolg. Die fpanifche Diplomatie arbeitete nun aber mit verdoppelter Mühe gegen Lobkowic und Gremonville’s Machinationen. Der Kaijer befahl endluh feinem Minifter, jede Beziehung zu dem franzöfiihen Botjchafter abzubrehen. Doch behauptete Lobkowic injofern das Feld, daß er am 1. November 1671 einen Neutralitätsvertrag mit Frankreich zu Stande brachte. Wie jollten da bie entgegengejetten Anftrengungen 2’Ijola’s

578 XVI Bud: Vom wejtph. Trieben b. ;. jpan. Grbfolgefriege (1648— 1700).

Lobkowic, den im entjcheivenden Augenblide Schwarzenberg und Montecuculi von Kaijer fern zu halten verjtanden, muß nun zuſehen, wie dem franzöfiihden Botjchafter die Päſſe zugeitellt werden. Wohl verläuft im Herbſte 1673 der Feldzug Montecuculi’s gegen Turenne in lauter vorjichtigen und ausmweichenden Schachzügen, denn wieder macht fi) der hemmende Einfluß Lobfomwic’ geltend, der den Bruch mit Frankreich nicht verwinden kann. Aber die Sachlage ſchärft fih immer mehr, da in der neuen polnijhen Königsmwahl Defterreih und Frankreich wieder hart an einander gerathen.

Den 11. November des \ahres 1673, am Tage des glorreichen Sieges, den Johannes Sobieski über die Türken bei Choczym in der Moldau erfocht, jtarb der Polenfönig Michael, Schwager K. Leopold's I., im fräftigften Mannesalter, ohne Erben, und abermals Famen über Polen die Nufregungen einer neuen Königs: wahl. Wieder fehlt e8 nicht an Bewerbern. Frankreichs Candidat feit 1668: Condé, Oeſterreichs Schügling: Herzog Karl von Lothringen und ber Sohn bes Ruſſenczaren Aleriei, und abermals der Brandenburger treten in den Nordergrund, ohne daß letzterer felbit in die Bewerbung fich ein: ließ. Am härteften fchien der Kampf zwijchen der Franzoſen- und Oeſterreicher— partei werben zu follen, aber ed war nur Schein, denn ber Reichsadel warf fein Auge auf den Kronfeldherrn, ben Sieger von Choczym, welcher ſchon 1668/69 für die franzöfifche Ganbidatur geftimmt hatte, denn Die Wahl eines „taiferlichen Obriſten“ fei unmögli; Alles werde er dran ſetzen, um fie zu bintertreiben. Die Franzojen mußten angeſichts der Faiferlich = lotgringiichen Gandidatur die Wahl Sobieski's, des Franzofenfreundes, (21. Mai 1674), zugleich als ihren Sieg begrüßen.

Die Königswahl Sobieski's war ein Sporn für den Kaiſer, fih mit dem Brandenburger, Spanien und Holland enger wider Ludwig XIV. zu verbinden (1. Juli 1674); immer mehr fieht ſich Lobkowic von feinem politiihen Syitem abgedrängt. Der faiferliche Feldherr Bournonville aber, der an Seite des Kurfüriten von Brandenburg gegen das Lilienbanner Triegen follte, war der Auf: gabe nicht gewachſen; auch General de Souches jollte wenig Lob ernten. Der neue franzöfiihe Premier Louvois lechzte nah Krieg, und die Feldherren Ludwigs XIV., Turenne und Condé, erfochten die Siege bei Sinzheim (16. Juni) und Senef (11. Auguſt) über die Kaijerlihen und ben Erbitatthalter Hollands.

Damals ftand auch Minifter Lobkowic bereits am Abgrunde. Mit der zweiten Gattin des KRaifers, Claudia Felicitas, um deren Hand früher Jakob, der Bruder Karl’s II. von England, geworben, kam ein neuer Geift in die Wiener Hofburg. Spanien hatte diefe Ehe begünftigt, Lobkowic gegen fie gearbeitet, auch feinen

550) XVL Zug: Tom weitph. Frieden b. ;. ipan. Grbrolgefriege 1 164° -1.üı,.

teiner Entichiedenheit, aber dem Plane der Allürten: des Kailers, Hollands und des Lothringers, gebrad es an Einkrit und raichem Z:orgehen. General de Souches war dur die Klagen Spaniens uber ſeine Kriegsführung in Ungnade gefallen, Montecuculi tritt wieder in den Tordergrund. Um Dieielbe Zeit, in welder Kurrürtt sriedrih Wilhelm die rühmliden Siege über Die Schweden bei Rathenow und Fehrbellin erfocht (25. 23. Juni 1675) fand der entiheidende Zuiammenitog zwiihen Montecuculi und Turenne bei Saßbach itatt (27. Juli), wobei der alte und beite Feldherr des damaligen Franzoſenreiches von feindlidher Kugel den Tod fand. Wenige Tage ſpäter greifr Montecuculi Altenheim an; die Franzoſen ziehen über den Rhein zurüd; Trier wird von dem Xothringer eingenommen, Marſchall Greaui gefangen, Montecuculi belagert Hagenau. Nun madt ſich aber wieder das leidige Zögern und Laviren des Failerlihen Hofes geltend, Schweden arbeitet in Wien auf den Frieden los, und bier regt jich die Eifer- juht gegen die Erfolge des Brandenburgers. NReibungen, Ber: bitterungen greifen Plag. Tazu treten die jteigenden Gefahren des ungarijhen Kuruzzentrieges, den Frankreich von Polen aus unterjtügt, und die wachſende Gährung in dem nur halb be- zwungenen Ungarn.

Aber den Krieg gegen Frankreich will der Wiener Hof als einen „Reichskrieg“ warm halten, denn er begriff, daß jept in deutichen Landen fein Anjehen wieder im Machen ſei. Eine Flug- ihriftder damaligen Zeit (1677) jpricht es aus, daß es hier nur einen „majeitätiihden Staat” gebe Leiterreih —, die anderen Fürſten feien bloße „Irtsfürften”, allerdings auch mädjtige darunter, vor Allem der Brandenburger, defjen Belit und Politik dem majeſtätiſchen Staate am nächſten komme; Tefterreich müfje alfo die Führung haben, um Ordnung und Einheit im Reiche herzuftellen und die jchädlichen Folgen der im weſtphäliſchen Frieden mißbräuchlich anerfannten Souveränitäts- rechte der einzelnen Staaten Deutichlands dem Auslande gegenüber zu befeitign. Strattmann, ber begabte Rath des Pfalzgrafen von Neuburg, jet in faiferlichen Dienften, war einer der wichtigſten Träger diefer neuen öfterreihiihen Politik, Deutſchland gegenüber, welche fih mit dem Gedanken eines großes Bundes deuticher Fürften, den Kaijer an der Epite, herumtrug.

Es ijt hier der paffendfte Ort des Verhältnifjes zwiſchen Kaifer und Rei und ber Haltung bed Wiener Hofes zum fog. „permanenten Regens- burger Reichſstage“ zu gebenfen. Zwei Thatſachen erſcheinen ald Angelpunfte des Ganzen unbeftreitbar: bie VBeftrebungen des habsburgifhen Kaiſerthums,

XVL Bud: Vom weſtph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 581

eine neue Machtitellung im Reiche. zu gewinnen und beffen Kräfte auch für Die eigenen monardhijchen, für bie öfterreichifchen Antereffen heranzuziehen und dem gegenüber das Streben ber großen und Fleinen Gewalten im Reiche, daß eigene Macht: und Stanbedintereffe fo vortheilhaft als möglich zu wahren, d. i. von allgemeinen Reichspflichten jo wenig als möglich befaftet, im ſchirmenden Schatten des weitphälifchen Friedens foviel als möglich autonom zu fein und zu bleiben. Der Venetianer Zorzi fchreibt in feiner Relation an den Senat: „Der Kaijer jollte im Reihe nach Art bes Herzens im Körper, bed Centrums im Kreife, ber Eonne inmitten der Sterne fein.” Dieſes Herz fchlug aber außerhalb der eigentlichen Körpermitte, e3 gab feinen Kreis und fein Gentrum, ſondern eine ſchwer definirbare Figur mit einer Fülle von Projectionspunften, Fein einheitliches Sonnenſyſtem, fondern ein merfmwürdiges Getriebe großer und Fleiner Sonnen mit ihrem Anhange Die Permanenz des Reihdtages, der im Januar 1663 zufammentrat und anderthalb Jahrhunderte (bis 1806) währen follte, war eine Folge des reichsfürftlichen Strebens, an die Stelle ber „ordentlichen Reichs- deputation” zu Negendburg eine Reaffumtion des Neichdtages zu bringen und im Sinne des weſtphäliſchen Friedens Reformen herbeizuführen, die allerdings verrotteten Uebeljtänden abhelfen, vor Allem jedoch das Intereſſe der Ein» zelnen fo viel als möglich ſchonen jollten. Die Faiferlihde PBolitif fügte fich allmählih der Reajfumirung bes Reichstages, und beide Theile, der Kaijer und die Reichdgemwalten, fuchten in diefer neuen, durch Deputation permanent werben: - den Reichövertretung bie beiberfeitigen Intereſſen zu mahren. Es war biefer Reichstag, wie wenig erquidlich auch die Jahrbücher feiner Thätigkeit find, nach dem fpäteren Urtheile des Patrioten Mofer, „das lekte Band, das die verfchies denen beutichen Lande an einander knüpft; follte auch dieſes gerreißen, fo wird Deutſchland eine Landkarte vieler vom feiten Lande getrennten Inſeln werden, deren Bewohnern Fähren und Brüden fehlen, die Verbindung unter fich zu er: halten”. Und der ehrſame Publizift E. Freiherr von Herden, Zeitgenoffe ber bier behandelten Epoche, kennzeichnet in feiner „Srundfefte bed heiligen römifchen Reiches deutfcher Nation” (1660) als Bürgfchaft des „allieitigen guten Vertrauens“ und „jiherften Ruheſtandes im Reiche”: bie Belaffung „deifelben Staates in feiner uralten Form und beilfamen Vermiſchung, morbei er fich hiebevor lange Zeit gar wohl befunden und allen anderen Republifen zum Wunder und Schreden geſtanden“.

Kehren wir nun wieder zum Gange der großen Ereigniſſe zurück.

Der Wiener Hof und der Brandenburger trafen von 1677 auf 1678 in der Kriegsluſt zuſammen; beſonders galt es Holland zum Ausharren zu beſtimmen. Graf Kinsky und der Gurker Biſchof wirkten zu Nymwegen in dieſer Richtung und der Kur: fürſt feſtigt (28. Februar 1678) fein Bündniß mit Holland. Aber dieſes zeigt ſich bald den kategoriſchen Friedensvorlagen Frankreichs zu Nymwegen (Mitte April) geneigt, zum großen Aerger des Wiener Hofes und jeines Aliirten; im Juni ift die Waffenrube der

582 XVL Zug: Zom weiph. Arieden b. ;. ipan. Grbrolgetriege ı 15 iS Iran,

Generalitaaten mit Frankreich abgemadt; den 10. Auguft der Friede fertig, dem am 17. September die gleiche Abmachung ‚stanfreidhs mit Spanien folgt. Ter Kaiſer und Brandenburg iteben nun allein. Ter Kurfürft, zwiſchen Frankreich und Schweden in der Mitte, muß Alles auibieten, um Teiterreih im Kriege teitzuhalten. Xeopold I. beginnt aber zu Ichwanfen, denn die ungariiche Inſurrection it nicht bewältigt, immer unheimlicher wird Die Saltung der Pforte, immer enticheidender der Einfluß Frank- reihs nad beiden Seiten hin; im Reiche hatte man den Krieg (ängit jatt. Während tih nun der Brandenburger der Schweden im Winterteldzuge 1678—1679 tapfer erwehrt, beginnt der Wiener Hof dem Frieden mit ‚stanfreih im Namen des deutiden Reiches ſich zuzuneigen.

Schon ſeit dem Jahre 1676 ſaßen die Vertreter der frieg: führenden Mädhte im Nymmeger Friedenscongreſſe, ohne Daß es zum gedeihlichen Austrage kommen konnte. Nun ſchloß der Raijer (5. Februar 1679) ab; Frankreich behält Freiburg in Breisgau, die habsburgiſche Stadt, und das wichtige Hüningen am Rhein, es giebt dem Herzoge von Lothringen jein Land zurüd, aber unter jo demüthigenden Bedingungen, daß Herzog Karl, durd) die Vermählung mit der jungen polnischen Königswittwe Echwager K. Leopold's I. geworden, diefen Ausgleich nicht anerfannte und es vorzog, fern der Heimath, in failerlihen Dienſten zu bleiben.

Der Friede, von dem fein Zeitgenoſſe Leibnig jchrieb, „er werde die Geltalt Europa’s verändern,” an fidh eine Beitärfung der Angriffsgelüjte Frankreich (ber Nimmmweg: Friede, wie der Volks: wig jagte), hatte aber den Groll des Kurfürften von Brandenburg gegen den Kaiſer im Gefolge; denn, alleinftehend, muß er nun alle gegen Schweden erfochtenen Vortheile aufgeben und auf folder Grundlage den Frieden mit Schweden und Franfreih zu Saint: Germain en Laye (29. Juni) abſchließen.

„Ton da ab“, fchreibt der Jefuit Wagner in feiner gehaltvollen Geſchichte Leopold's I., „blieb im Gemüthe des Kurfürjten eine unjühnbare Entfremdung gegen das Kaiſerhaus.“ Cr jucht nun als beſtes Sicherheitspfand die Jreunb: {haft Ludwig's XIV., und mas er anbot, zeigt am beften die hochmüthige Antwort Frankreichs durch Pomponne: „Die deutiche Kaifertrone bringe nichts als VBerdruß, Verwirrung und feinen Vortheil; überdies jei der Kaifer gejund und jünger als der König von Frankreich. Immerhin jeien jolche Zeichen auf: richtiger Hingebung des Kurfürften erwünſcht.“ Man traute ihm nicht recht. Immerhin fam es zu einem bebeutfamen VBertrage Brandenburgs und Frankreicht vom 20. October 1679.

XVI. Bud: Vom weftph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 583

Darin erfheint Ein Punkt zunächſt von Belange; Frankreich merde bie Anſprüche Brandenburgs auf das ſchleſiſche Herzogthum Jägerndorf beim Kaiſerhofe unterſtützen. Der Kaiſer hatte nämlich die Fürſtenthümer: Liegnitz, Brieg und Wohlau 1675 als heimgefallene Lehen der böhmiſchen Krone eingezogen, dieſelben, auf welche ſchon im 16. Jahrhundert Brandenburgs Erbſchaftspläne gerichtet waren. Die Jägerndorfer Expectanz ſollte nun eine Entſchädigung Brandenburgs ſichern helfen.

Die bedenklichſten Punkte des Vertrages waren jedoch der 3. und 4. Haupt: paragraph ber Urfunde; fie gewähren den franzöfiihen Truppen Marjchfreibeit dur) brandenburgijches Gebiet und Aufnahme in defjen Feſtungen und ver pflidten den Kurfürsten bei der eventuellen Kaiſerwahl dem Könige oder dem Tauphin die Stimme zu geben, feinen Einfluß bei jolher Wahl zu ver- wenden, und, falls diejelbe nicht durchzufegen fei, nur im Cinvernehmen mit jranfreihh zu wählen. Ludwig XIV. verfpricht ala „beſonderes Zeichen feiner Freundſchaft“ dem Kurfürften jährlich 100,000 Livres für 10 Jahre zu zahlen.

Das war die Zeit, in welcher auch die Wirthichaft der fran- zöfiihen Reunionsfammern anfing. Groß war der Unmille im Reiche gegen den Kurfürften Friedrich Wilhelm, der „das Ver: derben Deutichlande wolle.” So weit war es bei der Spannung und inneren Unnatur der fchwebenden Verhältniffe gefommen.

3. UngarnsBiebenbürgen und die Pforte (1658-1664).

Literatur (vgl. allg. 8. u. 1. Abſchn.) Montecuculi, Commentarii bellici (Wien 1718); urfpr. italienifch geichrieben; über die beffere Wiedergabe in den Mier. des Sefuiten Heveneffi j. Katona XXXII. Commentarii de ratione belli cum Turcis in Hungaria gerendi (Gräz 1716); vgl. Opere di Raimondo Montecucoli corette accresciute ed illustr. da Giuseppe Grassi (Turin 1821); Zrinyi M. munkai (die ſämmtl. Werke Nifl. Zrinyi’s, darunter: die gegen Montecuculi gerichtete Schrift und die Polemik gegen das „türfiiche Opium“ (Afıum), ober die das jtändifche Selbitgefühl einjchläfernde Wirkung der Türkenherrſchaft) 5. v. Kazinczy u. Toldy (Reith 1852); Ortelius redivivus II., die fiebenbürg. Quellen a. a. O., inöbef. Kemeny, Krauß, Bethlen, Rhedey, Szalärdy die Jundgruben v. Kemeny:Traufcenfels, Török magyarkori okmänytär] die Briefe Vitnyédy's (f. o.), Brief Weffelenyi’s (Palatin) an die Neograber Ge: ſpanſchaft 1663—1666 (tört. tar XL Bd. h. v. Nagy); (vgl. Raͤth's Publ. mehr. Briefe des Palatin im Uj magyar museum 1854). ine intereilante Gharakteriftif der ungarifchen Xerhältnifje Tiefert ber holländiſche Gelehrte Tollius, der um 1660 Ungarn bereifte, bei Zrinyi einfprad und namentlich das ober: ungariihe Montangebiet befichtigte, veröffentlicht in feinen Epistolae itinerariae (erſch. 1700 zu Amfterdam. V. A.) Die Zipfer Gejchichtöquellen 5. v.

584 XVI. Buch: Vom weitph. Frieden b. 5. ſpan. Erbfolgekriege (1648— 1700)

Wagner (die Leutfhauer Chronik in biefem Th. nad Hdichrr.) Eine namentlich culturgeſchichtlich ſehr beachtenswerthe Quelle, weldhe Wagner nur in einem furzen Bruchſtück aus dem Original-:Drude von 1683 mittheilt. und die Seivert recht dankenswerth neu herausgab (Leipzig 1854), führt den Titel: „Unga-= rifher oder Dacianifher Simplicijfimug, vorftellend feinen wunder: lichen Lebenslauf und ſonderliche Begebenheiten gethaner Reifen; nebenft wahr: bafiter Beſchreibung des vormals in Flor geitandenen und öfters verunrubigten Ungerlandes; ſodann dieſer ungarischen Nation ihrer Sitten, Gebräuche, Ge— mwohnbeiten und führenden Kriege. Denkwürdig und Tuftig zu lefen. Heraus: gegeben von gedachtem dacianifchen Simpliciffimus.” Er jelbft ftelt ſich in Der Einleitung neben den „deutſchen“ (erich. 1669) und „franzöſiſchen Simpliciſſimus“. Die darin behandelte Zeit fallt zwifchen die Jahre 16956—1662. Die unge mein feltene Fortſetzung des dacianiſchen Simpliciffimus, die auf dem Boden der Türkei fpielt, ijt mir nie zu Geficht gefommen. Math. Bel, Notitia Hung. novae 1. 3b.; Katona, XXXIII. Bd.; Feifler: Klein, 4. Bd.; Horväth, 4; Szalay, 4; Hammer, ©. db. odm R., 3. Bd.; J. Bethlen, Graf (d. ältere), Mäsodik Räköczy György ideje (die Zeit G. Räföczy’3 IL), Sroß-Enyed 1829. Vgl. auch Wolfg. Bethlen, Hist. de rebus transsylvan, edit 2= recogn. suppl. praef. et ind. instr. Benkö Cibinii. 6 Voll. (1782—1793); Defterr. Militärztfchr. 1828. L: Die Feld: züge des Sf. Montecuculi 1661—1664; Wolf’3 Relationen u. Lobkowic a. a. D. Rofenfranz, I. Graf v. Sporf (Paderborn 1845). Die neuefte Monographie über Montecuculi ijt bie italienifche v. Ces. Campori (Florenz 1876). Kurz war der Siegesraufh Georg Räföczy’s II., von welchem erfült er der zürnenden Pforte die Einnahme Krafaus (Ende März 1657) meldete. Bald wendet ſich das Blatt, Guſtav X. muß gegen die einbrechenden Dänen fein eigenes Neich ſchützen, noch beſetzt Rakoczy Warſchau (27. Mai); aber die Polen ermannen fih, der Feldherr Lubomirski bridt Mitte Juni in die oft: ungarischen SHerrichaftsgebiete Räaköczy’s ein und rechtfertigt dies durch das Manifeft vom 19. uni. Die Kaijerliden unter Haß: feld unterjtügen den König Kafimir, die Türkei, gegen den Fürften unverſöhnlich geftimmt, bietet ein Tartarenheer in jeinem Rüden auf; feine Sendboten waren zu Stambul in die „Sieben Thürme” geworfen worden. Den 21. Juni hatte Näföczy den Polen Frieden anbieten lafjen; einen Monat fpäter muß er einen demüthigenden Zmwangsvertrag mit dem Heere des K. Kafimir bei Gzarnaftroi eingehen, um nur fo bald ale möglich heimzufommen, denn in Siebenbürgen fteht Alles auf dem Spiele. Schon war unter feinen Truppen die Entmuthigung eingerifjen; der Fürſt über: giebt ben Befehl ur an Fohann Kemeny und eilt nad) Siebenbürgen; fe Heer wird ſammt bem Feldherrn m zur Waffenjtredung gezwungen

XVI. Buch: Vom weftph. Frieden b. 3. jpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 585

und gefangen abgeführt (31. Zuli), ein vernichtenber Schlag für ihn und ganz Siebenbürgen.

Räksöczy beruft den Landtag nach Szamos-Ujvär auf ben 2. September, jeine Vollmachtträger müffen die bitterften Normürfe der Stände hören. Man jendet dann Botſchaft an den Sultan; dieſer befiehlt eine neue Fürſtenwahl, denn Räföczy fei abgefett und den Ungehorfan würde der Tartarenchan ftrafen; diefer ermahnt von Baktſchi Serai aus (10. September) die Siebenbürger, dem Gebote des Großherrn nachzukommen. Ende October verfammeln fi nun bie Stände in Weißenburg und mählen unter dem Zwange ber Berhältniffe, troß aller Zufagen Räföczy’8, den Magnaten Franz Rhédey zum Fürften des Landes (2. November); berfelbe meldete den 20. December feine Mahl der hohen Pforte. Georg Räföczy hielt jeboch an der Hoffnung, den Thron dennoch) wieder erlangen zu können, krampfhaft feft; am Tage zu Media fch (Januar 1658) verfucht er den nachgiebigen und minder Hochftrebenden Rhédey zur freiwilligen Abdanfung beſtimmen zu lafjen.

Räköczy's erregte Leidenfhaften und die Beforgniffe der Stände fuchten Beruhigung im Trunfe; es berührt widerlich, wenn wir in ben Tagebuche Frank's leſen: „Zu bemerken iſt, daß den 26. Januar der Fürjt gemaltig tranf; den 27. Januar famen wir nach eingenommener Mahlzeit meiſtentheils betrunfen zufammen; daher wurde nicht? beſchloſſen. Den 28. Januar fommt man um 3 Uhr Nachmittag zufammen aber weinſchwer: daher wird nichts Gewiſſes be- ſchloſſen.“

Aber die Pforte bleibt trotz des unterwürfigen Bittgeſuchs Räköczy's (12. Februar 1658) unbeweglich, obſchon in der That ihm Nhedey wieder den Plag geräumt hatte. Die Ankunft der einftigen Bundesgenoffen und „Vaſallen“ Näföczy’3, der vom Tartarendan vertriebenen Woimoden der Wallachei (Konit. Scherban) und Moldau (Stephan Giurgi) als Flüchtlinge in Siebenbürgen jtellte dem Fürften Räköczy nichts Gutes in Ausficht.

Muftafa Bey erflärt (3. Mai) an Franz Rhädey, von einer Wieberein: ſetzung Räköczy's könne nicht bie Rede fein, und der Sultan entbot dieſen vor fein Angefiht; da könne er fich rechtfertigen, wenn er ein loyales Gewiſſen habe. Die Tartaren verwülten bald das Burzenland und die Nachbarichaft; fie er: jheinen (Ende Auguft 1658) vor Hermannftabt ; e8 muß fich mit großer Summe Geldes vor der Vernichtung bewahren. 18,000 Gefangene wurben von dem Landesfeinde fortgefchleppt, es waren entjetliche Augenblide. Die Gefandtichaft der Siebenbürger an den Großvezier, mit Ahaz Barcjay an der Spike, war den 7. September im Türfenlager vor Zend erfhienen; fie muß harte Worte vernehmen. Der fünftige Landestribut fol ftatt 15,000 nunmehr 50,000 Soldgulden betragen, eine große Kriegsentichädigung gezahlt werben; man müſſe gehorchen lernen, fonjt ftünde dem Lande eine neue Verwüftung bevor. Den 14. September ernennt die Pforte Barcjay zum Fürjten des Landes; am 4. October übergiebt ihm die türkiſche Botſchaft die Injignien der Fürſtenwürde, drei Tage fpäter Buldigen ihm die Stände. Barcſay erflärte an Räköczy, er übernehme nur interimiftifch das ſchwere Amt; bie Stände beichließen die Er:

XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1648-—1700). 587

Heer bei Gyalu am Szämos; tödtlich verwundet, entrann er mit Wenigen dem Berderben. Den 6. uni ftarb Näföczy II., ber Aubeloje, in Großmwardein. Er hinterließ eine Wittwe, die ins— geheim Katholifin geworden war, und den unmündigen Sohn Franz Rakoczy (I).

Für Ungarn und die Taiferliche Politik mußte dieſes Anjchwellen der Türkenmacht in der fiebenbürgiichen Frage eine drohende Gefahr werden. General de Souches erjcheint mit einem Eleinen Heere an der oberen Theiß; die oberungariihen Etände wenden fih an den Sailer in Bezug der Nettung Großwardeins und der Gejpanichaften Szatmärs und Szabolcd. Die Kaiferlichen bejegen Kaſchau, Kallo, Tokaj; de Souches fordert von dem Ofener Vezierpafcha die Schonung diejer Gegenden, diefer antwortet: er werde bald genug erjicheinen und die Staiferlihen von der Theiß zurückwerfen.

Bald Fällt Großmwardein den Türfen in die Hände (27. Auguit 1660), ein neuer und widtiger Stüßpunft der Herrſchaft des Halbmondes in Ungarn.

Die Pforte befitt nun an Kanifha, Stuhlmeifenburg, Gran, Erlau, Großwardein, Temesvär und Eſſek ftarfe Stütpfeiler ihres. gewaltigen Umkreiſes in der Richtung von Weften nad Often und als Schlüfjel zum Ungarnlande Belgrad, während der Schwerpunft der Macht in Ofen ruht. Seit 1610, unter Sultan Ahmed, zerfiel das türfifhe Ungarn in 4 Ejalets oder Paſchaliks: Ofen, Temeßväar, Kaniſcha und Erlau mit 25 Eandichafaten. Sept trat ein fünfte, das Großwardeiner, hinzu.

Die Faiferlide Herrſchaft beſaß Hauptieitungen an Raab, Komorn und Neuhäufel im Weften, an Szatmär in Oſten; außerdem gab ed in dem ziemlih ſchmal nah Oſten zulaufenden Streifen des oberungarifchen Landes: gebietes der Habsburger einige bedeutenbere Waffenpläße, wie z. ®. im Weiten: zreiltabtl a. d. Waag, Lewenz; im Oſten: Putnok, Onod, Tofaj, Nagy: Källö, Nagy Käroly; im Naabgebiete: Räpa, Kapuvär, Oedenburg, Särvär; im Donaugebiete: Klein-Komorn, Egerizeg, Weiten, Veßprim u. 4.

Eine [hlagfertige, ftarfe Armee hätte gegen die Türfen viel aus: richten können, aber eine folche gab es nicht; es Foftete ja, wie wir fehen werden, die größten Schwierigfeiten, die Faiferlihe Solbatesfa in den Gomitaten unterzubringen, man jträubte ſich fo lange als möglich, empfing jie voll Miß: trauen, ja feindjelig. Dazu tritt die ungemeine Schwierigfeit der Kriegs: führung in einem ftraßenarmen und in feuchter Jahreszeit mit grundlojen Wegen ausgeitatteten Lande; beſonders gilt dies vom ojtungarijch-fiebenbürgijchen Grenzgebiete; endlich darf ber Unbotmäßigfeit ber oft fchlecht gezahlten, ftetd zur Meuterei neigenden und wilden Solbatesfa nicht vergefjen werben.

Barclay war nun wieder Fürft des Landes, aber verachtet bei den Seinigen und vom tributheifchenden Türken wie ein wort:

588 XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700).

brüdiger Sklave behandelt; die Siebenbürger hatten Großwardein retten wollen, indem fie die Bedingung, daß es dem Sailer Treue ſchwöre und feine Beſatzung aufnehme, Ungam gegenüber eingingen. Die Rettung blieb aus, Großmwardein mußte capituliren, e8 ward eine Beute der Türfen, wie wir bereits ſahen.

Die Siebenbürger in ihrer tiefiten Bedrängniß hoffen von Johann Kemeny ihre Nettung. Gegen Barcfay war Aufruhr, namentli unter den Szeklern, ausgebrochen. Im December 1660 fommt es zum Landtage in. Sz. Regen. Gemeinfam mit Barcjay hatte ihn Kemeny berufen; dieſer erklärt, abdanten zu wollen, wenn es der Wunsch’ des Landes ſei; in der That wählen die Stände den 1. Sanuar 1661 Kemeny zum Füriten. Barclay verjucht gegen ben neuen Fürften neue Ränke, der Mediafcher Landtag (April) ächtet ihn, und Kemöny läßt den Nebenbuhler und deſſen Bruder ent: haupten.

Aber die Türken unter Ali-Paſcha nöthigen bald Kemeny, aus dem Lande an die Theiß zu flüchten und hier die Verbindung mit Montecuculi abzumarten, der nun an der Spitze der Kaiferlichen die Aufgabe bat, den Fürften Siebenbürgens zu unterftügen. Denn gleih nah Kemeny’s Wahl jchrieben der Palatin und Primas Ungarns an die fiebenbürgijchen Stände, fie künnten auf nachbar—⸗ liche Unterftügung ficher rechnen. 10,000 Mann hatten die Ungarn durch den Palatin Weffelenyi zufichern laffen: es fand fi) nur eine Handvoll Reiter ein! Sigbert Heifter, Commandantin Szatmär, jollte Kemeny zunächſt die Hand reichen, Graf Rihard Stahrem: berg an der Theiß Stellung nehmen, das Hauptheer unter Monte: cuculi (10,000 Mann) gegen Gran uud Dfen operiren. Der Hoffriegsrath, von den Ungarn beftürmt, befahl nun, daß auch der Oberfeldherr an die Theiß marjchieren ſolle. Meontecuculi fträubte fich, denn er war überzeugt, Siebenbürgen müſſe in Ungarn erobert werden; aber er fügte ih. Den 30. Auguft ſtand Montecuculi bei Szatmär.

Die Türken ziehen fi zurüd, Montecuculi und Kemeny folgen ihnen gegen Klaufenburg; Ali-Paſcha weicht nah Maros-Bäjär- hely zurüd.

Hierher war von dem Türkenfeldheren ſchon Ende Auguft ein neuer Wahllandtag entboten worden, den, eingefchüchtert, die Stände, vorzugsweife die Sachſen, Kronſtadt ausgenommen, beſchickten. Die Türken ſuchen um jeben Preis einen neuen Fürften; Ali wollte dem Sadjenbifhof Hermann, dann dem Pfarrer von Bodendorf die Würde anhängen; der Dfener Paſcha fei mächtig und der Sultan

590 XVI. Bud: Tom weftph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgekriege (1648— 1700).

Sehr viel ct verbreitet barüber bie Botihaft des kaiſerlichen Nefidenten bei der Pforte (vom 22. April 1662). „Ach fürchte, day ein graufamer Krieg bevorfteht und ein Brand auflodert,“ hatte ihm der Tſchauſch bes Großveziers geiagt; der Kaifer möge überzeugt fein, fchreibt Reninger, daft die Pforte den Krieg wolle; jie werde in nicht? nachgeben, von nichts ablaſſen, auch von ihren SU gegen den Wortlaut des Friedens befeſtigten Plätzen nicht. Vor Allem bejtünde fie darauf, daß die vom Banus Niflas Zrinyi dem türfiichen Kanifcha gegenüber erbaute Feſtung demolirt und der vom faijerlichen Kriegsvolfe um Ofen verübte Schaden erjegt werde. (68 war died Zrinyivar (Serinwar), das Lieblingämerf des tapfeın ZTürfengegners, 1661 im Hoch— fommer vollendet; er ſelbſt hatte am Baue eigenhändig mitgeholfen. Nichts werde die Pforte außliefern, feine Bejakung des Kaiſers und feinen von ihm erhobenen Fürten im Lande Siebenbürgen dulden. Frankreich betradhte den Türfenfrieg als feinen Plänen gegen das deutſche Reich ungemein förderlich. Unaufhörlich träfen Spahis aus Alien ein. Die Iartaren würden mit Ruſſen und Kojafen Frieden fchließen, um für den Türfen verfügbar zu werden.

Ahmed Köprili, der Triegeriihe Gegner Defterreihs, rechnete auf die politifche und confeffionelle Unzufriedenheit Ungarns; fie war in vollem Gange. Schon der Preßburger Tag vom Jahre 1659 brachte Bejchwerden vollauf, vor Allem die der Proteftanten. Sie fürdten eine allgemeine katholiſche Reftauration, ge tragen von der römiſchen Hierarchie, von den „papiftiihen” Mag: naten und vom Wiener Hofe.

Noch erregter geitaltet ſih unter dem Eindrude der Vor- gänge in Siebenbürgen und des mißglücten Heereszuges Montecuculi’s der Reichstag vom Mai bis September 1662.

Neben die Beichwerden der Proteftanten Stellt ſich die hart: nädigite Forderung der Ständetafel auf Entfernung der deut: hen Bejagungen. Um diefe Forderung auf ihr richtiges Maß zurüdzuführen, möge bemerkt werden, daß nad) actenmäßigen Aus: weile vom 2. Auguſt 1662 auf 16 feite Pläbe des ganzen Taijer: lichen Oftungarns 3300 Reiter und 5200 Fußknechte, auf 24 Orte Weitiingarns 1500 Reiter und 3751 Fußknechte, und auf ganz Donauungarn mit 12 Waffenplägen 40 Compagnieen mit reifigemn Zeug vertheilt erfcheinen.

Die Proteftanten begehrten vor Allem Grledigung ihrer Religionsbeſchwerden, dann wollten fie mitberathen, die Ratholifen zunächit den Abzug der Deutichen aus Ungarn; hart gerathen die Reli- gionsparteien an einander. Die Proteftanten zählen auf das Ericheinen des Banus Zrinyi, ber, obſchon Katholik, als entichiebenfter Autonomift und Oppoſitionsmann für ihre Sorberungen einzutreten gewillt it.

XVI. Bud: Bon weſtph. Frieden b. 5. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 591

Es liegt in diefem Manne, dem Enkel des Bertheidigers von S;igeth, dem Sohne Georg’s Zrinyi, eine unleugbare Bedeutung. Geboren 1. Mai 1618, früh mit dem Türkenkriege vertraut, 1646 im kaiſerlichen Heere gegen die Schweden auf mährifcher Erde genannt, dann Banus geworden, verfügte Nikolaus über eine unter jeinen Landsleuten und Standesgenofjen ziemlich jeltene allgemeine Bildung ; über eine fcharfe Feder und als tüchtiger Latinift und Freund claſſiſcher Dichtung über das, was man poetiiche Ader nennt. Sein Epos „der Untergang Szigeths“, feiert den Großvater, aber auch den Chrijtenglauben im Kampfe gegen den Erbfeind. Die idyllijchen Dihtimgen, wie 3. B. die Syrene des Adriameeres, Ariadne, Orpheus, wie wenig auch unjerem Geſchmack behagend und eigentlich poetiſch, verdienen Erwähnung.

Croat und Magyare zeigen fih in ihm verjchmolzen zum rüdfihtslofen Verfechter ungarifher Ständefreiheit. Kampfluftig, ein Meilter des Kleinen Kriegs, voll Ehrgeiz und leidenjchaftlicher Haft, ſchwer verträglih, aber ein vornehmer Charakter, der nied— tiger Mittel unfähig ift, jo ftellt ſich Banus Zrinyi, der Abgott Vitnyédy's, der feurige Ungar, Autonomift und Kriegsmann, von Natur ohne Schule, dem Wiener Minifterium Porzia und vor Allem dem Methodiler Montecuculi gegenüber, dem „böjen Kufuf”, dem „Wiener Perjpectiv”, wie die ‚ungariſche Oppofition und ihr Hauptorgan Vitnyedy Tpöttelten.

Der faiferliche Feldherr weift die Angriffe gegen jeine Kriegs: führung in einer langen Vertheidigungsſchrift zurüd, Falt, vornehm. Zrinyi ‚antwortet darauf in einer lafeinifhen, namenlojen Flug: ſchrift mit beißendem Hohne und ſchickt bald die zweite „das wider das türfiihe Opium wirkſame Heilmittel“ in magyarifcher Sprade nad; fie ift die Poſaune für die fräftige Erhebung des Ständethums aus ‘dem einfchläfernden Opiumraufche der Türken: gefahr. Seine Worte, die er an die Akatholiſchen richtete, als fie unzufrieden (2. September) den Reichstag verließen: „Sch befenne mid zu einem andern Glauben, aber Eure Freiheit ift auch die meinige, das Euch zugefügte Unrecht ift auch mir angethan” ... mußten in den Kreifen der proteftantiichen Oppofition weithin ver: nehmbar jein.

Dieſe Oppofition wurzelte vornehmlich in den 13 meift prote- - ftantiihden Geſpanſchaften Oberungarns; ihre Botichaft nah Wien gegen die ohne ihre Ammwefenheit abgemachten Reichs: tagsbejhhlüffe wurde von Borzia an den PBalatin Wefjelenyi ver: wiefen und fcharf einbegleitet.

592 XVI Buch: Vom weitph. Frieben b. 3. ſpan. Erbfolgefriege (1648—- 1700).

Der Türkenkrieg war fo gut wie fiher; das Wiener Cabinet bot Alles auf, um ihn hintanzuhalten, aber vergebens ; ſchon im März 1663 erhob ſich der Sultan und der Großvezier mit 12,000 Mann von Adrianopel, im Juni ftand er vor Belgrad; Nenninger, der faijerliche Botjichafter, befand fi im Lager des Groß: herrn. Kammerrath Beris, den die Pforte 1662 jo verlegend behandelt und Goes, welche in Temesvär den ganzen Winter hin: durch erfolglos diplomatifirt, erwarten ihn hier, um dem Hofkriegs— rathspräfidenten Xobfomic die Forderungen des Sultans zu hinterbringen. Sie waren jo geartet, daß eine Annahme unmöglich) fchien, denn man verlangt die Räumung Siebenbürgens, der Feſtung Szefelyhid und die Zerftörung Zrinyivär’s, überdies 30,000 Ducaten Tribut. Auch die Spätere Abänderung diejer legten Forderung war nicht annehmbarer.

Als die Türken anrüdten, befanden ſich kaum 6000 Mann faiferliche Truppen über ganz Ungarn veritreut. Es war ein Glüd, daß die Langjamkeit der Türken im Anmarjche von Belgrad einige Zeit den Taiferlihen Rüftungen offen ließ; hatte doch die Pforte den grbgen PVortheil, in zwei Drittheilen Ungarns feite Plätze und Be- fagungen inne zu haben, ferner über den neuen Fürften Sieben- bürgense M. Apafi als Vafallen und ein ungeheueres tartarijches Hülfsheer verfügen zu Tönnen.

MWürdigen wir nun die Maßregeln der Bertheidigung.

Im Mai Hielt Montecuculi den eriten großen Kriegsrath in Wien ab. Tie Rabnig und Waag wurden ald Umfangslinien der Vertheidigungsbafis feitgejtellt.

Am 7. uni ward die allgemeine Infurrection im Reichstage ver- fügt; aber fie jei erjt Mitte Juli möglich und bis dahin aud) die Aufnahme einer Faiferlihen Armee unftatthaft. Den 15. Zuli rüdten endlich die Truppen im Hauptlager bei Unter: Altenburg ein, ed waren zunächſt nur jechithalb Taufend Mann. Unter foldhen Berbältniffen erſcheint auh Montecuculi's Schreiben an den Hofkriegsrath (24. Juli 1663) ungemein arafteriitijch: „Sreellenzen! Aus unterthänigfter Hochachtung, welche ich für ben Faijerlichen Dienft trage, in welchem ich 36 Jahre ununterbrochen zubringe, ohne einen einzigen Feldzug ausgelaſſen zu haben, bequeme ich mich gegenmärtig dazu, mit einer Partei von 4000 Pferden den Eroaten zu maden; ich opfere Alles den allergnädigften Befehlen St. Meajejtät, jobald fie mir Mar fategorifch und aus: führbar gegeben werben.“

Ende Juli brachen bie Türken, über 120,000 Mann ftarf, von Ofen gegen Neu⸗ häuſel vor und erbrüdten bie ihnen unter Forgäc fich entgegenwerfende Mann {haft (7. Auguft). Tas Ergebniß des Feldzuges, in welchem unter Monte: cuculi’3 Befehle Die GeneraleSport, Heifter und Schneidau inben Vordergrund

XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 593

treten, wirb uns erflärlih, wenn wir bedenken, wie gering die faiferliche regu- läre Truppenmadt war, und baß bei der allgemeinen Verwirrung und Angit, andererfeit3 unter dem Cinfluffe der ſchlechten Stimmung auch die Inſurrection oder das Landesaufgebot beijpiellos Häglihen Erfolg hatte. Der Palatin fand, als er bei Wartberg, zwiſchen Preßburg und Tyrnau, den 24. Auguit anlangte, auf dem anberaumten Sammelplate nicht Einen Mann vor, und erſt Mitte October erihien der Banus Zrinyi, Oberfeldherr bes Aufgebotes, mit 15,000 Mann regulären und Infurrectiondtruppen bei Komorn; Montecuculi und bejjen Armee von 11—12,000 Mann zur Seite. Dabei müfjen wir in Rüdficht ziehen, mit welch gereizten Empfindungen ber fchlagfertige, eigenwillige Banus und ber methodijch bedächtige Feldmarſchall, die eigene große Verantwortfichkeit im Auge, einander im Kriegsrathe begegneten; und wie ſchwer ba bie Rollen: vertheilung zwiſchen Montecuculi, Zrinyi und dem Palatin fich geitalten mußte.

Leicht konnte da bie türfijche Uebermacht das weltliche Bergland überſchwemmen, Neutra, Leva, Galgöcz, Szecfee, Neogräd u. a. DO. ein: nehmen und verwüften; die Tartarenſchwärme bi8 nah Mähren einbrechen laffen, mofelbft de Souches ald Befehlshaber und Vertheidiger des Landes feine Schuldigfeit that.

Daß e8 an mutbiger Bertheibigung feiter Pläte nicht fehlte, beweiſt die Ausdauer, mit welcher ſich die Feſtung Schintau und das Kajtel Frei— ftadtl an ber Waag hielten. Auch die Geihichte der Belagerung von Neun: häufel, des koſtbarſten Bollwerfes im nördlichen hab3burgifchen Ungarn, mo Forgäcs und Oberſt Pio bad Commando führten, Wochen lang mit ihren 5—6000 Mann (darunter 1200 Ungarn), dem Anftürmen ber ganzen Türken⸗ macht die Spite boten, und eine ehrenvolle Gapitulation erit eingingen, als Meuterei auszubrechen drohte und die Mannſchaft auf ein Dritttheil berunter- gefommen war (27. September), macht begreiflich, daß es dann ein ſchwieriges Stüd Arbeit Eoften mußte, ben Punkt zu finden, mo das Verdienjt aufhört und die Schuld beginnt, Mißgeſchick und Fehlgriff einander ausſchließen. Der Aus- gang bes Friegsrechtlicyen Proceſſes gegen Forgäcs ſpiegelt am beſten dieſe Schwierigkeit ab.

Der Fall Neuhäuſels in Türkenhand, als das End— ergebniß des Feldzuges, rief nun aber eine ſchwere Anklage der öffentlichen Meinung gegen Montecuculi wach, daß er den Ent- ja diejer Hauptfeftung nicht erzwungen habe. Der Taiferliche Ober: feldherr fand fi genöthigt, einen ausführlichen Bericht als Recht: fertigung in die Hände des PBrincipalminifters Porzia zu legen. Die Oppofitionspartei bejaß jedoch darin einen willlommenen Halt zu ihrem ſchonungsloſen Berdicte über Meontecuculi; dagegen wies fie auf den nationalen Helden, den Banus Zrinyi, als Sieger in mehreren Treffen über Abtheilungen des Osmanenheeres vor Serinwar und an der Donau mit ftolzer Befriedigung hin.

Vergleichen wir das Aufgebot der Türkenmacht mit deren

Krones, Gel. Oeſterreichs. IIL 38

594 XVI. Bud: Tom weitph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1648— 1700).

Leiftungen, fo war der Erfolg nur in Bezug Neuhäujels bedeutend, aber Ahmed Köprili fonnte auf die jtrategiihe und moraliide Rüd- wirkung diejes Erfolges für das nächſte Kriegsjahr ftolze Hoff: nungen bauen. |

| Hieher, in das Lager vor Neuhäufel, batte er Apaffy, den Vaſallen der Pforte, berufen; diefer erichien zögernd, die Aus- fiht auf die Fürftenwürde Ungarns follte ihn um fo dienft- williger machen. Unter feinem Namen ericheint ein Rundjchreiben an die Ungarn, worin Allen Freiheit und Sicherheit verbürgt wird, die fi) der Gnade des Sultans gefügig beweifen würden. Der Palatin ertheilte in feinem Antwortichreiben dem Fürſten Apaffy eine fehr derbe Abfertigung, worin fih die wirkſame Stelle findet: „Dit der Freiheit Siebenbürgens habe es ein munderliches Be— wandtniß, da man wiſſe, daß ſich dort um ein paar gute farmoifin- rothe Gzismen 7 Fürften um die Wette abmühten!” Ein faifer- lides PManifeft vom 10. November (1664) ermahnte zur Treue und ftellte namhafte Hülfe des deutfchen Reiches in Ausficht.

Ahmed Köprili hatte den Faijerlichen Botichafter Goes von Ofen mit der Botſchaft entlaffen, er werde nächſtes Jahr Wien jeinen Beſuch abitatten und 100,000 Türfen mitbringen. Es läßt fi nun nicht leugnen, daß feit December des Jahres 1663 eine außer: ordentlih rege Thätigkeit in den kaiſerlichen Rüftungen zu Tage tritt. Man war fi) der ganzen Größe der Gefahr bewußt; nad) allen Richtungen erließ der Wiener Hof Aufmahnungen zur Hülfeleiftung gegen den Erbfeind, an das Reich, an den Papſt, an England, Schweden, Dänemark, auh an Franfreid, das aus Anftandsrüdfichten und im Hinblid auf die Stellung zu Deutſchland die türfenfreundlide Gefinnung barg und -Kriegshülfe verſprach. Mit Apaffy, dem Schaufelpolitifer, läßt der Kaiſer durh General Kolb und den Jeſuiten Kaſzonyi Unterhandlungen anknüpfen, und man erkennt deutlich das Beitreben des Fürſten Siebenbürgens, bei dem ansbrechenden Entjcheidungsfampfe in gevedter Stellung nach beiden Seiten bin zu bleiben.

Ten 18. März 1664 jtanden in der Hauptarmee Montecuculi'3 28,000 Mann; 8500 bildeten bad Corps bes Feldzeugmeiſters de Soudes; 16,900 Mann die Streitmacht des Feldmarfchall-tieutenants Strozzi und des General: Lieutenants Hohenlohe, an 12,500 Manı lagen in Bejagungen vertheilt. Mit den Ungarn unter Franz Nädasdy, den deutſchen Truppen unter bem Reichsfeldmarſchalle Prinzen Leopold Wilhelm von Baden, den ungariſch-croa⸗ tiihen Schaaren unter dem Banus Zrinyi, Batthbiany u. A. konnte auf eine Geſamnitmacht von 62,000 Mann gerechnet werden. Auch 5000 Franzoſen unter einem Goligny und la Feuillade fließen dann zum Heere.

596 XVL Bud: Vom weilpb. Frieden b. z. fpan. Erbfolgefriege (1648-1700).

liche Botichafter im Lager des Großveziers, Nenninger, in voller Unfenntniß der Sachlage und aus eigener Willfür gehandelt.

Die Hauptpuntte besfelben bejagen:

1) Siebenbürgen mwirb ſowohl von ben kaiſerlichen als türfifchen Zruppen geräumt.

2) Apaffy erlangt von beiden Theilen bie Anerkennung als Fürſt Sieben: bürgens. 3) Nach Apaffy's Tode fällt an bie Siebenbürger daB freie Wahlrecht zurüd. 4) Szatmär und Szobolcd mit den Hajdulfenftäbten bleiben im Beſitze Leopold's L 5) Der Türfe behält dagegen Neuhäufel, Neogräd und Groß- wardein. 6) Szefelyhib wird zerjtört; Serinwar bleibt in Trümmern. 7) Der Kaiſer Tann zum Schube des Waagthaled ald Erjak für Neuhäufel eine neue Burg erbauen (Leopolditabt, 1665 begründet). 8) Binnen vier Monaten ſendet der Kaifer an den Sıltan ein Geſchenk von 200,000 Thalern, ba8 der Großherr mit einem Geſchenke erwidert. 9) Der Friebe dauert 20 Jahre und die jonftigen Satungen des Vertrages von Zjitvatorof (1606) bleiben in Kraft.

Den Sclüffel zu diefem Frieden boten die Anſchauungen des Wiener Hofes von der Sachlage in Ungarn.

4. Die ungarifhe Magnatenverſchwörung und ihre Folgen bis zur Walfenerhebung Tökölys (1665-1679).

Literatur (vgl. d. allg. u. d. 3. Abſchn.)

1) Magnatenverfhmwörung. Hauptquellen und Bearbeitungen: Beſchrei⸗ bung ausführ: und wahrbaftige, wie e8 mit denen Griminalprocefien unb darauf erfolgten Grecution wider die Graffen Franzen Nadasdi, Peter von Zrin und Franz Chriſtoph von Frangepan eigentlich ergangen (mit 12 Kupf., Fol. Wien 1671); Beichreibung, wie e8 mit den Criminalprocefjen und Exe— eution wider Johann Erasmus von Tattenbach bergangen (Wien 1672). Bel. in letzt. Bez. Bedmann, Idea juris statut. Graecii 1688, f. 87 ff.); Histoire des troubles en Hongrie, 2. A. (Paris 1686); Korneli, Fragm. hist. Hung., IL; J. Bethlen, Hist. Transs. II; %. ®agner, Hist. Leop. magni, caes. I. (1719); vgl. Rint, a a. O., I. 3b.; Lünig, Litt. proc. Europae UI. (Zriny’3 Vertheidigung); Katona, XXXII. (jehr viel Material und gut gefihtet); Pray, epp. proc. r. Hung. 3., vgl. aud) Feff: ler: Klein, 4. Bb.; Horväth, 4.; Szalay, 5. (manches Handſchrr. benützt); Majläth, öſterr. Geſch. 4. (aktenmäßig); Frh. von Hammer-Purgſtall, Die Galerie auf der Riegersburg, hiſt. Roman mit Actenſtücken und Urkunden, DO. 1845, ©. 266—278 und Urk. Anh., ©. 310 ff. (bruchſtückw. Wiedergabe v. Arhivalien); Puff, Bericht einiger gefchichtl. Irrthümer, die Verſchwörung bed Grafen Zattenbad) in ber Steiermark betreffend. Deflerr. Blätter f. Litt. u. R., 5. v. Schmibl (1848, ©. 29); Beitr. 5. Kenntniß des Verſchwörungs⸗

XVI Bud: Rom weſtph. Frieden b. 3. ſpan. Erbfolgefriege (16483—1700). 597

procejjed der Grafen Tattenbach, Zrinyi, Frangepani, Marburger Taſchb. 1859, 168—205; Krones, Actenmäßige Beiträge zur Geh. des Tattenbach’fchen Prozeſſes v. J. 1670. Mittd. d. Hift. Ver. f. Steiermark, 12. Heft, 1863, ©. 83—112 (Mater. des Soann.- Archivs); Aler. Szilägyi, Zrinyi Peter &s tärsai ligäja (das Bündniß Peter Zrinyi's u. ſ. Genoffen), (Leipzig 1867); A. Wolf, Lobfomic (1869, 236—284, actenmäßig). Eine der neueſten Berei- cherungen erfuhr die ganze Frage durch die umfafjende Sammlung von Rai: Acta coniurationem Bani Petri a Zrinio et com. Francisci Frangepani illustrantia, 5. v. d. fübjl. Afad. d. W. z. Agram (1873); Die jüngfte aus— iührliche quellenmäßige Arbeit ift die von Zul. Bauler in magyarifcher Sprache, (erich. 1876, 2 Bde.). Einzelne fiehe in Tünig, Literae proc. Europa, III.(Verth. de3 Zrinyi); Pray, epp. proc.r. Hung. III.; Kornel, Fragm. hist. Hung. Il.; Rumy, Monum. Hung. I. (Babocsay: fata Tarczalensia); Szirmay, notit. comit. Zemplin. inäbef. aber im 2. Bde. der wichtigen Briefſamm⸗ lung Vitnyebi’s, 5. v. Fabé; Hocher's Begründung der Todesitrafe ber Re: bellion gegenüber, im 8. Bbe. des Arch. f. K. öfterr. Geſch; Firnhaber, Aktenſtücke z. Aufbell. d. G. Ungarns im 17. 18. Jahrh. (3. 3. 1672); vgl. auch Bidermann, Geſch. ber öfterr. Gefammtitaatsideen (über Die leit. An» Ihanungen der öſterr. Staatsmänner in ber ganzen Frage).

2) Für bie Zeit von 1671— 1677. Broteftantifche Nachrichten: Leber dad Verfahren gegen bie Afatholifen: Simonides (Paftor zu Rimafjombat im Gö- mörer Comitate), Galleria omnium sanctorum, d. i. der „Märtyrer“ Der pro- teitantiihen Sache; in beutfcher Sprade mit Anm. im Magazin f. Geſch., Stat. u. Staatör. d. öfterr. Mon. (Göttingen 1806, LI, 146—214, vgl. die Sammlung v. Fabéô w. u.); NRaym. Rimandus, Prepburger Schul: und Kirchenverluft (1673); Joh. Burius ( 1688), Micae historiae evan- gelicorum, her. v. Paul Liner (Preßburg 1864); Chriftoph Klejch, Suc- cincta papisticae in XIIL Scepusiacis Hungariae oppidis a. 1674 institutae „deformationis“ enarratio (Geſch. der kath. Deformation in den XIII Zipfer Städten) (Jena 1679, 49 4 BU); Joh. Efänyi (Bürger v. Debenburg), Un: gariſche Chronik 1670—1704, 5. v. J. Paur im 5. Bde. des magyar. tört. tar (1858). Die Nuszüge der Leutfchauer Chronif b. Wagner, Analecta Scepusii II. (welche aber von dem Herausgeber als Sefuiten unvollftänd. und tendenziös gemacht wurden und den leider noch handſchr. Tert durchaus nicht erjeken fönnen); Ofolitfänyi, Historia diplom. de statu relig. Evange- licae in Hung. (o. DO. 1710); Math. Bel, Notitis Hung. novae, 4. Abth., reih an lofalgefch. Daten, befonbers f. DO. Ungarn in diefer Epoche (1735 bis 1742. Viennae); Ribinyi, Memorabilia augustanae confessionis in Regno Hungariae P. II» a Leopoldo I. u. a. Carolum VI. (Posonii 1789; ſehr reichhaltige Materialfammlung); Samuel Klein, Nachr. v. d. Lebendumftänden u. Schr. evangel. Pred. in allen Gemeinden des Königr. Ungarn (Leipzig und Oien 1789, I. Thl., 399 ff.); Hist. ecclesiae evangelicae August. confess. addict. in Hung. universae praecipue vero in XIII. opp. Scepusiü (Sal: beritabt 1830); Hornyanßky, Beitr. 3. Geſch. evang. Gem. i. U. (Pefth 1363); Eine jehr wichtige Quellenfammlung in dieſer Richtung veröffentl. jetzt Fabö,

ya X 7. Pr Fam meras. „reden 3... ar Märslzefzege I Tr—!Ten Yrım wargeen®mm an. rar: nRetrmım. !—. PP. kei IE mir Wer Zır3r)si, vn KIaıiinıa. wurwe rsigem. Rıräe. Zhrhın mama Zorzge.. Tee Fiagr. der sie, erde änaams en. 2. Long Kaas Dem ee, 2 wet mon alien. u. Zeden)., I. HM. ıarasrı Im. ZYImMJ rcy2L2: a ran. Zur, Mao Medi, ses Zirdsg. eisen. Rai IT27 He F. Kuaßıını, Han. te lsrlias rei. 13. 209 Lrilimıno rar 0er ande Kegteu. „weis. 3. arstet. Rise om Ingame. Ir Bas, Magens: abssar. ı. Rreimını s wann. Autlärn uder tue mir. Bamminse b. ber. onarchie ann IV, Z. lomn.

Kanfargsliiger Zeite: Kartong igigter Protit /nd Iimlardıthar nen Wensmarsen;, Vertas tor munde deriarata,. arırument) "Tran wetarılena. zarrat. Gars, rez. majestatem nen oblisari in Hanz. sectas lutheranam et ralvınam tolerare ıkaihau Ir. lı. vegen ibn zar en Ero- wupr ber zäurnspatafer Gald:ıerafaserie mit de: Zur auf: Fal»iras veri- tat foto ınunde deelarata, dgl. das fur die polemtihe Yirer. dieſes Zettr. hraurhbare Yireraturmerf nes Ltaritten Sorängt: Mem. Hungar. «t Pri,vin- raalıuem weriptis eritia nntomım (Lin 1715 1. I., 126 7.1; \09. Yapiansfi (Zorrstar Des, Karbinalersbiihors von (ran, Zzelepciengi, und notarius publiens inehens Aelegatı Poroniensis v. X. 1675). Zeiien (?) lateiniicher Tractat. erirhien 8. das qrorere Publifum deutſch bearbeitet unter folgenden: weit: langem Sitel: „Kurzer und mahrhaftıger (Yerichtsaussug, womit unveroßlen und ſonnenfſar ermieien wird, Dan die im Königreih Ungarn unlarboliichen Prabteanten nicht im Anſehen der :Heligion, fondern ber Rebellion und Aufruhr megen abgejent und des Königreiches vermwieien und auch nicht weniger erit er- mühnte Jrünicanten nicht insgeſammt, fonbern ein ieder ber \nionderheit gerichtlich in “Zarhen ühberwiejen geurthrilt und rechtmäßig verurteilt worden. Zo einem huchſe deleg. fön. Bericht zu Preſburg zugrichrieben und durch eben hochgedachten huchl. Mirichtsiecretarium (Lapſanski), ſo Amts wegen ſelbigem Verlauf per: Jöhnlichh beygemohmt, auch Alles und iedes jelbit treulich in Die Feder über— nommen, verſaſſet wornden. Ehriſtlich gedruckt zu Tyrnau i. Ober-Ungarn anno Ih sm Monat Martio, hernach im Veajo zu Dillingen (mo auch einige Jahr- ginge der Fitterne annune Soeietatis Jesu erichienen) nachgedruckt, iegund abeı bey Bieten lannenden Seiten trenlich und nüßlich zum dDrittenmale auf: delegteund gediunft i. J. TOR,“ A,

Wegen dieſen Iractat kehrte ſich von protejtantijcher Seite die Flugſchriit: Hungariſche Rräbicanten Unſchuld wider bie dreiſtigfach unwahre Re: ſhulugung, Damit, allem üUnſehen nach ein Jeſuit unter dem Namen Anbann Yaplansfi, des deleg. kön. Gerichts in Hungarn Secretarü, ganz unbeqründet, falſch und verläumderiſch fürgibt, dan Die im K. Hungarn unfath. Prädicanten nicht in Anſehung Dev Religion, ſondern dev Nebellion wegen ab: geſchaffet und des Mönigreicheo verwieſen worden, gebr. i. J. Ehr. 1675, 49 uud ein gewiſſer Joſth. Kreſtiönſiti (Pſeudonym ?) aus Freiberg () „Kurze Nachricht, eitgegennelebt dem lügenhatten Vericht, oder, wie er genannt wird, dem kurzen und wahrhaften Gerichtoauszug eines wohlgezogenen Pulli Jesuitici

XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 599

Namen? oh. Lapſanski, erzbiih. Secretarii ... . gebr. 1683; Szentivänyi (Sejuit), Curiosioria et selectioria variar. scientiar. miscellanea Decades III. I—IOI. 1. 2, (Tyrnaviae 1689—1702). Dissertatio paralipomenica rer. memorab. Hung. ex parte I. Dec. III. separate edita ib. 1699); Pethö, magyar kronika, fortg. v. d. ef. Spangär (Kaſchau, 1. U. 1734, 2.9. 1738); 3. Kazy (Jeſuit zu Tyrnau, der das Material feines fleißigen Ordens- bruders Timon außnügte); Hist. Hung., IH. Abth., 1663—1681 (Tyrnau 1738). Das Hauptwerk, ftofflih ungemein reid: Katona, Hist. crit. r. Hung,, XXXIV. 2b. (die Sabre v. 1671—1682 umfaffend); Majlath, Die Reli: gionsmwirren i. Ungarn, 2 Bde. (Regenäburg 1845).

Ueber Die politifche Gef. Ungarns in biefem Zeitraume: Venet. Relat., bh. dv. Fiedler, a. a. O., insbeſ. f. d. 3. v. 1671, fi.; Eſ. PBufendorf, Ge ſandtſchaftsbericht a. a. DO.; Török magyark, okmänytär, 7. Bd. (1871), Aktenſt. |. 1671 ff.; Bethlen, önélet iräsa (Autobiogr. Bethlen’8) a. a. O.; ob. Bethlen, Hist. rer. Transs., 1662—1673, h. v. Horänyi, 2 Bde. (Viennae 1782, 83) u. ®olfg. Bethlen, 5. v. Benkö (f. o. Lit. z. 3. Abſchn.); Tökölyi's Tagebücher (Monum. Hung. hist., II. A. 17.,18. Bd.); Le Elerc, Hist. du comte Tekeli und Vanel, Hist. des troubles d’Hongrie (1686) ; Katona, a. a. O.; Felfler: Klein, 4. Bd., Horväth 4, Szalay 4. (der auch aus Handſchrr. Ihöpft); Majläth, Geſch. Deiterr., 4. Bd.; A. Wolf, Lobkowitz (insbeſ. S. 335—361), vgl. auch Bidermann, Geſch. d. öſterr. Geſ.-St.-J. (insbeſ. die reichhalt. Noten); Szilägyi, Erdelyorsz. tört. II.; Teutſch, Geſch. d. ſiebenb. Sachſen, 2. A.

Der Eiſenburger Friede mit dem Türken findet ſeine Er— klärung nicht bloß in dem Friedensbedürfniß der ſtets in Kriegs: mitteln fehlecht beftellten Taiferlichen Regierung, gegenüber der weit überlegen erjcheinenden Waffenmacht der Pforte, ſondern aud in dem Mißtrauen des Wiener Hofes gegen die Kriegsbereitichaft und vornehmlihd gegen die politifhe Gefinnung Ungarns. Er war aber jedenfalls ein Fehler, was feinen Inhalt und die Form feines Abjchluffes betrifft, denn er gab voreilig den ganzen Gegenſtand des Kampfes, die ftrategijche Bofition und Siebenbürgen preis, fräftigte ungemein das Selbitgefühl der Pforte und bot da- durch und in formeller Beziehung durch den Ausschluß der Ungarn von der Verhandlung nicht bloß der entſchieden regierungsfeindlichen Partei und den verlogenen Freunden des Wiener Hofes in Ungarn willlommenen Anlaß zu den heftigften und gehäfligiten Anlagen, jondern brachte auch die loyaler denfenden Autonomiften in Harniſch.

Der entichloffenite aller Autonomiften und offenfte Gegner des Eifenburger Friedens, Niklas Zrinyi, der in feinem Unmuthe der Signoria angetragen haben joll, ihr mit 6000 Mann erlejener

6060 XVL ik: Im meint See ser Minze rl

Trumen m Zmm, molı ni m immer 1664 nd Bin be geben, um bier in der enberetenm unsorihen Tresen Sıelumg gezen Me Mirtreszin mE Bier Sys su neomel

In den Arnim der unserm Krrottın arte mon Dos (gerud:, szei Bebeimarriiel eb Tielantniben Issrärer ‚eriebene berrätm Me er Franz chemie Zus, Me Ungarn

immer sum Mactheile pe Alter murümn um aflcten u wolen, ber er re nad (Suurünkn Firte:, und oniererieiis Die Ertlarung des Kim Hoies: einem Drrreiiuxe Der Tütken nad dem venetianden smni fein Dindros in va Bea legen zu wein Ter Bortkorter der Kemutilt Venidic, er das relanonirt, ceischz telbit, Das er minderiens für Las weite Der Gerüdte feinerlei Anhaltspuntt aufivüren fonnte; Dob fände er den eriien (Sebeim:- ertifel glanbwurdig. Auch wir rinden ihn der ganzen Sachlage angemenen, aber nur in dem ernen Teile, nicht io in dem zweiten; denn ein io plumpes Ausihmegen monarhiider Machtgelüne umb ein tolder Kohlerglaube an die Gemwirienhaftiafeit der Pfrorte ift politiih und dipfomatiih undenkbar. Aber in Ungam meinten ge- mitte Kreiie jederzeit den Wiener Staatsttreih des Cabinetes in der Luit wie ein Gewitter veripüren su tollen.

Ter Banus, dem der Franzoſenkönig ein Geihenk von 10,000 Thalern als „Entihädigung tür ieine Güterverluite” und gewiß nit zur Erbauung des Wiener Hotes geipendet hutte, der überdies dort auch ionit mit bebenklihem Auge angeiehen ward, wollte, Wann genug, um dem Allem die Stimme zu bieten, die Reiſe nad Wien, trog mander Abmahnungen, antreten, da ereilte ihn den 16. November der Tod auf einer Eberjagd. Erbe der Stellung des Hingeſchiedenen im croatiihen Lande und natürlider Nor: mund jeiner unmündigen Stinder, wurde beiten Bruder Peter Zrinyi (geb. 1611), (Hatte der Echmweiter des Markgrafen Yranz Frangepani, „aud) ein großer Soldat an Tapferkeit,“ wie Zagredo Ichreibt, aber dem eritorbenen „nicht ebenbürtig an Credit und Haltung.” Für die Autonomiitenpartei war Niklas Zrinyi's Tod ein harter Verluft; denn fein Anjehen wog jchwer bei Sreund und jyeind. Dem Manne, den ber ‚sranzojenfönig nit der Pairsmwürde, der Papſt mit feinem Bildniſſe und der Kaiſer mit den Herzogstitel beſchenkt hatte, welchen legteren er aber „aus Veſcheidenheit“ ablehnte, dem croatiihen Mag: taten, dejien Haus Bücher, Bilder, Alterthümer ſchmückten, und dem Menſchen von vornehmer Gefinnung und Benehmungsweije, tonnte ſich damals Keiner der ungariſchen Zeit: und Standesge- noſſen an bie Seite jtellen.

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XVI Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 601

Die Delegationsjigung in Wien vom Ende November überjtrömte, wie vorausfihtlih, von Klagen. Man griff die Form des Friedensichluffes an, man forderte die Zurüdführung der unga- riihen Krone in's Land, vor Allem jedoh die Entfernung aller deutihen Truppen. Und doch waren fie es, welche vor Allem die Wehrfraft Ungarns ftügten und für deren 88 Grenzbejfagungen den deutſch-öſterreichiſchen Ländern 300,000 Gulden jährlich zu zahlen oblag. Wie Eläglih hatte fich die ungarische Perjonal: injurrection im entſcheidenden Augenblide bewährt!

Es iſt höchſt harakteriftifch, diefen Klagen den Bericht des Faijerlichen Ge: fandten an die ‘Pforte, Freihern Walters von Leslie (+ 1667), unjeres Bekannten aus der Wallenfteintragödie, gegenüber zu ftellen.

Er war zum völligen Nustrage des Türfenfriedend am 15. Mai 1665 von Wien mit prunfvoller Außrüftung aufgebrochen und im März des nächiten Jahres wieder zurückgekehrt. Wichtiger als das, was die „geheime Relation” über den Berfall der TZürlenmadt an Wehrfraft und Friegerifhem Anfehen vorbringt, ift für unjern Zmed die Mittheilung des Großvezierd an Leslie: Die Ungarn mwollteu den Frieden zu nichte machen und ftänden mit ben Polen in Correipondenz; der SKaifer babe wenig treue Männer in Ungarn; mebr darüber könne ihm der Ofener VBezierpafcha mittheilen. Diefer habe dann auch dem Taiferlihen Gefandten in vertraulicher Belprehung befannt gegeben, daß mehrere Ungarn der Pforte ihre Huldigung, ihre Burgen und fejten Pläße, und ihre Söhne als Geifeln antrugen. (In der That liegt auch ein Schreiben Apaffy's vom 18. Mai 1664 aus Weifjenburg an den Dfener Vezierpaſcha vor, worin er fagt, nicht wenige Ungarn wären bereit gemwefen, unter Apaffy's Bermittelung dem Großherrn zu Huldigen und hätten gerne von den tür- fiichen Berficherungsbriefen Gebrauch gemadt; fie feien jedoch durch den Einfall der Großmarbeiner Türken in daß Gebiet Siebenbürgend abgefchredt worden). Der Kaifer thäte am beiten, meinte der Ofener Vezierpaiha, Kaſchau mit dbeutfhen Zruppen und mit einem beutfchen Befehlähaber zu verſehen. Es lag eine objective Wahrheit in diefen Worten, wenn fie auch von einer Seite auögefprochen erfcheint, die unmöglich den reblihen Willen haben fonnte, der kaiſerlichen Herrſchaft gute Nathichläge zu geben. Damals aber wollten eben beide Theile, die Pforte und der Kaifer, den Frieden erhalten.

Sn den Magnatentreifen beginnt aber eine geheime Agi— tation, welche bald die Richtung einer Verſchwörung wider die deutſche Kaiſerherrſchaft und die Xosreißung Ungarns von derjelben annimmt ; wir ftehen jeit 1665 auch in den Anfängen der jogenannten Mag: natenverfhmwörung. Ihr rührigfter Agent war Vitnyédi, und ihre Häupter wurden der Palatin Wejfelenyi, der Banus Peter Zrinyi, der Hofrichter Franz Nadasdy, ein Liebling des Kaiſers; Frangepani, der Schwager Zrinyi’s, Franz.

604 XVL RBuch: Ism werph. vrieden b. ; isau rbroigeiriege (EI

eine Magnatenbegegnung und den eriten Austauih der Gedanten herbeigeführt, io traten nım Hinter den tauicenden Feñlichkeiten zu Särospataf beitimmtere Auseinanderiegungen des Aufttandsrlanes zwiihen den KHauptverionen Penelemyi und Zrinni :un Tage umd gewannen bei der zweiten Begegnung zu Stuben einen beitimmten ſchriitlichen Ausdrud (5. April 1666).

Benelengi redigirte bie Punkte eines Yündnities und zugleich ein Edreiben an Yubmwig XIV., worin ber bewa’tnee Biderftand gegen die Uminur;pläne ber Regierung als berechtigt erflärt, die Sompathien jämmtlicher Neben: und Erenzländer, io der Moldau und Wallachei, die enrihlotiene Haltung Der breischn Geipanichaften Tberungar na beton: und die Zuverticht ausgeiprochen wird, dar 14,4%) Mann Ungarn für das Unternehmen ausreichten. Yudwig XIV. folle ñe beiolden und im vorhinein 10, 0) Thaler abienden, dem Kaiier den Krieg erflären, oder doch die Ungarn mit regelmäßigen Hilisgeldern unteritũtzen. Ungarn iolle durch iranzöñiche Vermittelung in das deutſche Reid mir Sig und Stimme feiner Zertreter im Reichſstage auigenommen werden, die Türkei einen fleinen Tribut empfangen, Rolen in das Pündnik gesogen werden. Aus Tantbarfeit wolle man bann einen Sohn oder Verwandten Ludwig's XIV. zum Könige Ungarns3 wählen. Längitens binnen dreißig Tagen jolle ber stanzoienherriher antworten. Obſchon nun Lubwig XIV. eine unbeitimmte, binausichiebende Antwort ertheilte, hoffte man body auf die Geneigtheit des Bourbonenhoies und blieb durch (Sremonoille mit bemielben in Berbindung.

Im Mai des Jahres 1666 fand auf dem Haupticdloite Weſſelenyi's, Muränyg im Gömörer Gomitate, das fortan ein wichtiges Archiv der Verichwö— tung unter der Obſorge des (Geheimjchreibers des Palatind und jeiner Wittwe Franz Boer (Bory) und Franz Nagy, beherbergte, eine Zujammenfuntt ſiatt, bei welder aud) die Bevollmädtigten Apaify's, Niklas Bethlen, Sohn des Kanzlerd und Geihichtichreibers Johann und Michael Telefi, Hauptmann von Köväar, nahmals Minifter des Fürſten Siebenbürgens; ferner der oberite Haupt: mann Oſtungarns mit dem Site zu Kaſchau, Franz Eſaky, ich einianden. Zur Gewinnung der Türkenhülfe wurde der Pforte ein Jahrestribut von 80,000 (mit 604 Thalern angetragen und Apaffy um feine Nermittelung angeludht ; berjelbe jandte auch im August den Agenten Labislaus Ballöõ (Balon) an die PTiorte mit diefen Anträgen; er wiederholte feine Reiſen dahin.

Zrinyi und Lad. Fekete, der Tertraute des Palatins, begaben ſich nad) Wien und verkehrten mit Gremonville; Gleiches that Nädasdy, der erft jest mehr in den Vordergrund tritt, und feine Spanunng mit bem einitigen Rivalen, Weijelenyi, außerlid aufgiebt. Bitnyedi, der rührigite Agent im Lande, ſiets auf einen entjcheidenden Schritt Drangend, fol einen Brief auf: gefeut Haben, worin er Ludwig XIV. als König Ungarns begrüßte, was jedoch Meffelengi verwarf.

1666, den 20. October, fchließen WWeflelenyi, Näbasby und Zrinyi ein Geheimbündniß, um als „höchſte Säulen Ungarns“ burdı : @raft bem Lande zu nüten. Zu Wien wurbe ben 19. Der« See

XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgekriege (1648—1700). 605

der „bedrückten Adeligen Ungarns“ erneuert, und der Beſchluß gefaßt, im März des nächſten Jahres (1667) bei Gelegenheit des Palatinaltages in Neu— ſohl wieder zuſammenzukommen. Damals verſuchte man auch durch Gremon: ville einen neuen dringenden Appell an den Franzoſenkönig.

Graf Rottal, der ſchon 1666, 7. Juni, den damaligen Hofkriegsraths— präſidenten und zweiten Miniſter Lobkowic in einem Briefe auf verdächtige Re: gungen und die Anzeichen der Undankbarkeit Nädasdy's gegen den Hof auf: merkſam machte, fand fih zu Neuſohl als Faiferlider Commiſſär ein. Hier trafen die Abgeordneten der dreizehn Comitate Oberungarnd und die Häupter ber Liga: Wefjelenyi, Nadasdy, Zrinyi, Räköczy und Stephan Töföly, des⸗ gleichen auch der Primas Szelepefenyi, Paul Eßterhäzy und Stephan Bocskay ein. Rottal wurde als „Nicht-Ungar“ von ben Berathungen ausgejchloffen. Zrinyi’3 Antrag, Ungarn möge ſich an das deutfche Reich unmittelbar anjchliegen, griff nicht durch; Weijelenyi beantragte eine geharnijchte Reſolution an ben Kaifer ald König Ungarns ; Nadadby und Szelepcfenyi milderten fie zur Adreſſe.

Doch murden die maßgebenden Beichläffe erſt nach der Abreije Rottal’3 den Gomitatödeputirten und ohne Betheiligung Szelepejenyi’3 gefaßt; es kam ein neuer Bundesbrief (v. 9. März) zu Stande. Sept ericheinen die be- fiimmten Rollen Weſſelényi, Nädasdy, franz Boer (Bory), Zrinyi und Räköczy, ald: Haupt, Kanzler, Geheimfchreiber der Liga, Feldhauptmann in Groatien und Obercapitain an der Theiß zugemiefen.

Der Tod des kränkelnden Weffelenyi (28. März 1667) ſchien ein namhafter Verluft für die Sache der Liga zu fein. Jeden⸗ falle war er bisher die Seele des Ganzen und Feind aller Ueber: ftürzungen. Als man ihm binterbracdhte, der Heißſporn Vitnyedi babe Ende November 1666 den Plan gefaßt, man jolle dem Kaifer bei Schottwien auflauern, wenn diefer der jpanifhen Braut Mar: garita entgegenritte (25., 26. Nov.) und ihn gefangen nehmen, hatte der Palatin ſich voll Zorn gegen die Verbündeten geäußert, am beiten wäre es, einen jolchen Tolllopf aus der Welt zu jchaffen. Bedenkt man andererfeits, daß er in feinem Teftamente vom 14. März jeine Gattin als Wittwe dem Faiferlihen Schuge anempfahl und daß diefelbe, gleichwie Boer, bald mit Anzeigen des Beftandes einer Verſchwörung an den Hof hHerantraten, jo gewinnt es den Anjchein, als habe vor dem Tode eine Sinnesänderung Welle: lényi's Platz gegriffen, auch konnte dann begreiflicherweife feine Wittwe und deren Umgebung nimmer das lebhafte Intereſſe wie früher an der ganzen Angelegenheit empfinden.

Dagegen trat in die Verſchwörung ein inneres Zerwürfniß, die Eiferjucht Nädasdy’s und Zrinyi’s, und die geheime Gegnerfchaft ihrer beiberfeitigen ebrgeizigen Abfichten. Denn während Nädasdy, jeit Weflelenyi’8 Tode, neben dem Primas Statthalter Ungarns

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Kit dem ZSteiermärter Zattenbad, Gurte er Grüne There Forↄacs, einen eiteln Künlm;, Demu „Autdbissstuhel“ iehr viel Auitos erregte und berien mxkiner Ehrwi; ivi Nimer gei- Kigen Beichranktheit vuch die abentzuerlihhen Terrvrehum;en leicht za lüdern war, hatte Zrinji die eriie Ternänbirumg im Spärberbite 1665 durch den fati. Cherilieutenant Socate!!i am mm Gute Lavsina bei Tichakathurn, Zrtum's Haupiclore ant der Murintel, eintädeln larren. Ter Abichlus einer törmliden Sica Zrinhis umd Tattenbach's jand den 9. September 1667 u TZihafathurn (Eafovac) urkundlich ftatı.

Tamals war Zriug due ıharig, die Tramöride Tarıri unter Dem Polen zu gewinnen und gegen einen eventuellen ötterreichiichen Ihromcandibeien arbeisen zu lajien. Im Dieter Veziehung wirfıen als umgari'ihe Agenten ein ge wiier rabian, ber Kralauer Tomberr Robensfi und imsbeiondere baum Iäas—4I der Tominicaner Bariglio. Zon deu Entchloneniten, Tiinnebi voran, wurden ihon vericdhiebene Auftanbsplane für Tberungarn eutmorien. Aber mit ber ausländiſchen Külis;uiage ging es nicht vorwurss; die Tiorte benahm ſich ben erneuerıen Sendungen Apañ's gegenüber aukerit zurüdfbalremb, ja der Fürſi Siebenbürgens ſcheint ih balb von dem ganzen abentewer- lichen Unternehmen um jo entjchiedener abgewendet ;u haben, je mehr er mertıe, daß ihm in Räkic;y ein geiährliher Concutrent erwadien ſolle Frankreich aber, dem das Streben, am Biener Hoie feiten Fuß zu behalten und den Thei⸗ Iungsvertrag über bie künftige ſpaniſche Erbſchaft abzuichliegen, die thunlichite Zurhdhaltung auierlegte und das balb den Aachener Frieden (2. Mai 1668) ſchloß, ließ ſich, wie erwünſcht Ludwig XIV. aud die Beſchäftigung des Kaiſers mit ben aufftändiſchen Maygarenlande finden mochte, mit den Ungarn nicht ernftlih ein. Die dreimaligen ZInjammenfünfte Zrinyi's und Nädasdy's im Jahre 166% mir Gremonville an der öfterreidiih:ungariihen Grenze mochten ihnen jenen Wunſch nahelegen, aber bald erfannten fie, daß von Verſailles aus nichts zu erwarten ſei, daß fie der König fallen laſſe.

Der Umftand, daß auf der Berjammlung der dreizehn Comitate Ther:Ungarns zu Zemplin (Mai 1668) als kaiſerliche Commiſſäre neben dem Primas auh Nadasdy und Zrinyi ericheinen, beweift, daß damals die beiden Legtgenannten noch das officielle Vertrauen der Regierung genoflen. In der That hatte der mit Caſanova, dem öfterreichifchen Refiventen bei der umbete Dber- dolmetſch, der Grieche Panaja ' eine

XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1643 1700). 611

Gonferenzfigung unter dem Borfite Lobfowic’, des damaligen Premiers, Statt, deren geheime Beſchlüſſe das Vorgehen wider Zrinyi, Nädasdy, Tattenbach, Bukovaczky und Mitichuldige betrafen. Vom gleichen Tage datirt der kaiſerliche Befehl an die Grafen Johann Herberſtein und Ferdinand Breuner, im Süden militäriſche Maßregeln zu treffen.

Zrinyi unterhandelte inzwiſchen in fieberhafter Erregung durch Bukovaczky, Berislavic und Pogledic mit der zähen Pforte und verjuchte andererjeits durch ein Schreiben an den Kaifer von Anfang Februar 1670, jede Verbindung mit den Türfen in Abrede zu ftellen, fih um die Gunft des Miniſter Lobkowic zu bewerben; überdies durch feinen Beichtvater, den Auguftiner Forejtall, dem Wiener Cabi— nete mit Forderungen zu imponiren, deren Erfüllung der Preis jeiner Loyalität jein würde. Dieſe Forderungen: das erbliche Generalat von Warasdin, und Comitat von Pilino (Mitterburg), Gottſchee, Fiume und Terſaz, die Zahlung jeiner an 40,000 Gulden betragenden Schulden, die Beltallung zum Inhaber zweier Negimenter, die Schadloshaltung bei Türkenſchäden die Beihügung Raköczy's gegen jedweden Feind, die Amneftie für die „Wallachen“ und ihren Bilchof u. |. w. erſcheinen jo hochgejchraubt, als wenn der Banus damit, wie ein tollfühner Spieler, die legte Karte aus: Ipielen, den Wiener Hof verblüffen und einihüchtern wollte. Da man die Gefährlichkeit der Situation mit Rüdiiht auf die Sachlage in Ungarn und die zweideutige Haltung der Pforte noch nicht gut abſchätzen fonnte, jo fegte man Lift gegen Liſt; Forejtall wurde von Lobkowic mit Zufiherungen und mit einer carta bianca an den Banus zurückgeſchickt, und der Kaiſer unterzeichnete den 21. März an Zrinyi einen Brief, der die Xoyalitätserflärung des Grafen ent: gegennahm ; Ueberbringer des Schreibens war der Biſchof Borkfovic. Der Banus, bereits von Tattenbad) beichrt, daß fünf Negimenter gegen Groatien Marſchordre hätten, wollte, wie jein Schreiben vom 21. März aus Tichalathurn an Frangepani bejagt, durch Buko— vaczky die Groaten und die Krainerifchen aufwiegeln, von Kaniſcha mit 4000— 5000 Dann Graz überrumpeln lajjen. „Und warn ich wegen Euerer und feiner (Bukovaczky's) Langſamkeit umbfombe, jo jeit ir auch verloren,“ lauten die drängenden Schlußmorte.

Tattenbad, der, des Nergften gemwärtig, ſich durch eine An— zeige der Anſchläge Zrinyi's an den inneröjterreihhiichen Stammer: präjidenten Grafen Breuner (vom 19. März) deden mwollte, der am 20. März von Kranichfeld aus die Meldung erließ, Zrinyi ver: zweifle an feiner Sache und werde ich jelbit ftellen, wurde, bevor

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612 XVI Bud: Vom weftph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1648-1700).

er den Entihluß, nah Graz abzugeben und bier ala „loyaler Mit- wiffer” der Verſchwörung Belenntniffe abzulegen, verwirklichen fonnte, den 22. März aufgehoben und ale Gefangener nad) Graz gebradit.

Damals war bereits der Befehl an den Generalfeldwacdhtmeiiter Spankau abgegangen, fi gegen Zrinyi und rangepani in Marſch zu jegen. Diele hatten an 8000 Bemwaffnete, meift Mor: lafen, zufammtngebradt. Der Banus ſchlug jedoh noch einen zweiten Ausweg ein, er jandte den Pater Foreſtall jammt feinem Sohne, gewiffermaßen als Geijel der Treue, und mit der Wieder: holung der ſchon befannten Forderungen nah Wien. Sie trafen bier den 12. April ein. Damals mar bereits das Schidjal der Warfenerhebung des Banus und jeines Schwagers entjchieden ; denn vor den 5000 Mann unter Spanfau ftoben die Milizen Zrinyi’s und Frangepani’s auseinander; diefe warfen ſich in das feite Tſchaka— thurn und faßten den 13. April den Entihluß, nah Wien zu gehen und ihre Sache vor dem Kaifer auszutragen; den 16. April fehrten fie bei dem Grafen Kéry, an der öfterreihiichen Grenze, ein, der ihre Ankunft dem Kaiſer durch Eilboten meldete. Sie jelbft brachen jedoch ſchon am 17. auf und langten Abends in Wien an, mo fie im Haufe Nädasdy’s abitiegen. Den 18. wur: den fie aber verhaftet und zunächſt in’s Gaſthaus zum Schwan internirt, dann getrennt verwahrt. Sie blieben bis zum 27. Augujt als Gefangene in Wien und wurden dann nad) Wiener-Neuſtadt überführt.

Den 23. April begann das Berhör mit Zrinyi’s Stallmeifter Rudolph von Lahn, vom Mai an mit den beiden Grafen jelbit.

Der Sorge um die Dinge im Süden war nun die Regierung ledig; um jo mehr beunruhigten fie die Vorgänge im obern Ungarn. Hier Hatte die Neufohler Verſammlung vom 27. März ſchon Tags darauf zu ftürmifhen Klagen vor den Töniglichen Commiſſären und zum lärmenden Auseinandergehen der Stände geführt. Nä- köczy zog mit 10,000 Dann vor Munfäcs, um den Familienſchatz der Raͤkoczy herauszubefommen, wurde aber durch die eigene Mutter, Sophie, der legten der Bäthory’s, die hier refidirte, mit der Drohung, ihn mit Kanonenjhüffen zu empfangen, abgewehrt. Den 7. April bradite er den Tokajer Commandanten Ernft von Stahrenberg ſammt deſſen Officieren beim Mahle durch Liſt in feine Gewalt und ließ fie in Eifen verwahren. Tolaj, Onod, Arad geriethen in jeine Gewalt; eine Ständeverfammlung jollte in Eperies tagen. Inwieweit nun der gefangene Zrinyi von Lobkowic gefödert worden jei, durch ein Schreiben an Rakoͤczy, den Schwiegerfohn zur

XVI. Bud: Rom weſtph. Frieden b. 3. ſpan. Erbrulgefriege (1648—1700). 613

Waffenftredung zu beſtimmen, ift nicht klar; jedenfalls blieb es belanglos, denn den Ausſchlag gab das kaiſerliche Manifeſt und vor Allem das Einrüden der Generäle Sporfund Heiſter mit 10,000 Mann in Ober: Ungarn. Den Aufftändijchen ſank der Muth; am 1. Mai beichlofen jie zu Täallya im Zempliner Comitate eine Unterwerfungsadreije an den Kaiſer. Räföczy flüchtet nah Munfläcs, zu feiner Mutter, der bei Hofe beitangefchriebenen Gönnerin des Katholicismus. Ihrer Fürſprache gelingt die Begnadigung des Sohnes als Verführten ; doch muß er feine Schlöffer dem Kaifer öffnen, die Trentichiner Herrſchaft der Hofkammer überweifen, an 350,000 Gulden Schaden: erjag leilten. Fortan führt er das Leben eines internirten Privat: mannes. |

sm Sommer (Juli) fällt die Burg Ecjed in die Hände der Kaiſerlichen; Schloß Muräny mit dem Hauptardive der Mag: natenverſchwörung capitulirt den 14. Juli; die vermittwete Gräfin Weſſelényi und der Schloßhauptmann Franz Nagy von Leſſenye werden Gefangene. Den 20. Auguft fommt Graf Nottal nad) Murany als Unterfuhungscommiflar. Die Ausfagen Franz Nagy’s bieten für die Anklage ein großes Material.

Jetzt ereilte auh Nädasdy, an deffen Schuld der Staifer am ihmweriten glaubte, das Verhängniß. Er hoffte noch immer jein Spiel verdedt halten zu fünnen; er ließ die 13 Comitate unter der Hand ermuthigen und verſprach ihnen getreueiten Beiltand (13. Juni 1670). Allein die Angit ftieg ihm immer mehr zu Kopfe, die Mit: theilungen B. Donellan’s begannen auch für ihn das Schlimmſte anzudeuten; längit waren ja die großen Procefje gegen die Mit- verichworenen im Gange, die Anklagematerialien inner volljtändiger germorden. Am 3. September hoben 200 Dragoner den ahnungs: lojen Grafen zu Poltendorf auf und bradten ihn als Ge: fangenen nad) Wien. Hier wurde feine Unterfuhung in Angriff genommen.

Veberbliden wir den Gang der drei riejigen Criminalproceſſe: su Graz mit Tattenbad, zu Wiener: Neujtadt mit Zrinyi und ‚srangepani, zu Wien mit Nädasdy, ſo erſcheint am entichlofjenjten die Haltung Des Banus, im Leugnen jomohl als im Bekennen; überall und immer begegiten wir einem jtolzen Selbjtgefühl, ſchlauer Berechnung und fchlagfertiger Gewandtheit. Frangepani ijt weicher, rüdhalt3lofer, offener; e3 ift der Magnat, der ber Sache ſeines Schwagers opfermwillig Half, ohne daR Berechnungen eigenen Vortheiles in den Vordergrund treten. Aber auch dem Auditor und An— fläger Dr. Eyler3, kann juriftifcher Scharfjinn nicht abgejprochen werden. Nädasdy's Haltung war die eined Angeflagten, der bald die Nertheidigung aufgiebt und, völlig gebrochen, um Gnade fleht. In der That jcheint das Pala—

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Ter vrrautt. Brimebk! K. Leorold's I. mit feinem Bot: ſchaitet am Tgort'ähen Hoie, (Graien Yen tina, bilder den beiten Kadynets ber zerioniihen Haltung des Kaiſers :u Der Rebellion und b.m ganzen Hodverrathsprocene. Ten 26. März 1670 Ichreibt er unter den eriten Cindrudn: Er mürde Alles für Träume halten, wenn nicht Die verährliche Wahrheit vor Augen läae; er horte aber, Goött erde ihm beittehen, er wolle tie ſchon ad mures bringen „und aus nie ‚Kinger flopren, daß die Köpf megipringen jollen“. Aus ben Mai: und Sunibriefen ipridht die Beruhigung über den Fortgang ber Zachen in Ungarn. Tas Schreiben von 10. September bezridynet als den „vorzüglichen, wenngleich jehr geheimen Urheber dieſer ungariſchen Unruhen“ den (Srafen Raüdasdy. „Gewiß ift es, Daß vr origo onnis mali (alles Uebels Urſprung); wie hat er uns ulle betrogen, inden man fait das meijte Capital auf ihn ge= maucht hat;“ dieſe Worte kennzeichnen die Enttäuſchung und Ent: ruſiung Des Kaiſers am beſten.

sm Briefe vom 22. April 1671 ſpricht Leopold von dem Abyıhlune der Hochverrathsproceſſe „und obmwolen ich jonften nicht gar bos bin, fo muß id) es diesmal per forza fein und möchte 5 ſich wohl ſchicken, daß man bei nädjiter ordinari (verjteht ſich Die Poſt) etwas von geftlürzten Stöpfen hören möchte”.

In der That wurden den 18. April das Urtheil auf Richtung mit

616 XVI Buch: Nom weitph. Frieden b. 3. tpan. Erbiofgefriege (1643 17001.

Februar 1672 unterbraddte man lettere bei den Uriulinerinnen in Klagenfurt. on 1671— 1672 datiren Briefe an den Kailer und Minifter mit Bitten um Aufbeiierung ihrer Lage. Tie Sränn Zringi Harb mie es heißt im BWahnüinn den 16. November 16:3. Ter einzige Sohn des hingerichteten Peter Zrinyi, Palthajar, freigelafien, aber aus glänzenden Nerhältnijien und Ausſichten herausgedrängt, der Eohn eines Geächteten, gerieih in jpäteren Zahren als Staatögefangener nad Kutitein, endlich aut das Grazer Kaitel und ftarb bier 1703. Seine Schweiter Helene, die Gattin Räköczy's und in zweiter Ehe mit dem Haupte des Kuruzzenfrieges, Emerich Tofölyi, dem Zohne Stephan's, verbunden, die lekte der Zrinyi 5 wird uns noch beichättigen. Anton Adam, der Eohn des Banus Niflad® Zrinyi von ieiner Gatıin Marie Sophie von Löbl, Peter's Nefie, fiel 1691, als Failerlicher Tberitlieutenant in Der Zürfenihladt bei Salanfemen. Frangepani war der letzte jeines berühmten Hauſes. Nadasdy Hinterließ eli Söhne, melde, zunächſt mit verandertem Namen als „Herren vom Heiligen Kreuze” das, jpäter im Magnatenitande Ungarns wieder rehabilitirte, Gejchlecht erhielten. TZattenbah 3 Sohn, Anton, trat ın den geiftlihen Stand. Maria (Szeciy), Weſſelényi's Wittwe, blieb als Penſionärin in einem Wiener Nonnentloiter.

Wie bedeutend die Mafje des confiscirten Gutes gemwejen jein muß, macht der Güterbeſitz jämmtlicher Zerurtheilten, insbejondere Frangepani's, Zrinyi’s und Nädasdy's erlichtlih. Des letzteren Einkünfte von 22 Gütern beliefen fih jährlich auf 189,558 Gulden. Tie amtliche Aufnahme des Belited der beiden Erſtgenannten (Mai bis Juli 1670) ergab auch örtlich maſſenhafte Vorräthe.

Mit peinlider Empfindung, die ſtets den Zeitgenofjen jo gut wie den Ferngerüdten beſchleicht, wenn politiſche Hochverrathsproceiie fein Urtheil zwiichen das Recht der ftaatlichen Gewalt und das natürliche Billigfeitsgefühl ftellen, wenden wir uns von dem tragiichen Ausgange der Magnatenverihmwörung im Bereihe der perjönlichen Sntereffen zu den politijhen Folgen der ganzen An: gelegenheit für Ungarn. Aud da werden wir wohl thun, der leicht beitechlichen Empfindung das Verdict über die Staats: raifon nicht vorjchnell zu übertragen, den Schmerzensjchrei Ungarns auf das richtige Maß zurüdzuführen, aber das darf uns nicht hin- dern, die groben Mißgriffe in der Verwirklichung der Ziele der Regierungspolitit feit in’s Auge zu fafjen.

In der mehrfach citirten Correjpondenz des Staifers mit jeinem Botichafter in Spanien findet ich in den Briefen vom 22. Mai 1670 und 6. Mai 1671 die bedeutungvolle Stelle: „Die hungariſchen Sadıen fein in guten statu, ich will aber mich der occasio bedienen und in Hungaria die Sachen anderit einrichten” .... „Jetzt fein die Hungarn ziemlid) ruhig, und hoffe ich, bald alles in ganz anderen Stand zu bringen.“ Leopold I. und feine entſcheidendſten Rath:

XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. 3. jpan. Erbfolgefriege (1643—1700.). 617

geber in diefer Richtung, Lobkowic und Hocher, erblidten in der mweitverzweigten Magnatenverihmörung den Ausfluß der aller: dings oft erwiejenen Unbotmäßigfeit des ungariichen Adelsvolfes und in deren glüdlichen Bewältigung den geeigneten Anlaß, dieſe Unbotmäßigfeit zu brechen und Ungarns politiiche Ausnahmsftellung zu Defeitigen.

Wenn Hocher, der rückſichtsloſe Abjolutiit, aber eifrige Staats: Diener, in feinem jcharfen Gutachten über die Magnatenverſchwörung bezüglich) der damaligen Magyaren jagt: „diefe Nation werde ihre Hoffart nur gebrochen ablegen,” und wenn er dem Kaiſer zuruft: „Slaube nicht, Herr, man könne fie durch irgend eine Hoffnung auf Barmherzigkeit verſöhnen; einen, wenn auch noch jo angenehmen Herrn verachten fie, fie laffen fich lieber in die Verſchwörungen und Beitrebungen ihrer Vornehmen ziehen, ald daß fie der geſetz— lichen Herrſchaft eines Einzelnen fih fügen würden,” ſo ſpricht aus diefen herben Worten feine perjönliche Erbitterung, ſondern eine politifhe Leberzeugung. Der venetianiihe Botjchafter Marino Giorgi ſchreibt in feiner Relation vom Jahre 1671 über die Magnatenverfhmwörung, als „treulofeite Verſchwörung“ (perfidissima ribellione); er beglückwünſcht den Kaiſer, daß er ohne eigentlichen Krieg, ohne eigentliches Blutvergießen, mit Schwachen Kräften, mit geringem Aufwande den Aufruhr bezmang. Sein Nach— folger Morojini bezeichnet (1674) als eingeleitete Strafe für die Rebellion die Verfaffungsänderung, die Bermwandlung Ungarns inein Erbreidh. Ungarn follte auf die gleiche Linie mit den anderen Erbländern treten; deshalb heißt es auch in dem charafteriftiihen Schreiben des Gönners einer neuen Inſurrection Ungarns, Michaels Teleky, an Apaffy, feinen Fürften und Herrn: (1671, 14. April): man wolle die Ungarn insgelfammt wie Bauern befteuern; „es Jolle wie in Mähren und Böhmen Braud werden, daß wenn es dem Kaifer und dem Hofe beliebe, eine Steuer zu erheben, man bloß gedrudte Batente abjende” .....

Es handelte fih nun darum, ob die Wiener Regierung den rihtigen Weg zur politifchen Neugeftaltung Ungarns einjchlagen und ob ſie über die Mittel und die unerſchütterliche Aus: dauer verfügen werde, deren ein jo ſchwieriges Werk bedurfte. Leopold's Cabinet beging den jchweren Fehler, mit dem verhaßteiten, der Steuerjchraube, zu beginnen und, durch die fatholijche Hier: archie verführt, in den weiteren Maſſenproceſſen und Berurtheilungen den Protejtantismus als ſolchen erdbrüden zu wollen, indem fie in folgenjchwerer Befangenheit denjelben mit der Empörung, den Sa:

618 XVI. Buch: Vom weſtph. Frieden b. 3. ſpan. Erbiolgefriege (1648— 1700).

tholicismus mit der Loyalität identificirte. Diejelben geiftlichen Magnaten Ungarns, welche die Ausrottung des Akatholicismus, und zwar, des „deutichen Glaubens”, jo eifrig ſchürten; denn um dieſen handelte es fih, dem Galvinismus, dem magyarischen Glauben, Tonnten fie nicht jo leicht beitommen; fie, die der furzfichtigen Regie— rung den verhängnigvollen Weg zeigten, durch fatholifche Glaubens: rejtaurationen das deutiche Bürgerthum zu zeriegen und zu ent- wurzeln, den Wiener Hof bei dem proteſtatiſchen Auslande in jchlechten Ruf zu bringen, arbeiteten andererjeits als Autonomiften jeder poli- tiichen Maßregel der Krone entgegen und gebehrdeten fich als trauernde Anwälte der ungariichen Libertät. Primas Szelepcjenyi, der, wie Andere feines Standes, perjönlihe Zurüdjegungen nicht ver: winden konnte, Itand in Briefwechſel mit Apaffy, dem Gönner des feimenden ungariihen Aufſtandes. Die Wiener Regierung belud fih mit dem Fludhe der Glaubensverfolgung, mit dem Vor: wurfe maßloſer Graufamteiten ihrer Befehlshaber, als der Werkzeuge der politifch-Tirchlichen NReftauration, und hatte weder Ausdauer noch Macht genug, die furchtbarſte Waffe einer Nation, den paſſiven Widerjtand, zu breden; fie mußte auf halbem Wege umtfehren, als bereits der Kuruzzenkrieg halb Ungarn erfaßte, Frankreich und die Brorte ihn ſchürten.

Muftern wir nun in gebrängter Skizze die wichtigſten That: ſachen; zunächſt die Maßregeln der Krone.

Nom 18. Auguit bis 5. November 1670 tagte zu Leutſchau, im Zipfer: lande, eine Regierungscommijfion, bejtinnmt, zu beſchwichtigen, zu unterſuchen und die Soldatesfa im Zaume zu halten: Graf Rottal war ihr Torfikender; General Eigbert Heijter, ein fcharfer Haudegen, der Ffaiferlihe Rath Graf Otto Volkra, Bräjident der Zipfer Kammer, der FJünffirchner Biſchof Johann Gubaſſöczy und der Föniglihe Perfonal Wolfgang Eßterhäzy bildeten deren Mitglieder.

Seit December 1670 finden wir das Unterjuhungstribunal in Breßburg aufgeſchlagen. Den Borfig führt wieder Graf Rottal; Gubaſſöczy und 10 andere Magyaren, Beiliger der königlichen Serichtstafel, bilden die Richter. Ihre eigentliche Arbeit begann im nächſten Frühjahre. Bon den vielen Verbafteten traf nur zwei, die beiden Hofmeiſter Weffelenyi’s, Franz Bönis und Andreas Nagy, der Zod durch das Schwert, die andern traf Güter: oder Freiheitsſtrafe.

Tas Faijerlihe Fdict vom 21. März Fiindigte eine allgemeine Con: tribution an und verfügte eine bisher in Ungarn nicht gefannte Steuer: die Ber: zehrungd: und Tranfiteuer.

Im Mai und Juni 1672 tagte ein Unterfuchungsgeriht in Tyrnau, das 5 Verbannungen verfügte.

Die politifh wichtigſte Maßregel des Kaijers knüpft jih an den

XVI Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. ipan. Erbfolgefriege (1643— 1700). 619

27. Februar des Jahres 1673; fie errichtet eine königliche Statthalterei mit dem Site in Preßburg und beftellt zu beren Haupte den Ausländer Jo— bann Kaspar Ampringer, Hochmeilter des deutſchen Ordens, dem ber Primas Szelepcejenyi ald Rocumtenens, Graf Adam Forgäcs als Stellver: treter bes Juder Curiä, der Fönigliche Berfonal Johann Majthenyi und Biſchof Leopold Kollonich, überdies zwei beutjche Doctoren als Räthe beigejtellt wurden.

Unter diefen war einer der beiten Köpfe, eifriger Katholif, aber vor Allem Regierungsmann, offen und ohne Winfelzüge: der genannte Kollonich. Geboren zu Komorn im Jahre 1631, Sohn des Freiherrn Leopold Kollonich, katholiſchen Convertiten, Commandanten zu Komorn und ber Gräfin Kufjtein, brachte er ein bewegtes Kriegsleben als Dealtejer und Kämpfer gegen die Türfen auf Candia hinter ſich wurde dann Ordenscommenthur zu Mailberg in Oefterreih und zu Eger, dann Priefter, 1666 Biſchof von Neutra, brei Jahre fpäter (1670) von Wiener-Neuftadbt. Jetzt warb ihm die Stelle eines Kammergrafen von Preßburg übertragen. '

Ampringen war ein gemilferhafter,, rechtliher Mann, aber fremd in fremden VBerhältnijien. In jeiner Inſtruction findet fich, gewijlermaßen als Lofung der neuen Aera, die allgemeine Einfüh— rung der fatholiichen Religion und die Ausrottung der Keberei be— tont. Wohl entihied fih dann die Faiferlihe Conferenz für bie Weglaffung diefes Paragraphen aus „Klugheitsrüdiichten”, denn ‚der Punkt könne eine große Verwirrung und bei den Akatholiken die größte Erbitterung hervorrufen.” Der Kaijer ſelbſt ſei noch nicht im Reinen, ob er bei dem Statute für Ungarn bleiben jolle oder nidt. In der Anftruction möge nur allgemein von der Religion geiprochen werden; die Wirklichkeit könne ſchon mehr vor: nehmen lajjen. Ampringen war nicht ohne Herz, auch fein Freund von Dragonaden. Bald mußte er fih auf verlorenem Bolten fühlen; denn jeine magyariichen Collegen., obenan der in feiner „zweiten“ Stellung gekränkte Primas, wünſchten fid des „Eindringlings“ zu entledigen. Die ungariſche Hoffanzlei und Kammer verkehrte un: mittelbar mit den Geſpanſchaften und kümmerte fi) blutwenig um den Gubernator regni Hungariae partiumque adnexarum. Der ungariiche Hoffanzler Thomas Paͤlffy conferirie in Wien mit Magnaten Ungarns.

Die katholiſchen Reftaurationen, befonders jeit 1673 in Thätigfeit, und in dem deutjchen Oftungarn von dem Zipſer Probſte und Titularbiihofe Bärjony, einem Heißjporne, von dem Erlauer Biſchofe Szegedy und dem Großprobſte Rolosväry, dem Waizner Biſchofe Bongräcz und dem Kammergrafen Volfra eifrig betrieben, lagen in Händen, die nicht der Gubernator dazu

620 XVL 2ud: Rom weitph. Frieden b. :. ipan. Gtbrolgeltiege (16451700).

bevollmädhtigte. Aber der Haß gegen diele Wirthſchaft fiel auf das Gubernium zurüf, auf den „hartherzigen, tyranniihen Fremdling, der die Nationalfreiheit und den Glauben verfolge.” Ampringen’s Gubernatur hing in der Luft, das fühlte er ſelbſt am beiten.

Das Unterfuhungstribunal in Preßburg hatte in den Jahren 1673—1676 vollauf zu tun.

1673, im September, mar es vornehmlich aui die weſtungariſchen Bergitädte abgejehen. 32 proteit. Prediger und Yehrer wurden abgeurtheilt. Im nächſten Jahre (März 16,4) lud man ſämmtliche evangelijhe Prediger und Lehrer vor, als „Iheilnehmer an der in den jüngitveriloiienen Jahren gegen Ce. Majeftät von einigen böjen Menichen angeititteten Empörung.“ Vorſitzender des Iribunald3 war Primas E zelepcienni, ihm beigegeben erjcheinen: Georg Szecienyi, Erzbiſchof von Kalocja, einer der entichiedentten Kegner der politifchen Neugeitaltung Ungarns, die Viſchöfe: Th. Palffy von Neutra, B. Kollonich, A, Klobujiczfy von Fünfkirchen, der Reihsabt von Martinsberg und ein Tom: herr, überdies 12 weltliche Rache, b davon aus dem Magnatenitande, und der Echriftiührer der königlichen Gerichtstafel Lapſanszky, ſämmtlich Magyaren.

Dieſes Judicium delegatum mixtum gründete ſeine Anklage auf zwei Brieie des verſtorbenen Vitnyédy an N. Bethlen und A. Keczer, worin bie evangeliſchen Prediger als Herolde des Aufſtandes und für denſelben ganz ge— wonnen bezeichnet, die Mittel und Wege der Rebellion erörtert und die „papiſti— ihen Hunde”, denen man ſchon die Wege lehren würde, geſchmäht ericheinen. Tiefe Briefe athmeten allerdings die ganze Anihauung und Energie Vitnyedy's, aber ihre (Fchtheit iſt fraglich; überdies war es an jich äußerſt bedenklich, auf joldye (Sorreipondenzen eine bodenloje Anklage zu jtügen und einen Monjtreproceß bei den Haaren herbeizuziehen, der unter den Betrofienen die Anſchauung fejtigen mußte, man wolle thunlichit die fatholijche Magnatenſchaft der Schuld an jener Lerihmörung entlajten.

Die in dem polnijchen Gebiete der Zips mwohnenden Protejtanten waren von ihrem Starojtien Lubomirski, die auf türkiſch-ungariſchem Boden durch ben Ofener Paſcha zurüdgehalten worden; Manche nad) Siebenbürgen und Teutihland geflohen. Unter den 300 Predigern und Schullehrern, welche ſich einjtellten, waren aud) 57 Reformirte.

Tas Urtheil vom +. April lautete für Alle auf Kochverrath, Todes: und (Güterſtraie; doch Fönnten jie ſich wie 1673 vor der Urtheildwirfung bewahren, durch bie Unterzeichnung eines Reverſes worin fie ihre Schuld einbefennen und ſich eiblid verpflichten, ihr gemikbrauchtes Amt in keinerlei Weile auszuüben. Die eine Hälfte unterſchrieb aus begreiflicher Menſchenfurcht, die andere wies das An— ſinnen beharrlid zurüd. Während jedoch ihre Schidjalsgenojien vom Jahre 1673 in’s Ausland wandern durften, erlitten fie Sterferhait, die jie mürber machen jollte , eine Zahl bequemte ſich nachträglich dem Reverſe; manche eutfamen, 22 Evan: geliihe und 39 „hartköpfige” Calviner harrien jedoch aus. Won der zu Komorn eingeferferten Hauptmaſſe waren 174 tatholifch geworden. Die zu Leopoldflabt

622 XVI. Zug: Kom weitph. xrieden b. ;. ipan. Erbiolgekriege (1648 1700).

die ttärfiten Reizmittel zu Guniten des päpitlichen Glaubens. In der That find tie es. Obſchon ſich jevoh die Täpitlichen derart ernitlih Mühe geben , die Anderen zu unterdrüden, vermodten fie es doch nit zu Ende zu führen”....

Aber die herrihende Macht in Ungarn hatte nicht bloß mit dem pailiven Widerjtande der inagyariihen Nation beiver Glaubens- lager gegen die politiiche und mit dem Hatte der Proteitanten wider die fatholiiche Reformation zu ſchaffen; es begann jener nationale Widerſtand ein bemarfneter zu werden. Bald jtieg ihr die Gefahr eines blutigen, gränelvollen Rarteifrieges zu Häupten.

(Keich beim Einrücken der faijerlichen Völker in Oberungarn (Frühjahr 16:0) waren bie Förderer des ojtungarijchen Aufitandes ein Stephan Bocsfay, Niklas Korgäacs, Stephan Petröczy (Schwager des verjtorbenen Stephan Tötöly), Raul Weijjelenyi, Meldior Keczer, die Gebrüder Kende, Mathias S; uhay u. A. nad Siebenbürgen entrilohen. Von hier aus ge- dachten ie den Aufitand nah Tjtungarn zu tragen, und zwar mit Hülfe Apaiiy’s, deſſen Schwager und Rath der Hauptmann von Kövar, Michael Telefy, der Sache jehr befreundet war, und unter dem Beiſtande der Pforte. Tie wadjjende Unzufriedenheit Ungarns bot willkommenen Brennſtoff und ließ auf großen Anhang rechnen. Aber die Pforte gab 1671 nur halbe Zujagen; 1672 jedoch entbot Sroßvezier Köprili dem Fürſten Ciebenbürgens, zufolge der Beſchwerde des Faiferlichen (Kejandten, die angeblichen „Räuber“ von jeinem Hofe zu entfernen. Tie Erläuterungen bes Tſchauſch fiegen bald die Zmeideutig- feit der forte in dem Handel ermellen: „Zind die Flüchtlinge Tiebe und Räuber, jo jage lie von deinem Hofe fort,” jprach er vertraulich zu Apafiy „find tie aber ungarische Magnaten und Adelige, jo jollen fie in diefem Lande des Sultans bleiben md du berichte der hohen Pforte über ihren Stand und ihre Anzahl, damit der Großvezier das Nöthige zu verfügen wiſſe.“ Teleky und Apaffy nährten nun immer nachdrüdlicher den Aufſtand.

Schon im Herbſte 1672 tobte in der Gegend von Kaſchau der Kampf zwijchen den Aufſtändiſchen unter Mitwirkung und Führung Zelefy’s und den Raijerlihen, befehligt von dem Kaſchauer Landescommandantn Spanfau; allerdings fühlte die Niederlage den jiebenbürgijichen Hof für eine Zeit ab, jelbit das triegsglüd zu verjuchen, aber er blieb der Hort des Aufitandes, deſſen Hefährlichkeit die beiden rajch folgenden Gefechte und Schlappen des faijerlichen (Henerals (13. bis 22. September 1672) ermeſſen ließen.

Als die eriten Führer diefes Aufitandes, der allerdings Die bedentlichiten Elemente: Hajduken, „arme Gejellen” (szegeny legenyek) und Räubervolf (betyärok, rablök) in ſich aufnehmen modte, denn er durfte nicht wähleriſch fein, ericheinen Stephan Petröczy, Mathias Szuhay, Gabriel Kende und Paul Szepejiy. Aus dem Lager vor Buzinfa bei Kaſchau entſenden

XVI. Buch: Vom weſtph. Frieden b. 3. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 623

fie an die benachharten Geſpanſchaften lateiniſche Rundſchreiben, welche, unter Drohungen, für die Sache der „von den Fremden gänzlich niedergedrücten und mit Füßen getretenen goldenen Freiheit“ die Stimme erheben. Sie unterzeichnen ſich darin als „Hauptleute der Feldmiliz“ (capitanei militiae campestris). Es find die „Heimath— lojen“ (bujdosök), in deren Kreije das feurige „Lagerlied“ ber Kuruzzen und der „Spottgefang von den Labanczen“ ericholl.*) Denn Ihon hat der. wilde, ſchonungsloſe Parteikrieg, der Kampf aufs Meſſer, zwiichen den Aufftändifchen und den Kaiſerlichen aud) jeine PBarteinamen. „Kurucz“ ift der Aufitändifche, „Labancz“ der Kaiſerliche. Bei dem erften Namen darf man nicht wohl an ein türfifches Wort denken; richtiger mahnt es den Geſchichtsfreund an die bäurifchen Streuzer-Schaaren (Kuruczok, vgl. das lateinifche cru- cifer) unter Dözja’s Führung; bei Labancz tritt die Bedeutung „Fußknecht“ (von läb-) klar hervor. Geit 1673—1674 kommen diefe Namen in Schwang und Braud).

Allerdings wurde man bald der eriten Banden Meiſter und warf fie mit iiberlegener Macht bis an die Grenze Siebenbürgens zurüd (Ende October 1672). Aber der Boden Oſtungarns ijt dem Guerillafriege günftig; zudem trieb die wachſende Lnzufriedenheit edlere Elemente unter die Kuruzzenfahne.

Im Jahre 1673 ſehen wir das jchlaue Doppelipiel der Pforte, welche mit der einen Hand die Zudringlichen zurüdweilt, während fie die Anderen insgeheim zur Stüte bietet. So gewanı der Auf: ftand Muth zum Ausdauern; an beiderjeitigen Grauſamkeiten fehlte es nicht. Um Eperies und Kaſchau fammelte fich ein Fleiner Wald von Pfählen für die gefangenen Kuruzzen; denn ein Spanfau, Schmidt, Strajjoldo, Omprara, ein Kobb von Rau: Dingen u. A. übten hart und immer härter das Standredt in dem furchtbaren Style der dantaligen Zeit. „Pater Joſna“, Fatho: liſcher Pfarrer zu Tällya, im Zempliner Comitate, war ein gefürd):

») K. Ihaly veröffentlichte 1872 eine intereflante Sammlung von „Bei: trägen zur Piteraturgejchichte be Zeitalter Tökölyi's und Räföczy's (Adalekok a Thököly es Rädoezikor irodalomtörtenetehez), 1. Band 1670—1700, mit einem Anh. v. Briefen des St. Gyöngyöſy (1663— 1703), (Teit 1872); es jind darin Die Zeitpoeſieen der protejtantifhen und Kuruzzenmwelt (Kuruczviläg) gejanımelt umd erläutert. Es ſteckt darin manche Rerle hiitorifcher Volksdichtung. (Sinen beachtenswerthen Aufjak über das Erjtehen ber Kuruzzen (a bajdosök tämadasa 1672 ben) veröffentlihte Bauler in Szäzadof (1869, ©. 1 fi., 85 ff., 106 ff.)

624 XVI. Bud: Tom weitph. Frieden b. z. ſpan. Eibfolgekriege (16483 1700).

teter Kuruzzenfänger. Aber wehe auch jedem Labanczen und Bapiften, der den „Heimathlojen” in die Hände fiel!

„Fülle die Släjer lade die Hafen (Halbhafen, Yangflinte),

„Bereit, den mwuchtigen Säbel zu paden,

„So trinfe den Wein, daB, wenn du börjt ber Trompeten Zeichen,

„Du Blut magſt trinfen und garbenmweis thürmen der Deutjchen Leichen !“ beißt es im Sturuzzenliede.

- Die Hoffnungen auf Türkenhülfe wurden allerdings dutch Die ſchwere Niederlage des Halbmondes bei Choczim (12. November 1673) getrübt. Aber in dem Türfenbefieger und neuen Wahlfönige Polens, Johann Sobiesfi, erwuchs 1674 dem Nufitande ein neuer Gönner. Denn jein Schwager, der franzöjiiche Botjchafter Graf Bethune, als Bertreter einer Macht, der das Auflodern eines neuen Brandes im Reiche der deutichen Habsburger ſtets will: fommen war, vermochte wenigftens fo viel, daß der Polenfönig MWerbungen für den ungariſchen Aufftand nicht hinderte. Ueberdies jandte er (September 1674) feinen Attahe Beaumont rad) Siebenbürgen. Hier ward die Friedenspartei am Hofe Apafiy’s, der ſtolze Dionys Bänffy, jein Schwager, mit Hülfe des Ober: capitäns der Szekler, Baul Beldy, von der Kriegspartei unter der Führung Michael’s Teleky, geftürzt und Hingeridtet. Man fonnte ihm jeine Ergebenheit gegen den SKaijer, der ihn zum Frei— bern erhob, nicht verzeihen. Beldy bereute bald, bei jeinem Sturze mitgehrlfen zu haben. Beaumont eilte dann zur Pforte, um dem Sturuzzenfriege auch hier Vorihub zu leijten.

Schon im März 1674 hatte fich die Biharer Liga oder Union der „Ungamflüchtlinge” mit Siebenbürgen vorbereitet; jeßt, als der Secretär der franzöfiichen Geſandtſchaft in Polen, Roger Akakia (Anfang 1675), bei Apaffy eintraf, wollte der ehrgeizige Telefy die Führung der gefammten Kuruzzen in die Hand nehmen und ihren Feldoberften Baul Wejjelenyi, Beldy’s Eidam, ver: drängen. Bei einem Theile der Kuruzzen gelang dies auch.

Am Landtage der Siebenbürger zu Fogaraſch fam nun (1675, 28. April) der Entwurf eines Bündniſſes Apaffy’s, und der Kuruzzen mit Frankreich zu Stande. Die Erfteren verpflichten fih, 12,000 Mann im Felde zu halten, Ludwig XIV. monatlich 15,000 Thaler Subfidien und überdies 6000 Söldner zur Verfügung zu ſtellen. Sändor begab fih als Interhändler des Aufitandes nah Paris, und die Pforte, wo an Stelle des bedeutenden Ahmed Köprili (F 1676) ein eitler Flachkopf, aber ein ehrgeiziger, vielgefehäftiger Günftling, Kara Muftafa ale Großvezier

XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 625

almächtig wurde, obſchon fie officiel dem Fürften Siebenbürgens den Krieg gegen den Kaijer widerrieth, meinte es nicht fonderlich ernſt damit. "

Der wüſte Parteifrieg tobte nun fort, ohne daß das Ein: lenfen der Wiener Regierung jeit 1675, ihre beginnen: den Zugeſtändniſſe ſeit 1677 jo der Erlaß einer allgemeinen Amneftie den Brand löſchen Fonnten; oder daß das Bünd- niß Xeopold’s I. mit K. Johann von Polen (1677, 24. April) in Betreff der Nichtunterftügung aufftändijcher Unterthanen, die polnitch = Franzöfiihe Hülfe dem Kuruszenkriege entzogen hätten. Denn Bethune veritändigt ſich durch Foreval und den Abbe . Dominique mit dem fiebenbürgifchen Hofe, wo nun Teleky den allmächtigen Minifter fpielt, während Apaffy und die Auffitändischen ihre Gegenbotichaft nah Warſchau entfenden.

So fommt 1677, den 27. Mai, das Warihauer Bündniß nit Frankreich zu Stande. Apaffy, das fürftliche Haupt der ungarijch: fiebenbürgijchen Liga, verpflichtet fich zur Haltung von 9000 Reitern 6000 Fußknechten und zum Angriff gegen den Kaijer im Julimonde; die ganze Führung als Vertreter des Fürſten erhält Teleky; Franf- reich giebt die Subfidien (vorläufig 20,000 und während des Krieges jährlich 100,000 Thaler) und unterjtügt die Malcontenten von Polen aus mit Truppen. In dem geheimen Tractate der Kuruzzen mit Frankreich ericheint Telefy als „Obergeneral”, ein Vicegeneral und 12 Magyaren als Beirath ihm zur Seite. Apaffy wird erforder: lihen alles die Kuruzzen heimlich unterftügen; andererjeits jollen fie feinen Separatfrieden mit dem Kaifer ſchließen und in einen etwaigen Frieden Ludwig's XIV. einbezogen werben. Raul Wejjelenyi- wird bei Seite geſchoben, fein Schwieger: vater Beldy bald als Gegner Teleky's geächtet und als „Ver: räther” zur Flucht in die Wallachei gezwungen (October 1677).

Der Wiener Hof hatte, wie gejagt, feit dem Jahre 1675 mit jener unjeligen Halbheit einzulenfen begonnen, welche das Ge- botene in den Augen der Gegner als knickerige Nothgabe oder als Aus- drud der Verlegenheit und rathlojen Bejorgniß ericheinen läßt. Der Waitzner Biihof Gubaſéczy drang bei Hofe Ende 1677 mit der von jeinem magyariichen Standpunkte allerdings leicht be- greiflihen Anſicht durch: „Nichts könne jo leicht als Nachgiebigkeit die ungariihe Nation gewinnen,” und man müſſe fich beeilen, denn „der Feind ſei auh im Winter thätig; der türkiſche Mond gehe in der Naht auf und der galliſche Hahn fchlafe nicht.” Guba- jöczy wurde nun das Haupt der am 22. Sanuar 1678 beitellten

Krones, Geh. Oeſterreichs. IIL 40

626 XVI. Zud: Tom weñph. Frieden b. ;. ipan. Erbiolgekriege IFA IT

Sriedenscommittion. Konnte und wollte man nicht durch große rüdhaltloie Zugeftändnitfe die Gemüther wie im Sturme erobern, und, wie die Tinge lagen, blieb es auch da eine frag= liche Ausiiht auf Erfolg, jo war der jegige Syſtemwechſel ein dem (Gegner willfommener Beweis der Ehwäche.

So mußte denn Biſchof Emerih Sinelli als Gegner diejes Syſtemwechſjels in ber Conferenz weichen; „er durfte nicht länger den weltlihen Staat Ungarns antaften”, jchreibt der ungarijche Zejuit Kazy; ein Gelinnungsgenoe Sinzendorf ging als Yyinanz- minifter dem Sturze entgegen ınd Hocher, das incarnirte Staats- princip, jchüttete in der Preßburger Magnatenconferenz umjonjt jeinen roll gegen den „rebelliihen” Geijt der Ungarn in unmuthigen, ja maßloien Worten aus, melde reichlih vergolten wurden.

Telety, mit Weilelenyi und der Mehrzahl der Ungarnflücht⸗ finge zerfallen, von der Unterjtügung Frankreichs aus Polen ver: lafjen, da diejen Truppen unter der Führung Boham’s und Fore⸗ val’8 der Zipjer Staroft Lubomirski die Wege nah Ungarn verlegte, richtet allerdings auf feinem Zuge nad) Nordungarn (1678) und mit feiner Shovärer Proclamation (4. Juli) an das Mapyarenvolf wenig aus; er war nit der Mann des Erfolges. Dagegen trat jet der junge, ftattlihe Magnatenſohn Emerich Tötöly, der Träger eines Namens von gutem lange, in den Vordergrund, um die Führung des Kuruzzenfrieges in feine Hand zu nehmen.

Die Tököly's find, wie die Zapolya's Emporkömmlinge, raſch vom Glücke gehoben und getragen, ein jüngeres Magnatengeichlecht, das erit in ben lebten Decennien emporlam. Sebajtian Töföly (Tefeli), „von niedriger Geburt, aber feden Sinnes“ gewann als betriebjamer Pferdehändler das Nertrauen und die Erbſchaft eined Paſcha, der gern (Shrift gemorden wäre, fo erzählt die Ueber. lieferung und läßt ihn aus Rolen fiammen, den Namen ändern ober ver- ſtümmeln. Jedenfalls wurde er erit um 1572 Befiyer eines Adelsbriefes (Arma- liste), durfte aber ſchon 1580 als reicher, weltläufiger Mann einer Magnaten: tochter, Eufanne Döczy von Nagylucje, Die Hand reihen und jo in Die höheren Kreife der Ariitofratie fi einführen. Im Türfenfriege des Jahres 1598 be- nahm er fid) wader; er hatte angeblich auf eigene Fauſt 200 Krieger auögerüftet, beſaß er doch ſchon jeit 1574 Die große Herrſchaft Käsmark in der Zips; der Kaifer entlohnte ihn mit den Baronate. (Fr war darum, obſchon Proteitant, auch ftreng faijerlich.

Eein älterer Sohn Stephan I., in zweiter Ehe mit einer Thurzö ver- mählt, der von weiten Reifen im Abendlande feit 1595 Weltfenntniß und Studien mitbrachte, war, wie ber Vater, ein Zwingherr Käſmarls, mit welcher Stabt

XVI. Buch: Vom weitph. Frieden b. 3. jpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 6237

er in endlofen Procefien lag. 1651 geitorben, vererbte er feinen großen Befig an die beiden Söhne; Sigismund, aus eriter Che (mit Sophie Hof: mann), den Herrn von Schaunif, ber, loyal, kaiſerlich und durch die Jeſuiten fatholijc) geworden, 1678 jtarb, und Stephan II., den Sohn der Katharina Thurzö, Herrn von Käsmark, Grbobergefpan des Gomitates Arva, Beſitzer der Schloßgüter Rofenberg, Drama und Lifama, und als Gatte der Wittwe Gyulaffy, Befiger von Gütern in Siebenbürgen, einen eifrigen Brote: tanten und Anhänger der Magnatenverihmwörung. Als folder von der Acht und Strafe des Kaiſers bedroht, jandte er feinen vierzehnjährigen Sohn Emericd nad) Lifawa; er felbjt erwartete die Kaijerlichen unter Paul Chterhäzy, in den feſten Drama (Arva). Drei Tage nach Beginn der Belagerung ftarb Stephan II. (23. November 1670). Seinen Sohn bradte man in Frauenkleidung über bie Grenze nah Polen, wo er unter der Leitung Lilienberg’3 und Zajgel’3 zum ihönen, beredten jungen Manne heranwuchs, der in feuriger Seele den Haß gegen die kaiſerliche Herrihaft in Ungarn nährte.

Im Auguft 1678 erfhent Tököly unter den Kuruzien; Michael Teleky verlobt ihm feine Tochter und erleichtert ihm den Meg zur Oberfeldherrnitelle.e. Bald fteht er an der Spige von 20,000 Mann und überfällt mit Glüd die ſchwächeren Kaiferlichen, nimmt und plündert die weſtungariſchen Bergitädte. Sein Genoſſe wird „Pater Joſua“, jegt ein Kuruzzenfreund ; jpäter von den Kaijerlichen eingefangen (} 1679). Die Ducaten und Thaler, die Gold: und Silberbarren, melde Tököly in Kremnitz erbeutet (11. October 1678), wandern, um: und neugeprägt mit dem bezeich- nenden Reverje: „Tököli princeps partium Hungariae dominus* (Fürſt Tököly, Herr der ungarifhen Reichstheile) und mit dem Averſe: „Ludovicus XIV. Galliae Rex, Protector Hungariae* (Ludwig XIV. König von Frankreich, Beihüger Ungarns), in die Welt.

Tököly und die Kuruszen können fich als eine Macht gebehrden; man trägt ihnen den Frieden entgegen, aber ihre Forderungen find überfpannt. Die Niederlage Tököly’s im November durch die Fönig- lihen Generale Dünemwald und Wrbna, die Friedenshandlung des Kaiferd .mit den Ungarn zu Dedenburg, mit welder der Abgang des ohnmächtigen Gubernators Ampringen „aus Gejund- heitsrüdjichten” zufammenhing, endlich der nahe Nymweger Friede mit Franfreih, veranlaßten Tököly, der einen Waffenitillitand angenommen, ſich dem Kaifer zu nähern und als Preis des Aus: gleiches die Erlaubniß des Kaifers zu feiner Ehe mit der Wittwe des 1676 verftorbenen Franz Raͤkéczy I. und die Vermittlung bei deren Schwiegermutter Sophie Bäthory in gleiher Richtung zu fordern. Der Name und die großen Güter der noch jungen Wittwe

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628 XVI. Buch: Tom mweitph. Frieden b. 3. ſpan. Erbfolgeftiege (1648— 1700).

beitimmten Tököly, die Verlobung mit der Tochter Teleky's aufzu- löjen. Trogdem er mit dem Kaiſer nicht einig werden konnte, ihloß er dennod) die Ehe mit der Tochter Zrinyi’s und gleiche Ge: finnung beherrjchte jeither das Paar, die Erinnerung an die jüngfte sergangenheit und das Schidjal ihrer Väter.

5. Bom Nymweger Frieden bis zur zweiten Zürfenbelagerung

Wiens 1679-1083. 6. Der Kampf mit der Pforte und Die

2öfung der ungariſch⸗fiebenbürgiſchen Frage bis zum KHarlos wicer Frieden,

Literatur (vgl. die allg. u. d. z. 4. Abſchn.). Zeitgeſchichtliche Ehro⸗ nifen: Aus deren Maſſe hebe ich bloß einige charafterijtiiche hervor: die am bejien die Diction jolcher Zeitproducte jchon im Titel an ber Stimme tragen. Feigius, Wunderbarer Adlerſchwung, oder fernere Geſchichts-Fortſetzung Ortelii redivivi et continuati (der mit 166-4 ſchließt), 1664— 1611. (Wien 1694). 2. Theil (reichhaltig und ziemlih genau); Francisci, Ter blutig: gereizte, aber endlich fieghaft entziindete Adlerblig wider den Glantz des barba- rischen Sebeld und Mordbrandes (d. i. Türke). Hiſtor. Erzählung der Kriegs⸗ empörungen ungariſcher Malcontenten.... Belagerung Wiens durch die Türken u. j. m. (Nürnberg 1684) u. „Ter neuvermehrte türkiihe Gubernator und Vaſall“ (Nürnberg 1685) Ungariide u. Wienerijche Kriegs: und Staats: regiftratur (Mien 1687); Flämitzer, Der in böhmijche Hoſen ausgekleidete ungarijche Libertiner, ober bes glorwürdigjten Erzh. Tejterreich feitgej. Souverain- und Erbrecht im K. Ungarn. Tas ijt eine genaue und ausführliche Demon— ſtration . . . . aus was fir Grundurſachen die noch fürmährende ungarijche Rebellion ſich entiponnen. Mit was perduelliſcher Perfidia die Stände und Unterthanen des Königreiches gegen die ... Verordnungen d. K. Maj. Waffen geführet .... (Würzburg 688); Happelius, Der ungariſche Kriegsroman, o. ausf. Veſchr. des jüngſten Türkenkrieges. .. .. » Bde. (Ulm 1685— 1689), (ſehr ausführlich für Die Zeit ſ. 1685 beionders). Ngl. Theatrum europ. XII. f.%b.; Sim plicissimus Türkiſcher Vagant ober umbicdhwei- fend Türkiſcher Handels-Mann, o. T. gebr. 1683, (dieſes jehr jeltene Buch bezeichnet (Baedefe als 2. Theil des Ungar.-Dacian. Simpliciſſimus). Ngl. S. 584.

Magyariihe Chroniſten: Babocjay: Fata Tarcezalensia u. N. bei Rumy, TI. (1670 -17609; N. Bethlen, Autobiogr. a. a. O. (vgl. über ihn auch die Memvires du Comte Bethlen im 6. Bde. der Hist. de revolutions de Hongrie la Haye 17539; Eſerey von Nagy:Aita (Ziebenbürger, Szekler), benützt bereits von Katona; vollit. ber. v. G. Kazinczy (1852), (eine jehr beachtengwerthe protejt. Quelle, conjervativer Haltung); vgl. auch feinen jüngern Yandsnıann, Lad. Apor von Altorja, 5. in den Monum. Hung. hist. 11. Bd. b. v. Kazinczy (1863); Töföly (f. Tageb., Briefbücher und andere bentw.

XVI Bud: Vom weſtph. Frieden b. 5. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 629

Schrr.), h. v. Kol. Thaly, 1. 2.Abth., 1. Tagebücher (von Tököly, Dobay, Säandor, Bay, Almädy u. A), (1686-1705); 2. Briefbüher u. U. Monum. Hung. hist. 23. 24. Bd. (1868—1873). Kleinere Quellen f. d. Zeit ſ. 1660 ji. als Zagebüder des Inczédi, Szafäl. h. v. Szabö u. S;ilägyi (Pelt 1860) u. in d. Monum. Hung. 27. Bb. 1876 (tört. naplök 1663—1719). 3. Geh. der tököl. Inſurr. erfchienen gleichfalls zeitgen. deutſche Drude, 3. B. Bericht Furzgefaßter Warbaffter.... (4%, 2 3); Kurke Lebensbejchreibung bed ungar. Herrn Graf Töedeli.... (4%, 8 ©.), Wahrhaffte, eigentlihe .... . Original:Bildnus nebft denfw. ominöfer u. aus: führl. Pebenöbefchr. bes geb. ung. Gr........ Em. Tököli .. . (4°, 1683, 3 BU. mit Bortr..) Bejonders reichhaltig für die ganze Epoche v. 1665 1663: Das vermwirrte Königreih Hungarn (gedr. 1684), Pgl.auh Le Clerc, Vanel a. a. O.u. Hist. desrevolutionsd’ Hongrie, IV. Abth.; Biermann, Töfölyana im Arch. f. K. öjterr. &., 26.85. 3. Gefch.d. Wiener Türkenbelagerungv. 1683 findet ſich das ganze Material bibliographifch verz. bei Kabbebo (Wien 1876). Tal. Hammer, Gefh. bes osm. R., 6. 2b. (Peith, 1830) S. 375 —424 u. 731—735. Hier feien nur unter den Quellen, außer den originellen Predigten des Baarfüßermönches Abraham a. S. Clara (UÜlrih Megerle; vgl. über ihn das Bud) v. Karajan): „Auff auff ihr Ehriften!“ und „Merks wohl Sol: dat”! v. %. 1683, die gleich). Bejchreibungen von Rueß (1683), Ghelen (1684), Feigius (1635), Hode (1685), Talderen (Vienna a Turcis obsessa, Wien 1683); Assedio di Vienna d’Austria intrapreso li 14 Luglio 1683 (Modena 1684); Rocoles: Vienne, deux fois assiegee par les Turcs. (Leyden 1684); und Sobieski's Briefe an die Königin (ſ. Gem. Maria) während des Feldzuges vor Wien, 5. von Oechsle (Heilbronn 1827); Pater Brulig’3 Bericht über die Belag. Wiend und dad Diarium eines Ungen., 5. v. Dudif (im IV. Bde. des Arch. f. KR. öfterr. G., S. 255 —296 u. 397—508) und die Berichte des heſſen-darmſtädtiſchen Gelandten Juſtus Eberb. PBafjer...überdie Vorgänge am Wiener Hofe 1680— 1683 (ebda XXX VII. Bd. ©. 271—409) angeführt.

Defterr. Milit.-Zeitfhr. 18%. Die Belagerung Wien? durch die Türfen. Lochner, Ueber den Antheil Johann III. Sobieski's an dem Ent: fate von Wien (Nürnberg 1831); Schimmer, Wiens Belagerungen durch die Türfen (Wien 1847, populär); Barthold, Kurf. Joh. Georg III., bei dem Entf. v. Wien 1683. Nebſt e. Anh. den Antheil Sobiesfi'3 u. e. Dar: ſtellung d. Ereigniſſe bis. z. Schl. des Feldz. enthaltend (Raumer's, hiſt. Tajchb. 1848). Sehr werthvoll: Cameſina, Wien und ſeine Bewohner während der zweiten Belag. 1683. Mitth. u. Ber. des Alterthumsvereins zu Wien (1865). (FBd., 1. 2. Abſchn.) Auch die beiden Monogr. v. Arneth (ſ. w. u.) ge: hören herein, insbeſ. die erſte.

Ueber den Türkenkrieg von 1683—1687 im Ganzen v. milit. Stpd. |. Schallhammer der Türfenfrieg in Defterreih und Ungarn 1683—1687. (5 Bde) (Wien); Hammer, ©. d. osm. R., 6. Bd.; Majläth, 4. Bd.

Die maßgebendften neueren Monograpbieen. Arneth, Das Leben des K. Feldm. Gr. Guido von Stahremberg (1657—1737) (Wien 1853);

630 XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700)

und als Hauptwerk für Dieganze Epoche von 1683—1735: Prinz Eugen u. f. 3. (Wien, 2. Q., 1864.) 3 Bde.; Vgl. Bericht des Kurf. Friedrich Aug. v. Sachſen an Kaijer Feopold I., über den Feldzug bes X. 1696 geg. bie Türken, h. v. demſ. im Arch. f. K. öfterr. &., 12. Bd. DieältereLit. 3. Geſch. des Prinzen Eugen v. Savoyen, vgl. 3.8. Kausler, ift durch Arneth’3 Hauptwerk ziemlich bei Seite gejhoben. Vgl. noch F. Heller, Die milit. Correfp. des Prinzen Fugen v. Savoyen (1694— 1705), 2 Bbe. (Wien 1848). Tas öjterr. Krieg: archiv giebt num die Feldzüge bes Prinzen Eugen in einem großen Werfe heraus, wovon bis jet 4 Bde. erjchienen (1. Bd. Einleitung). Ph. Röder vd. Diersburg, De Mfgrf. Ludwig Wild. v. Baden Feldzüge wider bie Türken. 2 Bde. (Karlsruhe 1839. 1842); Vico, de rebus gestis Caraphaei (Gen. Caraffa). 4 Bde. (Neapel 1716); Des Gr. Neterani Feldz. in Ungarn (Tresden 1788); Leben u. Kriegsthaten des Gen.-Feldm. von Schöning (Berlin 1837); K. W. v. Schöning, Leben und Kriegsthaten des Gen.-Feldm. v. Nazmer (Berlin 1838); Qgl. Sammer u. Zinfeifen a. a. O.

Ueber die ungarifhen Zujtände im Mlg. Katona, XXXIIL XXXIV.; Feffler: Klein, 4.; Horväth, 4.; Szalay, 5. Bd. (Piel nad handſchrr. Material).

Ueber die fiebenbürg. Verhältniſſe eine actenmäßige Hauptquell: 8. Szäß: Sylloge tractatuum aliorumque actorum publicorum historium et argumenta b. diplom. Leopoldini, resolutionis itemquae Alvincziana vocatur, illustrantium. (Claudiop. 1833); Diplomatarium Alvinczianum 1685 bi8 1683. v. A. Szilägyi in 2 Abth., Monum. Hung. bist. I. Abth., 14. 25.38. (1870); N. Bethlen's Autobiogr. a. a. D., J., und feine Denkſchr. Mori- bunda Transsylvania (vgl. darüber die Monogr. Zieglauer's w. u.); Cſerey u. Apor a. a. O.;Deutſche FZundgr. 3. Geſch. Siebenb. II. (3. B. Tökölyi's Ein- fall in das Burzenland); Teutſch, G. d. S. S., 2. Bd.; Szilägni, Erd. tört., 2. Bd.; K. Fabritius, Der Proceß des Schäßburger Bürgermeiſters Johann Schuller von Roſenthal. Arch. f. K., öſterr. &., 9. Bd. Der Religionsſtreit auf den ſiebenb. Landtagen 1691, 1692. Arch. f. Siebenb. Ldkd., N. F., 6.9. (1); Gräſer, Karaffa's Project v. 1690, ebenda N. F., 1.(2); Teutſch, Sieben: bürgens Zuſtände u. M. Apaffy J., ebenda 1. (2); Ygl. Apaffy Michael, deſſen Staatsrath und Hofſtaat, ebda., 3. (3); Zieglauer, Harteneck LZaba— nius), Graf, d. ſächſ. Nation u. die ſiebenb. Parteikämpfe ſ. Zeit (1691 -1703) (Hermannſtadt 1869), (die bedentendſte Monogr. j. dieſen Zeitraum der ſiebenb. Geſch.) Specielleres am betreffenden Orte.

Zur Orientirung über den allgemeinen Gang der europäiſchen, insbeſondere der kaiſerlichen Politik, vgl. insbeſondere: die Werke von Ranke, (Neun Bücher preuß. Gefch., J.; Geſch. Frankreichs u. Englands); Troy, Geſch. d. preuß. Pol. IT. 3.; Arneth a. a. O.; O. Klopp, Der Fall des Hauſes Stuart u. d. Succ. d. H. Hannover ... i. Zuſammenh. d. europ. Angel. v. 1660 - 1714. (Ach habe von dieſem breit angel. Werke bie erſten 6 Bde. benükt, die bis 1694 reichen) (Wien 1875—1877). .. Gaedeke, Die Politik Deiterr. u. d. fp. Erbfolgefrieg (ſ. o.). Eine reiche Tuelle bilden bie venet. Re: lationen über Oejterreich, 5. v. Fiedler a. a. O.

XVL Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. fpan. Erbfolgefriege (16481700). 631

Der Taiferlihe Hof: bietet in feinem Minifterium feit 1679—1680 eine neue Gruppirung. Der Nachfolger Lobkowic's in Aemtern und Würden, Graf Lamberg, ein Liebling des Kaiſers, hochbejahrt, gichtkrank und dem Tode nahe, er ftirbt ſchon 1682, gilt nicht viel im großen Gefchäfte, Schwarzenberg, der Gavalier mit den größten Einkünften in diefer Sphäre (fie beliefen ſich auf jährlich 150,000 Gulden), ilt in die ſchwerfälligen Geſchäfte des Neichshofrathes verflodhten und zeigt eine gebundene Wirkſamkeit; auch er jcheidet bald (1683) aus dem Leben. Der Erfte aus diefem Kreife der alten Conferenzräthe, den der Tod im Alter von 73 Sahren feiner Wirkſamkeit entreißt und einer der VBerdienteiten in den Sahrbüchern des Faiferlichen Dienites ift Montecuculi, der Hoffriegsrathspräfident und Feldherr (F zu Linz, 16. October 1681). Noh vor Kurzem (1679) hatte er den Sturz feines minder wür: digen Gollegen, des Hoflammerpräfidenten Sinzendorf, erlebt, der aller: dings mit Recht, aber fehr zur Unzeit, von feinem Standpunkte aus auf Reducirung der Armee drang, und in der eigenen heillojen Finanz- wirthſchaft das fchlechteite Pflichtgefühl an den Tag legte.

Der Kapuziner Sinelli, feit 1680 Biſchof von Wien (FT 1685) und zeitlebens in kaiſerlicher Gunft, wenn aud) jeit 1679 Fein Haupt mehr in der Gonferenz, hatte damals in der Armeefrage die gleiche Anſchauung wie Sinzendorf vertreten. Er, der Hofflammerpräfident Adele (Sinzendorf’s Nachfolger), der neue Präfident des Hoffriegs- rathes, Markgraf Hermann von Baden, in der That fein Erſatz für Montecuculi, und der ränfevollfte Hofmann, Albreddt Graf von Sinzendorf, der es endlih zum Oberſthofmeiſter brachte (T 1683) ftanden zufammen gegen Hocher, jedenfalls den tüch— tigiten Arbeiter des Kaifers, der ſich allen Anfeindungen zum Troß in der Gunſt des Monarchen bis an fein Lebensende (1683) be- hauptet. Am meilten hatten ihm, wie er felbit geitanden haben fol, zwei Perfonen das Leben verbittert, feine Frau und jein Beicht: vater. Weberhaupt blieb der Einfluß der Geiftlidhfeit bei Hofe, insbefondere der der Jeſuiten, in Kraft, ja er wuchs nod), obihon die milde, friedlihe Gefinnung des Kaifers und die Sachlage in den ftaatlichen Kirchenangelegenheiten den Standpunft religiöfer Toleranz, 3. B. in Ungarn, immer entjchiedener zur Geltung fommen ließen.

Seit dem Jahre 1683 bezeichnet der Eintritt Theodor’ von Strattmann (Stratemann) in das Gabinet, ale Hocher's Nach: folger, einen wichtigen Abſchnitt in der Geſchichte des Wiener Hofes, deſſen Perfönlichfeiten wir bis zum Ausgange des 17. Jahrhunderts

632 XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700).

überfichtlich ſtizziren wollen. Es ift zugleich der Zeitpunkt, der uns die alte Garde der Staatsmänner nahezu insgejammt mweggeftorben zeigt. Auch der böhmiſche Oberftburggraf Martinic und jein College Noftic, der böhmische Hoffanzler, gehörten zu diefer Reihe. In der kaiſerlichen Politik, dem Reiche gegenüber, verjpürte man Ihon lange den Einfluß Strattmann’s, diefes ungemein fähigen, denk: und redegewandten rajchen und gejchmeidigen Mannes, eines Nheinländers, aus Eleve, brandenburgijchen Unterthans und zunächit auch in Tienften des Kurfürften Friedrich Wilhelm, ſodann pfalz- neuburgifchen Staatsmannes. Als kaiſerlicher Rath ſchloß er den Nymweger Frieden ab. Sein Genoffe dabei war Graf Franz Ulrich Kinsky, der Bruderentel des Schwager Terzka's und Arallenftein’s, den das Verhängniß zu Eger ereilte, als Martinic’ Nachfolger im wichtigen Amte; ein ernſter, gründlicher, viellundiger Mann, deſſen geiftige Tiefe allerdings mit äußerlicher Unbeholfen: heit und baarjpaltender Dialektik, mit einer Bedenklichkeit in Allem und Jedem Hand in Hand ging, weldye den grelliten Gegenjaß zu dem weltmännischen Benehmen Strattmann’s und zu deffen angeborenem Geſchicke, die nefchäftlichen Dinge zu fallen und zu behandeln, dar- bot. Der Venetianer Comer (1690) rühmt an Strattmann das „tiefe Urtheil und die Schlagfertigkeit in der Erledigung der ſchwie⸗ rigſten Materien“; Corner’ Nachfolger am Wiener Hofe (1692), Veniers: „feine Offenheit im Geſpräche und Benehmen, Eigenſchaften“ wie diefer Diplomat bedeutfam hinzufügt „welche manchmal nerabezu hindern, ihm zu viel zu glauben.“ Bezüglich Kinsky's jagt der Erjtere, „er verwirre eher als beſchleunige mit ſeinen Feinheiten den Aus— trag der Geſchäfte“; der Yweite: „er iſt ein Dann höchſten Wiſſens, jpeculativ mehr als nöthig.” Am Hofe unterhielt man ſich mit müßigen Anekdoten über Kinsky's Zerſtreutheit. Drei Hüte habe er in der kaiſerlichen Anticamera über einander aufgelegt und ge: glaubt, er fei nod immer obne Hut. Der Kaijer zollte ihm die volljte Achtung, aber Strattmann, der ftets beftgelaunte, vorzügliche Geſellſchafter, wurde fein Yiebling, fein „Auge und Ohr” ; Leopold's erniteo melancholifches Temperament bedurfte einer ſolchen friſchen, beweglichen Natur an feiner Seite. So begreifen wir leicht Stratt- man's amd Kinoky's Nivaliliren.

Als Strattmann, 1683 in den Srafenjtand erhoben, 1695 ftarb und dann Graf Julius Friedrich Rucelini, ein Landſaſſe Krains und Niederöſterreiche, als Hofkanzler, Staats- und Conferenzminiſter der Erbe der Äußeren amtlichen Stellung Strattmann's wurde, war Kinsfy Dis zum Kintritte Harrach's (E. 1698) unbeftritten

XVI Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. fpan. Erbfolgefriege (1648-1700). 633

ber eigentliche Träger der Staatspolitif, denn Bucelini zählte, nad Allem zu fchließen, unter jene Staatsmänner, weldye mit dem beiten Willen Unficherheit, engen Blid und eine Thätigfeit offenbaren, die fih in Kleinen Dingen erſchöpft und deshalb das große Geſchäft nicht zu beherrfhen vermag. Der Venetianer Ruzzini (1699) ent: widelt dies mit fundiger Feder; er |pricht auch von der Abhängig: feit Bucelint’s der Grazer Regierung gegenüber.

In der Zeit als Strattmann und Kinsky neben einander jtanden (1683—1695) und die Hauptlaft der Etaatspolitit trugen, galt viel beim Kaifer Ferdinand Bonav. Graf von Harrach, feit 1684 k. k. Oberftallmeifter, „der Favorit” Leopold's aus perfönlichen Gründen, nit vermöge feiner Amtaftellung; „durch Herzens: neigung des SKaifers, nicht aus Anlaß der Staatsgejchäfte”, wie Veniers (1692) jagt. Er wog in diefer Richtung viel mehr als die durch Anciennität und Würde ihm überlegenen Collegen: Fürft Dietrichſtein, Oberfthofmeifter, und Ferdinand Karl, Graf von Wald— jtein, Oberſtkämmerer des Kaifers; noch weit mehr ala der Oberft- hofmarſchall, Ferdinand Fürft von Schwarzenberg, feit 1692 Iberft- bofmeifter der Kaiferin Eleonore Magdalene und als der jpärere Oberſthofmarſchall Gottlieb Graf von Windifchgräz, der damals Ge: fandter Leopold's in Holland war! Entjchiedener drängte ſich in den Vordergrund Karl TH. Dtto, Fürſt von Salm, Ajo des Thron: folgers, Erzherzogs Joſeph, als Fremdling aus dem Reiche, durch die Verſchwägerung mit Dietrichltein doppelt feſt geſtützt; ein ehr: geiziger Kopf.

Wenden wir uns den Rejfortminifterien zu. Die Ber: waltung der Hofkammer, des fchwierigften und undankbarjten Amtes, übernahm feit dem NRüdtritte Abele’s (1683) Graf Wolfgang Andreas von Roſenberg, zuvor Principalcommiffär des Kaiſers am perma: nenten NReichstage zu Regensburg, ein tüchtiger, fähiger Mann, aber bald von der Geſchäftslaſt derart gedrüdt, daß er wiederholt feine Ent: bebung verlangte. 1692—1694 folgte ihm Biſchof Graf Kollonid), der einen möglichſt ausgedehnten Wirfungsfreis am Hofe anitrebte, und nad) dem Tode des ungariihen Hofkanzlers Palffy (1679, 6. Mai) eine Zeit lang Verweſer diefer Geichäjte geworden war, endlih machte Graf Breuner den Schluß.

Des Hoffriegsrathbspräfidenten, Markgraf Hermann von Baden (1681— 1691), wurde bereits gedacht; er taugte nicht fonderlih für diefen Poften, aber wie Contarini (1685) bemerkt, der Kaifer hatte „durch Die hohe Geburt” Diefes Mannes, wie fo oft Die Hände gebunden; das intriguirende Weſen diejes Minifters

634 XVL Bud: Nom weitph. Frieden b. 3. fpan. Crbfolgefriege (1648— 1700).

machte dem damaligen Armeehaupte Karl von Kothringen viel zu ſchaffen. Des Babners Nachfolger im Amte, der berühmte Ver: theidiger Wiens, Rüdiger, Graf von Stahremberg (1691 bis 1701), war perſönlich tüchtiger, aber dem jchmwierigen Amte Doch nicht gewachſen.

Eine jehr wichtige Stellung bei Hofe und in der Armeever: mallung batte fih der Neapolitaner Anton Graf von Caraffa durh Talent, Arbeitskraft, rüdfichtslofe Energie und ungemeine Schlauheit in der Belämpfung aller Gegner erobert; die Kaijerin und der Kaifer waren feine Stüße. Seit 1665 in öfterreichiichen Dienften und in Ungarn wie wir ſehen werden der verrufente Träger des Faiferlichen Regimentes, errang fich diefer jedenfalls über Gebühr verläjterte, aber hartherzige, von überwuherndem Mißtrauen und Starker Selbſtüberſchätzung erfüllte General nicht bloß den Feld⸗ marſchallpoſten, jondern aud) (1689) die ungemein einflußreiche Etellung eines oberften Kriegscommifjarius An Hin: gebung im Dienfte ließ er es nie fehlen.

Noch müfjen wir zweier Männer von anerkannter Nedlichkeit gedenken. Es ift dies der uns ſchon befannte Reichshofrathspräfident Graf Dettingen und Graf 3. Quirin Jörger, deſſen in der wüſten Angelegenheit des Kammerpräfidenten Sinzendorf Erwähnung geihah. Jörger, der Enkel Helmbrecht's, eines der entichiedenften Führer und Gönner der Protejtanten Defterreihs in der bemegten Zeit Mathias’ und Ferdinand’s II., Convertit und 1659 in den Grafenftand erhoben, Schwiegerfohyn Rüdiger’3 von Stahremberg, zeigte in feinem Gutachten über die Finanzwirthſchaft vom 14. April 1679 am beflen, wie richtig er die wundeſten Seiten der öfterreidhiichen Verwaltung herausfand. Ein dur und durd) redlicher, dem Staatswohle ergebener Diener des Kaifers, der in ziemlich beſchränkten Verhältniffen lebte und ftarb, brachte er es zum Statthalter der niederöfterreichifchen Lande, zum geheimen Staats⸗ und Gonferenzrathe, zum SKammerherm und Ritter des goldenen Vließes. Jörger verfaßte auch ausführliche Memoiren in 8 Bän— den, deren Veröffentlichung, wie es heißt, auf Wunſch des Kaiſers unterblieb. Ein Eremplar davon befindet fih in der Wiener Hof: bibliothek.

Die Hofgeiſtlichkeit befaß, wie immer, feinen geringen Ein- fluß. Michiele, der venetianiſche Botfchafter am Wiener Hofe, jagt darüber in feiner Relation von 1678: „Dean kann nicht genug begreifen, welche Herrihaft über die Grenzen des Gemwillens hinaus die Batres an diefem Hofe ausüben, da fie weitaus die Geltung

XVI. Bud: Vom mweftph. Frieden b. z. fpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 635

der Minifter überbieten.” Damals‘ war der uns fchon befannte Sejuit Miller obenan; feine Ordensgenofjen verftanden es, die Gunit des Kaijers feitzubalten, auch Durch theatralifche Vorftellungen und Mufilgenüffe, die ihm jehr zufagten. Miller hatte jedoch in Staatsdingen wenig zu ſchaffen; das war Sache des öfters genannten Kapuziners Sinelli, eines tüchtigen Kopfes, mit welchem 1658 bis 1680 der Kaijer in eifriger Correfpondenz ftand. Später er: Icheinen die Väter des Jeſuitenordens Bifhoff und Wolff, geborner Freiherr von Lüdingshaujen aus Weltphalen, wirkliher geheimer Rath, von maßgebendem Einfluffe in Staatsſachen.

Früher als Wolff, von welchem Rinckh in feiner Lebensbeichreibung Leo- pold’3 I. jagt, „es jei Fein groß Negotium feit feiner Anweſenheit in Wien ge: fchehen, wobei er nicht Hand angelegt” erfcheint als Beichtvater und Verfaſſer politiider Gutachten, der Sejuit Franz Menegatti. Leibnitz jchrieb über ihn an den Landgrafen Ernſt von Heſſen-Rheinfels (December 1691): „Ich fenne in Deutfchland feinen befähigteren Jefuiten als Menegatti, den Beichtvater des Kai: jerd. Als ih in Wien war, im Jahre 1688 bis zum Sannar 1689, war er Profefior in jeinem Colleg und damals wenig beachtet. Ich fuchte ihn auf wegen feiner Begabung. Wenn der Kaiſer mir den Auftrag gegeben hätte, ihm einen Beicht: vater zu wählen, fo würde ich feinen Anderen vorgejchlagen haben, ald Mene- gatti”. ... Non diefem begabten Hofgeiftlihen erihien im März 1689, zur Zeit, als fi in England der Sturz des Haufe Stuart bereit® vollzogen und das Königthum MWilhelm’3 III., des Oraniers, begonnen, ein ihm vom Kailer abverlangtes Gutachten, über zwei Fragen: 1) ob der Kaifer wider den König von Frankreich ein Bündniß und eine Gemeinſchaft mir Nichtkatholifen, befonders nit den Generaljtaaten und mit England, eingehen dürfe? und 2) ob er be: techtigt fei, dem Prinzen von Dranien bei den Bündnigunterhandlungen den Königstitel zu geben. Dieſes Gutachten iſt ein Mufter von Schärfe und Ge: fchmeidigfeit der Gedanken. Es bejaht beide Fragen, was auch drei andere geiftlihe Gutachten in derjelben Angelegenheit thun, mährend zwei analoge Schriftſtücke von Ordensgenoſſen Menegatti'3 herrührend fie verneinen.

Lord Lerington, Englands Botſchafter, jchrieb unter diefen Cindrüden den 30. Juli 1696 an jeinen Hof: „Dieje heiligen Männer müſſen ihre Finger in allen Sachen haben.”

Eine der bedeutenditen Rollen am Hofe pielte lange Zeit (1661— 1695) der Francisfaner Chriftoph de Royas y Spi- nola (geboren 1626 in Geldern), Profeflor an der Kölner Hochſchule, nachmals Titularbiihof von Knin und endlich Bilchof von Wiener-Neuftadt, ein ſehr Degabter, auch in diplomatischen Actionen frühzeitig verwendbarer Kopf. So brauchte ihn ſchon 1661 ber Raifer im Reihe zu Werbungen bei den Fürftenhöfen um Türfenhülfe. Er erjcheint als Träger einer dem Kaifer Leopold

636 XVL 824: Zaım zeizt. reden 8. ı em Arge ER IS), bald sehr Inmrethiiben Idee: der firdliden Reunion, oder Der Lereinigung des Frotetantismus mit Der römi— ihen Kirche, und eines allaemeinen Kirdenirtiedens.

Tie päpriihen Kunttien a Eier, Aibri:st und fen Radiroiger Buoni- Disii, umterrügten Spinola's Tlan, der ch aut bie in der Augsburger Gonteinon vom Jahre 15.7: enthaltene Frflärung: man te bereit, aut emem allgemeinen, vom Tapfte einzuberuienden Gonale zu erideinn. mise Leibnit telbit. Spinola's berühmter Zeirgenote, der Troretanı und Tertreter ãäbnlicher Unions- ideen, erflätt diesbezüglich in jenen Schritten: „Dat derjenige. weldyer an einen RNichter Berufung einlegt, Die Nurisdicrion Doiselben anerfennt“ : die VKerpflichtung zu Dieter Anertennung sei nicht autgeboben, iondern dauerte fort, für alle An: bänger der Gonieinon.“ Auch die „Finmwendungen der Proteñanten gegen das Soncil von Trient, erwa weil daiielbe über tie binweggeidhritten, obne he zu hören, nehme nicht weg ihre Verpilichtung zur Unterwertung unter ein allge: meines Goncıl, wenn barielbe in gebübrender Form gehalten würde.“

Spinola wollte als Mittel zu der Grreihung des groken Zweckes von dem römiſchen Stuhle eine Reibe von Zugentändniiten erlangen. ir fennen Dieie Entwũürie nur aus einem ipäter veröfientlihen Trivatbrieie eines Pro— teitanten,, fönnen alio nicht genau den uriprüngliden Umfang und ihre eigentliche ‚saljung klar erfennen.

Ter Rapit jollte den Kelch oder das Abendmahl unter beiden Geitalten concebiren, über die Herrihait ber Kirche, die Mejje und bie guten Werke, vor Allem jedoh über die Verehrung der Heiligen ſolche Aus- ſprüche erlaiien, melde das proteitantiiche Bewußtſein beruhigen könnten. Ten kirchlichen Bräuchen proteitantifcher Gemeinden jollte ein gewiljer Spielraum belajien, den Rajtoren die (Fhe, jogar die zweite, erlaubt, den Fürſten ihr bijchöf- lihes Recht innerhalb vereinbarter Grenzen gemwährleiitet, dort, wo Neigung zur firdliden Union vorhanden ſei, proteitantiiche und katholiſche Geiftlide zu abmwedjelnden Predigten zugelajien werden. (Fin Iheil fönne fi altfatholifch, ber andere neufatholijch nennen, beide bisweilen zum Zeichen ber Gemein: (Haft die Gommunion des anderen Theile mitmahen. Die Trienter Goncil: beſchlüſſe jollten bis zu der neuen, allgemeinen Kirhenverfammlung juspenbirt bleiben und ihrem Verdicte unterbreitet werden. Dabei hätten die Proteftanten, vom Rapfte in eigener Bulle des Ketzerthums freigeiprocden, nicht als Angeflagte, ſondern als Richter zu erfcheinen und zu erklären, daß fie im Papſte nicht den Antichrijt, fondern den „oberjten und erjten Patriarchen der Ehriſtenheit“ erblidten, dem das Primat der Chriitenheit, zwar nicht das ber Werihtsbarfeit, jondern das der Ordnung, nicht nach göttlichen, fondern nah menſchlichen und kirchlichen Nechten, zufomme. Auch folle der römiſche Stuhl die fäcularifirten Kirhengüter den proteftantijchen Fürften förm⸗ lich überlaſſen.

In der That, auf den erſten Blick, die ausgedehnteſten und möglichſten Conceſſionen; es war eine Grundlage, auf welcher, wenn man das hiſtoriſch Gewordene und Befeſtigte, den tieferen Gegenſatz proteſtantiſchen und

XV]. Buch: Bom weſtph. Frieben b. ;. fpan. Erbfolgefriege (1645— 1700). 637

fatholifchen Weſens und Volfägeijtes bei Seite ließ, die firchliche Union denkbar erſchien.

Spinola begann ſeine Hofreiſen mit dem wichtigſten Ziele, mit Berlin. Die dortigen Hofprediger wieſen ihn nicht ſpröde ab, man zeigte ſich nicht un: nahbar. Weit ginftiger fchien die Ausjicht jedoh in Hannover, wo der fatholijch gewordene Herzog Johann Friedrich über Proteftanten herrfchte, während fein Tutherijher Bruder, Ernft Auguſt in Osnabrück, die Mehrzahl Fatho- licher Untertanen befaß. Beide Fürften, und namentlich die Gattin des letztge— nannten, Sophie, famen ihnt freundlich entgegen. 1677 begab ſich Epinola nah Rom, allmo B. Innocenz XI. den Bericht mit Befriedigung entgegennahm und dem Träger de3 Unionswerfes am Kaiferhofe empfehlen ließ. Bis zum Jahre 1679 erklärten 14 Deutjche Regenten: Sadfen, Brandenburg, Pfalz, Hannover, Celle, Wolfenbüttel, Cafjel, Würtemberg, Gotha, Eifenah (Weimar und Xena), Sottorp, Anhalt und Auſpach, ihre Bereitwilligfeit. So ſchien dem Erftarfen de3 Faiferliden Einflujfes im Reihe und dem idealen Plane einer Regeneration Deutſchlands eine firhlihe Union als Bundesgenoſſe an die Seite zu treten, und mir begreifen fo die warmen Sym⸗ pathien Leibnitzens für die ganze Angelegenheit.

War aber ſchon der Tod des Hannoveraners Johann Friedrich (28. October 1679) ein böſes Omen, ſo trat zu Frankfurt a. M. der bedeutende Theologe Spener gegen die Sache mit inhaltſchweren Gründen auf, indem er die poſitive Unmöglichkeit für Proteſtanten und Katholiken, über das tridentiniſche Concil hinwegzukommen, ſcharf auseinanderſetzte und die Gefahren, den Boden unter den Füßen zu verlieren, namentlich dem ſächſiſchen Hofe gegenüber zu betonen ſich beeilte. An den ſächſiſchen Höfen war man nun mißtrauiſch geworden. Aber auch von katholiſcher Seite begann man Spinola vorzu— werfen, daß er den Proteſtanten Dinge verſpreche, welche man von Seiten der katholiſchen Kirche nicht halten könne. Allerdings erlangte Spinola zu Rom in dem vom Papſte anbefohlenen Berichte der vier Cardinäle über ſeinen Plan volle Anerkennung, desgleichen empfahlen ihn die Generäle des Jeſuiten-, Dominikaner-⸗, Franziskaner- und Auguſtiner-Ordens, aber eben dieſe Aner— kennungen legen nahe, wie grundverſchieden das Endergebniß des gan— zen abenteuerlichen Planes, in den Augen dieſer Kreiſe, von dem geweſen ſein müſſe, was man in unionsfreundlichen Proteſtantenkreiſen dabei erhofite.

Die franzöſiſche Politik und die gallicaniſchen Anſchauungen der bezüglichen Partei unter den Cardinälen, mit dem von d’Eiterös an ber Spipe, war diefen Plänen abgeneigt, und der Papft überließ, nun dadurch ge: ängftigt, die Weiterführung der Reunion dem SKaijer.

Die brandenburgijhen Hofprediger der reformirten Nichtung lehnten das Anfinnen Spinola’s ab, und obſchon der neue Fürſt Hannovers, Ernjt Auguit, ein Freund des Gedankens blieb und der protejtantijche Abt zu Lodum, Molanus, mit Spinola einen neuen Unionsentwurf vereinbarte, ftieß das Ganze immer mehr auf Widerftand, Ueberdies war die bewegte Kriegszeit feit 1683 ſolchen rperimenten nicht günſtig. Mit frauenhafter Begeijterung arbeitete an der Löfung des Problems die Tochter des Pfalzgrafen Friedrich's V.,

538 XVI. Bud: Yom weinh. Arieden b. :. ipan. Erbiolgefriege ( 14° Iran.

£uiie Hollandine, die den rarerlihen Flauben mit dem katboliſchen vertauicht hatte und Aecbriiin von WMontbuition gemorden war. Dies bezeugt ihr Briei: wechiel mir Yeibnig, Zoituer und Molanus.

Zpinoia, ion früher Zirularbiihbo? von Rnin (episcopus Tmnensis), wurde vom Kaiier 1626 auf den biihörliden Stubl von Riener:Reuttadt erhoben, iollte no einmal den Anlauf zur Verwirklichung des Unionsgedanfens nehmen, und ;war vor Allem auf dem Boden des önerreichiſchen Staates, in Ungarn. (5 mar dies zur Zeit, als ti die conteijionelle und. poli- tiihe Racification Ungarns bereits vollzogen hatte; der damalige Palatin Raul (Süterhasy und Primas Paul ZS;ecienyi veripradden ihre Unterftügung, der nüchterne, praftiiche, in Allem das Imperative liebende Biichof Kollonich war weniger entgegenfommend. Leopold I. gab dem Biſchofe Spinola eine Vollmacht vom 20. März 1691 zur Aufnahme von Unterbandlungen mit der proteitantijchen Geiſtlichteit Ungarns,

Aber gleichzeitig wollte es Epinola auh in Deutſchland verjudhen. Wieder fommt man ihm an verichiedenen Höfen, zu Leipzig, Heidelberg, insbeſon⸗ dere aber in Hannover freundlich entgegen. Hier wirkten Leibnig und namentlich der vorgenannte Abt von Lockum, Molanus, in biejer Richtung. Tes legteren Erklärung iſt in der That ein Schritt äußerſten Gntgegenfommens auf pro: tejtantischer Seite. Aber bald äußerte auch Molanus feine Bejorgniffe, es würden „ale ireniſchen Beitrebungen in Rauch aufgehen” (1693, Mai). Im Jahre 1693 mochte der 67 jährige Spinola einjehen, daß ſowohl in Ungarn als in Deutich- land die ganze Sache hoffnungslos jei; die ungariſchen Protejtanten hatten das faiferlihe Patent vom März 1691 dahin beantwortet, fie müßten die Erllärungen der Glaubensgenofjen in Deutihland abwarten. Mit biefem bitteren (Wejälgle, Die Kluft der Bekenntniſſe nicht überbrüden zu Tönnen, jchieb ber würdige Mann, 1694, 12. März, aus dem Leben. Sein Streben war bei aller Haltlofigfeit der Vorausſetzungen ehrenwerth. Daß Graf Buchheim, Spinola’s Nachfolger im Bistum, als Erbe und Anwalt feiner Pläne, die Dinge um nichts weiter brachte, erfcheint begreiflich.

Noch müſſen wir der Stellung der fürftlihen Frauen am Kaijerhofe gedenken. Ein eigentliches Damenregiment hatte da, wo es ein fittliches Samilienleben gab, nicht Raum; aber den Einfluß der grauen in ber faijerlihen Familie darf man gleihmohl am Hofe Leopold's I. nicht unterjchägen. Noch immer bewahrte einen folchen die Stiefmutter des Kaifers, Eleonore; er ſchien den der eigenen, dritten Sattin, Eleonore Magdalene von Pfalz.Neuburg, zu überbieten; denn in einer wichtigen. Angelegenheit wandte fich deren Vater eher an die Kaijerin-Wittwe, als an die eigene Tochter. Immerhin mußte die regierende Kaijerin, bei ihrem Streben, die volle Gunſt des Gatten zu erwerben und zu behaupten, insbejonbere, jeitbem ſie dem Kaiſer (1678) den langerjehnten Thronfolger Sofeph (I.) geboren, in bie Lage kommen, für ihre eigenen

XVL Buch: Vom weſtph. Frieden b. z. jpan. Erbiolgefriege (1648— 1700). 639

Verwandten Aemter und Würden zu erlangen. So veridhaffte jie dem einen Bruder, Franz Ludwig, das Bisthum Breslau, gegen das Votum des Capitels zu Gunften des B. von Olmütz (1683, 30. Januar), doch ftarb er (4. Jannar), ohne e8 angetreten zu haben, und hatte den jüngſten Bruder zum Nachfolger.” Dem zweiten, Ludwig Anton, ward das Amt des Deutfh-Ordensmeifters (1685), (die Mainzer Coadjutur 1691), endlid das Bisthum Worms zu Theil; ein vierter Bruder wurde Biſchof zu Augsburg (1690).

Es begann jo eine Rivalität der pfalzneuburgiihen Hof: partei mit dem Herzoge Karl von Xothringen, als Gatten der Schmeiter des Kaifers, der verwittweten Königin.

Karl V. von Lothringen (geboren 3. April 1643), der Neffe und Nachfolger 9: Karl's IV., ſchon 1664 als kaiſerlicher Oberit, unter der Fahne Montecuculi’s im Türfenkriege vor Raab mit Aus: zeichnung genannt, zweimal Bewerber um die Krone Polens, aber ohne Erfolg, 1676—1679 im Kampfe mit Frankreich verdient, und jeit 1678 mit der Erzherzogin Eleonore Marie, Wittwe des K. Michael vermählt, die ihm fchon vor ihrer polnischen Ehe geneigt war, fand, da ihm der Nymmeger Friede den Aufenthalt im Loth: ringer Lande gründlich verleiden mußte, eine willlommene Stellung als Laiferlider Statthalter in Tirol.

Hier war der zweite Sohn Erzherzog Leopold's und der Medi- ceerin, Sigmund Franz, der gegen den Willen des Kaijerhofes jeine einträglichen geiftlihen Würden mit der weltlichen Fürftenherr- Ihaft vertauſcht hatte, nad) kurzer Regierung (1663, April bis 1667, 25. Juni) eines raſchen Todes verftorben, der zu dem un- begründeten Hiftörchen einer Vergiftung durch feinen italienischen Leibarzt, Agricola, Anlaß gab; ein mohlgeftalteter, begabter Fürft, deffen Rührigfeit zum Wohle des Landes feinen Berluit doppelt empfinden ließ, wie ſtark auch der geiftliche Einfluß bei Hofe und die eigene, faft beifpiellofe Frömmigkeit des Erzherzogs Alles übermog.

1665 übernahm Kaiſer Leopold das nunmehr beimfällig ge- wordene Land; 1679, den 17. Juni, trat der Herzog von Lothringen den Statthalterpoften an, und ſchlug mit der Gattin zu Innsbrud das Hoflager auf. Doc jollte ihn bald der Krieg der Provinz für lange fern halten. Die vier Jahre des vorwiegenden Aufenthalts in der Hauptitadt Tirols bejchenkten ihn mit männlichen Erben und einer Tochter.

Karl von Lothringen, der Taiferliche Generallieutenant, ftand im 40. Lebensjahre, in der vollen Manneskraft, als er der Erbe

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von Baben, allervings der berahiaterte Rivale Des Yorbringers, Sohn des katholiſchen Markgraren verdinand Mar van Baden-Baden (7 1569) und Luiſe Chrittinens, Tochter des Herzogs Thomas Franz von Zavoyen:Carianan. (Geboren su Paris 1655, 18. April, er: Icheint der 19 Jährige ſeit 1674 in den Tientien des Ratiers, welche aud jeine Iheime Leopoid Wilhelm (1626— 16571 kaiſerlicher Feld⸗ marichall, und Hermann, der uns befannte Präſident des Hof—⸗ friegsrathes, genommen hatten. Montecuculi und bald auh Karl von Lothringen waren da jeine Lehrmeiſter. Mit 29 Jahren Erbfürit von Baden-Baden (1677) geworden, und bereits kaiſer⸗ liher Generalfeldwachtmeiſter, erlitt er durch die Wirthſchaft der franzötischen Neunionstammern (1679—1682) 10 viel Kränfungen jeiner landesherrlihen Rechte, daß er es vorzog, abermals in faijer: liche Striegsdienite zu treten. So ericheint er 1682 als Faijerlicher Feldmarjchalllieutenant dem Lothringer beigegeben. Bald fand Diejer an den Markgrafen einen ziemlich leidenſchaftlichen Aufpaijer und Tadler, den das Hoffriegsrathspräjibium jeines Ohms Hermann eine willkommene Stübe bot.

Dem Badener an die Zeite tritt bald der junge Kurfürit von Bayern, Warimilian IT. (Emanuel), geboren 1662, jeit 1680 volljähriger Yandesfürit, dejjen ältere Schweiter Marie Anna (1680) den Tauphin von Sranfreih, Ludwig's XIV. Eritgebornen, zum (satten erhielt. Maximilian Emanuel, jeit 1683 unter Taijer: licher Fahne, 1685 Schwiegerſohn Leopold's I. durch Heirath mit Maria Antonia, Tochter der eriten Gattin St. Leopold's I., der ſpaniſchen Margarita Therefia, war durch und durch Lebemann, wicht ohne Friegerifchen und politifchen Ehrgeiz, „unentichlojien im Cabinete“, jagt von ihm jein Striegsgenofje Ludwig von Baden, „ber Sicher im Hagel der Geſchoſſe, ſchwach im Kriegsrathe,

XVI. Bud: Vom weilph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 641

aber feit am Tage der Schlacht." Feuer und Bravour machten ihn beim Soldaten beliebt, bein Feinde gefürchtet.

Diefem fürftlichen Feldoberften des Kaifers trat in den Tagen der höchſten Gefahr Defterreihs ein junger Franzofe, gleichfalls hoher Abkunft, an die Seite, vom Geſchicke auserjehen, ein großer Feldherr und bedeutender Staatsmann des Hauſes Delterreih zu werben.

BrinzEugenvon Savoyen:Garignan (welde Linie der jüngjte Sohn Karl Emanuel’s I, Thomas Franz, in der erjten Hälfte bes 17, Jahrhunderts in’s Leben rief und ihr durch jeine Heirath mit Marie von Bourbon, Schweiter und Erbin des legten Grafen von Soiſſons, die lehtgenaunte Herrihaft auf franzöfiichem Boden zubradhte), war der fünfte und legte männliche Sprofie Eugen’s Mauritius, des „Grafen von Soiſſons“ und der Ichönen, geiftvollen Nichte des Cardinalminiftere Mazarin, Olympia Man: cini, die als Gegenftand der leidenfchaftlihen Bewerbungen des jungen Franzoſenkönigs Ludwig XIV. es vorzog, die Gattin des Prinzen zu werden und dennoch bis zum Jahre 1665 als die erfte Dame bei Hofe eine glänzende Rolle ſpielte. Schon einmal hatten die ehrgeizige, nad Einfluß ringende Frau und ihr Gatte den Hof verlafjen müjjen‘ das zweite Mal geihah dies am 30. März 1665, zur Zeit der Herrichaft der la Valliere, damals war Eugen faum anderthalbjährig. 1663, den 18. October, zu Paris geboren, ver: lor Prinz Eugen im Alter von 10 Jahren den Vater (F 1673), und bald erfüllte fi) das Gejchid feiner Mutter; fie mußte den halb jelbit verjchuldeten Anfeindungen der Montespan und des Minifters Louvois weichen und floh nach Brüffel, um Frankreich nie wieber zu betreten. |

Die Familie blieb in Frankreich; aber in dem Herzen Eugen’s mußte das 2008 der Mutter eine Erbitterung gegen den franzöfifchen Hof zeitigen, welche insbejondere fein Bruder Ludwig Julius theilte; fie wuchs nur noch, da der Heine, ſchmächtige Eugen, braun von Antlig, mit der unſchönen Stulpnafe, deijen großes feuriges Auge

allein auffiel und fefjeln konnte .wie ihn uns der befte Zeuge, Charlotte von der Pfalz, die Gattin des Herzogs von Orlean’s in ihren werthvollen Memoiren ſchildert mit feinem innerjten Drange

zum Kriegshandwerke nicht durchzudringen vermochte, jondern als prädeftinirter Geiftliher, ala „l’abb&e de Savoye,* als „le petit abbe* vielmehr die Zielſcheibe mwohlfeiler Witeleien abgab. Aber der junge Mann, den der Genius dahin drängte, wo ihm fein Pla beſchieden war, der Mathematif, Geometrie, Die Krone, Geld. Defterreihe. II. 41

642 XVI. Bud: Tom weſtph. Frieden b. 5. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700).

Grundlagen der Kriegswiſſenſchaft ebenfo ernftlih angriff, als er bie Thaten der großen Feldherren der Vergangenheit begeijtert in ſich aufnahm, war bald entjchloffen, dem Franzofenlande den Rüden zu fehren, als das Jahr 1683 einem jungen Krieger unter der kaiſer⸗ lichen Fahne Arbeit und Ehren vollauf in Ausficht ftellte. Seine beiden älteften Brüder hatten jich früher ſchon ſavoyiſchen Dieniten zuge: wendet; der dritte, Ludwig Julius, trat furz vor dem Ausbruche des Türfenkrieges in faijerlihe Dienfte. Ihm folgte nun bald Eugen nad).

Der junge Mann von 19 Jahren, deffen Genie an dem Range der Geburt und an hohen Verwandtichaften wirkſame Bundesgenoffen befaß, traf im kaiſerlichen Heere einen nahen Verwandten und Alters: gefährten, den jungen Markgrafen Ludwig von Baden und gewann bald an dem Generaliffimus Karl von Lothringen einen wohlmollenden Vorgejegten und geachteten Zehrmeifter. Vor Allem jedoch fam dem Fremdlinge Kaifer Leopold ſelbſt mit einer Güte entgegen, welde das Heimijchwerden des „Großneffen Mazarin’s” in Deiterreich be: fchleunigen mußte. Ludwig XIV. mochte bald bereuen, den Dann fich entfremdet zu haben, der mit Hingebung der habsburgijchen Fahne diente, und den ſchon 1685 der Markgraf von Baden dem faiferlihen Kriegsherrn mit den Worten vorgeftelt haben fol: „Diefer junge Savoyarde wird mit der Zeit alle diejenigen erreichen, welche die Welt jegt als große Feldherren betrachtet.”

Wir haben bisher den Faijerlichen Hof und die Verfönlichfeiten in’3 Auge gefaßt, denen es bejchieden war, in die Geſchicke Defter: reichs maßgebend einzugreifen; überlaffen wir uns nun dem Strome der Ereigniſſe jelbit.

Das Jahr des Nymmeger Friedens, 1679, war zugleid ein Ihlimmes Peſtjahr. Die böſe Seuhe war von Dftungarn herübergewandert, wo fie Kaſchau hart mitgenommen hatte (1678). Im Frühlinge begann fie im Weiten des Staates ihr Fürchterliches Würgen. In der Heinen Stadt Dedenburg, defien Bürger Cſaͤny, ein fleißiger Chronift jener Zeit, den Sammer mitmadhte, forderte der ſchwarze Tod an 2500 Opfer, aljo ficherlich faft die Hälfte der Bevölkerung; Böhmens Hauptſtadt büßte Taufende ihrer Bewohner ein; in Wien wuchs vom Sanuar bis in ben September. die Zahl der monatlichen Peftleichen zu der Höhe von mindeitens 12,000; an 300 Käufer fanden ganz leer, erft in

XVI Bud: Vom weitph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 643

Herbite erjtarb allmählich die Wuth des Uebels, das nad) beiläufiger Schätzung weit über 50,000 Menjchen dahin gerafft haben joll.*)

Der Kaiſer hatte fich von Wien den 9. Auguft auf das Schloß am Kahlenberge, dann nach Heiligenkreuz, von hier nach Mariazell geflüchtet; er hoffte endlich in Böhmen Sicherheit zu finden, aber die Seuche, welche ihren Weg von Dften nad) Weiten und dann nordwärts nahm, verfolgte ihn aud in das Elbeland, und fo begab er id) mit dem SHofitaate nah Linz, wohin die Peitilenz nicht reichte. Die Monarchie beklagte Verlufte an Nähr- und Wehrkraft, als hätte ein großer Krieg allhier gemüthet.

Wien bot damals ein Bild des Schredens und chaotiſchen Durcheinanders. Am fräftigften fchildert dies ein Augenzeuge, der befannte Abraham a ©. Clara (Ulsih Megerle) in feinem „Merks Wien, das ift: des mwüthenden Todts ein umftändige Be- ſchreibung“ .. einer der vielen Predigten diefes originellen Bar: füßermönches.

Das Verdienſt in dieſes Chaos Ordnung gebracht und mit raſtloſer Selbſtverleugnung die allgemeine Wohlfahrt gefördert, das graufe Elend gemildert zu haben, gebührt vor Allen dem damaligen Statt: halter Nieder Defterreihs, dem Grafen Ferdinand Wilhelm von Schwarzenberg, der dabei mehr Umfiht, Ausdauer und Muth bewährte, als mancher Feldherr auf dem Schlachtfelde aufzubieten braucht. Ihn unterftügten dabei die Regierungsräthe: Q. v. Sörger, und die Grafen Hoyos und Stahremberg. Wien glich einer halb ausgeftorbenen Stadt, als der Kaiſer im nächſten Jahre hier wieder feinen Sit nahm. Auch in die ſüdlichen Alpenländer griff das Uebel in den fpäteren Monaten des Jahres. Sehr Hart wurde Pettau betroffen, wo der größere Theil der Bevölkerung wegſtarb; in Graz verödeten viele Bürgerhäufer ; überhaupt konnte die Steier: marf die Zeit von 1679—1684 zu den ſchlimmſten Peſtjahren rechnen. Abraham a ©. Clara verewigte auch die Peitleiden der ſteiermärkiſchen Hauptſtadt in einer an tragikomiſchen Wendungen reihen Predigt.

Solche Elementarereigniffe pflegen einen doppelten Einfluß auf das Gemüth der Zeitgenoffen und vor Allem auf den Sinn des ‚gemeinen Mannes auszuüben; fie ſchüchtern ihn ein und fie ftacheln ihn auf: an den äußerſten Stleinmuth grenzt verzweifelter Troß. Jedenfalls müſſen wir diejes Moment auch bei dem böhmischen

*) Bol. die Schrift: Kurze Beichreibung ber großen Peſt zu Win i. J. 1679 (Wien 1779). 41*

644 XVI. Buch: Vom meitpb. Frieden b. z. jpan. Erbiolgefriege (1648—1700).

Bauernaufftande in Anſchlag bringen, welcher 1680, achtzehn Jahre nach) der örtlich befchränften Rebellion in der krainiſchen Gotſchee (1662), losbrad), vom Czaslauer Kreife ausging und bald auch im Bunzlauer, ja aud in den nordmweftlichen Kreijen, im Xeitmeriger, Saazer und Ellbogner, Taujende von Bauern und Häuslern gegen die brücdenden Forderungen der Grundherrſchaft bewaffnete.

Ausführlich erzählt der Jeſuit Wagner als Zeitgenoffe in feiner forgfältigen und im mürdigen Tone gehaltenen Geſchichte Leo: pold's I. den Ausbrud), den Gang der ganzen Rebellion und ihre Niederwerfung durch die bewaffnete Macht unter der Führung der faiferlihen Generale Harant und PBiccolomini. Er iſt aud) nieht blind für die Webelftände der Grundunterthänigfeit. Leider folgte den zahlreihen Hinrichtungen mittelit Strang und Schwert nicht auch die gründliche Abhülfe der offenliegenden Gebrechen; denn Diefer Bauernaufruhr zeigte in feiner Ausdehnung am beiten, mie allgemein fie waren. In den deutihen Nord: und Weſtbezirken allein wurden an 13 Orten Suftifizirungen vorgenommen.

Aber wenden wir nun wieder unfere Blide den Strömungen ber großen Politik zu.

Wie gründlid) verfahren die naturgemäße Richtung der deutjchen Reichspolitik Frankreich gegenüber geworden, ſehen wir an ben Folgen des Nymmweger Friedens, in dem Zerwürfniß zwifchen dem Raifer und dem Kurfürften von Brandenburg: Preußen, endlich an bes Letzteren Allianz mit Franfreih. Es fam jo weit, Daß Friedrich Wilhelm, trogdem eine Botſchaft Oeſterreichs, Hollande und Englands (damals ward der Stuart K. Karl II. aus dent franzöſiſchen Schlepptau gelöst) und Wilhelm von Dranien perfön: lich ihn von Frankreich abzuziehen fich bemühten und Graf Lamberg im Namen des Kaifers dem Kurfüriten eine Entihädigung für Jägern— dorf, Subfidien und das Generalat der Reichsarmee darbot, 1681, ben 11. Januar, ein zehnjähriges und thatſächlich demüthigendes Bündniß einging, das den Reunionsgelüften Ludwig's XIV. auf Koften des deutſchen Reichsgebietes Feinerlei Schranke zog und den Kurfürſten in allen Angelegenheiten Deutjchlands zum Helfershelfer Frankreichs machen jollte.

Andererjeitd war Karl IL. von England, an deſſen Hofe Graf Franz Sigmund Thun als kaiſerlicher Botfchafter weilte und mit dem Parlamente in Uebereinftimmung zu bleiben befliffien war, wieder in das Fangnetz Ludwig's XIV. gerathen und fchloß mit dem Gefchäftsträger bes Franzoſenkönigs, Barillon, den Tractat vom 1. April 1681 ab. Dem entgegen hatte K. Leopold I. im März

646 XVL Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700).

Mund nahmen mit Schmähungen über den ſchwachen, vom Aufruhr Ungarns bedrängten Kaijer, mit Schmeicdheleien und Berjprechungen, der Bayernfürft, den Ffaijerfreundlichen Ohm Mar und den öfter: reichiſchen Botſchafter Noftic, dann den Grafen Lobkowic zur Geite, lieh ihnen doch nur halbes Ohr; die Wallfahrt Leopold's I. nah Alt-Dettingen (Anfang März 1681), mwojelbft er mit Mar Emanuel zufammentraf, das einleitende Angebot der Hand der Raifertochter Maria Antonia, entjchieden über die Geſinnung des Kur- fürſten. „Ich werde ihn führen, nur für den Kaiſer und das Vater⸗ land,” fol er gejagt haben, als ihm Leopold I. einen Toftbaren Degen einhänbdigte.

Brandenburg: Breußen jhloß mit Frankreich den definitiven Allianzvertrag vom 11. Sanuar 1682; die Taijerlichen. Gejandten am Regensburger Reichstage, Roſenberg und Stratt- mann, juchten dagegen die deutichen Fürften gegen die verderblichen Pläne Frankreichs aufzumahnen. Daß diefe übellaunig, unbeweglich blieben, hatte feinen Grund in dem was Severinus a Monzambano, der verfappte PBufendorf, in jeinem klaren Buche über das deutjche Reich fagt, derjelbe Pufendorf, welcher als brandenburgiſcher Hiltorio- graph ziemlich richtig und rücdhaltlos die politiiche Sachlage erörtert: „Es beiteht gegen das Haus Defterreich der Neid aller Fürften des Reiches oder doch der Argwohn, infolge feines langwierigen Be: figes der Kaiſerwürde und feiner übergroßen Macht.” Hatte man doch Thon am Regensburger Neichstage vom Jahre 1665, mo die permanente kaiſerliche Wahlcapitulation berathen wurde, von diefem Standpunkte aus, die fogenannten öſterreichiſch-babenbergiſchen Sausprivilegien fharf angegriffen, ala ungebührliche Freiheits— briefe, ohne begreiflicherweife eine Ahnung von dem eigentlichen Sachverhalte zu haben.

Noh einer Macht lag Alles daran, Defterreih im Kampfe wider Frankreih in Athen zu halten, es war dies Spanien, deſſen Botichafter, Marchefe von Borgomaynero, in Wien un: aufhörlich dahin wirkte, drohend, daß fonft der Hof von Madrid fi von der deutſchen Linie Habsburgs abwenden würde. Wußte er do, daß dem Kaifer in feinen Erbhoffnungen auf Spanien Alles an dem beften Einvernehmen mit dem Spanischen Karl, feinem Schwager, gelegen war. Aber der Kaijer bedurfte dieſes moralifchen Drudes nicht, um die ganze große Gefahr zu ermeflen, Wie ihm von Frankreich her drohte, die Politik Ludwig's XIV. ſchürte ja bei der Pforte jo gut, wie in Ungarn; franzöfiiches Geld floß dem Kuruzzenführer Tökölyi zu. Als nun der Taijerliche Reſident

XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. jpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 647

in Warſchau, Zieromsfi, die bezügliche Correſpondenz des fran- zöfiihen Agenten Duvernay mit Tökölyi auffing und Anfang October 1682 diejelbe dem Polenkönige Sobicsfi vorlegte, mit der Forderung, den Franzojen auszumeilen, miderftrebte der genannte Herricher nicht länger, und Leopold I. ließ nun jene Correjpondenz ben Höfen vorlegen. Man ſprach von den abenteuerlichiten Plänen Frankreichs, deren aud Pufendorf gedenkt. Es habe der Pforte die Theilungderöfterreihifhen Länder angeboten; Böhmen, Mähren, Schlefien wolle Ludwig XIV. als Ausftattung für feinen Dauphin, als Fünftigen römiſch-deutſchen König behalten, alles Vlebrige gönne man den Türken, um es ihnen dann jpäter wieder abzujagen! Diefe Gerüchte zeichnen die Sahlage am beiten. Aeußerte fih doch der Botjchafter Ludwig’s XIV. in London, Barillon, am 18. December 1682 gegen den holländischen Refidenten van Benningen, wie Graf Thun nad Wien jhrieb: „Sein König werde noch eine Zeit lang innehalten und laviren, ſobald aber der Türfe erfheine, werde er auf allen Eden auf einmal losbrehen und vielleiht bis Böhmen vor: dringen.

Den 10. Mai 1682 hatte der Kaijer, das verlogene Angebot Lud— wigs XIV.: Frieden auf Grundlage feiner Reunionen, zurüd: mwetfend, das Quremburger Bündniß mit zahlreichen Reiche: ftänden des fränfifhen, ſchwäbiſchen und oberrheinifchen SKreijes abgeſchloſſen; Schweden, von den Abmachungen Brandenburgs mit Frankreich geängitigt, ſchloß fih dem Kaiſer an, während Kurfürft Friedrich Wilhelm, mit Dänemart im Einverftänd: nifje, Alles aufbot, um einen Krieg mit Frankreich zu bintertreiben. Der Regensburger Reihstag war der Werbung des Kaijers um QTürkenhülfe (Derember 1682) nicht günftig.

1683 ließ Brandenburg durch Schwerin (Frühjahr), jpäter noch durd den Fürften von Anhalt (Juli, Auguft), in Wien ver: handeln; es galt den Frieden mit Ludwig XIV. und die Ent: Ihädigung für Jägerndorf. Strattmann erflärte damals im Namen des Kaifers an Schwerin: Nur einen „Univerſalfrieden“ fünne der Kaifer annehmen, nicht einen Separatausgleid) mit Frank: reich; der Kaijer fei zum Aeußerſten entſchloſſen; lieber wolle er, wenn ihn der Untergang bedrohe, rühmlich untergehen. Schon einmal jei der Türke vor Wien und ſchon wiederholt der Franzofe inmitten des Reiches geweien. Graf Berfa unterhandelte weiter noch im Namen des Kaifers zu Berlin und sing dann nad) Kopen: bagen ab.

: 648 XVI Bud: Vom weftph. Frieden b. z. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700).

Man kam fih nicht näher, überdies erfuhr der Kaiſer von München, Nebenac habe aus Berlin feinem Collegen am bayerifchen Hofe gejchrieben, man dürfe ficher fein, daß der Kurfürſt dem Kaiſer nicht Einen Mann ſchicken werde, um ihn jo zum Frieden oder doch zur Waffenruhe zu zwingen. Auch fei die Abficht Friedrich Wilhelms, Schlejien zu occupiren. Frankreich wählte ge: ſchickt! Damals, als in Paſſau erfolglos verhandelt wurde, war längit Schon der große Krieg mit der Pforte im Gange, das furdt- bare Türfenheer vor den Mauern Wiens, Defterreih vor eine Lebensfrage geitellt. Und gerade in diefem Zeitpunkte hatte ber franzöſiſche Botjchafter Erecy (26. Yuli 1683) am Regensburger Reichstage den Kaiſer angellagt, er opfere, als Schleppträger Spaniens, das Neih dem Kriege mit dem feindlih gefinnten Frankreich! |

Oeſterreich follte aber in diejfem verhängnißvollen Waffengange mit einem übermächtigen Gegner nicht allein bleiben. Graf Martinic hatte bei dem PB. Innocenz XI, wie wenig Opferwilligfeit auch ſonſt der römijche Stuhl dem Haufe Oeſterreich bewies, Sub: fidien (monatlid 50,000 Kronen ; 300,000 gingen jogleih an den Nuntius in Wien ab) und die Vermittlung bei dem polniſchen Hofe erzielt. Andererjeits hatte der Papft ein Breve an den Franzoſenkönig gerichtet (20. Januar 1683), Ludwig XIV. möge wenn er auch nicht Türfenhülfe dem Kaiſer jenden wolle, ſich doch jo verhalten, daß Lebterer ohne Furcht vor den Waffen Frank—⸗ reichs die Waffen gegen ben allgemeinen Feind führen Fönne.

In Polen arbeitete Graf Waldftein am Abichluffe des wichtigiten Bündniffes; Sobiesfi, der verdiente Türkenkämpfer, be: griff die Tragweite der osmanischen Heerfahrt; ſchon im November 1682 riß er ſich von feinen franzöfiihen Sympathien los; am 31. März 1683 ſchloß er die entjcheidende Allianz mit dem Kaijer.

Der Papſt garantirt dad Bündniß für fi und feine Nachfolger; es wird von den beiden Monarchen, ihren Bevollmächtigten und den Cardinalprotectoren beider Nationen eidlich befräftigt. Beide Theile verzichten auf alle Subjibien- rüdjtände der früheren Allianzen Oeſterreichs und Polens; der Kaijer insbeſon— dere auf alle Anfprüche auf das Salzbergmwerfvon Wieliczfa. Leopold J. verpflichtet fi 60,000, Sobiesfi 40,000 Mann zu ftelen. Im Falle Wien oder Krafau belagert würde oder in allen großen Fallen gemeinjamer Krieg3- bedrängniß jollen jich beide Theile beijtehen; ſonſt jedod) der Kaijer die Rück— eroberung der ungarifhen Feftungen, Polen die Wiedergeminnung Kamienic’, Rodoliend und der Ufraine anftreben. Sollte der Krieg ausbrechen und es für Polen unmöglich fein, die vom Reichstage bemilligten Eontributionen

XVI. Buch: Vom mweftph. Frieden b. z. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 649

aufzubringen, fo verjpricht Leopold dem Polenfönige 1,200,000 polniſche Gulden auszuzahlen, ohne auf der Rüderftattung zu beftehen. Dem Papite bleibt es freigeftellt, für irgend eine Entfhädigung zu ſorgen. Der Kaifer wird Spanien zur Aufbietung von Geldbjammlungen in den italienifchen Provinzen im Intereſſe Polens für die Dauer der Kriegdzeit vermögen. Alle hrijtlihen Fürſten, vorzugsweiſe der ruſſiſche Czar, folen zum Eintritt in diefen Bund aufge: forbert werben.

Sobiesfi wurde der hülfreichſte Bundesgenoſſe. Auch der Kur: fürft von Bayern, allwo Graf Kaunig unterhandelte, hielt zum Kaifer. In Spanien befand fih Graf Manzfeld; das Madrider Cabinet jah jedoch den Angriff Sranfreihs vor der Thür.

Und nun gilt es, den Gang der ungariſchen Verhält— niſſe und der Türlengefahr jeit 1680 zu zeichnen.

Der Wiener Hof hatte mit Tökölyi einen fechsmonatlichen Waffenitillitand abgejchloffen (März 1680), der dann bis Ende Juni . 1681 verlängert wurde. Der Kaijer mwünjchte ſehnlichſt den Aus:

gleich, die Bacification Ungarns, je drohender die allgemeine Sadjlage ſich anließ. Wie ſchwierig diefe Pacification war, fieht man am beiten, wenn man fih die Gejhichte des Dedenburger Landtages (am 28. Februar 1681 auögefchrieben, den 28. April eröffnet) vor Augen hält und zunächſt die beiden Schriftjtüde der proteftantiihen und katholiſchen GStändepartei vergleicht. Ssene verlangt (1681, 22. Juni) in jcharfer Darlegung der durch die. katholiſche Reftauration erlittenen Unbilden, Schadenerſatz, Züch⸗ tigung der Störer der freien Religionsübung und Wiederherſtellung des augsburgiſchen und helvetiſchen Bekenntniſſes auf ſeinen alten Stand, während dieſe von den „Verfolgungen und Wuthausbrüchen“ der Nichtkatholiſchen in breiter Erörterung das abſchreckendſte Bild liefert und für ſich als Bekenner der einzig geſetzlichen Kirche den kaiſerlichen Schutz und gebührende Genugthuung begehrt.

Am 13. Juni 1681 wurde Paul Eßterhazy, ber zweite Sohn des berühmten Nilolaus, der Gründer der fürftlichen Linie feines Haufes, Palatin. Schon früher (1680) hatte er als Oberft- hofmeijter neben dem Primas und dem Juder Curiä (Adam Forgäcs) mit den Malcontenten zu Tyrnau verhandelt. Jetzt war er die Seele der katholiſchen Negierungspartei.

Der Kaiſer, zwifchen den beiden Religionsparteien in der un: erquidlichiten Zage, verjuchte es mit einer gut gemeinten, aber halben Maßregel, die, bei der leidenſchaftlichen Erregung der Gemüther, den Proteftanten als zu wenig nicht genügte, den Katholifchen als zu viel höchſt unwillfommen war. Nichts deſtoweniger ift dieſe

650 XVI. Bu: Nom weſtph. Frieden b. 3. jpan. Erbfolgekriege (1648—1700).

faiferlihe Refolution vom 9. November 1681, wodurch mit der Rekatholiſirung Ungarns enticheidvend gebrochen wird, das wich— tigite Ergebniß des Dedenburger Reichstages und überhaupt der erite Schritt zur Pacification Ungarns. Schon die Einberufung des Reichstages, die Wiederheritellung des Palatinates, anderer: jeits die Abſchaffung der Gubernatur, der Statthalterfchaft u. f. w. kennzeichnen die politische Nejtauration.

Die wejentlihen Beftimmungen der Eaiferlihen Reſolution laſſen fi) alfo zufammenfaffen. Der Kaifer beitätigt den Wiener Friedensſchluß von 1606, insbefondere ben erften Punkt, die freie Religionsübung der Afatholifen, fammt der darin enthaltenen Klauſel „ohne Nachtheil für die Fatholifche Kirche“ (nicht aber das Inauguraldiplom von 1608 und den Reihstagsabichied von 1647, womit der Proteftantismus weit außgebehntere Nechteerhält). Jeder Theil hat die Befugniß, bei dem Glauben zu verharren, dem er gegenwärtig angehört; ber Katholif darf nicht zu gegentheiligen Religionsbräuchen gezwungen werden. Er genießt freie Religionsübung, dort wo die Grundherrſchaft proteitantifch ift; dagegen bleibt ben Fatholifchen Grundherren ihr Necht ungejchmälert, über den Glauben ihrer Unterthanen zu verfügen. Dort, mo die freie Religionsübung geftattet iſt, Dürfen Seeljorger oder Trediger nicht vergewaltigt werben; auch fei fünftighin jede gewaltjame Kirchenwegnahme verpönt. Tas, was an Kirchen und deren Ein fünften von 1670— 1681 jedweber Theil befekte, bleibt ihm. Der Kaifer macht dann eine Anzahl von Städten (Tedenburg, Trentſchin, Kremnig, Neuſohl, im weſtlichen Berglande Bartfeld, Leutſchau, Kaſchau und Nagpbänya und außerdem noch 39 Orte in den Comitaten Weit: und Cher: ungarns und 2 (Nagy Kallö und Szakmär) für das Land jemfeitö ber Theiß, namhaft, in denen proteftantifche Bethäufer und Kapellen’ erbaut werden dürfen; ohnedies feien in den Comitaten Weitungarnd, Diesjeit Der Donau: Ezalad, Komorn, Raab; in denen Gentralungarna: Szolnof, Heves, Peſth und Pilis; in Weſtungarn jenfeit der Donau: Hont; in Oftungern: Abauj, Ungh, Beregh, Zemplin, Ugocja, Szatmäar und Szabolcd, die Anhänger der helvetijchen Gonfeffion im Befige von Kirchen. (Aus diefem Artikel entnehmen wir auch, daf es damals 5 faijerlihe Generalate: zu Kaniſcha, Raab, ferner ein ſolches „dießfeit der Berge“ d. i. im weſtlichen O.-Ungarn, ein Oberungariſches Died: und ein Generalat jenjeit der Theiß gab.)

Andererjeits wird den fatbolifhen Unterthanen bie unbehinberte freie Religionsübung ohne alle fernere Störung zugefichert. Der Kaijer wird Fünftig alle Religionsbejchwerden unter Anhörung beider Parteien ſchlichten: er ver: bietet jede Nerunglimpfung und Schmähungter beiberjeitigen Befenntnifje, gemähr: Teijtet ihnen feinen Schup bei Androhung der Straie auf Landfriedensbruch „ohne allen Unterſchied“. Mehr könne nicht gewährt werben und ber Kaifer glaube, dag man fich mit diefer gnädigen Nefolution begnügen merbe.

Das Dedenburger Diätaldecret vom 30. Dec. 1681 enthält eine Reihe von Satzungen, welde die Verfaſſung Ungarns, e Rechte oh Freiheiten berftellen; einiger wurde bereits ge-

XVI Bud: Nom weftph. Trieben b. z. jpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 651

dacht. Daß überdies der Kaifer ſich bereit erflärt, die Angelegen- heiten Ungarns mit dem ungariſchen Staatsrathe (consilium Hungaricum) zu berathen, dem Ffaijerlichen Botfchafter in Con: ftantinopel einen ungarifchen von gleichem Range an die Seite zu geben, die ungarijhe Hofkammer als der Wiener nicht untergeordnet zu erklären beweift, daß er den Ausgleich ernitlich wollte. Aber man protejtirt geden bie Faiferlihe Reſolution; fie bot zu wenig für die Wünſche der Proteftanten, denn die XIII Comitate Oberungarns begehrten unbebingte, volle Religionsfreiheit, zu wenig für die Autonomiften, welde dem Tököly'ſchen Aufitande zuneigten; zuviel in den Augen der proteftantenfeindlichen Katholiken und zuviel an fi, um nicht den Gegnern der „deutichen Herrichaft“ ar zu machen, daß ber kaiſerliche Hof in der zwingendften Noth- lage jei und hiermit Hoffnung gebe, er werde fi) noch mehr ent- ringen lafjen.

Auch mit Tököly hatte der Kaifer durch den gemandten Sta: liener Philipp Sanfeverino Frhr. von Saponara, Kommandanten zu Bataf, im November 1681 unterhandeln laſſen. Tököly im Ber: würfniffe mit dem fiebenbürgifchen Hofe, mit Telefy und defjen fürft: lichen Herrn, Apaffy, ſchwankte eine Zeit lang zwijchen dem Aus: gleiche mit dem Kaifer und der Weiterführung bes Aufitandes, dem Bunde mit der Pforte; ein neuer Waffenftillftand wurde abge- ſchloſſen. Aber die Ungeduld über das lange Hinziehen der faijer: lichen Erledigung feiner allerdings weitgehenden Forderungen, das Schüren Franfreihe und vor Allem, wie der fiebenbürgijche Chronift Cſerey berichtet, das entfchiedene Abmahnen feiner Genofjen, bem Saifer und den Deutfchen zu trauen, bejtimmten ihn zur Ab: jendung von Bevollmädtigten an den Sultan (Ende 1681), denen Ihon am 9. Januar 1682 beftimmte Zufagen türkiſchen Beiltandes zu Theil wurden.

Umfomweniger war er jegt geneigt, auf die kaiſerlichen Erklä— rungen einzugehen, welche ihm (April) Saponara und Bilhof Sebeftenyi überbradten. Vielmehr ſchloß er nun (Ende April) zu Dfen 1682 mit dem Vezierpafcha Ibrahim einen Vertrag, in deijen Gefolge Beiprechungen über den gemeinfamen Feldzugsplan ftatt: fanden.

Den 15. Juni feierte Tököly zu Munfäcs die Hochzeit mit Helene Zrinyi, Franz Räksczy's Wittwe; feine eigene Schweiter wurde Gattin des Palatins Ejzterhäzy. Saponara vertrat den Kaijer bei dem Munkäacſer Feſt, denn der Wiener Hof wollte jeden Anlaß zum Bruch vermeiden.

652 XVL Sauch: Vom weinb. Frieden b. ;. van. Grbiolgefriege (1648 1700).

Schon am 24. uni kündigt der Kuruzzenführer ala Vorkämpfer der „ungariicben Freiheit“ den Wartenitillitand, was der Palatin (7. juli) nit dem Auigebote der Anturrection und mit dem Rund— jchreiben mider jene, „Die für Die Freiheit zu ftreiten vorgeben, fie aber mit Lernichtung bedroben*, beantwortet. Tököly ilt jedoch Der Ztärfere; Die fatjerliben Truppen Oberungarns unter dem Uber: commando Ztratjoldo's erweiſen ſich als unzureichend, Die Hevölferung unsufrieden und der fremden Zoldatesfa abgeneigt. Bald it das ganze mweitliche Beraland mit Kaſchau als Haupt: marrenvlag in den Händen der Kuruzzen (14. 15. Auguſt), denn dem tapferen Lamb itanden nur 800 Mann in dieler Stadt zur Ver: rıraung; überdies hatte Tokoly's Gebeimichreiber, A. Szirmay, Die ihm tehr mohlbefannte Gitadele Kaſchau's (20. Juli) überrumpelt. "nr Filek ericheinen nun Tököly und der Serdar, Vezierpaſcha ‚hrahtm; der tapfere Stepban Kobärn muß nad äuberitem Wider⸗ jtande capituliren und wird gefangen abgeführt, unerichroden warf er Fnfoly nen Kerrath der Sache Ungarns in’s Geſicht. Am 10. Auguft trat im Lager von Filek das Atnameb des Sultans ein, in Be: aleitung Der nitgnien der Fürſtenwürde Ungarns: Keule, Fahne un Mübe, Fortan nennt ji Tököly „Herr und Negierer Ungarns,“

sr Neu mit dem Kaiſer iſt vollendet und bald find auch die entnaariichen Bergftädte mit ihren reichen Gold: und Silbervor: allen in Weiner Hand; jo daß nur noh Patak, Syatmär und ref ind.itingarn und die Waaglinie des weltlichen Berglandes in fanerlichet Sewalt bleiben. Jetzt tritt Tököly mit dem Angebote etz Kanenitillitandes an den Wiener Hof heran, um jeine Winter: arttere ruhig beziehen zu können, und diefer geht bereitwillig darauf et, Ja ber Mailer erlaubt auch den Beſuch des auf den 13. Januar lien Totoly nad Kaſchau einberufenen Ständetages der XIII Comitate S. Ungarns. Die Vorlagen Tököly's, des „Fürjten berunaurns“, ſprechen davon, der Kaiſer habe ihn als Friedens: “antttlec bei der Pforte in Ausficht genommen. A. Szirmay un aan als Botſchafter Tököly’s und der Stände bei dem Sultan alsertchen.

har ber Wiener Hof wirklich jo blind für die große Gefahr und jo wilrancusjelig, da Dod) jein Vertranensmann Sebejtenyi, der ſieben— bie Viſchof, vormals Zipſer Probſt, ſchon den 12. September 10 aus Eperies an den Primas Szelepefenyi ſchrieb: der Sultan werne nachſtes Jahr in Perſon aegen den Kaiſer zu Felde ziehen, uud tanmdy, ber öſterreichiſche Botjchafter bei der Pforte, alsbald über die Januar: Abmadjung (1682) zwijchen Tököly und der Pforte

XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 653

nah Wien Bericht erjtattete? Alberto Caprara, der Bruder des Taijerlichen Generals, konnte ja im Februar 1682 beim Vezierpaſcha zu Ofen die friegerifche Stimmung der Türken leicht herausfühlen und noch mehr davon überzeugt werden, als er am 9. Juni die enticheidende Audienz bei Sultan Mohamed IV. verlangte; unter: ſtützten doch ſchon im Auguft d. J. türkiſche Truppen Tököly und begrüßte ja die Pforte bald darauf den Kuruzzenführer als Fürften Ungarns. Derſelbe Caprara jchrieb (Ende Oftober 1682) an den faiferlichen Hof: dem Kaiſer bliebe feine andere Wahl als zum Schwerte zu greifen und jeine Monarchie nebft der ganzen Chriftenheit zu verthei- digen, Der faijerliche Hof nahm Stellung der Türfengefahr gegenüber, aber ftet3 lavirend, zumartend, abwägend, jah er ſich, ohne hinreichende Mittel an Geld und Mannſchaft, einem doppelten Kampfe aus: gejegt: dem Kriege mit Frankreich und der Pforte; jener fchien ihm unvermeidlich, diefen glaubte er noch immer abwenden oder doch verzögern zu Tönnen.

Wir befiten hierüber drei Gutachten eine der rechtichaffenften Staatsmänner Defterreichs, des uns bereit3 befannten Zörger; das eine vom 11. Auguft, das zweite vom 11. December 1682, fie harafterifiren zwei Phajen in den Anſchau⸗ ungen des Wiener Gabinet3; das dritte erwuchs (11. März 1683) unter bei Borbereitungen zum entfchiebenen Türkenkriege. s

An dem erften Schriftftüde wird von dem Gedanken der „Conipiration Frankreich mit den Türken”, von der Unvermeiblichkeit des Krieges und zugleich) bei der Unzulänglichkeit der Mittel, einen Doppelfampf zu führen, von ber Frage ausgegangen, „mit welchem Theile man ji in Krieg einlaffen, mit wel⸗ chem Frieden jchließen folle”. Jörger entfcheibet fih für den Krieg mit Sranfreih; denn, abgefehen von ber diplomatiſchen Verlogenheit und Un: zuverläfjigfeit diefer Macht, ftünden bie fpanifchen Niederlande und Nieberbeutich- land auf dem Spiele. Eine Zujammenziehung aller Streitkräfte in Ungarn bedeute den Berluft Deutichlands; eine Theilung mache fie nach beiden Seiten bin unzureihend und ſei finanziell bedenklich. Andererſeits fprächen alle Er: fahrungen, die Uebermadt des Sultans, die Gefahr eines jichern Verluſtes Un- garns und die ungeheuere Koftipieligfeit eines Türlenkrieges für die Räth— lichkeit, den Frieden mit der Pforte durch Kunft und Geld thun— lichſt zu verlängern.

Unter dem Eindrucke der ſchlimmen Nachrichten von der unbezähmbaren Kriegäluft der Pforte, die fih dur alle Beihmwichtigungen, durch die Gelb- fummen, die über Raguia nah Stambul wanderten, nicht befeitigen ließ und einen ebenfo ftarfen Antrieb in der ungarifchen Sadjlage ald in dem Drängen Frankreichs hatte, eritand das zweite Gutachten Jörger's. Es beleuchtet die unermeßlichen Nachtbeile eines Verlufted Ungarnd, Wiens, Regensburgs, des „Srenzbaujes” für das Reich, an die Osmanen; demnach müffe dem Türlen Widerftand geleiftet werben. Und nun entwidelt Jörger bie

654 XVL Bud: Vom weſtph. Frieden b. 5. ſpan. Erbrolgefriege (1648--1700).

Nothmwendigkeit einer neuen Negelung der Correipondenz der maßgebenden Be börden, der Beichaffung eines zahlreichen Heeres (von 80,000 M.) unter einem Generallieutenant mit zwei oberjten Befehlshabern. Sorgfältige Aushebungen und Werbungen jollten jtattfinden, damit nicht, wie jo oft, die Hefe der Stabt- bevölferung in die Armee gerathe. Man folle bei Austbeilung der Regimenter nicht lauter Fremde mit Hintanfeßung der Einheimiſchen vorjchlagen, denn das Ihmerze die Untertanen. Strenge Mannszucht, Militäröfonomie, pünftliche Soldzahlung, Verproviantirung der Armee und der Srenzfeflungen feien notb- wendig u. |. m.

Das ganze Ausland ſei um Hülfe anzugehen, ja aud) Siebenbürgen, bie Moldau und Wallachei, Tököly durch Berjprehungen zu entwafinen, und wenn er bartnädig bleibe, alß Rebell zu behandeln.

Das dritte Gutachten Jörger's beweilt, daß bereitö Angeficht3 bes Krieged eine ganze Reihe von Verfügungen getroffen wurden und befchäftigt fich mit drei Bunften vornehmlich, mit der Frage, inmwiemweit die ungariſchen Milizen in Verwendung zu fommen haben, wie der Krieg zu führen und was für Wien zu fürdten fei.

Es murde von den ungarijhen Legitimiften, der Palatin Paul Eſzter— häzy an der Spite, gegen die Wiener Regierung der Vorwurf gerichtet, daß fie Angarifche Milizen aufzubieten ſäumte, er findet fih 3.8. in ben „Meinungen und Briefen” (Opiniones et litterae) des Palatins, welche, in der Zeit von 1681— 1683 abgefaßt, von großer Wichtigkeit für die Beurtheilung der Sachlage jenſeits ber Lejtha erfcheinen ; unter Anderm indem Schreiben bed Palatins an den Kaijer vom 25. Auguft 1682. Gedenken wir aber der Mäglichen Ergebniffe, welche das ungarijche Auf: gebot in den Tagen Montecucculi’8 und des Palatins Weffelenyi hatte, jaljen wir den Kuruzzenfrieg, die Stellung Tököly's und die Gefinnung eined großen Theis: le8 Ungarns in's Auge, fo erjcheint uns die Aeußerung Jörger's da: rüber vielleicht hart, übertrieben, unbillig verallgemeinernd, aber durchaus nicht gewichtiger Gründe entbehrend. Er fagt nämlih: „Die meijten der Ungarn find verbädtig und untreu, denn fie wollen nicht befehligt, nicht regiert werben, und tumultuiren, wenn bie Gefahr am größten; fie nehmen die Flucht, ohne Scham vor einem folchen Verbrechen, ohne Zögern ihrer Anführer, devajtiren die Länder und feßen das Heer Euer f. Maj. in Confufion, daher ift es beſſer, fie fern und bei den Ihrigen zu balten.“

Jörger meint ferner, e3 fei ungemein wichtig, daß der Kriegsrath die Au 3- jihten der Kriegsführung gegen die Türken in’s Auge falle, denn die ſpäte Erpedition zeige, daß an eine Dffenjive nit zu den: ten. Cine entjcheidende Niederlage, fchließt er, wäre das größte Unglüd, darum heiße e3 vorfichtig handeln, denn Wien verloren, heiße Alles verloren.

Jörger jelbit gejteht die leidige Verzögerung der Kriegäbereit- haft zu und darin hatte ber Tadel der ungarifhen Stimmen, jo des Pala- tins Sfzterhazy, unbedingt Recht. Auch der Benetianer Contarini, der als unbefangener Zeuge in feiner inalrelazion über den Kaiferhof vom Jahre 1685 das Ganze ber Ereigniffe feit 1683 überſchauen fonnte, betont dies, aber er zeichnet klar geuug bie Motive dieſes Zögerns: „Der Türkenkrieg,“ fchreibt

XVL Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. fpan. Erbiolgefriege (1648— 1700). 655

Eontarini, „war (bei der Pforte) bereitet durch die Aufjorderungen der ungari- chen Rebellen und durch das Schüren der Nebenbuhler des Kaiſers (Frankreich!). Man fah (in Wien) den Krieg voraus, und dennoch glaubte man nicht daran, weil die Minijter, die ihn nicht wünjchten, und Andere (Spanien!), die das In— tereffe hatten, die Macht des Kaiſers nach diefer Eeite Hin nicht vermidelt zu jehen, Alles zur Beſchwichtigung der Türken und der Rebellen thaten. In diefem Vertrauen auf bie Erhaltung des Friedens unterließ man jedoch die Vorſicht, ſich zur Vertheidigung zu rüften.” (Wir erfahren von anderer Seite, daß der Hof— friegarathöpräfident Hermann von Baden ſchon 1682: 80,000 Mann verlangte, die Hoffammer aber nur 60,000 erhalten zu können erflärte, und daß die Hälfte davon für den Rhein, gegen Frankreich beſtimmt war). „Man jchidte Gaprara,“ fährt Contarini fort, „nach Conſtantinopel (in Begleitung des Gregor Paveiics), Saponara an Tököly; man bot Lebterem Winterquartiere, ſchweigende Zuerkennung des von ihm Erlangten, daß zur Sättigung feines Ehrgeized nad einem gürftentbume genügen Ffonnte (63 jchien nämlich beſſer, daß ein jolches fich von felbit geitalte, damit man nicht in die Schmach verfalle, es ihm mitteljt Verträgen zuerfannt zu haben. Die Botichaft des Grafen Saprara gelang mit geringer Befriedigung ihres Zmeded, denn der Diman war zum Kriege entihlofien, und da die Türken ibm Harte und unmerfüllbare Bedingungen zu Gunjten der Erneuerung ber gewünfchten Verträge jtellten, fo Tehrte der Botjchafter ohne irgend eine Abmachung ſchon mwährend der Be: lagerung (Wiens) an den kaiſerlichen Hof zurüd.”

Gontarini entwidelt auch umftändlid) genug, daß Marcheſe Borgomays nero, ber ſpaniſche Botjchafter, Alles aufbot, um den Kaiferhof gegen Frankreich ausſchließlich im Harniſch zu bringen, und daß er vornehmlid an dem Präſi— denten bes Hofkriegsrathes, Hermanır von Baden, feine Stüße hatte.

Leopold I. und Ludwig XIV. zeigen in ihrer damaligen Hals tung eine Verwandtichaft; Beide warten zu, der Kaijer, des Fran⸗ zoſenkrieges als unvermeidlicher Nothwendigkeit gewärtig, der König,

vol Ausfiht, die polnifhen Rüftungen zum Türlenfriege würden nicht zu Stande fommen, vor Allem jedoch der Vernichtung der Macht des Haujes Defterreih durch die Pforte und Töksly ſicher. Dieje fihere Ausficht überhob den „aller: Hriftlichften” König der leidigen Nothwendigkeit, als Bundesgenoſſe der Türken auf den Kriegsſchauplatz zu treten und ein allgemeines Hergerniß auf fich zu laden, Deutjchland, das er als Erbe ber Stellung der Habsburger zu beherrichen vorhatte, burch einen offenen Kampf noch weiter zu jchreden und zu erbitten. Der Rechnungs— fehler des faiferlichen Eabinets, fein ſchwerfälliges „Temporifieren“, rächte ſich durch angftvolle Tage; aber die Enttäuſchung des Hofes von Verfailles jollte ſchließlich noch verhängnißvoller werden.

An dem gleihen Tage, an welchem der Kaiſer das uns be⸗ kannte Bündniß mit dem Polenkönige abſchloß, war das Türken-

656 XVI. Bud: Tom weſtph. Frieden 6. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700).

heer mit dem Sultan und feinem Großvezier ald GSerasfier, Kara Muſtafa, an der Spite, von Adrianopel (31. März 1683) auf: gebrochen, allıvo bereits den 2. Januar der Roßfchweif am Gezelte des Sultans gegen Ungarn ausgeitedt, die Richtung des Kriegs— zuges angedeutet hatte. Am erjten Mai mujterten der Großherr und jein Feldherr vor Belgrad das Osmanenheer, das größte, wel: ches Dis jegt in den Kampf ausgezogen war, 230,000 Mann ftark, aus der Balfanhalbinjel und den Ländern des Drients aufgeboten, mit großartigem Rüftzeug und der gewaltigen Zahl von 300 Geſchützen. Kara Muftafa, dem nun der Sultan die grüne Fahne des Propheten übergab, um jelbjt vorläufig in Belgrad zurüdzubleiben, war der größten Erfolge fiher. Bor längerer Zeit hatte er fi ſchon mit dem Gejandten Hollands über die Entfernung Wiens von Stambul beſprochen. Um diefelbe Zeit war auch Kaiſer Leopold mit feiner Gattin und dem Kurfüriten von Bayern im Gefolge nad Kittfee, an die Grenze Ungarns und Delterreichs gereilt, um hier die Streits fräfte zu mujtern, an deren Spige fein Schwager Karl von Loth— ringen als Generalijlimus treten jollte. Als die gewaltige Armee der Türken am 7. Juni 1683 vor Eſſeg an der Draumündung Stand, erichten das Taiferlich gebliebene Ungarn auf die Murinfel, die Linie Raab-Körmend, das untere Waagthal und die Preßburger Geſpanſchaft zufanmengefhmolzen. Das Kleine Hauptheer unter Rarl von Lothringen und 4 andere Corps in der Gejammt: ftärfe von faum 60,000 Mann waren auf der langen Dedungs: linie von der Drau bis nach Kittfee an der ungarischöfterreichifchen Grenze aufgefielt. Spärlide Wirkungen hatte der Aufruf Balatins Eizterhäzy von 18. März, welcher die Generalinjurrection Ungarns unter die Waffen rief.

Dagegen ſchwoll die Bruft Tököly's von ftolzen Hoffnungen. Als er am 26. Mai 1683 zu Tällya die Vertreter von 19 Ge ſpanſchaften Oberungarns vor ſich jah, hielt er e8 an der Zeit, den Zauen und Zagenden, denen es vor feinem Bunde mit den Türken graute, zuzurufen, es bedürfe num der Thaten, er ſei gemillt, als „Herr und Fürft des Landes” aufzutreten. Mit Polen hatte er im März d. J., aber erfolglos, unterhandeln lafjen, jo auch mit dem Erbftaroften der polnischen Zips, Stanislaus Lubomirsti; doch diefer war aud) ein entfchiedener Bundesgenofje der kaiſerlichen Sade. Der Imjurgentenführer erſcheint im Lager Muſtafa's, dann eilt er heimmwärts, um von Leutfchau aus den Krieg anzufündigen; eine Schaar feiner Kuruzzen bildet die Vorhut des Großveziers und Serastiers. |

XIV. Buch: Nom weitph. Frieden b. 3. ſpan. Erbfolgeriege (1648—1700). 657

. Den 26. Juni fteht der fürcterlihe Feind vor Raab; Karl von Lothringen weicht auf die Schütt zurüd, Feldmarſchali Leslie eilt zur Deckung Wiens voraus; der Lothringer folgt; bei Petronell, unweit Heimburg, ereilen ihn die Spitzen des Türken— heeres. In dem Reitergefechte kämpft Prinz Eugen von Savoyen zum erſten Male unter kaiſerlicher Fahne; ſein Bruder Julius ſtirbt den Tod des tapfern Kriegers. Herzog Karl zieht ſich nun lang: am auf Wien zurüd. Es naht die Stunde der ſchwerſten Prü- fungen für die Donauftadt.

Noch waren bie Schreden des Pefliahres, aus welchem das befannte Lieb: „D du lieber Auguftin Alles ijt Hin!” ſtammt und die Alles bemältigende Xeichtlebigfeit, den Humor der Bevölkerung durchklingen läßt, nicht ganz ver- gejien, Mancher gedachte noch vielleicht der Bußpredigten bes italienifhen Mön— ches und Wundermannes PB. Marco d’Aviano, (der dann auch beim Ent- fage Wiens eine Rolle jpielt), und jo mußte der troß aller Hiobspoften auch in maßgebenden Kreiſen bis zum legten Augenblide bezweifelte Anzug ber Tür: ten die Herzen ber Wiener mit ben Schreden des jüngſten Gerichtes erfüllen.

m 7. Juli Abends flüchtet der Kaifer aus feiner Stabt mit dem ganzen Hpfitaate unter namenlofer Bejtürzung der Bürgerſchaft, um am linfen Do: nauufer den Weg nad Linz und meiterhin nah Paſſau einzujchlagen. An 60,000 Berfonen follen im Laufe eines halben Tages aus der Stadt landwärts geflüchtet fein; Mafjen von Landleuten fuchten mieber bie Zuflucht in der Stabt und fie waren geborgener als die Taufende, welche auf ihrer Flucht türkiſchen Rennern, Tartarenborden, oder einheimiſchem Gefindel, audgeplünderten und verzweifelnden Bauern in die Hände fielen.

Es war ein Glüd, daß die verhältnigmäßige Langfamteit im Vorbringen des Türkenheeres die riefigen Anftrengungen in der Verfehung Wiens mit Bedarf und in ber Heritellung und Ber- ſtärkung der arg vernacdjläffigten Befeftigungsmwerfe begünftigte. Am 9. Juli führte der Lothringer fein Heer durch die Stadt und lagerte dann in der Au am Tabor; drei Tage fpäter verkünden gewaltige Brände der oeftlichen Ortſchaften das Nahen der Dsmanenarmee ; am 13. Juli rüdt die zur Vertheidigung vom Lothringer abge: gebene Mannfchaft: 13,800 Mann Fußvolk und 9 Schmadronen Eifenreiter, in die Stadt ein; nun zählt fie Alles in Allem 22,000 bewehrte Männer; verichloffen jedwedem weiteren Auswandern und SHereindrängen SFlüchtender fteht fie nur unter der eijernen Herrſchaft des Martialgeſetzes. Am gleichen Tage flammen alle von den Bewohnern geräumten Vorftädte auf; man muß fie der Ver: nichtung preisgeben. Bom 17. Juli an umfchließt der Feind die Stadt; Herzog Karl und. General Schulz weichen auf das Marchfeld zurüd, um bier des noch. in unbeftimmter Zeit und Ferne liegenden Entſatzes.

Krones, Geld. DOeſterreichs. III.

142 IYI.nu6 Mom wei. zermi.; isor. Ecbisigetziege TIEF 1.

4 Zprs ser Gosen und per Keicötzunpen zu horıen Sum zweiten Yin nmityheht Die Kriegsmadı ves Halmnsıbes Me Dimamftadt zn Valv beginnt ber erbitierie Ramm in pen Bimenorüben und au sen Pride

On vu Spipe bes Ehrenbuhes der Kiener Zürtenbelageraung bes suis 345 mütlen wir bie Sinmen Des Eonrmandanıen Rüdiger von Ziuhtsemberg uad irınes Ketriers und Apjmiamien Fuido von Eıahrem: berg ſeyen. Sit gering it bie Zahl ber anderen brüperdienten Kämpfer für yo Seuuptung ber Railericbi im riefig wachienber Beiahr, wir brauchen mur per Kunen: Herzog Rarl kerbinand von Eüriemberg, Grat Kaspar Zdenfo Ruplıf (Rapliers, von Sulewic, ber Graien Eigbern Heiter, Souches, Shörffendberg, Zaun, Sereni (E;sremyi,, und Mar Zrantmanndbort, b. j., ber Areiberren von Rielmannsegge nnd Koıtulinsfy, des Chevalier #.upigny, ber Abeligen: Karl von zünfkirchen und Gottirieb von Schala⸗ hury, ber vorzüglichen Geſchüßmeifter Shriitoph v. Börner (au Medlenburg) und 1windi von Bedftein, ber heroiſch tapiern Hauptleute: Tal. Hafner und Aerd, Heiftermann und bes tobesveradhtenden Schlefierd Eliad Kühn zu grbenten, Wit ihnen mwetteiferte ber Führer ber fampfestteubigen Univerfitätd- jugend: Paul Sorbalt, Yeibarzt ber Kaiferwittwe Cleonore. Aber auch bie Bllıgeridafı war ihrer Ahnen vom Jahre 1529 werth: voran der Bürger: meifter VIebenberg, der eigenhändig an der Stadtbefeftigung mithalf und al bie Yalı ſchwerer Amisforgen trug, bis ihm ber Tod die Augen ſchloß, be= vor es Ihm vergdnmt war, den Tag ber Rettung zu jchauen; jeine Amisgenoſſen Danlel Jockh und Stephan Schufter, und ber greife Staatsbuchhalter Wolfg. menſchl. ber noch zweier Männer muß gedacht werden, Die nicht mit dem Sihmente fochten, aber Alles aufboten, um zu helfen, wo Hülfe noth that, Biſchof Venp, Kollonich, In jüngeren Jahren tapferer Vertheidiger Candia’3 gegen bie lien, und Graf J. WM.d. Schwarzenberg, von Peitjahre ber im beften Auden⸗ Pen, ſo Dar es dann hie: Rüdiger v. Stahreniberg habe Wien mit Eifen, Schwar⸗ zenberg al Wold erhalten, Wie gefahrvollen Dienite bed Kundichafterd und Waren zu und von dem vothringer Derzoge, verfahen der wadere Bürgersmann Mona Kalezveki(Kolſchibky), ein Nutbene aus Sambor, nad) Andern ein Raize van Wehnrt, mit Jeinem "Diener Michatlomid und ber Lieutenant bed Heiſter⸗ ſchen Megimentes Mregorowid. Wuch ber Diener bed im XTürfenlager zu: udgedaltenen kalſerlichen Mefidenten, Shriftopb von Kaunig, war ba viel: Ind nilblich.

Und endlich nad langen, bangen 7 Wochen, als bereits 18 Siturne abgeſchlagen warn, Der Tod und bie Seuche ihre furcht⸗ harın Omen in ber Stadt bielten und fie ringsum, vor Allem auf dem „Aalliiden Boden“ der Yertbeidiaung, an dem Burgrave: Unse und er Yamelbaftei, in Schutt und Trümmer lag; die teindline Minenardeit rieſige Maulwurfegänge und Hügel im ben Dar der Stadt anfwähle und ärmte, Ballen uns Dachſtühle

XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgettiege (1648—1700). 659

zu Baliffaden, Fenftergitter zu Gaſſenſperrungen fi verwandeln mußten; als bereits Nothfignale vom Stephansthurme aufftiegen und der Reiterbote des Stahrembergers, des unerjchütterlichen Leiters der Vertheidigung, dem Lothringer einen Zettel mit den inhaltſchweren Worten überbradte: „Steine Zeit mehr verlieren, lieber gnädiger Herr! ja feine Zeit verlieren”! war endlich die Rettung nabe, das vereinigte Entſatzheer (am 10. Sept.) am Fuße bes Rahlenberges angelangt, um ſich in der Nacht vom 11. auf den 12. ringsum und auf feiner Höhe zu jammeln.

Herzog Karl hatte Ende Juli und im Auguft die Schaaren Tököly's, Die fih bis tief nah Mähren ergoifen, von Preßburg zurüdgebrängt, dann barrte er am Marchfelde mit forgender Seele des Anmarjches der Polen, Die von Olmütz beranzogen. Bei Hollabrunn (30. Auguft) in Nieder:Oeiter: reich traf er mit dem Polenfönige zufammen. Anfang September näherten fich die Reihstruppen; die Bayern trug der Donaufttom herbei. Am 7. 8. Septem: ber vollzog fich die Vereinigung Aller bei Tuln und der Uebergang auf das rechte Donanufer. 27,000 Kaiferliche, ebenfoviel Polen, 11,400 Sadjjen, 11,300 Bayern, 8400 Streiter aus dem fränfifhen und ſchwäbiſchen Reichskreiſe, im Ganzen 84,000 Mann, nahten als Rächer; ein glänzenber Kreiß von Namen an ihrer Spige: Karl von Lothringen, die Kurfürften von Sachſen und Bayern: Johann Georg III. und Max II. Emanuel, die Markgrafen Ludwig und Hermann von Baden, Friedrich von Sachſen-Lauenburg, der Landgraf von Hefjen, Prinz Georg Ludwig von Braunſchweig (nachmals K. Georg I. von England), drei Pfalz-Neuburger, Brüder der Kaiferin, die Zürjten von Anhalt, Eifenad, Shwäbifh:Hohenzollern, der Graf von Solms u. 9. und der glänzende Polenkönig, der Sieger von Choczym, die bedeu- tendſte Erjcheinung unter den Fürften, mit feinen Kriegshäuptern: Jablonowski, Potodi, Sapieha, Zamojski, Rzewuski u. N.

Der 12. September, der Tag des glorreichen Entjaßes der KRaiferftadt, ift einer der großen Wendepunfte in der Gefchichte Oeſterreichs, Deutjchlands, ja des ganzen Abendlandes; er entjcheidet die blutige Niederlage des Türkenheeres nad) zäher Gegenwebhr, die Rettung Wiens, den Niedergang der Türkengefahr und die Wieder: geburt der Machtitellung Defterreihs im DOften. Ludwig XIV. be: griff, voll tiefen Grolles, die Bedeutung dieſer unerwarteten Schick⸗ jalswende für das Haus Oeſterreich und die eigenen Anfchläge, als ihm die Kunde vom Entjage Wiens zufam. Soll fi doch unter der wahrhaft riefigen Lagerbeute, die der Groß: vezier in feiner Eopflofen Flucht zurüdließ, ein franzöfifher Plan gefunden haben, der die Operationen gegen Wien erörterte.

Die reine Freunde des vaterländijchen Forjchers in der Geſchichte der Ver: theidigung und des Entſatzes Wiens über das Gelingen des ſchönen und unver:

42°

660 XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. jpan. Erbiolgefriege (1648— 1700).

geßlichen Rettungswerkes durch ben Heroismus der Kämpfer innerhalb ber Mauern Wiens und der wadern Helfer in der äußerſten Noth, wird nur durch die leidige Thatſache getrübt, daß man von mancher Seite jenen Heroismus durch übermäßige Betonung des Zauderns und der Bornirtheit Kara Muſtafa's in der Belagerung herabzuſetzen ſich befliß und auf Koſten der gleichwerthigen Leiſtungen der Kaiſerlichen und der deutſchen Reichſstruppen die Thaten des Polenkönigs und der Seinen, als der eigentlichen Retter Wiens, emporhob, daß ein ganzer Kreis aneldotenhafter Hiſtörchen emporwucherte, deren Mittelpunkt die Legende von den Kränkungen K. Leopold's J. abgiebt, die er ſich bei der Zuſammenkunft mit den Rettern Wiens zu Schulden habe kommen laſſen. Die Quelle dieſer Legende ruht in dem Gegenſatze der Perſönlichkeiten und ihrer Lage, und Sobieski's Briefe, die Briefe eines wackern, aber ungemein empfindlichen Mannes von ſtarker Eigenliebe, der nicht ſo ſelbſtlos und beſcheiden war als der Herzog von Lothringen, wurden in dieſer Richtung ausgebeutet; vor Allem auf franzöſiſcher Seite.“)

6. Der Kampf mit der Pforte und die Löfung der ungariſch⸗ flebenbürgiſchen Frage bis zur Enutſcheidung bei Zentha (1683 bis 1697.)

(Specielle Literaturangabe am betreffenden Orte.)

Wir ftehen an der Schwelle der Rüderoberung des türfifchen und Tököly'ſchen Ungarns durch Taiferliche Waffen, vor der Revindi- cation Siebenbürgens, der Bacification des Karpathenreiches.

Es ift ein an Thatjachen überreiher Zeitraum, den wir, rajchen Ganges, durcheilen jollen, nur in Umriffen zeichnen dürfen.

Nah fünftägiger Raft vor Wien brachen die Kaiferlihen und die Polen unter dem KLothringer und R. Johann gegen Ungarn auf. Nach) der Doppelſchlacht bei Parkany, bei deren Vor: fpiele Sobiesfi und jeine Polen, allzu Hitig losfchlagend, von den Kaijerlichen herausgehauen werden mußten, dann aber um fo erbit- terter die Schlappe an den Türken rächten, fällt das wichtige Gran, Jeit 77 Jahren dauernd in Türfenhand, wieder an das fönigliche Ungarn zurüd; die übermäßigen Forderungen bes frieden: juhenden Tököly werden zurückgewieſen, und auch der Polenkönig, der auf dem Heimzuge durch Oberungarn fattfam Gelegenheit fand, die Feindjeligfeiten der Kuruzzen zu erproben, erklärt voll Unmuth darüber, er jei müde, noch weiter den Vermittler zu fpielen. Die

*) Vergl. insbeſ. Salvandy, Hist. de Pologne avant et sous les roi Jean Sobieski (Paris 1829) 2.%. 1863. DIL Bd. 10. Bud). Ueber die andere Lit. ſ. d. Verzeichniß der Literatur w. o.

. XVI. Buch: Vom weſtph. Frieden b. 5. fpan. Erbfolgefriege (16481700). 661

Eroberung Leutſchau's, des Vorortes der Zips, durch den Faifer- lihen General Dünewald bildet den Schluß des Winterfeldzuges (10. December 1683).

Das nädjte Kriegsjahr (1684) wird von einer wichtigen poli- tiſchen Thatfache eingeleitet. Das kaiſerliche Amneftiepatent vom 12. Januar, deſſen confejlionelle Seite auf die Zugeſtändniſſe des Dedenburger Reichstages vom Jahre 1681 zurüdgreift, be— ftunmt bald: 17 Geſpanſchaften, 12 Städte und 14 Magnaten, von defien Zufagen vor der königlichen Commiffion in Prekburg Gebrauch zu machen. Vergebens find alle Gegenbemühungen Tö- töly’s, dem wachſenden Abfalle von feiner verlorenen Sache zu fteuern. '

Der Kaiſer rüftet entjchiedener als je zur Wiederaufnahme des Türkenkrieges; die pfalzneuburgifche und ſpaniſche Partei wünjchte die ungetheilte Kraft Defterreichs gegen Frankreich gekehrt, aber die Mehrheit im Rathe der Krone und die eigenjte Leber: zeugung Leopold's I. jpradhen für den Kampf um die Wiederher: ftellung der Herrichaft in Ungarn. Der Haager Januarver- trag des Kaifers, Bayerns und Braufchweig-lüneburgs mit den Generalitaaten und Schweden von 1684 Toll ale Dedung gegen Frank: reich dienen, das nun feinerjeits mit dem Antrage auf eine 20jäh- rige Waffenrube auftritt. Der Regensburger Friede (vom 15. Auguft 1684) mit Ludwig XIV. foll Defterreih die Hände frei machen. Nicht Zeopold I. allein, auch der Dranier Wilhelm III., Ludwig's XIV. beharrlichſter Gegner, begriffen, daß ohne Bran- denburg und Dänemark das Haager Bündniß dem Franzoſenkönige nur zur Noth entgegentreten fönne ; legterer Dagegen mit Dänemarf und Brandenburg im Einverftändniffe, bei einem Neichsfriege der weitaus überlegene Gegner fei, da Defterreich die Hauptlräfte gegen die Pforte aufzubieten hatte. Noch mar die Zeit des Ausgleiches zwijchen dem Kaijerhofe und dem Kurfürften Friedrich Wilhelm nicht gelommen.

Damals ftand ſchon Leopold I. mitten im Türkefriege, den die Energie des Papftes Innocenz XI. mit der heiligen Liga: des römischen Stuhles, des Kaifers, Polens und Benedigs gegen die Pforte (März) eingeleitet hatte.

Wohl war der Angriff auf Dfen, das Herz der Türfenherr: Ihaft in Ungarn (Auguft bis 30. Oftober), ein verfrühtes und des: halb auch verfehltes Stück Kriegsarbeit, für welches man weder die Lothringer noh Rüdiger von Stahremberg verantwortlich machen darf; aber man hatte doch das Entſatzheer des neuen Serasfiers

662 XVI. Bud: Vom weftph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700).

Muftafa Paſcha bei Hanıfabeg (22. Juli) auf's Haupt geichlagen, bier und ander Drau die Waffenehre der Kaijerlichen neu bethätigt, und im norböftlihen Ungarn bradten Schulk und Graf Friedrich Beterani die Sache der Kuruzzen immer mehr zum alle. Die gefonderten Friedensanträge Tököly's und der Pforte, welche ihren einftigen Schügling preiszugeben entjchloffen ſcheint, ſprechen am beiten für die Wucht diefer Erfolge.

Das Kriegsjahr 1685 beicheert in der Rüderoberung Neu: hbäufels, „bes Editeins der Türkenmacht in Ungarn“ (19. Auguft), einen Gewinn von namhafter Bedeutung für die Sache des Kaiſers. Das türkiſche Entſatzheer erleidet am 16. Auguft vor Gran die entjchei- dende Niederlage. Tököly wird als geheimer Friedenscandidat bei dem faiferlichen Hofe auf Befehl des Serasfiers von dem Großwar: deiner Paſcha (Anfang October) beim Mahle gefangen genommen und in Banden nad) Eſſek geſchafft. Dies vollendet die Auflöjung der Kuruzzenſchaaren; die bebeutendften Kriegshäupter: Petröczy, Dest und Petnehäzy wenden fi) nun der kaiſerlichen Fahne zu. So jchmilzt der ganze Tököly'ſche Belig auf die Burgherrſchaft Mun⸗ kacs zufammen; ein faiferliches Corps cernirt die Feftung, in welcher die Frau Töföly’s, die entjchloffene Helene, mit ihren beiden Kindern eriter Che meilt.

Die Eroberung Dfens blieb dem Kriegsjahre 1686 aufgejpart. Zu diefem entjcheidenden Kampfe bedurfte es der erneuten Macht: mittel und äußerfter Kraftleiftung. Seit Ende 1685 vollzog ſich die entjcheidende Schwenktung des Brandenburger Hofes; e ift Dies der Subfidienvertrag des Kurfürften mit dem Kaijer vom De: cember 1685, demzufolge Brandenburg für den Türkenfrieg 8000 Söldner ftellt. Ihm folgten im Januar und März 1686 die ge: heimen Bündnißverträge zwifchen beiden Theilen, in welchen Bran: denburg die fchlefifchen Ansprüche fallen läßt und dafür Ausfichten auf den Schwiebufer Kreis erhält. Doch will es der Kurfürft mit Frankreich nicht zum Bruche treiben, deshalb bleibt er dem Augs— burger Defenfivbündniß (29. Juni 1686) des Kaijers, der 4 Reichskreiſe, Spaniens als Herrn des burgundiichen Reichskreiſes und Schwedens fern.

Bevor die Entſcheidung vor den Mauern Dfens ausgelämpft wurde, bereitet fich der erfte wichtige Schritt der Revindication Siebenbürgens vor. Seit der Wiener Katajtrophe befand fich Apaffy's Fürftenthum zmwifhen Hammer und Ambos, zwiſchen der finfenden, aber noch immer gefährlichen Türkenmacht und den an: Ichwellenden Erfolgen des Kaifers.

XVL Bud: Vom weitph. Frieden b. z. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 663

Schon 1684 entpuppen fi) die Verfuche des fiebenbürgiichen Fürſtenhofes und feines allmächtigen Leiter Telefy, mit dem Kaifer freundliche diplomatifche Fühlung zu gewinnen, ohne e3 jedoch der mißtrauifchen Pforte gegenüber an Royalitätöfundgebungen fehlen zu laffen. Diefes begreifliche, aber wenig erquid: liche Doppelfpiel findet feine actenmäßigen Belege in der werthvollen Acten- ſammlung eines befteingeweihten Zeitgenoffen, bes fürjtliden Protonotars (f. 1684) Peter Alvinczy (geb. um 1639, Sohn des befannten Hofprebiger® Gabriel Bethlen's, deſſen Lebteren Feder die Querelae Hungariae entftammten), ber ipäter ſelbſt eine wichtige diplomatiſche Rolle fpielte.

In Wien befand ſich Wajda als Reſident Apaffy’s, im Herbite 1685 traf in ‚Siebenbürgen als Agent des Kaiferhofed der Zefuit Antidius Dunod ein, deſſen Inftruction ſchon im Februar ausgefertigt erfcheint. Die Rebabilitirung Töksöly's durch die Pforte (24. Dezember 1685), fein Auftreten als „Fürft Ungarns” mit einem neuen FreiheitSmanifefte (Anfang 1686), von Großmwardein aus, das deutliche Schielen des Kuruzzenführers nach dem Throne Siebenbürgens und bie ſchlechte Laune der Pforte machen dem Fürften und feinen Rathgebern eben fo ſchwere Sorgen als das Einrücken eine kaiſerlichen Corps unter dem Generale Schärffenberg in's Land (ſ. Mai 1686); denn nun beißt es Farbe bekennen, ſich türkiſch oder Faijerfreundlich zeigen. In Wien weilte bereit feit Monaten eine Sejandtfhaft mit Hanns Haller von Hallerftein -(Hallerkö), einem Führer. der Katholifenpartei unter ben fiebenbürgifchen Stän— den, um das diplomatifche Gefchäft zum Abjchluffe zu bringen.

Während General Schärfienberg in Siebenbürgen an der Spike eined Heeres unterhanbelte, hatten Apaffy's Bevollmädtigte am 28. Juni 1686 den Wiener Vertrag mit dem Kaiſer abgemadt, der von feinem SHauptunter: händler Haller, gemeinhin der Haller'ſche Vertrag (Tractatus Hallerianus) genannt zu werben pflegt.*) Er bildet die wichtige Einleitung zur nachmaligen Revindication Siebenbürgend. Folgende find feine Hauptpunfte:

1. Der Kaifer nimmt Siebenbürgen und die mit bemfelben verbundenen Theile (die partes adnexae Oſtungarns) in Schuß und fendet nöthigenfalls über Erſuchen des Fürften und der Stände Truppen in’8 Land, welche unter faifer: lihen Befehlähabern aber unter dem Oberfommando Apaffy's ftehen von dieſem verpflegt, vom Kaiſer jedoch befoldet werden follen und fo Tange im Lande zu bleiben haben, als e3 der Fürft und bie Stände wollen. 2. Jeder Theil ber Verbündeten behält das, was er den Türken an Gebiet entreißt.. 3. Die vier re: -cipirten oder gejeglih anerfannten Slaubensbefenntniffe bleiben im unverfüm- merten Befite ihrer Rechte und ihres Vermögens. 4. Apafiy behält fi) das Net vor, Bündniffe, die diefem Vertrage nicht zumiberlaufen, abzufchließen. 5. Er und fein Sohn behalten lebenslänglich die Herrfchaft; nach ihrem Tode

*) Diefe und die andern, Siebenbürgens Revindication betreffenden, Tractate finden fi in der Sammlung von Karl S;zäf; de Szemeria: Sylloge trac- tatuum aliorumque actorum publicorum historiam et argumenta. b. Di- plomatis Leopoldini, Resolutionis item, quae Alvincziana vocatur, illu- strantium. (Klaufenburg 1833.) gl. d. Diplomatarium Alvinczianum.

. 664 XVL Bud: Bom weiph. Frieden 6. 3. fpan. Erbiolgekriege (1648—1700).

tritt das freie Wahlrecht Siebenbürgen in Kraft. 6. Der Vertrag wird bis zur Rüderoberung Temesvärs und Großwardeins geheim gehalten; boch wird ſchon inzwifhen Siebenbürgen die Kaijerlidden mit Proviant und Fuhrwerk unter: fügen und in die Beſatzung vou Klaujenburg und Teva zu zwei Trittheilen faiferlihe Truppen aufnehmen; dagegen bürjen ihm und ben verbundenen Theilen feine Winterquartiere aufgezwungen werden. 7. Ter Vertrag iſt bin- dend für beide Theile und ihre Nachlommen.

Nun ſchob fi aber der Kampf um Ofen dazwilchen, welcher alle Kräfte der Kaiferlihen in Anſpruch nahm; bier lag die große Entfcheidung.

Der Feldzug gegen Dfen*) gewann europäijche Bedeutung, es ſchien ein Waffengang, ein Kreuzzug des chriſtlichen Abendlandes gegen dei türkiſchen Halbmond werden zu follen. Urfprünglich galt die Unternehmung des Sommers (Mitte Juni 1686) der Erjtür: mung Stuhlweißenburgs und überhaupt einer getheilten Kriegs⸗ arbeit, die dies der eiferfüchtigen Haltung des bayerifhen Kur- fürften und des Markgrafen Ludwig von Baden gegenüber dem Seneralijfimus, Karl von Lothringen, ihrem ewigen Drängen nad) getrenntem Kommando entſprach. Ein faijerlicher Befehl gebot plöglih den Gefammtangriff auf Dfen.

Am 15. Juli beginnt die Einfchliegung, am 23. die eigentliche Belagerung. Vom 12.—29. Augujt verſucht der Großvezier Szer- dar Ibrahim den Entfag der „heiligen Stadt“ des türfifchen Ungarns, die an dem alten Abdurrahbman Paſcha einen tapfern Hüter befigt. Der lebte Sturm am 2. Sept. überliefert die halb zer: störte Stadt den Kaijerlihen, in deren Trümmern der gelehrte

*) Lit. der Geh. von Dfens Belagerung und Falle: De- scription historique et glorieuse de la ville de Boude (Köln 1687); Hap— pelius, d. ung. Kriegsroman (1689); Boethius, Ruhmbelorbter triumph: leuchtender Kriegähelm ... wider den türfifhen Tulband .. . ., 5 Bbe. Nürn: berg (1688 1692); Feigius, Wunderbarer Adlerſchwung 2. Bd. (1694), (ſ. 0.); ®agner, Hist. Leop.; Rindha.a.O., Memoires du Marechal de Berwyk (1737, 2 ®be. I.), Memorie della vita del C. Marsigli (Bologna 1770); Katona, Hist. crit.r. H XXXV. Bd. a.a. O. 1686; Röder, 8, v. Baden a. a. O. (enth. d. Tgb. d. Herzogs Karl v. Lothr.); Majläth, Ofens Rilderoberung i. Tſchb. f. vaterl. Geſch, 5. v. Hormayı u, Mednyänſzky (1824); Hanımer, Geld. d. om. R. 6. Bd., Leben und Kriegäthaten des Sen. Feldm. v. Schöning (Berlin 1837); K. W. v. Schöning, Leben u. Kriegäth. d. Sen. Feldm. v. Nazmer (Berlin 1838); Némédy, Die Belagerung Ofens (Peſt 1852); Arneth, Guido v. Stahr. a. a. O. ©. 72—74 (benukte auch Hodſchr. z. B. das Tagebuch des Quartiermeifters Haßlingen).

XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648--1700). 665

Oberſt Marfigli von Padua den Handichriftenfchägen der ehemaligen Bibliothek des Corvinen erfolglos nachſpürte.

Tie Chronik der Belagerung und ber Erſtürmung Ofens bat nicht bloß in ber Gefchichte der Kriegskunſt einen bedeutenden Platz, fondern feſſelt durch bie Fülle glänzender Namen in dem buntgemifchten Belagerungäheere, durch das äußerte Kraftaufgebot im Angriffe und in der Vertheidigung, und durch ben Reichthum erhebender Momente, farbenreicher Epiſoden. Die heroiſche Tapfer- keit Guido's von Stahremberg im Sturme vom 30. Juni, die jpartanifche Selbftverleugnung des alten Derfflinger, des wadern Generals der branden- burgiſchen Soldtruppen, der in Gejellfehaft Schöning’8 und Nagmer’3 mit feinen Brandenburger vor Dfen eintraf und auf die Trauerfunde vom Tode bes Sohnes unter den Angreifern nur die Worte: „Warum hat der Narr ji nicht beffer in Acht genommen!“ feil hatte; die riefige Kraft und der wilde Muth im Stürmen, ben ber frühere Genoſſe Tököly's, David Petnehäzy, aufbot, die auß- dauernde Teftigkeit der Vertheidiger, an deren Spibe ber Vezierpaſcha feine Bi: fehl3haberpflicht mit dem Tode befiegelte, und endlich der Edelmuth des Grafen S;apäry in der Behandlung des gefangenen Türken, feines vormaligen Zwing— bern und Beinigers, al’ dies find Epifoden und Berfönlichkeiten, welche in ber "[ebendigen @rinnerung der Mit: und Nachmelt haften bleiben. Uns bewegt auch das Geihid der 60 Ratalonier, meilt Handmerfer, die fernher nach Wien famen, unter Führung eines gewiſſen Aftorga aus Andalufien, ihre Dienfte als Kriegs: leute gegen bie Ungläubigen antrugen und im Regimente Stahremberg unter dem Befehle Guido’3 ftanden;; faft Reiner von ihnen fah je wieder den heimijchen Boden; fie fanden den Tod in den Laufgräben und Brefchen.

Der Fall Dfens, des Hauptbollwerles der Türkenmacht auf dem Boden des KKarpathenreiches, die Rückkehr der alten Metropole Ungarns nad) 141jähriger Osmanenherrſchaft in den Beſitz der faiferlichen Gewalt war ein Schlag, der die Pforte auf’s Tiefite beugen mußte. Als noch überdies das Heer des Großveziers durch Beterani bei Szegedin (19. October) eine Niederlage erlitt, be— quemte fich Erfterer zu neuen Friebensangeboten, aber ohne Er: folg. Die gänzliche Niederwerfung der Türkenherrſchaft im Donau: und Theißlande mußte als unverrüdbare Aufgabe der faijerlichen Waffen erfcheinen; der Stein war im Rollen, denn au die Bun: desgenofjen des Kaiſers waren nidht unthätig, wenn fie aud nicht fo enticheidende Schläge führten. So bereitete fi das Kriegs: jahr 1687 vor.

Bevor wir die Ergebniffe des nächiten Kriegsjahres berichten, müffen wir einer Epifode des ungariſchen Staatslebens gedenten, melde jih im Frühjahre 1687 zuträgt; ihre Hauptperſon ift der Zandescommandant, General Caraffa, ihr Schauplat der Vorort der Saͤrdſcher Geſpanſchaft, Eperies. Die Geihichte des Toge-

666 XVL Bud: Vom mweitph. Frieden b. 3. ſpan. Erbjolgefriege (1648— 1700).

nannten „Bluttribunales Caraffa’s“ *) oder der „Eperiefer Schladht- bank“ bleibt, wie jehr auch das erregte Mitgefühl eine ganz unbe- fangene Würdigung erjchwert und die maßgebenditen Zeugnifle aus dem Lager ftammen, welchem die Betroffenen! ihrem Glau⸗ ben zufolge angehörten, immerhin ein bedauerlicher Beweis, wie weit angebornes Mißtrauen, ſoldatiſche Härte und ehrfüchtiger Dienfteifer führen fünnen. Daß es nicht Wenige unter dem ober: ungariſchen Adel geben mochte, die ſich nur mit verhaltenem Grolle dem Umfchwunge der Dinge fügten und der eigenen Vergangenheit, fowie der Sache Tököly's im Herzen geneigt blieben, ift jelbitver- ftändlich, denn der Sieg der faiferlihen Sache hatte mande Privat: intereffen hart betroffen, die äußere Haltung der Malcontenten, nicht aber ihre Gefinnung ändern können. Parteileidenſchaften können nicht mweggetilgt werden, fie müfjen ſich ausleben. Auch der Kal- vinismus und das Lutherthum auf dem Lande und in den Städten

*), Die Quellen dafür aus dem proteſtantiſch-ungariſchen Kreife: a) Thea- traum sanguineum, quod ad persequendam ipsam innocentiam Antonius ' Caraffa ad delegatum in Ungaria judicium Caesare designatus arbiter anno 1687, Eperiesini manu carnificum erexerat, nunc primum anno 1705 (!) orbi in stuporem expositum; u. d. T. „daß blutige Schaufpiel von dem Gra- fen Anton Garaffa, aufgeführt duch Henkershand zu Eperies in Oberungarn i. 3. 1687 abgedr. im Magazin f. Geſch. u. Statütif d. öſterr. Mo: nardie (Göttingen 1808), ©.5—59; widtiger ift: b) die laniena Eperies- sensis bie Schlachtbank zu Eperies, oder hiftorifche Veichreibung des Trauer: ipiels, in welchem i. J. 1687 unter der Conmandatur des General A. Garaffa mehrere der der Empörung beicyuldigten Ungarn mit der härteſten Todesſtrafe belegt wurden ; verf. i. 3. 1688 3m. dem Monath Januar und September (von Joh. Rezif, damals Prof. d. evang. Schule zu Eperied, geb. im Neutr. Comit., fpäter Prof. zu Thorn a. d. Weichſel). Diefe Arbeit wurde in mehreren Handſchr. verbreitet; eine davon, al8 in feinem Befite, erwähnt auch Klein i. ſ. Bearb. d. Geſch. Ungarns v. Feſſler, IV. Band, ©. 436,7, Nr.1., doch ohne des Göttinger Magazins zu erwähnen, wo fie filh vermwerthet findet (S. 60—131).

Das Göttinger Magazin hat noch Folgendes in diefer Angelegenheit abge- drudt: III. „Ton der Unſchuld der zu Eperies Hingerihteten nach dem Zeug- niß des Andreas Radicd und Daniel Abfalon (S. 254—256). IV. Ver: zeihniß der Hingerichteten und PBerwahrten (266—272). V. Verzeichniß der Richter der Carafſa'ſchen Commifjion (272—276). VI. Etwas über Ladislaus Szentivanyi (276—282). VD. Bon dem Grafen Caraffa (283—292). VII. on ben Radvanſzky's (292—298). gl. Vico de gestis Ant. Ca- raphaei II. Bd.; Wagner, Hist. Leopoldi J. II. Bb.; Katona XXXV. 2b. 3. 3. 1687.

668 XVI. Puh: Vom weftph. Frieden b. ;. ſpan. Erbfolgekriege (1648— 1700).

und eine Unterfuhung des Verfahrens zu verlangen. Hierſelbſt mußte endlich die Anſchauung Boden gewonnen haben, daß Caraffa’s Ver: Ihmwörungsfpäherei in’s Maßloje, in eine Manie ausarte, überdies erheijchten die wichtigen Staatsfragen, die damals ihrer reichstäg- lihen Löſung entgegengingen, die Beichwichtigung der durch Die Eperiefer Vorgänge hoch erregten Stimmung des afatholifchen Ungarns. So wurde denn das Tribunal Caraffa's aufgehoben und eine comif- fionelle Ueberprüfung der gefällten Urtheile vorgenommen. Ihre Caffirung konnte allerdings die vollzogenen Todesurtheile nicht un- gefchehen machen, aber war, gleichwie die Aufhebung des Tribunales und die Rückgabe confiscirter Güter, eine Genugthuung zu Gunften der Gerechtigkeit und der öffentlihen Meinung. Daß jedody Ca: raffa, deilen Name zu einem Fluchworte in Ungarn wurde (Karaf- fafıa), Schlimmer als einft der Name Baſta's in Siebenbürgen, Die Gunft des Hofes nicht verlor und an der Spige wichtiger Gefchäfte blieb, ijt eine Thatjache, welche bemeift, daß man in Wien die Sad: lage und die Brauchbarkeit Caraffa’s von ganz anderm Gefichts- punfte aus anjah und die Eperiefer Vorgänge nur als Webertrei: bungen des Dienfteifers auffaßte.

Am 12. Auguft 1687 entjchied das Eingreifen des Herzogs von Lothringen den großen Sieg bei Nagy:Härfany über das Heer des Großveziers, mit deſſen Uebermadt. der Kurfürft von Bayern und Ludwig von Baden im tapfern Ausharren gerungen hatten; es war in der Nähe des Kampfgefildes, wo einit vor 161 Jahren der Sieg der Türken über Ungarns Zukunft entſchied; man pflegt daher die Schlaht auch die von Mohäcs zu nennen. Nun trat jedod) der Widerftreit der Kommandirenden über die weiteren Aufgaben der Kriegsführung fo heftig an den Tag, daß der Bayer und der Badener nah Wien zurüdtehrten. Das Türkenheer war jedoch vollftändig demoralifirt und dies erleichterte die weiteren Erfolge der faiferlihen Waffen, die nun bald ganz SIavonien und Syr— mien mit Peterwardein wieder erobern und Siebenbürgen vor eine neue Zwangslage ftellen.

Apaffy und die Stände des Landes, unter denen die kaiſer— feindliche Partei den unbequemen Haller'ſchen Vertrag bei Seite Ihob und neue Dedungen der Pforte gegenüber fuchte, fehen fich bald genöthigt, den Blafendorfer Vertrag vom 27. October zu unterzeichnen, der Hermannftadt, Klaujenburg, Biſtritz, Weißen: burg, Mühlenbach, Schäßburg, Deva, Väfärhely, Somlyé, Monoftar und Tövis den faijerlihen Truppen als Quartier einräumt, be: deutende Leiftungen an Proviant und Geld vereinbart und die Haupt:

XVL Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. jpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 669

punkte des Hallerfchen Vertrages zu Gunften der confejlionellen und politiihen Rechte Siebenbürgens dem Weſen nad) erneuert.

Karl von Lothringen theilt nun Siebenbürgen in vier Militärbezirfe, als beren Gommandanten Scherffenberg in SHermannftadt, Beterani in Weißenburg und Deva, Guido von Stahremberg in Klaujenburg und Pic: colomini in Biftrig beitelt erfcheinen. Dann begiebt er fi) wieder nad) Bien zurüd.

Noch im December des rühmlichen Kriegsjahres 1687 geräth das bedeu- tendfte Bollwerk der Türfenherrfchaft in Oſtungarn, Erlau, in Die Hände Garafja’8, die fefte Stadt am Mätragebirge, deren Vertheidiger, Stephan Bobo, vor mehr als hundert Jahren dreizehn Stürme der Osmanen abgewehrt Hatte (1552, September, Detober); 1596 in Türfenhand gefallen, gehörte fie nun nad 88 Jahren, wieder und für immer der angejtammten SHerrichaft. -

Aber noch eine andere Thatfache vollzieht fi auf dem Boden bes inmern Staatslebens Ungarns: der folgenjchwere Preß: burger Reihstag (October 1687 bis 25. Januar 1688) mar auch eine gewonnene Schlacht der habsburgiſchen Politik zu nennen. Wir werden die Bedeutung ſeiner Beſchlüſſe im Zuſammenhange mit andern Thatſachen noch in einem ſpätern Buche zu erörtern haben. Hier genüge die Andeutung der Erfolge, welche ſich in Bezug der endgültigen Pacification Ungarns und der Regelung ſeines ſtaatsrechtlichen Verhältniſſes an das Erſcheinen des Kaiſers und ſeiner beiden Söhne Joſeph und Karl (30. October) zu Pre: burg knüpfen. Die Richtigkeit des Sabes von der zwingenden Macht des Erfolges, des „Meifters der Dinge“, findet bier feine befte Bewahrbeitung. Die königlichen PBropofitionen erjcheinen ge— tragen von dem Bemußtfein der QTürfenfiege und der Befreiung Ungarns von feinem Erbfeinde, einer Befreiung, deren größte Opfer an Geld und Truppen auf kaiſerlicher Seite fi finden. Es fehlt nit an beftigen Kämpfen, ftürmifchen Debatten, in denen als ge: wandte Verfechter der Propofitionen Balatin Eßterhazy bei der Magnatentafel, der Berfonal Drbän im Haufe der Stände, letz⸗ terer auf dem jchmwierigern Kampfplage, erjcheinen; die Vor— gänge zu Eperies erregten in der Ständetafel einen gewaltigen Sturm, ja der Juder Curiä, Drasko vich, ſelbſt widerjprach heftig ber Erblichkeit der Krone, und nur das zürnende Wort des Kaifers ſchloß ihm den Mund, ein Schlagfluß bald darauf das Leben; endlich famen auch die Katholifchen und die Proteftanten, wie immer, in der Glaubensfrage hart aneinander. Dennoch ſetzte endlich Die Krone alle ihre weſentlichen Forderungen durch: die Erblichkeit Ungarns im Mannsftamme beider habsburgifcher Linien, die Auf-

670 XVI. Bud: Nom weftph. Frieden b. z. jpan. Erbfolgefriege (1648—1700).

hebung des Infurrectionsartifels (8 31) der goldenen Bulle v. %. 1222, und erzwang, troß des Widerſpruches des katholiſchen Hochklerus, die Erneuerung der Dedenburger Diätalartifel zu Gunften des Proteſtantismus v. 9. 1681. Die Krönung Sofeph’s, des eriten thatfächlich und for: mell erblihen Königs Ungarns aus dem Haufe Habsburg, von der Hand des neunzigjährigen Primas Georg Szecjenyi, den 8. Decem- ber 1687, war gewiffermaßen der Echlußftein der kaiſerlichen Erfolge.

Munfäcs, der legte Halt der Töfölyaner, ergiebt fi” den 14. Januar 1688 an Gen. Caraffa; Helene wird mit ihren Kindern erjter Ehe nah Wien gebracht; ihr Satte Tököly, der ſchon entichloffen war, um ben Preiß eines Ausgleiches mit dem Kaifer Fatholifch zu werben, war troß ſeines neuen reis heitsmanifeſtes politifch todt, der Zauber feiner Worte längit abgebraucht. ſein einſtiger Anhänger Abſalon nun bei Caraffa bedienſtet.

Auch die Verhältniſſe Siebenbürgens trieben einer neuen Entwicklungsphaſe zu.

Caraffa erſcheint in Siebenbürgen als Vollmachtträger des Kaiſers. Hier kehrt er nicht den Gewaltmenſchen heraus, ſondern benimmt ſich mit der Feinheit des Staatsmannes, der, den Haupt: zwed feiner Sendung im Auge, die rechten Leute und die zweckdien⸗ lihen Mittel zu finden weiß. So fommt es zu der urlundliden Huldigung der Siebenbürger an ben Kaifer als Oberlehnsherrn, die der Fogarafcher Landtag (10. Mai 1688) beftätigt, und das faiferliche NRefceript vom 17. Juni 1688 fanctionirt dieſen wichti- gen Act.

Neue ſchwere Schläge treffen im Kriegsjahre 1688 die zähe, aber gewaltig demoralifirte Widerftandstraft der Pforte. An Stelle des Herzogs von Lothringen ift nun der Kurfürft von Bayern Oberbefehlshaber des Taiferlihen Heeres, mit Ludwig von Baden und Gaprara zur Seite, während im Theißgebiete Caraffa, Picco: lomini und Beterani erfolgreih mit den Haltplägen der Türken aufräumen. Am 19. Mai nimmt Caprara Stuhlweißenburg; den 6. September erliegt Belgrad den Angriffen der Kaijerlichen, bei welchem Anlaffe der Bayernfürft feine ſtürmiſche Tapferkeit, Guido von Stahremberg, wie immer und überall, feine heroiſche Ausdauer bewährte und Prinz Eugen von Savoyen, der 26jährige Feldmarfchalllieutenant, feinen Muth wie vor Dfen bewährte und Wunden davon trug. Seit mehr als drei Menjchenaltern in den Händen der Türkei, fiel diefer wichtigfte Grenz: und Sclüffelpunft Ungarns wieder an Ungarn zurüd. Markgraf Ludwig von Baden trägt bis Bosnien, Veterani bis in die Wallachei die fiegen-

XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 671

den Waffen; auch Venedig erficht Siege, nur Bolen, an inneren Wirren zwifchen der Krone und den Ständen |. 1688 insbejondere kränkelnd und von Frankreich beeinflußt, hat wenig Erfolge aufzu: weijen. Ä

Unter ſolchen Verbältniffen fand die türfifche Friedensbotſchaft, welche im Frühlinge d. 3. 1689 zu Wien unter Vermittlung bes bolländifchen Geſandten Hope mit den Bevollmächtigten des Kaiſers: Strattmann, Kinsky, Rüdiger von Stabremberg und Caraffa, anbererfeitd mit den Botfchaftern Ve: nebigs und Polens: Cornaro und Raczynski über einen Ausgleich ver: handelte, den ungünftigften Boden, denn bie Forderungen des Kaiſers betrafen bie Ueberlieferung ber letzten Haltplätze der Türkenherrſchaft in Ungarn (Gens, Syula, Großwardein und Temesvar) und nebft der Räumung der Moldan, Wallachei, Bosniend und Serbien auch Tököly's Auslieferung; und nicht ges ring wogen auch bie Anfprüche der Bundesgenoſſen Leopold’3. War doch jchon im September 1688 die Weiſung an den Markgrafen Ludwig von Baden ers laffen, die Türken au Bosnien zu verbrängen, fi, im Wettfampfe mit Ve: nebig, der Herzegowina und bed dalmatiniſchen Hinterlandes zu bemädhtigen, während der wackere Hüter Oſtungarns, Beterani, in der Walladei und in Bulgarien feften Fuß fallen follte.

Aber auh Frankreich ftand bereits fampfgerüftet da, auf dem Felde der Diplomatie rührig und ebenjo die Hand an’ Schwert gelegt, um fih auf bie faiferlihe Allianz und vor Allem auf den Rhein zu ftürzen.

Schon im Jahre 1687 hatte Ludwig XIV. eine Schwenfung in feiner Bolitif vollzogen ; er verfuchte mit Hülfe der Tatholifchen Hierarchie, des Cardinals d'Eſtrées, des Cardinale Pio und des Nuntius Bonvifi in Wien den Kaifer für den ewigen Frieden mit Frankreich und eine Europa beherrfchende Liga der katholiſchen Mächte: Frantreih, Habsburg-Defterreih und Habsburg: Spanien, ferner des Fatholifchen Königs von England, Jacob II., zu gewinnen und in folder Weife die Stellung Leopold's I. im deutichen Reiche zu untergraben. In der erften Hälfte des Jahres 1688 trat Frankreid) mit der neuen VBerfuhung an Xeopold I. heran: um den Preis des Eljaß, der Nheinftäbte und des erblichen Kaiſerthums in Deutſch⸗ land der Dritte im Bunde Ludwig's XIV. und Jacob's LI. zu werden. Der Kaiſer wies nicht bloß dieſe verlogene Köderung ab, jondern verbot fich ſolche Anträge für alle Zukunft. Dies und die wachen: den Demüthigungen der Pforte brachten Ludwig XIV. in Harniſch. Als der Franzofenlönig den Fall Belgrads erfuhr (30. September 1688), befam der Dauphin den Auftrag, zur Armee im Elſaß abzu- gehen, und bereits (24. September) war das Kriegsmanifeitan

672% XVL Buch: Vom weitph. Frieden b. 3. ſpan. Erbfolgefriege (1648--1700).

das deutſche Reich unterzeichnet, dem die Kriegserflärung an Holland folgte (15. November).

Defterreich fchreckte vor dem Doppelfriege nicht zurüd, e8 nahm ihn auf; die Stimmung im- Reiche war gegen die Sranzojen, als „Türkenfreunde und Mordbrenner“ (1689 in der Pfalz), tief erregt; . enger als je ſchließt man fih an den Kaifer an. Bald fchrieb Leibnig: „Nie fei das Reich Jo einig geweſen.“ Der Sturz Jacob’s II. von England (December 1688) bahnt den großen Umſchwung im Brittenreihe an, der Dranier tritt dem Kaiſer als König Wilhelm ILL. von England zur Seite und im Mai 1689 ift die große Allianz Leopold’S I. und des Reiches, Spaniens, Englands und Hollands geichloffen, der jpäter au) der Savoyer und Schweden beitreten.

Die einhellige Wahl des Eritgebornen Leopold's, Joſeph's (I.) zum deutſchen Könige (1690, 24. Januar) und die Gewinnung Englands: Hollands für die ſpaniſche Prätendentſchaft des zweitgebornen Erzherzogs Karl war jedenfalls ein Sieg der kaiſer⸗ lihen Sache, Frankreich) gegenüber.

Aber im Ungarnlande lag das Feld der Waffenerfolge und der gewinnbringenden Ausfichten Defterreichs.

Die Streitkräfte, welche der Kaifer im Jahre 1689 gegen die Türken aufitellte, etwas über 30,000 Mann waren nicht fo bedeutend als die früheren, denn ber Krieg wider? Frankreich er: beifchte eine Waffentheilung, aber Markgraf Ludwig von Baden, damals Höchſtcommandirender, feine Genoffen Guido von Stahremberg, Veterani, Piccolomini, Heisler, Herbeville, Huyn, die Ungarn Palffy, Batthiany, Lad. Cſaͤky, Banus Erdödy wurden von den früheren Erfolgen bejeelt. "Allerdings entwidelte auch die Pforte ihre ganze Widerftandsfraft und auh Tököly befam feine Rolle zugewieſen, aber eine neue Gefahr rüttelte an den Grund: feften des Osmanenreiches. Durch die Völker der]Balfanhalbinfel, die feit Sahrhunderten dem Joche der Türkenherrſchaft abgeneigten ſlaviſchen Rajahs, lief nun der Gedanke der Befreiung mit Hülfe ber Faiferlihen Waffen. Es war ein großer Plan und, wenn ver: wirklicht von unermeßlichen Folgen für die Zukunft Ofteuropa’a und unferes Staates, den der Wiener Hof damals zu verfolgen begann: die Infurgirung der Süddonaulänber gegen die Pforte Bor Allem regte fi der Gedanke der Befreiung durch das Bündniß mit dem fiegenden Chriftenkaifer im Serben: volfe und zwei Verfönlichkeiten erjcheinen bald als Träger biejes Gedankens: Georg Branfovic und fpäter Arien Czernoje—

XVI. Bud: Vom weitph. Trieben b. z. jpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 673

vice (Czernowie), der Patriarch von Ippek. Lebterer wird dann der Leiter der jerbijhen Anfiedlungen in Ungarn.*)

Seorg Brankovid, angebli aus der altberühinten jerbifchen Fürften- familie dieſes Namens, der Sohn Johanns (geb. 1640— 1648 zu Weißenburg in Sieben bürgen, wahrjcheinlicher jedoch zu Jan opol (Boros Jenö), früh verwailt, erzogen von feinem ältern. Bruder Simeon oder Sava, Serbenbijchof in Sanopol, und namentlih in Spracden tüchtig, ein guter Xateiner, begann feine Laufbahn beifäufig j. 1663 als Dolmetſch des Fürſten Apaffy und foll ſchon damals (1663, 28. September) von dem Ippeker (Peter) Patriarchen Marimin al3 ein Nachkomme der alten YFürjtenfamilie Branlovie zum „Fünftigen Des⸗ poten der Serben“ ausgerufen und feierlich geweiht worden fein (?). 16883 zog er mit feinem Bruder nah Rußland, um bei feinen Glaubensgenoffen Gelb: mittel zur Erbauung einer neuen Metropolitankirche und Metropolitanrefidenz der Serben oder Raizen zu fammeln. Abermald dann in Dienften des Yür- ften Apafiy I. und von biefem mit dem Gute Alvincz bejchentt, fiel er fanımt feinem Bruder in Ungnade und taudt dann 1680 in der Walladei auf. Schon 1681 knüpfte er durch Ladislaus Cfäly Beziehungen zum Wiener Hofe an und erfcheint als Botſchafter des wallachiſchen Wojwoden Santacuzen Scher: ban in der Reſidenz des Kaiſers. Er wird nun ein rühriger Träger bed Ge- dantens der Befreiung des Chriftenvolfes der Balfanhalbinjel vom Joche der Türkenherrſchaft und erfüllt von ehrgeizigen Hoffnungen. Unter Anberm jucht er Rufland als Allürten Oefterreichd für die Vertreibung der Osmanen aus Europa zu erwärmen. Daß ihn die Wiener Negierung bereitd 1683 als ihren Agenten anfah, bemweiit feine Erhebung zum Freiberen (7. Juni 1683), noch vor der Wiener Kataftropbe.

Als nun Markgraf Ludwig mit Veterani und Piccolomini am 29. Auguft bei Grabovo und Jagodina an ber ferbifhen Morama erſchien,

*) Titeratur. (Bartenftein) Kurzer Bericht von der Beichaffenheit der zer: - ftreuten zahlreihen illgrifhen Nation i. d. f. k. Erblanden. Bol. au Ar neth's Abh. über Bartenjtein im Arch. f. K. õ. G. (Wir fommen darauf noch i. 4. Bde. zu ſprechen). Cjaplovics Slavonien u. 3. Thl. Croatien II. Thl. (1819, Peſt); Safarit, Geh. d. ferb. Literatur; Sammer, Geſch. d. osman. R. III. Bp.; Czörnig, Ethnographie des öfterr. Kaiferftaates, II., III.Bb. (Beilagen). Die Monogr. über die Militärgrenze v. Hieginger, Fras und Vanidef (vgl. 1.8. ©. 298, 361. II. Bd. ©. 308— 313); Fiedler, Die Union ber in Ungarn zw. d. Donau und Drau wohn. Bel. griech. Glauben? (Situngsber. d. Wiener Akad. hit. phil. Kl. 37. Bd.) u. Beitr. z. Union d. Walachen (Vlachen) i. Slav. u. Syrmien (Ar. f. 8. 6. ©. 1867); Szalay, Szerb telepek jogviszonyai (die Rechtsverhältniffe der jerb. Anfiedlungen); Arneth, Guibo v. GStahremberg; Stojac8fovics, Ueber die ſtaatsrechtl. Terhältnifje der Serben i. d. Wojwo— dina (Temesvar 1860); Les Serbes de Hongrie (Prag 1873); Schwider, 3. Geh. d. Hirhl. Union i. d. croat. Militärgrenze (Arch. j. 6. G. 52. 2b. 2. 9. 1874).

Krones, Gef. Oefterreihs. III. 43

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und einen glänzenden Sieg über die Türken bei Batatfchin erfocht, verfuchte er zur Erhöhung feiner herabgefhmolzenen Streitkräfte das Mittel eines Aufrufes: an die Slaven Albanien, Boſsniens und der Herzegowina, mit ihm vereinigt die Freiheit von türkiſcher Tyrannei fich zu erfämpfen. Ob unb inwieweit damald jener Georg Brankovi& ben Plänen der kaiſerlichen Politik Vorſchub Teijtete, ift nicht Har zu erſehen. Sicher aber ift es, daß der ehrgeizige Abenteuerer, die eignen Zukunftsgröße vor Augen, nad ber Eroberung Belgrad durch die Kaiferlihen (September 1688) am Wiener Hofe erjchien und bier den Antrag machte, an 30,000 Serben, ja noch mehr, der Armee zu= zuführen. Der Kaiſer erhob ihn dafür (20. September 1688) in den „Grafen⸗ ftand.” Wohl erfahren wir aus guter Quelle, daß Brankovit i. J. 1689 Schaaren von Serben nah Syrmien als Anfiedler einführte, aber von feiner namhaften Unterftügung des Faiferlichen Heeres verlautet nichts; dagegen nannte ec fih fchon feit Ende 1688 „Despot von Jllyrien, Serbien, Syrmien, Möfien (Thracien, Bulgarien) und Bosnien“ und fchien die ganze Bewegung für fich ausbeuten zu wollen. Jedenfalls bejhli nun ben Feldherrn Leopold's J. und den Kaiferhof bie Beſorgniß vor förenden Ränken jenes Mannes und vor der Möglichkeit eines ſerbiſchen, bie Anfprücdhe ber ungarifhen Krone gefähr: denden Zwiſchenreiches.

Als nun Markgraf Ludwig den neuen Seraskier Redſcheb-Paſcha (Beg- Ierbeg von Sofia), Nachfolger des abtrünnigen Jegen Dsman (vorher Paſcha von Rumelien), im Niffawathale, bei Nifja (Nis), raid umging und, von Heisler und Veterani wader unterjtügt, bis zur Vernichtung ſchlug (24. Sep: tember), io daß bie große Kriegöbeute für die Mühen ber Heerfahrt reichlid) Iohnte, ließ er (October) den in fein Lager entbotenen Brankovid feftnehmen, und nach Hermanftabt fchaffen, von wo aus der „Despot“ und „Reichsgraj” zur ſtändigen Internirung nad Wien (1689—1703) und fpäter nad) Eger ge: Ihidt wurde. Hier lebte er 9 Jahre von einer allerdings kargen Penfion (1000 Gulden) und ftarb den 19. December 1711, von feinem Hauswirth Mi- neti als ein munterer, Iuftiger Herr gejchilbert, der fleißig in Büchern las und nie bie Hoffnung auf Rebabilitirung fallen Tieß.*)

Die Behandlung des Serben Brankovie übte begreiflichermeije einen herab⸗ flimmenden und anbrerfeit3 erbitternden Einfluß auf feine Landsleute. Den- noch ließ ſich biefer Zwifchenfall durch weitere Erfolge der Faiferlihen Waffen paralyfiren.

Markgraf Ludwig z0g nad dem Siege an der Nilfawa über den Gebirgsfnoten, der das Balkan: und Karpathenſyſtem verbindet nah Bulgarien und eroberte Widdin (14. October), die alte Stadt an der walladifchen Grenze, welche ſchon fo manchen Kampf vor ihren Mauern erlebt hatte, und bewog den neuen Hospodar

*) Pol. d. Auffag v. A. Frind: „Der Banus, Graf und Despot ber Serben und Raizen Georg Branlovid, ald Bewohner von Eger” i. Progr. bes Lt. St.-Ch.:Gymn. zu Eger (1868).

XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgekriege (1648—1700). 675

oder Wojwoden der Wallahei, Brankowan, den Nadjfolger Scherban’s, das rumänische Bündniß mit dem Kaifer zu emeuern (27. October). PBiccolomini aber, von dem Markgrafen bei Niffa zurüdgelaffen, faßte, als Krieggmann von Muth und Geift, den kühnen Plan, nad Uſchküb (Skopi), dem wichtigen Paßorte, im Süden von Priſtina (am waffenberühmten Amfelfelde, Koſſowo) vorzudringen und als bemwaffneter Herold der Freiheit unter den Gebirgsvölfern des innern Balfans aufzutreten.

Es lebte unter den Südſlaven eine alte Sage, dereinft werde fie von dem Türkenjoche ein Held befreien, der auf dem Nüden bes Kameeles und mit fremdländiſchen Thieren im Gefolge ihre Heimath betrete. Diefe Mähre nutzte der kluge General aus; mit Kameelen, Affen, Papageien aus der Niffaner Lagerbeute erſchien er unter den jchlichten, gläubigen Leuten, angeltaunt als Türfen- befieger und bald als freundlicher Mann beliebt, der insbejondere die wichtigſte Macht und Triebfeber für eine ſolche Bewegung, die Geiftlichfeit, voran den Patriarchen von Ippek, Arjen Czerno— jevic (Czernomic), für fich zu gewinnen, veritand. Bald zeigte fich das ganze Gebiet von Rumelien bis an die Herzegowina, längs des ganzen Balkans und an beiden Seiten des Schar:Dagh, um Uſch⸗ füb und Prierend (Perkerin) für eine Schilderhebung gewonnen, die mit nächftem Yrühjahre (1690) vor fich gehen follte.

Aber die Unzulänglichfeit der Mittel des Kaiferd für einen Doppelkrieg, die Halbheit der Mafregeln und die bedauerlihen Echwanfungen in dem Com: mando bemwahrten bie fi) wieder fammelnde und aufraffende Pforte vor dem äußerften Verberben, und die Bewegung der Balkanvölker gerieth in's Stoden.

Ein ſchwerer Schlag für die letztere Sache war ber jühe Tob bes bochbegabten thatkräftigen Generald Enea Silvio Piccolomini. Er, der den Namen eines der bedeutendjten Schriftiteller und Kirchenfürften des Mittelalterd und Gliedes feiner Familie führte, der Neffe Ottavio’3, Fürften von Amalfi, des Waffengenoffen Wallenjtein’3, ftarb leider |hon am 9. November 1689 zu Priftina am Amſel⸗ felde, und die Aeußerung des Markgrafen Lubwig von Baden, nad Piccolomini’s Tode ſei hier „Alles in Stoden und Confuſion“ gerathen, kennzeichnet am beiten bie Bedeutung dieſes Verluſtes. Wohl lautete die Inſtruction für feinen an Geiſt und Herz ebenbürtigen Nachfolger und Landsmann, Grafen Veterani, dahin, es fei im höchiten Intereſſe ded Kaifer gelegen, daß ſich der genannte General „Diesfeitö des Berges Hämus, der Alpen oder des albanejifchen Gebirges, wann und jo viel fi thun laffet, gegen dem adriatiihen Meer zu ertendiren trachten folle, um mithin Bosnien und Herzegowina von ben noch übrigen thürkiſchen Landen gänzlich abzufchneiden,” aber ehe Beterani bazu kam, feine Anftruetion zu verwirklichen, vollzog fi ein nachtheiliger Umfchwung in ber Kriegdlage.. Wohl ſchlug der Herzog von Holftein als Faiferlicder General

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unb vorläufiger Erſatzmann Piccolomini's, die Türken (1689, 27. November) bei Stippo, aber jeine unfluge Härte und die Augfchreitungen feiner Truppen verbitterten die Albanejen gegen Oefterreih, und das faiferlide Manifeſt, welches fpäter (6. April 1690) im Drud erſchien und „alle Tölfer von ganz Al: banien, Serbien, Myfien, Bulgarien, Siliftrien, Syrien, Macedonien und Rascien“ gegen Verbürgung confeffioneller und politifcher Nechte wider die Os— manen in Waffen rief, jtand mit den trüben Ergebniſſen des Kriegsjahres 1690 in einem zu grellen Widerjpruche; e8 fand feinen wirkſamen Widerhall in den Herzen der Balfanjtämme.

An die Spige des Diwans war indefjen ein trefflicher Organi- fator des erjchütterten Türfenreiches, der Großvezier Muftafa Köprili, getreten, aus derjelben Familie, die ſchon einmal, in Ahmed Köprili, dem Osmanenftaate einen tüchtigen Leiter gegeben. Die geringe Kriegsmacht der Raijerlichen, längs der ganzen Balkan: halbinjel zeritreut, von dem früheren Haupte, dem Markgrafen von Baden verlaffen, bot ihm Gelegenheit zu wirkſamen Angriffeftößen.

Vom Januar ab drängen .die Türken die SKaiferlichen aus Katſchianik, mo ber erfte Schlag den voreiligen Oberften Straffer traf, Priftina und Novibazar zurüd; mit Mühe rettet Veterani das wichtige Niffa; Heißler, der fich mit den Wallachen überworfen, muß nad Siebenbürgen zurüdweidhen, der Hospodar Brankowan erklärt fi wieder als Vafall der Pforte. Wohl fiegt Banus Erdödy bei RKoftajnica, die Türken aber nehmen dafür Zwornik und nur die Einnahme von Kaniſcha (jeit 90 Jahren in türkifchem Befiße) durch Grafen Adam Batthiänyg (13. April) kann als ein gewinnbringender Gegenichlag gelten. Entſchieden Recht follte die Denkihrift des Markgrafen Ludwig vom Februar 1690 behalten, der das ganz Ungenügende der damaligen faiferlihen Kriegsmacht in Ungarn erörtert hatte und deshalb auch mit der Wiener Regierung in vorübergehende Spannung gerieth. Veterani’3 Unterhandlungen mit Tököly erwiejen fi bald fruchtlos.

Schlimmes drohte nun auch dem Lande Siebenbürgen.

Im ängftlihen Gefühle, zwiſchen gefährliche Gegenjäge, Taiferlihe Hoheit und türkiſche Rachfucht, gerathen zu fein; denn ſchon war Töföly zum Angrifie auf Siebenbürgen außerjehen und ihm von der Pforte die FürftenthHum zuge- dacht worden, ftarb Michael Apaffy I. den 10. April 1690, „der fromme M. A.” (jchreibt Der gleichzeitige und meiſt zuverläffige Chronijt Cſerey von Nagy Nitja), „welcher weit eher als Geiftliher anı Plate gewejen wäre, denn als Fürſt,“ das Werkzeug Teleky's.

Dem Atnameh des Sultans, das Tököly zum Fürften Siebenbürgens be: ftellte, folgte ber Befehl an die Tartaren und den Wojwoden Branfowan, mit ihm über Siebenbürgen berzufallen. Durch den Törzburger Paß und dann auf

XVI. Buch: Rom weftph. Frieden b. ;. fpan. Erbfolgefriege (1648— 1700). 677

wilden, wenig begangenen Gebirgäpfaden brachen bie Verbündeten vor, um bie Gegenaufſtellung Teleky's und ber Kaiferlihen unter Heißler, Heifter und Oberit Doria zu umgehen, während Branfowan durch ein Scheingefeht am Paſſe fie feftHielt. Bei Zernefht und Tohäny erfolgte (21. Auguft) ber Ueberfall; die Schlacht endigt mit einem blutigen Siege Tököly's und der Türken; Teleky fällt wundenbebedt, General Heihler geräth in Gefangenfchaft. Sein Gegner Töksöly, ift num Herr ber Sachlage, und die beutjchfeindliche Partei, welche in der vorläufig ablehnenden Antwort bes Kaiſers vom 4. September auf das ſtändiſche Geſuch (vom 24. Auguſt) um Beftätigung der Fürſtenwürde bes jüngern Apaffy das beutlihe Anzeichen der Annerionsgelüjte des Wiener Hofes erbliden zu können meinte, führte an Hermannſtädter Landtage das große Wort. Tököly wird am 22. September zum Fürften Siebenbürgens gewählt, aber mit der Herrlichfeit feines Fürſtenthums iſt e8 bald vorbei.

Denn Ihon ftand der Markgraf von Baden wilder an der Epite der Heeresleitung, um noch zu retten, was zu retten war. Wohl nahmen die Türken im Zeitraume von Ende Auguſt bis 8. October Widdin, Niffa, Galambscz und Szendrö, jelbft Orfova und Lippa ein, verfahen mit Mundvorrath Temes: var und Großwardein; ja es gelang ihnen jelbft (1.—8. Oc⸗ tober) das wichtige Belgrad wieder zum Falle zu bringen, da eine fürditerlihe Pulvererplofion die längere Vertheidigung unmöglich machte. Guido von Stahremberg, der Herzog Croy und Aspremont jpielen dabei die Hauptrolle; Erfterer behauptete Cenigitens das wichtige Eſſek gegen den Angriff der Türken. Andererjeits trieb jedoch, an's eiferne Thor eilend, der Markgraf von Baden die Schaaren Tököly's, die Kuruzzen und Türken, aus Siebenbürgen heraus, Ende October mußten fie durch das Burzenland nad der Wallachei entweichen.

36,000 jerbijhe und albanefifhe Familien waren Ihon im April 1690, einen Monat vor dem Ausmarjche des Groß: veziere, unter der Führung des Patriarchen Arſen Cernojevic aus der Heimath aufgebrohen, um in den Ländern des Kaiſers ein neues Vaterland, frei von der Türfenherrichaft, zu finden und dieje neue Heimath vertheidigen zu helfen.

Zu Belgrad hatten fie am 18. Juni eine Verfammlung abgehalten und mit den Bedingungen ihrer Ueberjiebelung den Janopoler Biſchof Iſaias Diafovie als Botjchafter der „Sommunität der griehiihen Raizen” an ben Wiener Hof abgejendet. Den 21. Auguſt ertheilte ein Fatjerliicher Freiheitsbrief dieſen Forde— rungen Gewähr und Bürgichaft, und den 23. d. M. erhielten die gleiche Zu: fiherung die Bornehmiten diefer Einwanderer: die drei Branfovic’ (Paul, Anton und Xafob) in befonderer Urfunde. Die Zuficderung der Metropolitan: gemalt an ben nicht unirten Erzbiichof Gernojevit für ganz Griechenland,

678 XVL Buch: Bom weſiph. Zrieden b. ;. jpan. Erbiolgefriege‘(1643—1700).

Rascien, Bulgarien, Talmatien, Bosnien, Janopol und Herzegowina und über alle Serben in Ungarn und Groatien, follte das Firchliche nterejje der Ans fommlinge an die Regierung feſſeln und anbererjeit3 die bebenflichere Forderung eines jerbiichen Wojwodates paralyjiren. Vor dem Cintrefien der Türfen bei Pelgrad zogen jene 36,000 Familien über die Save in der Hauptmaſſe nad Elavonien, Syrmien und in einzelne Stadtgemeinden, wie Arab, Szegedin, Großwardein, Fünfkirchen, Mobäcs, Stuhlweigenburg, Gran, Komorn, Raab, Ifen, Erlau, Sz. Andräs und ina. O. Der Kaiſer beftätigte ben 11. De: cember 169%) und 11. April 1691 diefe Eremtionsprivilegien, und Gleiches that die ungarijche Hoffanzlei am 20. Auguſt dieſes Jahres. Die Anfechtungen dieſes Freithums ber Einwanderer durch die ungarischen Municipal: und Tirchlichen Gemalten nöthigten den Kaifer zur Erneuerung feines Freibriefes (1695, 4. März).

Gewitzigt durch die jüdungarifchen Gebietsverlufte des Jahres 1690 und Angelihts der neuen Scilderhebung der ermuthigten Pforte im Juni 1691, beeilte fih nun die Wiener Regierung, die Heerestheile an der untern Donau und Theiß anjehnlicher zu ver: ftärfen. Veterani hielt Siebenbürgen gededt, Nigrelli commandirte an der Theiß, Markgraf Ludwig, der Oberseldherr, ftand mit 50,000 Dann im Lager vor Peterwardein. Ihm war es bejchieden, in Gemeinſchaft mit Gaprara, Guido von Stahremberg und deſſen Vetter Souches, dem Herzoge Chriſtian von Holftein, Aremberg und Adam Zrinyi (dem Sohne des Banus Nikolaus), die feit 1687 vernichtendſte Mderlage der Türkenmacht beizubringen. Bei Salan: kemen (Slankamen), 19. Auguft 1691, erfocht der Markgraf Ludwig den glänzenditen Sieg feines Feldherrndaſeins. Der tapfere Großvezier und 12,000 Türken bezahlten ihn mit dem Leben. Tököly entrann mit Noth den Verderben und fah fich bald mit feiner Gattin ver: einigt, die, für den gefangenen General Heißler ausgewedjjelt, Die Kinder eriter Ehe in Wien verließ, um ihr Schickſal an das des zweiten Gemahles zu Tnüpfen.

Die Verlufte der faiferlichen Armee Hinderten dem Sieger das gefährlide und große Machtmittel erheifchende Wagniß der Rück— eroberung Belgrads; dafür follte Großmwardein der vereinzelte öftliche Edfpfeiler der Türkenherrichaft, ihr entriffen werden. Auerjperg begann die Belagerung, Heißler vollendete fie, doch verzögerte ſich Die Uebergabe Großwardeins an die Kaiferlichen bis zum 5. Juni 1692. Inzwiſchen hatte, im Herbite 1691, Markgraf Ludwig von Baden. den ungarischen Kriegsihauplag mit dem am Nheine vertaufght. Eeine fefte Hand und Schärfe des Syeldherrnblides follte die faiferliche Armee im Karpathenlande leider nur zu fehr vermiffen.

In die zweite Hälfte des Kriegsjahres 1691 fällt auch Die mejentlidhe Feftftellung des ftaatsrehtlihen Verhält—

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niſſes Siebenbürgens zum Kaijerhofe, zur Krone Ungarns; es vollzieht fich die Revindication Transiylvaniens, und das Fürſten⸗ thum des jüngern Apaffy erjcheint als bloßes Uebergangsftadium zur völligen Reunion Siebenbürgens.

Zwei damalige Denkſchriften, die eine auß der Feder Niklas Beth: len's, des begabteften Staatsmannes Siebenbürgens, bie andere von bem Aus: länder, aber jcharffinnigen Kenner der Sachlage, Caraffa, verfaßt, Tegten, jede von anderm Standpunkte aus, die Krebsſchäden Siebenbürgen bloß.

Bethlen's „Hinfterbendes Transſylvanien“ (Moribunda Transsylvania), 1688 dem Kaifer gewidmet, alfo noch zur Zeit ber gefahrvollen Zwitterftellung Siebenbürgens, bezeichnet als den erften und wichtigfien „Krebsichaden” dieſes Landes die Türken: und Tartarengefahr, welcher Siebenbürgen von der Moldau und Waladei aus offen läge, als zweites Hauptübel, die Schwäche des Fürſten Apatiy L und die dadurch gefchaffene Anardie, daB Chaos einer fchledhten Ver: maltung, und al3 drittes die Willfür der kaiſerlichen Soldaten und bie Laſt ber GFinquartierung. Tas Hauptgewicht der Schrift Tiegt in dem Belenntniffe bes tiefen Verfalles Siebenbürgens in feinem ftaatlichen Sonderleben.

Aus der andern Denkichrift, 1690 nach dem Tode Apaffy’3 I. von Garaffa vorgelegt, athmet ber Geiſt bes Faiferlihen Generals, des Anhängers der abfos Iuten Staatögewalt. Garaffa weift auf bie firategifche Unentbehrlichkeit Sieben; bürgens als natürlicher Zeitung für bie Herridhaft in Ungarn bin; einheimilche Fürſten könnten das Land nur mit faiferlicher Hülfe ſchützen; da fei ed am beiten, wenn der „Herr der Waffen“ fich „jelber zum Herrn des Landes made”, wenn mit Bejeitigüung bes jüngern Apaffy „der abjolute römifch-kaiferlide Tomi: nat” in Siebenbürgen eingeführt werde. Eeit jeher jei die Bevölferung bes Landes dem Haufe Oeſterreich „auffällig“ und der deutſchen Herrſchaft abgeneigt. Nur bie ſächſiſche Nation made davon eine Ausnahme. Man müffe Siebenbürgen durch gütige Mittel, Minderung der ſchweren Steuerlajt, insbeſondere durch Unan⸗ getajtetlaijen der evangelifchen Kirche zu gewinnen trachten; denn an ihr hingen die Sachſen mit zäher Liebe feft. Lebtere, welche Garafja als „Starte, „Nero und Zierde” Siebenbürgen rühmt, feien auf das Entſchiedenſte, aber ohne alles Aufiehen,, gegenüber den Ungarn, nad bem Grundſatze: „Theile und berriche” zu unterjtügen, bamit ihnen aud ber vortheilhafte Gegenſatz bei faijerlihen Regimentes zum früheren in die Augen fpringe Jedenialls aber müſie man ſich zunädit an die alten herlömmlichen Einrichtungen und Geſetze Eiebenbürgens halten, denn bie urplöglide Finführung neuer wäre mißlich, ja ſogar unmöglid).

Niklas Bethlen weilte als Abgeordneter der Etände Sieben: bürgens in Wien, um die faiferlihe Betätigung der Rechte und Ssreiheiten Ziebenbürgens zu erlangen. Unterftügt von Caraña, dem engliihen Geſandten Korb Paget, von dem Vertreter der Generalitaaten, Heemskirchen, und namentlih von dem braudenburgiihen Heiidenten Gottfried Tanlelmann; überbies buch Die Einbrüde der Gefäh-

R

680 XVI. Bud: Vom weftph. Frieden b. 3. fpan. Erbfolgefriege (16481700).

dung des Landes jeitens Tököly's und der Türken, erlangt er am 16. Dctober 1691 das wichtige Verfaſſungsdecret oder fogenannte Diploma Leopoldinum in 18 Artikeln, deren erfter die Gleichberedhtigung der 4 Glaubensbefenntniffe enthält, während die anderen die politiihe Autonomie des Landes und die Faijerlichen Souveränitätstechte betreffen, denen gegenüber die landesfürftlichen Rechte des jüngern Apaffy zu feiner eigentlichen Geltung gelangen. Seine Beftätigung im Fürftenthume bleibt vorderhband in Schwebe.

Als die magyarijche Independentenpartei die Beitallung Apaffy’s IL. durch Nundfchreiben erzwingen wollte, vermweigerten die Sachſen ent: ſchieden ihre Unterfehrift. Die Huldigung an den Kaiſer als Schut- herren erfolgt. Eine neue Deputation der Stände erwirkt dann in Wien die genauere Faflung und feierlihere Stilijirung der wichtigen Ver: faffungsurfunde vom 4. December 1691; es ift das eigentliche Diploma Leopoldinum.

Die ftändifchen Streitigfeiten machten eine neue Geſandtſchaft nad Wien nothwenbig, als deren bebeutendfte Führer ber und bereits befannte calvinifche Protonstar Alvinczi und der glänzend begabte Johann Zabaniug (geboren 1664 zu Eperied), Sohn des Liptauer Predigers Iſaak (damals Pfar⸗ rers zu Mühlbach), feit 1690 Provinzialnotar und feit 1692 Seele der Sachſen⸗ partei, auftreten. Zabanius, deſſen Tagebuch eine ebenjo reihe ala belehrende Quelle für bie Kenntniß der Wiener Verhandlungen abgiebt, war cin entichie- dener Anhänger ber Faiferliden Souveränität. In feinen Conferenzen mit Strattmann, Kinsky, Cardinal Kollonid (Ende 1692, Präfes der Hoffammer unb 1693 Erzbifhof von Kalocfa), mit dem Picepräfidenten der Hoffammer Graf Siegfried Bräuner und den ungemein gejchäftsfundigen Hofbeamten: Joh. Dar. v. Palm (Hoffammerrath, feit 1692 General-Kriegscommiffariats- Sekretär), Werdenburg und Albrechtsburg (Hofräthen) zeigt ſich am beften, wie fehr man in ben maßgebenden Kreifen der Sonderftellung Siebenbürgens Ungarn gegenüber zuilrebte und wie hoch die ſächſiſche Nationalität geihäst ward. Nicht umfonft nennt Zabanius den einflußreihen Caraffa einen „Specialpatron der Sachen“. Kollonich rühmte ihre Treue und Charafterftärke; General Heißler bebauerte die Bedrückung bderfelben durch die Ungarn. Volle neun Monate verbrachte die Deputation in Wien; das, was fie ermirfte, war das wichtige, bie Stellung der vier Slaubensbefenntniffe zu einander regelnde De:retum Religionis vom 9. April und die fogenannte Alvinczifche Reſo— Iution, als Erledigung der von Alvinczi vorgebrachten ſtaatsrechtlichen Bitten und Wünſche der Stände (14. Mai).

Bei der Abſchiedsaudienz verſprach der Kaiſer den Sachſen feinen befonbern Schup, und Zabanius erhielt (20. Juni) eine Faiferlihe Gnabenfette.

Die Kriegsjahre 1693 1696 im Kampfe bes Kaifers mit der Pforte zeigen einen bebauerlihen Rüdjhritt in ben Erfolgen

682 XVL Bud: Vom mweftph. Frieden b. z. ſpan. Erbfolgefriege (1648— 1700).

ſame Conſilia mehr find verlaht und ausgeſpottet als befolgt worden” Niemanden, der „mehr Verftand, Erperienz, Application und Eifer” zu des Kaijers Dienft hätte und ein „generojeres und uninterejlirtes Gemüth, auch die Liebe und die Erperienz bei der Miliz befäße,” als Prinz Eugen von Savoyen. Kurfürft Friedrich Auguft Hätte lieber den virtuojfen Reiter Grafen Styrum an feiner Seite gejehen, doch wurde diefer dem Marfgrafen v. Baden am Rheine zugetheilt. Es war ein Glüd, daß dem genialen Eugen die Rolle des Pegaſus im Joche erjpart blieb, da die Wendung der Dinge in Bolen den Kurfüriten von Sachſen dahin abrief.

1696, 17. uni, mar Johann Sobiesfi geitorben. Ein volles Jahr rang um bie wenig banfbare Krone des Lechenreiches der franzöfifhe Hof für den’ Prinzen von Conti, während Oefterreich für den Schwager bes Kaijerd, den Pfalzgrafen Karl von Neuburg. arbeitet, und barin an Brandenburgs Preußen einen diplomatiſchen Gegner findet, der den Polen den Markgrafen Ludwig von Baden empfiehlt. Unter dem Eindrude, mit ber pfalzneuburgiichen Candi⸗ datur nicht durchdringen zu können, findet fich der Kaifer Angefichts der drohen⸗ den Bewerbung Frankreichs bemüßigt, im Bunde mit dem Ezaren Peter, diefen Plan des ewigen Widerfachers zu Freuzen und die Anftrengungen des ſächſiſchen Kurfürften zu unterftüßen. Nach langem Markten und Feilſchen mit ben „Königmacern” kam e8 zur Wahl Auguft’8 des Starfen (27. Juni 1697).

Nun drang Rüdiger von Stahremberg auf die Beitallung des Prinzen Eugen von Savoyen zum Höchltcommandirenden, es war die beite Wahl, die man treffen konnte. Die Regeneration der Armee und des Kriegsrathes begann bald That zu werden, denn ihr neuer vierunddreißigjähriger Feldherr verftand den Glauben an fi und die Armee zu weden und feitzuhalten. Der Soldat fieht fi berücdfichtigt, der Lieferant fühlt, daß es dem Feldherrn um die Ordnung des Verpflegungsweiens Ernſt jei; die bejtimmte, aber freundliche Art des Prinzen macht ihn geachtet und beliebt, und die Generäle finden an ihm den rechten Mann, mit dem Blicke des Genies, willig die Inſtructionen des Hoffriegsrathes zu beachten, ihre Rath⸗ ſchläge zu nügen, aber entichloffen, nach eigenem, wohl erwogenem Ermefjen zu handeln.

Das Ergebniß dieſes mächtigen Umſchwungs ift der Sieg ber faijerlichen Fahnen bei Zentha, die größte Türkenſchlacht des Jahr: hunderts (11. September 1697). Sigbert Heifter hatte den rechten, Guido von Stahremberg den linken Flügel befehligt; im Centrum commanbdirten Prinz Eugen, Commercy, Rabutin, Feldzeugmeilter

ner u. A. Zwei Stunden vor Sonnenuntergang begann der ꝛidende Sturm ber Kaiſerlichen auf das verfchanzte, von einem

XVI. Bud: Vom weſtph. Frieden b. 5. fpan. Erbfolgefriege (1648—1700). 683

Theißarme umgebene Lager der Türken, deren Ziel der Vorſtoß gegen Siebenbürgen jein ſollte. Der Sultan, welcher vom jenfeitigen Ufer der Vernichtung feines Heeres zujehen mußte, floh gram— vol nah Temesvär und von hier nad) Belgrad. Denn an 20,000 Türfen hatten das Schlachtfeld bededt, an 10,000 verſchlang ber Strom; der Großvezier mit dem NReichsfiegel, die Paſchas von Anatoli und Bosnien, der Janitſcharen-Aga, 13 Beglerbegs, viel Paſcha's waren vor Zentha geblieben und ungeheuer war die Beute an Kriegsvorräthen, fie ließ einen Vergleich mit der Wiener des Jahres 1683 zu. Die Verlufte der Faiferlichen Armee betrugen nad) den amtlichen Ausweifen 28 Officiere und 401 Mann an Tobdten, 133 Dfficieren und 1465 Dann an Verwundeten.

„Allergnädigiter Herr”, jchrieb Prinz Eugen in feiner Relation an den Kaijer, das Herz noch voll freudiger Erregung, „den tapferen Helbengeift der gefammten . Generalperſonen, Officier8 und gemeinen Soldaten Tann meine ſchwache Feder nicht genügfam entwerfen, noch weniger fattjam loben und preijen, und geruhen Euere kaiſerliche Majeftät, biefe meine ſchuldigſte Conteſtation nicht für das ge möhnliche Gompliment Allergnädigit aufzunehmen, welches man pflegt, bei allen glüdlihen Actionen, den Armeen zuzueignen, jondern ich muß es nıit wahrer Gerechtigkeit befennen und dies zum unfterblichen Nachruhm dero unvergleidh: lihen Armada als ihr geringes Haupt atteitiren”...... „Es jind zwar Einige, die Gelegenheit gehabt, vor den Anderen fich zu biftinguiren, nicht ein Einziger ift aber inögefammt, welcher (jo viel ich weiß) nicht mehr als feine Schuldigfeit getban habe, wobei denn auch ber Alliirten, fo wohl der Föniglichen polnifchen und kurſächſiſchen, ald auch der Furbrandenburgijchen Truppen fämmtliche Gene: rale, Officiere und Gemeinen fich ebenfalls fehr tapfer und befonders fignalirt haben.”

Der Sieg bei Zentha bat auch feine Legende gefunden: das Hiftörchen, Prinz Eugen habe vor der Schlacht ein abmahnendes Schreiben bed Hoffriegs: rathes erhalten, dafjelbe jedoch in Vorausſicht feine Anhaltes in die Tafche ge: ſchoben, die Schlacht geichlagen und gewonnen und dann als Sieger, über Antrag Caprara's, vor ein Kriegsgericht geitellt werden follen, weil er gegen ben ausdrüdlichen Befehl des Kaifers gehandelt Habe. Diefem wunderlichen Mährchen gegenüber ftehen bie lauteren Thatſachen ber Faiferlihen Freude an bein Siege, bes Lohnes, der dem Sieger und feinen Genofjen zu Theil wurde, das Wiener Tedeum und die Denkmünze, welche Leopold I. auf den Sieg, erfochten „durch die Tapferkeit des Herzogs Eugen von Savoyen“, prägen lieh.

Der Streifzug des Oberfeldherrn nah Bosnien gegen Serajemo im October, November, und die Erfolge Rabutin’s, welche diejer jchneidige General in Gejelichaft des Generalwachtmeiſters Leiningen und der Obriften Viar und Herberftein von Siebenbürgen aus gegen das türkifche Baliffaden-Fort Uj-Palanta, bei Weißkirchen,

684 XVI. Eu: Yon wehph. Frieden b. ; tpan. Erbioigefriege (16-8 1700).

wwiſchen den Mündungen des Karas und der Nera (7. November), errang und unter dem Einbrude der Vernichtung dieſes Platzes, die Häumung Pancſowa's durch die Türken waren bie legten Ereigniffe des rühmlichen Kriegsjahres. *)

Bevor wir die Eumme der weiteren Thatſachen im Türkenkriege und der Friedenshandlung ziehen, müflen wir einen kurzen Rück⸗ blid dem Gange der Ereigniffe im Welten widmen.

7. Der Kampf mit Franukreich, der Nyswicker Friede und der von Rarlowic (1689-1699).

Der deutfch-franzöfiiche Krieg hatte unter der Führung des Herzogs Karl von Xotbringen, bei allen Schwierigkeiten und Hemmniſſen, die feinen guten Willen lähmten, doch im Jahre 1689, 9, September, die NRüderoberung von Mainz und, unter Beihülfe des Kurfürften von Brandenburg, auch die der zweiten Rhein⸗ ftadt, Vonn (12. 15.O8ctober), zur Folge; jo daß nun die Fran- zofen von der Nheinlinie wieder abgedrängt wurden. Die fchlimme Werbung der Dinge erlebte der Lothringer nicht mehr. Er ftarb u Wels am 18. April 1690 im kräftigſten Mannesalter, mit 47 Jahren, eine biedere, prunkloſe Natur, ebenfo tüchtig und pflicht- tren im Handeln, als befcheiden und jelbitlos; eines der jeltenen fürftlichen Rriegshäupter, die Über dem Kriegsruhme nie den Soldaten, Bürger und Baner vergaßen, Menichen unter Dienfchen blieben. Das Urtheil berühnter Gewährsmänner, wie des Polenköniges K. Sobiesfi, dee franzoͤſiſchen Marſchalls Villars, der als Volontär unter Karl von Lothringen in Ungarn focht, und die Stimme der ganzen kaiſerlichen Armee, wie z. BR. Nabutin’s Urtheil, bezeugen fein militärijches Talent, Der ungariſche Chroniſt Ejerey jchrieb über den Tod des Herzogs: „Ant ganz Europa gab es feit jenem Ungarn Hunyadi IJuͤnos vübmlichen Annebentens, keinen ähnlichen chriftlichen Fürſten, vor dem der Türke aljo aezittert, wie vor dieſem großen Helden, dein wiſſenſchaftlich aebildeten , Mugen Lothringerherzoge.“

*\ Meder den eriten Türkenieldzug bes Prinzen von Savoven liegt mum die maßkgedende Arbeit im II. Bde. der I, Serie des kriegsarchivalijchen Wertes eldzüge des rungen Fugen v. Sapoven“ Li. 0.) vor, u. d. T. „Feldzüge gegen Die Türken 1607 -- 1698 und ber Karlomwiger Friede 1699“, b. v. M. E. An⸗ aeli (en IT (ES, 28 findet Ach auch ber Krieg gegen Frankreich.

}, bekandeit),

dab, SKY. 154: Yon werph. reden I. ; pam Gibisigeizege St 1 TÜL

Jricurus ꝓrnrigheit zwang Das ilolirte Cenierrihb zum HRachgeben. Urersus wer Branbenburg frauen, dem Kaiier länatı wieder ab- wizt, mit bem gleichialls entiremdeten Bayern in eine Terennvallianz getreten und erwies ſich ſeit der polniihen Königswahl Aurfürit Auguit’s von Zachſen, als Werles kaiſerlicher Unterttügung, im Verdruñe darüber und aus Anlaß eriolgloier Aniprüce, zur Erneuerung freundlicher Be ziehungen mit Frankreich bereit.

Zen 9, Mai 1697 wurde der Congreß zu Ryswid er- Öffnet. Kinsky vertrat Tefterreih und ben Kaiſer als Principal- commiffär und fträubte fid) lange gegen den Friedensabſchluß. Als aber England, Holland und Spanien (20. September) mit Frank⸗ reich einig wurden, mußte auch der Staifer nachgeben, und fo unter- zeichnete fein Vertreter das Friedensinſtrument vom 30. October, worin Sehl, Philippoburg, Zweibrücken und das babsburgifche Freiburg und Vreiſach von Ludwig XIV. zurüdgegeben erjcheinen. Der Widerfpruc der proteftantifchen Reicheftände kehrte fich nicht nenen bie Friedensidee, wohl aber gegen den 6. Artikel des Inſtru⸗ mentes, der bezüglich der Ruückgabe der Orte am rechten Rheinufer eine Klauſel zu Gunſten der Tatholifchen Kirche aufwies, für welche man ben Eniferlichen Hof, und zwar die tendenziöfe Nachgiebigkeit des Anterhändlers oh. Fr. v. Sailern, Frankreich gegenüber, verantwortlich machen wollte. Weit mehr fpricht für Die bezügliche Negoelation des Pfalz:Neuburgers.

treffend äuſiert ſich der Beitgenoffe Ruzzini, Venedig Botichafter in Allen, Uder den Ryswicker Frieden: „Wägt man die Maſſe ber beiberfeitigen RKugeſtändniſſe ab, fo kann man das Urtheil fällen, daß der Geminn Frankreichs In dem geringeren Werlufte und der Verluft der Allürten in dem geringeren Ge- winne am Erſolgen deſteht, melden man, Angefichtd größerer Anſprüche und HDoſſnungen, davontrug.““)

Es war ein fauler Friede, die Windſtille vor dem neuen Sturme, den die ſpaniſche Erbfolgefrage bald in Ausſicht ſtellte. wei Jabre nad dem Ryswicker Frieden kam der große Friede mit der Turkei an Stande, Schon vor der Schlacht bei Zentha ſetzten Eng- land amd HYolland ale Hebel in Bewegung um die Pforte Dem Krieden geneigt zu machen. Der vernidtende Scladhttag machte den Sultan und ſeinen neuen Vezier, gefügiger. Schon im ARanuar 1698 griff der Geſandte Englands, Nord Paget, im

UN de RXdation Mi Vario Ruzzini im XXVILL. ie ter fontes un amt SI - ie Te Suupzwerf ii: Moctien's Actes memnoires ea weggwiatiyune die la paix de Kyswick (daag ICYO\ 2 ul. (INT Il

a. Ye Da Ghülanp iS I, & 18

XVI. Bud: Vom weitph. Frieden b. 3. ipan. Erbiolgefriege (1648— 1700). 687

Divan durch, und obſchon Defterreich zu neuen Unternehmungen, namentlich gegen das türkiiche Bollwerk Temesvär, rüjtete, zeigte es ſich doch fchon im März zur Aufnahme von PBräliminarien geneigt. Aber die Forderungen der Türken erfchienen dem Kaiſer unannehm: bar, und jo begannen 1698 im Auguft, parallel den feit Juni weiter: geführten Friedensverhandlungen, neue Kriegsoperationen Eugen's von Savoyen an der untern Donau, während Tartarenhorden unter Selimgirai das Banat plündernd durchſchwärmten. Im Lctober kam es zur Anlage der neuen Feltung Arad, andererjeit3 wurde ein Angriff der Türken von Belgrad aus gegen Titel zurüdgemiejen.

Schon war aber auch die Friedensarbeit der Diplomatie im Gange. Beſondere Schwierigfeiten ergaben fih aus den Forderungen der 1697 neuverbündeten Alliirten des Kaifers, Polens, Rußlands und Venedigs. K. Auguft wurde endlich durch die Ausfichten auf einen Krieg mit Brandenburg » Preußen gefügiger; Czar Peter I., 1697 Gaſt des Kaifers in Wien auf feiner abendländifchen Reife, erklärte fih auch endlich bereit, den Congreß zu beichiden. Am meisten ſchien Venedig dem Frieden ausweichen zu wollen, um nod einige Vortheile in Dalmatien herauszujchlagen.

Dem Waffenftillftande vom 19. October 1698 folgte endlich ber Zufammen- tritt de3 europäifchen Congrefje zu Karlomic, einem Dorfe zwijchen Peter: wardein und Belgrad, wo die Diplomaten und ihr Gefolge unter Zelten hauſen und die Sigungen in einer Holzbarade abgehalten werben mußten. Den Kaijer vertraten ber Reichshofrathspräſes Wolig. Graf v. Dettingen und Leopold Graf Schlick zu Baſſano und Weisfirchen, Militär und nad) den Acten der rebege- wanbte Hauptiprecher im Congreſſe. Ihnen beigegeben waren Graf Marfigli als Botſchaftsrath und Grenzſcheidungscommiſſär, Potocollführer Til und Dol⸗ metſch Zalman. Für Polen führte der Palatin von Pofjen, Graf Stanislaus Malachowski das Wort, ein waderer Mann, für Rußland Procop Bogda- nowid-Wosnicin, ein ziemlich barjcher Halbbarbar; für Venedig endlich Carlo Ruzzini. Dem türfifhen Abgefandten, Reis-Efſendi Mohamed Rami, ftand ber vielerfahrene Pfortendolmetih Aler. Scarlatiade Mauro: cordato als Bevollmädhtigter zur Seite, ein Grieche, „voll Beritand, Genie, Geſchick, Trug, Beredtſamkeit und Eigennug”, wie Ruzzini ſchreibt. Die ver: mittelnden Weſtmächte England und Holland waren durch Lord William Baget und Grafen Jacob Eollier vertreten, jener ein bedeutender Kopf von reifem Urtheil, gemefjen mwortfarg und verſchloſſen, diejer, zu Conitantinopel als Sohn des bierortigen Botſchafters Hollands geboren, eine mehr offene, freundliche Per- fönlichfeit. Nach 36 Sikungen, in denen Schlid und Maurocordato das große Wort führten und Paget die Botjchafter der Pforte gefügiger zu machen be- fliffen war, fam den 26. Januar 1699 der Karlomwicer Friede zu Stande; und zwar ohne Venedig, das feinen Botjchafter mit diesfälligen Vollmachten nicht verjehen hatte.

Die 20 Artikel des Faiferlich-türkifchen Friedens auf 25 Jahre enthalten (I—5) zunächſt die Regelung der Gebiets- und Grenzfrage: das Befigrecht

688 XVI. Bud: Rom weitph. Frieden b.3 .ſpan. Erbfolgekriege (1648 - 1700)

des Kaiſers auf Siebenbürgen und die Bäcska, d. i. das Land zwiſchen Theiß und Donau, und andererſeits die Zuerkennung Temesvärs mit ſeinen Gebieten an bie Pforte; alfo die türkiſche Herrſchaft über das ſog. Banat. Doch ſolle der Sultan die Befeftigungen von Karanfebes, Lugos, Lippa, Gjanad, Kl. Ka⸗— niſcha, Becse, Becskerek, Z3ablya u. a. D. innerhalb dieſes Gebietes fchleifen und beiden Iheilen die Benutzung ber Flüſſe Maroſch und Theiß frei jtehen. Die&renz- linie zwiſchen derfaijerliden und der Türkenherrſchaft wirb durch die Buntte Titel, Morovie, fodann durch den Boijutfluß und die Save biß zur Mündung der Unna, ferner durch Koftainica, zu Gunjten des Kaifers, durch Novi, Dubicza, Zajfenowac, Toboi und Brod auf bosniſcher Seite zu Gunſten des Sultans bezeichnet. Der 9. Artifel verbietet Die Förderung bes Aufruhrs oder bie ſchützende Aufnahme von Malcontenten; der 14. jtellt Die Regelung der beiber: feitigen Handelsfreiheit in Ausficht.

(Fin befonderes Abkommen betraf Tököly, den hart geprüften Inſur⸗ gentenführer., Tie Pforte Hatte durch den Congreß feine Zukunft günftiger ge: falten wollen, Oeſterreich hinwieder die Auslieferung des ruheloſen Aufruhr: ftifter8 verlangt; endlich einigte man fich über bie Internirung Tököly's durch die Pforte in Kleinafien, fern dem Heimathlande. Dahin gab ihm feine Sattin Helene das Geleite. Um auf das zögernde Venedig einen Drud zu üben, wurde am 10. Januar ein Frieden-Vertrag der Nepublif octroyirt, mit einer peremptorijchen Anerkennungsfriſt von 15 Tagen.“)

Bekanntlich) unterzeichnete man am 26. Januar den Karlowicer Frieden, zur Stunde, welche der Neis-Effendi nach türkiſchem Brauche als durch die Gonftellation der Geftirne äußerſt günftig bezeichnet hatte. Wer aber fi) ſonſt auf die Sprache des Sternenhimmels veritehen zu kön⸗ nen glaubte, mochte wieder an nahe, böſe Kriegszeiten gemahnt werden, und es bedurfte feines Aftrologen, jondern vor Allem eines geübten Auges für die Zeitläufte und die politiihe Sachlage, um die Gefahren eineg neuen großen europäiſchen Kriegsbrandes zu ahnen. Defterreich hatte feine Machtitellung im Often neu geichaffen, auch an Anjehen im deutſchen Lande gemonnen, es hielt jeinen Anſpruch auf die ſpaniſch-habsburgiſche Erbſchaft feſt; dies Erſtarken des alten Nebenbuhlers und dieſe Ausſichten zu lähmen und zu kreuzen, war die Aufgabe Frankreichs; es ſammelt ſeit dem Ryswicker Frieden feine Kräfte zu deren Löſung -— und das neue Jahrhundert befcheerte bald einen Weltkrieg, eine neue Macht-, ja Lebensprobe Delterreiche.

*) Vgl. die ausführliche Darjtelung Carlo Ruz zini's „über die Botſchaft am Wiener Hofe und den Gongrek von Karlowik” 1699 in den Relat. d. Botſch. Venedigs, 5. v. Fiedler, III. ®b., (XXVII. 2b. d. Fontes. rer. austr. 2. 9.) ©. 343 ff., insbeſ. S. 366—378; u. Angeli (Feldzüge des Prinzen Eugen v. Eavoyen... a. a. O., III ®b.), ©. 293—321; wo ji dag Original

bes Friedensinjtrumentes abgebr. findet. Ygl. auch Koch, Hist. abregie de traitös de paix. 14. 3b.

Drud von G. H. Schulze in Gräfenkainicden.